Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 30. Jan. 2018 - 13 K 881/16

bei uns veröffentlicht am30.01.2018

Tenor

Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid.
Mit Schreiben vom 09.11.2015 teilte das Landratsamt Waldshut dem Kläger mit, am 27.10.2015 sei dessen Fahrschule durch den Treuhandverein für Verkehrserziehung und Verkehrssicherheit e. V. überprüft worden. Hierbei seien keine Beanstandungen festgestellt worden. Es könne ein ordnungsgemäßer Fahrschulbetrieb bestätigt werden. Für die Überprüfung der Fahrschule werde eine Gebühr i.H.v. 35,- EUR festgesetzt. Die Kosten für die Überprüfung durch den Treuhandverein beliefen sich auf 964,50 EUR. Diese Auslagen würden mit dem angefügten Gebührenbescheid ebenfalls erhoben werden.
Mit Gebührenbescheid vom 10.11.2015 setzte das Landratsamt Waldshut eine Gebühr i.H.v. 999,50 EUR (Auslagen für Treuhandverein: 964,50 EUR; Fahrschulüberwachung: 35,00 EUR) fest. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, wonach innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich oder mündlich zur Niederschrift beim Landratsamt Waldshut Widerspruch eingelegt werden könne und die Frist auch gewahrt sei, wenn der Widerspruch rechtzeitig beim Regierungspräsidium Freiburg eingelegt werde.
Mit E-Mail vom 19.11.2015 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Gebührenbescheid und machte im Wesentlichen geltend, ihm sei bereits zum zweiten Mal eine überhöhte Abrechnung des Treuhandvereins in Rechnung gestellt worden, weil nur seine Fahrschule am Überprüfungstag angefahren und damit die Vorgabe des Treuhandvereins nicht eingehalten worden sei, wonach bei den Regelüberwachungen zwei Fahrschulen angefahren bzw. geprüft werden sollten, um die Kosten im Rahmen zu halten.
Mit Schreiben vom 24.11.2015 bestätigte das Landratsamt Waldshut den Eingang des Widerspruchs. Gleichzeitig teilte es mit, der Treuhandverein sei um eine Stellungnahme über das Zustandekommen der Rechnung gebeten worden. Nachdem der Einspruch lediglich als E-Mail-Nachricht eingegangen sei und nicht in der verbindlichen und rechtssicheren Form der DE-Mail, werde der Kläger gebeten, den Einspruch noch schriftlich und von ihm unterzeichnet auf dem Postweg nachzureichen.
Mit Schreiben vom 09.12.2015 teilte das Landratsamt Waldshut dem Kläger unter anderem mit, der Treuhandverein habe inzwischen eine Stellungnahme abgegeben und ausgeführt, die Zusammenlegung von Terminen sei beim Kläger nicht mehr möglich gewesen. In Einzelfällen könnten trotz sorgfältiger Planung der Termine höhere Kosten für einzelne Fahrschulen entstehen. Es werde deshalb um Mitteilung bis 31.12.2015 gebeten, ob der Kläger seinen Einspruch zurücknehme. Nachdem sich der Kläger nicht geäußert hatte, legte das Landratsamt Waldshut den Widerspruch dem Regierungspräsidium Freiburg vor. Dieses teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11.01.2016 mit, sein Widerspruch sei nicht form- und fristgerecht eingelegt worden und damit unzulässig. Der Widerspruch sei, wie sich aus der dem Gebührenbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung ergebe, schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben. Er könne auch mittels eines elektronischen Dokuments, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (SiG) versehen sei, eingereicht werden. Dies sei beim Kläger jedoch nicht der Fall, da der Widerspruch nur mittels einer einfachen E-Mail erhoben worden sei. Da der Widerspruch unzulässig sei, sei keine materiell-rechtliche Prüfung des Gebührenbescheids vorzunehmen.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.02.2016 erhob der Kläger „vorsorglich“ erneut Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 10.11.2015. Die Rechtsmittelbelehrung des Landratsamts Waldshut sei unrichtig erteilt worden, da nicht auf die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs auf elektronischem Wege hingewiesen worden sei. Mit dem Argument, dass der per E-Mail eingelegte Widerspruch nicht formgerecht sei, setze sich das Landratsamt Waldshut in Widerspruch zu seinem eigenen Verwaltungshandeln. Auf dem angefochtenen Bescheid seien die allgemeine E-Mail-Adresse des Landratsamts und die E-Mail-Adresse der Sachbearbeiterin angegeben. Damit sei der Weg zur elektronischen Kommunikation eröffnet worden. I.V.m. der unvollständigen Rechtsbehelfsbelehrung sei beim Kläger der Eindruck erweckt worden, dass eine Kommunikation auch mit einfacher E-Mail möglich sei. Denn landläufig werde mit „schriftlich“ ein geschriebener und nicht ein mit Unterschrift versehener Text verstanden. Insbesondere habe das Landratsamt innerhalb der Widerspruchsfrist inhaltlich auf den Widerspruch geantwortet. Im Schreiben vom 09.12.2015 habe es allein Ausführungen zur Sache gemacht und damit zum Ausdruck gebracht, dass eine Entscheidung in der Sache getroffen werde. Eine etwaige Nichteinhaltung der Form des Widerspruchs sei damit geheilt. Darüber hinaus machte der Kläger Ausführungen zur Höhe der Gebühren i.H.v. 964,50 EUR für die Auslagen des Treuhandvereins. I.H.v. 259,78 EUR seien diese Auslagen nicht gerechtfertigt. Den verbleibenden Betrag von 704,72 EUR akzeptiere er.
Mit Bescheid vom 25.02.2016 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch als unzulässig zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, es sei nicht zulässig, einen Widerspruch mit einfacher E-Mail zu erheben, weil nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden könne, ob sie vollständig und richtig sei und ob sie tatsächlich von dem in ihr angegebenen Urheber stamme. Das Schriftformerfordernis sei nur bei einer E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG erfüllt, sofern die Behörde hierfür den Zugang eröffnet habe, was vorliegend aber nicht der Fall gewesen sei, wie aus der beigefügten Stellungnahme des Landratsamts Waldshut hervorgehe. Der durch den Rechtsanwalt erhobene Widerspruch sei zwar formgerecht erhoben worden, allerdings erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist. Die dem Gebührenbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung sei ordnungsgemäß gewesen.
Der Kläger hat am 23.03.2016 Klage erhoben. Zur Begründung führt er ergänzend aus, der per E-Mail eingelegte Einspruch vom 19.11.2015 könne zuverlässig und zweifelsfrei dem Kläger zugeordnet werden, denn schon fünf Tage nach Eingang des Einspruchs habe der Kläger eine Bestätigung des Eingangs erhalten und noch innerhalb der Einspruchsfrist eine materiell-rechtliche Stellungnahme. Dieser Auffassung sei auch der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 13.05.2005 - III.R 26/14 -. Auch die Einführung von § 3 a VwVfG, der § 87 AO entspreche, stehe dem nicht entgegen. Denn in § 70 VwGO werde nur verlangt, dass der Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift erklärt werde. Genau dies gehe auch aus der Rechtsbehelfsbelehrung hervor. Die festgesetzten Gebühren seien nicht gerechtfertigt. Es ergebe sich ein ungerechtfertigter Betrag i.H.v. 259,78 EUR. Der Bescheid sei aber auch in voller Höhe rechtswidrig. Während die Lebensmittelkontrolle durch Behördenmitarbeiter erfolge, würden die Fahrschulen extern durch den Treuhandverein kontrolliert. Dadurch entstünden im Verhältnis zu einer Kontrolle durch behördeninterne Mitarbeiter unverhältnismäßig hohe Kosten, da Wirtschaftsunternehmen nun einmal auf Gewinn angewiesen seien. Dies zeige auch die Vergütung der Kontrollperson nach dem JVEG und insbesondere die Erhebung von Umsatzsteuer durch den Treuhandverein. Es liege eine Ungleichbehandlung von Fahrschulen einerseits und Unternehmen in der Lebensmittelbranche andererseits vor, für die keine Notwendigkeit bestehe.
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Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seine Klage auf die im Gebührenbescheid festgesetzten Auslagen beschränkt. Er beantragt nun,
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den Bescheid des Landratsamts Waldshut vom 10.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 25.02.2016 aufzuheben, soweit Auslagen für Treuhandverein i.H.v. 964,50 EUR erhoben werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt er aus, die Klage sei unzulässig, da das Widerspruchsverfahren nicht fristgemäß durchgeführt worden sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei ordnungsgemäß erfolgt. Das Landratsamt habe keine Möglichkeit der elektronischen Kommunikation nach § 3 a VwVfG eröffnet. Es sei innerhalb der Widerspruchsfrist lediglich per E-Mail Einspruch eingelegt worden. Dem Kläger sei mit Schreiben vom 24.11.2015 mitgeteilt worden, dass er den Widerspruch nicht formgerecht erhoben habe und dieser noch schriftlich vom Kläger zu unterzeichnen sei. Er habe dies jedoch unterlassen. Daran ändere auch nichts die Tatsache, dass das Landratsamt Waldshut mit Schreiben vom 09.12.2015 mitgeteilt habe, den Bedenken des Klägers könne auch inhaltlich nicht Rechnung getragen werden. Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.05.2005 passe nicht, da die Rechtslage im dortigen Einspruchsverfahren unter Berücksichtigung der speziellen Norm des § 357 Abs. 1 S. 2 AO nicht mit der Rechtslage nach der VwGO und dem VwVfG vergleichbar sei. Der Kläger könne auch nicht damit gehört werden, dass es in seinem Fall nicht auf das Fehlen der Unterschrift ankomme. Er habe sich auf die Schreiben des Landratsamts vom 24.11.2015 und 09.12.2015 nicht gemeldet. In früheren Verfahren seien Rechtsbehelfe vom Kläger per Fax und mit Unterschrift eingereicht worden. Im aktuellen Fall sei dies nicht geschehen. Damit sei nicht sichergestellt gewesen, dass der Rechtsbehelf tatsächlich vom Kläger herrühre. Der Kläger sei bewusst das Risiko eingegangen, dem Schriftformerfordernis nicht zu entsprechen. Daher bestehe kein Vertrauensschutz. Ein Wiedereinsetzungsantrag könne damit wegen fehlenden Verschuldens auch keinen Erfolg haben. Die Anfechtungsklage sei auch nicht begründet, da der Gebührenbescheid rechtmäßig sei.
15 
Dem Gericht liegen die einschlägige Akte des Landratsamts Waldshut (zwei Hefte) und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg vor.

Entscheidungsgründe

 
16 
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung seine Anfechtungsklage auf die mit dem ursprünglich in voller Höhe angefochtenen Gebührenbescheid vom 10.11.2015 auf die erhobenen Auslagen i.H.v. 964,50 EUR beschränkt und damit die Klage hinsichtlich der festgesetzten Gebühr i.H.v. 35,- EUR zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen.
17 
Die Klage ist mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens im Sinne der §§ 68 ff. VwGO unzulässig.
18 
Der vom Kläger per E-Mail vom 19.11.2015 erhobene Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 10.11.2015 war nicht formgerecht.
19 
Nach § 70 Abs. 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt zu erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt. Dem Schriftformerfordernis wird bei bestimmenden Schriftsätzen in der Regel nur durch eine eigenhändige Unterschrift genügt. Doch gilt ausnahmsweise etwas anderes, wenn sich aus dem Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste (BVerwG, Urteil vom 18.12.1992 - 7 C 16.92 -, BVerwGE 91, 334).
20 
Diese Anforderungen erfüllt die E-Mail vom 19.11.2015 nicht. Bei einer einfachen E-Mail kann nicht mit der durch § 70 Abs. 1 VwGO gebotenen Sicherheit festgestellt werden, ob sie vollständig und richtig ist und ob sie tatsächlich von dem in ihr angegebenen Urheber stammt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 03.11.2005 - 1 TG 1668/05 -, NVwZ RR 2006, 377; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.05.2016 - 1 O 42/16 -, NVwZ 2016, 1032; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 70 Rn. 6b; Kopp/Schenke, 23. Aufl. 2017, § 70 Rn. 2). Nur wenn der Widerspruch mittels eines elektronischen Dokuments eingelegt wird, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG versehen ist, kann ein elektronisches Dokument in gleicher Weise wie die Unterschrift unter einem Widerspruchsschreiben Gewähr dafür bieten, dass es von dem Widerspruchsführer herrührt und mit dessen Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016 - 6 C 12.15 -, juris, Rn. 21).
21 
Sonstige schriftliche Unterlagen, die zweifelsfrei den Schluss zuließen, dass - mit der E-Mail vom 19.11.2015 - vom Kläger Widerspruch erhoben werden sollte, sind innerhalb der Widerspruchsfrist nicht eingegangen. Soweit der Beklagte auf die E-Mail mit Schreiben vom 24.11.2015 und 09.12.2015 geantwortet hat, handelt es sich nicht um Umstände, die geeignet wären, das Schriftformerfordernis zu erfüllen. Denn die Unterlagen wurden nicht vom Kläger selbst eingereicht. Dass der Kläger seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge während der Widerspruchsfrist mehrfach mit der Sachbearbeiterin telefoniert und diese nicht beanstandet hat, dass er nicht schriftlich Widerspruch erhoben habe, genügt ebenfalls nicht. Denn aus diesen Umständen ergibt sich nicht hinreichend sicher die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste.
22 
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt auch nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.05.2015 - III R 26/14 - (juris), dass Widerspruch nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO auch mittels einer einfachen E-Mail erhoben werden kann. Nach dieser Entscheidung kann, sofern die Finanzbehörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat, auch nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO ein Einspruch mit einfacher E-Mail eingelegt werden, ohne dass diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden muss. Diese Rechtsprechung ist jedoch auf § 70 Abs. 1 VwGO nicht übertragbar. Der Bundesfinanzhof begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass die in § 357 Abs. 1 S. 1 AO für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit - anders als dies bei § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO der Fall ist - nicht das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers umfasse. Dies folge vor allem aus § 357 Abs. 1 S. 2 AO, wonach es ausreicht, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Dies bedeute, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam sei, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Anspruchs erkennen lasse. Das Schriftformerfordernis in § 357 Abs. 1 S. 1 AO habe keine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion), die der Unterschrift zugeordnet würden. Darüber hinaus begründet der Bundesfinanzhof seine Auffassung mit der Gesetzgebungsgeschichte und der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung, wonach die Ergänzung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO um die Worte „oder elektronisch“ lediglich der Klarstellung dienen und keine Rechtsänderung bewirken sollte (vgl. BT-Drucks. 17/11473, S. 52, zu Nr. 4a). Insoweit grenzt der Bundesfinanzhof die Auslegung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO gerade gegenüber der Auslegung der §§ 3a Abs. 2 LVwVfG, 87a AO ab, wonach eine mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene elektronische Form vorgeschrieben ist.
23 
Die Voraussetzungen für eine Einlegung des Widerspruchs mittels eines elektronischen Dokuments nach § 3a LVwVfG lagen hier im Übrigen nicht vor. Die Ersetzung der durch Rechtsvorschrift angeordneten Schriftform durch ein elektronisches Dokument erfordert, dass der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat (§ 3a Abs. 1 LVwVfG), nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (§ 3a Abs. 2 S. 1 und 2 LVwVfG). Die Zugangseröffnung setzt nach § 3a Abs. 1 LVwVfG voraus, dass in objektiver Hinsicht bei dem Empfänger der Übermittlung eine vorhandene technische Kommunikationseinrichtung - ein Zugang - gegeben ist und subjektiv der Empfänger diesen Zugang durch entsprechende Widmung ausdrücklich oder konkludent für die Übermittlung elektronischer bzw. elektronischer schriftformersetzender Dokumente eröffnet. Die Widmung ist unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 19, juris).
24 
Offen bleiben kann, ob im November 2015 in objektiver Hinsicht beim Landratsamt Waldshut eine technische Kommunikationseinrichtung vorhanden war, mit der mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehene elektronische Dokumente empfangen bzw. gelesen werden konnten. Jedenfalls ist auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht festzustellen, dass das Landratsamt subjektiv auch den Zugang für die Übermittlung elektronischer schriftformersetzender Dokumente eröffnen wollte. Für elektronische Dokumente an Behörden, die verschlüsselt oder signiert sind oder sonstige besondere technische Merkmale aufweisen, ist ein Zugang nur eröffnet, soweit dies ausdrücklich von der Behörde festgelegt oder im Einzelfall zwischen Behörde und Absender vereinbart wurde (§ 3 Abs. 1 S. 2 LVwVfG). Eine entsprechende ausdrückliche Festlegung hat das Landratsamt Waldshut jedoch, wie es ausgeführt hat, nicht getroffen. Aber auch für eine konkludente Widmung fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Zum einen hat die Verkehrsanschauung bei der Beurteilung der Frage, ob der Zugang auch für den Empfang von Dokumenten in elektronischer Form (§ 3 a Abs. 2 LVwVfG) eröffnet ist, auch die Verbreitung der hierfür erforderlichen Signaturtechnik zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucksache 14/9000, S. 31). Deren Verbreitung ist jedoch bislang sehr gering ausgeprägt. Zum anderen lässt allein der Umstand, dass im angefochtenen Gebührenbescheid sowohl die persönliche E-Mail-Adresse der Sachbearbeiterin als auch die E-Mail-Adresse des Landratsamts genannt sind, nicht den Schluss zu, dass damit nicht nur die Möglichkeit zu allgemeiner Kommunikation mit dem Bürger, sondern darüber hinaus (konkludent) der Zugang auch für den Empfang von Dokumenten in elektronischer Form (§ 3 a Abs. 2 LVwVfG) eröffnet werden sollte (zur Differenzierung zwischen allgemeiner Kommunikation und Einlegung von Widersprüchen mittels elektronischer Dokumente vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 19). Die E-Mail-Adressen sind im angefochtenen Bescheid - wie auch die Angabe der Telefonnummern, der Hausanschrift sowie der Öffnungszeiten - lediglich mitgeteilt worden, um den Adressaten über die Möglichkeiten zur allgemeinen Kontaktaufnahme zu informieren. Zudem enthält die Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Bescheids gerade keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs mittels elektronischen Dokuments, so dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass auch insoweit durch die Nennung der E-Mail-Adressen ein Zugang im Sinne von § 3a Abs. 1 LVwVfG eröffnet werden sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 19, zur Bedeutung einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung bei der Frage, ob eine ausdrückliche oder konkludente Zugangseröffnung nach § 3a Abs. 1 LVwVfG erfolgt ist).
25 
Abgesehen davon war der per E-Mail am 19.11.2015 erhobene Widerspruch nicht mit einer qualifizierten Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG versehen. Die Ersetzung der durch § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO angeordneten Schriftform durch ein elektronisches Dokument erfordert aber neben der Eröffnung eines Zugangs nach § 3a Abs. 1 LVwVfG auch, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (§ 3a Abs. 2 S. 2 LVwVfG; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 18).
26 
Der mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.02.2016 erhobene Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 10.11.2015, der dem Kläger - wie seiner E-Mail vom 19.11.2015 entnommen werden kann - spätestens am 19.11.2015 zugegangen ist, war verfristet, da er nicht innerhalb eines Monats eingegangen ist. Es gilt auch nicht die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO. Den dem Gebührenbescheid war eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Entgegen der Auffassung des Klägers musste nicht auf die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs auf elektronischem Wege hingewiesen werden. Dabei muss der Einzelrichter nicht abschließend beurteilen, ob ein fehlender Hinweis, dass der Widerspruch auch im Wege der elektronischen Kommunikation gemäß § 3a LVwVfG eingelegt werden kann, zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO führt (bejahend etwa: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.03.2012 - 1 A 11258/11 -, juris; verneinend etwa: OVG Bremen, Beschluss vom 25.08.2015 - 2 LB 283/14 -, juris). Denn das Landratsamt Waldshut hat - wie bereits dargelegt - bislang keinen Zugang für die elektronische Übermittlung von Widersprüchen eröffnet, so dass ein Hinweis auf die elektronische Kommunikation in der Rechtsbehelfsbelehrung weder möglich noch erforderlich war (vgl. Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2016 - 6 S 346/16 -, VBlBW 2017, 203, Rn. 15).
27 
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch nicht deshalb unrichtig, weil nicht erläutert wird, was unter „schriftlich“ zu verstehen ist. Eine Belehrung, die den Gesetzeswortlaut wiedergibt, ist ausreichend (vgl. BFH, Beschluss vom 12.12.2017 - I B 127/12 -; Bayer VGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 20 ZB 11.349 -; jeweils zitiert nach juris).
28 
Da der Kläger keinen Antrag nach § 60 VwGO auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, kommt es auf die Frage, ob er ohne Verschulden verhindert war, die Widerspruchsfrist einzuhalten, nicht an. Davon ist im Übrigen aber auch nicht auszugehen. Allein der Umstand, dass das Landratsamt Waldshut die vom Kläger erhobenen Einwände gegen den Gebührenbescheid mit Schreiben vom 24.11.2015 und 09.12.2015 in der Sache geprüft hat, hinderte ihn nicht an der formgerechten Einlegung des Widerspruchs. Denn im Schreiben vom 24.11.2015 wurde ihm mitgeteilt, dass sein Widerspruch lediglich als E-Mail-Nachricht und nicht in der verbindlichen und rechtssicheren Form der DE-Mail eingegangen sei, weshalb er gebeten werde, den Widerspruch noch schriftlich und von ihm unterzeichnet auf dem Postweg nachzureichen. Damit konnte er nicht darauf vertrauen, dass sein Widerspruch nicht (nur) als sachlich unbegründet, sondern (auch) als unzulässig zurückgewiesen werden würde. Abgesehen davon wäre eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deshalb zu versagen, da der Kläger innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist (§ 60 Abs. 2 S. 1 VwGO) weder einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht hat (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 60 Rn. 27, wonach die Frist auch für die Geltendmachung der Wiedereinsetzungsgründe gilt).
29 
Damit kann offen bleiben, ob die Klage begründet ist. Allerdings spricht viel dafür, dass der Kläger durch die im Widerspruchsverfahren abgegebene Erklärung, er akzeptiere die mit dem Gebührenbescheid erhobenen Auslagen i.H.v. 704,72 EUR, auf seinen vermeintlichen Anspruch auf Aufhebung des Gebührenbescheids wirksam verzichtet hat, so dass ohnehin nur i.H.v. 259,78 EUR die Rechtmäßigkeit des Bescheids zu prüfen wäre.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Ein Grund, die Berufung zuzulassen (§ 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO), liegt nicht vor.

Gründe

 
16 
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung seine Anfechtungsklage auf die mit dem ursprünglich in voller Höhe angefochtenen Gebührenbescheid vom 10.11.2015 auf die erhobenen Auslagen i.H.v. 964,50 EUR beschränkt und damit die Klage hinsichtlich der festgesetzten Gebühr i.H.v. 35,- EUR zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen.
17 
Die Klage ist mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens im Sinne der §§ 68 ff. VwGO unzulässig.
18 
Der vom Kläger per E-Mail vom 19.11.2015 erhobene Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 10.11.2015 war nicht formgerecht.
19 
Nach § 70 Abs. 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt zu erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt. Dem Schriftformerfordernis wird bei bestimmenden Schriftsätzen in der Regel nur durch eine eigenhändige Unterschrift genügt. Doch gilt ausnahmsweise etwas anderes, wenn sich aus dem Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste (BVerwG, Urteil vom 18.12.1992 - 7 C 16.92 -, BVerwGE 91, 334).
20 
Diese Anforderungen erfüllt die E-Mail vom 19.11.2015 nicht. Bei einer einfachen E-Mail kann nicht mit der durch § 70 Abs. 1 VwGO gebotenen Sicherheit festgestellt werden, ob sie vollständig und richtig ist und ob sie tatsächlich von dem in ihr angegebenen Urheber stammt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 03.11.2005 - 1 TG 1668/05 -, NVwZ RR 2006, 377; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.05.2016 - 1 O 42/16 -, NVwZ 2016, 1032; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 70 Rn. 6b; Kopp/Schenke, 23. Aufl. 2017, § 70 Rn. 2). Nur wenn der Widerspruch mittels eines elektronischen Dokuments eingelegt wird, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG versehen ist, kann ein elektronisches Dokument in gleicher Weise wie die Unterschrift unter einem Widerspruchsschreiben Gewähr dafür bieten, dass es von dem Widerspruchsführer herrührt und mit dessen Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016 - 6 C 12.15 -, juris, Rn. 21).
21 
Sonstige schriftliche Unterlagen, die zweifelsfrei den Schluss zuließen, dass - mit der E-Mail vom 19.11.2015 - vom Kläger Widerspruch erhoben werden sollte, sind innerhalb der Widerspruchsfrist nicht eingegangen. Soweit der Beklagte auf die E-Mail mit Schreiben vom 24.11.2015 und 09.12.2015 geantwortet hat, handelt es sich nicht um Umstände, die geeignet wären, das Schriftformerfordernis zu erfüllen. Denn die Unterlagen wurden nicht vom Kläger selbst eingereicht. Dass der Kläger seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge während der Widerspruchsfrist mehrfach mit der Sachbearbeiterin telefoniert und diese nicht beanstandet hat, dass er nicht schriftlich Widerspruch erhoben habe, genügt ebenfalls nicht. Denn aus diesen Umständen ergibt sich nicht hinreichend sicher die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste.
22 
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt auch nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.05.2015 - III R 26/14 - (juris), dass Widerspruch nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO auch mittels einer einfachen E-Mail erhoben werden kann. Nach dieser Entscheidung kann, sofern die Finanzbehörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat, auch nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO ein Einspruch mit einfacher E-Mail eingelegt werden, ohne dass diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden muss. Diese Rechtsprechung ist jedoch auf § 70 Abs. 1 VwGO nicht übertragbar. Der Bundesfinanzhof begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass die in § 357 Abs. 1 S. 1 AO für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit - anders als dies bei § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO der Fall ist - nicht das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers umfasse. Dies folge vor allem aus § 357 Abs. 1 S. 2 AO, wonach es ausreicht, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Dies bedeute, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam sei, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Anspruchs erkennen lasse. Das Schriftformerfordernis in § 357 Abs. 1 S. 1 AO habe keine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion), die der Unterschrift zugeordnet würden. Darüber hinaus begründet der Bundesfinanzhof seine Auffassung mit der Gesetzgebungsgeschichte und der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung, wonach die Ergänzung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO um die Worte „oder elektronisch“ lediglich der Klarstellung dienen und keine Rechtsänderung bewirken sollte (vgl. BT-Drucks. 17/11473, S. 52, zu Nr. 4a). Insoweit grenzt der Bundesfinanzhof die Auslegung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO gerade gegenüber der Auslegung der §§ 3a Abs. 2 LVwVfG, 87a AO ab, wonach eine mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene elektronische Form vorgeschrieben ist.
23 
Die Voraussetzungen für eine Einlegung des Widerspruchs mittels eines elektronischen Dokuments nach § 3a LVwVfG lagen hier im Übrigen nicht vor. Die Ersetzung der durch Rechtsvorschrift angeordneten Schriftform durch ein elektronisches Dokument erfordert, dass der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat (§ 3a Abs. 1 LVwVfG), nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (§ 3a Abs. 2 S. 1 und 2 LVwVfG). Die Zugangseröffnung setzt nach § 3a Abs. 1 LVwVfG voraus, dass in objektiver Hinsicht bei dem Empfänger der Übermittlung eine vorhandene technische Kommunikationseinrichtung - ein Zugang - gegeben ist und subjektiv der Empfänger diesen Zugang durch entsprechende Widmung ausdrücklich oder konkludent für die Übermittlung elektronischer bzw. elektronischer schriftformersetzender Dokumente eröffnet. Die Widmung ist unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 19, juris).
24 
Offen bleiben kann, ob im November 2015 in objektiver Hinsicht beim Landratsamt Waldshut eine technische Kommunikationseinrichtung vorhanden war, mit der mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehene elektronische Dokumente empfangen bzw. gelesen werden konnten. Jedenfalls ist auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht festzustellen, dass das Landratsamt subjektiv auch den Zugang für die Übermittlung elektronischer schriftformersetzender Dokumente eröffnen wollte. Für elektronische Dokumente an Behörden, die verschlüsselt oder signiert sind oder sonstige besondere technische Merkmale aufweisen, ist ein Zugang nur eröffnet, soweit dies ausdrücklich von der Behörde festgelegt oder im Einzelfall zwischen Behörde und Absender vereinbart wurde (§ 3 Abs. 1 S. 2 LVwVfG). Eine entsprechende ausdrückliche Festlegung hat das Landratsamt Waldshut jedoch, wie es ausgeführt hat, nicht getroffen. Aber auch für eine konkludente Widmung fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Zum einen hat die Verkehrsanschauung bei der Beurteilung der Frage, ob der Zugang auch für den Empfang von Dokumenten in elektronischer Form (§ 3 a Abs. 2 LVwVfG) eröffnet ist, auch die Verbreitung der hierfür erforderlichen Signaturtechnik zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucksache 14/9000, S. 31). Deren Verbreitung ist jedoch bislang sehr gering ausgeprägt. Zum anderen lässt allein der Umstand, dass im angefochtenen Gebührenbescheid sowohl die persönliche E-Mail-Adresse der Sachbearbeiterin als auch die E-Mail-Adresse des Landratsamts genannt sind, nicht den Schluss zu, dass damit nicht nur die Möglichkeit zu allgemeiner Kommunikation mit dem Bürger, sondern darüber hinaus (konkludent) der Zugang auch für den Empfang von Dokumenten in elektronischer Form (§ 3 a Abs. 2 LVwVfG) eröffnet werden sollte (zur Differenzierung zwischen allgemeiner Kommunikation und Einlegung von Widersprüchen mittels elektronischer Dokumente vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 19). Die E-Mail-Adressen sind im angefochtenen Bescheid - wie auch die Angabe der Telefonnummern, der Hausanschrift sowie der Öffnungszeiten - lediglich mitgeteilt worden, um den Adressaten über die Möglichkeiten zur allgemeinen Kontaktaufnahme zu informieren. Zudem enthält die Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Bescheids gerade keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs mittels elektronischen Dokuments, so dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass auch insoweit durch die Nennung der E-Mail-Adressen ein Zugang im Sinne von § 3a Abs. 1 LVwVfG eröffnet werden sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 19, zur Bedeutung einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung bei der Frage, ob eine ausdrückliche oder konkludente Zugangseröffnung nach § 3a Abs. 1 LVwVfG erfolgt ist).
25 
Abgesehen davon war der per E-Mail am 19.11.2015 erhobene Widerspruch nicht mit einer qualifizierten Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG versehen. Die Ersetzung der durch § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO angeordneten Schriftform durch ein elektronisches Dokument erfordert aber neben der Eröffnung eines Zugangs nach § 3a Abs. 1 LVwVfG auch, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (§ 3a Abs. 2 S. 2 LVwVfG; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 18).
26 
Der mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.02.2016 erhobene Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 10.11.2015, der dem Kläger - wie seiner E-Mail vom 19.11.2015 entnommen werden kann - spätestens am 19.11.2015 zugegangen ist, war verfristet, da er nicht innerhalb eines Monats eingegangen ist. Es gilt auch nicht die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO. Den dem Gebührenbescheid war eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Entgegen der Auffassung des Klägers musste nicht auf die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs auf elektronischem Wege hingewiesen werden. Dabei muss der Einzelrichter nicht abschließend beurteilen, ob ein fehlender Hinweis, dass der Widerspruch auch im Wege der elektronischen Kommunikation gemäß § 3a LVwVfG eingelegt werden kann, zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO führt (bejahend etwa: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.03.2012 - 1 A 11258/11 -, juris; verneinend etwa: OVG Bremen, Beschluss vom 25.08.2015 - 2 LB 283/14 -, juris). Denn das Landratsamt Waldshut hat - wie bereits dargelegt - bislang keinen Zugang für die elektronische Übermittlung von Widersprüchen eröffnet, so dass ein Hinweis auf die elektronische Kommunikation in der Rechtsbehelfsbelehrung weder möglich noch erforderlich war (vgl. Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2016 - 6 S 346/16 -, VBlBW 2017, 203, Rn. 15).
27 
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch nicht deshalb unrichtig, weil nicht erläutert wird, was unter „schriftlich“ zu verstehen ist. Eine Belehrung, die den Gesetzeswortlaut wiedergibt, ist ausreichend (vgl. BFH, Beschluss vom 12.12.2017 - I B 127/12 -; Bayer VGH, Beschluss vom 18.04.2011 - 20 ZB 11.349 -; jeweils zitiert nach juris).
28 
Da der Kläger keinen Antrag nach § 60 VwGO auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, kommt es auf die Frage, ob er ohne Verschulden verhindert war, die Widerspruchsfrist einzuhalten, nicht an. Davon ist im Übrigen aber auch nicht auszugehen. Allein der Umstand, dass das Landratsamt Waldshut die vom Kläger erhobenen Einwände gegen den Gebührenbescheid mit Schreiben vom 24.11.2015 und 09.12.2015 in der Sache geprüft hat, hinderte ihn nicht an der formgerechten Einlegung des Widerspruchs. Denn im Schreiben vom 24.11.2015 wurde ihm mitgeteilt, dass sein Widerspruch lediglich als E-Mail-Nachricht und nicht in der verbindlichen und rechtssicheren Form der DE-Mail eingegangen sei, weshalb er gebeten werde, den Widerspruch noch schriftlich und von ihm unterzeichnet auf dem Postweg nachzureichen. Damit konnte er nicht darauf vertrauen, dass sein Widerspruch nicht (nur) als sachlich unbegründet, sondern (auch) als unzulässig zurückgewiesen werden würde. Abgesehen davon wäre eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deshalb zu versagen, da der Kläger innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist (§ 60 Abs. 2 S. 1 VwGO) weder einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht hat (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 60 Rn. 27, wonach die Frist auch für die Geltendmachung der Wiedereinsetzungsgründe gilt).
29 
Damit kann offen bleiben, ob die Klage begründet ist. Allerdings spricht viel dafür, dass der Kläger durch die im Widerspruchsverfahren abgegebene Erklärung, er akzeptiere die mit dem Gebührenbescheid erhobenen Auslagen i.H.v. 704,72 EUR, auf seinen vermeintlichen Anspruch auf Aufhebung des Gebührenbescheids wirksam verzichtet hat, so dass ohnehin nur i.H.v. 259,78 EUR die Rechtmäßigkeit des Bescheids zu prüfen wäre.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Ein Grund, die Berufung zuzulassen (§ 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO), liegt nicht vor.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 58


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 70


(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu e

Abgabenordnung - AO 1977 | § 357 Einlegung des Einspruchs


(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht. (2) Der Einspruch ist b

Abgabenordnung - AO 1977 | § 87 Amtssprache


(1) Die Amtssprache istDeutsch. (2) Werden bei einer Finanzbehörde in einer fremden Sprache Anträge gestellt oder Eingaben, Belege, Urkunden oder sonstige Dokumente vorgelegt, kann die Finanzbehörde verlangen, dass unverzüglich eine Übersetzung v

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 02. Mai 2016 - 1 O 42/16

bei uns veröffentlicht am 02.05.2016

Gründe 1 1. Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 1. Kammer - vom 9. März 2016 hat in der Sache keinen Erfolg. 2 Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die begehrte Änderung des angefochtenen Be

Bundesfinanzhof Urteil, 13. Mai 2015 - III R 26/14

bei uns veröffentlicht am 13.05.2015

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 2. Juli 2014  8 K 1658/13 aufgehoben.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. März 2012 - 1 A 11258/11

bei uns veröffentlicht am 08.03.2012

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 22. September 2011 wird der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2010 in Gestalt des Wid

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(1) Die Amtssprache istDeutsch.

(2) Werden bei einer Finanzbehörde in einer fremden Sprache Anträge gestellt oder Eingaben, Belege, Urkunden oder sonstige Dokumente vorgelegt, kann die Finanzbehörde verlangen, dass unverzüglich eine Übersetzung vorgelegt wird. In begründeten Fällen kann die Vorlage einer beglaubigten oder von einem öffentlich bestellten oder beeidigten Dolmetscher oder Übersetzer angefertigten Übersetzung verlangt werden. Wird die verlangte Übersetzung nicht unverzüglich vorgelegt, so kann die Finanzbehörde auf Kosten des Beteiligten selbst eine Übersetzung beschaffen. Hat die Finanzbehörde Dolmetscher oder Übersetzer herangezogen, erhalten diese eine Vergütung in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes.

(3) Soll durch eine Anzeige, einen Antrag oder die Abgabe einer Willenserklärung eine Frist in Lauf gesetzt werden, innerhalb deren die Finanzbehörde in einer bestimmten Weise tätig werden muss, und gehen diese in einer fremden Sprache ein, so beginnt der Lauf der Frist erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Finanzbehörde eine Übersetzung vorliegt.

(4) Soll durch eine Anzeige, einen Antrag oder eine Willenserklärung, die in fremder Sprache eingehen, zugunsten eines Beteiligten eine Frist gegenüber der Finanzbehörde gewahrt, ein öffentlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht oder eine Leistung begehrt werden, so gelten die Anzeige, der Antrag oder die Willenserklärung als zum Zeitpunkt des Eingangs bei der Finanzbehörde abgegeben, wenn auf Verlangen der Finanzbehörde innerhalb einer von dieser zu setzenden angemessenen Frist eine Übersetzung vorgelegt wird. Andernfalls ist der Zeitpunkt des Eingangs der Übersetzung maßgebend, soweit sich nicht aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen etwas anderes ergibt. Auf diese Rechtsfolge ist bei der Fristsetzung hinzuweisen.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Gründe

1

1. Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 1. Kammer - vom 9. März 2016 hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die begehrte Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung im Sinne von § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO keine hinreichenden Erfolgsaussichten bietet, wird von der Beschwerde nicht schlüssig infrage gestellt. Hinreichende Erfolgsaussichten sind auch anderweitig nicht ersichtlich.

3

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Kläger die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 70 Abs. 1 VwGO nicht eingehalten hat. Danach ist der Widerspruch innerhalb eines Monates, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt. Darüber ist der Kläger in der Rechtsbehelfsbelehrung des hier streitgegenständlichen Bescheides des Beklagten vom 13. Juni 2014 gemäß § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 58 Abs. 1 VwGO ebenso zutreffend belehrt worden wie über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist.

4

In Kenntnis dessen hat der Kläger gleichwohl abweichend hiervon „Widerspruch per E-Mail“ eingelegt. Dies genügt dem Schriftlichkeitserfordernis nach § 70 Abs. 1 VwGO nicht, denn diesem wird bei bestimmenden Schriftsätzen wie dem Widerspruch in der Regel nur durch eine eigenhändige Unterschrift genügt (vgl.: BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1992 - 7 C 16.92 -, juris Rn. 22 [m. w. N.]). Damit liegen auch nicht andere Unterlagen in schriftlicher Form vor, die - ausnahmsweise - die Urheberschaft und den Willen, ein Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste (vgl. hierzu: BVerwG, a. a. O.). Bei einer schlichten E-Mail ist die Gewähr des „richtigen Absenders“ ohnehin nicht, jedenfalls nicht ohne Weiteres erkennbar.

5

Vorliegend ist der Kläger auch nicht im Sinne von § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO unrichtig belehrt worden mit der Folge, dass nicht die Jahresfrist galt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die trotz der Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs lediglich auf die Rechtsmitteleinlegung in schriftlicher Form oder zur Niederschrift bei der maßgeblichen Stelle verweist, ist zwar unvollständig und deshalb irreführend, weil sie geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs sei ausgeschlossen (vgl.: OVG LSA, Urteile vom 12. November 2013 - 1 L 15/13 - und vom 14. Oktober 2014 - 1 L 99/13 -, jeweils juris [m. w. N.]). Indes ist vorliegend - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - der elek-tronische Rechtsverkehr bei bzw. gegenüber dem Beklagten nicht gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet gewesen. Es besteht zudem keine gesetzlich normierte Pflicht zur Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs; Gegenteiliges zeigt auch die Beschwerde nicht auf. Die gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Widerspruchseinlegung vorgeschriebene Schriftform kann überdies gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nur dann durch ein elektronisches Dokument gewahrt werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (vgl. hierzu auch: OVG Sachsen, Beschluss vom 9. Juni 2015 - 3 A 63/15 -, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 LB 156/11 - juris [m. w. N.]; BayVGH, Beschlüsse vom 18. April 2011 - 20 ZB 11.349 - und vom 18. Juni 2007 - 11 CS 06.1959 -, jeweils juris; HessVGH, Beschluss vom 3. November 2005 - 1 TG 1668/05 - juris [m. w. N.]). Die schlichte E-Mail des Klägers genügt dieser Anforderung ebenso wenig.

6

Für die von den Parteien im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bis zu dessen Abschluss durch Erlass eines Verwaltungsaktes betriebene Übung der Kommunikation auch in elektronischer Form gilt nichts anderes, denn auch die gewählte Praxis kann allenfalls darüber Aufschluss geben, dass ein Rechtsbehelf im elektronischen Wege denkbar sein kann, aber nicht darüber hinaus indizieren, dass jedwede Art der elektronischen Äußerung dem Schrifterfordernis genügt (vgl. insoweit auch: BayVGH, Beschluss vom 18. April 2011, a. a. O.). Ein anderslautendes Vertrauen des Klägers durfte sich daher allein aus diesem Grund schon nicht statthafterweise bilden. Dies gilt erst Recht, wenn - wie vorliegend - der Bescheidadressat zutreffend über die Form des einzulegenden Widerspruches belehrt wurde. Damit scheidet zugleich die Annahme aus, der Kläger sei im Sinne von § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 60 Abs. 1 VwGO ohne Verschulden verhindert gewesen, die gesetzliche Frist einzuhalten.

7

Die Regelung des § 55a VwGO ist im Übrigen vorliegend nicht einschlägig, da sie die Übermittlung elektronischer Dokumente an das Gericht, nicht hingegen an die Verwaltung zum Gegenstand hat. Eine - wie die Beschwerde womöglich meint - „analoge“ Anwendung scheidet im Hinblick auf die spezialgesetzliche Regelung in § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 3a VwVfG ohnehin aus.

8

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten werden gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

9

3. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr in Höhe von 60,00 € anfällt.

10

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 2. Juli 2014  8 K 1658/13 aufgehoben.

Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter ihres im Dezember 1992 geborenen Sohnes (S). S beendete im Juni 2012 seine schulische Ausbildung mit dem Abitur.

2

Mit Bescheid vom 17. Januar 2013 hob die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die zugunsten der Klägerin für S erfolgte Kindergeldfestsetzung für die Monate August bis November 2012 auf und forderte das insoweit bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies sie auf das Fehlen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Bescheid war die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben.

3

Gegen den Aufhebungsbescheid erhob die Klägerin mit einfacher E-Mail vom 23. Januar 2013 unter Berufung auf eine Arbeitsuchendmeldung vom 24. September 2012 Einspruch, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2013 als unbegründet zurückwies.

4

Im Rahmen des hiergegen geführten Klageverfahrens wies der beim Finanzgericht (FG) zur Bearbeitung des Streitfalls bestellte Berichterstatter mit Schreiben vom 2. April 2014 die Beteiligten erstmals u.a. darauf hin, dass seiner Ansicht nach kein wirksamer Einspruch erhoben worden sei, da für eine Einspruchseinlegung durch E-Mail nach § 87a Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen sei.

5

Dem folgend wies das FG die Klage als unbegründet ab, da der angegriffene Bescheid mangels wirksamer Anfechtung Bestandskraft erlangt habe. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1749 veröffentlicht.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt, das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

8

Die Familienkasse beantragt, der Revision stattzugeben.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer einfachen E-Mail vom 23. Januar 2013 keinen wirksamen Einspruch eingelegt hat.

10

1.a) Gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer ihn eingelegt hat (§ 357 Abs. 1 Satz 2 AO). Einlegung durch Telegramm ist zulässig (§ 357 Abs. 1 Satz 3 AO).

11

b) Gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 AO kann eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO). Die Signierung mit einem Pseudonym ist nicht zulässig (§ 87a Abs. 3 Satz 3 AO).

12

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) umfasst die für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit nicht auch das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers (Senatsurteil vom 30. Oktober 1997 III R 27/93, BFH/NV 1998, 942, Rz 15; ebenso Siegers in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp-- § 357 AO Rz 16; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 357 AO Rz 12). Dies folgt vor allem aus § 357 Abs. 1 Satz 2 AO. Danach reicht es aus, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Insofern findet § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach bei einer durch Gesetz vorgeschriebenen schriftlichen Form die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss, keine Anwendung. Das bedeutet, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam ist, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Einspruchs erkennen lässt (Bartone in Beermann/ Gosch, AO § 357 Rz 20).

13

3. Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. § 87a Abs. 3 Satz 2 AO findet für die Einlegung eines Einspruchs keine Anwendung.

14

a) Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften.

15

aa) § 357 Abs. 1 Satz 1 AO fordert nur eine schriftliche Einlegung des Einspruchs. Dabei kann aus dem Begriff "schriftlich" nicht ohne Weiteres auf ein die eigenhändige Unterschrift umfassendes "Schriftform"-Erfordernis geschlossen werden (Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72). Vielmehr ist in den Fällen, in denen das Gesetz Begriffe wie "Schriftstück" oder "schriftlich" verwendet, im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die schriftliche Erklärung eine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion, s. zu den Begriffsinhalten im Einzelnen BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes --VwVfG--) erfüllen muss, die der Unterschrift zugeordnet werden, und aus diesem Grund auch eine Unterschrift zu fordern ist (Thürmer in HHSp § 87a AO Rz 98, 107; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72 f.). Ein solches Unterschriftserfordernis besteht im Falle der Einspruchseinlegung --wie unter II.2. ausgeführt-- jedoch gerade nicht.

16

bb) Demgegenüber bezieht sich § 87a Abs. 3 Satz 1 AO auf die Substitution der durch Gesetz angeordneten "Schriftform" durch die "elektronische Form". Nur in diesem Fall ist das von der Schriftform umfasste Unterschriftserfordernis gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 AO durch die elektronische Signatur zu ersetzen. Der Wortlaut des § 87a Abs. 3 Satz 1 und 2 AO steht daher der Zulassung eines einfachen elektronischen Dokuments nicht entgegen, wenn das Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen nicht die Schriftform verlangt, sondern eine Erklärung genügen lässt, die zwar schriftlich, d.h. in Text- oder Papierform erfolgen, aber keine eigenhändige Unterschrift enthalten muss.

17

b) Für diese Auslegung sprechen auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers sowie der Sinn und Zweck und die Systematik der betroffenen Regelungen.

18

aa) Nach der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfGÄndG) sollten einerseits allgemeine Schriftformerfordernisse in Verwaltungsverfahren, die rechtsverbindliches Handeln des Bürgers verlangen, stets durch eine mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene elektronische Form ersetzt werden können (BTDrucks 14/9000, S. 28). Entsprechend sollte ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, gesetzlich angeordneten Schriftformerfordernissen genügen und die der Schriftform zugeordneten Funktionen erfüllen (BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG). Andererseits sollte durch die Ergänzung des Begriffs "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" auch die Möglichkeit der Nutzung einfacher elektronischer Kommunikation eröffnet werden, soweit der Schriftform im jeweiligen Normkontext über z.B. den Dokumentations- und Nachweischarakter hinaus keine eigenständige, vor allem rechtliche Bedeutung zukommt (BTDrucks 14/9000, S. 28 f.). Dieses Grundverständnis lag auch dem an § 3a VwVfG angelehnten § 87a AO zu Grunde. Entsprechend sollten abweichende Regelungen, die z.B. eine Verpflichtung der Finanzbehörden vorsehen, elektronische Anträge oder Erklärungen entgegenzunehmen, vorrangig gegenüber § 87a AO berücksichtigt werden (BTDrucks 14/9000, S. 35 f., zu 87a Abs. 1 AO).

19

bb) Zwar hat es der Gesetzgeber versäumt, bereits im Rahmen des 3. VwVfGÄndG vom 21. August 2002 (BGBl I 2002, 3322, BStBl I 2002, 820) in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO den Begriff "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" zu ergänzen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber dies mit dem Ziel unterlassen hat, die elektronische Einspruchseinlegung von einer qualifizierten elektronischen Signatur abhängig zu machen. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung zur Einführung des § 87a Abs. 3 bis 5 AO, dass der Gesetzgeber die qualifizierte elektronische Signatur vor allem für die Fälle vorsehen wollte, in denen das Gesetz insbesondere bei der Abgabe von Steuererklärungen --anders als bei § 357 Abs. 1 Satz 2 AO-- eine eigenhändige Unterschrift fordert (BTDrucks 14/9000, S. 36, zu § 87a Abs. 3 bis 5 AO).

20

cc) Für dieses Verständnis spricht auch die Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften. Danach sollte die mit diesem Gesetz nachgeholte Ergänzung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO lediglich eine Klarstellung und keine Rechtsänderung bewirken. Entsprechend der bisherigen Handhabung durch die Finanzverwaltung sollte der Einspruch weiterhin elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden können (BTDrucks 17/11473, S. 52, zu Nr. 4 Buchst. a). Nichts anderes ergibt sich aus den vom FG angeführten Passagen aus dem Gesetzgebungsverfahren, wonach neben der in der Praxis wenig verbreiteten qualifizierten elektronischen Signatur weitere elektronische Äquivalente zur Schriftform geschaffen werden sollten. Da "Schriftform"-Äquivalente nur dort erforderlich sind, wo das Gesetz tatsächlich (strenge) Schriftform erfordert, lässt sich aus diesen Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren für den vorliegend zu beurteilenden Fall des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO, der nur Schriftlichkeit voraussetzt, nichts ableiten.

21

dd) Für die vom erkennenden Senat vertretene Auslegung spricht ferner die durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) erfolgte Einfügung einer Legaldefinition des Begriffes "elektronische Form" in § 87a Abs. 3 Satz 2 AO. Danach genügt der elektronischen Form ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist. Damit sollte --ohne Änderung des Regelungsgehalts-- klargestellt werden, dass "elektronische Form" nicht --wie möglicherweise im allgemeinen Sprachgebrauch-- als Abgrenzung zu papiergebundenen Verfahren verstanden wird, sondern es sich um eine Formvorschrift handelt (elektronische Form = elektronisches Dokument + qualifizierte elektronische Signatur), die das Gegenstück zur "Schriftform" beschreiben soll (BTDrucks 17/11473, S. 48 f., zu Art. 3 Nr. 2).

22

Insoweit ist die vom FG vertretene Auffassung, wonach auch nach der ab 1. August 2013 in Kraft getretenen Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO eine Einspruchseinlegung nicht mit einfacher E-Mail, sondern nur mit den in § 87a Abs. 3 AO vorgesehenen Kommunikationsmitteln möglich sein soll, zwar in sich konsequent. Sie missachtet jedoch zum einen, dass der Gesetzgeber in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO nur den Begriff "elektronisch" und gerade nicht den Begriff "elektronische Form" eingefügt hat. Zum anderen widerspricht diese Auslegung auch dem im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO klar zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers.

23

ee) § 357 AO verfolgt den Zweck, nur geringe formale Anforderungen an die wirksame Einlegung eines Einspruchs zu stellen (so bereits Senatsurteil vom 10. Juli 1964 III 120/61 U, BFHE 80, 325, BStBl III 1964, 590, zu § 249 Reichsabgabenordnung; ebenso Steinhauff, jurisPR-SteuerR 50/2013 Anm. 2). Die niedrigen Formanforderungen sollen es auch dem nicht schriftgewandten oder rechtlich versierten Steuerbürger ermöglichen, eine Überprüfung des von ihm für unrichtig erachteten Steuerverwaltungsakts zu erreichen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 6). Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nur das Telegramm als besondere Form der Einspruchseinlegung ausdrücklich erwähnt. Entgegen der Auffassung des FG kommt hierin keine Ablehnung anderer Telekommunikationsformen zum Ausdruck. Vielmehr bringt das Gesetz hierdurch seine grundsätzliche Offenheit gegenüber neuen Kommunikationsformen zum Ausdruck, auch wenn § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nicht an jede technische Neuentwicklung im Kommunikationsbereich angepasst wurde. Entsprechend werden von der ganz herrschenden Meinung auch andere Übermittlungsformen als zulässig angesehen, selbst wenn diese keine eigene Erwähnung im Gesetzestext gefunden haben und im Einzelfall mit keiner Unterschrift des Einspruchsführers verbunden sind (s. etwa die Beispiele bei Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 21, 26; Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 21; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 357 AO Rz 7; Koenig/ Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 357 Rz 20).

24

ff) Nicht überzeugend ist dagegen der vom FG angeführte systematische Auslegungsansatz. Eine Einschränkung kann § 87a Abs. 1 AO durch den spezielleren § 87a Abs. 3 AO nur insoweit erfahren, als der Anwendungsbereich des § 87a Abs. 3 AO eröffnet ist. Wo das Gesetz kein formales, die eigenhändige Unterschrift umfassendes Schriftformerfordernis aufstellt, vermag § 87a Abs. 3 AO den Anwendungsbereich des § 87a Abs. 1 AO nicht zu beschränken. Im Übrigen ist kein Grund ersichtlich, warum an einen elektronisch eingelegten Einspruch weitergehende Anforderungen im Hinblick auf die zu erfüllenden Formfunktionen zu stellen sein sollten als an einen schriftlich eingelegten Einspruch. Auch bei einem schriftlich, aber ohne Unterschrift eingelegten Einspruch genügt es, wenn sich aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergibt, wer der Einspruchsführer ist und dass dieser die Absicht hat, Einspruch einzulegen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 15 f.). Entsprechende Anhaltspunkte können --wie der Streitfall zeigt-- auch aus einem per einfacher E-Mail eingelegten Einspruch gewonnen werden (z.B. E-Mail-Adresse des Einspruchsführers, die der Behörde bereits aus der bisherigen Korrespondenz bekannt ist und Name unter dem E-Mailtext).

25

gg) Die hier vertretene Auslegung wird auch --worauf das FG zu Recht hinweist-- von der herrschenden Meinung in der Literatur (z.B. Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 23; Seer in Tipke/Kruse, § 357 AO Rz 7; Koenig/Cöster, a.a.O., § 357 Rz 13; Keß in Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz 11; Klein/ Brockmeyer, AO, 12. Aufl., § 357 Rz 1; zu weiteren Nachweisen für diese Auffassung und zur Gegenauffassung s.a. Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 19) und in der Rechtsprechung (FG Niedersachsen vom 24. November 2011  10 K 275/11, EFG 2012, 292; FG Köln vom 30. Mai 2012  10 K 3264/11, EFG 2012, 1813) geteilt.

26

4. Im Übrigen muss der Senat nicht entscheiden, ob dem FG die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind. Führt die Revision --wie im Streitfall-- aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, ist nicht mehr darüber zu entscheiden, ob außerdem ein Verfahrensfehler vorliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; Lange in HHSp, § 118 FGO Rz 256).

27

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die noch fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG nachzuholen haben. Zur Frage des Wegfalls der Arbeitsuchendmeldung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 38 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung verweist der Senat auf sein Urteil vom 10. April 2014 III R 19/12 (BFHE 245, 200, BStBl II 2015, 29).

28

6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO i.V.m. § 121 Satz 1 FGO).

29

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 22. September 2011 wird der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 12. Mai 2011 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem ihr eine Sondernutzungserlaubnis erteilt und zugleich für die Zeit der dadurch zugelassenen Sondernutzung eine Gebühr festgesetzt worden ist.

2

Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft (KG), an der die Beklagte als Gesellschafterin beteiligt ist, betreibt in Kaiserslautern auf einer von einer privaten Projektentwicklungsgesellschaft unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel entwickelten Konversionsfläche ein Spaß- und Freizeitbad. Unmittelbar vor dem Bad befindet sich nördlich daran anschließend eine im Eigentum der Beklagten stehende Fläche, welche diese unter Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel zu einer Parkplatzfläche ausgebaut hat, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden ist. Diese etwa 7.300 m² große Fläche stellte die Beklagte der Klägerin mit Vereinbarung vom 17. Dezember 2004 zur betriebsnotwendigen Nutzung als Parkplatzfläche kostenlos zur Verfügung. Gemäß § 8 der Vereinbarung bedarf die Weitergabe des Nutzungsrechtes bzw. die Errichtung von Bauwerken auf der Parkplatzfläche der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Beklagten als Grundstückseigentümerin.

3

In der Folgezeit beabsichtigte die Klägerin einen wesentlichen Teil der Wärmelieferung über ein neu zu errichtendes Blockheizkraftwerk sicherzustellen. Mit Bauschein vom 12. September 2006 erteilte die Beklagte der Firma L... A... K... G... & C. ..., die als Bauherrin fungierte, die Genehmigung zur Errichtung zweier Blockheizkraftwerke in Containerbauweise auf dem eigenen Betriebsgrundstück der Klägerin, Flur-Nr. .../... Die Blockheizkraftwerke wurden in der Folgezeit aber auf dem Parkplatzgrundstück aufgestellt. Nach den Angaben der Klägerin erwies sich der genehmigte Standort wegen der Lärmemissionen des Blockheizkraftwerkes als ungeeignet, weshalb ein weniger störender Standort gesucht und auf der Parkplatzfläche gefunden wurde. Mit Antrag vom 15. März 2007 begehrte die Bauherrin für die Standortänderung der Container nachträglich eine Tekturgenehmigung. Diese wurde der Firma L... A... K... G... & C. ... mit Bescheid vom 4. Februar 2009 erteilt.

4

Seit dem Jahre 2007 gab es Gespräche zwischen der Beklagten und dem zuständigen Ministerium des Innern und für Sport wegen der Bedenken hinsichtlich der möglichen Förderungsschädlichkeit des genehmigten Bauvorhabens auf der Parkplatzfläche. Insoweit stand eine mögliche – teilweise - Rückforderung der für den Parkplatzbau gewährten Zuschüsse im Raum. In diesem Zusammenhang wurde im Mai 2008 von der ADD Außenstelle Neustadt/Weinstr. die Frage aufgeworfen, ob insoweit eine Sondernutzungserlaubnis erteilt und eine entsprechende Sondernutzungsgebühr gefordert werde. Letztendlich äußerte das Ministerium die Auffassung, dass die anderweitige Nutzung förderschädlich und bei ihrer Fortsetzung die anteilige Förderung in Höhe von 66.000,00 € für diese Teilfläche zurückzuzahlen sei. Mit Schreiben vom 09. März 2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur Räumung der Parkplatzfläche auf. In der Folgezeit wurden die Container mit dem Blockheizkraftwerk bis Ende Mai 2010 von der Parkplatzfläche entfernt.

5

Unter dem 15. November 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin eine von dieser nicht beantragte Sondernutzungserlaubnis und setzte zugleich für den Zeitraum vom 01. Oktober 2006 bis zum 31. Mai 2010 eine Sondernutzungsgebühr in Höhe von insgesamt 7.576,80 € fest. Zugrunde gelegt wurde dabei die Grundfläche der Container mit 123 m², eine monatliche Gebühr von 1,40 €/m² sowie ein Zeitraum von 44 Monaten. Die Gebühr orientierte sich an der entsprechenden Satzung der Beklagten und der hierzu gehörenden Gebührentabelle. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides lautete wie folgt:

6

„Gegen beiliegende Erlaubnis kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Stadtverwaltung Kaiserslautern, Referat Stadtentwicklung, Rathaus, Willy-Brand-Platz 1, 11. Obergeschoss, Zimmer-Nr. 1123-1124 oder bei der Geschäftsstelle des Stadtrechtsausschusses, Rathaus Nord, Benzinoring 1, 1. Obergeschoss, Zimmer-Nr. B 110, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.“

7

Der Bescheid wurde am 15. November 2010 zur Post gegeben. In der Folgezeit kam es zu Gesprächen zwischen den Beteiligten, die allerdings ohne Ergebnis blieben.

8

Am 10. Januar 2011 legte die Klägerin schriftlich Widerspruch bei der Beklagten ein und führte aus, der Widerspruch erfolge fristgemäß, weil die Monatsfrist hier nicht einschlägig sei, da die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids nicht ausreichend sei. Nach der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sei der Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben sei, irreführend und fehlerhaft. Damit laufe die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO. In der Sache sei der Bescheid rechtswidrig.

9

Der Stadtrechtsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2011 wegen Verfristung als unzulässig zurück und führte zur Begründung aus, eine Belehrung über die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs in elektronischer Form sei nicht notwendig gewesen, da die Beklagte nach der Verkehrsanschauung keinen Zugang für den Empfang von Dokumenten mit qualifizierter elektronischer Signatur eröffnet habe. Gründe, unter Ermessensgesichtspunkten trotz Verfristung über den Widerspruch in der Sache zu entscheiden, seien nicht ersichtlich. Die Klägerin habe im Übrigen auch keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

10

Zur Begründung der hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, weil ein Hinweis auf die elektronische Einlegung des Widerspruches gefehlt habe. Entgegen der Auffassung des Stadtrechtsausschusses sei auch der Zugang für Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur eröffnet gewesen. Der angefochtene Bescheid sei fehlerhaft. Das Blockheizkraftwerk sei von der Firma L... A... K... G... & C. ... betrieben worden. Der 2006 genehmigte Standort habe sich als ungeeignet erwiesen. Deshalb sei mit Kenntnis und Zustimmung der Beklagten der Standort auf dem Parkplatz gewählt worden. Dort seien die Container erst im April 2007 aufgestellt worden. Erst als das zuständige Ministerium die Förderungsschädlichkeit der Aufstellung der Container auf dem Parkplatz erklärt habe, habe die Beklagte die Nutzung des Parkplatzes als Standort für die Container untersagt. Bei der Festsetzung der Gebühr habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem Bad um eine öffentliche Einrichtung handele, weshalb eine Sondernutzungsgebühr für die Nutzung der Parkplatzfläche nicht verlangt werden könne. Die entsprechende Gebührensatzung der Beklagten regele zudem nicht ausdrücklich die Aufstellung von Blockheizkraftwerken auf öffentlichen Verkehrsflächen. Daher habe die Beklagte fehlerhafterweise die Ziffer 8.5 der Gebührentabelle zugrunde gelegt. Bei einer Nutzung, wie sie vorgenommen worden sei, müsse berücksichtigt werden, dass die Nutzung im öffentlichen Interesse liege. Dem werde der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Zudem sei nur eine kleine Fläche in Anspruch genommen worden.

11

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat die Klage durch Urteil vom 22. September 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15. November 2010 sei verfristet gewesen. Er sei nämlich nach Ablauf der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bei der Beklagten eingegangen. Werde der Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückgewiesen, wie es hier geschehen sei, so sei die hierauf erhobene Klage ebenfalls unzulässig. Im vorliegenden Fall habe die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegolten, da die Rechtsbehelfsbelehrung in dem Bescheid vom 15. November 2010 nicht fehlerhaft gewesen sei. Zwar hätte die Beklagte seinerzeit den Zugang für die wirksame elektronische Widerspruchseinlegung eröffnet. Sie sei jedoch nicht verpflichtet gewesen, in der Belehrung des Bescheides vom 15. November 2010 auf die Möglichkeit der elektronischen Widerspruchseinlegung hinzuweisen. Die Belehrung, die die einschlägige Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Wortlaut wiedergegeben habe, sei damit objektiv zutreffend gewesen. Die Rechtsbehelfsbelehrung stelle keine „Gebrauchsanweisung“ dar, weshalb eine Belehrung über die Form des Widerspruchs nicht zwingend sei. Zwar sei eine Rechtsbehelfsbelehrung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes auch dann falsch, wenn sie nicht zwingend erforderliche, indessen irreführende Hinweise enthalte. An der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes gemessen sei die hier zu beurteilende Rechtsbehelfsbelehrung indessen nicht fehlerhaft. Ob auch ein Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Widerspruchseinlegung erforderlich sei, sei in der Rechtsprechung umstritten. Maßgeblich sei aber letztlich die Formulierung des § 70 Abs. 1 VwGO, der die elektronische Widerspruchseinlegung nicht erwähne. Das gelte ungeachtet des Umstandes, dass sowohl die VwGO als auch das Verwaltungsverfahrensgesetz Regelungen über die elektronische Kommunikation enthielten, die danach die Schriftform ersetze. Gleichwohl müsse nicht auf jede Möglichkeit der Widerspruchseinlegung ausdrücklich hingewiesen werden. Die Beschränkung auf den Wortlaut des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der Rechtsbehelfsbelehrung sei daher ausreichend gewesen.

12

Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung wegen des Fehlens eines Hinweises auf die elektronische Widerspruchseinlegung fehlerhaft gewesen sei, weil sie insofern irreführend gewesen sei. Die elektronische Kommunikation sei heute Alltag. Dem trage auch der Gesetzgeber durch die verschiedenen Regelungen in den Prozessordnungen und Verwaltungsverfahrensvorschriften seit längerer Zeit Rechnung. Auch die Beklagte selbst habe inzwischen ihre Rechtsbehelfsbelehrungen entsprechend neu formuliert. Das alleinige Abstellen des Verwaltungsgerichtes auf den Wortlaut des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO trage daher der gewandelten Wirklichkeit nicht mehr Rechnung. Angesichts des Umstandes, dass der Gesetzgeber in zahlreichen eigenständigen Vorschriften den Weg zur elektronischen Kommunikation ausdrücklich eröffnet habe und es dem gesetzgeberischen Willen entspreche, dass auch in dieser Form Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben werden könne, reiche ein bloßer Hinweis auf die Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der die elektronische Form nicht erwähne, nicht aus.

13

Der angefochtene Bescheid sei fehlerhaft, weil nicht sie, sondern die Firma L... A... G... & C.. ... die Betreiberin des Blockheizkraftwerkes gewesen sei. Diese habe ihr die gelieferte Heizwärme in Rechnung gestellt. Im Übrigen bezieht die Klägerin sich auf ihre Ausführungen in der ersten Instanz.

14

Die Klägerin beantragt,

15

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 22. September 2011 den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 12. Mai 2011 aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie trägt vor, die Rechtsbehelfsbelehrung sei ausreichend gewesen. Zudem habe die Klägerin nicht vorgetragen, dass sie vorgehabt hätte, elektronisch Widerspruch einzulegen. Die von der Klägerin zur Begründung ihrer Rechtsauffassung zitierte Rechtsprechung befasse sich zudem überwiegend nicht mit Ausgangsbescheiden wie dem hier streitigen. Außerdem habe gerade die Entwicklung der Rechtsprechung das Verwaltungsgericht zur Änderung seiner ursprünglich zu dieser Problematik vertretenen Rechtsauffassung veranlasst.

19

Bezüglich des Blockheizkraftwerkes und dessen Standort sei Ansprechpartner immer die Klägerin gewesen, weshalb auch an diese der angefochtene Bescheid gerichtet worden sei.

20

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten (2 Hefte). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

21

Die Berufung ist zulässig.

22

Die Berufung hat auch Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nämlich nicht als unzulässig abweisen dürfen, weil die Rechtsbehelfsbelehrung in dem Bescheid der Beklagten vom 15. November 2010 fehlerhaft war, weshalb die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO galt, innerhalb derer die Klägerin Widerspruch eingelegt hat. Dieser ist damit rechtzeitig eingelegt worden, weshalb die nachfolgende Klage zulässig war. Das Begehren der Klägerin ist auch in der Sache begründet, weil nicht sie Betreiberin des in zwei Containern auf der öffentlichen Parkplatzfläche aufgestellten Blockheizkraftwerkes war, bezüglich dessen durch den genannten Bescheid für einen zu diesem Zeitpunkt bereits zurückliegenden Zeitraum eine Sondernutzungserlaubnis erteilt und zugleich eine Gebühr festgesetzt worden ist. Das Blockheizkraftwerk wurde vielmehr von der Firma L... A... G... & C.. ... betrieben, der auch die Baugenehmigungen vom 12. September 2006 und vom 04. Februar 2009 erteilt wurden, wobei letztere die Aufstellung des Blockheizkraftwerkes auf der Parkplatzfläche zuließ.

23

Bezüglich der Zulässigkeit des Widerspruchs und damit auch der Anfechtungsklage streiten die Beteiligten im vorliegenden Verfahren ausschließlich darüber, ob die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wegen des Fehlens eines Hinweises auf die Möglichkeit, den Widerspruch im Wege der elektronischen Kommunikation gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 3a VwVfG einzulegen, im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt von Rechtsbehelfsbelehrungen und Rechtsmittelbelehrungen objektiv geeignet war, den Irrtum zu begründen, diese Möglichkeit der Widerspruchseinlegung sei hier nicht gegeben. In diesem Zusammenhang geben die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren Anlass darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, wie z.B. in dem Urteil vom 30. April 2009 (NJW 2009, 2322 m.w.N.) ausgeführt wird, nicht darauf ankommt, ob die im Einzelfall von dem jeweiligen Kläger beanstandete Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung tatsächlich kausal für die Nichteinhaltung der jeweils geltenden Frist war. Hierzu führt das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung aus:

24

§ 58 VwGO macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfs tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Das dient der Rechtsmittelklarheit; in dem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für die Bestimmungen der formellen Rechtskraft die Hand.“

25

Somit ist bezüglich der Zulässigkeit des nach Ablauf der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO indessen innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwVfG eingegangenen Widerspruchs und ebenso bezüglich der Zulässigkeit der Klage ausschließlich zu prüfen, ob die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes war, obwohl sie keinen Hinweis auf die rechtlich zulässige und tatsächlich mögliche Einlegung des Widerspruches im Wege der elektronischen Kommunikation enthielt, und nicht der Frage nachzugehen, ob dieser Umstand kausal für die Nichteinhaltung der Monatsfrist war. Dass die Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß erfolgte, ist entgegen der – gewandelten – Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes zu verneinen. Die von dem Verwaltungsgericht in der Auseinandersetzung mit der insoweit unterschiedliche Auffassungen vertretende Rechtsprechung zur Begründung seiner eigenen Rechtsauffassung aufgeführten Argumente rechtfertigen nämlich nicht den Schluss, die die verschiedenen Möglichkeiten der Widerspruchseinlegung nicht vollständig aufzählende Rechtsbehelfsbelehrung sei gleichwohl ordnungsmäßig erfolgt.

26

Auszugehen ist im vorliegenden Fall zunächst davon, dass die Beklagte den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur gemäß § 3a Abs. 2 VwVfG im Zeitpunkt des Bescheides vom 15. November 2010 eröffnet hatte, was das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (UA S. 6 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, da die Beklagte dem im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten ist. Damit war zu diesem Zeitpunkt die Widerspruchseinlegung im Wege der elektronischen Kommunikation nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er in § 3a VwVfG wie auch z.B. in § 55a VwGO bezüglich der Kommunikation mit den Verwaltungsgerichten zum Ausdruck kommt, nicht nur grundsätzlich zulässig, sondern, nachdem der Zugang hierfür gemäß § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet war, auch tatsächlich möglich. Daher stand der Klägerin zur Widerspruchseinlegung neben der schriftlichen Form – in welcher Gestalt auch immer – und der schriftlichen Form unter Zuhilfenahme eine Amtsperson (zur Niederschrift) als weitere Form die elektronische Kommunikation zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund war eine Rechtsbehelfsbelehrung, die lediglich auf die schriftliche Form oder die Möglichkeit, den Widerspruch zur Niederschrift einer Amtsperson einzulegen, verwies, unvollständig und deshalb irreführend, weil sie geeignet war, den Eindruck zu erwecken, die elektronische Kommunikation hierzu zu nutzen, sei nicht möglich.

27

In diesem Zusammenhang bedürfen die an die amtliche Begründung der Vorgängerregelung des § 55a VwGO, nämlich des früheren § 86a VwGO, anknüpfenden Überlegungen, ob mit der Erwähnung „schriftlich“ in § 70 Abs. 1 VwGO möglicherweise auch die elektronische Kommunikation erfasst sein könnte, keiner Vertiefung. Ob aus dieser amtlichen Begründung (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 55a VwGO, Rn. 3; VG Trier, Urteil vom 22. September 2009 – 1 K 365/09.TR -) möglicherweise geschlossen werden könnte, der Gesetzgeber verstehe die Formulierung „schriftlich“ derart umfassend, dass hierunter auch elektronische Kommunikation einzuordnen wäre, mag zwar von Interesse für akademische Debatten sein, übersteigt aber ersichtlich das Verständnis des Normalbürgers, auf das es in diesem Zusammenhang allein ankommt und von dem nicht erwartet werden kann, dass er unter Auswertung amtlicher Begründungen zu einem Gesetzentwurf eine Subsumtion dahingehend vornimmt, mit der Formulierung „schriftlich“ meine der Gesetzgeber auch die elektronische Kommunikation. Vielmehr ist von dem allgemeinen Sprachverständnis auszugehen, wonach „schriftlich“ die Erstellung eines tatsächlich existierenden schriftlichen Dokumentes – in welcher Form es letztendlich auch immer übermittelt wird – meint. Damit ist festzuhalten, dass nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont die hier streitige Rechtsbehelfsbelehrung lediglich auf die eigenständige Erstellung eines schriftlichen Dokumentes bzw. durch einen Bevollmächtigten oder auf die Erstellung eines solchen schriftlichen Dokuments unter Zuhilfenahme einer Amtsperson verweist.

28

Bezüglich der Frage, ob die hier zu beurteilende Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß oder unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO war, kommt es, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nicht darauf an, dass der Hinweis auf die Form der Rechtsbehelfseinlegung und damit auch auf die Möglichkeit, den Rechtsbehelf im Wege der elektronischen Kommunikation einzulegen, nicht zu dem Mindestinhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung zählt, wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08. Dezember 1961 (NJW 1962, 1220) ausgeführt hat. Darum geht es in diesem Zusammenhang nämlich nicht. Vielmehr ist darüber zu entscheiden, ob der über den Mindestinhalt hinausgehende Hinweis auf die Formerfordernisse so vollständig war, dass er einen Irrtum über die verschiedenen Möglichkeiten, den Formerfordernissen zu genügen, ausschloss. Das ist angesichts des fehlenden Hinweises auf die elektronische Kommunikation zu verneinen (vgl. VG Trier, Urteil vom 22. September 2009 – 1 K 365/09.TR -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 03. Mai 2010 – OVG 2 S 106/09 – und vom 02. Februar 2011 – OVG 2 N 10.10 – jeweils in juris; VG Potsdam, Urteil vom 18. August 2010 – 8 K 2929/09 – in juris; VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteile vom 10. Juni 2010 – 2 K 1192/09.NW, vom 10. September 2010 –2 K 156/10.NW – und vom 30. Juni 2011 – 4 K 131/11.NW -; VG Koblenz, Urteil vom 24. August 2010 – 2 K 1005/09.KO – in juris; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. November 2010 – 4 L 115/09 – in juris; Niedersächs. Finanzgericht, Urteil vom 24. November 2011 – 10 K 275/11 – in juris). Der gegenteiligen Rechtsauffassung (vgl. BFH, Beschluss vom 02. Februar 2010
III B 20/09 – in juris; Sozialgericht Marburg, Urteil vom 15. Juni 2011
S 12 KA 295/10 – in juris; Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 20. Juni 2011
L 7 AL 87/10 – in juris; VG Frankfurt, Urteil vom 08. Juli 2011 – 11 K 4808/10.F – in juris) an der sich das Verwaltungsgericht – teilweise – orientiert hat, folgt der Senat hingegen nicht.

29

Hinsichtlich der Anforderungen, denen eine Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes genügen muss, um nicht als unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO eingestuft werden zu müssen, kann beispielhaft auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Dezember 1978 (BVerwGE 57, 188 ff. m.w.N.) verwiesen werden. In der genannten Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass § 58 Abs. 1 VwGO zwar eine Belehrung über das Formerfordernis nicht ausdrücklich verlange und ein solches Erfordernis auch nicht aus der gesetzlichen Formulierung herausgelesen werden könne. Eine Rechtsbehelfsbelehrung sei jedoch nicht nur dann fehlerhaft, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthalte, vielmehr treffe das auch dann zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt sei, der geeignet sei, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen. Einen derartigen irreführenden, über den Mindestinhalt der Rechtsbehelfsbelehrung hinausgehenden Hinweis hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall angenommen, dass sie die verschiedenen vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeiten, den Rechtsbehelf einzulegen, nicht vollständig aufführt, weil hierdurch der Eindruck erweckt werden kann, nur die in der Rechtsbehelfsbelehrung tatsächlich erwähnte Möglichkeit, der Form zu genügen, sei zulässig. Das waren seinerzeit allein die Vorgehensweisen, den Rechtsbehelf „schriftlich“ oder „zur Niederschrift“ einzulegen. Inzwischen hat der Gesetzgeber aber seit langem sowohl in den verschiedenen Verfahrensgesetzen wie auch in den unterschiedlichen Prozessordnungen die elektronische Kommunikation als weitere Möglichkeit geregelt, mit der den Formerfordernissen bei der Einlegung von Rechtsbehelfen oder Rechtsmitteln genügt werden kann. Auf diese Möglichkeit ist zur Vermeidung von Irrtümern daher dann auch in der Rechtsbehelfsbelehrung oder Rechtsmittelbelehrung hinzuweisen.

30

In diesem Zusammenhang geht es nicht darum, ob die Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung eine umfassende Gebrauchsanweisung sein muss, wie das Verwaltungsgericht erörtert. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob das Fehlen eines Hinweises auf eine von den drei durch den Gesetzgeber eröffneten Möglichkeiten, formgerecht den Rechtsbehelf einzulegen, den Eindruck erwecken kann, im konkreten Einzelfall bestehe diese Möglichkeit nicht. Davon ist zur Überzeugung des Senates auszugehen, wenn, wie hier, seitens der Beklagten auf deren Homepage einerseits ausdrücklich die „formgebundene elektronische Kommunikation“ erläutert wird, wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil darlegt (UA S. 7), andererseits aber die Rechtsbehelfsbelehrung lediglich die schriftliche Widerspruchseinlegung oder die Einlegung des Widerspruchs zur Niederschrift erwähnt. Daher kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene auch auf dem in der Rechtsbehelfsbelehrung erwähnten Weg zu seinem Ziel gelangen kann. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1978 a.a.O.) nämlich nicht als ausreichend angesehen.

31

Die Argumente, die gegen die Notwendigkeit auch eines Hinweises auf die elektronische Kommunikation in der Rechtsbehelfsbelehrung vorgetragen werden, überzeugen nicht. Soweit darauf abgestellt wird (vgl. Sozialgericht Marburg, Urteil vom 15. Juli 2011, Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 20. Juni 2011 und VG Frankfurt, Urteil vom 08. Juli 2011, jeweils a.a.O.), dass die technischen Voraussetzungen für die elektronische Kommunikation, wie sie in § 3a VwVfG geregelt ist, noch nicht so verbreitet seien und deshalb die schriftliche Rechtsbehelfseinlegung bzw. die Einlegung zur Niederschrift „der regelmäßige Weg“ oder „Regelweg“ darstellten und zusätzliche Hinweise auf die elektronische Kommunikation den betroffenen Bürger nur verwirren würden, ist dem nicht zu folgen. Die elektronische Kommunikation – auch unter den Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 VwVfG – ist längst aus dem Status „Exotik“ herausgewachsen und stellt nach dem Willen des Gesetzgebers einen den seit jeher bekannten Formen der Rechtsbehelfseinlegung gleichgestellten Weg dar. Es ist auch nicht nachvollziehbar, inwieweit es zur Verwirrung führen sollte, wenn auf diesen gleichberechtigten, nunmehr von dem Gesetzgeber eröffneten Weg in der Rechtsbehelfsbelehrung hingewiesen wird. Die Erweiterung von ursprünglich bestehenden zwei Wegen, Rechtsbehelfe einzulegen, auf nunmehr einen dritten Weg stellt zweifellos keine Überforderung des betroffenen Bürgers dar. Zudem wird durch einen solchen Hinweis von ihm nicht gefordert, ausschließlich diesen Weg zu beschreiten. Vielmehr bleiben ihm bei einer derartigen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung daneben die dann gleichfalls erwähnten, ihm seit alters her bekannten Wege offen, den Rechtsbehelf einzulegen.

32

Letztendlich stützt sich die Argumentation, der sich das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil angeschlossen hat, alleine darauf, dass der Gesetzgeber in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezüglich des Widerspruchs wie etwa auch in § 81 Abs. 1 VwGO bezüglich der Erhebung der Klage die elektronische Kommunikation als mögliche zulässige Form nicht erwähnt. Unzweifelhaft ist, dass der Gesetzgeber durch die genannten Bestimmungen die rechtlich zulässige Form nicht auf die beiden lediglich im Gesetzestext erwähnten Möglichkeiten „schriftlich“ oder „zur Niederschrift“ hat begrenzen wollen. Die entsprechenden Hinweise auf die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation hat der Gesetzgeber in anderen Vorschriften – bezüglich der Kommunikation mit den Gerichten in § 55a VwGO und bezüglich der Kommunikation mit der Verwaltung in § 3a VwVfG – gegeben, weshalb es nicht sachgerecht ist, lediglich § 70 Abs. 1 VwGO bzw. § 81 Abs. 1 VwGO in den Blick zu nehmen ohne zu berücksichtigen, dass an anderer Stelle im Gesetz eigenständige Regelungen bezüglich der elektronischen Kommunikation bestehen (vgl. Niedersächs. Finanzgericht, Urteil vom 24. November 2011 a.a.O.). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Eröffnung des Weges zur elektronischen Kommunikation erst noch weiterer Schritte wie bezüglich Rheinland-Pfalz in der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 09.Januar 2008 (GVBl. 2008, 33) und der jeweils konkreten Eröffnung des Zuganges gemäß § 3a Abs. 1 VwVfG durch die jeweilige Behörde bedurfte. Wenn der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten, formgerecht einen Rechtsbehelf einzulegen, in verschiedenen Bestimmungen geregelt hat, kann aus dem Umstand, dass dies nicht alles bereits in einer Vorschrift zusammengefasst ist, nicht geschlossen werden, dass die Erwähnung der lediglich in einer Norm aufgeführten Formen, den Rechtsbehelf zulässig einzulegen, hinreichend wäre, einen Irrtum bei dem Betroffenen über die Möglichkeiten, den Rechtsbehelf einzulegen, auszuschließen. Dass der Betroffene auch mit den Hinweisen, die § 70 Abs. 1 VwGO enthält, seinen Rechtsbehelf formgerecht einlegen kann, insoweit also die Wegweiserfunktion der Rechtsbehelfsbelehrung – jedenfalls teilweise – erfüllt ist, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Entscheidungserheblich ist vielmehr lediglich, ob ihm der Eindruck vermittelt wird, ein anderer Weg, den der Gesetzgeber ihm eröffnet hat, sei hier nicht gangbar. Diesen Eindruck konnte die Rechtsbehelfsbelehrung im vorliegenden Fall erwecken, weshalb sie als unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO anzusehen ist und damit die Jahresfrist gemäß der genannten Vorschrift galt, innerhalb derer die Klägerin den Widerspruch eingelegt hat. Dieser Widerspruch ist damit zulässig gewesen. Ebenso hätte das Verwaltungsgericht die Klage nicht als unzulässig abweisen dürfen.

33

Das Begehren der Klägerin ist auch in der Sache begründet. Die ihr durch den angefochtenen Bescheid vom 15. November 2010 erteilte Sondernutzungserlaubnis ist bereits deshalb fehlerhaft, weil die Klägerin einen entsprechenden Antrag überhaupt nicht gestellt hatte. Die durch den genannten Bescheid des Weiteren von ihr verlangte Gebühr für die Sondernutzung kann darüber hinaus von ihr nicht verlangt werden, weil nicht die Klägerin selbst, sondern die Firma L... A... K... G... & C. ... Betreiberin des auf der öffentlichen Parkplatzfläche abgestellten Blockheizkraftwerkes war. Damit hat die letztgenannte Firma und nicht die Klägerin die öffentliche Verkehrsfläche über den Gemeingebrauch hinaus in Anspruch genommen, weshalb eine entsprechende Gebührenforderung allenfalls an diese Firma gerichtet werden könnte.

34

Unzweifelhaft hat die Klägerin keinen Antrag auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gemäß § 41 Abs. 1 LStrG gestellt. Ein entsprechender Antrag ist den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Auch behauptet die Beklagte eine Antragstellung der Klägerin nicht. Ein solcher Antrag wäre, nachdem das Blockheizkraftwert von der Firma L... A... K... G... & C. ... von der Parkplatzfläche entfernt worden war, ohnedies nicht mehr sinnvoll gewesen. Die vorliegenden Verwaltungsvorgänge vermitteln vielmehr den Eindruck, dass eigene Überlegungen der Beklagten dazu geführt haben, die Sondernutzungserlaubnis zu erteilen, nachdem eine solche von der ADD Außenstelle Neustadt a.d.Weinstraße im Zusammenhang mit den Überlegungen ins Spiel gebracht worden war, ob die Aufstellung des Blockheizwerkes auf der mit öffentlichen Mitteln geförderten Parkplatzfläche förderungsschädlich sein könnte. Möglicherweise bestehende Überlegungen der Beklagten, sich auf diesem Wege die Förderung dauerhaft sichern zu können, rechtfertigen jedoch nicht die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, ohne dass der Betroffene überhaupt einen solchen Antrag gestellt hätte. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 21. Oktober 1970 (DÖV 1971, 103) zu der vergleichbaren Vorschrift im Fernstraßengesetz ausgeführt hat, ist die Sondernutzungserlaubnis ein grundsätzlich antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der fehlerfrei nur bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages erteilt werden kann. An diese Rechtsprechung knüpft die Kommentierung des § 41 LStrG (Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probstfeld/Kaminski, Praxis der Kommunalverwaltung L 12 § 41 LStrG Anm. 2.7.2) ausdrücklich an und führt hierzu aus:

35

„Gegen seinen Willen darf dem Bürger, wenn er nicht zu einem Antrag verpflichtet ist, ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt nicht aufgedrängt werden (VG Oldenburg, 14. Dezember 2007 – 7 B 3307/07 -, juris, Beschwerde zurückgewiesen durch OVG Lüneburg, 03. März 2008 – 12 ME 3/08 – juris; VG Berlin, 01. Dezember 2004 – 1 A 235.03 -, juris) eine ohne Antrag erteilte Sondernutzungserlaubnis ist deshalb wegen ihres zugleich belastenden Charakters auch dann zumindest fehlerhaft, wenn der Betroffene vorher einen erlaubnispflichtigen Tatbestand (hier durch Aufstellen durch Automaten) geschaffen hatte (VGH Kassel, 14. Dezember 1972 – V OE 14/72 -, ESVGH 23 S. 74).“

36

Damit erweist sich die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Sondernutzungserlaubnis bereits aus diesem Grund als fehlerhaft, ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob die Klägerin überhaupt die Sondernutzung ausgeübt hat.

37

Das Fehlen eines Antrages hindert allerdings nicht die Erhebung einer Gebühr für die ausgeübte Sondernutzung, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 1970 (a.a.O., vgl. auch die Kommentierung des Landesstraßengesetzes a.a.O.) festgestellt hat. Denn diese Gebühr wird nicht für die Sondernutzungserlaubnis, sondern für die Tatsache der Sondernutzung geschuldet.

38

Zwar stellte die hier in Rede stehende Aufstellung von Containern auf einer öffentlichen Verkehrsfläche eine gebührenpflichtige Sondernutzung dar. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen, dass die Parkplatzfläche dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden ist. Gegenteiliges behauptet die Klägerin nicht. Auch kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Aufstellung derartiger Container, wie sie hier von der Firma L... A... K... G... & C. ... aufgestellt worden sind, einen Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus darstellt, sodass grundsätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG erfüllt sind. In diesem Zusammenhang ist es unbeachtlich, dass in den auf der Parkplatzfläche abgestellten Containern ein Blockheizkraftwerk betrieben worden ist, dessen kostengünstige Wärmelieferung einer Einrichtung zugutekam, deren Trägerin eine Gesellschaft ist, an der auch die Beklagte beteiligt ist und mit der öffentliche Ziele verfolgt werden. Maßgeblich ist allein, ob die Straße über den Gemeingebrauch hinaus genutzt wird. Das ist immer dann der Fall, wenn die öffentliche Verkehrsfläche zu anderen Zwecken als sich darauf fortzubewegen oder ein Fahrzeug, so es denn straßenverkehrsrechtlich zulässig ist, darauf abzustellen, genutzt wird.

39

Gemäß § 47 Abs. 1 LStrG kann für die Sondernutzung eine Gebühr erhoben werden, die sich, da die Beklagte hier Trägerin der Straßenbaulast ist, gemäß § 47 Abs. 3 nach dem Kommunalabgabengesetz i.V.m. der entsprechenden Gebührensatzung richtet. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Sondernutzungssatzung der Beklagten vom 03. September 2001 (Bl. 31 ff GA). Die gegen diese Satzung von der Klägerin vorgetragenen Bedenken greifen allerdings nicht durch. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die vorerwähnte Satzung die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Urteil vom 09. November 1999, BayVBl. 2000, 626 ff.; vgl. auch die Kommentierung des Landesstraßengesetzes a.a.O., § 47 LStrG, Anm. 4) und die darin dargelegten Grundsätze zur Berücksichtigung von öffentlichen Interessen an der Sondernutzung, worauf sich die Klägerin ausdrücklich stützt, nicht berücksichtigen würde. Die Einwendungen der Klägerin werden durch die Gebührentabelle zur Sondernutzungssatzung widerlegt. Die Beklagte hat darin nämlich zwischen Sondernutzungen mit wirtschaftlichen Interesse einerseits und Sondernutzungen ohne vorwiegendes wirtschaftliches Interesse andererseits ausdrücklich differenziert, was auch in den jeweiligen deutlich unterschiedlichen Gebührensätzen zum Ausdruck kommt. Lediglich beispielhaft soll hier die Gebühr gemäß Ziffer 1.1 für bewegliche Verkaufseinrichtungen herausgegriffen werden, wo die pro Quadratmeter geforderte Gebühr von 1,40 € für jeden Tag gefordert wird, wohingegen bezüglich Sondernutzungen ohne vorwiegendes wirtschaftliches Interesse, worauf sich die Klägerin hier beruft, gemäß Ziffer 8.5 der Gebührentabelle ein derartiger Betrag lediglich für den Monat gefordert wird. Solche Differenzierungen sind ausreichend, das von der Klägerin geltend gemachte öffentliche Interesse an der Sondernutzung hinreichend zu berücksichtigen. Ebenso wenig bestehen Bedenken dagegen, dass die Beklagte die Ziffer 8.5 der Gebührentabelle bei der Berechnung ihrer Gebührenforderung zugrunde gelegt hat. Bei dieser Ziffer handelt es sich ersichtlich um einen Auffangtatbestand. Die Regelung eines derartigen Auffangtatbestandes ist indessen sachgerecht, da nicht für jede irgendwann einmal vorkommende Aufstellung von Containern der unterschiedlichsten Art auf öffentlichen Verkehrsflächen eine gesonderte Ziffer in der Gebührentabelle vorzusehen ist. Die Aufstellung von Blockheizkraftwerken in Containern auf öffentlichen Verkehrsflächen dürfte so ungewöhnlich sein, dass hierfür eine eigene Ziffer in einer Gebührentabelle vorzusehen, von der Beklagten nicht verlangt werden kann.

40

Indes kann für den Fall, dass eine Straße ohne Sondernutzungserlaubnis über den Gemeingebrauch hinaus genutzt wird, eine Gebühr dann jedoch lediglich für die tatsächliche Sondernutzung verlangt werden. Hieran hat sich die Beklagte in ihrem Bescheid vom 15. November 2010 jedoch nicht orientiert. Sie hat offensichtlich allein auf den Zeitpunkt abgestellt, für den eine Baugenehmigung für die Aufstellung von Containern bestand, ohne indessen zu prüfen, ab welchem Zeitpunkt sie überhaupt auf der öffentlichen Verkehrsfläche aufgestellt worden sind. Dies ist nach den Angaben der Klägerin erst im April 2007 geschehen. Den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen sind keinerlei Anhaltspunkte über den genauen Zeitraum der Aufstellung zu entnehmen. Lediglich bezüglich der Beendigung der Aufstellung im Mai 2010 besteht Übereinstimmung zwischen den Beteiligten. Allerdings bedurfte es im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Sachaufklärung der tatsächlichen Sondernutzung wie auch der Frage, ob die Beklagte möglicherweise als Mitgesellschafterin der Klägerin durch die insoweit erfolgende Teilnahme an entsprechenden Beschlussfassungen der Gesellschaft im Rahmen der Nutzungsvereinbarung vom 16. Dezember 2004 und insoweit gemäß § 8 der Nutzungsvereinbarung der Aufstellung der Container zugestimmt haben könnte und deswegen eine Gebühr nicht verlangen könnte, weil jedenfalls an die Klägerin eine Gebührenforderung nicht gerichtet werden kann.

41

Das ergibt sich daraus, dass die Klägerin, wie sie bereits in ihrer Klagebegründung vorgetragen hat (S. 2 der Klagebegründung vom 08. Juli 2011) gar nicht Betreiberin des streitigen Blockheizkraftwerkes war. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichtes ausgeführt, dass die Firma L... A... K... G... & C. ... die entsprechende Heizwärme aus dem Blockheizkraftwerk geliefert und ihr auch in Rechnung gestellt hat. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung außerdem den Wärmelieferungsvertrag mit der L... A... K... G... & C. ... vom 01. September 2006 vorgelegt, aus dem sich zweifelsfrei ergibt, dass die letztgenannte Firma die Betreiberin des Blockheizkraftwerkes war. In § 1 des Vertrages wird nämlich ausdrücklich ausgeführt, dass die Klägerin den Wärmebedarf bezieht, dass hingegen die Firma L... A... K... G... & C. ... das Blockheizkraftwerk betreibe. Insoweit wird ausdrücklich festgelegt, dass „eine Betreiberpflicht für den Kunden nicht bestehe“. Angesichts dessen kann die geltend gemachte Gebührenforderung nicht an die Klägerin, sondern allenfalls an die Firma L... A... K... G... & C. ... gerichtet werden. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin möglicherweise für die Beklagte insoweit der Ansprechpartner gewesen ist. Sie ist allenfalls als Bevollmächtigte der genannten Firma tätig geworden, die jeweils selbst die entsprechenden Bauanträge gestellt hat und der die Beklagte auch die entsprechenden Baugenehmigungen erteilt hatte. Schon daraus musste der Beklagten klar werden, dass nicht die Klägerin die Betreiberin des Blockheizkraftwerkes sein konnte. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes ist daher abzuändern und der angefochtene Bescheid ist somit aufzuheben.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

44

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

45

Beschluss

46

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 7.568,50 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Gründe

1

1. Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 1. Kammer - vom 9. März 2016 hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die begehrte Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung im Sinne von § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO keine hinreichenden Erfolgsaussichten bietet, wird von der Beschwerde nicht schlüssig infrage gestellt. Hinreichende Erfolgsaussichten sind auch anderweitig nicht ersichtlich.

3

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Kläger die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 70 Abs. 1 VwGO nicht eingehalten hat. Danach ist der Widerspruch innerhalb eines Monates, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt. Darüber ist der Kläger in der Rechtsbehelfsbelehrung des hier streitgegenständlichen Bescheides des Beklagten vom 13. Juni 2014 gemäß § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 58 Abs. 1 VwGO ebenso zutreffend belehrt worden wie über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist.

4

In Kenntnis dessen hat der Kläger gleichwohl abweichend hiervon „Widerspruch per E-Mail“ eingelegt. Dies genügt dem Schriftlichkeitserfordernis nach § 70 Abs. 1 VwGO nicht, denn diesem wird bei bestimmenden Schriftsätzen wie dem Widerspruch in der Regel nur durch eine eigenhändige Unterschrift genügt (vgl.: BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1992 - 7 C 16.92 -, juris Rn. 22 [m. w. N.]). Damit liegen auch nicht andere Unterlagen in schriftlicher Form vor, die - ausnahmsweise - die Urheberschaft und den Willen, ein Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste (vgl. hierzu: BVerwG, a. a. O.). Bei einer schlichten E-Mail ist die Gewähr des „richtigen Absenders“ ohnehin nicht, jedenfalls nicht ohne Weiteres erkennbar.

5

Vorliegend ist der Kläger auch nicht im Sinne von § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO unrichtig belehrt worden mit der Folge, dass nicht die Jahresfrist galt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die trotz der Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs lediglich auf die Rechtsmitteleinlegung in schriftlicher Form oder zur Niederschrift bei der maßgeblichen Stelle verweist, ist zwar unvollständig und deshalb irreführend, weil sie geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs sei ausgeschlossen (vgl.: OVG LSA, Urteile vom 12. November 2013 - 1 L 15/13 - und vom 14. Oktober 2014 - 1 L 99/13 -, jeweils juris [m. w. N.]). Indes ist vorliegend - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - der elek-tronische Rechtsverkehr bei bzw. gegenüber dem Beklagten nicht gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet gewesen. Es besteht zudem keine gesetzlich normierte Pflicht zur Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs; Gegenteiliges zeigt auch die Beschwerde nicht auf. Die gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Widerspruchseinlegung vorgeschriebene Schriftform kann überdies gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nur dann durch ein elektronisches Dokument gewahrt werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (vgl. hierzu auch: OVG Sachsen, Beschluss vom 9. Juni 2015 - 3 A 63/15 -, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 LB 156/11 - juris [m. w. N.]; BayVGH, Beschlüsse vom 18. April 2011 - 20 ZB 11.349 - und vom 18. Juni 2007 - 11 CS 06.1959 -, jeweils juris; HessVGH, Beschluss vom 3. November 2005 - 1 TG 1668/05 - juris [m. w. N.]). Die schlichte E-Mail des Klägers genügt dieser Anforderung ebenso wenig.

6

Für die von den Parteien im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bis zu dessen Abschluss durch Erlass eines Verwaltungsaktes betriebene Übung der Kommunikation auch in elektronischer Form gilt nichts anderes, denn auch die gewählte Praxis kann allenfalls darüber Aufschluss geben, dass ein Rechtsbehelf im elektronischen Wege denkbar sein kann, aber nicht darüber hinaus indizieren, dass jedwede Art der elektronischen Äußerung dem Schrifterfordernis genügt (vgl. insoweit auch: BayVGH, Beschluss vom 18. April 2011, a. a. O.). Ein anderslautendes Vertrauen des Klägers durfte sich daher allein aus diesem Grund schon nicht statthafterweise bilden. Dies gilt erst Recht, wenn - wie vorliegend - der Bescheidadressat zutreffend über die Form des einzulegenden Widerspruches belehrt wurde. Damit scheidet zugleich die Annahme aus, der Kläger sei im Sinne von § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 60 Abs. 1 VwGO ohne Verschulden verhindert gewesen, die gesetzliche Frist einzuhalten.

7

Die Regelung des § 55a VwGO ist im Übrigen vorliegend nicht einschlägig, da sie die Übermittlung elektronischer Dokumente an das Gericht, nicht hingegen an die Verwaltung zum Gegenstand hat. Eine - wie die Beschwerde womöglich meint - „analoge“ Anwendung scheidet im Hinblick auf die spezialgesetzliche Regelung in § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 3a VwVfG ohnehin aus.

8

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten werden gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

9

3. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr in Höhe von 60,00 € anfällt.

10

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 2. Juli 2014  8 K 1658/13 aufgehoben.

Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter ihres im Dezember 1992 geborenen Sohnes (S). S beendete im Juni 2012 seine schulische Ausbildung mit dem Abitur.

2

Mit Bescheid vom 17. Januar 2013 hob die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die zugunsten der Klägerin für S erfolgte Kindergeldfestsetzung für die Monate August bis November 2012 auf und forderte das insoweit bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies sie auf das Fehlen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Bescheid war die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben.

3

Gegen den Aufhebungsbescheid erhob die Klägerin mit einfacher E-Mail vom 23. Januar 2013 unter Berufung auf eine Arbeitsuchendmeldung vom 24. September 2012 Einspruch, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2013 als unbegründet zurückwies.

4

Im Rahmen des hiergegen geführten Klageverfahrens wies der beim Finanzgericht (FG) zur Bearbeitung des Streitfalls bestellte Berichterstatter mit Schreiben vom 2. April 2014 die Beteiligten erstmals u.a. darauf hin, dass seiner Ansicht nach kein wirksamer Einspruch erhoben worden sei, da für eine Einspruchseinlegung durch E-Mail nach § 87a Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen sei.

5

Dem folgend wies das FG die Klage als unbegründet ab, da der angegriffene Bescheid mangels wirksamer Anfechtung Bestandskraft erlangt habe. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1749 veröffentlicht.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt, das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

8

Die Familienkasse beantragt, der Revision stattzugeben.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer einfachen E-Mail vom 23. Januar 2013 keinen wirksamen Einspruch eingelegt hat.

10

1.a) Gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer ihn eingelegt hat (§ 357 Abs. 1 Satz 2 AO). Einlegung durch Telegramm ist zulässig (§ 357 Abs. 1 Satz 3 AO).

11

b) Gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 AO kann eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO). Die Signierung mit einem Pseudonym ist nicht zulässig (§ 87a Abs. 3 Satz 3 AO).

12

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) umfasst die für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit nicht auch das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers (Senatsurteil vom 30. Oktober 1997 III R 27/93, BFH/NV 1998, 942, Rz 15; ebenso Siegers in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp-- § 357 AO Rz 16; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 357 AO Rz 12). Dies folgt vor allem aus § 357 Abs. 1 Satz 2 AO. Danach reicht es aus, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Insofern findet § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach bei einer durch Gesetz vorgeschriebenen schriftlichen Form die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss, keine Anwendung. Das bedeutet, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam ist, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Einspruchs erkennen lässt (Bartone in Beermann/ Gosch, AO § 357 Rz 20).

13

3. Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. § 87a Abs. 3 Satz 2 AO findet für die Einlegung eines Einspruchs keine Anwendung.

14

a) Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften.

15

aa) § 357 Abs. 1 Satz 1 AO fordert nur eine schriftliche Einlegung des Einspruchs. Dabei kann aus dem Begriff "schriftlich" nicht ohne Weiteres auf ein die eigenhändige Unterschrift umfassendes "Schriftform"-Erfordernis geschlossen werden (Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72). Vielmehr ist in den Fällen, in denen das Gesetz Begriffe wie "Schriftstück" oder "schriftlich" verwendet, im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die schriftliche Erklärung eine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion, s. zu den Begriffsinhalten im Einzelnen BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes --VwVfG--) erfüllen muss, die der Unterschrift zugeordnet werden, und aus diesem Grund auch eine Unterschrift zu fordern ist (Thürmer in HHSp § 87a AO Rz 98, 107; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 87a Rz 72 f.). Ein solches Unterschriftserfordernis besteht im Falle der Einspruchseinlegung --wie unter II.2. ausgeführt-- jedoch gerade nicht.

16

bb) Demgegenüber bezieht sich § 87a Abs. 3 Satz 1 AO auf die Substitution der durch Gesetz angeordneten "Schriftform" durch die "elektronische Form". Nur in diesem Fall ist das von der Schriftform umfasste Unterschriftserfordernis gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 AO durch die elektronische Signatur zu ersetzen. Der Wortlaut des § 87a Abs. 3 Satz 1 und 2 AO steht daher der Zulassung eines einfachen elektronischen Dokuments nicht entgegen, wenn das Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen nicht die Schriftform verlangt, sondern eine Erklärung genügen lässt, die zwar schriftlich, d.h. in Text- oder Papierform erfolgen, aber keine eigenhändige Unterschrift enthalten muss.

17

b) Für diese Auslegung sprechen auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers sowie der Sinn und Zweck und die Systematik der betroffenen Regelungen.

18

aa) Nach der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfGÄndG) sollten einerseits allgemeine Schriftformerfordernisse in Verwaltungsverfahren, die rechtsverbindliches Handeln des Bürgers verlangen, stets durch eine mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene elektronische Form ersetzt werden können (BTDrucks 14/9000, S. 28). Entsprechend sollte ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, gesetzlich angeordneten Schriftformerfordernissen genügen und die der Schriftform zugeordneten Funktionen erfüllen (BTDrucks 14/9000, S. 31, zu § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG). Andererseits sollte durch die Ergänzung des Begriffs "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" auch die Möglichkeit der Nutzung einfacher elektronischer Kommunikation eröffnet werden, soweit der Schriftform im jeweiligen Normkontext über z.B. den Dokumentations- und Nachweischarakter hinaus keine eigenständige, vor allem rechtliche Bedeutung zukommt (BTDrucks 14/9000, S. 28 f.). Dieses Grundverständnis lag auch dem an § 3a VwVfG angelehnten § 87a AO zu Grunde. Entsprechend sollten abweichende Regelungen, die z.B. eine Verpflichtung der Finanzbehörden vorsehen, elektronische Anträge oder Erklärungen entgegenzunehmen, vorrangig gegenüber § 87a AO berücksichtigt werden (BTDrucks 14/9000, S. 35 f., zu 87a Abs. 1 AO).

19

bb) Zwar hat es der Gesetzgeber versäumt, bereits im Rahmen des 3. VwVfGÄndG vom 21. August 2002 (BGBl I 2002, 3322, BStBl I 2002, 820) in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO den Begriff "schriftlich" zum Begriffspaar "schriftlich oder elektronisch" zu ergänzen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber dies mit dem Ziel unterlassen hat, die elektronische Einspruchseinlegung von einer qualifizierten elektronischen Signatur abhängig zu machen. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung zur Einführung des § 87a Abs. 3 bis 5 AO, dass der Gesetzgeber die qualifizierte elektronische Signatur vor allem für die Fälle vorsehen wollte, in denen das Gesetz insbesondere bei der Abgabe von Steuererklärungen --anders als bei § 357 Abs. 1 Satz 2 AO-- eine eigenhändige Unterschrift fordert (BTDrucks 14/9000, S. 36, zu § 87a Abs. 3 bis 5 AO).

20

cc) Für dieses Verständnis spricht auch die Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften. Danach sollte die mit diesem Gesetz nachgeholte Ergänzung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO lediglich eine Klarstellung und keine Rechtsänderung bewirken. Entsprechend der bisherigen Handhabung durch die Finanzverwaltung sollte der Einspruch weiterhin elektronisch ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden können (BTDrucks 17/11473, S. 52, zu Nr. 4 Buchst. a). Nichts anderes ergibt sich aus den vom FG angeführten Passagen aus dem Gesetzgebungsverfahren, wonach neben der in der Praxis wenig verbreiteten qualifizierten elektronischen Signatur weitere elektronische Äquivalente zur Schriftform geschaffen werden sollten. Da "Schriftform"-Äquivalente nur dort erforderlich sind, wo das Gesetz tatsächlich (strenge) Schriftform erfordert, lässt sich aus diesen Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren für den vorliegend zu beurteilenden Fall des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO, der nur Schriftlichkeit voraussetzt, nichts ableiten.

21

dd) Für die vom erkennenden Senat vertretene Auslegung spricht ferner die durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2749) erfolgte Einfügung einer Legaldefinition des Begriffes "elektronische Form" in § 87a Abs. 3 Satz 2 AO. Danach genügt der elektronischen Form ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist. Damit sollte --ohne Änderung des Regelungsgehalts-- klargestellt werden, dass "elektronische Form" nicht --wie möglicherweise im allgemeinen Sprachgebrauch-- als Abgrenzung zu papiergebundenen Verfahren verstanden wird, sondern es sich um eine Formvorschrift handelt (elektronische Form = elektronisches Dokument + qualifizierte elektronische Signatur), die das Gegenstück zur "Schriftform" beschreiben soll (BTDrucks 17/11473, S. 48 f., zu Art. 3 Nr. 2).

22

Insoweit ist die vom FG vertretene Auffassung, wonach auch nach der ab 1. August 2013 in Kraft getretenen Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO eine Einspruchseinlegung nicht mit einfacher E-Mail, sondern nur mit den in § 87a Abs. 3 AO vorgesehenen Kommunikationsmitteln möglich sein soll, zwar in sich konsequent. Sie missachtet jedoch zum einen, dass der Gesetzgeber in § 357 Abs. 1 Satz 1 AO nur den Begriff "elektronisch" und gerade nicht den Begriff "elektronische Form" eingefügt hat. Zum anderen widerspricht diese Auslegung auch dem im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO klar zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers.

23

ee) § 357 AO verfolgt den Zweck, nur geringe formale Anforderungen an die wirksame Einlegung eines Einspruchs zu stellen (so bereits Senatsurteil vom 10. Juli 1964 III 120/61 U, BFHE 80, 325, BStBl III 1964, 590, zu § 249 Reichsabgabenordnung; ebenso Steinhauff, jurisPR-SteuerR 50/2013 Anm. 2). Die niedrigen Formanforderungen sollen es auch dem nicht schriftgewandten oder rechtlich versierten Steuerbürger ermöglichen, eine Überprüfung des von ihm für unrichtig erachteten Steuerverwaltungsakts zu erreichen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 6). Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nur das Telegramm als besondere Form der Einspruchseinlegung ausdrücklich erwähnt. Entgegen der Auffassung des FG kommt hierin keine Ablehnung anderer Telekommunikationsformen zum Ausdruck. Vielmehr bringt das Gesetz hierdurch seine grundsätzliche Offenheit gegenüber neuen Kommunikationsformen zum Ausdruck, auch wenn § 357 Abs. 1 Satz 3 AO nicht an jede technische Neuentwicklung im Kommunikationsbereich angepasst wurde. Entsprechend werden von der ganz herrschenden Meinung auch andere Übermittlungsformen als zulässig angesehen, selbst wenn diese keine eigene Erwähnung im Gesetzestext gefunden haben und im Einzelfall mit keiner Unterschrift des Einspruchsführers verbunden sind (s. etwa die Beispiele bei Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 21, 26; Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 21; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 357 AO Rz 7; Koenig/ Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 357 Rz 20).

24

ff) Nicht überzeugend ist dagegen der vom FG angeführte systematische Auslegungsansatz. Eine Einschränkung kann § 87a Abs. 1 AO durch den spezielleren § 87a Abs. 3 AO nur insoweit erfahren, als der Anwendungsbereich des § 87a Abs. 3 AO eröffnet ist. Wo das Gesetz kein formales, die eigenhändige Unterschrift umfassendes Schriftformerfordernis aufstellt, vermag § 87a Abs. 3 AO den Anwendungsbereich des § 87a Abs. 1 AO nicht zu beschränken. Im Übrigen ist kein Grund ersichtlich, warum an einen elektronisch eingelegten Einspruch weitergehende Anforderungen im Hinblick auf die zu erfüllenden Formfunktionen zu stellen sein sollten als an einen schriftlich eingelegten Einspruch. Auch bei einem schriftlich, aber ohne Unterschrift eingelegten Einspruch genügt es, wenn sich aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergibt, wer der Einspruchsführer ist und dass dieser die Absicht hat, Einspruch einzulegen (Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 15 f.). Entsprechende Anhaltspunkte können --wie der Streitfall zeigt-- auch aus einem per einfacher E-Mail eingelegten Einspruch gewonnen werden (z.B. E-Mail-Adresse des Einspruchsführers, die der Behörde bereits aus der bisherigen Korrespondenz bekannt ist und Name unter dem E-Mailtext).

25

gg) Die hier vertretene Auslegung wird auch --worauf das FG zu Recht hinweist-- von der herrschenden Meinung in der Literatur (z.B. Bartone in Beermann/Gosch, AO § 357 Rz 23; Seer in Tipke/Kruse, § 357 AO Rz 7; Koenig/Cöster, a.a.O., § 357 Rz 13; Keß in Schwarz/Pahlke, AO, § 357 Rz 11; Klein/ Brockmeyer, AO, 12. Aufl., § 357 Rz 1; zu weiteren Nachweisen für diese Auffassung und zur Gegenauffassung s.a. Siegers in HHSp, § 357 AO Rz 19) und in der Rechtsprechung (FG Niedersachsen vom 24. November 2011  10 K 275/11, EFG 2012, 292; FG Köln vom 30. Mai 2012  10 K 3264/11, EFG 2012, 1813) geteilt.

26

4. Im Übrigen muss der Senat nicht entscheiden, ob dem FG die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind. Führt die Revision --wie im Streitfall-- aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, ist nicht mehr darüber zu entscheiden, ob außerdem ein Verfahrensfehler vorliegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700; Lange in HHSp, § 118 FGO Rz 256).

27

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die noch fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG nachzuholen haben. Zur Frage des Wegfalls der Arbeitsuchendmeldung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 38 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung verweist der Senat auf sein Urteil vom 10. April 2014 III R 19/12 (BFHE 245, 200, BStBl II 2015, 29).

28

6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO i.V.m. § 121 Satz 1 FGO).

29

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 22. September 2011 wird der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 12. Mai 2011 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem ihr eine Sondernutzungserlaubnis erteilt und zugleich für die Zeit der dadurch zugelassenen Sondernutzung eine Gebühr festgesetzt worden ist.

2

Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft (KG), an der die Beklagte als Gesellschafterin beteiligt ist, betreibt in Kaiserslautern auf einer von einer privaten Projektentwicklungsgesellschaft unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel entwickelten Konversionsfläche ein Spaß- und Freizeitbad. Unmittelbar vor dem Bad befindet sich nördlich daran anschließend eine im Eigentum der Beklagten stehende Fläche, welche diese unter Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel zu einer Parkplatzfläche ausgebaut hat, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden ist. Diese etwa 7.300 m² große Fläche stellte die Beklagte der Klägerin mit Vereinbarung vom 17. Dezember 2004 zur betriebsnotwendigen Nutzung als Parkplatzfläche kostenlos zur Verfügung. Gemäß § 8 der Vereinbarung bedarf die Weitergabe des Nutzungsrechtes bzw. die Errichtung von Bauwerken auf der Parkplatzfläche der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Beklagten als Grundstückseigentümerin.

3

In der Folgezeit beabsichtigte die Klägerin einen wesentlichen Teil der Wärmelieferung über ein neu zu errichtendes Blockheizkraftwerk sicherzustellen. Mit Bauschein vom 12. September 2006 erteilte die Beklagte der Firma L... A... K... G... & C. ..., die als Bauherrin fungierte, die Genehmigung zur Errichtung zweier Blockheizkraftwerke in Containerbauweise auf dem eigenen Betriebsgrundstück der Klägerin, Flur-Nr. .../... Die Blockheizkraftwerke wurden in der Folgezeit aber auf dem Parkplatzgrundstück aufgestellt. Nach den Angaben der Klägerin erwies sich der genehmigte Standort wegen der Lärmemissionen des Blockheizkraftwerkes als ungeeignet, weshalb ein weniger störender Standort gesucht und auf der Parkplatzfläche gefunden wurde. Mit Antrag vom 15. März 2007 begehrte die Bauherrin für die Standortänderung der Container nachträglich eine Tekturgenehmigung. Diese wurde der Firma L... A... K... G... & C. ... mit Bescheid vom 4. Februar 2009 erteilt.

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Seit dem Jahre 2007 gab es Gespräche zwischen der Beklagten und dem zuständigen Ministerium des Innern und für Sport wegen der Bedenken hinsichtlich der möglichen Förderungsschädlichkeit des genehmigten Bauvorhabens auf der Parkplatzfläche. Insoweit stand eine mögliche – teilweise - Rückforderung der für den Parkplatzbau gewährten Zuschüsse im Raum. In diesem Zusammenhang wurde im Mai 2008 von der ADD Außenstelle Neustadt/Weinstr. die Frage aufgeworfen, ob insoweit eine Sondernutzungserlaubnis erteilt und eine entsprechende Sondernutzungsgebühr gefordert werde. Letztendlich äußerte das Ministerium die Auffassung, dass die anderweitige Nutzung förderschädlich und bei ihrer Fortsetzung die anteilige Förderung in Höhe von 66.000,00 € für diese Teilfläche zurückzuzahlen sei. Mit Schreiben vom 09. März 2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur Räumung der Parkplatzfläche auf. In der Folgezeit wurden die Container mit dem Blockheizkraftwerk bis Ende Mai 2010 von der Parkplatzfläche entfernt.

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Unter dem 15. November 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin eine von dieser nicht beantragte Sondernutzungserlaubnis und setzte zugleich für den Zeitraum vom 01. Oktober 2006 bis zum 31. Mai 2010 eine Sondernutzungsgebühr in Höhe von insgesamt 7.576,80 € fest. Zugrunde gelegt wurde dabei die Grundfläche der Container mit 123 m², eine monatliche Gebühr von 1,40 €/m² sowie ein Zeitraum von 44 Monaten. Die Gebühr orientierte sich an der entsprechenden Satzung der Beklagten und der hierzu gehörenden Gebührentabelle. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides lautete wie folgt:

6

„Gegen beiliegende Erlaubnis kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Stadtverwaltung Kaiserslautern, Referat Stadtentwicklung, Rathaus, Willy-Brand-Platz 1, 11. Obergeschoss, Zimmer-Nr. 1123-1124 oder bei der Geschäftsstelle des Stadtrechtsausschusses, Rathaus Nord, Benzinoring 1, 1. Obergeschoss, Zimmer-Nr. B 110, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.“

7

Der Bescheid wurde am 15. November 2010 zur Post gegeben. In der Folgezeit kam es zu Gesprächen zwischen den Beteiligten, die allerdings ohne Ergebnis blieben.

8

Am 10. Januar 2011 legte die Klägerin schriftlich Widerspruch bei der Beklagten ein und führte aus, der Widerspruch erfolge fristgemäß, weil die Monatsfrist hier nicht einschlägig sei, da die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids nicht ausreichend sei. Nach der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sei der Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben sei, irreführend und fehlerhaft. Damit laufe die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO. In der Sache sei der Bescheid rechtswidrig.

9

Der Stadtrechtsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2011 wegen Verfristung als unzulässig zurück und führte zur Begründung aus, eine Belehrung über die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs in elektronischer Form sei nicht notwendig gewesen, da die Beklagte nach der Verkehrsanschauung keinen Zugang für den Empfang von Dokumenten mit qualifizierter elektronischer Signatur eröffnet habe. Gründe, unter Ermessensgesichtspunkten trotz Verfristung über den Widerspruch in der Sache zu entscheiden, seien nicht ersichtlich. Die Klägerin habe im Übrigen auch keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

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Zur Begründung der hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, weil ein Hinweis auf die elektronische Einlegung des Widerspruches gefehlt habe. Entgegen der Auffassung des Stadtrechtsausschusses sei auch der Zugang für Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur eröffnet gewesen. Der angefochtene Bescheid sei fehlerhaft. Das Blockheizkraftwerk sei von der Firma L... A... K... G... & C. ... betrieben worden. Der 2006 genehmigte Standort habe sich als ungeeignet erwiesen. Deshalb sei mit Kenntnis und Zustimmung der Beklagten der Standort auf dem Parkplatz gewählt worden. Dort seien die Container erst im April 2007 aufgestellt worden. Erst als das zuständige Ministerium die Förderungsschädlichkeit der Aufstellung der Container auf dem Parkplatz erklärt habe, habe die Beklagte die Nutzung des Parkplatzes als Standort für die Container untersagt. Bei der Festsetzung der Gebühr habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem Bad um eine öffentliche Einrichtung handele, weshalb eine Sondernutzungsgebühr für die Nutzung der Parkplatzfläche nicht verlangt werden könne. Die entsprechende Gebührensatzung der Beklagten regele zudem nicht ausdrücklich die Aufstellung von Blockheizkraftwerken auf öffentlichen Verkehrsflächen. Daher habe die Beklagte fehlerhafterweise die Ziffer 8.5 der Gebührentabelle zugrunde gelegt. Bei einer Nutzung, wie sie vorgenommen worden sei, müsse berücksichtigt werden, dass die Nutzung im öffentlichen Interesse liege. Dem werde der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Zudem sei nur eine kleine Fläche in Anspruch genommen worden.

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Das Verwaltungsgericht Neustadt hat die Klage durch Urteil vom 22. September 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15. November 2010 sei verfristet gewesen. Er sei nämlich nach Ablauf der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bei der Beklagten eingegangen. Werde der Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückgewiesen, wie es hier geschehen sei, so sei die hierauf erhobene Klage ebenfalls unzulässig. Im vorliegenden Fall habe die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegolten, da die Rechtsbehelfsbelehrung in dem Bescheid vom 15. November 2010 nicht fehlerhaft gewesen sei. Zwar hätte die Beklagte seinerzeit den Zugang für die wirksame elektronische Widerspruchseinlegung eröffnet. Sie sei jedoch nicht verpflichtet gewesen, in der Belehrung des Bescheides vom 15. November 2010 auf die Möglichkeit der elektronischen Widerspruchseinlegung hinzuweisen. Die Belehrung, die die einschlägige Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Wortlaut wiedergegeben habe, sei damit objektiv zutreffend gewesen. Die Rechtsbehelfsbelehrung stelle keine „Gebrauchsanweisung“ dar, weshalb eine Belehrung über die Form des Widerspruchs nicht zwingend sei. Zwar sei eine Rechtsbehelfsbelehrung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes auch dann falsch, wenn sie nicht zwingend erforderliche, indessen irreführende Hinweise enthalte. An der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes gemessen sei die hier zu beurteilende Rechtsbehelfsbelehrung indessen nicht fehlerhaft. Ob auch ein Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Widerspruchseinlegung erforderlich sei, sei in der Rechtsprechung umstritten. Maßgeblich sei aber letztlich die Formulierung des § 70 Abs. 1 VwGO, der die elektronische Widerspruchseinlegung nicht erwähne. Das gelte ungeachtet des Umstandes, dass sowohl die VwGO als auch das Verwaltungsverfahrensgesetz Regelungen über die elektronische Kommunikation enthielten, die danach die Schriftform ersetze. Gleichwohl müsse nicht auf jede Möglichkeit der Widerspruchseinlegung ausdrücklich hingewiesen werden. Die Beschränkung auf den Wortlaut des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der Rechtsbehelfsbelehrung sei daher ausreichend gewesen.

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Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung wegen des Fehlens eines Hinweises auf die elektronische Widerspruchseinlegung fehlerhaft gewesen sei, weil sie insofern irreführend gewesen sei. Die elektronische Kommunikation sei heute Alltag. Dem trage auch der Gesetzgeber durch die verschiedenen Regelungen in den Prozessordnungen und Verwaltungsverfahrensvorschriften seit längerer Zeit Rechnung. Auch die Beklagte selbst habe inzwischen ihre Rechtsbehelfsbelehrungen entsprechend neu formuliert. Das alleinige Abstellen des Verwaltungsgerichtes auf den Wortlaut des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO trage daher der gewandelten Wirklichkeit nicht mehr Rechnung. Angesichts des Umstandes, dass der Gesetzgeber in zahlreichen eigenständigen Vorschriften den Weg zur elektronischen Kommunikation ausdrücklich eröffnet habe und es dem gesetzgeberischen Willen entspreche, dass auch in dieser Form Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben werden könne, reiche ein bloßer Hinweis auf die Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der die elektronische Form nicht erwähne, nicht aus.

13

Der angefochtene Bescheid sei fehlerhaft, weil nicht sie, sondern die Firma L... A... G... & C.. ... die Betreiberin des Blockheizkraftwerkes gewesen sei. Diese habe ihr die gelieferte Heizwärme in Rechnung gestellt. Im Übrigen bezieht die Klägerin sich auf ihre Ausführungen in der ersten Instanz.

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Die Klägerin beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 22. September 2011 den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 12. Mai 2011 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie trägt vor, die Rechtsbehelfsbelehrung sei ausreichend gewesen. Zudem habe die Klägerin nicht vorgetragen, dass sie vorgehabt hätte, elektronisch Widerspruch einzulegen. Die von der Klägerin zur Begründung ihrer Rechtsauffassung zitierte Rechtsprechung befasse sich zudem überwiegend nicht mit Ausgangsbescheiden wie dem hier streitigen. Außerdem habe gerade die Entwicklung der Rechtsprechung das Verwaltungsgericht zur Änderung seiner ursprünglich zu dieser Problematik vertretenen Rechtsauffassung veranlasst.

19

Bezüglich des Blockheizkraftwerkes und dessen Standort sei Ansprechpartner immer die Klägerin gewesen, weshalb auch an diese der angefochtene Bescheid gerichtet worden sei.

20

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten (2 Hefte). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig.

22

Die Berufung hat auch Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nämlich nicht als unzulässig abweisen dürfen, weil die Rechtsbehelfsbelehrung in dem Bescheid der Beklagten vom 15. November 2010 fehlerhaft war, weshalb die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO galt, innerhalb derer die Klägerin Widerspruch eingelegt hat. Dieser ist damit rechtzeitig eingelegt worden, weshalb die nachfolgende Klage zulässig war. Das Begehren der Klägerin ist auch in der Sache begründet, weil nicht sie Betreiberin des in zwei Containern auf der öffentlichen Parkplatzfläche aufgestellten Blockheizkraftwerkes war, bezüglich dessen durch den genannten Bescheid für einen zu diesem Zeitpunkt bereits zurückliegenden Zeitraum eine Sondernutzungserlaubnis erteilt und zugleich eine Gebühr festgesetzt worden ist. Das Blockheizkraftwerk wurde vielmehr von der Firma L... A... G... & C.. ... betrieben, der auch die Baugenehmigungen vom 12. September 2006 und vom 04. Februar 2009 erteilt wurden, wobei letztere die Aufstellung des Blockheizkraftwerkes auf der Parkplatzfläche zuließ.

23

Bezüglich der Zulässigkeit des Widerspruchs und damit auch der Anfechtungsklage streiten die Beteiligten im vorliegenden Verfahren ausschließlich darüber, ob die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung wegen des Fehlens eines Hinweises auf die Möglichkeit, den Widerspruch im Wege der elektronischen Kommunikation gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 3a VwVfG einzulegen, im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt von Rechtsbehelfsbelehrungen und Rechtsmittelbelehrungen objektiv geeignet war, den Irrtum zu begründen, diese Möglichkeit der Widerspruchseinlegung sei hier nicht gegeben. In diesem Zusammenhang geben die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren Anlass darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, wie z.B. in dem Urteil vom 30. April 2009 (NJW 2009, 2322 m.w.N.) ausgeführt wird, nicht darauf ankommt, ob die im Einzelfall von dem jeweiligen Kläger beanstandete Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung tatsächlich kausal für die Nichteinhaltung der jeweils geltenden Frist war. Hierzu führt das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung aus:

24

§ 58 VwGO macht den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfs tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Das dient der Rechtsmittelklarheit; in dem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für die Bestimmungen der formellen Rechtskraft die Hand.“

25

Somit ist bezüglich der Zulässigkeit des nach Ablauf der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO indessen innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwVfG eingegangenen Widerspruchs und ebenso bezüglich der Zulässigkeit der Klage ausschließlich zu prüfen, ob die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes war, obwohl sie keinen Hinweis auf die rechtlich zulässige und tatsächlich mögliche Einlegung des Widerspruches im Wege der elektronischen Kommunikation enthielt, und nicht der Frage nachzugehen, ob dieser Umstand kausal für die Nichteinhaltung der Monatsfrist war. Dass die Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß erfolgte, ist entgegen der – gewandelten – Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes zu verneinen. Die von dem Verwaltungsgericht in der Auseinandersetzung mit der insoweit unterschiedliche Auffassungen vertretende Rechtsprechung zur Begründung seiner eigenen Rechtsauffassung aufgeführten Argumente rechtfertigen nämlich nicht den Schluss, die die verschiedenen Möglichkeiten der Widerspruchseinlegung nicht vollständig aufzählende Rechtsbehelfsbelehrung sei gleichwohl ordnungsmäßig erfolgt.

26

Auszugehen ist im vorliegenden Fall zunächst davon, dass die Beklagte den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur gemäß § 3a Abs. 2 VwVfG im Zeitpunkt des Bescheides vom 15. November 2010 eröffnet hatte, was das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (UA S. 6 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, da die Beklagte dem im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten ist. Damit war zu diesem Zeitpunkt die Widerspruchseinlegung im Wege der elektronischen Kommunikation nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er in § 3a VwVfG wie auch z.B. in § 55a VwGO bezüglich der Kommunikation mit den Verwaltungsgerichten zum Ausdruck kommt, nicht nur grundsätzlich zulässig, sondern, nachdem der Zugang hierfür gemäß § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet war, auch tatsächlich möglich. Daher stand der Klägerin zur Widerspruchseinlegung neben der schriftlichen Form – in welcher Gestalt auch immer – und der schriftlichen Form unter Zuhilfenahme eine Amtsperson (zur Niederschrift) als weitere Form die elektronische Kommunikation zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund war eine Rechtsbehelfsbelehrung, die lediglich auf die schriftliche Form oder die Möglichkeit, den Widerspruch zur Niederschrift einer Amtsperson einzulegen, verwies, unvollständig und deshalb irreführend, weil sie geeignet war, den Eindruck zu erwecken, die elektronische Kommunikation hierzu zu nutzen, sei nicht möglich.

27

In diesem Zusammenhang bedürfen die an die amtliche Begründung der Vorgängerregelung des § 55a VwGO, nämlich des früheren § 86a VwGO, anknüpfenden Überlegungen, ob mit der Erwähnung „schriftlich“ in § 70 Abs. 1 VwGO möglicherweise auch die elektronische Kommunikation erfasst sein könnte, keiner Vertiefung. Ob aus dieser amtlichen Begründung (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 55a VwGO, Rn. 3; VG Trier, Urteil vom 22. September 2009 – 1 K 365/09.TR -) möglicherweise geschlossen werden könnte, der Gesetzgeber verstehe die Formulierung „schriftlich“ derart umfassend, dass hierunter auch elektronische Kommunikation einzuordnen wäre, mag zwar von Interesse für akademische Debatten sein, übersteigt aber ersichtlich das Verständnis des Normalbürgers, auf das es in diesem Zusammenhang allein ankommt und von dem nicht erwartet werden kann, dass er unter Auswertung amtlicher Begründungen zu einem Gesetzentwurf eine Subsumtion dahingehend vornimmt, mit der Formulierung „schriftlich“ meine der Gesetzgeber auch die elektronische Kommunikation. Vielmehr ist von dem allgemeinen Sprachverständnis auszugehen, wonach „schriftlich“ die Erstellung eines tatsächlich existierenden schriftlichen Dokumentes – in welcher Form es letztendlich auch immer übermittelt wird – meint. Damit ist festzuhalten, dass nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont die hier streitige Rechtsbehelfsbelehrung lediglich auf die eigenständige Erstellung eines schriftlichen Dokumentes bzw. durch einen Bevollmächtigten oder auf die Erstellung eines solchen schriftlichen Dokuments unter Zuhilfenahme einer Amtsperson verweist.

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Bezüglich der Frage, ob die hier zu beurteilende Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß oder unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO war, kommt es, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nicht darauf an, dass der Hinweis auf die Form der Rechtsbehelfseinlegung und damit auch auf die Möglichkeit, den Rechtsbehelf im Wege der elektronischen Kommunikation einzulegen, nicht zu dem Mindestinhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung zählt, wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08. Dezember 1961 (NJW 1962, 1220) ausgeführt hat. Darum geht es in diesem Zusammenhang nämlich nicht. Vielmehr ist darüber zu entscheiden, ob der über den Mindestinhalt hinausgehende Hinweis auf die Formerfordernisse so vollständig war, dass er einen Irrtum über die verschiedenen Möglichkeiten, den Formerfordernissen zu genügen, ausschloss. Das ist angesichts des fehlenden Hinweises auf die elektronische Kommunikation zu verneinen (vgl. VG Trier, Urteil vom 22. September 2009 – 1 K 365/09.TR -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 03. Mai 2010 – OVG 2 S 106/09 – und vom 02. Februar 2011 – OVG 2 N 10.10 – jeweils in juris; VG Potsdam, Urteil vom 18. August 2010 – 8 K 2929/09 – in juris; VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteile vom 10. Juni 2010 – 2 K 1192/09.NW, vom 10. September 2010 –2 K 156/10.NW – und vom 30. Juni 2011 – 4 K 131/11.NW -; VG Koblenz, Urteil vom 24. August 2010 – 2 K 1005/09.KO – in juris; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. November 2010 – 4 L 115/09 – in juris; Niedersächs. Finanzgericht, Urteil vom 24. November 2011 – 10 K 275/11 – in juris). Der gegenteiligen Rechtsauffassung (vgl. BFH, Beschluss vom 02. Februar 2010
III B 20/09 – in juris; Sozialgericht Marburg, Urteil vom 15. Juni 2011
S 12 KA 295/10 – in juris; Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 20. Juni 2011
L 7 AL 87/10 – in juris; VG Frankfurt, Urteil vom 08. Juli 2011 – 11 K 4808/10.F – in juris) an der sich das Verwaltungsgericht – teilweise – orientiert hat, folgt der Senat hingegen nicht.

29

Hinsichtlich der Anforderungen, denen eine Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes genügen muss, um nicht als unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO eingestuft werden zu müssen, kann beispielhaft auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Dezember 1978 (BVerwGE 57, 188 ff. m.w.N.) verwiesen werden. In der genannten Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass § 58 Abs. 1 VwGO zwar eine Belehrung über das Formerfordernis nicht ausdrücklich verlange und ein solches Erfordernis auch nicht aus der gesetzlichen Formulierung herausgelesen werden könne. Eine Rechtsbehelfsbelehrung sei jedoch nicht nur dann fehlerhaft, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthalte, vielmehr treffe das auch dann zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt sei, der geeignet sei, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen. Einen derartigen irreführenden, über den Mindestinhalt der Rechtsbehelfsbelehrung hinausgehenden Hinweis hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall angenommen, dass sie die verschiedenen vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeiten, den Rechtsbehelf einzulegen, nicht vollständig aufführt, weil hierdurch der Eindruck erweckt werden kann, nur die in der Rechtsbehelfsbelehrung tatsächlich erwähnte Möglichkeit, der Form zu genügen, sei zulässig. Das waren seinerzeit allein die Vorgehensweisen, den Rechtsbehelf „schriftlich“ oder „zur Niederschrift“ einzulegen. Inzwischen hat der Gesetzgeber aber seit langem sowohl in den verschiedenen Verfahrensgesetzen wie auch in den unterschiedlichen Prozessordnungen die elektronische Kommunikation als weitere Möglichkeit geregelt, mit der den Formerfordernissen bei der Einlegung von Rechtsbehelfen oder Rechtsmitteln genügt werden kann. Auf diese Möglichkeit ist zur Vermeidung von Irrtümern daher dann auch in der Rechtsbehelfsbelehrung oder Rechtsmittelbelehrung hinzuweisen.

30

In diesem Zusammenhang geht es nicht darum, ob die Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung eine umfassende Gebrauchsanweisung sein muss, wie das Verwaltungsgericht erörtert. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob das Fehlen eines Hinweises auf eine von den drei durch den Gesetzgeber eröffneten Möglichkeiten, formgerecht den Rechtsbehelf einzulegen, den Eindruck erwecken kann, im konkreten Einzelfall bestehe diese Möglichkeit nicht. Davon ist zur Überzeugung des Senates auszugehen, wenn, wie hier, seitens der Beklagten auf deren Homepage einerseits ausdrücklich die „formgebundene elektronische Kommunikation“ erläutert wird, wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil darlegt (UA S. 7), andererseits aber die Rechtsbehelfsbelehrung lediglich die schriftliche Widerspruchseinlegung oder die Einlegung des Widerspruchs zur Niederschrift erwähnt. Daher kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene auch auf dem in der Rechtsbehelfsbelehrung erwähnten Weg zu seinem Ziel gelangen kann. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1978 a.a.O.) nämlich nicht als ausreichend angesehen.

31

Die Argumente, die gegen die Notwendigkeit auch eines Hinweises auf die elektronische Kommunikation in der Rechtsbehelfsbelehrung vorgetragen werden, überzeugen nicht. Soweit darauf abgestellt wird (vgl. Sozialgericht Marburg, Urteil vom 15. Juli 2011, Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 20. Juni 2011 und VG Frankfurt, Urteil vom 08. Juli 2011, jeweils a.a.O.), dass die technischen Voraussetzungen für die elektronische Kommunikation, wie sie in § 3a VwVfG geregelt ist, noch nicht so verbreitet seien und deshalb die schriftliche Rechtsbehelfseinlegung bzw. die Einlegung zur Niederschrift „der regelmäßige Weg“ oder „Regelweg“ darstellten und zusätzliche Hinweise auf die elektronische Kommunikation den betroffenen Bürger nur verwirren würden, ist dem nicht zu folgen. Die elektronische Kommunikation – auch unter den Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 VwVfG – ist längst aus dem Status „Exotik“ herausgewachsen und stellt nach dem Willen des Gesetzgebers einen den seit jeher bekannten Formen der Rechtsbehelfseinlegung gleichgestellten Weg dar. Es ist auch nicht nachvollziehbar, inwieweit es zur Verwirrung führen sollte, wenn auf diesen gleichberechtigten, nunmehr von dem Gesetzgeber eröffneten Weg in der Rechtsbehelfsbelehrung hingewiesen wird. Die Erweiterung von ursprünglich bestehenden zwei Wegen, Rechtsbehelfe einzulegen, auf nunmehr einen dritten Weg stellt zweifellos keine Überforderung des betroffenen Bürgers dar. Zudem wird durch einen solchen Hinweis von ihm nicht gefordert, ausschließlich diesen Weg zu beschreiten. Vielmehr bleiben ihm bei einer derartigen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung daneben die dann gleichfalls erwähnten, ihm seit alters her bekannten Wege offen, den Rechtsbehelf einzulegen.

32

Letztendlich stützt sich die Argumentation, der sich das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil angeschlossen hat, alleine darauf, dass der Gesetzgeber in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezüglich des Widerspruchs wie etwa auch in § 81 Abs. 1 VwGO bezüglich der Erhebung der Klage die elektronische Kommunikation als mögliche zulässige Form nicht erwähnt. Unzweifelhaft ist, dass der Gesetzgeber durch die genannten Bestimmungen die rechtlich zulässige Form nicht auf die beiden lediglich im Gesetzestext erwähnten Möglichkeiten „schriftlich“ oder „zur Niederschrift“ hat begrenzen wollen. Die entsprechenden Hinweise auf die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation hat der Gesetzgeber in anderen Vorschriften – bezüglich der Kommunikation mit den Gerichten in § 55a VwGO und bezüglich der Kommunikation mit der Verwaltung in § 3a VwVfG – gegeben, weshalb es nicht sachgerecht ist, lediglich § 70 Abs. 1 VwGO bzw. § 81 Abs. 1 VwGO in den Blick zu nehmen ohne zu berücksichtigen, dass an anderer Stelle im Gesetz eigenständige Regelungen bezüglich der elektronischen Kommunikation bestehen (vgl. Niedersächs. Finanzgericht, Urteil vom 24. November 2011 a.a.O.). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Eröffnung des Weges zur elektronischen Kommunikation erst noch weiterer Schritte wie bezüglich Rheinland-Pfalz in der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 09.Januar 2008 (GVBl. 2008, 33) und der jeweils konkreten Eröffnung des Zuganges gemäß § 3a Abs. 1 VwVfG durch die jeweilige Behörde bedurfte. Wenn der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten, formgerecht einen Rechtsbehelf einzulegen, in verschiedenen Bestimmungen geregelt hat, kann aus dem Umstand, dass dies nicht alles bereits in einer Vorschrift zusammengefasst ist, nicht geschlossen werden, dass die Erwähnung der lediglich in einer Norm aufgeführten Formen, den Rechtsbehelf zulässig einzulegen, hinreichend wäre, einen Irrtum bei dem Betroffenen über die Möglichkeiten, den Rechtsbehelf einzulegen, auszuschließen. Dass der Betroffene auch mit den Hinweisen, die § 70 Abs. 1 VwGO enthält, seinen Rechtsbehelf formgerecht einlegen kann, insoweit also die Wegweiserfunktion der Rechtsbehelfsbelehrung – jedenfalls teilweise – erfüllt ist, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Entscheidungserheblich ist vielmehr lediglich, ob ihm der Eindruck vermittelt wird, ein anderer Weg, den der Gesetzgeber ihm eröffnet hat, sei hier nicht gangbar. Diesen Eindruck konnte die Rechtsbehelfsbelehrung im vorliegenden Fall erwecken, weshalb sie als unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO anzusehen ist und damit die Jahresfrist gemäß der genannten Vorschrift galt, innerhalb derer die Klägerin den Widerspruch eingelegt hat. Dieser Widerspruch ist damit zulässig gewesen. Ebenso hätte das Verwaltungsgericht die Klage nicht als unzulässig abweisen dürfen.

33

Das Begehren der Klägerin ist auch in der Sache begründet. Die ihr durch den angefochtenen Bescheid vom 15. November 2010 erteilte Sondernutzungserlaubnis ist bereits deshalb fehlerhaft, weil die Klägerin einen entsprechenden Antrag überhaupt nicht gestellt hatte. Die durch den genannten Bescheid des Weiteren von ihr verlangte Gebühr für die Sondernutzung kann darüber hinaus von ihr nicht verlangt werden, weil nicht die Klägerin selbst, sondern die Firma L... A... K... G... & C. ... Betreiberin des auf der öffentlichen Parkplatzfläche abgestellten Blockheizkraftwerkes war. Damit hat die letztgenannte Firma und nicht die Klägerin die öffentliche Verkehrsfläche über den Gemeingebrauch hinaus in Anspruch genommen, weshalb eine entsprechende Gebührenforderung allenfalls an diese Firma gerichtet werden könnte.

34

Unzweifelhaft hat die Klägerin keinen Antrag auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gemäß § 41 Abs. 1 LStrG gestellt. Ein entsprechender Antrag ist den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Auch behauptet die Beklagte eine Antragstellung der Klägerin nicht. Ein solcher Antrag wäre, nachdem das Blockheizkraftwert von der Firma L... A... K... G... & C. ... von der Parkplatzfläche entfernt worden war, ohnedies nicht mehr sinnvoll gewesen. Die vorliegenden Verwaltungsvorgänge vermitteln vielmehr den Eindruck, dass eigene Überlegungen der Beklagten dazu geführt haben, die Sondernutzungserlaubnis zu erteilen, nachdem eine solche von der ADD Außenstelle Neustadt a.d.Weinstraße im Zusammenhang mit den Überlegungen ins Spiel gebracht worden war, ob die Aufstellung des Blockheizwerkes auf der mit öffentlichen Mitteln geförderten Parkplatzfläche förderungsschädlich sein könnte. Möglicherweise bestehende Überlegungen der Beklagten, sich auf diesem Wege die Förderung dauerhaft sichern zu können, rechtfertigen jedoch nicht die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, ohne dass der Betroffene überhaupt einen solchen Antrag gestellt hätte. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 21. Oktober 1970 (DÖV 1971, 103) zu der vergleichbaren Vorschrift im Fernstraßengesetz ausgeführt hat, ist die Sondernutzungserlaubnis ein grundsätzlich antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der fehlerfrei nur bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages erteilt werden kann. An diese Rechtsprechung knüpft die Kommentierung des § 41 LStrG (Bogner/Bitterwolf-de Boer/Probstfeld/Kaminski, Praxis der Kommunalverwaltung L 12 § 41 LStrG Anm. 2.7.2) ausdrücklich an und führt hierzu aus:

35

„Gegen seinen Willen darf dem Bürger, wenn er nicht zu einem Antrag verpflichtet ist, ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt nicht aufgedrängt werden (VG Oldenburg, 14. Dezember 2007 – 7 B 3307/07 -, juris, Beschwerde zurückgewiesen durch OVG Lüneburg, 03. März 2008 – 12 ME 3/08 – juris; VG Berlin, 01. Dezember 2004 – 1 A 235.03 -, juris) eine ohne Antrag erteilte Sondernutzungserlaubnis ist deshalb wegen ihres zugleich belastenden Charakters auch dann zumindest fehlerhaft, wenn der Betroffene vorher einen erlaubnispflichtigen Tatbestand (hier durch Aufstellen durch Automaten) geschaffen hatte (VGH Kassel, 14. Dezember 1972 – V OE 14/72 -, ESVGH 23 S. 74).“

36

Damit erweist sich die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Sondernutzungserlaubnis bereits aus diesem Grund als fehlerhaft, ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob die Klägerin überhaupt die Sondernutzung ausgeübt hat.

37

Das Fehlen eines Antrages hindert allerdings nicht die Erhebung einer Gebühr für die ausgeübte Sondernutzung, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 1970 (a.a.O., vgl. auch die Kommentierung des Landesstraßengesetzes a.a.O.) festgestellt hat. Denn diese Gebühr wird nicht für die Sondernutzungserlaubnis, sondern für die Tatsache der Sondernutzung geschuldet.

38

Zwar stellte die hier in Rede stehende Aufstellung von Containern auf einer öffentlichen Verkehrsfläche eine gebührenpflichtige Sondernutzung dar. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen, dass die Parkplatzfläche dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden ist. Gegenteiliges behauptet die Klägerin nicht. Auch kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Aufstellung derartiger Container, wie sie hier von der Firma L... A... K... G... & C. ... aufgestellt worden sind, einen Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus darstellt, sodass grundsätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 LStrG erfüllt sind. In diesem Zusammenhang ist es unbeachtlich, dass in den auf der Parkplatzfläche abgestellten Containern ein Blockheizkraftwerk betrieben worden ist, dessen kostengünstige Wärmelieferung einer Einrichtung zugutekam, deren Trägerin eine Gesellschaft ist, an der auch die Beklagte beteiligt ist und mit der öffentliche Ziele verfolgt werden. Maßgeblich ist allein, ob die Straße über den Gemeingebrauch hinaus genutzt wird. Das ist immer dann der Fall, wenn die öffentliche Verkehrsfläche zu anderen Zwecken als sich darauf fortzubewegen oder ein Fahrzeug, so es denn straßenverkehrsrechtlich zulässig ist, darauf abzustellen, genutzt wird.

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Gemäß § 47 Abs. 1 LStrG kann für die Sondernutzung eine Gebühr erhoben werden, die sich, da die Beklagte hier Trägerin der Straßenbaulast ist, gemäß § 47 Abs. 3 nach dem Kommunalabgabengesetz i.V.m. der entsprechenden Gebührensatzung richtet. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Sondernutzungssatzung der Beklagten vom 03. September 2001 (Bl. 31 ff GA). Die gegen diese Satzung von der Klägerin vorgetragenen Bedenken greifen allerdings nicht durch. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die vorerwähnte Satzung die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Urteil vom 09. November 1999, BayVBl. 2000, 626 ff.; vgl. auch die Kommentierung des Landesstraßengesetzes a.a.O., § 47 LStrG, Anm. 4) und die darin dargelegten Grundsätze zur Berücksichtigung von öffentlichen Interessen an der Sondernutzung, worauf sich die Klägerin ausdrücklich stützt, nicht berücksichtigen würde. Die Einwendungen der Klägerin werden durch die Gebührentabelle zur Sondernutzungssatzung widerlegt. Die Beklagte hat darin nämlich zwischen Sondernutzungen mit wirtschaftlichen Interesse einerseits und Sondernutzungen ohne vorwiegendes wirtschaftliches Interesse andererseits ausdrücklich differenziert, was auch in den jeweiligen deutlich unterschiedlichen Gebührensätzen zum Ausdruck kommt. Lediglich beispielhaft soll hier die Gebühr gemäß Ziffer 1.1 für bewegliche Verkaufseinrichtungen herausgegriffen werden, wo die pro Quadratmeter geforderte Gebühr von 1,40 € für jeden Tag gefordert wird, wohingegen bezüglich Sondernutzungen ohne vorwiegendes wirtschaftliches Interesse, worauf sich die Klägerin hier beruft, gemäß Ziffer 8.5 der Gebührentabelle ein derartiger Betrag lediglich für den Monat gefordert wird. Solche Differenzierungen sind ausreichend, das von der Klägerin geltend gemachte öffentliche Interesse an der Sondernutzung hinreichend zu berücksichtigen. Ebenso wenig bestehen Bedenken dagegen, dass die Beklagte die Ziffer 8.5 der Gebührentabelle bei der Berechnung ihrer Gebührenforderung zugrunde gelegt hat. Bei dieser Ziffer handelt es sich ersichtlich um einen Auffangtatbestand. Die Regelung eines derartigen Auffangtatbestandes ist indessen sachgerecht, da nicht für jede irgendwann einmal vorkommende Aufstellung von Containern der unterschiedlichsten Art auf öffentlichen Verkehrsflächen eine gesonderte Ziffer in der Gebührentabelle vorzusehen ist. Die Aufstellung von Blockheizkraftwerken in Containern auf öffentlichen Verkehrsflächen dürfte so ungewöhnlich sein, dass hierfür eine eigene Ziffer in einer Gebührentabelle vorzusehen, von der Beklagten nicht verlangt werden kann.

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Indes kann für den Fall, dass eine Straße ohne Sondernutzungserlaubnis über den Gemeingebrauch hinaus genutzt wird, eine Gebühr dann jedoch lediglich für die tatsächliche Sondernutzung verlangt werden. Hieran hat sich die Beklagte in ihrem Bescheid vom 15. November 2010 jedoch nicht orientiert. Sie hat offensichtlich allein auf den Zeitpunkt abgestellt, für den eine Baugenehmigung für die Aufstellung von Containern bestand, ohne indessen zu prüfen, ab welchem Zeitpunkt sie überhaupt auf der öffentlichen Verkehrsfläche aufgestellt worden sind. Dies ist nach den Angaben der Klägerin erst im April 2007 geschehen. Den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen sind keinerlei Anhaltspunkte über den genauen Zeitraum der Aufstellung zu entnehmen. Lediglich bezüglich der Beendigung der Aufstellung im Mai 2010 besteht Übereinstimmung zwischen den Beteiligten. Allerdings bedurfte es im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Sachaufklärung der tatsächlichen Sondernutzung wie auch der Frage, ob die Beklagte möglicherweise als Mitgesellschafterin der Klägerin durch die insoweit erfolgende Teilnahme an entsprechenden Beschlussfassungen der Gesellschaft im Rahmen der Nutzungsvereinbarung vom 16. Dezember 2004 und insoweit gemäß § 8 der Nutzungsvereinbarung der Aufstellung der Container zugestimmt haben könnte und deswegen eine Gebühr nicht verlangen könnte, weil jedenfalls an die Klägerin eine Gebührenforderung nicht gerichtet werden kann.

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Das ergibt sich daraus, dass die Klägerin, wie sie bereits in ihrer Klagebegründung vorgetragen hat (S. 2 der Klagebegründung vom 08. Juli 2011) gar nicht Betreiberin des streitigen Blockheizkraftwerkes war. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichtes ausgeführt, dass die Firma L... A... K... G... & C. ... die entsprechende Heizwärme aus dem Blockheizkraftwerk geliefert und ihr auch in Rechnung gestellt hat. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung außerdem den Wärmelieferungsvertrag mit der L... A... K... G... & C. ... vom 01. September 2006 vorgelegt, aus dem sich zweifelsfrei ergibt, dass die letztgenannte Firma die Betreiberin des Blockheizkraftwerkes war. In § 1 des Vertrages wird nämlich ausdrücklich ausgeführt, dass die Klägerin den Wärmebedarf bezieht, dass hingegen die Firma L... A... K... G... & C. ... das Blockheizkraftwerk betreibe. Insoweit wird ausdrücklich festgelegt, dass „eine Betreiberpflicht für den Kunden nicht bestehe“. Angesichts dessen kann die geltend gemachte Gebührenforderung nicht an die Klägerin, sondern allenfalls an die Firma L... A... K... G... & C. ... gerichtet werden. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin möglicherweise für die Beklagte insoweit der Ansprechpartner gewesen ist. Sie ist allenfalls als Bevollmächtigte der genannten Firma tätig geworden, die jeweils selbst die entsprechenden Bauanträge gestellt hat und der die Beklagte auch die entsprechenden Baugenehmigungen erteilt hatte. Schon daraus musste der Beklagten klar werden, dass nicht die Klägerin die Betreiberin des Blockheizkraftwerkes sein konnte. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes ist daher abzuändern und der angefochtene Bescheid ist somit aufzuheben.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

44

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

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Beschluss

46

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 7.568,50 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.