Tenor

Die Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27.06.2007 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

Gründe

 
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung ist unbegründet.
Zu Recht hat die Urkundsbeamtin als unter anderem von dem Beklagten den Klägerinnen zu erstattende Kosten die 1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 der Anlage I zu § 2 Abs. 2 RVG (im Folgenden: VV RVG) - in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, S. 718 -) festgesetzt und darauf keine Geschäftsgebühr angerechnet. Eine Pflicht zur Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren folgt auch nicht aus der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG. Danach wird, soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 entstanden ist, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BT-Dr 15/1971, 209) ist eine Anrechnung bereits aus systematischen Gründen erforderlich, weil der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren entscheidend davon beeinflusst wird, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Anrechnung auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es müsse der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Die Anrechnungsregelung habe zur Folge, dass bei verwaltungsrechtlichen Mandaten eine Änderung zum geltenden Recht eintrete. Während nach § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO die Geschäftsgebühr beim Übergang in ein gerichtliches Verfahren nicht angerechnet worden sei, könne dieser Rechtszustand im Hinblick auf die systematischen und prozessleitenden Überlegungen nicht beibehalten werden; dies sei auch vor dem Hindergrund der Regelung des § 17 Nr. 1 RVG zu sehen, der spürbare Verbesserungen der Vergütung in verwaltungsrechtlichen Mandaten zur Folge habe.
Dem gesetzgeberischen Willen, mit der Anrechnungsvorschrift eine „doppelte“ Honorierung des Rechtsanwalts zu verhindern und eine außergerichtliche Erledigung zu fördern, ist jedoch nicht zu entnehmen, dass damit zugleich eine Entlastung des unterliegenden Prozessgegners gewollt gewesen sein könnte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.04.2006 - 7 E 410/06 -, NJW 2006, 1991; Bayer. VGH, Beschl. v. 10.07.2006 - 4 C 06.1129 -, NJW 2007, 170; Beschl. der Kammer v. 10.08.2006 - A 3 K 11018/05 - juris; VG Köln, Beschl. v. 16.03.2006 - 18 K 6475/04.A - juris; a.A. Bayer. VGH, Beschl. v. 06.03.2006, NJW 2006, 1990 und Beschl. v. 03.11.2005 - 10 C 05.1131 - juris sowie wohl VGH Bad.-Württ., obiter dictum im Beschl. v. 27.06.2006 - 11 S 2613/05 -). Die Anrechnungsvorschrift bezieht sich allein auf das Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten. Die Anrechnung ist ein nur im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant wirksamer Rechenvorgang. Gekürzt wird lediglich der Honoraranspruch des Rechtsanwalts (vgl. VG Frankfurt, Beschl. v. 13.03.2006 - 2 J 662/06 - juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 12.06.2006 - A 1 K 10321/05 - juris). Damit ist auch gewährleistet, dass der Rechtsanwalt nicht für die (annähernd) gleiche Tätigkeit zwei Mal honoriert wird. Gegen die Anwendung der Anrechnungsvorschrift spricht im Übrigen, dass andernfalls das Kostenfestsetzungsverfahren mit allein das Verhältnis des Rechtsanwalts und seines Mandanten betreffenden Fragen belastet werden würde, insbesondere geprüft werden müsste, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, die sich auf 0,5 bis 2,5 beläuft, entstanden ist.
Die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr hat auch nicht deshalb zu erfolgen, weil dem Klageverfahren ein Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. VwGO vorausgegangen ist, daher die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen im Vorverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO dem Grunde nach erstattungsfähig sind und zum Gegenstand der Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO hätten gemacht werden können. Die Klägerinnen haben jedoch keinen Antrag beim Gericht mit dem Ziel gestellt, die Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren festzustellen. Da es an einer Entscheidung des Gerichts über die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren fehlt und der Kostenfestsetzungsantrag vom 31.05.2007 nicht auf die Festsetzung der im Vorverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen gerichtet war, war die Geschäftsgebühr nicht Gegenstand der gerichtlichen Kostenfestsetzung, so dass deren Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nicht in Betracht kommt. Der Beklagte steht damit nicht schlechter als in dem Fall, in dem das Gericht die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt hätte. In diesem Fall wäre zwar die Verfahrensgebühr aufgrund der teilweisen Anrechnung der Geschäftsgebühr in geringerer Höhe festzusetzen gewesen (vgl. Bayer. VGH, Beschl. v. 14.05.2007 - 25 C 07.754 - juris; VG Freiburg, Beschl. v. 21.03.2007 - 2 K 1377/06 - juris, wonach eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr dann zu erfolgen hat, wenn das Gericht die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat und damit die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig sind). Andererseits hätten aber die Kläger die Erstattung der Geschäftsgebühr in voller Höhe verlangen können. An der Höhe der vom Beklagten insgesamt zu erstattenden Kosten ändert dies nichts.
Zur Klarstellung weist der Einzelrichter darauf hin, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen gegenüber diesen nicht (mehr) die Geschäftsgebühr in voller Höhe beanspruchen kann. Aus der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG folgt - zumindest in entsprechender Anwendung -, dass die Geschäftsgebühr nur in der Höhe vom Prozessbevollmächtigten der Kläger beansprucht werden kann, der sich nach Anwendung der Anrechnungsvorschrift ergibt. Sollten die Klägerinnen die Geschäftsgebühr bereits in voller Höhe entrichtet haben, wäre ihr Prozessbevollmächtigter zur teilweisen Rückerstattung verpflichtet. In welcher Höhe aber der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen die Geschäftsgebühr gegenüber den Klägerinnen geltend machen bzw. behalten kann, betrifft allein das Verhältnis des Rechtsanwalts zu seinen Mandanten und hat - wie schon ausgeführt - keine Bedeutung für das Kostenfestsetzungsverfahren.
Die Urkundsbeamtin hat auch zu Recht die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG von 1,3 auf 2,5 erhöht. Denn nach Nr. 1008 VV RVG erhöht sich die Verfahrensgebühr für jede weitere Person um 0,3, wenn in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber sind. Die Klägerinnen, bei denen es sich teilweise um minderjährige Kinder handelt, sind mehrere Auftraggeber (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, 1008 VV, Rn. 86). Es liegt auch dieselbe Angelegenheit vor. Die Klage war gegen die der den Klägerinnen erteilten Duldung beigefügte Wohnsitzauflage gerichtet mit dem Ziel, den Umzug zum Ehemann bzw. Vater der Klägerinnen nach Heidelberg zu ermöglichen. Auch wenn wohl jede der Klägerinnen im Besitz einer eigenen Duldung ist und demgemäß auch die Wohnsitzauflage sich an jede der Klägerinnen gerichtet hat, so liegt wegen der familiären Verbindung der Klägerinnen - die Klägerin Ziff. 2 bis 5 sind die Kinder der Klägerin Ziff. 1 -, deren Vervollständigung gerade Grund für die Klage gewesen ist, eine Rechtsgemeinschaft vor, die die Annahme rechtfertigt, dass es bei allen Klägerinnen um dieselbe Angelegenheit geht. Wenn sich mehrere Kläger in Rechtsgemeinschaft gegen einen Verwaltungsakt wenden oder den Erlass eines Verwaltungsakts erstreben, handelt es sich um einen wirtschaftlich identischen Streitgegenstand (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.01.1991 - 1 B 95.90 -, NVwZ-RR 1991, 669). Damit ist der vorliegende Fall vergleichbar, in dem es den Klägerinnen um die Verwirklichung der familiären Gemeinschaft mit ihrem Ehemann bzw. Vater ging. Da im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 u. 2 GG die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflage nur einheitlich zu beantworten war, schied - wegen wirtschaftlicher Identität - eine Zusammenrechnung mehrerer Auffangstreitwerte nach § 39 Abs. 1 GKG aus. War mithin nur ein Streitwert in Höhe von 5.000,-- EUR festzusetzen, kann der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen - sozusagen als Ausgleich - die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Entscheidung über die Tragung von außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen bedurfte es nicht, da diese nach der im Urteil vom 29.03.2007 getroffenen Kostenentscheidung nicht verpflichtet ist, Kosten zu tragen, und sie damit im hier anhängigen Kostenfestsetzungsverfahren nicht beteiligt ist.

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Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 27. Sept. 2007 - A 3 K 1834/07 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 164


Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 17 Verschiedene Angelegenheiten


Verschiedene Angelegenheiten sind 1. das Verfahren über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug, soweit sich aus § 19 Absatz 1 Satz 2 Nummer 10a nichts anderes ergibt,1a. jeweils das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren

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Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 21. März 2007 - 2 K 1377/06

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Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 10. Aug. 2006 - A 3 K 11018/05

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Tenor Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 28.04.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens. Gründe   1

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Juni 2006 - 11 S 2613/05

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Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Dezember 2005 - 4 K 1367/05 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfah

Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 12. Juni 2006 - A 1 K 10321/05

bei uns veröffentlicht am 12.06.2006

Tenor Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 06.04.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens. Gründe   I. 1

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Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

Verschiedene Angelegenheiten sind

1.
das Verfahren über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug, soweit sich aus § 19 Absatz 1 Satz 2 Nummer 10a nichts anderes ergibt,
1a.
jeweils das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende weitere Verwaltungsverfahren (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren), das Verfahren über die Beschwerde und die weitere Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung, das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter und ein gerichtliches Verfahren,
2.
das Mahnverfahren und das streitige Verfahren,
3.
das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger und das streitige Verfahren,
4.
das Verfahren in der Hauptsache und ein Verfahren
a)
auf Anordnung eines Arrests oder zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung,
b)
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung,
c)
über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, über die Aufhebung der Vollziehung oder über die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts sowie
d)
über die Abänderung, die Aufhebung oder den Widerruf einer in einem Verfahren nach den Buchstaben a bis c ergangenen Entscheidung,
5.
der Urkunden- oder Wechselprozess und das ordentliche Verfahren, das nach Abstandnahme vom Urkunden- oder Wechselprozess oder nach einem Vorbehaltsurteil anhängig bleibt (§§ 596, 600 der Zivilprozessordnung),
6.
das Schiedsverfahren und das Verfahren über die Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme sowie das Verfahren über einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Entscheidung über die Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
7.
das gerichtliche Verfahren und ein vorausgegangenes
a)
Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle (§ 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung) oder, wenn die Parteien den Einigungsversuch einvernehmlich unternehmen, vor einer Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt (§ 15a Absatz 3 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung),
b)
Verfahren vor einem Ausschuss der in § 111 Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes bezeichneten Art,
c)
Verfahren vor dem Seemannsamt zur vorläufigen Entscheidung von Arbeitssachen und
d)
Verfahren vor sonstigen gesetzlich eingerichteten Einigungsstellen, Gütestellen oder Schiedsstellen,
8.
das Vermittlungsverfahren nach § 165 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und ein sich anschließendes gerichtliches Verfahren,
9.
das Verfahren über ein Rechtsmittel und das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels,
10.
das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und
a)
ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren und
b)
ein sich nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens anschließendes Bußgeldverfahren,
11.
das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und das nachfolgende gerichtliche Verfahren,
12.
das Strafverfahren und das Verfahren über die im Urteil vorbehaltene Sicherungsverwahrung und
13.
das Wiederaufnahmeverfahren und das wiederaufgenommene Verfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4 oder 5 des Vergütungsverzeichnisses richten.

Tenor

Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 28.04.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens.

Gründe

 
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung ist unbegründet. Zu Recht hat die Urkundsbeamtin als unter anderem von der Beklagten dem Kläger Ziff. 1 zu erstattende Kosten die 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (im folgenden: VV RVG) - in der bis 30.06.2006 geltenden Fassung (vgl. die Übergangsvorschrift in § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) - festgesetzt und darauf keine Geschäftsgebühr angerechnet. Eine Pflicht zur Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren folgt auch nicht aus der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG. Danach wird, soweit wegen des selben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2400 bis 2403 entstanden ist, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des  gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BT-Dr 15/1971, 209) ist eine Anrechnung bereits aus systematischen Gründen erforderlich, weil der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren entscheidend davon beeinflusst wird, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Anrechnung auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es müsse der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Die Anrechnungsregelung habe zur Folge, dass bei verwaltungsrechtlichen Mandaten eine Änderung zum geltenden Recht eintrete. Während nach § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO die Geschäftsgebühr beim Übergang in ein gerichtliches Verfahren nicht angerechnet worden sei, könne dieser Rechtszustand im Hinblick auf die systematischen und Prozess leitenden Überlegungen nicht beibehalten werden; dies sei auch vor dem Hintergrund der Regelung des § 17 Nr. 1 RVG zu sehen, der spürbare Verbesserungen der Vergütung in verwaltungsrechtlichen Mandaten zur Folge habe.
Dem gesetzgeberischen Willen, mit der Anrechnungsvorschrift eine „doppelte“ Honorierung des Rechtsanwalts zu verhindern und eine außergerichtliche Erledigung zu fördern, ist jedoch nicht zu entnehmen, dass damit zugleich eine Entlastung des unterliegenden Prozessgegners gewollt gewesen sein könnte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.04.2006, NJW 2006, 1991; VG Köln, Beschl. v. 16.03.2006 - 18 K 6475/04.A - juris; a.A. Bayer. VGH, Beschl. v. 06.03.2006, NJW 2006, 1990 und Beschl. v. 03.11.2005 - 10 C 05.1131 - juris sowie wohl VGH Bad.-Württ., obiter dictum im Beschl. v. 27.06.2006 - 11 S 2613/05 -). Die Anrechnungsvorschrift bezieht sich allein auf das Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten. Die Anrechnung ist ein nur im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant wirksamer Rechenvorgang. Gekürzt wird lediglich der Honoraranspruch des Rechtsanwalts (vgl. VG Frankfurt, Beschl. v. 13.03.2006 - 2 J 662/06 - juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 12.06.2006 - A 1 K 10321/05 - juris). Damit ist auch gewährleistet, dass der Rechtsanwalt nicht für die (annähernd) gleiche Tätigkeit zwei Mal honoriert wird. Gegen die Anwendung der Anrechnungsvorschrift spricht im Übrigen, dass andernfalls das Kostenfestsetzungsverfahren mit allein das Verhältnis des Rechtsanwalts und seines Mandanten betreffenden Fragen belastet werden würde, insbesondere geprüft werden müsste, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400, die sich auf 0,5 bis 2,5 beläuft, entstanden ist. Die Anrechnungsvorschrift ist im Rahmen der gerichtlichen Kostenfestsetzung jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Geschäftsgebühr nicht (als notwendige Kosten des Vorverfahrens) Gegenstand der gerichtlichen Kostenfestsetzung ist. Jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - kein Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff VwGO stattgefunden hat und deshalb die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nicht nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.06.2006 a.a.O), hindert die Anrechnungsbestimmung die Festsetzung der vollen Prozessgebühr gegen den Gegner nicht (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., 2400 - 2403 VV Rn. 205).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar(§ 80 AsylVfG).

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Dezember 2005 - 4 K 1367/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 477,10 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14.12.2005 - 4 K 1367/05 -, durch welchen sein Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, abgelehnt wurde, ist nach § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg. Der Kläger kann sich weder auf eine unmittelbare (1.) noch auf eine analoge (2.) Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO berufen.
1. Gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind Gebühren und Auslagen eines bereits im Vorverfahren eingeschalteten Rechtsanwalts dann erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass überhaupt ein Vorverfahren geschwebt hat. Dies ist hier nicht der Fall.
§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO bezieht sich sowohl unter Berücksichtigung seines eindeutigen Wortlauts wie auch der gesetzessystematischen Stellung auf das dem gerichtlichen Verfahren im Falle der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage - abgesehen von im Einzelnen geregelten Ausnahmen - grundsätzlich zwingend vorgeschaltete Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff VwGO. Sein Anwendungsbereich wird teilweise auf sonstige förmliche Vorschaltverfahren erstreckt (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.05.1993 - 2 S 893/93 -, BWGZ 1993, 620; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 162 Rn. 16). Es werden allerdings nur solche Verfahren in Betracht gezogen, die wie das Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff VwGO der Überprüfung einer bereits in Form eines Verwaltungsaktes ergangenen behördlichen Entscheidung dienen. Das Widerspruchsverfahren beginnt gem. § 69 VwGO mit Erhebung des Widerspruchs. Ein solches Vorverfahren wurde hier unstreitig nicht durchgeführt. Der Kläger wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 18.08.2005 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und es wurde ihm die Abschiebung in die Türkei direkt aus der Haft angedroht. Da die Ausweisungsverfügung durch das Regierungspräsidium Tübingen aufgrund dessen Zuständigkeit nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO erlassen wurde, war gem. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.Vm. § 6a AGVwGO ein Vorverfahren nicht erforderlich. Der Kläger erstrebt vielmehr die Erstattung von Kosten, die ihm anlässlich der Beauftragung eines Rechtsanwalts in dem dem Klageverfahren vorangegangenen Verwaltungsverfahren entstanden sind.
Einer erweiternden Auslegung, die auch das dem Klageverfahren vorgeschaltete Verwaltungsverfahren, das kein Vorverfahren ist,  in die Kostenerstattungsregelung einbezieht, ist § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht zugänglich. Sein Wortlaut knüpft eindeutig an das in §§ 68 ff VwGO geregelte Vorverfahren und damit an ein Verfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsaktes an. Außerhalb eines Vorverfahrens im Verwaltungsverfahren entstandene Kosten haben daher grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.05.1993, a.a.O. für das einer Leistungsklage vorausgehende Verfahren; Beschluss vom 05.06.1991 - 5 S 923/91 -, UPR 1992, 33 betreffend Aufwendungen für ein Privatgutachten während eines Planfeststellungsverfahrens; Beschluss vom 18.08.1982 - 8 S 1049/82 -, VBlBW 1983, 168; BVerwG, Beschluss vom 01.09.1989 - 4 B 17/89 -, NVwZ 1990, 59 zu § 80 VwVfG; BSG, Urteil vom 12.12.1990 - 9a/9RVs 13/89 -, NVwZ-RR 1992, 286 zu § 63 Abs. 2 SGB X).
Zwar mögen ausnahmsweise auch außerhalb eines Vorverfahrens entstandene Kosten als erstattungsfähige Vorbereitungskosten anzusehen sein. Dazu werden allerdings nur solche Kosten gezählt, die schon mit Blick auf einen bestimmten Rechtsstreit entstanden sind und in einem vernünftigen Verhältnis zum Prozess stehen. Diese werden aus prozessökonomischen Gründen bereits den Prozesskosten zugeordnet und sind gegebenenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen des § 162 Abs. 1 VwGO zu ersetzen. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO setzt dagegen in jedem Fall die förmliche Bevollmächtigung für das jeweilige Vorverfahren voraus (Olbertz in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Band 2, Stand Oktober 2005, § 162 Rn. 27 m.w.N.).
Gegen eine erweiternde Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO spricht auch seine Entstehungsgeschichte. Im Gesetzgebungsverfahren war gegen die Einbeziehung einer Regelung der im Vorverfahren entstandenen Kosten der Einwand erhoben worden, das Vorverfahren sei ein Verwaltungs- und kein gerichtliches Verfahren. Dem hielt die Bundesregierung entgegen, das Vorverfahren sei Klagevoraussetzung und es gebe daher keinen sachlichen Grund, die Entscheidung über die Kostentragungs- und -erstattungspflicht vom Ausgang des gerichtlichen Verfahrens zu trennen (Olbertz, a.a.O. § 162 Rn. 60, Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 162 Rn. 1 jeweils unter Hinweis auf BT.Drs. 3/55, S. 47 ff). Dieser enge prozessuale Zusammenhang fehlt indessen bezüglich des dem Vorverfahren vorhergehenden Verwaltungsverfahrens. Eine noch weiterreichende Kostenerstattungsregelung auch für diese Fälle war erkennbar nicht gewollt.
2. Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers hier geltend gemachte analoge Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO im Hinblick auf eine Kostenerstattung der außerhalb eines Vorverfahrens im Verwaltungsverfahren angefallenen Rechtsanwaltskosten scheidet aus.
Es fehlt bereits an einer planwidrigen Gesetzeslücke, die durch analoge Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO geschlossen werden könnte (so auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.10.1993, a.a.O.). Vielmehr zeigt die oben unter 1. dargelegte Diskussion im Gesetzgebungsverfahren zur Rechtfertigung der Erstattungsregelung betreffend die Vorverfahrenskosten in der Verwaltungsgerichtsordnung, dass der Gesetzgeber bewusst eine eingeschränkte Regelung bezogen auf die nach Einleitung eines dem Gerichtsverfahren vorgeschalteten verwaltungsrechtlichen Überprüfungsverfahrens entstandenen Kosten getroffen hat, da er eine solche Regelung im Hinblick auf die engen prozessrechtlichen Verknüpfungen für notwendig hielt.
Im Übrigen ist zweifelhaft, inwieweit dem Bundesgesetzgeber für eine weitergehende Regelung der Erstattung der im Verwaltungsverfahren entstandenen Kosten die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Dahingehende Zweifel hat bereits das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 01.11.1965 für den dort zu beurteilenden Fall geäußert, der die Frage der Erstattung der Kosten des erfolgreichen Widerspruchsverfahrens, an das sich ein gerichtlicher Rechtsstreit nicht anschließt, zum Gegenstand hatte. Nach der dort getroffenen Auslegung enthält die Verwaltungsgerichtsordnung keine bundesrechtliche Regelung dieser Kosten (BVerwG, Beschluss des Großen Senats vom 01.11.1965 - BVerwG Gr.Sen. 2.65 -, BVerwGE 22, 281). Die Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers erschien deshalb fraglich, weil die Ausgestaltung des Verfahrens und die Regelung der Kostentragung in engem Zusammenhang stehen. So ging bereits das Reichsgericht davon aus, dass der Landesgesetzgeber die Vorschriften über die Kostentragung erlassen darf, soweit er das Verfahren regeln kann (BVerwG, Beschluss vom 01.11.1965, a.a.O. unter Hinweis auf RGZ 34, 194). Diese Bedenken bestehen auch im Hinblick auf das zum Erlass der behördlichen Ausgangsentscheidung führende Verwaltungsverfahren, selbst wenn diesem letztlich ein gerichtliches Verfahren folgt. Im Ausweisungsverfahren des Klägers fand das Landesverwaltungsverfahrensgesetz Anwendung, da die Länder das Aufenthaltsgesetz gem. Art. 83 GG als eigene Angelegenheit ausführen. Eine enge prozessrechtliche Verknüpfung wie im Falle des Vorverfahrens und eines sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens, auf die im Gesetzgebungsverfahren zu § 162 Abs. 2 VwGO maßgeblich abgestellt wurde, besteht dabei gerade nicht.
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Infolge der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben die Gesetzgebungsorgane mit § 80 VwVfG/LVwVfG eine ausdrückliche Kostenregelung für das erfolgreiche Widerspruchsverfahren, dem sich kein gerichtliches Verfahren anschließt, in den jeweiligen Verfahrensgesetzen getroffen. Sie reagierten damit auf die als unbefriedigend erkannte Situation einer fehlenden entsprechenden Kostentragungsregel für diese Fälle, in denen eine gewisse Rechtsähnlichkeit zu denjenigen Konstellationen besteht, in denen der Bürger im Prozess unterliegt. Demgegenüber haben sie in Kenntnis der vielfältigen Rechtsprechung zu der Frage der Kostenerstattung von im Verwaltungsverfahren außerhalb eines Vorverfahrens angefallenen Kosten keine entsprechende Kostentragungsregelung vorgesehen.
11 
Es ist auch nicht durch eine nachträgliche Veränderung maßgebender Verhältnisse eine Gesetzeslücke entstanden, die durch Analogie richterrechtlich geschlossen werden dürfte (BVerfG, Urteil vom 03.04.1990 - 1 BvR 1186/89 -, NJW 1990, 1593). Eine solche Änderung folgt insbesondere nicht aus der Neuregelung der Rechtsanwaltsvergütung durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 05.05.2004. Zwar hat sich  - wie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers dargelegt -, die Situation desjenigen, der sich bereits im Verwaltungsverfahren vor Ergehen des Ausgangsbescheids von einem Rechtsanwalt vertreten lässt, insoweit verändert, als nach § 17 Nr. 1 RVG das Verwaltungsverfahren und das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienende weitere Verwaltungsverfahren (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren) jeweils verschiedene Angelegenheiten sind. Damit entstehen in jeder der Angelegenheiten die Gebühren gesondert. Sie werden lediglich durch die Anrechnungsvorschriften nach Nr. 2401 RVG-VV gemindert. Nach dem zuvor geltenden § 119 Abs. 1 BRAGO waren das Verwaltungsverfahren bis zum Erlass der Ausgangsentscheidung und das Vorverfahren dagegen zusammen eine Angelegenheit. Dies hatte zur Folge, dass der Rechtsanwalt, der sowohl im behördlichen Nachprüfungsverfahren wie auch in dem diesem vorangegangenen Verfahren tätig war, die Gebühren des § 118 BRAGO nur einmal verdienen konnte.
12 
Diese Änderung der anwaltlichen Vergütung betrifft aber ausschließlich das zivilrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Anwalt und Auftraggeber. An der rechtlichen Situation bezüglich der Kostenerstattung im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ändert sich dadurch nichts. Bereits vorher waren grundsätzlich die ausschließlich in einem Verwaltungsverfahren außerhalb eines Vorverfahrens entstandenen Kosten nicht erstattungsfähig. Das gilt zum einen für Anwaltskosten in Verfahren, in denen kein Vorverfahren stattfindet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.09.1989, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.10.1993, a.a.O.), wie auch für weitere in einem Verwaltungsverfahren angefallene Kosten wie z.B. Kosten für Gutachten (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.06.1991, a.a.O.). Ebenso wenig war (und ist) eine Kostenerstattung für die Fälle vorgesehen, in denen es bei frühzeitiger Einschaltung des Rechtsanwalts schon gar nicht zum Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes oder der Ablehnung eines erstrebten begünstigenden Verwaltungsaktes kam (bzw. kommt) und infolgedessen kein Vorverfahren durchgeführt wird. Auch in diesen Fällen hat derjenige, der den Anwalt eingeschaltet hat, die Kosten zu tragen.
13 
Die in Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV vorgesehene Anrechnungsregelung führt zu keiner anderen Beurteilung. Sie begünstigt zwar den Beklagten indirekt dadurch, dass die von ihm im Falle des Unterliegens zu übernehmende Gebühr sich verringert, wenn dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgrund seiner frühzeitigen Befassung mit dem Fall und der bereits im Verwaltungsverfahren angefallenen ersten Geschäftsgebühr ein geringerer Gebührenanspruch im Vorverfahren wie auch im gerichtlichen Verfahren zusteht. Dadurch wird der Kläger aber nicht zusätzlich belastet, da er diese Kosten nicht bzw. nur dann zu tragen hat, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht vorliegen.
14 
Aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken dagegen, dass nach den Kostenregelungen des Bundes und der Länder eine Kostenerstattung regelmäßig erst im Rechtsmittel- (oder Rechtsbehelfs-) verfahren möglich und eine Erstattung der zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung vor dem Erlass einer Verwaltungsentscheidung aufgewandten Kosten grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Das Willkürverbot des Art. 3 GG wird dadurch nicht verletzt. Das Bundesverfassungsgericht hat sogar die - allgemein als unbillig empfundene und deshalb durch § 80 VwVfG/LVwVfG geänderte - Rechtslage, nach der bis zum Inkrafttreten dieser Vorschriften die Anwaltskosten des erfolgreichen Widerspruchsführers im isolierten Vorverfahren nicht zu erstatten waren, als noch verfassungsmäßig angesehen (BVerfG, Beschluss vom 29.10.1969 - 1 BvR 65/68 -, BVerfGE 27, 175 ff; BVerwG, Beschluss  vom 01.09.1989, a.a.O. ). Es besteht kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wonach eine Kostenerstattung zugunsten des Obsiegenden zu erfolgen hätte (BVerfG, Beschluss vom 03.12.1986 - 1 BvR 872/82 -, NJW 1987, 2569 f). Aus dem Recht, sich schon im Verwaltungsverfahren anwaltlicher Hilfe zu bedienen, folgt nicht zwingend die Pflicht des Staates, die Kosten des Rechtsanwaltes zu tragen, wenn der Bürger mit seinem begehren durchdringt  (BVerwG, Beschluss vom 01.09.1989, a.a.O).
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwertfestsetzung liegen die Kosten des Verwaltungsverfahrens zu Grunde, deren Erstattung der Kläger anstrebt (1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2400 RVG-VV, Auslagenpauschale Nr. 7002 RVG-VV, zzgl. 16 % Umsatzsteuer Nr. 7008 RVG-VV).
16 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 06.04.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens.

Gründe

 
I.
Die Beklagte beanstandet im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.04.2006 die Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 3.000,-- EUR und den Ansatz einer nicht gekürzten Verfahrensgebühr Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - VV RVG).
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte im Jahr 2005 für ihn beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylfolgeantrag, der abschlägig beschieden wurde. Die Klage des Klägers, mit der er seine Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG begehrte, hatte mit dem Ziel der Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 AufenthG Erfolg. Die Beklagte wurde durch Urteil vom 06.12.2005 zur Tragung von 1/6 der Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens verpflichtet.
Mit Schreiben vom 09.03.2006 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 106,62 EUR nebst Zinsen festzusetzen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte seinem Antrag einen Gegenstandswert von 3.000,-- EUR und unter anderem eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG in Höhe von 245,70 EUR zugrunde. Nach Anhörung der Beklagten, die keine Stellungnahme abgab, wurden die dem Kläger zu erstattenden Kosten durch Beschluss vom 06.04.2006 antragsgemäß festgesetzt.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 11.04.2006 Erinnerung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es sei von einem Gegenstandswert in Höhe von 1.500,-- EUR auszugehen, da der Kläger in keinem Stadium des Verfahrens seine Anerkennung als Asylberechtigter beantragt habe. Außerdem sei die Gebühr Nr. 3100 VV RVG nach Abs. 4 der Vorbemerkung 3 des VV RVG teilweise um die im Verfahren vor dem Bundesamt entstandene Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) zu kürzen.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Der Kläger ist der Erinnerung der Beklagten entgegengetreten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt im Wesentlichen vor, die Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr sei nicht möglich, da er gegenüber dem Kläger eine solche Gebühr nicht abgerechnet habe. Abs. 4 der Vorbemerkung 3 VV RVG sei so zu verstehen, dass sich die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 bzw. 2303 VV RVG bei Entstehen einer Verfahrensgebühr vermindere. Es komme nicht zu einer Verminderung der im gerichtlichen Verfahren angefallenen Verfahrensgebühr. Die Anrechnung solle ausschließlich dem Kläger im Verhältnis zu seinem Rechtsanwalt und nicht auch dem Beklagten zugute kommen. Der Kläger habe keine Möglichkeit, sich die im Antragsverfahren angefallenen Rechtsanwaltsgebühren erstatten zu lassen. Es sei gerade zu absurd, wenn dieser Umstand dazu führen würde, dass sich hierdurch die Kostenerstattungspflicht der Beklagten im Klageverfahren reduziere.
II.
Die Erinnerung ist nicht begründet.
Der Berechnung und Festsetzung der dem Kläger nach § 162 Abs. 1 VwGO zu erstattenden Kosten wurde zu Recht ein Gegenstandswert in Höhe von 3.000,-- EUR nach § 30 Satz 1 RVG zugrunde gelegt. Der Kläger hat ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23.11.2005 auch die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten beantragt.
Die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG), die dem Kläger entsprechend seinem Obsiegen anteilig zu erstatten ist, ist nicht um einen Teilbetrag der im Verwaltungsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) zu kürzen.
10 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann aber nicht schon mit seinem Einwand durchdringen, dass er gegenüber seinem Mandanten keine Geschäftsgebühr in Rechnung gestellt habe. Würde die Anrechnung nach Abs. 4 Satz 1 der Vorbemerkung 3 VV RVG zu einer Verminderung des Erstattungsanspruchs gegen die Beklagte führen, wäre dieser Einwand unerheblich. Die Anrechnung setzt nämlich nur das Entstehen einer Gebühr voraus. Diese entsteht aber bereits für das Betreiben des Geschäfts (vgl. Abs. 3 der Vorbemerkung 2.4 VV RVG).
11 
Maßgeblich für die Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO sind die Kostengrundentscheidung nach § 161 Abs. 1 VwGO und die nach § 162 VwGO erstattungsfähigen Kosten. Stets erstattungsfähig sind nach § 162 Abs. 1 und 2 Satz 1 die Gebühren eines Rechtsanwalts, die im gerichtlichen Verfahren entstanden sind.
12 
Nach Abs. 2 der Vorbemerkung 3 VV RVG entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Diese Gebühr entsteht somit in jedem Fall in vollem Umfang allein aufgrund der Erledigung der beschriebenen Tätigkeiten eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob vorher bereits eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 oder 2303 VV RVG angefallen ist. Dies folgt aus einem Vergleich mit den Regelungen der Nrn. 3102 und 3103 VV RVG. Diese Vorschriften gelten für bestimmte Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen. War der Rechtsanwalt im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren tätig entsteht die Verfahrensgebühr dort nur mit einem reduzierten Gebührenrahmen. Es ist eine eigene Gebührennummer vorgesehen.
13 
Nach Abs. 4 Satz 1 der Vorbemerkung 3 VV RVG wird die Geschäftsgebühr, die wegen desselben Gegenstandes nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG entstanden ist, zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Anders als nach Nr. 3103 VV RVG sieht das Gebührenverzeichnis im Fall der Vorbefassung des Rechtsanwalts außerhalb des gerichtlichen Verfahrens keine eigenständige Gebührennummer vor. Die einmal entstandene Verfahrensgebühr wird von der Anrechnung nicht berührt. Sie ist nur ein im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten wirksamer Rechenvorgang. An der grundsätzlichen Pflicht des unterlegenen Verfahrensbeteiligten, dem Gegner die volle entstandene Gebühr zu erstatten, hat sich durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts geändert.
14 
Nach der Begründung zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 15/1971, Seite 209) wurde die Anrechnungsvorschrift in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz aufgenommen, um eine Ungleichbehandlung der in einem Behördenverfahren entstandenen Geschäftsgebühren mit den Geschäftsgebühren in zivilrechtlichen Verfahren zu beseitigen. Nach § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO wurde nämlich die Geschäftsgebühr des Anwalts im behördlichen Verfahren beim Übergang in das gerichtliche Verfahren nicht angerechnet. Etwas anderes galt aber für die Geschäftsgebühren, die außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens entstanden sind. Diese waren auf ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren anzurechnen. Unter der Geltung des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO führte die volle Anrechnung der außergerichtlichen Gebühren aber nicht dazu, dass der Gewinner des sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens gehindert war, die nach § 31 BRAGO entstandenen Gebühren seines Rechtsanwalts aus diesem Verfahren in voller Höhe gegen seinen unterlegenen Prozessgegner festsetzen zu lassen. Dass der Gesetzgeber mit dem Erlass des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes etwas an dieser Rechtslage ändern wollte, wird weder aus dem Text des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes noch aus der Begründung erkennbar. Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass im Gegensatz zu § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO jetzt überwiegend keine volle Anrechnung der Geschäftsgebühr mehr stattfindet. Die Teilanrechnung soll nur den Rechtsanwalt begünstigen. Die angefallene Geschäftsgebühr spielt im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Prozessgegner keine Rolle (vgl. zu § 118 BRAGO und Abs. 4 der Vorbemerkung 3 VV RVG: OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2005 - 23 V 45/05 -, JurBüro 2006, 202; OVG Münster, Beschluss vom 25.04.2006 - 7 E 410/06 -, zitiert nach Juris; vgl. auch VG Frankfurt, Beschluss vom 13.03.2006 - 2 J 662/06 -, zitiert nach Juris; VG Köln Beschluss vom 16.03.2006 - 18 K 6475/04.A -, Anwaltsblatt 2006, 429; a.A. Bayerischer VGH, Beschluss vom 03.11.2005 - 10 C 05.1131 -, zitiert nach Juris ).
15 
Ein anderes Verständnis von der Anrechnungsvorschrift in Abs. 4 der Vorbemerkung 3 VV RVG würde auch zu nicht nachvollziehbaren, zufälligen Ergebnissen führen. Der Betragsrahmen für die Geschäftsgebühr im Widerspruchsverfahren ist nach der Nr. 2301 VV RVG niedriger, wenn der Rechtsanwalt seinen Mandanten auch schon im vorausgegangenen Behördenverfahren vertreten hat. Da nur die zuletzt entstandene Geschäftsgebühr und somit die niedrigere aus dem Widerspruchsverfahren anzurechnen ist, hinge die Höhe des Erstattungsanspruchs auch davon ab, ob ein Rechtsanwalt sowohl im Behördenverfahren wie auch im Widerspruchsverfahren tätig war. Eine neue Variante ergibt sich, wenn ein Prozessbeteiligter für das Klageverfahren einen neuen Rechtsanwalt beauftragt. Eine Geschäftsgebühr, die auf dessen Verfahrensgebühr angerechnet werden kann, gibt es dann nicht. Ein Grund für eine Anrechnung ist auch nicht vorhanden, da sich der neue Rechtsanwalt in das Verfahren völlig neu einarbeiten muss. Die Anrechnungsvorschriften machen nur Sinn, wenn man sie auf den Gebührenanspruch zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten beschränkt.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben
17 
Dieser Beschluss ist als Beschluss in einem Nebenverfahren zu einer Asylklage nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.

Tenor

Die Erinnerungen der Klägerin gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. Januar 2007 werden zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

 
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässigen Erinnerungen sind unbegründet. Zu Recht hat die Urkundsbeamtin bei den der Klägerin zu erstattenden Kosten jeweils die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG) angerechnet.
Jedenfalls dann, wenn ein Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff VwGO stattgefunden hat und die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig sind, erfolgt eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG. Danach wird, soweit wegen des selben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 (a.F.: 2400 bis 2403) entstanden ist, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BT-Dr 15/1971, 209) ist eine Anrechnung bereits aus systematischen Gründen erforderlich, weil der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren entscheidend davon beeinflusst wird, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Anrechnung auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es müsse der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Die Anrechnungsregelung habe zur Folge, dass bei verwaltungsrechtlichen Mandaten eine Änderung zum geltenden Recht eintrete. Während nach § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO die Geschäftsgebühr beim Übergang in ein gerichtliches Verfahren nicht angerechnet worden sei, könne dieser Rechtszustand im Hinblick auf die systematischen und prozessleitenden Überlegungen nicht beibehalten werden; dies sei auch vor dem Hindergrund der Regelung des § 17 Nr. 1 RVG zu sehen, der spürbare Verbesserungen der Vergütung in verwaltungsrechtlichen Mandaten zur Folge habe.
Zwar wird eine solche Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr für das Kostenerstattungsrecht teilweise verneint und vertreten, diese Regelung gelte nur für das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt (vgl. den Beschluss des Gerichts vom 10.8.2006 - A 3 K 11018/05 - JURIS; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.7.2006 - 8 S 1621/06 -; OVG Nordr.-Westf., Beschluss vom 25.4.2006 - 7 E 410/06 - NJW 2006, 1991; Bayer. VGH, Beschluss vom 10.7.2006 - 4 C 06.1129 - NJW 2007, 170; jeweils m. w. Nachw.) . Dahinter steckt die Erwägung, dass dem Willen des Gesetzgebers, eine „doppelte“ Honorierung des Rechtsanwalts zu verhindern und eine außergerichtliche Erledigung zu fördern, nicht zu entnehmen sei, dass damit zugleich eine Entlastung des unterliegenden Prozessgegners gewollt gewesen sein könnte.
Dieser Rechtsgedanke ist indes nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Den o.a. Entscheidungen liegen - soweit ersichtlich - Konstellationen zugrunde, in denen kein Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff VwGO stattgefunden hat. Soweit dies aus den Entscheidungen hervorgeht, hat es sich entweder um Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes oder um asylrechtliche Streitigkeiten gehandelt, in denen jeweils keine Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts anfallen können, die nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig wären. Daher würde in diesen Fällen die Anwendung der Anrechnungsvorschrift allein dazu führen, dass der erstattungspflichtige Prozessgegner auf Kosten des Erstattungsberechtigten teilweise entlastet wird. Dass diese Privilegierung vom Gesetzgeber nicht gewollt ist und daher eine Anrechnung in diesen Fällen nicht erfolgen soll, ist daher zumindest nachvollziehbar, auch wenn selbst für diese Fallgruppe vertreten wird, die Geschäftsgebühr sei auf die Verfahrensgebühr anzurechnen (vgl. Bayer VGH, Beschluss vom 3.11.2005 - 10 C 05.1131 - JurBüro 2006, 77; VG Oldenburg, Beschluss vom 5.12.2006 - 11 A 436/06 -) .
Im Unterschied zu diesen Fallgruppen hat hier ein Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO stattgefunden. Die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind zudem nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig, denn das Gericht hat die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. In solchen Fällen würde die Nichtanrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr dazu führen, dass der Erstattungsberechtigte letztlich mehr von dem Erstattungspflichtigen verlangen kann, als dieser - unter Anwendung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG - seinem Prozessbevollmächtigten im Innenverhältnis schulden würde. Genauso wenig wie es sachlich gerechtfertigt sein mag, den Erstattungspflichtigen in anderen Fallkonstellationen zu privilegieren, ist es geboten, ihn in den Fällen, in denen wie hier ein erstattungsfähiges Vorverfahren stattgefunden hat, mit höheren Kosten zu belasten als sie der Erstattungsberechtigte selbst aufbringen müsste. Daher ist jedenfalls für diese Konstellation nicht ersichtlich, weshalb entgegen des Wortlauts der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG keine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr erfolgen sollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.