Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 21. März 2007 - 2 K 1377/06

published on 21/03/2007 00:00
Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 21. März 2007 - 2 K 1377/06
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Tenor

Die Erinnerungen der Klägerin gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. Januar 2007 werden zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

 
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässigen Erinnerungen sind unbegründet. Zu Recht hat die Urkundsbeamtin bei den der Klägerin zu erstattenden Kosten jeweils die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG) angerechnet.
Jedenfalls dann, wenn ein Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff VwGO stattgefunden hat und die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig sind, erfolgt eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG. Danach wird, soweit wegen des selben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 (a.F.: 2400 bis 2403) entstanden ist, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BT-Dr 15/1971, 209) ist eine Anrechnung bereits aus systematischen Gründen erforderlich, weil der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren entscheidend davon beeinflusst wird, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Anrechnung auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es müsse der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Die Anrechnungsregelung habe zur Folge, dass bei verwaltungsrechtlichen Mandaten eine Änderung zum geltenden Recht eintrete. Während nach § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO die Geschäftsgebühr beim Übergang in ein gerichtliches Verfahren nicht angerechnet worden sei, könne dieser Rechtszustand im Hinblick auf die systematischen und prozessleitenden Überlegungen nicht beibehalten werden; dies sei auch vor dem Hindergrund der Regelung des § 17 Nr. 1 RVG zu sehen, der spürbare Verbesserungen der Vergütung in verwaltungsrechtlichen Mandaten zur Folge habe.
Zwar wird eine solche Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr für das Kostenerstattungsrecht teilweise verneint und vertreten, diese Regelung gelte nur für das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt (vgl. den Beschluss des Gerichts vom 10.8.2006 - A 3 K 11018/05 - JURIS; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.7.2006 - 8 S 1621/06 -; OVG Nordr.-Westf., Beschluss vom 25.4.2006 - 7 E 410/06 - NJW 2006, 1991; Bayer. VGH, Beschluss vom 10.7.2006 - 4 C 06.1129 - NJW 2007, 170; jeweils m. w. Nachw.) . Dahinter steckt die Erwägung, dass dem Willen des Gesetzgebers, eine „doppelte“ Honorierung des Rechtsanwalts zu verhindern und eine außergerichtliche Erledigung zu fördern, nicht zu entnehmen sei, dass damit zugleich eine Entlastung des unterliegenden Prozessgegners gewollt gewesen sein könnte.
Dieser Rechtsgedanke ist indes nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Den o.a. Entscheidungen liegen - soweit ersichtlich - Konstellationen zugrunde, in denen kein Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff VwGO stattgefunden hat. Soweit dies aus den Entscheidungen hervorgeht, hat es sich entweder um Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes oder um asylrechtliche Streitigkeiten gehandelt, in denen jeweils keine Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts anfallen können, die nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig wären. Daher würde in diesen Fällen die Anwendung der Anrechnungsvorschrift allein dazu führen, dass der erstattungspflichtige Prozessgegner auf Kosten des Erstattungsberechtigten teilweise entlastet wird. Dass diese Privilegierung vom Gesetzgeber nicht gewollt ist und daher eine Anrechnung in diesen Fällen nicht erfolgen soll, ist daher zumindest nachvollziehbar, auch wenn selbst für diese Fallgruppe vertreten wird, die Geschäftsgebühr sei auf die Verfahrensgebühr anzurechnen (vgl. Bayer VGH, Beschluss vom 3.11.2005 - 10 C 05.1131 - JurBüro 2006, 77; VG Oldenburg, Beschluss vom 5.12.2006 - 11 A 436/06 -) .
Im Unterschied zu diesen Fallgruppen hat hier ein Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO stattgefunden. Die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind zudem nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig, denn das Gericht hat die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. In solchen Fällen würde die Nichtanrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr dazu führen, dass der Erstattungsberechtigte letztlich mehr von dem Erstattungspflichtigen verlangen kann, als dieser - unter Anwendung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG - seinem Prozessbevollmächtigten im Innenverhältnis schulden würde. Genauso wenig wie es sachlich gerechtfertigt sein mag, den Erstattungspflichtigen in anderen Fallkonstellationen zu privilegieren, ist es geboten, ihn in den Fällen, in denen wie hier ein erstattungsfähiges Vorverfahren stattgefunden hat, mit höheren Kosten zu belasten als sie der Erstattungsberechtigte selbst aufbringen müsste. Daher ist jedenfalls für diese Konstellation nicht ersichtlich, weshalb entgegen des Wortlauts der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG keine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr erfolgen sollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Tenor Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 28.04.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens. Gründe   1
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Tenor Die Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27.06.2007 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außerge
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Annotations

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Verschiedene Angelegenheiten sind

1.
das Verfahren über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug, soweit sich aus § 19 Absatz 1 Satz 2 Nummer 10a nichts anderes ergibt,
1a.
jeweils das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende weitere Verwaltungsverfahren (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren), das Verfahren über die Beschwerde und die weitere Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung, das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter und ein gerichtliches Verfahren,
2.
das Mahnverfahren und das streitige Verfahren,
3.
das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger und das streitige Verfahren,
4.
das Verfahren in der Hauptsache und ein Verfahren
a)
auf Anordnung eines Arrests oder zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung,
b)
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung,
c)
über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, über die Aufhebung der Vollziehung oder über die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts sowie
d)
über die Abänderung, die Aufhebung oder den Widerruf einer in einem Verfahren nach den Buchstaben a bis c ergangenen Entscheidung,
5.
der Urkunden- oder Wechselprozess und das ordentliche Verfahren, das nach Abstandnahme vom Urkunden- oder Wechselprozess oder nach einem Vorbehaltsurteil anhängig bleibt (§§ 596, 600 der Zivilprozessordnung),
6.
das Schiedsverfahren und das Verfahren über die Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme sowie das Verfahren über einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Entscheidung über die Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
7.
das gerichtliche Verfahren und ein vorausgegangenes
a)
Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle (§ 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung) oder, wenn die Parteien den Einigungsversuch einvernehmlich unternehmen, vor einer Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt (§ 15a Absatz 3 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung),
b)
Verfahren vor einem Ausschuss der in § 111 Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes bezeichneten Art,
c)
Verfahren vor dem Seemannsamt zur vorläufigen Entscheidung von Arbeitssachen und
d)
Verfahren vor sonstigen gesetzlich eingerichteten Einigungsstellen, Gütestellen oder Schiedsstellen,
8.
das Vermittlungsverfahren nach § 165 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und ein sich anschließendes gerichtliches Verfahren,
9.
das Verfahren über ein Rechtsmittel und das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels,
10.
das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und
a)
ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren und
b)
ein sich nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens anschließendes Bußgeldverfahren,
11.
das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und das nachfolgende gerichtliche Verfahren,
12.
das Strafverfahren und das Verfahren über die im Urteil vorbehaltene Sicherungsverwahrung und
13.
das Wiederaufnahmeverfahren und das wiederaufgenommene Verfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4 oder 5 des Vergütungsverzeichnisses richten.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.