Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 02. Juni 2015 - 9 K 4775/14
Tenor
Die Bescheide der Beklagten vom 2. Oktober 2012 und 10. Oktober 2014 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen.
3Am 21. Juli 2014 und 11. August 2014 zeigte die Klägerin eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien an. In den Anzeigen teilte sie u.a. mit, dass sie vorläufig beabsichtige, mit 28/27 Containern zu sammeln. Sie werde ca. 64/61,5 Mg Altkleider pro Jahr und ca. 7/6,4 Mg Schuhe pro Jahr sammeln. Die Verwertung erfolge normalerweise im Eigenbetrieb. Da zurzeit die Sortieranlage umgebaut werde, werde das Sammelgut bis auf weiteres von einer – namentlich benannten – Firma in Salzgitter verwertet. Außerdem nannte die Klägerin noch eine Reihe weitere Abnehmer des Sammelgutes.
4Unter dem 20. August 2014 führte der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Stellungnahme zur beabsichtigten Sammlung aus: Die Beklagte habe durch Entsorgungsvertrag die Entsorgungsbetriebe F. GmbH (F1. ) beauftragt, die jeweils der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegenden Abfälle zu entsorgen, d.h. zu sammeln, zu transportieren, zu behandeln, zu verwerten oder zu beseitigen. Zur Sammlung von Altkleidern führe das gültige Abfallwirtschaftskonzept aus, dass Textilien/Schuhe seit 1998 an 300 mit den jeweiligen Bezirksvertretungen abgestimmten öffentlichen Standorten in separaten Depotcontainern erfasst würden. Die Bedarfsdeckung der örtlichen Kleiderkammern in Katastrophenfällen und der Ausschluss des Exports in Länder der Dritten Welt, wenn dadurch Arbeitsplätze in der Textilindustrie des Empfängerlandes der Lieferung gefährdet würden, würden durch die F1. sichergestellt. Die Zahl der Containerstellplätze sei in den letzten Jahren sukzessive auf 370 Standorte erhöht worden.
5Die von der F1. GmbH mit der Sammlung und Verwertung von Alttextilien und Altschuhen beauftragten Unternehmen zahlten für jeden der aufgestellten Sammelcontainer einen festgelegten Betrag. Die nach Abzug der entstehenden Kosten verbleibenden Verwertungserlöse aus dem kommunalen Sammelsystem kämen dem Gebührenzahler zugute. Die für die Entsorgung der Restabfallbehälter zu zahlende Gebühr werde dadurch vermindert. Allein die von der Klägerin angezeigte Sammlung würde das Sammelsystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers möglicherweise nicht gefährden. Dies sei aber durch die Gesamtheit der angezeigten gewerblichen Sammlungen durchaus zu befürchten. Wenn durch die Gesamtheit der geplanten gewerblichen Sammlungen die der Kalkulation zugrunde liegende Sammelmenge nicht mehr erreicht werden könne, müsse befürchtet werden, dass die Auftragnehmer der F1. unwirtschaftliche Standorte auflösten und damit das flächendeckende Sammelsystem dauerhaft nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Da für die aufgelösten Standorte keine Entgelte mehr gezahlt würden, würde die Stabilität der Gebühren gefährdet.
6Abgesehen davon sei zu berücksichtigen, dass gewerbliche Sammlungen, im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe im Wettbewerb unterlaufen würden. Diese im Wege des Wettbewerbs vergebenen Leistungen sollten nach dem Willen des Gesetzgebers einen besonderen Schutz genießen. Die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) schütze das berechtigte Vertrauen des Bieters, der im Vergabeverfahren den Zuschlag erhalten habe, in die Angebotskalkulation des Auftraggebers und auf die Exklusivität der Entsorgungsleistung während der Vertragslaufzeit.
7Bei fortschreitender wirtschaftlicher Beeinträchtigung des Auftragnehmers durch gewerbliche Sammlungen sei davon auszugehen, dass bei zukünftigen Ausschreibungen kaum noch Interessenten zu finden seien, da eine gewerbliche Sammlung, die nicht im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchgeführt werde, finanziell interessanter wäre. Dies gelte allerdings nur bei entsprechender Marktlage. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger dagegen sichere die ordnungsgemäße Verwertung der Abfälle unabhängig von der Marktlage.
8Die Beklagte gab der Klägerin mit Schreiben vom 5. September 2014 Gelegenheit, sich zur beabsichtigten Untersagung wegen entgegenstehender öffentlicher Interessen zu äußern.
9Mit Bescheid vom 2. Oktober 2014 untersagte die Beklagte die angezeigte Sammlung von Altkleidern und Schuhen. Des Weiteren heißt es in dem Bescheid: „Das Aufstellen von Sammeldepotcontainern auf öffentlichen und privaten Grundstücken im F2. Stadtgebiet ist Ihnen nicht gestattet.“
10Zur Begründung führte die Beklagte aus: Der Sammlung stünden öffentliche Interessen entgegen. Deswegen könne auf die Vervollständigung der Anzeigeunterlagen (Stellplatzvereinbarungen mit den Grundstückseigentümern) verzichtet werden. Durch die Aufnahme der Sammlung verringere sich für die Auftragnehmer der F1. das Angebot an verwertbaren Abfällen, was mit entsprechenden Umsatz- und Gewinneinbußen verbunden sei und zu Regressansprüchen und Gebührenausfällen gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger führe. Eine Verknappung des Alttextilien- und Altkleideraufkommens durch gewerbliche Sammlungen würde den Interessen und Verpflichtungen der beauftragten Dritten zuwiderlaufen. Allein die Sammlungen der anerkannt gemeinnützigen Altkleidersammler beanspruche bereits – bezogen auf die ausgeschriebene Sammelmenge – 22,34 Prozent des im Stadtgebiet vorhandenen Altkleideraufkommens. Hinzu kämen gewerbliche Sammlungen, die im Rahmen des Vertrauensschutzes nach § 18 Abs. 7 KrWG bestätig worden seien bzw. gewerbliche Sammlungen, welche vorläufig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes tätig würden, und solche, über deren Anzeigen noch nicht abschließend entschieden worden sei. Insgesamt beanspruchten gemeinnützige und gewerbliche Sammler anhand der vorliegenden Anzeigen inzwischen 2.010,4 Mg, während die Drittbeauftragten im Jahr 2013 nur 1.686,46 Mg Altkleider, Textilien und Schuhe gesammelt hätten. Da die gemeinnützigen Sammlungen vom Gesetzgeber privilegiert würden und ungeachtet jeglicher Beeinträchtigung der Interessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers fortgesetzt werden dürften, könnten keine gewerblichen Konkurrenzsammlungen mehr zugelassen werden, ohne die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nachhaltig und wesentlich zu beeinträchtigen. Es bestehe somit ein öffentliches Interesse an der Erhaltung einer stabilen Entsorgungsstruktur für die im Stadtgebiet anfallenden Altkleider. Zudem hätten die Drittbeauftragten auf den Schutz der Sammlung und die Angebotskalkulation des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vertraut und einen Entsorgungsvertrag geschlossen. Seien die Sammlungen der Drittbeauftragten dauerhaft defizitär, könne dies zur Aufgabe von Sammelstandorten durch die Drittbeauftragten führen. Der Abzug der Sammelbehälter würde eine erhebliche Gefährdung der Entsorgungsstruktur für Altkleider, Textilien und Schuhe darstellen. Das Ausschreibungsverfahren habe vorschriftsgemäß über die Vergabeplattform der Europäischen Union stattgefunden. Somit habe die Klägerin Gelegenheit gehabt, sich an dem Ausschreibungsverfahren zu beteiligen und sich der Konkurrenz der Mitbewerber zu stellen.
11Mit Bescheid vom 10. Oktober 2014 setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr „für die Entscheidung vom 5. September 2014“ in Höhe von 500,00 € fest und begründete dies wie folgt: Die Tarifstelle 28.2.1.3 lit a) der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NRW sehe für die Bearbeitung von Anzeigen für gewerbliche Sammlungen nach § 18 Abs. 1, 5 und 6 KrWG eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 € bis 1.000,00 € vor. Der Verwaltungsaufwand für die Anzeige der Klägerin sei vergleichbar mit dem Aufwand für die Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Beförderungserlaubnis. Gemäß eines Runderlasses des zuständigen Ministeriums sei für die erstmalige Erteilung einer Transportgenehmigung bei einfachem Verwaltungsaufwand eine Gebühr von 500,00 € zu erheben. Der Verwaltungsaufwand für die Entscheidung über die Anzeige der Klägerin sei nach Aktenlage ermittelt und als niedrig erachtet worden.
12Die Klägerin hat am 29. Oktober 2014 Klage erhoben.
13Sie trägt zur Begründung vor: Ihr Unternehmen werde durch die angefochtene Entscheidung an jedem Neugeschäft im Stadtgebiet der Beklagten gehindert. Dies erscheine rechtsfehlerhaft und sei letztlich unverhältnismäßig. Die Offenlegung des Vertrages mit dem Stellplatzgeber gehöre nicht zu den abfallrechtlichen Angaben nach § 18 KrWG. Bei Zugrundelegung der in der Literatur angenommenen bundesweiten Gesamtmenge getrennt erfasster Altkleider/Alttextilien in Höhe von 750.000 Mg pro Jahr ergebe sich für das Stadtgebiet der Beklagten ein Aufkommen in Höhe von ca 5.300 Mg pro Jahr. Nach den in dem Bescheid der Beklagten genannten Mengen (1.686,46 Mg bei den Drittbeauftragten sowie 2.010,4 Mg bei den sonstigen Sammlern) fehlten demnach noch ca. 1.600 Mg pro Jahr. Sammle der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger weniger als die Hälfte (ca. 38 Prozent) der Jahresmenge, läge keine hochwertige getrennte Erfassung im Sinne des Gesetzes vor. Mit den in der Anzeige angegebenen 27 Containern würde sie erheblich weniger als 10 Prozent der Jahresmenge sammeln. Aufgrund der Platzierung der Container auf Flächen vor Moscheen solle ein neuer Kreis von Bürgern angesprochen werden, der bisher nicht getrennt entsorgt habe. Auch die Stabilität der Gebühren sei nicht gefährdet. Die für die sog. Querfinanzierung herangezogenen Zahlen seien nicht angegeben worden. Die Beklagte dürfte durch die Konzessionäre ca. 350.000 € bis 400.000 € erzielen (sie, die Klägerin, habe bei einem Gebot von 72,50 € pro Container/Monat nicht den Zuschlag erhalten). Auch der Gebührenbescheid könne keinen Bestand haben. Üblicherweise würden Gebühren zwischen 50,00 € und 200,00 € erhoben.
14Die Klägerin beantragt,
15die Bescheide der Beklagten vom 2. Oktober 2014 und 10. Oktober 2014 aufzuheben.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie trägt vor: Ein Vergleich der von den Konzessionären in den Jahren 2013 und 2014 gesammelten Altkleidermengen habe ergeben, dass diese – trotz Erhöhung der Anzahl der Sammelstandorte – infolge der zahlreichen parallel bereits durchgeführten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen rückläufig sei. Durch die unzureichende Auslastung der Sortieranlagen der Konzessionäre sei es bereits zum Ausfall von Verwertungserlösentgelten gekommen, welche die Konzessionäre dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen ihres Entsorgungsauftrages zu entrichten hätten. Daraus ergebe sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine prognostische Gebührenerhöhung von 0,71 € pro Jahr je 120 l Restmüllbehälter. Dabei sei nur die Aussetzung von Entgeltleistungen eines Konzessionärs berücksichtigt. Auch der zweite Konzessionär habe bereits um Nachverhandlungen gebeten. Es sei damit von einer weiteren Gebührenerhöhung auszugehen. Die Gesamtmenge der angezeigten zu sammelnden Altkleider etc. betrage aktuell ca. 2.465,86 Mg/a. Davon entfielen auf gewerbliche Sammlungen 1.730,86 Mg/a. Lediglich fünf angezeigte Sammlungen seien bislang nicht aufgenommen worden. Die Sammelmenge hierzu betrage 316,54 Mg/a.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2014 (A.) und der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober (B.) sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
21A. Die Voraussetzungen für die Untersagung einer angezeigten Sammlung von Altkleidern und Schuhen (Ziffer 1 des Bescheides vom 2. Oktober 2014) nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG liegen nicht vor. Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
22Diese Rechtsvorschriften verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Bei europarechtskonformer Auslegung der §§ 17, 18 KrWG sind diese Bestimmungen mit dem Europarecht vereinbar. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar, diese sind aber europarechtlich durch Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV gerechtfertigt. Danach gelten die Vorschriften der Verträge für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Bei der Abfallentsorgung aus privaten Haushalten handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV, die grundsätzlich durch gesetzliche Regelung einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugewiesen werden kann.
23Vgl. zu § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 unter Bezugnahme auf das „Arnheim-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs, EuGH, Urteil vom 10. November 1998, – Rs. C-360/96 –.
24Eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit ist nach Art. 106 Abs. 2 AEUV gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich verhindert würde.
25Dem Umstand, dass die Rechtfertigung der Überlassungspflicht für Abfälle an gewisse Voraussetzungen anknüpft, wird durch die in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG geregelte Ausnahme von der Überlassungspflicht Rechnung getragen. Danach ist eine Ausnahme der Überlassungspflicht für Abfälle vorgesehen, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Das Merkmal „überwiegende öffentliche Interessen“ ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV auszulegen.
26Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 rechte Spalte, zweiter Absatz.
27Gegen § 17 KrWG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei einem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Grundgesetzes GG, die durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein kann.
28Vgl. zu der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerreglung § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16.08 –, juris Rn. 36.
29Ob die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG über das Merkmal „überwiegende öffentliche Interessen“ bei verfassungskonformer Auslegung genügend Raum.
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 ff.
31Die Untersagung ist formell rechtmäßig. Es hat die zuständige Behörde gehandelt. Die Beklagte ist als untere Umweltschutzbehörde gemäß § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG NRW) i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 ZustVU in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zuständig. Auch wenn in der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz nur von dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Rede ist, gilt sie nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des KrWG) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist.
32Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 39.
33Der Zuständigkeit der Beklagten steht nicht entgegen, dass sie zugleich öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist. Gemäß § 5 Abs. 1 LAbfG NRW sind die Kreise und kreisfreien Städte öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Ihnen obliegt nach § 5 Abs. 2 LAbfG insbesondere das Einsammeln und Befördern der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle. Dies ist im Hinblick darauf, dass die Beklagte zugleich untere Umweltschutzbehörde ist und es deshalb zu einem Interessenkonflikt kommen kann, nicht unproblematisch. Aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, folgt die Notwendigkeit einer fairen Verfahrensgestaltung und damit auch das Neutralitätsgebot des Staates. Diese Bedenken sind bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden. Sie haben dazu geführt, dass nach dem ursprünglichen Regierungsentwurf die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein durfte.
34Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
35Dass dies nicht Gesetz wurde, beruhte nicht auf einer gewandelten Sichtweise in Bezug auf die aufgezeigte Problematik, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und “für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungs- wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge“ zu tragen.
36Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47.
37Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung trägt, ist grundsätzlich dann gegeben, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24, OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 205/13 –, juris Rn. 11.
39Durch Erlass ist in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
40Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Au. IV-2-408.10.02.
41Dies ist bei der Beklagten der Fall. Eine ausreichende organisatorische und personelle Trennung liegt vor. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (Fachbereich 00.00.00) gehörte bereits im Jahr 2014 zum Geschäftsbereich °°, die untere Abfallwirtschaftsbehörde (Fachbereich 00.00.00 ) zum Geschäftsbereich °° der Beklagten. Die Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers verfasste Herr T. . Die Bearbeitung der Anzeige oblag Frau H. als zuständige Sachbearbeiterin.
42Der von der Klägerin angezeigten Sammlung stehen keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG entgegen. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Abs. 1 S. 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen (I.), die Funktionsfähigkeit des öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgers (II.), des von diesem beauftragten Dritten (III.) oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Letzteres besteht im Stadtgebiet der Beklagten nicht.
43I. Durch die Formulierung in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG „auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ wird klarstellt, dass bei der Prüfung der Auswirkungen einer gewerblichen Sammlung auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des Drittbeauftragten nicht nur isoliert die in Rede stehende Sammlung berücksichtigt werden soll, sondern auch die Auswirkungen anderer Sammlungen mit einzubeziehen sind. Dabei kann dahinstehen, ob neben den bereits bestehenden gewerblichen Sammlungen,
44vgl. Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 157,
45auch die konkret geplanten – angezeigten – Sammlungen zu berücksichtigen sind,
46so wohl Dippel in Schink/Versteyl, KrWG, § 17 Rn. 56.
47Selbst wenn die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit den anderen angezeigten und nicht nur den bereits aufgenommenen Sammlungen betrachtet wird, stehen ihr keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen.
48Jedenfalls sind nur die Auswirkungen anderer gewerblicher Sammlungen mit in den Blick zu nehmen, nicht auch die der gemeinnützigen Sammlungen. Dies ergibt sich aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG, der sich allein auf gewerbliche Sammlungen bezieht.
49Vgl. Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 157; Dippel in Schink/Versteyl, KrWG, § 17 Rn. 56.
50Darüber hinaus ergibt sich dies aus § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrWG. Bei gemeinnützigen Sammlungen sind keine entgegenstehenden öffentlichen Interessen zu prüfen. Diese können daher selbst dann nicht nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG untersagt werden, wenn sie die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des Drittbeauftragten gefährden würden. Da eine gemeinnützige Sammlung unabhängig von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder Drittbeauftragten durchgeführt werden kann, erscheint es sachgerecht, ihre Auswirkungen insgesamt unberücksichtigt zu lassen und nicht mittelbar bei der Prüfung der einer gewerblichen Sammlung entgegenstehenden öffentlichen Interessen in den Blick zu nehmen.
51II. Es liegt keine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (1.) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (2.) wesentlich beeinträchtigt wird.
521. Bei der Frage, ob die Sammlung der Klägerin zu einer Verhinderung der Aufgabenerfüllung zu ausgewogenen wirtschaftlichen Bedingungen führt, müssen die Auswirkungen auf die Entsorgungspflichten nach § 20 KrWG in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden, nicht allein die Auswirkungen auf die konkret in Frage stehende Abfallfraktion. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ausdrücklich auf alle „nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten“ abstellt.
53Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 – AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 78.
54Würden allein die durch die gewerbliche Sammlung (im Zusammenhang mit anderen Sammlungen) bedingten wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Entsorgungspflichten bezüglich einer Abfallfraktion in den Blick genommen, könnte dies möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führen als wenn die Gesamtheit der Entsorgungspflichten in den Blick genommen wird, weil beispielsweise mit einem rentablen Bereich der Entsorgungsleistungen ein weniger rentabler ausgeglichen werden könnte.
55Wann nicht mehr von „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ gesprochen werden kann, ist aufgrund der Vielzahl der denkbaren Fälle nicht ohne weiteres bestimmbar. Es lässt sich aber feststellen: Die Wahrnehmung von Aufgaben der Abfallentsorgung als öffentlich-rechtliche Daseinsvorsorge stellt keine gewinnorientierte wirtschaftliche Betätigung dar. Im Gegensatz zu einem am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden Unternehmen ist der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht auf einen Ausgleich zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen angewiesen, sondern sein Tätigwerden ist über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert.
56Vgl. dazu ausführlich: OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 152 ff.
57Nach den Gesetzesmaterialen zu § 17 Abs. 3 KrWG soll für die Auslegung dieser Norm primär auf die Rechtsprechung zu Art. 106 Abs. 2 AEUV zurückgegriffen werden,
58vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte).
59Die dort zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs konkretisieren jedoch nicht hinreichend, was unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist.
60Vgl. OVG NRW a.a.O. Rn. 153 ff
61Gebührenrechtliche Aspekte können insoweit grundsätzlich keine Rolle spielen, da dieser Aspekt ausdrücklich in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG aufgegriffen und damit dem Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung“ zugeordnet wird.
62Vgl. OVG NRW a.a.O. Rn. 164,
63Würde dies unberücksichtigt gelassen, da ansonsten der Anwendungsbereich dieses Merkmals leerliefe, und deshalb gebührenrechtliche Aspekte unter das Merkmal „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“ gefasst, müsste beachtet werden, dass die Höhe der Abfallgebühren durch das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip begrenzt wird. Dieses besagt, dass die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf.
64Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, juris Rn. 83, Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar § 17 Rn. 166.
65Da die Entgeltzahlungen der Konzessionäre abzüglich der Sondernutzungsgebühr in die Abfallgebührenberechnung einfließen, sind Auswirkungen auf die Abfallgebühren denkbar, wenn die Entgeltzahlungen reduziert werden. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die gewerbliche Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen zu einer so starken Erhöhung der Abfallgebühren führen wird, dass die erhöhten Abfallgebühren in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen werden.
66Es ist bereits nicht zweifelsfrei dargelegt, dass allein die Konkurrenz durch andere gewerbliche Sammlungen zu dem Rückgang der gesammelten Abfallmengen bei den Konzessionären führt und dass allein dieser Rückgang der Grund für die Reduzierung der Entgeltleistungen ist. Insgesamt hielt sich im Jahr 2014 die von den Konzessionären gesammelte Menge in Höhe von insgesamt 1.718,4 Mg noch in dem Rahmen, der in den Ausschreibungsunterlagen im Jahr 2012 angegeben worden war (ca. 1.500 bis 3.000 Mg). Selbst bei unterstellter Kausalität, ist nicht zu erwarten, dass die Abfallgebühren so stark steigen werden, dass sie nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen. Da die meisten der angezeigten gewerblichen Sammlungen nach dem Schriftsatz der Beklagten vom 29. Mai 2015 bereits durchgeführt werden, diese nach den Angaben in den Anzeigen 1.414,32 Mg/a sammeln (Gesamtmenge der angezeigten gewerblichen Sammlungen i.H.v. 1.730,86 Mg/a abzüglich der noch nicht aufgenommenen Sammlungen) und nach derzeitigem Sach- und Streitstand lediglich fünf angezeigte Sammlungen mit einer angezeigten Sammelmenge von 316,54 Mg/a derzeit (noch) nicht sammeln, ist davon auszugehen, dass der Großteil der Konkurrenz der Konzessionäre bereits sammelt. Die ausstehenden fünf gewerblichen Sammlungen werden aller Voraussicht nach keine wesentlichen Auswirkungen auf die Sammlung der Konzessionäre haben. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass diese unter Umständen neue Alttextilienquellen erschließen und nicht nur in Konkurrenz zu den Konzessionären sondern zu allen am Markt Tätigen treten.
67Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass sie vertraglich zur Reduzierung der vom ersten Konzessionär zu erbringenden Entgeltleistungen verpflichtet war und auch dem zweiten, für ein erheblich kleineres Stadtgebiet zuständigen Konzessionär, eine Reduzierung der Entgeltleistungen in gleicher Höhe einräumen muss, die eine vergleichbare Gebührensteigerung bewirkt, und die Entgeltleistungen nochmals wegen des Hinzukommens der angezeigten, aber noch nicht betriebenen Sammlungen verhältnismäßig zu reduzieren sind, ist immer noch kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gegeben.
68Nach § 4 Abs. 1 lit. d) der Satzung der Stadt F. über die Erhebung von Gebühren für abfallwirtschaftliche Leistungen vom 19. Dezember 2001, zuletzt geändert durch Satzung vom 27. November 2014, beträgt bei einmal wöchentlichem Entleerungsrhythmus im Vollservice der Jahresgebührensatz 327,60 € für einen Restabfallbehälter mit einem Fassungsvermögen von 120 l. Selbst bei einer unterstellten Gebührenerhöhung von 2,84 € (2 x 2 x 0,71 €) und damit einem Jahresgebührensatz von 330,44 € bewegt dieser sich innerhalb einer das Äquivalenzprinzip nicht verletzenden Spanne.
692. Die Sammlung der Klägerin führt nicht im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 2 KrWG zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
70Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 - 3 KrWG ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (a), die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (b) oder die diskriminierungsfreie und transparenter Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (c).
71Öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist – wie zuvor dargelegt – gemäß § 5 Abs. 1 LAbfG NRW die Beklagte. Da sie die F1. mit den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beauftragt hat, ist grundsätzlich die F1. Drittbeauftragte gemäß § 22 KrWG. Diese wiederum hat aufgrund eines Ausschreibungsverfahrens die Aufgabe der Sammlung, des Transports und der Verwertung von Alttextilien, Altkleidern und Altschuhen im Stadtgebiet an zwei Konzessionäre vergeben, die damit Drittbeauftragte i.S.v. § 22 KrWG für die Abfallfraktionen Alttextilien, Altkleider und Altschuhe sind.
72a) Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unter dem in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG genannten Aspekt liegt hier nicht vor. Zwar führen im Stadtgebiet der Beklagten die Konzessionäre eine haushaltsnahe getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Entgegen dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG reicht aber allein das bloße Bestehen einer Konkurrenzsituation zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder eines von ihm beauftragten Dritten und einem gewerblichen Sammler nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 123/13 –, juris Rn. 5 ff.
74Vielmehr ist bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG ein strenger Prüfungsmaßstab geboten.
75Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 99 ff.
76Dass allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems nicht ausreicht, ergibt sich aus der Gesetzessystematik: § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient allein der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Zudem würde ein rein formales Verständnis der Vorschrift zu einem vom Europarecht und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrenzschutz führen.
77Vgl. VG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 – 7 K 3111/13 – juris Rn. 31; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 114 ff.
78Damit bedarf es – wie oben bereits dargelegt – einer verfassungs- und europarechtskonformen Auslegung des § 17 KrWG. Eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder Drittbeauftragten würde im Falle fehlender Notwendigkeit weder den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV noch denen des Art. 12 GG gerecht.
79Den Gesetzesmaterialien lässt sich zudem entnehmen, dass der Gesetzgeber ausdrücklich zur Begründung eines überwiegenden öffentlichen Interesses nur wesentliche Beeinträchtigungen in den Blick nehmen wollte. Beeinträchtigungen seien hinzunehmen, es müsse nur die Funktionsfähigkeit gewahrt bleiben.
80Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
81Demnach ist § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahingehend einschränkend auszulegen, dass gewerbliche Sammlungen trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von ihm beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig sind. Das Erfordernis der wesentlichen Beeinträchtigung darf nicht umgangen werden.
82Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegt hier nicht vor. Allein der Umstand, dass einer der Konzessionäre bereits jetzt ein geringeres Entgelt zahlt, als zunächst vertraglich vereinbart war, führt nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Insoweit kann dahinstehen, ob dieser finanzielle Aspekt nicht ohnehin nur unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (s. oben, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) bzw. der Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) zu betrachten ist. Denn selbst wenn er im Rahmen von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG Berücksichtigung finden kann, ist – wie bereits erwähnt – schon nicht zweifelsfrei, dass der Grund für die Reduzierung der Entgeltzahlungen des einen Konzessionärs allein die zurückgegangene Abfallmenge ist oder der Rückgang der von den Konzessionären gesammelten Abfallmenge allein auf konkurrierende andere gewerbliche Sammler zurückzuführen ist. Denkbar ist zum Beispiel, dass die Ware nicht zu den erwarteten Preisen vermarktet werden kann. Abgesehen davon führt die Reduzierung der Entgeltzahlungen nicht zu einem finanziellen Risiko für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, da die Entgelte (abzüglich des Anteils für die Sondernutzungsgebühren) in die Abfallgebührenberechnung einfließen und damit eine Reduzierung der Zahlungen der Konzessionäre zu höheren Abfallgebühren führen wird. Dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entgehen damit nicht diese Entgelte, sondern er erhält die Zahlungen über die entsprechend höheren Abfallgebühren von den Bürgern.
83Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers könnte möglicherweise in Betracht kommen, wenn die Konzessionäre ihre Sammlungen einstellen und er dann gegebenenfalls selbst eine Sammlung durchführen müsste. Dies ist aber nicht ersichtlich, zumal sie zumindest bis zum 31. Dezember 2016 dazu vertraglich verpflichtet sind.
84b) Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nicht gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Sätze 1, 2 und 3 Nr. 2 KrWG unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdung der Gebührenstabilität gegeben.
85Wann von einer Gefährdung der Gebührenstabilität durch eine gewerbliche Sammlung ausgegangen werden kann, ist nicht ohne weiteres ersichtlich, weil Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden.
86Vgl. dazu ausführlich: OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178 ff.
87Aus den Gesetzesmaterialien zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG lässt sich eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nicht entnehmen.
88Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 180 unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44, wonach sich lediglich der Hinweis finde, dass mit der zuvor genannten Vorschrift „Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden“ können.
89Selbst wenn das Regelbeispiel in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG (Gefährdung der Gebührenstabilität) das Allgemeininteresse an niedrigen Abfallgebühren umfasste,
90vgl. in diesem Sinn wohl: Karpenstein/Dingemann, KrWG, § 17 Rn. 180,
91ist der Ausschluss gewerblicher Sammler nicht zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Dies würde dazu führen, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert sind, praktisch nicht mehr zur Anwendung kämen, weil gewerblichen Sammlungen von werthaltigen Abfällen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden.
92Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 30123/13 -, juris Rn. 153.
93Ein faktisches Leerlaufen der Ausnahmen von der Überlassungspflicht dürfte weder mit verfassungsrechtlichen (Art. 12 GG) noch mit europarechtlichen Vorgaben (Art. 106 Abs. 2 AEUV) in Einklang stehen.
94Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität und damit zu einem der gewerblichen Sammlung entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen führen kann.
95Vgl Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 181.
96Die Geringfügigkeitsschwelle wird bei 10 bis 12 Prozent angenommen.
97Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 33, 44; OVG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2013 – Bs 208/12 – juris Rn. 15; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 – AN 11 K 12.01588 -, juris Rn. 79.
98Es kann auch an dieser Stelle die Kausalität zwischen den konkurrierenden gewerblichen Sammlungen und der Reduzierung der Entgeltleistungen dahinstehen. Bei auch hier zugunsten der Beklagten prognostisch unterstellter Gebührenerhöhung von 2,84 € (2 x 2 x 0,71 €) pro 120 l Restabfallbehälter, liegt – ausgehend von einem Jahresgebührensatz von 327,60 € pro 120 l Restabfallbehälter – die Gebührenerhöhung lediglich bei 0,87 Prozent und damit weit entfernt von den relevanten 10 bis 12 Prozent.
99Da bereits die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 KrWG nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob die Sammlung der Klägerin wesentlich leistungsfähiger ist, nicht an.
100c) Der Sammlung der Klägerin steht nicht eine erhebliche Erschwernis oder ein Unterlaufen einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb entgegen, vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG.
101Es liegt keine erhebliche Erschwernis einer Vergabe von Entsorgungsleistungen vor, da ein Vergabeverfahren bereits durchgeführt worden ist und ein weiteres zurzeit nicht konkret in Aussicht steht. Die Konzessionsverträge laufen bis zum 31. Dezember 2016 und verlängern sich um zwei Jahre, falls sie nicht bis zum 30. Juni 2016 gekündigt werden.
102Ein Unterlaufen des bereits stattgefundenen Vergabeverfahrens ist nicht zu befürchten. Allein dass ein Vergabeverfahren bezüglich der Entsorgung einer Abfallfraktion durchgeführt worden ist, die auch die angezeigte gewerbliche Sammlung betrifft, kann keine entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen begründen. Bei der Prüfung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter dem Aspekt eines Unterlaufens einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb vorliegt, ist zu beachten, dass sich die Ausnahmebestimmung in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG nicht auch darauf bezieht, sondern nur auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 KRWG. Damit die Möglichkeit der Untersagung einer gewerblichen Sammlung unter dem in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG genannten Aspekt verfassungs- und europarechtskonform ist, bedarf es insoweit deshalb einer besonders restriktiven Auslegung.
103Vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar, § 17 Rn. 185.
104Ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens, das zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt, kann nur angenommen werden, wenn sich eine flexible Vertragsgestaltung objektiv als undurchführbar erweist oder ein gezielter Verdrängungswettbewerb der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen eine Vertragserfüllung durch die erfolgreichen Bieter unmöglich macht.
105Vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, Kommentar, § 17 Rn. 191.
106Die im Ausschreibungsverfahren der Beklagten erfolgreichen Bieter konnten allein wegen der Durchführung von gemeinnützigen Sammlungen nicht mit einem festen Abfallvolumen rechnen.
107Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen die Vertragserfüllung durch die erfolgreichen Bieter des Vergabeverfahrens unmöglich machen wird. Zum einen betrug die Abfallmenge der Konzessionäre im Jahr 2014 noch 1.718,4 Mg und lag damit in der Spannbreite der im Ausschreibungsverfahren angegebenen Spanne von 1.500 – 3.000 Mg/a. Diejenigen gewerblichen Sammler, die bisher nicht sammeln, haben im Anzeigeverfahren nach den Angaben der Beklagten angegeben, 316,54 Mg/a sammeln zu wollen. Da davon auszugehen ist, dass im Falle der Aufnahme dieser Sammlungen diese Menge nicht allein den Konzessionären entzogen wird, sondern dadurch sich auch die Sammelmenge der konkurrierenden gewerblichen (und möglicherweise auch gemeinnützigen) Sammler reduziert, wird sich voraussichtlich selbst dann noch die von den Konzessionären gesammelte Menge im Rahmen der Angaben im Ausschreibungsverfahren halten.
108Außerdem nehmen die Konzessionäre gerade die Möglichkeit von Nachverhandlungen wahr. Diese machen ihnen eine Vertragserfüllung selbst im Falle eines weiteren Mengenrückgangs möglich. Ob eine Reduzierung der Entgeltzahlungen bereits aufgrund des im Jahr 2014 im Vergleich zum Jahr 2013 erfolgten Rückgangs der Sammelmenge überhaupt notwendig war, da sich die Menge insgesamt noch im Rahmen der Angabe im Ausschreibungsverfahren gehalten hat, kann dahinstehen. Soweit diese Anpassungen zu niedrigeren Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und damit gegebenenfalls zu Gebührenerhöhungen führt, ist dies unter dem oben dargelegten Aspekt der Gebührenstabilität berücksichtigt.
109Es ist nicht ersichtlich, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter einem anderen als in den in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Gesichtspunkten wesentlich beeinträchtigt ist. Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist der Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur.
110Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff.
111Dass die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen gewerblichen Sammlungen diesbezüglich zu einer relevanten Beeinträchtigung führt, ist nicht ansatzweise erkennbar.
112III. Es liegt keine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Drittbeauftragten vor, weder in der Form einer Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen für die Drittbeauftragten durch die Sammlung der Klägerin noch durch eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Planungssicherheit und Organisationsverantwortung.
113In § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG wird lediglich konkretisiert, wann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, wobei eine solche Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (und nicht des Drittbeauftragten) nach Nr. 1 bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen auch im Falle einer Drittbeauftragung gegeben sein soll. Es stellt sich nach dem Gesetzeswortlaut die Frage, wann dann von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Drittbeauftragten auszugehen ist. Festzuhalten ist zunächst, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit wegen einer Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen oder wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nahezu stets dann ausgeschlossen werden kann, wenn lediglich geringfügige Mengen den Drittbeauftragten durch die in Rede stehende gewerbliche Sammlung im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen entzogen werden.
114Dass die Sammlung der Klägerin zusammen mit den anderen 28 angezeigten gewerblichen Sammlungen zu einem mehr als nur geringfügigen Mengenentzug führt, ist nicht allein aufgrund des Umstands, dass zusätzlich weitere Container im Stadtgebiet der Beklagten aufgestellt werden, mit Sicherheit anzunehmen. Es ist zum einen denkbar, dass mit der bisherigen Sammlung durch die Konzessionäre noch nicht die gesamte verfügbare Alttextilienmenge abgeschöpft wird. So gelangten nach einer Studie des Fachverbandes Textilrecycling,
115http://www.bvse.de/356/6043/Zahlen_zur_Sammlung_und_Verwendung_von_Altkleidern_in_Deutschland#Studie
116im Jahr 2008 960.000 Megagramm Bekleidungsstücke und 166.000 Megagramm Haustextilien (= 1.126.000 Megagramm) in deutsche Haushalte. Im selben Jahr wurden ca. 750.000 Megagramm aus dem Bereich Bekleidungs– und Haustextilien gesammelt. Damit entfielen im Jahr 2008 auf jeden Einwohner der Bundesrepublik Deutschland ca. 9 kg gesammelte Bekleidungsstücke und Haustextilien. Ausgehend von 577.800 Einwohner ergibt dies ein Aufkommen an Alttextilien in Höhe von 5.200 Mg, das derzeit noch nicht vollständig durch die Sammlungen der Drittbeauftragten und gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen abgeschöpft wird.
117Eine gleichmäßige Verteilung des gesamten Aufkommens der Alttextilien auf alle Container und ein damit einhergehender erheblicher Rückgang der von den Drittbeauftragten gesammelten Menge ist unter einem weiteren Gesichtspunkt nicht zwingend. Da die Beklagte gewerblichen Sammlern keine Sondernutzungserlaubnisse erteilt, dürfen lediglich die Altkleidercontainer der Drittbeauftragten im Stadtgebiet der Beklagten auf öffentlichen Flächen stehen. Ob dies rechtmäßig ist, kann hier dahinstehen. Zumindest derzeit haben die Konzessionäre diesen Standortvorteil. Denn allein ihre Container dürfen an den Standorten neben den übrigen Sammelcontainern (für Altglas etc.) im Stadtgebiet aufgestellt werden, da diese stets auf öffentlichen Flächen stehen. Dies stellt einen strategischen Vorteil für die Sammelcontainer der Konzessionäre dar. Diejenigen, die im Stadtgebiet ihr Altglas entsorgen, können dort bei Bedarf auch ihre Altkleider und Schuhe entsorgen. Sie haben so bei Gelegenheit der Altglasentsorgung nur einen Weg und müssen nicht für die Entsorgung der Alttextilien noch einen weiteren Standort anlaufen bzw. -fahren.
118Außerdem könnten die Drittbeauftragten bzw. die Beklagte auf den Containern damit werben, dass die Entgeltzahlungen der Drittbeauftragten abhängig seien von einem bestimmten Aufkommen an Altkleidern bei diesen Drittbeauftragten und nur bei Erreichen dieses Aufkommens Abfallgebührenerhöhungen aus diesen Grund vermieden werden könnten.
119Letztendlich kann allerdings offen bleiben, ob hier eine mehr als nur geringfügige Menge durch die Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen den Drittbeauftragten entzogen würde, und damit auch dahinstehen, bis zur welcher Menge ein Entzug als geringfügig anzusehen ist,
120vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2014 - 17 K 5343/13 -, juris Rn. 116: Mengenentzug bis zu 10 Prozent; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 – M 17 K 13.2189 – juris Rn. 66: 10 bis 15 Prozent; ebenso: VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 - W 4 S 12.1130 – juris Rn. 42.
121Denn selbst bei der Annahme einer die Geringfügigkeit überschreitenden Menge ist keine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Drittbeauftragten erkennbar. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils muss nicht zwingend eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Drittbeauftragten bewirken. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellt gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen ab, sondern verweist auf „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“, „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“.
122Selbst wenn die Drittbeauftragten zukünftig geringere Einnahmen aufgrund eines mehr als nur geringfügigen Mengenentzugs haben sollten, führt dies nicht zwingend zu einer Verhinderung von wirtschaftlich ausgewogenen Verhältnissen. Betrachtet man die Mengen, die die Konzessionäre im Jahr 2014 noch gesammelt haben (1.105,78 Mg und 592,62 Mg) und vergleicht diese mit den überhaupt erzielbaren Sammelmengen im Stadtgebiet so wird deutlich, dass den Drittbeauftragten trotz des Mengenrückgangs noch ein beachtlicher Anteil am Gesamtaufkommen verblieben ist und daran sich durch das Hinzukommen weiterer fünf Sammlungen mit angezeigten Mengen in Höhe von insgesamt 316,65 Mg/a wohl nicht wesentliches mehr ändert.
123Es ist derzeit nicht ersichtlich, dass der Entzug gewisser Alttextilmengen, sollten sie die Geringfügigkeit überschreiten, Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht bei den Drittbeauftragten nach sich ziehen wird, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der Strukturen im Bereich der Alttextilentsorgung führen. Insbesondere hinsichtlich der geplanten Standorte drängt sich keine notwendige Änderung durch hinzutretende Sammlungen auf. Allein die Drittbeauftragten verfügen über Stellplätze im öffentlichen Straßenraum. Dass diese Struktur in irgendeiner Art gefährdet wäre, ist nicht ersichtlich.
124Unabhängig von den Ausführungen zur Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen und zur wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ist zu beachten, dass gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit lediglich anzunehmen ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Im Regelfall wird eine Verhinderung bzw. wesentliche Beeinträchtigung zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit führen, zwingend ist dies aber nicht. Der Ausschluss gewerblicher Sammlungen ist europa- und verfassungsrechtlich nur dann gerechtfertigt, wenn die Funktionsfähigkeit tatsächlich gefährdet ist, wobei der Schutz der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des Drittbeauftragten lediglich Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Abfallentsorgung aus privaten Haushaltungen und damit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ist. Hinsichtlich des Vorliegens einer Gefährdung müssen strenge Anforderungen gestellt werden, um den europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden. Die Gefahr muss sich zwar noch nicht realisiert haben, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts ist aber Voraussetzung. Im allgemeinen Ordnungsrecht liegt eine Gefahr dann vor, wenn eine Sachlage gegeben ist, bei der bei ungehindertem Ablauf des zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für eines der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eintritt. Diese Erwägungen können hier entsprechend angewendet werden. Ein Ausschluss gewerblicher Sammler allein aufgrund der theoretisch denkbaren Möglichkeit einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des Drittbeauftragten, ohne dass dies hinreichend wahrscheinlich ist, ist mit den Vorgaben des Verfassungs- und Europarechts an die Rechtfertigung des Ausschlusses gewerblicher Sammler nicht vereinbar.
125Dafür, dass hier die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. der Drittbeauftragten bezüglich der Abfallentsorgung im Stadtgebiet der Beklagten tatsächlich gefährdet ist, liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
126Der weitere Satz in der Ziffer 1 des Bescheides vom 2. Oktober 2014, wonach das Aufstellen von Sammeldepotcontainern auf öffentlichen und privaten Grundstücken im Stadtgebiet der Antragsgegnerin der Antragstellerin nicht gestattet ist, hat keinen eigenen Regelungsgehalt, sondern ist lediglich als ergänzender Hinweis zur Untersagungsverfügung zu verstehen.
127B. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2014, womit die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 500,00 € festgesetzt hat, ist rechtswidrig. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der Bezugnahme in dem Bescheid vom 10. Oktober 2014 auf eine Entscheidung vom 5. September 2014 um einen Versehen handelt (das Anhörungsschreiben datiert auf den 5. September 2014) und die Verwaltungsgebühr für die Untersagungsverfügung vom 2. Oktober 2014 festgesetzt worden ist. Die Untersagung der Sammlung ist – wie zuvor dargelegt – rechtswidrig. Für eine rechtswidrige Amtshandlung können keine Kosten gefordert werden.
128Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 192 unter Hinweis auf Susenberger/Weißauer, Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 1 Rn. 13, Loseblattwerk (Stand: Dezember 2006) mwN.
129Dies gilt selbst dann, wenn die Gebühren auch im Falle einer rechtmäßigen Amtshandlung angefallen wären.
130Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2015 – 9 K 196/12 –, juris Rn. 101.
131Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
132Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
133G r ü n d e:
134Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Da die Untersagung der Sammlung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, hat sich das Gericht bei der Ausübung seines Ermessens an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen, dort Ziffer 53.1, orientiert. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist anhand der von der Klägerin selbst im Anzeigeverfahren angegebenen Jahressammelmenge (71 Mg) zu bestimmen. Nach dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sollen die Angaben in der Anzeige vom 16. Juli 2014 maßgeblich sein. Bei einem erzielbaren Erlös von 400,00 € pro Megagramm Alttextilien und einer geschätzten Gewinnmarge von 50 Prozent ergibt sich ein Jahresgewinn in Höhe von 14.200,00 €. Die Festsetzung von zusätzlich 500,00 € für den angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 2014 beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 02. Juni 2015 - 9 K 4775/14
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(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.
(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens, - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung, - 3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle, - 4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie - 5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.
(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen
- 1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie - 2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.
(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.
(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.
(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.
(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.
Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten - soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch von Interesse - um die vom Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung der Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der kreisangehörigen Stadt O. - Altpapier hier und im Folgenden verstanden als aus privaten Haushaltungen einzusammelnde(s) Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), auch soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt.
3Der Beklagte ist unter anderem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Rhein-Kreis O. , dem acht Kommunen angehören. Diese haben ebenfalls als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle einzusammeln und zu den vom Beklagten oder in dessen Auftrag betriebenen Entsorgungsanlagen oder Umschlagstationen zu befördern. Jedenfalls seit 1997 bedient sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben als Entsorgungsträger eines in privatrechtlicher Form organisierten Unternehmens, derzeit der Entsorgungsgesellschaft O1. H. (im Folgenden: EGN), eines Tochterunternehmens der SWK Stadtwerke L. AG, mit der ein bis Ende 2016 laufender Entsorgungsvertrag besteht. Der Vertrag, der zunächst auch die Altpapierentsorgung (Verwertung) aus den kreisangehörigen Kommunen E. , H1. , K. und S. umfasste, sieht einen vom Beklagten zu zahlenden jährlichen pauschalen Preis pro Tonne von der EGN entsorgten Abfalls vor, d. h. eine Differenzierung nach Abfallarten findet nicht statt. Der allgemeine Entsorgungspreis stieg von knapp unter 100 € im Jahr 1997 auf über 130 € ab dem Jahr 2007. Soweit kreisangehörige Kommunen dem Beklagten getrennt gesammeltes Altpapier zur Entsorgung (Verwertung) überließen, erhob der Beklagte hierfür aufgrund von "Quersubventionierungen" etwa in den Jahren 2008 und 2009 eine Gebühr von 25,66 € pro Tonne von den Kommunen.
4Der Entsorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der EGN wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert. Ein Änderungsgrund war etwa, dass weitere kreisangehörige Kommunen (N. und O. ) im Zeitraum vor 2008 dazu übergegangen waren, ihr getrennt gesammeltes Altpapier dem Beklagten zu überlassen, was für die EGN größere Entsorgungsmengen bedeutete, nachdem die Kommunen es zunächst - vom Beklagten geduldet - selbst verwertet hatten. Als im Jahr 2008 und danach vier kreisangehörige Kommunen (K. , O. , S. und - teilweise - N. ) aufgrund des stark gestiegenen Preises für Altpapier dieses im Ergebnis nicht mehr dem Beklagten überließen und diese Mengen dementsprechend auch nicht mehr der EGN zur Verfügung standen, forderte diese vom Beklagten eine weitere Anpassung des Entsorgungsvertrags in Gestalt einer Erhöhung des pauschalen Entsorgungspreises. Der sich daraus ergebende Streit wurde Anfang 2010 dahingehend beigelegt, dass entgegen der Forderung der EGN der Entsorgungspreis ab 1. Januar 2009 nicht erhöht wird, der Beklagte jedoch in den Jahren 2011 bis 2016 Ausgleichszahlungen erbringt. Zugleich wurde vereinbart, dass Altpapier aus den Kommunen K. , O. und S. nicht mehr Gegenstand des Entsorgungsvertrags ist. Damit bezog sich der Entsorgungsvertrag, was Altpapier anbelangt, nur noch auf die Mengen aus den Kommunen H1. , E. und N. . Mit einer weiteren Anpassung des Entsorgungsvertrags wurde die Verwertung von Altpapier ab dem 1. Januar 2012 vollständig aus dem Vertrag ausgeklammert. Auch dafür hat der Beklagte Ausgleichszahlungen an die EGN zu leisten.
5Bereits im September 2010 hatte der Beklagte die Verwertung von Altpapier aus den Kommunen K. , L1. , L2. , O. und S. europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung gab die Möglichkeit, die Angebote nach Mengenklassen zu staffeln, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ungewiss war, ob aus einigen der Kommunen überhaupt Altpapier zur Verwertung überlassen würde. Die eingegangenen Angebote sahen im Mittel eine Mindestvergütung für den Beklagten pro Tonne Altpapier von 70,25 € vor, der Mittelwert der angebotenen Vergütungen lag bei 113,59 €. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2010 die X. Wertstoffkontor H. (im Folgenden: X. ), mit der der Beklagte einen entsprechenden Vertrag schloss. Die Verwertung des Altpapiers aus den Kommunen E. , H1. und N. schrieb der Beklagte Ende 2011 aus. Den Zuschlag erhielt die EGN. Jedenfalls seit dem Jahr 2012 gibt der Beklagte die Überschüsse aus der Altpapierverwertung an die Kommunen weiter, die ihm Altpapier zur Verwertung überlassen.
6Die Klägerin steht im Eigentum der Stadt O. , welche 51 Prozent der Anteile an der Klägerin direkt und 49 Prozent über ihre 100 prozentige Tochter, die Stadtwerke O. H. , hält. Sie übernahm aufgrund eines Vertrages mit der Stadt O. aus Februar 1996 die Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Nach dem Vertrag erhielt die Klägerin von der Stadt O. sowohl für die Sammlung als auch für die Aufbereitung und Sortierung des Altpapiers eine Vergütung. Die Vermarktung der aufbereiteten Stoffe hatte die Klägerin auf eigenen Verantwortung und Rechnung vorzunehmen. Ferner beauftragte die Stadt O. die Klägerin mit Geschäftsbesorgungsvertrag aus Juni 2000 mit den hoheitlichen Aufgaben der Stadt im Bereich der Abfallbeseitigung sowie mit Leistungen im Bereich Abfallsammlung und -beförderung, nicht jedoch in Bezug auf Altpapier.
7Aufgrund des erstgenannten Vertrags sammelte die Klägerin Altpapier aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von O. in Bündeln und mittels Containern, wobei sie allerdings ganz überwiegend nicht selbst tätig wurde, sondern ihrerseits die EGN beauftragte, die sich wiederum teilweise eines Subunternehmens bediente. Das gesammelte Altpapier aus O. wurde seit 2003 zur Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage in O. -H2. transportiert und dort dem Beklagten bzw. der dort tätigen EGN zur Verwertung überlassen. Ab Mai 2008 sammelte die Klägerin - wiederum über die EGN - Altpapier zudem mittels "blauer Tonnen", nachdem zuvor ein anderes Unternehmen bei der Stadt O. angezeigt hatte, Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels Altpapiertonnen sammeln zu wollen.
8Mit Schreiben vom 15. September 2008 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, ab sofort im Stadtgebiet O. flächendeckend Papier, Pappe und Kartonagen im Wege einer gewerblichen Sammlung erfassen zu wollen, und zwar mittels Altpapiertonnen, Altpapiercontainern und Bündelsammlungen. Zugleich kündigte sie Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung an. Im Zusammenhang damit wurde die Überlassung von Altpapier an den Beklagten eingestellt. Ab dem 1. November 2008 überließ die Klägerin das gesammelte Altpapier der EGN zur Verwertung, nachdem sie mit dieser einen eigenen Vertrag geschlossen hatte. Der Beklagte duldete diese Praxis zunächst. Im Dezember 2010 stellten die Klägerin und die Stadt O. den Vertrag aus Februar 1996 betreffend unter anderem die Sammlung des Altpapiers in O. vorübergehend ruhend.
9Die EGN war im Übrigen jedenfalls bis Ende 2011 unter anderem aufgrund eines (mehrfach verlängerten und verlängerbaren) Vertrages mit der Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland H. (im Folgenden: DSD) verpflichtet, die im Gebiet der Stadt O. anfallenden PPK-Verkaufsverpackungen, die im Zuge der von der Klägerin betriebenen Altpapiersammlung miterfasst werden, zu entsorgen. Die EGN erhält hierfür von der DSD eine monatliche Vergütung. Im Gegenzug hat die EGN die DSD an den Verwertungserlösen der Verkaufsverpackungen zu beteiligen.
10Aus Gebührenbedarfsermittlungen der Stadt O. ergibt sich, dass diese für die Jahre 2008 und 2009 sowohl für den Transport als auch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz brachte (499.500 € für 2008, 565.000 € für 2009). Für das Jahr 2010 veranschlagte sie nur noch 320.000 € für den Transport mit dem Hinweis, dass Entsorgungskosten nicht mehr anfielen, weil die Verwertung seit dem 1. November 2008 über die Klägerin erfolge. Für das Jahr 2011 wurden weder für den Transport noch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz gebracht mit der Begründung, dass die Klägerin das Altpapier gewerblich sammle.
11Im März 2010 hörte der Beklagte in seiner Funktion als untere Umweltschutzbehörde die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung von Altpapier in O. an, was er damit begründete, dass die Sammlung der Klägerin nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C16.08 -) keine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darstelle. Etwa zeitgleich hörte er auch die (nicht kommunalen) Träger von Altpapiersammlungen in anderen Kommunen hinsichtlich einer Untersagung an, um sämtliches im Kreisgebiet gesammeltes Altpapier selbst - mittels der oder über die zuvor erwähnten Ausschreibungsverfahren - verwerten zu können. Aufgrund der Anhörung kam es mit einem anderen Unternehmen, das in einer anderen kreisangehörigen Kommune Altpapier sammelte, zu Gesprächen, in denen der Beklagte anbot, von der angekündigten Untersagung Abstand zu nehmen, wenn er von dem Unternehmen an den Verwertungserlösen für das Altpapier beteiligt wird. Eine entsprechende Einigung kam nicht zustande.
12Mit Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010, zugestellt am 20. Juli 2010, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem an, ab dem 1. Januar 2011 die eigenverantwortliche Sammlung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten auf dem Gebiet der Stadt O. zu unterlassen (Buchstabe a Nr. 1). Zur Begründung führte der Beklagten im Wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung diene der Durchsetzung der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Bei der von der Klägerin seit September 2008 durchgeführten Sammlung handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Auch sonst liege keine Ausnahme von der Überlassungspflicht vor.
13Am 19. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Sammlungsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) entgegen der Annahme in der Ordnungsverfügung nicht eigenverantwortlich sammle. Vielmehr sei sie aufgrund des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt O. sowie der Abfallentsorgungssatzung der Stadt O. als beauftragte Dritte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Stadt O. tätig. Soweit ihre Sammlung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien keine gewerbliche sei, lasse sich daraus allenfalls ableiten, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht einschlägig sei. Dies rechtfertige aber nicht den Schluss, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorliege, eben weil sie Drittbeauftragte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei. Liege dagegen eine gewerbliche Sammlung vor, verstoße die Verbotsverfügung gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Anhaltspunkte für relevante Gebührenauswirkungen lägen ebenso wenig vor wie für eine Gefährdung der Entsorgungssicherheit. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zuvor nicht aufgeklärt worden sei.
14Die Klägerin hat beantragt,
15die Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Sammlung der Klägerin handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche. Unabhängig davon erfolge die Sammlung nicht ordnungsgemäß, weil sie nicht in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften durchgeführt werde. Die Beauftragung der Klägerin mit Entsorgungsdienstleistungen durch die Stadt O. im Wege der inhouse-Vergabe sei vergaberechtlich unzulässig, weil die Klägerin bei einer solchen Vergabe nur begrenzt außerhalb des Auftragsverhältnisses tätig werden dürfe und die insoweit zu beachtende Grenze mit der durchgeführten Altpapiersammlung und -verwertung überschritten werde. Die Sammlung verstoße ferner gegen Wettbewerbsrecht, weil die Stadt O. in Zusammenarbeit mit der Klägerin andere Marktteilnehmer behindere. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Kommunalabgabenrecht vor, weil danach die von der Stadt O. übernommenen Sammlungs- und Transportkosten nicht im Abfallgebührenhaushalt hätten in Ansatz gebracht werden dürfen. Im Übrigen stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es bestehe die Gefahr, dass Vergabeverfahren erheblich erschwert und gegebenenfalls unterlaufen würden. Dies gelte schon deshalb, weil eine zuverlässige Prognose der zu entsorgenden Altpapiermengen nicht möglich sei. Auch sei die Entsorgungssicherheit gefährdet, wenn die öffentliche Altpapierentsorgung im Kreis vollständig von gewerblichen Sammlungen verdrängt werde. Im Fall der Einstellung der gewerblichen Sammlungen sei die öffentlich-rechtliche Entsorgung nicht möglich, zumindest nicht kurzfristig, weil die Entsorgungspflichten europaweit ausgeschrieben werden müssten. Öffentliche Interessen seien auch insoweit beeinträchtigt, als durch die Sammlung der Klägerin auch Verkaufspackungen erfasst und diese damit den Systembetreibern nach der Verpackungsverordnung entzogen würden. Schließlich verhindere die Sammlung der Klägerin niedrigere Abfallgebühren.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung gerichtet ist, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung der Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG diene; eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG liege nicht vor, weil es jedenfalls nicht erkennbar sei, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche handele.
20Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Da es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei ihre Rechtmäßigkeit anhand des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen. Danach erweise sie sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig. Soweit der Beklagte die Sammlung untersagt habe, weil es sich nicht um eine gewerbliche handele, sei dem durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Auch darüber hinaus seien die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gewerbliche Sammlungen zulässig seien, durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundlegend geändert worden. Hinsichtlich der in § 17 Abs. 2 und 3 KrWG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen verfüge sie (die Klägerin) nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um deren (Nicht-)Vorliegen beurteilen zu können. Der Beklagte habe sich diesbezüglich nicht geäußert, obwohl er verpflichtet sei, seine Unterlassungsverfügung anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Hierauf käme es nicht an, wenn eine andere Entscheidung nicht getroffen werden könnte. Von einer Alternativlosigkeit der Untersagungsverfügung könne jedoch keine Rede sein. Die Unterlassungsverfügung sei auch durch das mit § 18 KrWG eingeführte Anzeigeverfahren obsolet geworden. Schließlich sei die Unterlassungsverfügung ermessensfehlerhaft. Die angestellten Ermessenserwägungen gingen nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ins Leere. Soweit im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die Aspekte der Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und des öffentlichen Interesses an niedrigen Abfallgebühren abgestellt worden sei, griffen diese nicht. Mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien nicht dargelegt worden. Anhaltspunkte für eine wesentliche Senkung der Abfallgebühren seien ebenfalls nicht dargetan worden. Weil der Beklagte seine Ermessenserwägungen nicht an die neue Rechtslage angepasst habe, sei die Untersagungsverfügung wegen eines Begründungsdefizits auch formell rechtswidrig. Schließlich sei der Beklagte für die Untersagungsverfügung nicht zuständig gewesen.
21Die Klägerin beantragt,
22das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er macht im Wesentlichen geltend: Auch auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes handele es sich bei der Sammlung der Klägerin mangels Erkennbarkeit nicht um eine gewerbliche. Nehme man dagegen eine gewerbliche Sammlung an, sei diese wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen rechtswidrig. Die Stadt O. habe die öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung eingestellt. Ohne Änderung des Sammlungssystems sammle die Klägerin nunmehr nicht mehr als beauftragte Dritte der Stadt O. , sondern gewerblich. Ein solches Vorgehen sei mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vereinbar, weil die Stadt O. ihre Pflicht aus § 20 Abs. 1 KrWG zur Einsammlung von Altpapier aus privaten Haushalten nicht mehr wahrnehme, ohne dass ein dafür vorgeschriebenes Verfahren nach § 20 Abs. 2 KrWG durchgeführt worden sei. Außerdem widerspreche die Vorgehensweise der Stadt O. den Grundsätzen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb. Durch ihre Absprachen mit der Klägerin habe die Stadt dieser faktisch das gesamte Entsorgungsgebiet der Stadt O. im Sinne einer Monopolstellung überlassen. Zudem habe die Stadt konkurrierende gewerbliche Sammlungen behindert. Weiterhin sei er, der Beklagte, in seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt. Da er selbst eine hochwertige Verwertung von Altpapier durchführe, gingen ihm hinsichtlich der von der Klägerin erfassten Altpapiermengen Erlöse verloren, die nicht zur Reduzierung der Abfallgebühren eingesetzt werden könnten. Im Übrigen könne er entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Altpapier aus O. nicht den von ihm vorgehaltenen hochwertigen Verwertungsstrukturen zuführen. Weiterhin stünden der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit eines nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems (nach der Verpackungsverordnung) gefährdet werde. Die Klägerin lasse auch Verkaufsverpackungen sammeln und verwerten, ohne eine Vereinbarung mit der Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV geschlossen zu haben. Sie gebe an diese keine Verkaufsverpackungen ab und vereinnahme sämtliche Verwertungserlöse. Damit sei ihre Sammlung der Grund dafür, dass aus O. keine Verkaufsverpackungen im Auftrag der Systembetreiber gemäß der Verpackungsverordnung tatsächlich haushaltsnah erfasst und anschließend verwertet würden. Die Einführung eines Anzeigeverfahren durch § 18 KrWG führe ferner nicht dazu, dass zuvor verfügte repressive hoheitliche Maßnahmen keinen Bestand mehr hätten. Die in der Ordnungsverfügung angestellten Ermessenserwägungen seien auch nach der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden.
26Mit Schreiben vom 24. August 2012 zeigte die Klägerin dem Beklagten eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung im Gebiet der Stadt O. an.
27Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg gehabt (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 17 L 1791/10 - sowie des Senats vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 - und vom 15. Juni 2012 - 20 B 415/12 -).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den Verfahren 20 B 47/11, 20 A 3043/11 und 20 A 3044/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und sonstigen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Berufung hat Erfolg.
31Die gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet.
32Die Untersagungsverfügung ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden, am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen.
34Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 - 4 K 1905/10 -, juris, jeweils m. w. N.
35Da sich die Untersagungsverfügung auf dieser Grundlage als rechtswidrig erweist, hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, in vollem Umfang Erfolg. Soweit die Klägerin auch zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung auf der Grundlage des vormals geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorgetragen hat, kommt es auf diese Ausführungen in Ansehung des gestellten Antrags nicht an, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass ihr Begehren - unabhängig von einem insoweit bestehenden Rechtsschutzbedürfnis - nicht auch darauf gerichtet ist, eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen.
36Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
37Daran anknüpfend liegt hier schon vom Ansatz her kein Fall vor, in dem wegen zu beurteilender unterschiedlicher Zeiträume eine teilweise Klageabweisung in Betracht kommt, weil sich die Untersagungsverfügung - unterstellt - in einem zurückliegenden Zeitraum als rechtmäßig dargestellt hat. Im Übrigen ist die Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags (auch) dem Umstand geschuldet, dass sich mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 die für die Beurteilung der Untersagungsverfügung maßgebliche Rechtslage geändert hat. Unabhängig davon, wie der erstinstanzlich gestellte Antrag zu verstehen war, kann es kostenmäßig, etwa unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Klagerücknahme, nicht zulasten der Klägerin gehen, dass sie ihren Antrag an die geänderte Rechtslage angepasst hat.
38In der Sache bestehen bereits Bedenken, ob die Untersagungsverfügung formell rechtmäßig ist.
39Solche Bedenken bestehen allerdings nicht wegen des Fehlens einer erforderlichen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn die Ordnungsverfügung enthält offensichtlich eine solche. Ob diese Begründung - auch nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - die verfügte Sammlungsuntersagung trägt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Im Übrigen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Rechtslage unter Geltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen, was als Nachschieben einer Begründung angesehen werden könnte.
40Bedenken sind jedoch darin begründet, dass dem Beklagten, ausgehend von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage, bei Erlass der Ordnungsverfügung die sachliche Zuständigkeit gefehlt haben und auch heute fehlen könnte.
41Vom Grundsatz her war der Beklagte bei Erlass der Ordnungsverfügung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist. Auch aus § 3 ZustVU dürfte sich nichts anderes ergeben, da es hier um den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gegenüber einem Unternehmen geht, dessen Anteile nicht zu mehr als 50 % einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt - die Stadt O. als "Eigentümerin" der Klägerin ist nicht kreisfrei - gehören, und deshalb keine Zuständigkeit der Bezirksregierung besteht.
42Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten resultieren jedoch daraus, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (auch im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) ist.
43Diese Bedenken beruhen allerdings nicht darauf, dass die zuvor dargelegte Zuständigkeitsbestimmung gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verstößt. Zwar stellen zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies jedoch in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 18. März 2009- 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171.
45Bedenken ergeben sich jedoch, wie den zuvor zitierten Entscheidungen andeutungsweise zu entnehmen ist, aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und des Neutralitätsgebots. Gerade unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde nicht unproblematisch, weil dies die Gefahr von interessengeleiteten Maßnahmen beim Vollzug in sich birgt. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen geht (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG), spricht Einiges dafür, dass der von den Sammlungen betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (auch) eigene Interessen verfolgt und diese Interessen möglicherweise als untere Umweltschutzbehörde durchzusetzen versucht; jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des "bösen Scheins" kann für Außenstehende ein entsprechender Eindruck entstehen. Diese Bedenken sind offensichtlich auch im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht und der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
46Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
47Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später als nicht stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und "für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge" zu tragen.
48Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47 (= Drucksache 17(16)420 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 25. Oktober 2011, S. 2).
49Dementsprechend ist inzwischen in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
50Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2 - 408.10.02.
51Eine solche organisatorische Trennung dürfte hier zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung aber nicht bestanden haben. Zudem dürfte eine hinreichende organisatorische Trennung unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls einen bei Erlass der Verfügung - unterstellt - vorliegenden Zuständigkeitsmangel heilen könnte, auch gegenwärtig nicht vorliegen. Zwar hat der Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Organisationsverfügung vom 17. Juni 2013 auf den zuvor zitierten Erlass reagiert. Abgesehen von der Frage, ob die im Wesentlichen auf der Sachbearbeiterebene vorgenommene teilweise Trennung der Aufgabenbereiche als hinreichend anzusehen ist, wird die Organisationsverfügung jedenfalls nicht strikt umgesetzt, weil gerade derjenige Sachbearbeiter oder Produktverantwortliche, der nach der Verfügung "ab sofort" nicht mehr für Sammlungsuntersagungen nach § 18 KrWG zuständig ist, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfänglich für den Beklagten in dessen Funktion als untere Umweltschutzbehörde geäußert hat.
52Die Zuständigkeitsfrage muss jedoch nicht abschließend entscheiden werden, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
53Sie kann nicht auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der gegenüber § 62 KrWG hinsichtlich der Untersagung einer gemäß § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung grundsätzlich als die speziellere Vorschrift anzusehen ist, als rechtmäßig angesehen werden.
54Gegenstand der Verfügung ist im Kern die Untersagung der Sammlung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Soweit der Klägerin unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verwertung von Altpapier aus O. untersagt worden ist, kommt dem im Verhältnis zur Sammlungsuntersagung kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Mit der Untersagung auch der Verwertung hat der Beklagte ersichtlich lediglich der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung Altpapier in O. sammelte, d. h. als Verantwortliche unter anderem von der EGN sammeln ließ, und das gesammelte Altpapier verwertete oder verwerten ließ. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - in welcher Konstellation auch immer - Altpapier aus O. , das sie nicht sammelt, verwerten könnte, liegen nicht vor. Dementsprechend hat die untersagte Verwertung neben der untersagten Sammlung keinen eigenständigen oder weitergehenden Regelungsgehalt, weil die Verwertung durch die Klägerin gegebenenfalls bereits dadurch ausgeschlossen ist oder wird, dass ihr die Sammlung untersagt wird und sie dementsprechend nicht in den Besitz des Altpapiers gelangt.
55Die Sammlungsuntersagung kann jedoch deshalb nicht rechtmäßigerweise auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorliegen.
56Allerdings handelt es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche auch im Sinne der §§ 17, 18 KrWG, was den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG eröffnet, der, wie die Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG zeigt, nur für (angezeigte) gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen gilt.
57Nach den Definitionen des § 3 Abs. 15 und 18 KrWG liegt eine gewerbliche Sammlung vor.
58Gemäß § 3 Abs. 15 KrWG ist eine Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Einsammeln von Abfällen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da in O. Altpapier mittels Tonnen, Containern und in Bündeln erfasst (eingesammelt) wird. Als insoweit verantwortlicher Sammler (vgl. § 3 Abs. 10 KrWG) oder als Träger der Sammlung ist die Klägerin anzusehen, da sie, auch wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang operativ im Sinne von selbst sammelnd tätig ist, die Sammlung über den diesbezüglich mit der EGN geschlossenen Vertrag steuert.
59Nach § 3 Abs. 18 Satz 1 KrWG ist eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Da die Klägerin das eingesammelte Altpapier nachfolgend eigenverantwortlich verwertet oder verwerten lässt, indem sie für die Überlassung zur Verwertung Geld erhält, ist eine Einnahmeerzielung bezweckt.
60Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Sammlung normiert das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht ausdrücklich und lassen sich ihm auch sonst nicht entnehmen.
61Der zum Sammlungsbegriff unter Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine gewerbliche Sammlung müsse sich von dauerhaften und festen Entsorgungsstrukturen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten unterscheiden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 134, 154,
63ist durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Mit Blick darauf steht der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen, dass die Sammlung der Klägerin sich nicht von derjenigen unterscheidet, als noch ein Auftragsverhältnis mit der Stadt O. bestand, also im Ergebnis eine öffentlich-rechtliche Sammlung stattfand.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten hängt die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Regelungszusammenhang der §§ 17, 18 KrWG ferner nicht von der ungeschriebenen Voraussetzung ab, dass für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Gewerblichkeit der Sammlung erkennbar sein muss. Ein solches einschränkendes Verständnis der nach ihrem Wortlaut klaren Definitionen kann auch mit Blick auf die Systematik (das Zusammenwirken) der zuvor genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck nicht angenommen werden.
65Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf die § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG Bezug nimmt, dient dazu, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG umfassend normierte Überlassungspflicht Rechnung zu tragen.
66Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f. (linke Spalte ab unten).
67Denn die Überlassungspflicht gilt grundsätzlich auch für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen, was im Gesetzgebungsverfahren - vor allem wohl mit Blick auf die Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 35, Art. 106 Abs. 1 AEUV - zu Recht als "EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig" angesehen worden ist.
68Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (linke Spalte oben).
69Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unterstellt - suspendiert dabei ebenso wie die Nr. 3 die Überlassungspflicht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Überlassungspflicht der privaten Haushaltungen selbst suspendiert, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG ihre Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen haben, was an sich die Überlassung an einen gewerblichen Sammler ausschließt. Zum anderen wird jedoch auch die Überlassungspflicht der gewerblichen Sammler suspendiert, die nach dem Einsammeln von Abfällen aus privaten Haushaltungen ohne die Ausnahmeregelungen als Besitzer eben solcher Abfälle ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet wären.
70Den zuvor behandelten Vorschriften liegt offensichtlich das Verständnis eines (regelungsbedürftigen) Konkurrenzverhältnisses zwischen den mittels der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geschützten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einerseits und gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlern (Sammlungen) andererseits zugrunde. So wird in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien § 17 Abs. 3 KrWG, mit dem die öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG konkretisiert werden, als "Kollisionsklausel" bezeichnet; im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist von "relevanten Konkurrenzsituationen" die Rede.
71Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, vorletzter Absatz, und rechte Spalte, ebenfalls vorletzter Absatz).
72Mit Blick darauf sind die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG dahingehend zu verstehen, dass es auf jeden Fall eine vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unabhängige, d. h. eigenständig und eigenverantwortlich tätige Person sein muss, die sich mittels einer (gemeinnützigen oder gewerblichen) Sammlung in den Besitz der Abfälle bringt. Dies kommt im Übrigen auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck. Diese Regelungskonzeption erscheint zwar nicht zwingend, weil die eigentliche Konkurrenzsituation erst bei der Verwertung zum Tragen kommt und die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht davon abhängt, dass der (überlassungspflichtige) Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich gerade durch eine Sammlung in den Besitz der Abfälle gebracht hat. Andererseits erscheint es nicht verfehlt oder willkürlich, als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Überlassungspflicht ein bestimmtes Tätigwerden, nämlich das Einsammeln von Abfällen (vgl. § 3 Abs. 15 KrWG), zu fordern.
73Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG unter der (ungeschriebenen) einschränkenden Voraussetzung steht, dass die Gewerblichkeit für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen erkennbar ist. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her als eine Schutzvorschrift nicht zuletzt für Gewerbetreibende ausgestaltet ist, die mit - werthaltigen - Abfällen im weiteren Sinne Handel treiben und dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu den - durch die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG "geschützten" - öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern getreten sind oder treten wollen. Angesichts dessen liefe die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Gewerblichkeit für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf einen anderen, von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht bezweckten Schutz hinaus. Stellte man auf die Erkennbarkeit der Gewerblichkeit ab, würden zwar die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in die Lage versetzt beurteilen zu können, ob sie gegebenenfalls an den "Richtigen" überlassen, d. h. entweder im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (gegebenenfalls in Gestalt eines von diesem beauftragten Dritten, § 22 Satz 1 KrWG) oder an einen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG tätigen gewerblichen Sammler. Einen solchen Schutz bezweckt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nach den vorstehenden Ausführungen jedoch nicht.
74Dem Vorliegen einer gewerblichen Sammlung der Klägerin im Sinne der §§ 17, 18 KrWG kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, sie erfolge im Auftrag (§ 22 Satz 1 KrWG) eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
75Insoweit ist zum einen festzustellen, dass § 22 Satz 1 KrWG auch eine Beauftragung hinsichtlich des (Ein-)Sammelns von Abfällen umfasst, auch wenn der Wortlaut nur auf Verwertung und Beseitigung abstellt. Damit gemeint und eingeschlossen sind auch sämtliche Vorbereitungshandlungen wie etwa das Einsammeln.
76Vgl. Frenz in: Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 22 KrWG Rn. 6, m. w. N.
77Zum anderen ist festzuhalten, dass "beauftragen" im Sinne der zuvor genannten Vorschrift nicht formalrechtlich als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag (§§ 662 ff. BGB) zu verstehen, sondern ein wie auch immer ausgestaltetes (vertragliches) Abstimmungsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem "Drittbeauftragten" gemeint ist, das die Erfüllung wenigstens einer der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten durch den "Drittbeauftragten" zum Gegenstand haben muss.
78Im Weiteren ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Auftragsverhältnis im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG hinsichtlich des Sammelns die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG ausschließt.
79Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der Definition der gewerblichen Sammlung in § 3 Abs. 18 KrWG, weil der dort genannte Zweck der Einnahmeerzielung auch im Fall eines Auftrags im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG vorliegen kann. Da diese Vorschrift, wie bereits erwähnt, nicht als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag verstanden werden kann, dürfte es sich in der Regel bei den Aufträgen im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG um entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge handeln, welche von im Bereich der Abfallwirtschaft gewerblich tätigen Unternehmen im Wortsinne "zur Einnahmeerzielung" abgeschlossen werden. Soweit die Dritten auch mit der Verwertung "beauftragt" sind, kommt auch diesbezüglich eine Einnahmeerzielungsabsicht in Betracht, und zwar bereits bei der Sammlung.
80Dass die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG bei Bestehen eines das Sammeln betreffenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG ausgeschlossen ist, ergibt sich jedoch wiederum daraus, dass der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ein (mögliches) Konkurrenzverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und gewerblichen Sammlungen (Sammlern) regeln wollte. Dabei hat er, was sich insbesondere an § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG festmachen lässt, die Drittbeauftragten auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesehen. Wer jedoch auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger steht, kann nicht zugleich im Sinne einer gewerblichen Sammlung eigenständig und eigenverantwortlich tätig sein. In einem solchen Fall fehlt es gewissermaßen an dem vom Gesetzgeber angenommenen oder vorausgesetzten Konkurrenzverhältnis. Denn aufgrund des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besteht eine Verpflichtung zum Tätigwerden diesem gegenüber und stimmen die beiderseitigen Interessen überein.
81Dies vorausgeschickt lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin im Auftrag der Stadt O. tätig ist - die Annahme eines (wirksamen) Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG hinsichtlich des Einsammelns von Abfällen in den kreisangehörigen Kommunen nicht als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger tätig ist. An die Annahme eines solchen Verhältnisses sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den im öffentlichen Interesse liegenden Grundsatz der Entsorgungssicherheit muss insbesondere klar erkennbar sein, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Dritten mit der Erfüllung bestimmter Pflichten beauftragt hat. Daran fehlt es hier.
82Aus dem - soweit ersichtlich fortbestehenden - Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt O. aus Juni 2000 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin gegenüber der Stadt auch oder gerade in Bezug auf Altpapier zum Einsammeln verpflichtet ist. Die Anlage 1 zum Vertrag, mit der die Vertragspflichten der Klägerin konkretisiert werden, spricht dagegen, weil unter dem Gliederungspunkt "I. Abfallsammlung und - beförderung" das Sammeln und Befördern von Altpapier gerade nicht genannt wird.
83Was den unter anderem die Sammlung von Altpapier betreffenden Vertrag aus Februar 1996 anbelangt, kann dieser ebenfalls nicht als Grundlage eines wirksamen und bestehenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG angesehen werden, da er jedenfalls seit Dezember 2010 (vorübergehend) ruhend gestellt ist. Bei den diesbezüglichen Erklärungen der Vertragsparteien handelt es sich im Übrigen nicht um nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksame Scheinerklärungen, da tatsächlich nicht mehr entsprechend dem Vertrag verfahren wird. Dies lässt sich daran festmachen, dass der Klägerin nach § 3 Nr. 1 des Vertrags für das Erfassen (Sammeln) des Altpapiers eine Vergütung zustünde, diese jedoch nicht mehr gezahlt wird. Dies ergibt sich daraus, dass entsprechende Kosten ab dem Jahr 2011 nicht mehr in der Abfallgebührenkalkulation der Stadt O. auftauchen.
84Der Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als sammle sie im Auftrag der Stadt O. - was nach den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung ausschlösse.
85Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Sammlung der Klägerin auf eine Art und Weise entstanden ist, die der Gesetzgeber (wohl) bei der Schaffung weder des § 3 Abs. 18 KrWG noch der §§ 17, 18 KrWG als typischen Fall vor Augen hatte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass Fallkonstellationen wie die vorliegende, in der eine vormals öffentlich-rechtliche, durch einen Drittbeauftragten durchgeführte Sammlung im Einvernehmen zwischen dem für das Einsammeln zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Drittbeauftragten vollständig durch eine gewerbliche Sammlung des (vormals) Drittbeauftragten ersetzt wird, im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Diese Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung führt jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin als beauftragte Dritte im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG behandeln lassen muss und deshalb die Gewerblichkeit ihrer Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen ist. Eine solche Verfahrensweise stünde wiederum nicht damit in Einklang, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her um eine Schutzvorschrift zugunsten gewerblicher Sammlungen handelt, um diese von der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG auszunehmen. Damit vertragen sich Einschränkungen bei dem Begriff der gewerblichen Sammlung nicht, die über § 22 KrWG hinaus aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herrühren. So liegt die Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung hier nicht in oder an der Sammlung selbst oder ihrer Gewerblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG, sondern darin, dass die Stadt O. ihre öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit, was getrennt gehaltenes Altpapier anbelangt, spätestens im Dezember 2010 eingestellt hat, indem das vormals in Gestalt des Vertrages aus Februar 1996 bestehende Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Dies kann wertungsmäßig jedoch nicht dazu führen, dass die Klägerin als Drittbeauftragte behandelt oder angesehen und damit die Gewerblichkeit ihrer Sammlung verneint wird. Berührt das Verhalten der Stadt O. öffentliche (Entsorgungs-)Interessen, ist diesen gegebenenfalls im Rahmen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG Rechnung zu tragen. Steht das Verhalten der Stadt O. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa mit § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG oder § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG, nicht in Einklang, müssen erforderlichenfalls Maßnahmen gegenüber der Stadt O. ergriffen werden. Beides rechtfertigt indes nicht, eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG dadurch auszuschließen, dass zulasten der Klägerin ein Auftragsverhältnis angenommen wird. Das Vorstehende gilt entsprechend, wenn man davon ausgeht, dass die Stadt O. mit dem nach § 22 Satz 1 KrWG an sich zulässigen Mittel der Drittbeauftragung im Bereich der Altpapierentsorgung in einer derart "flexiblen" Art und Weise umgeht, die von der genannten Vorschrift nicht mehr gedeckt ist.
86Die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG und damit die Anwendung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Sammlung der Klägerin die Schutzwürdigkeit fehlt, weil sie entgegen der zuvor geschilderten Grundannahme des Gesetzgebers weder in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestanden hat noch steht, sondern in gewisser Weise sogar von der Überlassungspflicht profitiert hat. Denn jedenfalls bis Mitte des Jahres 2008 haben die Erzeuger und Besitzer von Altpapier aus privaten Haushaltungen dieses - in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, dem der heutige § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht, und mit § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG - der im Auftrag der Stadt O. sammelnden Klägerin, d. h. der für diese im Wesentlichen tätigen EGN, zur Verfügung gestellt, was im Ergebnis diese Sammlung "etabliert" und dazu beigetragen hat, dass die Klägerin ab September 2008 praktisch konkurrenzlos "gewerblich" (weiter-)sammeln konnte. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, deswegen das Vorliegen einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen. Es fehlt rechtssystematisch an einer planwidrigen Regelungslücke, die gerade durch eine solchermaßen einschränkende Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung zu schließen ist.
87Der zuvor dargestellten Regelungskonzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt vom Grundsatz her die Annahme zugrunde, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Entsorgungspflichten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG wahrnehmen und diesen nachkommen, was einschließt, dass sie - vorbehaltlich des Eingreifens einer Ausnahmeregelung - die ihnen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zu überlassenden - und nachfolgend von ihnen zu entsorgenden (verwertenden) - Abfälle auch in Besitz nehmen. Diese Annahme ist erst recht im Hinblick auf (in aller Regel werthaltige) getrennt gehaltene und zu sammelnde Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen berechtigt. Insoweit haben und verfolgen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger über die Erfüllung der Pflichten hinaus, die ihnen im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung von Entsorgungssicherheit übertragen worden sind, auch im weiteren Sinne wirtschaftliche Interessen, weil mit den genannten Abfällen bei der Verwertung Erlöse zu erzielen sind. Diese Grundannahmen schließen das Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zu gewerblichen Sammlungen ein, die typischerweise ebenfalls auf getrennt gehaltene und zu sammelnde (werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen zugreifen oder zugreifen wollen.
88Es kann aber auch Konstellationen - wie die hier vorliegende - geben, in denen innerhalb einer Gebietskörperschaft zwei öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger neben- oder besser hintereinander tätig sind, deren Interessen jedenfalls hinsichtlich der Entsorgung von bestimmten (werthaltigen) Abfällen aus privaten Haushaltungen durchaus differieren können mit der Folge, dass nicht immer für beide ein Konkurrenzverhältnis zu einer gewerblichen Sammlung besteht. So obliegt in Nordrhein-Westfalen nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG den kreisangehörigen Kommunen das Einsammeln der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle, weiterhin die Beförderung zu den Abfallentsorgungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit diese vom Kreis oder in dessen Auftrag betrieben werden. Erst daran anschließend tritt die Zuständigkeit des Kreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 und 2 LAbfG ein, der insbesondere für die Verwertung zuständig ist. Diese Konstellation beinhaltet die Gefahr von - im weiteren Sinne wirtschaftlichen oder finanziellen - Interessenkonflikten zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, weil die kreisangehörigen Kommunen die Einsammlungs- und Transportkosten des Altpapiers zu tragen haben, jedoch nicht unmittelbar von etwaigen Erlösen aus der Verwertung der Abfälle profitieren. Dieser Interessenkonflikt hat vorliegend dazu geführt, dass im Gebiet des Beklagten einzelne kreisangehörige Kommunen Altpapier als "werthaltigen" Abfall aus privaten Haushaltungen nicht mehr einsammeln und dementsprechend auch eine Beförderung zu den im Auftrag des Beklagten betriebenen Anlagen entfällt, jedenfalls aber eine Überlassung an den Beklagten nicht mehr stattfindet. Dieser Interessenkonflikt ist weiterhin dafür verantwortlich, dass sich die Sammlung der Klägerin - wie oben aufgezeigt - konkurrenzlos durchsetzen konnte, weil die Stadt O. ab September 2008 jedenfalls faktisch ihre Entsorgungstätigkeiten - mit Blick auf die (beabsichtigte) gewerbliche Sammlung der Klägerin - eingestellt hat.
89Der Umstand, dass danach die Grundannahmen des Gesetzgebers nicht in allen Fällen zutreffen, rechtfertigt jedoch selbst dann, wenn man einen daraus folgenden Regelungsbedarf annimmt, nicht, gerade den Begriff der gewerblichen Sammlung einschränkend auszulegen. Da Konstellationen wie die zuvor dargelegte und hier vorliegende aus einem Interessenkonflikt zwischen mehreren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern untereinander resultiert, besteht keine Veranlassung, daraus Einschränkungen des Begriffs der gewerblichen Sammlung abzuleiten, mit dem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet wird oder werden soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass etwaigen Regelungsdefiziten im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG hinreichend Rechnung getragen werden kann.
90Ist danach von einer gewerblichen Sammlung sowohl im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG als auch der §§ 17, 18 KrWG auszugehen, kann deren Untersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG allerdings nicht damit begründet werden, dass es an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG mangelt.
91Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung des von der Klägerin eingesammelten Altpapiers die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt.
92Soweit § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Vereinbarkeit der Verwertung mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fordert, kann hier nicht damit argumentiert werden, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 KrWG vorliegt. Dies liefe auf einen unzulässigen Zirkelschluss hinaus. Da § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - wie ausgeführt - gerade eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht im Rahmen der Prüfung einer dieser Voraussetzungen, nämlich der ordnungsgemäßen Verwertung, auf die entgegenstehende Überlassungspflicht abgestellt werden.
93Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung "ordnungswidrig" machen.
94In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, dass die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz diene.
95Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
96§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe.
97Vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
98Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, dass jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung besteht, zur "Ordnungswidrigkeit" der Verwertung führt. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können.
99So auch Frenz, a. a. O., § 7 KrWG Rn. 84, m. w. N.
100Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen.
101Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die vom Beklagten geltend gemachten, aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem grundsätzlich zur Sammlung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt O. ) resultierenden etwaigen vergabe-, wettbewerbs-, kommunalabgaben- und steuerrechtlichen Verstöße, sämtlich als gegeben unterstellt, nicht dazu führen, dass die Verwertung als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist. Die (unterstellten) Verstöße haben weder einen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang noch ist ein Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten erkennbar. Im Übrigen erschließt sich weder, dass es sich bei den vom Beklagten ausgemachten Verstößen um solche der Klägerin handelt oder handeln soll, noch ist ersichtlich, dass sich die Klägerin im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße der Stadt O. zurechnen lassen müsste.
102Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen ferner keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegen, die auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung rechtfertigen.
103Was den Maßstab bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen anbelangt, ist eine eher strenge Beurteilung geboten.
104Ausgangspunkt für die Bestimmung (überwiegender) öffentlicher Interessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Begriff der Gefährdung der Funktionsfähigkeit, und zwar des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, eines von diesem beauftragten Dritten oder eines Rücknahmesystems. Das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit wird hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und eines von diesem beauftragten Dritten durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG weiter dahingehend definiert oder konkretisiert, dass eine solche Gefährdung gegeben ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (erste Alternative) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (zweite Alternative). Die zweite Alternative wird sodann allein im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten (Regel-)Beispiele weiter konkretisiert. Angesichts dieser Regelungssystematik leitet sich der Beurteilungsmaßstab vor allem aus der Wortwahl in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG ab, die auf eine Gefährdung (der Funktionsfähigkeit), eine Verhinderung (der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen) und eine wesentliche Beeinträchtigung (der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) abstellt. Zudem korrespondiert diese Einschätzung damit, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz Beeinträchtigungen, welche die Funktionsfähigkeit nicht in Frage stellen, hinzunehmen sind.
105Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
106Die zuvor geäußerte Einschätzung oder Wertung gilt auch in Ansehung der Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Diese gehen auf einen im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
107Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419).
108Aus der Begründung für diesen Änderungsantrag ergibt sich nicht, dass die Regelbeispiele den Ausgangspunkt des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, die (überwiegenden) öffentlichen Interessen unter anderem über die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen, oder aber den durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG vorgegebenen Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in Frage stellen sollten. Vielmehr haben die Regelbeispiele auch nach der Begründung des Änderungsantrags die Funktion, das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu konkretisieren. Zwar erschließt sich nicht ohne weiteres, ob bei der mit den Regelbeispielen vorgenommenen Konkretisierung dem übergeordneten Merkmal der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG jeweils hinreichend Rechnung getragen wurde. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, weil dadurch nicht in Frage gestellt wird, dass nach den vorstehenden Ausführungen bei der Prüfung überwiegender öffentlicher Interessen ein eher strenger Maßstab anzulegen ist.
109Diese Einschätzung erweist sich auch in Ansehung der übrigen Begründung in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien als zutreffend. So ergibt sich aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, dass die "kommunalen Überlassungspflichten" als EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig angesehen worden sind und als Rechtfertigungsgrund unter anderem auf Art. 106 Abs. 2 AEUV abgestellt worden ist. Diese Vorschrift stellt als Maßstab auf die rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung von übertragenen besonderen Aufgaben ab. Dieser Maßstab stimmt im Wesentlichen sowohl mit der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genannten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überein, wenn man darunter, was der Wortlaut nahelegt, auch die Gefahr einer Existenzvernichtung versteht, als auch mit der in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG genannten Verhinderung der Erfüllung von Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Ferner dient nach der Begründung des Änderungsantrags gerade das Merkmal oder der Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG dazu, sich "innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen" zu bewegen.
110Das Erfordernis eines eher strengen Maßstabs ergibt sich schließlich auch aus nationalen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Sammel- und Verwertungstätigkeit der Klägerin vom Grundsatz her - die für die Auslegung der §§ 17, 18 KrWG unerhebliche Besonderheit ausgeklammert, dass es sich bei der Klägerin um ein von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen handelt - um eine zulässige, vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 GG umfasste (gewerbliche) Tätigkeit handelt. Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst an,
111vgl. in diesem Sinne Bay. VGH, Beschlüsse vom 2. Mai 2013 - 20 AS 13.700 - und - 20 AS13.771 -, jeweils juris,
112ist auch dieses Grundrecht tangiert, weil sich die angefochtene Untersagungsverfügung zugleich als partielle (räumlich beschränkte) Gewerbeuntersagung darstellt.
113Dass die Betätigung der Klägerin grundrechtlichen Schutz genießt, heißt nicht, dass eine Beschränkung ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 12 GG reichen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus, um eine Einschränkung zu rechtfertigen, weil lediglich eine Berufsausübungsregelung in Rede steht.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.
115Als eine vom Grundsatz her zulässige Beschränkung stellt sich die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geregelte Überlassungspflicht dar, da sie nicht um ihrer selbst Willen angeordnet oder geschützt ist, sondern weil mit ihr vom Grundsatz her legitime öffentliche Interessen verfolgt werden.
116Die Überlassungspflicht rührt bereits aus Zeiten her, als die Abfallentsorgung als grundsätzlich öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und des Gesundheits- und Umweltschutzes angesehen wurde.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143.
118Sie wurde erstmals in § 3 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873) gesetzlich normiert und diente dazu, die Abfallbeseitigungspflicht der Gemeinden (und anderen Gebietskörperschaften) dadurch abzusichern, dass auch den Abfallbesitzern eine Verpflichtung auferlegt wurde, eben die der Überlassung (an den Beseitigungspflichtigen).
119Vgl. BT-Drucks. 6/3154, S. 2 f.
120Das tradierte Verständnis der öffentlich-rechtlichen Entsorgung jedenfalls von Haushaltsabfällen lag auch dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugrunde. Mit der damit im Zusammenhang stehenden Überlassungspflicht wollte der Gesetzgeber eine ordnungsgemäße, schadlose und damit umweltverträgliche Abfallentsorgung sichergestellt sehen.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, a. a. O.
122Dieses Grundverständnis der Überlassungspflicht liegt auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde, was sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt. Dieser verweist auf das Prinzip der Daseinsvorsorge, um die Überlassungspflicht zu begründen, welche eine Ausnahme vom Verursacherprinzip darstellt, von dem das Kreislaufwirtschaftsgesetz als Grundkonzeption ausgeht; ferner ist im Hinblick auf die Entsorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers davon die Rede, dass eine wirtschaftlich tragfähige Erfüllung dieser Aufgabe nur durch eine kongruente Überlassungspflicht abgesichert werden könne.
123Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
124Allerdings ist der Gesetzgeber (des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) selbst davon ausgegangen, dass die Überlassungspflicht, insbesondere im Hinblick auf getrennt gesammelte oder erfasste (in der Regel werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen, nicht in jedem Fall erforderlich ist, was die dezidierten Regelungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 KrWG zeigen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als nach der Begründung des Gesetzentwurfs befürchtet worden ist, dass ohne "kongruente" Überlassungspflicht die Abfallmengen und vorzuhaltenden Entsorgungskapazitäten für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht mehr berechenbar sind und dieser in seiner Planungs- und Funktionsfähigkeit im Kern gefährdet ist.
125Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
126Jedenfalls rechtfertigen die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG normierten Ausnahmen den Schluss, dass nicht in allen Bereichen der Abfallentsorgung aus Gründen der Daseinsvorsorge eine öffentlich-rechtliche Entsorgung stattfinden muss und sich dementsprechend auch die Überlassungspflicht nicht in jeden Fall "durchsetzen" muss. Von daher reicht die Feststellung allein, dass die Überlassungspflicht grundsätzlich von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird, nicht (mehr) aus, um zugleich eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzunehmen. Angesichts der vom Gesetzgeber normierten Ausnahmen, die, was sich im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergibt, gerade den hier in Rede stehenden Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen betreffen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überlassungspflicht in jedem Einzelfall rechtfertigungsbedürftig ist. Dies beurteilt sich entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG danach, ob überwiegende öffentliche Interessen die (Durchsetzung der) Überlassungspflicht erfordern, was aus den vorstehenden Gründen anhand eines strengen Maßstabs zu beurteilen ist. Etwas anderes erschiene zudem wertungswidersprüchlich, weil im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit Blick auf EU-rechtliche Vorgaben angenommene Rechtfertigungsbedürftigkeit der Überlassungspflicht kein anderer Maßstab gelten kann als für die Rechtfertigung eines Eingriffs in eine grundrechtlich geschützte Betätigung.
127Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegenstehen.
128Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt für das Vorliegen entgegenstehender (überwiegender) öffentlicher Interessen auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit ab.
129Im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG ist die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als eine Konstellation angesehen worden, in der überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift bestehen,
130vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C9.05 -, BVerwGE 125, 337,
131ohne dass jedoch näher bestimmt worden ist, was im Einzelnen unter Gefährdung der Funktionsfähigkeit zu verstehen ist. Mit Sicherheit wird dieses Merkmal erfüllt sein, wenn die Existenz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Sinne der errichteten Infrastruktur (vollständig) in Frage steht.
132Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 ("Planungs- und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kern gefährdet").
133Darauf beschränkt sich der Begriff jedoch nicht. Vielmehr sind in der zuletzt zitierten Entscheidung weitere Fallgestaltungen angesprochen, die nunmehr ihren Niederschlag in § 17 Abs. 3 KrWG gefunden haben. Deshalb ist davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an der zuvor zitierten Rechtsprechung (zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) orientiert hat. Dementsprechend handelt es sich bei der Begrifflichkeit "Gefährdung der Funktionsfähigkeit" in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Wesentlichen lediglich um einen Oberbegriff, mit dem die Fallkonstellationen angesprochen oder erfasst werden sollen, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen.
134Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen deshalb entgegenstehen, weil eines der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG bezeichneten Rücknahmesysteme in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wird.
135Zunächst erscheint es schlüssig, überwiegende öffentliche Interessen an der Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Rücknahmesystems festzumachen, weil ein solches System von seiner Funktion her durchaus als einem öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungssystem vergleichbar angesehen werden kann. Von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems ist auszugehen, wenn durch die gewerbliche Sammlung eine Erfüllung der dem System vorgegebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
136Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, dritter Absatz); siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C 9.05 -, a. a. O., und OVG Hbg., Beschluss vom 8. Juli 2008 - 1 Bs 91/08 -, NVwZ 2008, 1133.
137Für solche Auswirkungen der Sammlung ist hier nichts ersichtlich.
138Der Beklagte geht selbst davon aus, dass vertragliche Vereinbarungen der in O. faktisch das Einsammeln des Altpapiers besorgenden EGN mit der DSD und den übrigen Systembetreibern hinsichtlich der Sammlung von der PPK-Fraktion zuzurechnenden Verkaufsverpackungen im Gebiet der Stadt O. bestehen. Weiterhin geht der Beklagte davon aus, dass die EGN den Systembetreibern Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen erteilt oder erteilen kann, welche die Systembetreiber für ihre Nachweispflichten nach der Verpackungsverordnung benötigen. Hiervon ausgehend spricht nichts dafür, dass die von den Systembetreibern zu erfüllenden Erfassungs- und Verwertungsquoten in Frage stehen und deshalb das System gefährdet ist.
139Der Umstand, dass die bestehenden Verträge der EGN mit den Systembetreibern noch davon ausgehen, dass in O. eine kommunale Altpapiersammlung stattfindet, gibt nichts dafür her, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht erfüllt werden (können). Da die Sammlung lediglich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wurde, sich jedoch weder die Stellung der EGN als Beauftragte der Klägerin noch der Vorgang des Einsammelns des Altpapiers selbst geändert haben, spricht nichts für eine Beeinflussung der Erfassungs- und Verwertungsquoten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Quoten in der Zeit der kommunalen Sammlung nicht eingehalten wurden, liegen nicht vor. Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass die von der EGN auszustellenden Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen zweifelhaft erscheinen.
140Zwar mag davon auszugehen sein, dass die rechtliche Neukonstruktion der Sammlung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auch die Geschäftsgrundlage der Verträge der EGN mit den Systembetreibern berührt. Dies führt jedoch mit Blick auf § 313 BGB nicht zu einer Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Verträge, sondern begründet (lediglich) einen Anpassungsbedarf. Entsprechendes gilt, wenn man mit dem Beklagten einen Anpassungsbedarf auch deshalb bejaht, weil die vertraglichen Vereinbarungen eine Zahlungsverpflichtung der Systembetreiber gegenüber der EGN für die Erfassung und Entsorgung der Verkaufsverpackungen vorsehen, was mit Blick auf die derzeit bei der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse nicht mehr interessengerecht erscheinen mag. Dafür, dass eine Anpassung hier nicht möglich ist, spricht nichts, zumal der Beklagte selbst darauf hinweist, dass die EGN und die Systembetreiber weiter auf der Grundlage der bestehenden Verträge verfahren - was unschwer möglich ist, weil sich das tatsächliche Sammlungsgeschehen nicht geändert hat. Jedenfalls führt der Anpassungsbedarf nicht dazu, dass das Rücknahmesystem als solches, wie es in § 6 Abs. 3 VerpackV beschrieben ist, in der Weise in Frage steht, dass vorgeschriebene Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht mehr erreicht werden.
141Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass hier ein auf PPK-Verpackungen bezogener Widerruf der Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV, der möglicherweise ebenfalls als ein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu qualifizieren ist, im Raum steht. Ein solcher Widerruf droht hier auch nicht deshalb, weil es an einer Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV fehlt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV kommt ein Widerruf lediglich bei Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen in Betracht, nicht jedoch auch dann, wenn die Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV auf der Grundlage der gemeinsamen Erfassung von PPK-Verkaufsverpackungen und sonstigem Altpapier über eine öffentlich-rechtliche Sammlung erfolgt ist, was die Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV einschließt, und sich dieses System nachträglich dadurch ändert, dass - wie hier - die Erfassung nicht mehr über eine öffentlich-rechtliche Sammlung vorgenommen wird. Unabhängig davon fehlt es hier bezogen auf Altpapier an einem vorhandenen Sammelsystem eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV, weil die Stadt O. als für das Einsammeln zuständiger Entsorgungsträger ihre Tätigkeit betreffend Altpapier eingestellt hat.
142Das Vorliegen einer Systemgefährdung kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Verpackungsverordnung den Fall der Erfassung von Verkaufsverpackungen ausschließlich durch eine nicht-öffentlich-rechtliche (gewerbliche) Sammlung nicht vorsieht. Das (Rücknahme- oder Erfassungs-)System wird wesentlich über die in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen definiert. Diese Vorschrift gibt nichts dafür her, was ein ausschließlich nicht-öffentlich-rechtliches Erfassen und Sammeln ausschließt. Entsprechendes gilt für § 6 Abs. 4 VerpackV. Zwar liegt der Vorschrift offensichtlich die Vorstellung oder der Wunsch zugrunde, es möge auf jeden Fall zu einem quasi gemeinsamen (abgestimmten) System von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und Systembetreibern kommen. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Systems im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV ist dies jedoch nicht. Funktioniert - wie hier - ein "alternatives" System in dem Sinne, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten eingehalten oder erreicht werden, kann daraus kein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG konstruiert werden.
143Überwiegende öffentliche Interessen stehen der gewerblichen Sammlung der Klägerin ferner nicht deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
144Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG auch (eigenständig) auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines beauftragten Dritten abstellt. Dies beruht offensichtlich auf der Überlegung, dass in den Fällen der Drittbeauftragung die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers darstellt oder bewirkt. Dies ist schlüssig, weil die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung, wenn sie mittels einer Drittbeauftragung organisiert und sichergestellt ist, in Frage steht, wenn die Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten gefährdet wird. Dementsprechend kann vorliegend dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Rechnung getragen werden, wenn und soweit dieser sich für eine Drittbeauftragung entschieden hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ebenfalls eigenständig auch auf den beauftragten Dritten abstellt.
145Wann eine Funktionsgefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, bestimmt sich nach den beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen. Insoweit handelt es sich um jeweils zu prüfende eigenständige "Schutzobjekte".
146Vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 43.
147Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Existenz gefährdet wird. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Fall unter eine der beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen gefasst werden kann oder ob er - vorgelagert ("vor der Klammer") - bereits unter § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG fällt. Denn Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen nicht vor.
148Dabei ist nach den vorstehenden Ausführungen zugrundezulegen, dass der Gesetzgeber bei sämtlichen die Funktionsfähigkeit betreffenden Regelungen oder Konkretisierungen in § 17 Abs. 3 KrWG davon ausgegangen ist, Fallkonstellationen zu regeln, in denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Funktion befindet in dem Sinne, dass eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stattfindet und sich eine gewerbliche (oder gemeinnützige) Sammlung daneben etabliert hat oder etablieren will. Dies lässt sich insbesondere auch daran festmachen, dass in den Gesetzesmaterialien - wie oben ausgeführt - auf Konkurrenzsituationen abgestellt wird. Dementsprechend soll § 17 Abs. 3 KrWG insbesondere eine funktionierende öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung schützen.
149Dies vorausgeschickt hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt oder zumindest bezogen auf die Abfallart Altpapier in ihrer Existenz gefährdet ist.
150Dies gilt zunächst für die Entsorgung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Abfälle. Diesbezüglich ist die öffentlich-rechtliche Entsorgung im gesamten Kreisgebiet offensichtlich reibungslos "in Funktion", d. h. es findet keine Beeinträchtigung durch die Sammlung der Klägerin statt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Altpapiers in und aus denjenigen kreisangehörigen Kommunen, die Altpapier (öffentlich-rechtlich) über Drittbeauftragte erfassen (sammeln lassen) und es dem Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, dem nach § 5 Abs. 1 LAbfG die Verwertung obliegt, überlassen. Insoweit funktioniert die Verwertung, bei der sich der Beklagte der EGN und der X. als Drittbeauftragte bedient, ebenfalls offensichtlich reibungslos. Es ist auch weder vom Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Tätigkeit der X. als Drittbeauftragte deshalb in Frage gestellt ist und zukünftig in Frage steht, weil aufgrund der Sammlung der Klägerin die X. kein Altpapier aus O. verwerten kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der anderen kreisangehörigen Kommunen, die ihr Altpapier nicht über den Beklagten und die von diesem drittbeauftragte X. verwerten (lassen). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die X. gerade in Ansehung dessen ein Auftragsverhältnis gemäß § 22 Satz 1 KrWG mit dem oder zum Beklagten begründet hat, dass dieser die Verwertung von Altpapier aus Kommunen ausgeschrieben hatte, die ihm überhaupt kein Altpapier überließen, und es angesichts der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der vom Beklagten verfügten Sammlungsuntersagungen auch nicht absehbar war, dass sich daran zukünftig etwas ändert.
151Was Altpapier aus O. anbelangt, ist die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung dagegen außer Funktion. Die Stadt O. als nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG für das Einsammeln und Befördern zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat ihre Tätigkeit sowohl faktisch ab Mitte September 2008, als sie die Klägerin "gewerblich" sammeln ließ, als auch rechtlich jedenfalls ab Dezember 2010 eingestellt, indem das Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Damit hat sie auch die öffentlich-rechtliche Verwertung des Altpapiers aus O. außer Funktion gesetzt, weil bereits mangels öffentlich-rechtlicher Erfassung (Sammlung) des Altpapiers der Stadt O. kein solches mehr zur Verfügung stand und steht, um es dem Beklagten zur Verwertung zu überlassen.
152Die zuvor beschriebene Konstellation rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es liege ein Fall der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne einer Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung vor, dem mittels Durchsetzung der Überlassungspflicht gegenüber einer gewerblichen Sammlung Rechnung zu tragen ist. Dies käme möglicherweise in Betracht, wenn gerade eine gewerbliche Sammlung zur Existenzvernichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgung geführt hätte, indem die gewerbliche Sammlung mit der öffentlich-rechtlichen Erfassung (Sammlung) konkurriert und letztere vollständig verdrängt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit jedenfalls auf der maßgeblichen Ebene des Erfassens (Sammelns) seitens der Stadt O. freiwillig eingestellt wurde. Daran anschließend erschiene es wertungswidersprüchlich, wenn im Fall der freiwilligen Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit einer gewerblichen Sammlung, welche die Entsorgung anderweitig sicherstellt, überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden könnten mit der Begründung, die öffentlich-rechtliche Entsorgung sei in ihrer Funktion, d. h. in ihrer Existenz gefährdet. Denn die freiwillige Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit und die fehlende Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme indizieren, dass aus Gründen der Daseinsvorsorge die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit insoweit nicht erforderlich ist, was zugleich der Überlassungspflicht die Rechtfertigung nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entsorgungssicherheit in Frage stellende Lücken nicht auftreten, weil die gewerbliche Sammlung die Entsorgung- wie hier - flächendeckend sicherstellt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt O. nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 2 1. Spiegelstrich, Abs. 6 Satz 1 LAbfG zum Einsammeln und Befördern des Altpapiers verpflichtet war und ist. Die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG geht offensichtlich nicht dahin, einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger faktisch zur Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit zu bewegen.
153Ähnliches gilt im Hinblick auf den Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Zwar hat sich dieser, was die Verwertung von Altpapier aus O. anbelangt, nicht freiwillig außer Funktion gesetzt, sondern die Funktionslosigkeit beruht unmittelbar auf der Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit durch die Stadt O. . Abgesehen davon, dass nach der Gesetzeskonzeption - wie zuvor ausgeführt - im hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang des Verhältnisses von Überlassungspflicht und gewerblichen Sammlungen die Ebene des (Ein-)Sammelns maßgeblich ist oder sein soll, geht die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG auch nicht dahin, hier offen zutage getretene Interessenkonflikte zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Entsorgung des Altpapiers flächendeckend durch die gewerbliche Sammlung sichergestellt ist. Dafür, dass dies gegenwärtig oder prognostisch in absehbarer Zukunft nicht der Fall ist, hat der Beklagte nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte es jedenfalls bis zu den März 2010 vorgenommenen Anhörungen hinsichtlich einzelner Kommunen (etwa der Stadt L1. ) langjährig und hinsichtlich der Stadt O. ab September 2008 geduldet oder hingenommen hat, dass ihm kein Altpapier zur Verwertung überlassen wird, was ebenfalls indiziert, dass eine unter den Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge und der Entsorgungssicherheit notwendige Entsorgung (Verwertung) gerade durch den an sich zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht besteht.
154Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter den in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten beiden Gesichtspunkten vorliegt.
155Für eine Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) ist nichts ersichtlich.
156Die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Begrifflichkeit "wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen" erweist sich in dem hier gegebenen Kontext der Rechtfertigung der Pflicht zur Überlassung von Abfällen an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund eines (überwiegenden) öffentlichen Interesses als schwierig. Wird ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Rahmen der aus Gründen der Daseinsvorsorge gebotenen Aufgabe der Abfallentsorgung tätig, handelt er in erster Linie zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht. Darin liegt der Hauptzweck seines Tätigwerdens, was wirtschaftliche Erwägungen bei der Aufgabenerfüllung zwar nicht ausschließt (vgl. etwa § 7 Abs. 4 KrWG), jedoch der Annahme entgegensteht, die Wirtschaftlichkeit sei bestimmend für die Aufgabenerfüllung. Dies lässt sich unter anderem daran festmachen, dass die Abfallentsorgung insgesamt für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund der vorgegebenen Entsorgungsstandards ein "Zuschussgeschäft" ist, also eine wirtschaftliche Ausgewogenheit im Sinne eines wenigstens kostendeckenden Tätigwerdens von vornherein ausscheidet. Eine solche Ausgewogenheit ließe sich im Übrigen selbst dann nicht erreichen, wenn sämtliche getrennt gehaltenen und gesammelten "werthaltigen" Abfälle, aus deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) erzielt werden können, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen würden. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch nicht gezwungen, die Kosten der Abfallentsorgung irgendwie im Wirtschaftsverkehr, d. h. durch anderweitige wirtschaftliche Tätigkeiten zu refinanzieren, sondern die Aufgabenerfüllung ist über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren abgesichert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, was genau mit "wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen" im Hinblick auf die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Entsorgungspflichten gemeint ist.
157Den Gesetzesmaterialien lassen sich insoweit keine weitergehenden Anhaltspunkte oder Hinweise entnehmen. Zwar wird betont, dass mit den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen die Belastungsschwelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers präzisiert werde und Maßstab für die Funktionsfähigkeit die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht aller Haushaltsabfälle sei.
158Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, letzter Absatz).
159Dies hilft jedoch nicht weiter, weil sich die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht an den materiellen Anforderungen an die Abfallentsorgung auszurichten hat und nach den vorstehenden Ausführungen nicht wirtschaftlich ausgewogen im Sinne von wenigstens kostendeckend betrieben werden kann. Von daher erschließt sich nicht, welche "Belastungsschwelle" gemeint sein könnte, die über das Merkmal der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen vollzugsfähig präzisiert werden könnte.
160Es hilft ferner nicht weiter, dass sich der Gesetzgeber jedenfalls nach den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag) orientieren wollte. Die diesbezüglich in den Materialien zitierten beiden Entscheidungen
161- EuGH, Urteile vom 15. November 2007- C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911, und vom 17. Mai 2001 - C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109 -
162konkretisieren ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hinreichend, was im Einzelnen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist. Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen gehört, führt das hier nicht weiter. Dies bezieht sich nämlich auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf.
163Vgl. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, Slg. 1993, I-2563.
164Gerade der Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen trifft auf einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedoch nur bedingt zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation auch von derjenigen in der zuletzt zitierten Entscheidung, in welcher dem dortigen Unternehmen vorgegeben war, bestimmte Leistungen zu einheitlichen (teilweise nicht kostendeckenden) Gebühren zu erbringen. Aber auch wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger- unter Ausblendung der vollständigen Refinanzierungsmöglichkeit über Gebühren - wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansieht, kann aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den vorstehenden Ausführungen nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde. Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung der Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Kostendeckung erreicht würde.
165Dies vorausgeschickt kann sich der Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm oder der Stadt O. angesichts des ausbleibenden Altpapiers aus O. die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung genommen wird. Rein wirtschaftlich gesehen, d. h. unter Ausblendung von Gebührenaspekten, bringt die Verwertung von Altpapier dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger keinen (wirtschaftlichen) Vorteil, weil er die Erlöse aus der Verwertung - kostenbereinigt - an die kreisangehörigen Kommunen weiterreicht, d. h. auf Kreisebene findet eine "Quersubventionierung" im Sinne eines Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen ohnehin nicht statt. Im Übrigen erschließt sich nicht, was auf dieser Ebene wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen sein sollten, wenn die theoretisch erzielbaren Einnahmen aus der Verwertung sämtlichen im Kreisgebiet anfallenden Altpapiers auch nicht ansatzweise ausreichen, um die Kosten der Abfallentsorgung im Übrigen zu decken. Was die Stadt O. anbelangt, kann ohnehin nicht mit wirtschaftlichen Aspekten argumentiert werden, weil dieser lediglich unrentable Tätigkeitsbereiche obliegen (Einsammeln und Befördern des Altpapiers sowie des übrigen Abfalls). Der Umstand, dass die Stadt O. diesen Tätigkeitsbereich praktisch aufgegeben hat und damit Kosten einspart, indiziert im Übrigen, dass sie diesen Weg auch in Ansehung der Praxis des Beklagten, Erlöse aus Verwertung von Altpapier an die Kommunen weiterzureichen, anscheinend für wirtschaftlich(er) hält. Dies gilt hier auf jeden Fall deshalb, weil die Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers bei ihrem Tochterunternehmen, der Klägerin, verbleiben, über das sie jedenfalls mittelbar auf die Erlöse zugreifen kann. Es ist schließlich weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass das ausbleibende Altpapier aus O. (und weiteren kreisangehörigen Kommunen) (mit-)ursächlich dazu geführt hat oder führt, dass es nicht mehr möglich ist, Entsorgungsleistungen für andere Abfälle zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen von Drittbeauftragten erfüllen zu lassen.
166Weiterhin kann unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden. Dementsprechend ist dem Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG eine Berufung darauf verwehrt, dass er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbringen könne - was der Sache nach wieder auf den Aspekt der Quersubventionierung hinausliefe.
167A. A. VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012- 4 K 1905/10 -, a. a. O., Rn. 85 ff.
168Bereits aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG ist abzuleiten, dass gebührenrechtliche Aspekte bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen - keine Rolle spielen (sollen). Abgesehen davon, dass den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden kann, dass bei der Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG gerade oder auch gebührenrechtliche Aspekte eine Rolle gespielt haben, hat der Gesetzgeber, was § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeigt, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
169Im Weiteren ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass mit wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auf jeden Fall etwas anderes gemeint ist oder sein muss als die Möglichkeit, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichten über (öffentlich-rechtliche) Gebühren zu refinanzieren. Von daher kommt es bereits vom Ansatz her nicht in Betracht, wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen über die Gebührenhöhe zu bestimmen oder davon abhängig zu machen.
170Was die zweite Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - einschließlich der insoweit (allein) im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satz 3 erfolgten Konkretisierungen anbelangt, rechtfertigt sie ebenfalls nicht die Annahme, dass die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen (überwiegender) öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist.
171Die Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG geht ebenso wie die nachfolgenden Konkretisierungen des Satzes 3 auf den bereits oben erwähnten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
172Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419 vom 25. Oktober 2011, S. 1).
173Soweit dort der Änderungsvorschlag damit begründet worden ist, dass mit der Änderung im Verhältnis zu der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu einem eigenständigen Schutzobjekt aufgewertet würden, entspricht das zwar der zuvor vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Gefährdung der Funktionsfähigkeit dahingehend, dass es sich im Wesentlichen um einen Oberbegriff handelt, mit dem zusammengefasst diejenigen Konstellation angesprochen werden, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen. Dementsprechend stellt das "eigenständige Schutzobjekt" Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Fall einer diesbezüglichen wesentlichen Beeinträchtigung eben eine Konstellation dar, in der überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Allerdings lassen sich der Begründung des Änderungsvorschlags keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, was im Einzelnen mit Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemeint ist.
174Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KrWG, der eine Berücksichtigung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorsah und diesbezüglich zur Begründung ausführte, dass es von Bedeutung sein könne, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
175Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88
176Diese Begründung deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG,
177vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.,
178in der es heißt:
179"Auf der Grundlage des tradierten öffentlichen Entsorgungssystems für Hausmüll ist mit hohem Aufwand und mit Blick auf die Verpflichtung zur flächendeckenden und umfassenden Entsorgung eine entsprechende Infrastruktur auch mit öffentlichen Mitteln errichtet worden. Angesichts dessen können überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung schon dann entgegenstehen, wenn die Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach sich zieht. Ob diese Schwelle überschritten ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände feststellen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur - zum Beispiel durch Vorhaltung von Personal für den Fall, dass der gewerbliche Sammler infolge veränderter Marktbedingungen seine Tätigkeit einstellen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger deshalb möglicherweise unvermittelt zur Übernahme der Entsorgungstätigkeit genötigt sein sollte - gezwungen würde oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen erschwert bzw. Ausschreibungsverfahren unterlaufen würden."
180Davon ausgehend liegt ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG hier nicht vor. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfolgten Konkretisierungen.
181Die Voraussetzungen des in der Nr. 1 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiels für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen offensichtlich nicht vor. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Daran fehlt es aber, weil es bereits an einer Erfassung durch den insoweit zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Stadt O. , fehlt und deshalb de facto auch keine öffentlich-rechtliche Verwertung stattfindet.
182Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich weiterhin nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird.
183Dieses Regelbeispiel bedarf der Auslegung. Der Begriff der Gebührenstabilität ist aus sich heraus nicht recht verständlich, weil die Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden müssen. Dies ist deshalb erforderlich, weil auch die Kosten der Abfallentsorgung nicht stabil (gleichbleibend) sind, was sich schon an dem stetig gestiegenen pauschalen Entsorgungspreis festmachen lässt, den der Beklagte an die EGN zu entrichten hat. Soweit Erlöse aus der Altpapierverwertung die Kosten der Abfallentsorgung insgesamt reduzieren und auf diese Weise Einfluss auf die Gebührenhöhe haben, handelt es sich ebenfalls nicht um einen stabilen (gleichbleibenden) Vorgang, weil die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse grundsätzlich vom (schwankenden) Marktpreis des Altpapiers abhängig sind. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es einen wie auch immer gearteten gebührenrechtlichen "Stabilitätsgrundsatz" gibt, der zur Auslegung herangezogen werden könnte. Zwar erscheint es durchaus möglich, hinsichtlich der Gebührenerhebung oder der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit aus abfallrechtlicher Sicht Maßgaben zu formulieren. Praktische Bedeutung haben solche Maßgaben jedoch nur dann, wenn sie sich auch umsetzen lassen, was voraussetzt, dass sie mit den allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sind. Daran fehlt es hier, weil eine aus abfallrechtlicher Hinsicht gebotene oder wünschenswerte Stabilität der Abfallgebühren im Sinne einer weitgehend gleichbleibenden Gebührenhöhe nicht damit zu vereinbaren ist, dass die Gebührenhöhe von den Entsorgungskosten abhängt, die ihrerseits eben nicht stabil (gleichbleibend) sind. Dies gilt, wie ausgeführt, auch für die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse.
184Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG gibt für eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nichts her. In der Begründung des Änderungsantrags des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, auf den die Vorschrift zurückgeht, findet sich lediglich der Hinweis, dass mit der zuvor genannten Vorschrift "Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden" können.
185Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (= Ausschussdrucksache 17(16)419, S. 3).
186Sollte der Gesetzgeber dabei den (idealtypischen) Fall vor Augen gehabt haben, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Gebührenkalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von (werthaltigen) Abfällen "wegnimmt" mit der Folge, dass eine Unterdeckung auftritt und eine mit einer Gebührenerhöhung verbundene Neukalkulation der Gebühren während des laufenden Kalkulationszeitraums erforderlich ist,
187vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013- AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 87,
188liegt nach den vorstehenden Ausführungen auf der Hand, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist, weil jedenfalls seit dem Jahr 2009 die Abfallgebühren ohne Berücksichtigung des Altpapiers aus O. kalkuliert wurden.
189Der Bedeutungsgehalt des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erschließt sich erst recht nicht aus der Systematik des gesamten Absatzes 3, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Satz 4. Danach gilt unter anderem Satz 3 Nr. 2 nicht, wenn- verkürzt dargestellt - die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die öffentlich-rechtliche. Zwar mag es noch schlüssig erscheinen, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (Satz 2 Alt. 2) als prägende Merkmale der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Satz 1) mittels eines wie auch immer genau zu verstehenden Gebühren(stabilitäts)aspekts (Satz 3 Nr. 2) zu konkretisieren. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum oder unter welchem Gesichtspunkt die größere Leistungsfähigkeit einer gewerblichen Sammlung ausschlaggebend dafür sein soll, dass es auf die aufgrund eines Gebührenaspekts bestehende Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ankommt.
190Einen "plausiblen" Ansatz, dem Gebührenaspekt im Rahmen der hier zur Entscheidung stehenden Frage Rechnung zu tragen, ob die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen - definiert über die (Gefährdung der) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Entsorgungsträgers, diese wiederum definiert über (die wesentliche Beeinträchtigung) dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - erforderlich ist, bietet die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger über die Erfüllung der Entsorgungspflichten hinaus verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gebühren für die Entsorgung des gesamten Hausmülls in einem noch vertretbaren und akzeptierten Rahmen halten. Darauf hat das erkennende Gericht - im Hinblick auf überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG - bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgestellt
191- vgl. Beschluss vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 -
192und diesbezüglich ausgeführt:
193"Der nach Abzug der Kosten u. a. für das Einsammeln des Altpapiers verbleibende Überschuss aus der Vermarktung des Altpapiers beläuft sich nach der Ordnungsverfügung auf bis zu ca. 47,00 Euro/t. Legt man die mit der Beschwerde auf ca. 15.000 t/Jahr veranschlagte Altpapiermenge aller für die zusätzliche Einbeziehung in die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Antragsgegners in Rede stehenden Gemeinden des Kreisgebiets zugrunde, ergibt sich für den Gebührenhaushalt des Antragsgegners eine zusätzliche Einnahme von bis zu ca. 700.000,00 Euro/Jahr. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass ein Betrag in dieser Höhe die von den privaten Haushalten aufzubringenden Abfallgebühren in ihrer Größenordnung wesentlich bestimmt oder finanziell substantiell für die kurz- oder langfristige Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ist. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, dass die fragliche Einnahme in der Vergangenheit nicht erzielt worden ist, ohne dass geltend gemacht würde, die öffentlich-rechtliche Entsorgung einschließlich ihrer Finanzierung durch Gebühren sei übermäßig belastet gewesen. Gewerbliche Sammlungen beschränken sich typischerweise auf werthaltige Abfälle und stellen damit potentiell immer einen Faktor dafür dar, durch ihre behördliche Unterbindung die durch Abfallgebühren zu deckenden Gesamtkosten der Hausmüllentsorgung zu senken. Das besagt aber nicht aus sich heraus, dass einer solchen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen."
194Daran ist auch im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG festzuhalten, der ebenso wie die anderen Regelungen des Absatzes 3 überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG definiert, so dass der gleiche Regelungszusammenhang und die gleiche Interessenlage wie bei § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gegeben ist. Der Beklagte hat zudem im Anschluss an den zuvor zitierten Beschluss nichts dargetan, was eine andere Einschätzung rechtfertigt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, dass bei ihm ausbleibende Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers relevante Gebührenauswirkungen im Sinne der zuvor zitierten Ausführungen haben. Vielmehr zeigen die von ihm vorgelegten Gebührenkalkulationen für das Jahr 2012 mit und ohne Berücksichtigung der Altpapiermengen aus K. , L1. und O. , dass allenfalls von marginalen, nicht ins Gewicht fallenden Gebührenauswirkungen gesprochen werden kann. Nach diesen Kalkulationen bewirken die ausbleibenden Papiermengen aus den Kommunen K. , L1. und O. , dass 1.086.409 € weniger an Vergütungen (aus den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers) an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Kosten der Abfallentsorgung des Beklagten im Übrigen über 25,5 Mio. € kalkuliert werden, machen die (ausbleibenden) Erlöse für die Papiermengen aus den zuvor genannten Kommunen lediglich gut vier Prozent des erforderlichen Gebührenaufkommens aus. Bezogen auf die Gesamtkosten der Abfallentsorgung, die über Gebühren von den Bürgern der kreisangehörigen Kommunen "refinanziert" werden müssen, ist der zuvor bezeichnete Erlösanteil aus der Altpapierverwertung noch geringer, weil in den Kalkulationen des Beklagten die in oder bei den Kommunen gegebenenfalls anfallenden Sammlungs- und Beförderungskosten für das Altpapier nicht enthalten sind.
195Daran anschließend greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, die Stadt O. könne mangels öffentlich-rechtlicher Erlöse aus der Altpapierverwertung überhaupt keine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung durch Erlöse aus der Altpapierverwertung -, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass nach den zuvor genannten Zahlen eine relevante Gebührensenkung im Raum stünde, wenn denn die Stadt O. vom Beklagten Vergütungen aus der Altpapierverwertung erhielte. Unabhängig davon, dass die Vergütungen im Verhältnis zu den übrigen Entsorgungskosten ohnehin nicht wesentlich ins Gewicht fielen, müssten der Stadt O. entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten in Abzug gebracht werden, die relevante Gebührenauswirkungen (Senkungen) unwahrscheinlich machten.
196Sollte der Beklagte den Begriff der (Gefährdung der) Gebührenstabilität dahingehend interpretieren, es seien jeweils die niedrigst möglichen Gebühren zu erheben kann, wäre dieser Ansatz verfehlt, weil er überwiegende öffentliche Interessen in einer Weise konkretisierte, die mit dem nach den vorstehenden Ausführungen insoweit anzulegenden strengen Maßstab nicht zu vereinbaren wäre. Dieser Ansatz führte nämlich dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die - arg ex § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG - gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um "werthaltige" Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung "entzogen" werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigst möglichen Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis zu höheren Gebühren führt.
197Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
198Was den Schutzzweck oder die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst klarzustellen, dass es nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies auf den ersten Blick nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen "unterlaufen" wird. Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen.
199Was die Stadt O. anbelangt, hat diese weder einen Dritten aufgrund eines Vergabeverfahrens beauftragt noch ist ersichtlich, dass Entsprechendes in absehbarer Zeit ansteht. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise in wettbewerbswidriger Weise im Gebiet der Stadt O. hinsichtlich des Einsammelns von Altpapier faktisch eine Monopolstellung erlangt hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen keine Konstellation, die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfasst wird.
200Schwierigkeiten des Beklagten, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten zu finden, der die Altpapierentsorgung (Verwertung) - potenziell auch hinsichtlich des Altpapiers aus O. - übernimmt, können ausgeschlossen werden, weil der Beklagte mit der X. einen solchen Dritten gefunden hat. Soweit es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hat, beruhten diese nicht darauf, dass die Klägerin vor und zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits in O. sammelte. Diesem Umstand hätte im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Altpapiermengen aus O. außer Ansatz geblieben wären. Denn eine (zwingende) Notwendigkeit, die Ausschreibung auch auf den Fall zu erstrecken, dass die Klägerin ihre Sammlung einstellt, in O. wieder öffentlich-rechtlich gesammelt und das Altpapier dem Beklagten überlassen wird, hat nicht bestanden. Im Übrigen ist dieser Konstellation im Rahmen der Ausschreibung durch eine entsprechende mengenmäßige Staffelung Rechnung getragen worden. Die Ungewissheit, ob dieser Fall zum Tragen kommt, beruhte nicht auf der Sammlung der Klägerin, sondern darauf, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits untersagt hatte und Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagung bestand.
201Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung aufgrund eines "Unterlaufens" der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Der Annahme einer Gefährdung steht bereits entgegen, dass die X. in Kenntnis der (ständig durchgeführten) Sammlung der Klägerin ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten eingegangen ist. Im Übrigen ist weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten durch die Drittbeauftragte in Frage steht. Zwar mag es als ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens angesehen werden, dass sich die Klägerin nach wie vor in O. sammelt, obwohl sich im Vergabeverfahren die X. durchgesetzt hat. Da es jedoch - wie eingangs aufgezeigt - nicht um den Schutz des Vergabeverfahrens oder von Wettbewerbern geht, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, solange dadurch die Erfüllung der Entsorgungspflichten im Wege der Drittbeauftragung nicht in Frage gestellt wird.
202Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte.
203Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der- insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommen-de - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
204Im Anschluss an die Ausführungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne einer Existenzgefährdung gilt hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung im Bereich der Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, dass diese reibungslos funktioniert, insbesondere durch die klägerische Sammlung keine "Strukturen" (wesentlich) beeinträchtigt werden. Demgegenüber gibt es im Bereich der Entsorgung von Altpapier aus O. keine (zu schützenden) öffentlich-rechtlichen Strukturen (mehr), da die Stadt O. weder selbst noch über einen Drittbeauftragten tätig ist. Dass die Verwertungsstrukturen des Beklagten für das übrige Altpapier wesentlich beeinträchtigt werden, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte überwiegend keine eigenen Entsorgungsstrukturen geschaffen hat und er dementsprechend zur Erfüllung seiner Entsorgungspflichten keine eigenen personellen und sächlichen Mittel einsetzt, sondern sich (beauftragter) Dritter bedient hat und bedient, derzeit der X. und der EGN. Auf die solchermaßen organisierte öffentlich-rechtliche Altpapierverwertung hat die Sammlung der Klägerin bei ihrem Beginn allenfalls insoweit Einfluss gehabt, als sie eine Änderung des - seinerzeit allein bestehen-den - Entsorgungsvertrags zwischen dem Beklagten und der EGN zur Folge hatte. Es ist schon fraglich, ob das Ausbleiben von Altpapier aus O. aufgrund der Sammlung der Klägerin für die EGN überhaupt einen zureichenden Grund dargestellt hat, um vom Beklagten eine Anpassung des Entsorgungsvertrags zu verlangen. Jedenfalls ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass diese Vertragsänderung als wesentliche Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen Verwertungsstrukturen hinsichtlich Altpapier zu qualifizieren sein könnte. Soweit der Beklagte (als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) danach weitere Änderungen der Strukturen der öffentlich-rechtlichen Altpapierverwertung vorgenommen hat, indem er nach entsprechender Ausschreibung die X. auch mit der Verwertung von Altpapier aus O. beauftragt hat, ist das bereits keine Änderung gewesen, die wesentlich durch die Sammlung der Klägerin bedingt oder dieser zuzurechnen war. Denn solange keine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers aus O. erfolgte, bestand keine Notwendigkeit, einen Dritten mit der Verwertung von Altpapier aus O. zu beauftragen. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin durch den Beklagten ändert daran nichts, weil unabhängig von der (seinerzeit) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sammlungsuntersagung diese nicht unmittelbar bewirkt hätte, dass wieder eine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers stattfindet. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig eine Änderung der Altpapierverwertungsstrukturen des Beklagten veranlasst wäre, die als wesentliche Beeinträchtigung der Strukturen zu qualifizieren und unmittelbar durch die Sammlung der Klägerin veranlasst wäre.
205Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Altpapier aus O. für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt.
206Dies gilt zunächst für das öffentlich-rechtliche Einsammeln und Befördern des Altpapiers. Da die Klägerin bei ihren bisherigen Aktivitäten in weitgehender Abstimmung mit der Stadt O. agiert hat, kann als sehr wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass die Funktionsfähigkeit des für das Einsammeln und Befördern zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Stadt O. ) schnellstmöglich dadurch wiederhergestellt werden könnte und würde, dass der vorübergehend ruhend gestellte Vertrag aus Februar 1996 wieder "aktiviert" würde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass weitere (der Form nach) private Unternehmen zur Verfügung stehen, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln und Befördern des Altpapiers im Auftrag der Stadt O. übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden, zumal die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit nicht zwingend das Sammeln im Holsystem mittels auf sämtlichen privaten Grundstücken aufgestellter Tonnen voraussetzt, sondern auch mittels Altpapiercontainern bewerkstelligt werden kann.
207Weiterhin ist auch im Hinblick auf die dem Beklagten obliegenden Entsorgungspflichten (Verwertung) nicht ersichtlich, dass deren Erfüllung im Fall der Einstellung der klägerischen Sammlung nicht gewährleistet und sichergestellt ist. Auch der Beklagte erfüllt die ihm obliegenden Entsorgungspflichten - wie ausgeführt - überwiegend nicht selbst, sondern bedient sich gegenwärtig gemäß § 22 Satz 1 KrWG auch für die Altpapierverwertung Dritter, nämlich der X. und der EGN. Speziell der mit der X. geschlossene Entsorgungsvertrag beinhaltet auch die Verwertung von Altpapier aus O. , so dass dessen Verwertung auch dann sichergestellt ist, wenn die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellen und das Altpapier aus O. dem Beklagten zur Verwertung überlassen würde. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Vergangenheit vorgenommenen Anpassungen des bis Ende 2016 laufenden Entsorgungsvertrags mit der EGN, die gerade im Hinblick auf wechselnde von den kreisangehörigen Kommunen angelieferte und überlassene Altpapiermengen sowie veränderte Marktpreise für Altpapier vorgenommen wurden, zeigen, dass veränderten Verhältnissen im Ergebnis eben mittels Vertragsänderungen Rechnung getragen werden konnte und wurde. Insoweit ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass diese Vertragsänderungen auf der Seite der drittbeauftragten EGN wesentliche Änderungen der Entsorgungsstrukturen erforderten oder nach sich zogen - der Beklagte verfügt, wie ausgeführt, nicht über eigene Entsorgungsstrukturen. Entsprechendes gilt für die X. , deren mit dem Beklagten geschlossener Entsorgungsvertrag von vornherein unterschiedliche Fallkonstellationen hinsichtlich der Verwertung von Altpapier aus unterschiedlichen Kommunen abdeckt.
208Der Umstand allein, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegebenenfalls aufgrund einer gewerblichen (Altpapier-)Sammlung gezwungen ist, einen bestehenden Entsorgungsvertrag mit einem Drittbeauftragten anzupassen, reicht nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen. Soll die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen im Bereich der nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fallenden Abfälle nicht leerlaufen, muss (auch) der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung mittels oder über Drittbeauftragungen "organisiert" und seine Planungen auf die insoweit abgeschlossenen Entsorgungsverträge ausgerichtet hat, gewisse (unwesentliche) Beeinträchtigungen hinnehmen. Wo in diesem Bereich die Grenze zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung zu ziehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Hier kann jedenfalls nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil die - unterstellt - durch die Sammlung der Klägerin veranlasste oder erforderlich gewordene Vertragsänderung nicht über die Änderungen hinausgeht, die - unabhängig von einer gewerblichen Sammlung - bereits zuvor wegen veränderter Verhältnisse und Preise im Altpapierbereich vorgenommen worden sind. Zudem war und ist der Beklagte nicht gezwungen, von dem (auch) im Altpapierbereich gewählten "Organisationsmodell" der Drittbeauftragung vollständig Abstand zu nehmen. Sollten Drittbeauftragte durch eine gewerbliche Sammlung erforderlich gewordene oder werdende Vertragsänderungen zum Anlass nehmen, von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger "Ausgleichszahlungen" zu verlangen, handelte es sich nicht um einen Gesichtspunkt, der von dem Begriffsmerkmal "Planungssicherheit und Organisationsverantwortung" erfasst würde. Zu denken wäre eher an § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte für Änderungen des Entsorgungsvertrags mit der EGN, die nicht (unmittelbar) durch gewerbliche Sammlungen veranlasst waren, Ausgleichszahlungen zu leisten hat, ohne dass er geltend gemacht hätte oder sonst davon die Rede gewesen wäre, es lägen keine wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen mehr vor. Angesichts dessen erschließt sich nicht, dass eine andere Beurteilung nur deshalb geboten sein sollte, weil (unterstellt) eine mit einer "Ausgleichszahlung" einher gehende Vertragsänderung durch eine gewerbliche Sammlung ausgelöst wurde.
209Abschließend ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Untersagungsverfügung auch dann nicht als rechtmäßig erwiese, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG verneinte und dementsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Das liegt auf der Hand, wenn man in diesem Fall § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für entsprechend anwendbar hält. Etwas anderes ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig außer Betracht lässt und auf § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage abstellt.
210Eine erforderliche Anordnung zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kommt zwar auch zur Durchsetzung der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung. Ein solcher Fall läge hier vom Ansatz her vor, wenn man die Gewerblichkeit der Sammlung der Klägerin verneinte, weil die Klägerin dann das von ihr gesammelte Altpapier aus privaten Haushaltungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überließe und insoweit die Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bereits mangels einer gewerblichen Sammlung nicht griffe.
211Gleichwohl trüge § 62 KrWG die Untersagungsverfügung nicht, weil diese sich als unverhältnismäßig darstellte und es sich dementsprechend nicht um eine erforderliche Anordnung im Sinne der Vorschrift handelte. Insoweit käme ebenfalls das zuvor Ausgeführte zum Tragen, dass nämlich die Überlassungspflicht nicht um ihrer selbst willen geschützt ist und sie sich angesichts der normierten Ausnahmen nicht stets durchsetzen (und durchgesetzt werden) muss, sondern im Einzelfall festzustellen ist, dass ihre Durchsetzung wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten ist, solche Interessen hier jedoch nicht bestehen. Diese im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG getroffenen Feststellungen würden in gleicher Weise Geltung beanspruchen, wenn man § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage der Sammlungsuntersagung ansähe, weil die Sammlung der Klägerin als grundrechtlich geschützte Betätigung nicht weniger schutzwürdig ist als eine gewerbliche Sammlung im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Mangels Verhältnismäßigkeit käme es im Übrigen auf etwaige vom Beklagten angesichts der geänderten Rechtslage zulässigerweise nachgeschobene Ermessenserwägungen nicht an.
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
213Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 24.000,00 € festgesetzt.
1
.
2Gründe
3Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Mitteilung der Antragstellerin, sie habe sich in die "Arbeitsgemeinschaft U. GmbH & Co KG umgewandelt", keine Veranlassung gibt, das Rubrum dahingehend zu ändern, dass (nunmehr) die genannte Kommanditgesellschaft (im Folgenden: KG) Antragstellerin ist.
4Abgesehen davon, dass die "Umwandlung" außerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO mitgeteilt wurde, ist nicht ersichtlich, dass zwischen der Antragstellerin und der genannten KG Identität besteht mit der Folge, dass lediglich eine Namensänderung vorläge, der durch eine entsprechende Berichtigung des Rubrums Rechnung zu tragen wäre. Was auch immer die Antragstellerin genau mit "Umwandlung" meint, steht der Annahme einer Identität zwischen ihr und der genannten KG entgegen, dass nach dem Kooperationsvertrag aus Mai 2011, mit dem die Antragstellerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) quasi gegründet wurde, dieser vier als "Vertragspartner" bezeichnete Gesellschafter angehören, während nach dem vorgelegten Handelsregisterauszug betreffend die KG diese lediglich aus einer Komplementärin und einer Kommanditistin besteht.
5Versteht man die Umwandlungsmitteilung als gewillkürten Parteiwechsel auf der Seite der Antragstellerin, ist dieser nach den Grundsätzen einer Antragsänderung (§ 91 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung) zu behandeln und dementsprechend mangels Sachdienlichkeit unzulässig. Da nach den vorstehenden Ausführungen nicht ersichtlich ist, was sich genau hinter der von der Antragstellerin mitgeteilten Umwandlung verbirgt - die im Umwandlungsgesetz genannten Konstellationen dürften sämtlich nicht vorliegen, weil es sich bei einer GbR nicht um einen nach dem Umwandlungsgesetz umwandlungsfähigen Rechtsträger handelt (vgl. § 3 Abs. 1 und 2, § 124 Abs. 1, § 175, § 191 Abs. 1 UmwG) -, kann noch nicht einmal beurteilt werden, ob die von der Antragstellerin angefochtene Ordnungsverfügung die KG überhaupt betrifft und diese ein (rechtsschutzwürdiges) Interesse an der Regelung der Vollziehung der Ordnungsverfügung hat.
6Bleibt es danach bei der GbR als Antragstellerin, hat deren mit der Beschwerde weiterverfolgtes Begehren,
7die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (VG Arnsberg 8 K 3698/12) gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 22. November/19. Dezember 2012 hinsichtlich der Nr. 1 der Ordnungsverfügung wiederherzustellen und hinsichtlich der Nr. 3 der Ordnungsverfügung anzuordnen,
8keinen Erfolg.
9Zwar wird aufgrund des fristgerechten Beschwerdevorbringens entgegen dem angegriffenen Beschluss zugunsten der Antragstellerin von ihrer Beteiligtenfähigkeit gemäß § 61 Nr. 2 VwGO auszugehen sein. Dafür spricht, dass es sich bei ihr um eine teilrechtsfähige sog. Außen-GbR handelt, weil sie nach außen hin am Rechtsverkehr teilgenommen hat, indem sie unter anderem mit Schreiben vom 27. August 2012 "gemäß §§ 18, 72 Abs. 2 KrWG" eine gewerbliche Sammlung angezeigt hat - und daraufhin die angefochtene Ordnungsverfügung erhalten hat, mit der unter Nr. 1 die Sammlung untersagt wurde. Als teilrechtsfähiger Außen-GbR kann der Antragstellerin im Sinne von § 61 Nr. 2 VwGO ein Recht zustehen, und zwar auch im hier gegebenen Regelungszusammenhang. Ob das Recht bei näherer Prüfung des Einzelfalls besteht oder nicht, ist keine Frage der Beteiligtenfähigkeit.
10Gleichwohl bleibt der Beschwerde der Erfolg versagt. Dies gilt hinsichtlich des auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 der angefochtenen Ordnungsverfügung) gerichteten Begehrens schon deshalb, weil die Antragstellerin insoweit keine eigenständigen Beschwerdegründe geltend gemacht hat. Hinsichtlich des weiteren, auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Sammlungsuntersagung (Nr. 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung) gerichteten Begehrens gilt dies, weil sich der angegriffene Beschluss - in entsprechender Heranziehung des aus § 144 Abs. 4 VwGO folgenden Rechtsgedankens - jedenfalls aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist.
11Es kann dahinstehen, ob der vorläufige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bereits wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig ist. Er ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung jedenfalls unbegründet. Das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung der unter Nr. 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung verfügten Sammlungsuntersagung überwiegt nicht das öffentliche Vollzugsinteresse.
12Ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin ergibt sich nicht daraus, dass ihre Klage im Hauptsacheverfahren offensichtlich Erfolg haben wird. Die Erfolgsaussichten der Klage sind vielmehr als offen anzusehen, weil sich jedenfalls eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Sammlungsuntersagung bei summarischer Prüfung nicht feststellen lässt.
13Die Antragstellerin hält die angefochtene Sammlungsuntersagung schon deshalb für offensichtlich rechtswidrig, weil es dem Antragsgegner ihrer Ansicht nach an der sachlichen Zuständigkeit fehlt. Dazu führt die Antragstellerin an, die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) enthaltenen Zuständigkeitsregelungen verstießen gegen höherrangiges Recht. Dieser Einwand greift aber nicht durch. Zwar ist es unter dem Gesichtspunkt des Neutralitätsgebots des Staates nicht unproblematisch, wenn bei einer staatlichen Stelle in gewisser Weise widerstreitende Interessen zusammenfallen, weil sie einerseits öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und andererseits die unter anderem für das Anzeigeverfahren nach § 18 KrWG zuständige untere Umweltschutzbehörde ist. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist aber nicht davon auszugehen, dass eine neutrale Aufgabenwahrnehmung nur in der Weise erreicht und sichergestellt werden kann, dass beide Aufgabenbereiche bei unterschiedlichen Rechtsträgern angesiedelt werden, etwa indem der sich aus § 3 ZustVU ergebende Rechtsgedanke herangezogen wird mit der Folge, dass die Zuständigkeit für das Anzeigeverfahren nach § 18 KrWG bei den Bezirksregierungen liegt, wenn bei den Kreisen und kreisfreien Städten die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zusammenfallen. Vielmehr dürfte eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch eine behördeninterne organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche (des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers einerseits und der unteren Umweltschutzbehörde andererseits) hinreichend gewährleistet sein können.
14Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 2798/11 -, juris, m. w. N., und Beschluss vom 19. Juli 2013 - 20 B 530/13 -, juris.
15Dass es daran fehlt, macht die Antragstellerin nicht geltend.
16Die verfügte Sammlungsuntersagung ist ferner nicht offensichtlich materiell rechtswidrig, soweit der Antragsgegner sie auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 Satz 2 KrWG gestützt hat. Angesichts der Darlegungen des Antragsgegners zur Organisation der Alttextilienentsorgung im Kreisgebiet kann nicht davon ausgegangen werden, dass der von ihm angenommene Untersagungstatbestand offensichtlich nicht erfüllt ist. Dies gilt auch in Ansehung des diesbezüglichen erstinstanzlichen Vorbringens der Antragstellerin, da insoweit gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren weitere Ermittlungen zu dem vom Antragsgegner durchgeführten, von der Antragstellerin so bezeichneten "Vergabeverfahren" anzustellen sind.
17Unter dem Blickwinkel von 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG erweist sich die verfügte Sammlungsuntersagung ebenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig. Angesichts der Tatsache, dass gegenüber der C. H. und deren Geschäftsführer Gewerbeuntersagungen vom Regierungspräsidium H1. verfügt wurden, die wesentlich darauf beruhen, dass es im Zusammenhang mit (gewerblichen) Alttextiliensammlungen zu ihrer Zahl nach erheblichen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften (unerlaubte Sondernutzungen) gekommen ist, kann keine Rede davon sein, dass der im Raum stehende Unzuverlässigkeitsvorwurf haltlos ist. So denn die Antragstellerin überhaupt als Träger einer Sammlung in Betracht kommt, dürfte davon auszugehen sein, dass sie sich gegebenenfalls die Unzuverlässigkeit der Geschäftsführer der C. H. zurechnen lassen müsste, weil nach dem oben erwähnten Kooperationsvertrag in Nordrhein-Westfalen allein die C. H. für die Antragstellerin geschäftsführungs- und vertretungsbefugt ist.
18Schließlich spricht gegen die Annahme einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der verfügten Sammlungsuntersagung, dass die Antragstellerin keine "geeignete" Sammlerin sein dürfte.
19Das Sammeln von Abfällen ist nach der Definition in § 3 Abs. 10 KrWG auf natürliche und juristische Personen beschränkt. Dass auch (Personen-)Vereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit Sammler sein können, wird - soweit ersichtlich - bisher nicht vertreten. Auch die Gesetzesmaterialien geben für ein solches Verständnis des § 3 Abs. 10 KrWG nichts her. Unter einer Sammlung ist nach § 3 Abs. 15 KrWG unter anderem das Einsammeln von Abfällen zu verstehen. Dementsprechend dürfte eine Sammlung einen Sammler voraussetzen und die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Sinne von § 18 Abs. 1 und 2 KrWG auf eine natürliche oder juristische Person als Sammler oder Träger der Sammlung (hin-)weisen müssen. Dies ist hier nicht der Fall. Das Anzeigeschreiben vom 27. August 2012 stammt von der Antragstellerin und auch in den dem Anzeigeschreiben beigefügten Unterlagen wird ausdrücklich die Antragstellerin als Träger der Sammlung bezeichnet. Wird jedoch eine Sammlung von einer mit Blick auf § 3 Abs. 10 KrWG von vornherein nicht als Sammler in Betracht kommenden und damit quasi ungeeigneten (Perso- nen)Vereinigung angezeigt, spricht Einiges dafür, dass dies eine - eventuell sogar zwingende, d. h. nicht im Ermessen der Behörde stehende - Untersagung der Sammlung etwa auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG in entsprechender Anwendung rechtfertigen könnte.
20Soweit die Antragstellerin in den Verfahren 17 L 305/13 und 17 K 1883/13 des Verwaltungsgerichts Düsseldorf unter Hinweis auf gewerberechtliche Rechtsprechung die Auffassung vertreten hat, dass ihr als GbR gegenüber keine Sammlungsuntersagung verfügt werde könne, führt das hier zu keiner anderen Einschätzung. Die zitierte gewerberechtliche Rechtsprechung, nach der eine GbR nicht selbst Gewerbetreibende sein kann und deshalb gegen sie auch nicht wirksam eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen werden kann, dürfte einer an eine GbR gerichteten abfallrechtlichen Sammlungsuntersagung nicht entgegenstehen, wenn sich die GbR, wie hier, zuvor als Träger der Sammlung bezeichnet oder geriert hat - obwohl sie dies mit Blick auf § 3 Abs. 10 KrWG nicht sein kann.
21Hat das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin nach den vorstehenden Ausführungen nicht bereits deshalb Vorrang, weil ihre Klage im Hauptsacheverfahren wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit der verfügten Sammlungsuntersagung voraussichtlich Erfolg haben wird, hängt die Begründetheit ihres vorläufigen Rechtsschutzantrags von einer von den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache losgelösten Interessenabwägung ab. Diese fällt zulasten der Antragstellerin aus.
22Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen kann ein überwiegendes Aussetzungsinteresse der Antragstellerin schon deshalb nicht angenommen werden, weil sie als GbR jedenfalls nach § 3 Abs. 10 KrWG nicht Sammlerin sein kann. Soweit es der Antragstellerin darum geht, eine Aufhebung der Untersagung gerade deshalb zu erreichen, weil diese aus ihrer Sicht jedenfalls nicht an sie (als GbR) gerichtet werden durfte, ist das kein Gesichtspunkt, dem im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung, die auf die Beantwortung der Frage ausgerichtet ist, ob dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin oder dem öffentlichen Vollziehungsinteresse Vorrang einzuräumen ist, Gewicht zukommt. Schließlich und wesentlich gegen die Annahme eines überwiegenden Aussetzungsinteresses spricht der Umstand, dass die Folgen einer (jedenfalls vorübergehenden) Sammlungsuntersagung nicht die Antragstellerin treffen dürften, weil - worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - tatsächlich gar keine Sammlung der Antragstellerin in Rede stehen dürfte, sondern eine solche der C. H. .
23Nach den vorliegenden Erkenntnissen drängt sich der Eindruck auf, dass die Antragstellerin oder präziser ihr Name lediglich von der C. H. dazu benutzt worden ist, neben der von der C. H. selbst im eigenen Namen beim Antragsgegner angezeigten Sammlung eine weitere Sammlung eben unter dem Namen der Antragstellerin anzuzeigen, die sich in der Sache als weitere Sammlung der C. H. darstellt. Da die C. H. nach dem vorliegenden Kooperationsvertrag aus Mai 2011, wie bereits erwähnt, im Bundesland Nordrhein-Westfalen allein zur Geschäftsführung und Vertretung der Antragstellerin berufen und befugt ist, hat es die C. H. in Nordrhein-Westfalen allein in der Hand, die Antragstellerin dadurch in Erscheinung treten zu lassen, dass sie (die C. H. ) unter dem Namen der Antragstellerin auftritt und damit oder dabei konkludent zum Ausdruck bringt, insoweit als Geschäftsführerin und Vertreterin der Antragstellerin zu handeln. Indes liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin in einem solchen Fall in irgendeiner Weise - außer der Verwendung ihres Namens - von der C. H. tatsächlich abgegrenzt oder abgrenzbar ist. Im Rahmen der von der Antragstellerin getätigten Anzeige beziehen sich sämtliche Angaben, die über das Anzeigeschreiben selbst und die Angabe, Träger der Sammlung zu sein, hinausgehen, auf die C. H. . Auch darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin - unabhängig von § 3 Abs. 10 KrWG - insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht als Träger der Sammlung anzusehen sein könnte. Nach dem Kooperationsvertrag sind die in dem Vertrag als Vertragspartner bezeichneten Gesellschafter der Antragstellerin für die Durchführung von "Arbeiten" - darunter dürften auch Alttextiliensammlungen zu verstehen sein - selbst verantwortlich und haben diesbezügliche Ausgaben und Kosten selbst zu tragen. Umgekehrt enthält der Kooperationsvertrag keine Regelung, dass aufgrund einer Tätigkeit der Antragstellerin, handelnd durch einen geschäftsführenden Gesellschafter, erzielte Gewinne an die Antragstellerin auszukehren sind - was auch nicht unbedingt schlüssig erschiene, da die Ausgaben und Kosten, wie erwähnt, von den einzelnen Gesellschaftern selbst zu tragen sind. Dies spricht dafür, dass in wirtschaftlicher Hinsicht die C. H. Träger der Sammlung ist, selbst wenn sie im oder unter dem Namen der Antragstellerin angezeigt wurde und einige der von der C. H. aufgestellten Sammelcontainer mit dem Namen der Antragstellerin beschriftet sind. Hiervon ausgehend liegt auch die Annahme einer subjektiv-rechtlichen Betroffenheit der Antragstellerin durch die Sammlungsuntersagung eher fern. Damit fehlt zugleich eine hinreichende Grundlage, um von einem überwiegenden Aussetzungsinteresse der Antragstellerin auszugehen.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die verfügte Sammlungsuntersagung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, erscheint eine Orientierung an der Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als interessengerecht. Der danach entscheidende Jahresgewinn ist anhand der von der Antragstellerin selbst in der Sammlungsanzeige angegebenen maximal erwarteten Jahressammelmenge (20 t monatlich x 12 Monate = 240 t) zu bestimmen. Dementsprechend ergibt sich bei einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien von 400,00 €, wie er in zahlreichen anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend die Untersagung von Alttextiliensammlungen genannt wird,
26siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2013 - 11 E 645/13 -, juris,
27und einer (geschätzten) Gewinnmarge von 50 % ein Jahresgewinn von 48.000,00 €, der im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist. Dementsprechend ist auch die erstinstanzliche Festsetzung zu ändern.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Wird entgegen den Vorschriften des § 15 Kredit gewährt, so haften die Geschäftsleiter, die hierbei ihre Pflichten verletzen, und die Mitglieder des Aufsichtsorgans, die trotz Kenntnis gegen eine beabsichtigte Kreditgewährung pflichtwidrig nicht einschreiten, dem Institut als Gesamtschuldner für den entstehenden Schaden; die Geschäftsleiter und die Mitglieder des Aufsichtsorgans haben nachzuweisen, daß sie nicht schuldhaft gehandelt haben.
(2) Der Ersatzanspruch des Instituts kann auch von dessen Gläubigern geltend gemacht werden, soweit sie von diesem keine Befriedigung erlangen können. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich des Instituts noch dadurch aufgehoben, daß bei Instituten in der Rechtsform der juristischen Person die Kreditgewährung auf einem Beschluß des obersten Organs des Instituts (Hauptversammlung, Generalversammlung, Gesellschafterversammlung) beruht.
(3) Die Ansprüche nach Absatz 1 verjähren in fünf Jahren.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:
- 1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und - 8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.
(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese
- 1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind, - 2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie - 3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.
Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten - soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch von Interesse - um die vom Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung der Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der kreisangehörigen Stadt O. - Altpapier hier und im Folgenden verstanden als aus privaten Haushaltungen einzusammelnde(s) Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), auch soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt.
3Der Beklagte ist unter anderem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Rhein-Kreis O. , dem acht Kommunen angehören. Diese haben ebenfalls als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle einzusammeln und zu den vom Beklagten oder in dessen Auftrag betriebenen Entsorgungsanlagen oder Umschlagstationen zu befördern. Jedenfalls seit 1997 bedient sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben als Entsorgungsträger eines in privatrechtlicher Form organisierten Unternehmens, derzeit der Entsorgungsgesellschaft O1. H. (im Folgenden: EGN), eines Tochterunternehmens der SWK Stadtwerke L. AG, mit der ein bis Ende 2016 laufender Entsorgungsvertrag besteht. Der Vertrag, der zunächst auch die Altpapierentsorgung (Verwertung) aus den kreisangehörigen Kommunen E. , H1. , K. und S. umfasste, sieht einen vom Beklagten zu zahlenden jährlichen pauschalen Preis pro Tonne von der EGN entsorgten Abfalls vor, d. h. eine Differenzierung nach Abfallarten findet nicht statt. Der allgemeine Entsorgungspreis stieg von knapp unter 100 € im Jahr 1997 auf über 130 € ab dem Jahr 2007. Soweit kreisangehörige Kommunen dem Beklagten getrennt gesammeltes Altpapier zur Entsorgung (Verwertung) überließen, erhob der Beklagte hierfür aufgrund von "Quersubventionierungen" etwa in den Jahren 2008 und 2009 eine Gebühr von 25,66 € pro Tonne von den Kommunen.
4Der Entsorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der EGN wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert. Ein Änderungsgrund war etwa, dass weitere kreisangehörige Kommunen (N. und O. ) im Zeitraum vor 2008 dazu übergegangen waren, ihr getrennt gesammeltes Altpapier dem Beklagten zu überlassen, was für die EGN größere Entsorgungsmengen bedeutete, nachdem die Kommunen es zunächst - vom Beklagten geduldet - selbst verwertet hatten. Als im Jahr 2008 und danach vier kreisangehörige Kommunen (K. , O. , S. und - teilweise - N. ) aufgrund des stark gestiegenen Preises für Altpapier dieses im Ergebnis nicht mehr dem Beklagten überließen und diese Mengen dementsprechend auch nicht mehr der EGN zur Verfügung standen, forderte diese vom Beklagten eine weitere Anpassung des Entsorgungsvertrags in Gestalt einer Erhöhung des pauschalen Entsorgungspreises. Der sich daraus ergebende Streit wurde Anfang 2010 dahingehend beigelegt, dass entgegen der Forderung der EGN der Entsorgungspreis ab 1. Januar 2009 nicht erhöht wird, der Beklagte jedoch in den Jahren 2011 bis 2016 Ausgleichszahlungen erbringt. Zugleich wurde vereinbart, dass Altpapier aus den Kommunen K. , O. und S. nicht mehr Gegenstand des Entsorgungsvertrags ist. Damit bezog sich der Entsorgungsvertrag, was Altpapier anbelangt, nur noch auf die Mengen aus den Kommunen H1. , E. und N. . Mit einer weiteren Anpassung des Entsorgungsvertrags wurde die Verwertung von Altpapier ab dem 1. Januar 2012 vollständig aus dem Vertrag ausgeklammert. Auch dafür hat der Beklagte Ausgleichszahlungen an die EGN zu leisten.
5Bereits im September 2010 hatte der Beklagte die Verwertung von Altpapier aus den Kommunen K. , L1. , L2. , O. und S. europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung gab die Möglichkeit, die Angebote nach Mengenklassen zu staffeln, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ungewiss war, ob aus einigen der Kommunen überhaupt Altpapier zur Verwertung überlassen würde. Die eingegangenen Angebote sahen im Mittel eine Mindestvergütung für den Beklagten pro Tonne Altpapier von 70,25 € vor, der Mittelwert der angebotenen Vergütungen lag bei 113,59 €. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2010 die X. Wertstoffkontor H. (im Folgenden: X. ), mit der der Beklagte einen entsprechenden Vertrag schloss. Die Verwertung des Altpapiers aus den Kommunen E. , H1. und N. schrieb der Beklagte Ende 2011 aus. Den Zuschlag erhielt die EGN. Jedenfalls seit dem Jahr 2012 gibt der Beklagte die Überschüsse aus der Altpapierverwertung an die Kommunen weiter, die ihm Altpapier zur Verwertung überlassen.
6Die Klägerin steht im Eigentum der Stadt O. , welche 51 Prozent der Anteile an der Klägerin direkt und 49 Prozent über ihre 100 prozentige Tochter, die Stadtwerke O. H. , hält. Sie übernahm aufgrund eines Vertrages mit der Stadt O. aus Februar 1996 die Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Nach dem Vertrag erhielt die Klägerin von der Stadt O. sowohl für die Sammlung als auch für die Aufbereitung und Sortierung des Altpapiers eine Vergütung. Die Vermarktung der aufbereiteten Stoffe hatte die Klägerin auf eigenen Verantwortung und Rechnung vorzunehmen. Ferner beauftragte die Stadt O. die Klägerin mit Geschäftsbesorgungsvertrag aus Juni 2000 mit den hoheitlichen Aufgaben der Stadt im Bereich der Abfallbeseitigung sowie mit Leistungen im Bereich Abfallsammlung und -beförderung, nicht jedoch in Bezug auf Altpapier.
7Aufgrund des erstgenannten Vertrags sammelte die Klägerin Altpapier aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von O. in Bündeln und mittels Containern, wobei sie allerdings ganz überwiegend nicht selbst tätig wurde, sondern ihrerseits die EGN beauftragte, die sich wiederum teilweise eines Subunternehmens bediente. Das gesammelte Altpapier aus O. wurde seit 2003 zur Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage in O. -H2. transportiert und dort dem Beklagten bzw. der dort tätigen EGN zur Verwertung überlassen. Ab Mai 2008 sammelte die Klägerin - wiederum über die EGN - Altpapier zudem mittels "blauer Tonnen", nachdem zuvor ein anderes Unternehmen bei der Stadt O. angezeigt hatte, Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels Altpapiertonnen sammeln zu wollen.
8Mit Schreiben vom 15. September 2008 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, ab sofort im Stadtgebiet O. flächendeckend Papier, Pappe und Kartonagen im Wege einer gewerblichen Sammlung erfassen zu wollen, und zwar mittels Altpapiertonnen, Altpapiercontainern und Bündelsammlungen. Zugleich kündigte sie Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung an. Im Zusammenhang damit wurde die Überlassung von Altpapier an den Beklagten eingestellt. Ab dem 1. November 2008 überließ die Klägerin das gesammelte Altpapier der EGN zur Verwertung, nachdem sie mit dieser einen eigenen Vertrag geschlossen hatte. Der Beklagte duldete diese Praxis zunächst. Im Dezember 2010 stellten die Klägerin und die Stadt O. den Vertrag aus Februar 1996 betreffend unter anderem die Sammlung des Altpapiers in O. vorübergehend ruhend.
9Die EGN war im Übrigen jedenfalls bis Ende 2011 unter anderem aufgrund eines (mehrfach verlängerten und verlängerbaren) Vertrages mit der Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland H. (im Folgenden: DSD) verpflichtet, die im Gebiet der Stadt O. anfallenden PPK-Verkaufsverpackungen, die im Zuge der von der Klägerin betriebenen Altpapiersammlung miterfasst werden, zu entsorgen. Die EGN erhält hierfür von der DSD eine monatliche Vergütung. Im Gegenzug hat die EGN die DSD an den Verwertungserlösen der Verkaufsverpackungen zu beteiligen.
10Aus Gebührenbedarfsermittlungen der Stadt O. ergibt sich, dass diese für die Jahre 2008 und 2009 sowohl für den Transport als auch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz brachte (499.500 € für 2008, 565.000 € für 2009). Für das Jahr 2010 veranschlagte sie nur noch 320.000 € für den Transport mit dem Hinweis, dass Entsorgungskosten nicht mehr anfielen, weil die Verwertung seit dem 1. November 2008 über die Klägerin erfolge. Für das Jahr 2011 wurden weder für den Transport noch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz gebracht mit der Begründung, dass die Klägerin das Altpapier gewerblich sammle.
11Im März 2010 hörte der Beklagte in seiner Funktion als untere Umweltschutzbehörde die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung von Altpapier in O. an, was er damit begründete, dass die Sammlung der Klägerin nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C16.08 -) keine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darstelle. Etwa zeitgleich hörte er auch die (nicht kommunalen) Träger von Altpapiersammlungen in anderen Kommunen hinsichtlich einer Untersagung an, um sämtliches im Kreisgebiet gesammeltes Altpapier selbst - mittels der oder über die zuvor erwähnten Ausschreibungsverfahren - verwerten zu können. Aufgrund der Anhörung kam es mit einem anderen Unternehmen, das in einer anderen kreisangehörigen Kommune Altpapier sammelte, zu Gesprächen, in denen der Beklagte anbot, von der angekündigten Untersagung Abstand zu nehmen, wenn er von dem Unternehmen an den Verwertungserlösen für das Altpapier beteiligt wird. Eine entsprechende Einigung kam nicht zustande.
12Mit Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010, zugestellt am 20. Juli 2010, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem an, ab dem 1. Januar 2011 die eigenverantwortliche Sammlung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten auf dem Gebiet der Stadt O. zu unterlassen (Buchstabe a Nr. 1). Zur Begründung führte der Beklagten im Wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung diene der Durchsetzung der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Bei der von der Klägerin seit September 2008 durchgeführten Sammlung handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Auch sonst liege keine Ausnahme von der Überlassungspflicht vor.
13Am 19. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Sammlungsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) entgegen der Annahme in der Ordnungsverfügung nicht eigenverantwortlich sammle. Vielmehr sei sie aufgrund des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt O. sowie der Abfallentsorgungssatzung der Stadt O. als beauftragte Dritte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Stadt O. tätig. Soweit ihre Sammlung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien keine gewerbliche sei, lasse sich daraus allenfalls ableiten, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht einschlägig sei. Dies rechtfertige aber nicht den Schluss, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorliege, eben weil sie Drittbeauftragte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei. Liege dagegen eine gewerbliche Sammlung vor, verstoße die Verbotsverfügung gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Anhaltspunkte für relevante Gebührenauswirkungen lägen ebenso wenig vor wie für eine Gefährdung der Entsorgungssicherheit. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zuvor nicht aufgeklärt worden sei.
14Die Klägerin hat beantragt,
15die Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Sammlung der Klägerin handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche. Unabhängig davon erfolge die Sammlung nicht ordnungsgemäß, weil sie nicht in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften durchgeführt werde. Die Beauftragung der Klägerin mit Entsorgungsdienstleistungen durch die Stadt O. im Wege der inhouse-Vergabe sei vergaberechtlich unzulässig, weil die Klägerin bei einer solchen Vergabe nur begrenzt außerhalb des Auftragsverhältnisses tätig werden dürfe und die insoweit zu beachtende Grenze mit der durchgeführten Altpapiersammlung und -verwertung überschritten werde. Die Sammlung verstoße ferner gegen Wettbewerbsrecht, weil die Stadt O. in Zusammenarbeit mit der Klägerin andere Marktteilnehmer behindere. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Kommunalabgabenrecht vor, weil danach die von der Stadt O. übernommenen Sammlungs- und Transportkosten nicht im Abfallgebührenhaushalt hätten in Ansatz gebracht werden dürfen. Im Übrigen stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es bestehe die Gefahr, dass Vergabeverfahren erheblich erschwert und gegebenenfalls unterlaufen würden. Dies gelte schon deshalb, weil eine zuverlässige Prognose der zu entsorgenden Altpapiermengen nicht möglich sei. Auch sei die Entsorgungssicherheit gefährdet, wenn die öffentliche Altpapierentsorgung im Kreis vollständig von gewerblichen Sammlungen verdrängt werde. Im Fall der Einstellung der gewerblichen Sammlungen sei die öffentlich-rechtliche Entsorgung nicht möglich, zumindest nicht kurzfristig, weil die Entsorgungspflichten europaweit ausgeschrieben werden müssten. Öffentliche Interessen seien auch insoweit beeinträchtigt, als durch die Sammlung der Klägerin auch Verkaufspackungen erfasst und diese damit den Systembetreibern nach der Verpackungsverordnung entzogen würden. Schließlich verhindere die Sammlung der Klägerin niedrigere Abfallgebühren.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung gerichtet ist, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung der Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG diene; eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG liege nicht vor, weil es jedenfalls nicht erkennbar sei, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche handele.
20Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Da es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei ihre Rechtmäßigkeit anhand des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen. Danach erweise sie sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig. Soweit der Beklagte die Sammlung untersagt habe, weil es sich nicht um eine gewerbliche handele, sei dem durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Auch darüber hinaus seien die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gewerbliche Sammlungen zulässig seien, durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundlegend geändert worden. Hinsichtlich der in § 17 Abs. 2 und 3 KrWG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen verfüge sie (die Klägerin) nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um deren (Nicht-)Vorliegen beurteilen zu können. Der Beklagte habe sich diesbezüglich nicht geäußert, obwohl er verpflichtet sei, seine Unterlassungsverfügung anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Hierauf käme es nicht an, wenn eine andere Entscheidung nicht getroffen werden könnte. Von einer Alternativlosigkeit der Untersagungsverfügung könne jedoch keine Rede sein. Die Unterlassungsverfügung sei auch durch das mit § 18 KrWG eingeführte Anzeigeverfahren obsolet geworden. Schließlich sei die Unterlassungsverfügung ermessensfehlerhaft. Die angestellten Ermessenserwägungen gingen nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ins Leere. Soweit im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die Aspekte der Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und des öffentlichen Interesses an niedrigen Abfallgebühren abgestellt worden sei, griffen diese nicht. Mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien nicht dargelegt worden. Anhaltspunkte für eine wesentliche Senkung der Abfallgebühren seien ebenfalls nicht dargetan worden. Weil der Beklagte seine Ermessenserwägungen nicht an die neue Rechtslage angepasst habe, sei die Untersagungsverfügung wegen eines Begründungsdefizits auch formell rechtswidrig. Schließlich sei der Beklagte für die Untersagungsverfügung nicht zuständig gewesen.
21Die Klägerin beantragt,
22das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er macht im Wesentlichen geltend: Auch auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes handele es sich bei der Sammlung der Klägerin mangels Erkennbarkeit nicht um eine gewerbliche. Nehme man dagegen eine gewerbliche Sammlung an, sei diese wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen rechtswidrig. Die Stadt O. habe die öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung eingestellt. Ohne Änderung des Sammlungssystems sammle die Klägerin nunmehr nicht mehr als beauftragte Dritte der Stadt O. , sondern gewerblich. Ein solches Vorgehen sei mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vereinbar, weil die Stadt O. ihre Pflicht aus § 20 Abs. 1 KrWG zur Einsammlung von Altpapier aus privaten Haushalten nicht mehr wahrnehme, ohne dass ein dafür vorgeschriebenes Verfahren nach § 20 Abs. 2 KrWG durchgeführt worden sei. Außerdem widerspreche die Vorgehensweise der Stadt O. den Grundsätzen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb. Durch ihre Absprachen mit der Klägerin habe die Stadt dieser faktisch das gesamte Entsorgungsgebiet der Stadt O. im Sinne einer Monopolstellung überlassen. Zudem habe die Stadt konkurrierende gewerbliche Sammlungen behindert. Weiterhin sei er, der Beklagte, in seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt. Da er selbst eine hochwertige Verwertung von Altpapier durchführe, gingen ihm hinsichtlich der von der Klägerin erfassten Altpapiermengen Erlöse verloren, die nicht zur Reduzierung der Abfallgebühren eingesetzt werden könnten. Im Übrigen könne er entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Altpapier aus O. nicht den von ihm vorgehaltenen hochwertigen Verwertungsstrukturen zuführen. Weiterhin stünden der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit eines nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems (nach der Verpackungsverordnung) gefährdet werde. Die Klägerin lasse auch Verkaufsverpackungen sammeln und verwerten, ohne eine Vereinbarung mit der Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV geschlossen zu haben. Sie gebe an diese keine Verkaufsverpackungen ab und vereinnahme sämtliche Verwertungserlöse. Damit sei ihre Sammlung der Grund dafür, dass aus O. keine Verkaufsverpackungen im Auftrag der Systembetreiber gemäß der Verpackungsverordnung tatsächlich haushaltsnah erfasst und anschließend verwertet würden. Die Einführung eines Anzeigeverfahren durch § 18 KrWG führe ferner nicht dazu, dass zuvor verfügte repressive hoheitliche Maßnahmen keinen Bestand mehr hätten. Die in der Ordnungsverfügung angestellten Ermessenserwägungen seien auch nach der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden.
26Mit Schreiben vom 24. August 2012 zeigte die Klägerin dem Beklagten eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung im Gebiet der Stadt O. an.
27Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg gehabt (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 17 L 1791/10 - sowie des Senats vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 - und vom 15. Juni 2012 - 20 B 415/12 -).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den Verfahren 20 B 47/11, 20 A 3043/11 und 20 A 3044/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und sonstigen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Berufung hat Erfolg.
31Die gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet.
32Die Untersagungsverfügung ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden, am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen.
34Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 - 4 K 1905/10 -, juris, jeweils m. w. N.
35Da sich die Untersagungsverfügung auf dieser Grundlage als rechtswidrig erweist, hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, in vollem Umfang Erfolg. Soweit die Klägerin auch zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung auf der Grundlage des vormals geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorgetragen hat, kommt es auf diese Ausführungen in Ansehung des gestellten Antrags nicht an, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass ihr Begehren - unabhängig von einem insoweit bestehenden Rechtsschutzbedürfnis - nicht auch darauf gerichtet ist, eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen.
36Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
37Daran anknüpfend liegt hier schon vom Ansatz her kein Fall vor, in dem wegen zu beurteilender unterschiedlicher Zeiträume eine teilweise Klageabweisung in Betracht kommt, weil sich die Untersagungsverfügung - unterstellt - in einem zurückliegenden Zeitraum als rechtmäßig dargestellt hat. Im Übrigen ist die Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags (auch) dem Umstand geschuldet, dass sich mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 die für die Beurteilung der Untersagungsverfügung maßgebliche Rechtslage geändert hat. Unabhängig davon, wie der erstinstanzlich gestellte Antrag zu verstehen war, kann es kostenmäßig, etwa unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Klagerücknahme, nicht zulasten der Klägerin gehen, dass sie ihren Antrag an die geänderte Rechtslage angepasst hat.
38In der Sache bestehen bereits Bedenken, ob die Untersagungsverfügung formell rechtmäßig ist.
39Solche Bedenken bestehen allerdings nicht wegen des Fehlens einer erforderlichen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn die Ordnungsverfügung enthält offensichtlich eine solche. Ob diese Begründung - auch nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - die verfügte Sammlungsuntersagung trägt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Im Übrigen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Rechtslage unter Geltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen, was als Nachschieben einer Begründung angesehen werden könnte.
40Bedenken sind jedoch darin begründet, dass dem Beklagten, ausgehend von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage, bei Erlass der Ordnungsverfügung die sachliche Zuständigkeit gefehlt haben und auch heute fehlen könnte.
41Vom Grundsatz her war der Beklagte bei Erlass der Ordnungsverfügung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist. Auch aus § 3 ZustVU dürfte sich nichts anderes ergeben, da es hier um den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gegenüber einem Unternehmen geht, dessen Anteile nicht zu mehr als 50 % einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt - die Stadt O. als "Eigentümerin" der Klägerin ist nicht kreisfrei - gehören, und deshalb keine Zuständigkeit der Bezirksregierung besteht.
42Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten resultieren jedoch daraus, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (auch im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) ist.
43Diese Bedenken beruhen allerdings nicht darauf, dass die zuvor dargelegte Zuständigkeitsbestimmung gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verstößt. Zwar stellen zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies jedoch in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 18. März 2009- 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171.
45Bedenken ergeben sich jedoch, wie den zuvor zitierten Entscheidungen andeutungsweise zu entnehmen ist, aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und des Neutralitätsgebots. Gerade unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde nicht unproblematisch, weil dies die Gefahr von interessengeleiteten Maßnahmen beim Vollzug in sich birgt. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen geht (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG), spricht Einiges dafür, dass der von den Sammlungen betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (auch) eigene Interessen verfolgt und diese Interessen möglicherweise als untere Umweltschutzbehörde durchzusetzen versucht; jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des "bösen Scheins" kann für Außenstehende ein entsprechender Eindruck entstehen. Diese Bedenken sind offensichtlich auch im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht und der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
46Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
47Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später als nicht stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und "für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge" zu tragen.
48Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47 (= Drucksache 17(16)420 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 25. Oktober 2011, S. 2).
49Dementsprechend ist inzwischen in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
50Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2 - 408.10.02.
51Eine solche organisatorische Trennung dürfte hier zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung aber nicht bestanden haben. Zudem dürfte eine hinreichende organisatorische Trennung unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls einen bei Erlass der Verfügung - unterstellt - vorliegenden Zuständigkeitsmangel heilen könnte, auch gegenwärtig nicht vorliegen. Zwar hat der Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Organisationsverfügung vom 17. Juni 2013 auf den zuvor zitierten Erlass reagiert. Abgesehen von der Frage, ob die im Wesentlichen auf der Sachbearbeiterebene vorgenommene teilweise Trennung der Aufgabenbereiche als hinreichend anzusehen ist, wird die Organisationsverfügung jedenfalls nicht strikt umgesetzt, weil gerade derjenige Sachbearbeiter oder Produktverantwortliche, der nach der Verfügung "ab sofort" nicht mehr für Sammlungsuntersagungen nach § 18 KrWG zuständig ist, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfänglich für den Beklagten in dessen Funktion als untere Umweltschutzbehörde geäußert hat.
52Die Zuständigkeitsfrage muss jedoch nicht abschließend entscheiden werden, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
53Sie kann nicht auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der gegenüber § 62 KrWG hinsichtlich der Untersagung einer gemäß § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung grundsätzlich als die speziellere Vorschrift anzusehen ist, als rechtmäßig angesehen werden.
54Gegenstand der Verfügung ist im Kern die Untersagung der Sammlung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Soweit der Klägerin unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verwertung von Altpapier aus O. untersagt worden ist, kommt dem im Verhältnis zur Sammlungsuntersagung kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Mit der Untersagung auch der Verwertung hat der Beklagte ersichtlich lediglich der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung Altpapier in O. sammelte, d. h. als Verantwortliche unter anderem von der EGN sammeln ließ, und das gesammelte Altpapier verwertete oder verwerten ließ. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - in welcher Konstellation auch immer - Altpapier aus O. , das sie nicht sammelt, verwerten könnte, liegen nicht vor. Dementsprechend hat die untersagte Verwertung neben der untersagten Sammlung keinen eigenständigen oder weitergehenden Regelungsgehalt, weil die Verwertung durch die Klägerin gegebenenfalls bereits dadurch ausgeschlossen ist oder wird, dass ihr die Sammlung untersagt wird und sie dementsprechend nicht in den Besitz des Altpapiers gelangt.
55Die Sammlungsuntersagung kann jedoch deshalb nicht rechtmäßigerweise auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorliegen.
56Allerdings handelt es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche auch im Sinne der §§ 17, 18 KrWG, was den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG eröffnet, der, wie die Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG zeigt, nur für (angezeigte) gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen gilt.
57Nach den Definitionen des § 3 Abs. 15 und 18 KrWG liegt eine gewerbliche Sammlung vor.
58Gemäß § 3 Abs. 15 KrWG ist eine Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Einsammeln von Abfällen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da in O. Altpapier mittels Tonnen, Containern und in Bündeln erfasst (eingesammelt) wird. Als insoweit verantwortlicher Sammler (vgl. § 3 Abs. 10 KrWG) oder als Träger der Sammlung ist die Klägerin anzusehen, da sie, auch wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang operativ im Sinne von selbst sammelnd tätig ist, die Sammlung über den diesbezüglich mit der EGN geschlossenen Vertrag steuert.
59Nach § 3 Abs. 18 Satz 1 KrWG ist eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Da die Klägerin das eingesammelte Altpapier nachfolgend eigenverantwortlich verwertet oder verwerten lässt, indem sie für die Überlassung zur Verwertung Geld erhält, ist eine Einnahmeerzielung bezweckt.
60Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Sammlung normiert das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht ausdrücklich und lassen sich ihm auch sonst nicht entnehmen.
61Der zum Sammlungsbegriff unter Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine gewerbliche Sammlung müsse sich von dauerhaften und festen Entsorgungsstrukturen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten unterscheiden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 134, 154,
63ist durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Mit Blick darauf steht der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen, dass die Sammlung der Klägerin sich nicht von derjenigen unterscheidet, als noch ein Auftragsverhältnis mit der Stadt O. bestand, also im Ergebnis eine öffentlich-rechtliche Sammlung stattfand.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten hängt die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Regelungszusammenhang der §§ 17, 18 KrWG ferner nicht von der ungeschriebenen Voraussetzung ab, dass für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Gewerblichkeit der Sammlung erkennbar sein muss. Ein solches einschränkendes Verständnis der nach ihrem Wortlaut klaren Definitionen kann auch mit Blick auf die Systematik (das Zusammenwirken) der zuvor genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck nicht angenommen werden.
65Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf die § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG Bezug nimmt, dient dazu, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG umfassend normierte Überlassungspflicht Rechnung zu tragen.
66Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f. (linke Spalte ab unten).
67Denn die Überlassungspflicht gilt grundsätzlich auch für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen, was im Gesetzgebungsverfahren - vor allem wohl mit Blick auf die Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 35, Art. 106 Abs. 1 AEUV - zu Recht als "EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig" angesehen worden ist.
68Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (linke Spalte oben).
69Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unterstellt - suspendiert dabei ebenso wie die Nr. 3 die Überlassungspflicht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Überlassungspflicht der privaten Haushaltungen selbst suspendiert, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG ihre Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen haben, was an sich die Überlassung an einen gewerblichen Sammler ausschließt. Zum anderen wird jedoch auch die Überlassungspflicht der gewerblichen Sammler suspendiert, die nach dem Einsammeln von Abfällen aus privaten Haushaltungen ohne die Ausnahmeregelungen als Besitzer eben solcher Abfälle ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet wären.
70Den zuvor behandelten Vorschriften liegt offensichtlich das Verständnis eines (regelungsbedürftigen) Konkurrenzverhältnisses zwischen den mittels der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geschützten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einerseits und gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlern (Sammlungen) andererseits zugrunde. So wird in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien § 17 Abs. 3 KrWG, mit dem die öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG konkretisiert werden, als "Kollisionsklausel" bezeichnet; im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist von "relevanten Konkurrenzsituationen" die Rede.
71Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, vorletzter Absatz, und rechte Spalte, ebenfalls vorletzter Absatz).
72Mit Blick darauf sind die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG dahingehend zu verstehen, dass es auf jeden Fall eine vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unabhängige, d. h. eigenständig und eigenverantwortlich tätige Person sein muss, die sich mittels einer (gemeinnützigen oder gewerblichen) Sammlung in den Besitz der Abfälle bringt. Dies kommt im Übrigen auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck. Diese Regelungskonzeption erscheint zwar nicht zwingend, weil die eigentliche Konkurrenzsituation erst bei der Verwertung zum Tragen kommt und die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht davon abhängt, dass der (überlassungspflichtige) Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich gerade durch eine Sammlung in den Besitz der Abfälle gebracht hat. Andererseits erscheint es nicht verfehlt oder willkürlich, als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Überlassungspflicht ein bestimmtes Tätigwerden, nämlich das Einsammeln von Abfällen (vgl. § 3 Abs. 15 KrWG), zu fordern.
73Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG unter der (ungeschriebenen) einschränkenden Voraussetzung steht, dass die Gewerblichkeit für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen erkennbar ist. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her als eine Schutzvorschrift nicht zuletzt für Gewerbetreibende ausgestaltet ist, die mit - werthaltigen - Abfällen im weiteren Sinne Handel treiben und dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu den - durch die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG "geschützten" - öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern getreten sind oder treten wollen. Angesichts dessen liefe die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Gewerblichkeit für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf einen anderen, von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht bezweckten Schutz hinaus. Stellte man auf die Erkennbarkeit der Gewerblichkeit ab, würden zwar die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in die Lage versetzt beurteilen zu können, ob sie gegebenenfalls an den "Richtigen" überlassen, d. h. entweder im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (gegebenenfalls in Gestalt eines von diesem beauftragten Dritten, § 22 Satz 1 KrWG) oder an einen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG tätigen gewerblichen Sammler. Einen solchen Schutz bezweckt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nach den vorstehenden Ausführungen jedoch nicht.
74Dem Vorliegen einer gewerblichen Sammlung der Klägerin im Sinne der §§ 17, 18 KrWG kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, sie erfolge im Auftrag (§ 22 Satz 1 KrWG) eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
75Insoweit ist zum einen festzustellen, dass § 22 Satz 1 KrWG auch eine Beauftragung hinsichtlich des (Ein-)Sammelns von Abfällen umfasst, auch wenn der Wortlaut nur auf Verwertung und Beseitigung abstellt. Damit gemeint und eingeschlossen sind auch sämtliche Vorbereitungshandlungen wie etwa das Einsammeln.
76Vgl. Frenz in: Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 22 KrWG Rn. 6, m. w. N.
77Zum anderen ist festzuhalten, dass "beauftragen" im Sinne der zuvor genannten Vorschrift nicht formalrechtlich als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag (§§ 662 ff. BGB) zu verstehen, sondern ein wie auch immer ausgestaltetes (vertragliches) Abstimmungsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem "Drittbeauftragten" gemeint ist, das die Erfüllung wenigstens einer der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten durch den "Drittbeauftragten" zum Gegenstand haben muss.
78Im Weiteren ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Auftragsverhältnis im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG hinsichtlich des Sammelns die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG ausschließt.
79Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der Definition der gewerblichen Sammlung in § 3 Abs. 18 KrWG, weil der dort genannte Zweck der Einnahmeerzielung auch im Fall eines Auftrags im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG vorliegen kann. Da diese Vorschrift, wie bereits erwähnt, nicht als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag verstanden werden kann, dürfte es sich in der Regel bei den Aufträgen im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG um entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge handeln, welche von im Bereich der Abfallwirtschaft gewerblich tätigen Unternehmen im Wortsinne "zur Einnahmeerzielung" abgeschlossen werden. Soweit die Dritten auch mit der Verwertung "beauftragt" sind, kommt auch diesbezüglich eine Einnahmeerzielungsabsicht in Betracht, und zwar bereits bei der Sammlung.
80Dass die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG bei Bestehen eines das Sammeln betreffenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG ausgeschlossen ist, ergibt sich jedoch wiederum daraus, dass der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ein (mögliches) Konkurrenzverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und gewerblichen Sammlungen (Sammlern) regeln wollte. Dabei hat er, was sich insbesondere an § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG festmachen lässt, die Drittbeauftragten auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesehen. Wer jedoch auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger steht, kann nicht zugleich im Sinne einer gewerblichen Sammlung eigenständig und eigenverantwortlich tätig sein. In einem solchen Fall fehlt es gewissermaßen an dem vom Gesetzgeber angenommenen oder vorausgesetzten Konkurrenzverhältnis. Denn aufgrund des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besteht eine Verpflichtung zum Tätigwerden diesem gegenüber und stimmen die beiderseitigen Interessen überein.
81Dies vorausgeschickt lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin im Auftrag der Stadt O. tätig ist - die Annahme eines (wirksamen) Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG hinsichtlich des Einsammelns von Abfällen in den kreisangehörigen Kommunen nicht als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger tätig ist. An die Annahme eines solchen Verhältnisses sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den im öffentlichen Interesse liegenden Grundsatz der Entsorgungssicherheit muss insbesondere klar erkennbar sein, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Dritten mit der Erfüllung bestimmter Pflichten beauftragt hat. Daran fehlt es hier.
82Aus dem - soweit ersichtlich fortbestehenden - Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt O. aus Juni 2000 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin gegenüber der Stadt auch oder gerade in Bezug auf Altpapier zum Einsammeln verpflichtet ist. Die Anlage 1 zum Vertrag, mit der die Vertragspflichten der Klägerin konkretisiert werden, spricht dagegen, weil unter dem Gliederungspunkt "I. Abfallsammlung und - beförderung" das Sammeln und Befördern von Altpapier gerade nicht genannt wird.
83Was den unter anderem die Sammlung von Altpapier betreffenden Vertrag aus Februar 1996 anbelangt, kann dieser ebenfalls nicht als Grundlage eines wirksamen und bestehenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG angesehen werden, da er jedenfalls seit Dezember 2010 (vorübergehend) ruhend gestellt ist. Bei den diesbezüglichen Erklärungen der Vertragsparteien handelt es sich im Übrigen nicht um nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksame Scheinerklärungen, da tatsächlich nicht mehr entsprechend dem Vertrag verfahren wird. Dies lässt sich daran festmachen, dass der Klägerin nach § 3 Nr. 1 des Vertrags für das Erfassen (Sammeln) des Altpapiers eine Vergütung zustünde, diese jedoch nicht mehr gezahlt wird. Dies ergibt sich daraus, dass entsprechende Kosten ab dem Jahr 2011 nicht mehr in der Abfallgebührenkalkulation der Stadt O. auftauchen.
84Der Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als sammle sie im Auftrag der Stadt O. - was nach den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung ausschlösse.
85Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Sammlung der Klägerin auf eine Art und Weise entstanden ist, die der Gesetzgeber (wohl) bei der Schaffung weder des § 3 Abs. 18 KrWG noch der §§ 17, 18 KrWG als typischen Fall vor Augen hatte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass Fallkonstellationen wie die vorliegende, in der eine vormals öffentlich-rechtliche, durch einen Drittbeauftragten durchgeführte Sammlung im Einvernehmen zwischen dem für das Einsammeln zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Drittbeauftragten vollständig durch eine gewerbliche Sammlung des (vormals) Drittbeauftragten ersetzt wird, im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Diese Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung führt jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin als beauftragte Dritte im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG behandeln lassen muss und deshalb die Gewerblichkeit ihrer Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen ist. Eine solche Verfahrensweise stünde wiederum nicht damit in Einklang, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her um eine Schutzvorschrift zugunsten gewerblicher Sammlungen handelt, um diese von der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG auszunehmen. Damit vertragen sich Einschränkungen bei dem Begriff der gewerblichen Sammlung nicht, die über § 22 KrWG hinaus aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herrühren. So liegt die Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung hier nicht in oder an der Sammlung selbst oder ihrer Gewerblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG, sondern darin, dass die Stadt O. ihre öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit, was getrennt gehaltenes Altpapier anbelangt, spätestens im Dezember 2010 eingestellt hat, indem das vormals in Gestalt des Vertrages aus Februar 1996 bestehende Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Dies kann wertungsmäßig jedoch nicht dazu führen, dass die Klägerin als Drittbeauftragte behandelt oder angesehen und damit die Gewerblichkeit ihrer Sammlung verneint wird. Berührt das Verhalten der Stadt O. öffentliche (Entsorgungs-)Interessen, ist diesen gegebenenfalls im Rahmen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG Rechnung zu tragen. Steht das Verhalten der Stadt O. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa mit § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG oder § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG, nicht in Einklang, müssen erforderlichenfalls Maßnahmen gegenüber der Stadt O. ergriffen werden. Beides rechtfertigt indes nicht, eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG dadurch auszuschließen, dass zulasten der Klägerin ein Auftragsverhältnis angenommen wird. Das Vorstehende gilt entsprechend, wenn man davon ausgeht, dass die Stadt O. mit dem nach § 22 Satz 1 KrWG an sich zulässigen Mittel der Drittbeauftragung im Bereich der Altpapierentsorgung in einer derart "flexiblen" Art und Weise umgeht, die von der genannten Vorschrift nicht mehr gedeckt ist.
86Die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG und damit die Anwendung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Sammlung der Klägerin die Schutzwürdigkeit fehlt, weil sie entgegen der zuvor geschilderten Grundannahme des Gesetzgebers weder in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestanden hat noch steht, sondern in gewisser Weise sogar von der Überlassungspflicht profitiert hat. Denn jedenfalls bis Mitte des Jahres 2008 haben die Erzeuger und Besitzer von Altpapier aus privaten Haushaltungen dieses - in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, dem der heutige § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht, und mit § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG - der im Auftrag der Stadt O. sammelnden Klägerin, d. h. der für diese im Wesentlichen tätigen EGN, zur Verfügung gestellt, was im Ergebnis diese Sammlung "etabliert" und dazu beigetragen hat, dass die Klägerin ab September 2008 praktisch konkurrenzlos "gewerblich" (weiter-)sammeln konnte. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, deswegen das Vorliegen einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen. Es fehlt rechtssystematisch an einer planwidrigen Regelungslücke, die gerade durch eine solchermaßen einschränkende Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung zu schließen ist.
87Der zuvor dargestellten Regelungskonzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt vom Grundsatz her die Annahme zugrunde, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Entsorgungspflichten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG wahrnehmen und diesen nachkommen, was einschließt, dass sie - vorbehaltlich des Eingreifens einer Ausnahmeregelung - die ihnen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zu überlassenden - und nachfolgend von ihnen zu entsorgenden (verwertenden) - Abfälle auch in Besitz nehmen. Diese Annahme ist erst recht im Hinblick auf (in aller Regel werthaltige) getrennt gehaltene und zu sammelnde Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen berechtigt. Insoweit haben und verfolgen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger über die Erfüllung der Pflichten hinaus, die ihnen im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung von Entsorgungssicherheit übertragen worden sind, auch im weiteren Sinne wirtschaftliche Interessen, weil mit den genannten Abfällen bei der Verwertung Erlöse zu erzielen sind. Diese Grundannahmen schließen das Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zu gewerblichen Sammlungen ein, die typischerweise ebenfalls auf getrennt gehaltene und zu sammelnde (werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen zugreifen oder zugreifen wollen.
88Es kann aber auch Konstellationen - wie die hier vorliegende - geben, in denen innerhalb einer Gebietskörperschaft zwei öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger neben- oder besser hintereinander tätig sind, deren Interessen jedenfalls hinsichtlich der Entsorgung von bestimmten (werthaltigen) Abfällen aus privaten Haushaltungen durchaus differieren können mit der Folge, dass nicht immer für beide ein Konkurrenzverhältnis zu einer gewerblichen Sammlung besteht. So obliegt in Nordrhein-Westfalen nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG den kreisangehörigen Kommunen das Einsammeln der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle, weiterhin die Beförderung zu den Abfallentsorgungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit diese vom Kreis oder in dessen Auftrag betrieben werden. Erst daran anschließend tritt die Zuständigkeit des Kreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 und 2 LAbfG ein, der insbesondere für die Verwertung zuständig ist. Diese Konstellation beinhaltet die Gefahr von - im weiteren Sinne wirtschaftlichen oder finanziellen - Interessenkonflikten zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, weil die kreisangehörigen Kommunen die Einsammlungs- und Transportkosten des Altpapiers zu tragen haben, jedoch nicht unmittelbar von etwaigen Erlösen aus der Verwertung der Abfälle profitieren. Dieser Interessenkonflikt hat vorliegend dazu geführt, dass im Gebiet des Beklagten einzelne kreisangehörige Kommunen Altpapier als "werthaltigen" Abfall aus privaten Haushaltungen nicht mehr einsammeln und dementsprechend auch eine Beförderung zu den im Auftrag des Beklagten betriebenen Anlagen entfällt, jedenfalls aber eine Überlassung an den Beklagten nicht mehr stattfindet. Dieser Interessenkonflikt ist weiterhin dafür verantwortlich, dass sich die Sammlung der Klägerin - wie oben aufgezeigt - konkurrenzlos durchsetzen konnte, weil die Stadt O. ab September 2008 jedenfalls faktisch ihre Entsorgungstätigkeiten - mit Blick auf die (beabsichtigte) gewerbliche Sammlung der Klägerin - eingestellt hat.
89Der Umstand, dass danach die Grundannahmen des Gesetzgebers nicht in allen Fällen zutreffen, rechtfertigt jedoch selbst dann, wenn man einen daraus folgenden Regelungsbedarf annimmt, nicht, gerade den Begriff der gewerblichen Sammlung einschränkend auszulegen. Da Konstellationen wie die zuvor dargelegte und hier vorliegende aus einem Interessenkonflikt zwischen mehreren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern untereinander resultiert, besteht keine Veranlassung, daraus Einschränkungen des Begriffs der gewerblichen Sammlung abzuleiten, mit dem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet wird oder werden soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass etwaigen Regelungsdefiziten im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG hinreichend Rechnung getragen werden kann.
90Ist danach von einer gewerblichen Sammlung sowohl im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG als auch der §§ 17, 18 KrWG auszugehen, kann deren Untersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG allerdings nicht damit begründet werden, dass es an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG mangelt.
91Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung des von der Klägerin eingesammelten Altpapiers die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt.
92Soweit § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Vereinbarkeit der Verwertung mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fordert, kann hier nicht damit argumentiert werden, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 KrWG vorliegt. Dies liefe auf einen unzulässigen Zirkelschluss hinaus. Da § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - wie ausgeführt - gerade eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht im Rahmen der Prüfung einer dieser Voraussetzungen, nämlich der ordnungsgemäßen Verwertung, auf die entgegenstehende Überlassungspflicht abgestellt werden.
93Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung "ordnungswidrig" machen.
94In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, dass die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz diene.
95Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
96§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe.
97Vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
98Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, dass jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung besteht, zur "Ordnungswidrigkeit" der Verwertung führt. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können.
99So auch Frenz, a. a. O., § 7 KrWG Rn. 84, m. w. N.
100Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen.
101Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die vom Beklagten geltend gemachten, aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem grundsätzlich zur Sammlung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt O. ) resultierenden etwaigen vergabe-, wettbewerbs-, kommunalabgaben- und steuerrechtlichen Verstöße, sämtlich als gegeben unterstellt, nicht dazu führen, dass die Verwertung als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist. Die (unterstellten) Verstöße haben weder einen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang noch ist ein Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten erkennbar. Im Übrigen erschließt sich weder, dass es sich bei den vom Beklagten ausgemachten Verstößen um solche der Klägerin handelt oder handeln soll, noch ist ersichtlich, dass sich die Klägerin im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße der Stadt O. zurechnen lassen müsste.
102Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen ferner keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegen, die auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung rechtfertigen.
103Was den Maßstab bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen anbelangt, ist eine eher strenge Beurteilung geboten.
104Ausgangspunkt für die Bestimmung (überwiegender) öffentlicher Interessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Begriff der Gefährdung der Funktionsfähigkeit, und zwar des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, eines von diesem beauftragten Dritten oder eines Rücknahmesystems. Das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit wird hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und eines von diesem beauftragten Dritten durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG weiter dahingehend definiert oder konkretisiert, dass eine solche Gefährdung gegeben ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (erste Alternative) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (zweite Alternative). Die zweite Alternative wird sodann allein im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten (Regel-)Beispiele weiter konkretisiert. Angesichts dieser Regelungssystematik leitet sich der Beurteilungsmaßstab vor allem aus der Wortwahl in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG ab, die auf eine Gefährdung (der Funktionsfähigkeit), eine Verhinderung (der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen) und eine wesentliche Beeinträchtigung (der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) abstellt. Zudem korrespondiert diese Einschätzung damit, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz Beeinträchtigungen, welche die Funktionsfähigkeit nicht in Frage stellen, hinzunehmen sind.
105Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
106Die zuvor geäußerte Einschätzung oder Wertung gilt auch in Ansehung der Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Diese gehen auf einen im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
107Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419).
108Aus der Begründung für diesen Änderungsantrag ergibt sich nicht, dass die Regelbeispiele den Ausgangspunkt des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, die (überwiegenden) öffentlichen Interessen unter anderem über die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen, oder aber den durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG vorgegebenen Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in Frage stellen sollten. Vielmehr haben die Regelbeispiele auch nach der Begründung des Änderungsantrags die Funktion, das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu konkretisieren. Zwar erschließt sich nicht ohne weiteres, ob bei der mit den Regelbeispielen vorgenommenen Konkretisierung dem übergeordneten Merkmal der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG jeweils hinreichend Rechnung getragen wurde. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, weil dadurch nicht in Frage gestellt wird, dass nach den vorstehenden Ausführungen bei der Prüfung überwiegender öffentlicher Interessen ein eher strenger Maßstab anzulegen ist.
109Diese Einschätzung erweist sich auch in Ansehung der übrigen Begründung in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien als zutreffend. So ergibt sich aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, dass die "kommunalen Überlassungspflichten" als EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig angesehen worden sind und als Rechtfertigungsgrund unter anderem auf Art. 106 Abs. 2 AEUV abgestellt worden ist. Diese Vorschrift stellt als Maßstab auf die rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung von übertragenen besonderen Aufgaben ab. Dieser Maßstab stimmt im Wesentlichen sowohl mit der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genannten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überein, wenn man darunter, was der Wortlaut nahelegt, auch die Gefahr einer Existenzvernichtung versteht, als auch mit der in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG genannten Verhinderung der Erfüllung von Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Ferner dient nach der Begründung des Änderungsantrags gerade das Merkmal oder der Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG dazu, sich "innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen" zu bewegen.
110Das Erfordernis eines eher strengen Maßstabs ergibt sich schließlich auch aus nationalen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Sammel- und Verwertungstätigkeit der Klägerin vom Grundsatz her - die für die Auslegung der §§ 17, 18 KrWG unerhebliche Besonderheit ausgeklammert, dass es sich bei der Klägerin um ein von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen handelt - um eine zulässige, vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 GG umfasste (gewerbliche) Tätigkeit handelt. Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst an,
111vgl. in diesem Sinne Bay. VGH, Beschlüsse vom 2. Mai 2013 - 20 AS 13.700 - und - 20 AS13.771 -, jeweils juris,
112ist auch dieses Grundrecht tangiert, weil sich die angefochtene Untersagungsverfügung zugleich als partielle (räumlich beschränkte) Gewerbeuntersagung darstellt.
113Dass die Betätigung der Klägerin grundrechtlichen Schutz genießt, heißt nicht, dass eine Beschränkung ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 12 GG reichen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus, um eine Einschränkung zu rechtfertigen, weil lediglich eine Berufsausübungsregelung in Rede steht.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.
115Als eine vom Grundsatz her zulässige Beschränkung stellt sich die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geregelte Überlassungspflicht dar, da sie nicht um ihrer selbst Willen angeordnet oder geschützt ist, sondern weil mit ihr vom Grundsatz her legitime öffentliche Interessen verfolgt werden.
116Die Überlassungspflicht rührt bereits aus Zeiten her, als die Abfallentsorgung als grundsätzlich öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und des Gesundheits- und Umweltschutzes angesehen wurde.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143.
118Sie wurde erstmals in § 3 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873) gesetzlich normiert und diente dazu, die Abfallbeseitigungspflicht der Gemeinden (und anderen Gebietskörperschaften) dadurch abzusichern, dass auch den Abfallbesitzern eine Verpflichtung auferlegt wurde, eben die der Überlassung (an den Beseitigungspflichtigen).
119Vgl. BT-Drucks. 6/3154, S. 2 f.
120Das tradierte Verständnis der öffentlich-rechtlichen Entsorgung jedenfalls von Haushaltsabfällen lag auch dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugrunde. Mit der damit im Zusammenhang stehenden Überlassungspflicht wollte der Gesetzgeber eine ordnungsgemäße, schadlose und damit umweltverträgliche Abfallentsorgung sichergestellt sehen.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, a. a. O.
122Dieses Grundverständnis der Überlassungspflicht liegt auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde, was sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt. Dieser verweist auf das Prinzip der Daseinsvorsorge, um die Überlassungspflicht zu begründen, welche eine Ausnahme vom Verursacherprinzip darstellt, von dem das Kreislaufwirtschaftsgesetz als Grundkonzeption ausgeht; ferner ist im Hinblick auf die Entsorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers davon die Rede, dass eine wirtschaftlich tragfähige Erfüllung dieser Aufgabe nur durch eine kongruente Überlassungspflicht abgesichert werden könne.
123Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
124Allerdings ist der Gesetzgeber (des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) selbst davon ausgegangen, dass die Überlassungspflicht, insbesondere im Hinblick auf getrennt gesammelte oder erfasste (in der Regel werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen, nicht in jedem Fall erforderlich ist, was die dezidierten Regelungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 KrWG zeigen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als nach der Begründung des Gesetzentwurfs befürchtet worden ist, dass ohne "kongruente" Überlassungspflicht die Abfallmengen und vorzuhaltenden Entsorgungskapazitäten für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht mehr berechenbar sind und dieser in seiner Planungs- und Funktionsfähigkeit im Kern gefährdet ist.
125Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
126Jedenfalls rechtfertigen die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG normierten Ausnahmen den Schluss, dass nicht in allen Bereichen der Abfallentsorgung aus Gründen der Daseinsvorsorge eine öffentlich-rechtliche Entsorgung stattfinden muss und sich dementsprechend auch die Überlassungspflicht nicht in jeden Fall "durchsetzen" muss. Von daher reicht die Feststellung allein, dass die Überlassungspflicht grundsätzlich von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird, nicht (mehr) aus, um zugleich eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzunehmen. Angesichts der vom Gesetzgeber normierten Ausnahmen, die, was sich im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergibt, gerade den hier in Rede stehenden Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen betreffen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überlassungspflicht in jedem Einzelfall rechtfertigungsbedürftig ist. Dies beurteilt sich entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG danach, ob überwiegende öffentliche Interessen die (Durchsetzung der) Überlassungspflicht erfordern, was aus den vorstehenden Gründen anhand eines strengen Maßstabs zu beurteilen ist. Etwas anderes erschiene zudem wertungswidersprüchlich, weil im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit Blick auf EU-rechtliche Vorgaben angenommene Rechtfertigungsbedürftigkeit der Überlassungspflicht kein anderer Maßstab gelten kann als für die Rechtfertigung eines Eingriffs in eine grundrechtlich geschützte Betätigung.
127Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegenstehen.
128Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt für das Vorliegen entgegenstehender (überwiegender) öffentlicher Interessen auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit ab.
129Im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG ist die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als eine Konstellation angesehen worden, in der überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift bestehen,
130vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C9.05 -, BVerwGE 125, 337,
131ohne dass jedoch näher bestimmt worden ist, was im Einzelnen unter Gefährdung der Funktionsfähigkeit zu verstehen ist. Mit Sicherheit wird dieses Merkmal erfüllt sein, wenn die Existenz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Sinne der errichteten Infrastruktur (vollständig) in Frage steht.
132Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 ("Planungs- und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kern gefährdet").
133Darauf beschränkt sich der Begriff jedoch nicht. Vielmehr sind in der zuletzt zitierten Entscheidung weitere Fallgestaltungen angesprochen, die nunmehr ihren Niederschlag in § 17 Abs. 3 KrWG gefunden haben. Deshalb ist davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an der zuvor zitierten Rechtsprechung (zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) orientiert hat. Dementsprechend handelt es sich bei der Begrifflichkeit "Gefährdung der Funktionsfähigkeit" in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Wesentlichen lediglich um einen Oberbegriff, mit dem die Fallkonstellationen angesprochen oder erfasst werden sollen, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen.
134Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen deshalb entgegenstehen, weil eines der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG bezeichneten Rücknahmesysteme in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wird.
135Zunächst erscheint es schlüssig, überwiegende öffentliche Interessen an der Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Rücknahmesystems festzumachen, weil ein solches System von seiner Funktion her durchaus als einem öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungssystem vergleichbar angesehen werden kann. Von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems ist auszugehen, wenn durch die gewerbliche Sammlung eine Erfüllung der dem System vorgegebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
136Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, dritter Absatz); siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C 9.05 -, a. a. O., und OVG Hbg., Beschluss vom 8. Juli 2008 - 1 Bs 91/08 -, NVwZ 2008, 1133.
137Für solche Auswirkungen der Sammlung ist hier nichts ersichtlich.
138Der Beklagte geht selbst davon aus, dass vertragliche Vereinbarungen der in O. faktisch das Einsammeln des Altpapiers besorgenden EGN mit der DSD und den übrigen Systembetreibern hinsichtlich der Sammlung von der PPK-Fraktion zuzurechnenden Verkaufsverpackungen im Gebiet der Stadt O. bestehen. Weiterhin geht der Beklagte davon aus, dass die EGN den Systembetreibern Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen erteilt oder erteilen kann, welche die Systembetreiber für ihre Nachweispflichten nach der Verpackungsverordnung benötigen. Hiervon ausgehend spricht nichts dafür, dass die von den Systembetreibern zu erfüllenden Erfassungs- und Verwertungsquoten in Frage stehen und deshalb das System gefährdet ist.
139Der Umstand, dass die bestehenden Verträge der EGN mit den Systembetreibern noch davon ausgehen, dass in O. eine kommunale Altpapiersammlung stattfindet, gibt nichts dafür her, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht erfüllt werden (können). Da die Sammlung lediglich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wurde, sich jedoch weder die Stellung der EGN als Beauftragte der Klägerin noch der Vorgang des Einsammelns des Altpapiers selbst geändert haben, spricht nichts für eine Beeinflussung der Erfassungs- und Verwertungsquoten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Quoten in der Zeit der kommunalen Sammlung nicht eingehalten wurden, liegen nicht vor. Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass die von der EGN auszustellenden Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen zweifelhaft erscheinen.
140Zwar mag davon auszugehen sein, dass die rechtliche Neukonstruktion der Sammlung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auch die Geschäftsgrundlage der Verträge der EGN mit den Systembetreibern berührt. Dies führt jedoch mit Blick auf § 313 BGB nicht zu einer Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Verträge, sondern begründet (lediglich) einen Anpassungsbedarf. Entsprechendes gilt, wenn man mit dem Beklagten einen Anpassungsbedarf auch deshalb bejaht, weil die vertraglichen Vereinbarungen eine Zahlungsverpflichtung der Systembetreiber gegenüber der EGN für die Erfassung und Entsorgung der Verkaufsverpackungen vorsehen, was mit Blick auf die derzeit bei der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse nicht mehr interessengerecht erscheinen mag. Dafür, dass eine Anpassung hier nicht möglich ist, spricht nichts, zumal der Beklagte selbst darauf hinweist, dass die EGN und die Systembetreiber weiter auf der Grundlage der bestehenden Verträge verfahren - was unschwer möglich ist, weil sich das tatsächliche Sammlungsgeschehen nicht geändert hat. Jedenfalls führt der Anpassungsbedarf nicht dazu, dass das Rücknahmesystem als solches, wie es in § 6 Abs. 3 VerpackV beschrieben ist, in der Weise in Frage steht, dass vorgeschriebene Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht mehr erreicht werden.
141Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass hier ein auf PPK-Verpackungen bezogener Widerruf der Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV, der möglicherweise ebenfalls als ein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu qualifizieren ist, im Raum steht. Ein solcher Widerruf droht hier auch nicht deshalb, weil es an einer Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV fehlt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV kommt ein Widerruf lediglich bei Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen in Betracht, nicht jedoch auch dann, wenn die Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV auf der Grundlage der gemeinsamen Erfassung von PPK-Verkaufsverpackungen und sonstigem Altpapier über eine öffentlich-rechtliche Sammlung erfolgt ist, was die Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV einschließt, und sich dieses System nachträglich dadurch ändert, dass - wie hier - die Erfassung nicht mehr über eine öffentlich-rechtliche Sammlung vorgenommen wird. Unabhängig davon fehlt es hier bezogen auf Altpapier an einem vorhandenen Sammelsystem eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV, weil die Stadt O. als für das Einsammeln zuständiger Entsorgungsträger ihre Tätigkeit betreffend Altpapier eingestellt hat.
142Das Vorliegen einer Systemgefährdung kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Verpackungsverordnung den Fall der Erfassung von Verkaufsverpackungen ausschließlich durch eine nicht-öffentlich-rechtliche (gewerbliche) Sammlung nicht vorsieht. Das (Rücknahme- oder Erfassungs-)System wird wesentlich über die in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen definiert. Diese Vorschrift gibt nichts dafür her, was ein ausschließlich nicht-öffentlich-rechtliches Erfassen und Sammeln ausschließt. Entsprechendes gilt für § 6 Abs. 4 VerpackV. Zwar liegt der Vorschrift offensichtlich die Vorstellung oder der Wunsch zugrunde, es möge auf jeden Fall zu einem quasi gemeinsamen (abgestimmten) System von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und Systembetreibern kommen. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Systems im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV ist dies jedoch nicht. Funktioniert - wie hier - ein "alternatives" System in dem Sinne, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten eingehalten oder erreicht werden, kann daraus kein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG konstruiert werden.
143Überwiegende öffentliche Interessen stehen der gewerblichen Sammlung der Klägerin ferner nicht deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
144Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG auch (eigenständig) auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines beauftragten Dritten abstellt. Dies beruht offensichtlich auf der Überlegung, dass in den Fällen der Drittbeauftragung die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers darstellt oder bewirkt. Dies ist schlüssig, weil die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung, wenn sie mittels einer Drittbeauftragung organisiert und sichergestellt ist, in Frage steht, wenn die Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten gefährdet wird. Dementsprechend kann vorliegend dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Rechnung getragen werden, wenn und soweit dieser sich für eine Drittbeauftragung entschieden hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ebenfalls eigenständig auch auf den beauftragten Dritten abstellt.
145Wann eine Funktionsgefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, bestimmt sich nach den beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen. Insoweit handelt es sich um jeweils zu prüfende eigenständige "Schutzobjekte".
146Vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 43.
147Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Existenz gefährdet wird. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Fall unter eine der beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen gefasst werden kann oder ob er - vorgelagert ("vor der Klammer") - bereits unter § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG fällt. Denn Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen nicht vor.
148Dabei ist nach den vorstehenden Ausführungen zugrundezulegen, dass der Gesetzgeber bei sämtlichen die Funktionsfähigkeit betreffenden Regelungen oder Konkretisierungen in § 17 Abs. 3 KrWG davon ausgegangen ist, Fallkonstellationen zu regeln, in denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Funktion befindet in dem Sinne, dass eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stattfindet und sich eine gewerbliche (oder gemeinnützige) Sammlung daneben etabliert hat oder etablieren will. Dies lässt sich insbesondere auch daran festmachen, dass in den Gesetzesmaterialien - wie oben ausgeführt - auf Konkurrenzsituationen abgestellt wird. Dementsprechend soll § 17 Abs. 3 KrWG insbesondere eine funktionierende öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung schützen.
149Dies vorausgeschickt hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt oder zumindest bezogen auf die Abfallart Altpapier in ihrer Existenz gefährdet ist.
150Dies gilt zunächst für die Entsorgung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Abfälle. Diesbezüglich ist die öffentlich-rechtliche Entsorgung im gesamten Kreisgebiet offensichtlich reibungslos "in Funktion", d. h. es findet keine Beeinträchtigung durch die Sammlung der Klägerin statt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Altpapiers in und aus denjenigen kreisangehörigen Kommunen, die Altpapier (öffentlich-rechtlich) über Drittbeauftragte erfassen (sammeln lassen) und es dem Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, dem nach § 5 Abs. 1 LAbfG die Verwertung obliegt, überlassen. Insoweit funktioniert die Verwertung, bei der sich der Beklagte der EGN und der X. als Drittbeauftragte bedient, ebenfalls offensichtlich reibungslos. Es ist auch weder vom Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Tätigkeit der X. als Drittbeauftragte deshalb in Frage gestellt ist und zukünftig in Frage steht, weil aufgrund der Sammlung der Klägerin die X. kein Altpapier aus O. verwerten kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der anderen kreisangehörigen Kommunen, die ihr Altpapier nicht über den Beklagten und die von diesem drittbeauftragte X. verwerten (lassen). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die X. gerade in Ansehung dessen ein Auftragsverhältnis gemäß § 22 Satz 1 KrWG mit dem oder zum Beklagten begründet hat, dass dieser die Verwertung von Altpapier aus Kommunen ausgeschrieben hatte, die ihm überhaupt kein Altpapier überließen, und es angesichts der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der vom Beklagten verfügten Sammlungsuntersagungen auch nicht absehbar war, dass sich daran zukünftig etwas ändert.
151Was Altpapier aus O. anbelangt, ist die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung dagegen außer Funktion. Die Stadt O. als nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG für das Einsammeln und Befördern zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat ihre Tätigkeit sowohl faktisch ab Mitte September 2008, als sie die Klägerin "gewerblich" sammeln ließ, als auch rechtlich jedenfalls ab Dezember 2010 eingestellt, indem das Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Damit hat sie auch die öffentlich-rechtliche Verwertung des Altpapiers aus O. außer Funktion gesetzt, weil bereits mangels öffentlich-rechtlicher Erfassung (Sammlung) des Altpapiers der Stadt O. kein solches mehr zur Verfügung stand und steht, um es dem Beklagten zur Verwertung zu überlassen.
152Die zuvor beschriebene Konstellation rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es liege ein Fall der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne einer Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung vor, dem mittels Durchsetzung der Überlassungspflicht gegenüber einer gewerblichen Sammlung Rechnung zu tragen ist. Dies käme möglicherweise in Betracht, wenn gerade eine gewerbliche Sammlung zur Existenzvernichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgung geführt hätte, indem die gewerbliche Sammlung mit der öffentlich-rechtlichen Erfassung (Sammlung) konkurriert und letztere vollständig verdrängt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit jedenfalls auf der maßgeblichen Ebene des Erfassens (Sammelns) seitens der Stadt O. freiwillig eingestellt wurde. Daran anschließend erschiene es wertungswidersprüchlich, wenn im Fall der freiwilligen Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit einer gewerblichen Sammlung, welche die Entsorgung anderweitig sicherstellt, überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden könnten mit der Begründung, die öffentlich-rechtliche Entsorgung sei in ihrer Funktion, d. h. in ihrer Existenz gefährdet. Denn die freiwillige Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit und die fehlende Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme indizieren, dass aus Gründen der Daseinsvorsorge die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit insoweit nicht erforderlich ist, was zugleich der Überlassungspflicht die Rechtfertigung nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entsorgungssicherheit in Frage stellende Lücken nicht auftreten, weil die gewerbliche Sammlung die Entsorgung- wie hier - flächendeckend sicherstellt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt O. nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 2 1. Spiegelstrich, Abs. 6 Satz 1 LAbfG zum Einsammeln und Befördern des Altpapiers verpflichtet war und ist. Die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG geht offensichtlich nicht dahin, einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger faktisch zur Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit zu bewegen.
153Ähnliches gilt im Hinblick auf den Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Zwar hat sich dieser, was die Verwertung von Altpapier aus O. anbelangt, nicht freiwillig außer Funktion gesetzt, sondern die Funktionslosigkeit beruht unmittelbar auf der Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit durch die Stadt O. . Abgesehen davon, dass nach der Gesetzeskonzeption - wie zuvor ausgeführt - im hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang des Verhältnisses von Überlassungspflicht und gewerblichen Sammlungen die Ebene des (Ein-)Sammelns maßgeblich ist oder sein soll, geht die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG auch nicht dahin, hier offen zutage getretene Interessenkonflikte zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Entsorgung des Altpapiers flächendeckend durch die gewerbliche Sammlung sichergestellt ist. Dafür, dass dies gegenwärtig oder prognostisch in absehbarer Zukunft nicht der Fall ist, hat der Beklagte nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte es jedenfalls bis zu den März 2010 vorgenommenen Anhörungen hinsichtlich einzelner Kommunen (etwa der Stadt L1. ) langjährig und hinsichtlich der Stadt O. ab September 2008 geduldet oder hingenommen hat, dass ihm kein Altpapier zur Verwertung überlassen wird, was ebenfalls indiziert, dass eine unter den Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge und der Entsorgungssicherheit notwendige Entsorgung (Verwertung) gerade durch den an sich zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht besteht.
154Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter den in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten beiden Gesichtspunkten vorliegt.
155Für eine Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) ist nichts ersichtlich.
156Die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Begrifflichkeit "wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen" erweist sich in dem hier gegebenen Kontext der Rechtfertigung der Pflicht zur Überlassung von Abfällen an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund eines (überwiegenden) öffentlichen Interesses als schwierig. Wird ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Rahmen der aus Gründen der Daseinsvorsorge gebotenen Aufgabe der Abfallentsorgung tätig, handelt er in erster Linie zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht. Darin liegt der Hauptzweck seines Tätigwerdens, was wirtschaftliche Erwägungen bei der Aufgabenerfüllung zwar nicht ausschließt (vgl. etwa § 7 Abs. 4 KrWG), jedoch der Annahme entgegensteht, die Wirtschaftlichkeit sei bestimmend für die Aufgabenerfüllung. Dies lässt sich unter anderem daran festmachen, dass die Abfallentsorgung insgesamt für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund der vorgegebenen Entsorgungsstandards ein "Zuschussgeschäft" ist, also eine wirtschaftliche Ausgewogenheit im Sinne eines wenigstens kostendeckenden Tätigwerdens von vornherein ausscheidet. Eine solche Ausgewogenheit ließe sich im Übrigen selbst dann nicht erreichen, wenn sämtliche getrennt gehaltenen und gesammelten "werthaltigen" Abfälle, aus deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) erzielt werden können, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen würden. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch nicht gezwungen, die Kosten der Abfallentsorgung irgendwie im Wirtschaftsverkehr, d. h. durch anderweitige wirtschaftliche Tätigkeiten zu refinanzieren, sondern die Aufgabenerfüllung ist über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren abgesichert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, was genau mit "wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen" im Hinblick auf die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Entsorgungspflichten gemeint ist.
157Den Gesetzesmaterialien lassen sich insoweit keine weitergehenden Anhaltspunkte oder Hinweise entnehmen. Zwar wird betont, dass mit den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen die Belastungsschwelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers präzisiert werde und Maßstab für die Funktionsfähigkeit die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht aller Haushaltsabfälle sei.
158Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, letzter Absatz).
159Dies hilft jedoch nicht weiter, weil sich die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht an den materiellen Anforderungen an die Abfallentsorgung auszurichten hat und nach den vorstehenden Ausführungen nicht wirtschaftlich ausgewogen im Sinne von wenigstens kostendeckend betrieben werden kann. Von daher erschließt sich nicht, welche "Belastungsschwelle" gemeint sein könnte, die über das Merkmal der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen vollzugsfähig präzisiert werden könnte.
160Es hilft ferner nicht weiter, dass sich der Gesetzgeber jedenfalls nach den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag) orientieren wollte. Die diesbezüglich in den Materialien zitierten beiden Entscheidungen
161- EuGH, Urteile vom 15. November 2007- C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911, und vom 17. Mai 2001 - C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109 -
162konkretisieren ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hinreichend, was im Einzelnen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist. Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen gehört, führt das hier nicht weiter. Dies bezieht sich nämlich auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf.
163Vgl. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, Slg. 1993, I-2563.
164Gerade der Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen trifft auf einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedoch nur bedingt zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation auch von derjenigen in der zuletzt zitierten Entscheidung, in welcher dem dortigen Unternehmen vorgegeben war, bestimmte Leistungen zu einheitlichen (teilweise nicht kostendeckenden) Gebühren zu erbringen. Aber auch wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger- unter Ausblendung der vollständigen Refinanzierungsmöglichkeit über Gebühren - wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansieht, kann aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den vorstehenden Ausführungen nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde. Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung der Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Kostendeckung erreicht würde.
165Dies vorausgeschickt kann sich der Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm oder der Stadt O. angesichts des ausbleibenden Altpapiers aus O. die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung genommen wird. Rein wirtschaftlich gesehen, d. h. unter Ausblendung von Gebührenaspekten, bringt die Verwertung von Altpapier dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger keinen (wirtschaftlichen) Vorteil, weil er die Erlöse aus der Verwertung - kostenbereinigt - an die kreisangehörigen Kommunen weiterreicht, d. h. auf Kreisebene findet eine "Quersubventionierung" im Sinne eines Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen ohnehin nicht statt. Im Übrigen erschließt sich nicht, was auf dieser Ebene wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen sein sollten, wenn die theoretisch erzielbaren Einnahmen aus der Verwertung sämtlichen im Kreisgebiet anfallenden Altpapiers auch nicht ansatzweise ausreichen, um die Kosten der Abfallentsorgung im Übrigen zu decken. Was die Stadt O. anbelangt, kann ohnehin nicht mit wirtschaftlichen Aspekten argumentiert werden, weil dieser lediglich unrentable Tätigkeitsbereiche obliegen (Einsammeln und Befördern des Altpapiers sowie des übrigen Abfalls). Der Umstand, dass die Stadt O. diesen Tätigkeitsbereich praktisch aufgegeben hat und damit Kosten einspart, indiziert im Übrigen, dass sie diesen Weg auch in Ansehung der Praxis des Beklagten, Erlöse aus Verwertung von Altpapier an die Kommunen weiterzureichen, anscheinend für wirtschaftlich(er) hält. Dies gilt hier auf jeden Fall deshalb, weil die Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers bei ihrem Tochterunternehmen, der Klägerin, verbleiben, über das sie jedenfalls mittelbar auf die Erlöse zugreifen kann. Es ist schließlich weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass das ausbleibende Altpapier aus O. (und weiteren kreisangehörigen Kommunen) (mit-)ursächlich dazu geführt hat oder führt, dass es nicht mehr möglich ist, Entsorgungsleistungen für andere Abfälle zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen von Drittbeauftragten erfüllen zu lassen.
166Weiterhin kann unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden. Dementsprechend ist dem Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG eine Berufung darauf verwehrt, dass er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbringen könne - was der Sache nach wieder auf den Aspekt der Quersubventionierung hinausliefe.
167A. A. VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012- 4 K 1905/10 -, a. a. O., Rn. 85 ff.
168Bereits aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG ist abzuleiten, dass gebührenrechtliche Aspekte bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen - keine Rolle spielen (sollen). Abgesehen davon, dass den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden kann, dass bei der Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG gerade oder auch gebührenrechtliche Aspekte eine Rolle gespielt haben, hat der Gesetzgeber, was § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeigt, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
169Im Weiteren ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass mit wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auf jeden Fall etwas anderes gemeint ist oder sein muss als die Möglichkeit, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichten über (öffentlich-rechtliche) Gebühren zu refinanzieren. Von daher kommt es bereits vom Ansatz her nicht in Betracht, wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen über die Gebührenhöhe zu bestimmen oder davon abhängig zu machen.
170Was die zweite Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - einschließlich der insoweit (allein) im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satz 3 erfolgten Konkretisierungen anbelangt, rechtfertigt sie ebenfalls nicht die Annahme, dass die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen (überwiegender) öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist.
171Die Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG geht ebenso wie die nachfolgenden Konkretisierungen des Satzes 3 auf den bereits oben erwähnten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
172Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419 vom 25. Oktober 2011, S. 1).
173Soweit dort der Änderungsvorschlag damit begründet worden ist, dass mit der Änderung im Verhältnis zu der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu einem eigenständigen Schutzobjekt aufgewertet würden, entspricht das zwar der zuvor vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Gefährdung der Funktionsfähigkeit dahingehend, dass es sich im Wesentlichen um einen Oberbegriff handelt, mit dem zusammengefasst diejenigen Konstellation angesprochen werden, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen. Dementsprechend stellt das "eigenständige Schutzobjekt" Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Fall einer diesbezüglichen wesentlichen Beeinträchtigung eben eine Konstellation dar, in der überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Allerdings lassen sich der Begründung des Änderungsvorschlags keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, was im Einzelnen mit Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemeint ist.
174Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KrWG, der eine Berücksichtigung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorsah und diesbezüglich zur Begründung ausführte, dass es von Bedeutung sein könne, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
175Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88
176Diese Begründung deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG,
177vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.,
178in der es heißt:
179"Auf der Grundlage des tradierten öffentlichen Entsorgungssystems für Hausmüll ist mit hohem Aufwand und mit Blick auf die Verpflichtung zur flächendeckenden und umfassenden Entsorgung eine entsprechende Infrastruktur auch mit öffentlichen Mitteln errichtet worden. Angesichts dessen können überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung schon dann entgegenstehen, wenn die Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach sich zieht. Ob diese Schwelle überschritten ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände feststellen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur - zum Beispiel durch Vorhaltung von Personal für den Fall, dass der gewerbliche Sammler infolge veränderter Marktbedingungen seine Tätigkeit einstellen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger deshalb möglicherweise unvermittelt zur Übernahme der Entsorgungstätigkeit genötigt sein sollte - gezwungen würde oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen erschwert bzw. Ausschreibungsverfahren unterlaufen würden."
180Davon ausgehend liegt ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG hier nicht vor. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfolgten Konkretisierungen.
181Die Voraussetzungen des in der Nr. 1 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiels für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen offensichtlich nicht vor. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Daran fehlt es aber, weil es bereits an einer Erfassung durch den insoweit zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Stadt O. , fehlt und deshalb de facto auch keine öffentlich-rechtliche Verwertung stattfindet.
182Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich weiterhin nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird.
183Dieses Regelbeispiel bedarf der Auslegung. Der Begriff der Gebührenstabilität ist aus sich heraus nicht recht verständlich, weil die Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden müssen. Dies ist deshalb erforderlich, weil auch die Kosten der Abfallentsorgung nicht stabil (gleichbleibend) sind, was sich schon an dem stetig gestiegenen pauschalen Entsorgungspreis festmachen lässt, den der Beklagte an die EGN zu entrichten hat. Soweit Erlöse aus der Altpapierverwertung die Kosten der Abfallentsorgung insgesamt reduzieren und auf diese Weise Einfluss auf die Gebührenhöhe haben, handelt es sich ebenfalls nicht um einen stabilen (gleichbleibenden) Vorgang, weil die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse grundsätzlich vom (schwankenden) Marktpreis des Altpapiers abhängig sind. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es einen wie auch immer gearteten gebührenrechtlichen "Stabilitätsgrundsatz" gibt, der zur Auslegung herangezogen werden könnte. Zwar erscheint es durchaus möglich, hinsichtlich der Gebührenerhebung oder der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit aus abfallrechtlicher Sicht Maßgaben zu formulieren. Praktische Bedeutung haben solche Maßgaben jedoch nur dann, wenn sie sich auch umsetzen lassen, was voraussetzt, dass sie mit den allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sind. Daran fehlt es hier, weil eine aus abfallrechtlicher Hinsicht gebotene oder wünschenswerte Stabilität der Abfallgebühren im Sinne einer weitgehend gleichbleibenden Gebührenhöhe nicht damit zu vereinbaren ist, dass die Gebührenhöhe von den Entsorgungskosten abhängt, die ihrerseits eben nicht stabil (gleichbleibend) sind. Dies gilt, wie ausgeführt, auch für die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse.
184Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG gibt für eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nichts her. In der Begründung des Änderungsantrags des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, auf den die Vorschrift zurückgeht, findet sich lediglich der Hinweis, dass mit der zuvor genannten Vorschrift "Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden" können.
185Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (= Ausschussdrucksache 17(16)419, S. 3).
186Sollte der Gesetzgeber dabei den (idealtypischen) Fall vor Augen gehabt haben, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Gebührenkalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von (werthaltigen) Abfällen "wegnimmt" mit der Folge, dass eine Unterdeckung auftritt und eine mit einer Gebührenerhöhung verbundene Neukalkulation der Gebühren während des laufenden Kalkulationszeitraums erforderlich ist,
187vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013- AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 87,
188liegt nach den vorstehenden Ausführungen auf der Hand, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist, weil jedenfalls seit dem Jahr 2009 die Abfallgebühren ohne Berücksichtigung des Altpapiers aus O. kalkuliert wurden.
189Der Bedeutungsgehalt des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erschließt sich erst recht nicht aus der Systematik des gesamten Absatzes 3, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Satz 4. Danach gilt unter anderem Satz 3 Nr. 2 nicht, wenn- verkürzt dargestellt - die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die öffentlich-rechtliche. Zwar mag es noch schlüssig erscheinen, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (Satz 2 Alt. 2) als prägende Merkmale der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Satz 1) mittels eines wie auch immer genau zu verstehenden Gebühren(stabilitäts)aspekts (Satz 3 Nr. 2) zu konkretisieren. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum oder unter welchem Gesichtspunkt die größere Leistungsfähigkeit einer gewerblichen Sammlung ausschlaggebend dafür sein soll, dass es auf die aufgrund eines Gebührenaspekts bestehende Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ankommt.
190Einen "plausiblen" Ansatz, dem Gebührenaspekt im Rahmen der hier zur Entscheidung stehenden Frage Rechnung zu tragen, ob die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen - definiert über die (Gefährdung der) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Entsorgungsträgers, diese wiederum definiert über (die wesentliche Beeinträchtigung) dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - erforderlich ist, bietet die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger über die Erfüllung der Entsorgungspflichten hinaus verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gebühren für die Entsorgung des gesamten Hausmülls in einem noch vertretbaren und akzeptierten Rahmen halten. Darauf hat das erkennende Gericht - im Hinblick auf überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG - bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgestellt
191- vgl. Beschluss vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 -
192und diesbezüglich ausgeführt:
193"Der nach Abzug der Kosten u. a. für das Einsammeln des Altpapiers verbleibende Überschuss aus der Vermarktung des Altpapiers beläuft sich nach der Ordnungsverfügung auf bis zu ca. 47,00 Euro/t. Legt man die mit der Beschwerde auf ca. 15.000 t/Jahr veranschlagte Altpapiermenge aller für die zusätzliche Einbeziehung in die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Antragsgegners in Rede stehenden Gemeinden des Kreisgebiets zugrunde, ergibt sich für den Gebührenhaushalt des Antragsgegners eine zusätzliche Einnahme von bis zu ca. 700.000,00 Euro/Jahr. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass ein Betrag in dieser Höhe die von den privaten Haushalten aufzubringenden Abfallgebühren in ihrer Größenordnung wesentlich bestimmt oder finanziell substantiell für die kurz- oder langfristige Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ist. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, dass die fragliche Einnahme in der Vergangenheit nicht erzielt worden ist, ohne dass geltend gemacht würde, die öffentlich-rechtliche Entsorgung einschließlich ihrer Finanzierung durch Gebühren sei übermäßig belastet gewesen. Gewerbliche Sammlungen beschränken sich typischerweise auf werthaltige Abfälle und stellen damit potentiell immer einen Faktor dafür dar, durch ihre behördliche Unterbindung die durch Abfallgebühren zu deckenden Gesamtkosten der Hausmüllentsorgung zu senken. Das besagt aber nicht aus sich heraus, dass einer solchen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen."
194Daran ist auch im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG festzuhalten, der ebenso wie die anderen Regelungen des Absatzes 3 überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG definiert, so dass der gleiche Regelungszusammenhang und die gleiche Interessenlage wie bei § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gegeben ist. Der Beklagte hat zudem im Anschluss an den zuvor zitierten Beschluss nichts dargetan, was eine andere Einschätzung rechtfertigt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, dass bei ihm ausbleibende Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers relevante Gebührenauswirkungen im Sinne der zuvor zitierten Ausführungen haben. Vielmehr zeigen die von ihm vorgelegten Gebührenkalkulationen für das Jahr 2012 mit und ohne Berücksichtigung der Altpapiermengen aus K. , L1. und O. , dass allenfalls von marginalen, nicht ins Gewicht fallenden Gebührenauswirkungen gesprochen werden kann. Nach diesen Kalkulationen bewirken die ausbleibenden Papiermengen aus den Kommunen K. , L1. und O. , dass 1.086.409 € weniger an Vergütungen (aus den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers) an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Kosten der Abfallentsorgung des Beklagten im Übrigen über 25,5 Mio. € kalkuliert werden, machen die (ausbleibenden) Erlöse für die Papiermengen aus den zuvor genannten Kommunen lediglich gut vier Prozent des erforderlichen Gebührenaufkommens aus. Bezogen auf die Gesamtkosten der Abfallentsorgung, die über Gebühren von den Bürgern der kreisangehörigen Kommunen "refinanziert" werden müssen, ist der zuvor bezeichnete Erlösanteil aus der Altpapierverwertung noch geringer, weil in den Kalkulationen des Beklagten die in oder bei den Kommunen gegebenenfalls anfallenden Sammlungs- und Beförderungskosten für das Altpapier nicht enthalten sind.
195Daran anschließend greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, die Stadt O. könne mangels öffentlich-rechtlicher Erlöse aus der Altpapierverwertung überhaupt keine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung durch Erlöse aus der Altpapierverwertung -, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass nach den zuvor genannten Zahlen eine relevante Gebührensenkung im Raum stünde, wenn denn die Stadt O. vom Beklagten Vergütungen aus der Altpapierverwertung erhielte. Unabhängig davon, dass die Vergütungen im Verhältnis zu den übrigen Entsorgungskosten ohnehin nicht wesentlich ins Gewicht fielen, müssten der Stadt O. entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten in Abzug gebracht werden, die relevante Gebührenauswirkungen (Senkungen) unwahrscheinlich machten.
196Sollte der Beklagte den Begriff der (Gefährdung der) Gebührenstabilität dahingehend interpretieren, es seien jeweils die niedrigst möglichen Gebühren zu erheben kann, wäre dieser Ansatz verfehlt, weil er überwiegende öffentliche Interessen in einer Weise konkretisierte, die mit dem nach den vorstehenden Ausführungen insoweit anzulegenden strengen Maßstab nicht zu vereinbaren wäre. Dieser Ansatz führte nämlich dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die - arg ex § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG - gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um "werthaltige" Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung "entzogen" werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigst möglichen Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis zu höheren Gebühren führt.
197Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
198Was den Schutzzweck oder die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst klarzustellen, dass es nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies auf den ersten Blick nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen "unterlaufen" wird. Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen.
199Was die Stadt O. anbelangt, hat diese weder einen Dritten aufgrund eines Vergabeverfahrens beauftragt noch ist ersichtlich, dass Entsprechendes in absehbarer Zeit ansteht. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise in wettbewerbswidriger Weise im Gebiet der Stadt O. hinsichtlich des Einsammelns von Altpapier faktisch eine Monopolstellung erlangt hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen keine Konstellation, die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfasst wird.
200Schwierigkeiten des Beklagten, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten zu finden, der die Altpapierentsorgung (Verwertung) - potenziell auch hinsichtlich des Altpapiers aus O. - übernimmt, können ausgeschlossen werden, weil der Beklagte mit der X. einen solchen Dritten gefunden hat. Soweit es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hat, beruhten diese nicht darauf, dass die Klägerin vor und zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits in O. sammelte. Diesem Umstand hätte im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Altpapiermengen aus O. außer Ansatz geblieben wären. Denn eine (zwingende) Notwendigkeit, die Ausschreibung auch auf den Fall zu erstrecken, dass die Klägerin ihre Sammlung einstellt, in O. wieder öffentlich-rechtlich gesammelt und das Altpapier dem Beklagten überlassen wird, hat nicht bestanden. Im Übrigen ist dieser Konstellation im Rahmen der Ausschreibung durch eine entsprechende mengenmäßige Staffelung Rechnung getragen worden. Die Ungewissheit, ob dieser Fall zum Tragen kommt, beruhte nicht auf der Sammlung der Klägerin, sondern darauf, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits untersagt hatte und Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagung bestand.
201Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung aufgrund eines "Unterlaufens" der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Der Annahme einer Gefährdung steht bereits entgegen, dass die X. in Kenntnis der (ständig durchgeführten) Sammlung der Klägerin ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten eingegangen ist. Im Übrigen ist weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten durch die Drittbeauftragte in Frage steht. Zwar mag es als ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens angesehen werden, dass sich die Klägerin nach wie vor in O. sammelt, obwohl sich im Vergabeverfahren die X. durchgesetzt hat. Da es jedoch - wie eingangs aufgezeigt - nicht um den Schutz des Vergabeverfahrens oder von Wettbewerbern geht, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, solange dadurch die Erfüllung der Entsorgungspflichten im Wege der Drittbeauftragung nicht in Frage gestellt wird.
202Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte.
203Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der- insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommen-de - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
204Im Anschluss an die Ausführungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne einer Existenzgefährdung gilt hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung im Bereich der Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, dass diese reibungslos funktioniert, insbesondere durch die klägerische Sammlung keine "Strukturen" (wesentlich) beeinträchtigt werden. Demgegenüber gibt es im Bereich der Entsorgung von Altpapier aus O. keine (zu schützenden) öffentlich-rechtlichen Strukturen (mehr), da die Stadt O. weder selbst noch über einen Drittbeauftragten tätig ist. Dass die Verwertungsstrukturen des Beklagten für das übrige Altpapier wesentlich beeinträchtigt werden, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte überwiegend keine eigenen Entsorgungsstrukturen geschaffen hat und er dementsprechend zur Erfüllung seiner Entsorgungspflichten keine eigenen personellen und sächlichen Mittel einsetzt, sondern sich (beauftragter) Dritter bedient hat und bedient, derzeit der X. und der EGN. Auf die solchermaßen organisierte öffentlich-rechtliche Altpapierverwertung hat die Sammlung der Klägerin bei ihrem Beginn allenfalls insoweit Einfluss gehabt, als sie eine Änderung des - seinerzeit allein bestehen-den - Entsorgungsvertrags zwischen dem Beklagten und der EGN zur Folge hatte. Es ist schon fraglich, ob das Ausbleiben von Altpapier aus O. aufgrund der Sammlung der Klägerin für die EGN überhaupt einen zureichenden Grund dargestellt hat, um vom Beklagten eine Anpassung des Entsorgungsvertrags zu verlangen. Jedenfalls ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass diese Vertragsänderung als wesentliche Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen Verwertungsstrukturen hinsichtlich Altpapier zu qualifizieren sein könnte. Soweit der Beklagte (als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) danach weitere Änderungen der Strukturen der öffentlich-rechtlichen Altpapierverwertung vorgenommen hat, indem er nach entsprechender Ausschreibung die X. auch mit der Verwertung von Altpapier aus O. beauftragt hat, ist das bereits keine Änderung gewesen, die wesentlich durch die Sammlung der Klägerin bedingt oder dieser zuzurechnen war. Denn solange keine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers aus O. erfolgte, bestand keine Notwendigkeit, einen Dritten mit der Verwertung von Altpapier aus O. zu beauftragen. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin durch den Beklagten ändert daran nichts, weil unabhängig von der (seinerzeit) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sammlungsuntersagung diese nicht unmittelbar bewirkt hätte, dass wieder eine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers stattfindet. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig eine Änderung der Altpapierverwertungsstrukturen des Beklagten veranlasst wäre, die als wesentliche Beeinträchtigung der Strukturen zu qualifizieren und unmittelbar durch die Sammlung der Klägerin veranlasst wäre.
205Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Altpapier aus O. für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt.
206Dies gilt zunächst für das öffentlich-rechtliche Einsammeln und Befördern des Altpapiers. Da die Klägerin bei ihren bisherigen Aktivitäten in weitgehender Abstimmung mit der Stadt O. agiert hat, kann als sehr wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass die Funktionsfähigkeit des für das Einsammeln und Befördern zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Stadt O. ) schnellstmöglich dadurch wiederhergestellt werden könnte und würde, dass der vorübergehend ruhend gestellte Vertrag aus Februar 1996 wieder "aktiviert" würde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass weitere (der Form nach) private Unternehmen zur Verfügung stehen, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln und Befördern des Altpapiers im Auftrag der Stadt O. übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden, zumal die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit nicht zwingend das Sammeln im Holsystem mittels auf sämtlichen privaten Grundstücken aufgestellter Tonnen voraussetzt, sondern auch mittels Altpapiercontainern bewerkstelligt werden kann.
207Weiterhin ist auch im Hinblick auf die dem Beklagten obliegenden Entsorgungspflichten (Verwertung) nicht ersichtlich, dass deren Erfüllung im Fall der Einstellung der klägerischen Sammlung nicht gewährleistet und sichergestellt ist. Auch der Beklagte erfüllt die ihm obliegenden Entsorgungspflichten - wie ausgeführt - überwiegend nicht selbst, sondern bedient sich gegenwärtig gemäß § 22 Satz 1 KrWG auch für die Altpapierverwertung Dritter, nämlich der X. und der EGN. Speziell der mit der X. geschlossene Entsorgungsvertrag beinhaltet auch die Verwertung von Altpapier aus O. , so dass dessen Verwertung auch dann sichergestellt ist, wenn die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellen und das Altpapier aus O. dem Beklagten zur Verwertung überlassen würde. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Vergangenheit vorgenommenen Anpassungen des bis Ende 2016 laufenden Entsorgungsvertrags mit der EGN, die gerade im Hinblick auf wechselnde von den kreisangehörigen Kommunen angelieferte und überlassene Altpapiermengen sowie veränderte Marktpreise für Altpapier vorgenommen wurden, zeigen, dass veränderten Verhältnissen im Ergebnis eben mittels Vertragsänderungen Rechnung getragen werden konnte und wurde. Insoweit ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass diese Vertragsänderungen auf der Seite der drittbeauftragten EGN wesentliche Änderungen der Entsorgungsstrukturen erforderten oder nach sich zogen - der Beklagte verfügt, wie ausgeführt, nicht über eigene Entsorgungsstrukturen. Entsprechendes gilt für die X. , deren mit dem Beklagten geschlossener Entsorgungsvertrag von vornherein unterschiedliche Fallkonstellationen hinsichtlich der Verwertung von Altpapier aus unterschiedlichen Kommunen abdeckt.
208Der Umstand allein, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegebenenfalls aufgrund einer gewerblichen (Altpapier-)Sammlung gezwungen ist, einen bestehenden Entsorgungsvertrag mit einem Drittbeauftragten anzupassen, reicht nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen. Soll die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen im Bereich der nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fallenden Abfälle nicht leerlaufen, muss (auch) der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung mittels oder über Drittbeauftragungen "organisiert" und seine Planungen auf die insoweit abgeschlossenen Entsorgungsverträge ausgerichtet hat, gewisse (unwesentliche) Beeinträchtigungen hinnehmen. Wo in diesem Bereich die Grenze zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung zu ziehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Hier kann jedenfalls nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil die - unterstellt - durch die Sammlung der Klägerin veranlasste oder erforderlich gewordene Vertragsänderung nicht über die Änderungen hinausgeht, die - unabhängig von einer gewerblichen Sammlung - bereits zuvor wegen veränderter Verhältnisse und Preise im Altpapierbereich vorgenommen worden sind. Zudem war und ist der Beklagte nicht gezwungen, von dem (auch) im Altpapierbereich gewählten "Organisationsmodell" der Drittbeauftragung vollständig Abstand zu nehmen. Sollten Drittbeauftragte durch eine gewerbliche Sammlung erforderlich gewordene oder werdende Vertragsänderungen zum Anlass nehmen, von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger "Ausgleichszahlungen" zu verlangen, handelte es sich nicht um einen Gesichtspunkt, der von dem Begriffsmerkmal "Planungssicherheit und Organisationsverantwortung" erfasst würde. Zu denken wäre eher an § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte für Änderungen des Entsorgungsvertrags mit der EGN, die nicht (unmittelbar) durch gewerbliche Sammlungen veranlasst waren, Ausgleichszahlungen zu leisten hat, ohne dass er geltend gemacht hätte oder sonst davon die Rede gewesen wäre, es lägen keine wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen mehr vor. Angesichts dessen erschließt sich nicht, dass eine andere Beurteilung nur deshalb geboten sein sollte, weil (unterstellt) eine mit einer "Ausgleichszahlung" einher gehende Vertragsänderung durch eine gewerbliche Sammlung ausgelöst wurde.
209Abschließend ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Untersagungsverfügung auch dann nicht als rechtmäßig erwiese, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG verneinte und dementsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Das liegt auf der Hand, wenn man in diesem Fall § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für entsprechend anwendbar hält. Etwas anderes ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig außer Betracht lässt und auf § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage abstellt.
210Eine erforderliche Anordnung zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kommt zwar auch zur Durchsetzung der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung. Ein solcher Fall läge hier vom Ansatz her vor, wenn man die Gewerblichkeit der Sammlung der Klägerin verneinte, weil die Klägerin dann das von ihr gesammelte Altpapier aus privaten Haushaltungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überließe und insoweit die Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bereits mangels einer gewerblichen Sammlung nicht griffe.
211Gleichwohl trüge § 62 KrWG die Untersagungsverfügung nicht, weil diese sich als unverhältnismäßig darstellte und es sich dementsprechend nicht um eine erforderliche Anordnung im Sinne der Vorschrift handelte. Insoweit käme ebenfalls das zuvor Ausgeführte zum Tragen, dass nämlich die Überlassungspflicht nicht um ihrer selbst willen geschützt ist und sie sich angesichts der normierten Ausnahmen nicht stets durchsetzen (und durchgesetzt werden) muss, sondern im Einzelfall festzustellen ist, dass ihre Durchsetzung wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten ist, solche Interessen hier jedoch nicht bestehen. Diese im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG getroffenen Feststellungen würden in gleicher Weise Geltung beanspruchen, wenn man § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage der Sammlungsuntersagung ansähe, weil die Sammlung der Klägerin als grundrechtlich geschützte Betätigung nicht weniger schutzwürdig ist als eine gewerbliche Sammlung im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Mangels Verhältnismäßigkeit käme es im Übrigen auf etwaige vom Beklagten angesichts der geänderten Rechtslage zulässigerweise nachgeschobene Ermessenserwägungen nicht an.
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
213Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin führt unwidersprochenen Angaben zufolge bereits langjährig Altkleidersammlungen in verschiedenen Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen mittels Altkleidercontainern durch und ist ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb. Zum Zeitpunkt der Anzeige nach § 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) im August 2012 hatte das Unternehmen 24 Beschäftigte und 11 Fahrzeuge. Im Gebiet der Beklagten bewirtschaftete es bereits vor dem in-Kraft-treten des KrWG zum 1. Juni 2012 insgesamt 7 Container für Altkleidung und Schuhe an unterschiedlichen Standorten; die Container sind alle auf privatem Grund platziert. Es werde etwa 10 Tonnen Altkleider und Schuhe mittels dieser Container pro Jahr erwirtschaftet, die sodann von den Vertragsfirmen der Klägerin, F. GmbH in X. und B. F1. GmbH in B1. verwertet werden.
3Die Beklagte betreibt über einen abfallwirtschaftlichen Rahmenvertrag mit der B2. GmbH (B2. ) seit 1999 ein flächendeckendes Netz aus rund 640 Containern für Altkleider und Schuhe. Mit der Leerung der Behälter, der Sortierung und Verwertung der Sammelware hat die B2. nach einem Vergabeverfahren die F2. Textilverwertung GmbH (F2. GmbH) unterbeauftragt. Die Erlöse aus der Altkleider- und Schuhesammlung werden dem Gebührenhaushalt für Abfall gutgeschrieben.
4Am 20. August 2012 zeigte die Klägerin die von ihr in dem Stadtgebiet der Beklagten durchgeführte gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten nach § 18 Abs. 1 KrWG an. Die eingereichten Unterlagen wurden von der Beklagten als unzureichend erachtet und daher mit E-Mail vom 27. September 2012 (u.a. Liste der genauen Containerstandorte) ergänzt.
5Mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Untersagung der Sammlung an. Die getätigten Angaben reichten für eine Anzeige im Sinne des § 18 Abs. 1, 2 KrWG nicht aus. Zudem stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG entgegen, da die Beklagte selbst eine eigene Sammlung betreibe. Eine Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gem. § 18 Abs. 4 KrWG holte die Beklagte nicht ein, da die Notwendigkeit einer solchen nicht gesehen wurde; sie sei selbst als kreisfreie Stadt öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger.
6Mit Bescheid vom 22. Februar 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin mittels der in ihrem Stadtgebiet aufgestellten Container Alttextilien und Schuhe einzusammeln. Alle entsprechenden Container seien unverzüglich und dauerhaft zu entfernen. Diese Anordnung gelte sowohl für die im öffentlichen Straßenraum als auch auf privaten Grundstücksflächen aufgestellten Sammelcontainer (Ziffer 1). Ferner untersagte sie der Klägerin auch jegliche andere Art der gewerblichen Einsammlung von Alttextilien und Schuhen von privaten Haushaltungen, wie z.B. eine Haus-zu-Haus Sammlung im Stadtgebiet (Ziffer 2). Die Beklagte drohte für den Fall, dass die Ziffer 1 nicht befolgt würde die Entfernung der Container im Wege der Ersatzvornahme an. Die Kosten würden dafür pro Container voraussichtlich 100,00 Euro betragen (Ziffer 4). Für den Fall, dass die Klägerin entgegen der Regelung in Ziffer 2 weiter sammeln sollte, werde für jede Zuwiderhandlung, „d.h. z.B. für jeden festgestellten Tag einer Haus-zu-Haus Sammlung“ ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht (Ziffer 5).
7Die Beklagte stützte die beiden Untersagungen in Ziffer 1 und 2 des Bescheides auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG und begründete ihre Entscheidung im Wesentlich wie folgt: Der Sammlung stünden öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 17 Abs. 3 KrWG gefährdet. Die Beklagte habe die B2. mit der Sammlung von Alttextilien und Schuhen beauftragt damit flächendeckend mit 640 Containern eine haushaltsnahe Erfassung möglich sei. Die sieben Sammlungscontainer der Klägerin stünden hingegen allein in verdichteten Wohngebieten, in denen ein hoher Alttextilumschlag zu erwarten sei; dieser „Rosinenpickerei“ müsse begegnet werden. Zudem müsse es dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger möglich sein, seine Leistungen zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren zu erbringen. Er sei daher auf die Einnahmen aus der Vermarktung werthaltiger Abfälle zur Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung angewiesen. Diese Einnahmen würden geschmälert durch die gewerblichen Sammler. Dadurch könnten die Erlöse aus der Vermarktung von Abfällen zur Verwertung nicht mehr in ausreichender Weise in den Gebührenhaushalt einfließen. Schließlich sei zu befürchten, dass das mit der Verwertung beauftragte Fachunternehmen die Geschäftsbeziehungen zu ihr abbrechen werde, wenn die Einnahmen zurückgingen, da dann eine Sammlung zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht mehr möglich sei. Die Sammlung der Klägerin sei schließlich auch nicht wesentlich leistungsfähiger gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG. Die Tatsache, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine Bestandssammlung handele, die dem besonderen Schutz gemäß § 18 Abs. 7 KrWG unterläge, führe zu keinem anderen Ergebnis als der Untersagung, da das öffentliche Interesse an einer funktionierenden, flächendeckenden hochwertigen Abfallentsorgung den Interessen der Klägerin, insbesondere die werthaltigen Abfälle zum Zwecke der Gewinnerzielung zu sammeln und damit dem System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu entziehen, überwiege.
8Dagegen hat die Klägerin am 1. März 2013 Klage erhoben. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Die Ermächtigungsgrundlage begegne bereits europarechtlichen Bedenken. Auch sei der Bescheid formell rechtswidrig. Insbesondere könne die Beklagte als Untere Umweltschutzbehörde, da sie gleichzeitig auch öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei, aufgrund dieser Interessenkollision nicht die zuständige Behörde im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sein, sollte eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung der internen Bearbeitungen nicht vorgelegen haben. Jedenfalls eine personelle Trennung werde bestritten. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Der Sammlung stünden öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht entgegen. Durch die Sammlung werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gem. der Regelungen in § 17 Abs. 3 KrWG keinesfalls gefährdet. Hinsichtlich des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass bloße Bestehen einer eigenen Erfassung und Verwertung sei bereits hinreichend für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungs- und Organisationsverantwortung. Die dortige Regelung sei europarechtskonform auszulegen und restriktiv zu verstehen; es müsse eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegen, an der es hier aber fehle. Selbst unterstellt, die Beklagte habe Einnahmeverluste von 10 Prozent durch die Tätigkeit der gewerblichen Sammler, führe dies zu keiner solchen Beeinträchtigung. Die Gefahr eines defizitären Wirtschaftens etwa der B2. sei dafür ebenfalls nicht ausreichend. Solche Einnahmeverluste wären auch unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Sammlung gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG unerheblich, denn es wurde von der Rechtsprechung ‑ schon zum früheren § 13 KrW-/AbfG ‑ angenommen, Einbußen von 10 bis 15 Prozent seien zu vernachlässigen. Ferner läge keine Gefährdung der Gebührenstabilität gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG vor. Nicht jede durch eine gewerbliche Sammlung verursachte Gebührenänderung sei eine Gefährdung der Gebührenstabilität. Zudem seien die Einnahmen der gewerblichen Sammler auch bislang schon dem Gebührenhaushalt vorenthalten worden, ohne dass es zu einer nachhaltigen Veränderung der Gebühren gekommen sei. Jedenfalls sei die Sammlung der Klägerin wesentlich leistungsfähiger im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG, die Leistungsfähigkeit der Sammlung der B2. bleibe insbesondere in Bezug auf das Effizienzkriterium beträchtlich hinter denen der gewerblichen Sammlungen zurück. Schließlich seien entgegen der Ansicht der Beklagten die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG nicht gegeben. Ein Unterlaufen einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen komme nicht in Betracht, da die Klägerin bereits vor der Ausschreibung mit der Sammlungstätigkeit begonnen und auch keinen Ausschreibungswettbewerb verloren habe. Ein anderes Verständnis ziehe den faktischen Ausschluss jeglicher privater Konkurrenz nach sich. An dem Erschwerungstatbestand in der Norm mangele es schon, weil das Vergabeverfahren abgeschlossen sei. Schließlich sei die Untersagungsverfügung auch unverhältnismäßig und berücksichtige nicht die grundrechtlich geschützte Position der Klägerin hinreichend. Auch die Androhung der Ersatzvornahme und des Zwangsgeldes seien daher rechtwidrig.
9Die Klägerin beantragt,
10den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie führt in Ergänzung zu der Begründung des Bescheides im Wesentlichen aus: Sie sei für den Erlass des Bescheides zuständig. Im Erlasszeitpunkt des Bescheides habe bereits eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgaben der Unteren Umweltschutzbehörde und der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorgelegen; damit sei dem Neutralitätsgebot umfassend Rechnung getragen worden. Auch lägen die materiellen Voraussetzungen für eine Untersagung vor. Der Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG entgegen. Im Zusammenwirken mit den 26 anderen gewerblichen Altkleidersammlungen werde die Funktionsfähigkeit der eigenen kommunalen Sammlung im Stadtgebiet gefährdet. Im Rahmen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reiche das bloße Bestehen einer solchen Sammlung für das Greifen der gesetzlichen Vermutung und damit die Untersagung aus. Einer Einzelfallprüfung bestimmter Interessen bedürfe es in diesem Falle daher nicht mehr. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG sei ferner einschlägig, da aufgrund der Einnahmeausfälle die Gebührenstabilität der Abfallentsorgung gefährde werde, zumal der Ausstieg der Drittbeauftragten F2. GmbH bei einem weiteren Einnahmerückgang drohe. Durch die von der Klägerin selbst angegebene Sammeltätigkeit von ca. 10t pro Jahr würden bei einem Marktpreis von 170,00 Euro/t für Alttextilien etwa 1.700,00 Euro jährlich dem Gebührenhaushalt entzogen. Hinzu kämen noch die Verluste durch weitere 26 Sammler. 2011 hätten die Einnahmeverluste so insgesamt 51.000,00 Euro betragen, das sei erheblich. Schließlich sei auch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG gegeben. In ihrem Auftrag habe die B2. ein Vergabeverfahren für die zu vergebende Sammelleistung durchgeführt, was die Firma F2. GmbH gewonnen habe. Dieses Unternehmen müsse vor Wettbewerbern geschützt werden. Es werde durch die Tätigkeit der Übrigen gewerblichen Sammler daher auch das Vergabeverfahren unterlaufen. Die Untersagungen seien ferner verhältnismäßig, insbesondere sei kein besonderer Bestandsschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG zu berücksichtigen, denn die Klägerin habe auch schon vor in-Kraft-treten des KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. Schließlich habe sie unter dem früheren § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nachgewiesen, daraus ergäben sich Zuverlässigkeitsbedenken, die eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen könnten.
14Das Gericht hat mit Verfügung vom 13. Juni 2013 die Beklagten gebeten, u.a. mitzuteilen, welche Mengen (in Tonnen/Jahr) an Altkleidern und Schuhen in ihrem Stadtgebiet (Zeitraum 2009-2012, ggf. auch Prognose 2013) angefallen seien und welche ungefähren Anteile davon einerseits durch sämtliche gewerbliche Sammler dieser Abfallfraktion und andererseits durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einen von diesem beauftragten Dritten erfasst würden. Die Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, sie könne die Menge der Altkleider und Schuhe die durch die gewerblichen Sammler eingesammelt würden, nicht ermitteln. Es könne lediglich festgestellt werden, dass seit 2009 ein erheblicher Rückgang der kommunalen Sammlungsmengen (um fast 35%) zu verzeichnen sei, nämlich ausgehend von 1875t im Jahre 2009, 1697t im Jahre 2010, 2011 auf 1419t bis in das Jahr 2012 auf schließlich 1234t im Jahr. Den Gesamtkosten der Abfallwirtschaft von rund 88 Mio. Euro stünde ein durchschnittlicher Erlös der kommunalen Altkleidersammlung von rund 460.000,00 Euro gegenüber, der folglich 0,52% des gesamten Abfallgebührenhaushaltes ausmache. Den vermeintlich kausal auf die gewerblichen Sammler zurückzuführende Rückgang der kommunalen Sammlungsmengen hat die Klägerin bestritten, jedenfalls sei er nicht auf ihre Tätigkeit zurückzuführen, da sie bereits lange vor dem Jahre 2009 im Stadtgebiet der Beklagten gesammelt habe. Auf fernmündliche Nachfrage des Gerichts am 10. Juni 2014 hat die Beklagte ergänzt, dass die kommunale Sammelmenge für das Jahr 2013 insgesamt 1781t betrage, prognostisch für 2014, auf Basis der Zahlen für das erste Quartal gerechnet, sollen 2356t zu erwirtschaften sein. Die Sammelmenge der gemeinnützigen Sammler habe 2013 258t betragen und werde prognostisch 2014 wohl insgesamt 296t erreichen. Die Menge der von gewerblichen Sammlern im Stadtgebiet gesammelten Alttextilien könne nach wie vor nicht angegeben werden.
15Der am 21. März 2013 bei Gericht gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 und 2 der hier angefochtenen Untersagungsverfügung wiederherzustellen und gegen die Ziffern 4 sowie 5 der vorgenannten Verfügung anzuordnen, hatte Erfolg (Beschluss vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13).
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Das Gericht konnte nach Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).
19A. Die zulässige Klage ist begründet.
20Die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 22. Februar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21I. Die Beklagte hat die Untersagungen in Ziffer 1 und Ziffer 2 bezüglich der von der Klägerin angezeigten Sammlung von gebrauchten Textilien und Schuhen in der Verfügung vom 22. Februar 2013 auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt, um die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen zu gewährleisten.
221. Bei einem unionsrechtskonformem Verständnis der §§ 18 Abs. 5, 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen mit dem Unionsrecht. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 f. AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar,
23vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG BT-Drucks. 17/6052, S. 85,
24diese sind jedoch unionsrechtlich gerechtfertigt. Die Rechtfertigung von Überlassungspflichten insbesondere in Bezug auf getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen ergibt sich aus Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV. Hiernach gelten die Vorschriften der Verträge nicht für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten ist als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu bewerten,
25vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. November 1998 – C-360/96 –, juris.
26Dies zugrunde gelegt, ist unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben und der dazu ergangenen Rechtsprechung jeweils bezogen auf den Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei unionsrechtskonformen Verständnis genügend Raum,
27vgl. zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 11 ff. m.w.N.
282. Gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu der im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)) wurde höchstrichterlich geklärt, dass die Norm mit ihrem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 36.
30Auch für das geltende Recht trifft diese Rechtsprechung zu,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 10 m.w.N.,
32zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt grundsätzlich die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen werden kann.
33II. Die Untersagungsverfügung in Ziff. 1 (1.) und Ziff. 2. (2.) ist jedoch -ungeachtet der Frage ihrer formellen Rechtmäßigkeit- materiell rechtswidrig.
341. Rechtsgrundlage für die in Ziff. 1 der Verfügung ausgesprochene Untersagung der Containersammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der -hier aufgrund der gewerblichen Sammlerin- in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Letztere Norm ist als Ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden Überlassungspflichten (§ 17 Abs. 1 KrWG) konzipiert. Die Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG für ‑ wie hier ‑ Abfälle aus privaten Haushaltungen besteht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
35Die von der Klägerin eingesammelten Alttextilien und -schuhe unterliegen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG, weil sie einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (a) und überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung nicht entgegenstehen (b).
36a) Die Klägerin führt die Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu.
37Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung der von der Klägerin eingesammelten Alttextilien und Schuhe die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt; dies trägt die Beklagte auch in Bezug auf das geltende KrWG nicht vor.
38Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang stünde. Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Erwiderung zu § 18 Abs. 7 KrWG dazu Stellung nimmt, ob sie unter Geltung des vormaligen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG den Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung durch die Klägerin als geführt angesehen hätte und dies vornehmlich mit dem Hinweis verneint, die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb reiche nicht aus, es müssten diverse Anlagengenehmigungen nach dem BImSchG oder dem Baurecht vorliegen, dringt sie bei Übertragung dieser Argumentation auf das geltende Recht nicht durch. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße, so solche denn überhaupt hier vorliegen, gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung „ordnungswidrig“ machten. Die Beklagte überspannt hier deutlich die Anforderungen.
39In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung diente der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz,
40vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
41§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe,
42vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
43Denn den Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung bestehe, führe zur „Ordnungswidrigkeit“ der Verwertung. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungsspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können. Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen,
44vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 3044/11, juris Rn. 84ff.
45Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die von der Beklagten geltend gemachten und noch nicht einmal im Ansatz konkretisierten etwaigen Verstöße gegen bauordnungsrechtliche- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigungserfordernisse nicht dazu führen würde, der Verwertung ihre Ordnungsgemäßheit abzusprechen. Auch dürfte es, Verstöße gegen etwaige Genehmigungserfordernisse unterstellt, selbst dann regelmäßig an einem hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang oder an einem erkennbaren Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten fehlen.
46Aufgrund der Darlegungen der Verwertungswege im Anzeige- und im folgenden Verwaltungsverfahren ist auch im Übrigen davon auszugehen, dass die Verwertung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften steht und nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
47Die im Rahmen der Anzeige erbrachte Darlegung -nur dies fordert das novellierte KrWG in § 18 Abs. 2 Nr. 5- einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung durch Vorlage von entsprechenden Bestätigungen der Verwertungsunternehmen (F. GmbH und B. F1. GmbH) ist grundsätzlich hinreichend, sofern diese nachvollziehbar und transparent sind sowie keine tatsachengestützten Bedenken gegen die zertifizierten Entsorgungsfachbetriebe im Hinblick auf etwaige Missstände der Verwertung bestehen. Hier ist insbesondere für Missstände weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ungeachtet dessen legen die -im Rahmen des § 18 Abs. 7 KrWG i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG- vorgelegten zahlreichen Rechnungen der Klägerin an die F. GmbH und (eine) an die B. F1. GmbH über die regelmäßige Anlieferung von Alttextilien von Januar 2011 bis Mai 2012 eine ebenfalls heute weiterhin erfolgende ordnungsgemäße Verwertung der Alttextilien nahe. Soweit zum Teil gefordert wird bzw. wurde, der gewerbliche Sammler müsse stets einen Vertrag mit dem Verwerter vorlegen, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen Erlös die Abnahme der Stoffe garantiere,
48vgl. VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2013 - AN 11 K 12.00358 -, juris, Rn. 34; noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: VG Ansbach, Beschluss vom 30. März 2012 - AN 11 S 12.00357 -, juris, Rn. 25,
49kann dem jedenfalls unter dem geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetz im hier streitgegenständlichen Bereich der Alttextil- und Schuhsammlung aufgrund des Charakters des Abfalls als „klassischer“ und vor allem werthaltiger Abfall, (ähnlich wie Altglas oder Altpapier), für den etablierte Verwertungswege bestehen, nicht gefolgt werden. Dies insbesondere angesichts des dauerhaft deutlich positiven Marktwertes von Alttextilien und der Tatsache, dass jedenfalls die Firma F. GmbH, zu der die Klägerin ausweislich der Anzahl der vorgelegten Rechnungen wesentliche Geschäftsbeziehungen unterhält, gerichtsbekannt selbst für Kommunen im Gerichtsbezirk als beauftragter Dritter für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Sammlung und Verwertung von Alttextilien wahrnimmt. An der Sicherstellung ausreichender Verwertungskapazitäten zu zweifeln, besteht mangels entsprechender Anhaltspunkte kein Anlass.
50Sofern die Beklagte meint, die Klägerin habe bereits unter dem früheren § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nachgewiesen, daraus ergäben sich heute Zuverlässigkeitsbedenken, die auch eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen könnten, ist diese Annahme vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht ansatzweise nachvollziehbar. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Beklagte selbst einräumt, unter Geltung des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG sei kein Sammler aufgefordert worden, den Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu erbringen. Selbst wenn die gewerblichen Sammler hier aber in der Pflicht gesehen würden, kann der Nicht-Nachweis nicht mit dem Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen gleichgesetzt werden. Insbesondere ist auf Grundlage der vorigen Darlegungen nicht erkennbar, worin denn ein systematisches und massives Fehlverhalten des gewerblichen Sammlers liegen solle, welches bei prognostischer Betrachtung die Gefahr böte, im Falle der Durchführung der Sammlung käme es zu gewichtigen Verstößen gegen Verwertungsvorschriften, die die Annahme eines Unzuverlässigkeitsverdikts rechtsfehlerfrei rechtfertigten -wobei dahingestellt bleiben kann, ob nicht bei einer mangelhaften ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ohnehin § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG der Alt. 1 als speziellere Norm vorginge-,
51vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2013 - 20 B 444/13 -, juris.
52Im Übrigen wurde bereits in dem vorangegangenen Eilverfahren zum Ausdruck gebracht, es lägen auch keine Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit der seinerzeitigen Antragstellerin vor,
53vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13 -, UA S. 8f., n.V.
54Dem ist die Beklagte nicht mehr hinreichend entgegengetreten; entsprechende Hinweise sind auch sonst nicht ersichtlich.
55b) Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, die die in Ziff. 1. des Bescheides vom 22. Februar 2013 angeordnete Untersagung rechtfertigen könnte.
56Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet (Satz 1). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (Satz 2 Alt. 1) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (Satz 2 Alt. 2). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (Nr. 1), die Stabilität der Gebühren gefährdet (Nr. 2) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (Nr. 3).
57Hier sind der klägerischen Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Form der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten nicht anzunehmen. Weder wird die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) (aa.) noch wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch die Sammlung der Klägerin beeinträchtigt. Dem steht nicht entgegen, dass die B2. (durch die beauftragte Firma F2. GmbH) eine eigene hochwertige Erfassung und Verwertung der Alttextilien durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) (bb.). Zudem gefährdet die gewerbliche Sammlung der Klägerin nicht die Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) (cc.). Schließlich wird auch nicht die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG) (dd.).
58aa. Die Sammlung verhindert nicht die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Dies gilt auch, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen betrachtet wird, § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG.
59Mit Hilfe des § 17 Abs. 3 KrWG sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgewogen werden, weshalb für die Auslegung von Absatz 3 primär die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen ist,
60vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (rechte Spalte, zweiter Absatz).
61Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen,
62vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris Rn. 54. Insoweit geht das Verständnis der Vorschrift über deren reinen Wortlaut hinaus.
63Der Schutz der Wirtschaftlichkeit ist nur Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse,
64vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 31,
65zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten gehört.
66An dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung der „Wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG orientiert,
67vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (rechte Spalte, dritter Absatz) und S. 87 (rechte Spalte, letzter Absatz).
68Indes konkretisieren auch die in den Gesetzesmaterialien zitierten beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes,
69Urteile vom 15. November 2007 – C-162/06 –, juris und vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris,
70ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Gerichtes hinreichend, was im Einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ zu verstehen ist,
71so auch OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 158.
72Soweit in den zwei zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gehöre auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese Überlegung nur auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf,
73vgl. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 – C-320/91 –, juris,
74oder auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Teil der öffentlichen Hand. Auf letzteren träfe der Aspekt des Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen wohl „nur bedingt“,
75so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160,
76zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist.
77Selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aber wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass er nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genösse,
78vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
79Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung ungewisser Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Gesamtkostendeckung erreicht würde,
80vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
81Dies vorausgeschickt, kann sich die Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, sie sei darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können, ihr diese Möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten Erlöse aus der Vermarktung aller Alttextilien nicht mehr in ausreichender Weise in den Abfallgebührenhaushalt flössen.
82Ob unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen darüber hinaus nicht auch auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden kann,
83dagegen OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 162,
84und es der Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende Verpflichtung nicht zu niedrigeren Gebühren erbringen, kann dahinstehen. Für die vorzitierte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mag die Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG Anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die Gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche Aspekte sollten bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen – primär keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber habe, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeige, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG (wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) zugeordnet.
85Selbst wenn man entgegen diesem Ansatz unter das Tatbestandmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ auch gebührenrechtliche Aspekte fasste ‑ wofür der ansonsten praktisch leerlaufende Anwendungsbereich der Norm sprechen mag ‑ führte dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei dürfte in Abgrenzung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG, der die Stabilität der Gebühren zum Inhalt hat, der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann eröffnet sein, wenn diesbezüglich nicht die Stabilität der Gebühren als solche in Frage steht, sondern die Rechtmäßigkeit der Abfallgebühren selbst. Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf, dürfte insoweit eine Grenze der wirtschaftlichen Entsorgungssicherheit darstellen,
86vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 164 m.w.N.
87Für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine Anhaltspunkte.
88bb. Auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. beauftragten Dritten wird nicht gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG durch die Sammlung der Klägerin wesentlich beeinträchtigt.
89Die Beklagte beruft sich zutreffend darauf, sie führe – durch die beauftragte B2. bzw. die Firma F2. GmbH – im Stadtgebiet ein eigenes hochwertiges Erfassungssystem für Alttextilien durch. Sie bzw. die B2. verfügte zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses ausweislich ihrer nicht bestrittenen Angaben etwa über 640 im Stadtgebiet verteilte Sammelbehälter für Alttextilien und Schuhe.
90Allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems begründet indes die Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, von der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. Zwar ist dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Ein rein formales Verständnis der Vorschrift führte im Ergebnis aber zu einem vom Unions- und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt,
91vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 38, VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 ‑ W 4 K 13.326 –, juris Rn. 24 ff.
92Die Folge wäre gleichsam eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die mangels Aufgabenbezug die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV verfehlen und gegen das darin enthaltene Gebot der Erforderlichkeit verstoßen würde. Denn Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt nur den Schutz der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nicht aber den Schutz der Aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger,
93vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 147.
94Dieselbe Überlegung gilt hinsichtlich der nationalen Grundrechte, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, soweit durch dieses Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung erforderlich,
95vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 38.
96Ob dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen ist, dass man den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahin versteht, der Gesetzgeber habe klarstellen wollen, auf der Tatbestandsseite seien wegen der Formulierung „insbesondere anzunehmen“ Regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise unzutreffend sei,
97vgl. so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 39,
98bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man der Ansicht folgte, im Falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung des Abfalls durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger neben einer gewerblichen Sammlung sei nach dem formalen Wortlaut der Vorschrift stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen,
99vgl. Siederer/Wenzel/Schütze, Unzulässigkeit gewerblicher Sammlungen bei bestehenden Erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, AbfallR 2014, S. 79 (81 f.); Dageförde/Thärichen, Die Untersagung gewerblicher Sammlungen von Alttextilien, AbfallR 2013, S. 125 (134 ff.),
100wäre der Wortlaut der Norm zumindest unions- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, dass die gewerbliche Sammlung trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig sei,
101vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 38; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 41; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 ‑ AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 85.
102Ein rein formales Verständnis der Vorschrift wäre im Übrigen auch mit der Gesetzessystematik des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vereinbar. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Es liegt auf der Hand, dass die dort inmitten stehende Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann.
103Die Annahme der „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige Prüfung.
104In einem ersten Schritt ist unter Auswertung konkreten Zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige Mengen durch sämtliche gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Entsorgungsgebiet entzogen werden. Ist dies der Fall, kann nahezu stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. Einen Mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in Rede stehenden Alttextiliensammlung naturgemäß an der Gesamtsammelmenge dieser Abfallfraktion im Entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die Kammer als geringfügig,
105vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 42; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 ‑ M 17 K 13.2189‑ , juris Rn. 66; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 39 ff., die jeweils auf eine Menge zwischen 10 und 15 % abstellen.
106Wird die Menge von 10 % überschritten, ist von dieser Zahl losgelöst auf einer zweiten Stufe zu erwägen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall gegeben ist. Dabei ist leitend, dass im Mittelpunkt der Regelung des § 17 Abs. 3 KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme steht,
107vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 87,
108die in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht gewahrt bleiben muss. Das schließt aber Beeinträchtigungen durch private Konkurrenten nicht aus. Denn § 17 Abs. 3 KrWG will die öffentliche Hand nicht vor (privater) Konkurrenz schützen,
109vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -, juris.
110Ein anderes Verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV vereinbar, denn diese Vorschrift stellt die Mitgliedsstaaten vom europäischen Wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die Wettbewerbsnachteile des betrauten Unternehmens Korrelat seines Gemeinwohlauftrags sind,
111vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31 mit Verweis auf Klement in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 143.
112Dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte wegen der gewerblichen Sammlungen gehalten ist, seine Entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen,
113vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 88,
114wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob man dabei auf die Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes oder nur auf die Struktur innerhalb der jeweiligen Abfallfraktion – hier: Alttextilien – abstellt.
115Hiernach gibt es keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin werde, ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG), die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten gefährdet.
116Substantielle Angaben darüber, welche Mengen Alttextilien durch gewerbliche Sammler der Sammlung der Beklagten insgesamt „entzogen“ werden, konnte die Beklagte trotz entsprechender Aufklärungsverfügung vom 13. Juni 2013 und fernmündlicher Nachfrage des Gericht vom 10. Juni 2014 nicht machen. Sie führte aus, es könne nicht ermittelt werden, welche Mengen Altkleider und Schuhe gewerbliche Unternehmen im Stadtgebiet eingesammelt hätten. Seit 2009 sei lediglich ein Rückgang der Menge der kommunalen Sammlung um fast 35% zu verzeichnen, nämlich von 1875t auf 1234t/Jahr im Jahre 2012. Auf die vorzitierte fernmündliche Nachfrage ergänzte die Beklagte ihren Vortrag dahin, die kommunale Sammelmenge für das Jahr 2013 habe insgesamt wieder 1781t betragen, prognostisch für 2014, auf Basis der Zahlen für das erste Quartal gerechnet, stünden 2356t im Raum. Die Sammelmenge der gemeinnützigen Sammler -vornehmlich des E. - habe 2013 258t betragen und werde prognostisch 2014 wohl 296t erreichen. Die Menge der von gewerblichen Sammlern im Stadtgebiet gesammelten Alttextilien könne nach wie vor nicht angegeben werden. Soweit die Beklagte auf eine Aufstellung des kommunalen Sammlers vom 21. Mai 2012 zurückgreift, die 131 Fremdcontainer (inklusive der gemeinnützigen Sammlungen) aufweist, ergäbe sich auf Basis der jährlichen kommunalen Altkleidertonnage für 2012 von 1234/t bei 640 Containern insgesamt ein -ganz grob geschätzter und ungeachtet der Validität des Rechenweges- Mengenentzug von ca. 252 t/Jahr. Legte man diese Zahl zugrunde, ergäben sich damit ca. 20 % der anhand der pro Einwohner im Jahr (geschätzt) anfallenden Gesamtmenge von 10 kg Alttextilien. Es bleibt mangels ermittelbarer näherer Angaben letztlich aber ungewiss, ob diese Sammelmengen tatsächlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. dem beauftragen Dritten durch die gewerblichen Sammler entzogen werden. Dem Begehren der Klägerin, diese Sammelmengen seitens der Beklagten zu verifizieren und einen Kausalzusammenhang hinsichtlich des Mengenrückgangs der kommunalen Sammlung gerade zu ihrer Sammlung herzustellen (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 28. November 2013, S. 12), braucht nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn zugunsten der Beklagten deren Zahlenangaben unterstellt und weiter zu ihren Gunsten die Überschreitung der Geringfügigkeitsschwelle angenommen, führte dies bei der auf der zweiten Stufe durchzuführenden Einzelfallbetrachtung nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es ist von der Beklagten nämlich weder dargelegt noch sonst ersichtlich, die Sammlung der Klägerin zöge – auch unter Berücksichtigung der sonstigen gewerblichen Sammler – Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien führten bzw. geführt hätten. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des nach Angaben der Beklagten vorhandenen Potenzials an Wertstoffen muss nicht korrelierend mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sein. Das Gesetz nimmt in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen Bezug, sondern verwendet die Begriffe der „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“. Hinreichende Angaben darüber, wie sich der Verlust der Sammelmenge auf die Planungssicherheit bzw. die Organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. Es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass die B2. bzw. die unterbeauftragte F2. GmbH ihre Sammlung von Alttextilien neben den gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nicht wie bisher wird weiterführen können. Dies gilt auch deshalb, weil die B2. über „gesicherte“ Stellplätze für ihre Container verfügt und jederzeit auf neue Standplätze ‑ auch im öffentlichen Straßenraum ‑ zurückgreifen könnte. Sind schon keine relevanten Auswirkungen auf die Entsorgungsstruktur im Bereich der Abfallfraktion Alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst Recht keine durch die gewerblichen Sammler verursachten erforderlichen Änderungen oder Anpassungen der Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes im Raum.
117Den Nachweis oder jedenfalls die Darlegung der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten hat schließlich die Beklagte zu erbringen. Denn bei Eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sich günstige Rechtsfolge ableitet,
118vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190/93 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 – VI C 150.62 –, juris Rn. 17.
119Hinzu kommt, dass die Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten ‑ hier der Beklagten ‑ zuzurechnen sind,
120vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 86 Rn. 11 m.w.N.
121cc) Die Beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche Sammlung der Klägerin gefährde die Gebührenstabilität, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG.
122Dieses Kriterium bedarf der Auslegung, da sich der Begriff der Gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt. Gebühren sind per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden Kosten der Abfallentsorgung neu zu kalkulieren,
123vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178.
124Anzuerkennen ist, wenn die Beklagte schlagwortartig zusammengefasst die Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste zu vermeiden versucht,
125vgl. zu diesem Ansatz Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 180; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
126Jedoch ist dazu nicht der Ausschluss gewerblicher Sammler zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Denn dieser Ansatz führte dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil gewerblichen Sammlungen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung „entzogen“ werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigsten Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis höhere Gebühren verursacht,
127vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 192.
128Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität führen kann. Die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stellt als Einrichtung der Daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes Unternehmen dar; die Kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende Benutzungsgebühren von den Gebührenschuldnern zu tragen. Eine geringe Gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates Interesse des Gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische Motivation Gebührenerhöhungen zu vermeiden,
129vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, juris Rn. 28 noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.
130Diese grundsätzlichen Erwägungen schließen allerdings eine Auswirkung des Gebührenaspektes im Einzelfall auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht aus. Maßgeblich ist, dass es durch die Tätigkeit eines gewerblichen Sammlers – ggf. in der Zusammenschau mit anderen gewerblichen Sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion durch den bzw. die Sammler zurückzuführen sein muss,
131vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 183; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 152.
132Wann eine nicht nur geringfügige Gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner Entscheidung zugeführt zu werden. Das Argument der Beklagten, sie könne bei geringeren Erlösen aus der Alttextilienverwertung entsprechend weniger eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen schon nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung aufgrund Erlösen aus der Alttextilienverwertung -, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante Gebührensenkung im Raum, wenn denn die Beklagte – gäbe es keine gewerblichen Sammler mehr im Stadtgebiet – eine höhere Sammelmenge und dementsprechend höhere Vergütungen aus der Alttextilienverwertung erhielte. Ausgehend von dem von der Beklagten selbst beispielhaft für 2011 mitgeteilten Entzug von Alttextilerlösen durch gewerbliche Sammler im Stadtgebiet (51.000,00 Euro entgangener Gewinn bei einem von der Beklagten zugrundegelegten Preis von 170,00 Euro/t) -unterstellt einmal dieser Rückgang sei kausal auf deren Tätigkeit zurückzuführen- entgingen ihr (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in Höhe von ca. 120.000,00 Euro -bei hier veranschlagten 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne-,
133vgl. zu dem erzielbaren Durchschnittserlös: OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 ‑ 20 B 331/13 ‑, juris Rn. 44.
134In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (laut Mitteilung der Beklagten: ca. 88 Mio. Euro) macht dieser Betrag nur ca. 0,136 % aus und fällt damit ersichtlich nicht wesentlich ins Gewicht. Überdies müssten bei dieser Betrachtung dann auch noch der Beklagten entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten ggf. in Form von Fremdleistungsentgelten in Abzug gebracht werden, die sogar Gebührenauswirkungen von unter diesem Betrag liegend wahrscheinlich machten. Darauf kam es aber nicht mehr an. Selbst die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 8. Juli 2013 zugrundegelegt, der durchschnittliche Erlös der kommunalen Altkleidersammlung stehe zu den Kosten der gesamten Abfallwirtschaft in einem Verhältnis von etwa 0,52 %, ergäben sich anhand dieser Werte bei Wegfall der gesamten kommunalen Altkleidersammlung keine hier relevanten Gebührenauswirkungen,
135vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -, juris: eine geschätzte Erhöhung der Abfallgebühren von 2% ist in jedem Falle unbeachtlich.
136dd. Überwiegende der Sammlung entgegenstehende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
137Was die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nicht in erster Linie um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies vordergründig nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend geht es bei der Norm darum, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine hinreichend konkret angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen" wird,
138vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 194; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -.
139An einem konkret bevorstehenden Vergabeverfahren, in Ansehung dessen beurteilt werden könnte, was „erheblich erschwert“ werden soll, fehlt es hier bereits, auf ein solches hat sich die Beklagte auch nicht berufen.
140Weiterhin ist nicht ersichtlich, der Bestand der Drittbeauftragung stehe aufgrund eines „Unterlaufens“ der Vergabe in Frage oder werde gefährdet. Dies schon deshalb, weil die Firma F2. GmbH, welche offenbar das von der B2. im Auftrag der Beklagten durchgeführte Vergabeverfahren für sich entschieden hat, seinerzeit in Kenntnis der (zu diesem Zeitpunkt wohl auch von der Klägerin schon durchgeführten, vgl. den im Eilverfahren vorgelegten Vertrag über einen Stellplatz, datierend vom 22. Dezember 1999) gewerblichen Sammlungen das Auftragsverhältnis mit der Beklagten bzw. der B2. eingegangen ist. Ungeachtet dessen ist es aber auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deren Aufgabe, das Unternehmen, welches den Wettbewerb für sich entschieden hat, zu schützen, denn wie bereits dargelegt, will die Norm nach ihrer Schutzrichtung nicht den Wettbewerber privilegieren. Auch das Argument einer befürchteten „Rosinenpickerei“ bei lukrativen gewerblichen Containerstandorten greift nicht zugunsten der Beklagten durch. Der im Ausschreibungsverfahren erfolgreiche Bieter kann bereits mit Blick auf mögliche gemeinnützige Sammlungen keinesfalls fest mit einer bestimmten Abfall- oder Wertstoffmenge rechnen,
141vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 189.
142ee. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte,
143vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff.
144Dass die Strukturen der Beklagten für Alttextilien bezogen auf den Sammlungsvorgang als solchen und die Verwertung wesentlich beeinträchtigt werden, ist nicht ersichtlich und wurde von der Beklagten auch nicht (hinreichend konkret) geltend gemacht.
145Schließlich kann unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden muss, keine, quasi prognostische, wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert, die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Alttextilien für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund des im Stadtgebiet bestehenden flächendeckenden Netzes der Beklagten mit 640 eigenen Containern. Im Übrigen ist gegen eine Reserve- bzw. Auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nichts zu erinnern. Ihm kann eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden,
146vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 7 ME 192/07 –, juris Rn. 13 zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.
147Hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die Marktpreise für Alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere Unternehmen stünden zur Verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln, Befördern und die Verwertung der Alttextilien im Auftrag der Beklagten übernehmen können und - gegen entsprechende Bezahlung - auch würden.
148ff. Da es bereits an den Voraussetzungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 (sowie Nr. 3) KrWG fehlt, kommt es darauf, ob die Sammlung und Verwertung der Klägerin nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG wesentlich leistungsfähiger ist, als die des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von ihm beauftragten Dritten, nicht mehr an.
149Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob die Beklagte die Vorschrift des § 18 Abs. 7 KrWG und die dort normierten Bestands-/Vertrauensschutzgesichtspunkte zutreffend und hinreichend berücksichtigt hat,
150vgl. dazu bereits der vorangegangene (stattgebende) Beschluss des erkennenden Gerichts vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13 -, n.V.
1512. Die in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheides vom 22. Februar 2013 weiter ausgesprochene Untersagung sämtlicher über die Containersammlung hinausgehender anderer Arten von gewerblichen Sammlungen von Alttextilien und Schuhen von privaten Haushaltungen, wie z.B. eine Haus-zu-Haus-Sammlung innerhalb des Gebietes der Beklagten, ist gleichfalls materiell rechtswidrig.
152Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt schon § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung einer nicht angezeigten gewerblichen Sammlung dar. Bereits nach dem Wortlaut kann nur eine angezeigte (und nicht: eine nicht angezeigte) Sammlung untersagt werden,
153vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2012 - 17 L 1953/12 - m.w.N.; i.Erg. auch OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - 20 B 331/13 -.
154Die Anzeige der Beklagten vom 20. August 2012 gibt zu der Art der Sammlung an, „in der Städteregion E1. ... 7 Containerstandplätze“ zu bewirtschaften und mit ihnen Alttextilien sowie Schuhe zu sammeln. Die nunmehr untersagte „jegliche andere Art der gewerblichen Einsammlung“, ist von dieser Anzeige bereits nicht umfasst. Zwar mag die Untersagung einer nicht angezeigten anzeigebedürftigen gewerblichen Sammlung auf die Generalklausel des § 62 KrWG i.V.m. § 18 Abs. 1 KrWG gestützt werden können, eine solche Untersagung wäre hier aber jedenfalls ermessensfehlerhaft und damit ebenfalls materiell rechtswidrig. Im Gegensatz zu § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG steht die Untersagung der nicht angezeigten anzeigebedürftigen gewerblichen Sammlung gemäß § 62 KrWG i.V.m. § 18 Abs. 1 KrWG im Ermessen der zuständigen Behörde. Die Beklagte hat bei Erlass der Verfügung vom 22. Februar 2013 diesbezüglich indes kein Ermessen ausgeübt. Da sie sich bei ihrer Entscheidung -insoweit konsequent- gebunden gefühlt hat („Rechtsfolge ... des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ist die Untersagung der Sammlung. Ein Ermessensspielraum hinsichtlich des Einschreitens ist mir daher nicht eingeräumt“), können auch keine Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt werden,
155vgl. VG Düsseldorf , Beschluss vom 18. Dezember 2012 - 17 L 1953/12 - m.w.N.; VG Düsseldorf , Beschluss vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13 -, n.V.
156Unbeschadet dessen begegnet Ziff. 2 auch Bedenken im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit, denn es ergeben sich keine aktenkundigen tatsächlichen Anhaltspunkte für eine gewerbliche Sammlung der Klägerin außerhalb der von ihr aufgestellten sieben Container, etwa im Holsystem. Betreibt sie über die Sammlung im Bringsystem mittels Containern aber keine weitere anzeigebedürftige Sammeltätigkeit und bestehen auch keine Hinweise hierauf, ist eine „Präventivuntersagung“ wie sie Ziff. 2 der Ordnungsverfügung vornimmt unverhältnismäßig.
157Schließlich gelten die für Ziff. 1 unter A. II. 1. gemachten Ausführungen gleichermaßen auch hier. Überwiegende öffentliche Interessen stünden einer solchen Sammlung im Entscheidungszeitpunkt dieser Rechtssache nicht entgegen.
158III. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 1 (Ziff. 4 der angefochtenen Verfügung) und Nr. 2 (Ziff. 5 der angefochtenen Verfügung), 59, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen beruhenden Androhung der Ersatzvornahme bzw. eines Zwangsgeldes folgt bereits aus den materiell rechtswidrigen Grundverfügungen (s. A. II 1., 2.), an die die Zwangsmittelandrohungen anknüpfen und die mit diesem Urteil aufgehoben werden.
159B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung.
160Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
Die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten können Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt und so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist. Die beauftragten Dritten müssen über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.
Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten - soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch von Interesse - um die vom Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung der Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der kreisangehörigen Stadt O. - Altpapier hier und im Folgenden verstanden als aus privaten Haushaltungen einzusammelnde(s) Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), auch soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt.
3Der Beklagte ist unter anderem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Rhein-Kreis O. , dem acht Kommunen angehören. Diese haben ebenfalls als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle einzusammeln und zu den vom Beklagten oder in dessen Auftrag betriebenen Entsorgungsanlagen oder Umschlagstationen zu befördern. Jedenfalls seit 1997 bedient sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben als Entsorgungsträger eines in privatrechtlicher Form organisierten Unternehmens, derzeit der Entsorgungsgesellschaft O1. H. (im Folgenden: EGN), eines Tochterunternehmens der SWK Stadtwerke L. AG, mit der ein bis Ende 2016 laufender Entsorgungsvertrag besteht. Der Vertrag, der zunächst auch die Altpapierentsorgung (Verwertung) aus den kreisangehörigen Kommunen E. , H1. , K. und S. umfasste, sieht einen vom Beklagten zu zahlenden jährlichen pauschalen Preis pro Tonne von der EGN entsorgten Abfalls vor, d. h. eine Differenzierung nach Abfallarten findet nicht statt. Der allgemeine Entsorgungspreis stieg von knapp unter 100 € im Jahr 1997 auf über 130 € ab dem Jahr 2007. Soweit kreisangehörige Kommunen dem Beklagten getrennt gesammeltes Altpapier zur Entsorgung (Verwertung) überließen, erhob der Beklagte hierfür aufgrund von "Quersubventionierungen" etwa in den Jahren 2008 und 2009 eine Gebühr von 25,66 € pro Tonne von den Kommunen.
4Der Entsorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der EGN wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert. Ein Änderungsgrund war etwa, dass weitere kreisangehörige Kommunen (N. und O. ) im Zeitraum vor 2008 dazu übergegangen waren, ihr getrennt gesammeltes Altpapier dem Beklagten zu überlassen, was für die EGN größere Entsorgungsmengen bedeutete, nachdem die Kommunen es zunächst - vom Beklagten geduldet - selbst verwertet hatten. Als im Jahr 2008 und danach vier kreisangehörige Kommunen (K. , O. , S. und - teilweise - N. ) aufgrund des stark gestiegenen Preises für Altpapier dieses im Ergebnis nicht mehr dem Beklagten überließen und diese Mengen dementsprechend auch nicht mehr der EGN zur Verfügung standen, forderte diese vom Beklagten eine weitere Anpassung des Entsorgungsvertrags in Gestalt einer Erhöhung des pauschalen Entsorgungspreises. Der sich daraus ergebende Streit wurde Anfang 2010 dahingehend beigelegt, dass entgegen der Forderung der EGN der Entsorgungspreis ab 1. Januar 2009 nicht erhöht wird, der Beklagte jedoch in den Jahren 2011 bis 2016 Ausgleichszahlungen erbringt. Zugleich wurde vereinbart, dass Altpapier aus den Kommunen K. , O. und S. nicht mehr Gegenstand des Entsorgungsvertrags ist. Damit bezog sich der Entsorgungsvertrag, was Altpapier anbelangt, nur noch auf die Mengen aus den Kommunen H1. , E. und N. . Mit einer weiteren Anpassung des Entsorgungsvertrags wurde die Verwertung von Altpapier ab dem 1. Januar 2012 vollständig aus dem Vertrag ausgeklammert. Auch dafür hat der Beklagte Ausgleichszahlungen an die EGN zu leisten.
5Bereits im September 2010 hatte der Beklagte die Verwertung von Altpapier aus den Kommunen K. , L1. , L2. , O. und S. europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung gab die Möglichkeit, die Angebote nach Mengenklassen zu staffeln, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ungewiss war, ob aus einigen der Kommunen überhaupt Altpapier zur Verwertung überlassen würde. Die eingegangenen Angebote sahen im Mittel eine Mindestvergütung für den Beklagten pro Tonne Altpapier von 70,25 € vor, der Mittelwert der angebotenen Vergütungen lag bei 113,59 €. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2010 die X. Wertstoffkontor H. (im Folgenden: X. ), mit der der Beklagte einen entsprechenden Vertrag schloss. Die Verwertung des Altpapiers aus den Kommunen E. , H1. und N. schrieb der Beklagte Ende 2011 aus. Den Zuschlag erhielt die EGN. Jedenfalls seit dem Jahr 2012 gibt der Beklagte die Überschüsse aus der Altpapierverwertung an die Kommunen weiter, die ihm Altpapier zur Verwertung überlassen.
6Die Klägerin steht im Eigentum der Stadt O. , welche 51 Prozent der Anteile an der Klägerin direkt und 49 Prozent über ihre 100 prozentige Tochter, die Stadtwerke O. H. , hält. Sie übernahm aufgrund eines Vertrages mit der Stadt O. aus Februar 1996 die Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Nach dem Vertrag erhielt die Klägerin von der Stadt O. sowohl für die Sammlung als auch für die Aufbereitung und Sortierung des Altpapiers eine Vergütung. Die Vermarktung der aufbereiteten Stoffe hatte die Klägerin auf eigenen Verantwortung und Rechnung vorzunehmen. Ferner beauftragte die Stadt O. die Klägerin mit Geschäftsbesorgungsvertrag aus Juni 2000 mit den hoheitlichen Aufgaben der Stadt im Bereich der Abfallbeseitigung sowie mit Leistungen im Bereich Abfallsammlung und -beförderung, nicht jedoch in Bezug auf Altpapier.
7Aufgrund des erstgenannten Vertrags sammelte die Klägerin Altpapier aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von O. in Bündeln und mittels Containern, wobei sie allerdings ganz überwiegend nicht selbst tätig wurde, sondern ihrerseits die EGN beauftragte, die sich wiederum teilweise eines Subunternehmens bediente. Das gesammelte Altpapier aus O. wurde seit 2003 zur Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage in O. -H2. transportiert und dort dem Beklagten bzw. der dort tätigen EGN zur Verwertung überlassen. Ab Mai 2008 sammelte die Klägerin - wiederum über die EGN - Altpapier zudem mittels "blauer Tonnen", nachdem zuvor ein anderes Unternehmen bei der Stadt O. angezeigt hatte, Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels Altpapiertonnen sammeln zu wollen.
8Mit Schreiben vom 15. September 2008 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, ab sofort im Stadtgebiet O. flächendeckend Papier, Pappe und Kartonagen im Wege einer gewerblichen Sammlung erfassen zu wollen, und zwar mittels Altpapiertonnen, Altpapiercontainern und Bündelsammlungen. Zugleich kündigte sie Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung an. Im Zusammenhang damit wurde die Überlassung von Altpapier an den Beklagten eingestellt. Ab dem 1. November 2008 überließ die Klägerin das gesammelte Altpapier der EGN zur Verwertung, nachdem sie mit dieser einen eigenen Vertrag geschlossen hatte. Der Beklagte duldete diese Praxis zunächst. Im Dezember 2010 stellten die Klägerin und die Stadt O. den Vertrag aus Februar 1996 betreffend unter anderem die Sammlung des Altpapiers in O. vorübergehend ruhend.
9Die EGN war im Übrigen jedenfalls bis Ende 2011 unter anderem aufgrund eines (mehrfach verlängerten und verlängerbaren) Vertrages mit der Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland H. (im Folgenden: DSD) verpflichtet, die im Gebiet der Stadt O. anfallenden PPK-Verkaufsverpackungen, die im Zuge der von der Klägerin betriebenen Altpapiersammlung miterfasst werden, zu entsorgen. Die EGN erhält hierfür von der DSD eine monatliche Vergütung. Im Gegenzug hat die EGN die DSD an den Verwertungserlösen der Verkaufsverpackungen zu beteiligen.
10Aus Gebührenbedarfsermittlungen der Stadt O. ergibt sich, dass diese für die Jahre 2008 und 2009 sowohl für den Transport als auch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz brachte (499.500 € für 2008, 565.000 € für 2009). Für das Jahr 2010 veranschlagte sie nur noch 320.000 € für den Transport mit dem Hinweis, dass Entsorgungskosten nicht mehr anfielen, weil die Verwertung seit dem 1. November 2008 über die Klägerin erfolge. Für das Jahr 2011 wurden weder für den Transport noch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz gebracht mit der Begründung, dass die Klägerin das Altpapier gewerblich sammle.
11Im März 2010 hörte der Beklagte in seiner Funktion als untere Umweltschutzbehörde die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung von Altpapier in O. an, was er damit begründete, dass die Sammlung der Klägerin nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C16.08 -) keine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darstelle. Etwa zeitgleich hörte er auch die (nicht kommunalen) Träger von Altpapiersammlungen in anderen Kommunen hinsichtlich einer Untersagung an, um sämtliches im Kreisgebiet gesammeltes Altpapier selbst - mittels der oder über die zuvor erwähnten Ausschreibungsverfahren - verwerten zu können. Aufgrund der Anhörung kam es mit einem anderen Unternehmen, das in einer anderen kreisangehörigen Kommune Altpapier sammelte, zu Gesprächen, in denen der Beklagte anbot, von der angekündigten Untersagung Abstand zu nehmen, wenn er von dem Unternehmen an den Verwertungserlösen für das Altpapier beteiligt wird. Eine entsprechende Einigung kam nicht zustande.
12Mit Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010, zugestellt am 20. Juli 2010, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem an, ab dem 1. Januar 2011 die eigenverantwortliche Sammlung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten auf dem Gebiet der Stadt O. zu unterlassen (Buchstabe a Nr. 1). Zur Begründung führte der Beklagten im Wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung diene der Durchsetzung der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Bei der von der Klägerin seit September 2008 durchgeführten Sammlung handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Auch sonst liege keine Ausnahme von der Überlassungspflicht vor.
13Am 19. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Sammlungsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) entgegen der Annahme in der Ordnungsverfügung nicht eigenverantwortlich sammle. Vielmehr sei sie aufgrund des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt O. sowie der Abfallentsorgungssatzung der Stadt O. als beauftragte Dritte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Stadt O. tätig. Soweit ihre Sammlung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien keine gewerbliche sei, lasse sich daraus allenfalls ableiten, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht einschlägig sei. Dies rechtfertige aber nicht den Schluss, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorliege, eben weil sie Drittbeauftragte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei. Liege dagegen eine gewerbliche Sammlung vor, verstoße die Verbotsverfügung gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Anhaltspunkte für relevante Gebührenauswirkungen lägen ebenso wenig vor wie für eine Gefährdung der Entsorgungssicherheit. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zuvor nicht aufgeklärt worden sei.
14Die Klägerin hat beantragt,
15die Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Sammlung der Klägerin handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche. Unabhängig davon erfolge die Sammlung nicht ordnungsgemäß, weil sie nicht in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften durchgeführt werde. Die Beauftragung der Klägerin mit Entsorgungsdienstleistungen durch die Stadt O. im Wege der inhouse-Vergabe sei vergaberechtlich unzulässig, weil die Klägerin bei einer solchen Vergabe nur begrenzt außerhalb des Auftragsverhältnisses tätig werden dürfe und die insoweit zu beachtende Grenze mit der durchgeführten Altpapiersammlung und -verwertung überschritten werde. Die Sammlung verstoße ferner gegen Wettbewerbsrecht, weil die Stadt O. in Zusammenarbeit mit der Klägerin andere Marktteilnehmer behindere. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Kommunalabgabenrecht vor, weil danach die von der Stadt O. übernommenen Sammlungs- und Transportkosten nicht im Abfallgebührenhaushalt hätten in Ansatz gebracht werden dürfen. Im Übrigen stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es bestehe die Gefahr, dass Vergabeverfahren erheblich erschwert und gegebenenfalls unterlaufen würden. Dies gelte schon deshalb, weil eine zuverlässige Prognose der zu entsorgenden Altpapiermengen nicht möglich sei. Auch sei die Entsorgungssicherheit gefährdet, wenn die öffentliche Altpapierentsorgung im Kreis vollständig von gewerblichen Sammlungen verdrängt werde. Im Fall der Einstellung der gewerblichen Sammlungen sei die öffentlich-rechtliche Entsorgung nicht möglich, zumindest nicht kurzfristig, weil die Entsorgungspflichten europaweit ausgeschrieben werden müssten. Öffentliche Interessen seien auch insoweit beeinträchtigt, als durch die Sammlung der Klägerin auch Verkaufspackungen erfasst und diese damit den Systembetreibern nach der Verpackungsverordnung entzogen würden. Schließlich verhindere die Sammlung der Klägerin niedrigere Abfallgebühren.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung gerichtet ist, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung der Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG diene; eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG liege nicht vor, weil es jedenfalls nicht erkennbar sei, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche handele.
20Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Da es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei ihre Rechtmäßigkeit anhand des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen. Danach erweise sie sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig. Soweit der Beklagte die Sammlung untersagt habe, weil es sich nicht um eine gewerbliche handele, sei dem durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Auch darüber hinaus seien die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gewerbliche Sammlungen zulässig seien, durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundlegend geändert worden. Hinsichtlich der in § 17 Abs. 2 und 3 KrWG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen verfüge sie (die Klägerin) nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um deren (Nicht-)Vorliegen beurteilen zu können. Der Beklagte habe sich diesbezüglich nicht geäußert, obwohl er verpflichtet sei, seine Unterlassungsverfügung anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Hierauf käme es nicht an, wenn eine andere Entscheidung nicht getroffen werden könnte. Von einer Alternativlosigkeit der Untersagungsverfügung könne jedoch keine Rede sein. Die Unterlassungsverfügung sei auch durch das mit § 18 KrWG eingeführte Anzeigeverfahren obsolet geworden. Schließlich sei die Unterlassungsverfügung ermessensfehlerhaft. Die angestellten Ermessenserwägungen gingen nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ins Leere. Soweit im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die Aspekte der Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und des öffentlichen Interesses an niedrigen Abfallgebühren abgestellt worden sei, griffen diese nicht. Mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien nicht dargelegt worden. Anhaltspunkte für eine wesentliche Senkung der Abfallgebühren seien ebenfalls nicht dargetan worden. Weil der Beklagte seine Ermessenserwägungen nicht an die neue Rechtslage angepasst habe, sei die Untersagungsverfügung wegen eines Begründungsdefizits auch formell rechtswidrig. Schließlich sei der Beklagte für die Untersagungsverfügung nicht zuständig gewesen.
21Die Klägerin beantragt,
22das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er macht im Wesentlichen geltend: Auch auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes handele es sich bei der Sammlung der Klägerin mangels Erkennbarkeit nicht um eine gewerbliche. Nehme man dagegen eine gewerbliche Sammlung an, sei diese wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen rechtswidrig. Die Stadt O. habe die öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung eingestellt. Ohne Änderung des Sammlungssystems sammle die Klägerin nunmehr nicht mehr als beauftragte Dritte der Stadt O. , sondern gewerblich. Ein solches Vorgehen sei mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vereinbar, weil die Stadt O. ihre Pflicht aus § 20 Abs. 1 KrWG zur Einsammlung von Altpapier aus privaten Haushalten nicht mehr wahrnehme, ohne dass ein dafür vorgeschriebenes Verfahren nach § 20 Abs. 2 KrWG durchgeführt worden sei. Außerdem widerspreche die Vorgehensweise der Stadt O. den Grundsätzen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb. Durch ihre Absprachen mit der Klägerin habe die Stadt dieser faktisch das gesamte Entsorgungsgebiet der Stadt O. im Sinne einer Monopolstellung überlassen. Zudem habe die Stadt konkurrierende gewerbliche Sammlungen behindert. Weiterhin sei er, der Beklagte, in seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt. Da er selbst eine hochwertige Verwertung von Altpapier durchführe, gingen ihm hinsichtlich der von der Klägerin erfassten Altpapiermengen Erlöse verloren, die nicht zur Reduzierung der Abfallgebühren eingesetzt werden könnten. Im Übrigen könne er entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Altpapier aus O. nicht den von ihm vorgehaltenen hochwertigen Verwertungsstrukturen zuführen. Weiterhin stünden der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit eines nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems (nach der Verpackungsverordnung) gefährdet werde. Die Klägerin lasse auch Verkaufsverpackungen sammeln und verwerten, ohne eine Vereinbarung mit der Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV geschlossen zu haben. Sie gebe an diese keine Verkaufsverpackungen ab und vereinnahme sämtliche Verwertungserlöse. Damit sei ihre Sammlung der Grund dafür, dass aus O. keine Verkaufsverpackungen im Auftrag der Systembetreiber gemäß der Verpackungsverordnung tatsächlich haushaltsnah erfasst und anschließend verwertet würden. Die Einführung eines Anzeigeverfahren durch § 18 KrWG führe ferner nicht dazu, dass zuvor verfügte repressive hoheitliche Maßnahmen keinen Bestand mehr hätten. Die in der Ordnungsverfügung angestellten Ermessenserwägungen seien auch nach der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden.
26Mit Schreiben vom 24. August 2012 zeigte die Klägerin dem Beklagten eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung im Gebiet der Stadt O. an.
27Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg gehabt (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 17 L 1791/10 - sowie des Senats vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 - und vom 15. Juni 2012 - 20 B 415/12 -).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den Verfahren 20 B 47/11, 20 A 3043/11 und 20 A 3044/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und sonstigen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Berufung hat Erfolg.
31Die gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet.
32Die Untersagungsverfügung ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden, am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen.
34Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 - 4 K 1905/10 -, juris, jeweils m. w. N.
35Da sich die Untersagungsverfügung auf dieser Grundlage als rechtswidrig erweist, hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, in vollem Umfang Erfolg. Soweit die Klägerin auch zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung auf der Grundlage des vormals geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorgetragen hat, kommt es auf diese Ausführungen in Ansehung des gestellten Antrags nicht an, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass ihr Begehren - unabhängig von einem insoweit bestehenden Rechtsschutzbedürfnis - nicht auch darauf gerichtet ist, eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen.
36Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
37Daran anknüpfend liegt hier schon vom Ansatz her kein Fall vor, in dem wegen zu beurteilender unterschiedlicher Zeiträume eine teilweise Klageabweisung in Betracht kommt, weil sich die Untersagungsverfügung - unterstellt - in einem zurückliegenden Zeitraum als rechtmäßig dargestellt hat. Im Übrigen ist die Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags (auch) dem Umstand geschuldet, dass sich mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 die für die Beurteilung der Untersagungsverfügung maßgebliche Rechtslage geändert hat. Unabhängig davon, wie der erstinstanzlich gestellte Antrag zu verstehen war, kann es kostenmäßig, etwa unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Klagerücknahme, nicht zulasten der Klägerin gehen, dass sie ihren Antrag an die geänderte Rechtslage angepasst hat.
38In der Sache bestehen bereits Bedenken, ob die Untersagungsverfügung formell rechtmäßig ist.
39Solche Bedenken bestehen allerdings nicht wegen des Fehlens einer erforderlichen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn die Ordnungsverfügung enthält offensichtlich eine solche. Ob diese Begründung - auch nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - die verfügte Sammlungsuntersagung trägt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Im Übrigen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Rechtslage unter Geltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen, was als Nachschieben einer Begründung angesehen werden könnte.
40Bedenken sind jedoch darin begründet, dass dem Beklagten, ausgehend von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage, bei Erlass der Ordnungsverfügung die sachliche Zuständigkeit gefehlt haben und auch heute fehlen könnte.
41Vom Grundsatz her war der Beklagte bei Erlass der Ordnungsverfügung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist. Auch aus § 3 ZustVU dürfte sich nichts anderes ergeben, da es hier um den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gegenüber einem Unternehmen geht, dessen Anteile nicht zu mehr als 50 % einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt - die Stadt O. als "Eigentümerin" der Klägerin ist nicht kreisfrei - gehören, und deshalb keine Zuständigkeit der Bezirksregierung besteht.
42Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten resultieren jedoch daraus, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (auch im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) ist.
43Diese Bedenken beruhen allerdings nicht darauf, dass die zuvor dargelegte Zuständigkeitsbestimmung gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verstößt. Zwar stellen zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies jedoch in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 18. März 2009- 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171.
45Bedenken ergeben sich jedoch, wie den zuvor zitierten Entscheidungen andeutungsweise zu entnehmen ist, aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und des Neutralitätsgebots. Gerade unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde nicht unproblematisch, weil dies die Gefahr von interessengeleiteten Maßnahmen beim Vollzug in sich birgt. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen geht (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG), spricht Einiges dafür, dass der von den Sammlungen betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (auch) eigene Interessen verfolgt und diese Interessen möglicherweise als untere Umweltschutzbehörde durchzusetzen versucht; jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des "bösen Scheins" kann für Außenstehende ein entsprechender Eindruck entstehen. Diese Bedenken sind offensichtlich auch im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht und der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
46Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
47Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später als nicht stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und "für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge" zu tragen.
48Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47 (= Drucksache 17(16)420 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 25. Oktober 2011, S. 2).
49Dementsprechend ist inzwischen in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
50Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2 - 408.10.02.
51Eine solche organisatorische Trennung dürfte hier zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung aber nicht bestanden haben. Zudem dürfte eine hinreichende organisatorische Trennung unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls einen bei Erlass der Verfügung - unterstellt - vorliegenden Zuständigkeitsmangel heilen könnte, auch gegenwärtig nicht vorliegen. Zwar hat der Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Organisationsverfügung vom 17. Juni 2013 auf den zuvor zitierten Erlass reagiert. Abgesehen von der Frage, ob die im Wesentlichen auf der Sachbearbeiterebene vorgenommene teilweise Trennung der Aufgabenbereiche als hinreichend anzusehen ist, wird die Organisationsverfügung jedenfalls nicht strikt umgesetzt, weil gerade derjenige Sachbearbeiter oder Produktverantwortliche, der nach der Verfügung "ab sofort" nicht mehr für Sammlungsuntersagungen nach § 18 KrWG zuständig ist, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfänglich für den Beklagten in dessen Funktion als untere Umweltschutzbehörde geäußert hat.
52Die Zuständigkeitsfrage muss jedoch nicht abschließend entscheiden werden, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
53Sie kann nicht auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der gegenüber § 62 KrWG hinsichtlich der Untersagung einer gemäß § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung grundsätzlich als die speziellere Vorschrift anzusehen ist, als rechtmäßig angesehen werden.
54Gegenstand der Verfügung ist im Kern die Untersagung der Sammlung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Soweit der Klägerin unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verwertung von Altpapier aus O. untersagt worden ist, kommt dem im Verhältnis zur Sammlungsuntersagung kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Mit der Untersagung auch der Verwertung hat der Beklagte ersichtlich lediglich der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung Altpapier in O. sammelte, d. h. als Verantwortliche unter anderem von der EGN sammeln ließ, und das gesammelte Altpapier verwertete oder verwerten ließ. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - in welcher Konstellation auch immer - Altpapier aus O. , das sie nicht sammelt, verwerten könnte, liegen nicht vor. Dementsprechend hat die untersagte Verwertung neben der untersagten Sammlung keinen eigenständigen oder weitergehenden Regelungsgehalt, weil die Verwertung durch die Klägerin gegebenenfalls bereits dadurch ausgeschlossen ist oder wird, dass ihr die Sammlung untersagt wird und sie dementsprechend nicht in den Besitz des Altpapiers gelangt.
55Die Sammlungsuntersagung kann jedoch deshalb nicht rechtmäßigerweise auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorliegen.
56Allerdings handelt es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche auch im Sinne der §§ 17, 18 KrWG, was den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG eröffnet, der, wie die Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG zeigt, nur für (angezeigte) gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen gilt.
57Nach den Definitionen des § 3 Abs. 15 und 18 KrWG liegt eine gewerbliche Sammlung vor.
58Gemäß § 3 Abs. 15 KrWG ist eine Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Einsammeln von Abfällen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da in O. Altpapier mittels Tonnen, Containern und in Bündeln erfasst (eingesammelt) wird. Als insoweit verantwortlicher Sammler (vgl. § 3 Abs. 10 KrWG) oder als Träger der Sammlung ist die Klägerin anzusehen, da sie, auch wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang operativ im Sinne von selbst sammelnd tätig ist, die Sammlung über den diesbezüglich mit der EGN geschlossenen Vertrag steuert.
59Nach § 3 Abs. 18 Satz 1 KrWG ist eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Da die Klägerin das eingesammelte Altpapier nachfolgend eigenverantwortlich verwertet oder verwerten lässt, indem sie für die Überlassung zur Verwertung Geld erhält, ist eine Einnahmeerzielung bezweckt.
60Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Sammlung normiert das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht ausdrücklich und lassen sich ihm auch sonst nicht entnehmen.
61Der zum Sammlungsbegriff unter Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine gewerbliche Sammlung müsse sich von dauerhaften und festen Entsorgungsstrukturen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten unterscheiden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 134, 154,
63ist durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Mit Blick darauf steht der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen, dass die Sammlung der Klägerin sich nicht von derjenigen unterscheidet, als noch ein Auftragsverhältnis mit der Stadt O. bestand, also im Ergebnis eine öffentlich-rechtliche Sammlung stattfand.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten hängt die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Regelungszusammenhang der §§ 17, 18 KrWG ferner nicht von der ungeschriebenen Voraussetzung ab, dass für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Gewerblichkeit der Sammlung erkennbar sein muss. Ein solches einschränkendes Verständnis der nach ihrem Wortlaut klaren Definitionen kann auch mit Blick auf die Systematik (das Zusammenwirken) der zuvor genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck nicht angenommen werden.
65Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf die § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG Bezug nimmt, dient dazu, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG umfassend normierte Überlassungspflicht Rechnung zu tragen.
66Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f. (linke Spalte ab unten).
67Denn die Überlassungspflicht gilt grundsätzlich auch für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen, was im Gesetzgebungsverfahren - vor allem wohl mit Blick auf die Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 35, Art. 106 Abs. 1 AEUV - zu Recht als "EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig" angesehen worden ist.
68Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (linke Spalte oben).
69Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unterstellt - suspendiert dabei ebenso wie die Nr. 3 die Überlassungspflicht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Überlassungspflicht der privaten Haushaltungen selbst suspendiert, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG ihre Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen haben, was an sich die Überlassung an einen gewerblichen Sammler ausschließt. Zum anderen wird jedoch auch die Überlassungspflicht der gewerblichen Sammler suspendiert, die nach dem Einsammeln von Abfällen aus privaten Haushaltungen ohne die Ausnahmeregelungen als Besitzer eben solcher Abfälle ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet wären.
70Den zuvor behandelten Vorschriften liegt offensichtlich das Verständnis eines (regelungsbedürftigen) Konkurrenzverhältnisses zwischen den mittels der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geschützten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einerseits und gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlern (Sammlungen) andererseits zugrunde. So wird in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien § 17 Abs. 3 KrWG, mit dem die öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG konkretisiert werden, als "Kollisionsklausel" bezeichnet; im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist von "relevanten Konkurrenzsituationen" die Rede.
71Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, vorletzter Absatz, und rechte Spalte, ebenfalls vorletzter Absatz).
72Mit Blick darauf sind die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG dahingehend zu verstehen, dass es auf jeden Fall eine vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unabhängige, d. h. eigenständig und eigenverantwortlich tätige Person sein muss, die sich mittels einer (gemeinnützigen oder gewerblichen) Sammlung in den Besitz der Abfälle bringt. Dies kommt im Übrigen auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck. Diese Regelungskonzeption erscheint zwar nicht zwingend, weil die eigentliche Konkurrenzsituation erst bei der Verwertung zum Tragen kommt und die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht davon abhängt, dass der (überlassungspflichtige) Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich gerade durch eine Sammlung in den Besitz der Abfälle gebracht hat. Andererseits erscheint es nicht verfehlt oder willkürlich, als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Überlassungspflicht ein bestimmtes Tätigwerden, nämlich das Einsammeln von Abfällen (vgl. § 3 Abs. 15 KrWG), zu fordern.
73Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG unter der (ungeschriebenen) einschränkenden Voraussetzung steht, dass die Gewerblichkeit für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen erkennbar ist. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her als eine Schutzvorschrift nicht zuletzt für Gewerbetreibende ausgestaltet ist, die mit - werthaltigen - Abfällen im weiteren Sinne Handel treiben und dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu den - durch die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG "geschützten" - öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern getreten sind oder treten wollen. Angesichts dessen liefe die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Gewerblichkeit für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf einen anderen, von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht bezweckten Schutz hinaus. Stellte man auf die Erkennbarkeit der Gewerblichkeit ab, würden zwar die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in die Lage versetzt beurteilen zu können, ob sie gegebenenfalls an den "Richtigen" überlassen, d. h. entweder im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (gegebenenfalls in Gestalt eines von diesem beauftragten Dritten, § 22 Satz 1 KrWG) oder an einen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG tätigen gewerblichen Sammler. Einen solchen Schutz bezweckt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nach den vorstehenden Ausführungen jedoch nicht.
74Dem Vorliegen einer gewerblichen Sammlung der Klägerin im Sinne der §§ 17, 18 KrWG kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, sie erfolge im Auftrag (§ 22 Satz 1 KrWG) eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
75Insoweit ist zum einen festzustellen, dass § 22 Satz 1 KrWG auch eine Beauftragung hinsichtlich des (Ein-)Sammelns von Abfällen umfasst, auch wenn der Wortlaut nur auf Verwertung und Beseitigung abstellt. Damit gemeint und eingeschlossen sind auch sämtliche Vorbereitungshandlungen wie etwa das Einsammeln.
76Vgl. Frenz in: Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 22 KrWG Rn. 6, m. w. N.
77Zum anderen ist festzuhalten, dass "beauftragen" im Sinne der zuvor genannten Vorschrift nicht formalrechtlich als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag (§§ 662 ff. BGB) zu verstehen, sondern ein wie auch immer ausgestaltetes (vertragliches) Abstimmungsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem "Drittbeauftragten" gemeint ist, das die Erfüllung wenigstens einer der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten durch den "Drittbeauftragten" zum Gegenstand haben muss.
78Im Weiteren ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Auftragsverhältnis im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG hinsichtlich des Sammelns die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG ausschließt.
79Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der Definition der gewerblichen Sammlung in § 3 Abs. 18 KrWG, weil der dort genannte Zweck der Einnahmeerzielung auch im Fall eines Auftrags im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG vorliegen kann. Da diese Vorschrift, wie bereits erwähnt, nicht als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag verstanden werden kann, dürfte es sich in der Regel bei den Aufträgen im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG um entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge handeln, welche von im Bereich der Abfallwirtschaft gewerblich tätigen Unternehmen im Wortsinne "zur Einnahmeerzielung" abgeschlossen werden. Soweit die Dritten auch mit der Verwertung "beauftragt" sind, kommt auch diesbezüglich eine Einnahmeerzielungsabsicht in Betracht, und zwar bereits bei der Sammlung.
80Dass die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG bei Bestehen eines das Sammeln betreffenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG ausgeschlossen ist, ergibt sich jedoch wiederum daraus, dass der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ein (mögliches) Konkurrenzverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und gewerblichen Sammlungen (Sammlern) regeln wollte. Dabei hat er, was sich insbesondere an § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG festmachen lässt, die Drittbeauftragten auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesehen. Wer jedoch auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger steht, kann nicht zugleich im Sinne einer gewerblichen Sammlung eigenständig und eigenverantwortlich tätig sein. In einem solchen Fall fehlt es gewissermaßen an dem vom Gesetzgeber angenommenen oder vorausgesetzten Konkurrenzverhältnis. Denn aufgrund des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besteht eine Verpflichtung zum Tätigwerden diesem gegenüber und stimmen die beiderseitigen Interessen überein.
81Dies vorausgeschickt lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin im Auftrag der Stadt O. tätig ist - die Annahme eines (wirksamen) Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG hinsichtlich des Einsammelns von Abfällen in den kreisangehörigen Kommunen nicht als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger tätig ist. An die Annahme eines solchen Verhältnisses sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den im öffentlichen Interesse liegenden Grundsatz der Entsorgungssicherheit muss insbesondere klar erkennbar sein, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Dritten mit der Erfüllung bestimmter Pflichten beauftragt hat. Daran fehlt es hier.
82Aus dem - soweit ersichtlich fortbestehenden - Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt O. aus Juni 2000 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin gegenüber der Stadt auch oder gerade in Bezug auf Altpapier zum Einsammeln verpflichtet ist. Die Anlage 1 zum Vertrag, mit der die Vertragspflichten der Klägerin konkretisiert werden, spricht dagegen, weil unter dem Gliederungspunkt "I. Abfallsammlung und - beförderung" das Sammeln und Befördern von Altpapier gerade nicht genannt wird.
83Was den unter anderem die Sammlung von Altpapier betreffenden Vertrag aus Februar 1996 anbelangt, kann dieser ebenfalls nicht als Grundlage eines wirksamen und bestehenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG angesehen werden, da er jedenfalls seit Dezember 2010 (vorübergehend) ruhend gestellt ist. Bei den diesbezüglichen Erklärungen der Vertragsparteien handelt es sich im Übrigen nicht um nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksame Scheinerklärungen, da tatsächlich nicht mehr entsprechend dem Vertrag verfahren wird. Dies lässt sich daran festmachen, dass der Klägerin nach § 3 Nr. 1 des Vertrags für das Erfassen (Sammeln) des Altpapiers eine Vergütung zustünde, diese jedoch nicht mehr gezahlt wird. Dies ergibt sich daraus, dass entsprechende Kosten ab dem Jahr 2011 nicht mehr in der Abfallgebührenkalkulation der Stadt O. auftauchen.
84Der Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als sammle sie im Auftrag der Stadt O. - was nach den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung ausschlösse.
85Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Sammlung der Klägerin auf eine Art und Weise entstanden ist, die der Gesetzgeber (wohl) bei der Schaffung weder des § 3 Abs. 18 KrWG noch der §§ 17, 18 KrWG als typischen Fall vor Augen hatte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass Fallkonstellationen wie die vorliegende, in der eine vormals öffentlich-rechtliche, durch einen Drittbeauftragten durchgeführte Sammlung im Einvernehmen zwischen dem für das Einsammeln zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Drittbeauftragten vollständig durch eine gewerbliche Sammlung des (vormals) Drittbeauftragten ersetzt wird, im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Diese Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung führt jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin als beauftragte Dritte im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG behandeln lassen muss und deshalb die Gewerblichkeit ihrer Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen ist. Eine solche Verfahrensweise stünde wiederum nicht damit in Einklang, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her um eine Schutzvorschrift zugunsten gewerblicher Sammlungen handelt, um diese von der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG auszunehmen. Damit vertragen sich Einschränkungen bei dem Begriff der gewerblichen Sammlung nicht, die über § 22 KrWG hinaus aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herrühren. So liegt die Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung hier nicht in oder an der Sammlung selbst oder ihrer Gewerblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG, sondern darin, dass die Stadt O. ihre öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit, was getrennt gehaltenes Altpapier anbelangt, spätestens im Dezember 2010 eingestellt hat, indem das vormals in Gestalt des Vertrages aus Februar 1996 bestehende Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Dies kann wertungsmäßig jedoch nicht dazu führen, dass die Klägerin als Drittbeauftragte behandelt oder angesehen und damit die Gewerblichkeit ihrer Sammlung verneint wird. Berührt das Verhalten der Stadt O. öffentliche (Entsorgungs-)Interessen, ist diesen gegebenenfalls im Rahmen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG Rechnung zu tragen. Steht das Verhalten der Stadt O. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa mit § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG oder § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG, nicht in Einklang, müssen erforderlichenfalls Maßnahmen gegenüber der Stadt O. ergriffen werden. Beides rechtfertigt indes nicht, eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG dadurch auszuschließen, dass zulasten der Klägerin ein Auftragsverhältnis angenommen wird. Das Vorstehende gilt entsprechend, wenn man davon ausgeht, dass die Stadt O. mit dem nach § 22 Satz 1 KrWG an sich zulässigen Mittel der Drittbeauftragung im Bereich der Altpapierentsorgung in einer derart "flexiblen" Art und Weise umgeht, die von der genannten Vorschrift nicht mehr gedeckt ist.
86Die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG und damit die Anwendung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Sammlung der Klägerin die Schutzwürdigkeit fehlt, weil sie entgegen der zuvor geschilderten Grundannahme des Gesetzgebers weder in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestanden hat noch steht, sondern in gewisser Weise sogar von der Überlassungspflicht profitiert hat. Denn jedenfalls bis Mitte des Jahres 2008 haben die Erzeuger und Besitzer von Altpapier aus privaten Haushaltungen dieses - in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, dem der heutige § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht, und mit § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG - der im Auftrag der Stadt O. sammelnden Klägerin, d. h. der für diese im Wesentlichen tätigen EGN, zur Verfügung gestellt, was im Ergebnis diese Sammlung "etabliert" und dazu beigetragen hat, dass die Klägerin ab September 2008 praktisch konkurrenzlos "gewerblich" (weiter-)sammeln konnte. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, deswegen das Vorliegen einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen. Es fehlt rechtssystematisch an einer planwidrigen Regelungslücke, die gerade durch eine solchermaßen einschränkende Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung zu schließen ist.
87Der zuvor dargestellten Regelungskonzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt vom Grundsatz her die Annahme zugrunde, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Entsorgungspflichten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG wahrnehmen und diesen nachkommen, was einschließt, dass sie - vorbehaltlich des Eingreifens einer Ausnahmeregelung - die ihnen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zu überlassenden - und nachfolgend von ihnen zu entsorgenden (verwertenden) - Abfälle auch in Besitz nehmen. Diese Annahme ist erst recht im Hinblick auf (in aller Regel werthaltige) getrennt gehaltene und zu sammelnde Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen berechtigt. Insoweit haben und verfolgen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger über die Erfüllung der Pflichten hinaus, die ihnen im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung von Entsorgungssicherheit übertragen worden sind, auch im weiteren Sinne wirtschaftliche Interessen, weil mit den genannten Abfällen bei der Verwertung Erlöse zu erzielen sind. Diese Grundannahmen schließen das Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zu gewerblichen Sammlungen ein, die typischerweise ebenfalls auf getrennt gehaltene und zu sammelnde (werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen zugreifen oder zugreifen wollen.
88Es kann aber auch Konstellationen - wie die hier vorliegende - geben, in denen innerhalb einer Gebietskörperschaft zwei öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger neben- oder besser hintereinander tätig sind, deren Interessen jedenfalls hinsichtlich der Entsorgung von bestimmten (werthaltigen) Abfällen aus privaten Haushaltungen durchaus differieren können mit der Folge, dass nicht immer für beide ein Konkurrenzverhältnis zu einer gewerblichen Sammlung besteht. So obliegt in Nordrhein-Westfalen nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG den kreisangehörigen Kommunen das Einsammeln der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle, weiterhin die Beförderung zu den Abfallentsorgungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit diese vom Kreis oder in dessen Auftrag betrieben werden. Erst daran anschließend tritt die Zuständigkeit des Kreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 und 2 LAbfG ein, der insbesondere für die Verwertung zuständig ist. Diese Konstellation beinhaltet die Gefahr von - im weiteren Sinne wirtschaftlichen oder finanziellen - Interessenkonflikten zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, weil die kreisangehörigen Kommunen die Einsammlungs- und Transportkosten des Altpapiers zu tragen haben, jedoch nicht unmittelbar von etwaigen Erlösen aus der Verwertung der Abfälle profitieren. Dieser Interessenkonflikt hat vorliegend dazu geführt, dass im Gebiet des Beklagten einzelne kreisangehörige Kommunen Altpapier als "werthaltigen" Abfall aus privaten Haushaltungen nicht mehr einsammeln und dementsprechend auch eine Beförderung zu den im Auftrag des Beklagten betriebenen Anlagen entfällt, jedenfalls aber eine Überlassung an den Beklagten nicht mehr stattfindet. Dieser Interessenkonflikt ist weiterhin dafür verantwortlich, dass sich die Sammlung der Klägerin - wie oben aufgezeigt - konkurrenzlos durchsetzen konnte, weil die Stadt O. ab September 2008 jedenfalls faktisch ihre Entsorgungstätigkeiten - mit Blick auf die (beabsichtigte) gewerbliche Sammlung der Klägerin - eingestellt hat.
89Der Umstand, dass danach die Grundannahmen des Gesetzgebers nicht in allen Fällen zutreffen, rechtfertigt jedoch selbst dann, wenn man einen daraus folgenden Regelungsbedarf annimmt, nicht, gerade den Begriff der gewerblichen Sammlung einschränkend auszulegen. Da Konstellationen wie die zuvor dargelegte und hier vorliegende aus einem Interessenkonflikt zwischen mehreren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern untereinander resultiert, besteht keine Veranlassung, daraus Einschränkungen des Begriffs der gewerblichen Sammlung abzuleiten, mit dem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet wird oder werden soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass etwaigen Regelungsdefiziten im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG hinreichend Rechnung getragen werden kann.
90Ist danach von einer gewerblichen Sammlung sowohl im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG als auch der §§ 17, 18 KrWG auszugehen, kann deren Untersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG allerdings nicht damit begründet werden, dass es an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG mangelt.
91Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung des von der Klägerin eingesammelten Altpapiers die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt.
92Soweit § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Vereinbarkeit der Verwertung mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fordert, kann hier nicht damit argumentiert werden, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 KrWG vorliegt. Dies liefe auf einen unzulässigen Zirkelschluss hinaus. Da § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - wie ausgeführt - gerade eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht im Rahmen der Prüfung einer dieser Voraussetzungen, nämlich der ordnungsgemäßen Verwertung, auf die entgegenstehende Überlassungspflicht abgestellt werden.
93Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung "ordnungswidrig" machen.
94In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, dass die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz diene.
95Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
96§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe.
97Vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
98Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, dass jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung besteht, zur "Ordnungswidrigkeit" der Verwertung führt. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können.
99So auch Frenz, a. a. O., § 7 KrWG Rn. 84, m. w. N.
100Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen.
101Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die vom Beklagten geltend gemachten, aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem grundsätzlich zur Sammlung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt O. ) resultierenden etwaigen vergabe-, wettbewerbs-, kommunalabgaben- und steuerrechtlichen Verstöße, sämtlich als gegeben unterstellt, nicht dazu führen, dass die Verwertung als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist. Die (unterstellten) Verstöße haben weder einen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang noch ist ein Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten erkennbar. Im Übrigen erschließt sich weder, dass es sich bei den vom Beklagten ausgemachten Verstößen um solche der Klägerin handelt oder handeln soll, noch ist ersichtlich, dass sich die Klägerin im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße der Stadt O. zurechnen lassen müsste.
102Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen ferner keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegen, die auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung rechtfertigen.
103Was den Maßstab bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen anbelangt, ist eine eher strenge Beurteilung geboten.
104Ausgangspunkt für die Bestimmung (überwiegender) öffentlicher Interessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Begriff der Gefährdung der Funktionsfähigkeit, und zwar des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, eines von diesem beauftragten Dritten oder eines Rücknahmesystems. Das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit wird hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und eines von diesem beauftragten Dritten durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG weiter dahingehend definiert oder konkretisiert, dass eine solche Gefährdung gegeben ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (erste Alternative) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (zweite Alternative). Die zweite Alternative wird sodann allein im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten (Regel-)Beispiele weiter konkretisiert. Angesichts dieser Regelungssystematik leitet sich der Beurteilungsmaßstab vor allem aus der Wortwahl in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG ab, die auf eine Gefährdung (der Funktionsfähigkeit), eine Verhinderung (der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen) und eine wesentliche Beeinträchtigung (der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) abstellt. Zudem korrespondiert diese Einschätzung damit, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz Beeinträchtigungen, welche die Funktionsfähigkeit nicht in Frage stellen, hinzunehmen sind.
105Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
106Die zuvor geäußerte Einschätzung oder Wertung gilt auch in Ansehung der Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Diese gehen auf einen im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
107Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419).
108Aus der Begründung für diesen Änderungsantrag ergibt sich nicht, dass die Regelbeispiele den Ausgangspunkt des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, die (überwiegenden) öffentlichen Interessen unter anderem über die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen, oder aber den durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG vorgegebenen Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in Frage stellen sollten. Vielmehr haben die Regelbeispiele auch nach der Begründung des Änderungsantrags die Funktion, das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu konkretisieren. Zwar erschließt sich nicht ohne weiteres, ob bei der mit den Regelbeispielen vorgenommenen Konkretisierung dem übergeordneten Merkmal der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG jeweils hinreichend Rechnung getragen wurde. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, weil dadurch nicht in Frage gestellt wird, dass nach den vorstehenden Ausführungen bei der Prüfung überwiegender öffentlicher Interessen ein eher strenger Maßstab anzulegen ist.
109Diese Einschätzung erweist sich auch in Ansehung der übrigen Begründung in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien als zutreffend. So ergibt sich aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, dass die "kommunalen Überlassungspflichten" als EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig angesehen worden sind und als Rechtfertigungsgrund unter anderem auf Art. 106 Abs. 2 AEUV abgestellt worden ist. Diese Vorschrift stellt als Maßstab auf die rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung von übertragenen besonderen Aufgaben ab. Dieser Maßstab stimmt im Wesentlichen sowohl mit der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genannten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überein, wenn man darunter, was der Wortlaut nahelegt, auch die Gefahr einer Existenzvernichtung versteht, als auch mit der in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG genannten Verhinderung der Erfüllung von Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Ferner dient nach der Begründung des Änderungsantrags gerade das Merkmal oder der Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG dazu, sich "innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen" zu bewegen.
110Das Erfordernis eines eher strengen Maßstabs ergibt sich schließlich auch aus nationalen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Sammel- und Verwertungstätigkeit der Klägerin vom Grundsatz her - die für die Auslegung der §§ 17, 18 KrWG unerhebliche Besonderheit ausgeklammert, dass es sich bei der Klägerin um ein von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen handelt - um eine zulässige, vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 GG umfasste (gewerbliche) Tätigkeit handelt. Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst an,
111vgl. in diesem Sinne Bay. VGH, Beschlüsse vom 2. Mai 2013 - 20 AS 13.700 - und - 20 AS13.771 -, jeweils juris,
112ist auch dieses Grundrecht tangiert, weil sich die angefochtene Untersagungsverfügung zugleich als partielle (räumlich beschränkte) Gewerbeuntersagung darstellt.
113Dass die Betätigung der Klägerin grundrechtlichen Schutz genießt, heißt nicht, dass eine Beschränkung ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 12 GG reichen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus, um eine Einschränkung zu rechtfertigen, weil lediglich eine Berufsausübungsregelung in Rede steht.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.
115Als eine vom Grundsatz her zulässige Beschränkung stellt sich die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geregelte Überlassungspflicht dar, da sie nicht um ihrer selbst Willen angeordnet oder geschützt ist, sondern weil mit ihr vom Grundsatz her legitime öffentliche Interessen verfolgt werden.
116Die Überlassungspflicht rührt bereits aus Zeiten her, als die Abfallentsorgung als grundsätzlich öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und des Gesundheits- und Umweltschutzes angesehen wurde.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143.
118Sie wurde erstmals in § 3 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873) gesetzlich normiert und diente dazu, die Abfallbeseitigungspflicht der Gemeinden (und anderen Gebietskörperschaften) dadurch abzusichern, dass auch den Abfallbesitzern eine Verpflichtung auferlegt wurde, eben die der Überlassung (an den Beseitigungspflichtigen).
119Vgl. BT-Drucks. 6/3154, S. 2 f.
120Das tradierte Verständnis der öffentlich-rechtlichen Entsorgung jedenfalls von Haushaltsabfällen lag auch dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugrunde. Mit der damit im Zusammenhang stehenden Überlassungspflicht wollte der Gesetzgeber eine ordnungsgemäße, schadlose und damit umweltverträgliche Abfallentsorgung sichergestellt sehen.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, a. a. O.
122Dieses Grundverständnis der Überlassungspflicht liegt auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde, was sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt. Dieser verweist auf das Prinzip der Daseinsvorsorge, um die Überlassungspflicht zu begründen, welche eine Ausnahme vom Verursacherprinzip darstellt, von dem das Kreislaufwirtschaftsgesetz als Grundkonzeption ausgeht; ferner ist im Hinblick auf die Entsorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers davon die Rede, dass eine wirtschaftlich tragfähige Erfüllung dieser Aufgabe nur durch eine kongruente Überlassungspflicht abgesichert werden könne.
123Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
124Allerdings ist der Gesetzgeber (des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) selbst davon ausgegangen, dass die Überlassungspflicht, insbesondere im Hinblick auf getrennt gesammelte oder erfasste (in der Regel werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen, nicht in jedem Fall erforderlich ist, was die dezidierten Regelungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 KrWG zeigen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als nach der Begründung des Gesetzentwurfs befürchtet worden ist, dass ohne "kongruente" Überlassungspflicht die Abfallmengen und vorzuhaltenden Entsorgungskapazitäten für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht mehr berechenbar sind und dieser in seiner Planungs- und Funktionsfähigkeit im Kern gefährdet ist.
125Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
126Jedenfalls rechtfertigen die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG normierten Ausnahmen den Schluss, dass nicht in allen Bereichen der Abfallentsorgung aus Gründen der Daseinsvorsorge eine öffentlich-rechtliche Entsorgung stattfinden muss und sich dementsprechend auch die Überlassungspflicht nicht in jeden Fall "durchsetzen" muss. Von daher reicht die Feststellung allein, dass die Überlassungspflicht grundsätzlich von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird, nicht (mehr) aus, um zugleich eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzunehmen. Angesichts der vom Gesetzgeber normierten Ausnahmen, die, was sich im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergibt, gerade den hier in Rede stehenden Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen betreffen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überlassungspflicht in jedem Einzelfall rechtfertigungsbedürftig ist. Dies beurteilt sich entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG danach, ob überwiegende öffentliche Interessen die (Durchsetzung der) Überlassungspflicht erfordern, was aus den vorstehenden Gründen anhand eines strengen Maßstabs zu beurteilen ist. Etwas anderes erschiene zudem wertungswidersprüchlich, weil im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit Blick auf EU-rechtliche Vorgaben angenommene Rechtfertigungsbedürftigkeit der Überlassungspflicht kein anderer Maßstab gelten kann als für die Rechtfertigung eines Eingriffs in eine grundrechtlich geschützte Betätigung.
127Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegenstehen.
128Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt für das Vorliegen entgegenstehender (überwiegender) öffentlicher Interessen auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit ab.
129Im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG ist die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als eine Konstellation angesehen worden, in der überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift bestehen,
130vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C9.05 -, BVerwGE 125, 337,
131ohne dass jedoch näher bestimmt worden ist, was im Einzelnen unter Gefährdung der Funktionsfähigkeit zu verstehen ist. Mit Sicherheit wird dieses Merkmal erfüllt sein, wenn die Existenz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Sinne der errichteten Infrastruktur (vollständig) in Frage steht.
132Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 ("Planungs- und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kern gefährdet").
133Darauf beschränkt sich der Begriff jedoch nicht. Vielmehr sind in der zuletzt zitierten Entscheidung weitere Fallgestaltungen angesprochen, die nunmehr ihren Niederschlag in § 17 Abs. 3 KrWG gefunden haben. Deshalb ist davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an der zuvor zitierten Rechtsprechung (zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) orientiert hat. Dementsprechend handelt es sich bei der Begrifflichkeit "Gefährdung der Funktionsfähigkeit" in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Wesentlichen lediglich um einen Oberbegriff, mit dem die Fallkonstellationen angesprochen oder erfasst werden sollen, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen.
134Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen deshalb entgegenstehen, weil eines der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG bezeichneten Rücknahmesysteme in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wird.
135Zunächst erscheint es schlüssig, überwiegende öffentliche Interessen an der Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Rücknahmesystems festzumachen, weil ein solches System von seiner Funktion her durchaus als einem öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungssystem vergleichbar angesehen werden kann. Von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems ist auszugehen, wenn durch die gewerbliche Sammlung eine Erfüllung der dem System vorgegebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
136Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, dritter Absatz); siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C 9.05 -, a. a. O., und OVG Hbg., Beschluss vom 8. Juli 2008 - 1 Bs 91/08 -, NVwZ 2008, 1133.
137Für solche Auswirkungen der Sammlung ist hier nichts ersichtlich.
138Der Beklagte geht selbst davon aus, dass vertragliche Vereinbarungen der in O. faktisch das Einsammeln des Altpapiers besorgenden EGN mit der DSD und den übrigen Systembetreibern hinsichtlich der Sammlung von der PPK-Fraktion zuzurechnenden Verkaufsverpackungen im Gebiet der Stadt O. bestehen. Weiterhin geht der Beklagte davon aus, dass die EGN den Systembetreibern Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen erteilt oder erteilen kann, welche die Systembetreiber für ihre Nachweispflichten nach der Verpackungsverordnung benötigen. Hiervon ausgehend spricht nichts dafür, dass die von den Systembetreibern zu erfüllenden Erfassungs- und Verwertungsquoten in Frage stehen und deshalb das System gefährdet ist.
139Der Umstand, dass die bestehenden Verträge der EGN mit den Systembetreibern noch davon ausgehen, dass in O. eine kommunale Altpapiersammlung stattfindet, gibt nichts dafür her, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht erfüllt werden (können). Da die Sammlung lediglich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wurde, sich jedoch weder die Stellung der EGN als Beauftragte der Klägerin noch der Vorgang des Einsammelns des Altpapiers selbst geändert haben, spricht nichts für eine Beeinflussung der Erfassungs- und Verwertungsquoten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Quoten in der Zeit der kommunalen Sammlung nicht eingehalten wurden, liegen nicht vor. Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass die von der EGN auszustellenden Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen zweifelhaft erscheinen.
140Zwar mag davon auszugehen sein, dass die rechtliche Neukonstruktion der Sammlung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auch die Geschäftsgrundlage der Verträge der EGN mit den Systembetreibern berührt. Dies führt jedoch mit Blick auf § 313 BGB nicht zu einer Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Verträge, sondern begründet (lediglich) einen Anpassungsbedarf. Entsprechendes gilt, wenn man mit dem Beklagten einen Anpassungsbedarf auch deshalb bejaht, weil die vertraglichen Vereinbarungen eine Zahlungsverpflichtung der Systembetreiber gegenüber der EGN für die Erfassung und Entsorgung der Verkaufsverpackungen vorsehen, was mit Blick auf die derzeit bei der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse nicht mehr interessengerecht erscheinen mag. Dafür, dass eine Anpassung hier nicht möglich ist, spricht nichts, zumal der Beklagte selbst darauf hinweist, dass die EGN und die Systembetreiber weiter auf der Grundlage der bestehenden Verträge verfahren - was unschwer möglich ist, weil sich das tatsächliche Sammlungsgeschehen nicht geändert hat. Jedenfalls führt der Anpassungsbedarf nicht dazu, dass das Rücknahmesystem als solches, wie es in § 6 Abs. 3 VerpackV beschrieben ist, in der Weise in Frage steht, dass vorgeschriebene Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht mehr erreicht werden.
141Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass hier ein auf PPK-Verpackungen bezogener Widerruf der Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV, der möglicherweise ebenfalls als ein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu qualifizieren ist, im Raum steht. Ein solcher Widerruf droht hier auch nicht deshalb, weil es an einer Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV fehlt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV kommt ein Widerruf lediglich bei Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen in Betracht, nicht jedoch auch dann, wenn die Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV auf der Grundlage der gemeinsamen Erfassung von PPK-Verkaufsverpackungen und sonstigem Altpapier über eine öffentlich-rechtliche Sammlung erfolgt ist, was die Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV einschließt, und sich dieses System nachträglich dadurch ändert, dass - wie hier - die Erfassung nicht mehr über eine öffentlich-rechtliche Sammlung vorgenommen wird. Unabhängig davon fehlt es hier bezogen auf Altpapier an einem vorhandenen Sammelsystem eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV, weil die Stadt O. als für das Einsammeln zuständiger Entsorgungsträger ihre Tätigkeit betreffend Altpapier eingestellt hat.
142Das Vorliegen einer Systemgefährdung kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Verpackungsverordnung den Fall der Erfassung von Verkaufsverpackungen ausschließlich durch eine nicht-öffentlich-rechtliche (gewerbliche) Sammlung nicht vorsieht. Das (Rücknahme- oder Erfassungs-)System wird wesentlich über die in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen definiert. Diese Vorschrift gibt nichts dafür her, was ein ausschließlich nicht-öffentlich-rechtliches Erfassen und Sammeln ausschließt. Entsprechendes gilt für § 6 Abs. 4 VerpackV. Zwar liegt der Vorschrift offensichtlich die Vorstellung oder der Wunsch zugrunde, es möge auf jeden Fall zu einem quasi gemeinsamen (abgestimmten) System von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und Systembetreibern kommen. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Systems im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV ist dies jedoch nicht. Funktioniert - wie hier - ein "alternatives" System in dem Sinne, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten eingehalten oder erreicht werden, kann daraus kein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG konstruiert werden.
143Überwiegende öffentliche Interessen stehen der gewerblichen Sammlung der Klägerin ferner nicht deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
144Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG auch (eigenständig) auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines beauftragten Dritten abstellt. Dies beruht offensichtlich auf der Überlegung, dass in den Fällen der Drittbeauftragung die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers darstellt oder bewirkt. Dies ist schlüssig, weil die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung, wenn sie mittels einer Drittbeauftragung organisiert und sichergestellt ist, in Frage steht, wenn die Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten gefährdet wird. Dementsprechend kann vorliegend dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Rechnung getragen werden, wenn und soweit dieser sich für eine Drittbeauftragung entschieden hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ebenfalls eigenständig auch auf den beauftragten Dritten abstellt.
145Wann eine Funktionsgefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, bestimmt sich nach den beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen. Insoweit handelt es sich um jeweils zu prüfende eigenständige "Schutzobjekte".
146Vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 43.
147Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Existenz gefährdet wird. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Fall unter eine der beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen gefasst werden kann oder ob er - vorgelagert ("vor der Klammer") - bereits unter § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG fällt. Denn Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen nicht vor.
148Dabei ist nach den vorstehenden Ausführungen zugrundezulegen, dass der Gesetzgeber bei sämtlichen die Funktionsfähigkeit betreffenden Regelungen oder Konkretisierungen in § 17 Abs. 3 KrWG davon ausgegangen ist, Fallkonstellationen zu regeln, in denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Funktion befindet in dem Sinne, dass eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stattfindet und sich eine gewerbliche (oder gemeinnützige) Sammlung daneben etabliert hat oder etablieren will. Dies lässt sich insbesondere auch daran festmachen, dass in den Gesetzesmaterialien - wie oben ausgeführt - auf Konkurrenzsituationen abgestellt wird. Dementsprechend soll § 17 Abs. 3 KrWG insbesondere eine funktionierende öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung schützen.
149Dies vorausgeschickt hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt oder zumindest bezogen auf die Abfallart Altpapier in ihrer Existenz gefährdet ist.
150Dies gilt zunächst für die Entsorgung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Abfälle. Diesbezüglich ist die öffentlich-rechtliche Entsorgung im gesamten Kreisgebiet offensichtlich reibungslos "in Funktion", d. h. es findet keine Beeinträchtigung durch die Sammlung der Klägerin statt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Altpapiers in und aus denjenigen kreisangehörigen Kommunen, die Altpapier (öffentlich-rechtlich) über Drittbeauftragte erfassen (sammeln lassen) und es dem Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, dem nach § 5 Abs. 1 LAbfG die Verwertung obliegt, überlassen. Insoweit funktioniert die Verwertung, bei der sich der Beklagte der EGN und der X. als Drittbeauftragte bedient, ebenfalls offensichtlich reibungslos. Es ist auch weder vom Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Tätigkeit der X. als Drittbeauftragte deshalb in Frage gestellt ist und zukünftig in Frage steht, weil aufgrund der Sammlung der Klägerin die X. kein Altpapier aus O. verwerten kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der anderen kreisangehörigen Kommunen, die ihr Altpapier nicht über den Beklagten und die von diesem drittbeauftragte X. verwerten (lassen). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die X. gerade in Ansehung dessen ein Auftragsverhältnis gemäß § 22 Satz 1 KrWG mit dem oder zum Beklagten begründet hat, dass dieser die Verwertung von Altpapier aus Kommunen ausgeschrieben hatte, die ihm überhaupt kein Altpapier überließen, und es angesichts der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der vom Beklagten verfügten Sammlungsuntersagungen auch nicht absehbar war, dass sich daran zukünftig etwas ändert.
151Was Altpapier aus O. anbelangt, ist die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung dagegen außer Funktion. Die Stadt O. als nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG für das Einsammeln und Befördern zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat ihre Tätigkeit sowohl faktisch ab Mitte September 2008, als sie die Klägerin "gewerblich" sammeln ließ, als auch rechtlich jedenfalls ab Dezember 2010 eingestellt, indem das Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Damit hat sie auch die öffentlich-rechtliche Verwertung des Altpapiers aus O. außer Funktion gesetzt, weil bereits mangels öffentlich-rechtlicher Erfassung (Sammlung) des Altpapiers der Stadt O. kein solches mehr zur Verfügung stand und steht, um es dem Beklagten zur Verwertung zu überlassen.
152Die zuvor beschriebene Konstellation rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es liege ein Fall der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne einer Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung vor, dem mittels Durchsetzung der Überlassungspflicht gegenüber einer gewerblichen Sammlung Rechnung zu tragen ist. Dies käme möglicherweise in Betracht, wenn gerade eine gewerbliche Sammlung zur Existenzvernichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgung geführt hätte, indem die gewerbliche Sammlung mit der öffentlich-rechtlichen Erfassung (Sammlung) konkurriert und letztere vollständig verdrängt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit jedenfalls auf der maßgeblichen Ebene des Erfassens (Sammelns) seitens der Stadt O. freiwillig eingestellt wurde. Daran anschließend erschiene es wertungswidersprüchlich, wenn im Fall der freiwilligen Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit einer gewerblichen Sammlung, welche die Entsorgung anderweitig sicherstellt, überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden könnten mit der Begründung, die öffentlich-rechtliche Entsorgung sei in ihrer Funktion, d. h. in ihrer Existenz gefährdet. Denn die freiwillige Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit und die fehlende Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme indizieren, dass aus Gründen der Daseinsvorsorge die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit insoweit nicht erforderlich ist, was zugleich der Überlassungspflicht die Rechtfertigung nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entsorgungssicherheit in Frage stellende Lücken nicht auftreten, weil die gewerbliche Sammlung die Entsorgung- wie hier - flächendeckend sicherstellt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt O. nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 2 1. Spiegelstrich, Abs. 6 Satz 1 LAbfG zum Einsammeln und Befördern des Altpapiers verpflichtet war und ist. Die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG geht offensichtlich nicht dahin, einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger faktisch zur Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit zu bewegen.
153Ähnliches gilt im Hinblick auf den Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Zwar hat sich dieser, was die Verwertung von Altpapier aus O. anbelangt, nicht freiwillig außer Funktion gesetzt, sondern die Funktionslosigkeit beruht unmittelbar auf der Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit durch die Stadt O. . Abgesehen davon, dass nach der Gesetzeskonzeption - wie zuvor ausgeführt - im hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang des Verhältnisses von Überlassungspflicht und gewerblichen Sammlungen die Ebene des (Ein-)Sammelns maßgeblich ist oder sein soll, geht die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG auch nicht dahin, hier offen zutage getretene Interessenkonflikte zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Entsorgung des Altpapiers flächendeckend durch die gewerbliche Sammlung sichergestellt ist. Dafür, dass dies gegenwärtig oder prognostisch in absehbarer Zukunft nicht der Fall ist, hat der Beklagte nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte es jedenfalls bis zu den März 2010 vorgenommenen Anhörungen hinsichtlich einzelner Kommunen (etwa der Stadt L1. ) langjährig und hinsichtlich der Stadt O. ab September 2008 geduldet oder hingenommen hat, dass ihm kein Altpapier zur Verwertung überlassen wird, was ebenfalls indiziert, dass eine unter den Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge und der Entsorgungssicherheit notwendige Entsorgung (Verwertung) gerade durch den an sich zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht besteht.
154Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter den in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten beiden Gesichtspunkten vorliegt.
155Für eine Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) ist nichts ersichtlich.
156Die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Begrifflichkeit "wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen" erweist sich in dem hier gegebenen Kontext der Rechtfertigung der Pflicht zur Überlassung von Abfällen an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund eines (überwiegenden) öffentlichen Interesses als schwierig. Wird ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Rahmen der aus Gründen der Daseinsvorsorge gebotenen Aufgabe der Abfallentsorgung tätig, handelt er in erster Linie zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht. Darin liegt der Hauptzweck seines Tätigwerdens, was wirtschaftliche Erwägungen bei der Aufgabenerfüllung zwar nicht ausschließt (vgl. etwa § 7 Abs. 4 KrWG), jedoch der Annahme entgegensteht, die Wirtschaftlichkeit sei bestimmend für die Aufgabenerfüllung. Dies lässt sich unter anderem daran festmachen, dass die Abfallentsorgung insgesamt für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund der vorgegebenen Entsorgungsstandards ein "Zuschussgeschäft" ist, also eine wirtschaftliche Ausgewogenheit im Sinne eines wenigstens kostendeckenden Tätigwerdens von vornherein ausscheidet. Eine solche Ausgewogenheit ließe sich im Übrigen selbst dann nicht erreichen, wenn sämtliche getrennt gehaltenen und gesammelten "werthaltigen" Abfälle, aus deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) erzielt werden können, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen würden. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch nicht gezwungen, die Kosten der Abfallentsorgung irgendwie im Wirtschaftsverkehr, d. h. durch anderweitige wirtschaftliche Tätigkeiten zu refinanzieren, sondern die Aufgabenerfüllung ist über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren abgesichert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, was genau mit "wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen" im Hinblick auf die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Entsorgungspflichten gemeint ist.
157Den Gesetzesmaterialien lassen sich insoweit keine weitergehenden Anhaltspunkte oder Hinweise entnehmen. Zwar wird betont, dass mit den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen die Belastungsschwelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers präzisiert werde und Maßstab für die Funktionsfähigkeit die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht aller Haushaltsabfälle sei.
158Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, letzter Absatz).
159Dies hilft jedoch nicht weiter, weil sich die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht an den materiellen Anforderungen an die Abfallentsorgung auszurichten hat und nach den vorstehenden Ausführungen nicht wirtschaftlich ausgewogen im Sinne von wenigstens kostendeckend betrieben werden kann. Von daher erschließt sich nicht, welche "Belastungsschwelle" gemeint sein könnte, die über das Merkmal der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen vollzugsfähig präzisiert werden könnte.
160Es hilft ferner nicht weiter, dass sich der Gesetzgeber jedenfalls nach den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag) orientieren wollte. Die diesbezüglich in den Materialien zitierten beiden Entscheidungen
161- EuGH, Urteile vom 15. November 2007- C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911, und vom 17. Mai 2001 - C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109 -
162konkretisieren ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hinreichend, was im Einzelnen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist. Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen gehört, führt das hier nicht weiter. Dies bezieht sich nämlich auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf.
163Vgl. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, Slg. 1993, I-2563.
164Gerade der Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen trifft auf einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedoch nur bedingt zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation auch von derjenigen in der zuletzt zitierten Entscheidung, in welcher dem dortigen Unternehmen vorgegeben war, bestimmte Leistungen zu einheitlichen (teilweise nicht kostendeckenden) Gebühren zu erbringen. Aber auch wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger- unter Ausblendung der vollständigen Refinanzierungsmöglichkeit über Gebühren - wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansieht, kann aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den vorstehenden Ausführungen nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde. Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung der Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Kostendeckung erreicht würde.
165Dies vorausgeschickt kann sich der Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm oder der Stadt O. angesichts des ausbleibenden Altpapiers aus O. die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung genommen wird. Rein wirtschaftlich gesehen, d. h. unter Ausblendung von Gebührenaspekten, bringt die Verwertung von Altpapier dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger keinen (wirtschaftlichen) Vorteil, weil er die Erlöse aus der Verwertung - kostenbereinigt - an die kreisangehörigen Kommunen weiterreicht, d. h. auf Kreisebene findet eine "Quersubventionierung" im Sinne eines Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen ohnehin nicht statt. Im Übrigen erschließt sich nicht, was auf dieser Ebene wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen sein sollten, wenn die theoretisch erzielbaren Einnahmen aus der Verwertung sämtlichen im Kreisgebiet anfallenden Altpapiers auch nicht ansatzweise ausreichen, um die Kosten der Abfallentsorgung im Übrigen zu decken. Was die Stadt O. anbelangt, kann ohnehin nicht mit wirtschaftlichen Aspekten argumentiert werden, weil dieser lediglich unrentable Tätigkeitsbereiche obliegen (Einsammeln und Befördern des Altpapiers sowie des übrigen Abfalls). Der Umstand, dass die Stadt O. diesen Tätigkeitsbereich praktisch aufgegeben hat und damit Kosten einspart, indiziert im Übrigen, dass sie diesen Weg auch in Ansehung der Praxis des Beklagten, Erlöse aus Verwertung von Altpapier an die Kommunen weiterzureichen, anscheinend für wirtschaftlich(er) hält. Dies gilt hier auf jeden Fall deshalb, weil die Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers bei ihrem Tochterunternehmen, der Klägerin, verbleiben, über das sie jedenfalls mittelbar auf die Erlöse zugreifen kann. Es ist schließlich weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass das ausbleibende Altpapier aus O. (und weiteren kreisangehörigen Kommunen) (mit-)ursächlich dazu geführt hat oder führt, dass es nicht mehr möglich ist, Entsorgungsleistungen für andere Abfälle zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen von Drittbeauftragten erfüllen zu lassen.
166Weiterhin kann unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden. Dementsprechend ist dem Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG eine Berufung darauf verwehrt, dass er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbringen könne - was der Sache nach wieder auf den Aspekt der Quersubventionierung hinausliefe.
167A. A. VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012- 4 K 1905/10 -, a. a. O., Rn. 85 ff.
168Bereits aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG ist abzuleiten, dass gebührenrechtliche Aspekte bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen - keine Rolle spielen (sollen). Abgesehen davon, dass den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden kann, dass bei der Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG gerade oder auch gebührenrechtliche Aspekte eine Rolle gespielt haben, hat der Gesetzgeber, was § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeigt, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
169Im Weiteren ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass mit wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auf jeden Fall etwas anderes gemeint ist oder sein muss als die Möglichkeit, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichten über (öffentlich-rechtliche) Gebühren zu refinanzieren. Von daher kommt es bereits vom Ansatz her nicht in Betracht, wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen über die Gebührenhöhe zu bestimmen oder davon abhängig zu machen.
170Was die zweite Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - einschließlich der insoweit (allein) im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satz 3 erfolgten Konkretisierungen anbelangt, rechtfertigt sie ebenfalls nicht die Annahme, dass die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen (überwiegender) öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist.
171Die Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG geht ebenso wie die nachfolgenden Konkretisierungen des Satzes 3 auf den bereits oben erwähnten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
172Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419 vom 25. Oktober 2011, S. 1).
173Soweit dort der Änderungsvorschlag damit begründet worden ist, dass mit der Änderung im Verhältnis zu der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu einem eigenständigen Schutzobjekt aufgewertet würden, entspricht das zwar der zuvor vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Gefährdung der Funktionsfähigkeit dahingehend, dass es sich im Wesentlichen um einen Oberbegriff handelt, mit dem zusammengefasst diejenigen Konstellation angesprochen werden, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen. Dementsprechend stellt das "eigenständige Schutzobjekt" Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Fall einer diesbezüglichen wesentlichen Beeinträchtigung eben eine Konstellation dar, in der überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Allerdings lassen sich der Begründung des Änderungsvorschlags keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, was im Einzelnen mit Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemeint ist.
174Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KrWG, der eine Berücksichtigung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorsah und diesbezüglich zur Begründung ausführte, dass es von Bedeutung sein könne, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
175Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88
176Diese Begründung deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG,
177vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.,
178in der es heißt:
179"Auf der Grundlage des tradierten öffentlichen Entsorgungssystems für Hausmüll ist mit hohem Aufwand und mit Blick auf die Verpflichtung zur flächendeckenden und umfassenden Entsorgung eine entsprechende Infrastruktur auch mit öffentlichen Mitteln errichtet worden. Angesichts dessen können überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung schon dann entgegenstehen, wenn die Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach sich zieht. Ob diese Schwelle überschritten ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände feststellen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur - zum Beispiel durch Vorhaltung von Personal für den Fall, dass der gewerbliche Sammler infolge veränderter Marktbedingungen seine Tätigkeit einstellen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger deshalb möglicherweise unvermittelt zur Übernahme der Entsorgungstätigkeit genötigt sein sollte - gezwungen würde oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen erschwert bzw. Ausschreibungsverfahren unterlaufen würden."
180Davon ausgehend liegt ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG hier nicht vor. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfolgten Konkretisierungen.
181Die Voraussetzungen des in der Nr. 1 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiels für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen offensichtlich nicht vor. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Daran fehlt es aber, weil es bereits an einer Erfassung durch den insoweit zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Stadt O. , fehlt und deshalb de facto auch keine öffentlich-rechtliche Verwertung stattfindet.
182Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich weiterhin nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird.
183Dieses Regelbeispiel bedarf der Auslegung. Der Begriff der Gebührenstabilität ist aus sich heraus nicht recht verständlich, weil die Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden müssen. Dies ist deshalb erforderlich, weil auch die Kosten der Abfallentsorgung nicht stabil (gleichbleibend) sind, was sich schon an dem stetig gestiegenen pauschalen Entsorgungspreis festmachen lässt, den der Beklagte an die EGN zu entrichten hat. Soweit Erlöse aus der Altpapierverwertung die Kosten der Abfallentsorgung insgesamt reduzieren und auf diese Weise Einfluss auf die Gebührenhöhe haben, handelt es sich ebenfalls nicht um einen stabilen (gleichbleibenden) Vorgang, weil die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse grundsätzlich vom (schwankenden) Marktpreis des Altpapiers abhängig sind. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es einen wie auch immer gearteten gebührenrechtlichen "Stabilitätsgrundsatz" gibt, der zur Auslegung herangezogen werden könnte. Zwar erscheint es durchaus möglich, hinsichtlich der Gebührenerhebung oder der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit aus abfallrechtlicher Sicht Maßgaben zu formulieren. Praktische Bedeutung haben solche Maßgaben jedoch nur dann, wenn sie sich auch umsetzen lassen, was voraussetzt, dass sie mit den allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sind. Daran fehlt es hier, weil eine aus abfallrechtlicher Hinsicht gebotene oder wünschenswerte Stabilität der Abfallgebühren im Sinne einer weitgehend gleichbleibenden Gebührenhöhe nicht damit zu vereinbaren ist, dass die Gebührenhöhe von den Entsorgungskosten abhängt, die ihrerseits eben nicht stabil (gleichbleibend) sind. Dies gilt, wie ausgeführt, auch für die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse.
184Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG gibt für eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nichts her. In der Begründung des Änderungsantrags des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, auf den die Vorschrift zurückgeht, findet sich lediglich der Hinweis, dass mit der zuvor genannten Vorschrift "Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden" können.
185Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (= Ausschussdrucksache 17(16)419, S. 3).
186Sollte der Gesetzgeber dabei den (idealtypischen) Fall vor Augen gehabt haben, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Gebührenkalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von (werthaltigen) Abfällen "wegnimmt" mit der Folge, dass eine Unterdeckung auftritt und eine mit einer Gebührenerhöhung verbundene Neukalkulation der Gebühren während des laufenden Kalkulationszeitraums erforderlich ist,
187vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013- AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 87,
188liegt nach den vorstehenden Ausführungen auf der Hand, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist, weil jedenfalls seit dem Jahr 2009 die Abfallgebühren ohne Berücksichtigung des Altpapiers aus O. kalkuliert wurden.
189Der Bedeutungsgehalt des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erschließt sich erst recht nicht aus der Systematik des gesamten Absatzes 3, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Satz 4. Danach gilt unter anderem Satz 3 Nr. 2 nicht, wenn- verkürzt dargestellt - die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die öffentlich-rechtliche. Zwar mag es noch schlüssig erscheinen, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (Satz 2 Alt. 2) als prägende Merkmale der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Satz 1) mittels eines wie auch immer genau zu verstehenden Gebühren(stabilitäts)aspekts (Satz 3 Nr. 2) zu konkretisieren. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum oder unter welchem Gesichtspunkt die größere Leistungsfähigkeit einer gewerblichen Sammlung ausschlaggebend dafür sein soll, dass es auf die aufgrund eines Gebührenaspekts bestehende Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ankommt.
190Einen "plausiblen" Ansatz, dem Gebührenaspekt im Rahmen der hier zur Entscheidung stehenden Frage Rechnung zu tragen, ob die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen - definiert über die (Gefährdung der) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Entsorgungsträgers, diese wiederum definiert über (die wesentliche Beeinträchtigung) dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - erforderlich ist, bietet die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger über die Erfüllung der Entsorgungspflichten hinaus verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gebühren für die Entsorgung des gesamten Hausmülls in einem noch vertretbaren und akzeptierten Rahmen halten. Darauf hat das erkennende Gericht - im Hinblick auf überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG - bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgestellt
191- vgl. Beschluss vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 -
192und diesbezüglich ausgeführt:
193"Der nach Abzug der Kosten u. a. für das Einsammeln des Altpapiers verbleibende Überschuss aus der Vermarktung des Altpapiers beläuft sich nach der Ordnungsverfügung auf bis zu ca. 47,00 Euro/t. Legt man die mit der Beschwerde auf ca. 15.000 t/Jahr veranschlagte Altpapiermenge aller für die zusätzliche Einbeziehung in die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Antragsgegners in Rede stehenden Gemeinden des Kreisgebiets zugrunde, ergibt sich für den Gebührenhaushalt des Antragsgegners eine zusätzliche Einnahme von bis zu ca. 700.000,00 Euro/Jahr. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass ein Betrag in dieser Höhe die von den privaten Haushalten aufzubringenden Abfallgebühren in ihrer Größenordnung wesentlich bestimmt oder finanziell substantiell für die kurz- oder langfristige Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ist. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, dass die fragliche Einnahme in der Vergangenheit nicht erzielt worden ist, ohne dass geltend gemacht würde, die öffentlich-rechtliche Entsorgung einschließlich ihrer Finanzierung durch Gebühren sei übermäßig belastet gewesen. Gewerbliche Sammlungen beschränken sich typischerweise auf werthaltige Abfälle und stellen damit potentiell immer einen Faktor dafür dar, durch ihre behördliche Unterbindung die durch Abfallgebühren zu deckenden Gesamtkosten der Hausmüllentsorgung zu senken. Das besagt aber nicht aus sich heraus, dass einer solchen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen."
194Daran ist auch im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG festzuhalten, der ebenso wie die anderen Regelungen des Absatzes 3 überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG definiert, so dass der gleiche Regelungszusammenhang und die gleiche Interessenlage wie bei § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gegeben ist. Der Beklagte hat zudem im Anschluss an den zuvor zitierten Beschluss nichts dargetan, was eine andere Einschätzung rechtfertigt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, dass bei ihm ausbleibende Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers relevante Gebührenauswirkungen im Sinne der zuvor zitierten Ausführungen haben. Vielmehr zeigen die von ihm vorgelegten Gebührenkalkulationen für das Jahr 2012 mit und ohne Berücksichtigung der Altpapiermengen aus K. , L1. und O. , dass allenfalls von marginalen, nicht ins Gewicht fallenden Gebührenauswirkungen gesprochen werden kann. Nach diesen Kalkulationen bewirken die ausbleibenden Papiermengen aus den Kommunen K. , L1. und O. , dass 1.086.409 € weniger an Vergütungen (aus den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers) an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Kosten der Abfallentsorgung des Beklagten im Übrigen über 25,5 Mio. € kalkuliert werden, machen die (ausbleibenden) Erlöse für die Papiermengen aus den zuvor genannten Kommunen lediglich gut vier Prozent des erforderlichen Gebührenaufkommens aus. Bezogen auf die Gesamtkosten der Abfallentsorgung, die über Gebühren von den Bürgern der kreisangehörigen Kommunen "refinanziert" werden müssen, ist der zuvor bezeichnete Erlösanteil aus der Altpapierverwertung noch geringer, weil in den Kalkulationen des Beklagten die in oder bei den Kommunen gegebenenfalls anfallenden Sammlungs- und Beförderungskosten für das Altpapier nicht enthalten sind.
195Daran anschließend greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, die Stadt O. könne mangels öffentlich-rechtlicher Erlöse aus der Altpapierverwertung überhaupt keine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung durch Erlöse aus der Altpapierverwertung -, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass nach den zuvor genannten Zahlen eine relevante Gebührensenkung im Raum stünde, wenn denn die Stadt O. vom Beklagten Vergütungen aus der Altpapierverwertung erhielte. Unabhängig davon, dass die Vergütungen im Verhältnis zu den übrigen Entsorgungskosten ohnehin nicht wesentlich ins Gewicht fielen, müssten der Stadt O. entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten in Abzug gebracht werden, die relevante Gebührenauswirkungen (Senkungen) unwahrscheinlich machten.
196Sollte der Beklagte den Begriff der (Gefährdung der) Gebührenstabilität dahingehend interpretieren, es seien jeweils die niedrigst möglichen Gebühren zu erheben kann, wäre dieser Ansatz verfehlt, weil er überwiegende öffentliche Interessen in einer Weise konkretisierte, die mit dem nach den vorstehenden Ausführungen insoweit anzulegenden strengen Maßstab nicht zu vereinbaren wäre. Dieser Ansatz führte nämlich dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die - arg ex § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG - gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um "werthaltige" Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung "entzogen" werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigst möglichen Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis zu höheren Gebühren führt.
197Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
198Was den Schutzzweck oder die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst klarzustellen, dass es nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies auf den ersten Blick nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen "unterlaufen" wird. Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen.
199Was die Stadt O. anbelangt, hat diese weder einen Dritten aufgrund eines Vergabeverfahrens beauftragt noch ist ersichtlich, dass Entsprechendes in absehbarer Zeit ansteht. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise in wettbewerbswidriger Weise im Gebiet der Stadt O. hinsichtlich des Einsammelns von Altpapier faktisch eine Monopolstellung erlangt hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen keine Konstellation, die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfasst wird.
200Schwierigkeiten des Beklagten, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten zu finden, der die Altpapierentsorgung (Verwertung) - potenziell auch hinsichtlich des Altpapiers aus O. - übernimmt, können ausgeschlossen werden, weil der Beklagte mit der X. einen solchen Dritten gefunden hat. Soweit es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hat, beruhten diese nicht darauf, dass die Klägerin vor und zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits in O. sammelte. Diesem Umstand hätte im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Altpapiermengen aus O. außer Ansatz geblieben wären. Denn eine (zwingende) Notwendigkeit, die Ausschreibung auch auf den Fall zu erstrecken, dass die Klägerin ihre Sammlung einstellt, in O. wieder öffentlich-rechtlich gesammelt und das Altpapier dem Beklagten überlassen wird, hat nicht bestanden. Im Übrigen ist dieser Konstellation im Rahmen der Ausschreibung durch eine entsprechende mengenmäßige Staffelung Rechnung getragen worden. Die Ungewissheit, ob dieser Fall zum Tragen kommt, beruhte nicht auf der Sammlung der Klägerin, sondern darauf, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits untersagt hatte und Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagung bestand.
201Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung aufgrund eines "Unterlaufens" der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Der Annahme einer Gefährdung steht bereits entgegen, dass die X. in Kenntnis der (ständig durchgeführten) Sammlung der Klägerin ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten eingegangen ist. Im Übrigen ist weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten durch die Drittbeauftragte in Frage steht. Zwar mag es als ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens angesehen werden, dass sich die Klägerin nach wie vor in O. sammelt, obwohl sich im Vergabeverfahren die X. durchgesetzt hat. Da es jedoch - wie eingangs aufgezeigt - nicht um den Schutz des Vergabeverfahrens oder von Wettbewerbern geht, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, solange dadurch die Erfüllung der Entsorgungspflichten im Wege der Drittbeauftragung nicht in Frage gestellt wird.
202Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte.
203Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der- insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommen-de - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
204Im Anschluss an die Ausführungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne einer Existenzgefährdung gilt hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung im Bereich der Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, dass diese reibungslos funktioniert, insbesondere durch die klägerische Sammlung keine "Strukturen" (wesentlich) beeinträchtigt werden. Demgegenüber gibt es im Bereich der Entsorgung von Altpapier aus O. keine (zu schützenden) öffentlich-rechtlichen Strukturen (mehr), da die Stadt O. weder selbst noch über einen Drittbeauftragten tätig ist. Dass die Verwertungsstrukturen des Beklagten für das übrige Altpapier wesentlich beeinträchtigt werden, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte überwiegend keine eigenen Entsorgungsstrukturen geschaffen hat und er dementsprechend zur Erfüllung seiner Entsorgungspflichten keine eigenen personellen und sächlichen Mittel einsetzt, sondern sich (beauftragter) Dritter bedient hat und bedient, derzeit der X. und der EGN. Auf die solchermaßen organisierte öffentlich-rechtliche Altpapierverwertung hat die Sammlung der Klägerin bei ihrem Beginn allenfalls insoweit Einfluss gehabt, als sie eine Änderung des - seinerzeit allein bestehen-den - Entsorgungsvertrags zwischen dem Beklagten und der EGN zur Folge hatte. Es ist schon fraglich, ob das Ausbleiben von Altpapier aus O. aufgrund der Sammlung der Klägerin für die EGN überhaupt einen zureichenden Grund dargestellt hat, um vom Beklagten eine Anpassung des Entsorgungsvertrags zu verlangen. Jedenfalls ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass diese Vertragsänderung als wesentliche Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen Verwertungsstrukturen hinsichtlich Altpapier zu qualifizieren sein könnte. Soweit der Beklagte (als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) danach weitere Änderungen der Strukturen der öffentlich-rechtlichen Altpapierverwertung vorgenommen hat, indem er nach entsprechender Ausschreibung die X. auch mit der Verwertung von Altpapier aus O. beauftragt hat, ist das bereits keine Änderung gewesen, die wesentlich durch die Sammlung der Klägerin bedingt oder dieser zuzurechnen war. Denn solange keine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers aus O. erfolgte, bestand keine Notwendigkeit, einen Dritten mit der Verwertung von Altpapier aus O. zu beauftragen. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin durch den Beklagten ändert daran nichts, weil unabhängig von der (seinerzeit) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sammlungsuntersagung diese nicht unmittelbar bewirkt hätte, dass wieder eine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers stattfindet. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig eine Änderung der Altpapierverwertungsstrukturen des Beklagten veranlasst wäre, die als wesentliche Beeinträchtigung der Strukturen zu qualifizieren und unmittelbar durch die Sammlung der Klägerin veranlasst wäre.
205Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Altpapier aus O. für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt.
206Dies gilt zunächst für das öffentlich-rechtliche Einsammeln und Befördern des Altpapiers. Da die Klägerin bei ihren bisherigen Aktivitäten in weitgehender Abstimmung mit der Stadt O. agiert hat, kann als sehr wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass die Funktionsfähigkeit des für das Einsammeln und Befördern zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Stadt O. ) schnellstmöglich dadurch wiederhergestellt werden könnte und würde, dass der vorübergehend ruhend gestellte Vertrag aus Februar 1996 wieder "aktiviert" würde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass weitere (der Form nach) private Unternehmen zur Verfügung stehen, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln und Befördern des Altpapiers im Auftrag der Stadt O. übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden, zumal die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit nicht zwingend das Sammeln im Holsystem mittels auf sämtlichen privaten Grundstücken aufgestellter Tonnen voraussetzt, sondern auch mittels Altpapiercontainern bewerkstelligt werden kann.
207Weiterhin ist auch im Hinblick auf die dem Beklagten obliegenden Entsorgungspflichten (Verwertung) nicht ersichtlich, dass deren Erfüllung im Fall der Einstellung der klägerischen Sammlung nicht gewährleistet und sichergestellt ist. Auch der Beklagte erfüllt die ihm obliegenden Entsorgungspflichten - wie ausgeführt - überwiegend nicht selbst, sondern bedient sich gegenwärtig gemäß § 22 Satz 1 KrWG auch für die Altpapierverwertung Dritter, nämlich der X. und der EGN. Speziell der mit der X. geschlossene Entsorgungsvertrag beinhaltet auch die Verwertung von Altpapier aus O. , so dass dessen Verwertung auch dann sichergestellt ist, wenn die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellen und das Altpapier aus O. dem Beklagten zur Verwertung überlassen würde. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Vergangenheit vorgenommenen Anpassungen des bis Ende 2016 laufenden Entsorgungsvertrags mit der EGN, die gerade im Hinblick auf wechselnde von den kreisangehörigen Kommunen angelieferte und überlassene Altpapiermengen sowie veränderte Marktpreise für Altpapier vorgenommen wurden, zeigen, dass veränderten Verhältnissen im Ergebnis eben mittels Vertragsänderungen Rechnung getragen werden konnte und wurde. Insoweit ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass diese Vertragsänderungen auf der Seite der drittbeauftragten EGN wesentliche Änderungen der Entsorgungsstrukturen erforderten oder nach sich zogen - der Beklagte verfügt, wie ausgeführt, nicht über eigene Entsorgungsstrukturen. Entsprechendes gilt für die X. , deren mit dem Beklagten geschlossener Entsorgungsvertrag von vornherein unterschiedliche Fallkonstellationen hinsichtlich der Verwertung von Altpapier aus unterschiedlichen Kommunen abdeckt.
208Der Umstand allein, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegebenenfalls aufgrund einer gewerblichen (Altpapier-)Sammlung gezwungen ist, einen bestehenden Entsorgungsvertrag mit einem Drittbeauftragten anzupassen, reicht nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen. Soll die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen im Bereich der nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fallenden Abfälle nicht leerlaufen, muss (auch) der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung mittels oder über Drittbeauftragungen "organisiert" und seine Planungen auf die insoweit abgeschlossenen Entsorgungsverträge ausgerichtet hat, gewisse (unwesentliche) Beeinträchtigungen hinnehmen. Wo in diesem Bereich die Grenze zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung zu ziehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Hier kann jedenfalls nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil die - unterstellt - durch die Sammlung der Klägerin veranlasste oder erforderlich gewordene Vertragsänderung nicht über die Änderungen hinausgeht, die - unabhängig von einer gewerblichen Sammlung - bereits zuvor wegen veränderter Verhältnisse und Preise im Altpapierbereich vorgenommen worden sind. Zudem war und ist der Beklagte nicht gezwungen, von dem (auch) im Altpapierbereich gewählten "Organisationsmodell" der Drittbeauftragung vollständig Abstand zu nehmen. Sollten Drittbeauftragte durch eine gewerbliche Sammlung erforderlich gewordene oder werdende Vertragsänderungen zum Anlass nehmen, von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger "Ausgleichszahlungen" zu verlangen, handelte es sich nicht um einen Gesichtspunkt, der von dem Begriffsmerkmal "Planungssicherheit und Organisationsverantwortung" erfasst würde. Zu denken wäre eher an § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte für Änderungen des Entsorgungsvertrags mit der EGN, die nicht (unmittelbar) durch gewerbliche Sammlungen veranlasst waren, Ausgleichszahlungen zu leisten hat, ohne dass er geltend gemacht hätte oder sonst davon die Rede gewesen wäre, es lägen keine wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen mehr vor. Angesichts dessen erschließt sich nicht, dass eine andere Beurteilung nur deshalb geboten sein sollte, weil (unterstellt) eine mit einer "Ausgleichszahlung" einher gehende Vertragsänderung durch eine gewerbliche Sammlung ausgelöst wurde.
209Abschließend ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Untersagungsverfügung auch dann nicht als rechtmäßig erwiese, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG verneinte und dementsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Das liegt auf der Hand, wenn man in diesem Fall § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für entsprechend anwendbar hält. Etwas anderes ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig außer Betracht lässt und auf § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage abstellt.
210Eine erforderliche Anordnung zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kommt zwar auch zur Durchsetzung der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung. Ein solcher Fall läge hier vom Ansatz her vor, wenn man die Gewerblichkeit der Sammlung der Klägerin verneinte, weil die Klägerin dann das von ihr gesammelte Altpapier aus privaten Haushaltungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überließe und insoweit die Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bereits mangels einer gewerblichen Sammlung nicht griffe.
211Gleichwohl trüge § 62 KrWG die Untersagungsverfügung nicht, weil diese sich als unverhältnismäßig darstellte und es sich dementsprechend nicht um eine erforderliche Anordnung im Sinne der Vorschrift handelte. Insoweit käme ebenfalls das zuvor Ausgeführte zum Tragen, dass nämlich die Überlassungspflicht nicht um ihrer selbst willen geschützt ist und sie sich angesichts der normierten Ausnahmen nicht stets durchsetzen (und durchgesetzt werden) muss, sondern im Einzelfall festzustellen ist, dass ihre Durchsetzung wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten ist, solche Interessen hier jedoch nicht bestehen. Diese im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG getroffenen Feststellungen würden in gleicher Weise Geltung beanspruchen, wenn man § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage der Sammlungsuntersagung ansähe, weil die Sammlung der Klägerin als grundrechtlich geschützte Betätigung nicht weniger schutzwürdig ist als eine gewerbliche Sammlung im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Mangels Verhältnismäßigkeit käme es im Übrigen auf etwaige vom Beklagten angesichts der geänderten Rechtslage zulässigerweise nachgeschobene Ermessenserwägungen nicht an.
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
213Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde.
Der Auflagenbescheid des Beklagten vom 15.10.2013 wird aufgehoben, soweit die gewerbliche Sammlung bis zum 31.12.2014 befristet wurde.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Im Mai 2013 zeigte die Klägerin beim Beklagten gemäß § 18 KrWG an, dass die Sammlung von Alttextilien, Altkleidern, Schuhen etc. im Kreis Borken geplant sei, unter anderem auch in Ahaus. Nach Anhörung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden erließ der Beklagte einen Auflagenbescheid vom 15.10.2013. Dieser enthielt neben verschiedenen Nebenbestimmungen eine Befristung der gewerblichen Sammlung in der Stadt Ahaus bis zum 31.12.2014. Begründet wurde dies im Bescheid damit, dass die Befristung erforderlich und auch angemessen sei, um zum Fristablauf zu prüfen, ob die Klägerin als Anzeigende weiterhin die notwendige Zuverlässigkeit besitze und ob der weiteren Sammlung dann überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden.
3Gegen die Befristung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Sie trägt zur Begründung unter anderem vor:
4Aus den Verwaltungsvorgängen ergebe sich nicht ansatzweise ein Erfordernis, nach Ablauf von einem Jahr zu prüfen, ob öffentliche Interessen in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt seien. Die Stadt Ahaus führe keine eigene Altkleidersammlung durch. Die Befristung sei zudem ermessensfehlerhaft ausgesprochen. Es sei nicht erkennbar, welche Tatsachen bei der Frage, ob eine Befristung auszusprechen sei, berücksichtigt worden seien.
5Die von der Klägerin geplante Sammlung solle dauerhaft betrieben werden, mindestens jedoch drei Jahre, wie im Anzeigeverfahren mitgeteilt. Es sei nicht möglich, lediglich für den Zeitraum von nicht einmal einem Jahr die geplante Sammlungstätigkeit wirtschaftlich vertretbar zu organisieren. Es müssten privatrechtliche Mietverträge über die Stellplätze abgeschlossen werden, die eine entsprechende Mindestdauer von mehreren Jahren hätten. Es sei nicht möglich, die Betriebsabläufe zur Durchführung der Sammlungstätigkeit jetzt einzurichten, ohne Gewissheit dafür zu haben, dass die Sammlung längerfristig durchgeführt werden könne.
6Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Auflagenbescheid vom 15.10.2013 aufzuheben, soweit eine Befristung der Sammlung bis zum 31.12.2014 ausgesprochen wurde, sowie den Beklagten zu verpflichten, die von der Klägerin angezeigte Sammlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
7Unter Zurücknahme der Klage im Übrigen beantragt die Klägerin nunmehr,
8den Auflagenbescheid vom 15. Oktober 2013 aufzuheben, soweit eine Befristung der Sammlung bis zum 31. Dezember 2014 ausgesprochen wurde.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung trägt er unter anderem vor:
12Die Befristung sei erforderlich, um zum Fristablauf auf der Grundlage der dann zu erhebenden Daten prüfen zu können, ob die Klägerin weiterhin die notwendige Zuverlässigkeit besitze und die von ihr durchgeführte Sammlung überwiegende öffentliche Interessen gefährde. Die Stadt Ahaus habe vorgehabt, selbst die Rechte und Pflichten aus dem KrWG und dem LAbfG wahrzunehmen. Inzwischen habe der Kreis Borken mit fast allen kreisangehörigen Städten und Gemeinden - auch mit der Stadt Ahaus - eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung geschlossen, wonach das Einsammeln und Befördern von Alttextilien und Schuhen auf den Kreis übertragen worden sei. Hiermit solle ab dem 1.1.2015 begonnen werden. Deshalb sei konkret zu erwarten, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG entgegenstünden.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
15Die Anfechtungsklage ist erfolgreich.
16I.
17Sie ist zulässig.
18Die Klägerin wendet sich gegen die ausgesprochene Befristung, die der Beklagte auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 S. 1 KrWG getroffen hat. Statthafte Klageart hierfür ist die Anfechtungsklage und nicht die Verpflichtungsklage, da es sich bei den in § 18 Abs. 5 S. 1 KrWG genannten Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht um Nebenbestimmungen im Sinne von § 36 VwVfG, sondern um eigenständige Verwaltungsakte handelt. Hier steht nicht die Erteilung einer Erlaubnis bzw. Genehmigung infrage, sondern lediglich ein Anzeigeverfahren, so dass für eine Verpflichtungsklage von vornherein kein Raum ist.
19Vgl. Jarass/Petersen, KrWG, 1. Aufl. 2014, § 18Rn. 68,111 m.w.N.
20II.
21Die Anfechtungsklage ist auch begründet.
22Die Befristung im angefochtenen Auflagenbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 S. 1 VwGO).
23Mögliche Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist § 18 Abs. 5 S. 1 KrWG. Danach kann die zuständige Behörde eine angezeigte Sammlung zeitlich befristen, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG sicherzustellen. Nach der hier allein in Betracht kommenden Regelung des § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen in diesem Sinne stehen nach § 17 Abs. 3 S. 1 KrWG einer gewerblichen Sammlung u.a. entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. Eine Gefährdung in diesem Sinne wiederum ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 S. 2 KrWG). Dabei ist eine wesentliche Beeinträchtigung unter anderem insbesondere dann anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG).
24Unter Heranziehung dieser Regelungen liegen die Voraussetzungen für die ausgesprochene Befristung nicht vor.
251.
26Die Befristung kann schon vom Ansatz her nicht auf die (fehlende) Zuverlässigkeit der Klägerin gestützt werden, da dieser Umstand in § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 KrWG nicht erwähnt wird. Bei Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Anzeigenden hat die zuständige Behörde vielmehr die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen (§ 18 Abs. 5 S. 2 KrWG). Unabhängig hiervon hat der Beklagte nicht ansatzweise Umstände vorgetragen, aus denen sich entsprechende Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit ergeben könnten; Entsprechendes ist auch nicht ersichtlich.
272.
28Auch der Umstand, dass der Beklagte ab dem 1.1.2015 selbst die Durchführung entsprechender Sammlungen plant, kann die Befristung nicht rechtfertigen.
29a)
30Zwar plant der Beklagte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle im Sinne von § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG; für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift muss ein derartiges System nicht bereits bestehen, sondern es reicht aus - wie sich aus § 17 Abs. 3 S. 4 KrWG indirekt ergibt -, dass die diesbezüglichen Leistungen konkret geplant sind.
31Vgl. Jarass/Petersen, KrWG, 1. Aufl. 2014, § 17Rn. 172 m.w.N.
32Die bloße Existenz eines derartigen Systems ist jedoch nicht ausreichend, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung bejahen zu können. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang der genannten Vorschriften:
33§ 17 Abs. 3 KrWG stellt eine Kollisionsklausel dar. Damit sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes abgewogen werden. Für die Auslegung von § 17 Abs. 3 KrWG ist primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen.
34Vgl. BT-Drs. 17/6052, S. 87 unter Hinweis auf die Entscheidungen des
35EuGH vom 15.05.2001 (C-340/99) und vom 15.11.2007 (C-162/06).
36In den genannten Entscheidungen hat der EuGH unter anderem ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten Unternehmen mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauen dürfen und dabei ausschließliche Rechte verleihen können, die den Wettbewerb in dem Maß beschränken oder sogar ausschließen, in dem dies erforderlich ist, um es den Unternehmen zu ermöglichen, ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben zu erfüllen, und zwar zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen. Dabei genügt es, dass ohne diese Rechte die Erfüllung der einem Unternehmen übertragenen besonderen Aufgaben gefährdet wäre oder dass die Beibehaltung dieser Rechte erforderlich ist, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen.
37Vgl. Urteil des EuGH vom 15.11.2007, Rn. 34,35.
38Hieraus ergibt sich, dass im Einzelfall jeweils zu prüfen ist, ob eine derartige Aufgabengefährdung bzw. Aufgabenerfüllung zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen vorliegt, wie dies in § 17 Abs. 3 S. 2 KrWG seinen Niederschlag gefunden hat. Gesetzestechnisch bzw. dogmatisch gesehen knüpft die Regelung in § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 KrWG hieran lediglich an und muss sich dementsprechend an dessen Vorgaben halten. Das bedeutet, dass die bloße Existenz eines Erfassungs- und Verwertungssystems eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht automatisch eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung darstellen kann; dies würde in dieser Absolutheit auf einen strikten Konkurrenzschutz hinauslaufen und das Gegenteil dessen darstellen, was das Gesetz mit der Einführung von § 17 Abs. 3 KrWG unter Anpassung an die EU-rechtlichen Vorgaben bezwecken will.
39Im Ergebnis ebenso Urteil des VG Düsseldorf vom 18.7.2014 – 17 K 4917/13 -; Urteil des VG Köln vom 22.9.2014 – 13 K 3470/13 -; Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 175 ff., jeweils m.w.N.; anderer Ansicht noch Beschluss des VG Köln vom 25.4.2013 – 13 L 220/13 -; Siederer/Wenzel/Schütze, AbfallR 2014, S.79 ff.; das OVG NRW hat im Beschluss vom 11.12.2013 – 20 B 541/13 - im Beschwerdeverfahren den Beschluss des VG Köln bestätigt, ohne allerdings diese rechtliche Problematik angesprochen zu haben.
40Dagegen spricht nicht, dass die hier in Rede stehende Bestimmung des § 17 Abs. 3 S. 3 KrWG erst im späteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eingeführt wurde; denn auch nach der dazugehörigen Gesetzesbegründung soll sichergestellt sein, dass sich der Schutzkatalog innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen bewegt.
41Vgl. BT-Drs. 17/7505, S. 43 unten.
42b)
43Daran anknüpfend liegt hier eine wesentliche Beeinträchtigung im dargestellten Sinne nicht vor. Nach der Gesetzesbegründung ist in diesem Zusammenhang maßgeblich zu berücksichtigen, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
44Vgl. BT-Drs. 17/6052, S. 88.
45Um dies überprüfen zu können, ist zunächst eine Ermittlung der Mengen an Alttextilien und Schuhen erforderlich, die von den gewerblichen Sammlern einerseits und vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger andererseits eingesammelt werden. Derartige Zahlen hat der Beklagte nicht vorgelegt. Dies ist auch gar nicht möglich, da der Beklagte nach seinen Planungen die Sammlungen erst ab Januar 2015 starten will. Daher kann jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nicht festgestellt werden. Der Beklagte will vielmehr offenkundig einer gewerblichen Sammlung vorsorglich Grenzen auferlegen, um eigene Sammlungen zukünftig ohne Konkurrenten aufbauen und durchführen zu können. Dieser Gesichtspunkt ist jedoch in § 17 Abs. 3 KrWG nicht vorgesehen; die Vorschrift dient ganz allgemein nicht dazu, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger grundsätzlich vor unliebsamer Konkurrenz durch private Sammler in Schutz zu nehmen.
46Erst wenn hier die geplanten Sammlungen des Beklagten in der Praxis tatsächlich umgesetzt worden sind und hinreichende Zahlen vorliegen, aus denen hervorgeht, ob und in welchem Umfang das eigene System angenommen wurde, kann die Prüfung vorgenommen werden, ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt oder nicht.
47Schließlich ist auch weder seitens des Beklagten vorgetragen noch sonst wie ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen im Sinne von § 17 Abs. 3 S. 2 KrWG verhindert wird.
48Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klagerücknahme auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO.
49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
50Die Zulassung von Berufung und Sprungrevision erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bzw. §§ 134 Abs. 2 S. 1, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger sammelt seit 2010 mittels auf privaten Grundstücken aufgestellten Sammelcontainern im Stadtgebiet der Beklagten Alttextilien. Die jährliche Sammelmenge beträgt nach seinen eigenen Angaben 62,4 t. Der Kläger verkauft die gesammelten Alttextilien an einen zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb – die F. D. GmbH –, der diese zur Verwertung nach Polen an das Unternehmen W. Textile Recycling T liefert.
3Die Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH X. (AWG), die für die Beklagte die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wahrnimmt, unterhält im Stadtgebiet ein flächendeckendes Netz aus ca. 180 Containern für Alttextilien.
4Der Kläger zeigte am 29. November 2012 die von ihm in dem Stadtgebiet der Beklagten durchgeführte gewerbliche Sammlung von Alttextilien bei der Beklagten nach § 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) an. Die eingereichten Unterlagen wurden von der Beklagten als unzureichend erachtet und daher mit Schreiben vom 27. Februar 2013 ergänzt. Unter anderem legte der Kläger den zwischen ihm und der F. D. GmbH geschlossenen Subunternehmervertrag vom 30. November 2012 vor. Nach Einholung einer Stellungnahme der AWG und der Anhörung des Klägers, untersagte die Beklagte die Sammlung des Klägers mit Bescheid vom 2. Mai 2013. Außerdem drohte die Beklagte für den Fall, dass der Kläger dieser Anordnung zuwider handelt ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 Euro an. Die Zwangsgeldandrohung gelte für jeden Fall der Zuwiderhandlung je Sammeltag. Für den Erlass der Untersagungsverfügung setzte die Beklagte außerdem eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 500,00 Euro fest.
5Die Beklagte stützte die Verfügung auf §§ 18 Abs. 5 Satz 2 und 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG und begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Wegen unvollständiger Anzeige sei die Sammlung bereits „formell rechtswidrig“. Es fehle der Nachweis, dass bzw. wie die gesammelten Alttextilien einer schadlosen und ordnungsgemäßen Verwertung zugeführt werden. Der Verweis auf die Verwertung durch die Firma F. D. GmbH bzw. auf den von dieser mit der W. Textile Recycling . abgeschlossenen Vertrag (vorgelegt im Verwaltungsverfahren betreffend die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Stadtgebiet der Beklagten von der F. D. GmbH), der im Übrigen nicht unterschrieben sei, reiche hierfür nicht aus.
6Außerdem lägen begründete Hinweise auf Tatsachen vor, aus denen sich die Unzuverlässigkeit des Klägers ergäbe. Die F. D. GmbH verschleiere durch das Vorschieben des Klägers als Träger der Sammlung den tatsächlichen Umfang ihrer gewerblichen Sammlung. Nicht der Kläger, sondern die F. D. GmbH sei Träger der vom Kläger angezeigten und durchgeführten Sammlung.
7Zudem stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Diesbezüglich nahm die Beklagte Bezug auf die Stellungnahme der AWG: Die Sammlung verhindere die Erfüllung der Entsorgungspflicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, weil durch das Wegbrechen der rentablen Abfälle eine Quersubventionierung der unrentablen Bereiche der Hausmüllentsorgung für die AWG wesentlich erschwert werde. Allein im Bereich der Alttextilien seien bisher zahlreiche gewerbliche Sammlungen auf dem Gebiet der Beklagten angezeigt worden. Diese entzögen dem zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bereits gegenwärtig wesentliche Mengen überlassungspflichtiger Alttextilien und -schuhe. Die Gebührenstabilität könne durch den Wegfall erheblicher Mengen werthaltiger Alttextilien, mit deren Erlösen eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung erfolge, nicht mehr sichergestellt werden.
8Zudem beeinträchtige die angezeigte Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Beklagten und ihrer eingeschalteten Erfüllungsgehilfen. Dies ergebe sich daraus, dass die AWG eine haushaltsnahe bzw. sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durchführe, die grundsätzlich vor gewerblicher Konkurrenz geschützt werde.
9Außerdem werde die Stabilität der Gebühren gefährdet. Durch die Quersubventionierung werde dem Bürger ein beständiges Niveau der örtlichen Abfallgebühren garantiert, welches nicht in Folge ständig schwankender privater Wettbewerber im Bereich lukrativer Sekundärrohstoffe regelmäßigen Gebührensprüngen ausgesetzt sei. Allein entscheidend sei, dass der Kläger Erlöse mit der Verwertung der Alttextilien erziele, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in der Gebührenkalkulation fehlten und zu einem höheren Kostendeckungsgrad führen würden.
10Eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit des Systems habe der Kläger im Rahmen des Anzeigeverfahrens nicht nachgewiesen.
11Der Sammlung komme kein Vertrauensschutz zu, weil der Kläger sie nicht innerhalb der in der Übergangsvorschrift § 72 Abs. 2 KrWG normierten Dreimonatsfrist angezeigt habe.
12Schließlich sei nicht nachgewiesen worden, dass die gesammelten Abfalltextilien einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, was die Untersagung der Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG rechtfertige. In dem Vertrag zwischen der F. D. GmbH und der W. Textile Recycling werde lediglich eine Notifizierung für 20.000 t Alttextilien angegeben. Nicht ersichtlich sei, ob es sich hierbei um die insgesamt von der F. D. GmbH gesammelten Abfälle handele. Der vorgelegte Vertrag sei nicht geeignet die Sicherstellung der Verwertungswege auch bei sinkenden Alttextilpreisen zu belegen. Zudem sei der Vertrag nicht unterschrieben und lasse somit keine Rechtsverbindlichkeit erkennen.
13Der Kläger hat am 5. Juni 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Bei den gesammelten Alttextilien und -schuhen handele es sich nicht um Abfall. Der Besitzer gebe seine Sachherrschaft über die Alttextilien nicht ohne jede weitere Zweckbestimmung auf, sondern mit dem Zweck, dass die Kleider weitergetragen würden (zu 85 %).
14Die gerügte Unvollständigkeit der eingereichten Unterlagen sei nicht geeignet, die Sammlung zu untersagen. Formelle Unzulänglichkeiten in der Sammelanzeige könnten eine Untersagung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht rechtfertigen. Der Beklagten hätte es oblegen, im Wege von Auflagen/Bedingungen die Sammeltätigkeit in der Weise zu regeln, dass die aus ihrer Sicht fehlenden Informationen/Nachweise erbracht werden.
15Soweit die Beklagte meine, eine Unzuverlässigkeit des Klägers sei darin zu erkennen, dass die F. -D. GmbH statt des Klägers Träger der von diesem angezeigten Sammlung sei, fehle es an Ausführungen, warum dadurch der tatsächliche Umfang der Sammlung verschleiert werde. Der Kläger sei ohnehin Träger einer eigenen Sammlung, der die gesammelten Textilien zur Weiterverwendung an die Firma F. D. GmbH verkaufe.
16Der Sammlung stünden auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Die Beklagte habe in keiner Weise näher dargelegt, durch den angenommenen Erlöseentzug trete tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung ein, die die Annahme einer wirtschaftlich unausgewogenen Aufgabenerfüllung zulasse. Für die wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Beklagten reiche es nicht aus, dass ein hochwertiges getrenntes Erfassungssystem bestehe. Der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei unionsrechtlich auszulegen. Der Entzug geringer Sammelmengen – wie die des Klägers – könne keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nach sich ziehen. Der mit dem voraussichtlichen Entzug der Sammelmengen verbundene Erlösausfall führe auch nicht zu einer Gefährdung der Stabilität der Gebühren. Hinzu komme, dass auch das Einsammeln, Transportieren und Verwerten dieses ansonsten entzogenen Abfalls wiederum mit Kosten für die Beklagte verbunden wäre.
17Der Kläger beantragt,
18den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2013 aufzuheben.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Neben Ausführungen, die ihre Zuständigkeit betreffen, wiederholt sie im Wesentlichen die Begründung des angefochtenen Bescheides.
22Das Gericht hat mit Verfügung vom 2. Juni 2014 die Beklagte gebeten, u.a. mitzuteilen, welche Mengen (in Tonnen/pro Jahr) an Alttextilien in den Jahren 2012, 2013 angefallen seien und prognostisch im Jahr 2014 in ihrem Stadtgebiet anfielen und welcher Anteil davon durch die AWG einerseits und die gewerblichen/gemeinnützigen Sammler andererseits gesammelt worden sei/gesammelt werde.
23Die Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, welche Mengen an Alttextilien im Stadtgebiet insgesamt in den Jahren 2012 und 2013 angefallen seien und prognostisch in 2014 anfielen, könne nur geschätzt werden. Die Angaben in den Anzeigen der Sammler seien häufig unvollständig und im Stadtgebiet würden punktuell Straßensammlungen durchgeführt, deren Sammelmenge ebenfalls nur geschätzt werden könne. Hinzu kämen zahlreiche Sammlungen, die bei der Beklagten nicht angezeigt würden. Nach Schätzungen der AWG sei davon auszugehen, dass von den gewerblichen Sammlungen und den nicht angezeigten Sammlungen in etwa die gleiche Menge, die die AWG sammelt, erfasst werde. Im Jahr 2012 habe die AWG 579 t und im Jahr 2013 612 t Alttextilien erfasst. Für das Jahr 2014 gehe die AWG von einer Steigerung der Sammelmenge von 10 % bedingt durch die Aufstellung weiterer Container aus.
24Insgesamt lägen der Beklagten 34 Anzeigen gewerblicher und gemeinnütziger Alttextilsammlungen vor. Aus den Angaben in den Anzeigen ergäbe sich – im Falle der Durchführungen aller Sammlungen – eine jährliche Sammelmenge von 1.713,811 t Alttextilien im Stadtgebiet. Allerdings würden nur fünf der angezeigten gewerblichen und zwei der angezeigten gemeinnützigen Sammlungen tatsächlich durchgeführt. Zu berücksichtigen sei, dass zehn Sammler im Rahmen der Anzeige keine Mengenangaben gemacht hätten und diese Mengen nicht erfasst seien. In dem Verfahren 17 K 5343/13 führte die Beklagte in diesem Zusammenhang aus, es sei deshalb tatsächlich von einer wesentlich höheren Gesamtsammelmenge auszugehen, die durchaus 2000 t pro Jahr betragen könne.
25Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragt worden. Wegen der Einzelheiten der Befragung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakten 17 K 5343/13 und 17 K 4932/13 Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28A. Die zulässige Klage ist begründet.
29Die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 2. Mai 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
30I. Die Beklagte hat die Untersagung der Sammlung von Altkleidern und -schuhen in ihrem Stadtgebiet sowohl auf § 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 KrWG wegen der Unvollständigkeit der der Anzeige nach § 18 Abs. 1 KrWG beigefügten Unterlagen (u.a. über den Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), als auch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1. und 2. KrWG gestützt, wegen bestehender Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Klägers und um die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 genannten Voraussetzungen zu gewährleisten. Diese kumulative Heranziehung der Ermächtigungsgrundlagen ist rechtsfehlerhaft, weil § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung einer gewerblichen Sammlung hinter der spezielleren Regelung in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zurücktritt,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 51.
32Wenn sich – wie hier – die zuständige Behörde anhand der ihr vorliegenden Unterlagen bereits dazu in der Lage sieht, eine Entscheidung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu treffen, geht diese Norm als speziellere Vorschrift dem Auffangtatbestand des § 62 KrWG vor. § 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG ist als Auffangtatbestand nur dann die zutreffende Ermächtigungsgrundlage, wenn die zuständige Behörde anhand der ihr vorliegenden Informationen nicht in der Lage ist, eine für die (endgültige) Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erforderliche inhaltliche Prüfung der angezeigten Sammlung auf ihre Vereinbarkeit mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sowie der Zuverlässigkeit des Trägers der gewerblichen Sammlung und der für sie handelnden Personen vorzunehmen. Die aufgrund des Auffangtatbestands nach § 62 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG ausgesprochene Untersagung ist in der Regel als vorübergehende Untersagung der Sammlungstätigkeit bis zum Abschluss einer nur bei Vorlage weiterer Unterlagen möglichen inhaltlichen Prüfung nach § 18 Abs. 5 KrWG zu verstehen,
33vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. März 2013 – 17 L 266/13 –, juris Rn. 9.
34II. Hinsichtlich der Wirksamkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage bestehen weder unionsrechtliche (1.) noch verfassungsrechtliche (2.) Bedenken.
351. Bei einem unionsrechtskonformem Verständnis der §§ 18 Abs. 5, 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen mit dem Unionsrecht. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 f. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar,
36vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG BT-Drucks. 17/6052, S. 85,
37diese sind jedoch unionsrechtlich gerechtfertigt. Die Rechtfertigung von Überlassungspflichten insbesondere in Bezug auf getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen ergibt sich aus Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV. Hiernach gelten die Vorschriften der Verträge nicht für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten ist als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu bewerten,
38vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. November 1998 – C-360/96 –, juris.
39Dies zugrunde gelegt, ist unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben und der dazu ergangenen Rechtsprechung jeweils bezogen auf den Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei unionsrechtskonformen Verständnis genügend Raum,
40vgl. zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 11 ff. m.w.N..
412. Gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu der im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)) wurde höchstrichterlich geklärt, dass die Norm mit ihrem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 36.
43Auch für das geltende Recht trifft diese Rechtsprechung zu,
44vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 10 m.w.N.,
45zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt grundsätzlich die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen werden kann.
46III. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere von der Zuständigkeit der Beklagten – einer kreisfreien Stadt – als unterer Umweltschutzbehörde, § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) i.V.m. § 1 Absätze 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Absatz 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz, ist auszugehen.
47Zwar kann vor dem Hintergrund verfassungsrechtlich gebotener Distanz und Unabhängigkeit des Staates die darin geregelte Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 LAbfG selbst Abfall sammeln (nur kreisfreie Städte, bei Kreisen ist die Sammlung und Beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen Gemeinden übertragen, § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) oder zumindest für dessen Verwertung verantwortlich sind (§ 5 Abs. 2 LAbfG) und ggf. zugleich am Anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige Abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG.
48Ein derartiges „Neutralitätsgebot“ des Staates folgt zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, und zwar als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens,
49vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24.
50Insoweit mag eine vollständige Trennung der Zuständigkeiten (untere Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige Voraussetzung für die gebotene Distanz und Unabhängigkeit. Eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist,
51vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 669/13 –, n.v. UA Seite 3; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2014 – 17 K 8550/12 –, n.v. UA Seite 12 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 17.
52Dabei ist von einer solchen Trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche Einheiten und Sachbearbeiter für die Erfüllung der Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger einerseits bzw. untere Umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. Das ist bei der Beklagten der Fall. Die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde werden von dem Team 106.22 (Gewässer- und Abfallüberwachung) wahrgenommen. Teamleiter ist Herr X1. . Die Anzeigenbearbeitung, Anhörung und der Erlass von Verfügungen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 und 2 KrWG wurde bzw. wird im Wesentlichen durch Herrn X1. und Herrn N. (Fachreferent Umweltrecht) vorgenommen. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sind auf die AWG übertragen. Die Koordination erfolgt durch das Team 106.24 (Abfallwirtschaft), deren Leitung Frau A. obliegt.
53IV. Die Untersagungsverfügung genügt indes nicht den materiell rechtlichen Anforderungen. Sowohl die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG (1.), als auch die des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG (2.) sind nicht gegeben.
541. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG hat die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Letztere Norm ist als Ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden Überlassungspflichten (§ 17 Abs. 1 KrWG) konzipiert. Die Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG für Abfälle aus privaten Haushaltungen besteht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
55Auch ohne die Untersagung der klägerischen Sammlung wird die Durchsetzung der Überlassungspflichten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht gefährdet. Die von dem Kläger eingesammelten Alttextilien und -schuhe – die Abfälle aus privaten Haushaltungen im Sinne des § 3 KrWG darstellen (a.) – unterliegen nämlich gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht der Überlassungspflicht, weil sie durch den Kläger einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (b.) und überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung nicht entgegenstehen (c.).
56a. Entgegen der Auffassung des Klägers ist - in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung -,
57vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 331/13 –, juris Rn. 11 ff.,
58von der Abfalleigenschaft der von dem Kläger gesammelten Alttextilien und -schuhe auszugehen,
59vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 60 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 35.
60Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Eine Entledigung in diesem Sinne ist gemäß § 3 Abs. 2 KrWG anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zum KrWG zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.
61Die Abfalleigenschaft der von dem Kläger gesammelten Alttextilien und -schuhe ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG).
62Sobald die Vorbesitzer der Kleidung diese in den Sammelcontainer werfen, geben sie ihre diesbezügliche Sachherrschaft auf. Soweit der Kläger meint, ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen seinen Altkleidercontainer einbringe, werfe das Kleidungsstück dort hinein, damit es weiter seinen Zweck als Kleidungsstück erfülle, weshalb die ursprüngliche Zweckbestimmung bestehen bleibe, überzeugt dies nicht.
63Der Rückschluss von der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet.
64Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit der Übergabe von Alttextilien an einen „Second-Hand-Laden“ oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich.
65Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur „Kleidersammlung“ gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht „loswerden“ werden will und es beispielsweise aus Umweltschutz- oder Platzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von dem Kläger jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung als Kleidungsstück gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
66Da die Abfalleigenschaft bereits aus der Entledigung gemäß § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG folgt, kann dahinstehen, ob sie sich (auch) aus § 3 Abs. 3 KrWG aufgrund des Willens zur Entledigung ergibt.
67Schließlich handelt es sich bei den Alttextilien auch um Abfälle aus privaten Haushaltungen, die von der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG erfasst werden. Unter Abfällen aus privaten Haushaltungen sind solche zu verstehen, die im Rahmen der privaten Lebensführung typischerweise und regelmäßig anfallen,
68vgl. Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus., KrWG, 3. Auflage 2012, § 17 Rn. 18.
69Dazu gehören ohne Weiteres Alttextilien.
70b. Der Kläger führt die gesammelten Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu.
71Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung der von dem Kläger eingesammelten Alttextilien und -schuhe die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt. Die Verwertung erfolgt danach ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften des KrWG und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht.
72Der von der Beklagten gemachte Vorwurf stellt schon keinen Verstoß gegen Vorschriften des KrWG oder andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dar,
73vgl. zu dem Erfordernis des erforderlichen verwertungsspezifischen Bezugs der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bzw. des Zusammenhangs mit Gesundheits- und Umweltschutz VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, n.v. UA Seite 8 ff., auf das es hier mangels Verstoßes nicht ankam.
74Die Beklagte wendet ein, aus dem Vertrag der F. D. GmbH mit der W. Textile Recycling wonach sich letztere verpflichtet hat, eine Menge von 20.000 t Alttextilien jährlich abzunehmen, zu transportieren und zu verwerten, sei nicht ersichtlich, ob es sich hierbei um die insgesamt gesammelten Abfälle handelt, da keine Sammelmengen angegeben worden seien. Dieser Einwand verfängt nicht. Der Kläger hat in der Anzeige seiner Sammlung die Sammelmenge von 1,2 t Alttextilien pro Woche angegeben, die er ausweislich des Vertrages mit der F. D. GmbH vom 30. November 2012 an diese weiterveräußert, die diese wiederum an die W. Textile Recycling zur Verwertung liefert. Anhaltspunkte dafür, dass die 1,2 t von den 20.000 t nicht erfasst sind, bestehen ebenso wenig wie dafür, dass keine ausreichenden Verwertungskapazitäten vorhanden sind.
75Die Beanstandung der Beklagten, es sei kein Entsorgungsvertrag vorgelegt worden, aus dem sich die Sicherstellung der Verwertungswege auch bei sinkenden Alttextilpreisen ergebe, begründet ebenso keine Zweifel an der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Alttextilien. Eine entsprechende Norm, die dies fordern würde, existiert nicht. Insbesondere die Pflicht zur Anzeige der Sammlung umfasst die Vorlage eines solchen Vertrages nicht. Die im Rahmen der Anzeige erbrachte Darlegung - nur dies fordert das novellierte KrWG in § 18 Abs. 2 Nr. 5 - einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung durch Vorlage des zwischen dem Kläger und der F. D. GmbH – einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb – geschlossenen Vertrages ist hinreichend, da diese nachvollziehbar und transparent ist sowie keine tatsachengestützten Bedenken im Hinblick auf etwaige Missstände der Verwertung bestehen. Insbesondere ist für Missstände bei der F. D. GmbH bzw. der W. Textile Recycling weder etwas vorgetragen noch sonst Umstände hierfür ersichtlich. Demnach trifft auch der Einwand der Beklagten nicht zu, die Anzeige des Klägers nach § 18 Abs. 1 KrWG sei unvollständig. Soweit zum Teil gefordert wird bzw. wurde, der gewerbliche Sammler müsse stets einen Vertrag mit dem Verwerter vorlegen, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen Erlös die Abnahme der Stoffe garantiere,
76vgl. VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2013 - AN 11 K 12.00358 -, juris Rn. 34; noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: VG Ansbach, Beschluss vom 30. März 2012 - AN 11 S 12.00357 -, juris Rn. 25,
77kann dem jedenfalls unter dem geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetz im hier streitgegenständlichen Bereich der Alttextil- und Schuhsammlung aufgrund des Charakters des Abfalls als „klassischer“ und vor allem werthaltiger Abfall, (ähnlich wie Altglas oder Altpapier), für den etablierte Verwertungswege bestehen, nicht gefolgt werden,
78vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –,
79Dies gerade auch angesichts des dauerhaft deutlich positiven Marktwertes von Alttextilien. Aus diesem Grund ist es zudem unbeachtlich, dass der vorgelegte Vertrag zwischen der F. D. GmbH und der W. Textile Recycling nicht unterschrieben wurde.
80c. Der gewerblichen Sammlung des Klägers stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, die die Untersagung rechtfertigen könnten.
81Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet (Satz 1). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (Satz 2 Alt. 1) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (Satz 2 Alt. 2). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (Nr. 1), die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (Nr. 2.) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (Nr. 3).
82Hier sind der klägerischen Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Form der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten durch die Sammlung des Klägers nicht anzunehmen. Weder wird die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen durch die gewerbliche Sammlung verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) (aa.) noch wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich durch die Sammlung beeinträchtigt. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte (durch das beauftragte Unternehmen AWG) eine hochwertige getrenne Erfassung und Verwertung der Alttextilien durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) (bb.). Zudem gefährdet die gewerbliche Sammlung des Klägers nicht die Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) (cc.).
83aa. Die Sammlung verhindert nicht die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Dies gilt auch, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen betrachtet wird, § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG.
84Mit Hilfe des § 17 Abs. 3 KrWG sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgewogen werden, weshalb für die Auslegung von Absatz 3 primär die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen ist,
85vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (rechte Spalte, zweiter Absatz).
86Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen,
87vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris Rn. 54. Insoweit geht das Verständnis der Vorschrift über deren reinen Wortlaut hinaus.
88Der Schutz der Wirtschaftlichkeit ist nur Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse,
89vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 31,
90zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten gehört.
91An dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung der „Wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG orientiert,
92vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (rechte Spalte, dritter Absatz) und S. 87 (rechte Spalte, letzter Absatz).
93Indes konkretisieren auch die in den Gesetzesmaterialien zitierten beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes,
94Urteile vom 15. November 2007 – C-162/06 –, juris und vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris,
95ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Gerichtes hinreichend, was im Einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen bzw. annehmbaren Bedingungen“ zu verstehen ist,
96so auch OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 158.
97Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gehöre auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese Überlegung nur auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf,
98vgl. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 – C-320/91 –, juris,
99oder auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Teil der öffentlichen Hand. Auf letzteren träfe der Aspekt des Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen indes wohl „nur bedingt“,
100so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160,
101zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist.
102Selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aber wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genösse,
103vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
104Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung ungewisser Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Gesamtkostendeckung erreicht würde,
105vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
106Dies vorausgeschickt kann sich die Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, sie bzw. die AWG seien darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können, ihnen diese Möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten Erlöse aus der Vermarktung aller Alttextilien nicht mehr in ausreichender Weise in den Abfallgebührenhaushalt flössen.
107Ob unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen darüber hinaus nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden kann,
108so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 162,
109und es der Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende Verpflichtung nicht zu niedrigeren Gebühren erbringen, kann dahinstehen. Für die vorzitierte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mag die Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG Anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die Gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche Aspekte sollten bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen – primär keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber habe, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeige, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
110Selbst wenn man entgegen diesem Ansatz unter das Tatbestandmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ auch gebührenrechtliche Aspekte fasste – wofür der ansonsten praktisch leerlaufende Anwendungsbereich der Norm sprechen mag – führte dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei dürfte in Abgrenzung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG, der die Stabilität der Gebühren zum Inhalt hat, der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann eröffnet sein, wenn nicht die Stabilität der Gebühren als solche in Frage steht, sondern die Rechtmäßigkeit der Abfallgebühren selbst. Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf, dürfte insoweit eine Grenze der wirtschaftlichen Entsorgungssicherheit darstellen,
111vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 164 m.w.N.
112Für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine Anhaltspunkte.
113bb. Auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. beauftragten Dritten wird nicht durch die Sammlung des Klägers im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG wesentlich beeinträchtigt.
114Die Beklagte beruft sich zutreffender Weise darauf, sie führe – durch die AWG, die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses über ca. 180 im Stadtgebiet verteilte Sammelbehälter für Alttextilien verfügte – im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Damit sind Entsorgungssysteme gemeint, die nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten erfassen können,
115vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 44.
116Allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems begründet indes die Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, von der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. Zwar ist dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Ein rein formales Verständnis der Vorschrift führte im Ergebnis aber zu einem vom Unions- und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt,
117vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 38, VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 ‑ W 4 K 13.326 –, juris Rn. 24 ff.
118Die Folge wäre gleichsam eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die mangels Aufgabenbezug die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV verfehlen und gegen das darin enthaltene Gebot der Erforderlichkeit verstoßen würde. Denn Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt nur den Schutz der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nicht aber den Schutz der Aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger,
119vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 147.
120Dieselbe Überlegung gilt hinsichtlich der nationalen Grundrechte, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, soweit durch dieses Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung erforderlich,
121vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 38.
122Ob dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen ist, dass man den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahin versteht, der Gesetzgeber habe auf der Tatbestandsseite wegen der Formulierung „insbesondere anzunehmen“ Regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise unzutreffend sei,
123vgl. so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 39,
124bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man der Ansicht folgte, im Falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung des Abfalls durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger neben einer gewerblichen Sammlung sei nach dem formalen Wortlaut der Vorschrift stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen,
125vgl. Siederer/Wenzel/Schütze, Unzulässigkeit gewerblicher Sammlungen bei bestehenden Erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, AbfallR 2014, S. 79 (81 f.); Dageförde/Thärichen, Die Untersagung gewerblicher Sammlungen von Alttextilien, AbfallR 2013, S. 125 (134 ff.),
126wäre der Wortlaut der Norm zumindest unionsrechts- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, die gewerbliche Sammlung sei trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig,
127vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 38; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 41; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 ‑ AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 85.
128Ein rein formales Verständnis der Vorschrift wäre im Übrigen auch mit der Gesetzessystematik des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vereinbar. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Es liegt auf der Hand, dass die dort inmitten stehende Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann.
129Die Annahme der „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige Prüfung.
130In einem ersten Schritt ist unter Auswertung konkreten Zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige Mengen durch sämtliche gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Entsorgungsgebiet entzogen werden. Ist dies der Fall, kann nahezu stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. Einen Mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in Rede stehenden Alttextiliensammlung naturgemäß an der Gesamtsammelmenge dieser Abfallfraktion im Entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die Kammer als geringfügig,
131vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 130 mit Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 42; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 – M 17 K 13.2189 –, juris Rn. 66; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 39 ff., die jeweils auf eine Menge zwischen 10 und 15 % abstellen.
132Wird die Menge von 10 % überschritten, ist von dieser Zahl losgelöst auf einer zweiten Stufe zu erwägen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall gegeben ist. Dabei ist leitend, dass im Mittelpunkt der Regelung des § 17 Abs. 3 KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme steht,
133vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 87,
134die in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht immer gewahrt bleiben muss. Das schließt aber Beeinträchtigungen durch private Konkurrenten nicht aus. § 17 Abs. 3 KrWG will die öffentliche Hand nicht vor (privater) Konkurrenz schützen,
135vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 134.
136Ein anderes Verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV vereinbar, denn diese Vorschrift stellt die Mitgliedsstaaten vom europäischen Wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die Wettbewerbsnachteile des betrauten Unternehmens Korrelat seines Gemeinwohlauftrags sind,
137vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31 mit Verweis auf Klement in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 143.
138Dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte wegen der gewerblichen Sammlungen gehalten ist, seine Entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen,
139vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 88,
140wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob man dabei auf die Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes oder nur auf die Struktur innerhalb der jeweiligen Abfallfraktion – hier: Alttextilien – abstellt.
141Hiernach gibt es keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche Sammlung des Klägers werde, ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten gefährdet.
142Hinsichtlich der Frage, ob bereits wegen Geringfügigkeit der Sammelmenge eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu verneinen ist, fehlen substantielle Angaben der Beklagten darüber, welche Mengen Alttextilien durch gewerbliche Sammler der Sammlung der AWG insgesamt „entzogen“ werden. Sie führte auf Nachfrage des Gerichts aus, die Sammelmenge der gewerblichen bzw. gemeinnützigen Sammlungen könne nur geschätzt werden, da die Angaben in den Anzeigen der Sammler häufig unvollständig seien und im Stadtgebiet punktuell Straßensammlungen durchgeführt würden, deren Sammelmenge ebenfalls nur geschätzt werden könne. Hinzu kämen zahlreiche Sammlungen, die bei der Beklagten nicht angezeigt worden seien. Nach Schätzungen der AWG sei davon auszugehen, dass von den gewerblichen Sammlungen und den nicht angezeigten Sammlungen in etwa die gleiche Menge, die die AWG sammle, erfasst werde. Im Jahr 2012 habe die AWG 579 t und im Jahr 2013 612 t Alttextilien erfasst. Für das Jahr 2014 gehe die AWG von einer Steigerung der Sammelmenge von 10 % bedingt durch die Aufstellung weiterer Container aus. Worauf diese Schätzung beruht, führte die Beklagte bzw. die AWG nicht aus. Es erscheint deshalb ungewiss, dass die Sammelmenge in dieser geschätzten Höhe tatsächlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. der AWG durch die Sammler entzogen wird. Außerdem bleibt offen, welche Menge Alttextilien (davon) durch gemeinnützige Sammlungen entzogen wird. Diese Ungewissheit wird verstärkt durch die von der Beklagten von der Schätzung der AWG abweichende Angabe, aus den Anzeigen der insgesamt 34 angezeigten Sammlungen ergäbe sich eine Gesamtmenge von Alttextilien in Höhe von 1.713,811 t im Jahr im Stadtgebiet, wobei aktuell nur fünf der angezeigten gewerblichen und zwei der angezeigten gemeinnützigen Sammlungen tatsächlich durchgeführt würden.
143Trotz dieser Ungewissheit bedurfte es an dieser Stelle keiner weiteren Aufklärung, da zugunsten der Beklagten die Überschreitung der Geringfügigkeitsschwelle unterstellt werden kann. Die auf der zweiten Stufe durchzuführende Einzelfallbetrachtung führt auch in diesem Fall nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es ist von der Beklagten nämlich weder dargelegt noch sonst ersichtlich, die Sammlung des Klägers zöge – auch unter Berücksichtigung der sonstigen gewerblichen Sammler – Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien führten bzw. geführt hätten. Zwar ist möglich, dass die von der AWG erfasste Sammelmenge aufgrund der Sammlung des Klägers abgenommen hat (was noch nicht einmal zwingend ist, da es auch möglich erscheint, dass vor allem andere gewerbliche bzw. gemeinnützige Sammler Einbußen bei der Sammelmenge verspürt haben oder die Restmülleinwürfe weiter zurückgegangen sind). Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des nach Angaben der Beklagten vorhandenen Potenzials an Wertstoffen muss aber nicht korrelierend mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sein. Das Gesetz nimmt in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen Bezug, sondern verwendet die Begriffe der „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“. Hinreichende Angaben der Beklagten darüber, wie sich der Verlust der Sammelmenge auf die Planungssicherheit bzw. die Organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. Es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass die AWG ihre Sammlung von Alttextilien neben den gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nicht wie bisher weiterführen wird können. Dies gilt auch deshalb, weil die AWG über „gesicherte“ Stellplätze für ihre Container verfügen und jederzeit auf neue Standplätze - auch im öffentlichen Straßenraum - zurückgreifen könnten. Dass dies möglich ist, zeigt die im Wirtschaftsplan der AWG verankerte (geplante) Erhöhung der Anzahl der Alttextilcontainer von 176 auf 200 für das Jahr 2014.
144Sind schon keine relevanten Auswirkungen auf die Entsorgungsstruktur im Bereich der Abfallfraktion Alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst Recht keine durch die gewerblichen Sammler verursachten erforderlichen Änderungen oder Anpassungen der Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes im Raum.
145Den Nachweis oder jedenfalls die Darlegung der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten hat die Beklagte zu erbringen. Denn bei Eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sie günstige Rechtsfolge ableitet,
146vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190/93 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 – VI C 150.62 –, juris Rn. 17.
147Hinzu kommt, dass die Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten – hier der Beklagten – zuzurechnen sind,
148vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 86 Rn. 11 m.w.N..
149cc. Die Beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche Sammlung des Klägers gefährde die Gebührenstabilität, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG.
150Dieses Kriterium bedarf der Auslegung, da sich der Begriff der Gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt. Gebühren sind per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden Kosten der Abfallentsorgung neu zu kalkulieren,
151vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178.
152Anzuerkennen ist, wenn die Beklagte schlagwortartig zusammengefasst die Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste zu vermeiden versucht,
153vgl. zu diesem Ansatz Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 180; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
154Jedoch ist dazu nicht der Ausschluss gewerblicher Sammler zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Denn dieser Ansatz führte dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil gewerblichen Sammlungen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung „entzogen“ werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigsten Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis höhere Gebühren verursacht,
155vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 192.
156Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität führen kann. Die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stellt als Einrichtung der Daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes Unternehmen dar; die Kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende Benutzungsgebühren von den Gebührenschuldnern zu tragen. Eine geringe Gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates Interesse des Gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische Motivation Gebührenerhöhungen zu vermeiden,
157vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, juris Rn. 28 noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG; a.A. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
158Diese grundsätzlichen Erwägungen schließen allerdings eine Auswirkung des Gebührenaspektes im Einzelfall auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht aus. Diese setzt voraus, dass es durch die Tätigkeit eines gewerblichen Sammlers – ggf. in der Zusammenschau mit anderen gewerblichen Sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion durch den bzw. die Sammler zurückzuführen sein muss,
159vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 183; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 152.
160Wann eine nicht nur geringfügige Gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner Entscheidung zugeführt zu werden. Denn die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, mit der Tätigkeit der gewerblichen Sammler gingen Einbußen der Sammelmenge einher, die zur Erhöhung der Abfallgebühren geführt haben bzw. aufgrund einer prognostischen Betrachtung alsbald zu einer Erhöhung führen würden.
161Das Argument der Beklagten, sie könne bei weniger Erlösen aus der Alttextilienverwertung entsprechend weniger eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen schon nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung aufgrund Erlösen aus der Alttextilienverwertung -, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante Gebührensenkung im Raum, wenn denn die Beklagte – gäbe es keine gewerblichen Sammler mehr im Stadtgebiet – eine höhere Sammelmenge und dementsprechend höhere Vergütungen aus der Alttextilienverwertung erhielte. Ausgehend von der – zu Gunsten der Beklagten – als zutreffend unterstellt (höchsten) geschätzten Sammelmenge von 2.000 t pro Jahr im Stadtgebiet entgingen ihr (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in Höhe von ca. 800.000,00 Euro - bei Zugrundelegung von 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne -,
162vgl. zu dem erzielbaren Durchschnittserlös OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 ‑ 20 B 331/13 ‑, juris Rn. 44.
163In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (für das Jahr 2014: 29.138.154,00 Euro) macht dies nur ca. 2,746 % aus und fällt damit nicht wesentlich ins Gewicht. Überdies müssten bei dieser Betrachtung dann auch noch der Beklagten entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten ggf. in Form von Fremdleistungsentgelten in Abzug gebracht werden, die Gebührenauswirkungen unter diesem Betrag liegend wahrscheinlich machten. Darauf kam es aber nicht mehr an.
164dd. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ein überwiegendes öffentliches Interesse könnte wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen,
165vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff.
166Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste, Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der - insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommende - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigten, sind hier nicht ersichtlich.
167Hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung gilt, dass diese reibungslos funktionieren muss. Insbesondere dürfen durch die gewerblichen Sammlungen keine Strukturen (wesentlich) beeinträchtigt werden. Dass die Strukturen der Beklagten für Alttextilien bezogen auf den Sammlungsvorgang als solchen und die Verwertung dergestalt beeinträchtigt werden, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht (hinreichend konkret) geltend gemacht. Die Beklagte selbst bzw. die AWG mussten aufgrund der Sammlungstätigkeit des Klägers keine Anpassung ihrer Sammlungstätigkeit vornehmen. Vielmehr haben die Beklagte bzw. die AWG ihr Sammlungsvolumen kontinuierlich erweitert, was – zumindest bezogen auf den aktuellen Sammelumfang – für ein mögliches lukratives Nebeneinander der verschiedenen Sammlungen spricht.
168Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Alttextilien für den Fall sicherzustellen, dass der Kläger seine Sammlung unvermittelt einstellt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund des im Stadtgebiet bestehenden flächendeckenden Netzes der B. mit (geplanten) 200 eigenen Containern. Im Übrigen ist einer Reserve- bzw. Auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nichts Durchgreifendes entgegen zu halten. Dem öffentlich- rechtlichen Entsorgungsträger kann eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden,
169vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 7 ME 192/07 –, juris Rn. 13 zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.
170Hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die Marktpreise für Alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere Unternehmen stünden zur Verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln, Befördern und die Verwertung der Alttextilien im Auftrag der Beklagten übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
171ff. Da es bereits an den Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 KrWG fehlt, kommt es darauf, ob die Sammlung und Verwertung des Klägers nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG wesentlich leistungsfähiger ist, als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten, nicht mehr an.
172Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob die Beklagte die Vorschrift des § 18 Abs. 7 KrWG und die dort normierten Bestands-/Vertrauensschutzgesichtspunkte zutreffend und hinreichend berücksichtigt hat.
1732. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Klägers im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.
174Zuverlässig ist, wer aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, seines Verhaltens und seiner Fähigkeiten zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben geeignet ist, wobei stets auf den konkreten Zusammenhang abzustellen ist,
175vgl. zur Zuverlässigkeit im Sinne von § 22 Satz 3 KrWG: Schomerus/Versteyl, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Auflage 2012, § 22 Rn. 12.
176Dabei kommt es nicht ausschließlich auf das Begriffsverständnis der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (§ 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV) an, weil gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen,
177vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 –, juris Rn. 29.
178Das Urteil über die Zuverlässigkeit, welches vom Gericht voll zu überprüfen ist, ist ein Wahrscheinlichkeitsurteil. Es muss bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Fall der weiteren Durchführung der Sammlung zu (gewichtigen) Verstößen gegen abfallrechtliche und sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften kommen wird,
179vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 –, juris Rn. 10.
180Es kann dahinstehen, inwieweit § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung – weil eine Untersagung auf dieser Grundlage bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend ist, d. h. kein Ermessen der Behörde besteht, und eine Untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig den Schutzbereich der Art. 12, 14 GG tangiert – von vornherein in gewisser Weise einer einschränkenden Auslegung dahingehend bedarf, dass anders als es sein Wortlaut nahe legt, beliebige (bloße) Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen, sondern die Bedenken ein so starkes Gewicht haben müssen, dass sie, gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung rechtfertigen,
181vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 –, juris Rn. 4 ff.; in diesem Sinne auch BayVGH, Beschluss vom 2. Mai 2013 – 20 AS 13.700 –, juris Rn. 22 und 25.
182Denn unabhängig davon, ob das „Verschleiern der tatsächlichen Sammelmengen“ der F. D. GmbH ausreicht, um (hinreichende) Bedenken für die Annahme einer Unzuverlässigkeit anzunehmen, ist dieser Umstand hier bereits deshalb nicht geeignet, die Untersagung der Sammlung zu rechtfertigen, weil er nicht zutrifft. Träger der von dem Kläger angezeigten und durchgeführten Sammlung ist er selbst und nicht – wie die Beklagte meint – die F. D. GmbH.
183Während die Begriffe der Sammlung und des Sammlers legaldefiniert sind (vgl. § 3 Abs. 10, 15 KrWG), gibt es keine gesetzliche Definition des Trägers. Es liegt jedoch auf der Hand, dass damit die für die Sammlung verantwortliche Person gemeint ist,
184vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2014 – 20 B 881/13 –, n.v. UA Seite 3.
185Kriterien zur Bestimmung der Trägerschaft sind, wer die Sammlung wirtschaftlich veranlasst hat, maßgeblich steuert und wem die Gewinne zufließen. Dabei ist eine wertende Betrachtung vorzunehmen, die wesentlich auch von den Angaben zur Organisation der Sammlung abhängt,
186vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 10 S 2273/13 –, juris Rn. 11.
187Gemessen hieran ist der Kläger Träger der von ihm angezeigten und durchgeführten Sammlung. Er hat die Sammlung wirtschaftlich veranlasst, was sich darin zeigt, dass er bereits seit 2010 im Stadtgebiet der Beklagten mit Containern Alttextilien sammelt, jedoch erst ca. seit dem Jahr 2011 mit der F. D. GmbH zusammenarbeitet. Ausweislich der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung stehen die Container in seinem Eigentum und die Sammelfahrzeuge sind auf ihn zugelassen. Anhaltspunkte, an diesen Angaben zu Zweifeln, bestehen nicht. Im Verhältnis zur F. D. GmbH wird er eigenverantwortlich und selbstständig tätig. Insbesondere bestimmt er allein den Umfang und den Ort der Sammlung. Intern ist hierfür der beim Kläger angestellte Mitarbeiter X2. O. verantwortlich. Die F. D. GmbH hat – was den Sammelvorgang anbelangt – keinen wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Sammlung. Ausweislich des am 30. November 2012 zwischen dem Kläger und der F. D. GmbH geschlossenen Subunternehmervertrags wird dem Kläger nach § 1 das Aufstellen und Entleeren der Altkleidercontainer sowie das Warensammeln selbstständig übertragen. Wird Sammlungsgut in einen der von dem Kläger aufgestellten Container eingeworfen, hat ausschließlich dieser die Möglichkeit der Einwirkung auf dieses. Dass nach § 3 Abs. 2 des Vertrages eine Verpflichtung des Klägers besteht, alle Sammlungen über F. D. GmbH an die W. Textile Recycling zu verkaufen, steht seiner Trägerschaft nicht entgegen, denn diese Pflicht berührt die maßgeblichen Einfluss- und Einwirkungsmöglichkeiten auf Umfang und Ort der Sammlung gerade nicht, sondern betrifft ist erster Linie nur die Verwertung,
188vgl. zu dieser Differenzierung OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2014 – 20 B 881/13 –, n.v. UA Seite 4 f.
189Auch dass nach § 5 Ziffer 1 der genaue Arbeitsablauf gemeinsam festgelegt wird, steht einer Trägerschaft des Klägers nicht entgegen. Denn zum einen ist eine gemeinsame, also gleichberechtigte Festlegung normiert und in der Zusammenschau mit der Regelung in § 1 spricht Überwiegendes dafür, dass damit nur die Abläufe nach der Sammlung, die die Verwertung betreffen, gemeint sind, wie z.B. der Transport der gesammelten Ware nach Forst (Lausitz) in der Nähe von Cottbus.
190Neben der rechtlichen Gestaltung des Subunternehmervertrages spricht auch die tatsächliche äußerliche Gestaltung der Sammelcontainer für eine Trägerschaft des Klägers. Ausweislich seiner Beschreibung in der mündlichen Verhandlungen sind die Container mit der Firma „T1. -U. “ bedruckt und tragen die Kontaktdaten der Firma. Ein Hinweis auf die F. D. GmbH als (vermeintliche) Trägerin der Sammlung von Altkleidern und Altschuhen findet sich dort nicht. Für den objektiven Betrachter (vgl. §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch) erscheint deshalb allein der unter der Firmenbezeichnung „T1. -U. “ handelnde Kläger für die Sammlung verantwortlich.
191Die Tatsache, dass die F. D. GmbH rechtlichen Beistand bei der Bearbeitung der Anzeige und der Führung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewährte, ändert an dieser Gesamtbetrachtung nichts, sondern erscheint aufgrund der Zusammenarbeit der F. D. GmbH und dem Kläger im Stadtgebiet der Beklagten nachvollziehbar.
192Träfe die Ansicht der Beklagten zu, nicht der Kläger, sondern allein die F. D. GmbH sei Trägerin der vom Kläger angezeigten und durchgeführten Sammlung, wäre im Übrigen die an den Kläger adressierte auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützte Untersagungsverfügung deshalb rechtswidrig, weil nur der Träger der Sammlung tauglicher Adressat einer solchen Verfügung sein kann. Ob eine Verfügung in diesem Fall auf § 62 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 KrWG gestützt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung.
193V. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen beruhenden Zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen Grundverfügung (vgl. insoweit die Ausführungen unter A. IV), die mit diesem Urteil aufgehoben wird.
194Gleiches gilt für die nach §§ 14 Abs. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen festgesetzte Verwaltungsgebühr. Für eine rechtswidrige Amtshandlung können keine Kosten gefordert werden,
195vgl. Susenberger/Weißauer, Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblattwerk (Stand: Dezember 2006), § 1 Rn. 13, m. w. N.
196B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 Sätze 1 und 2 Zivilprozessordnung.
197Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
198Beschluss:
199Der Streitwert wird auf 12.980,00 Euro festgesetzt.
200Gründe:
201Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Da die Untersagung der Sammlung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, hat sich das Gericht bei der Ausübung seines Ermessens an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 orientiert. Der danach entscheidende (beabsichtigte) Jahresgewinn ist anhand der von dem Kläger selbst im Verwaltungsverfahren angegebenen beabsichtigten Jahresgesamtsammelmenge (62,4 t) zu bestimmen. Dementsprechend ergibt sich bei einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien in Höhe von 400,00 Euro und einer (geschätzten) Gewinnmarge von 50 % ein Jahresgewinn in Höhe von 12.480,00 Euro,
202vgl. zu dieser Streitwertpraxis OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris.
203Der Zwangsgeldandrohung kommt wegen ihrer Verbindung mit der Grundverfügung keine eigenständige Bedeutung zu (Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs). Hinsichtlich der Gebührenfestsetzung folgt die Festsetzung des Streitwertes aus § 52 Abs. 3 GKG.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
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Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.
Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten - soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch von Interesse - um die vom Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung der Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der kreisangehörigen Stadt O. - Altpapier hier und im Folgenden verstanden als aus privaten Haushaltungen einzusammelnde(s) Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), auch soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt.
3Der Beklagte ist unter anderem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Rhein-Kreis O. , dem acht Kommunen angehören. Diese haben ebenfalls als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle einzusammeln und zu den vom Beklagten oder in dessen Auftrag betriebenen Entsorgungsanlagen oder Umschlagstationen zu befördern. Jedenfalls seit 1997 bedient sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben als Entsorgungsträger eines in privatrechtlicher Form organisierten Unternehmens, derzeit der Entsorgungsgesellschaft O1. H. (im Folgenden: EGN), eines Tochterunternehmens der SWK Stadtwerke L. AG, mit der ein bis Ende 2016 laufender Entsorgungsvertrag besteht. Der Vertrag, der zunächst auch die Altpapierentsorgung (Verwertung) aus den kreisangehörigen Kommunen E. , H1. , K. und S. umfasste, sieht einen vom Beklagten zu zahlenden jährlichen pauschalen Preis pro Tonne von der EGN entsorgten Abfalls vor, d. h. eine Differenzierung nach Abfallarten findet nicht statt. Der allgemeine Entsorgungspreis stieg von knapp unter 100 € im Jahr 1997 auf über 130 € ab dem Jahr 2007. Soweit kreisangehörige Kommunen dem Beklagten getrennt gesammeltes Altpapier zur Entsorgung (Verwertung) überließen, erhob der Beklagte hierfür aufgrund von "Quersubventionierungen" etwa in den Jahren 2008 und 2009 eine Gebühr von 25,66 € pro Tonne von den Kommunen.
4Der Entsorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der EGN wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert. Ein Änderungsgrund war etwa, dass weitere kreisangehörige Kommunen (N. und O. ) im Zeitraum vor 2008 dazu übergegangen waren, ihr getrennt gesammeltes Altpapier dem Beklagten zu überlassen, was für die EGN größere Entsorgungsmengen bedeutete, nachdem die Kommunen es zunächst - vom Beklagten geduldet - selbst verwertet hatten. Als im Jahr 2008 und danach vier kreisangehörige Kommunen (K. , O. , S. und - teilweise - N. ) aufgrund des stark gestiegenen Preises für Altpapier dieses im Ergebnis nicht mehr dem Beklagten überließen und diese Mengen dementsprechend auch nicht mehr der EGN zur Verfügung standen, forderte diese vom Beklagten eine weitere Anpassung des Entsorgungsvertrags in Gestalt einer Erhöhung des pauschalen Entsorgungspreises. Der sich daraus ergebende Streit wurde Anfang 2010 dahingehend beigelegt, dass entgegen der Forderung der EGN der Entsorgungspreis ab 1. Januar 2009 nicht erhöht wird, der Beklagte jedoch in den Jahren 2011 bis 2016 Ausgleichszahlungen erbringt. Zugleich wurde vereinbart, dass Altpapier aus den Kommunen K. , O. und S. nicht mehr Gegenstand des Entsorgungsvertrags ist. Damit bezog sich der Entsorgungsvertrag, was Altpapier anbelangt, nur noch auf die Mengen aus den Kommunen H1. , E. und N. . Mit einer weiteren Anpassung des Entsorgungsvertrags wurde die Verwertung von Altpapier ab dem 1. Januar 2012 vollständig aus dem Vertrag ausgeklammert. Auch dafür hat der Beklagte Ausgleichszahlungen an die EGN zu leisten.
5Bereits im September 2010 hatte der Beklagte die Verwertung von Altpapier aus den Kommunen K. , L1. , L2. , O. und S. europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung gab die Möglichkeit, die Angebote nach Mengenklassen zu staffeln, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ungewiss war, ob aus einigen der Kommunen überhaupt Altpapier zur Verwertung überlassen würde. Die eingegangenen Angebote sahen im Mittel eine Mindestvergütung für den Beklagten pro Tonne Altpapier von 70,25 € vor, der Mittelwert der angebotenen Vergütungen lag bei 113,59 €. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2010 die X. Wertstoffkontor H. (im Folgenden: X. ), mit der der Beklagte einen entsprechenden Vertrag schloss. Die Verwertung des Altpapiers aus den Kommunen E. , H1. und N. schrieb der Beklagte Ende 2011 aus. Den Zuschlag erhielt die EGN. Jedenfalls seit dem Jahr 2012 gibt der Beklagte die Überschüsse aus der Altpapierverwertung an die Kommunen weiter, die ihm Altpapier zur Verwertung überlassen.
6Die Klägerin steht im Eigentum der Stadt O. , welche 51 Prozent der Anteile an der Klägerin direkt und 49 Prozent über ihre 100 prozentige Tochter, die Stadtwerke O. H. , hält. Sie übernahm aufgrund eines Vertrages mit der Stadt O. aus Februar 1996 die Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Nach dem Vertrag erhielt die Klägerin von der Stadt O. sowohl für die Sammlung als auch für die Aufbereitung und Sortierung des Altpapiers eine Vergütung. Die Vermarktung der aufbereiteten Stoffe hatte die Klägerin auf eigenen Verantwortung und Rechnung vorzunehmen. Ferner beauftragte die Stadt O. die Klägerin mit Geschäftsbesorgungsvertrag aus Juni 2000 mit den hoheitlichen Aufgaben der Stadt im Bereich der Abfallbeseitigung sowie mit Leistungen im Bereich Abfallsammlung und -beförderung, nicht jedoch in Bezug auf Altpapier.
7Aufgrund des erstgenannten Vertrags sammelte die Klägerin Altpapier aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von O. in Bündeln und mittels Containern, wobei sie allerdings ganz überwiegend nicht selbst tätig wurde, sondern ihrerseits die EGN beauftragte, die sich wiederum teilweise eines Subunternehmens bediente. Das gesammelte Altpapier aus O. wurde seit 2003 zur Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage in O. -H2. transportiert und dort dem Beklagten bzw. der dort tätigen EGN zur Verwertung überlassen. Ab Mai 2008 sammelte die Klägerin - wiederum über die EGN - Altpapier zudem mittels "blauer Tonnen", nachdem zuvor ein anderes Unternehmen bei der Stadt O. angezeigt hatte, Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels Altpapiertonnen sammeln zu wollen.
8Mit Schreiben vom 15. September 2008 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, ab sofort im Stadtgebiet O. flächendeckend Papier, Pappe und Kartonagen im Wege einer gewerblichen Sammlung erfassen zu wollen, und zwar mittels Altpapiertonnen, Altpapiercontainern und Bündelsammlungen. Zugleich kündigte sie Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung an. Im Zusammenhang damit wurde die Überlassung von Altpapier an den Beklagten eingestellt. Ab dem 1. November 2008 überließ die Klägerin das gesammelte Altpapier der EGN zur Verwertung, nachdem sie mit dieser einen eigenen Vertrag geschlossen hatte. Der Beklagte duldete diese Praxis zunächst. Im Dezember 2010 stellten die Klägerin und die Stadt O. den Vertrag aus Februar 1996 betreffend unter anderem die Sammlung des Altpapiers in O. vorübergehend ruhend.
9Die EGN war im Übrigen jedenfalls bis Ende 2011 unter anderem aufgrund eines (mehrfach verlängerten und verlängerbaren) Vertrages mit der Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland H. (im Folgenden: DSD) verpflichtet, die im Gebiet der Stadt O. anfallenden PPK-Verkaufsverpackungen, die im Zuge der von der Klägerin betriebenen Altpapiersammlung miterfasst werden, zu entsorgen. Die EGN erhält hierfür von der DSD eine monatliche Vergütung. Im Gegenzug hat die EGN die DSD an den Verwertungserlösen der Verkaufsverpackungen zu beteiligen.
10Aus Gebührenbedarfsermittlungen der Stadt O. ergibt sich, dass diese für die Jahre 2008 und 2009 sowohl für den Transport als auch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz brachte (499.500 € für 2008, 565.000 € für 2009). Für das Jahr 2010 veranschlagte sie nur noch 320.000 € für den Transport mit dem Hinweis, dass Entsorgungskosten nicht mehr anfielen, weil die Verwertung seit dem 1. November 2008 über die Klägerin erfolge. Für das Jahr 2011 wurden weder für den Transport noch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz gebracht mit der Begründung, dass die Klägerin das Altpapier gewerblich sammle.
11Im März 2010 hörte der Beklagte in seiner Funktion als untere Umweltschutzbehörde die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung von Altpapier in O. an, was er damit begründete, dass die Sammlung der Klägerin nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C16.08 -) keine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darstelle. Etwa zeitgleich hörte er auch die (nicht kommunalen) Träger von Altpapiersammlungen in anderen Kommunen hinsichtlich einer Untersagung an, um sämtliches im Kreisgebiet gesammeltes Altpapier selbst - mittels der oder über die zuvor erwähnten Ausschreibungsverfahren - verwerten zu können. Aufgrund der Anhörung kam es mit einem anderen Unternehmen, das in einer anderen kreisangehörigen Kommune Altpapier sammelte, zu Gesprächen, in denen der Beklagte anbot, von der angekündigten Untersagung Abstand zu nehmen, wenn er von dem Unternehmen an den Verwertungserlösen für das Altpapier beteiligt wird. Eine entsprechende Einigung kam nicht zustande.
12Mit Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010, zugestellt am 20. Juli 2010, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem an, ab dem 1. Januar 2011 die eigenverantwortliche Sammlung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten auf dem Gebiet der Stadt O. zu unterlassen (Buchstabe a Nr. 1). Zur Begründung führte der Beklagten im Wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung diene der Durchsetzung der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Bei der von der Klägerin seit September 2008 durchgeführten Sammlung handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Auch sonst liege keine Ausnahme von der Überlassungspflicht vor.
13Am 19. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Sammlungsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) entgegen der Annahme in der Ordnungsverfügung nicht eigenverantwortlich sammle. Vielmehr sei sie aufgrund des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt O. sowie der Abfallentsorgungssatzung der Stadt O. als beauftragte Dritte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Stadt O. tätig. Soweit ihre Sammlung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien keine gewerbliche sei, lasse sich daraus allenfalls ableiten, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht einschlägig sei. Dies rechtfertige aber nicht den Schluss, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorliege, eben weil sie Drittbeauftragte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei. Liege dagegen eine gewerbliche Sammlung vor, verstoße die Verbotsverfügung gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Anhaltspunkte für relevante Gebührenauswirkungen lägen ebenso wenig vor wie für eine Gefährdung der Entsorgungssicherheit. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zuvor nicht aufgeklärt worden sei.
14Die Klägerin hat beantragt,
15die Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Sammlung der Klägerin handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche. Unabhängig davon erfolge die Sammlung nicht ordnungsgemäß, weil sie nicht in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften durchgeführt werde. Die Beauftragung der Klägerin mit Entsorgungsdienstleistungen durch die Stadt O. im Wege der inhouse-Vergabe sei vergaberechtlich unzulässig, weil die Klägerin bei einer solchen Vergabe nur begrenzt außerhalb des Auftragsverhältnisses tätig werden dürfe und die insoweit zu beachtende Grenze mit der durchgeführten Altpapiersammlung und -verwertung überschritten werde. Die Sammlung verstoße ferner gegen Wettbewerbsrecht, weil die Stadt O. in Zusammenarbeit mit der Klägerin andere Marktteilnehmer behindere. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Kommunalabgabenrecht vor, weil danach die von der Stadt O. übernommenen Sammlungs- und Transportkosten nicht im Abfallgebührenhaushalt hätten in Ansatz gebracht werden dürfen. Im Übrigen stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es bestehe die Gefahr, dass Vergabeverfahren erheblich erschwert und gegebenenfalls unterlaufen würden. Dies gelte schon deshalb, weil eine zuverlässige Prognose der zu entsorgenden Altpapiermengen nicht möglich sei. Auch sei die Entsorgungssicherheit gefährdet, wenn die öffentliche Altpapierentsorgung im Kreis vollständig von gewerblichen Sammlungen verdrängt werde. Im Fall der Einstellung der gewerblichen Sammlungen sei die öffentlich-rechtliche Entsorgung nicht möglich, zumindest nicht kurzfristig, weil die Entsorgungspflichten europaweit ausgeschrieben werden müssten. Öffentliche Interessen seien auch insoweit beeinträchtigt, als durch die Sammlung der Klägerin auch Verkaufspackungen erfasst und diese damit den Systembetreibern nach der Verpackungsverordnung entzogen würden. Schließlich verhindere die Sammlung der Klägerin niedrigere Abfallgebühren.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung gerichtet ist, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung der Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG diene; eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG liege nicht vor, weil es jedenfalls nicht erkennbar sei, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche handele.
20Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Da es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei ihre Rechtmäßigkeit anhand des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen. Danach erweise sie sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig. Soweit der Beklagte die Sammlung untersagt habe, weil es sich nicht um eine gewerbliche handele, sei dem durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Auch darüber hinaus seien die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gewerbliche Sammlungen zulässig seien, durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundlegend geändert worden. Hinsichtlich der in § 17 Abs. 2 und 3 KrWG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen verfüge sie (die Klägerin) nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um deren (Nicht-)Vorliegen beurteilen zu können. Der Beklagte habe sich diesbezüglich nicht geäußert, obwohl er verpflichtet sei, seine Unterlassungsverfügung anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Hierauf käme es nicht an, wenn eine andere Entscheidung nicht getroffen werden könnte. Von einer Alternativlosigkeit der Untersagungsverfügung könne jedoch keine Rede sein. Die Unterlassungsverfügung sei auch durch das mit § 18 KrWG eingeführte Anzeigeverfahren obsolet geworden. Schließlich sei die Unterlassungsverfügung ermessensfehlerhaft. Die angestellten Ermessenserwägungen gingen nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ins Leere. Soweit im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die Aspekte der Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und des öffentlichen Interesses an niedrigen Abfallgebühren abgestellt worden sei, griffen diese nicht. Mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien nicht dargelegt worden. Anhaltspunkte für eine wesentliche Senkung der Abfallgebühren seien ebenfalls nicht dargetan worden. Weil der Beklagte seine Ermessenserwägungen nicht an die neue Rechtslage angepasst habe, sei die Untersagungsverfügung wegen eines Begründungsdefizits auch formell rechtswidrig. Schließlich sei der Beklagte für die Untersagungsverfügung nicht zuständig gewesen.
21Die Klägerin beantragt,
22das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er macht im Wesentlichen geltend: Auch auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes handele es sich bei der Sammlung der Klägerin mangels Erkennbarkeit nicht um eine gewerbliche. Nehme man dagegen eine gewerbliche Sammlung an, sei diese wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen rechtswidrig. Die Stadt O. habe die öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung eingestellt. Ohne Änderung des Sammlungssystems sammle die Klägerin nunmehr nicht mehr als beauftragte Dritte der Stadt O. , sondern gewerblich. Ein solches Vorgehen sei mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vereinbar, weil die Stadt O. ihre Pflicht aus § 20 Abs. 1 KrWG zur Einsammlung von Altpapier aus privaten Haushalten nicht mehr wahrnehme, ohne dass ein dafür vorgeschriebenes Verfahren nach § 20 Abs. 2 KrWG durchgeführt worden sei. Außerdem widerspreche die Vorgehensweise der Stadt O. den Grundsätzen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb. Durch ihre Absprachen mit der Klägerin habe die Stadt dieser faktisch das gesamte Entsorgungsgebiet der Stadt O. im Sinne einer Monopolstellung überlassen. Zudem habe die Stadt konkurrierende gewerbliche Sammlungen behindert. Weiterhin sei er, der Beklagte, in seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt. Da er selbst eine hochwertige Verwertung von Altpapier durchführe, gingen ihm hinsichtlich der von der Klägerin erfassten Altpapiermengen Erlöse verloren, die nicht zur Reduzierung der Abfallgebühren eingesetzt werden könnten. Im Übrigen könne er entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Altpapier aus O. nicht den von ihm vorgehaltenen hochwertigen Verwertungsstrukturen zuführen. Weiterhin stünden der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit eines nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems (nach der Verpackungsverordnung) gefährdet werde. Die Klägerin lasse auch Verkaufsverpackungen sammeln und verwerten, ohne eine Vereinbarung mit der Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV geschlossen zu haben. Sie gebe an diese keine Verkaufsverpackungen ab und vereinnahme sämtliche Verwertungserlöse. Damit sei ihre Sammlung der Grund dafür, dass aus O. keine Verkaufsverpackungen im Auftrag der Systembetreiber gemäß der Verpackungsverordnung tatsächlich haushaltsnah erfasst und anschließend verwertet würden. Die Einführung eines Anzeigeverfahren durch § 18 KrWG führe ferner nicht dazu, dass zuvor verfügte repressive hoheitliche Maßnahmen keinen Bestand mehr hätten. Die in der Ordnungsverfügung angestellten Ermessenserwägungen seien auch nach der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden.
26Mit Schreiben vom 24. August 2012 zeigte die Klägerin dem Beklagten eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung im Gebiet der Stadt O. an.
27Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg gehabt (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 17 L 1791/10 - sowie des Senats vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 - und vom 15. Juni 2012 - 20 B 415/12 -).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den Verfahren 20 B 47/11, 20 A 3043/11 und 20 A 3044/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und sonstigen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Berufung hat Erfolg.
31Die gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet.
32Die Untersagungsverfügung ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden, am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen.
34Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 - 4 K 1905/10 -, juris, jeweils m. w. N.
35Da sich die Untersagungsverfügung auf dieser Grundlage als rechtswidrig erweist, hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, in vollem Umfang Erfolg. Soweit die Klägerin auch zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung auf der Grundlage des vormals geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorgetragen hat, kommt es auf diese Ausführungen in Ansehung des gestellten Antrags nicht an, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass ihr Begehren - unabhängig von einem insoweit bestehenden Rechtsschutzbedürfnis - nicht auch darauf gerichtet ist, eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen.
36Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
37Daran anknüpfend liegt hier schon vom Ansatz her kein Fall vor, in dem wegen zu beurteilender unterschiedlicher Zeiträume eine teilweise Klageabweisung in Betracht kommt, weil sich die Untersagungsverfügung - unterstellt - in einem zurückliegenden Zeitraum als rechtmäßig dargestellt hat. Im Übrigen ist die Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags (auch) dem Umstand geschuldet, dass sich mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 die für die Beurteilung der Untersagungsverfügung maßgebliche Rechtslage geändert hat. Unabhängig davon, wie der erstinstanzlich gestellte Antrag zu verstehen war, kann es kostenmäßig, etwa unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Klagerücknahme, nicht zulasten der Klägerin gehen, dass sie ihren Antrag an die geänderte Rechtslage angepasst hat.
38In der Sache bestehen bereits Bedenken, ob die Untersagungsverfügung formell rechtmäßig ist.
39Solche Bedenken bestehen allerdings nicht wegen des Fehlens einer erforderlichen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn die Ordnungsverfügung enthält offensichtlich eine solche. Ob diese Begründung - auch nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - die verfügte Sammlungsuntersagung trägt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Im Übrigen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Rechtslage unter Geltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen, was als Nachschieben einer Begründung angesehen werden könnte.
40Bedenken sind jedoch darin begründet, dass dem Beklagten, ausgehend von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage, bei Erlass der Ordnungsverfügung die sachliche Zuständigkeit gefehlt haben und auch heute fehlen könnte.
41Vom Grundsatz her war der Beklagte bei Erlass der Ordnungsverfügung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist. Auch aus § 3 ZustVU dürfte sich nichts anderes ergeben, da es hier um den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gegenüber einem Unternehmen geht, dessen Anteile nicht zu mehr als 50 % einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt - die Stadt O. als "Eigentümerin" der Klägerin ist nicht kreisfrei - gehören, und deshalb keine Zuständigkeit der Bezirksregierung besteht.
42Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten resultieren jedoch daraus, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (auch im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) ist.
43Diese Bedenken beruhen allerdings nicht darauf, dass die zuvor dargelegte Zuständigkeitsbestimmung gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verstößt. Zwar stellen zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies jedoch in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 18. März 2009- 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171.
45Bedenken ergeben sich jedoch, wie den zuvor zitierten Entscheidungen andeutungsweise zu entnehmen ist, aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und des Neutralitätsgebots. Gerade unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde nicht unproblematisch, weil dies die Gefahr von interessengeleiteten Maßnahmen beim Vollzug in sich birgt. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen geht (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG), spricht Einiges dafür, dass der von den Sammlungen betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (auch) eigene Interessen verfolgt und diese Interessen möglicherweise als untere Umweltschutzbehörde durchzusetzen versucht; jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des "bösen Scheins" kann für Außenstehende ein entsprechender Eindruck entstehen. Diese Bedenken sind offensichtlich auch im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht und der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
46Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
47Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später als nicht stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und "für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge" zu tragen.
48Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47 (= Drucksache 17(16)420 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 25. Oktober 2011, S. 2).
49Dementsprechend ist inzwischen in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
50Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2 - 408.10.02.
51Eine solche organisatorische Trennung dürfte hier zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung aber nicht bestanden haben. Zudem dürfte eine hinreichende organisatorische Trennung unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls einen bei Erlass der Verfügung - unterstellt - vorliegenden Zuständigkeitsmangel heilen könnte, auch gegenwärtig nicht vorliegen. Zwar hat der Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Organisationsverfügung vom 17. Juni 2013 auf den zuvor zitierten Erlass reagiert. Abgesehen von der Frage, ob die im Wesentlichen auf der Sachbearbeiterebene vorgenommene teilweise Trennung der Aufgabenbereiche als hinreichend anzusehen ist, wird die Organisationsverfügung jedenfalls nicht strikt umgesetzt, weil gerade derjenige Sachbearbeiter oder Produktverantwortliche, der nach der Verfügung "ab sofort" nicht mehr für Sammlungsuntersagungen nach § 18 KrWG zuständig ist, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfänglich für den Beklagten in dessen Funktion als untere Umweltschutzbehörde geäußert hat.
52Die Zuständigkeitsfrage muss jedoch nicht abschließend entscheiden werden, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
53Sie kann nicht auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der gegenüber § 62 KrWG hinsichtlich der Untersagung einer gemäß § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung grundsätzlich als die speziellere Vorschrift anzusehen ist, als rechtmäßig angesehen werden.
54Gegenstand der Verfügung ist im Kern die Untersagung der Sammlung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Soweit der Klägerin unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verwertung von Altpapier aus O. untersagt worden ist, kommt dem im Verhältnis zur Sammlungsuntersagung kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Mit der Untersagung auch der Verwertung hat der Beklagte ersichtlich lediglich der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung Altpapier in O. sammelte, d. h. als Verantwortliche unter anderem von der EGN sammeln ließ, und das gesammelte Altpapier verwertete oder verwerten ließ. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - in welcher Konstellation auch immer - Altpapier aus O. , das sie nicht sammelt, verwerten könnte, liegen nicht vor. Dementsprechend hat die untersagte Verwertung neben der untersagten Sammlung keinen eigenständigen oder weitergehenden Regelungsgehalt, weil die Verwertung durch die Klägerin gegebenenfalls bereits dadurch ausgeschlossen ist oder wird, dass ihr die Sammlung untersagt wird und sie dementsprechend nicht in den Besitz des Altpapiers gelangt.
55Die Sammlungsuntersagung kann jedoch deshalb nicht rechtmäßigerweise auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorliegen.
56Allerdings handelt es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche auch im Sinne der §§ 17, 18 KrWG, was den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG eröffnet, der, wie die Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG zeigt, nur für (angezeigte) gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen gilt.
57Nach den Definitionen des § 3 Abs. 15 und 18 KrWG liegt eine gewerbliche Sammlung vor.
58Gemäß § 3 Abs. 15 KrWG ist eine Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Einsammeln von Abfällen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da in O. Altpapier mittels Tonnen, Containern und in Bündeln erfasst (eingesammelt) wird. Als insoweit verantwortlicher Sammler (vgl. § 3 Abs. 10 KrWG) oder als Träger der Sammlung ist die Klägerin anzusehen, da sie, auch wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang operativ im Sinne von selbst sammelnd tätig ist, die Sammlung über den diesbezüglich mit der EGN geschlossenen Vertrag steuert.
59Nach § 3 Abs. 18 Satz 1 KrWG ist eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Da die Klägerin das eingesammelte Altpapier nachfolgend eigenverantwortlich verwertet oder verwerten lässt, indem sie für die Überlassung zur Verwertung Geld erhält, ist eine Einnahmeerzielung bezweckt.
60Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Sammlung normiert das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht ausdrücklich und lassen sich ihm auch sonst nicht entnehmen.
61Der zum Sammlungsbegriff unter Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine gewerbliche Sammlung müsse sich von dauerhaften und festen Entsorgungsstrukturen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten unterscheiden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 134, 154,
63ist durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Mit Blick darauf steht der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen, dass die Sammlung der Klägerin sich nicht von derjenigen unterscheidet, als noch ein Auftragsverhältnis mit der Stadt O. bestand, also im Ergebnis eine öffentlich-rechtliche Sammlung stattfand.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten hängt die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Regelungszusammenhang der §§ 17, 18 KrWG ferner nicht von der ungeschriebenen Voraussetzung ab, dass für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Gewerblichkeit der Sammlung erkennbar sein muss. Ein solches einschränkendes Verständnis der nach ihrem Wortlaut klaren Definitionen kann auch mit Blick auf die Systematik (das Zusammenwirken) der zuvor genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck nicht angenommen werden.
65Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf die § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG Bezug nimmt, dient dazu, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG umfassend normierte Überlassungspflicht Rechnung zu tragen.
66Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f. (linke Spalte ab unten).
67Denn die Überlassungspflicht gilt grundsätzlich auch für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen, was im Gesetzgebungsverfahren - vor allem wohl mit Blick auf die Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 35, Art. 106 Abs. 1 AEUV - zu Recht als "EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig" angesehen worden ist.
68Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (linke Spalte oben).
69Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unterstellt - suspendiert dabei ebenso wie die Nr. 3 die Überlassungspflicht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Überlassungspflicht der privaten Haushaltungen selbst suspendiert, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG ihre Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen haben, was an sich die Überlassung an einen gewerblichen Sammler ausschließt. Zum anderen wird jedoch auch die Überlassungspflicht der gewerblichen Sammler suspendiert, die nach dem Einsammeln von Abfällen aus privaten Haushaltungen ohne die Ausnahmeregelungen als Besitzer eben solcher Abfälle ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet wären.
70Den zuvor behandelten Vorschriften liegt offensichtlich das Verständnis eines (regelungsbedürftigen) Konkurrenzverhältnisses zwischen den mittels der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geschützten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einerseits und gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlern (Sammlungen) andererseits zugrunde. So wird in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien § 17 Abs. 3 KrWG, mit dem die öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG konkretisiert werden, als "Kollisionsklausel" bezeichnet; im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist von "relevanten Konkurrenzsituationen" die Rede.
71Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, vorletzter Absatz, und rechte Spalte, ebenfalls vorletzter Absatz).
72Mit Blick darauf sind die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG dahingehend zu verstehen, dass es auf jeden Fall eine vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unabhängige, d. h. eigenständig und eigenverantwortlich tätige Person sein muss, die sich mittels einer (gemeinnützigen oder gewerblichen) Sammlung in den Besitz der Abfälle bringt. Dies kommt im Übrigen auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck. Diese Regelungskonzeption erscheint zwar nicht zwingend, weil die eigentliche Konkurrenzsituation erst bei der Verwertung zum Tragen kommt und die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht davon abhängt, dass der (überlassungspflichtige) Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich gerade durch eine Sammlung in den Besitz der Abfälle gebracht hat. Andererseits erscheint es nicht verfehlt oder willkürlich, als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Überlassungspflicht ein bestimmtes Tätigwerden, nämlich das Einsammeln von Abfällen (vgl. § 3 Abs. 15 KrWG), zu fordern.
73Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG unter der (ungeschriebenen) einschränkenden Voraussetzung steht, dass die Gewerblichkeit für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen erkennbar ist. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her als eine Schutzvorschrift nicht zuletzt für Gewerbetreibende ausgestaltet ist, die mit - werthaltigen - Abfällen im weiteren Sinne Handel treiben und dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu den - durch die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG "geschützten" - öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern getreten sind oder treten wollen. Angesichts dessen liefe die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Gewerblichkeit für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf einen anderen, von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht bezweckten Schutz hinaus. Stellte man auf die Erkennbarkeit der Gewerblichkeit ab, würden zwar die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in die Lage versetzt beurteilen zu können, ob sie gegebenenfalls an den "Richtigen" überlassen, d. h. entweder im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (gegebenenfalls in Gestalt eines von diesem beauftragten Dritten, § 22 Satz 1 KrWG) oder an einen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG tätigen gewerblichen Sammler. Einen solchen Schutz bezweckt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nach den vorstehenden Ausführungen jedoch nicht.
74Dem Vorliegen einer gewerblichen Sammlung der Klägerin im Sinne der §§ 17, 18 KrWG kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, sie erfolge im Auftrag (§ 22 Satz 1 KrWG) eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
75Insoweit ist zum einen festzustellen, dass § 22 Satz 1 KrWG auch eine Beauftragung hinsichtlich des (Ein-)Sammelns von Abfällen umfasst, auch wenn der Wortlaut nur auf Verwertung und Beseitigung abstellt. Damit gemeint und eingeschlossen sind auch sämtliche Vorbereitungshandlungen wie etwa das Einsammeln.
76Vgl. Frenz in: Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 22 KrWG Rn. 6, m. w. N.
77Zum anderen ist festzuhalten, dass "beauftragen" im Sinne der zuvor genannten Vorschrift nicht formalrechtlich als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag (§§ 662 ff. BGB) zu verstehen, sondern ein wie auch immer ausgestaltetes (vertragliches) Abstimmungsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem "Drittbeauftragten" gemeint ist, das die Erfüllung wenigstens einer der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten durch den "Drittbeauftragten" zum Gegenstand haben muss.
78Im Weiteren ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Auftragsverhältnis im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG hinsichtlich des Sammelns die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG ausschließt.
79Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der Definition der gewerblichen Sammlung in § 3 Abs. 18 KrWG, weil der dort genannte Zweck der Einnahmeerzielung auch im Fall eines Auftrags im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG vorliegen kann. Da diese Vorschrift, wie bereits erwähnt, nicht als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag verstanden werden kann, dürfte es sich in der Regel bei den Aufträgen im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG um entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge handeln, welche von im Bereich der Abfallwirtschaft gewerblich tätigen Unternehmen im Wortsinne "zur Einnahmeerzielung" abgeschlossen werden. Soweit die Dritten auch mit der Verwertung "beauftragt" sind, kommt auch diesbezüglich eine Einnahmeerzielungsabsicht in Betracht, und zwar bereits bei der Sammlung.
80Dass die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG bei Bestehen eines das Sammeln betreffenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG ausgeschlossen ist, ergibt sich jedoch wiederum daraus, dass der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ein (mögliches) Konkurrenzverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und gewerblichen Sammlungen (Sammlern) regeln wollte. Dabei hat er, was sich insbesondere an § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG festmachen lässt, die Drittbeauftragten auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesehen. Wer jedoch auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger steht, kann nicht zugleich im Sinne einer gewerblichen Sammlung eigenständig und eigenverantwortlich tätig sein. In einem solchen Fall fehlt es gewissermaßen an dem vom Gesetzgeber angenommenen oder vorausgesetzten Konkurrenzverhältnis. Denn aufgrund des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besteht eine Verpflichtung zum Tätigwerden diesem gegenüber und stimmen die beiderseitigen Interessen überein.
81Dies vorausgeschickt lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin im Auftrag der Stadt O. tätig ist - die Annahme eines (wirksamen) Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG hinsichtlich des Einsammelns von Abfällen in den kreisangehörigen Kommunen nicht als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger tätig ist. An die Annahme eines solchen Verhältnisses sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den im öffentlichen Interesse liegenden Grundsatz der Entsorgungssicherheit muss insbesondere klar erkennbar sein, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Dritten mit der Erfüllung bestimmter Pflichten beauftragt hat. Daran fehlt es hier.
82Aus dem - soweit ersichtlich fortbestehenden - Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt O. aus Juni 2000 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin gegenüber der Stadt auch oder gerade in Bezug auf Altpapier zum Einsammeln verpflichtet ist. Die Anlage 1 zum Vertrag, mit der die Vertragspflichten der Klägerin konkretisiert werden, spricht dagegen, weil unter dem Gliederungspunkt "I. Abfallsammlung und - beförderung" das Sammeln und Befördern von Altpapier gerade nicht genannt wird.
83Was den unter anderem die Sammlung von Altpapier betreffenden Vertrag aus Februar 1996 anbelangt, kann dieser ebenfalls nicht als Grundlage eines wirksamen und bestehenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG angesehen werden, da er jedenfalls seit Dezember 2010 (vorübergehend) ruhend gestellt ist. Bei den diesbezüglichen Erklärungen der Vertragsparteien handelt es sich im Übrigen nicht um nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksame Scheinerklärungen, da tatsächlich nicht mehr entsprechend dem Vertrag verfahren wird. Dies lässt sich daran festmachen, dass der Klägerin nach § 3 Nr. 1 des Vertrags für das Erfassen (Sammeln) des Altpapiers eine Vergütung zustünde, diese jedoch nicht mehr gezahlt wird. Dies ergibt sich daraus, dass entsprechende Kosten ab dem Jahr 2011 nicht mehr in der Abfallgebührenkalkulation der Stadt O. auftauchen.
84Der Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als sammle sie im Auftrag der Stadt O. - was nach den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung ausschlösse.
85Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Sammlung der Klägerin auf eine Art und Weise entstanden ist, die der Gesetzgeber (wohl) bei der Schaffung weder des § 3 Abs. 18 KrWG noch der §§ 17, 18 KrWG als typischen Fall vor Augen hatte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass Fallkonstellationen wie die vorliegende, in der eine vormals öffentlich-rechtliche, durch einen Drittbeauftragten durchgeführte Sammlung im Einvernehmen zwischen dem für das Einsammeln zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Drittbeauftragten vollständig durch eine gewerbliche Sammlung des (vormals) Drittbeauftragten ersetzt wird, im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Diese Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung führt jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin als beauftragte Dritte im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG behandeln lassen muss und deshalb die Gewerblichkeit ihrer Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen ist. Eine solche Verfahrensweise stünde wiederum nicht damit in Einklang, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her um eine Schutzvorschrift zugunsten gewerblicher Sammlungen handelt, um diese von der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG auszunehmen. Damit vertragen sich Einschränkungen bei dem Begriff der gewerblichen Sammlung nicht, die über § 22 KrWG hinaus aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herrühren. So liegt die Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung hier nicht in oder an der Sammlung selbst oder ihrer Gewerblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG, sondern darin, dass die Stadt O. ihre öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit, was getrennt gehaltenes Altpapier anbelangt, spätestens im Dezember 2010 eingestellt hat, indem das vormals in Gestalt des Vertrages aus Februar 1996 bestehende Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Dies kann wertungsmäßig jedoch nicht dazu führen, dass die Klägerin als Drittbeauftragte behandelt oder angesehen und damit die Gewerblichkeit ihrer Sammlung verneint wird. Berührt das Verhalten der Stadt O. öffentliche (Entsorgungs-)Interessen, ist diesen gegebenenfalls im Rahmen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG Rechnung zu tragen. Steht das Verhalten der Stadt O. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa mit § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG oder § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG, nicht in Einklang, müssen erforderlichenfalls Maßnahmen gegenüber der Stadt O. ergriffen werden. Beides rechtfertigt indes nicht, eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG dadurch auszuschließen, dass zulasten der Klägerin ein Auftragsverhältnis angenommen wird. Das Vorstehende gilt entsprechend, wenn man davon ausgeht, dass die Stadt O. mit dem nach § 22 Satz 1 KrWG an sich zulässigen Mittel der Drittbeauftragung im Bereich der Altpapierentsorgung in einer derart "flexiblen" Art und Weise umgeht, die von der genannten Vorschrift nicht mehr gedeckt ist.
86Die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG und damit die Anwendung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Sammlung der Klägerin die Schutzwürdigkeit fehlt, weil sie entgegen der zuvor geschilderten Grundannahme des Gesetzgebers weder in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestanden hat noch steht, sondern in gewisser Weise sogar von der Überlassungspflicht profitiert hat. Denn jedenfalls bis Mitte des Jahres 2008 haben die Erzeuger und Besitzer von Altpapier aus privaten Haushaltungen dieses - in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, dem der heutige § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht, und mit § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG - der im Auftrag der Stadt O. sammelnden Klägerin, d. h. der für diese im Wesentlichen tätigen EGN, zur Verfügung gestellt, was im Ergebnis diese Sammlung "etabliert" und dazu beigetragen hat, dass die Klägerin ab September 2008 praktisch konkurrenzlos "gewerblich" (weiter-)sammeln konnte. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, deswegen das Vorliegen einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen. Es fehlt rechtssystematisch an einer planwidrigen Regelungslücke, die gerade durch eine solchermaßen einschränkende Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung zu schließen ist.
87Der zuvor dargestellten Regelungskonzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt vom Grundsatz her die Annahme zugrunde, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Entsorgungspflichten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG wahrnehmen und diesen nachkommen, was einschließt, dass sie - vorbehaltlich des Eingreifens einer Ausnahmeregelung - die ihnen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zu überlassenden - und nachfolgend von ihnen zu entsorgenden (verwertenden) - Abfälle auch in Besitz nehmen. Diese Annahme ist erst recht im Hinblick auf (in aller Regel werthaltige) getrennt gehaltene und zu sammelnde Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen berechtigt. Insoweit haben und verfolgen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger über die Erfüllung der Pflichten hinaus, die ihnen im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung von Entsorgungssicherheit übertragen worden sind, auch im weiteren Sinne wirtschaftliche Interessen, weil mit den genannten Abfällen bei der Verwertung Erlöse zu erzielen sind. Diese Grundannahmen schließen das Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zu gewerblichen Sammlungen ein, die typischerweise ebenfalls auf getrennt gehaltene und zu sammelnde (werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen zugreifen oder zugreifen wollen.
88Es kann aber auch Konstellationen - wie die hier vorliegende - geben, in denen innerhalb einer Gebietskörperschaft zwei öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger neben- oder besser hintereinander tätig sind, deren Interessen jedenfalls hinsichtlich der Entsorgung von bestimmten (werthaltigen) Abfällen aus privaten Haushaltungen durchaus differieren können mit der Folge, dass nicht immer für beide ein Konkurrenzverhältnis zu einer gewerblichen Sammlung besteht. So obliegt in Nordrhein-Westfalen nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG den kreisangehörigen Kommunen das Einsammeln der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle, weiterhin die Beförderung zu den Abfallentsorgungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit diese vom Kreis oder in dessen Auftrag betrieben werden. Erst daran anschließend tritt die Zuständigkeit des Kreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 und 2 LAbfG ein, der insbesondere für die Verwertung zuständig ist. Diese Konstellation beinhaltet die Gefahr von - im weiteren Sinne wirtschaftlichen oder finanziellen - Interessenkonflikten zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, weil die kreisangehörigen Kommunen die Einsammlungs- und Transportkosten des Altpapiers zu tragen haben, jedoch nicht unmittelbar von etwaigen Erlösen aus der Verwertung der Abfälle profitieren. Dieser Interessenkonflikt hat vorliegend dazu geführt, dass im Gebiet des Beklagten einzelne kreisangehörige Kommunen Altpapier als "werthaltigen" Abfall aus privaten Haushaltungen nicht mehr einsammeln und dementsprechend auch eine Beförderung zu den im Auftrag des Beklagten betriebenen Anlagen entfällt, jedenfalls aber eine Überlassung an den Beklagten nicht mehr stattfindet. Dieser Interessenkonflikt ist weiterhin dafür verantwortlich, dass sich die Sammlung der Klägerin - wie oben aufgezeigt - konkurrenzlos durchsetzen konnte, weil die Stadt O. ab September 2008 jedenfalls faktisch ihre Entsorgungstätigkeiten - mit Blick auf die (beabsichtigte) gewerbliche Sammlung der Klägerin - eingestellt hat.
89Der Umstand, dass danach die Grundannahmen des Gesetzgebers nicht in allen Fällen zutreffen, rechtfertigt jedoch selbst dann, wenn man einen daraus folgenden Regelungsbedarf annimmt, nicht, gerade den Begriff der gewerblichen Sammlung einschränkend auszulegen. Da Konstellationen wie die zuvor dargelegte und hier vorliegende aus einem Interessenkonflikt zwischen mehreren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern untereinander resultiert, besteht keine Veranlassung, daraus Einschränkungen des Begriffs der gewerblichen Sammlung abzuleiten, mit dem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet wird oder werden soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass etwaigen Regelungsdefiziten im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG hinreichend Rechnung getragen werden kann.
90Ist danach von einer gewerblichen Sammlung sowohl im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG als auch der §§ 17, 18 KrWG auszugehen, kann deren Untersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG allerdings nicht damit begründet werden, dass es an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG mangelt.
91Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung des von der Klägerin eingesammelten Altpapiers die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt.
92Soweit § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Vereinbarkeit der Verwertung mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fordert, kann hier nicht damit argumentiert werden, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 KrWG vorliegt. Dies liefe auf einen unzulässigen Zirkelschluss hinaus. Da § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - wie ausgeführt - gerade eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht im Rahmen der Prüfung einer dieser Voraussetzungen, nämlich der ordnungsgemäßen Verwertung, auf die entgegenstehende Überlassungspflicht abgestellt werden.
93Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung "ordnungswidrig" machen.
94In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, dass die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz diene.
95Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
96§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe.
97Vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
98Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, dass jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung besteht, zur "Ordnungswidrigkeit" der Verwertung führt. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können.
99So auch Frenz, a. a. O., § 7 KrWG Rn. 84, m. w. N.
100Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen.
101Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die vom Beklagten geltend gemachten, aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem grundsätzlich zur Sammlung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt O. ) resultierenden etwaigen vergabe-, wettbewerbs-, kommunalabgaben- und steuerrechtlichen Verstöße, sämtlich als gegeben unterstellt, nicht dazu führen, dass die Verwertung als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist. Die (unterstellten) Verstöße haben weder einen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang noch ist ein Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten erkennbar. Im Übrigen erschließt sich weder, dass es sich bei den vom Beklagten ausgemachten Verstößen um solche der Klägerin handelt oder handeln soll, noch ist ersichtlich, dass sich die Klägerin im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße der Stadt O. zurechnen lassen müsste.
102Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen ferner keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegen, die auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung rechtfertigen.
103Was den Maßstab bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen anbelangt, ist eine eher strenge Beurteilung geboten.
104Ausgangspunkt für die Bestimmung (überwiegender) öffentlicher Interessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Begriff der Gefährdung der Funktionsfähigkeit, und zwar des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, eines von diesem beauftragten Dritten oder eines Rücknahmesystems. Das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit wird hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und eines von diesem beauftragten Dritten durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG weiter dahingehend definiert oder konkretisiert, dass eine solche Gefährdung gegeben ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (erste Alternative) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (zweite Alternative). Die zweite Alternative wird sodann allein im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten (Regel-)Beispiele weiter konkretisiert. Angesichts dieser Regelungssystematik leitet sich der Beurteilungsmaßstab vor allem aus der Wortwahl in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG ab, die auf eine Gefährdung (der Funktionsfähigkeit), eine Verhinderung (der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen) und eine wesentliche Beeinträchtigung (der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) abstellt. Zudem korrespondiert diese Einschätzung damit, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz Beeinträchtigungen, welche die Funktionsfähigkeit nicht in Frage stellen, hinzunehmen sind.
105Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
106Die zuvor geäußerte Einschätzung oder Wertung gilt auch in Ansehung der Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Diese gehen auf einen im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
107Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419).
108Aus der Begründung für diesen Änderungsantrag ergibt sich nicht, dass die Regelbeispiele den Ausgangspunkt des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, die (überwiegenden) öffentlichen Interessen unter anderem über die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen, oder aber den durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG vorgegebenen Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in Frage stellen sollten. Vielmehr haben die Regelbeispiele auch nach der Begründung des Änderungsantrags die Funktion, das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu konkretisieren. Zwar erschließt sich nicht ohne weiteres, ob bei der mit den Regelbeispielen vorgenommenen Konkretisierung dem übergeordneten Merkmal der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG jeweils hinreichend Rechnung getragen wurde. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, weil dadurch nicht in Frage gestellt wird, dass nach den vorstehenden Ausführungen bei der Prüfung überwiegender öffentlicher Interessen ein eher strenger Maßstab anzulegen ist.
109Diese Einschätzung erweist sich auch in Ansehung der übrigen Begründung in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien als zutreffend. So ergibt sich aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, dass die "kommunalen Überlassungspflichten" als EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig angesehen worden sind und als Rechtfertigungsgrund unter anderem auf Art. 106 Abs. 2 AEUV abgestellt worden ist. Diese Vorschrift stellt als Maßstab auf die rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung von übertragenen besonderen Aufgaben ab. Dieser Maßstab stimmt im Wesentlichen sowohl mit der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genannten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überein, wenn man darunter, was der Wortlaut nahelegt, auch die Gefahr einer Existenzvernichtung versteht, als auch mit der in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG genannten Verhinderung der Erfüllung von Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Ferner dient nach der Begründung des Änderungsantrags gerade das Merkmal oder der Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG dazu, sich "innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen" zu bewegen.
110Das Erfordernis eines eher strengen Maßstabs ergibt sich schließlich auch aus nationalen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Sammel- und Verwertungstätigkeit der Klägerin vom Grundsatz her - die für die Auslegung der §§ 17, 18 KrWG unerhebliche Besonderheit ausgeklammert, dass es sich bei der Klägerin um ein von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen handelt - um eine zulässige, vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 GG umfasste (gewerbliche) Tätigkeit handelt. Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst an,
111vgl. in diesem Sinne Bay. VGH, Beschlüsse vom 2. Mai 2013 - 20 AS 13.700 - und - 20 AS13.771 -, jeweils juris,
112ist auch dieses Grundrecht tangiert, weil sich die angefochtene Untersagungsverfügung zugleich als partielle (räumlich beschränkte) Gewerbeuntersagung darstellt.
113Dass die Betätigung der Klägerin grundrechtlichen Schutz genießt, heißt nicht, dass eine Beschränkung ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 12 GG reichen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus, um eine Einschränkung zu rechtfertigen, weil lediglich eine Berufsausübungsregelung in Rede steht.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.
115Als eine vom Grundsatz her zulässige Beschränkung stellt sich die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geregelte Überlassungspflicht dar, da sie nicht um ihrer selbst Willen angeordnet oder geschützt ist, sondern weil mit ihr vom Grundsatz her legitime öffentliche Interessen verfolgt werden.
116Die Überlassungspflicht rührt bereits aus Zeiten her, als die Abfallentsorgung als grundsätzlich öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und des Gesundheits- und Umweltschutzes angesehen wurde.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143.
118Sie wurde erstmals in § 3 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873) gesetzlich normiert und diente dazu, die Abfallbeseitigungspflicht der Gemeinden (und anderen Gebietskörperschaften) dadurch abzusichern, dass auch den Abfallbesitzern eine Verpflichtung auferlegt wurde, eben die der Überlassung (an den Beseitigungspflichtigen).
119Vgl. BT-Drucks. 6/3154, S. 2 f.
120Das tradierte Verständnis der öffentlich-rechtlichen Entsorgung jedenfalls von Haushaltsabfällen lag auch dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugrunde. Mit der damit im Zusammenhang stehenden Überlassungspflicht wollte der Gesetzgeber eine ordnungsgemäße, schadlose und damit umweltverträgliche Abfallentsorgung sichergestellt sehen.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, a. a. O.
122Dieses Grundverständnis der Überlassungspflicht liegt auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde, was sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt. Dieser verweist auf das Prinzip der Daseinsvorsorge, um die Überlassungspflicht zu begründen, welche eine Ausnahme vom Verursacherprinzip darstellt, von dem das Kreislaufwirtschaftsgesetz als Grundkonzeption ausgeht; ferner ist im Hinblick auf die Entsorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers davon die Rede, dass eine wirtschaftlich tragfähige Erfüllung dieser Aufgabe nur durch eine kongruente Überlassungspflicht abgesichert werden könne.
123Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
124Allerdings ist der Gesetzgeber (des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) selbst davon ausgegangen, dass die Überlassungspflicht, insbesondere im Hinblick auf getrennt gesammelte oder erfasste (in der Regel werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen, nicht in jedem Fall erforderlich ist, was die dezidierten Regelungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 KrWG zeigen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als nach der Begründung des Gesetzentwurfs befürchtet worden ist, dass ohne "kongruente" Überlassungspflicht die Abfallmengen und vorzuhaltenden Entsorgungskapazitäten für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht mehr berechenbar sind und dieser in seiner Planungs- und Funktionsfähigkeit im Kern gefährdet ist.
125Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
126Jedenfalls rechtfertigen die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG normierten Ausnahmen den Schluss, dass nicht in allen Bereichen der Abfallentsorgung aus Gründen der Daseinsvorsorge eine öffentlich-rechtliche Entsorgung stattfinden muss und sich dementsprechend auch die Überlassungspflicht nicht in jeden Fall "durchsetzen" muss. Von daher reicht die Feststellung allein, dass die Überlassungspflicht grundsätzlich von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird, nicht (mehr) aus, um zugleich eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzunehmen. Angesichts der vom Gesetzgeber normierten Ausnahmen, die, was sich im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergibt, gerade den hier in Rede stehenden Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen betreffen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überlassungspflicht in jedem Einzelfall rechtfertigungsbedürftig ist. Dies beurteilt sich entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG danach, ob überwiegende öffentliche Interessen die (Durchsetzung der) Überlassungspflicht erfordern, was aus den vorstehenden Gründen anhand eines strengen Maßstabs zu beurteilen ist. Etwas anderes erschiene zudem wertungswidersprüchlich, weil im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit Blick auf EU-rechtliche Vorgaben angenommene Rechtfertigungsbedürftigkeit der Überlassungspflicht kein anderer Maßstab gelten kann als für die Rechtfertigung eines Eingriffs in eine grundrechtlich geschützte Betätigung.
127Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegenstehen.
128Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt für das Vorliegen entgegenstehender (überwiegender) öffentlicher Interessen auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit ab.
129Im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG ist die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als eine Konstellation angesehen worden, in der überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift bestehen,
130vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C9.05 -, BVerwGE 125, 337,
131ohne dass jedoch näher bestimmt worden ist, was im Einzelnen unter Gefährdung der Funktionsfähigkeit zu verstehen ist. Mit Sicherheit wird dieses Merkmal erfüllt sein, wenn die Existenz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Sinne der errichteten Infrastruktur (vollständig) in Frage steht.
132Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 ("Planungs- und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kern gefährdet").
133Darauf beschränkt sich der Begriff jedoch nicht. Vielmehr sind in der zuletzt zitierten Entscheidung weitere Fallgestaltungen angesprochen, die nunmehr ihren Niederschlag in § 17 Abs. 3 KrWG gefunden haben. Deshalb ist davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an der zuvor zitierten Rechtsprechung (zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) orientiert hat. Dementsprechend handelt es sich bei der Begrifflichkeit "Gefährdung der Funktionsfähigkeit" in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Wesentlichen lediglich um einen Oberbegriff, mit dem die Fallkonstellationen angesprochen oder erfasst werden sollen, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen.
134Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen deshalb entgegenstehen, weil eines der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG bezeichneten Rücknahmesysteme in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wird.
135Zunächst erscheint es schlüssig, überwiegende öffentliche Interessen an der Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Rücknahmesystems festzumachen, weil ein solches System von seiner Funktion her durchaus als einem öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungssystem vergleichbar angesehen werden kann. Von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems ist auszugehen, wenn durch die gewerbliche Sammlung eine Erfüllung der dem System vorgegebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
136Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, dritter Absatz); siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C 9.05 -, a. a. O., und OVG Hbg., Beschluss vom 8. Juli 2008 - 1 Bs 91/08 -, NVwZ 2008, 1133.
137Für solche Auswirkungen der Sammlung ist hier nichts ersichtlich.
138Der Beklagte geht selbst davon aus, dass vertragliche Vereinbarungen der in O. faktisch das Einsammeln des Altpapiers besorgenden EGN mit der DSD und den übrigen Systembetreibern hinsichtlich der Sammlung von der PPK-Fraktion zuzurechnenden Verkaufsverpackungen im Gebiet der Stadt O. bestehen. Weiterhin geht der Beklagte davon aus, dass die EGN den Systembetreibern Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen erteilt oder erteilen kann, welche die Systembetreiber für ihre Nachweispflichten nach der Verpackungsverordnung benötigen. Hiervon ausgehend spricht nichts dafür, dass die von den Systembetreibern zu erfüllenden Erfassungs- und Verwertungsquoten in Frage stehen und deshalb das System gefährdet ist.
139Der Umstand, dass die bestehenden Verträge der EGN mit den Systembetreibern noch davon ausgehen, dass in O. eine kommunale Altpapiersammlung stattfindet, gibt nichts dafür her, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht erfüllt werden (können). Da die Sammlung lediglich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wurde, sich jedoch weder die Stellung der EGN als Beauftragte der Klägerin noch der Vorgang des Einsammelns des Altpapiers selbst geändert haben, spricht nichts für eine Beeinflussung der Erfassungs- und Verwertungsquoten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Quoten in der Zeit der kommunalen Sammlung nicht eingehalten wurden, liegen nicht vor. Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass die von der EGN auszustellenden Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen zweifelhaft erscheinen.
140Zwar mag davon auszugehen sein, dass die rechtliche Neukonstruktion der Sammlung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auch die Geschäftsgrundlage der Verträge der EGN mit den Systembetreibern berührt. Dies führt jedoch mit Blick auf § 313 BGB nicht zu einer Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Verträge, sondern begründet (lediglich) einen Anpassungsbedarf. Entsprechendes gilt, wenn man mit dem Beklagten einen Anpassungsbedarf auch deshalb bejaht, weil die vertraglichen Vereinbarungen eine Zahlungsverpflichtung der Systembetreiber gegenüber der EGN für die Erfassung und Entsorgung der Verkaufsverpackungen vorsehen, was mit Blick auf die derzeit bei der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse nicht mehr interessengerecht erscheinen mag. Dafür, dass eine Anpassung hier nicht möglich ist, spricht nichts, zumal der Beklagte selbst darauf hinweist, dass die EGN und die Systembetreiber weiter auf der Grundlage der bestehenden Verträge verfahren - was unschwer möglich ist, weil sich das tatsächliche Sammlungsgeschehen nicht geändert hat. Jedenfalls führt der Anpassungsbedarf nicht dazu, dass das Rücknahmesystem als solches, wie es in § 6 Abs. 3 VerpackV beschrieben ist, in der Weise in Frage steht, dass vorgeschriebene Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht mehr erreicht werden.
141Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass hier ein auf PPK-Verpackungen bezogener Widerruf der Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV, der möglicherweise ebenfalls als ein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu qualifizieren ist, im Raum steht. Ein solcher Widerruf droht hier auch nicht deshalb, weil es an einer Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV fehlt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV kommt ein Widerruf lediglich bei Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen in Betracht, nicht jedoch auch dann, wenn die Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV auf der Grundlage der gemeinsamen Erfassung von PPK-Verkaufsverpackungen und sonstigem Altpapier über eine öffentlich-rechtliche Sammlung erfolgt ist, was die Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV einschließt, und sich dieses System nachträglich dadurch ändert, dass - wie hier - die Erfassung nicht mehr über eine öffentlich-rechtliche Sammlung vorgenommen wird. Unabhängig davon fehlt es hier bezogen auf Altpapier an einem vorhandenen Sammelsystem eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV, weil die Stadt O. als für das Einsammeln zuständiger Entsorgungsträger ihre Tätigkeit betreffend Altpapier eingestellt hat.
142Das Vorliegen einer Systemgefährdung kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Verpackungsverordnung den Fall der Erfassung von Verkaufsverpackungen ausschließlich durch eine nicht-öffentlich-rechtliche (gewerbliche) Sammlung nicht vorsieht. Das (Rücknahme- oder Erfassungs-)System wird wesentlich über die in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen definiert. Diese Vorschrift gibt nichts dafür her, was ein ausschließlich nicht-öffentlich-rechtliches Erfassen und Sammeln ausschließt. Entsprechendes gilt für § 6 Abs. 4 VerpackV. Zwar liegt der Vorschrift offensichtlich die Vorstellung oder der Wunsch zugrunde, es möge auf jeden Fall zu einem quasi gemeinsamen (abgestimmten) System von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und Systembetreibern kommen. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Systems im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV ist dies jedoch nicht. Funktioniert - wie hier - ein "alternatives" System in dem Sinne, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten eingehalten oder erreicht werden, kann daraus kein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG konstruiert werden.
143Überwiegende öffentliche Interessen stehen der gewerblichen Sammlung der Klägerin ferner nicht deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
144Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG auch (eigenständig) auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines beauftragten Dritten abstellt. Dies beruht offensichtlich auf der Überlegung, dass in den Fällen der Drittbeauftragung die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers darstellt oder bewirkt. Dies ist schlüssig, weil die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung, wenn sie mittels einer Drittbeauftragung organisiert und sichergestellt ist, in Frage steht, wenn die Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten gefährdet wird. Dementsprechend kann vorliegend dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Rechnung getragen werden, wenn und soweit dieser sich für eine Drittbeauftragung entschieden hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ebenfalls eigenständig auch auf den beauftragten Dritten abstellt.
145Wann eine Funktionsgefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, bestimmt sich nach den beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen. Insoweit handelt es sich um jeweils zu prüfende eigenständige "Schutzobjekte".
146Vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 43.
147Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Existenz gefährdet wird. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Fall unter eine der beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen gefasst werden kann oder ob er - vorgelagert ("vor der Klammer") - bereits unter § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG fällt. Denn Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen nicht vor.
148Dabei ist nach den vorstehenden Ausführungen zugrundezulegen, dass der Gesetzgeber bei sämtlichen die Funktionsfähigkeit betreffenden Regelungen oder Konkretisierungen in § 17 Abs. 3 KrWG davon ausgegangen ist, Fallkonstellationen zu regeln, in denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Funktion befindet in dem Sinne, dass eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stattfindet und sich eine gewerbliche (oder gemeinnützige) Sammlung daneben etabliert hat oder etablieren will. Dies lässt sich insbesondere auch daran festmachen, dass in den Gesetzesmaterialien - wie oben ausgeführt - auf Konkurrenzsituationen abgestellt wird. Dementsprechend soll § 17 Abs. 3 KrWG insbesondere eine funktionierende öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung schützen.
149Dies vorausgeschickt hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt oder zumindest bezogen auf die Abfallart Altpapier in ihrer Existenz gefährdet ist.
150Dies gilt zunächst für die Entsorgung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Abfälle. Diesbezüglich ist die öffentlich-rechtliche Entsorgung im gesamten Kreisgebiet offensichtlich reibungslos "in Funktion", d. h. es findet keine Beeinträchtigung durch die Sammlung der Klägerin statt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Altpapiers in und aus denjenigen kreisangehörigen Kommunen, die Altpapier (öffentlich-rechtlich) über Drittbeauftragte erfassen (sammeln lassen) und es dem Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, dem nach § 5 Abs. 1 LAbfG die Verwertung obliegt, überlassen. Insoweit funktioniert die Verwertung, bei der sich der Beklagte der EGN und der X. als Drittbeauftragte bedient, ebenfalls offensichtlich reibungslos. Es ist auch weder vom Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Tätigkeit der X. als Drittbeauftragte deshalb in Frage gestellt ist und zukünftig in Frage steht, weil aufgrund der Sammlung der Klägerin die X. kein Altpapier aus O. verwerten kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der anderen kreisangehörigen Kommunen, die ihr Altpapier nicht über den Beklagten und die von diesem drittbeauftragte X. verwerten (lassen). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die X. gerade in Ansehung dessen ein Auftragsverhältnis gemäß § 22 Satz 1 KrWG mit dem oder zum Beklagten begründet hat, dass dieser die Verwertung von Altpapier aus Kommunen ausgeschrieben hatte, die ihm überhaupt kein Altpapier überließen, und es angesichts der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der vom Beklagten verfügten Sammlungsuntersagungen auch nicht absehbar war, dass sich daran zukünftig etwas ändert.
151Was Altpapier aus O. anbelangt, ist die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung dagegen außer Funktion. Die Stadt O. als nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG für das Einsammeln und Befördern zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat ihre Tätigkeit sowohl faktisch ab Mitte September 2008, als sie die Klägerin "gewerblich" sammeln ließ, als auch rechtlich jedenfalls ab Dezember 2010 eingestellt, indem das Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Damit hat sie auch die öffentlich-rechtliche Verwertung des Altpapiers aus O. außer Funktion gesetzt, weil bereits mangels öffentlich-rechtlicher Erfassung (Sammlung) des Altpapiers der Stadt O. kein solches mehr zur Verfügung stand und steht, um es dem Beklagten zur Verwertung zu überlassen.
152Die zuvor beschriebene Konstellation rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es liege ein Fall der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne einer Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung vor, dem mittels Durchsetzung der Überlassungspflicht gegenüber einer gewerblichen Sammlung Rechnung zu tragen ist. Dies käme möglicherweise in Betracht, wenn gerade eine gewerbliche Sammlung zur Existenzvernichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgung geführt hätte, indem die gewerbliche Sammlung mit der öffentlich-rechtlichen Erfassung (Sammlung) konkurriert und letztere vollständig verdrängt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit jedenfalls auf der maßgeblichen Ebene des Erfassens (Sammelns) seitens der Stadt O. freiwillig eingestellt wurde. Daran anschließend erschiene es wertungswidersprüchlich, wenn im Fall der freiwilligen Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit einer gewerblichen Sammlung, welche die Entsorgung anderweitig sicherstellt, überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden könnten mit der Begründung, die öffentlich-rechtliche Entsorgung sei in ihrer Funktion, d. h. in ihrer Existenz gefährdet. Denn die freiwillige Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit und die fehlende Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme indizieren, dass aus Gründen der Daseinsvorsorge die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit insoweit nicht erforderlich ist, was zugleich der Überlassungspflicht die Rechtfertigung nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entsorgungssicherheit in Frage stellende Lücken nicht auftreten, weil die gewerbliche Sammlung die Entsorgung- wie hier - flächendeckend sicherstellt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt O. nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 2 1. Spiegelstrich, Abs. 6 Satz 1 LAbfG zum Einsammeln und Befördern des Altpapiers verpflichtet war und ist. Die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG geht offensichtlich nicht dahin, einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger faktisch zur Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit zu bewegen.
153Ähnliches gilt im Hinblick auf den Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Zwar hat sich dieser, was die Verwertung von Altpapier aus O. anbelangt, nicht freiwillig außer Funktion gesetzt, sondern die Funktionslosigkeit beruht unmittelbar auf der Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit durch die Stadt O. . Abgesehen davon, dass nach der Gesetzeskonzeption - wie zuvor ausgeführt - im hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang des Verhältnisses von Überlassungspflicht und gewerblichen Sammlungen die Ebene des (Ein-)Sammelns maßgeblich ist oder sein soll, geht die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG auch nicht dahin, hier offen zutage getretene Interessenkonflikte zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Entsorgung des Altpapiers flächendeckend durch die gewerbliche Sammlung sichergestellt ist. Dafür, dass dies gegenwärtig oder prognostisch in absehbarer Zukunft nicht der Fall ist, hat der Beklagte nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte es jedenfalls bis zu den März 2010 vorgenommenen Anhörungen hinsichtlich einzelner Kommunen (etwa der Stadt L1. ) langjährig und hinsichtlich der Stadt O. ab September 2008 geduldet oder hingenommen hat, dass ihm kein Altpapier zur Verwertung überlassen wird, was ebenfalls indiziert, dass eine unter den Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge und der Entsorgungssicherheit notwendige Entsorgung (Verwertung) gerade durch den an sich zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht besteht.
154Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter den in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten beiden Gesichtspunkten vorliegt.
155Für eine Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) ist nichts ersichtlich.
156Die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Begrifflichkeit "wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen" erweist sich in dem hier gegebenen Kontext der Rechtfertigung der Pflicht zur Überlassung von Abfällen an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund eines (überwiegenden) öffentlichen Interesses als schwierig. Wird ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Rahmen der aus Gründen der Daseinsvorsorge gebotenen Aufgabe der Abfallentsorgung tätig, handelt er in erster Linie zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht. Darin liegt der Hauptzweck seines Tätigwerdens, was wirtschaftliche Erwägungen bei der Aufgabenerfüllung zwar nicht ausschließt (vgl. etwa § 7 Abs. 4 KrWG), jedoch der Annahme entgegensteht, die Wirtschaftlichkeit sei bestimmend für die Aufgabenerfüllung. Dies lässt sich unter anderem daran festmachen, dass die Abfallentsorgung insgesamt für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund der vorgegebenen Entsorgungsstandards ein "Zuschussgeschäft" ist, also eine wirtschaftliche Ausgewogenheit im Sinne eines wenigstens kostendeckenden Tätigwerdens von vornherein ausscheidet. Eine solche Ausgewogenheit ließe sich im Übrigen selbst dann nicht erreichen, wenn sämtliche getrennt gehaltenen und gesammelten "werthaltigen" Abfälle, aus deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) erzielt werden können, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen würden. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch nicht gezwungen, die Kosten der Abfallentsorgung irgendwie im Wirtschaftsverkehr, d. h. durch anderweitige wirtschaftliche Tätigkeiten zu refinanzieren, sondern die Aufgabenerfüllung ist über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren abgesichert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, was genau mit "wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen" im Hinblick auf die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Entsorgungspflichten gemeint ist.
157Den Gesetzesmaterialien lassen sich insoweit keine weitergehenden Anhaltspunkte oder Hinweise entnehmen. Zwar wird betont, dass mit den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen die Belastungsschwelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers präzisiert werde und Maßstab für die Funktionsfähigkeit die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht aller Haushaltsabfälle sei.
158Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, letzter Absatz).
159Dies hilft jedoch nicht weiter, weil sich die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht an den materiellen Anforderungen an die Abfallentsorgung auszurichten hat und nach den vorstehenden Ausführungen nicht wirtschaftlich ausgewogen im Sinne von wenigstens kostendeckend betrieben werden kann. Von daher erschließt sich nicht, welche "Belastungsschwelle" gemeint sein könnte, die über das Merkmal der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen vollzugsfähig präzisiert werden könnte.
160Es hilft ferner nicht weiter, dass sich der Gesetzgeber jedenfalls nach den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag) orientieren wollte. Die diesbezüglich in den Materialien zitierten beiden Entscheidungen
161- EuGH, Urteile vom 15. November 2007- C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911, und vom 17. Mai 2001 - C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109 -
162konkretisieren ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hinreichend, was im Einzelnen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist. Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen gehört, führt das hier nicht weiter. Dies bezieht sich nämlich auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf.
163Vgl. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, Slg. 1993, I-2563.
164Gerade der Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen trifft auf einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedoch nur bedingt zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation auch von derjenigen in der zuletzt zitierten Entscheidung, in welcher dem dortigen Unternehmen vorgegeben war, bestimmte Leistungen zu einheitlichen (teilweise nicht kostendeckenden) Gebühren zu erbringen. Aber auch wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger- unter Ausblendung der vollständigen Refinanzierungsmöglichkeit über Gebühren - wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansieht, kann aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den vorstehenden Ausführungen nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde. Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung der Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Kostendeckung erreicht würde.
165Dies vorausgeschickt kann sich der Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm oder der Stadt O. angesichts des ausbleibenden Altpapiers aus O. die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung genommen wird. Rein wirtschaftlich gesehen, d. h. unter Ausblendung von Gebührenaspekten, bringt die Verwertung von Altpapier dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger keinen (wirtschaftlichen) Vorteil, weil er die Erlöse aus der Verwertung - kostenbereinigt - an die kreisangehörigen Kommunen weiterreicht, d. h. auf Kreisebene findet eine "Quersubventionierung" im Sinne eines Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen ohnehin nicht statt. Im Übrigen erschließt sich nicht, was auf dieser Ebene wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen sein sollten, wenn die theoretisch erzielbaren Einnahmen aus der Verwertung sämtlichen im Kreisgebiet anfallenden Altpapiers auch nicht ansatzweise ausreichen, um die Kosten der Abfallentsorgung im Übrigen zu decken. Was die Stadt O. anbelangt, kann ohnehin nicht mit wirtschaftlichen Aspekten argumentiert werden, weil dieser lediglich unrentable Tätigkeitsbereiche obliegen (Einsammeln und Befördern des Altpapiers sowie des übrigen Abfalls). Der Umstand, dass die Stadt O. diesen Tätigkeitsbereich praktisch aufgegeben hat und damit Kosten einspart, indiziert im Übrigen, dass sie diesen Weg auch in Ansehung der Praxis des Beklagten, Erlöse aus Verwertung von Altpapier an die Kommunen weiterzureichen, anscheinend für wirtschaftlich(er) hält. Dies gilt hier auf jeden Fall deshalb, weil die Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers bei ihrem Tochterunternehmen, der Klägerin, verbleiben, über das sie jedenfalls mittelbar auf die Erlöse zugreifen kann. Es ist schließlich weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass das ausbleibende Altpapier aus O. (und weiteren kreisangehörigen Kommunen) (mit-)ursächlich dazu geführt hat oder führt, dass es nicht mehr möglich ist, Entsorgungsleistungen für andere Abfälle zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen von Drittbeauftragten erfüllen zu lassen.
166Weiterhin kann unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden. Dementsprechend ist dem Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG eine Berufung darauf verwehrt, dass er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbringen könne - was der Sache nach wieder auf den Aspekt der Quersubventionierung hinausliefe.
167A. A. VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012- 4 K 1905/10 -, a. a. O., Rn. 85 ff.
168Bereits aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG ist abzuleiten, dass gebührenrechtliche Aspekte bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen - keine Rolle spielen (sollen). Abgesehen davon, dass den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden kann, dass bei der Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG gerade oder auch gebührenrechtliche Aspekte eine Rolle gespielt haben, hat der Gesetzgeber, was § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeigt, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
169Im Weiteren ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass mit wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auf jeden Fall etwas anderes gemeint ist oder sein muss als die Möglichkeit, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichten über (öffentlich-rechtliche) Gebühren zu refinanzieren. Von daher kommt es bereits vom Ansatz her nicht in Betracht, wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen über die Gebührenhöhe zu bestimmen oder davon abhängig zu machen.
170Was die zweite Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - einschließlich der insoweit (allein) im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satz 3 erfolgten Konkretisierungen anbelangt, rechtfertigt sie ebenfalls nicht die Annahme, dass die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen (überwiegender) öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist.
171Die Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG geht ebenso wie die nachfolgenden Konkretisierungen des Satzes 3 auf den bereits oben erwähnten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
172Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419 vom 25. Oktober 2011, S. 1).
173Soweit dort der Änderungsvorschlag damit begründet worden ist, dass mit der Änderung im Verhältnis zu der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu einem eigenständigen Schutzobjekt aufgewertet würden, entspricht das zwar der zuvor vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Gefährdung der Funktionsfähigkeit dahingehend, dass es sich im Wesentlichen um einen Oberbegriff handelt, mit dem zusammengefasst diejenigen Konstellation angesprochen werden, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen. Dementsprechend stellt das "eigenständige Schutzobjekt" Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Fall einer diesbezüglichen wesentlichen Beeinträchtigung eben eine Konstellation dar, in der überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Allerdings lassen sich der Begründung des Änderungsvorschlags keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, was im Einzelnen mit Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemeint ist.
174Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KrWG, der eine Berücksichtigung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorsah und diesbezüglich zur Begründung ausführte, dass es von Bedeutung sein könne, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
175Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88
176Diese Begründung deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG,
177vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.,
178in der es heißt:
179"Auf der Grundlage des tradierten öffentlichen Entsorgungssystems für Hausmüll ist mit hohem Aufwand und mit Blick auf die Verpflichtung zur flächendeckenden und umfassenden Entsorgung eine entsprechende Infrastruktur auch mit öffentlichen Mitteln errichtet worden. Angesichts dessen können überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung schon dann entgegenstehen, wenn die Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach sich zieht. Ob diese Schwelle überschritten ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände feststellen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur - zum Beispiel durch Vorhaltung von Personal für den Fall, dass der gewerbliche Sammler infolge veränderter Marktbedingungen seine Tätigkeit einstellen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger deshalb möglicherweise unvermittelt zur Übernahme der Entsorgungstätigkeit genötigt sein sollte - gezwungen würde oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen erschwert bzw. Ausschreibungsverfahren unterlaufen würden."
180Davon ausgehend liegt ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG hier nicht vor. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfolgten Konkretisierungen.
181Die Voraussetzungen des in der Nr. 1 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiels für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen offensichtlich nicht vor. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Daran fehlt es aber, weil es bereits an einer Erfassung durch den insoweit zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Stadt O. , fehlt und deshalb de facto auch keine öffentlich-rechtliche Verwertung stattfindet.
182Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich weiterhin nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird.
183Dieses Regelbeispiel bedarf der Auslegung. Der Begriff der Gebührenstabilität ist aus sich heraus nicht recht verständlich, weil die Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden müssen. Dies ist deshalb erforderlich, weil auch die Kosten der Abfallentsorgung nicht stabil (gleichbleibend) sind, was sich schon an dem stetig gestiegenen pauschalen Entsorgungspreis festmachen lässt, den der Beklagte an die EGN zu entrichten hat. Soweit Erlöse aus der Altpapierverwertung die Kosten der Abfallentsorgung insgesamt reduzieren und auf diese Weise Einfluss auf die Gebührenhöhe haben, handelt es sich ebenfalls nicht um einen stabilen (gleichbleibenden) Vorgang, weil die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse grundsätzlich vom (schwankenden) Marktpreis des Altpapiers abhängig sind. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es einen wie auch immer gearteten gebührenrechtlichen "Stabilitätsgrundsatz" gibt, der zur Auslegung herangezogen werden könnte. Zwar erscheint es durchaus möglich, hinsichtlich der Gebührenerhebung oder der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit aus abfallrechtlicher Sicht Maßgaben zu formulieren. Praktische Bedeutung haben solche Maßgaben jedoch nur dann, wenn sie sich auch umsetzen lassen, was voraussetzt, dass sie mit den allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sind. Daran fehlt es hier, weil eine aus abfallrechtlicher Hinsicht gebotene oder wünschenswerte Stabilität der Abfallgebühren im Sinne einer weitgehend gleichbleibenden Gebührenhöhe nicht damit zu vereinbaren ist, dass die Gebührenhöhe von den Entsorgungskosten abhängt, die ihrerseits eben nicht stabil (gleichbleibend) sind. Dies gilt, wie ausgeführt, auch für die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse.
184Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG gibt für eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nichts her. In der Begründung des Änderungsantrags des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, auf den die Vorschrift zurückgeht, findet sich lediglich der Hinweis, dass mit der zuvor genannten Vorschrift "Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden" können.
185Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (= Ausschussdrucksache 17(16)419, S. 3).
186Sollte der Gesetzgeber dabei den (idealtypischen) Fall vor Augen gehabt haben, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Gebührenkalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von (werthaltigen) Abfällen "wegnimmt" mit der Folge, dass eine Unterdeckung auftritt und eine mit einer Gebührenerhöhung verbundene Neukalkulation der Gebühren während des laufenden Kalkulationszeitraums erforderlich ist,
187vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013- AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 87,
188liegt nach den vorstehenden Ausführungen auf der Hand, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist, weil jedenfalls seit dem Jahr 2009 die Abfallgebühren ohne Berücksichtigung des Altpapiers aus O. kalkuliert wurden.
189Der Bedeutungsgehalt des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erschließt sich erst recht nicht aus der Systematik des gesamten Absatzes 3, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Satz 4. Danach gilt unter anderem Satz 3 Nr. 2 nicht, wenn- verkürzt dargestellt - die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die öffentlich-rechtliche. Zwar mag es noch schlüssig erscheinen, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (Satz 2 Alt. 2) als prägende Merkmale der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Satz 1) mittels eines wie auch immer genau zu verstehenden Gebühren(stabilitäts)aspekts (Satz 3 Nr. 2) zu konkretisieren. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum oder unter welchem Gesichtspunkt die größere Leistungsfähigkeit einer gewerblichen Sammlung ausschlaggebend dafür sein soll, dass es auf die aufgrund eines Gebührenaspekts bestehende Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ankommt.
190Einen "plausiblen" Ansatz, dem Gebührenaspekt im Rahmen der hier zur Entscheidung stehenden Frage Rechnung zu tragen, ob die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen - definiert über die (Gefährdung der) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Entsorgungsträgers, diese wiederum definiert über (die wesentliche Beeinträchtigung) dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - erforderlich ist, bietet die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger über die Erfüllung der Entsorgungspflichten hinaus verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gebühren für die Entsorgung des gesamten Hausmülls in einem noch vertretbaren und akzeptierten Rahmen halten. Darauf hat das erkennende Gericht - im Hinblick auf überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG - bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgestellt
191- vgl. Beschluss vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 -
192und diesbezüglich ausgeführt:
193"Der nach Abzug der Kosten u. a. für das Einsammeln des Altpapiers verbleibende Überschuss aus der Vermarktung des Altpapiers beläuft sich nach der Ordnungsverfügung auf bis zu ca. 47,00 Euro/t. Legt man die mit der Beschwerde auf ca. 15.000 t/Jahr veranschlagte Altpapiermenge aller für die zusätzliche Einbeziehung in die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Antragsgegners in Rede stehenden Gemeinden des Kreisgebiets zugrunde, ergibt sich für den Gebührenhaushalt des Antragsgegners eine zusätzliche Einnahme von bis zu ca. 700.000,00 Euro/Jahr. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass ein Betrag in dieser Höhe die von den privaten Haushalten aufzubringenden Abfallgebühren in ihrer Größenordnung wesentlich bestimmt oder finanziell substantiell für die kurz- oder langfristige Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ist. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, dass die fragliche Einnahme in der Vergangenheit nicht erzielt worden ist, ohne dass geltend gemacht würde, die öffentlich-rechtliche Entsorgung einschließlich ihrer Finanzierung durch Gebühren sei übermäßig belastet gewesen. Gewerbliche Sammlungen beschränken sich typischerweise auf werthaltige Abfälle und stellen damit potentiell immer einen Faktor dafür dar, durch ihre behördliche Unterbindung die durch Abfallgebühren zu deckenden Gesamtkosten der Hausmüllentsorgung zu senken. Das besagt aber nicht aus sich heraus, dass einer solchen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen."
194Daran ist auch im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG festzuhalten, der ebenso wie die anderen Regelungen des Absatzes 3 überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG definiert, so dass der gleiche Regelungszusammenhang und die gleiche Interessenlage wie bei § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gegeben ist. Der Beklagte hat zudem im Anschluss an den zuvor zitierten Beschluss nichts dargetan, was eine andere Einschätzung rechtfertigt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, dass bei ihm ausbleibende Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers relevante Gebührenauswirkungen im Sinne der zuvor zitierten Ausführungen haben. Vielmehr zeigen die von ihm vorgelegten Gebührenkalkulationen für das Jahr 2012 mit und ohne Berücksichtigung der Altpapiermengen aus K. , L1. und O. , dass allenfalls von marginalen, nicht ins Gewicht fallenden Gebührenauswirkungen gesprochen werden kann. Nach diesen Kalkulationen bewirken die ausbleibenden Papiermengen aus den Kommunen K. , L1. und O. , dass 1.086.409 € weniger an Vergütungen (aus den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers) an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Kosten der Abfallentsorgung des Beklagten im Übrigen über 25,5 Mio. € kalkuliert werden, machen die (ausbleibenden) Erlöse für die Papiermengen aus den zuvor genannten Kommunen lediglich gut vier Prozent des erforderlichen Gebührenaufkommens aus. Bezogen auf die Gesamtkosten der Abfallentsorgung, die über Gebühren von den Bürgern der kreisangehörigen Kommunen "refinanziert" werden müssen, ist der zuvor bezeichnete Erlösanteil aus der Altpapierverwertung noch geringer, weil in den Kalkulationen des Beklagten die in oder bei den Kommunen gegebenenfalls anfallenden Sammlungs- und Beförderungskosten für das Altpapier nicht enthalten sind.
195Daran anschließend greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, die Stadt O. könne mangels öffentlich-rechtlicher Erlöse aus der Altpapierverwertung überhaupt keine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung durch Erlöse aus der Altpapierverwertung -, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass nach den zuvor genannten Zahlen eine relevante Gebührensenkung im Raum stünde, wenn denn die Stadt O. vom Beklagten Vergütungen aus der Altpapierverwertung erhielte. Unabhängig davon, dass die Vergütungen im Verhältnis zu den übrigen Entsorgungskosten ohnehin nicht wesentlich ins Gewicht fielen, müssten der Stadt O. entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten in Abzug gebracht werden, die relevante Gebührenauswirkungen (Senkungen) unwahrscheinlich machten.
196Sollte der Beklagte den Begriff der (Gefährdung der) Gebührenstabilität dahingehend interpretieren, es seien jeweils die niedrigst möglichen Gebühren zu erheben kann, wäre dieser Ansatz verfehlt, weil er überwiegende öffentliche Interessen in einer Weise konkretisierte, die mit dem nach den vorstehenden Ausführungen insoweit anzulegenden strengen Maßstab nicht zu vereinbaren wäre. Dieser Ansatz führte nämlich dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die - arg ex § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG - gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um "werthaltige" Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung "entzogen" werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigst möglichen Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis zu höheren Gebühren führt.
197Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
198Was den Schutzzweck oder die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst klarzustellen, dass es nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies auf den ersten Blick nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen "unterlaufen" wird. Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen.
199Was die Stadt O. anbelangt, hat diese weder einen Dritten aufgrund eines Vergabeverfahrens beauftragt noch ist ersichtlich, dass Entsprechendes in absehbarer Zeit ansteht. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise in wettbewerbswidriger Weise im Gebiet der Stadt O. hinsichtlich des Einsammelns von Altpapier faktisch eine Monopolstellung erlangt hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen keine Konstellation, die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfasst wird.
200Schwierigkeiten des Beklagten, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten zu finden, der die Altpapierentsorgung (Verwertung) - potenziell auch hinsichtlich des Altpapiers aus O. - übernimmt, können ausgeschlossen werden, weil der Beklagte mit der X. einen solchen Dritten gefunden hat. Soweit es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hat, beruhten diese nicht darauf, dass die Klägerin vor und zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits in O. sammelte. Diesem Umstand hätte im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Altpapiermengen aus O. außer Ansatz geblieben wären. Denn eine (zwingende) Notwendigkeit, die Ausschreibung auch auf den Fall zu erstrecken, dass die Klägerin ihre Sammlung einstellt, in O. wieder öffentlich-rechtlich gesammelt und das Altpapier dem Beklagten überlassen wird, hat nicht bestanden. Im Übrigen ist dieser Konstellation im Rahmen der Ausschreibung durch eine entsprechende mengenmäßige Staffelung Rechnung getragen worden. Die Ungewissheit, ob dieser Fall zum Tragen kommt, beruhte nicht auf der Sammlung der Klägerin, sondern darauf, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits untersagt hatte und Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagung bestand.
201Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung aufgrund eines "Unterlaufens" der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Der Annahme einer Gefährdung steht bereits entgegen, dass die X. in Kenntnis der (ständig durchgeführten) Sammlung der Klägerin ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten eingegangen ist. Im Übrigen ist weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten durch die Drittbeauftragte in Frage steht. Zwar mag es als ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens angesehen werden, dass sich die Klägerin nach wie vor in O. sammelt, obwohl sich im Vergabeverfahren die X. durchgesetzt hat. Da es jedoch - wie eingangs aufgezeigt - nicht um den Schutz des Vergabeverfahrens oder von Wettbewerbern geht, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, solange dadurch die Erfüllung der Entsorgungspflichten im Wege der Drittbeauftragung nicht in Frage gestellt wird.
202Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte.
203Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der- insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommen-de - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
204Im Anschluss an die Ausführungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne einer Existenzgefährdung gilt hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung im Bereich der Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, dass diese reibungslos funktioniert, insbesondere durch die klägerische Sammlung keine "Strukturen" (wesentlich) beeinträchtigt werden. Demgegenüber gibt es im Bereich der Entsorgung von Altpapier aus O. keine (zu schützenden) öffentlich-rechtlichen Strukturen (mehr), da die Stadt O. weder selbst noch über einen Drittbeauftragten tätig ist. Dass die Verwertungsstrukturen des Beklagten für das übrige Altpapier wesentlich beeinträchtigt werden, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte überwiegend keine eigenen Entsorgungsstrukturen geschaffen hat und er dementsprechend zur Erfüllung seiner Entsorgungspflichten keine eigenen personellen und sächlichen Mittel einsetzt, sondern sich (beauftragter) Dritter bedient hat und bedient, derzeit der X. und der EGN. Auf die solchermaßen organisierte öffentlich-rechtliche Altpapierverwertung hat die Sammlung der Klägerin bei ihrem Beginn allenfalls insoweit Einfluss gehabt, als sie eine Änderung des - seinerzeit allein bestehen-den - Entsorgungsvertrags zwischen dem Beklagten und der EGN zur Folge hatte. Es ist schon fraglich, ob das Ausbleiben von Altpapier aus O. aufgrund der Sammlung der Klägerin für die EGN überhaupt einen zureichenden Grund dargestellt hat, um vom Beklagten eine Anpassung des Entsorgungsvertrags zu verlangen. Jedenfalls ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass diese Vertragsänderung als wesentliche Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen Verwertungsstrukturen hinsichtlich Altpapier zu qualifizieren sein könnte. Soweit der Beklagte (als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) danach weitere Änderungen der Strukturen der öffentlich-rechtlichen Altpapierverwertung vorgenommen hat, indem er nach entsprechender Ausschreibung die X. auch mit der Verwertung von Altpapier aus O. beauftragt hat, ist das bereits keine Änderung gewesen, die wesentlich durch die Sammlung der Klägerin bedingt oder dieser zuzurechnen war. Denn solange keine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers aus O. erfolgte, bestand keine Notwendigkeit, einen Dritten mit der Verwertung von Altpapier aus O. zu beauftragen. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin durch den Beklagten ändert daran nichts, weil unabhängig von der (seinerzeit) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sammlungsuntersagung diese nicht unmittelbar bewirkt hätte, dass wieder eine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers stattfindet. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig eine Änderung der Altpapierverwertungsstrukturen des Beklagten veranlasst wäre, die als wesentliche Beeinträchtigung der Strukturen zu qualifizieren und unmittelbar durch die Sammlung der Klägerin veranlasst wäre.
205Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Altpapier aus O. für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt.
206Dies gilt zunächst für das öffentlich-rechtliche Einsammeln und Befördern des Altpapiers. Da die Klägerin bei ihren bisherigen Aktivitäten in weitgehender Abstimmung mit der Stadt O. agiert hat, kann als sehr wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass die Funktionsfähigkeit des für das Einsammeln und Befördern zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Stadt O. ) schnellstmöglich dadurch wiederhergestellt werden könnte und würde, dass der vorübergehend ruhend gestellte Vertrag aus Februar 1996 wieder "aktiviert" würde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass weitere (der Form nach) private Unternehmen zur Verfügung stehen, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln und Befördern des Altpapiers im Auftrag der Stadt O. übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden, zumal die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit nicht zwingend das Sammeln im Holsystem mittels auf sämtlichen privaten Grundstücken aufgestellter Tonnen voraussetzt, sondern auch mittels Altpapiercontainern bewerkstelligt werden kann.
207Weiterhin ist auch im Hinblick auf die dem Beklagten obliegenden Entsorgungspflichten (Verwertung) nicht ersichtlich, dass deren Erfüllung im Fall der Einstellung der klägerischen Sammlung nicht gewährleistet und sichergestellt ist. Auch der Beklagte erfüllt die ihm obliegenden Entsorgungspflichten - wie ausgeführt - überwiegend nicht selbst, sondern bedient sich gegenwärtig gemäß § 22 Satz 1 KrWG auch für die Altpapierverwertung Dritter, nämlich der X. und der EGN. Speziell der mit der X. geschlossene Entsorgungsvertrag beinhaltet auch die Verwertung von Altpapier aus O. , so dass dessen Verwertung auch dann sichergestellt ist, wenn die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellen und das Altpapier aus O. dem Beklagten zur Verwertung überlassen würde. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Vergangenheit vorgenommenen Anpassungen des bis Ende 2016 laufenden Entsorgungsvertrags mit der EGN, die gerade im Hinblick auf wechselnde von den kreisangehörigen Kommunen angelieferte und überlassene Altpapiermengen sowie veränderte Marktpreise für Altpapier vorgenommen wurden, zeigen, dass veränderten Verhältnissen im Ergebnis eben mittels Vertragsänderungen Rechnung getragen werden konnte und wurde. Insoweit ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass diese Vertragsänderungen auf der Seite der drittbeauftragten EGN wesentliche Änderungen der Entsorgungsstrukturen erforderten oder nach sich zogen - der Beklagte verfügt, wie ausgeführt, nicht über eigene Entsorgungsstrukturen. Entsprechendes gilt für die X. , deren mit dem Beklagten geschlossener Entsorgungsvertrag von vornherein unterschiedliche Fallkonstellationen hinsichtlich der Verwertung von Altpapier aus unterschiedlichen Kommunen abdeckt.
208Der Umstand allein, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegebenenfalls aufgrund einer gewerblichen (Altpapier-)Sammlung gezwungen ist, einen bestehenden Entsorgungsvertrag mit einem Drittbeauftragten anzupassen, reicht nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen. Soll die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen im Bereich der nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fallenden Abfälle nicht leerlaufen, muss (auch) der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung mittels oder über Drittbeauftragungen "organisiert" und seine Planungen auf die insoweit abgeschlossenen Entsorgungsverträge ausgerichtet hat, gewisse (unwesentliche) Beeinträchtigungen hinnehmen. Wo in diesem Bereich die Grenze zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung zu ziehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Hier kann jedenfalls nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil die - unterstellt - durch die Sammlung der Klägerin veranlasste oder erforderlich gewordene Vertragsänderung nicht über die Änderungen hinausgeht, die - unabhängig von einer gewerblichen Sammlung - bereits zuvor wegen veränderter Verhältnisse und Preise im Altpapierbereich vorgenommen worden sind. Zudem war und ist der Beklagte nicht gezwungen, von dem (auch) im Altpapierbereich gewählten "Organisationsmodell" der Drittbeauftragung vollständig Abstand zu nehmen. Sollten Drittbeauftragte durch eine gewerbliche Sammlung erforderlich gewordene oder werdende Vertragsänderungen zum Anlass nehmen, von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger "Ausgleichszahlungen" zu verlangen, handelte es sich nicht um einen Gesichtspunkt, der von dem Begriffsmerkmal "Planungssicherheit und Organisationsverantwortung" erfasst würde. Zu denken wäre eher an § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte für Änderungen des Entsorgungsvertrags mit der EGN, die nicht (unmittelbar) durch gewerbliche Sammlungen veranlasst waren, Ausgleichszahlungen zu leisten hat, ohne dass er geltend gemacht hätte oder sonst davon die Rede gewesen wäre, es lägen keine wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen mehr vor. Angesichts dessen erschließt sich nicht, dass eine andere Beurteilung nur deshalb geboten sein sollte, weil (unterstellt) eine mit einer "Ausgleichszahlung" einher gehende Vertragsänderung durch eine gewerbliche Sammlung ausgelöst wurde.
209Abschließend ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Untersagungsverfügung auch dann nicht als rechtmäßig erwiese, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG verneinte und dementsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Das liegt auf der Hand, wenn man in diesem Fall § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für entsprechend anwendbar hält. Etwas anderes ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig außer Betracht lässt und auf § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage abstellt.
210Eine erforderliche Anordnung zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kommt zwar auch zur Durchsetzung der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung. Ein solcher Fall läge hier vom Ansatz her vor, wenn man die Gewerblichkeit der Sammlung der Klägerin verneinte, weil die Klägerin dann das von ihr gesammelte Altpapier aus privaten Haushaltungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überließe und insoweit die Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bereits mangels einer gewerblichen Sammlung nicht griffe.
211Gleichwohl trüge § 62 KrWG die Untersagungsverfügung nicht, weil diese sich als unverhältnismäßig darstellte und es sich dementsprechend nicht um eine erforderliche Anordnung im Sinne der Vorschrift handelte. Insoweit käme ebenfalls das zuvor Ausgeführte zum Tragen, dass nämlich die Überlassungspflicht nicht um ihrer selbst willen geschützt ist und sie sich angesichts der normierten Ausnahmen nicht stets durchsetzen (und durchgesetzt werden) muss, sondern im Einzelfall festzustellen ist, dass ihre Durchsetzung wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten ist, solche Interessen hier jedoch nicht bestehen. Diese im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG getroffenen Feststellungen würden in gleicher Weise Geltung beanspruchen, wenn man § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage der Sammlungsuntersagung ansähe, weil die Sammlung der Klägerin als grundrechtlich geschützte Betätigung nicht weniger schutzwürdig ist als eine gewerbliche Sammlung im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Mangels Verhältnismäßigkeit käme es im Übrigen auf etwaige vom Beklagten angesichts der geänderten Rechtslage zulässigerweise nachgeschobene Ermessenserwägungen nicht an.
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
213Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.
Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten - soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch von Interesse - um die vom Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung der Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der kreisangehörigen Stadt O. - Altpapier hier und im Folgenden verstanden als aus privaten Haushaltungen einzusammelnde(s) Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), auch soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt.
3Der Beklagte ist unter anderem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Rhein-Kreis O. , dem acht Kommunen angehören. Diese haben ebenfalls als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle einzusammeln und zu den vom Beklagten oder in dessen Auftrag betriebenen Entsorgungsanlagen oder Umschlagstationen zu befördern. Jedenfalls seit 1997 bedient sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben als Entsorgungsträger eines in privatrechtlicher Form organisierten Unternehmens, derzeit der Entsorgungsgesellschaft O1. H. (im Folgenden: EGN), eines Tochterunternehmens der SWK Stadtwerke L. AG, mit der ein bis Ende 2016 laufender Entsorgungsvertrag besteht. Der Vertrag, der zunächst auch die Altpapierentsorgung (Verwertung) aus den kreisangehörigen Kommunen E. , H1. , K. und S. umfasste, sieht einen vom Beklagten zu zahlenden jährlichen pauschalen Preis pro Tonne von der EGN entsorgten Abfalls vor, d. h. eine Differenzierung nach Abfallarten findet nicht statt. Der allgemeine Entsorgungspreis stieg von knapp unter 100 € im Jahr 1997 auf über 130 € ab dem Jahr 2007. Soweit kreisangehörige Kommunen dem Beklagten getrennt gesammeltes Altpapier zur Entsorgung (Verwertung) überließen, erhob der Beklagte hierfür aufgrund von "Quersubventionierungen" etwa in den Jahren 2008 und 2009 eine Gebühr von 25,66 € pro Tonne von den Kommunen.
4Der Entsorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der EGN wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert. Ein Änderungsgrund war etwa, dass weitere kreisangehörige Kommunen (N. und O. ) im Zeitraum vor 2008 dazu übergegangen waren, ihr getrennt gesammeltes Altpapier dem Beklagten zu überlassen, was für die EGN größere Entsorgungsmengen bedeutete, nachdem die Kommunen es zunächst - vom Beklagten geduldet - selbst verwertet hatten. Als im Jahr 2008 und danach vier kreisangehörige Kommunen (K. , O. , S. und - teilweise - N. ) aufgrund des stark gestiegenen Preises für Altpapier dieses im Ergebnis nicht mehr dem Beklagten überließen und diese Mengen dementsprechend auch nicht mehr der EGN zur Verfügung standen, forderte diese vom Beklagten eine weitere Anpassung des Entsorgungsvertrags in Gestalt einer Erhöhung des pauschalen Entsorgungspreises. Der sich daraus ergebende Streit wurde Anfang 2010 dahingehend beigelegt, dass entgegen der Forderung der EGN der Entsorgungspreis ab 1. Januar 2009 nicht erhöht wird, der Beklagte jedoch in den Jahren 2011 bis 2016 Ausgleichszahlungen erbringt. Zugleich wurde vereinbart, dass Altpapier aus den Kommunen K. , O. und S. nicht mehr Gegenstand des Entsorgungsvertrags ist. Damit bezog sich der Entsorgungsvertrag, was Altpapier anbelangt, nur noch auf die Mengen aus den Kommunen H1. , E. und N. . Mit einer weiteren Anpassung des Entsorgungsvertrags wurde die Verwertung von Altpapier ab dem 1. Januar 2012 vollständig aus dem Vertrag ausgeklammert. Auch dafür hat der Beklagte Ausgleichszahlungen an die EGN zu leisten.
5Bereits im September 2010 hatte der Beklagte die Verwertung von Altpapier aus den Kommunen K. , L1. , L2. , O. und S. europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung gab die Möglichkeit, die Angebote nach Mengenklassen zu staffeln, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ungewiss war, ob aus einigen der Kommunen überhaupt Altpapier zur Verwertung überlassen würde. Die eingegangenen Angebote sahen im Mittel eine Mindestvergütung für den Beklagten pro Tonne Altpapier von 70,25 € vor, der Mittelwert der angebotenen Vergütungen lag bei 113,59 €. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2010 die X. Wertstoffkontor H. (im Folgenden: X. ), mit der der Beklagte einen entsprechenden Vertrag schloss. Die Verwertung des Altpapiers aus den Kommunen E. , H1. und N. schrieb der Beklagte Ende 2011 aus. Den Zuschlag erhielt die EGN. Jedenfalls seit dem Jahr 2012 gibt der Beklagte die Überschüsse aus der Altpapierverwertung an die Kommunen weiter, die ihm Altpapier zur Verwertung überlassen.
6Die Klägerin steht im Eigentum der Stadt O. , welche 51 Prozent der Anteile an der Klägerin direkt und 49 Prozent über ihre 100 prozentige Tochter, die Stadtwerke O. H. , hält. Sie übernahm aufgrund eines Vertrages mit der Stadt O. aus Februar 1996 die Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Nach dem Vertrag erhielt die Klägerin von der Stadt O. sowohl für die Sammlung als auch für die Aufbereitung und Sortierung des Altpapiers eine Vergütung. Die Vermarktung der aufbereiteten Stoffe hatte die Klägerin auf eigenen Verantwortung und Rechnung vorzunehmen. Ferner beauftragte die Stadt O. die Klägerin mit Geschäftsbesorgungsvertrag aus Juni 2000 mit den hoheitlichen Aufgaben der Stadt im Bereich der Abfallbeseitigung sowie mit Leistungen im Bereich Abfallsammlung und -beförderung, nicht jedoch in Bezug auf Altpapier.
7Aufgrund des erstgenannten Vertrags sammelte die Klägerin Altpapier aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von O. in Bündeln und mittels Containern, wobei sie allerdings ganz überwiegend nicht selbst tätig wurde, sondern ihrerseits die EGN beauftragte, die sich wiederum teilweise eines Subunternehmens bediente. Das gesammelte Altpapier aus O. wurde seit 2003 zur Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage in O. -H2. transportiert und dort dem Beklagten bzw. der dort tätigen EGN zur Verwertung überlassen. Ab Mai 2008 sammelte die Klägerin - wiederum über die EGN - Altpapier zudem mittels "blauer Tonnen", nachdem zuvor ein anderes Unternehmen bei der Stadt O. angezeigt hatte, Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels Altpapiertonnen sammeln zu wollen.
8Mit Schreiben vom 15. September 2008 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, ab sofort im Stadtgebiet O. flächendeckend Papier, Pappe und Kartonagen im Wege einer gewerblichen Sammlung erfassen zu wollen, und zwar mittels Altpapiertonnen, Altpapiercontainern und Bündelsammlungen. Zugleich kündigte sie Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung an. Im Zusammenhang damit wurde die Überlassung von Altpapier an den Beklagten eingestellt. Ab dem 1. November 2008 überließ die Klägerin das gesammelte Altpapier der EGN zur Verwertung, nachdem sie mit dieser einen eigenen Vertrag geschlossen hatte. Der Beklagte duldete diese Praxis zunächst. Im Dezember 2010 stellten die Klägerin und die Stadt O. den Vertrag aus Februar 1996 betreffend unter anderem die Sammlung des Altpapiers in O. vorübergehend ruhend.
9Die EGN war im Übrigen jedenfalls bis Ende 2011 unter anderem aufgrund eines (mehrfach verlängerten und verlängerbaren) Vertrages mit der Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland H. (im Folgenden: DSD) verpflichtet, die im Gebiet der Stadt O. anfallenden PPK-Verkaufsverpackungen, die im Zuge der von der Klägerin betriebenen Altpapiersammlung miterfasst werden, zu entsorgen. Die EGN erhält hierfür von der DSD eine monatliche Vergütung. Im Gegenzug hat die EGN die DSD an den Verwertungserlösen der Verkaufsverpackungen zu beteiligen.
10Aus Gebührenbedarfsermittlungen der Stadt O. ergibt sich, dass diese für die Jahre 2008 und 2009 sowohl für den Transport als auch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz brachte (499.500 € für 2008, 565.000 € für 2009). Für das Jahr 2010 veranschlagte sie nur noch 320.000 € für den Transport mit dem Hinweis, dass Entsorgungskosten nicht mehr anfielen, weil die Verwertung seit dem 1. November 2008 über die Klägerin erfolge. Für das Jahr 2011 wurden weder für den Transport noch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz gebracht mit der Begründung, dass die Klägerin das Altpapier gewerblich sammle.
11Im März 2010 hörte der Beklagte in seiner Funktion als untere Umweltschutzbehörde die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung von Altpapier in O. an, was er damit begründete, dass die Sammlung der Klägerin nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C16.08 -) keine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darstelle. Etwa zeitgleich hörte er auch die (nicht kommunalen) Träger von Altpapiersammlungen in anderen Kommunen hinsichtlich einer Untersagung an, um sämtliches im Kreisgebiet gesammeltes Altpapier selbst - mittels der oder über die zuvor erwähnten Ausschreibungsverfahren - verwerten zu können. Aufgrund der Anhörung kam es mit einem anderen Unternehmen, das in einer anderen kreisangehörigen Kommune Altpapier sammelte, zu Gesprächen, in denen der Beklagte anbot, von der angekündigten Untersagung Abstand zu nehmen, wenn er von dem Unternehmen an den Verwertungserlösen für das Altpapier beteiligt wird. Eine entsprechende Einigung kam nicht zustande.
12Mit Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010, zugestellt am 20. Juli 2010, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem an, ab dem 1. Januar 2011 die eigenverantwortliche Sammlung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten auf dem Gebiet der Stadt O. zu unterlassen (Buchstabe a Nr. 1). Zur Begründung führte der Beklagten im Wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung diene der Durchsetzung der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Bei der von der Klägerin seit September 2008 durchgeführten Sammlung handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Auch sonst liege keine Ausnahme von der Überlassungspflicht vor.
13Am 19. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Sammlungsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) entgegen der Annahme in der Ordnungsverfügung nicht eigenverantwortlich sammle. Vielmehr sei sie aufgrund des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt O. sowie der Abfallentsorgungssatzung der Stadt O. als beauftragte Dritte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Stadt O. tätig. Soweit ihre Sammlung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien keine gewerbliche sei, lasse sich daraus allenfalls ableiten, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht einschlägig sei. Dies rechtfertige aber nicht den Schluss, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorliege, eben weil sie Drittbeauftragte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei. Liege dagegen eine gewerbliche Sammlung vor, verstoße die Verbotsverfügung gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Anhaltspunkte für relevante Gebührenauswirkungen lägen ebenso wenig vor wie für eine Gefährdung der Entsorgungssicherheit. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zuvor nicht aufgeklärt worden sei.
14Die Klägerin hat beantragt,
15die Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Sammlung der Klägerin handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche. Unabhängig davon erfolge die Sammlung nicht ordnungsgemäß, weil sie nicht in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften durchgeführt werde. Die Beauftragung der Klägerin mit Entsorgungsdienstleistungen durch die Stadt O. im Wege der inhouse-Vergabe sei vergaberechtlich unzulässig, weil die Klägerin bei einer solchen Vergabe nur begrenzt außerhalb des Auftragsverhältnisses tätig werden dürfe und die insoweit zu beachtende Grenze mit der durchgeführten Altpapiersammlung und -verwertung überschritten werde. Die Sammlung verstoße ferner gegen Wettbewerbsrecht, weil die Stadt O. in Zusammenarbeit mit der Klägerin andere Marktteilnehmer behindere. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Kommunalabgabenrecht vor, weil danach die von der Stadt O. übernommenen Sammlungs- und Transportkosten nicht im Abfallgebührenhaushalt hätten in Ansatz gebracht werden dürfen. Im Übrigen stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es bestehe die Gefahr, dass Vergabeverfahren erheblich erschwert und gegebenenfalls unterlaufen würden. Dies gelte schon deshalb, weil eine zuverlässige Prognose der zu entsorgenden Altpapiermengen nicht möglich sei. Auch sei die Entsorgungssicherheit gefährdet, wenn die öffentliche Altpapierentsorgung im Kreis vollständig von gewerblichen Sammlungen verdrängt werde. Im Fall der Einstellung der gewerblichen Sammlungen sei die öffentlich-rechtliche Entsorgung nicht möglich, zumindest nicht kurzfristig, weil die Entsorgungspflichten europaweit ausgeschrieben werden müssten. Öffentliche Interessen seien auch insoweit beeinträchtigt, als durch die Sammlung der Klägerin auch Verkaufspackungen erfasst und diese damit den Systembetreibern nach der Verpackungsverordnung entzogen würden. Schließlich verhindere die Sammlung der Klägerin niedrigere Abfallgebühren.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung gerichtet ist, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung der Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG diene; eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG liege nicht vor, weil es jedenfalls nicht erkennbar sei, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche handele.
20Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Da es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei ihre Rechtmäßigkeit anhand des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen. Danach erweise sie sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig. Soweit der Beklagte die Sammlung untersagt habe, weil es sich nicht um eine gewerbliche handele, sei dem durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Auch darüber hinaus seien die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gewerbliche Sammlungen zulässig seien, durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundlegend geändert worden. Hinsichtlich der in § 17 Abs. 2 und 3 KrWG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen verfüge sie (die Klägerin) nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um deren (Nicht-)Vorliegen beurteilen zu können. Der Beklagte habe sich diesbezüglich nicht geäußert, obwohl er verpflichtet sei, seine Unterlassungsverfügung anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Hierauf käme es nicht an, wenn eine andere Entscheidung nicht getroffen werden könnte. Von einer Alternativlosigkeit der Untersagungsverfügung könne jedoch keine Rede sein. Die Unterlassungsverfügung sei auch durch das mit § 18 KrWG eingeführte Anzeigeverfahren obsolet geworden. Schließlich sei die Unterlassungsverfügung ermessensfehlerhaft. Die angestellten Ermessenserwägungen gingen nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ins Leere. Soweit im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die Aspekte der Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und des öffentlichen Interesses an niedrigen Abfallgebühren abgestellt worden sei, griffen diese nicht. Mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien nicht dargelegt worden. Anhaltspunkte für eine wesentliche Senkung der Abfallgebühren seien ebenfalls nicht dargetan worden. Weil der Beklagte seine Ermessenserwägungen nicht an die neue Rechtslage angepasst habe, sei die Untersagungsverfügung wegen eines Begründungsdefizits auch formell rechtswidrig. Schließlich sei der Beklagte für die Untersagungsverfügung nicht zuständig gewesen.
21Die Klägerin beantragt,
22das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er macht im Wesentlichen geltend: Auch auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes handele es sich bei der Sammlung der Klägerin mangels Erkennbarkeit nicht um eine gewerbliche. Nehme man dagegen eine gewerbliche Sammlung an, sei diese wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen rechtswidrig. Die Stadt O. habe die öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung eingestellt. Ohne Änderung des Sammlungssystems sammle die Klägerin nunmehr nicht mehr als beauftragte Dritte der Stadt O. , sondern gewerblich. Ein solches Vorgehen sei mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vereinbar, weil die Stadt O. ihre Pflicht aus § 20 Abs. 1 KrWG zur Einsammlung von Altpapier aus privaten Haushalten nicht mehr wahrnehme, ohne dass ein dafür vorgeschriebenes Verfahren nach § 20 Abs. 2 KrWG durchgeführt worden sei. Außerdem widerspreche die Vorgehensweise der Stadt O. den Grundsätzen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb. Durch ihre Absprachen mit der Klägerin habe die Stadt dieser faktisch das gesamte Entsorgungsgebiet der Stadt O. im Sinne einer Monopolstellung überlassen. Zudem habe die Stadt konkurrierende gewerbliche Sammlungen behindert. Weiterhin sei er, der Beklagte, in seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt. Da er selbst eine hochwertige Verwertung von Altpapier durchführe, gingen ihm hinsichtlich der von der Klägerin erfassten Altpapiermengen Erlöse verloren, die nicht zur Reduzierung der Abfallgebühren eingesetzt werden könnten. Im Übrigen könne er entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Altpapier aus O. nicht den von ihm vorgehaltenen hochwertigen Verwertungsstrukturen zuführen. Weiterhin stünden der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit eines nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems (nach der Verpackungsverordnung) gefährdet werde. Die Klägerin lasse auch Verkaufsverpackungen sammeln und verwerten, ohne eine Vereinbarung mit der Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV geschlossen zu haben. Sie gebe an diese keine Verkaufsverpackungen ab und vereinnahme sämtliche Verwertungserlöse. Damit sei ihre Sammlung der Grund dafür, dass aus O. keine Verkaufsverpackungen im Auftrag der Systembetreiber gemäß der Verpackungsverordnung tatsächlich haushaltsnah erfasst und anschließend verwertet würden. Die Einführung eines Anzeigeverfahren durch § 18 KrWG führe ferner nicht dazu, dass zuvor verfügte repressive hoheitliche Maßnahmen keinen Bestand mehr hätten. Die in der Ordnungsverfügung angestellten Ermessenserwägungen seien auch nach der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden.
26Mit Schreiben vom 24. August 2012 zeigte die Klägerin dem Beklagten eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung im Gebiet der Stadt O. an.
27Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg gehabt (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 17 L 1791/10 - sowie des Senats vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 - und vom 15. Juni 2012 - 20 B 415/12 -).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den Verfahren 20 B 47/11, 20 A 3043/11 und 20 A 3044/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und sonstigen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Berufung hat Erfolg.
31Die gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet.
32Die Untersagungsverfügung ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden, am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen.
34Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 - 4 K 1905/10 -, juris, jeweils m. w. N.
35Da sich die Untersagungsverfügung auf dieser Grundlage als rechtswidrig erweist, hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, in vollem Umfang Erfolg. Soweit die Klägerin auch zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung auf der Grundlage des vormals geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorgetragen hat, kommt es auf diese Ausführungen in Ansehung des gestellten Antrags nicht an, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass ihr Begehren - unabhängig von einem insoweit bestehenden Rechtsschutzbedürfnis - nicht auch darauf gerichtet ist, eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen.
36Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
37Daran anknüpfend liegt hier schon vom Ansatz her kein Fall vor, in dem wegen zu beurteilender unterschiedlicher Zeiträume eine teilweise Klageabweisung in Betracht kommt, weil sich die Untersagungsverfügung - unterstellt - in einem zurückliegenden Zeitraum als rechtmäßig dargestellt hat. Im Übrigen ist die Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags (auch) dem Umstand geschuldet, dass sich mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 die für die Beurteilung der Untersagungsverfügung maßgebliche Rechtslage geändert hat. Unabhängig davon, wie der erstinstanzlich gestellte Antrag zu verstehen war, kann es kostenmäßig, etwa unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Klagerücknahme, nicht zulasten der Klägerin gehen, dass sie ihren Antrag an die geänderte Rechtslage angepasst hat.
38In der Sache bestehen bereits Bedenken, ob die Untersagungsverfügung formell rechtmäßig ist.
39Solche Bedenken bestehen allerdings nicht wegen des Fehlens einer erforderlichen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn die Ordnungsverfügung enthält offensichtlich eine solche. Ob diese Begründung - auch nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - die verfügte Sammlungsuntersagung trägt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Im Übrigen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Rechtslage unter Geltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen, was als Nachschieben einer Begründung angesehen werden könnte.
40Bedenken sind jedoch darin begründet, dass dem Beklagten, ausgehend von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage, bei Erlass der Ordnungsverfügung die sachliche Zuständigkeit gefehlt haben und auch heute fehlen könnte.
41Vom Grundsatz her war der Beklagte bei Erlass der Ordnungsverfügung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist. Auch aus § 3 ZustVU dürfte sich nichts anderes ergeben, da es hier um den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gegenüber einem Unternehmen geht, dessen Anteile nicht zu mehr als 50 % einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt - die Stadt O. als "Eigentümerin" der Klägerin ist nicht kreisfrei - gehören, und deshalb keine Zuständigkeit der Bezirksregierung besteht.
42Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten resultieren jedoch daraus, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (auch im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) ist.
43Diese Bedenken beruhen allerdings nicht darauf, dass die zuvor dargelegte Zuständigkeitsbestimmung gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verstößt. Zwar stellen zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies jedoch in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 18. März 2009- 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171.
45Bedenken ergeben sich jedoch, wie den zuvor zitierten Entscheidungen andeutungsweise zu entnehmen ist, aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und des Neutralitätsgebots. Gerade unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde nicht unproblematisch, weil dies die Gefahr von interessengeleiteten Maßnahmen beim Vollzug in sich birgt. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen geht (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG), spricht Einiges dafür, dass der von den Sammlungen betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (auch) eigene Interessen verfolgt und diese Interessen möglicherweise als untere Umweltschutzbehörde durchzusetzen versucht; jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des "bösen Scheins" kann für Außenstehende ein entsprechender Eindruck entstehen. Diese Bedenken sind offensichtlich auch im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht und der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
46Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
47Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später als nicht stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und "für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge" zu tragen.
48Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47 (= Drucksache 17(16)420 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 25. Oktober 2011, S. 2).
49Dementsprechend ist inzwischen in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
50Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2 - 408.10.02.
51Eine solche organisatorische Trennung dürfte hier zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung aber nicht bestanden haben. Zudem dürfte eine hinreichende organisatorische Trennung unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls einen bei Erlass der Verfügung - unterstellt - vorliegenden Zuständigkeitsmangel heilen könnte, auch gegenwärtig nicht vorliegen. Zwar hat der Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Organisationsverfügung vom 17. Juni 2013 auf den zuvor zitierten Erlass reagiert. Abgesehen von der Frage, ob die im Wesentlichen auf der Sachbearbeiterebene vorgenommene teilweise Trennung der Aufgabenbereiche als hinreichend anzusehen ist, wird die Organisationsverfügung jedenfalls nicht strikt umgesetzt, weil gerade derjenige Sachbearbeiter oder Produktverantwortliche, der nach der Verfügung "ab sofort" nicht mehr für Sammlungsuntersagungen nach § 18 KrWG zuständig ist, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfänglich für den Beklagten in dessen Funktion als untere Umweltschutzbehörde geäußert hat.
52Die Zuständigkeitsfrage muss jedoch nicht abschließend entscheiden werden, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
53Sie kann nicht auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der gegenüber § 62 KrWG hinsichtlich der Untersagung einer gemäß § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung grundsätzlich als die speziellere Vorschrift anzusehen ist, als rechtmäßig angesehen werden.
54Gegenstand der Verfügung ist im Kern die Untersagung der Sammlung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Soweit der Klägerin unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verwertung von Altpapier aus O. untersagt worden ist, kommt dem im Verhältnis zur Sammlungsuntersagung kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Mit der Untersagung auch der Verwertung hat der Beklagte ersichtlich lediglich der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung Altpapier in O. sammelte, d. h. als Verantwortliche unter anderem von der EGN sammeln ließ, und das gesammelte Altpapier verwertete oder verwerten ließ. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - in welcher Konstellation auch immer - Altpapier aus O. , das sie nicht sammelt, verwerten könnte, liegen nicht vor. Dementsprechend hat die untersagte Verwertung neben der untersagten Sammlung keinen eigenständigen oder weitergehenden Regelungsgehalt, weil die Verwertung durch die Klägerin gegebenenfalls bereits dadurch ausgeschlossen ist oder wird, dass ihr die Sammlung untersagt wird und sie dementsprechend nicht in den Besitz des Altpapiers gelangt.
55Die Sammlungsuntersagung kann jedoch deshalb nicht rechtmäßigerweise auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorliegen.
56Allerdings handelt es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche auch im Sinne der §§ 17, 18 KrWG, was den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG eröffnet, der, wie die Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG zeigt, nur für (angezeigte) gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen gilt.
57Nach den Definitionen des § 3 Abs. 15 und 18 KrWG liegt eine gewerbliche Sammlung vor.
58Gemäß § 3 Abs. 15 KrWG ist eine Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Einsammeln von Abfällen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da in O. Altpapier mittels Tonnen, Containern und in Bündeln erfasst (eingesammelt) wird. Als insoweit verantwortlicher Sammler (vgl. § 3 Abs. 10 KrWG) oder als Träger der Sammlung ist die Klägerin anzusehen, da sie, auch wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang operativ im Sinne von selbst sammelnd tätig ist, die Sammlung über den diesbezüglich mit der EGN geschlossenen Vertrag steuert.
59Nach § 3 Abs. 18 Satz 1 KrWG ist eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Da die Klägerin das eingesammelte Altpapier nachfolgend eigenverantwortlich verwertet oder verwerten lässt, indem sie für die Überlassung zur Verwertung Geld erhält, ist eine Einnahmeerzielung bezweckt.
60Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Sammlung normiert das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht ausdrücklich und lassen sich ihm auch sonst nicht entnehmen.
61Der zum Sammlungsbegriff unter Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine gewerbliche Sammlung müsse sich von dauerhaften und festen Entsorgungsstrukturen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten unterscheiden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 134, 154,
63ist durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Mit Blick darauf steht der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen, dass die Sammlung der Klägerin sich nicht von derjenigen unterscheidet, als noch ein Auftragsverhältnis mit der Stadt O. bestand, also im Ergebnis eine öffentlich-rechtliche Sammlung stattfand.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten hängt die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Regelungszusammenhang der §§ 17, 18 KrWG ferner nicht von der ungeschriebenen Voraussetzung ab, dass für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Gewerblichkeit der Sammlung erkennbar sein muss. Ein solches einschränkendes Verständnis der nach ihrem Wortlaut klaren Definitionen kann auch mit Blick auf die Systematik (das Zusammenwirken) der zuvor genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck nicht angenommen werden.
65Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf die § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG Bezug nimmt, dient dazu, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG umfassend normierte Überlassungspflicht Rechnung zu tragen.
66Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f. (linke Spalte ab unten).
67Denn die Überlassungspflicht gilt grundsätzlich auch für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen, was im Gesetzgebungsverfahren - vor allem wohl mit Blick auf die Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 35, Art. 106 Abs. 1 AEUV - zu Recht als "EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig" angesehen worden ist.
68Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (linke Spalte oben).
69Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unterstellt - suspendiert dabei ebenso wie die Nr. 3 die Überlassungspflicht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Überlassungspflicht der privaten Haushaltungen selbst suspendiert, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG ihre Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen haben, was an sich die Überlassung an einen gewerblichen Sammler ausschließt. Zum anderen wird jedoch auch die Überlassungspflicht der gewerblichen Sammler suspendiert, die nach dem Einsammeln von Abfällen aus privaten Haushaltungen ohne die Ausnahmeregelungen als Besitzer eben solcher Abfälle ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet wären.
70Den zuvor behandelten Vorschriften liegt offensichtlich das Verständnis eines (regelungsbedürftigen) Konkurrenzverhältnisses zwischen den mittels der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geschützten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einerseits und gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlern (Sammlungen) andererseits zugrunde. So wird in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien § 17 Abs. 3 KrWG, mit dem die öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG konkretisiert werden, als "Kollisionsklausel" bezeichnet; im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist von "relevanten Konkurrenzsituationen" die Rede.
71Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, vorletzter Absatz, und rechte Spalte, ebenfalls vorletzter Absatz).
72Mit Blick darauf sind die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG dahingehend zu verstehen, dass es auf jeden Fall eine vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unabhängige, d. h. eigenständig und eigenverantwortlich tätige Person sein muss, die sich mittels einer (gemeinnützigen oder gewerblichen) Sammlung in den Besitz der Abfälle bringt. Dies kommt im Übrigen auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck. Diese Regelungskonzeption erscheint zwar nicht zwingend, weil die eigentliche Konkurrenzsituation erst bei der Verwertung zum Tragen kommt und die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht davon abhängt, dass der (überlassungspflichtige) Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich gerade durch eine Sammlung in den Besitz der Abfälle gebracht hat. Andererseits erscheint es nicht verfehlt oder willkürlich, als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Überlassungspflicht ein bestimmtes Tätigwerden, nämlich das Einsammeln von Abfällen (vgl. § 3 Abs. 15 KrWG), zu fordern.
73Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG unter der (ungeschriebenen) einschränkenden Voraussetzung steht, dass die Gewerblichkeit für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen erkennbar ist. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her als eine Schutzvorschrift nicht zuletzt für Gewerbetreibende ausgestaltet ist, die mit - werthaltigen - Abfällen im weiteren Sinne Handel treiben und dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu den - durch die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG "geschützten" - öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern getreten sind oder treten wollen. Angesichts dessen liefe die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Gewerblichkeit für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf einen anderen, von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht bezweckten Schutz hinaus. Stellte man auf die Erkennbarkeit der Gewerblichkeit ab, würden zwar die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in die Lage versetzt beurteilen zu können, ob sie gegebenenfalls an den "Richtigen" überlassen, d. h. entweder im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (gegebenenfalls in Gestalt eines von diesem beauftragten Dritten, § 22 Satz 1 KrWG) oder an einen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG tätigen gewerblichen Sammler. Einen solchen Schutz bezweckt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nach den vorstehenden Ausführungen jedoch nicht.
74Dem Vorliegen einer gewerblichen Sammlung der Klägerin im Sinne der §§ 17, 18 KrWG kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, sie erfolge im Auftrag (§ 22 Satz 1 KrWG) eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
75Insoweit ist zum einen festzustellen, dass § 22 Satz 1 KrWG auch eine Beauftragung hinsichtlich des (Ein-)Sammelns von Abfällen umfasst, auch wenn der Wortlaut nur auf Verwertung und Beseitigung abstellt. Damit gemeint und eingeschlossen sind auch sämtliche Vorbereitungshandlungen wie etwa das Einsammeln.
76Vgl. Frenz in: Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 22 KrWG Rn. 6, m. w. N.
77Zum anderen ist festzuhalten, dass "beauftragen" im Sinne der zuvor genannten Vorschrift nicht formalrechtlich als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag (§§ 662 ff. BGB) zu verstehen, sondern ein wie auch immer ausgestaltetes (vertragliches) Abstimmungsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem "Drittbeauftragten" gemeint ist, das die Erfüllung wenigstens einer der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten durch den "Drittbeauftragten" zum Gegenstand haben muss.
78Im Weiteren ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Auftragsverhältnis im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG hinsichtlich des Sammelns die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG ausschließt.
79Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der Definition der gewerblichen Sammlung in § 3 Abs. 18 KrWG, weil der dort genannte Zweck der Einnahmeerzielung auch im Fall eines Auftrags im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG vorliegen kann. Da diese Vorschrift, wie bereits erwähnt, nicht als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag verstanden werden kann, dürfte es sich in der Regel bei den Aufträgen im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG um entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge handeln, welche von im Bereich der Abfallwirtschaft gewerblich tätigen Unternehmen im Wortsinne "zur Einnahmeerzielung" abgeschlossen werden. Soweit die Dritten auch mit der Verwertung "beauftragt" sind, kommt auch diesbezüglich eine Einnahmeerzielungsabsicht in Betracht, und zwar bereits bei der Sammlung.
80Dass die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG bei Bestehen eines das Sammeln betreffenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG ausgeschlossen ist, ergibt sich jedoch wiederum daraus, dass der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ein (mögliches) Konkurrenzverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und gewerblichen Sammlungen (Sammlern) regeln wollte. Dabei hat er, was sich insbesondere an § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG festmachen lässt, die Drittbeauftragten auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesehen. Wer jedoch auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger steht, kann nicht zugleich im Sinne einer gewerblichen Sammlung eigenständig und eigenverantwortlich tätig sein. In einem solchen Fall fehlt es gewissermaßen an dem vom Gesetzgeber angenommenen oder vorausgesetzten Konkurrenzverhältnis. Denn aufgrund des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besteht eine Verpflichtung zum Tätigwerden diesem gegenüber und stimmen die beiderseitigen Interessen überein.
81Dies vorausgeschickt lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin im Auftrag der Stadt O. tätig ist - die Annahme eines (wirksamen) Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG hinsichtlich des Einsammelns von Abfällen in den kreisangehörigen Kommunen nicht als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger tätig ist. An die Annahme eines solchen Verhältnisses sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den im öffentlichen Interesse liegenden Grundsatz der Entsorgungssicherheit muss insbesondere klar erkennbar sein, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Dritten mit der Erfüllung bestimmter Pflichten beauftragt hat. Daran fehlt es hier.
82Aus dem - soweit ersichtlich fortbestehenden - Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt O. aus Juni 2000 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin gegenüber der Stadt auch oder gerade in Bezug auf Altpapier zum Einsammeln verpflichtet ist. Die Anlage 1 zum Vertrag, mit der die Vertragspflichten der Klägerin konkretisiert werden, spricht dagegen, weil unter dem Gliederungspunkt "I. Abfallsammlung und - beförderung" das Sammeln und Befördern von Altpapier gerade nicht genannt wird.
83Was den unter anderem die Sammlung von Altpapier betreffenden Vertrag aus Februar 1996 anbelangt, kann dieser ebenfalls nicht als Grundlage eines wirksamen und bestehenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG angesehen werden, da er jedenfalls seit Dezember 2010 (vorübergehend) ruhend gestellt ist. Bei den diesbezüglichen Erklärungen der Vertragsparteien handelt es sich im Übrigen nicht um nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksame Scheinerklärungen, da tatsächlich nicht mehr entsprechend dem Vertrag verfahren wird. Dies lässt sich daran festmachen, dass der Klägerin nach § 3 Nr. 1 des Vertrags für das Erfassen (Sammeln) des Altpapiers eine Vergütung zustünde, diese jedoch nicht mehr gezahlt wird. Dies ergibt sich daraus, dass entsprechende Kosten ab dem Jahr 2011 nicht mehr in der Abfallgebührenkalkulation der Stadt O. auftauchen.
84Der Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als sammle sie im Auftrag der Stadt O. - was nach den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung ausschlösse.
85Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Sammlung der Klägerin auf eine Art und Weise entstanden ist, die der Gesetzgeber (wohl) bei der Schaffung weder des § 3 Abs. 18 KrWG noch der §§ 17, 18 KrWG als typischen Fall vor Augen hatte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass Fallkonstellationen wie die vorliegende, in der eine vormals öffentlich-rechtliche, durch einen Drittbeauftragten durchgeführte Sammlung im Einvernehmen zwischen dem für das Einsammeln zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Drittbeauftragten vollständig durch eine gewerbliche Sammlung des (vormals) Drittbeauftragten ersetzt wird, im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Diese Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung führt jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin als beauftragte Dritte im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG behandeln lassen muss und deshalb die Gewerblichkeit ihrer Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen ist. Eine solche Verfahrensweise stünde wiederum nicht damit in Einklang, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her um eine Schutzvorschrift zugunsten gewerblicher Sammlungen handelt, um diese von der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG auszunehmen. Damit vertragen sich Einschränkungen bei dem Begriff der gewerblichen Sammlung nicht, die über § 22 KrWG hinaus aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herrühren. So liegt die Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung hier nicht in oder an der Sammlung selbst oder ihrer Gewerblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG, sondern darin, dass die Stadt O. ihre öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit, was getrennt gehaltenes Altpapier anbelangt, spätestens im Dezember 2010 eingestellt hat, indem das vormals in Gestalt des Vertrages aus Februar 1996 bestehende Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Dies kann wertungsmäßig jedoch nicht dazu führen, dass die Klägerin als Drittbeauftragte behandelt oder angesehen und damit die Gewerblichkeit ihrer Sammlung verneint wird. Berührt das Verhalten der Stadt O. öffentliche (Entsorgungs-)Interessen, ist diesen gegebenenfalls im Rahmen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG Rechnung zu tragen. Steht das Verhalten der Stadt O. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa mit § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG oder § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG, nicht in Einklang, müssen erforderlichenfalls Maßnahmen gegenüber der Stadt O. ergriffen werden. Beides rechtfertigt indes nicht, eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG dadurch auszuschließen, dass zulasten der Klägerin ein Auftragsverhältnis angenommen wird. Das Vorstehende gilt entsprechend, wenn man davon ausgeht, dass die Stadt O. mit dem nach § 22 Satz 1 KrWG an sich zulässigen Mittel der Drittbeauftragung im Bereich der Altpapierentsorgung in einer derart "flexiblen" Art und Weise umgeht, die von der genannten Vorschrift nicht mehr gedeckt ist.
86Die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG und damit die Anwendung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Sammlung der Klägerin die Schutzwürdigkeit fehlt, weil sie entgegen der zuvor geschilderten Grundannahme des Gesetzgebers weder in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestanden hat noch steht, sondern in gewisser Weise sogar von der Überlassungspflicht profitiert hat. Denn jedenfalls bis Mitte des Jahres 2008 haben die Erzeuger und Besitzer von Altpapier aus privaten Haushaltungen dieses - in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, dem der heutige § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht, und mit § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG - der im Auftrag der Stadt O. sammelnden Klägerin, d. h. der für diese im Wesentlichen tätigen EGN, zur Verfügung gestellt, was im Ergebnis diese Sammlung "etabliert" und dazu beigetragen hat, dass die Klägerin ab September 2008 praktisch konkurrenzlos "gewerblich" (weiter-)sammeln konnte. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, deswegen das Vorliegen einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen. Es fehlt rechtssystematisch an einer planwidrigen Regelungslücke, die gerade durch eine solchermaßen einschränkende Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung zu schließen ist.
87Der zuvor dargestellten Regelungskonzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt vom Grundsatz her die Annahme zugrunde, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Entsorgungspflichten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG wahrnehmen und diesen nachkommen, was einschließt, dass sie - vorbehaltlich des Eingreifens einer Ausnahmeregelung - die ihnen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zu überlassenden - und nachfolgend von ihnen zu entsorgenden (verwertenden) - Abfälle auch in Besitz nehmen. Diese Annahme ist erst recht im Hinblick auf (in aller Regel werthaltige) getrennt gehaltene und zu sammelnde Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen berechtigt. Insoweit haben und verfolgen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger über die Erfüllung der Pflichten hinaus, die ihnen im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung von Entsorgungssicherheit übertragen worden sind, auch im weiteren Sinne wirtschaftliche Interessen, weil mit den genannten Abfällen bei der Verwertung Erlöse zu erzielen sind. Diese Grundannahmen schließen das Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zu gewerblichen Sammlungen ein, die typischerweise ebenfalls auf getrennt gehaltene und zu sammelnde (werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen zugreifen oder zugreifen wollen.
88Es kann aber auch Konstellationen - wie die hier vorliegende - geben, in denen innerhalb einer Gebietskörperschaft zwei öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger neben- oder besser hintereinander tätig sind, deren Interessen jedenfalls hinsichtlich der Entsorgung von bestimmten (werthaltigen) Abfällen aus privaten Haushaltungen durchaus differieren können mit der Folge, dass nicht immer für beide ein Konkurrenzverhältnis zu einer gewerblichen Sammlung besteht. So obliegt in Nordrhein-Westfalen nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG den kreisangehörigen Kommunen das Einsammeln der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle, weiterhin die Beförderung zu den Abfallentsorgungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit diese vom Kreis oder in dessen Auftrag betrieben werden. Erst daran anschließend tritt die Zuständigkeit des Kreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 und 2 LAbfG ein, der insbesondere für die Verwertung zuständig ist. Diese Konstellation beinhaltet die Gefahr von - im weiteren Sinne wirtschaftlichen oder finanziellen - Interessenkonflikten zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, weil die kreisangehörigen Kommunen die Einsammlungs- und Transportkosten des Altpapiers zu tragen haben, jedoch nicht unmittelbar von etwaigen Erlösen aus der Verwertung der Abfälle profitieren. Dieser Interessenkonflikt hat vorliegend dazu geführt, dass im Gebiet des Beklagten einzelne kreisangehörige Kommunen Altpapier als "werthaltigen" Abfall aus privaten Haushaltungen nicht mehr einsammeln und dementsprechend auch eine Beförderung zu den im Auftrag des Beklagten betriebenen Anlagen entfällt, jedenfalls aber eine Überlassung an den Beklagten nicht mehr stattfindet. Dieser Interessenkonflikt ist weiterhin dafür verantwortlich, dass sich die Sammlung der Klägerin - wie oben aufgezeigt - konkurrenzlos durchsetzen konnte, weil die Stadt O. ab September 2008 jedenfalls faktisch ihre Entsorgungstätigkeiten - mit Blick auf die (beabsichtigte) gewerbliche Sammlung der Klägerin - eingestellt hat.
89Der Umstand, dass danach die Grundannahmen des Gesetzgebers nicht in allen Fällen zutreffen, rechtfertigt jedoch selbst dann, wenn man einen daraus folgenden Regelungsbedarf annimmt, nicht, gerade den Begriff der gewerblichen Sammlung einschränkend auszulegen. Da Konstellationen wie die zuvor dargelegte und hier vorliegende aus einem Interessenkonflikt zwischen mehreren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern untereinander resultiert, besteht keine Veranlassung, daraus Einschränkungen des Begriffs der gewerblichen Sammlung abzuleiten, mit dem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet wird oder werden soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass etwaigen Regelungsdefiziten im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG hinreichend Rechnung getragen werden kann.
90Ist danach von einer gewerblichen Sammlung sowohl im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG als auch der §§ 17, 18 KrWG auszugehen, kann deren Untersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG allerdings nicht damit begründet werden, dass es an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG mangelt.
91Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung des von der Klägerin eingesammelten Altpapiers die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt.
92Soweit § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Vereinbarkeit der Verwertung mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fordert, kann hier nicht damit argumentiert werden, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 KrWG vorliegt. Dies liefe auf einen unzulässigen Zirkelschluss hinaus. Da § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - wie ausgeführt - gerade eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht im Rahmen der Prüfung einer dieser Voraussetzungen, nämlich der ordnungsgemäßen Verwertung, auf die entgegenstehende Überlassungspflicht abgestellt werden.
93Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung "ordnungswidrig" machen.
94In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, dass die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz diene.
95Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
96§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe.
97Vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
98Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, dass jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung besteht, zur "Ordnungswidrigkeit" der Verwertung führt. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können.
99So auch Frenz, a. a. O., § 7 KrWG Rn. 84, m. w. N.
100Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen.
101Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die vom Beklagten geltend gemachten, aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem grundsätzlich zur Sammlung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt O. ) resultierenden etwaigen vergabe-, wettbewerbs-, kommunalabgaben- und steuerrechtlichen Verstöße, sämtlich als gegeben unterstellt, nicht dazu führen, dass die Verwertung als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist. Die (unterstellten) Verstöße haben weder einen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang noch ist ein Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten erkennbar. Im Übrigen erschließt sich weder, dass es sich bei den vom Beklagten ausgemachten Verstößen um solche der Klägerin handelt oder handeln soll, noch ist ersichtlich, dass sich die Klägerin im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße der Stadt O. zurechnen lassen müsste.
102Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen ferner keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegen, die auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung rechtfertigen.
103Was den Maßstab bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen anbelangt, ist eine eher strenge Beurteilung geboten.
104Ausgangspunkt für die Bestimmung (überwiegender) öffentlicher Interessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Begriff der Gefährdung der Funktionsfähigkeit, und zwar des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, eines von diesem beauftragten Dritten oder eines Rücknahmesystems. Das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit wird hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und eines von diesem beauftragten Dritten durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG weiter dahingehend definiert oder konkretisiert, dass eine solche Gefährdung gegeben ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (erste Alternative) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (zweite Alternative). Die zweite Alternative wird sodann allein im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten (Regel-)Beispiele weiter konkretisiert. Angesichts dieser Regelungssystematik leitet sich der Beurteilungsmaßstab vor allem aus der Wortwahl in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG ab, die auf eine Gefährdung (der Funktionsfähigkeit), eine Verhinderung (der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen) und eine wesentliche Beeinträchtigung (der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) abstellt. Zudem korrespondiert diese Einschätzung damit, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz Beeinträchtigungen, welche die Funktionsfähigkeit nicht in Frage stellen, hinzunehmen sind.
105Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
106Die zuvor geäußerte Einschätzung oder Wertung gilt auch in Ansehung der Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Diese gehen auf einen im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
107Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419).
108Aus der Begründung für diesen Änderungsantrag ergibt sich nicht, dass die Regelbeispiele den Ausgangspunkt des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, die (überwiegenden) öffentlichen Interessen unter anderem über die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen, oder aber den durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG vorgegebenen Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in Frage stellen sollten. Vielmehr haben die Regelbeispiele auch nach der Begründung des Änderungsantrags die Funktion, das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu konkretisieren. Zwar erschließt sich nicht ohne weiteres, ob bei der mit den Regelbeispielen vorgenommenen Konkretisierung dem übergeordneten Merkmal der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG jeweils hinreichend Rechnung getragen wurde. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, weil dadurch nicht in Frage gestellt wird, dass nach den vorstehenden Ausführungen bei der Prüfung überwiegender öffentlicher Interessen ein eher strenger Maßstab anzulegen ist.
109Diese Einschätzung erweist sich auch in Ansehung der übrigen Begründung in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien als zutreffend. So ergibt sich aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, dass die "kommunalen Überlassungspflichten" als EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig angesehen worden sind und als Rechtfertigungsgrund unter anderem auf Art. 106 Abs. 2 AEUV abgestellt worden ist. Diese Vorschrift stellt als Maßstab auf die rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung von übertragenen besonderen Aufgaben ab. Dieser Maßstab stimmt im Wesentlichen sowohl mit der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genannten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überein, wenn man darunter, was der Wortlaut nahelegt, auch die Gefahr einer Existenzvernichtung versteht, als auch mit der in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG genannten Verhinderung der Erfüllung von Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Ferner dient nach der Begründung des Änderungsantrags gerade das Merkmal oder der Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG dazu, sich "innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen" zu bewegen.
110Das Erfordernis eines eher strengen Maßstabs ergibt sich schließlich auch aus nationalen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Sammel- und Verwertungstätigkeit der Klägerin vom Grundsatz her - die für die Auslegung der §§ 17, 18 KrWG unerhebliche Besonderheit ausgeklammert, dass es sich bei der Klägerin um ein von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen handelt - um eine zulässige, vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 GG umfasste (gewerbliche) Tätigkeit handelt. Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst an,
111vgl. in diesem Sinne Bay. VGH, Beschlüsse vom 2. Mai 2013 - 20 AS 13.700 - und - 20 AS13.771 -, jeweils juris,
112ist auch dieses Grundrecht tangiert, weil sich die angefochtene Untersagungsverfügung zugleich als partielle (räumlich beschränkte) Gewerbeuntersagung darstellt.
113Dass die Betätigung der Klägerin grundrechtlichen Schutz genießt, heißt nicht, dass eine Beschränkung ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 12 GG reichen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus, um eine Einschränkung zu rechtfertigen, weil lediglich eine Berufsausübungsregelung in Rede steht.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.
115Als eine vom Grundsatz her zulässige Beschränkung stellt sich die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geregelte Überlassungspflicht dar, da sie nicht um ihrer selbst Willen angeordnet oder geschützt ist, sondern weil mit ihr vom Grundsatz her legitime öffentliche Interessen verfolgt werden.
116Die Überlassungspflicht rührt bereits aus Zeiten her, als die Abfallentsorgung als grundsätzlich öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und des Gesundheits- und Umweltschutzes angesehen wurde.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143.
118Sie wurde erstmals in § 3 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873) gesetzlich normiert und diente dazu, die Abfallbeseitigungspflicht der Gemeinden (und anderen Gebietskörperschaften) dadurch abzusichern, dass auch den Abfallbesitzern eine Verpflichtung auferlegt wurde, eben die der Überlassung (an den Beseitigungspflichtigen).
119Vgl. BT-Drucks. 6/3154, S. 2 f.
120Das tradierte Verständnis der öffentlich-rechtlichen Entsorgung jedenfalls von Haushaltsabfällen lag auch dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugrunde. Mit der damit im Zusammenhang stehenden Überlassungspflicht wollte der Gesetzgeber eine ordnungsgemäße, schadlose und damit umweltverträgliche Abfallentsorgung sichergestellt sehen.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, a. a. O.
122Dieses Grundverständnis der Überlassungspflicht liegt auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde, was sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt. Dieser verweist auf das Prinzip der Daseinsvorsorge, um die Überlassungspflicht zu begründen, welche eine Ausnahme vom Verursacherprinzip darstellt, von dem das Kreislaufwirtschaftsgesetz als Grundkonzeption ausgeht; ferner ist im Hinblick auf die Entsorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers davon die Rede, dass eine wirtschaftlich tragfähige Erfüllung dieser Aufgabe nur durch eine kongruente Überlassungspflicht abgesichert werden könne.
123Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
124Allerdings ist der Gesetzgeber (des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) selbst davon ausgegangen, dass die Überlassungspflicht, insbesondere im Hinblick auf getrennt gesammelte oder erfasste (in der Regel werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen, nicht in jedem Fall erforderlich ist, was die dezidierten Regelungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 KrWG zeigen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als nach der Begründung des Gesetzentwurfs befürchtet worden ist, dass ohne "kongruente" Überlassungspflicht die Abfallmengen und vorzuhaltenden Entsorgungskapazitäten für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht mehr berechenbar sind und dieser in seiner Planungs- und Funktionsfähigkeit im Kern gefährdet ist.
125Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
126Jedenfalls rechtfertigen die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG normierten Ausnahmen den Schluss, dass nicht in allen Bereichen der Abfallentsorgung aus Gründen der Daseinsvorsorge eine öffentlich-rechtliche Entsorgung stattfinden muss und sich dementsprechend auch die Überlassungspflicht nicht in jeden Fall "durchsetzen" muss. Von daher reicht die Feststellung allein, dass die Überlassungspflicht grundsätzlich von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird, nicht (mehr) aus, um zugleich eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzunehmen. Angesichts der vom Gesetzgeber normierten Ausnahmen, die, was sich im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergibt, gerade den hier in Rede stehenden Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen betreffen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überlassungspflicht in jedem Einzelfall rechtfertigungsbedürftig ist. Dies beurteilt sich entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG danach, ob überwiegende öffentliche Interessen die (Durchsetzung der) Überlassungspflicht erfordern, was aus den vorstehenden Gründen anhand eines strengen Maßstabs zu beurteilen ist. Etwas anderes erschiene zudem wertungswidersprüchlich, weil im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit Blick auf EU-rechtliche Vorgaben angenommene Rechtfertigungsbedürftigkeit der Überlassungspflicht kein anderer Maßstab gelten kann als für die Rechtfertigung eines Eingriffs in eine grundrechtlich geschützte Betätigung.
127Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegenstehen.
128Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt für das Vorliegen entgegenstehender (überwiegender) öffentlicher Interessen auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit ab.
129Im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG ist die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als eine Konstellation angesehen worden, in der überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift bestehen,
130vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C9.05 -, BVerwGE 125, 337,
131ohne dass jedoch näher bestimmt worden ist, was im Einzelnen unter Gefährdung der Funktionsfähigkeit zu verstehen ist. Mit Sicherheit wird dieses Merkmal erfüllt sein, wenn die Existenz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Sinne der errichteten Infrastruktur (vollständig) in Frage steht.
132Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 ("Planungs- und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kern gefährdet").
133Darauf beschränkt sich der Begriff jedoch nicht. Vielmehr sind in der zuletzt zitierten Entscheidung weitere Fallgestaltungen angesprochen, die nunmehr ihren Niederschlag in § 17 Abs. 3 KrWG gefunden haben. Deshalb ist davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an der zuvor zitierten Rechtsprechung (zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) orientiert hat. Dementsprechend handelt es sich bei der Begrifflichkeit "Gefährdung der Funktionsfähigkeit" in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Wesentlichen lediglich um einen Oberbegriff, mit dem die Fallkonstellationen angesprochen oder erfasst werden sollen, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen.
134Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen deshalb entgegenstehen, weil eines der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG bezeichneten Rücknahmesysteme in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wird.
135Zunächst erscheint es schlüssig, überwiegende öffentliche Interessen an der Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Rücknahmesystems festzumachen, weil ein solches System von seiner Funktion her durchaus als einem öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungssystem vergleichbar angesehen werden kann. Von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems ist auszugehen, wenn durch die gewerbliche Sammlung eine Erfüllung der dem System vorgegebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
136Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, dritter Absatz); siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C 9.05 -, a. a. O., und OVG Hbg., Beschluss vom 8. Juli 2008 - 1 Bs 91/08 -, NVwZ 2008, 1133.
137Für solche Auswirkungen der Sammlung ist hier nichts ersichtlich.
138Der Beklagte geht selbst davon aus, dass vertragliche Vereinbarungen der in O. faktisch das Einsammeln des Altpapiers besorgenden EGN mit der DSD und den übrigen Systembetreibern hinsichtlich der Sammlung von der PPK-Fraktion zuzurechnenden Verkaufsverpackungen im Gebiet der Stadt O. bestehen. Weiterhin geht der Beklagte davon aus, dass die EGN den Systembetreibern Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen erteilt oder erteilen kann, welche die Systembetreiber für ihre Nachweispflichten nach der Verpackungsverordnung benötigen. Hiervon ausgehend spricht nichts dafür, dass die von den Systembetreibern zu erfüllenden Erfassungs- und Verwertungsquoten in Frage stehen und deshalb das System gefährdet ist.
139Der Umstand, dass die bestehenden Verträge der EGN mit den Systembetreibern noch davon ausgehen, dass in O. eine kommunale Altpapiersammlung stattfindet, gibt nichts dafür her, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht erfüllt werden (können). Da die Sammlung lediglich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wurde, sich jedoch weder die Stellung der EGN als Beauftragte der Klägerin noch der Vorgang des Einsammelns des Altpapiers selbst geändert haben, spricht nichts für eine Beeinflussung der Erfassungs- und Verwertungsquoten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Quoten in der Zeit der kommunalen Sammlung nicht eingehalten wurden, liegen nicht vor. Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass die von der EGN auszustellenden Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen zweifelhaft erscheinen.
140Zwar mag davon auszugehen sein, dass die rechtliche Neukonstruktion der Sammlung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auch die Geschäftsgrundlage der Verträge der EGN mit den Systembetreibern berührt. Dies führt jedoch mit Blick auf § 313 BGB nicht zu einer Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Verträge, sondern begründet (lediglich) einen Anpassungsbedarf. Entsprechendes gilt, wenn man mit dem Beklagten einen Anpassungsbedarf auch deshalb bejaht, weil die vertraglichen Vereinbarungen eine Zahlungsverpflichtung der Systembetreiber gegenüber der EGN für die Erfassung und Entsorgung der Verkaufsverpackungen vorsehen, was mit Blick auf die derzeit bei der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse nicht mehr interessengerecht erscheinen mag. Dafür, dass eine Anpassung hier nicht möglich ist, spricht nichts, zumal der Beklagte selbst darauf hinweist, dass die EGN und die Systembetreiber weiter auf der Grundlage der bestehenden Verträge verfahren - was unschwer möglich ist, weil sich das tatsächliche Sammlungsgeschehen nicht geändert hat. Jedenfalls führt der Anpassungsbedarf nicht dazu, dass das Rücknahmesystem als solches, wie es in § 6 Abs. 3 VerpackV beschrieben ist, in der Weise in Frage steht, dass vorgeschriebene Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht mehr erreicht werden.
141Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass hier ein auf PPK-Verpackungen bezogener Widerruf der Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV, der möglicherweise ebenfalls als ein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu qualifizieren ist, im Raum steht. Ein solcher Widerruf droht hier auch nicht deshalb, weil es an einer Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV fehlt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV kommt ein Widerruf lediglich bei Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen in Betracht, nicht jedoch auch dann, wenn die Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV auf der Grundlage der gemeinsamen Erfassung von PPK-Verkaufsverpackungen und sonstigem Altpapier über eine öffentlich-rechtliche Sammlung erfolgt ist, was die Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV einschließt, und sich dieses System nachträglich dadurch ändert, dass - wie hier - die Erfassung nicht mehr über eine öffentlich-rechtliche Sammlung vorgenommen wird. Unabhängig davon fehlt es hier bezogen auf Altpapier an einem vorhandenen Sammelsystem eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV, weil die Stadt O. als für das Einsammeln zuständiger Entsorgungsträger ihre Tätigkeit betreffend Altpapier eingestellt hat.
142Das Vorliegen einer Systemgefährdung kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Verpackungsverordnung den Fall der Erfassung von Verkaufsverpackungen ausschließlich durch eine nicht-öffentlich-rechtliche (gewerbliche) Sammlung nicht vorsieht. Das (Rücknahme- oder Erfassungs-)System wird wesentlich über die in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen definiert. Diese Vorschrift gibt nichts dafür her, was ein ausschließlich nicht-öffentlich-rechtliches Erfassen und Sammeln ausschließt. Entsprechendes gilt für § 6 Abs. 4 VerpackV. Zwar liegt der Vorschrift offensichtlich die Vorstellung oder der Wunsch zugrunde, es möge auf jeden Fall zu einem quasi gemeinsamen (abgestimmten) System von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und Systembetreibern kommen. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Systems im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV ist dies jedoch nicht. Funktioniert - wie hier - ein "alternatives" System in dem Sinne, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten eingehalten oder erreicht werden, kann daraus kein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG konstruiert werden.
143Überwiegende öffentliche Interessen stehen der gewerblichen Sammlung der Klägerin ferner nicht deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
144Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG auch (eigenständig) auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines beauftragten Dritten abstellt. Dies beruht offensichtlich auf der Überlegung, dass in den Fällen der Drittbeauftragung die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers darstellt oder bewirkt. Dies ist schlüssig, weil die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung, wenn sie mittels einer Drittbeauftragung organisiert und sichergestellt ist, in Frage steht, wenn die Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten gefährdet wird. Dementsprechend kann vorliegend dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Rechnung getragen werden, wenn und soweit dieser sich für eine Drittbeauftragung entschieden hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ebenfalls eigenständig auch auf den beauftragten Dritten abstellt.
145Wann eine Funktionsgefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, bestimmt sich nach den beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen. Insoweit handelt es sich um jeweils zu prüfende eigenständige "Schutzobjekte".
146Vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 43.
147Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Existenz gefährdet wird. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Fall unter eine der beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen gefasst werden kann oder ob er - vorgelagert ("vor der Klammer") - bereits unter § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG fällt. Denn Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen nicht vor.
148Dabei ist nach den vorstehenden Ausführungen zugrundezulegen, dass der Gesetzgeber bei sämtlichen die Funktionsfähigkeit betreffenden Regelungen oder Konkretisierungen in § 17 Abs. 3 KrWG davon ausgegangen ist, Fallkonstellationen zu regeln, in denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Funktion befindet in dem Sinne, dass eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stattfindet und sich eine gewerbliche (oder gemeinnützige) Sammlung daneben etabliert hat oder etablieren will. Dies lässt sich insbesondere auch daran festmachen, dass in den Gesetzesmaterialien - wie oben ausgeführt - auf Konkurrenzsituationen abgestellt wird. Dementsprechend soll § 17 Abs. 3 KrWG insbesondere eine funktionierende öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung schützen.
149Dies vorausgeschickt hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt oder zumindest bezogen auf die Abfallart Altpapier in ihrer Existenz gefährdet ist.
150Dies gilt zunächst für die Entsorgung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Abfälle. Diesbezüglich ist die öffentlich-rechtliche Entsorgung im gesamten Kreisgebiet offensichtlich reibungslos "in Funktion", d. h. es findet keine Beeinträchtigung durch die Sammlung der Klägerin statt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Altpapiers in und aus denjenigen kreisangehörigen Kommunen, die Altpapier (öffentlich-rechtlich) über Drittbeauftragte erfassen (sammeln lassen) und es dem Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, dem nach § 5 Abs. 1 LAbfG die Verwertung obliegt, überlassen. Insoweit funktioniert die Verwertung, bei der sich der Beklagte der EGN und der X. als Drittbeauftragte bedient, ebenfalls offensichtlich reibungslos. Es ist auch weder vom Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Tätigkeit der X. als Drittbeauftragte deshalb in Frage gestellt ist und zukünftig in Frage steht, weil aufgrund der Sammlung der Klägerin die X. kein Altpapier aus O. verwerten kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der anderen kreisangehörigen Kommunen, die ihr Altpapier nicht über den Beklagten und die von diesem drittbeauftragte X. verwerten (lassen). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die X. gerade in Ansehung dessen ein Auftragsverhältnis gemäß § 22 Satz 1 KrWG mit dem oder zum Beklagten begründet hat, dass dieser die Verwertung von Altpapier aus Kommunen ausgeschrieben hatte, die ihm überhaupt kein Altpapier überließen, und es angesichts der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der vom Beklagten verfügten Sammlungsuntersagungen auch nicht absehbar war, dass sich daran zukünftig etwas ändert.
151Was Altpapier aus O. anbelangt, ist die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung dagegen außer Funktion. Die Stadt O. als nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG für das Einsammeln und Befördern zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat ihre Tätigkeit sowohl faktisch ab Mitte September 2008, als sie die Klägerin "gewerblich" sammeln ließ, als auch rechtlich jedenfalls ab Dezember 2010 eingestellt, indem das Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Damit hat sie auch die öffentlich-rechtliche Verwertung des Altpapiers aus O. außer Funktion gesetzt, weil bereits mangels öffentlich-rechtlicher Erfassung (Sammlung) des Altpapiers der Stadt O. kein solches mehr zur Verfügung stand und steht, um es dem Beklagten zur Verwertung zu überlassen.
152Die zuvor beschriebene Konstellation rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es liege ein Fall der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne einer Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung vor, dem mittels Durchsetzung der Überlassungspflicht gegenüber einer gewerblichen Sammlung Rechnung zu tragen ist. Dies käme möglicherweise in Betracht, wenn gerade eine gewerbliche Sammlung zur Existenzvernichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgung geführt hätte, indem die gewerbliche Sammlung mit der öffentlich-rechtlichen Erfassung (Sammlung) konkurriert und letztere vollständig verdrängt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit jedenfalls auf der maßgeblichen Ebene des Erfassens (Sammelns) seitens der Stadt O. freiwillig eingestellt wurde. Daran anschließend erschiene es wertungswidersprüchlich, wenn im Fall der freiwilligen Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit einer gewerblichen Sammlung, welche die Entsorgung anderweitig sicherstellt, überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden könnten mit der Begründung, die öffentlich-rechtliche Entsorgung sei in ihrer Funktion, d. h. in ihrer Existenz gefährdet. Denn die freiwillige Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit und die fehlende Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme indizieren, dass aus Gründen der Daseinsvorsorge die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit insoweit nicht erforderlich ist, was zugleich der Überlassungspflicht die Rechtfertigung nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entsorgungssicherheit in Frage stellende Lücken nicht auftreten, weil die gewerbliche Sammlung die Entsorgung- wie hier - flächendeckend sicherstellt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt O. nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 2 1. Spiegelstrich, Abs. 6 Satz 1 LAbfG zum Einsammeln und Befördern des Altpapiers verpflichtet war und ist. Die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG geht offensichtlich nicht dahin, einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger faktisch zur Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit zu bewegen.
153Ähnliches gilt im Hinblick auf den Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Zwar hat sich dieser, was die Verwertung von Altpapier aus O. anbelangt, nicht freiwillig außer Funktion gesetzt, sondern die Funktionslosigkeit beruht unmittelbar auf der Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit durch die Stadt O. . Abgesehen davon, dass nach der Gesetzeskonzeption - wie zuvor ausgeführt - im hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang des Verhältnisses von Überlassungspflicht und gewerblichen Sammlungen die Ebene des (Ein-)Sammelns maßgeblich ist oder sein soll, geht die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG auch nicht dahin, hier offen zutage getretene Interessenkonflikte zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Entsorgung des Altpapiers flächendeckend durch die gewerbliche Sammlung sichergestellt ist. Dafür, dass dies gegenwärtig oder prognostisch in absehbarer Zukunft nicht der Fall ist, hat der Beklagte nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte es jedenfalls bis zu den März 2010 vorgenommenen Anhörungen hinsichtlich einzelner Kommunen (etwa der Stadt L1. ) langjährig und hinsichtlich der Stadt O. ab September 2008 geduldet oder hingenommen hat, dass ihm kein Altpapier zur Verwertung überlassen wird, was ebenfalls indiziert, dass eine unter den Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge und der Entsorgungssicherheit notwendige Entsorgung (Verwertung) gerade durch den an sich zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht besteht.
154Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter den in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten beiden Gesichtspunkten vorliegt.
155Für eine Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) ist nichts ersichtlich.
156Die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Begrifflichkeit "wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen" erweist sich in dem hier gegebenen Kontext der Rechtfertigung der Pflicht zur Überlassung von Abfällen an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund eines (überwiegenden) öffentlichen Interesses als schwierig. Wird ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Rahmen der aus Gründen der Daseinsvorsorge gebotenen Aufgabe der Abfallentsorgung tätig, handelt er in erster Linie zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht. Darin liegt der Hauptzweck seines Tätigwerdens, was wirtschaftliche Erwägungen bei der Aufgabenerfüllung zwar nicht ausschließt (vgl. etwa § 7 Abs. 4 KrWG), jedoch der Annahme entgegensteht, die Wirtschaftlichkeit sei bestimmend für die Aufgabenerfüllung. Dies lässt sich unter anderem daran festmachen, dass die Abfallentsorgung insgesamt für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund der vorgegebenen Entsorgungsstandards ein "Zuschussgeschäft" ist, also eine wirtschaftliche Ausgewogenheit im Sinne eines wenigstens kostendeckenden Tätigwerdens von vornherein ausscheidet. Eine solche Ausgewogenheit ließe sich im Übrigen selbst dann nicht erreichen, wenn sämtliche getrennt gehaltenen und gesammelten "werthaltigen" Abfälle, aus deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) erzielt werden können, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen würden. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch nicht gezwungen, die Kosten der Abfallentsorgung irgendwie im Wirtschaftsverkehr, d. h. durch anderweitige wirtschaftliche Tätigkeiten zu refinanzieren, sondern die Aufgabenerfüllung ist über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren abgesichert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, was genau mit "wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen" im Hinblick auf die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Entsorgungspflichten gemeint ist.
157Den Gesetzesmaterialien lassen sich insoweit keine weitergehenden Anhaltspunkte oder Hinweise entnehmen. Zwar wird betont, dass mit den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen die Belastungsschwelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers präzisiert werde und Maßstab für die Funktionsfähigkeit die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht aller Haushaltsabfälle sei.
158Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, letzter Absatz).
159Dies hilft jedoch nicht weiter, weil sich die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht an den materiellen Anforderungen an die Abfallentsorgung auszurichten hat und nach den vorstehenden Ausführungen nicht wirtschaftlich ausgewogen im Sinne von wenigstens kostendeckend betrieben werden kann. Von daher erschließt sich nicht, welche "Belastungsschwelle" gemeint sein könnte, die über das Merkmal der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen vollzugsfähig präzisiert werden könnte.
160Es hilft ferner nicht weiter, dass sich der Gesetzgeber jedenfalls nach den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag) orientieren wollte. Die diesbezüglich in den Materialien zitierten beiden Entscheidungen
161- EuGH, Urteile vom 15. November 2007- C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911, und vom 17. Mai 2001 - C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109 -
162konkretisieren ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hinreichend, was im Einzelnen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist. Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen gehört, führt das hier nicht weiter. Dies bezieht sich nämlich auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf.
163Vgl. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, Slg. 1993, I-2563.
164Gerade der Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen trifft auf einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedoch nur bedingt zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation auch von derjenigen in der zuletzt zitierten Entscheidung, in welcher dem dortigen Unternehmen vorgegeben war, bestimmte Leistungen zu einheitlichen (teilweise nicht kostendeckenden) Gebühren zu erbringen. Aber auch wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger- unter Ausblendung der vollständigen Refinanzierungsmöglichkeit über Gebühren - wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansieht, kann aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den vorstehenden Ausführungen nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde. Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung der Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Kostendeckung erreicht würde.
165Dies vorausgeschickt kann sich der Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm oder der Stadt O. angesichts des ausbleibenden Altpapiers aus O. die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung genommen wird. Rein wirtschaftlich gesehen, d. h. unter Ausblendung von Gebührenaspekten, bringt die Verwertung von Altpapier dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger keinen (wirtschaftlichen) Vorteil, weil er die Erlöse aus der Verwertung - kostenbereinigt - an die kreisangehörigen Kommunen weiterreicht, d. h. auf Kreisebene findet eine "Quersubventionierung" im Sinne eines Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen ohnehin nicht statt. Im Übrigen erschließt sich nicht, was auf dieser Ebene wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen sein sollten, wenn die theoretisch erzielbaren Einnahmen aus der Verwertung sämtlichen im Kreisgebiet anfallenden Altpapiers auch nicht ansatzweise ausreichen, um die Kosten der Abfallentsorgung im Übrigen zu decken. Was die Stadt O. anbelangt, kann ohnehin nicht mit wirtschaftlichen Aspekten argumentiert werden, weil dieser lediglich unrentable Tätigkeitsbereiche obliegen (Einsammeln und Befördern des Altpapiers sowie des übrigen Abfalls). Der Umstand, dass die Stadt O. diesen Tätigkeitsbereich praktisch aufgegeben hat und damit Kosten einspart, indiziert im Übrigen, dass sie diesen Weg auch in Ansehung der Praxis des Beklagten, Erlöse aus Verwertung von Altpapier an die Kommunen weiterzureichen, anscheinend für wirtschaftlich(er) hält. Dies gilt hier auf jeden Fall deshalb, weil die Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers bei ihrem Tochterunternehmen, der Klägerin, verbleiben, über das sie jedenfalls mittelbar auf die Erlöse zugreifen kann. Es ist schließlich weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass das ausbleibende Altpapier aus O. (und weiteren kreisangehörigen Kommunen) (mit-)ursächlich dazu geführt hat oder führt, dass es nicht mehr möglich ist, Entsorgungsleistungen für andere Abfälle zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen von Drittbeauftragten erfüllen zu lassen.
166Weiterhin kann unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden. Dementsprechend ist dem Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG eine Berufung darauf verwehrt, dass er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbringen könne - was der Sache nach wieder auf den Aspekt der Quersubventionierung hinausliefe.
167A. A. VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012- 4 K 1905/10 -, a. a. O., Rn. 85 ff.
168Bereits aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG ist abzuleiten, dass gebührenrechtliche Aspekte bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen - keine Rolle spielen (sollen). Abgesehen davon, dass den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden kann, dass bei der Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG gerade oder auch gebührenrechtliche Aspekte eine Rolle gespielt haben, hat der Gesetzgeber, was § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeigt, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
169Im Weiteren ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass mit wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auf jeden Fall etwas anderes gemeint ist oder sein muss als die Möglichkeit, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichten über (öffentlich-rechtliche) Gebühren zu refinanzieren. Von daher kommt es bereits vom Ansatz her nicht in Betracht, wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen über die Gebührenhöhe zu bestimmen oder davon abhängig zu machen.
170Was die zweite Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - einschließlich der insoweit (allein) im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satz 3 erfolgten Konkretisierungen anbelangt, rechtfertigt sie ebenfalls nicht die Annahme, dass die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen (überwiegender) öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist.
171Die Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG geht ebenso wie die nachfolgenden Konkretisierungen des Satzes 3 auf den bereits oben erwähnten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
172Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419 vom 25. Oktober 2011, S. 1).
173Soweit dort der Änderungsvorschlag damit begründet worden ist, dass mit der Änderung im Verhältnis zu der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu einem eigenständigen Schutzobjekt aufgewertet würden, entspricht das zwar der zuvor vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Gefährdung der Funktionsfähigkeit dahingehend, dass es sich im Wesentlichen um einen Oberbegriff handelt, mit dem zusammengefasst diejenigen Konstellation angesprochen werden, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen. Dementsprechend stellt das "eigenständige Schutzobjekt" Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Fall einer diesbezüglichen wesentlichen Beeinträchtigung eben eine Konstellation dar, in der überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Allerdings lassen sich der Begründung des Änderungsvorschlags keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, was im Einzelnen mit Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemeint ist.
174Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KrWG, der eine Berücksichtigung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorsah und diesbezüglich zur Begründung ausführte, dass es von Bedeutung sein könne, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
175Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88
176Diese Begründung deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG,
177vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.,
178in der es heißt:
179"Auf der Grundlage des tradierten öffentlichen Entsorgungssystems für Hausmüll ist mit hohem Aufwand und mit Blick auf die Verpflichtung zur flächendeckenden und umfassenden Entsorgung eine entsprechende Infrastruktur auch mit öffentlichen Mitteln errichtet worden. Angesichts dessen können überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung schon dann entgegenstehen, wenn die Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach sich zieht. Ob diese Schwelle überschritten ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände feststellen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur - zum Beispiel durch Vorhaltung von Personal für den Fall, dass der gewerbliche Sammler infolge veränderter Marktbedingungen seine Tätigkeit einstellen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger deshalb möglicherweise unvermittelt zur Übernahme der Entsorgungstätigkeit genötigt sein sollte - gezwungen würde oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen erschwert bzw. Ausschreibungsverfahren unterlaufen würden."
180Davon ausgehend liegt ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG hier nicht vor. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfolgten Konkretisierungen.
181Die Voraussetzungen des in der Nr. 1 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiels für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen offensichtlich nicht vor. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Daran fehlt es aber, weil es bereits an einer Erfassung durch den insoweit zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Stadt O. , fehlt und deshalb de facto auch keine öffentlich-rechtliche Verwertung stattfindet.
182Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich weiterhin nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird.
183Dieses Regelbeispiel bedarf der Auslegung. Der Begriff der Gebührenstabilität ist aus sich heraus nicht recht verständlich, weil die Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden müssen. Dies ist deshalb erforderlich, weil auch die Kosten der Abfallentsorgung nicht stabil (gleichbleibend) sind, was sich schon an dem stetig gestiegenen pauschalen Entsorgungspreis festmachen lässt, den der Beklagte an die EGN zu entrichten hat. Soweit Erlöse aus der Altpapierverwertung die Kosten der Abfallentsorgung insgesamt reduzieren und auf diese Weise Einfluss auf die Gebührenhöhe haben, handelt es sich ebenfalls nicht um einen stabilen (gleichbleibenden) Vorgang, weil die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse grundsätzlich vom (schwankenden) Marktpreis des Altpapiers abhängig sind. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es einen wie auch immer gearteten gebührenrechtlichen "Stabilitätsgrundsatz" gibt, der zur Auslegung herangezogen werden könnte. Zwar erscheint es durchaus möglich, hinsichtlich der Gebührenerhebung oder der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit aus abfallrechtlicher Sicht Maßgaben zu formulieren. Praktische Bedeutung haben solche Maßgaben jedoch nur dann, wenn sie sich auch umsetzen lassen, was voraussetzt, dass sie mit den allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sind. Daran fehlt es hier, weil eine aus abfallrechtlicher Hinsicht gebotene oder wünschenswerte Stabilität der Abfallgebühren im Sinne einer weitgehend gleichbleibenden Gebührenhöhe nicht damit zu vereinbaren ist, dass die Gebührenhöhe von den Entsorgungskosten abhängt, die ihrerseits eben nicht stabil (gleichbleibend) sind. Dies gilt, wie ausgeführt, auch für die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse.
184Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG gibt für eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nichts her. In der Begründung des Änderungsantrags des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, auf den die Vorschrift zurückgeht, findet sich lediglich der Hinweis, dass mit der zuvor genannten Vorschrift "Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden" können.
185Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (= Ausschussdrucksache 17(16)419, S. 3).
186Sollte der Gesetzgeber dabei den (idealtypischen) Fall vor Augen gehabt haben, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Gebührenkalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von (werthaltigen) Abfällen "wegnimmt" mit der Folge, dass eine Unterdeckung auftritt und eine mit einer Gebührenerhöhung verbundene Neukalkulation der Gebühren während des laufenden Kalkulationszeitraums erforderlich ist,
187vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013- AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 87,
188liegt nach den vorstehenden Ausführungen auf der Hand, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist, weil jedenfalls seit dem Jahr 2009 die Abfallgebühren ohne Berücksichtigung des Altpapiers aus O. kalkuliert wurden.
189Der Bedeutungsgehalt des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erschließt sich erst recht nicht aus der Systematik des gesamten Absatzes 3, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Satz 4. Danach gilt unter anderem Satz 3 Nr. 2 nicht, wenn- verkürzt dargestellt - die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die öffentlich-rechtliche. Zwar mag es noch schlüssig erscheinen, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (Satz 2 Alt. 2) als prägende Merkmale der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Satz 1) mittels eines wie auch immer genau zu verstehenden Gebühren(stabilitäts)aspekts (Satz 3 Nr. 2) zu konkretisieren. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum oder unter welchem Gesichtspunkt die größere Leistungsfähigkeit einer gewerblichen Sammlung ausschlaggebend dafür sein soll, dass es auf die aufgrund eines Gebührenaspekts bestehende Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ankommt.
190Einen "plausiblen" Ansatz, dem Gebührenaspekt im Rahmen der hier zur Entscheidung stehenden Frage Rechnung zu tragen, ob die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen - definiert über die (Gefährdung der) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Entsorgungsträgers, diese wiederum definiert über (die wesentliche Beeinträchtigung) dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - erforderlich ist, bietet die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger über die Erfüllung der Entsorgungspflichten hinaus verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gebühren für die Entsorgung des gesamten Hausmülls in einem noch vertretbaren und akzeptierten Rahmen halten. Darauf hat das erkennende Gericht - im Hinblick auf überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG - bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgestellt
191- vgl. Beschluss vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 -
192und diesbezüglich ausgeführt:
193"Der nach Abzug der Kosten u. a. für das Einsammeln des Altpapiers verbleibende Überschuss aus der Vermarktung des Altpapiers beläuft sich nach der Ordnungsverfügung auf bis zu ca. 47,00 Euro/t. Legt man die mit der Beschwerde auf ca. 15.000 t/Jahr veranschlagte Altpapiermenge aller für die zusätzliche Einbeziehung in die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Antragsgegners in Rede stehenden Gemeinden des Kreisgebiets zugrunde, ergibt sich für den Gebührenhaushalt des Antragsgegners eine zusätzliche Einnahme von bis zu ca. 700.000,00 Euro/Jahr. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass ein Betrag in dieser Höhe die von den privaten Haushalten aufzubringenden Abfallgebühren in ihrer Größenordnung wesentlich bestimmt oder finanziell substantiell für die kurz- oder langfristige Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ist. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, dass die fragliche Einnahme in der Vergangenheit nicht erzielt worden ist, ohne dass geltend gemacht würde, die öffentlich-rechtliche Entsorgung einschließlich ihrer Finanzierung durch Gebühren sei übermäßig belastet gewesen. Gewerbliche Sammlungen beschränken sich typischerweise auf werthaltige Abfälle und stellen damit potentiell immer einen Faktor dafür dar, durch ihre behördliche Unterbindung die durch Abfallgebühren zu deckenden Gesamtkosten der Hausmüllentsorgung zu senken. Das besagt aber nicht aus sich heraus, dass einer solchen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen."
194Daran ist auch im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG festzuhalten, der ebenso wie die anderen Regelungen des Absatzes 3 überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG definiert, so dass der gleiche Regelungszusammenhang und die gleiche Interessenlage wie bei § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gegeben ist. Der Beklagte hat zudem im Anschluss an den zuvor zitierten Beschluss nichts dargetan, was eine andere Einschätzung rechtfertigt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, dass bei ihm ausbleibende Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers relevante Gebührenauswirkungen im Sinne der zuvor zitierten Ausführungen haben. Vielmehr zeigen die von ihm vorgelegten Gebührenkalkulationen für das Jahr 2012 mit und ohne Berücksichtigung der Altpapiermengen aus K. , L1. und O. , dass allenfalls von marginalen, nicht ins Gewicht fallenden Gebührenauswirkungen gesprochen werden kann. Nach diesen Kalkulationen bewirken die ausbleibenden Papiermengen aus den Kommunen K. , L1. und O. , dass 1.086.409 € weniger an Vergütungen (aus den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers) an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Kosten der Abfallentsorgung des Beklagten im Übrigen über 25,5 Mio. € kalkuliert werden, machen die (ausbleibenden) Erlöse für die Papiermengen aus den zuvor genannten Kommunen lediglich gut vier Prozent des erforderlichen Gebührenaufkommens aus. Bezogen auf die Gesamtkosten der Abfallentsorgung, die über Gebühren von den Bürgern der kreisangehörigen Kommunen "refinanziert" werden müssen, ist der zuvor bezeichnete Erlösanteil aus der Altpapierverwertung noch geringer, weil in den Kalkulationen des Beklagten die in oder bei den Kommunen gegebenenfalls anfallenden Sammlungs- und Beförderungskosten für das Altpapier nicht enthalten sind.
195Daran anschließend greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, die Stadt O. könne mangels öffentlich-rechtlicher Erlöse aus der Altpapierverwertung überhaupt keine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung durch Erlöse aus der Altpapierverwertung -, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass nach den zuvor genannten Zahlen eine relevante Gebührensenkung im Raum stünde, wenn denn die Stadt O. vom Beklagten Vergütungen aus der Altpapierverwertung erhielte. Unabhängig davon, dass die Vergütungen im Verhältnis zu den übrigen Entsorgungskosten ohnehin nicht wesentlich ins Gewicht fielen, müssten der Stadt O. entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten in Abzug gebracht werden, die relevante Gebührenauswirkungen (Senkungen) unwahrscheinlich machten.
196Sollte der Beklagte den Begriff der (Gefährdung der) Gebührenstabilität dahingehend interpretieren, es seien jeweils die niedrigst möglichen Gebühren zu erheben kann, wäre dieser Ansatz verfehlt, weil er überwiegende öffentliche Interessen in einer Weise konkretisierte, die mit dem nach den vorstehenden Ausführungen insoweit anzulegenden strengen Maßstab nicht zu vereinbaren wäre. Dieser Ansatz führte nämlich dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die - arg ex § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG - gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um "werthaltige" Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung "entzogen" werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigst möglichen Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis zu höheren Gebühren führt.
197Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
198Was den Schutzzweck oder die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst klarzustellen, dass es nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies auf den ersten Blick nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen "unterlaufen" wird. Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen.
199Was die Stadt O. anbelangt, hat diese weder einen Dritten aufgrund eines Vergabeverfahrens beauftragt noch ist ersichtlich, dass Entsprechendes in absehbarer Zeit ansteht. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise in wettbewerbswidriger Weise im Gebiet der Stadt O. hinsichtlich des Einsammelns von Altpapier faktisch eine Monopolstellung erlangt hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen keine Konstellation, die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfasst wird.
200Schwierigkeiten des Beklagten, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten zu finden, der die Altpapierentsorgung (Verwertung) - potenziell auch hinsichtlich des Altpapiers aus O. - übernimmt, können ausgeschlossen werden, weil der Beklagte mit der X. einen solchen Dritten gefunden hat. Soweit es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hat, beruhten diese nicht darauf, dass die Klägerin vor und zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits in O. sammelte. Diesem Umstand hätte im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Altpapiermengen aus O. außer Ansatz geblieben wären. Denn eine (zwingende) Notwendigkeit, die Ausschreibung auch auf den Fall zu erstrecken, dass die Klägerin ihre Sammlung einstellt, in O. wieder öffentlich-rechtlich gesammelt und das Altpapier dem Beklagten überlassen wird, hat nicht bestanden. Im Übrigen ist dieser Konstellation im Rahmen der Ausschreibung durch eine entsprechende mengenmäßige Staffelung Rechnung getragen worden. Die Ungewissheit, ob dieser Fall zum Tragen kommt, beruhte nicht auf der Sammlung der Klägerin, sondern darauf, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits untersagt hatte und Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagung bestand.
201Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung aufgrund eines "Unterlaufens" der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Der Annahme einer Gefährdung steht bereits entgegen, dass die X. in Kenntnis der (ständig durchgeführten) Sammlung der Klägerin ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten eingegangen ist. Im Übrigen ist weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten durch die Drittbeauftragte in Frage steht. Zwar mag es als ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens angesehen werden, dass sich die Klägerin nach wie vor in O. sammelt, obwohl sich im Vergabeverfahren die X. durchgesetzt hat. Da es jedoch - wie eingangs aufgezeigt - nicht um den Schutz des Vergabeverfahrens oder von Wettbewerbern geht, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, solange dadurch die Erfüllung der Entsorgungspflichten im Wege der Drittbeauftragung nicht in Frage gestellt wird.
202Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte.
203Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der- insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommen-de - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
204Im Anschluss an die Ausführungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne einer Existenzgefährdung gilt hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung im Bereich der Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, dass diese reibungslos funktioniert, insbesondere durch die klägerische Sammlung keine "Strukturen" (wesentlich) beeinträchtigt werden. Demgegenüber gibt es im Bereich der Entsorgung von Altpapier aus O. keine (zu schützenden) öffentlich-rechtlichen Strukturen (mehr), da die Stadt O. weder selbst noch über einen Drittbeauftragten tätig ist. Dass die Verwertungsstrukturen des Beklagten für das übrige Altpapier wesentlich beeinträchtigt werden, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte überwiegend keine eigenen Entsorgungsstrukturen geschaffen hat und er dementsprechend zur Erfüllung seiner Entsorgungspflichten keine eigenen personellen und sächlichen Mittel einsetzt, sondern sich (beauftragter) Dritter bedient hat und bedient, derzeit der X. und der EGN. Auf die solchermaßen organisierte öffentlich-rechtliche Altpapierverwertung hat die Sammlung der Klägerin bei ihrem Beginn allenfalls insoweit Einfluss gehabt, als sie eine Änderung des - seinerzeit allein bestehen-den - Entsorgungsvertrags zwischen dem Beklagten und der EGN zur Folge hatte. Es ist schon fraglich, ob das Ausbleiben von Altpapier aus O. aufgrund der Sammlung der Klägerin für die EGN überhaupt einen zureichenden Grund dargestellt hat, um vom Beklagten eine Anpassung des Entsorgungsvertrags zu verlangen. Jedenfalls ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass diese Vertragsänderung als wesentliche Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen Verwertungsstrukturen hinsichtlich Altpapier zu qualifizieren sein könnte. Soweit der Beklagte (als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) danach weitere Änderungen der Strukturen der öffentlich-rechtlichen Altpapierverwertung vorgenommen hat, indem er nach entsprechender Ausschreibung die X. auch mit der Verwertung von Altpapier aus O. beauftragt hat, ist das bereits keine Änderung gewesen, die wesentlich durch die Sammlung der Klägerin bedingt oder dieser zuzurechnen war. Denn solange keine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers aus O. erfolgte, bestand keine Notwendigkeit, einen Dritten mit der Verwertung von Altpapier aus O. zu beauftragen. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin durch den Beklagten ändert daran nichts, weil unabhängig von der (seinerzeit) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sammlungsuntersagung diese nicht unmittelbar bewirkt hätte, dass wieder eine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers stattfindet. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig eine Änderung der Altpapierverwertungsstrukturen des Beklagten veranlasst wäre, die als wesentliche Beeinträchtigung der Strukturen zu qualifizieren und unmittelbar durch die Sammlung der Klägerin veranlasst wäre.
205Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Altpapier aus O. für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt.
206Dies gilt zunächst für das öffentlich-rechtliche Einsammeln und Befördern des Altpapiers. Da die Klägerin bei ihren bisherigen Aktivitäten in weitgehender Abstimmung mit der Stadt O. agiert hat, kann als sehr wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass die Funktionsfähigkeit des für das Einsammeln und Befördern zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Stadt O. ) schnellstmöglich dadurch wiederhergestellt werden könnte und würde, dass der vorübergehend ruhend gestellte Vertrag aus Februar 1996 wieder "aktiviert" würde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass weitere (der Form nach) private Unternehmen zur Verfügung stehen, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln und Befördern des Altpapiers im Auftrag der Stadt O. übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden, zumal die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit nicht zwingend das Sammeln im Holsystem mittels auf sämtlichen privaten Grundstücken aufgestellter Tonnen voraussetzt, sondern auch mittels Altpapiercontainern bewerkstelligt werden kann.
207Weiterhin ist auch im Hinblick auf die dem Beklagten obliegenden Entsorgungspflichten (Verwertung) nicht ersichtlich, dass deren Erfüllung im Fall der Einstellung der klägerischen Sammlung nicht gewährleistet und sichergestellt ist. Auch der Beklagte erfüllt die ihm obliegenden Entsorgungspflichten - wie ausgeführt - überwiegend nicht selbst, sondern bedient sich gegenwärtig gemäß § 22 Satz 1 KrWG auch für die Altpapierverwertung Dritter, nämlich der X. und der EGN. Speziell der mit der X. geschlossene Entsorgungsvertrag beinhaltet auch die Verwertung von Altpapier aus O. , so dass dessen Verwertung auch dann sichergestellt ist, wenn die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellen und das Altpapier aus O. dem Beklagten zur Verwertung überlassen würde. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Vergangenheit vorgenommenen Anpassungen des bis Ende 2016 laufenden Entsorgungsvertrags mit der EGN, die gerade im Hinblick auf wechselnde von den kreisangehörigen Kommunen angelieferte und überlassene Altpapiermengen sowie veränderte Marktpreise für Altpapier vorgenommen wurden, zeigen, dass veränderten Verhältnissen im Ergebnis eben mittels Vertragsänderungen Rechnung getragen werden konnte und wurde. Insoweit ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass diese Vertragsänderungen auf der Seite der drittbeauftragten EGN wesentliche Änderungen der Entsorgungsstrukturen erforderten oder nach sich zogen - der Beklagte verfügt, wie ausgeführt, nicht über eigene Entsorgungsstrukturen. Entsprechendes gilt für die X. , deren mit dem Beklagten geschlossener Entsorgungsvertrag von vornherein unterschiedliche Fallkonstellationen hinsichtlich der Verwertung von Altpapier aus unterschiedlichen Kommunen abdeckt.
208Der Umstand allein, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegebenenfalls aufgrund einer gewerblichen (Altpapier-)Sammlung gezwungen ist, einen bestehenden Entsorgungsvertrag mit einem Drittbeauftragten anzupassen, reicht nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen. Soll die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen im Bereich der nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fallenden Abfälle nicht leerlaufen, muss (auch) der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung mittels oder über Drittbeauftragungen "organisiert" und seine Planungen auf die insoweit abgeschlossenen Entsorgungsverträge ausgerichtet hat, gewisse (unwesentliche) Beeinträchtigungen hinnehmen. Wo in diesem Bereich die Grenze zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung zu ziehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Hier kann jedenfalls nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil die - unterstellt - durch die Sammlung der Klägerin veranlasste oder erforderlich gewordene Vertragsänderung nicht über die Änderungen hinausgeht, die - unabhängig von einer gewerblichen Sammlung - bereits zuvor wegen veränderter Verhältnisse und Preise im Altpapierbereich vorgenommen worden sind. Zudem war und ist der Beklagte nicht gezwungen, von dem (auch) im Altpapierbereich gewählten "Organisationsmodell" der Drittbeauftragung vollständig Abstand zu nehmen. Sollten Drittbeauftragte durch eine gewerbliche Sammlung erforderlich gewordene oder werdende Vertragsänderungen zum Anlass nehmen, von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger "Ausgleichszahlungen" zu verlangen, handelte es sich nicht um einen Gesichtspunkt, der von dem Begriffsmerkmal "Planungssicherheit und Organisationsverantwortung" erfasst würde. Zu denken wäre eher an § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte für Änderungen des Entsorgungsvertrags mit der EGN, die nicht (unmittelbar) durch gewerbliche Sammlungen veranlasst waren, Ausgleichszahlungen zu leisten hat, ohne dass er geltend gemacht hätte oder sonst davon die Rede gewesen wäre, es lägen keine wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen mehr vor. Angesichts dessen erschließt sich nicht, dass eine andere Beurteilung nur deshalb geboten sein sollte, weil (unterstellt) eine mit einer "Ausgleichszahlung" einher gehende Vertragsänderung durch eine gewerbliche Sammlung ausgelöst wurde.
209Abschließend ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Untersagungsverfügung auch dann nicht als rechtmäßig erwiese, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG verneinte und dementsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Das liegt auf der Hand, wenn man in diesem Fall § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für entsprechend anwendbar hält. Etwas anderes ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig außer Betracht lässt und auf § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage abstellt.
210Eine erforderliche Anordnung zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kommt zwar auch zur Durchsetzung der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung. Ein solcher Fall läge hier vom Ansatz her vor, wenn man die Gewerblichkeit der Sammlung der Klägerin verneinte, weil die Klägerin dann das von ihr gesammelte Altpapier aus privaten Haushaltungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überließe und insoweit die Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bereits mangels einer gewerblichen Sammlung nicht griffe.
211Gleichwohl trüge § 62 KrWG die Untersagungsverfügung nicht, weil diese sich als unverhältnismäßig darstellte und es sich dementsprechend nicht um eine erforderliche Anordnung im Sinne der Vorschrift handelte. Insoweit käme ebenfalls das zuvor Ausgeführte zum Tragen, dass nämlich die Überlassungspflicht nicht um ihrer selbst willen geschützt ist und sie sich angesichts der normierten Ausnahmen nicht stets durchsetzen (und durchgesetzt werden) muss, sondern im Einzelfall festzustellen ist, dass ihre Durchsetzung wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten ist, solche Interessen hier jedoch nicht bestehen. Diese im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG getroffenen Feststellungen würden in gleicher Weise Geltung beanspruchen, wenn man § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage der Sammlungsuntersagung ansähe, weil die Sammlung der Klägerin als grundrechtlich geschützte Betätigung nicht weniger schutzwürdig ist als eine gewerbliche Sammlung im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Mangels Verhältnismäßigkeit käme es im Übrigen auf etwaige vom Beklagten angesichts der geänderten Rechtslage zulässigerweise nachgeschobene Ermessenserwägungen nicht an.
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
213Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.
Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten - soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch von Interesse - um die vom Beklagten gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung der Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der kreisangehörigen Stadt O. - Altpapier hier und im Folgenden verstanden als aus privaten Haushaltungen einzusammelnde(s) Papier, Pappe und Kartonagen (PPK), auch soweit es sich um Verkaufsverpackungen handelt.
3Der Beklagte ist unter anderem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für den Rhein-Kreis O. , dem acht Kommunen angehören. Diese haben ebenfalls als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle einzusammeln und zu den vom Beklagten oder in dessen Auftrag betriebenen Entsorgungsanlagen oder Umschlagstationen zu befördern. Jedenfalls seit 1997 bedient sich der Beklagte zur Erfüllung seiner Aufgaben als Entsorgungsträger eines in privatrechtlicher Form organisierten Unternehmens, derzeit der Entsorgungsgesellschaft O1. H. (im Folgenden: EGN), eines Tochterunternehmens der SWK Stadtwerke L. AG, mit der ein bis Ende 2016 laufender Entsorgungsvertrag besteht. Der Vertrag, der zunächst auch die Altpapierentsorgung (Verwertung) aus den kreisangehörigen Kommunen E. , H1. , K. und S. umfasste, sieht einen vom Beklagten zu zahlenden jährlichen pauschalen Preis pro Tonne von der EGN entsorgten Abfalls vor, d. h. eine Differenzierung nach Abfallarten findet nicht statt. Der allgemeine Entsorgungspreis stieg von knapp unter 100 € im Jahr 1997 auf über 130 € ab dem Jahr 2007. Soweit kreisangehörige Kommunen dem Beklagten getrennt gesammeltes Altpapier zur Entsorgung (Verwertung) überließen, erhob der Beklagte hierfür aufgrund von "Quersubventionierungen" etwa in den Jahren 2008 und 2009 eine Gebühr von 25,66 € pro Tonne von den Kommunen.
4Der Entsorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und der EGN wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert. Ein Änderungsgrund war etwa, dass weitere kreisangehörige Kommunen (N. und O. ) im Zeitraum vor 2008 dazu übergegangen waren, ihr getrennt gesammeltes Altpapier dem Beklagten zu überlassen, was für die EGN größere Entsorgungsmengen bedeutete, nachdem die Kommunen es zunächst - vom Beklagten geduldet - selbst verwertet hatten. Als im Jahr 2008 und danach vier kreisangehörige Kommunen (K. , O. , S. und - teilweise - N. ) aufgrund des stark gestiegenen Preises für Altpapier dieses im Ergebnis nicht mehr dem Beklagten überließen und diese Mengen dementsprechend auch nicht mehr der EGN zur Verfügung standen, forderte diese vom Beklagten eine weitere Anpassung des Entsorgungsvertrags in Gestalt einer Erhöhung des pauschalen Entsorgungspreises. Der sich daraus ergebende Streit wurde Anfang 2010 dahingehend beigelegt, dass entgegen der Forderung der EGN der Entsorgungspreis ab 1. Januar 2009 nicht erhöht wird, der Beklagte jedoch in den Jahren 2011 bis 2016 Ausgleichszahlungen erbringt. Zugleich wurde vereinbart, dass Altpapier aus den Kommunen K. , O. und S. nicht mehr Gegenstand des Entsorgungsvertrags ist. Damit bezog sich der Entsorgungsvertrag, was Altpapier anbelangt, nur noch auf die Mengen aus den Kommunen H1. , E. und N. . Mit einer weiteren Anpassung des Entsorgungsvertrags wurde die Verwertung von Altpapier ab dem 1. Januar 2012 vollständig aus dem Vertrag ausgeklammert. Auch dafür hat der Beklagte Ausgleichszahlungen an die EGN zu leisten.
5Bereits im September 2010 hatte der Beklagte die Verwertung von Altpapier aus den Kommunen K. , L1. , L2. , O. und S. europaweit ausgeschrieben. Die Ausschreibung gab die Möglichkeit, die Angebote nach Mengenklassen zu staffeln, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ungewiss war, ob aus einigen der Kommunen überhaupt Altpapier zur Verwertung überlassen würde. Die eingegangenen Angebote sahen im Mittel eine Mindestvergütung für den Beklagten pro Tonne Altpapier von 70,25 € vor, der Mittelwert der angebotenen Vergütungen lag bei 113,59 €. Den Zuschlag erhielt im Dezember 2010 die X. Wertstoffkontor H. (im Folgenden: X. ), mit der der Beklagte einen entsprechenden Vertrag schloss. Die Verwertung des Altpapiers aus den Kommunen E. , H1. und N. schrieb der Beklagte Ende 2011 aus. Den Zuschlag erhielt die EGN. Jedenfalls seit dem Jahr 2012 gibt der Beklagte die Überschüsse aus der Altpapierverwertung an die Kommunen weiter, die ihm Altpapier zur Verwertung überlassen.
6Die Klägerin steht im Eigentum der Stadt O. , welche 51 Prozent der Anteile an der Klägerin direkt und 49 Prozent über ihre 100 prozentige Tochter, die Stadtwerke O. H. , hält. Sie übernahm aufgrund eines Vertrages mit der Stadt O. aus Februar 1996 die Sammlung und Verwertung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Nach dem Vertrag erhielt die Klägerin von der Stadt O. sowohl für die Sammlung als auch für die Aufbereitung und Sortierung des Altpapiers eine Vergütung. Die Vermarktung der aufbereiteten Stoffe hatte die Klägerin auf eigenen Verantwortung und Rechnung vorzunehmen. Ferner beauftragte die Stadt O. die Klägerin mit Geschäftsbesorgungsvertrag aus Juni 2000 mit den hoheitlichen Aufgaben der Stadt im Bereich der Abfallbeseitigung sowie mit Leistungen im Bereich Abfallsammlung und -beförderung, nicht jedoch in Bezug auf Altpapier.
7Aufgrund des erstgenannten Vertrags sammelte die Klägerin Altpapier aus privaten Haushalten im Stadtgebiet von O. in Bündeln und mittels Containern, wobei sie allerdings ganz überwiegend nicht selbst tätig wurde, sondern ihrerseits die EGN beauftragte, die sich wiederum teilweise eines Subunternehmens bediente. Das gesammelte Altpapier aus O. wurde seit 2003 zur Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage in O. -H2. transportiert und dort dem Beklagten bzw. der dort tätigen EGN zur Verwertung überlassen. Ab Mai 2008 sammelte die Klägerin - wiederum über die EGN - Altpapier zudem mittels "blauer Tonnen", nachdem zuvor ein anderes Unternehmen bei der Stadt O. angezeigt hatte, Altpapier aus privaten Haushaltungen mittels Altpapiertonnen sammeln zu wollen.
8Mit Schreiben vom 15. September 2008 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, ab sofort im Stadtgebiet O. flächendeckend Papier, Pappe und Kartonagen im Wege einer gewerblichen Sammlung erfassen zu wollen, und zwar mittels Altpapiertonnen, Altpapiercontainern und Bündelsammlungen. Zugleich kündigte sie Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung an. Im Zusammenhang damit wurde die Überlassung von Altpapier an den Beklagten eingestellt. Ab dem 1. November 2008 überließ die Klägerin das gesammelte Altpapier der EGN zur Verwertung, nachdem sie mit dieser einen eigenen Vertrag geschlossen hatte. Der Beklagte duldete diese Praxis zunächst. Im Dezember 2010 stellten die Klägerin und die Stadt O. den Vertrag aus Februar 1996 betreffend unter anderem die Sammlung des Altpapiers in O. vorübergehend ruhend.
9Die EGN war im Übrigen jedenfalls bis Ende 2011 unter anderem aufgrund eines (mehrfach verlängerten und verlängerbaren) Vertrages mit der Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland H. (im Folgenden: DSD) verpflichtet, die im Gebiet der Stadt O. anfallenden PPK-Verkaufsverpackungen, die im Zuge der von der Klägerin betriebenen Altpapiersammlung miterfasst werden, zu entsorgen. Die EGN erhält hierfür von der DSD eine monatliche Vergütung. Im Gegenzug hat die EGN die DSD an den Verwertungserlösen der Verkaufsverpackungen zu beteiligen.
10Aus Gebührenbedarfsermittlungen der Stadt O. ergibt sich, dass diese für die Jahre 2008 und 2009 sowohl für den Transport als auch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz brachte (499.500 € für 2008, 565.000 € für 2009). Für das Jahr 2010 veranschlagte sie nur noch 320.000 € für den Transport mit dem Hinweis, dass Entsorgungskosten nicht mehr anfielen, weil die Verwertung seit dem 1. November 2008 über die Klägerin erfolge. Für das Jahr 2011 wurden weder für den Transport noch für die Entsorgung von Altpapier Kosten in Ansatz gebracht mit der Begründung, dass die Klägerin das Altpapier gewerblich sammle.
11Im März 2010 hörte der Beklagte in seiner Funktion als untere Umweltschutzbehörde die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung von Altpapier in O. an, was er damit begründete, dass die Sammlung der Klägerin nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C16.08 -) keine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG darstelle. Etwa zeitgleich hörte er auch die (nicht kommunalen) Träger von Altpapiersammlungen in anderen Kommunen hinsichtlich einer Untersagung an, um sämtliches im Kreisgebiet gesammeltes Altpapier selbst - mittels der oder über die zuvor erwähnten Ausschreibungsverfahren - verwerten zu können. Aufgrund der Anhörung kam es mit einem anderen Unternehmen, das in einer anderen kreisangehörigen Kommune Altpapier sammelte, zu Gesprächen, in denen der Beklagte anbot, von der angekündigten Untersagung Abstand zu nehmen, wenn er von dem Unternehmen an den Verwertungserlösen für das Altpapier beteiligt wird. Eine entsprechende Einigung kam nicht zustande.
12Mit Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010, zugestellt am 20. Juli 2010, ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem an, ab dem 1. Januar 2011 die eigenverantwortliche Sammlung und Verwertung von Altpapier aus privaten Haushalten auf dem Gebiet der Stadt O. zu unterlassen (Buchstabe a Nr. 1). Zur Begründung führte der Beklagten im Wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung diene der Durchsetzung der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Bei der von der Klägerin seit September 2008 durchgeführten Sammlung handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Auch sonst liege keine Ausnahme von der Überlassungspflicht vor.
13Am 19. August 2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Sammlungsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie (die Klägerin) entgegen der Annahme in der Ordnungsverfügung nicht eigenverantwortlich sammle. Vielmehr sei sie aufgrund des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt O. sowie der Abfallentsorgungssatzung der Stadt O. als beauftragte Dritte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Stadt O. tätig. Soweit ihre Sammlung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien keine gewerbliche sei, lasse sich daraus allenfalls ableiten, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht einschlägig sei. Dies rechtfertige aber nicht den Schluss, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorliege, eben weil sie Drittbeauftragte im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sei. Liege dagegen eine gewerbliche Sammlung vor, verstoße die Verbotsverfügung gegen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. Überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Anhaltspunkte für relevante Gebührenauswirkungen lägen ebenso wenig vor wie für eine Gefährdung der Entsorgungssicherheit. Die Untersagungsverfügung sei auch ermessensfehlerhaft, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zuvor nicht aufgeklärt worden sei.
14Die Klägerin hat beantragt,
15die Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 aufzuheben.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung seines Antrags hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Sammlung der Klägerin handele es sich nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien nicht um eine gewerbliche. Unabhängig davon erfolge die Sammlung nicht ordnungsgemäß, weil sie nicht in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften durchgeführt werde. Die Beauftragung der Klägerin mit Entsorgungsdienstleistungen durch die Stadt O. im Wege der inhouse-Vergabe sei vergaberechtlich unzulässig, weil die Klägerin bei einer solchen Vergabe nur begrenzt außerhalb des Auftragsverhältnisses tätig werden dürfe und die insoweit zu beachtende Grenze mit der durchgeführten Altpapiersammlung und -verwertung überschritten werde. Die Sammlung verstoße ferner gegen Wettbewerbsrecht, weil die Stadt O. in Zusammenarbeit mit der Klägerin andere Marktteilnehmer behindere. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Kommunalabgabenrecht vor, weil danach die von der Stadt O. übernommenen Sammlungs- und Transportkosten nicht im Abfallgebührenhaushalt hätten in Ansatz gebracht werden dürfen. Im Übrigen stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es bestehe die Gefahr, dass Vergabeverfahren erheblich erschwert und gegebenenfalls unterlaufen würden. Dies gelte schon deshalb, weil eine zuverlässige Prognose der zu entsorgenden Altpapiermengen nicht möglich sei. Auch sei die Entsorgungssicherheit gefährdet, wenn die öffentliche Altpapierentsorgung im Kreis vollständig von gewerblichen Sammlungen verdrängt werde. Im Fall der Einstellung der gewerblichen Sammlungen sei die öffentlich-rechtliche Entsorgung nicht möglich, zumindest nicht kurzfristig, weil die Entsorgungspflichten europaweit ausgeschrieben werden müssten. Öffentliche Interessen seien auch insoweit beeinträchtigt, als durch die Sammlung der Klägerin auch Verkaufspackungen erfasst und diese damit den Systembetreibern nach der Verpackungsverordnung entzogen würden. Schließlich verhindere die Sammlung der Klägerin niedrigere Abfallgebühren.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage, soweit sie gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung gerichtet ist, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Verfügung der Durchsetzung der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG diene; eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG liege nicht vor, weil es jedenfalls nicht erkennbar sei, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche handele.
20Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Da es sich bei der streitgegenständlichen Unterlassungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei ihre Rechtmäßigkeit anhand des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen. Danach erweise sie sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig. Soweit der Beklagte die Sammlung untersagt habe, weil es sich nicht um eine gewerbliche handele, sei dem durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Auch darüber hinaus seien die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen gewerbliche Sammlungen zulässig seien, durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundlegend geändert worden. Hinsichtlich der in § 17 Abs. 2 und 3 KrWG normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen verfüge sie (die Klägerin) nicht über die erforderlichen Kenntnisse, um deren (Nicht-)Vorliegen beurteilen zu können. Der Beklagte habe sich diesbezüglich nicht geäußert, obwohl er verpflichtet sei, seine Unterlassungsverfügung anhand der aktuellen Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Hierauf käme es nicht an, wenn eine andere Entscheidung nicht getroffen werden könnte. Von einer Alternativlosigkeit der Untersagungsverfügung könne jedoch keine Rede sein. Die Unterlassungsverfügung sei auch durch das mit § 18 KrWG eingeführte Anzeigeverfahren obsolet geworden. Schließlich sei die Unterlassungsverfügung ermessensfehlerhaft. Die angestellten Ermessenserwägungen gingen nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ins Leere. Soweit im Rahmen der Ermessensentscheidung auf die Aspekte der Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und des öffentlichen Interesses an niedrigen Abfallgebühren abgestellt worden sei, griffen diese nicht. Mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien nicht dargelegt worden. Anhaltspunkte für eine wesentliche Senkung der Abfallgebühren seien ebenfalls nicht dargetan worden. Weil der Beklagte seine Ermessenserwägungen nicht an die neue Rechtslage angepasst habe, sei die Untersagungsverfügung wegen eines Begründungsdefizits auch formell rechtswidrig. Schließlich sei der Beklagte für die Untersagungsverfügung nicht zuständig gewesen.
21Die Klägerin beantragt,
22das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er macht im Wesentlichen geltend: Auch auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes handele es sich bei der Sammlung der Klägerin mangels Erkennbarkeit nicht um eine gewerbliche. Nehme man dagegen eine gewerbliche Sammlung an, sei diese wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen rechtswidrig. Die Stadt O. habe die öffentlich-rechtliche Altpapiersammlung eingestellt. Ohne Änderung des Sammlungssystems sammle die Klägerin nunmehr nicht mehr als beauftragte Dritte der Stadt O. , sondern gewerblich. Ein solches Vorgehen sei mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht vereinbar, weil die Stadt O. ihre Pflicht aus § 20 Abs. 1 KrWG zur Einsammlung von Altpapier aus privaten Haushalten nicht mehr wahrnehme, ohne dass ein dafür vorgeschriebenes Verfahren nach § 20 Abs. 2 KrWG durchgeführt worden sei. Außerdem widerspreche die Vorgehensweise der Stadt O. den Grundsätzen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb. Durch ihre Absprachen mit der Klägerin habe die Stadt dieser faktisch das gesamte Entsorgungsgebiet der Stadt O. im Sinne einer Monopolstellung überlassen. Zudem habe die Stadt konkurrierende gewerbliche Sammlungen behindert. Weiterhin sei er, der Beklagte, in seiner Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt. Da er selbst eine hochwertige Verwertung von Altpapier durchführe, gingen ihm hinsichtlich der von der Klägerin erfassten Altpapiermengen Erlöse verloren, die nicht zur Reduzierung der Abfallgebühren eingesetzt werden könnten. Im Übrigen könne er entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung das Altpapier aus O. nicht den von ihm vorgehaltenen hochwertigen Verwertungsstrukturen zuführen. Weiterhin stünden der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen auch deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit eines nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems (nach der Verpackungsverordnung) gefährdet werde. Die Klägerin lasse auch Verkaufsverpackungen sammeln und verwerten, ohne eine Vereinbarung mit der Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV geschlossen zu haben. Sie gebe an diese keine Verkaufsverpackungen ab und vereinnahme sämtliche Verwertungserlöse. Damit sei ihre Sammlung der Grund dafür, dass aus O. keine Verkaufsverpackungen im Auftrag der Systembetreiber gemäß der Verpackungsverordnung tatsächlich haushaltsnah erfasst und anschließend verwertet würden. Die Einführung eines Anzeigeverfahren durch § 18 KrWG führe ferner nicht dazu, dass zuvor verfügte repressive hoheitliche Maßnahmen keinen Bestand mehr hätten. Die in der Ordnungsverfügung angestellten Ermessenserwägungen seien auch nach der neuen Rechtslage nicht zu beanstanden.
26Mit Schreiben vom 24. August 2012 zeigte die Klägerin dem Beklagten eine bestehende gewerbliche Altpapiersammlung im Gebiet der Stadt O. an.
27Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg gehabt (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 - 17 L 1791/10 - sowie des Senats vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 - und vom 15. Juni 2012 - 20 B 415/12 -).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den Verfahren 20 B 47/11, 20 A 3043/11 und 20 A 3044/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und sonstigen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Berufung hat Erfolg.
31Die gegen die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 14. Juli 2010 gerichtete Anfechtungsklage ist begründet.
32Die Untersagungsverfügung ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden, am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu beurteilen.
34Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. März 2013 - 7 LB 56/11 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 - 4 K 1905/10 -, juris, jeweils m. w. N.
35Da sich die Untersagungsverfügung auf dieser Grundlage als rechtswidrig erweist, hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, in vollem Umfang Erfolg. Soweit die Klägerin auch zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung auf der Grundlage des vormals geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vorgetragen hat, kommt es auf diese Ausführungen in Ansehung des gestellten Antrags nicht an, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass ihr Begehren - unabhängig von einem insoweit bestehenden Rechtsschutzbedürfnis - nicht auch darauf gerichtet ist, eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für einen zurückliegenden Zeitraum zu erreichen.
36Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
37Daran anknüpfend liegt hier schon vom Ansatz her kein Fall vor, in dem wegen zu beurteilender unterschiedlicher Zeiträume eine teilweise Klageabweisung in Betracht kommt, weil sich die Untersagungsverfügung - unterstellt - in einem zurückliegenden Zeitraum als rechtmäßig dargestellt hat. Im Übrigen ist die Fassung des in der Berufungsinstanz gestellten Antrags (auch) dem Umstand geschuldet, dass sich mit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 die für die Beurteilung der Untersagungsverfügung maßgebliche Rechtslage geändert hat. Unabhängig davon, wie der erstinstanzlich gestellte Antrag zu verstehen war, kann es kostenmäßig, etwa unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Klagerücknahme, nicht zulasten der Klägerin gehen, dass sie ihren Antrag an die geänderte Rechtslage angepasst hat.
38In der Sache bestehen bereits Bedenken, ob die Untersagungsverfügung formell rechtmäßig ist.
39Solche Bedenken bestehen allerdings nicht wegen des Fehlens einer erforderlichen Begründung (vgl. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Denn die Ordnungsverfügung enthält offensichtlich eine solche. Ob diese Begründung - auch nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes - die verfügte Sammlungsuntersagung trägt, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Im Übrigen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz zur Rechtslage unter Geltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Stellung genommen, was als Nachschieben einer Begründung angesehen werden könnte.
40Bedenken sind jedoch darin begründet, dass dem Beklagten, ausgehend von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage, bei Erlass der Ordnungsverfügung die sachliche Zuständigkeit gefehlt haben und auch heute fehlen könnte.
41Vom Grundsatz her war der Beklagte bei Erlass der Ordnungsverfügung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU) in Verbindung mit Teil A des Verzeichnisses zu dieser Verordnung für den Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes als untere Umweltschutzbehörde sachlich zuständig. Dies gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZustVU auch für die Zeit nach Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, weil die in Rede stehende Aufgabe ab dem 1. Juni 2012 (Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) nicht wesentlich in ihrem Inhalt geändert worden ist. Auch aus § 3 ZustVU dürfte sich nichts anderes ergeben, da es hier um den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gegenüber einem Unternehmen geht, dessen Anteile nicht zu mehr als 50 % einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt - die Stadt O. als "Eigentümerin" der Klägerin ist nicht kreisfrei - gehören, und deshalb keine Zuständigkeit der Bezirksregierung besteht.
42Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten resultieren jedoch daraus, dass er zugleich nach § 5 Abs. 1 LAbfG öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (auch im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) ist.
43Diese Bedenken beruhen allerdings nicht darauf, dass die zuvor dargelegte Zuständigkeitsbestimmung gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verstößt. Zwar stellen zahlreiche Vorschriften dieses Gesetzes zum einen auf die zuständige Behörde und zum anderen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Soweit die Vorschriften Aufgabenzuweisungen enthalten, ist dies jedoch in einem funktionalen Sinne zu verstehen und nicht als Vorgabe, welche Stelle die jeweilige Aufgabe zu erfüllen hat. Ein Verbot, ein und dieselbe Stelle der öffentlichen Verwaltung als für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde und als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu bestimmen, lässt sich daraus nicht herleiten.
44Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 18. März 2009- 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171.
45Bedenken ergeben sich jedoch, wie den zuvor zitierten Entscheidungen andeutungsweise zu entnehmen ist, aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gebots der fairen Verfahrensgestaltung und des Neutralitätsgebots. Gerade unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt erscheint die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde nicht unproblematisch, weil dies die Gefahr von interessengeleiteten Maßnahmen beim Vollzug in sich birgt. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen geht (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG), spricht Einiges dafür, dass der von den Sammlungen betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (auch) eigene Interessen verfolgt und diese Interessen möglicherweise als untere Umweltschutzbehörde durchzusetzen versucht; jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des "bösen Scheins" kann für Außenstehende ein entsprechender Eindruck entstehen. Diese Bedenken sind offensichtlich auch im Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gesehen worden und haben dazu geführt, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf in § 18 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß vorgesehen war, dass die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde nicht mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, und dies gerade mit der staatlichen Neutralitätspflicht und der Vermeidung von Interessenkonflikten begründet wurde.
46Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88.
47Dass die zuvor genannte Vorschrift später nicht Gesetz geworden ist, beruht nicht darauf, dass die zur Begründung der Vorschrift gemachten Erwägungen später als nicht stichhaltig erachtet wurden, sondern darauf, dass den Ländern vorbehalten werden sollte, die Zuständigkeiten zu bestimmen und "für die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts wie auch des EU-Wettbewerbsrechts Sorge" zu tragen.
48Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 47 (= Drucksache 17(16)420 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 25. Oktober 2011, S. 2).
49Dementsprechend ist inzwischen in Nordrhein-Westfalen verwaltungsintern bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche einerseits der unteren Umweltschutzbehörde und andererseits des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu gewährleisten haben.
50Vgl. Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2013, Az. IV-2 - 408.10.02.
51Eine solche organisatorische Trennung dürfte hier zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung aber nicht bestanden haben. Zudem dürfte eine hinreichende organisatorische Trennung unabhängig davon, ob sie gegebenenfalls einen bei Erlass der Verfügung - unterstellt - vorliegenden Zuständigkeitsmangel heilen könnte, auch gegenwärtig nicht vorliegen. Zwar hat der Beklagte mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Organisationsverfügung vom 17. Juni 2013 auf den zuvor zitierten Erlass reagiert. Abgesehen von der Frage, ob die im Wesentlichen auf der Sachbearbeiterebene vorgenommene teilweise Trennung der Aufgabenbereiche als hinreichend anzusehen ist, wird die Organisationsverfügung jedenfalls nicht strikt umgesetzt, weil gerade derjenige Sachbearbeiter oder Produktverantwortliche, der nach der Verfügung "ab sofort" nicht mehr für Sammlungsuntersagungen nach § 18 KrWG zuständig ist, sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfänglich für den Beklagten in dessen Funktion als untere Umweltschutzbehörde geäußert hat.
52Die Zuständigkeitsfrage muss jedoch nicht abschließend entscheiden werden, weil die Untersagungsverfügung jedenfalls materiell rechtswidrig ist.
53Sie kann nicht auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der gegenüber § 62 KrWG hinsichtlich der Untersagung einer gemäß § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten gemeinnützigen oder gewerblichen Sammlung grundsätzlich als die speziellere Vorschrift anzusehen ist, als rechtmäßig angesehen werden.
54Gegenstand der Verfügung ist im Kern die Untersagung der Sammlung von Altpapier im Gebiet der Stadt O. . Soweit der Klägerin unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verwertung von Altpapier aus O. untersagt worden ist, kommt dem im Verhältnis zur Sammlungsuntersagung kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Mit der Untersagung auch der Verwertung hat der Beklagte ersichtlich lediglich der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung Altpapier in O. sammelte, d. h. als Verantwortliche unter anderem von der EGN sammeln ließ, und das gesammelte Altpapier verwertete oder verwerten ließ. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - in welcher Konstellation auch immer - Altpapier aus O. , das sie nicht sammelt, verwerten könnte, liegen nicht vor. Dementsprechend hat die untersagte Verwertung neben der untersagten Sammlung keinen eigenständigen oder weitergehenden Regelungsgehalt, weil die Verwertung durch die Klägerin gegebenenfalls bereits dadurch ausgeschlossen ist oder wird, dass ihr die Sammlung untersagt wird und sie dementsprechend nicht in den Besitz des Altpapiers gelangt.
55Die Sammlungsuntersagung kann jedoch deshalb nicht rechtmäßigerweise auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen für eine Untersagung nicht vorliegen.
56Allerdings handelt es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine gewerbliche auch im Sinne der §§ 17, 18 KrWG, was den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG eröffnet, der, wie die Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG zeigt, nur für (angezeigte) gemeinnützige und gewerbliche Sammlungen gilt.
57Nach den Definitionen des § 3 Abs. 15 und 18 KrWG liegt eine gewerbliche Sammlung vor.
58Gemäß § 3 Abs. 15 KrWG ist eine Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes das Einsammeln von Abfällen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da in O. Altpapier mittels Tonnen, Containern und in Bündeln erfasst (eingesammelt) wird. Als insoweit verantwortlicher Sammler (vgl. § 3 Abs. 10 KrWG) oder als Träger der Sammlung ist die Klägerin anzusehen, da sie, auch wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang operativ im Sinne von selbst sammelnd tätig ist, die Sammlung über den diesbezüglich mit der EGN geschlossenen Vertrag steuert.
59Nach § 3 Abs. 18 Satz 1 KrWG ist eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Da die Klägerin das eingesammelte Altpapier nachfolgend eigenverantwortlich verwertet oder verwerten lässt, indem sie für die Überlassung zur Verwertung Geld erhält, ist eine Einnahmeerzielung bezweckt.
60Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer gewerblichen Sammlung normiert das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht ausdrücklich und lassen sich ihm auch sonst nicht entnehmen.
61Der zum Sammlungsbegriff unter Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine gewerbliche Sammlung müsse sich von dauerhaften und festen Entsorgungsstrukturen eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten unterscheiden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, BVerwGE 134, 154,
63ist durch § 3 Abs. 18 Satz 2 KrWG die Grundlage entzogen. Mit Blick darauf steht der Annahme einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen, dass die Sammlung der Klägerin sich nicht von derjenigen unterscheidet, als noch ein Auftragsverhältnis mit der Stadt O. bestand, also im Ergebnis eine öffentlich-rechtliche Sammlung stattfand.
64Entgegen der Auffassung des Beklagten hängt die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Regelungszusammenhang der §§ 17, 18 KrWG ferner nicht von der ungeschriebenen Voraussetzung ab, dass für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen die Gewerblichkeit der Sammlung erkennbar sein muss. Ein solches einschränkendes Verständnis der nach ihrem Wortlaut klaren Definitionen kann auch mit Blick auf die Systematik (das Zusammenwirken) der zuvor genannten Vorschriften und deren Sinn und Zweck nicht angenommen werden.
65Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf die § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG Bezug nimmt, dient dazu, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG umfassend normierte Überlassungspflicht Rechnung zu tragen.
66Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f. (linke Spalte ab unten).
67Denn die Überlassungspflicht gilt grundsätzlich auch für getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen, was im Gesetzgebungsverfahren - vor allem wohl mit Blick auf die Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 35, Art. 106 Abs. 1 AEUV - zu Recht als "EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig" angesehen worden ist.
68Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (linke Spalte oben).
69Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unterstellt - suspendiert dabei ebenso wie die Nr. 3 die Überlassungspflicht in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Überlassungspflicht der privaten Haushaltungen selbst suspendiert, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG ihre Abfälle dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen haben, was an sich die Überlassung an einen gewerblichen Sammler ausschließt. Zum anderen wird jedoch auch die Überlassungspflicht der gewerblichen Sammler suspendiert, die nach dem Einsammeln von Abfällen aus privaten Haushaltungen ohne die Ausnahmeregelungen als Besitzer eben solcher Abfälle ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet wären.
70Den zuvor behandelten Vorschriften liegt offensichtlich das Verständnis eines (regelungsbedürftigen) Konkurrenzverhältnisses zwischen den mittels der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geschützten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einerseits und gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlern (Sammlungen) andererseits zugrunde. So wird in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien § 17 Abs. 3 KrWG, mit dem die öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG konkretisiert werden, als "Kollisionsklausel" bezeichnet; im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist von "relevanten Konkurrenzsituationen" die Rede.
71Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, vorletzter Absatz, und rechte Spalte, ebenfalls vorletzter Absatz).
72Mit Blick darauf sind die Ausnahmeregelungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG dahingehend zu verstehen, dass es auf jeden Fall eine vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unabhängige, d. h. eigenständig und eigenverantwortlich tätige Person sein muss, die sich mittels einer (gemeinnützigen oder gewerblichen) Sammlung in den Besitz der Abfälle bringt. Dies kommt im Übrigen auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck. Diese Regelungskonzeption erscheint zwar nicht zwingend, weil die eigentliche Konkurrenzsituation erst bei der Verwertung zum Tragen kommt und die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht davon abhängt, dass der (überlassungspflichtige) Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen sich gerade durch eine Sammlung in den Besitz der Abfälle gebracht hat. Andererseits erscheint es nicht verfehlt oder willkürlich, als Voraussetzung für eine Ausnahme von der Überlassungspflicht ein bestimmtes Tätigwerden, nämlich das Einsammeln von Abfällen (vgl. § 3 Abs. 15 KrWG), zu fordern.
73Hiernach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Begriff der gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG unter der (ungeschriebenen) einschränkenden Voraussetzung steht, dass die Gewerblichkeit für die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen erkennbar ist. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her als eine Schutzvorschrift nicht zuletzt für Gewerbetreibende ausgestaltet ist, die mit - werthaltigen - Abfällen im weiteren Sinne Handel treiben und dabei in ein Konkurrenzverhältnis zu den - durch die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG "geschützten" - öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern getreten sind oder treten wollen. Angesichts dessen liefe die Voraussetzung der Erkennbarkeit der Gewerblichkeit für Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf einen anderen, von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht bezweckten Schutz hinaus. Stellte man auf die Erkennbarkeit der Gewerblichkeit ab, würden zwar die Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in die Lage versetzt beurteilen zu können, ob sie gegebenenfalls an den "Richtigen" überlassen, d. h. entweder im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (gegebenenfalls in Gestalt eines von diesem beauftragten Dritten, § 22 Satz 1 KrWG) oder an einen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG tätigen gewerblichen Sammler. Einen solchen Schutz bezweckt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nach den vorstehenden Ausführungen jedoch nicht.
74Dem Vorliegen einer gewerblichen Sammlung der Klägerin im Sinne der §§ 17, 18 KrWG kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, sie erfolge im Auftrag (§ 22 Satz 1 KrWG) eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
75Insoweit ist zum einen festzustellen, dass § 22 Satz 1 KrWG auch eine Beauftragung hinsichtlich des (Ein-)Sammelns von Abfällen umfasst, auch wenn der Wortlaut nur auf Verwertung und Beseitigung abstellt. Damit gemeint und eingeschlossen sind auch sämtliche Vorbereitungshandlungen wie etwa das Einsammeln.
76Vgl. Frenz in: Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, § 22 KrWG Rn. 6, m. w. N.
77Zum anderen ist festzuhalten, dass "beauftragen" im Sinne der zuvor genannten Vorschrift nicht formalrechtlich als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag (§§ 662 ff. BGB) zu verstehen, sondern ein wie auch immer ausgestaltetes (vertragliches) Abstimmungsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem "Drittbeauftragten" gemeint ist, das die Erfüllung wenigstens einer der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten durch den "Drittbeauftragten" zum Gegenstand haben muss.
78Im Weiteren ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Auftragsverhältnis im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG hinsichtlich des Sammelns die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG ausschließt.
79Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der Definition der gewerblichen Sammlung in § 3 Abs. 18 KrWG, weil der dort genannte Zweck der Einnahmeerzielung auch im Fall eines Auftrags im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG vorliegen kann. Da diese Vorschrift, wie bereits erwähnt, nicht als Bezugnahme auf die Vorschriften über den (unentgeltlichen) Auftrag verstanden werden kann, dürfte es sich in der Regel bei den Aufträgen im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG um entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge handeln, welche von im Bereich der Abfallwirtschaft gewerblich tätigen Unternehmen im Wortsinne "zur Einnahmeerzielung" abgeschlossen werden. Soweit die Dritten auch mit der Verwertung "beauftragt" sind, kommt auch diesbezüglich eine Einnahmeerzielungsabsicht in Betracht, und zwar bereits bei der Sammlung.
80Dass die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG bei Bestehen eines das Sammeln betreffenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG ausgeschlossen ist, ergibt sich jedoch wiederum daraus, dass der Gesetzgeber, wie bereits erwähnt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1, § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ein (mögliches) Konkurrenzverhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und gewerblichen Sammlungen (Sammlern) regeln wollte. Dabei hat er, was sich insbesondere an § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG festmachen lässt, die Drittbeauftragten auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesehen. Wer jedoch auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger steht, kann nicht zugleich im Sinne einer gewerblichen Sammlung eigenständig und eigenverantwortlich tätig sein. In einem solchen Fall fehlt es gewissermaßen an dem vom Gesetzgeber angenommenen oder vorausgesetzten Konkurrenzverhältnis. Denn aufgrund des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besteht eine Verpflichtung zum Tätigwerden diesem gegenüber und stimmen die beiderseitigen Interessen überein.
81Dies vorausgeschickt lässt sich hier jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin im Auftrag der Stadt O. tätig ist - die Annahme eines (wirksamen) Auftragsverhältnisses mit dem Beklagten scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG hinsichtlich des Einsammelns von Abfällen in den kreisangehörigen Kommunen nicht als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger tätig ist. An die Annahme eines solchen Verhältnisses sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den im öffentlichen Interesse liegenden Grundsatz der Entsorgungssicherheit muss insbesondere klar erkennbar sein, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Dritten mit der Erfüllung bestimmter Pflichten beauftragt hat. Daran fehlt es hier.
82Aus dem - soweit ersichtlich fortbestehenden - Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt O. aus Juni 2000 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass die Klägerin gegenüber der Stadt auch oder gerade in Bezug auf Altpapier zum Einsammeln verpflichtet ist. Die Anlage 1 zum Vertrag, mit der die Vertragspflichten der Klägerin konkretisiert werden, spricht dagegen, weil unter dem Gliederungspunkt "I. Abfallsammlung und - beförderung" das Sammeln und Befördern von Altpapier gerade nicht genannt wird.
83Was den unter anderem die Sammlung von Altpapier betreffenden Vertrag aus Februar 1996 anbelangt, kann dieser ebenfalls nicht als Grundlage eines wirksamen und bestehenden Auftragsverhältnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG angesehen werden, da er jedenfalls seit Dezember 2010 (vorübergehend) ruhend gestellt ist. Bei den diesbezüglichen Erklärungen der Vertragsparteien handelt es sich im Übrigen nicht um nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksame Scheinerklärungen, da tatsächlich nicht mehr entsprechend dem Vertrag verfahren wird. Dies lässt sich daran festmachen, dass der Klägerin nach § 3 Nr. 1 des Vertrags für das Erfassen (Sammeln) des Altpapiers eine Vergütung zustünde, diese jedoch nicht mehr gezahlt wird. Dies ergibt sich daraus, dass entsprechende Kosten ab dem Jahr 2011 nicht mehr in der Abfallgebührenkalkulation der Stadt O. auftauchen.
84Der Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG steht ferner nicht entgegen, dass sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als sammle sie im Auftrag der Stadt O. - was nach den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung ausschlösse.
85Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Sammlung der Klägerin auf eine Art und Weise entstanden ist, die der Gesetzgeber (wohl) bei der Schaffung weder des § 3 Abs. 18 KrWG noch der §§ 17, 18 KrWG als typischen Fall vor Augen hatte. Den Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass Fallkonstellationen wie die vorliegende, in der eine vormals öffentlich-rechtliche, durch einen Drittbeauftragten durchgeführte Sammlung im Einvernehmen zwischen dem für das Einsammeln zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Drittbeauftragten vollständig durch eine gewerbliche Sammlung des (vormals) Drittbeauftragten ersetzt wird, im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben. Diese Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung führt jedoch nicht dazu, dass sich die Klägerin als beauftragte Dritte im Sinne von § 22 Satz 1 KrWG behandeln lassen muss und deshalb die Gewerblichkeit ihrer Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen ist. Eine solche Verfahrensweise stünde wiederum nicht damit in Einklang, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG vom Grundsatz her um eine Schutzvorschrift zugunsten gewerblicher Sammlungen handelt, um diese von der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG auszunehmen. Damit vertragen sich Einschränkungen bei dem Begriff der gewerblichen Sammlung nicht, die über § 22 KrWG hinaus aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich herrühren. So liegt die Besonderheit der Entstehung der klägerischen Sammlung hier nicht in oder an der Sammlung selbst oder ihrer Gewerblichkeit im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG, sondern darin, dass die Stadt O. ihre öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit, was getrennt gehaltenes Altpapier anbelangt, spätestens im Dezember 2010 eingestellt hat, indem das vormals in Gestalt des Vertrages aus Februar 1996 bestehende Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Dies kann wertungsmäßig jedoch nicht dazu führen, dass die Klägerin als Drittbeauftragte behandelt oder angesehen und damit die Gewerblichkeit ihrer Sammlung verneint wird. Berührt das Verhalten der Stadt O. öffentliche (Entsorgungs-)Interessen, ist diesen gegebenenfalls im Rahmen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG Rechnung zu tragen. Steht das Verhalten der Stadt O. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa mit § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG oder § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG, nicht in Einklang, müssen erforderlichenfalls Maßnahmen gegenüber der Stadt O. ergriffen werden. Beides rechtfertigt indes nicht, eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG dadurch auszuschließen, dass zulasten der Klägerin ein Auftragsverhältnis angenommen wird. Das Vorstehende gilt entsprechend, wenn man davon ausgeht, dass die Stadt O. mit dem nach § 22 Satz 1 KrWG an sich zulässigen Mittel der Drittbeauftragung im Bereich der Altpapierentsorgung in einer derart "flexiblen" Art und Weise umgeht, die von der genannten Vorschrift nicht mehr gedeckt ist.
86Die Annahme einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG und damit die Anwendung des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG scheitert schließlich auch nicht daran, dass der Sammlung der Klägerin die Schutzwürdigkeit fehlt, weil sie entgegen der zuvor geschilderten Grundannahme des Gesetzgebers weder in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestanden hat noch steht, sondern in gewisser Weise sogar von der Überlassungspflicht profitiert hat. Denn jedenfalls bis Mitte des Jahres 2008 haben die Erzeuger und Besitzer von Altpapier aus privaten Haushaltungen dieses - in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, dem der heutige § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht, und mit § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG - der im Auftrag der Stadt O. sammelnden Klägerin, d. h. der für diese im Wesentlichen tätigen EGN, zur Verfügung gestellt, was im Ergebnis diese Sammlung "etabliert" und dazu beigetragen hat, dass die Klägerin ab September 2008 praktisch konkurrenzlos "gewerblich" (weiter-)sammeln konnte. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, deswegen das Vorliegen einer gewerblichen Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG zu verneinen. Es fehlt rechtssystematisch an einer planwidrigen Regelungslücke, die gerade durch eine solchermaßen einschränkende Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung zu schließen ist.
87Der zuvor dargestellten Regelungskonzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegt vom Grundsatz her die Annahme zugrunde, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Entsorgungspflichten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG wahrnehmen und diesen nachkommen, was einschließt, dass sie - vorbehaltlich des Eingreifens einer Ausnahmeregelung - die ihnen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG zu überlassenden - und nachfolgend von ihnen zu entsorgenden (verwertenden) - Abfälle auch in Besitz nehmen. Diese Annahme ist erst recht im Hinblick auf (in aller Regel werthaltige) getrennt gehaltene und zu sammelnde Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen berechtigt. Insoweit haben und verfolgen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger über die Erfüllung der Pflichten hinaus, die ihnen im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung von Entsorgungssicherheit übertragen worden sind, auch im weiteren Sinne wirtschaftliche Interessen, weil mit den genannten Abfällen bei der Verwertung Erlöse zu erzielen sind. Diese Grundannahmen schließen das Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zu gewerblichen Sammlungen ein, die typischerweise ebenfalls auf getrennt gehaltene und zu sammelnde (werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen zugreifen oder zugreifen wollen.
88Es kann aber auch Konstellationen - wie die hier vorliegende - geben, in denen innerhalb einer Gebietskörperschaft zwei öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger neben- oder besser hintereinander tätig sind, deren Interessen jedenfalls hinsichtlich der Entsorgung von bestimmten (werthaltigen) Abfällen aus privaten Haushaltungen durchaus differieren können mit der Folge, dass nicht immer für beide ein Konkurrenzverhältnis zu einer gewerblichen Sammlung besteht. So obliegt in Nordrhein-Westfalen nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG den kreisangehörigen Kommunen das Einsammeln der in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle, weiterhin die Beförderung zu den Abfallentsorgungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit diese vom Kreis oder in dessen Auftrag betrieben werden. Erst daran anschließend tritt die Zuständigkeit des Kreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 und 2 LAbfG ein, der insbesondere für die Verwertung zuständig ist. Diese Konstellation beinhaltet die Gefahr von - im weiteren Sinne wirtschaftlichen oder finanziellen - Interessenkonflikten zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, weil die kreisangehörigen Kommunen die Einsammlungs- und Transportkosten des Altpapiers zu tragen haben, jedoch nicht unmittelbar von etwaigen Erlösen aus der Verwertung der Abfälle profitieren. Dieser Interessenkonflikt hat vorliegend dazu geführt, dass im Gebiet des Beklagten einzelne kreisangehörige Kommunen Altpapier als "werthaltigen" Abfall aus privaten Haushaltungen nicht mehr einsammeln und dementsprechend auch eine Beförderung zu den im Auftrag des Beklagten betriebenen Anlagen entfällt, jedenfalls aber eine Überlassung an den Beklagten nicht mehr stattfindet. Dieser Interessenkonflikt ist weiterhin dafür verantwortlich, dass sich die Sammlung der Klägerin - wie oben aufgezeigt - konkurrenzlos durchsetzen konnte, weil die Stadt O. ab September 2008 jedenfalls faktisch ihre Entsorgungstätigkeiten - mit Blick auf die (beabsichtigte) gewerbliche Sammlung der Klägerin - eingestellt hat.
89Der Umstand, dass danach die Grundannahmen des Gesetzgebers nicht in allen Fällen zutreffen, rechtfertigt jedoch selbst dann, wenn man einen daraus folgenden Regelungsbedarf annimmt, nicht, gerade den Begriff der gewerblichen Sammlung einschränkend auszulegen. Da Konstellationen wie die zuvor dargelegte und hier vorliegende aus einem Interessenkonflikt zwischen mehreren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern untereinander resultiert, besteht keine Veranlassung, daraus Einschränkungen des Begriffs der gewerblichen Sammlung abzuleiten, mit dem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet wird oder werden soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass etwaigen Regelungsdefiziten im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG hinreichend Rechnung getragen werden kann.
90Ist danach von einer gewerblichen Sammlung sowohl im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG als auch der §§ 17, 18 KrWG auszugehen, kann deren Untersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG allerdings nicht damit begründet werden, dass es an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG mangelt.
91Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung des von der Klägerin eingesammelten Altpapiers die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt.
92Soweit § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Vereinbarkeit der Verwertung mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes fordert, kann hier nicht damit argumentiert werden, dass ein Verstoß gegen die Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 1 KrWG vorliegt. Dies liefe auf einen unzulässigen Zirkelschluss hinaus. Da § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG - wie ausgeführt - gerade eine Ausnahme von der Überlassungspflicht begründet, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht im Rahmen der Prüfung einer dieser Voraussetzungen, nämlich der ordnungsgemäßen Verwertung, auf die entgegenstehende Überlassungspflicht abgestellt werden.
93Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang steht. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung "ordnungswidrig" machen.
94In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, dass die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz diene.
95Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
96§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe.
97Vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
98Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, dass jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung besteht, zur "Ordnungswidrigkeit" der Verwertung führt. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können.
99So auch Frenz, a. a. O., § 7 KrWG Rn. 84, m. w. N.
100Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen.
101Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die vom Beklagten geltend gemachten, aus dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem grundsätzlich zur Sammlung verpflichteten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt O. ) resultierenden etwaigen vergabe-, wettbewerbs-, kommunalabgaben- und steuerrechtlichen Verstöße, sämtlich als gegeben unterstellt, nicht dazu führen, dass die Verwertung als nicht ordnungsgemäß anzusehen ist. Die (unterstellten) Verstöße haben weder einen hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang noch ist ein Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten erkennbar. Im Übrigen erschließt sich weder, dass es sich bei den vom Beklagten ausgemachten Verstößen um solche der Klägerin handelt oder handeln soll, noch ist ersichtlich, dass sich die Klägerin im hier in Rede stehenden Kontext entsprechende Verstöße der Stadt O. zurechnen lassen müsste.
102Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen ferner keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegen, die auf der Grundlage von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung rechtfertigen.
103Was den Maßstab bei der Prüfung (überwiegender) öffentlicher Interessen anbelangt, ist eine eher strenge Beurteilung geboten.
104Ausgangspunkt für die Bestimmung (überwiegender) öffentlicher Interessen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Begriff der Gefährdung der Funktionsfähigkeit, und zwar des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, eines von diesem beauftragten Dritten oder eines Rücknahmesystems. Das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit wird hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und eines von diesem beauftragten Dritten durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG weiter dahingehend definiert oder konkretisiert, dass eine solche Gefährdung gegeben ist, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird (erste Alternative) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (zweite Alternative). Die zweite Alternative wird sodann allein im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten (Regel-)Beispiele weiter konkretisiert. Angesichts dieser Regelungssystematik leitet sich der Beurteilungsmaßstab vor allem aus der Wortwahl in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG ab, die auf eine Gefährdung (der Funktionsfähigkeit), eine Verhinderung (der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen) und eine wesentliche Beeinträchtigung (der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) abstellt. Zudem korrespondiert diese Einschätzung damit, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz Beeinträchtigungen, welche die Funktionsfähigkeit nicht in Frage stellen, hinzunehmen sind.
105Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87.
106Die zuvor geäußerte Einschätzung oder Wertung gilt auch in Ansehung der Regelbeispiele des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Diese gehen auf einen im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
107Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419).
108Aus der Begründung für diesen Änderungsantrag ergibt sich nicht, dass die Regelbeispiele den Ausgangspunkt des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, die (überwiegenden) öffentlichen Interessen unter anderem über die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen, oder aber den durch § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG vorgegebenen Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in Frage stellen sollten. Vielmehr haben die Regelbeispiele auch nach der Begründung des Änderungsantrags die Funktion, das Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu konkretisieren. Zwar erschließt sich nicht ohne weiteres, ob bei der mit den Regelbeispielen vorgenommenen Konkretisierung dem übergeordneten Merkmal der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG jeweils hinreichend Rechnung getragen wurde. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, weil dadurch nicht in Frage gestellt wird, dass nach den vorstehenden Ausführungen bei der Prüfung überwiegender öffentlicher Interessen ein eher strenger Maßstab anzulegen ist.
109Diese Einschätzung erweist sich auch in Ansehung der übrigen Begründung in den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien als zutreffend. So ergibt sich aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, dass die "kommunalen Überlassungspflichten" als EU-rechtlich rechtfertigungsbedürftig angesehen worden sind und als Rechtfertigungsgrund unter anderem auf Art. 106 Abs. 2 AEUV abgestellt worden ist. Diese Vorschrift stellt als Maßstab auf die rechtliche oder tatsächliche Verhinderung der Erfüllung von übertragenen besonderen Aufgaben ab. Dieser Maßstab stimmt im Wesentlichen sowohl mit der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG genannten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers überein, wenn man darunter, was der Wortlaut nahelegt, auch die Gefahr einer Existenzvernichtung versteht, als auch mit der in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG genannten Verhinderung der Erfüllung von Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Ferner dient nach der Begründung des Änderungsantrags gerade das Merkmal oder der Maßstab der wesentlichen Beeinträchtigung in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG dazu, sich "innerhalb der EU-rechtlichen Grenzen" zu bewegen.
110Das Erfordernis eines eher strengen Maßstabs ergibt sich schließlich auch aus nationalen Verhältnismäßigkeitserwägungen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Sammel- und Verwertungstätigkeit der Klägerin vom Grundsatz her - die für die Auslegung der §§ 17, 18 KrWG unerhebliche Besonderheit ausgeklammert, dass es sich bei der Klägerin um ein von der öffentlichen Hand beherrschtes Unternehmen handelt - um eine zulässige, vom Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 GG umfasste (gewerbliche) Tätigkeit handelt. Sieht man den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst an,
111vgl. in diesem Sinne Bay. VGH, Beschlüsse vom 2. Mai 2013 - 20 AS 13.700 - und - 20 AS13.771 -, jeweils juris,
112ist auch dieses Grundrecht tangiert, weil sich die angefochtene Untersagungsverfügung zugleich als partielle (räumlich beschränkte) Gewerbeuntersagung darstellt.
113Dass die Betätigung der Klägerin grundrechtlichen Schutz genießt, heißt nicht, dass eine Beschränkung ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 12 GG reichen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus, um eine Einschränkung zu rechtfertigen, weil lediglich eine Berufsausübungsregelung in Rede steht.
114Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.
115Als eine vom Grundsatz her zulässige Beschränkung stellt sich die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG geregelte Überlassungspflicht dar, da sie nicht um ihrer selbst Willen angeordnet oder geschützt ist, sondern weil mit ihr vom Grundsatz her legitime öffentliche Interessen verfolgt werden.
116Die Überlassungspflicht rührt bereits aus Zeiten her, als die Abfallentsorgung als grundsätzlich öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und des Gesundheits- und Umweltschutzes angesehen wurde.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143.
118Sie wurde erstmals in § 3 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873) gesetzlich normiert und diente dazu, die Abfallbeseitigungspflicht der Gemeinden (und anderen Gebietskörperschaften) dadurch abzusichern, dass auch den Abfallbesitzern eine Verpflichtung auferlegt wurde, eben die der Überlassung (an den Beseitigungspflichtigen).
119Vgl. BT-Drucks. 6/3154, S. 2 f.
120Das tradierte Verständnis der öffentlich-rechtlichen Entsorgung jedenfalls von Haushaltsabfällen lag auch dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugrunde. Mit der damit im Zusammenhang stehenden Überlassungspflicht wollte der Gesetzgeber eine ordnungsgemäße, schadlose und damit umweltverträgliche Abfallentsorgung sichergestellt sehen.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1994- 7 C 25.93 -, a. a. O.
122Dieses Grundverständnis der Überlassungspflicht liegt auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde, was sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt. Dieser verweist auf das Prinzip der Daseinsvorsorge, um die Überlassungspflicht zu begründen, welche eine Ausnahme vom Verursacherprinzip darstellt, von dem das Kreislaufwirtschaftsgesetz als Grundkonzeption ausgeht; ferner ist im Hinblick auf die Entsorgungsaufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers davon die Rede, dass eine wirtschaftlich tragfähige Erfüllung dieser Aufgabe nur durch eine kongruente Überlassungspflicht abgesichert werden könne.
123Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
124Allerdings ist der Gesetzgeber (des Kreislaufwirtschaftsgesetzes) selbst davon ausgegangen, dass die Überlassungspflicht, insbesondere im Hinblick auf getrennt gesammelte oder erfasste (in der Regel werthaltige) Abfälle aus privaten Haushaltungen, nicht in jedem Fall erforderlich ist, was die dezidierten Regelungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 KrWG zeigen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als nach der Begründung des Gesetzentwurfs befürchtet worden ist, dass ohne "kongruente" Überlassungspflicht die Abfallmengen und vorzuhaltenden Entsorgungskapazitäten für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht mehr berechenbar sind und dieser in seiner Planungs- und Funktionsfähigkeit im Kern gefährdet ist.
125Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 85.
126Jedenfalls rechtfertigen die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG normierten Ausnahmen den Schluss, dass nicht in allen Bereichen der Abfallentsorgung aus Gründen der Daseinsvorsorge eine öffentlich-rechtliche Entsorgung stattfinden muss und sich dementsprechend auch die Überlassungspflicht nicht in jeden Fall "durchsetzen" muss. Von daher reicht die Feststellung allein, dass die Überlassungspflicht grundsätzlich von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird, nicht (mehr) aus, um zugleich eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung anzunehmen. Angesichts der vom Gesetzgeber normierten Ausnahmen, die, was sich im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergibt, gerade den hier in Rede stehenden Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen betreffen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überlassungspflicht in jedem Einzelfall rechtfertigungsbedürftig ist. Dies beurteilt sich entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG danach, ob überwiegende öffentliche Interessen die (Durchsetzung der) Überlassungspflicht erfordern, was aus den vorstehenden Gründen anhand eines strengen Maßstabs zu beurteilen ist. Etwas anderes erschiene zudem wertungswidersprüchlich, weil im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit Blick auf EU-rechtliche Vorgaben angenommene Rechtfertigungsbedürftigkeit der Überlassungspflicht kein anderer Maßstab gelten kann als für die Rechtfertigung eines Eingriffs in eine grundrechtlich geschützte Betätigung.
127Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG entgegenstehen.
128Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stellt für das Vorliegen entgegenstehender (überwiegender) öffentlicher Interessen auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit ab.
129Im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG ist die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung als eine Konstellation angesehen worden, in der überwiegende öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift bestehen,
130vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C9.05 -, BVerwGE 125, 337,
131ohne dass jedoch näher bestimmt worden ist, was im Einzelnen unter Gefährdung der Funktionsfähigkeit zu verstehen ist. Mit Sicherheit wird dieses Merkmal erfüllt sein, wenn die Existenz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Sinne der errichteten Infrastruktur (vollständig) in Frage steht.
132Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 ("Planungs- und Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Kern gefährdet").
133Darauf beschränkt sich der Begriff jedoch nicht. Vielmehr sind in der zuletzt zitierten Entscheidung weitere Fallgestaltungen angesprochen, die nunmehr ihren Niederschlag in § 17 Abs. 3 KrWG gefunden haben. Deshalb ist davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an der zuvor zitierten Rechtsprechung (zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) orientiert hat. Dementsprechend handelt es sich bei der Begrifflichkeit "Gefährdung der Funktionsfähigkeit" in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Wesentlichen lediglich um einen Oberbegriff, mit dem die Fallkonstellationen angesprochen oder erfasst werden sollen, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen.
134Hiervon ausgehend kann zunächst nicht festgestellt werden, dass der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen deshalb entgegenstehen, weil eines der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG bezeichneten Rücknahmesysteme in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wird.
135Zunächst erscheint es schlüssig, überwiegende öffentliche Interessen an der Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Rücknahmesystems festzumachen, weil ein solches System von seiner Funktion her durchaus als einem öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungssystem vergleichbar angesehen werden kann. Von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems ist auszugehen, wenn durch die gewerbliche Sammlung eine Erfüllung der dem System vorgegebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert wird.
136Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, dritter Absatz); siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 7 C 9.05 -, a. a. O., und OVG Hbg., Beschluss vom 8. Juli 2008 - 1 Bs 91/08 -, NVwZ 2008, 1133.
137Für solche Auswirkungen der Sammlung ist hier nichts ersichtlich.
138Der Beklagte geht selbst davon aus, dass vertragliche Vereinbarungen der in O. faktisch das Einsammeln des Altpapiers besorgenden EGN mit der DSD und den übrigen Systembetreibern hinsichtlich der Sammlung von der PPK-Fraktion zuzurechnenden Verkaufsverpackungen im Gebiet der Stadt O. bestehen. Weiterhin geht der Beklagte davon aus, dass die EGN den Systembetreibern Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen erteilt oder erteilen kann, welche die Systembetreiber für ihre Nachweispflichten nach der Verpackungsverordnung benötigen. Hiervon ausgehend spricht nichts dafür, dass die von den Systembetreibern zu erfüllenden Erfassungs- und Verwertungsquoten in Frage stehen und deshalb das System gefährdet ist.
139Der Umstand, dass die bestehenden Verträge der EGN mit den Systembetreibern noch davon ausgehen, dass in O. eine kommunale Altpapiersammlung stattfindet, gibt nichts dafür her, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht erfüllt werden (können). Da die Sammlung lediglich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt wurde, sich jedoch weder die Stellung der EGN als Beauftragte der Klägerin noch der Vorgang des Einsammelns des Altpapiers selbst geändert haben, spricht nichts für eine Beeinflussung der Erfassungs- und Verwertungsquoten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Quoten in der Zeit der kommunalen Sammlung nicht eingehalten wurden, liegen nicht vor. Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass die von der EGN auszustellenden Bestätigungen hinsichtlich der erfassten und verwerteten Mengen zweifelhaft erscheinen.
140Zwar mag davon auszugehen sein, dass die rechtliche Neukonstruktion der Sammlung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt O. auch die Geschäftsgrundlage der Verträge der EGN mit den Systembetreibern berührt. Dies führt jedoch mit Blick auf § 313 BGB nicht zu einer Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Verträge, sondern begründet (lediglich) einen Anpassungsbedarf. Entsprechendes gilt, wenn man mit dem Beklagten einen Anpassungsbedarf auch deshalb bejaht, weil die vertraglichen Vereinbarungen eine Zahlungsverpflichtung der Systembetreiber gegenüber der EGN für die Erfassung und Entsorgung der Verkaufsverpackungen vorsehen, was mit Blick auf die derzeit bei der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse nicht mehr interessengerecht erscheinen mag. Dafür, dass eine Anpassung hier nicht möglich ist, spricht nichts, zumal der Beklagte selbst darauf hinweist, dass die EGN und die Systembetreiber weiter auf der Grundlage der bestehenden Verträge verfahren - was unschwer möglich ist, weil sich das tatsächliche Sammlungsgeschehen nicht geändert hat. Jedenfalls führt der Anpassungsbedarf nicht dazu, dass das Rücknahmesystem als solches, wie es in § 6 Abs. 3 VerpackV beschrieben ist, in der Weise in Frage steht, dass vorgeschriebene Erfassungs- und Verwertungsquoten nicht mehr erreicht werden.
141Dementsprechend ist ferner nicht ersichtlich, dass hier ein auf PPK-Verpackungen bezogener Widerruf der Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV, der möglicherweise ebenfalls als ein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu qualifizieren ist, im Raum steht. Ein solcher Widerruf droht hier auch nicht deshalb, weil es an einer Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV fehlt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VerpackV kommt ein Widerruf lediglich bei Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen in Betracht, nicht jedoch auch dann, wenn die Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV auf der Grundlage der gemeinsamen Erfassung von PPK-Verkaufsverpackungen und sonstigem Altpapier über eine öffentlich-rechtliche Sammlung erfolgt ist, was die Abstimmung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV einschließt, und sich dieses System nachträglich dadurch ändert, dass - wie hier - die Erfassung nicht mehr über eine öffentlich-rechtliche Sammlung vorgenommen wird. Unabhängig davon fehlt es hier bezogen auf Altpapier an einem vorhandenen Sammelsystem eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV, weil die Stadt O. als für das Einsammeln zuständiger Entsorgungsträger ihre Tätigkeit betreffend Altpapier eingestellt hat.
142Das Vorliegen einer Systemgefährdung kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Verpackungsverordnung den Fall der Erfassung von Verkaufsverpackungen ausschließlich durch eine nicht-öffentlich-rechtliche (gewerbliche) Sammlung nicht vorsieht. Das (Rücknahme- oder Erfassungs-)System wird wesentlich über die in § 6 Abs. 3 VerpackV genannten Anforderungen definiert. Diese Vorschrift gibt nichts dafür her, was ein ausschließlich nicht-öffentlich-rechtliches Erfassen und Sammeln ausschließt. Entsprechendes gilt für § 6 Abs. 4 VerpackV. Zwar liegt der Vorschrift offensichtlich die Vorstellung oder der Wunsch zugrunde, es möge auf jeden Fall zu einem quasi gemeinsamen (abgestimmten) System von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und Systembetreibern kommen. Zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Systems im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV ist dies jedoch nicht. Funktioniert - wie hier - ein "alternatives" System in dem Sinne, dass die Erfassungs- und Verwertungsquoten eingehalten oder erreicht werden, kann daraus kein Fall der Systemgefährdung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG konstruiert werden.
143Überwiegende öffentliche Interessen stehen der gewerblichen Sammlung der Klägerin ferner nicht deshalb entgegen, weil die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten gefährdet ist.
144Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG auch (eigenständig) auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit eines beauftragten Dritten abstellt. Dies beruht offensichtlich auf der Überlegung, dass in den Fällen der Drittbeauftragung die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers darstellt oder bewirkt. Dies ist schlüssig, weil die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung, wenn sie mittels einer Drittbeauftragung organisiert und sichergestellt ist, in Frage steht, wenn die Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten gefährdet wird. Dementsprechend kann vorliegend dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des beauftragten Dritten im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Rechnung getragen werden, wenn und soweit dieser sich für eine Drittbeauftragung entschieden hat. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, der ebenfalls eigenständig auch auf den beauftragten Dritten abstellt.
145Wann eine Funktionsgefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, bestimmt sich nach den beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen. Insoweit handelt es sich um jeweils zu prüfende eigenständige "Schutzobjekte".
146Vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 43.
147Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in seiner Existenz gefährdet wird. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Fall unter eine der beiden in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten Alternativen gefasst werden kann oder ob er - vorgelagert ("vor der Klammer") - bereits unter § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG fällt. Denn Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen nicht vor.
148Dabei ist nach den vorstehenden Ausführungen zugrundezulegen, dass der Gesetzgeber bei sämtlichen die Funktionsfähigkeit betreffenden Regelungen oder Konkretisierungen in § 17 Abs. 3 KrWG davon ausgegangen ist, Fallkonstellationen zu regeln, in denen sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Funktion befindet in dem Sinne, dass eine öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stattfindet und sich eine gewerbliche (oder gemeinnützige) Sammlung daneben etabliert hat oder etablieren will. Dies lässt sich insbesondere auch daran festmachen, dass in den Gesetzesmaterialien - wie oben ausgeführt - auf Konkurrenzsituationen abgestellt wird. Dementsprechend soll § 17 Abs. 3 KrWG insbesondere eine funktionierende öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung schützen.
149Dies vorausgeschickt hat der Beklagte nichts dafür vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung insgesamt oder zumindest bezogen auf die Abfallart Altpapier in ihrer Existenz gefährdet ist.
150Dies gilt zunächst für die Entsorgung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Abfälle. Diesbezüglich ist die öffentlich-rechtliche Entsorgung im gesamten Kreisgebiet offensichtlich reibungslos "in Funktion", d. h. es findet keine Beeinträchtigung durch die Sammlung der Klägerin statt. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Altpapiers in und aus denjenigen kreisangehörigen Kommunen, die Altpapier (öffentlich-rechtlich) über Drittbeauftragte erfassen (sammeln lassen) und es dem Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, dem nach § 5 Abs. 1 LAbfG die Verwertung obliegt, überlassen. Insoweit funktioniert die Verwertung, bei der sich der Beklagte der EGN und der X. als Drittbeauftragte bedient, ebenfalls offensichtlich reibungslos. Es ist auch weder vom Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Tätigkeit der X. als Drittbeauftragte deshalb in Frage gestellt ist und zukünftig in Frage steht, weil aufgrund der Sammlung der Klägerin die X. kein Altpapier aus O. verwerten kann. Entsprechendes gilt hinsichtlich der anderen kreisangehörigen Kommunen, die ihr Altpapier nicht über den Beklagten und die von diesem drittbeauftragte X. verwerten (lassen). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die X. gerade in Ansehung dessen ein Auftragsverhältnis gemäß § 22 Satz 1 KrWG mit dem oder zum Beklagten begründet hat, dass dieser die Verwertung von Altpapier aus Kommunen ausgeschrieben hatte, die ihm überhaupt kein Altpapier überließen, und es angesichts der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der vom Beklagten verfügten Sammlungsuntersagungen auch nicht absehbar war, dass sich daran zukünftig etwas ändert.
151Was Altpapier aus O. anbelangt, ist die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung dagegen außer Funktion. Die Stadt O. als nach § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG für das Einsammeln und Befördern zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat ihre Tätigkeit sowohl faktisch ab Mitte September 2008, als sie die Klägerin "gewerblich" sammeln ließ, als auch rechtlich jedenfalls ab Dezember 2010 eingestellt, indem das Auftragsverhältnis mit der Klägerin (vorübergehend) ruhend gestellt worden ist. Damit hat sie auch die öffentlich-rechtliche Verwertung des Altpapiers aus O. außer Funktion gesetzt, weil bereits mangels öffentlich-rechtlicher Erfassung (Sammlung) des Altpapiers der Stadt O. kein solches mehr zur Verfügung stand und steht, um es dem Beklagten zur Verwertung zu überlassen.
152Die zuvor beschriebene Konstellation rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es liege ein Fall der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne einer Existenzgefährdung oder sogar Existenzvernichtung vor, dem mittels Durchsetzung der Überlassungspflicht gegenüber einer gewerblichen Sammlung Rechnung zu tragen ist. Dies käme möglicherweise in Betracht, wenn gerade eine gewerbliche Sammlung zur Existenzvernichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgung geführt hätte, indem die gewerbliche Sammlung mit der öffentlich-rechtlichen Erfassung (Sammlung) konkurriert und letztere vollständig verdrängt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit jedenfalls auf der maßgeblichen Ebene des Erfassens (Sammelns) seitens der Stadt O. freiwillig eingestellt wurde. Daran anschließend erschiene es wertungswidersprüchlich, wenn im Fall der freiwilligen Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit einer gewerblichen Sammlung, welche die Entsorgung anderweitig sicherstellt, überwiegende öffentliche Interessen entgegengehalten werden könnten mit der Begründung, die öffentlich-rechtliche Entsorgung sei in ihrer Funktion, d. h. in ihrer Existenz gefährdet. Denn die freiwillige Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit und die fehlende Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme indizieren, dass aus Gründen der Daseinsvorsorge die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit insoweit nicht erforderlich ist, was zugleich der Überlassungspflicht die Rechtfertigung nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entsorgungssicherheit in Frage stellende Lücken nicht auftreten, weil die gewerbliche Sammlung die Entsorgung- wie hier - flächendeckend sicherstellt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt O. nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG, § 5 Abs. 2 1. Spiegelstrich, Abs. 6 Satz 1 LAbfG zum Einsammeln und Befördern des Altpapiers verpflichtet war und ist. Die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG geht offensichtlich nicht dahin, einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger faktisch zur Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit zu bewegen.
153Ähnliches gilt im Hinblick auf den Beklagten in seiner Funktion als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Zwar hat sich dieser, was die Verwertung von Altpapier aus O. anbelangt, nicht freiwillig außer Funktion gesetzt, sondern die Funktionslosigkeit beruht unmittelbar auf der Einstellung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit durch die Stadt O. . Abgesehen davon, dass nach der Gesetzeskonzeption - wie zuvor ausgeführt - im hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang des Verhältnisses von Überlassungspflicht und gewerblichen Sammlungen die Ebene des (Ein-)Sammelns maßgeblich ist oder sein soll, geht die Schutzrichtung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2, Abs. 3 KrWG auch nicht dahin, hier offen zutage getretene Interessenkonflikte zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu lösen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Entsorgung des Altpapiers flächendeckend durch die gewerbliche Sammlung sichergestellt ist. Dafür, dass dies gegenwärtig oder prognostisch in absehbarer Zukunft nicht der Fall ist, hat der Beklagte nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte es jedenfalls bis zu den März 2010 vorgenommenen Anhörungen hinsichtlich einzelner Kommunen (etwa der Stadt L1. ) langjährig und hinsichtlich der Stadt O. ab September 2008 geduldet oder hingenommen hat, dass ihm kein Altpapier zur Verwertung überlassen wird, was ebenfalls indiziert, dass eine unter den Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge und der Entsorgungssicherheit notwendige Entsorgung (Verwertung) gerade durch den an sich zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht besteht.
154Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter den in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG genannten beiden Gesichtspunkten vorliegt.
155Für eine Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) ist nichts ersichtlich.
156Die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Begrifflichkeit "wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen" erweist sich in dem hier gegebenen Kontext der Rechtfertigung der Pflicht zur Überlassung von Abfällen an einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund eines (überwiegenden) öffentlichen Interesses als schwierig. Wird ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Rahmen der aus Gründen der Daseinsvorsorge gebotenen Aufgabe der Abfallentsorgung tätig, handelt er in erster Linie zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht. Darin liegt der Hauptzweck seines Tätigwerdens, was wirtschaftliche Erwägungen bei der Aufgabenerfüllung zwar nicht ausschließt (vgl. etwa § 7 Abs. 4 KrWG), jedoch der Annahme entgegensteht, die Wirtschaftlichkeit sei bestimmend für die Aufgabenerfüllung. Dies lässt sich unter anderem daran festmachen, dass die Abfallentsorgung insgesamt für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufgrund der vorgegebenen Entsorgungsstandards ein "Zuschussgeschäft" ist, also eine wirtschaftliche Ausgewogenheit im Sinne eines wenigstens kostendeckenden Tätigwerdens von vornherein ausscheidet. Eine solche Ausgewogenheit ließe sich im Übrigen selbst dann nicht erreichen, wenn sämtliche getrennt gehaltenen und gesammelten "werthaltigen" Abfälle, aus deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) erzielt werden können, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen würden. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch nicht gezwungen, die Kosten der Abfallentsorgung irgendwie im Wirtschaftsverkehr, d. h. durch anderweitige wirtschaftliche Tätigkeiten zu refinanzieren, sondern die Aufgabenerfüllung ist über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren abgesichert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, was genau mit "wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen" im Hinblick auf die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Entsorgungspflichten gemeint ist.
157Den Gesetzesmaterialien lassen sich insoweit keine weitergehenden Anhaltspunkte oder Hinweise entnehmen. Zwar wird betont, dass mit den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen die Belastungsschwelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers präzisiert werde und Maßstab für die Funktionsfähigkeit die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht aller Haushaltsabfälle sei.
158Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (linke Spalte, letzter Absatz).
159Dies hilft jedoch nicht weiter, weil sich die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht an den materiellen Anforderungen an die Abfallentsorgung auszurichten hat und nach den vorstehenden Ausführungen nicht wirtschaftlich ausgewogen im Sinne von wenigstens kostendeckend betrieben werden kann. Von daher erschließt sich nicht, welche "Belastungsschwelle" gemeint sein könnte, die über das Merkmal der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen vollzugsfähig präzisiert werden könnte.
160Es hilft ferner nicht weiter, dass sich der Gesetzgeber jedenfalls nach den zuvor zitierten Gesetzesmaterialien an europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag) orientieren wollte. Die diesbezüglich in den Materialien zitierten beiden Entscheidungen
161- EuGH, Urteile vom 15. November 2007- C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911, und vom 17. Mai 2001 - C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109 -
162konkretisieren ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hinreichend, was im Einzelnen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu verstehen ist. Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen gehört, führt das hier nicht weiter. Dies bezieht sich nämlich auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf.
163Vgl. in diesem Sinne auch EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 - C-320/91 -, Slg. 1993, I-2563.
164Gerade der Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen trifft auf einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedoch nur bedingt zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation auch von derjenigen in der zuletzt zitierten Entscheidung, in welcher dem dortigen Unternehmen vorgegeben war, bestimmte Leistungen zu einheitlichen (teilweise nicht kostendeckenden) Gebühren zu erbringen. Aber auch wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger- unter Ausblendung der vollständigen Refinanzierungsmöglichkeit über Gebühren - wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansieht, kann aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den vorstehenden Ausführungen nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genießen würde. Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung der Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Kostendeckung erreicht würde.
165Dies vorausgeschickt kann sich der Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm oder der Stadt O. angesichts des ausbleibenden Altpapiers aus O. die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung genommen wird. Rein wirtschaftlich gesehen, d. h. unter Ausblendung von Gebührenaspekten, bringt die Verwertung von Altpapier dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger keinen (wirtschaftlichen) Vorteil, weil er die Erlöse aus der Verwertung - kostenbereinigt - an die kreisangehörigen Kommunen weiterreicht, d. h. auf Kreisebene findet eine "Quersubventionierung" im Sinne eines Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen ohnehin nicht statt. Im Übrigen erschließt sich nicht, was auf dieser Ebene wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen sein sollten, wenn die theoretisch erzielbaren Einnahmen aus der Verwertung sämtlichen im Kreisgebiet anfallenden Altpapiers auch nicht ansatzweise ausreichen, um die Kosten der Abfallentsorgung im Übrigen zu decken. Was die Stadt O. anbelangt, kann ohnehin nicht mit wirtschaftlichen Aspekten argumentiert werden, weil dieser lediglich unrentable Tätigkeitsbereiche obliegen (Einsammeln und Befördern des Altpapiers sowie des übrigen Abfalls). Der Umstand, dass die Stadt O. diesen Tätigkeitsbereich praktisch aufgegeben hat und damit Kosten einspart, indiziert im Übrigen, dass sie diesen Weg auch in Ansehung der Praxis des Beklagten, Erlöse aus Verwertung von Altpapier an die Kommunen weiterzureichen, anscheinend für wirtschaftlich(er) hält. Dies gilt hier auf jeden Fall deshalb, weil die Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers bei ihrem Tochterunternehmen, der Klägerin, verbleiben, über das sie jedenfalls mittelbar auf die Erlöse zugreifen kann. Es ist schließlich weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass das ausbleibende Altpapier aus O. (und weiteren kreisangehörigen Kommunen) (mit-)ursächlich dazu geführt hat oder führt, dass es nicht mehr möglich ist, Entsorgungsleistungen für andere Abfälle zu wirtschaftlich akzeptablen Konditionen von Drittbeauftragten erfüllen zu lassen.
166Weiterhin kann unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden. Dementsprechend ist dem Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG eine Berufung darauf verwehrt, dass er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erbringen könne - was der Sache nach wieder auf den Aspekt der Quersubventionierung hinausliefe.
167A. A. VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012- 4 K 1905/10 -, a. a. O., Rn. 85 ff.
168Bereits aus der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG ist abzuleiten, dass gebührenrechtliche Aspekte bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen - keine Rolle spielen (sollen). Abgesehen davon, dass den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden kann, dass bei der Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG gerade oder auch gebührenrechtliche Aspekte eine Rolle gespielt haben, hat der Gesetzgeber, was § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeigt, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
169Im Weiteren ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass mit wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen auf jeden Fall etwas anderes gemeint ist oder sein muss als die Möglichkeit, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflichten über (öffentlich-rechtliche) Gebühren zu refinanzieren. Von daher kommt es bereits vom Ansatz her nicht in Betracht, wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen über die Gebührenhöhe zu bestimmen oder davon abhängig zu machen.
170Was die zweite Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - einschließlich der insoweit (allein) im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satz 3 erfolgten Konkretisierungen anbelangt, rechtfertigt sie ebenfalls nicht die Annahme, dass die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen (überwiegender) öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist.
171Die Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG geht ebenso wie die nachfolgenden Konkretisierungen des Satzes 3 auf den bereits oben erwähnten Änderungsantrag des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6052) zurück.
172Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 42 (= Ausschussdrucksache 17(16)419 vom 25. Oktober 2011, S. 1).
173Soweit dort der Änderungsvorschlag damit begründet worden ist, dass mit der Änderung im Verhältnis zu der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Fassung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zu einem eigenständigen Schutzobjekt aufgewertet würden, entspricht das zwar der zuvor vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Gefährdung der Funktionsfähigkeit dahingehend, dass es sich im Wesentlichen um einen Oberbegriff handelt, mit dem zusammengefasst diejenigen Konstellation angesprochen werden, in denen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG bestehen. Dementsprechend stellt das "eigenständige Schutzobjekt" Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Fall einer diesbezüglichen wesentlichen Beeinträchtigung eben eine Konstellation dar, in der überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen. Allerdings lassen sich der Begründung des Änderungsvorschlags keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, was im Einzelnen mit Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemeint ist.
174Solche Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus dem ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KrWG, der eine Berücksichtigung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorsah und diesbezüglich zur Begründung ausführte, dass es von Bedeutung sein könne, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen unterlaufen würde.
175Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 17, 88
176Diese Begründung deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG,
177vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 - 7 C 16.08 -, a. a. O.,
178in der es heißt:
179"Auf der Grundlage des tradierten öffentlichen Entsorgungssystems für Hausmüll ist mit hohem Aufwand und mit Blick auf die Verpflichtung zur flächendeckenden und umfassenden Entsorgung eine entsprechende Infrastruktur auch mit öffentlichen Mitteln errichtet worden. Angesichts dessen können überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung schon dann entgegenstehen, wenn die Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach sich zieht. Ob diese Schwelle überschritten ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände feststellen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu einer wesentlichen Änderung und Anpassung seiner Entsorgungsstruktur - zum Beispiel durch Vorhaltung von Personal für den Fall, dass der gewerbliche Sammler infolge veränderter Marktbedingungen seine Tätigkeit einstellen und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger deshalb möglicherweise unvermittelt zur Übernahme der Entsorgungstätigkeit genötigt sein sollte - gezwungen würde oder die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen erschwert bzw. Ausschreibungsverfahren unterlaufen würden."
180Davon ausgehend liegt ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG hier nicht vor. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG erfolgten Konkretisierungen.
181Die Voraussetzungen des in der Nr. 1 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiels für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers liegen offensichtlich nicht vor. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Daran fehlt es aber, weil es bereits an einer Erfassung durch den insoweit zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Stadt O. , fehlt und deshalb de facto auch keine öffentlich-rechtliche Verwertung stattfindet.
182Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich weiterhin nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 2 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet wird.
183Dieses Regelbeispiel bedarf der Auslegung. Der Begriff der Gebührenstabilität ist aus sich heraus nicht recht verständlich, weil die Gebühren per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend sind, sondern jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden Kosten der Abfallentsorgung neu kalkuliert werden müssen. Dies ist deshalb erforderlich, weil auch die Kosten der Abfallentsorgung nicht stabil (gleichbleibend) sind, was sich schon an dem stetig gestiegenen pauschalen Entsorgungspreis festmachen lässt, den der Beklagte an die EGN zu entrichten hat. Soweit Erlöse aus der Altpapierverwertung die Kosten der Abfallentsorgung insgesamt reduzieren und auf diese Weise Einfluss auf die Gebührenhöhe haben, handelt es sich ebenfalls nicht um einen stabilen (gleichbleibenden) Vorgang, weil die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse grundsätzlich vom (schwankenden) Marktpreis des Altpapiers abhängig sind. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es einen wie auch immer gearteten gebührenrechtlichen "Stabilitätsgrundsatz" gibt, der zur Auslegung herangezogen werden könnte. Zwar erscheint es durchaus möglich, hinsichtlich der Gebührenerhebung oder der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungstätigkeit aus abfallrechtlicher Sicht Maßgaben zu formulieren. Praktische Bedeutung haben solche Maßgaben jedoch nur dann, wenn sie sich auch umsetzen lassen, was voraussetzt, dass sie mit den allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vereinbar sind. Daran fehlt es hier, weil eine aus abfallrechtlicher Hinsicht gebotene oder wünschenswerte Stabilität der Abfallgebühren im Sinne einer weitgehend gleichbleibenden Gebührenhöhe nicht damit zu vereinbaren ist, dass die Gebührenhöhe von den Entsorgungskosten abhängt, die ihrerseits eben nicht stabil (gleichbleibend) sind. Dies gilt, wie ausgeführt, auch für die aus der Altpapierverwertung zu erzielenden Erlöse.
184Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG gibt für eine Konkretisierung des Begriffs der Gebührenstabilität nichts her. In der Begründung des Änderungsantrags des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, auf den die Vorschrift zurückgeht, findet sich lediglich der Hinweis, dass mit der zuvor genannten Vorschrift "Gefährdungen der Stabilität der Gebühren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgewehrt werden" können.
185Vgl. BT-Drucks. 17/7505 (neu), S. 44 (= Ausschussdrucksache 17(16)419, S. 3).
186Sollte der Gesetzgeber dabei den (idealtypischen) Fall vor Augen gehabt haben, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Gebührenkalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von (werthaltigen) Abfällen "wegnimmt" mit der Folge, dass eine Unterdeckung auftritt und eine mit einer Gebührenerhöhung verbundene Neukalkulation der Gebühren während des laufenden Kalkulationszeitraums erforderlich ist,
187vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013- AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 87,
188liegt nach den vorstehenden Ausführungen auf der Hand, dass ein solcher Fall hier nicht gegeben ist, weil jedenfalls seit dem Jahr 2009 die Abfallgebühren ohne Berücksichtigung des Altpapiers aus O. kalkuliert wurden.
189Der Bedeutungsgehalt des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erschließt sich erst recht nicht aus der Systematik des gesamten Absatzes 3, insbesondere nicht im Hinblick auf dessen Satz 4. Danach gilt unter anderem Satz 3 Nr. 2 nicht, wenn- verkürzt dargestellt - die gewerbliche Sammlung leistungsfähiger ist als die öffentlich-rechtliche. Zwar mag es noch schlüssig erscheinen, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung (Satz 2 Alt. 2) als prägende Merkmale der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Satz 1) mittels eines wie auch immer genau zu verstehenden Gebühren(stabilitäts)aspekts (Satz 3 Nr. 2) zu konkretisieren. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum oder unter welchem Gesichtspunkt die größere Leistungsfähigkeit einer gewerblichen Sammlung ausschlaggebend dafür sein soll, dass es auf die aufgrund eines Gebührenaspekts bestehende Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht ankommt.
190Einen "plausiblen" Ansatz, dem Gebührenaspekt im Rahmen der hier zur Entscheidung stehenden Frage Rechnung zu tragen, ob die Durchsetzung der Überlassungspflicht wegen überwiegender öffentlicher Interessen - definiert über die (Gefährdung der) Funktionsfähigkeit des öffentlichen Entsorgungsträgers, diese wiederum definiert über (die wesentliche Beeinträchtigung) dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - erforderlich ist, bietet die Überlegung, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger über die Erfüllung der Entsorgungspflichten hinaus verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gebühren für die Entsorgung des gesamten Hausmülls in einem noch vertretbaren und akzeptierten Rahmen halten. Darauf hat das erkennende Gericht - im Hinblick auf überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG - bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgestellt
191- vgl. Beschluss vom 30. Mai 2011 - 20 B 47/11 -
192und diesbezüglich ausgeführt:
193"Der nach Abzug der Kosten u. a. für das Einsammeln des Altpapiers verbleibende Überschuss aus der Vermarktung des Altpapiers beläuft sich nach der Ordnungsverfügung auf bis zu ca. 47,00 Euro/t. Legt man die mit der Beschwerde auf ca. 15.000 t/Jahr veranschlagte Altpapiermenge aller für die zusätzliche Einbeziehung in die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Antragsgegners in Rede stehenden Gemeinden des Kreisgebiets zugrunde, ergibt sich für den Gebührenhaushalt des Antragsgegners eine zusätzliche Einnahme von bis zu ca. 700.000,00 Euro/Jahr. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass ein Betrag in dieser Höhe die von den privaten Haushalten aufzubringenden Abfallgebühren in ihrer Größenordnung wesentlich bestimmt oder finanziell substantiell für die kurz- oder langfristige Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung ist. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits, dass die fragliche Einnahme in der Vergangenheit nicht erzielt worden ist, ohne dass geltend gemacht würde, die öffentlich-rechtliche Entsorgung einschließlich ihrer Finanzierung durch Gebühren sei übermäßig belastet gewesen. Gewerbliche Sammlungen beschränken sich typischerweise auf werthaltige Abfälle und stellen damit potentiell immer einen Faktor dafür dar, durch ihre behördliche Unterbindung die durch Abfallgebühren zu deckenden Gesamtkosten der Hausmüllentsorgung zu senken. Das besagt aber nicht aus sich heraus, dass einer solchen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen."
194Daran ist auch im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG festzuhalten, der ebenso wie die anderen Regelungen des Absatzes 3 überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG definiert, so dass der gleiche Regelungszusammenhang und die gleiche Interessenlage wie bei § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG gegeben ist. Der Beklagte hat zudem im Anschluss an den zuvor zitierten Beschluss nichts dargetan, was eine andere Einschätzung rechtfertigt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, dass bei ihm ausbleibende Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers relevante Gebührenauswirkungen im Sinne der zuvor zitierten Ausführungen haben. Vielmehr zeigen die von ihm vorgelegten Gebührenkalkulationen für das Jahr 2012 mit und ohne Berücksichtigung der Altpapiermengen aus K. , L1. und O. , dass allenfalls von marginalen, nicht ins Gewicht fallenden Gebührenauswirkungen gesprochen werden kann. Nach diesen Kalkulationen bewirken die ausbleibenden Papiermengen aus den Kommunen K. , L1. und O. , dass 1.086.409 € weniger an Vergütungen (aus den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers) an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Unter Berücksichtigung dessen, dass für die Kosten der Abfallentsorgung des Beklagten im Übrigen über 25,5 Mio. € kalkuliert werden, machen die (ausbleibenden) Erlöse für die Papiermengen aus den zuvor genannten Kommunen lediglich gut vier Prozent des erforderlichen Gebührenaufkommens aus. Bezogen auf die Gesamtkosten der Abfallentsorgung, die über Gebühren von den Bürgern der kreisangehörigen Kommunen "refinanziert" werden müssen, ist der zuvor bezeichnete Erlösanteil aus der Altpapierverwertung noch geringer, weil in den Kalkulationen des Beklagten die in oder bei den Kommunen gegebenenfalls anfallenden Sammlungs- und Beförderungskosten für das Altpapier nicht enthalten sind.
195Daran anschließend greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, die Stadt O. könne mangels öffentlich-rechtlicher Erlöse aus der Altpapierverwertung überhaupt keine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung durch Erlöse aus der Altpapierverwertung -, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass nach den zuvor genannten Zahlen eine relevante Gebührensenkung im Raum stünde, wenn denn die Stadt O. vom Beklagten Vergütungen aus der Altpapierverwertung erhielte. Unabhängig davon, dass die Vergütungen im Verhältnis zu den übrigen Entsorgungskosten ohnehin nicht wesentlich ins Gewicht fielen, müssten der Stadt O. entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten in Abzug gebracht werden, die relevante Gebührenauswirkungen (Senkungen) unwahrscheinlich machten.
196Sollte der Beklagte den Begriff der (Gefährdung der) Gebührenstabilität dahingehend interpretieren, es seien jeweils die niedrigst möglichen Gebühren zu erheben kann, wäre dieser Ansatz verfehlt, weil er überwiegende öffentliche Interessen in einer Weise konkretisierte, die mit dem nach den vorstehenden Ausführungen insoweit anzulegenden strengen Maßstab nicht zu vereinbaren wäre. Dieser Ansatz führte nämlich dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die - arg ex § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG - gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um "werthaltige" Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung "entzogen" werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigst möglichen Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis zu höheren Gebühren führt.
197Überwiegende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
198Was den Schutzzweck oder die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst klarzustellen, dass es nicht - jedenfalls nicht in erster Linie - um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies auf den ersten Blick nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend kann es nur darum gehen, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen "unterlaufen" wird. Solche Konstellationen lassen sich vorliegend nicht feststellen.
199Was die Stadt O. anbelangt, hat diese weder einen Dritten aufgrund eines Vergabeverfahrens beauftragt noch ist ersichtlich, dass Entsprechendes in absehbarer Zeit ansteht. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise in wettbewerbswidriger Weise im Gebiet der Stadt O. hinsichtlich des Einsammelns von Altpapier faktisch eine Monopolstellung erlangt hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen keine Konstellation, die von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfasst wird.
200Schwierigkeiten des Beklagten, im Wege eines Vergabeverfahrens einen zu beauftragenden Dritten zu finden, der die Altpapierentsorgung (Verwertung) - potenziell auch hinsichtlich des Altpapiers aus O. - übernimmt, können ausgeschlossen werden, weil der Beklagte mit der X. einen solchen Dritten gefunden hat. Soweit es bei der Ausschreibung Schwierigkeiten gegeben hat, beruhten diese nicht darauf, dass die Klägerin vor und zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits in O. sammelte. Diesem Umstand hätte im Rahmen der Ausschreibung schlicht dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Altpapiermengen aus O. außer Ansatz geblieben wären. Denn eine (zwingende) Notwendigkeit, die Ausschreibung auch auf den Fall zu erstrecken, dass die Klägerin ihre Sammlung einstellt, in O. wieder öffentlich-rechtlich gesammelt und das Altpapier dem Beklagten überlassen wird, hat nicht bestanden. Im Übrigen ist dieser Konstellation im Rahmen der Ausschreibung durch eine entsprechende mengenmäßige Staffelung Rechnung getragen worden. Die Ungewissheit, ob dieser Fall zum Tragen kommt, beruhte nicht auf der Sammlung der Klägerin, sondern darauf, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits untersagt hatte und Ungewissheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagung bestand.
201Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Bestand der Drittbeauftragung aufgrund eines "Unterlaufens" der Vergabe in Frage steht oder gefährdet ist. Der Annahme einer Gefährdung steht bereits entgegen, dass die X. in Kenntnis der (ständig durchgeführten) Sammlung der Klägerin ein Auftragsverhältnis mit dem Beklagten eingegangen ist. Im Übrigen ist weder von diesem geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung der Entsorgungspflichten durch die Drittbeauftragte in Frage steht. Zwar mag es als ein Unterlaufen des Vergabeverfahrens angesehen werden, dass sich die Klägerin nach wie vor in O. sammelt, obwohl sich im Vergabeverfahren die X. durchgesetzt hat. Da es jedoch - wie eingangs aufgezeigt - nicht um den Schutz des Vergabeverfahrens oder von Wettbewerbern geht, kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, solange dadurch die Erfüllung der Entsorgungspflichten im Wege der Drittbeauftragung nicht in Frage gestellt wird.
202Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte.
203Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der- insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommen-de - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungs- oder Infrastruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.
204Im Anschluss an die Ausführungen zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne einer Existenzgefährdung gilt hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung im Bereich der Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, dass diese reibungslos funktioniert, insbesondere durch die klägerische Sammlung keine "Strukturen" (wesentlich) beeinträchtigt werden. Demgegenüber gibt es im Bereich der Entsorgung von Altpapier aus O. keine (zu schützenden) öffentlich-rechtlichen Strukturen (mehr), da die Stadt O. weder selbst noch über einen Drittbeauftragten tätig ist. Dass die Verwertungsstrukturen des Beklagten für das übrige Altpapier wesentlich beeinträchtigt werden, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte überwiegend keine eigenen Entsorgungsstrukturen geschaffen hat und er dementsprechend zur Erfüllung seiner Entsorgungspflichten keine eigenen personellen und sächlichen Mittel einsetzt, sondern sich (beauftragter) Dritter bedient hat und bedient, derzeit der X. und der EGN. Auf die solchermaßen organisierte öffentlich-rechtliche Altpapierverwertung hat die Sammlung der Klägerin bei ihrem Beginn allenfalls insoweit Einfluss gehabt, als sie eine Änderung des - seinerzeit allein bestehen-den - Entsorgungsvertrags zwischen dem Beklagten und der EGN zur Folge hatte. Es ist schon fraglich, ob das Ausbleiben von Altpapier aus O. aufgrund der Sammlung der Klägerin für die EGN überhaupt einen zureichenden Grund dargestellt hat, um vom Beklagten eine Anpassung des Entsorgungsvertrags zu verlangen. Jedenfalls ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass diese Vertragsänderung als wesentliche Beeinträchtigung der öffentlich-rechtlichen Verwertungsstrukturen hinsichtlich Altpapier zu qualifizieren sein könnte. Soweit der Beklagte (als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) danach weitere Änderungen der Strukturen der öffentlich-rechtlichen Altpapierverwertung vorgenommen hat, indem er nach entsprechender Ausschreibung die X. auch mit der Verwertung von Altpapier aus O. beauftragt hat, ist das bereits keine Änderung gewesen, die wesentlich durch die Sammlung der Klägerin bedingt oder dieser zuzurechnen war. Denn solange keine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers aus O. erfolgte, bestand keine Notwendigkeit, einen Dritten mit der Verwertung von Altpapier aus O. zu beauftragen. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin durch den Beklagten ändert daran nichts, weil unabhängig von der (seinerzeit) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sammlungsuntersagung diese nicht unmittelbar bewirkt hätte, dass wieder eine öffentlich-rechtliche Erfassung des Altpapiers stattfindet. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig eine Änderung der Altpapierverwertungsstrukturen des Beklagten veranlasst wäre, die als wesentliche Beeinträchtigung der Strukturen zu qualifizieren und unmittelbar durch die Sammlung der Klägerin veranlasst wäre.
205Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Altpapier aus O. für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt.
206Dies gilt zunächst für das öffentlich-rechtliche Einsammeln und Befördern des Altpapiers. Da die Klägerin bei ihren bisherigen Aktivitäten in weitgehender Abstimmung mit der Stadt O. agiert hat, kann als sehr wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass die Funktionsfähigkeit des für das Einsammeln und Befördern zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Stadt O. ) schnellstmöglich dadurch wiederhergestellt werden könnte und würde, dass der vorübergehend ruhend gestellte Vertrag aus Februar 1996 wieder "aktiviert" würde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass weitere (der Form nach) private Unternehmen zur Verfügung stehen, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln und Befördern des Altpapiers im Auftrag der Stadt O. übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden, zumal die öffentlich-rechtliche Entsorgungstätigkeit nicht zwingend das Sammeln im Holsystem mittels auf sämtlichen privaten Grundstücken aufgestellter Tonnen voraussetzt, sondern auch mittels Altpapiercontainern bewerkstelligt werden kann.
207Weiterhin ist auch im Hinblick auf die dem Beklagten obliegenden Entsorgungspflichten (Verwertung) nicht ersichtlich, dass deren Erfüllung im Fall der Einstellung der klägerischen Sammlung nicht gewährleistet und sichergestellt ist. Auch der Beklagte erfüllt die ihm obliegenden Entsorgungspflichten - wie ausgeführt - überwiegend nicht selbst, sondern bedient sich gegenwärtig gemäß § 22 Satz 1 KrWG auch für die Altpapierverwertung Dritter, nämlich der X. und der EGN. Speziell der mit der X. geschlossene Entsorgungsvertrag beinhaltet auch die Verwertung von Altpapier aus O. , so dass dessen Verwertung auch dann sichergestellt ist, wenn die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellen und das Altpapier aus O. dem Beklagten zur Verwertung überlassen würde. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Vergangenheit vorgenommenen Anpassungen des bis Ende 2016 laufenden Entsorgungsvertrags mit der EGN, die gerade im Hinblick auf wechselnde von den kreisangehörigen Kommunen angelieferte und überlassene Altpapiermengen sowie veränderte Marktpreise für Altpapier vorgenommen wurden, zeigen, dass veränderten Verhältnissen im Ergebnis eben mittels Vertragsänderungen Rechnung getragen werden konnte und wurde. Insoweit ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass diese Vertragsänderungen auf der Seite der drittbeauftragten EGN wesentliche Änderungen der Entsorgungsstrukturen erforderten oder nach sich zogen - der Beklagte verfügt, wie ausgeführt, nicht über eigene Entsorgungsstrukturen. Entsprechendes gilt für die X. , deren mit dem Beklagten geschlossener Entsorgungsvertrag von vornherein unterschiedliche Fallkonstellationen hinsichtlich der Verwertung von Altpapier aus unterschiedlichen Kommunen abdeckt.
208Der Umstand allein, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gegebenenfalls aufgrund einer gewerblichen (Altpapier-)Sammlung gezwungen ist, einen bestehenden Entsorgungsvertrag mit einem Drittbeauftragten anzupassen, reicht nicht aus, um eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen. Soll die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen im Bereich der nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fallenden Abfälle nicht leerlaufen, muss (auch) der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung mittels oder über Drittbeauftragungen "organisiert" und seine Planungen auf die insoweit abgeschlossenen Entsorgungsverträge ausgerichtet hat, gewisse (unwesentliche) Beeinträchtigungen hinnehmen. Wo in diesem Bereich die Grenze zwischen wesentlicher und unwesentlicher Beeinträchtigung zu ziehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Hier kann jedenfalls nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, weil die - unterstellt - durch die Sammlung der Klägerin veranlasste oder erforderlich gewordene Vertragsänderung nicht über die Änderungen hinausgeht, die - unabhängig von einer gewerblichen Sammlung - bereits zuvor wegen veränderter Verhältnisse und Preise im Altpapierbereich vorgenommen worden sind. Zudem war und ist der Beklagte nicht gezwungen, von dem (auch) im Altpapierbereich gewählten "Organisationsmodell" der Drittbeauftragung vollständig Abstand zu nehmen. Sollten Drittbeauftragte durch eine gewerbliche Sammlung erforderlich gewordene oder werdende Vertragsänderungen zum Anlass nehmen, von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger "Ausgleichszahlungen" zu verlangen, handelte es sich nicht um einen Gesichtspunkt, der von dem Begriffsmerkmal "Planungssicherheit und Organisationsverantwortung" erfasst würde. Zu denken wäre eher an § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte für Änderungen des Entsorgungsvertrags mit der EGN, die nicht (unmittelbar) durch gewerbliche Sammlungen veranlasst waren, Ausgleichszahlungen zu leisten hat, ohne dass er geltend gemacht hätte oder sonst davon die Rede gewesen wäre, es lägen keine wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen mehr vor. Angesichts dessen erschließt sich nicht, dass eine andere Beurteilung nur deshalb geboten sein sollte, weil (unterstellt) eine mit einer "Ausgleichszahlung" einher gehende Vertragsänderung durch eine gewerbliche Sammlung ausgelöst wurde.
209Abschließend ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Untersagungsverfügung auch dann nicht als rechtmäßig erwiese, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine gewerbliche Sammlung im Sinne der §§ 17, 18 KrWG verneinte und dementsprechend § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht unmittelbar anwendbar wäre. Das liegt auf der Hand, wenn man in diesem Fall § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für entsprechend anwendbar hält. Etwas anderes ergibt sich jedoch auch dann nicht, wenn man § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig außer Betracht lässt und auf § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage abstellt.
210Eine erforderliche Anordnung zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kommt zwar auch zur Durchsetzung der Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG in Betracht, etwa in Gestalt der Untersagung einer gegen die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstoßenden Sammlung. Ein solcher Fall läge hier vom Ansatz her vor, wenn man die Gewerblichkeit der Sammlung der Klägerin verneinte, weil die Klägerin dann das von ihr gesammelte Altpapier aus privaten Haushaltungen entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überließe und insoweit die Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bereits mangels einer gewerblichen Sammlung nicht griffe.
211Gleichwohl trüge § 62 KrWG die Untersagungsverfügung nicht, weil diese sich als unverhältnismäßig darstellte und es sich dementsprechend nicht um eine erforderliche Anordnung im Sinne der Vorschrift handelte. Insoweit käme ebenfalls das zuvor Ausgeführte zum Tragen, dass nämlich die Überlassungspflicht nicht um ihrer selbst willen geschützt ist und sie sich angesichts der normierten Ausnahmen nicht stets durchsetzen (und durchgesetzt werden) muss, sondern im Einzelfall festzustellen ist, dass ihre Durchsetzung wegen überwiegender öffentlicher Interessen geboten ist, solche Interessen hier jedoch nicht bestehen. Diese im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 KrWG getroffenen Feststellungen würden in gleicher Weise Geltung beanspruchen, wenn man § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage der Sammlungsuntersagung ansähe, weil die Sammlung der Klägerin als grundrechtlich geschützte Betätigung nicht weniger schutzwürdig ist als eine gewerbliche Sammlung im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Mangels Verhältnismäßigkeit käme es im Übrigen auf etwaige vom Beklagten angesichts der geänderten Rechtslage zulässigerweise nachgeschobene Ermessenserwägungen nicht an.
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
213Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 3. April 2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich seit 2003 u.a. mit dem Erwerb, der Sortierung, dem Verkauf und Export von Alttextilien und gebrauchten Schuhen sowie der Herstellung und dem Vertrieb von Putzlappen befasst. Sie sammelt in Nord- und Mitteldeutschland mittels eigenen Containern Alttextilien und -schuhe und beabsichtigt, im Gebiet der Beklagten erstmalig eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien und gebrauchten Schuhen aufzunehmen.
3Im Stadtgebiet der Beklagten unterhält die Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH X. (AWG), die für die Beklagte die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wahrnimmt, ein flächendeckendes System von derzeit 176 Containern für Alttextilien und -schuhe.
4Mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 zeigte die Klägerin die von ihr im Stadtgebiet der Beklagten beabsichtigte gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen nach § 18 Abs. 1 KrWG (Kreislaufwirtschaftsgesetz) an. Sie gab an, im Stadtgebiet der Beklagten mittels flächendeckend sowohl auf privaten als auch auf öffentlichen Grundstücken aufgestellten Sammelcontainern Alttextilien vorerst für fünf Jahre sammeln zu wollen. Es sei beabsichtigt mit 200 Containern jeweils ca. 150 kg Alttextilien pro Monat zu sammeln (Jahressammelmenge 360 t). Durch einen eigenen Fuhrpark (12 LKW´s) würden die Container in regelmäßigen Abständen – mindestens einmal in der Woche – geleert. Das Sammelgut werde nach I. (Sitz der Klägerin) in eine gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz angezeigte und genehmigte Anlage zur Annahme und Sortierung von gebrauchten Textilien und Schuhen transportiert und vor Ort auf der firmeneigenen Waage verwogen. Danach finde die Sortierung statt (tragbare und nicht tragbare Altkleider, Altschuhe und Fehlwürfe). Die Restmüllanteile (ca. 10 % der Sammelmenge) würden durch die Firma F. Trenntechnik GmbH – einen zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb – abgeholt und fachgerecht entsorgt. Nicht tragbare Kleidung (ca. 30 % der Sammelmenge) werde an die Firma E. Putzlappen GmbH verkauft und von dieser zu Putzlappen verarbeitet. Tragbare Kleidung (ca. 60 % der Sammelmenge) werde durch die Klägerin international weiterverkauft/vermarktet.
5Die Anzeige der Klägerin wurde von dem Team 106.22 (Gewässer- und Abfallüberwachung), deren Teamleiter Herr X1. ist, als Teil der unteren Abfallwirtschaftsbehörde bearbeitet. Die Koordination der Abfallwirtschaft erfolgt im Team 106.24 (Abfallwirtschaft). Leiterin dieses Teams ist Frau A. .
6Unter dem 13. Februar 2013 nahm die AWG zu der beabsichtigten Sammlung der Klägerin Stellung: Der klägerischen Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Die angezeigte Sammlung verhindere bereits die Erfüllung der der Beklagten nach § 20 KrWG obliegenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen. Sie beziehe sich ausschließlich auf den rentablen Bereich der Alttextilerfassung mit der Folge, dass durch das Wegbrechen dieser rentablen Abfälle eine Quersubventionierung der unrentablen Bereiche der Hausmüllentsorgung für die AWG wesentlich erschwert werde. Dies gelte vor allem, wenn man die angezeigte Sammlung im Zusammenwirken anderer Sammlungen bewerte. Zudem beeinträchtige die angezeigte Sammlung auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Beklagten, bzw. der AWG wesentlich. Dies ergebe sich bereits daraus, dass durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst würden, für die die AWG eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durchführe. Diese sei grundsätzlich vor gewerblicher Konkurrenz zu schützen. Außerdem werde die Stabilität der Gebühren gefährdet. Die Stabilität der Abfallgebühren werde gerade dadurch erreicht, dass die Verluste aus unrentablen Bereichen der Entsorgung und Verwertung mit den Gewinnen einer Bewirtschaftung von rentablen Bereichen saldiert und somit ausgeglichen würden. Dadurch werde dem Bürger ein beständiges Niveau der örtlichen Abfallgebühren garantiert, welches nicht in Folge ständig schwankender privater Wettbewerber im Bereich lukrativer Sekundärrohstoffe regelmäßigen Gebührensprüngen ausgesetzt sei. Auswirkungen auf die Stabilität der örtlichen Abfallgebühren seien demnach zwingend. Dabei komme es auch nicht auf einen bestimmten Gefährdungsgrad an, sondern allein entscheidend sei, dass die Klägerin Erlöse mit der Verwertung von Alttextilien erziele, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in der Gebührenkalkulation fehlen und ansonsten zu einem höheren Kostendeckungsgrad führen würden. Im Übrigen sei die von der Klägerin angebotene Sammlung und Verwertung auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die von der AWG angebotene Leistung. Schließlich habe die Klägerin bislang nicht nachgewiesen, dass die gesammelte Abfallfraktion einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werde. Die gemachten Ausführungen seien nicht ausreichend. Die Entsorgungsunternehmen, die die weitere Verwertung oder Beseitigung der vorsortierten Alttextilien übernähmen, seien lediglich benannt. Entsorgungsverträge, aus denen sich die dauerhafte Sicherstellung der Verwertungswege ergebe, lägen der Anzeige nicht bei. Bereits aus diesem Grund müsse die Sammlung untersagt werden.
7Nach erfolgter Anhörung untersagte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 3. April 2013 – der Klägerin zugestellt am 24. Mai 2013 – im Stadtgebiet von X. entsprechend der Anzeige vom 10. Dezember 2012 gewerblich Altkleider, Alttextilien und Altschuhe zu sammeln. Außerdem drohte die Beklagte für den Fall, dass die Klägerin dieser Anordnung zuwider handelt ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 Euro an. Die Zwangsgeldandrohung gelte für jeden Fall der Zuwiderhandlung je Sammeltag. Die Beklagte setzte außerdem eine Gebühr für den Erlass der Verfügung in Höhe von 500,00 Euro fest.
8Die Beklagte stützte die Untersagung der klägerischen Sammlung auf § 18 Abs. 5 Satz 2 und auf § 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 2. Alt. KrWG. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen die Ausführungen der AWG und stellte im Ergebnis fest, der klägerischen Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Hingegen führte sie nicht aus, die Klägerin habe die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung bislang nicht nachgewiesen.
9Die Klägerin hat am 24. Juni 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die Beklagte sei – da sie gleichzeitig öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei – nicht die zuständige Behörde im Sinne des § 18 Abs. 5 KrWG, weil es an einer hinreichenden Trennung der Zuständigkeiten fehle. Zudem verstoße die als rechtliche Grundlage für die Untersagung angewendete Norm des § 17 Abs. 3 KrWG gegen Unionsrecht. Jedenfalls lägen die – unionsrechtskonform auszulegenden – Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG vor. Insbesondere stünden der Sammlung keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei nicht gefährdet. Es werde von der Beklagten nicht dargelegt, dass es durch die Sammlung tatsächlich zu einer Beeinträchtigung der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten komme. Die Beklagte führe lediglich pauschal aus, es gebe „weitere Anzeigen“ gewerblicher Sammlungen und dadurch würden Alttextilien der Sammlung des beauftragten Dritten entzogen. Konkrete Angaben zu den durch den beauftragten Dritten gesammelten Alttextilienmengen und zu den entzogenen Mengen fehlten. Auch konkrete Angaben bezüglich der Auswirkungen auf die Gebührenstabilität fehlten. Außerdem sei die Sammlung der Klägerin nicht nur aufgrund der geplanten flächendeckenden Aufstellung von Sammelcontainern wesentlich leistungsfähiger als die von der Beklagten angebotene Leistung. Schließlich sei die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft, da die Beklagte nicht erkannt habe, dass die Untersagung nur als ultima ratio zulässig sei. Sie habe nicht geprüft, ob dem Schutz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch Bedingungen, Befristungen oder Auflagen hätte Rechnung getragen werden können.
10Die Klägerin beantragt,
11den Bescheid der Beklagten vom 3. April 2013 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie führt im Wesentlichen aus: Sie sei für den Erlass des Bescheides zuständig. Sie habe für eine sachgerechte innere Trennung der Zuständigkeiten gesorgt. Die Aufgabenbereiche der unteren Abfallwirtschaftsbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien organisatorisch und personell voneinander getrennt. Rechtsgrundlage für die Untersagung sei (ausschließlich) § 18 Abs. 5 KrWG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Nr. 3, 4, Abs. 3 KrWG. § 17 Abs. 3 KrWG verstoße nicht gegen Unionsrecht. Auch bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 17 Abs. 3 KrWG stünden der beabsichtigten Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Durch das Wegbrechen der rentablen Abfälle für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger werde die Quersubventionierung der unrentablen Bereiche erschwert und dadurch die Erfüllung der dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Pflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert. Dies werde deutlich bei der Berücksichtigung der Tatsache, dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger derzeit über 30 Anzeigen gewerblicher Alttextiliensammlungen vorlägen (Tendenz steigend). Aus den Anzeigen (Stand September 2013) ergebe sich eine Gesamtsammelmenge von Alttextilien in Höhe von 1265,11 t pro Jahr und von Altschuhen in Höhe von 46,9 t pro Jahr. 10 der angezeigten Sammlungen hätten keine Sammelmengen angegeben. Außerdem spiegelten die Mengen nur die angezeigten, nicht aber die illegal oder nicht angezeigten Sammlungen wieder. Dementsprechend sei tatsächlich von einer wesentlich höheren Gesamtsammelmenge auszugehen, die durchaus 2000 t pro Jahr betragen könne. Bei einem durchschnittlichen Betrag von 400,00 Euro Erlös pro Tonne mache dies einen jährlichen Verlust für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in Höhe von 800.000,00 Euro aus. Bei einem noch höheren Erlös von z.B. 1000,00 Euro pro Tonne sei von Einbußen in Höhe von 2.000.000,00 Euro auszugehen. Demgemäß könnten Auswirkungen auf die Abfallgebühren nicht konkret dargelegt werden. Sie seien jedenfalls nicht unerheblich. Für die Annahme der wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers reiche es aus, dass sie durch die AWG ein eigenes hochwertiges Erfassungssystem für Alttextilien vorhalte. Die Sammlung der Klägerin sei nicht wesentlich leistungsfähiger.
15Das Gericht hat mit Verfügung vom 2. Juni 2014 die Beklagte gebeten, u.a. mitzuteilen, welche Mengen (in Tonnen/pro Jahr) an Alttextilien in den Jahren 2012, 2013 durch die AWG gesammelt wurden und prognostisch im Jahr 2014 gesammelt werden, wie viele Anzeigen nach § 18 Abs. 1 KrWG es derzeit für ihr Stadtgebiet gibt und welche Gesamtsammelmenge von Alttextilien in Tonnen pro Jahr sich insgesamt aus den Anzeigen ergibt.
16Die Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, die AWG habe im Jahr 2012 579 t und im Jahr 2013 612 t Alttextilien erfasst. Für das Jahr 2014 gehe die AWG von einer Steigerung der Sammelmenge von 10 % bedingt durch die Aufstellung weiterer Container aus (insgesamt 200 Container). Es lägen derzeit 34 Anzeigen gewerblicher und gemeinnütziger Alttextilsammlungen für das Stadtgebiet vor. Aus den Angaben in den Anzeigen ergebe sich eine jährliche Sammelmenge von 1.713,811 t Alttextilien im Stadtgebiet. Zu berücksichtigen sei indes, dass die Angaben in den Anzeigen der Sammler häufig unvollständig seien und im Stadtgebiet punktuell Straßensammlungen durchgeführt würden, deren Sammelmenge nur geschätzt werden könne. Hinzu kämen zahlreiche Sammlungen, die bei der Beklagten nicht angezeigt würden. Nach Schätzungen der AWG sei davon auszugehen, dass von den gewerblichen Sammlungen und den nicht angezeigten Sammlungen in etwa jeweils die gleiche Menge, die die AWG sammelt, erfasst werde.
17Darüber, wer und in welchem Umfang tatsächlich im Stadtgebiet Alttextilien sammele, gebe es keine gesicherte Erkenntnis. Insgesamt seien 128 Container ohne eine entsprechende Anzeige illegal im Stadtgebiet der Beklagten aufgestellt worden.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
21A. Die zulässige Klage ist begründet.
22Die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 3. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23I. Die Beklagte hat die Untersagung der von der Klägerin angezeigten Sammlung von Alttextilien und -Schuhen auf dem Gebiet der Beklagten in der Verfügung vom 3. April 2013 nach ihrem ausdrücklichen Hinweis in der Klageerwiderung (ausschließlich) auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt, um die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen zu gewährleisten.
24Hinsichtlich der Wirksamkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage bestehen weder unionsrechtliche (1.) noch verfassungsrechtliche (2.) Bedenken.
251. Bei unionsrechtskonformem Verständnis der §§ 18 Abs. 5, 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen mit dem Unionsrecht. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 f. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar,
26vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG BT-Drucks. 17/6052, S. 85,
27diese sind jedoch unionsrechtlich gerechtfertigt. Die Rechtfertigung von Überlassungspflichten insbesondere in Bezug auf getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen ergibt sich aus Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV. Hiernach gelten die Vorschriften der Verträge nicht für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten ist als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu bewerten,
28vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. November 1998 – C-360/96 –, juris.
29Dies zugrunde gelegt, ist unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben und der dazu ergangenen Rechtsprechung jeweils bezogen auf den Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei unionsrechtskonformen Verständnis genügend Raum,
30vgl. zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 11 ff. m.w.N..
312. Gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu der im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)) wurde höchstrichterlich geklärt, dass die Norm mit ihrem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt,
32vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 36.
33Auch für das geltende Recht trifft diese Rechtsprechung zu,
34vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 10 m.w.N.,
35zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt grundsätzlich die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen werden kann.
36II. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere von der Zuständigkeit der Beklagten – einer kreisfreien Stadt – als unterer Umweltschutzbehörde, § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) i.V.m. § 1 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz, ist auszugehen.
37Zwar kann vor dem Hintergrund verfassungsrechtlich gebotener Distanz und Unabhängigkeit des Staates die darin geregelte Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 LAbfG selbst Abfall sammeln (nur kreisfreie Städte, bei Kreisen ist die Sammlung und Beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen Gemeinden übertragen, § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) oder zumindest für dessen Verwertung verantwortlich sind (§ 5 Abs. 2 LAbfG) und ggf. zugleich am Anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige Abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG.
38Ein derartiges „Neutralitätsgebot“ des Staates folgt zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, und zwar als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens,
39vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24.
40Insoweit mag eine vollständige Trennung der Zuständigkeiten (untere Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige Voraussetzung für die gebotene Distanz und Unabhängigkeit. Eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist,
41vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 669/13 –, n.v. UA Seite 3; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2014 – 17 K 8550/12 –, n.v. UA Seite 12 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 17.
42Dabei ist von einer solchen Trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche Einheiten und Sachbearbeiter für die Erfüllung der Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger einerseits bzw. untere Umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. Das ist bei der Beklagten der Fall. Die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde werden von dem Team 106.22 (Gewässer- und Abfallüberwachung) wahrgenommen. Teamleiter ist Herr X1. . Die Anzeigenbearbeitung, Anhörung und der Erlass von Verfügungen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 und 2 KrWG wurde bzw. wird im Wesentlichen durch Herrn X1. und Herrn N. (Fachreferent Umweltrecht) vorgenommen. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sind auf die AWG übertragen. Die Koordination erfolgt durch das Team 106.24 (Abfallwirtschaft), deren Leitung Frau A. obliegt.
43III. Die Untersagungsverfügung genügt jedoch nicht den materiell rechtlichen Anforderungen.
44Rechtsgrundlage für die Untersagung der klägerischen Sammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG. Danach hat die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Letztere Norm ist als Ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden Überlassungspflichten (§ 17 Abs. 1 KrWG) konzipiert. Die Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG für Abfälle aus privaten Haushaltungen besteht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
45Auch ohne die Untersagung der klägerischen Sammlung wird die Durchsetzung der Überlassungspflichten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht gefährdet. Die von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe – die Abfälle aus privaten Haushaltungen im Sinne des § 3 KrWG darstellen (1.) – unterliegen nämlich gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht der Überlassungspflicht, weil sie durch die Klägerin einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (2.) und überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung nicht entgegenstehen (3.).
461. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung -,
47vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 331/13 –, juris Rn. 11 ff.,
48ist von der Abfalleigenschaft der von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe auszugehen,
49vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 60 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 35.
50Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Eine Entledigung in diesem Sinne ist gemäß § 3 Abs. 2 KrWG anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zum KrWG zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.
51Die Abfalleigenschaft der von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG).
52Sobald die Vorbesitzer der Kleidung diese in den Sammelcontainer werfen, geben sie ihre diesbezügliche Sachherrschaft auf. Ein Rückschluss von der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG ist nicht möglich. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet.
53Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit der Übergabe von Alttextilien an einen „Second-Hand-Laden“ oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich.
54Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur „Kleidersammlung“ gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht „loswerden“ will und es beispielsweise aus Umweltschutz- oder Platzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung als Kleidungsstück gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
55Da die Abfalleigenschaft bereits aus der Entledigung gemäß § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG folgt, kann dahinstehen, ob sie sich (auch) aus § 3 Abs. 3 KrWG aufgrund des Willens zur Entledigung ergibt.
56Schließlich handelt es sich bei den Alttextilien auch um Abfälle aus privaten Haushaltungen, die von der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG erfasst werden. Unter Abfällen aus privaten Haushaltungen sind solche zu verstehen, die im Rahmen der privaten Lebensführung typischerweise und regelmäßig anfallen,
57vgl. Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Auflage 2012, § 17 Rn. 18.
58Dazu gehören ohne Weiteres Alttextilien.
592. Die Klägerin führt die Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu – wovon die Beklagte in der angefochtenen Verfügung anders als die AWG in ihrer Stellungnahme ausgegangen ist.
60Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung der von der Klägerin eingesammelten Alttextilien und -schuhe die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt. Die Verwertung erfolgt danach ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften des KrWG und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht.
61Der von der AWG gemachte Vorwurf, es seien mit der Anzeige nach § 18 Abs. 1 KrWG keine Entsorgungsverträge vorgelegt worden, aus denen sich die dauerhafte Sicherstellung der Verwertungswege ergebe, stellt schon keinen Verstoß gegen Vorschriften des KrWG oder andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dar,
62vgl. zu dem Erfordernis des erforderlichen verwertungsspezifischen Bezugs der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bzw. des Zusammenhangs mit Gesundheits- und Umweltschutz VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, n.v. UA Seite 8 ff., auf das es hier mangels Verstoßes nicht ankam.
63Eine entsprechende Norm, die dies fordern würde, existiert nicht. Insbesondere die Pflicht zur Anzeige der Sammlung umfasst die Vorlage eines solchen Vertrages nicht. Die im Rahmen der Anzeige von der Klägerin erbrachte Darlegung - nur dies fordert das novellierte KrWG in § 18 Abs. 2 Nr. 5 - einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung durch die Benennung der einzelnen Vertragspartner und die Schilderung des Sortierungsprozess und anschließenden Verkaufes ist hinreichend, da diese nachvollziehbar und transparent sind sowie keine tatsachengestützten Bedenken im Hinblick auf etwaige Missstände der Verwertung bestehen. Insbesondere ist für Missstände bei den genannten Unternehmen weder etwas vorgetragen noch sonst Umstände hierfür ersichtlich. Soweit zum Teil gefordert wird bzw. wurde, der gewerbliche Sammler müsse stets einen Vertrag mit dem Verwerter vorlegen, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen Erlös die Abnahme der Stoffe garantiere,
64vgl. VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2013 - AN 11 K 12.00358 -, juris Rn. 34; noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: VG Ansbach, Beschluss vom 30. März 2012 - AN 11 S 12.00357 -, juris Rn. 25,
65kann dem jedenfalls unter dem geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetz im hier streitgegenständlichen Bereich der Alttextil- und Schuhsammlung aufgrund des Charakters des Abfalls als „klassischer“ und vor allem werthaltiger Abfall – ähnlich wie Altglas oder Altpapier –, für den etablierte Verwertungswege bestehen, nicht gefolgt werden,
66vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –.
67Dies gilt gerade auch angesichts des dauerhaft deutlich positiven Marktwertes von Alttextilien.
683. Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, die die Untersagung rechtfertigen könnten.
69Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet (Satz 1). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (Satz 2 Alt. 1) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (Satz 2 Alt. 2). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (Nr. 1), die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (Nr. 2.) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (Nr. 3).
70Hier sind der klägerischen Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Form der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten durch die Sammlung der Klägerin nicht anzunehmen. Weder wird die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen durch die gewerbliche Sammlung verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) (a.) noch wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich durch die Sammlung beeinträchtigt. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte (durch das beauftragte Unternehmen AWG) eine hochwertige getrenne Erfassung und Verwertung der Alttextilien durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) (b.). Zudem gefährdet die gewerbliche Sammlung der Klägerin nicht die Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) (c.).
71a. Die Sammlung verhindert nicht die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Dies gilt auch, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen betrachtet wird, § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG.
72Mit Hilfe des § 17 Abs. 3 KrWG sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes abgewogen werden, weshalb für die Auslegung von Absatz 3 primär die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen ist,
73vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (rechte Spalte, zweiter Absatz).
74Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen,
75vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris Rn. 54. Insoweit geht das Verständnis der Vorschrift über deren reinen Wortlaut hinaus.
76Der Schutz der Wirtschaftlichkeit ist nur Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse,
77vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 31,
78zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten gehört.
79An dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung der „Wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG orientiert,
80vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (rechte Spalte, dritter Absatz) und S. 87 (rechte Spalte, letzter Absatz).
81Indes konkretisieren auch die in den Gesetzesmaterialien zitierten beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes,
82Urteile vom 15. November 2007 – C-162/06 –, juris und vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris,
83ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Gerichtes hinreichend, was im Einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen bzw. annehmbaren Bedingungen“ zu verstehen ist,
84so auch OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 158.
85Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gehöre auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese Überlegung nur auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf,
86vgl. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 – C-320/91 –, juris,
87oder auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Teil der öffentlichen Hand. Auf letzteren träfe der Aspekt des Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen indes wohl „nur bedingt“,
88so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160,
89zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist.
90Selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aber wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genösse,
91vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
92Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung ungewisser Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Gesamtkostendeckung erreicht würde,
93vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
94Dies vorausgeschickt kann sich die Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, sie bzw. die AWG seien darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können, ihnen diese Möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten Erlöse aus der Vermarktung aller Alttextilien nicht mehr in ausreichender Weise in den Abfallgebührenhaushalt flössen.
95Ob unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen darüber hinaus nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden kann,
96so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 162,
97und es der Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende Verpflichtung nicht zu niedrigeren Gebühren erbringen, kann dahinstehen. Für die vorzitierte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mag die Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG Anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die Gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche Aspekte sollten bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen – primär keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber habe, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeige, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
98Selbst wenn man entgegen diesem Ansatz unter das Tatbestandmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ auch gebührenrechtliche Aspekte fasste – wofür der ansonsten praktisch leerlaufende Anwendungsbereich der Norm sprechen mag – führte dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei dürfte in Abgrenzung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG, der die Stabilität der Gebühren zum Inhalt hat, der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann eröffnet sein, wenn diesbezüglich nicht die Stabilität der Gebühren als solche in Frage steht, sondern die Rechtmäßigkeit der Abfallgebühren selbst. Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf, dürfte insoweit eine Grenze der wirtschaftlichen Entsorgungssicherheit darstellen,
99vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 164 m.w.N.
100Für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine Anhaltspunkte.
101b. Auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. beauftragten Dritten wird nicht durch die Sammlung der Klägerin im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG wesentlich beeinträchtigt.
102Die Beklagte beruft sich zutreffender Weise darauf, sie führe – durch die AWG, die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses über ca. 176 im Stadtgebiet verteilte Sammelbehälter für Alttextilien verfügte – im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Damit sind Entsorgungssysteme gemeint, die nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten erfassen können,
103vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 44.
104Allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems begründet indes die Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, von der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. Zwar ist dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Ein rein formales Verständnis der Vorschrift führte im Ergebnis aber zu einem vom Unions- und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt,
105vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 38; VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 ‑ W 4 K 13.326 –, juris Rn. 24 ff.
106Die Folge wäre gleichsam eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die mangels Aufgabenbezug die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV verfehlen und gegen das darin enthaltene Gebot der Erforderlichkeit verstoßen würde. Denn Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt nur den Schutz der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nicht aber den Schutz der Aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger,
107vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 147.
108Dieselbe Überlegung gilt hinsichtlich der nationalen Grundrechte, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, soweit durch dieses Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung erforderlich,
109vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 38.
110Ob dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen ist, dass man den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahin versteht, auf der Tatbestandsseite seien wegen der Formulierung „insbesondere anzunehmen“ Regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise unzutreffend sei,
111vgl. so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 39,
112bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man der Ansicht folgte, im Falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung des Abfalls durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger neben einer gewerblichen Sammlung sei nach dem formalen Wortlaut der Vorschrift stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen,
113vgl. Siederer/Wenzel/Schütze, Unzulässigkeit gewerblicher Sammlungen bei bestehenden Erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, AbfallR 2014, S. 79 (81 f.); Dageförde/Thärichen, Die Untersagung gewerblicher Sammlungen von Alttextilien, AbfallR 2013, S. 125 (134 ff.),
114wäre der Wortlaut der Norm zumindest unionsrechts- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, die gewerbliche Sammlung sei trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig,
115vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 38; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 41; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 ‑ AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 85.
116Ein rein formales Verständnis der Vorschrift wäre im Übrigen auch mit der Gesetzessystematik des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vereinbar. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Es liegt auf der Hand, dass die dort inmitten stehende Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann.
117Die Annahme der „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige Prüfung.
118In einem ersten Schritt ist unter Auswertung konkreten Zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige Mengen durch sämtliche gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Entsorgungsgebiet entzogen werden. Ist dies der Fall, kann nahezu stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. Einen Mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in Rede stehenden Alttextiliensammlung naturgemäß an der Gesamtsammelmenge dieser Abfallfraktion im Entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die Kammer als geringfügig,
119vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 130 mit Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 42; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 – M 17 K 13.2189 –, juris Rn. 66; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 39 ff., die jeweils auf eine Menge zwischen 10 und 15 % abstellen.
120Wird die Menge von 10 % überschritten, ist von dieser Zahl losgelöst auf einer zweiten Stufe zu erwägen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall gegeben ist. Dabei ist leitend, dass im Mittelpunkt der Regelung des § 17 Abs. 3 KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme steht,
121vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 87,
122die in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht immer gewahrt bleiben muss. Das schließt aber Beeinträchtigungen durch private Konkurrenten nicht aus. Denn § 17 Abs. 3 KrWG will die öffentliche Hand nicht vor (privater) Konkurrenz schützen,
123vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 134.
124Ein anderes Verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV vereinbar, denn diese Vorschrift stellt die Mitgliedsstaaten vom europäischen Wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die Wettbewerbsnachteile des betrauten Unternehmens Korrelat seines Gemeinwohlauftrags sind,
125vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31 mit Verweis auf Klement in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 143.
126Dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte wegen der gewerblichen Sammlungen gehalten ist, seine Entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen,
127vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 88,
128wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob man dabei auf die Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes oder nur auf die Struktur innerhalb der jeweiligen Abfallfraktion – hier: Alttextilien – abstellt.
129Hiernach gibt es keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin werde, ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten gefährdet.
130Hinsichtlich der Frage, ob bereits wegen Geringfügigkeit der Sammelmenge eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu verneinen ist, fehlen substantielle Angaben der Beklagten darüber, welche Mengen Alttextilien durch gewerbliche Sammler der Sammlung der AWG insgesamt „entzogen“ werden. Sie führte auf Nachfrage des Gerichts aus, die Sammelmenge der gewerblichen bzw. gemeinnützigen Sammlungen könne nur geschätzt werden, da die Angaben in den Anzeigen der Sammler häufig unvollständig seien und im Stadtgebiet punktuell Straßensammlungen durchgeführt würden, deren Sammelmenge ebenfalls nur geschätzt werden könne. Hinzu kämen zahlreiche Sammlungen, die bei der Beklagten nicht angezeigt worden seien. Dementsprechend sei tatsächlich von einer wesentlich höheren Gesamtsammelmenge als in den (zuletzt) 34 Anzeigen (1.713,811 t im Jahr) auszugehen, die durchaus 2000 t pro Jahr betragen könne. Nach Schätzungen der AWG hingegen sei davon auszugehen, dass von den gewerblichen Sammlungen und den nicht angezeigten Sammlungen in etwa jeweils die gleiche Menge, die die AWG sammle, erfasst werde (im Jahr 2012: 579 t, im Jahr 2013: 612 t und im Jahr 2014 prognostisch: 673,2 t). Weder die AWG noch die Beklagte führten aus, worauf die (voneinander abweichenden) Schätzungen beruhen. Es erscheint deshalb ungewiss, ob die Sammelmenge in der benannten (geschätzten) Höhe tatsächlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. der AWG durch die Sammler entzogen wird. Außerdem bleibt offen, welche Menge Alttextilien (davon) durch gemeinnützige Sammler entzogen wird.
131Trotz dieser Ungewissheit bedurfte es an dieser Stelle keiner weiteren Aufklärung, da zugunsten der Beklagten die Überschreitung der Geringfügigkeitsschwelle unterstellt werden kann. Die auf der zweiten Stufe durchzuführende Einzelfallbetrachtung führt auch in diesem Fall nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es ist von der Beklagten nämlich weder dargelegt noch sonst ersichtlich, die Sammlung der Klägerin zöge – auch unter Berücksichtigung der sonstigen gewerblichen Sammler – Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien führten bzw. geführt hätten. Zwar ist möglich, dass die von der AWG erfasste Sammelmenge aufgrund der Sammlung der Klägerin abnehmen wird (was noch nicht einmal zwingend ist, da es auch möglich erscheint, dass vor allem andere gewerbliche bzw. gemeinnützige Sammler Einbußen bei der Sammelmenge verspüren oder die Restmülleinwürfe weiter zurückgehen werden). Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des nach Angaben der Beklagten vorhandenen Potenzials an Wertstoffen muss aber nicht korrelierend mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sein. Das Gesetz nimmt in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen Bezug, sondern verwendet die Begriffe der „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“. Hinreichende Angaben der Beklagten darüber, wie sich der Verlust der Sammelmenge auf die Planungssicherheit bzw. die Organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. Es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass die AWG ihre Sammlung von Alttextilien neben den gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nicht wie bisher weiterführen wird können. Dies gilt auch deshalb, weil die AWG über „gesicherte“ Stellplätze für ihre Container verfügt und jederzeit auf neue Standplätze - auch im öffentlichen Straßenraum - zurückgreifen könnte. Dass dies möglich ist, zeigt die im Wirtschaftsplan der AWG verankerte (geplante) Erhöhung der Anzahl der Alttextilcontainer von 176 auf 200 für das Jahr 2014.
132Sind schon keine relevanten Auswirkungen auf die Entsorgungsstruktur im Bereich der Abfallfraktion Alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst Recht keine durch die gewerblichen Sammler verursachten erforderlichen Änderungen oder Anpassungen der Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes im Raum.
133Den Nachweis oder jedenfalls die Darlegung der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten hat die Beklagte zu erbringen. Denn bei Eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sie günstige Rechtsfolge ableitet,
134vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190/93 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 – VI C 150.62 –, juris Rn. 17.
135Hinzu kommt, dass die Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten – hier der Beklagten – zuzurechnen sind,
136vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 86 Rn. 11 m.w.N..
137c. Die Beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche Sammlung der Klägerin gefährde die Gebührenstabilität, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG.
138Dieses Kriterium bedarf der Auslegung, da sich der Begriff der Gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt. Gebühren sind per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden Kosten der Abfallentsorgung neu zu kalkulieren,
139vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178.
140Anzuerkennen ist, wenn die Beklagte schlagwortartig zusammengefasst die Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste zu vermeiden versucht,
141vgl. zu diesem Ansatz Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 180; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
142Jedoch ist dazu nicht der Ausschluss gewerblicher Sammler zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Denn dieser Ansatz führte dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil gewerblichen Sammlungen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung „entzogen“ werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigsten Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis höhere Gebühren verursacht,
143vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 192.
144Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität führen kann. Die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stellt als Einrichtung der Daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes Unternehmen dar; die Kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende Benutzungsgebühren von den Gebührenschuldnern zu tragen. Eine geringe Gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates Interesse des Gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische Motivation Gebührenerhöhungen zu vermeiden,
145vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, juris Rn. 28 noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG; a.A. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
146Diese grundsätzlichen Erwägungen schließen allerdings eine Auswirkung des Gebührenaspektes im Einzelfall auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht aus. Diese setzt voraus, dass es durch die Tätigkeit eines gewerblichen Sammlers – ggf. in der Zusammenschau mit anderen gewerblichen Sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion durch den bzw. die Sammler zurückzuführen sein muss,
147vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 183; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 152.
148Wann eine nicht nur geringfügige Gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner Entscheidung zugeführt zu werden. Denn die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, mit der Tätigkeit der gewerblichen Sammler gingen Einbußen der Sammelmenge einher, die zur Erhöhung der Abfallgebühren geführt haben bzw. aufgrund einer prognostischen Betrachtung alsbald zu einer Erhöhung führen würden.
149Das Argument der Beklagten, sie könne bei weniger Erlösen aus der Alttextilienverwertung entsprechend weniger eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen schon nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung aufgrund Erlösen aus der Alttextilienverwertung -, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante Gebührensenkung im Raum, wenn denn die Beklagte – gäbe es keine gewerblichen Sammler mehr im Stadtgebiet – eine höhere Sammelmenge und dementsprechend höhere Vergütungen aus der Alttextilienverwertung erhielte. Ausgehend von der – zu Gunsten der Beklagten – als zutreffend unterstellt (höchsten) geschätzten Sammelmenge von 2.000 t pro Jahr im Stadtgebiet entgingen ihr (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in Höhe von ca. 800.000,00 Euro - bei Zugrundelegung von 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne -,
150vgl. zu dem erzielbaren Durchschnittserlös OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 ‑ 20 B 331/13 ‑, juris Rn. 44. Für die von der Beklagten nachweislos genannte Erlössumme von 1.000,00 Euro pro Tonne bestehen keine Anhaltspunkte.
151In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (für das Jahr 2014: 29.138.154,00 Euro) macht dies nur ca. 2,746 % aus und fällt damit nicht wesentlich ins Gewicht,
152vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 – n.v. UA S. 23.
153Überdies müssten bei dieser Betrachtung dann auch noch der Beklagten entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten ggf. in Form von Fremdleistungsentgelten in Abzug gebracht werden, die Gebührenauswirkungen unter diesem Betrag liegend wahrscheinlich machten. Darauf kam es aber nicht mehr an.
154d. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ein überwiegendes öffentliches Interesse könnte wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen,
155vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff.
156Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste, Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der - insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommende - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigten, sind hier nicht ersichtlich.
157Hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung gilt, dass diese reibungslos funktionieren muss. Insbesondere dürfen durch die gewerblichen Sammlungen keine Strukturen (wesentlich) beeinträchtigt werden. Dass die Strukturen der Beklagten für Alttextilien bezogen auf den Sammlungsvorgang als solchen und die Verwertung dergestalt beeinträchtigt werden, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht (hinreichend konkret) geltend gemacht. Die Beklagte selbst bzw. die AWG mussten aufgrund der Sammlungstätigkeit der gewerblichen Sammler keine Anpassung ihrer Sammlungstätigkeit vornehmen. Vielmehr haben die Beklagte bzw. die AWG ihr Sammlungsvolumen kontinuierlich erweitert, was – zumindest bezogen auf den aktuellen Sammelumfang – für ein mögliches lukratives Nebeneinander der verschiedenen Sammlungen spricht.
158Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Alttextilien für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre (beabsichtigte) Sammlung unvermittelt einstellt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund des im Stadtgebiet bestehenden flächendeckenden Netzes der Beklagten mit (geplanten) 200 eigenen Containern. Im Übrigen ist einer Reserve- bzw. Auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nichts Durchgreifendes entgegen zu halten. Dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger kann eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden,
159vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 7 ME 192/07 –, juris Rn. 13 zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.
160Hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die Marktpreise für Alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere Unternehmen stünden zur Verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln, Befördern und die Verwertung der Alttextilien im Auftrag der Beklagten übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
161e. Da es bereits an den Voraussetzungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 KrWG fehlt, kommt es darauf, ob die Sammlung und Verwertung der Klägerin nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG wesentlich leistungsfähiger ist, als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten, nicht mehr an.
162IV. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen beruhenden Zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen Grundverfügung (vgl. insoweit die Ausführungen unter A. III.), die mit diesem Urteil aufgehoben wird.
163Gleiches gilt für die nach §§ 14 Abs. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen festgesetzte Verwaltungsgebühr. Für eine rechtswidrige Amtshandlung können keine Kosten gefordert werden,
164vgl. Susenberger/Weißauer, Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblattwerk (Stand: Dezember 2006), § 1 Rn. 13, m. w. N.
165B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 Sätze 1 und 2 Zivilprozessordnung.
166Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
167Beschluss:
168Der Streitwert wird auf 72.500,00 Euro festgesetzt.
169Gründe:
170Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Da die Untersagung der Sammlung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, hat sich das Gericht bei der Ausübung seines Ermessens diesbezüglich an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 orientiert. Der danach entscheidende (beabsichtigte) Jahresgewinn ist anhand der von der Klägerin selbst im Verwaltungsverfahren angegebenen beabsichtigten Jahresgesamtsammelmenge (360 t) zu bestimmen. Dementsprechend ergibt sich bei einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien in Höhe von 400,00 Euro und einer (geschätzten) Gewinnmarge von 50 % ein Jahresgewinn in Höhe von 72.000,00 Euro,
171vgl. zu dieser Streitwertpraxis OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris.
172Der Zwangsgeldandrohung kommt wegen ihrer Verbindung mit der Grundverfügung keine eigenständige Bedeutung zu (Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs). Hinsichtlich der Gebührenfestsetzung folgt die Festsetzung des Streitwertes aus § 52 Abs. 3 GKG.
(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.
(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,
- 1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden, - 2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist, - 3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, - 4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- 1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, - 2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder - 3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.
(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:
- 1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und - 8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.
(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese
- 1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind, - 2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie - 3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger sammelt seit 2010 mittels auf privaten Grundstücken aufgestellten Sammelcontainern im Stadtgebiet der Beklagten Alttextilien. Die jährliche Sammelmenge beträgt nach seinen eigenen Angaben 62,4 t. Der Kläger verkauft die gesammelten Alttextilien an einen zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb – die F. D. GmbH –, der diese zur Verwertung nach Polen an das Unternehmen W. Textile Recycling T liefert.
3Die Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH X. (AWG), die für die Beklagte die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wahrnimmt, unterhält im Stadtgebiet ein flächendeckendes Netz aus ca. 180 Containern für Alttextilien.
4Der Kläger zeigte am 29. November 2012 die von ihm in dem Stadtgebiet der Beklagten durchgeführte gewerbliche Sammlung von Alttextilien bei der Beklagten nach § 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) an. Die eingereichten Unterlagen wurden von der Beklagten als unzureichend erachtet und daher mit Schreiben vom 27. Februar 2013 ergänzt. Unter anderem legte der Kläger den zwischen ihm und der F. D. GmbH geschlossenen Subunternehmervertrag vom 30. November 2012 vor. Nach Einholung einer Stellungnahme der AWG und der Anhörung des Klägers, untersagte die Beklagte die Sammlung des Klägers mit Bescheid vom 2. Mai 2013. Außerdem drohte die Beklagte für den Fall, dass der Kläger dieser Anordnung zuwider handelt ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 Euro an. Die Zwangsgeldandrohung gelte für jeden Fall der Zuwiderhandlung je Sammeltag. Für den Erlass der Untersagungsverfügung setzte die Beklagte außerdem eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 500,00 Euro fest.
5Die Beklagte stützte die Verfügung auf §§ 18 Abs. 5 Satz 2 und 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Alt. 2 KrWG und begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Wegen unvollständiger Anzeige sei die Sammlung bereits „formell rechtswidrig“. Es fehle der Nachweis, dass bzw. wie die gesammelten Alttextilien einer schadlosen und ordnungsgemäßen Verwertung zugeführt werden. Der Verweis auf die Verwertung durch die Firma F. D. GmbH bzw. auf den von dieser mit der W. Textile Recycling . abgeschlossenen Vertrag (vorgelegt im Verwaltungsverfahren betreffend die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Stadtgebiet der Beklagten von der F. D. GmbH), der im Übrigen nicht unterschrieben sei, reiche hierfür nicht aus.
6Außerdem lägen begründete Hinweise auf Tatsachen vor, aus denen sich die Unzuverlässigkeit des Klägers ergäbe. Die F. D. GmbH verschleiere durch das Vorschieben des Klägers als Träger der Sammlung den tatsächlichen Umfang ihrer gewerblichen Sammlung. Nicht der Kläger, sondern die F. D. GmbH sei Träger der vom Kläger angezeigten und durchgeführten Sammlung.
7Zudem stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Diesbezüglich nahm die Beklagte Bezug auf die Stellungnahme der AWG: Die Sammlung verhindere die Erfüllung der Entsorgungspflicht zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, weil durch das Wegbrechen der rentablen Abfälle eine Quersubventionierung der unrentablen Bereiche der Hausmüllentsorgung für die AWG wesentlich erschwert werde. Allein im Bereich der Alttextilien seien bisher zahlreiche gewerbliche Sammlungen auf dem Gebiet der Beklagten angezeigt worden. Diese entzögen dem zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bereits gegenwärtig wesentliche Mengen überlassungspflichtiger Alttextilien und -schuhe. Die Gebührenstabilität könne durch den Wegfall erheblicher Mengen werthaltiger Alttextilien, mit deren Erlösen eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung erfolge, nicht mehr sichergestellt werden.
8Zudem beeinträchtige die angezeigte Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Beklagten und ihrer eingeschalteten Erfüllungsgehilfen. Dies ergebe sich daraus, dass die AWG eine haushaltsnahe bzw. sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durchführe, die grundsätzlich vor gewerblicher Konkurrenz geschützt werde.
9Außerdem werde die Stabilität der Gebühren gefährdet. Durch die Quersubventionierung werde dem Bürger ein beständiges Niveau der örtlichen Abfallgebühren garantiert, welches nicht in Folge ständig schwankender privater Wettbewerber im Bereich lukrativer Sekundärrohstoffe regelmäßigen Gebührensprüngen ausgesetzt sei. Allein entscheidend sei, dass der Kläger Erlöse mit der Verwertung der Alttextilien erziele, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in der Gebührenkalkulation fehlten und zu einem höheren Kostendeckungsgrad führen würden.
10Eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit des Systems habe der Kläger im Rahmen des Anzeigeverfahrens nicht nachgewiesen.
11Der Sammlung komme kein Vertrauensschutz zu, weil der Kläger sie nicht innerhalb der in der Übergangsvorschrift § 72 Abs. 2 KrWG normierten Dreimonatsfrist angezeigt habe.
12Schließlich sei nicht nachgewiesen worden, dass die gesammelten Abfalltextilien einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, was die Untersagung der Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG rechtfertige. In dem Vertrag zwischen der F. D. GmbH und der W. Textile Recycling werde lediglich eine Notifizierung für 20.000 t Alttextilien angegeben. Nicht ersichtlich sei, ob es sich hierbei um die insgesamt von der F. D. GmbH gesammelten Abfälle handele. Der vorgelegte Vertrag sei nicht geeignet die Sicherstellung der Verwertungswege auch bei sinkenden Alttextilpreisen zu belegen. Zudem sei der Vertrag nicht unterschrieben und lasse somit keine Rechtsverbindlichkeit erkennen.
13Der Kläger hat am 5. Juni 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Bei den gesammelten Alttextilien und -schuhen handele es sich nicht um Abfall. Der Besitzer gebe seine Sachherrschaft über die Alttextilien nicht ohne jede weitere Zweckbestimmung auf, sondern mit dem Zweck, dass die Kleider weitergetragen würden (zu 85 %).
14Die gerügte Unvollständigkeit der eingereichten Unterlagen sei nicht geeignet, die Sammlung zu untersagen. Formelle Unzulänglichkeiten in der Sammelanzeige könnten eine Untersagung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht rechtfertigen. Der Beklagten hätte es oblegen, im Wege von Auflagen/Bedingungen die Sammeltätigkeit in der Weise zu regeln, dass die aus ihrer Sicht fehlenden Informationen/Nachweise erbracht werden.
15Soweit die Beklagte meine, eine Unzuverlässigkeit des Klägers sei darin zu erkennen, dass die F. -D. GmbH statt des Klägers Träger der von diesem angezeigten Sammlung sei, fehle es an Ausführungen, warum dadurch der tatsächliche Umfang der Sammlung verschleiert werde. Der Kläger sei ohnehin Träger einer eigenen Sammlung, der die gesammelten Textilien zur Weiterverwendung an die Firma F. D. GmbH verkaufe.
16Der Sammlung stünden auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Die Beklagte habe in keiner Weise näher dargelegt, durch den angenommenen Erlöseentzug trete tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung ein, die die Annahme einer wirtschaftlich unausgewogenen Aufgabenerfüllung zulasse. Für die wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung der Beklagten reiche es nicht aus, dass ein hochwertiges getrenntes Erfassungssystem bestehe. Der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei unionsrechtlich auszulegen. Der Entzug geringer Sammelmengen – wie die des Klägers – könne keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nach sich ziehen. Der mit dem voraussichtlichen Entzug der Sammelmengen verbundene Erlösausfall führe auch nicht zu einer Gefährdung der Stabilität der Gebühren. Hinzu komme, dass auch das Einsammeln, Transportieren und Verwerten dieses ansonsten entzogenen Abfalls wiederum mit Kosten für die Beklagte verbunden wäre.
17Der Kläger beantragt,
18den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2013 aufzuheben.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Neben Ausführungen, die ihre Zuständigkeit betreffen, wiederholt sie im Wesentlichen die Begründung des angefochtenen Bescheides.
22Das Gericht hat mit Verfügung vom 2. Juni 2014 die Beklagte gebeten, u.a. mitzuteilen, welche Mengen (in Tonnen/pro Jahr) an Alttextilien in den Jahren 2012, 2013 angefallen seien und prognostisch im Jahr 2014 in ihrem Stadtgebiet anfielen und welcher Anteil davon durch die AWG einerseits und die gewerblichen/gemeinnützigen Sammler andererseits gesammelt worden sei/gesammelt werde.
23Die Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, welche Mengen an Alttextilien im Stadtgebiet insgesamt in den Jahren 2012 und 2013 angefallen seien und prognostisch in 2014 anfielen, könne nur geschätzt werden. Die Angaben in den Anzeigen der Sammler seien häufig unvollständig und im Stadtgebiet würden punktuell Straßensammlungen durchgeführt, deren Sammelmenge ebenfalls nur geschätzt werden könne. Hinzu kämen zahlreiche Sammlungen, die bei der Beklagten nicht angezeigt würden. Nach Schätzungen der AWG sei davon auszugehen, dass von den gewerblichen Sammlungen und den nicht angezeigten Sammlungen in etwa die gleiche Menge, die die AWG sammelt, erfasst werde. Im Jahr 2012 habe die AWG 579 t und im Jahr 2013 612 t Alttextilien erfasst. Für das Jahr 2014 gehe die AWG von einer Steigerung der Sammelmenge von 10 % bedingt durch die Aufstellung weiterer Container aus.
24Insgesamt lägen der Beklagten 34 Anzeigen gewerblicher und gemeinnütziger Alttextilsammlungen vor. Aus den Angaben in den Anzeigen ergäbe sich – im Falle der Durchführungen aller Sammlungen – eine jährliche Sammelmenge von 1.713,811 t Alttextilien im Stadtgebiet. Allerdings würden nur fünf der angezeigten gewerblichen und zwei der angezeigten gemeinnützigen Sammlungen tatsächlich durchgeführt. Zu berücksichtigen sei, dass zehn Sammler im Rahmen der Anzeige keine Mengenangaben gemacht hätten und diese Mengen nicht erfasst seien. In dem Verfahren 17 K 5343/13 führte die Beklagte in diesem Zusammenhang aus, es sei deshalb tatsächlich von einer wesentlich höheren Gesamtsammelmenge auszugehen, die durchaus 2000 t pro Jahr betragen könne.
25Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragt worden. Wegen der Einzelheiten der Befragung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakten 17 K 5343/13 und 17 K 4932/13 Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28A. Die zulässige Klage ist begründet.
29Die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 2. Mai 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
30I. Die Beklagte hat die Untersagung der Sammlung von Altkleidern und -schuhen in ihrem Stadtgebiet sowohl auf § 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 KrWG wegen der Unvollständigkeit der der Anzeige nach § 18 Abs. 1 KrWG beigefügten Unterlagen (u.a. über den Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), als auch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1. und 2. KrWG gestützt, wegen bestehender Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Klägers und um die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 genannten Voraussetzungen zu gewährleisten. Diese kumulative Heranziehung der Ermächtigungsgrundlagen ist rechtsfehlerhaft, weil § 62 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung einer gewerblichen Sammlung hinter der spezielleren Regelung in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zurücktritt,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 51.
32Wenn sich – wie hier – die zuständige Behörde anhand der ihr vorliegenden Unterlagen bereits dazu in der Lage sieht, eine Entscheidung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu treffen, geht diese Norm als speziellere Vorschrift dem Auffangtatbestand des § 62 KrWG vor. § 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG ist als Auffangtatbestand nur dann die zutreffende Ermächtigungsgrundlage, wenn die zuständige Behörde anhand der ihr vorliegenden Informationen nicht in der Lage ist, eine für die (endgültige) Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erforderliche inhaltliche Prüfung der angezeigten Sammlung auf ihre Vereinbarkeit mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sowie der Zuverlässigkeit des Trägers der gewerblichen Sammlung und der für sie handelnden Personen vorzunehmen. Die aufgrund des Auffangtatbestands nach § 62 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG ausgesprochene Untersagung ist in der Regel als vorübergehende Untersagung der Sammlungstätigkeit bis zum Abschluss einer nur bei Vorlage weiterer Unterlagen möglichen inhaltlichen Prüfung nach § 18 Abs. 5 KrWG zu verstehen,
33vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. März 2013 – 17 L 266/13 –, juris Rn. 9.
34II. Hinsichtlich der Wirksamkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage bestehen weder unionsrechtliche (1.) noch verfassungsrechtliche (2.) Bedenken.
351. Bei einem unionsrechtskonformem Verständnis der §§ 18 Abs. 5, 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen mit dem Unionsrecht. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 f. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar,
36vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG BT-Drucks. 17/6052, S. 85,
37diese sind jedoch unionsrechtlich gerechtfertigt. Die Rechtfertigung von Überlassungspflichten insbesondere in Bezug auf getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen ergibt sich aus Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV. Hiernach gelten die Vorschriften der Verträge nicht für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten ist als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu bewerten,
38vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. November 1998 – C-360/96 –, juris.
39Dies zugrunde gelegt, ist unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben und der dazu ergangenen Rechtsprechung jeweils bezogen auf den Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei unionsrechtskonformen Verständnis genügend Raum,
40vgl. zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 11 ff. m.w.N..
412. Gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu der im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)) wurde höchstrichterlich geklärt, dass die Norm mit ihrem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 36.
43Auch für das geltende Recht trifft diese Rechtsprechung zu,
44vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 10 m.w.N.,
45zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt grundsätzlich die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen werden kann.
46III. Die Untersagungsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere von der Zuständigkeit der Beklagten – einer kreisfreien Stadt – als unterer Umweltschutzbehörde, § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) i.V.m. § 1 Absätze 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Absatz 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz, ist auszugehen.
47Zwar kann vor dem Hintergrund verfassungsrechtlich gebotener Distanz und Unabhängigkeit des Staates die darin geregelte Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 LAbfG selbst Abfall sammeln (nur kreisfreie Städte, bei Kreisen ist die Sammlung und Beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen Gemeinden übertragen, § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) oder zumindest für dessen Verwertung verantwortlich sind (§ 5 Abs. 2 LAbfG) und ggf. zugleich am Anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige Abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG.
48Ein derartiges „Neutralitätsgebot“ des Staates folgt zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, und zwar als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens,
49vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24.
50Insoweit mag eine vollständige Trennung der Zuständigkeiten (untere Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige Voraussetzung für die gebotene Distanz und Unabhängigkeit. Eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist,
51vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 669/13 –, n.v. UA Seite 3; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2014 – 17 K 8550/12 –, n.v. UA Seite 12 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 17.
52Dabei ist von einer solchen Trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche Einheiten und Sachbearbeiter für die Erfüllung der Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger einerseits bzw. untere Umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. Das ist bei der Beklagten der Fall. Die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde werden von dem Team 106.22 (Gewässer- und Abfallüberwachung) wahrgenommen. Teamleiter ist Herr X1. . Die Anzeigenbearbeitung, Anhörung und der Erlass von Verfügungen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 und 2 KrWG wurde bzw. wird im Wesentlichen durch Herrn X1. und Herrn N. (Fachreferent Umweltrecht) vorgenommen. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sind auf die AWG übertragen. Die Koordination erfolgt durch das Team 106.24 (Abfallwirtschaft), deren Leitung Frau A. obliegt.
53IV. Die Untersagungsverfügung genügt indes nicht den materiell rechtlichen Anforderungen. Sowohl die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG (1.), als auch die des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG (2.) sind nicht gegeben.
541. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG hat die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Letztere Norm ist als Ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden Überlassungspflichten (§ 17 Abs. 1 KrWG) konzipiert. Die Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG für Abfälle aus privaten Haushaltungen besteht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
55Auch ohne die Untersagung der klägerischen Sammlung wird die Durchsetzung der Überlassungspflichten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht gefährdet. Die von dem Kläger eingesammelten Alttextilien und -schuhe – die Abfälle aus privaten Haushaltungen im Sinne des § 3 KrWG darstellen (a.) – unterliegen nämlich gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht der Überlassungspflicht, weil sie durch den Kläger einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (b.) und überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung nicht entgegenstehen (c.).
56a. Entgegen der Auffassung des Klägers ist - in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung -,
57vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 331/13 –, juris Rn. 11 ff.,
58von der Abfalleigenschaft der von dem Kläger gesammelten Alttextilien und -schuhe auszugehen,
59vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 60 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 35.
60Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Eine Entledigung in diesem Sinne ist gemäß § 3 Abs. 2 KrWG anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zum KrWG zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.
61Die Abfalleigenschaft der von dem Kläger gesammelten Alttextilien und -schuhe ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft (durch Einwurf in einen Sammelcontainer) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG).
62Sobald die Vorbesitzer der Kleidung diese in den Sammelcontainer werfen, geben sie ihre diesbezügliche Sachherrschaft auf. Soweit der Kläger meint, ein Verbraucher, der seine Altkleidung in einen seinen Altkleidercontainer einbringe, werfe das Kleidungsstück dort hinein, damit es weiter seinen Zweck als Kleidungsstück erfülle, weshalb die ursprüngliche Zweckbestimmung bestehen bleibe, überzeugt dies nicht.
63Der Rückschluss von der Höhe der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG verfängt nicht. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet.
64Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit der Übergabe von Alttextilien an einen „Second-Hand-Laden“ oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in einen öffentlich zugänglichen Sammelcontainer nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in einen Sammelcontainer werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich.
65Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in den Sammelcontainer im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in einen Sammelcontainer abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in den Sammelcontainer) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in den Sammelcontainer zurückzuschließen. Da es unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur „Kleidersammlung“ gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück - zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands - schlicht „loswerden“ werden will und es beispielsweise aus Umweltschutz- oder Platzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von dem Kläger jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung als Kleidungsstück gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden.
66Da die Abfalleigenschaft bereits aus der Entledigung gemäß § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG folgt, kann dahinstehen, ob sie sich (auch) aus § 3 Abs. 3 KrWG aufgrund des Willens zur Entledigung ergibt.
67Schließlich handelt es sich bei den Alttextilien auch um Abfälle aus privaten Haushaltungen, die von der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG erfasst werden. Unter Abfällen aus privaten Haushaltungen sind solche zu verstehen, die im Rahmen der privaten Lebensführung typischerweise und regelmäßig anfallen,
68vgl. Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus., KrWG, 3. Auflage 2012, § 17 Rn. 18.
69Dazu gehören ohne Weiteres Alttextilien.
70b. Der Kläger führt die gesammelten Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu.
71Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung der von dem Kläger eingesammelten Alttextilien und -schuhe die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt. Die Verwertung erfolgt danach ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften des KrWG und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht.
72Der von der Beklagten gemachte Vorwurf stellt schon keinen Verstoß gegen Vorschriften des KrWG oder andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dar,
73vgl. zu dem Erfordernis des erforderlichen verwertungsspezifischen Bezugs der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bzw. des Zusammenhangs mit Gesundheits- und Umweltschutz VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, n.v. UA Seite 8 ff., auf das es hier mangels Verstoßes nicht ankam.
74Die Beklagte wendet ein, aus dem Vertrag der F. D. GmbH mit der W. Textile Recycling wonach sich letztere verpflichtet hat, eine Menge von 20.000 t Alttextilien jährlich abzunehmen, zu transportieren und zu verwerten, sei nicht ersichtlich, ob es sich hierbei um die insgesamt gesammelten Abfälle handelt, da keine Sammelmengen angegeben worden seien. Dieser Einwand verfängt nicht. Der Kläger hat in der Anzeige seiner Sammlung die Sammelmenge von 1,2 t Alttextilien pro Woche angegeben, die er ausweislich des Vertrages mit der F. D. GmbH vom 30. November 2012 an diese weiterveräußert, die diese wiederum an die W. Textile Recycling zur Verwertung liefert. Anhaltspunkte dafür, dass die 1,2 t von den 20.000 t nicht erfasst sind, bestehen ebenso wenig wie dafür, dass keine ausreichenden Verwertungskapazitäten vorhanden sind.
75Die Beanstandung der Beklagten, es sei kein Entsorgungsvertrag vorgelegt worden, aus dem sich die Sicherstellung der Verwertungswege auch bei sinkenden Alttextilpreisen ergebe, begründet ebenso keine Zweifel an der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Alttextilien. Eine entsprechende Norm, die dies fordern würde, existiert nicht. Insbesondere die Pflicht zur Anzeige der Sammlung umfasst die Vorlage eines solchen Vertrages nicht. Die im Rahmen der Anzeige erbrachte Darlegung - nur dies fordert das novellierte KrWG in § 18 Abs. 2 Nr. 5 - einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung durch Vorlage des zwischen dem Kläger und der F. D. GmbH – einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb – geschlossenen Vertrages ist hinreichend, da diese nachvollziehbar und transparent ist sowie keine tatsachengestützten Bedenken im Hinblick auf etwaige Missstände der Verwertung bestehen. Insbesondere ist für Missstände bei der F. D. GmbH bzw. der W. Textile Recycling weder etwas vorgetragen noch sonst Umstände hierfür ersichtlich. Demnach trifft auch der Einwand der Beklagten nicht zu, die Anzeige des Klägers nach § 18 Abs. 1 KrWG sei unvollständig. Soweit zum Teil gefordert wird bzw. wurde, der gewerbliche Sammler müsse stets einen Vertrag mit dem Verwerter vorlegen, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen Erlös die Abnahme der Stoffe garantiere,
76vgl. VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2013 - AN 11 K 12.00358 -, juris Rn. 34; noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: VG Ansbach, Beschluss vom 30. März 2012 - AN 11 S 12.00357 -, juris Rn. 25,
77kann dem jedenfalls unter dem geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetz im hier streitgegenständlichen Bereich der Alttextil- und Schuhsammlung aufgrund des Charakters des Abfalls als „klassischer“ und vor allem werthaltiger Abfall, (ähnlich wie Altglas oder Altpapier), für den etablierte Verwertungswege bestehen, nicht gefolgt werden,
78vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –,
79Dies gerade auch angesichts des dauerhaft deutlich positiven Marktwertes von Alttextilien. Aus diesem Grund ist es zudem unbeachtlich, dass der vorgelegte Vertrag zwischen der F. D. GmbH und der W. Textile Recycling nicht unterschrieben wurde.
80c. Der gewerblichen Sammlung des Klägers stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, die die Untersagung rechtfertigen könnten.
81Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet (Satz 1). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (Satz 2 Alt. 1) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (Satz 2 Alt. 2). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (Nr. 1), die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (Nr. 2.) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (Nr. 3).
82Hier sind der klägerischen Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Form der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten durch die Sammlung des Klägers nicht anzunehmen. Weder wird die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen durch die gewerbliche Sammlung verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) (aa.) noch wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich durch die Sammlung beeinträchtigt. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte (durch das beauftragte Unternehmen AWG) eine hochwertige getrenne Erfassung und Verwertung der Alttextilien durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) (bb.). Zudem gefährdet die gewerbliche Sammlung des Klägers nicht die Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) (cc.).
83aa. Die Sammlung verhindert nicht die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Dies gilt auch, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen betrachtet wird, § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG.
84Mit Hilfe des § 17 Abs. 3 KrWG sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgewogen werden, weshalb für die Auslegung von Absatz 3 primär die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen ist,
85vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (rechte Spalte, zweiter Absatz).
86Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen,
87vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris Rn. 54. Insoweit geht das Verständnis der Vorschrift über deren reinen Wortlaut hinaus.
88Der Schutz der Wirtschaftlichkeit ist nur Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse,
89vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 31,
90zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten gehört.
91An dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung der „Wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG orientiert,
92vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (rechte Spalte, dritter Absatz) und S. 87 (rechte Spalte, letzter Absatz).
93Indes konkretisieren auch die in den Gesetzesmaterialien zitierten beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes,
94Urteile vom 15. November 2007 – C-162/06 –, juris und vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris,
95ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Gerichtes hinreichend, was im Einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen bzw. annehmbaren Bedingungen“ zu verstehen ist,
96so auch OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 158.
97Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gehöre auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese Überlegung nur auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf,
98vgl. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 – C-320/91 –, juris,
99oder auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Teil der öffentlichen Hand. Auf letzteren träfe der Aspekt des Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen indes wohl „nur bedingt“,
100so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160,
101zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist.
102Selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aber wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genösse,
103vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
104Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung ungewisser Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Gesamtkostendeckung erreicht würde,
105vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
106Dies vorausgeschickt kann sich die Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, sie bzw. die AWG seien darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können, ihnen diese Möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten Erlöse aus der Vermarktung aller Alttextilien nicht mehr in ausreichender Weise in den Abfallgebührenhaushalt flössen.
107Ob unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen darüber hinaus nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden kann,
108so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 162,
109und es der Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende Verpflichtung nicht zu niedrigeren Gebühren erbringen, kann dahinstehen. Für die vorzitierte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mag die Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG Anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die Gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche Aspekte sollten bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen – primär keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber habe, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeige, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG - wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung - zugeordnet.
110Selbst wenn man entgegen diesem Ansatz unter das Tatbestandmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ auch gebührenrechtliche Aspekte fasste – wofür der ansonsten praktisch leerlaufende Anwendungsbereich der Norm sprechen mag – führte dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei dürfte in Abgrenzung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG, der die Stabilität der Gebühren zum Inhalt hat, der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann eröffnet sein, wenn nicht die Stabilität der Gebühren als solche in Frage steht, sondern die Rechtmäßigkeit der Abfallgebühren selbst. Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf, dürfte insoweit eine Grenze der wirtschaftlichen Entsorgungssicherheit darstellen,
111vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 164 m.w.N.
112Für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine Anhaltspunkte.
113bb. Auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. beauftragten Dritten wird nicht durch die Sammlung des Klägers im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG wesentlich beeinträchtigt.
114Die Beklagte beruft sich zutreffender Weise darauf, sie führe – durch die AWG, die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses über ca. 180 im Stadtgebiet verteilte Sammelbehälter für Alttextilien verfügte – im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Damit sind Entsorgungssysteme gemeint, die nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten erfassen können,
115vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 44.
116Allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems begründet indes die Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, von der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. Zwar ist dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Ein rein formales Verständnis der Vorschrift führte im Ergebnis aber zu einem vom Unions- und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt,
117vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 38, VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 ‑ W 4 K 13.326 –, juris Rn. 24 ff.
118Die Folge wäre gleichsam eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die mangels Aufgabenbezug die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV verfehlen und gegen das darin enthaltene Gebot der Erforderlichkeit verstoßen würde. Denn Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt nur den Schutz der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nicht aber den Schutz der Aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger,
119vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 147.
120Dieselbe Überlegung gilt hinsichtlich der nationalen Grundrechte, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, soweit durch dieses Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung erforderlich,
121vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 38.
122Ob dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen ist, dass man den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahin versteht, der Gesetzgeber habe auf der Tatbestandsseite wegen der Formulierung „insbesondere anzunehmen“ Regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise unzutreffend sei,
123vgl. so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 39,
124bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man der Ansicht folgte, im Falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung des Abfalls durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger neben einer gewerblichen Sammlung sei nach dem formalen Wortlaut der Vorschrift stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen,
125vgl. Siederer/Wenzel/Schütze, Unzulässigkeit gewerblicher Sammlungen bei bestehenden Erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, AbfallR 2014, S. 79 (81 f.); Dageförde/Thärichen, Die Untersagung gewerblicher Sammlungen von Alttextilien, AbfallR 2013, S. 125 (134 ff.),
126wäre der Wortlaut der Norm zumindest unionsrechts- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, die gewerbliche Sammlung sei trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig,
127vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 38; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 41; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 ‑ AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 85.
128Ein rein formales Verständnis der Vorschrift wäre im Übrigen auch mit der Gesetzessystematik des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vereinbar. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Es liegt auf der Hand, dass die dort inmitten stehende Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann.
129Die Annahme der „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige Prüfung.
130In einem ersten Schritt ist unter Auswertung konkreten Zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige Mengen durch sämtliche gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Entsorgungsgebiet entzogen werden. Ist dies der Fall, kann nahezu stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. Einen Mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in Rede stehenden Alttextiliensammlung naturgemäß an der Gesamtsammelmenge dieser Abfallfraktion im Entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die Kammer als geringfügig,
131vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 130 mit Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 42; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 – M 17 K 13.2189 –, juris Rn. 66; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 39 ff., die jeweils auf eine Menge zwischen 10 und 15 % abstellen.
132Wird die Menge von 10 % überschritten, ist von dieser Zahl losgelöst auf einer zweiten Stufe zu erwägen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall gegeben ist. Dabei ist leitend, dass im Mittelpunkt der Regelung des § 17 Abs. 3 KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme steht,
133vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 87,
134die in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht immer gewahrt bleiben muss. Das schließt aber Beeinträchtigungen durch private Konkurrenten nicht aus. § 17 Abs. 3 KrWG will die öffentliche Hand nicht vor (privater) Konkurrenz schützen,
135vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 134.
136Ein anderes Verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV vereinbar, denn diese Vorschrift stellt die Mitgliedsstaaten vom europäischen Wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die Wettbewerbsnachteile des betrauten Unternehmens Korrelat seines Gemeinwohlauftrags sind,
137vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31 mit Verweis auf Klement in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 143.
138Dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte wegen der gewerblichen Sammlungen gehalten ist, seine Entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen,
139vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 88,
140wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob man dabei auf die Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes oder nur auf die Struktur innerhalb der jeweiligen Abfallfraktion – hier: Alttextilien – abstellt.
141Hiernach gibt es keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche Sammlung des Klägers werde, ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten gefährdet.
142Hinsichtlich der Frage, ob bereits wegen Geringfügigkeit der Sammelmenge eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu verneinen ist, fehlen substantielle Angaben der Beklagten darüber, welche Mengen Alttextilien durch gewerbliche Sammler der Sammlung der AWG insgesamt „entzogen“ werden. Sie führte auf Nachfrage des Gerichts aus, die Sammelmenge der gewerblichen bzw. gemeinnützigen Sammlungen könne nur geschätzt werden, da die Angaben in den Anzeigen der Sammler häufig unvollständig seien und im Stadtgebiet punktuell Straßensammlungen durchgeführt würden, deren Sammelmenge ebenfalls nur geschätzt werden könne. Hinzu kämen zahlreiche Sammlungen, die bei der Beklagten nicht angezeigt worden seien. Nach Schätzungen der AWG sei davon auszugehen, dass von den gewerblichen Sammlungen und den nicht angezeigten Sammlungen in etwa die gleiche Menge, die die AWG sammle, erfasst werde. Im Jahr 2012 habe die AWG 579 t und im Jahr 2013 612 t Alttextilien erfasst. Für das Jahr 2014 gehe die AWG von einer Steigerung der Sammelmenge von 10 % bedingt durch die Aufstellung weiterer Container aus. Worauf diese Schätzung beruht, führte die Beklagte bzw. die AWG nicht aus. Es erscheint deshalb ungewiss, dass die Sammelmenge in dieser geschätzten Höhe tatsächlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. der AWG durch die Sammler entzogen wird. Außerdem bleibt offen, welche Menge Alttextilien (davon) durch gemeinnützige Sammlungen entzogen wird. Diese Ungewissheit wird verstärkt durch die von der Beklagten von der Schätzung der AWG abweichende Angabe, aus den Anzeigen der insgesamt 34 angezeigten Sammlungen ergäbe sich eine Gesamtmenge von Alttextilien in Höhe von 1.713,811 t im Jahr im Stadtgebiet, wobei aktuell nur fünf der angezeigten gewerblichen und zwei der angezeigten gemeinnützigen Sammlungen tatsächlich durchgeführt würden.
143Trotz dieser Ungewissheit bedurfte es an dieser Stelle keiner weiteren Aufklärung, da zugunsten der Beklagten die Überschreitung der Geringfügigkeitsschwelle unterstellt werden kann. Die auf der zweiten Stufe durchzuführende Einzelfallbetrachtung führt auch in diesem Fall nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es ist von der Beklagten nämlich weder dargelegt noch sonst ersichtlich, die Sammlung des Klägers zöge – auch unter Berücksichtigung der sonstigen gewerblichen Sammler – Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien führten bzw. geführt hätten. Zwar ist möglich, dass die von der AWG erfasste Sammelmenge aufgrund der Sammlung des Klägers abgenommen hat (was noch nicht einmal zwingend ist, da es auch möglich erscheint, dass vor allem andere gewerbliche bzw. gemeinnützige Sammler Einbußen bei der Sammelmenge verspürt haben oder die Restmülleinwürfe weiter zurückgegangen sind). Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des nach Angaben der Beklagten vorhandenen Potenzials an Wertstoffen muss aber nicht korrelierend mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sein. Das Gesetz nimmt in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen Bezug, sondern verwendet die Begriffe der „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“. Hinreichende Angaben der Beklagten darüber, wie sich der Verlust der Sammelmenge auf die Planungssicherheit bzw. die Organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. Es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass die AWG ihre Sammlung von Alttextilien neben den gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nicht wie bisher weiterführen wird können. Dies gilt auch deshalb, weil die AWG über „gesicherte“ Stellplätze für ihre Container verfügen und jederzeit auf neue Standplätze - auch im öffentlichen Straßenraum - zurückgreifen könnten. Dass dies möglich ist, zeigt die im Wirtschaftsplan der AWG verankerte (geplante) Erhöhung der Anzahl der Alttextilcontainer von 176 auf 200 für das Jahr 2014.
144Sind schon keine relevanten Auswirkungen auf die Entsorgungsstruktur im Bereich der Abfallfraktion Alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst Recht keine durch die gewerblichen Sammler verursachten erforderlichen Änderungen oder Anpassungen der Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes im Raum.
145Den Nachweis oder jedenfalls die Darlegung der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten hat die Beklagte zu erbringen. Denn bei Eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sie günstige Rechtsfolge ableitet,
146vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190/93 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 – VI C 150.62 –, juris Rn. 17.
147Hinzu kommt, dass die Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten – hier der Beklagten – zuzurechnen sind,
148vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 86 Rn. 11 m.w.N..
149cc. Die Beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche Sammlung des Klägers gefährde die Gebührenstabilität, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG.
150Dieses Kriterium bedarf der Auslegung, da sich der Begriff der Gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt. Gebühren sind per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden Kosten der Abfallentsorgung neu zu kalkulieren,
151vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178.
152Anzuerkennen ist, wenn die Beklagte schlagwortartig zusammengefasst die Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste zu vermeiden versucht,
153vgl. zu diesem Ansatz Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 180; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
154Jedoch ist dazu nicht der Ausschluss gewerblicher Sammler zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Denn dieser Ansatz führte dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil gewerblichen Sammlungen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung „entzogen“ werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigsten Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis höhere Gebühren verursacht,
155vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 192.
156Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität führen kann. Die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stellt als Einrichtung der Daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes Unternehmen dar; die Kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende Benutzungsgebühren von den Gebührenschuldnern zu tragen. Eine geringe Gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates Interesse des Gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische Motivation Gebührenerhöhungen zu vermeiden,
157vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, juris Rn. 28 noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG; a.A. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
158Diese grundsätzlichen Erwägungen schließen allerdings eine Auswirkung des Gebührenaspektes im Einzelfall auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht aus. Diese setzt voraus, dass es durch die Tätigkeit eines gewerblichen Sammlers – ggf. in der Zusammenschau mit anderen gewerblichen Sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion durch den bzw. die Sammler zurückzuführen sein muss,
159vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 183; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 152.
160Wann eine nicht nur geringfügige Gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner Entscheidung zugeführt zu werden. Denn die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, mit der Tätigkeit der gewerblichen Sammler gingen Einbußen der Sammelmenge einher, die zur Erhöhung der Abfallgebühren geführt haben bzw. aufgrund einer prognostischen Betrachtung alsbald zu einer Erhöhung führen würden.
161Das Argument der Beklagten, sie könne bei weniger Erlösen aus der Alttextilienverwertung entsprechend weniger eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen schon nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung aufgrund Erlösen aus der Alttextilienverwertung -, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante Gebührensenkung im Raum, wenn denn die Beklagte – gäbe es keine gewerblichen Sammler mehr im Stadtgebiet – eine höhere Sammelmenge und dementsprechend höhere Vergütungen aus der Alttextilienverwertung erhielte. Ausgehend von der – zu Gunsten der Beklagten – als zutreffend unterstellt (höchsten) geschätzten Sammelmenge von 2.000 t pro Jahr im Stadtgebiet entgingen ihr (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in Höhe von ca. 800.000,00 Euro - bei Zugrundelegung von 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne -,
162vgl. zu dem erzielbaren Durchschnittserlös OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 ‑ 20 B 331/13 ‑, juris Rn. 44.
163In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (für das Jahr 2014: 29.138.154,00 Euro) macht dies nur ca. 2,746 % aus und fällt damit nicht wesentlich ins Gewicht. Überdies müssten bei dieser Betrachtung dann auch noch der Beklagten entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten ggf. in Form von Fremdleistungsentgelten in Abzug gebracht werden, die Gebührenauswirkungen unter diesem Betrag liegend wahrscheinlich machten. Darauf kam es aber nicht mehr an.
164dd. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ein überwiegendes öffentliches Interesse könnte wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen,
165vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff.
166Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste, Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der - insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommende - Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigten, sind hier nicht ersichtlich.
167Hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung gilt, dass diese reibungslos funktionieren muss. Insbesondere dürfen durch die gewerblichen Sammlungen keine Strukturen (wesentlich) beeinträchtigt werden. Dass die Strukturen der Beklagten für Alttextilien bezogen auf den Sammlungsvorgang als solchen und die Verwertung dergestalt beeinträchtigt werden, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht (hinreichend konkret) geltend gemacht. Die Beklagte selbst bzw. die AWG mussten aufgrund der Sammlungstätigkeit des Klägers keine Anpassung ihrer Sammlungstätigkeit vornehmen. Vielmehr haben die Beklagte bzw. die AWG ihr Sammlungsvolumen kontinuierlich erweitert, was – zumindest bezogen auf den aktuellen Sammelumfang – für ein mögliches lukratives Nebeneinander der verschiedenen Sammlungen spricht.
168Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Alttextilien für den Fall sicherzustellen, dass der Kläger seine Sammlung unvermittelt einstellt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund des im Stadtgebiet bestehenden flächendeckenden Netzes der B. mit (geplanten) 200 eigenen Containern. Im Übrigen ist einer Reserve- bzw. Auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nichts Durchgreifendes entgegen zu halten. Dem öffentlich- rechtlichen Entsorgungsträger kann eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden,
169vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 7 ME 192/07 –, juris Rn. 13 zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.
170Hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die Marktpreise für Alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere Unternehmen stünden zur Verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln, Befördern und die Verwertung der Alttextilien im Auftrag der Beklagten übernehmen können und - natürlich gegen entsprechende Bezahlung - auch würden. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
171ff. Da es bereits an den Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 KrWG fehlt, kommt es darauf, ob die Sammlung und Verwertung des Klägers nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG wesentlich leistungsfähiger ist, als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten, nicht mehr an.
172Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob die Beklagte die Vorschrift des § 18 Abs. 7 KrWG und die dort normierten Bestands-/Vertrauensschutzgesichtspunkte zutreffend und hinreichend berücksichtigt hat.
1732. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Klägers im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.
174Zuverlässig ist, wer aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, seines Verhaltens und seiner Fähigkeiten zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben geeignet ist, wobei stets auf den konkreten Zusammenhang abzustellen ist,
175vgl. zur Zuverlässigkeit im Sinne von § 22 Satz 3 KrWG: Schomerus/Versteyl, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Auflage 2012, § 22 Rn. 12.
176Dabei kommt es nicht ausschließlich auf das Begriffsverständnis der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (§ 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV) an, weil gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen,
177vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 –, juris Rn. 29.
178Das Urteil über die Zuverlässigkeit, welches vom Gericht voll zu überprüfen ist, ist ein Wahrscheinlichkeitsurteil. Es muss bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Fall der weiteren Durchführung der Sammlung zu (gewichtigen) Verstößen gegen abfallrechtliche und sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften kommen wird,
179vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 –, juris Rn. 10.
180Es kann dahinstehen, inwieweit § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung – weil eine Untersagung auf dieser Grundlage bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend ist, d. h. kein Ermessen der Behörde besteht, und eine Untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig den Schutzbereich der Art. 12, 14 GG tangiert – von vornherein in gewisser Weise einer einschränkenden Auslegung dahingehend bedarf, dass anders als es sein Wortlaut nahe legt, beliebige (bloße) Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen, sondern die Bedenken ein so starkes Gewicht haben müssen, dass sie, gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung rechtfertigen,
181vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 –, juris Rn. 4 ff.; in diesem Sinne auch BayVGH, Beschluss vom 2. Mai 2013 – 20 AS 13.700 –, juris Rn. 22 und 25.
182Denn unabhängig davon, ob das „Verschleiern der tatsächlichen Sammelmengen“ der F. D. GmbH ausreicht, um (hinreichende) Bedenken für die Annahme einer Unzuverlässigkeit anzunehmen, ist dieser Umstand hier bereits deshalb nicht geeignet, die Untersagung der Sammlung zu rechtfertigen, weil er nicht zutrifft. Träger der von dem Kläger angezeigten und durchgeführten Sammlung ist er selbst und nicht – wie die Beklagte meint – die F. D. GmbH.
183Während die Begriffe der Sammlung und des Sammlers legaldefiniert sind (vgl. § 3 Abs. 10, 15 KrWG), gibt es keine gesetzliche Definition des Trägers. Es liegt jedoch auf der Hand, dass damit die für die Sammlung verantwortliche Person gemeint ist,
184vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2014 – 20 B 881/13 –, n.v. UA Seite 3.
185Kriterien zur Bestimmung der Trägerschaft sind, wer die Sammlung wirtschaftlich veranlasst hat, maßgeblich steuert und wem die Gewinne zufließen. Dabei ist eine wertende Betrachtung vorzunehmen, die wesentlich auch von den Angaben zur Organisation der Sammlung abhängt,
186vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 10 S 2273/13 –, juris Rn. 11.
187Gemessen hieran ist der Kläger Träger der von ihm angezeigten und durchgeführten Sammlung. Er hat die Sammlung wirtschaftlich veranlasst, was sich darin zeigt, dass er bereits seit 2010 im Stadtgebiet der Beklagten mit Containern Alttextilien sammelt, jedoch erst ca. seit dem Jahr 2011 mit der F. D. GmbH zusammenarbeitet. Ausweislich der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung stehen die Container in seinem Eigentum und die Sammelfahrzeuge sind auf ihn zugelassen. Anhaltspunkte, an diesen Angaben zu Zweifeln, bestehen nicht. Im Verhältnis zur F. D. GmbH wird er eigenverantwortlich und selbstständig tätig. Insbesondere bestimmt er allein den Umfang und den Ort der Sammlung. Intern ist hierfür der beim Kläger angestellte Mitarbeiter X2. O. verantwortlich. Die F. D. GmbH hat – was den Sammelvorgang anbelangt – keinen wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Sammlung. Ausweislich des am 30. November 2012 zwischen dem Kläger und der F. D. GmbH geschlossenen Subunternehmervertrags wird dem Kläger nach § 1 das Aufstellen und Entleeren der Altkleidercontainer sowie das Warensammeln selbstständig übertragen. Wird Sammlungsgut in einen der von dem Kläger aufgestellten Container eingeworfen, hat ausschließlich dieser die Möglichkeit der Einwirkung auf dieses. Dass nach § 3 Abs. 2 des Vertrages eine Verpflichtung des Klägers besteht, alle Sammlungen über F. D. GmbH an die W. Textile Recycling zu verkaufen, steht seiner Trägerschaft nicht entgegen, denn diese Pflicht berührt die maßgeblichen Einfluss- und Einwirkungsmöglichkeiten auf Umfang und Ort der Sammlung gerade nicht, sondern betrifft ist erster Linie nur die Verwertung,
188vgl. zu dieser Differenzierung OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2014 – 20 B 881/13 –, n.v. UA Seite 4 f.
189Auch dass nach § 5 Ziffer 1 der genaue Arbeitsablauf gemeinsam festgelegt wird, steht einer Trägerschaft des Klägers nicht entgegen. Denn zum einen ist eine gemeinsame, also gleichberechtigte Festlegung normiert und in der Zusammenschau mit der Regelung in § 1 spricht Überwiegendes dafür, dass damit nur die Abläufe nach der Sammlung, die die Verwertung betreffen, gemeint sind, wie z.B. der Transport der gesammelten Ware nach Forst (Lausitz) in der Nähe von Cottbus.
190Neben der rechtlichen Gestaltung des Subunternehmervertrages spricht auch die tatsächliche äußerliche Gestaltung der Sammelcontainer für eine Trägerschaft des Klägers. Ausweislich seiner Beschreibung in der mündlichen Verhandlungen sind die Container mit der Firma „T1. -U. “ bedruckt und tragen die Kontaktdaten der Firma. Ein Hinweis auf die F. D. GmbH als (vermeintliche) Trägerin der Sammlung von Altkleidern und Altschuhen findet sich dort nicht. Für den objektiven Betrachter (vgl. §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch) erscheint deshalb allein der unter der Firmenbezeichnung „T1. -U. “ handelnde Kläger für die Sammlung verantwortlich.
191Die Tatsache, dass die F. D. GmbH rechtlichen Beistand bei der Bearbeitung der Anzeige und der Führung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewährte, ändert an dieser Gesamtbetrachtung nichts, sondern erscheint aufgrund der Zusammenarbeit der F. D. GmbH und dem Kläger im Stadtgebiet der Beklagten nachvollziehbar.
192Träfe die Ansicht der Beklagten zu, nicht der Kläger, sondern allein die F. D. GmbH sei Trägerin der vom Kläger angezeigten und durchgeführten Sammlung, wäre im Übrigen die an den Kläger adressierte auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützte Untersagungsverfügung deshalb rechtswidrig, weil nur der Träger der Sammlung tauglicher Adressat einer solchen Verfügung sein kann. Ob eine Verfügung in diesem Fall auf § 62 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 KrWG gestützt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung.
193V. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen beruhenden Zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen Grundverfügung (vgl. insoweit die Ausführungen unter A. IV), die mit diesem Urteil aufgehoben wird.
194Gleiches gilt für die nach §§ 14 Abs. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen festgesetzte Verwaltungsgebühr. Für eine rechtswidrige Amtshandlung können keine Kosten gefordert werden,
195vgl. Susenberger/Weißauer, Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblattwerk (Stand: Dezember 2006), § 1 Rn. 13, m. w. N.
196B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 Sätze 1 und 2 Zivilprozessordnung.
197Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
198Beschluss:
199Der Streitwert wird auf 12.980,00 Euro festgesetzt.
200Gründe:
201Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Da die Untersagung der Sammlung einer partiellen Gewerbeuntersagung gleichkommt, hat sich das Gericht bei der Ausübung seines Ermessens an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 orientiert. Der danach entscheidende (beabsichtigte) Jahresgewinn ist anhand der von dem Kläger selbst im Verwaltungsverfahren angegebenen beabsichtigten Jahresgesamtsammelmenge (62,4 t) zu bestimmen. Dementsprechend ergibt sich bei einem erzielbaren Erlös pro Tonne Alttextilien in Höhe von 400,00 Euro und einer (geschätzten) Gewinnmarge von 50 % ein Jahresgewinn in Höhe von 12.480,00 Euro,
202vgl. zu dieser Streitwertpraxis OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris.
203Der Zwangsgeldandrohung kommt wegen ihrer Verbindung mit der Grundverfügung keine eigenständige Bedeutung zu (Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs). Hinsichtlich der Gebührenfestsetzung folgt die Festsetzung des Streitwertes aus § 52 Abs. 3 GKG.
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags NRW am 1. Dezember 2012 verpflichtet gewesen ist, der Klägerin den begehrten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zu erteilen.
2. Es wird festgestellt, dass der Zurückstellungsbescheid der Beklagten vom 17. Januar 2012 rechtswidrig gewesen ist.
3. Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 29. November 2012 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Mit bei der Beklagten am 11. August 2011 eingegangenem Antrag begehrte die Klägerin die Erteilung eines planungsrechtlichen Bauvorbescheids für eine Nutzungsänderung des ersten Obergeschosses des auf dem Grundstück Gemarkung S. , Flur 632, Flurstück 206 (postalische Anschrift U. -L. -Str. 19, S. ) gelegenen Gebäudes. Als beabsichtigte Nutzung gab sie "Freizeit-Entertainment-Center“ an. Die genaue Fragestellung zu dem begehrten Bauvorbescheid lautete: „Ist die Nutzungsänderung des ersten Obergeschosses des Postgebäudes in ein Freizeit-Entertainment-Center planungsrechtlich zulässig?“ Im Rahmen der beigefügten Baubeschreibung führte sie zur Art der beabsichtigten Nutzung „Freizeit-Entertainment-Center mit zwei Spielstätten á ca. 150 m²“ aus. Das Feld „Sonstiges“ der Baubeschreibung enthielt den Hinweis „der Stellplatznachweis ist nicht Gegenstand der Voranfrage“. Im Rahmen der Betriebsbeschreibung für gewerbliche Anlagen beschrieb sie die zu erbringende Dienstleistung als „zwei Spielstätten á ca. 150 m²“. Hierbei sollten zweimal zwölf Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit sowie Billardtische und Internetterminals aufgestellt werden. Die Betriebszeiten sowohl an Werk- wie auch an Sonn- und Feiertagen gab sie von 6:00 Uhr bis 5:00 Uhr an. Durch den Betrieb entstünden von einem geringfügigen An- und Abfahrtverkehr hervorgerufene Geräusche. Zur Lage der Geräuschquellen gab sie an: „Die erforderlichen Stellplätze werden auf dem Grundstück angeordnet und über die U. -L. -Straße angefahren. Der Stellplatznachweis ist nicht Gegenstand der Bauvoranfrage.“
3Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – der Beklagten. Dieser enthält lediglich Festsetzungen zur Art der zulässigen baulichen Nutzung und setzt für das Vorhabengrundstück ein Kerngebiet (MK) fest. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 186, hier Ziffer 5.1.1.2, sind in den als MK-Gebiet festgesetzten Bereichen Spielhallen und ähnliche Unternehmen im Sinne des § 33i Gewerbeordnung (GewO) in den Erdgeschosszonen unzulässig. Nach Ziffer 5.1.2 der textlichen Festsetzung sind in den MK-Gebieten Wohnungen oberhalb des Erdgeschosses gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO allgemein zulässig.
4Ausweislich eines in dem Verwaltungsvorgang der Beklagten (Beiakte 1, Seite 42) befindlichen Vermerks hielt diese das Vorhaben für planungsrechtlich zulässig. Auf dieser Basis fertigte die Beklagte einen – undatierten – Entwurf eines positiven planungsrechtlichen Vorbescheids. Dieser trägt den Stempelaufdruck „ungültig!“ sowie den handschriftlichen Vermerk „wegen B-Plan-Änderung!“.
5Am 12. Dezember 2011 beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt des Rates der Beklagten vorbehaltlich des Ratsbeschlusses zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – am 19. Dezember 2011 im Hinblick auf die Planungsabsichten der Beklagten in diesem Bereich, die Entscheidung über die Zulässigkeit der Nutzungsänderung zu einer Vergnügungsstätte auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück gemäß § 15 Abs. 1 Baugesetzbauch (BauGB) für max. zwölf Monate auszusetzen.
6Der Rat der Beklagten beschloss am 19. Dezember 2011 die Aufstellung der 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße –.
7Am 21. Dezember 2011 verfügte der Bürgermeister der Beklagten – soweit hier maßgeblich – wie folgt:
8„1. Der Rat der Stadt S. hat in seiner Sitzung vom 19. Dezember 2011 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – beschlossen.
92. Gemäß § 2 Abs. 1 BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetz vom 22. Juli 2011, hat die Gemeinde den Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ortsüblich bekanntzumachen.
10Folgender Text ist im Amtsblatt zu veröffentlichen:
11Text siehe Seite 2“
12Dem angefügt befand sich ein Blatt mit dem zur Veröffentlichung vorgesehenen Text. Insoweit wird auf den Verwaltungsvorgang (Blatt 8 der Beiakte 1) ergänzend Bezug genommen. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 22. Dezember 2011 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.
13Mit Schreiben vom 2. Januar 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Zurückstellung gemäß § 15 Abs. 1 BauGB für zwölf Monate an. Das beantragte Vorhaben liege innerhalb des rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße –, der diesbezüglich ein Kerngebiet festsetze. Dieses Kerngebiet werde im Hinblick auf den Antragsgegenstand insoweit feingesteuert, als dort Spielhallen und ähnliche Unternehmen in den Erdgeschosszonen unzulässig seien. Das Vorhaben wäre demnach im ersten Obergeschoss zulassungsfähig. Allerdings gehöre das Antragsgrundstück zum zentralen Versorgungsbereich „Stadtteilzentrum Süd“, dessen Entwicklung einer genaueren Betrachtung unterzogen werde. Es ließen sich erste Tendenzen eines sogenannten „Trading-down-Effekts“ ausmachen. Im Hinblick hierauf habe der Rat der Stadt in seiner Sitzung am 19. Dezember 2011 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – mit dem Ziel der Umsetzung des Einzelhandelskonzepts und der Überprüfung der Festsetzungen im Hinblick auf die Art der Nutzung (Gebietskategorie, Steuerung/Ausschluss einzelner Nutzungsarten) sowie der Vermeidung eines „Trading-Down-Effekts“ im zentralen Versorgungsbereich beschlossen.
14Die Klägerin verwies in ihrem Schreiben vom 13. Januar 2012 hierzu darauf, dass die Beklagte das Vorhaben bisher offensichtlich selbst für zulässig erachtet habe. Insoweit erweise sich die Nichterteilung des beantragten Bauvorbescheids als rechtswidrig.
15Mit Bescheid vom 17. Januar 2012, der Klägerin am 19. Januar 2012 zugestellt, stellte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erteilung des Bauvorbescheids bis zum 11. November 2012 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Das Antragsgrundstück liege im zentralen Versorgungsbereich Stadtteilzentrum Süd, dessen Entwicklung einer genaueren Betrachtung unterzogen werde. Es ließen sich erste Tendenzen eines „Trading-down-Effekts“ ausmachen. Einzelhandels- und zentrenrelevante Nutzungen würden durch andere Nutzungen wie z.B. Vergnügungsstätten verdrängt. Hierdurch werde die Stabilität des zentralen Versorgungsbereichs gefährdet. Die Erfüllung der Versorgungsfunktion werde erschwert. Im Hinblick hierauf habe der Rat in seiner Sitzung am 19. Dezember 2011 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss sei im Amtsblatt am 22. Dezember 2011 veröffentlicht worden. Nach § 15 BauGB könne die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten aussetzen, wenn zu befürchten sei, dass die Durchführung der Planung durch das Bauvorhaben unmöglich gemacht oder jedenfalls wesentlich erschwert werde. Aus den vorgenannten Gründen habe der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt in seiner Sitzung am 12. Dezember 2011 vorbehaltlich des Ratsbeschlusses zur Aufstellung des Bebauungsplans die Zurückstellung für max. zwölf Monate beschlossen. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung des Zurückstellungsbescheids gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO an.
16Am 24. September 2012 beschloss der Rat der Beklagten die Satzung über die Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB im Bereich des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd –. Ausweislich des § 1 der Satzung dient diese der Sicherung der Planung für den Bereich des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd –, für den der Rat in seiner Sitzung am 19. Dezember 2011 einen Aufstellungsbeschluss gefasst hat. Nach § 3 Nr. 1 der Veränderungssperren-Satzung dürfen in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet weder Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB durchgeführt noch bauliche Anlagen beseitigt werden. Am 1. Oktober 2012 ordnete der Bürgermeister der Beklagten die Bekanntmachung der Veränderungssperren-Satzung an und bestätigte zugleich deren ordnungsgemäßes Zustandekommen und die Übereinstimmung des Wortlautes mit dem Ratsbeschluss. Es sei nach § 2 Abs. 1 und 2 Bekanntmachungsverordnung NRW (BekanntmVO NRW) verfahren worden. Die Veränderungssperren-Satzung wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 5. Oktober 2012 öffentlich bekannt gemacht.
17Mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zu beabsichtigten Ablehnung der Bauvoranfrage an. Das Vorhaben liege innerhalb des Bereichs des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung –. Nach § 3 Nr. 1 der Veränderungssperren-Satzung dürfe das Vorhaben nicht durchgeführt werden. Hierauf nahm die Klägerin am 26. Oktober 2012 gegenüber der Beklagten Stellung und machte geltend, das Vorhaben sei weiterhin bauplanungsrechtlich zulässig.
18Die Beklagte lehnte die Erteilung des begehrten planungsrechtlichen Bauvorbescheids mit Bescheid vom 6. November 2012 ab und verwies zur Begründung auf § 3 Nr. 1 der Veränderungssperren-Satzung. Am 29. November 2012 erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin einen Gebührenbescheid für die Ablehnung der Bauvoranfrage i.H.v. 1.125,- €. Die Gebührenberechnung war mit dem Hinweis versehen, die Erhebung erfolge gemäß den Empfehlungen zu einer Gebührenfestsetzung bei Tarifstellen mit Rahmensätzen des Städtetages Nordrhein-Westfalen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Gebührenberechnung wird auf den Verwaltungsvorgang (Beiakte 6, Blatt 231) Bezug genommen.
19Am 22. April 2013 beschloss der Rat der Beklagten erneut die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – sowie eine Satzung über eine Veränderungssperre im Bereich des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd –. Gleichzeitig hob er die Veränderungssperren-Satzung vom 6. Oktober 2012 auf. Die Bekanntmachungsanordnungen wurden durch den Bürgermeister am 23. April 2013 unterzeichnet. Am gleichen Tag wurden der neue Aufstellungsbeschluss sowie die neue Veränderungssperren-Satzung im Amtsblatt der Beklagten bekanntgemacht.
20Bereits am 13. Januar 2012 hat die Klägerin Klage erhoben und zunächst beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihr den begehrten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zu erteilen.
21Am 20. Januar 2012 hat die Klägerin den ihr nunmehr zugegangenen Zurückstellungsbescheid in das Klageverfahren eingeführt, dessen Aufhebung beantragt und hilfsweise die Feststellung begehrt, dass bis zur Zurückstellung ihrer Bauvoranfrage eine Verpflichtung zur Genehmigung desselben bestand.
22Am 7. Dezember 2012 hat die Klägerin die Klage um den Gebührenbescheid vom 29. November 2012 in Höhe von 1.125,- € erweitert und dessen Aufhebung begehrt sowie den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 6. November 2012 in ihren ursprünglich erhobenen Klageantrag einbezogen. Außerdem hat sie hilfsweise die Feststellung begehrt, dass bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 6. Oktober 2012, und weiter hilfsweise, dass bis zur Zurückstellung ihrer Bauvoranfrage eine Verpflichtung zur Genehmigung des beantragten Bauvorbescheides bestand.
23Unter dem 23. Mai 2013 hat die Klägerin ihren vorstehenden Hilfsanträgen im Hinblick auf das Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag am 1. Dezember 2012, den Hilfsantrag vorangestellt, dass bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes die Beklagte verpflichtet war, den Bauvorbescheid zu erteilen.
24Am 4. November 2013 hat die Klägerin auf die am 24. April 2013 in Kraft getretene Veränderungssperre hingewiesen und den vorstehenden Hilfsanträgen das Hilfsbegehren vorangestellt, dass bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 24. April 2013 die Beklagte verpflichtet war, den Bauvorbescheid zu erteilen.
25Allen Hilfsanträgen und -begehren hat sie jeweils unechte Hilfsanträge, gerichtet auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheides vom 17. Januar 2013, beigegeben.
26Am 22. Dezember 2014 hat die Klägerin erklärt, den Verpflichtungsantrag vom 13. Januar 2012 und den hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag bezogen auf das Inkrafttreten der Veränderungssperre am 24. April 2013 nebst den zugehörigen Feststellungsantrag betreffend die Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheids der Beklagten vom 17. Januar 2012 nicht mehr weiter zu verfolgen.
27Zur Begründung der verbliebenen Klageanträge führt die Klägerin aus: Der Antrag auf Feststellung der Bestehens eines Anspruchs auf den beantragten Bauvorbescheid bis zum Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag NRW am 1. Dezember 2012 erweise sich als zulässig. Gehe man davon aus, dass der Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zum Erlass des Bauvorscheids durch das Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag NRW am 1. Dezember 2012 untergegangen sei, liege ein Fall der Erledigung vor. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für eine spätere Geltendmachung von Amtshaftungs- bzw. sonstigen Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen. Ein zu erwartender Schadensersatzanspruch beziehe sich auf entgangene Pachtzinsen für das Objekt. Am 5. September 2011 habe sie mit der H. GmbH & Co. KG eine Einigung über den Abschluss eines Pachtvertrages erzielt. Der monatliche Pachtzins hätte 3.996 € (zwölf Euro je Quadratmeter bei 333 m² Grundfläche) betragen sollen. Notwendige Investitionen wären von der Pächterin zu tragen gewesen. Der hierauf basierende Schaden belaufe sich auf mindestens 71.928,- € zuzüglich Zinsen. Dabei sei zumindest von einer zu realisierenden Pachtvertragsdauer von 18 Monaten auszugehen. Bei zeitnaher Bearbeitung des Antrags sowie der danach zu beantragenden Baugenehmigung habe sie am 22. Dezember 2011 mit Erteilung letzterer rechnen dürfen. Gleichzeitig hierzu hätte die Pächterin eine Glücksspielkonzession beantragt und erhalten, so dass das Pachtverhältnis zum 1. Januar 2012 hätte beginnen können. Die Änderung des Glücksspielrechts hätte in der Folge dazu geführt, dass die Pächterin zum 30. Juni 2013 die Glücksspielkonzession verloren und sodann das Pachtverhältnis nach 18 Monaten beendet hätte.Der Antrag sei auch begründet. Der Erteilung des begehrten Bauvorbescheids hätten im maßgeblichen Zeitpunkt keine bauplanungsrechtlichen Vorschriften entgegengestanden. Die am 6. Oktober 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre der Beklagten sei nichtig, weil sie sich nicht auf einen wirksamen Aufstellungsbeschluss stützen lasse. Der am 19. Dezember 2011 gefasste Aufstellungsbeschluss sei nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Insoweit seien die Vorschriften der BekanntmVO NRW maßgeblich. Vorliegend fehle es an einer Bestätigung des Bürgermeisters der Beklagten nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW, dass der Aufstellungsbeschluss ordnungsgemäß zustande gekommen und dass in der Präambel des zur Bekanntmachung vorbereiteten Aufstellungsbeschlusses das Datum des Ratsbeschlusses eingesetzt worden sei sowie dass der Wortlaut des Aufstellungsbeschlusses mit dem Ratsbeschluss übereinstimme. Dies führe zur Unwirksamkeit des Aufstellungsbeschlusses und habe zur Folge, dass weder der Zurückstellungsbescheid noch die Veränderungssperre vom 6. Oktober 2012 wirksam hätten erlassen werden können. Darüber hinaus erwiesen sich die Planungsvorstellungen der Beklagten als nicht sicherungsfähig, so dass auch aus diesem Grund weder der Zurückstellungsbescheid noch die Veränderungssperre vom 6. Oktober 2012 hätten ergehen dürfen.Auch der unechte Hilfsantrag zu 2. sei (als Fortsetzungsfeststellungsantrag) zulässig und begründet. Im Schriftsatz vom 20. Januar 2012 habe sie die Anfechtung des Zurückstellungsbescheids vom 17. Januar 2012 erklärt. Durch den Ablehnungsbescheid vom 6. November 2012 habe sich die Zurückstellung nach Erhebung erledigt. Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für die Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche.
28Die Klägerin beantragt,
29-
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1. festzustellen, dass die Beklagte unmittelbar vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags NRW am 1. Dezember 2012 verpflichtet gewesen ist, ihr den begehrten Bauvorbescheid zu erteilen,
-
31
2. hilfsweise für den Fall, dass der Antrag zu 1. Erfolg hat (unechter Hilfsantrag), festzustellen, dass der Zurückstellungsbescheid der Beklagten vom 17. Januar 2012 rechtswidrig gewesen ist,
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3. den Gebührenbescheid der Beklagten vom 29. November 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Zur Begründung führt sie aus: Die gestellten Anträge hätten keine Aussicht auf Erfolg, da der Klägerin das erforderliche (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse fehle. Die Behauptung eines eingetretenen Schadens setze im Hinblick auf die Darlegungspflicht zwingend voraus, diese Behauptung durch Angaben zur Art des Schadens und zur annähernden Schadenshöhe zu substantiieren.
36Entscheidungsgründe:
37Die Klage hat Erfolg.
38Die Anträge sind zulässig und begründet.
39Der Antrag zu 1. ist zulässig. Die ursprünglich am 13. Januar 2012 erhobene Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage ist im Zeitpunkt der Erledigung zulässig gewesen. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann ein Kläger bei Vorliegen eines berechtigten Interesses die Feststellung beantragen, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich ein angefochtener Verwaltungsakt vorher, d.h. vor einer Entscheidung über einen auf seine Aufhebung gerichteten Antrag, aber nach Erhebung einer zulässigen Klage erledigt hat. Die Vorschrift gilt entsprechend für ein Verpflichtungsbegehren, das im Prozessverlauf seine Erledigung gefunden hat. Dem entsprechend kann ein Kläger, sofern sich während der Anhängigkeit einer auf die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids gerichteten Verpflichtungsklage die Rechtslage zu seinem Nachteil ändert, im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage seinen Antrag umstellen, in dem er die Feststellung begehrt, dass sein Vorhaben nach alter Rechtslage zulässig bzw. die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung rechtswidrig gewesen ist . Einen solchen Antrag kann er – wie hier zunächst geschehen – unter Aufrechterhaltung des Hauptantrags auch hilfsweise stellen.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1980 – 4 C 3/78 –, BVerwGE 61, 128 = juris Rn 24, und vom 28. April 1999 – 4 C 4/98 –, BVerwGE 109, 74 = juris Rn 10; Beschluss vom 8. Mai 2001 – 1 WB 15/01 –, Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 6 = juris Rn 4; OVG NRW, Urteil vom 4. Mai 2000 – 7 A 1744/97 –, NVwZ 2000, 1066 = juris Rn 4, und vom 17. Januar 2006 – 10 A 3413/03 –, BRS 70 Nr. 9 = juris Rn 46.
41Das Begehren der Klägerin auf Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheids zur Nutzungsänderung hat sich durch das Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zum Glückspielstaatsvertrag NRW (AG GlüStV NRW) am 1. Dezember 2012 und damit nach Klageerhebung erledigt. Das Inkrafttreten eines Gesetzes ist zwar keine Erledigung im eigentlichen Sinn, ist aber einer solchen Erledigung gleichzustellen. Insoweit kommt es maßgeblich auf die Erledigung des Klagebegehrens, also im Ergebnis auf die Erledigung des behaupteten Verpflichtungsanspruchs an.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1983 – 3 C 56/80 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 129 = juris Rn 13, und vom 25. Juli 1985 – 3 C 25/84 –, BVerwGE 72, 38 = juris Rn 38; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn 303.
43Die Klägerin ist seit Inkrafttreten des AG GlüStV NRW aus Rechtsgründen gehindert, von einer aufgrund des begehrten Bauvorbescheids zu erteilenden Baugenehmigung Gebrauch zu machen. Sie kann daher mit einer Verpflichtungsklage auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids ihre Rechtsstellung nicht mehr verbessern. Der Ausnutzung der begehrten Baugenehmigung steht nunmehr § 16 Abs. 3 Satz 1 Satzteil 1 AG GlüStV NRW in Verbindung mit §§ 24 f. GlüStV entgegen. Danach ist die Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere wenn sie in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ausgeschlossen (Verbot der Mehrfachkonzessionen). Diese Norm in Verbindung mit § 25 Abs. 2 GlüStV räumt kein Ermessen ein. Vielmehr ist die Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, zwingend und ausnahmslos zu versagen. Vorliegend sollten laut dem Antrag der Klägerin vom 11. August 2011 zwei gewerberechtlich eigenständige Spielstätten im ersten Obergeschoss genehmigt werden. Eine Baugenehmigung bzw. einen Bauvorbescheid könnte die Klägerin bzw. der jeweilige Pächter der Räumlichkeiten jedenfalls seit Inkrafttreten des AG GlüStV NRW nicht mehr ausnutzen.
44Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vorenthaltens des Bauvorbescheides seitens der Beklagten im Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses.
45Ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung kann jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 1990 – 3 C 49/87 –, NVwZ 1991, 570 = juris Rn 25; Urteil vom 17. Dezember 1991 – 1 C 42/90 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 238 = juris Rn 13; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn 268.
47Bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, die der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist.
48Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. August 1987 – 4 C 31/86 –, BRS 53 Nr. 110 = juris Rn 13, und vom 17. Dezember 1991 – 1 C 42/90 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 238 = juris Rn 13; OVG NRW, Urteile vom 19. April 2013 – 10 A 2596/11 –, NVwZ-RR 2013, 706 = juris Rn 52, und vom 25. März 2014 – 2 A 2679/12 –, juris Rn 47; BayVGH, Beschluss vom 30. September 2014 – 20 ZB 11.1890 –, juris Rn 22.
49Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Klägerin von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere ist von ihr aufzuzeigen, was konkret erstrebt wird, also welcher Schaden im Zivilrechtsweg geltend gemacht worden soll, und dass diesbezüglich ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung eines Schadens bzw. einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt hierfür nicht. Gleichzeitig dürfen aber im Hinblick auf das Fortsetzungsfeststellungsinteresse als Zulässigkeitsvoraussetzung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.
50Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Januar 2003 – 13 A 4859/00 –, NVwZ-RR 2003, 696 = juris Rn 16, vom 5. Juli 2012 – 12 A 1423/11 –, juris Rn 26, und vom 12. April 2013 – 10 A 671/11 –, juris Rn 72; Urteil vom 19. April 2013 – 10 A 2596/11 –, NVwZ-RR 2013, 706 = juris Rn 53; BayVGH, Beschluss vom 30. September 2014 – 20 ZB 11.1890 –, juris Rn 22; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn 278.
51Die Klägerin wird den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung des geltend zu machenden Schadens insoweit gerecht. Sie führt aus, in zeitlichem Zusammenhang mit der Stellung der Bauvoranfrage Verhandlungen mit Pachtinteressenten geführt und am 15. September 2011 mit der H. GmbH & Co KG, H1. , eine Einigung hinsichtlich des Abschlusses eines Pachtvertrags über die betreffenden Räumlichkeiten erzielt zu haben. Dabei sei diese – im Hinblick auf die damals schon zu erwartende Neuregelung des Glückspielrechts – an einer ggf. auch kürzeren Pachtdauer interessiert gewesen. Zur Untermauerung ihres Vortrags hat die Klägerin ein Schreiben eines der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der H. GmbH & Co KG vorgelegt, welcher den Vortrag bestätigt. Ob es sich hierbei – wofür durchaus einiges spricht – um einen nachträglich abgesprochenen Inhalt handelt, kann hier dahinstehen. Angesichts der wirtschaftlich grundsätzlich nachvollziehbaren Absprache kann dem Vortrag der Klägerin die für die Annahme eines Schadens notwendige Plausibilität und Substanz nicht grundsätzlich abgesprochen werden. Dies gilt auch für eine absehbar kurze, von der Klägerin benannte Pachtdauer von 18 Monaten bei gleichzeitiger Tragung der Kosten des Ausbaus durch die Pächterin, da angesichts zu erwartender hoher Erträge aus der Nutzung des Objekts und gleichzeitig geringer Investitionskosten – die Geldspielgeräte sind ortsveränderlich – nicht ohne weiteres auch bei kurzen Betriebszeiträumen von einer mangelnden Rentabilität ausgegangen werden kann. Eine weitergehende Prüfung muss insoweit dem Amtshaftungsprozess vorbehalten bleiben. Gleiches gilt für die Darlegung des geltend zu machenden Schadens. Auch insoweit erweist sich die Darlegung der Klägerin, sie hätte durch den vorgenannten Pachtvertrag monatlich 12 € pro m², insgesamt also 3.996 €/Monat erlösen können, gerade vor dem Hintergrund der durch Spielhallenbetreiber häufig gezahlten höheren Pachtzinsen als nachvollziehbar.
52Der Antrag zu 1. ist begründet.
53Die Klägerin hatte im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AG GlüStV NRW am 1. Dezember 2012 einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids. Ein solcher Anspruch besteht gemäß § 71 Abs. 1, 2 i.V.m. § 75 Abs. 1 der Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (BauO NRW), wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Dabei kommen vorliegend nur Vorschriften des Bauplanungsrechts in Betracht, da die Bauvoranfrage durch die Klägerin auf die Klärung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens beschränkt worden ist. Der Erteilung eines positiven planungsrechtlichen Bauvorbescheids standen im Zeitpunkt der Erledigung keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen.
54Der Erteilung der begehrten Baugenehmigung stand die von der Beklagten am 6. Oktober 2012 in Kraft getretene Satzung über die Veränderungssperre für den Planbereich des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – vom 6. Oktober 2012 (erste Veränderungssperren-Satzung) nicht entgegen, denn diese erweist sich als nichtig.
55Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kann eine Gemeinde zur Sicherung der Planung für einen künftigen Planbereich eine Veränderungssperre u.a. mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. § 3 Nr. 1 der Satzung über die Veränderungssperre vom 6. Oktober 2012 enthält ein solches Verbot.
56Diese Veränderungssperren-Satzung ist in formeller Hinsicht rechtmäßig. Sie wurde am 24. September 2012 vom Rat der Beklagten als Satzung beschlossen und nach § 16 Abs. 1, 2 Satz 1 BauGB i.V.m. den Bestimmungen der BekanntmVO und § 12 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Beklagten in deren Amtsblatt am 6. Oktober 2012 ortsüblich bekannt gemacht.
57Die Veränderungssperre erweist sich aber als materiell rechtwidrig. Voraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre ist nach § 14 Abs. 1 BauGB der Beschluss der Gemeinde über die Aufstellung eines Bebauungsplans für das maßgebliche Gebiet. Fehlt ein derartiger Aufstellungsbeschluss, ist eine gleichwohl beschlossene und gemäß § 16 Abs. 1 BauGB als Satzung bekanntgemachte Veränderungssperre nichtig.
58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. August 1992 – 4 N 1/92 –, Buchholz 406.11 § 16 BauGB Nr. 1 = juris Rn 14.
59Ein Aufstellungsbeschluss im vorgenannten Sinn liegt auch dann nicht vor, wenn er zwar gefasst, aber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht ortsüblich bekanntgemacht wurde. § 14 Abs. 1 BauGB ist insoweit dahingehend auszulegen, dass die Wirksamkeit einer Veränderungssperre materiell-rechtlich voraussetzt, dass der ihr zugrunde liegende Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB ortsüblich bekannt gemacht worden ist. Erst mit der ordnungsgemäßen Bekanntmachung wirkt der Aufstellungsbeschluss nach außen.
60Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Februar 1989 – 4 B 236/88 –, BRS 49 Nr. 21 = juris Rn 4, und vom 6. August 1992 – 4 N 1/92 –, Buchholz 406.11 § 16 BauGB Nr. 1 = juris Rn 15; OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2013 – 10 B 1239/12 –, juris Rn 4; Urteil vom 29. Mai 2013 – 10 A 2611/11 –, juris Rn 36.
61Der maßgebliche Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – vom 22. Dezember 2011 ist nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden. Nach § 52 Abs. 3 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) in der (bis zum 31. Dezember 2013 geltenden) Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 finden die für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen geltenden Bestimmungen (§ 7 Abs. 4 und 5 GO NRW) bei den nach der Gemeindeordnung NRW oder anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen sonstigen öffentlichen Bekanntmachungen sinngemäß Anwendung, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses ist eine sonstige öffentliche Bekanntmachung im Sinne dieser Vorschrift.
62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Mai 2013 – 10 A 2611/11 –, juris Rn 39; VG H1. , Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 9 L 954/12 –, juris Rn 8, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2013 – 10 B 1239/12 –, juris Rn 7.
63§ 52 Abs. 3 GO NRW verweist dabei nicht lediglich auf die ausdrücklich erwähnten Regelungen des § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW. Auch die Bestimmungen der auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 7 Abs. 5 GO NRW erlassenen Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (Bekanntmachungsverordnung – BekanntmVO NRW) finden sinngemäß Anwendung. Offenbleiben kann dabei, ob auf der Grundlage des § 52 Abs. 3 GO NRW sämtliche Vorschriften der BekanntmVO NRW auf alle sonstigen vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen sinngemäß anzuwenden sind oder ob bei jeder Regelung dieser Verordnung im Einzelnen geprüft werden muss, ob sie nach ihrem Sinn und Zweck jeweils zu beachten ist. Jedenfalls die wesentlichen Regelungen sind auf die Bekanntmachung von Aufstellungsbeschlüssen anwendbar. Hierzu gehört § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW, wonach der Bürgermeister schriftlich bestätigt, dass der Wortlaut mit den Beschlüssen des Rates übereinstimmt und nach § 2 Abs. 1 und 2 BekanntmVO NRW verfahren worden ist, und darüber hinaus die Bekanntmachung anordnet. Die genannten Vorgaben stehen im Zusammenhang mit der Aufgabe des Bürgermeisters, gemäß § 2 Abs. 1 BekanntmVO NRW beziehungsweise § 54 Abs. 2 und 3 GO NRW zu prüfen, ob die Satzung ordnungsgemäß zustande gekommen ist und geltendes Recht nicht verletzt. Sie sollen dazu dienen, dass der für die Bekanntmachung zuständige Bürgermeister die Prüfung der Voraussetzungen und die Entscheidung über die Art und Weise der Bekanntmachung nicht aus der Hand gibt, sondern durch seine Unterschrift die uneingeschränkte Verantwortung für die Bekanntmachung übernimmt. Es handelt sich daher nicht nur um sanktionslose Ordnungsvorschriften, sondern um wesentliche Verfahrensvorschriften, deren Verletzung grundsätzlich die Unwirksamkeit der Bekanntmachung zur Folge hat.
64Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Mai 2013 – 10 A 2611/11 –, juris Rn 39; VG H1. , Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 9 L 954/12 –, juris Rn 14, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2013 – 10 B 1239/12 –, juris Rn 8 ff.
65Eine solche Bestätigung nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW ist vorliegend nicht erfolgt. Mit Verfügung vom 21. Dezember 2012 (Beiakte 5, Seite 7) hat der Bürgermeister der Beklagten lediglich festgehalten, dass der Rat der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – beschlossen habe und der Beschluss nach § 2 Abs. 1 BauGB ortsüblich bekannt zu machen sei. Weiterhin ordnete er unter der laufenden Nummer 3 die Veröffentlichung des beigefügten Aufstellungsbeschlusses an. Weitere (im Sinne von § 2 Abs. 3 BekanntmVO interpretierbare) Erklärungen enthielt die Verfügung des Bürgermeisters der Beklagten nicht.
66Die fehlerhafte Bekanntmachung ist nicht nach § 7 Abs. 6 Satz 1 GO NRW unbeachtlich. Nach dem ersten Halbsatz dieser Vorschrift kann die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften bezüglich Satzungen, sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen sowie Flächennutzungsplänen nach Ablauf eines Jahres grds. nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn es liegt einer der im Halbsatz 2 aufgezählten Ausnahmetatbestände vor. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. b) GO NRW gilt die Frist des Halbsatzes 1 nicht, wenn die Norm nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Die mangelhafte Prüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens führt als Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW zu einer nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachung.
67Vgl. Rehn u.a., GO NRW, Stand: März 2014, § 7 VI.5.
68Im Übrigen ist eine Geltendmachung des Verstoßes auch schon deshalb nicht nach § 7 Abs. 6 Satz 1 GO NRW ausgeschlossen, weil hierfür Voraussetzung ist, dass bei der öffentlichen Bekanntmachung nach § 7 Abs. 6 Satz 2 GO NRW auf die Rechtsfolge nach Satz 1 hingewiesen worden ist. Gleiches ergibt sich aus § 2 Abs. 4 Nr. 2 BekanntmVO NRW.
69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 1982 – 7a NE 49/79 –, Seite 8 des Entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht; Rehn u.a., GO NRW, Stand: März 2014, § 7 VI.4.
70Das Vorhaben der Klägerin war nach § 30 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 bzw. § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) zulässig.
71Die Zulässigkeit hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung folgt aus § 30 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BauGB und den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – in der Fassung vom 27. August 1991. Letzterer setzt für das Vorhabengrundstück ein Kerngebiet (MK) in der Fassung der Baunutzungsverordnung vom 27. Januar 1990 fest. In Kerngebieten sind nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO Vergnügungsstätten allgemein zulässig. Die beantragte Spielhalle ist eine Vergnügungsstätte i.S.d der BauNVO, denn sie ist ein Gewerbebetrieb, bei der die kommerzielle Unterhaltung der Besucher durch die Teilnahme an (elektronischen) Spielen im Vordergrund steht.
72Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Juni 2000 – 10 A 696/96 –, juris Rn 60; BayVGH, Urteil vom 22. Januar 1993 – 2 B 90.2749 –, juris Rn 31; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Juli 2014, § 6 BauNVO Rn 42; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 4a Rn 22.23; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1988 – 4 B 119/88 –, NVwZ 1989, 50 = juris Rn 4.
73Soweit der Bebauungsplan in Ziffer 5.1.1.2 der textlichen Festsetzungen das festgesetzte Kerngebiet hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung dahingehend einschränkt, dass in den als MK-Gebiet festgesetzten Bereichen Spielhallen und ähnliche Unternehmen i.S.d. § 33i GewO in den Erdgeschosszonen unzulässig sind, stand dies der planungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht entgegen. Die planungsrechtliche Bauvoranfrage bezog sich auf die Genehmigungsfähigkeit eines Entertainment-Centers mit zwei Spielhallen im ersten Obergeschoss des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes.
74Soweit nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO i.V.m. Ziffer 5.1.2 der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 186 in den MK-Gebieten Wohnungen oberhalb des Erdgeschosses allgemein zulässig sind, führt dies nicht zur planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens. Vielmehr werden hierdurch Wohnungen i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO zur Regelbebauung erklärt, welche damit gleichrangig neben anderen in Abs. 2 genannten Arten der baulichen Nutzungen – wie etwa Vergnügungsstätten nach Abs. 2 Nr. 2 – stehen.
75Das Vorhaben, welches eine bloße Umnutzung des Bestandsgebäudes darstellt, begegnete dementsprechend keinerlei Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit nach dem Maß der baulichen Nutzung.
76Das Vorhaben verstieß nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung aus § 15 Abs. 1 BauNVO folgt und im Übrigen Bestandteil des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 Satz 1 (hier i.V.m. § 30 Abs. 3) BauGB ist. Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabs der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
77Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – IV C 22/75 –, BVerwGE 52, 122 = juris Rn 22, vom 21. Januar 1983 – 4 C 59.79 –, BRS 40 Nr. 199 = juris Rn 14, und vom 23. Mai 1986 – 4 C 34/85 –, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 114 = juris Rn 15; OVG NRW, Beschlüsse vom 3. September 1999 – 10 B 1283/99 –, NVwZ 1999, 1360 = juris Rn 33, und vom 29. August 2011 – 2 B 940/11 –, juris Rn 9.
78Das Vorhaben erweist sich insoweit als nicht rücksichtslos. In Betracht zu ziehen ist allein eine Rücksichtslosigkeit wegen zu erwartender Lärmimmissionen durch den entstehenden An- und Abfahrverkehr in der Nacht.
79Die Frage der Rücksichtslosigkeit durch Lärmimmissionen ist Bestandteil der Bauvoranfrage. Welchen Umfang eine Bauvoranfrage hat, ist anhand des objektiven Empfängerhorizonts nach Maßgabe des § 133 BGB, der auch im öffentlichen Recht entsprechende Anwendung findet,
80vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1986 – 4 C 28/84 –, BVerwGE 74, 15 = juris Rn 11; OVG NRW, Urteile vom 13. September 1994 – 11 A 3309/92 –, BRS 56 Nr. 137 = juris Rn 9, und vom 20. Februar 2004 – 10 A 558/02 –, BRS 67 Nr. 175 = juris Rn 52; vgl. weiterhin BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2006 – 2 B 55/06 –, juris Rn 4,
81anhand des eingereichten Antrags zu ermitteln.
82Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Februar 2004 – 10 A 558/02 –, BRS 67 Nr. 175 = juris Rn 53.
83In dem Feld „Genaue Fragestellung zum Vorbescheid“ hat die Klägerin nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Nutzungsänderung gefragt, ohne weitergehende Einschränkungen zu machen. Soweit sie unter Punkt 7.2 der Betriebsbeschreibung in dem Feld „Geräusche“ den An- und Abfahrverkehr benennt und unter „Lage der Geräuschquellen“ ausführt, die erforderlichen Stellplätze würden auf dem Grundstück angeordnet und über die U. -L. -Straße angefahren, schränkt sie zwar mit dem Hinweis „Der Stellplatznachweis ist nicht Gegenstand der Bauvoranfrage.“ deren Umfang wiederum ein. Eine Auslegung ergibt aber, dass die Beurteilung der Rücksichtlosigkeit der Geräuschimmissionen von der Bauvoranfrage umfasst ist. Ansonsten wäre die Angabe der Geräusche überflüssig. Zugleich spricht die Verwendung des Ausdrucks „Stellplatznachweis“ für eine Ausklammerung nur gerade dieses Aspekts, nicht aber der Stellplätze generell.
84Ob einem Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten sind, d.h. nicht rücksichtlos sind, ist grundsätzlich anhand der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl Nr. 26/1998 S. 503) zu beurteilen. Der TA Lärm kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der unzumutbaren Belästigung oder Störung in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren prinzipiell zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Zumutbarkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt.
85Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 – 4 C 2/07 –, BVerwGE 129, 209 = juris Rn 12; OVG NRW, Beschluss vom 8. Januar 2008 – 7 B 1741/07 –, BRS 73 Nr. 106 = juris Rn 12; Urteil vom 9. März 2012 – 2 A 1626/10 –, BauR 2012, 1223 = juris Rn 61; Urteil der erkennenden Kammer vom 18. Oktober 2013 – 9 K 4792/11 –, juris Rn 102.
86Vor diesem Hintergrund verstoßen die von dem Vorhaben der Klägerin zu erwarten gewesenen Geräuschemissionen nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Dass der nach Ziffer 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm in der lautesten Nachtstunde (vgl. Ziffer 6.4. Abs. 2 Satz 2 TA Lärm) einzuhaltende Beurteilungspegel von 45 dB(A) bzw. maßgebliche Spitzenpegel von 65 dB(A) an der östlich, südlich bzw. nördlich gelegenen Bebauung überschritten werden könnte, ist nicht ersichtlich und im Übrigen von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Gleiches gilt, soweit die westlich liegende Bebauung (U. -I. -Gymnasium) nicht mehr in einem Bebauungsplangebiet liegt. Selbst wenn insoweit der Grundsatz der Ziffer 6.7 der TA Lärm fruchtbar gemacht wird – also ein auf Abwägung basierender Zwischenwert zwischen den Grenzwerten beider Gebiete gebildet würde –, obwohl er grds. nur auf Wohnbebauung Anwendung findet, ist eine Rücksichtslosigkeit nicht erkennbar. Dabei geht die Kammer mangels Konkretisierung der Bauvoranfrage davon aus, dass der vorhandene nicht überbaute Grundstücksteil gänzlich als Stellplatzfläche genutzt werden sollte, da eine diesbezügliche Beschränkung der Bauvoranfrage nicht erfolgt war.
87Das für den vorstehend dargelegten Fall der Zulässigkeit und Begründetheit des Hauptantrages verfolgte, als (unechter) Hilfsantrag bezeichnete Begehren der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheides vom 17. Januar 2012 hat ebenfalls im Ergebnis Erfolg.
88Der Antrag ist zulässig.
89Als Fortsetzungsfeststellungsantrag i.S.d § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO verstanden, würde er sich allerdings als unstatthaft erweisen. Ein zulässiges Fortsetzungsfeststellungsbegehren liegt bei einer erledigten Verpflichtungsklage grundsätzlich nur dann vor, wenn mit der beantragten Feststellung der Streitgegenstand nicht ausgewechselt oder erweitert wird. Das folgt aus dem Zweck, dem diese Klage dient. Sie soll verhindern, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen, den Streitgegenstand kennzeichnenden Antrag nicht weiterverfolgen kann, um die "Früchte" der bisherigen Prozessführung gebracht wird. Ohne weiteres zulässig ist eine solche Fortsetzungsfeststellungsklage mithin nur, wenn der Streitgegenstand von dem bisherigen Antrag umfasst war. Nur dann gebietet der § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zugrunde liegende Gedanke der Prozessökonomie die Weiterführung des Verfahrens zuzulassen, ohne dass die Voraussetzungen für eine Klageänderung erfüllt sein müssen. Daran fehlt es, wenn das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren einen anderen Zeitpunkt betrifft als das spätere Feststellungsbegehren. Bestandteil des Streitgegenstands der Verpflichtungsklage ist nämlich nur die Feststellung, dass die Weigerung der Behörde in dem für das Verpflichtungsbegehren entscheidenden Zeitpunkt, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen, die Rechtsordnung verletzt. Eine Weiterführung des Verfahrens mit dem Antrag, der ablehnende Bescheid sei rechtswidrig gewesen, ist daher auf der Grundlage des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur zulässig, wenn der für eine solche Feststellung maßgebliche Zeitpunkt sich mit dem des bisherigen Verpflichtungsbegehrens deckt. Andernfalls geht der Fortsetzungsfeststellungsantrag über den ursprünglichen Streitgegenstand hinaus. Richtet sich nach dem einschlägigen materiellen Recht die Begründetheit der Verpflichtungsklage nach dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, so muss auch der Fortsetzungsfeststellungsantrag diesen bzw. den Zeitpunkt der Erledigung (als letztmöglichen Zeitpunkt) betreffen. Weicht der Feststellungsantrag hiervon ab, so ist er nicht schon nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.
90Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. April 1986 – 8 C 84.84 –, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 69 = juris Rn 11, vom 28. August 1987 – 4 C 31.86 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 173, vom 24. Januar 1992 – 7 C 24/91 –, BVerwGE 89, 354 = juris Rn 7f, vom 28. April 1999 – 4 C 4/98 –, BVerwGE 109, 74 = juris Rn 17, und vom 16. Mai 2007 – 3 C 8/06 –, BVerwGE 129, 27 = juris Rn 17.
91Letzteres ist vorliegend der Fall. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Fortsetzungsfeststellungsbegehren des Hauptantrags ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens des GlüStV NRW am 1. Dezember 2012. Die Frage der Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheides vom 17. Januar 2012 stellte sich im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses nicht (mehr), weil der Zurückstellungsbescheid nur den Zeitraum bis zum 11. November 2012 erfasste und von ihm im Übrigen aufgrund des ablehnenden Bescheids vom 6. November 2012 seitdem keine rechtlichen Wirkungen mehr ausgingen.
92Der Hilfsantrag ist aber als Feststellungsantrag nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Das nachträglich in das Verfahren eingeführte Begehren, durch einen unechten Hilfsantrag die Rechtslage zu einem früheren Zeitpunkt – im Hinblick auf einen zu erwartenden Amtshaftungsprozess – verbindlich klären zu lassen, stellt eine – im Gegensatz zu dem Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht privilegierte – Klageänderung dar, die nach § 91 Abs. 1 VwGO nur dann zulässig ist, wenn die übrigen Prozessbeteiligten in sie einwilligen oder das Gericht sie für sachdienlich hält. Eine Sachdienlichkeit kann dabei in derartigen Konstellationen im Sinne der Prozessökonomie angenommen werden, wenn sich die maßgebliche Beurteilungsgrundlage durch die Klageänderung nicht oder doch nur unwesentlich ändert. In diesem Fall besteht kein Grund, diese Frage der Klärung durch die Zivilgerichte vorzubehalten. Vielmehr ist es dann im Sinn einer effektiven Prozessführung angezeigt, auch insoweit Feststellungen zu treffen.
93Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 – 4 C 4/98 –, BVerwGE 109, 74 = juris Rn 17; enger noch BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1992 – 7 C 24/91 –, BVerwGE 89, 354 = juris Rn 11.
94Vorliegend erweist sich die Klageänderung als sachdienlich, weil die durch das erkennende Gericht für maßgeblich erachteten Beurteilungsgrundlagen sowohl des oben geprüften Fortsetzungsfeststellungsantrags (betreffend den Zeitpunkt 1. Dezember 2012) als auch des nunmehr zu prüfenden unechten (Hilfs-)Antrags (betreffend den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Zurückstellungsbescheids der Beklagten am 19. Januar 2012) im Wesentlichen übereinstimmen. Als zentral erweist sich in Bezug auf beide Fragen die Wirksamkeit des Beschlusses des Rates der Beklagten über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – vom 22. Dezember 2011.
95Der unechte Hilfsantrag ist begründet.
96Der Zurückstellungsbescheid der Beklagten vom 17. Januar 2012, der Klägerin am 19. Januar 2012 zugestellt, war rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten aussetzen, falls eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen wird, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, und wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. § 14 Abs. 1 BauGB setzt – wie bereits ausgeführt – voraus, dass ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst und ortsüblich bekannt gemacht worden ist. Letzteres ist hinsichtlich des Beschlusses des Rates der Beklagten über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 186 – Bochumer Straße – 2. Änderung – Stadtteilzentrum Süd – vom 22. Dezember 2011 gemäß den obigen Ausführungen zum Hauptantrag nicht erfolgt, so dass der Aufstellungsbeschluss nichtig gewesen ist.
97Hinsichtlich des Gebührenbescheids der Beklagten vom 29. November 2012 ist die Klage ebenfalls zulässig und begründet.
98Der Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
99Zwar ist die Gebührenhöhe als solche nicht zu beanstanden. Nach der Tarifstelle 2.4.3 Buchst. a) Allgemeiner Gebührentarif (AGT) zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NRW (AVerwGebO NRW) ist für die Entscheidung über die Erteilung einer Genehmigung von Nutzungsänderungen ohne genehmigungsbedürftige bauliche Maßnahmen eine Gebühr von 50,- bis 2.500,- € zu erheben. Das der Beklagten bei der Festlegung der Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens zukommende Ermessen,
100vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Juni 2004 – 9 A 3155/01 –, juris Rn 22; VG H1. , Urteil vom 28. Oktober 2014 – 9 K 6204/12 –, juris Rn 19,
101hat diese in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt, indem sie der Gebührenerhebung die Empfehlungen einer Gebührenfestsetzung bei Tarifstellen mit Rahmensätzen des Städtetages Nordrhein-Westfalen,
102abzurufen unter http://www.staedtetag-nrw.de/fachinforma- tionen/stadtentwicklung/000759/index.html, abgerufen zuletzt am 20. Januar 2015,
103zu Grunde gelegt hat. Die Berücksichtigung eines Grundbetrags i.H.v. 5,- € je angefangene 10 m² umzunutzende Fläche und dessen Multiplikation mit einem von der neuen Nutzung abhängenden Faktor zwischen 1 und 40 berücksichtigt die Vorgaben des § 9 Abs. 1 Gebührengesetz NRW (GebG NRW). Hiernach sind der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand wie auch die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Gebührenschuldner zu berücksichtigen. Dass dabei für Spielhallen der höchste Faktor angesetzt wird (vgl. Ziffer I. der Empfehlung), erweist sich angesichts des Ertragspotentials und des damit verbundenen wirtschaftlichen Wertes für die Antragstellerin nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GebG NRW als gerechtfertigt. Soweit sich aus der zu Grunde gelegten Formel ein höherer Betrag ergibt, hat die Beklagte die Gebührenobergrenze der Tarifstelle 2.4.3 Buchst. a) AGT von 2.500,- € beachtet. Für den beantragten Bauvorbescheid hat die Beklagte ohne Ermessensfehler nach der Tarifstelle 2.4.6 AGT 60 % der o.g. Gebühr angesetzt. Die Tarifstelle sieht einen Gebührenrahmen von 50,- € bis 1/1 der vorgenannten Gebühr vor. Die Differenzierung zum einen nach dem Umfang des begehrten Vorbescheids und zum anderen nach der planungsrechtlichen Ausgangslage (vgl. Ziffer IV. der Empfehlung) beachtet die gesetzlichen Vorgaben. Schließlich erweist sich die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung nach § 15 Abs. 2 GebG NRW als rechtmäßig. Ein Anspruch auf eine über 25 % hinausgehende Gebührenreduktion besteht nach dieser Vorschrift nicht.
104Allerdings steht § 14 Abs. 2 Satz 1 GebG NRW der Erhebung der Gebühr entgegen. Hiernach werden Gebühren und Auslagen, die bei richtiger Behandlung der Sache durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht erhoben. Die Beklagte hätte – wie oben ausgeführt – den Antrag der Klägerin am 6. November 2012 nicht unter Hinweis auf die Veränderungssperre vom 6. Oktober 2012 ablehnen dürfen, sondern hätte diesem stattgeben müssen. Dass in diesem Fall die Baugenehmigungsgebühr sogar ohne die Reduzierung des § 15 Abs. 2 GebG NRW angefallen wäre, vermag hieran nichts zu ändern. In diesem Fall hätte die Klägerin nämlich den für sie maßgeblichen, nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GebG NRW bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigenden Vorteil – den begehrten Bauvorbescheid – erhalten, der ihr aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten vorenthalten worden ist. Ein ablehnender Bescheid, der hier allein Gegenstand ist, hätte nicht erlassen werden dürfen.
105Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
106Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.