Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 05. Dez. 2007 - 1 K 1851/06

bei uns veröffentlicht am05.12.2007

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung.
Der am ... 1965 geborene Kläger, ursprünglich türkischer Staatsangehöriger, beantragte am 12.9.2002 beim Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis (Ordnungsamt, Einbürgerungsbehörde) seine Einbürgerung. Gleichzeitig beantragten seine Ehefrau (geb. ... 1968) und seine beiden ältesten Kinder (Sohn S., geb ... 1987 und Tochter T., geb. … 1989) ihre Einbürgerung. Der Kläger und seine Ehefrau, die sich im Wesentlichen seit 1980 ununterbrochen in Deutschland aufhielten, waren in diesem Zeitpunkt im Besitz jeweils unbefristeter Aufenthaltserlaubnisse. Die beiden jüngsten Kinder der Familie (Tochter B., geb. … 1993 und Sohn M. Y., geb. … 2002) hatten zuvor bereits neben der türkischen ferner die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt. Verbunden mit dem Einbürgerungsantrag gab der Kläger eine schriftliche Loyalitätserklärung ab, wonach er sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekenne und ferner erklärte, dass er keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe, die (u.a.) gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet seien.
Nachdem die Familie unter dem 4.2.3003 eine jeweilige Einbürgerungszusicherung und im Januar 2005 die Genehmigung des türkischen Innenministeriums zum Austritt aus der türkischen und zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erhalten hatte, wurde ihnen am 9.2.2005 die jeweilige Einbürgerungsurkunde ausgehändigt. Die Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit folgte am 8.3.2005 nach. Während der Dauer des Einbürgerungsverfahrens vom Landratsamt im September 2002, August 2003 und Mai 2004 getätigte Regelanfragen beim Bundeszentralregister, der Polizei und dem Landesamt für Verfassungsschutz waren stets dahin beantwortet worden, es lägen „keine nachteiligen Erkenntnisse“ gegen die Einbürgerungsbewerber vor. Unter dem 9.2.2005 teilte die Polizeidirektion Villingen-Schwenningen der Ausländerbehörde des Landratsamts mit, die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittle gegen den Kläger wegen Verdachts einer Straftat gem. §§ 20 VereinsG, 85 StGB. Nachdem die Ausländerbehörde des Landratsamts dessen Ordnungsamt hiervon in Kenntnis gesetzt hatte, wurden im Mai 2005 die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe beigezogen, aus denen sich folgendes ergibt:
Eine zwischen Mitte August und Mitte Oktober 2002 durchgeführte allgemeine Postbeschlagnahme hatte zur Feststellung zahlreicher Personen, darunter der Kläger, geführt, die Publikationen des verbotenen „Kalifatsstaat“ bezogen. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 11.12.2003 wurden zahlreiche dem „Kalifatsstaat“ zuzuordnende Gegenstände beschlagnahmt (eine grüne Fahne mit dem Schriftzug „Hilafet Devleti“ [= „Kalifatsstaat“], ein Ordner mit 71 Teilausschnitten aus der Zeitschrift „Beklenen ASR-I-Saadet“ [= „Das erwartete Zeitalter der Glückseligkeit“], ferner ein Exemplar der Zeitschrift D.I.A. [= „Der Islam als Alternative“], Nr. 11 vom 11. Februar 2002, 8 Rückseiten dieser Zeitschrift, ein Ordner mit Kopien aus der früheren „Kalifatsstaat“-Publikation „Ümmet-i-Mohammed“ [= „Die Gemeinde Mohammeds“], die Reden von Kaplan enthalten, 6 vollständige Zeitschriften „Beklenen ASR-I-Saadet“ [Ausgaben vom 23.7.2003 bis 3.12.2003] sowie ein Bestellformular der in den Niederlanden ansässigen Buchhandlung „DAR`UL IIM“, die als Absenderadresse der Zeitschrift „Beklenen ASR-I-Saadet“ bekannt ist). Bei seiner am selben Tag erfolgten Beschuldigtenvernehmung gab der Kläger an, er sei kein Mitglied des „Kalifatsstaat“, habe aber Kontakt zu den Leuten seit ca. dem Jahr 2000. Mitgliedsbeiträge oder Spenden entrichte er nicht. Seit ca. 3 Jahren werde ihm die Zeitung „Beklenen ASR-I-Saadet“ zugeschickt, es gebe keine Bezahlung und auch keinen Abo-Vertrag, eine Kündigung sei geplant, die Adresse dafür sei jedoch nicht bekannt. Ihm sei bekannt, dass er hierdurch eine verbotene Organisation unterstützt und sich strafbar gemacht habe. Mit Zustimmung des Landgerichts Karlsruhe vom 18.3.2005 stellte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe das Verfahren gem. §§ 153b StPO, 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG, 85 Abs. 3 StGB i.V.m. § 84 Abs. 4 StGB im März 2005 ein. In der Einstellungsverfügung wird ausgeführt, Art und Anzahl der beschlagnahmten Gegenstände bestätigten den Anfangsverdacht zumindest insoweit, dass der Kläger eine verbotene Vereinigung unterstützt habe. Gleichwohl erscheine nach derzeitiger Lage der ggf. noch zu beweisende eigene Beitrag zur Unterstützung des „Kalifatsstaat“ von geringem Gewicht, weil nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden könne, dass der Kläger die dem „Kalifatsstaat“ zuzurechnenden Zeitschriften mit dessen Wissen und Wollen vorrätig gehalten habe. Die Nachweisbarkeit eines solchen Verhaltens unterstellt, würde jedoch seine Schuld als gering anzusehen sein.
Auf Veranlassung des Innenministeriums Baden-Württemberg führte das Ordnungsamt des Landratsamts am 21.11.2005 eine ausführliche Befragung des Klägers zu seinen Beziehungen zur Vereinigung „Kalifatsstaat“ durch. Hierbei gab der Kläger an, die Zeitschriften habe er vom B. Türkischen Verein, der später wegen des „Kalifatsstaat“ geschlossen worden sei, einfach mitgenommen. Die Zeitschriften „Beklenen ASR-I-Saadet“ und „Ümmet-i-Mohammed“ seien ihm einfach per Post zugeschickt worden, ohne dass er etwas bezahlt habe. Ferner sei der Bezug nicht regelmäßig gewesen, auch habe er die Zeitungen nicht immer gelesen. Ihm sei nie aufgefallen, dass in den Zeitschriften etwas über den „Kalifatsstaat“ gestanden habe. Er sei zu etwa 60 bis 70 % gläubiger Moslem. Die Ziele des „Kalifatsstaat“ könne er nicht beschreiben, weil er nie in dieser Vereinigung gewesen sei. Auch habe er nie zugegeben, Kontakte zu ihr gehabt zu haben. Einige Leute aus dem geschlossenen Türkischen Verein mögen diese Kontakte gehabt haben, zu diesen habe er, weil es Freunde und Arbeitskollegen gewesen seien, Kontakte gehabt, nicht hingegen zum „Kalifatsstaat“. Von dieser Vereinigung wisse er nur, dass sie in Köln bis 2001 erlaubt gewesen sei. Die Angaben, die er in der Loyalitätserklärung gemacht habe, seien damals wie heute gültig.
Nachdem es hierzu durch das IM Baden-Württemberg unter dem 17.1.2006 gebeten worden war, nahm das Landratsamt mit Entscheidung vom 24.1.2006 (zugestellt am 26.1.2006) die am 9.2.2005 erfolgte Einbürgerung, gestützt auf § 48 LVwVfG, mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es habe von Anfang an der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG vorgelegen. Danach sei eine Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigten, dass ein Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe, die gegen die u.a. freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet seien. Maßgeblich hierfür seien die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft Karlsruhe anlässlich des gegen den Kläger geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Das Verbot der Vereinigung „Kalifatsstaat“ sei durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.2002 bestätigt worden, wobei festgestellt worden sei, dass sich der „Kalifatsstaat“ gegen die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Grundelemente der verfassungsmäßigen Ordnung richte. Im Rahmen von Ermittlungsverfahren gegen Bezieher von „Kalifatsstaat“-Publikationen seien auch die Wohnung des Klägers durchsucht sowie verdächtige Gegenstände und Unterlagen sichergestellt worden, bei denen es sich um Kennzeichen und verbandseigene Zeitschriften bzw. deren Nachfolger handle. Zwar habe die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt, jedoch festgestellt, dass der Kläger den „Kalifatsstaat“ unterstützt habe. Der sich daraus ergebende hinreichende Tatverdacht einer Unterstützung genüge bereits. Den Äußerungen des Klägers in seiner Anhörung vom November 2005 könne keine glaubhafte Abwendung von derartigen Bestrebungen entnommen werden. Die folglich bereits bei Aushändigung der Urkunde rechtswidrige Einbürgerung könne zurückgenommen werden, ohne dass Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG entgegenstehe. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger angesichts der in der Loyalitätserklärung erkennbaren Umstände nicht berufen. Bei der Ermessensausübung sei schließlich berücksichtigt worden, dass er zwar staatenlos werde, er die türkische Staatsangehörigkeit jedoch ohne weiteres auch ohne Aufenthalt in der Türkei wieder erhalten könne. Der kurze Zeitraum der Einbürgerung sowie das Fehlen von Vertrauensschutz rechtfertigten ferner eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit. Schließlich müsse der Kläger auch keinen Verlust seines Aufenthaltsrechts fürchten, weil Ehefrau und Kinder weiterhin deutsche Staatsangehörige seien und es im Übrigen bei türkischen Familien nicht ungewöhnlich sei, dass sich nur ein Elternteil einbürgern lasse.
Der Kläger erhob am 1.2.2006 Widerspruch, den das Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 20.9.2006 , zugestellt am 26.9.2006, zurückwies. Unter Bestätigung der Gründe des Ausgangsbescheids, zugleich aber auch in Ergänzung, wurde ausgeführt: Die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sei wegen der Möglichkeit des Gerichts, von Strafe abzusehen, erfolgt. Selbst wenn jedoch Beitrag bzw. Schuld des Klägers als gering anzusehen wäre, so habe die Staatsanwaltschaft gleichwohl bestätigt, dass der Anfangsverdacht durch die aufgefundenen Gegenstände i. S. der Unterstützung einer verbotenen Vereinigung bekräftigt worden sei. Tatsächliche Anhaltspunkte, die zugleich einer Beweisführung zugänglich seien, seien die aufgefundenen Zeitschriften und übrigen Unterlagen sowie Gegenstände. Aus Ermittlungen des Bundeskriminalamts gehe hervor, dass die Bezieher der Zeitschriften „Ümmet-i-Mohammed“ und „Beklenen ASR-I-Saadet“ hierfür Geld zahlten und folglich Mitglieder seien. Dies sowie das Aufbewahren zahlreicher früherer Artikel zeugten von der Identifikation des Klägers mit den Ideen und Anschauungen sowie Methoden zur Verbreitung und stellten folglich eine Unterstützungshandlung dar. Die Aufbewahrung früherer Publikationen dokumentiere ferner den Wunsch, jederzeit Zugriff zu haben und sich den Inhalt immer wieder vergegenwärtigen zu können. Dahinstehen könne letztlich, ob der Kläger entsprechende Bestrebungen auch verfolgt habe. Immerhin habe er sich regelmäßig im vom Vereinsverbot erfassten B. Verein aufgehalten. Seine Behauptung, diese Kontakte seien rein persönlich motiviert gewesen und hätten keinen religiösen Hintergrund, seien schwer nachvollziehbar. Es erscheine wenig glaubhaft, dass im Verein losgelöst und unbeeinflusst von sämtlichen durch den „Kalifatsstaat“ verkörperten Ideologien ausschließlich zwischenmenschliche Begegnungen gepflegt worden seien und Personen teilgenommen hätten, ohne bereits Mitglied zu sein oder hierzu bewegt worden zu sein. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, sich mittlerweile von der Unterstützung des „Kalifatsstaat“ abgewendet zu haben. Daran fehle es schon deshalb, weil er Verbindungen zur Vereinigung bestritten habe, so dass auch die bloße Erklärung nicht genüge, er beziehe mittlerweile keine Zeitschriften mehr. Bei der Ausübung des Ermessens habe der Umstand, dass der wahre Sachverhalt durch eine nochmalige Sicherheitsabfrage in Kenntnis hätte gebracht werden können, nicht entgegengestanden. Schützenswertes Vertrauen bestehe nicht, da die Loyalitätserklärung wahrheitswidrig gewesen sei und eine arglistige Täuschung darstelle. Der Kläger habe keine Ausweisung zu befürchten. Angesichts des Alters seiner Kinder sei eine einheitliche Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie nicht mehr zwingend.
Der Kläger hat am 25.10.2006 Klage erhoben und trägt in Wiederholung der Widerspruchsbegründung sowie ergänzend vor: Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens bestätige, dass sich der Verdacht nicht erhärtet habe. Gegen ihn sei lediglich wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot ermittelt worden, nachdem Ermittlungsbehörden dadurch auf ihn aufmerksam geworden seien, dass sein Name und seine Anschrift als Zustellungsadresse von Zeitschriften verwendet worden seien. Diese Versendung sei ohne Angabe eines Absenders erfolgt, der Empfänger habe deshalb keine Möglichkeit, Zeitschriften zurück zu schicken; auch die Post nehme sie deshalb nicht zurück. Namen und Anschriften von Empfängern seien der Organisation noch aus einer Zeit bekannt, als der „Kalifatsstaat“ und insbesondere muslimische Vereine wie derjenige in B. nicht verboten gewesen seien. Nur diesem Verein habe er seinen Namen und Anschrift genannt, die Weiterleitung seiner Daten sei ihm hingegen nicht bekannt gewesen. Eine Abonnementgebühr habe er nie gezahlt. Er habe zum „Kalifatsstaat“ keinen Kontakt gehabt, sondern ausschließlich zum Verein in B. und das auch nicht aus ideologischen oder religiösen, sondern im Wesentlichen aus persönlichen Gründen. Er habe früher gespielt und getrunken und sei fremdgegangen. Mit Hilfe der Vereinsleute, die teilweise auch Arbeitskollegen seien, sei ihm die Abkehr von diesem Leben gelungen. Er habe sich in der Anhörung vom November 2005 freimütig zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekannt, etwaige in der Anhörung vom 21.11.2005 geäußerte Kritikpunkte stammten aus deutscher Medienberichterstattung, nicht hingegen aus islamischen Publikationen. Auch seine Meinung zu Ehe, Familie und Frauen sei weder religiös noch ideologisch geprägt, sondern habe persönlichen Erlebnisursprung; nicht umsonst habe er deshalb eingeräumt, dass seine Frau sich zu Recht hätte scheiden lassen können. Die Zeitschriftenartikel habe nicht er gesammelt; bei den aufgefundenen Ordnern handle es sich vielmehr um solche der Kinder, die diese für den Religionsunterricht angelegt hätten. Das Auffinden der Zeitschriften und sonstigen Gegenstände zeige sogar im Gegenteil, wie unbedarft er im Umgang mit ideologischen und religiösen Belangen sei. Als Mitglied und Unterstützer des „Kalifatsstaats“ hätte er sonst solche Gegenstände längst entsorgt.
Der Kläger beantragt,
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die Entscheidung des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 24.1.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des RP Freiburg vom 20.9.2006 aufzuheben.
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Das beklagte Land bezieht sich auf Ausgangs- und Widerspruchsbescheid und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (2 Hefte des Landratsamts, ein Heft des RP Freiburg) Bezug genommen. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Wegen Einzelheiten seiner Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die mit dem angefochtenen Bescheid des Landratsamts verfügte Rücknahme der Einbürgerung ist in der Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid des RP Freiburg erhalten hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15 
Rechtsgrundlage der Rücknahme ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. In formell-rechtlicher Hinsicht könnte es allerdings vor Erlass der Rücknahme an einer Anhörung (§ 28 LVwVfG) gefehlt haben. Dass eine solche Anhörung stattgefunden haben soll, ist in der Korrespondenz zwischen Landratsamt, Regierungspräsidium und Innenministerium zwar bejaht worden, sie findet sich jedoch in den Unterlagen, insbesondere im Anhörungsprotokoll vom 21.11.2005 nicht ausdrücklich. Gleichwohl wäre selbst ein etwaiger Fehler geheilt worden, weil der Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Gelegenheit hatte, ausführlich seine Gründe vorzutragen und weil ferner die Widerspruchsbehörde hierauf eingegangen ist (§ 45 Abs. 2 LVwVfG).
16 
Die Rücknahme ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG bestimmt, dass ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann. Ein - wie hier - begünstigender Verwaltungsakt darf allerdings nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis Abs. 4 LVwVfG zurückgenommen werden.
17 
Die Einbürgerung des Klägers war rechtswidrig. Im für diese Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt (allgemein: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 48 Rnr. 57 m.w.N.) - Februar 2005 - galten die mit Wirkung vom 1.1.2005 neu gefassten Vorschriften der §§ 10 ff. StAG, die die bis dahin für eine Anspruchseinbürgerung geltenden Regelungen der §§ 85 ff. AuslG abgelöst haben (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl. I S. 1950). Eine entgegenstehende Übergangsvorschrift, die für den im September 2002 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers die Geltung früheren Rechts anordnet, enthält das Zuwanderungsgesetz nicht. Nicht zur Anwendung kommen hingegen die durch das AuslRÄndG 2007 (G. v. 19.8.2007, BGBl. I S. 1970) zum 28.8.2007 bewirkten Änderungen des StAG.
18 
Dass die erst mit der Aushändigung der Urkunde am 9.2.2005 wirksame Einbürgerung des Klägers (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) rechtswidrig war, ergibt sich zunächst bereits aus § 12a Abs. 3 Satz 1 StAG (früher: § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG). Danach ist die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens auszusetzen. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine bloße Verfahrensvorschrift, wird vielmehr gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung i. S. v. § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtsfehlerhaft (BVerwG, Urt. v. 3.6.2003 - 1 C 19.02 - NVwZ 2004, 489; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.10.2007 - 13 S 2215/07 - VENSA und Juris). Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren aber war im Fall des Klägers am Tag der Einbürgerung bereits seit über einem Jahr anhängig. Es wurde auch erst nach der Einbürgerung, nämlich in der zweiten Märzhälfte 2005, eingestellt.
19 
Ferner lag beim Kläger aber auch ein Anspruchsausschlussgrund vor. Hierzu bestimmt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt und unterstützt hat, die (u.a.) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
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Der Kläger ist im Februar 2005 einer solchen Unterstützung konkret verdächtig gewesen. Nach weithin gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur ist als tatbestandsmäßige Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. jede Handlung des Ausländers anzusehen, die für die dort genannten Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 28.03 - NVwZ 2005, 1091) zum Begriff des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. (vgl. entsprechend für die strafrechtliche Vorschrift des § 129a Abs. 5 StGB: BGH, Beschl. v. 16.5.2007 - AK 6/07 u. StB 3/07 - NJW 2007, 2782) ist darunter jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dazu zählt jedes Tätigwerden und zwar auch das eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer inkriminierten Ziele fördert und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotential stärkt. Darunter fallen neben der Gewährung finanzieller Unterstützung oder der Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele auch die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. inkriminierten Bestrebungen. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es dabei nicht an. Allerdings muss es für den Ausländer grundsätzlich erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein, dass sein Handeln die Vereinigung und ihre Bestrebungen unterstützt. An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die inkriminierten Ziele befürwortet (vgl. aus jüngerer Zeit, zugleich mit zahlreichen Nachweisen: Saarl. OVG, Urt. v. 11.7.2007 - 1 A 224/07 - Juris). Das Vorliegen einer (früheren) Unterstützungshandlung muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Verdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung u.a. von radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - VENSA [betr. Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK`ler“]; Bayer. VGH, Beschl. v. 13.7.2005 - 5 ZB 05.901 - Juris).
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Es liegen genügende tatsächliche Anhaltspunkte in Bezug auf die Person des Klägers vor, dass er verfassungsfeindliche bzw. extremistische Bestrebungen unterstützt hatte. Die meisten der im Dezember 2003 in seiner Wohnung beschlagnahmten Publikationen und Symbole sind solche des „Kalifatsstaat“ gewesen, einer gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteten Vereinigung. Das Bundesministerium des Innern stellte durch (sofort vollziehbare) Verfügung vom 8.12.2001 fest, dass sich der „Kalifatsstaat" einschließlich bestimmter Teilorganisationen - u.a. gerade auch die „Muslim Gemeinde B. e.V.“, in welcher der Kläger verkehrte - gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten und die innere Sicherheit sowie sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die Vereinigungen wurden verboten und aufgelöst. Ferner wurden die Verwendung von Kennzeichen des „Kalifatstaat“ sowie die Bildung von Ersatzorganisationen und die Fortführung bestehender Organisationen als Ersatzorganisationen verboten. Im Rechtsstreit um die Verbotsverfügung stellte das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 - NVwZ 2003, 986) fest, dass der „Kalifatsstaat“ sich gegen die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Grundelemente der verfassungsmäßigen Ordnung richtet und deshalb die Voraussetzungen für ein Verbot gemäß § 14 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG erfüllt. Der „Kalifatsstaat“ lehne die Demokratie und die rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes ab. Grundlage der staatlichen Herrschaftsordnung sei seiner Ansicht nach nicht die Selbstbestimmung des Volkes, sondern ausschließlich der Wille Allahs. Maß aller Dinge sei der Koran. Außerhalb der islamischen Religion könne es keinen Staat geben. Der „Kalifatsstaat" verstehe sich in diesem Sinn als real existierender Staat mit eigener Staatsgewalt. Das Gewaltmonopol der Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland werde folglich nicht anerkannt. Muslime dürften nach Ansicht des „Kalifatsstaat" im Konfliktfall demokratische Gesetze nicht anerkennen und befolgen. Die Mitglieder des "Kalifatsstaat" bekennten sich offen zu einer antidemokratischen Haltung. Der „Kalifatsstaat“ richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, indem er das Ziel, sie zu untergraben, in kämpferisch-aggressiver Weise verfolge. Er richte sich - unabhängig von der Frage, in welchem Ausmaß die innere Sicherheit durch seine Tätigkeit bedroht sei - gegen die Grundlagen der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung. Zur aggressiv-kämpferischen Haltung gegenüber Demokratie und Rechtsstaat trete hinzu, dass der „Kalifatsstaat“ die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte in schwerwiegender und die Menschenwürde verletzender Weise missachte. So seien etwa die ihm zuzurechnenden Äußerungen in der verbandseigenen Zeitung "ÜMMET-I MUHAMMED" über Juden und führende Politiker der Türkei von Ausdrücken geprägt, die eine menschenverachtende Intoleranz zum Ausdruck brächten. Die Diffamierungen seien stets mehr oder weniger deutlich mit der Aufforderung verbunden, die Diffamierten zu bekämpfen, was mit der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Würde des Menschen unvereinbar sei. Das Bundesverfassungsgericht (Nichtannahmebeschl. v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 - NJW 2004, 47) führte schließlich aus, diese Feststellungen des BVerwG seien im Ergebnis unbedenklich.
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Sowohl die bei ihm aufgefundenen Publikationen und Symbole dieser inkriminierten Organisation - bei letzteren insbesondere der im PKW des Klägers sichergestellte Wimpel mit der türkischen Aufschrift „Hilafet Devleti“ (= „Kalifasstaat“) - als auch das sonstige (Aussage)Verhalten des Klägers machten ihn im Zeitpunkt der Einbürgerung konkret einer Unterstützung des „Kalifatsstaat“ verdächtig. Die Existenz zahlreicher Unterlagen lässt den Schluss zu, dass diese mit der Absicht aufbewahrt wurden, hierauf immer wieder - und sei es nur nichtöffentlich - zurückgreifen zu können. Der Besitz des Wimpels, eines Symbols, indiziert ferner einen gewissen Identifikationswunsch. Darauf, ob dieses Propagandamaterial im Auftrag des „Kalifatsstaat“ bzw. seiner Teilorganisation „Muslim Gemeinde B. e.V.“ gelagert und zu weiteren Verteilung bereitgehalten werden sollte, kommt es nach dem oben Dargelegten nicht an. Insoweit ist auch nicht entscheidend, dass in der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 16.3.2005 ein außenwirksames Verhalten des Klägers als nicht mit Sicherheit nachweisbar erachtet wurde.
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Die Einlassung des Klägers, beim Inhalt der beiden Ordner (ein Ordner mit u.a. 71 Teilausschnitten aus der Zeitschrift „Beklenen ASR-I-Saadet“, ferner ein Ordner mit Kopien aus der früheren „Kalifatsstaat“-Publikation „Ümmet-i-Mohammed“) handele es sich um von seinen Kindern für Zwecke des Religionsunterrichts gesammeltes Material, ist unglaubhaft. Diese Behauptung hat er erst mit der Klagebegründung aufgestellt, obwohl es - träfe das zu - sich aufgedrängt hätte, es spätestens im November 2005 bei der Anhörung durch das Landratsamt als Entlastungsmoment vorzutragen. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei dieser Anhörung, die fast zwei Jahre nach der Wohnungsdurchsuchung erfolgte, dem Kläger sicher bekannt gewesen wäre, wenn seine Kinder für das inkriminierte Material verantwortlich gewesen wären. Gegen einen glaubhaften Umstand und vielmehr für eine Schutzbehauptung spricht überdies, dass der Kläger in keiner Weise substantiiert dargetan hat, warum seine Kinder für den Religionsunterricht (genauer wohl: Ethik-Unterricht) in einer deutschen Schule Material einer etwa zwei Jahre zuvor verbotenen Organisation hätten zusammentragen sollen. Ferner hat der Kläger auch nie näher dargetan, welche seiner vier Kinder dies gewesen sein sollen. Zwar hätten dies wohl am ehesten die beiden ältesten Kinder - der im Dezember 2003 16 Jahre alte Sohn S. bzw. die zu diesem Zeitpunkt 14-jährige Tochter T. - gewesen sein können. Gleichwohl blieb jedoch angesichts des damaligen Alters der Kinder widersprüchlich, dass sie Kopien aus der (bis Ende 2001 erschienenen) „Kalifatsstaat“-Verbandszeitung „ÜMMET-I-Mohammed“ von 1992 mit Reden Kaplans gesammelt haben sollten. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, warum solche evident religiös-fundamentalistischen Reden gerade von Kindern ausgesucht worden sein könnten. Schließlich leidet diese zuletzt aufgestellte Behauptung des Klägers auch deshalb an erheblichen Plausibilitätsmängeln, weil beide Ordner nicht etwa in den Zimmern der Kinder, sondern im Schlafzimmer der Eltern und im Wohnzimmer gefunden wurden.
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Widersprüchlich sind ferner aber auch die Angaben des Klägers betreffend seine Beziehung zu weiteren „Kalifatsstaat“-Publikationen - u.a. waren bei der Hausdurchsuchung neben den Ordnern auch 6 vollständige Zeitschriften „Beklenen ASR-I-Saadet“ (Ausgaben vom 23.7.2003 bis 3.12.2003) gefunden worden - gewesen. So passt es nämlich nicht zusammen, dass der Kläger sogar noch bis in das Jahr 2004 hinein solche Zeitschriften will unaufgefordert zugeschickt erhalten haben, ohne gleichwohl etwas Näheres über ihren Urheber und ihren Inhalt zu wissen. Der Kläger konnte auch sonst den von ihm behaupteten Zustand der Unwissenheit nicht überzeugend dartun. Bei der Anhörung im November 2005 durch das Landratsamt gab er immerhin an, Zeitungen zwar nicht immer gelesen zu haben, jedoch dann, wenn sie interessant gewesen seien. Erstaunlich wirkte für die Kammer die Behauptung des Klägers, seine Frau und seine Kinder seien für das Propagandamaterial bzw. dessen Existenz in der Wohnung verantwortlich gewesen. Die Kammer nimmt dem Kläger nicht ab, dass er als Familienoberhaupt solches ohne nähere Kenntnis des Inhalts geduldet haben könnte. Schließlich blieb auch die immer wieder vom Kläger aufgestellte Behauptung ohne durchschlagende Überzeugungskraft, man habe die unbestellt zugeschickten Zeitschriften mangels Absenderangabe nicht zurückschicken können. Hätte wirklich kein Interesse an den Publikationen bestanden, wäre nicht ihre Aufbewahrung, sondern die Vernichtung der vorgezeichnete Weg gewesen. Gerade weil der Kläger die Behauptung, er sei „Opfer“ einer Aufdrängung von Propagandamaterial geworden, mit der Einlassung verbindet, er hätte den Bezug kündigt, hätte er den Absender gekannt, rechtfertigt das einmal mehr erhebliche Zweifel an seiner Arglosigkeit bzw. an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben. Denn bei den beschlagnahmten Unterlagen befand sich gerade auch ein Bestellformular der in den Niederlanden ansässigen Buchhandlung „DAR`UL ILM“, die den deutschen Behörden als Absenderadresse der ab 2002 (nach dem Verbot des „Kalifatsstaat“) an Stelle der „ÜMMET-I-Mohammed“ getretenen „Beklenen ASR-I SAADET“ bekannt ist (vgl. das Schreiben des IM Baden-Württemberg vom 17.1.2006, dort Seite 3 [VAS. 381]).
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Bei Aushändigung der Einbürgerungsurkunde bestanden folglich ganz erhebliche tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Bestrebungen unterstützte bzw. unterstützt hatte, die in Gestalt von Betätigungen des „Kalifatsstaat“ bzw. seiner B. Teilorganisation gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet waren. Der Kläger konnte weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren glaubhaft machen, sich von einer früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen jedenfalls abgewandt zu haben. Das folgt bereits aus seiner wie dargelegt unglaubhaften Verneinung bzw. Leugnung von Kenntnissen über bzw. Kontakten zu diesen verbotenen Vereinigungen. Aber auch sonst gibt es nichts, was in dieser Hinsicht für den Kläger sprechen könnte. Zwar kann dem Umstand, dass nur eine Unterstützungshandlung von geringem Gewicht vorliegt, bei der Prüfung der Frage Rechnung getragen werden, ob sich der Einbürgerungsbewerber glaubhaft von den Bestrebungen abgewandt hat. Gleiches gilt, wenn ein Ermittlungsverfahren nach § 153 b Abs. 1 StPO i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG eingestellt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005, a.a.O.). Gleichwohl erlangt der Umstand, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kaum zwei Wochen nach der Einbürgerung gemäß §§ 153 b Abs. 1 StPO, 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG, 85 Abs. 3, 84 Abs. 4 StGB eingestellt wurde, hier keine Bedeutung. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die von den Strafverfolgungsbehörden (zugleich auch wegen fehlender sonstiger Vorstrafen) prognostizierte geringe Schuld wegen eines „reuigen“ - zugleich eine Abwendung indizierenden - Verhaltens des Klägers während des Ermittlungsverfahrens erfolgt wäre.
26 
Der mithin vorliegende Rechtswidrigkeitsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. ist schließlich auch rücknahmerelevant. Zwar hatte die Einbürgerungsbehörde bei Vorliegen der Sicherheitsklausel des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. immer noch ein Ermessen dahin, ob sie einbürgert (anders wohl nunmehr § 11 StAG n.F.: „Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn …“). Eine Versagung der Einbürgerung ist indessen als im Regelfall gesetzlich gewollt anzusehen gewesen (intendiertes Ermessen), sodass von ihr nur ausnahmsweise abgesehen werden konnte (Berlit, in: GK-StAR, § 11 Rdnr. 203 [Oktober 2005]). Anhaltspunkte dafür, der Kläger wäre im Februar 2005 im Wege einer Ermessensentscheidung auch bei Kenntnis aller Verdachtsmomente ausnahmsweise dennoch eingebürgert worden, gibt es jedoch nicht.
27 
Die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers scheitert ferner nicht an einer besonderen Schutzwürdigkeit seiner Person. Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist, wenn sie verfassungskonform auf die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG Rücksicht nimmt, auch auf die Rücknahme von Einbürgerungen anwendbar. Hieraus folgt insbesondere, dass die Rücknahme einer Einbürgerung (nur) zulässig ist, wenn sie zeitnah erfolgt und die Einbürgerung vom Betroffenen durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise, etwa durch Bestechung oder Bedrohung, erwirkt worden ist (grundlegend: BVerfG, Beschl. v. 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - InfAuslR 2006, 335; BVerwG, Beschl. v. 13.6.2007 - 5 B 132/07 - Juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.9.2007 - 13 S 2794/06 - VENSA und Juris).
28 
An einer zeitnahen Rücknahme bestehen hier keine Zweifel. Der Begriff „zeitnah“ bezieht sich auf den von der Einbürgerung bis zu ihrer Rücknahme verstrichenen Zeitraum, nicht auf eine Entschließungsfrist der Behörde ab Kenntniserlangung der rücknahmebegründenden Umstände (vgl. ohnehin zur Nichtgeltung der Jahresfrist in Fällen der Arglist § 48 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG). Für die Bestimmung ist maßgeblich auf die Bedeutung der Staatsangehörigkeit sowohl für den Einzelnen als auch für die staatliche Gemeinschaft abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass mit zunehmendem Zeitablauf zahlreiche an die Staatsangehörigkeit geknüpfte Rechte und Pflichten verwirklicht sein werden, die durch eine Rücknahme nicht mehr folgenlos beseitigt werden können. Die Staatsangehörigkeit des Einzelnen begründet regelmäßig nicht nur für diesen selbst Rechtstellungen und Pflichten, sondern hat regelmäßig auch Wirkungen auf den Status sonstiger Personen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.8.2007 - 13 S 2885/06 - VENSA und Juris). Angesichts des hier zwischen Einbürgerung (am 9.2.2005) und ihrer Rücknahme (am 26.1.2006 = Wirksamwerden der angefochtenen Entscheidung) verstrichenen Zeitraums von wenig mehr als einem Jahr kann von einer zeitnahen Reaktion der Behörde ausgegangen werden (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.9.2007, a.a.O., wonach selbst 2 Jahre noch zeitnah sein dürften).
29 
Der Kläger hat seine Einbürgerung zur Überzeugung der Kammer schließlich auch durch Arglist im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG erwirkt. Das Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 28.10.1983 - 8 C 91/82 - BVerwGE 68, 159). Allerdings ist festzuhalten, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt des Einbürgerungsverfahrens unwahre Angaben gemacht hat. Er wurde - worauf er hätte falsch antworten können - weder nach Beziehungen zu extremistischen Vereinigungen im allgemeinen noch zum „Kalifatsstaat“ im besonderen befragt. Dass es sich bei der von ihm im September 2002 abgegebenen Loyalitätserklärung um ein bloßes „Lippenbekenntnis“ handelte, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Wie oben im Rahmen der Rechtswidrigkeit der Einbürgerung dargelegt, besteht zwar der konkrete Verdacht der Unterstützung einer extremistischen Vereinigung, dass der Kläger - entgegen der Formerklärung - eine solche auch tatsächlich unterstützt hatte oder unterstützt, ist ihm jedoch nicht nachzuweisen. Auch sonst gibt es keine aktive Täuschungshandlung des Klägers. Zwar enthielt der im September 2002 ausgefüllte Antragsvordruck (letzte Seite, VAS. 4) unter der Rubrik „Straftaten und Ordnungswidrigkeiten des Einbürgerungsbewerbers“ Fragen nach anhängigen Ermittlungsverfahren. Das Ankreuzen des „Nein“-Feldes entsprach damals - über ein Jahr vor Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen - jedoch evident der Wahrheit.
30 
Ein Erschleichen der Einbürgerung durch Täuschung liegt jedoch darin, dass der Kläger es zur Überzeugung der Kammer vorsätzlich unterlassen hat, dem Landratsamt vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde mitzuteilen, dass ein einbürgerungsrechtlich relevantes strafrechtliches Ermittlungsverfahren seit Ende des Jahres 2003 gegen ihn anhängig war. Eine Offenbarungspflicht während des gesamten Verfahrens ergab sich direkt aus § 12 a Abs. 3 StAG. Schon im September 2002, im Zusammenhang mit den erforderlichen Angaben im Formularantrag, war dem Kläger bekannt, dass es auf begangene Straftaten aber auch anhängige strafrechtliche Ermittlungen für eine Entscheidung ankam. Die Rubrik „Straftaten und Ordnungswidrigkeiten des Einbürgerungsbewerbers“ mit den dort gestellten Fragen nach nicht getilgten Vorstrafen, Ordnungswidrigkeiten sowie anhängigen Ermittlungsverfahren, die auch vom Kläger ausgefüllt wurde, ließ hieran keine Zweifel. Ferner war ihm auch aus der formularmäßigen Abschlusserklärung (Versicherung, dass alle Angaben vollständig und wahrheitsgemäß seien sowie dass falsche oder unvollständige Angaben zur Ablehnung oder Rücknahme der Einbürgerung führen können; schließlich Verpflichtung, Änderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zur endgültigen Entscheidung des Antrags unverzüglich mitzuteilen - vgl. die letzte Seite des Antragsvordrucks, VAS. 4) die offensichtliche Relevanz eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bekannt.
31 
Vor allem aber enthielt auch das wenige Monate vor Einleitung der strafrechtlichen Ermittlungen der Einbürgerungszusicherung vom 4.2.2003 beigefügte Schreiben (vgl. VAS. 121 und 123) den Zusatz, dass auf das beigefügte Merkblatt besonders hingewiesen werde. Wie der Vertreter des Landratsamts glaubhaft - übrigens auch vom Kläger unwidersprochen - versicherte, wurde in diesem Merkblatt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Änderung der persönlichen Verhältnisse u. a. auch dann vorliege, wenn eine strafrechtliche Verurteilung erfolge oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werde. Anhaltspunkte dafür, das Merkblatt sei dem Schreiben nicht beigefügt gewesen bzw. der Kläger habe es nicht erhalten, gibt es nicht. Überdies enthielt auch die Einbürgerungszusicherung noch einmal den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Klägers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Schon vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass der seit langen Jahren sich in Deutschland aufhaltende und deshalb sicher mit formalen Belehrungen und Erklärungen vertraute Kläger sich im Dezember 2003 (Wohnungsdurchsuchung und Eröffnung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens) bewusst geworden war, diese Umstände dem Landratsamt mitteilen zu müssen (vgl. auch den ähnlichen Fall im Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 10.10.2007 - 13 S 2215/07 - AuAS 2007, 260). Dass er dieser Pflicht nicht nachkam, resultierte zur Überzeugung der Kammer daraus, dass er seine Einbürgerung nicht gefährden und die Behörde folglich im Irrtum lassen wollte, es hätten sich keine relevanten Änderungen ergeben.
32 
Die Kammer ist auf Grund des Eindrucks vom Kläger sowie insbesondere seiner Angaben davon überzeugt, dass sich ihm die Erkenntnis von der Relevanz der strafrechtlichen Ermittlungen für sein Einbürgerungsverfahren auch vor den sonstigen tatsächlichen Hintergründen aufgedrängt hatte. Der Kläger verkehrte seit Anfang 2000 bis mindestens Ende 2003 in der „Muslim Gemeinde B.“, einer im Jahr 2001 wegen ihrer Beziehung zum „Kalifatsstaat“ verbotenen Vereinigung. Wegen des Verdachts, Mitglied im „Kalifatsstaat“ zu sein bzw. dessen organisatorischen Zusammenhalt zu unterstützen, wurde ferner ab Dezember 2003 gegen ihn ermittelt. Damit handelte es sich für ihn erkennbar nicht um „irgendeine“ (mutmaßliche) strafrechtliche Verwicklung, sondern speziell um eine solche, die im Zusammenhang mit einer extremistischen, verfassungsfeindlichen Vereinigung stand und deshalb auch bei laienhafter Parallelwertung besondere Bezüge zur Einbürgerung in den deutschen Staatsverband hatte. Gerade aus seiner Loyalitätserklärung vom September 2002 wusste der Kläger, dass sowohl ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung als auch zugleich die Distanzierung von jeder Bestrebung von ihm verlangt wurde, die gegen eben diese verfassungsmäßige Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet war, mithin gerade jene Rechtsgüter, wegen deren eklatanter Missachtung sowohl der „Kalifatsstaat“ als auch die Muslimgemeinde verboten worden waren. Die Vereinigung, als deren mutmaßliches Mitglied bzw. Unterstützer er in Verdacht geraten war, stand mithin nicht „nur“ in der Beobachtung deutscher Verfassungsschutzbehörden, während sie hingegen sonst legal geblieben wäre (so aber die vom VGH Bad.-Württ. im Urteil vom 17.9.2007 [Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen islamischen Kulturgemeinschaft, die von der „Hisbollah“ zur Propagandierung und Durchsetzung verfassungsfeindlicher Ziele benutzt worden sei] und vom BVerwG im Beschluss vom 13.6.2007 [Mitgliedschaft des Klägers in der Islamischen Gemeinschaft „Milli Görüs“] entschiedenen Fälle).
33 
Die Kammer nimmt dem Kläger seine Einlassungen nicht als wahr ab. Sie sollen eine besondere Arglosigkeit und Unbekümmertheit markieren, drängen aber aufgrund auffälliger Plausibilitätsmängel und Widersprüchlichkeiten im Gegenteil den besonderen Eindruck auf, ein vorsätzliches Verschweigen gegenüber der Einbürgerungsbehörde kaschieren zu wollen. So überzeugt zunächst nicht, dass der Kläger im Anschluss an die polizeiliche Wohnungsdurchsuchung keine Angst gehabt haben („Ich habe nichts Schlimmes und Böses getan“) und deshalb nicht an eine Bedeutsamkeit dieser Umstände für sein Einbürgerungsverfahren gedacht haben will. Aus dem Ausgang des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens konnte er diese Sorglosigkeit unmöglich hergeleitet haben, denn es wurde erst nach Abschluss des Einbürgerungsverfahrens eingestellt und der Kläger hatte frühestens mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 16.3.2005 (VAS. 313) Kenntnis davon erhalten, man wolle das Verfahren gegen ihn einstellen. Vehement für seine Kenntnis der Bedeutung einer Strafverfolgung für das Einbürgerungsverfahren sprechen ferner einschlägige persönliche Verbindungen des Klägers. So wurde er zu Beginn des Jahres 2000 Mitglied in der B. Muslimgemeinde und damit zu einem Zeitpunkt, als diese dem „Kalifatsstaat“ zuzuordnende Teilorganisation noch nicht verboten war. Es spricht alles dafür, dass im Zeitpunkt des Jahres 2000 noch weitaus stärkere Aktivitäten im Bereich der Propaganda sowie der Anwerbung von Mitgliedern bzw. Unterstützern des „Kalifatsstaat“ entwickelt wurden, als ab Dezember 2001 unter der Geltung des Vereinigungsverbots. Es widerspricht folglich jeder Lebenserfahrung, dass der Kläger, der sich mit dem Wunsch nach Hilfe in einer kritischen Lebenslage der Muslimgemeinde zugewendet hatte, neben zwischenmenschlicher Hilfestellung nicht zugleich auch mit religiös-politischen Zielsetzungen bzw. Interessen der Vereinigung konfrontiert worden sein soll. Deshalb überzeugt es die Kammer nicht, dass der Kläger neben dem Freitagsgebet in der Moschee der Gemeinde nichts vom „Kalifatsstaat“ erfahren und gewusst haben will. Gegen diese Einlassung spricht überdies auch, dass der Kläger in seiner Beschuldigtenvernehmung im Dezember 2003 gerade angab, die Zeitung „Beklenen ASR-I SAADET“ seit ca. 3 Jahren zugeschickt zu erhalten. Angesichts dieses evidenten Zusammenfallens von Mitgliedschaft des Klägers in der Muslimgemeinde mit dem Bezug einer „Kalifatsstaat“-Publikation hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass ihm der „Kalifatsstaat“ und seine Zielsetzungen sowie vor allem das Verbot wegen Verfassungswidrigkeit verborgen geblieben sein könnten.
34 
Gegen Arglosigkeit und Unwissenheit des Klägers spricht schließlich seine Beziehung zu bzw. sein Kontakt mit C. A.. Die Kammer ging in ihrem Herrn A. betreffenden, rechtskräftigen Urteil vom 8.2.2006 (1 K 1908/04) in tatsächlicher Hinsicht u.a. davon aus, dass er vor seinem Verlassen B. (im August 2002) zuletzt 1. Vorsitzender des Vereins „Muslim Gemeinde B. e.V.“ war. Sie war ferner davon überzeugt, dass er in dieser Eigenschaft eine herausragende Stellung hatte und damit nicht nur Ansprechpartner auch für neue Gemeindemitglieder war, sondern die ideologische Richtung der Gemeinde vorgab und für die Verbreitung der Ideologie verantwortlich war. So wurden noch nach dem Organisationsverbot bei einer Hausdurchsuchung Mitgliederlisten, Vereinsfahnen und schriftliche Unterlagen gefunden. Dass seine Bedeutung für den Kalifatsstaat über die des 1. Vorsitzenden der Muslim-Gemeinde noch hinausging, zeigte sich für die Kammer auch daran, dass Herr A. als Sprecher an der Demonstration anlässlich der Vorführung von Metin Kaplan vor dem Ermittlungsrichter am BGH im Jahre 1999 auftrat. Der Kläger hat eingeräumt, C. A., mit dem er seit den 1980er Jahren bis zu Beginn der 1990er Jahre zusammen gearbeitet hatte, bereits von Jugendzeit an zu kennen. Die Kammer nimmt dem Kläger gerade deshalb aber nicht ab, dass er erst durch einen Zeitungsartikel erfahren haben will, dass Herr A. „Chef der Muslimgemeinde gewesen sein könnte“. Ferner glaubt die Kammer dem Kläger nicht, dass er seinen langjährigen Jugendfreund und Arbeitskollegen („Ich habe acht Stunden jeden Tag neben ihm, etwa 5 m von ihm entfernt, gearbeitet.“) „etwa 7 bis 8 Jahre nicht mehr gesehen“ haben will, was einem Trennungszeitpunkt ab etwa 1999/2000 entsprechen würde. Die Kammer hält diese Angabe vielmehr gerade deshalb für eine Schutzbehauptung, weil der Kläger hierdurch erkennbar einen Kontakt zu Herrn A. verneinen wollte, der gerade in die „kritische Zeit“ ab Januar 2000 - des Klägers Beitritt zur Muslimgemeinde - fallen würde. Gerade aber weil C. A. bis in das Jahr 2002 hinein im kleinen B. wohnte, nimmt die Kammer dem Kläger schließlich auch nicht ab, dass er schon etwa zwei Jahre zuvor keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt haben will.
35 
Anhaltspunkte dafür, das mithin arglistige Verschweigen des Klägers sei für seine Einbürgerung nicht kausal gewesen - etwa weil das Landratsamt ihn auch bei Kenntnis der strafrechtlichen Ermittlungen und des Verdachts der Unterstützung einer extremistischen Vereinigung eingebürgert hätte - gibt es schließlich nicht. Ein frühzeitigerer Informationsaustausch unter deutschen Behörden hätte möglicherweise zwar eine Einbürgerung verhindern können. Zugunsten des Klägers kann dies jedoch nicht gehen. Im Gegenteil bezweckte seine Mitwirkungsobliegenheit gerade auch, der Einbürgerungsstelle sichere Kenntnisse der Sachlage für den Fall zu verschaffen, dass diese nicht anderweit (rechtzeitig) zu erhalten waren.
36 
Das schließlich auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Ermessen ist in der Gestalt, die der maßgebliche Widerspruchsbescheid unter zusätzlicher Bezugnahme auf die Erwägungen der Ausgangsentscheidung getätigt hat, rechtlich nicht zu beanstanden (§§ 79 Abs. 1 Nr. 1, 114 VwGO). Die Kammer macht von der Befugnis des § 117 Abs. 5 VwGO Gebrauch und verweist insoweit auf die behördlichen Ausführungen.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Gründe

 
14 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die mit dem angefochtenen Bescheid des Landratsamts verfügte Rücknahme der Einbürgerung ist in der Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid des RP Freiburg erhalten hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15 
Rechtsgrundlage der Rücknahme ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. In formell-rechtlicher Hinsicht könnte es allerdings vor Erlass der Rücknahme an einer Anhörung (§ 28 LVwVfG) gefehlt haben. Dass eine solche Anhörung stattgefunden haben soll, ist in der Korrespondenz zwischen Landratsamt, Regierungspräsidium und Innenministerium zwar bejaht worden, sie findet sich jedoch in den Unterlagen, insbesondere im Anhörungsprotokoll vom 21.11.2005 nicht ausdrücklich. Gleichwohl wäre selbst ein etwaiger Fehler geheilt worden, weil der Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Gelegenheit hatte, ausführlich seine Gründe vorzutragen und weil ferner die Widerspruchsbehörde hierauf eingegangen ist (§ 45 Abs. 2 LVwVfG).
16 
Die Rücknahme ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG bestimmt, dass ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann. Ein - wie hier - begünstigender Verwaltungsakt darf allerdings nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis Abs. 4 LVwVfG zurückgenommen werden.
17 
Die Einbürgerung des Klägers war rechtswidrig. Im für diese Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt (allgemein: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 48 Rnr. 57 m.w.N.) - Februar 2005 - galten die mit Wirkung vom 1.1.2005 neu gefassten Vorschriften der §§ 10 ff. StAG, die die bis dahin für eine Anspruchseinbürgerung geltenden Regelungen der §§ 85 ff. AuslG abgelöst haben (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl. I S. 1950). Eine entgegenstehende Übergangsvorschrift, die für den im September 2002 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers die Geltung früheren Rechts anordnet, enthält das Zuwanderungsgesetz nicht. Nicht zur Anwendung kommen hingegen die durch das AuslRÄndG 2007 (G. v. 19.8.2007, BGBl. I S. 1970) zum 28.8.2007 bewirkten Änderungen des StAG.
18 
Dass die erst mit der Aushändigung der Urkunde am 9.2.2005 wirksame Einbürgerung des Klägers (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) rechtswidrig war, ergibt sich zunächst bereits aus § 12a Abs. 3 Satz 1 StAG (früher: § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG). Danach ist die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens auszusetzen. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine bloße Verfahrensvorschrift, wird vielmehr gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung i. S. v. § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtsfehlerhaft (BVerwG, Urt. v. 3.6.2003 - 1 C 19.02 - NVwZ 2004, 489; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.10.2007 - 13 S 2215/07 - VENSA und Juris). Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren aber war im Fall des Klägers am Tag der Einbürgerung bereits seit über einem Jahr anhängig. Es wurde auch erst nach der Einbürgerung, nämlich in der zweiten Märzhälfte 2005, eingestellt.
19 
Ferner lag beim Kläger aber auch ein Anspruchsausschlussgrund vor. Hierzu bestimmt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt und unterstützt hat, die (u.a.) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
20 
Der Kläger ist im Februar 2005 einer solchen Unterstützung konkret verdächtig gewesen. Nach weithin gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur ist als tatbestandsmäßige Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. jede Handlung des Ausländers anzusehen, die für die dort genannten Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 15.3.2005 - 1 C 28.03 - NVwZ 2005, 1091) zum Begriff des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. (vgl. entsprechend für die strafrechtliche Vorschrift des § 129a Abs. 5 StGB: BGH, Beschl. v. 16.5.2007 - AK 6/07 u. StB 3/07 - NJW 2007, 2782) ist darunter jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dazu zählt jedes Tätigwerden und zwar auch das eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer inkriminierten Ziele fördert und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotential stärkt. Darunter fallen neben der Gewährung finanzieller Unterstützung oder der Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele auch die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. inkriminierten Bestrebungen. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es dabei nicht an. Allerdings muss es für den Ausländer grundsätzlich erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein, dass sein Handeln die Vereinigung und ihre Bestrebungen unterstützt. An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die inkriminierten Ziele befürwortet (vgl. aus jüngerer Zeit, zugleich mit zahlreichen Nachweisen: Saarl. OVG, Urt. v. 11.7.2007 - 1 A 224/07 - Juris). Das Vorliegen einer (früheren) Unterstützungshandlung muss nicht mit dem üblichen Grad der Gewissheit festgestellt werden. Erforderlich aber auch ausreichend ist vielmehr ein tatsachengestützter hinreichender Verdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung u.a. von radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - VENSA [betr. Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK`ler“]; Bayer. VGH, Beschl. v. 13.7.2005 - 5 ZB 05.901 - Juris).
21 
Es liegen genügende tatsächliche Anhaltspunkte in Bezug auf die Person des Klägers vor, dass er verfassungsfeindliche bzw. extremistische Bestrebungen unterstützt hatte. Die meisten der im Dezember 2003 in seiner Wohnung beschlagnahmten Publikationen und Symbole sind solche des „Kalifatsstaat“ gewesen, einer gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteten Vereinigung. Das Bundesministerium des Innern stellte durch (sofort vollziehbare) Verfügung vom 8.12.2001 fest, dass sich der „Kalifatsstaat" einschließlich bestimmter Teilorganisationen - u.a. gerade auch die „Muslim Gemeinde B. e.V.“, in welcher der Kläger verkehrte - gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten und die innere Sicherheit sowie sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die Vereinigungen wurden verboten und aufgelöst. Ferner wurden die Verwendung von Kennzeichen des „Kalifatstaat“ sowie die Bildung von Ersatzorganisationen und die Fortführung bestehender Organisationen als Ersatzorganisationen verboten. Im Rechtsstreit um die Verbotsverfügung stellte das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 27.11.2002 - 6 A 4/02 - NVwZ 2003, 986) fest, dass der „Kalifatsstaat“ sich gegen die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Grundelemente der verfassungsmäßigen Ordnung richtet und deshalb die Voraussetzungen für ein Verbot gemäß § 14 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG erfüllt. Der „Kalifatsstaat“ lehne die Demokratie und die rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes ab. Grundlage der staatlichen Herrschaftsordnung sei seiner Ansicht nach nicht die Selbstbestimmung des Volkes, sondern ausschließlich der Wille Allahs. Maß aller Dinge sei der Koran. Außerhalb der islamischen Religion könne es keinen Staat geben. Der „Kalifatsstaat" verstehe sich in diesem Sinn als real existierender Staat mit eigener Staatsgewalt. Das Gewaltmonopol der Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland werde folglich nicht anerkannt. Muslime dürften nach Ansicht des „Kalifatsstaat" im Konfliktfall demokratische Gesetze nicht anerkennen und befolgen. Die Mitglieder des "Kalifatsstaat" bekennten sich offen zu einer antidemokratischen Haltung. Der „Kalifatsstaat“ richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, indem er das Ziel, sie zu untergraben, in kämpferisch-aggressiver Weise verfolge. Er richte sich - unabhängig von der Frage, in welchem Ausmaß die innere Sicherheit durch seine Tätigkeit bedroht sei - gegen die Grundlagen der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung. Zur aggressiv-kämpferischen Haltung gegenüber Demokratie und Rechtsstaat trete hinzu, dass der „Kalifatsstaat“ die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte in schwerwiegender und die Menschenwürde verletzender Weise missachte. So seien etwa die ihm zuzurechnenden Äußerungen in der verbandseigenen Zeitung "ÜMMET-I MUHAMMED" über Juden und führende Politiker der Türkei von Ausdrücken geprägt, die eine menschenverachtende Intoleranz zum Ausdruck brächten. Die Diffamierungen seien stets mehr oder weniger deutlich mit der Aufforderung verbunden, die Diffamierten zu bekämpfen, was mit der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Würde des Menschen unvereinbar sei. Das Bundesverfassungsgericht (Nichtannahmebeschl. v. 2.10.2003 - 1 BvR 536/03 - NJW 2004, 47) führte schließlich aus, diese Feststellungen des BVerwG seien im Ergebnis unbedenklich.
22 
Sowohl die bei ihm aufgefundenen Publikationen und Symbole dieser inkriminierten Organisation - bei letzteren insbesondere der im PKW des Klägers sichergestellte Wimpel mit der türkischen Aufschrift „Hilafet Devleti“ (= „Kalifasstaat“) - als auch das sonstige (Aussage)Verhalten des Klägers machten ihn im Zeitpunkt der Einbürgerung konkret einer Unterstützung des „Kalifatsstaat“ verdächtig. Die Existenz zahlreicher Unterlagen lässt den Schluss zu, dass diese mit der Absicht aufbewahrt wurden, hierauf immer wieder - und sei es nur nichtöffentlich - zurückgreifen zu können. Der Besitz des Wimpels, eines Symbols, indiziert ferner einen gewissen Identifikationswunsch. Darauf, ob dieses Propagandamaterial im Auftrag des „Kalifatsstaat“ bzw. seiner Teilorganisation „Muslim Gemeinde B. e.V.“ gelagert und zu weiteren Verteilung bereitgehalten werden sollte, kommt es nach dem oben Dargelegten nicht an. Insoweit ist auch nicht entscheidend, dass in der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 16.3.2005 ein außenwirksames Verhalten des Klägers als nicht mit Sicherheit nachweisbar erachtet wurde.
23 
Die Einlassung des Klägers, beim Inhalt der beiden Ordner (ein Ordner mit u.a. 71 Teilausschnitten aus der Zeitschrift „Beklenen ASR-I-Saadet“, ferner ein Ordner mit Kopien aus der früheren „Kalifatsstaat“-Publikation „Ümmet-i-Mohammed“) handele es sich um von seinen Kindern für Zwecke des Religionsunterrichts gesammeltes Material, ist unglaubhaft. Diese Behauptung hat er erst mit der Klagebegründung aufgestellt, obwohl es - träfe das zu - sich aufgedrängt hätte, es spätestens im November 2005 bei der Anhörung durch das Landratsamt als Entlastungsmoment vorzutragen. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei dieser Anhörung, die fast zwei Jahre nach der Wohnungsdurchsuchung erfolgte, dem Kläger sicher bekannt gewesen wäre, wenn seine Kinder für das inkriminierte Material verantwortlich gewesen wären. Gegen einen glaubhaften Umstand und vielmehr für eine Schutzbehauptung spricht überdies, dass der Kläger in keiner Weise substantiiert dargetan hat, warum seine Kinder für den Religionsunterricht (genauer wohl: Ethik-Unterricht) in einer deutschen Schule Material einer etwa zwei Jahre zuvor verbotenen Organisation hätten zusammentragen sollen. Ferner hat der Kläger auch nie näher dargetan, welche seiner vier Kinder dies gewesen sein sollen. Zwar hätten dies wohl am ehesten die beiden ältesten Kinder - der im Dezember 2003 16 Jahre alte Sohn S. bzw. die zu diesem Zeitpunkt 14-jährige Tochter T. - gewesen sein können. Gleichwohl blieb jedoch angesichts des damaligen Alters der Kinder widersprüchlich, dass sie Kopien aus der (bis Ende 2001 erschienenen) „Kalifatsstaat“-Verbandszeitung „ÜMMET-I-Mohammed“ von 1992 mit Reden Kaplans gesammelt haben sollten. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, warum solche evident religiös-fundamentalistischen Reden gerade von Kindern ausgesucht worden sein könnten. Schließlich leidet diese zuletzt aufgestellte Behauptung des Klägers auch deshalb an erheblichen Plausibilitätsmängeln, weil beide Ordner nicht etwa in den Zimmern der Kinder, sondern im Schlafzimmer der Eltern und im Wohnzimmer gefunden wurden.
24 
Widersprüchlich sind ferner aber auch die Angaben des Klägers betreffend seine Beziehung zu weiteren „Kalifatsstaat“-Publikationen - u.a. waren bei der Hausdurchsuchung neben den Ordnern auch 6 vollständige Zeitschriften „Beklenen ASR-I-Saadet“ (Ausgaben vom 23.7.2003 bis 3.12.2003) gefunden worden - gewesen. So passt es nämlich nicht zusammen, dass der Kläger sogar noch bis in das Jahr 2004 hinein solche Zeitschriften will unaufgefordert zugeschickt erhalten haben, ohne gleichwohl etwas Näheres über ihren Urheber und ihren Inhalt zu wissen. Der Kläger konnte auch sonst den von ihm behaupteten Zustand der Unwissenheit nicht überzeugend dartun. Bei der Anhörung im November 2005 durch das Landratsamt gab er immerhin an, Zeitungen zwar nicht immer gelesen zu haben, jedoch dann, wenn sie interessant gewesen seien. Erstaunlich wirkte für die Kammer die Behauptung des Klägers, seine Frau und seine Kinder seien für das Propagandamaterial bzw. dessen Existenz in der Wohnung verantwortlich gewesen. Die Kammer nimmt dem Kläger nicht ab, dass er als Familienoberhaupt solches ohne nähere Kenntnis des Inhalts geduldet haben könnte. Schließlich blieb auch die immer wieder vom Kläger aufgestellte Behauptung ohne durchschlagende Überzeugungskraft, man habe die unbestellt zugeschickten Zeitschriften mangels Absenderangabe nicht zurückschicken können. Hätte wirklich kein Interesse an den Publikationen bestanden, wäre nicht ihre Aufbewahrung, sondern die Vernichtung der vorgezeichnete Weg gewesen. Gerade weil der Kläger die Behauptung, er sei „Opfer“ einer Aufdrängung von Propagandamaterial geworden, mit der Einlassung verbindet, er hätte den Bezug kündigt, hätte er den Absender gekannt, rechtfertigt das einmal mehr erhebliche Zweifel an seiner Arglosigkeit bzw. an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben. Denn bei den beschlagnahmten Unterlagen befand sich gerade auch ein Bestellformular der in den Niederlanden ansässigen Buchhandlung „DAR`UL ILM“, die den deutschen Behörden als Absenderadresse der ab 2002 (nach dem Verbot des „Kalifatsstaat“) an Stelle der „ÜMMET-I-Mohammed“ getretenen „Beklenen ASR-I SAADET“ bekannt ist (vgl. das Schreiben des IM Baden-Württemberg vom 17.1.2006, dort Seite 3 [VAS. 381]).
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Bei Aushändigung der Einbürgerungsurkunde bestanden folglich ganz erhebliche tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Bestrebungen unterstützte bzw. unterstützt hatte, die in Gestalt von Betätigungen des „Kalifatsstaat“ bzw. seiner B. Teilorganisation gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet waren. Der Kläger konnte weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren glaubhaft machen, sich von einer früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen jedenfalls abgewandt zu haben. Das folgt bereits aus seiner wie dargelegt unglaubhaften Verneinung bzw. Leugnung von Kenntnissen über bzw. Kontakten zu diesen verbotenen Vereinigungen. Aber auch sonst gibt es nichts, was in dieser Hinsicht für den Kläger sprechen könnte. Zwar kann dem Umstand, dass nur eine Unterstützungshandlung von geringem Gewicht vorliegt, bei der Prüfung der Frage Rechnung getragen werden, ob sich der Einbürgerungsbewerber glaubhaft von den Bestrebungen abgewandt hat. Gleiches gilt, wenn ein Ermittlungsverfahren nach § 153 b Abs. 1 StPO i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG eingestellt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2005, a.a.O.). Gleichwohl erlangt der Umstand, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kaum zwei Wochen nach der Einbürgerung gemäß §§ 153 b Abs. 1 StPO, 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG, 85 Abs. 3, 84 Abs. 4 StGB eingestellt wurde, hier keine Bedeutung. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die von den Strafverfolgungsbehörden (zugleich auch wegen fehlender sonstiger Vorstrafen) prognostizierte geringe Schuld wegen eines „reuigen“ - zugleich eine Abwendung indizierenden - Verhaltens des Klägers während des Ermittlungsverfahrens erfolgt wäre.
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Der mithin vorliegende Rechtswidrigkeitsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. ist schließlich auch rücknahmerelevant. Zwar hatte die Einbürgerungsbehörde bei Vorliegen der Sicherheitsklausel des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. immer noch ein Ermessen dahin, ob sie einbürgert (anders wohl nunmehr § 11 StAG n.F.: „Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn …“). Eine Versagung der Einbürgerung ist indessen als im Regelfall gesetzlich gewollt anzusehen gewesen (intendiertes Ermessen), sodass von ihr nur ausnahmsweise abgesehen werden konnte (Berlit, in: GK-StAR, § 11 Rdnr. 203 [Oktober 2005]). Anhaltspunkte dafür, der Kläger wäre im Februar 2005 im Wege einer Ermessensentscheidung auch bei Kenntnis aller Verdachtsmomente ausnahmsweise dennoch eingebürgert worden, gibt es jedoch nicht.
27 
Die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers scheitert ferner nicht an einer besonderen Schutzwürdigkeit seiner Person. Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist, wenn sie verfassungskonform auf die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG Rücksicht nimmt, auch auf die Rücknahme von Einbürgerungen anwendbar. Hieraus folgt insbesondere, dass die Rücknahme einer Einbürgerung (nur) zulässig ist, wenn sie zeitnah erfolgt und die Einbürgerung vom Betroffenen durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise, etwa durch Bestechung oder Bedrohung, erwirkt worden ist (grundlegend: BVerfG, Beschl. v. 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - InfAuslR 2006, 335; BVerwG, Beschl. v. 13.6.2007 - 5 B 132/07 - Juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.9.2007 - 13 S 2794/06 - VENSA und Juris).
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An einer zeitnahen Rücknahme bestehen hier keine Zweifel. Der Begriff „zeitnah“ bezieht sich auf den von der Einbürgerung bis zu ihrer Rücknahme verstrichenen Zeitraum, nicht auf eine Entschließungsfrist der Behörde ab Kenntniserlangung der rücknahmebegründenden Umstände (vgl. ohnehin zur Nichtgeltung der Jahresfrist in Fällen der Arglist § 48 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG). Für die Bestimmung ist maßgeblich auf die Bedeutung der Staatsangehörigkeit sowohl für den Einzelnen als auch für die staatliche Gemeinschaft abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass mit zunehmendem Zeitablauf zahlreiche an die Staatsangehörigkeit geknüpfte Rechte und Pflichten verwirklicht sein werden, die durch eine Rücknahme nicht mehr folgenlos beseitigt werden können. Die Staatsangehörigkeit des Einzelnen begründet regelmäßig nicht nur für diesen selbst Rechtstellungen und Pflichten, sondern hat regelmäßig auch Wirkungen auf den Status sonstiger Personen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.8.2007 - 13 S 2885/06 - VENSA und Juris). Angesichts des hier zwischen Einbürgerung (am 9.2.2005) und ihrer Rücknahme (am 26.1.2006 = Wirksamwerden der angefochtenen Entscheidung) verstrichenen Zeitraums von wenig mehr als einem Jahr kann von einer zeitnahen Reaktion der Behörde ausgegangen werden (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.9.2007, a.a.O., wonach selbst 2 Jahre noch zeitnah sein dürften).
29 
Der Kläger hat seine Einbürgerung zur Überzeugung der Kammer schließlich auch durch Arglist im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG erwirkt. Das Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 28.10.1983 - 8 C 91/82 - BVerwGE 68, 159). Allerdings ist festzuhalten, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt des Einbürgerungsverfahrens unwahre Angaben gemacht hat. Er wurde - worauf er hätte falsch antworten können - weder nach Beziehungen zu extremistischen Vereinigungen im allgemeinen noch zum „Kalifatsstaat“ im besonderen befragt. Dass es sich bei der von ihm im September 2002 abgegebenen Loyalitätserklärung um ein bloßes „Lippenbekenntnis“ handelte, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Wie oben im Rahmen der Rechtswidrigkeit der Einbürgerung dargelegt, besteht zwar der konkrete Verdacht der Unterstützung einer extremistischen Vereinigung, dass der Kläger - entgegen der Formerklärung - eine solche auch tatsächlich unterstützt hatte oder unterstützt, ist ihm jedoch nicht nachzuweisen. Auch sonst gibt es keine aktive Täuschungshandlung des Klägers. Zwar enthielt der im September 2002 ausgefüllte Antragsvordruck (letzte Seite, VAS. 4) unter der Rubrik „Straftaten und Ordnungswidrigkeiten des Einbürgerungsbewerbers“ Fragen nach anhängigen Ermittlungsverfahren. Das Ankreuzen des „Nein“-Feldes entsprach damals - über ein Jahr vor Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen - jedoch evident der Wahrheit.
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Ein Erschleichen der Einbürgerung durch Täuschung liegt jedoch darin, dass der Kläger es zur Überzeugung der Kammer vorsätzlich unterlassen hat, dem Landratsamt vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde mitzuteilen, dass ein einbürgerungsrechtlich relevantes strafrechtliches Ermittlungsverfahren seit Ende des Jahres 2003 gegen ihn anhängig war. Eine Offenbarungspflicht während des gesamten Verfahrens ergab sich direkt aus § 12 a Abs. 3 StAG. Schon im September 2002, im Zusammenhang mit den erforderlichen Angaben im Formularantrag, war dem Kläger bekannt, dass es auf begangene Straftaten aber auch anhängige strafrechtliche Ermittlungen für eine Entscheidung ankam. Die Rubrik „Straftaten und Ordnungswidrigkeiten des Einbürgerungsbewerbers“ mit den dort gestellten Fragen nach nicht getilgten Vorstrafen, Ordnungswidrigkeiten sowie anhängigen Ermittlungsverfahren, die auch vom Kläger ausgefüllt wurde, ließ hieran keine Zweifel. Ferner war ihm auch aus der formularmäßigen Abschlusserklärung (Versicherung, dass alle Angaben vollständig und wahrheitsgemäß seien sowie dass falsche oder unvollständige Angaben zur Ablehnung oder Rücknahme der Einbürgerung führen können; schließlich Verpflichtung, Änderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zur endgültigen Entscheidung des Antrags unverzüglich mitzuteilen - vgl. die letzte Seite des Antragsvordrucks, VAS. 4) die offensichtliche Relevanz eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bekannt.
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Vor allem aber enthielt auch das wenige Monate vor Einleitung der strafrechtlichen Ermittlungen der Einbürgerungszusicherung vom 4.2.2003 beigefügte Schreiben (vgl. VAS. 121 und 123) den Zusatz, dass auf das beigefügte Merkblatt besonders hingewiesen werde. Wie der Vertreter des Landratsamts glaubhaft - übrigens auch vom Kläger unwidersprochen - versicherte, wurde in diesem Merkblatt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Änderung der persönlichen Verhältnisse u. a. auch dann vorliege, wenn eine strafrechtliche Verurteilung erfolge oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werde. Anhaltspunkte dafür, das Merkblatt sei dem Schreiben nicht beigefügt gewesen bzw. der Kläger habe es nicht erhalten, gibt es nicht. Überdies enthielt auch die Einbürgerungszusicherung noch einmal den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Klägers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Schon vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass der seit langen Jahren sich in Deutschland aufhaltende und deshalb sicher mit formalen Belehrungen und Erklärungen vertraute Kläger sich im Dezember 2003 (Wohnungsdurchsuchung und Eröffnung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens) bewusst geworden war, diese Umstände dem Landratsamt mitteilen zu müssen (vgl. auch den ähnlichen Fall im Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 10.10.2007 - 13 S 2215/07 - AuAS 2007, 260). Dass er dieser Pflicht nicht nachkam, resultierte zur Überzeugung der Kammer daraus, dass er seine Einbürgerung nicht gefährden und die Behörde folglich im Irrtum lassen wollte, es hätten sich keine relevanten Änderungen ergeben.
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Die Kammer ist auf Grund des Eindrucks vom Kläger sowie insbesondere seiner Angaben davon überzeugt, dass sich ihm die Erkenntnis von der Relevanz der strafrechtlichen Ermittlungen für sein Einbürgerungsverfahren auch vor den sonstigen tatsächlichen Hintergründen aufgedrängt hatte. Der Kläger verkehrte seit Anfang 2000 bis mindestens Ende 2003 in der „Muslim Gemeinde B.“, einer im Jahr 2001 wegen ihrer Beziehung zum „Kalifatsstaat“ verbotenen Vereinigung. Wegen des Verdachts, Mitglied im „Kalifatsstaat“ zu sein bzw. dessen organisatorischen Zusammenhalt zu unterstützen, wurde ferner ab Dezember 2003 gegen ihn ermittelt. Damit handelte es sich für ihn erkennbar nicht um „irgendeine“ (mutmaßliche) strafrechtliche Verwicklung, sondern speziell um eine solche, die im Zusammenhang mit einer extremistischen, verfassungsfeindlichen Vereinigung stand und deshalb auch bei laienhafter Parallelwertung besondere Bezüge zur Einbürgerung in den deutschen Staatsverband hatte. Gerade aus seiner Loyalitätserklärung vom September 2002 wusste der Kläger, dass sowohl ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung als auch zugleich die Distanzierung von jeder Bestrebung von ihm verlangt wurde, die gegen eben diese verfassungsmäßige Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet war, mithin gerade jene Rechtsgüter, wegen deren eklatanter Missachtung sowohl der „Kalifatsstaat“ als auch die Muslimgemeinde verboten worden waren. Die Vereinigung, als deren mutmaßliches Mitglied bzw. Unterstützer er in Verdacht geraten war, stand mithin nicht „nur“ in der Beobachtung deutscher Verfassungsschutzbehörden, während sie hingegen sonst legal geblieben wäre (so aber die vom VGH Bad.-Württ. im Urteil vom 17.9.2007 [Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen islamischen Kulturgemeinschaft, die von der „Hisbollah“ zur Propagandierung und Durchsetzung verfassungsfeindlicher Ziele benutzt worden sei] und vom BVerwG im Beschluss vom 13.6.2007 [Mitgliedschaft des Klägers in der Islamischen Gemeinschaft „Milli Görüs“] entschiedenen Fälle).
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Die Kammer nimmt dem Kläger seine Einlassungen nicht als wahr ab. Sie sollen eine besondere Arglosigkeit und Unbekümmertheit markieren, drängen aber aufgrund auffälliger Plausibilitätsmängel und Widersprüchlichkeiten im Gegenteil den besonderen Eindruck auf, ein vorsätzliches Verschweigen gegenüber der Einbürgerungsbehörde kaschieren zu wollen. So überzeugt zunächst nicht, dass der Kläger im Anschluss an die polizeiliche Wohnungsdurchsuchung keine Angst gehabt haben („Ich habe nichts Schlimmes und Böses getan“) und deshalb nicht an eine Bedeutsamkeit dieser Umstände für sein Einbürgerungsverfahren gedacht haben will. Aus dem Ausgang des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens konnte er diese Sorglosigkeit unmöglich hergeleitet haben, denn es wurde erst nach Abschluss des Einbürgerungsverfahrens eingestellt und der Kläger hatte frühestens mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 16.3.2005 (VAS. 313) Kenntnis davon erhalten, man wolle das Verfahren gegen ihn einstellen. Vehement für seine Kenntnis der Bedeutung einer Strafverfolgung für das Einbürgerungsverfahren sprechen ferner einschlägige persönliche Verbindungen des Klägers. So wurde er zu Beginn des Jahres 2000 Mitglied in der B. Muslimgemeinde und damit zu einem Zeitpunkt, als diese dem „Kalifatsstaat“ zuzuordnende Teilorganisation noch nicht verboten war. Es spricht alles dafür, dass im Zeitpunkt des Jahres 2000 noch weitaus stärkere Aktivitäten im Bereich der Propaganda sowie der Anwerbung von Mitgliedern bzw. Unterstützern des „Kalifatsstaat“ entwickelt wurden, als ab Dezember 2001 unter der Geltung des Vereinigungsverbots. Es widerspricht folglich jeder Lebenserfahrung, dass der Kläger, der sich mit dem Wunsch nach Hilfe in einer kritischen Lebenslage der Muslimgemeinde zugewendet hatte, neben zwischenmenschlicher Hilfestellung nicht zugleich auch mit religiös-politischen Zielsetzungen bzw. Interessen der Vereinigung konfrontiert worden sein soll. Deshalb überzeugt es die Kammer nicht, dass der Kläger neben dem Freitagsgebet in der Moschee der Gemeinde nichts vom „Kalifatsstaat“ erfahren und gewusst haben will. Gegen diese Einlassung spricht überdies auch, dass der Kläger in seiner Beschuldigtenvernehmung im Dezember 2003 gerade angab, die Zeitung „Beklenen ASR-I SAADET“ seit ca. 3 Jahren zugeschickt zu erhalten. Angesichts dieses evidenten Zusammenfallens von Mitgliedschaft des Klägers in der Muslimgemeinde mit dem Bezug einer „Kalifatsstaat“-Publikation hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass ihm der „Kalifatsstaat“ und seine Zielsetzungen sowie vor allem das Verbot wegen Verfassungswidrigkeit verborgen geblieben sein könnten.
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Gegen Arglosigkeit und Unwissenheit des Klägers spricht schließlich seine Beziehung zu bzw. sein Kontakt mit C. A.. Die Kammer ging in ihrem Herrn A. betreffenden, rechtskräftigen Urteil vom 8.2.2006 (1 K 1908/04) in tatsächlicher Hinsicht u.a. davon aus, dass er vor seinem Verlassen B. (im August 2002) zuletzt 1. Vorsitzender des Vereins „Muslim Gemeinde B. e.V.“ war. Sie war ferner davon überzeugt, dass er in dieser Eigenschaft eine herausragende Stellung hatte und damit nicht nur Ansprechpartner auch für neue Gemeindemitglieder war, sondern die ideologische Richtung der Gemeinde vorgab und für die Verbreitung der Ideologie verantwortlich war. So wurden noch nach dem Organisationsverbot bei einer Hausdurchsuchung Mitgliederlisten, Vereinsfahnen und schriftliche Unterlagen gefunden. Dass seine Bedeutung für den Kalifatsstaat über die des 1. Vorsitzenden der Muslim-Gemeinde noch hinausging, zeigte sich für die Kammer auch daran, dass Herr A. als Sprecher an der Demonstration anlässlich der Vorführung von Metin Kaplan vor dem Ermittlungsrichter am BGH im Jahre 1999 auftrat. Der Kläger hat eingeräumt, C. A., mit dem er seit den 1980er Jahren bis zu Beginn der 1990er Jahre zusammen gearbeitet hatte, bereits von Jugendzeit an zu kennen. Die Kammer nimmt dem Kläger gerade deshalb aber nicht ab, dass er erst durch einen Zeitungsartikel erfahren haben will, dass Herr A. „Chef der Muslimgemeinde gewesen sein könnte“. Ferner glaubt die Kammer dem Kläger nicht, dass er seinen langjährigen Jugendfreund und Arbeitskollegen („Ich habe acht Stunden jeden Tag neben ihm, etwa 5 m von ihm entfernt, gearbeitet.“) „etwa 7 bis 8 Jahre nicht mehr gesehen“ haben will, was einem Trennungszeitpunkt ab etwa 1999/2000 entsprechen würde. Die Kammer hält diese Angabe vielmehr gerade deshalb für eine Schutzbehauptung, weil der Kläger hierdurch erkennbar einen Kontakt zu Herrn A. verneinen wollte, der gerade in die „kritische Zeit“ ab Januar 2000 - des Klägers Beitritt zur Muslimgemeinde - fallen würde. Gerade aber weil C. A. bis in das Jahr 2002 hinein im kleinen B. wohnte, nimmt die Kammer dem Kläger schließlich auch nicht ab, dass er schon etwa zwei Jahre zuvor keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt haben will.
35 
Anhaltspunkte dafür, das mithin arglistige Verschweigen des Klägers sei für seine Einbürgerung nicht kausal gewesen - etwa weil das Landratsamt ihn auch bei Kenntnis der strafrechtlichen Ermittlungen und des Verdachts der Unterstützung einer extremistischen Vereinigung eingebürgert hätte - gibt es schließlich nicht. Ein frühzeitigerer Informationsaustausch unter deutschen Behörden hätte möglicherweise zwar eine Einbürgerung verhindern können. Zugunsten des Klägers kann dies jedoch nicht gehen. Im Gegenteil bezweckte seine Mitwirkungsobliegenheit gerade auch, der Einbürgerungsstelle sichere Kenntnisse der Sachlage für den Fall zu verschaffen, dass diese nicht anderweit (rechtzeitig) zu erhalten waren.
36 
Das schließlich auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Ermessen ist in der Gestalt, die der maßgebliche Widerspruchsbescheid unter zusätzlicher Bezugnahme auf die Erwägungen der Ausgangsentscheidung getätigt hat, rechtlich nicht zu beanstanden (§§ 79 Abs. 1 Nr. 1, 114 VwGO). Die Kammer macht von der Befugnis des § 117 Abs. 5 VwGO Gebrauch und verweist insoweit auf die behördlichen Ausführungen.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Kammer hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 10


(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit gekl

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 79


(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der

Vereinsgesetz - VereinsG | § 3 Verbot


(1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen d

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16


(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. (2) Ke

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 79


(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau ein

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 11


Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, d

Vereinsgesetz - VereinsG | § 20 Zuwiderhandlungen gegen Verbote


(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit 1. den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisat

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 12a


(1) Bei der Einbürgerung bleiben außer Betracht: 1. die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz,2. Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen und3. Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monat

Vereinsgesetz - VereinsG | § 14 Ausländervereine


(1) Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), können über die in Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründe hinaus unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 verboten werden. Vereine, de

Strafgesetzbuch - StGB | § 84 Fortführung einer für verfassungswidrig erklärten Partei


(1) Wer als Rädelsführer oder Hintermann im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes den organisatorischen Zusammenhalt 1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder2. einer Partei, von der das Bundesverfassungsg

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 16


Die Einbürgerung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Einbürgerungsurkunde. Vor der Aushändigung ist folgendes feierliches Bekenntnis abzugeben: "Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz u

Strafprozeßordnung - StPO | § 153b Absehen von der Verfolgung bei möglichem Absehen von Strafe


(1) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Gericht von Strafe absehen könnte, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts, das für die Hauptverhandlung zuständig wäre, von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen. (2) I

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Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 24. November 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2015 wird wiederhergestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Der Streitwert wird auf 5.000

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(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

1.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
2.
den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
3.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt,
4.
einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5.
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(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen, wenn

1.
bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder
2.
der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden.

(1) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Gericht von Strafe absehen könnte, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts, das für die Hauptverhandlung zuständig wäre, von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht bis zum Beginn der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen.

(1) Wer als Rädelsführer oder Hintermann im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes den organisatorischen Zusammenhalt

1.
einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder
2.
einer Partei, von der das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei ist,
aufrechterhält, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer sich in einer Partei der in Absatz 1 bezeichneten Art als Mitglied betätigt oder wer ihren organisatorischen Zusammenhalt oder ihre weitere Betätigung unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer einer anderen Sachentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die im Verfahren nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes oder im Verfahren nach § 33 Abs. 2 des Parteiengesetzes erlassen ist, oder einer vollziehbaren Maßnahme zuwiderhandelt, die im Vollzug einer in einem solchen Verfahren ergangenen Sachentscheidung getroffen ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Den in Satz 1 bezeichneten Verfahren steht ein Verfahren nach Artikel 18 des Grundgesetzes gleich.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und der Absätze 2 und 3 Satz 1 kann das Gericht bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen.

(5) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 Satz 1 kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Einbürgerung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Einbürgerungsurkunde. Vor der Aushändigung ist folgendes feierliches Bekenntnis abzugeben: "Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte."; § 10 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Bei der Einbürgerung bleiben außer Betracht:

1.
die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz,
2.
Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen und
3.
Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer wegen einer rechtswidrigen antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Tat im Sinne von § 46 Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuches zu einer Freiheits-, Geld- oder Jugendstrafe verurteilt und ein solcher Beweggrund im Rahmen des Urteils festgestellt worden ist. Bei mehreren Verurteilungen zu Geld- oder Freiheitsstrafen im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 und 3 sind diese zusammenzuzählen, es sei denn, es wird eine niedrigere Gesamtstrafe gebildet; treffen Geld- und Freiheitsstrafe zusammen, entspricht ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe. Übersteigt die Strafe oder die Summe der Strafen geringfügig den Rahmen nach den Sätzen 1 und 3, so wird im Einzelfall entschieden, ob diese außer Betracht bleiben kann. Ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 5 oder 6 des Strafgesetzbuches angeordnet worden, so wird im Einzelfall entschieden, ob die Maßregel der Besserung und Sicherung außer Betracht bleiben kann.

(2) Ausländische Verurteilungen zu Strafen sind zu berücksichtigen, wenn die Tat im Inland als strafbar anzusehen ist, die Verurteilung in einem rechtsstaatlichen Verfahren ausgesprochen worden ist und das Strafmaß verhältnismäßig ist. Eine solche Verurteilung kann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn sie nach dem Bundeszentralregistergesetz zu tilgen wäre. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) Wird gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt, ist die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens, im Falle der Verurteilung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils auszusetzen. Das Gleiche gilt, wenn die Verhängung der Jugendstrafe nach § 27 des Jugendgerichtsgesetzes ausgesetzt ist.

(4) Im Ausland erfolgte Verurteilungen und im Ausland anhängige Ermittlungs- und Strafverfahren sind im Einbürgerungsantrag aufzuführen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. August 2007 - 11 K 4364/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung des Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm erhobene Klage; Gegenstand der Klage ist die Verfügung der Beklagten vom 9.11.2005 (bzw. der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart), mit der die Beklagte die am 5.11.2004 erfolgte Einbürgerung des Klägers zurückgenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe wissen müssen, dass er vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 noch nicht deutscher Staatsangehöriger sei; jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung sei ihm klar gewesen, dass die Einbürgerung noch nicht erfolgt sei.
Der Kläger trägt mit der Beschwerde vor, nicht nur er, sondern auch sein damaliger Prozessbevollmächtigter sei davon ausgegangen, dass die Einbürgerung bereits vor der Aushändigung der Urkunde wirksam geworden sei; eine bewusste und absichtliche Täuschung der Einbürgerungsbehörde bei der Entgegennahme der Einbürgerungsurkunde (Täuschung über ein anhängiges Strafverfahren bzw. über eine zuvor bereits erfolgte Inhaftierung) könne man ihm daher nicht vorwerfen. Wenn er erst mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfahre, dass er zuvor noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, sei es für eine entsprechende Reaktion (Mitteilung des Strafverfahrens) zu spät. Im Übrigen sei fraglich, wie präsent es ihm im November 2004 noch gewesen sei, die Einleitung eines Strafverfahrens oder Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch bei Anwendung des in diesem Zusammenhang gebotenen großzügigen Maßstabs zu Recht abgelehnt.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet und auch nicht mutwillig erscheint; in diesem Zusammenhang kann hinreichende Erfolgsaussicht vor allem dann angenommen werden, wenn der Ausgang des Verfahrens sich als hinreichend offen darstellt (siehe dazu im einzelnen BVerfG, Beschlüsse vom 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 2976, vom 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, InfAuslR 2006, 377 und vom 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). An einer solchen „Offenheit“ des Prozessausgangs fehlt es im vorliegenden Fall.
Dass die (erst) mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfolgte Einbürgerung des Klägers (siehe § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) im Sinn des § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtswidrig war, ergibt sich aus § 88 Abs. 3 Satz 1 des für die Einbürgerung des Klägers damals noch anwendbaren AuslG (jetzt § 12 a Abs. 3 StAG); nach dieser Vorschrift ist nämlich „die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens ... auszusetzen“, wenn gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird. Diese Ermittlungen waren im vorliegenden Fall am Tag der Einbürgerung bereits anhängig, da der Kläger wenige Tage zuvor - am 3.11.2004 - wegen eines Drogendelikts in Untersuchungshaft genommen worden war. § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG ist dabei nicht nur eine bloße Verfahrensvorschrift; wird gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung im Sinn von § 48 Abs. 1 LVwVfG fehlerhaft (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, NVwZ 2004, 489).
Dass der Behörde im Fall einer fehlerhaften Einbürgerung die Rücknahmemöglichkeit nach den landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen rechtlich eröffnet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (siehe BVerwG a.a.O.; siehe zuletzt BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 13 S 2794/06 -). Jedenfalls für die Fallgestaltung erschlichener Einbürgerungen (siehe dazu § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) ist die Rücknahmemöglichkeit nicht mehr streitig; das gleiche gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.9.2007 a.a.O.) dort, wo zwar keine arglistige Täuschung, aber sonstiges vergleichbar vorwerfbares Verhalten zur Einbürgerung geführt hat. Im vorliegenden Fall geht der Senat allerdings unmittelbar von arglistiger Täuschung des Klägers durch Verschweigen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens bzw. seiner zuvor erfolgten Inhaftierung aus. Das der Einbürgerungszusicherung vom 5.8.2003 beigefügte Schreiben enthält den Zusatz, „auf die Beachtung des beigefügten Merkblattes zur Einbürgerungszusicherung“ werde hingewiesen, und dort heißt es, u.a. die Einleitung eines Strafverfahrens sei der Behörde als Änderung der persönlichen Verhältnisse mitzuteilen. Anhaltspunkte dafür, dass das Merkblatt dem genannten Schreiben entgegen dessen Wortlaut nicht beigefügt war, hat der Senat nicht.; die Tatsache, dass es sich nicht bei den Akten befindet, reicht als Beleg dafür nicht aus. Auch die Einbürgerungszusicherung selbst enthält zudem den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Einbürgerungsbewerbers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Von daher wird im Klageverfahren ohne unzulässige Vorwegnahme einer Beweisaufnahme davon auszugehen sein, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Einbürgerung die Verpflichtung bewusst war, die Einleitung eines Strafverfahrens bzw. seine Inhaftierung der Behörde anzuzeigen. Diese Verpflichtung hat er offensichtlich verletzt. Weder er selbst noch sein damaliger Strafverteidiger hat der Behörde mitgeteilt, aus welchen Gründen (Inhaftierung) die Einbürgerungsurkunde von ihm nicht persönlich entgegengenommen werden kann, obwohl die Angabe des Verhinderungsgrundes durchaus nahegelegen hätte. Nach der kurzzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft (3.11.2004) hat der Kläger die Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 selbst entgegengenommen, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt - weder bei dieser Gelegenheit noch vorher - auf die auch aus Laiensicht wesentliche Änderung der Sachlage hinzuweisen. Damit liegt im Rechtssinn auch bei Zugrundelegung des im Prozeßkostenhilfeverfahrens gebotenen großzügigen Maßstabs eine arglistige Täuschung durch Unterlassen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) vor (siehe auch VG Arnsberg, Urteil vom 7.9.2005 - 1 K 4045/04 -, juris; zur Täuschung durch Verschweigen siehe auch BVerwG, Urteil vom 18.9.1985 - 2 C 30.84 -, ZBR 1986, 52 m.w.N.).
Der Vortrag des Klägers, er sei am 5.11.2004 davon ausgegangen, dass er bereits deutscher Staatsangehöriger sei, erscheint auch dem Senat nicht als glaubhaft. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger bei seiner Inhaftierung als Staatsangehöriger von Serbien/Montenegro geführt worden ist, ohne dass sich aus der Akte irgendwelche Reaktionen von seiner Seite hierzu ergeben. Hiergegen könnte eingewendet werden, dem Kläger sei diese Einstufung nicht bekannt geworden; allerdings liegt eine solche Annahme - Aufnahme eines Häftlings in die Vollzugsanstalt ohne dessen Mitwirkung und Befragung zu den Personaldaten - nicht unbedingt nahe. Vor allem fehlt es jedoch an jeder behördlichen Äußerung dem Kläger gegenüber, die sich auch aus Laiensicht bereits als Vollzug einer Einbürgerung auffassen ließe. Das Schreiben der Beklagten vom 1.10.2004, auf das sich der Kläger in diesem Zusammenhang (auch) beruft, stellt lediglich eine Ladung zum persönlichen Erscheinen am 18.10.2004 zum Zweck der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde dar; aus ihm lässt sich auch für einen Rechtsunkundigen weder entnehmen, dass eine Einbürgerung bereits erfolgt sei noch dass sie mit diesem Schreiben erfolge. Angesichts der auch einem Laien bekannten großen statusrechtlichen Bedeutung einer Einbürgerung kann nicht angenommen werden, dass der Kläger dem Vorladungsschreiben eine so weitgehende konstitutive Bedeutung beigemessen haben will. Er wird kaum einen Staat geben - jedenfalls nicht im bürokratisch organisierten Westeuropa -, der eine Einbürgerung der hier streitigen Art gewissermaßen automatisch d.h. ohne jede weitere individuelle staatliche Äußerung vorsieht. Im Übrigen ergab sich auch aus der dem Kläger zuvor ausgehändigten Einbürgerungszusicherung selbst, dass die Einbürgerung eine weitere gesonderte Behördenentscheidung voraussetzt, bei der Sachverhaltsänderungen berücksichtigt werden. Alles spricht umgekehrt dafür, dass die Tatsache der Inhaftierung bewusst verschwiegen wurde, um auf direktem oder indirektem Weg die Einbürgerungsurkunde - an deren Besitz dem Kläger doch offenbar sehr gelegen war - zu erhalten. Das bestätigt auch der bei den Akten des Regierungspräsidiums dokumentierte Vermerk vom 16.11.2004, wonach der Kläger mitgeteilt hat, dass er „seit dem 5.11.2004“ (also seit Aushändigung der Staatsangehörigkeitsurkunde) die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Von einer zeitlich früheren Einbürgerung sprach der Kläger offenbar nicht. Angesichts des Wortlauts des Vermerks drängt sich jedenfalls die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme hierzu durch Vernehmung des damaligen Bediensteten nicht auf. Soweit der Strafverteidiger des Klägers am 20.4.2006 seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, er sei „zum 15.10.2004“ davon ausgegangen, das Einbürgerungsverfahren sei abgeschlossen, und „zur Disposition“ habe lediglich die Übergabe der Urkunde gestanden, lässt sich dies kaum mit seinem Schriftsatz vom 29.9.2005 an die Beklagte vereinbaren. Dort führt er aus, eine Mitteilungspflicht des Klägers habe nur bis zum 4.10.2004 bestehen können, weil die Einbürgerungsurkunde das Datum des 4.10.2004 trage. Diese Urkunde, die den ausdrücklichen Zusatz enthält, „mit dem Zeitpunkt der Aushändigung (werde) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben“, wurde dem Kläger jedoch erst am 5.11.2004 ausgehändigt. Das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde kann ihm damit erst zum Zeitpunkt ihrer Aushändigung bekannt geworden sein, so dass sich für die behauptete gutgläubige Annahme des früheren Erwerbs der Staatsangehörigkeit hieraus nichts ableiten läßt. Auch waren zu dem von dem Strafverteidiger des Klägers als Bezugspunkt genannten Zeitpunkt (15.10.2004) die für die Einbürgerung fälligen Gebühren noch nicht beglichen, wie sich aus dem Schreiben vom 15.10.2004 an die Beklagte ergibt. Diese Bedingung der Urkundenaushändigung (vgl. das Schreiben der Behörde vom 1.10.2004) war damit noch nicht erfüllt. Woraus der Verteidiger des Klägers gleichwohl geschlossen haben will, die Einbürgerung sei bereits erfolgt, ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Hiervon abgesehen käme es auch nicht auf einen Irrtum des damaligen Prozessbevollmächtigten, sondern auf den Wissensstand des Klägers selbst an. Auch dieser konnte - wie dargelegt - aus keinem konkreten Umstand folgern, er sei bereits vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde Deutscher geworden.
Soweit geltend gemacht wird, eine Einbürgerungsurkunde könne durchaus auch einem Bevollmächtigten ausgehändigt werden, stellt dies die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, da es im vorliegenden Fall auch an einer solchen Aushändigung - z.B. an den damaligen Bevollmächtigten - fehlt. Zur gesetzlich festgelegten Bedeutung der Aushändigung (siehe dazu § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) besagt dies ohnehin nichts.
Sonstige Rechtswidrigkeitsgründe sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich; insbesondere ist die Rücknahme zeitnah erfolgt (vgl. dazu BVerfG a.a.O.).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für die Zurückweisung einer Beschwerde in Prozesskostenhilfesachen eine Festgebühr vorgesehen ist.
11 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 19. September 2006 – 2 K 69/06 – und unter Aufhebung des Bescheids vom 4. August 2005 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.

Der am ... geborene Kläger, ehemaliger jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit, reiste 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung trug er vor, er sei wegen seines Engagements für eine Kosovo-Republik mehrfach inhaftiert worden.

Gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erhob der Kläger Klage. Im gerichtlichen Verfahren legte er eine Bescheinigung des Demokratischen Bundes von Kosovo (LDK) – Zweigstelle des Saarlandes – vor, wonach er u.a. Vorstandsmitglied des LDK für das Saarland und Delegat der Zweigstelle des LDK Deutschland sei. Mit Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts vom 31.08.1995 – 5 K 729/94.A – wurde das Bundesamt verpflichtet, den Kläger (und seine Ehefrau) als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung heißt es, der Kläger habe glaubhaft dargelegt, in seiner Heimat über mehrere Jahre hinweg politisch aktiv für die Selbständigkeit der Republik Kosovo eingetreten zu sein. Er sei Mitglied einer im Jahre 1991 gegründeten Organisation für Volksverteidigung gewesen, deren Ziel die Selbstverteidigung für den Fall eines serbischen Überfalls gewesen sei. Neben seinem Engagement in dieser Organisation sei er auch im Vorstand eines Zweiges des LDK gewesen. Auch in Deutschland betätige er sich in exponierter Stellung im LDK.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erkannte den Kläger mit Bescheid vom 16.10.1995 als Asylberechtigten an und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Die Gemeinsame Ausländerbehörde beim Landrat in Saarlouis erteilte unter dem 27.10.1995 dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und stellte ihm einen Reiseausweis aus.

Unter dem 20.05.2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Einbürgerung. In dem Antrag erklärte er u.a., dass er bereit sei, seine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung die erforderlichen Schritte zu unternehmen.

Mit Bescheid vom 26.01.2004 widerrief das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anerkennung des Klägers und seiner Ehefrau als Asylberechtigte ebenso wie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG lägen nicht vor. Zur Begründung heißt es, mit dem Einmarsch der KFOR im Juni 1999 habe das damalige Verfolgerregime unter Slobodan Milosevic die Staatsgewalt über den Kosovo verloren. Stattdessen hätten die Vereinten Nationen die Macht übernommen und übten sie durch UNMIK (Zivilverwaltung), KFOR (Streitkräfte) und eine internationale Polizeitruppe aus. Aufgrund dieser gravierenden Veränderungen seien die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte und die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht mehr gegeben. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG lägen auch mit Blick auf die behauptete Feindschaft zwischen dem Kläger und der Gruppe um Ibrahim Rugova nicht vor.

Gegen diesen Bescheid haben der Kläger und seine Ehefrau Klage erhoben, die mit Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23.05.2006 – 10 K 27/04.A – rechtskräftig abgewiesen worden ist. Das auf Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG (zuvor § 53 Abs. 6 AuslG) gerichtete Begehren des Klägers und seiner Ehefrau ist durch Beschluss der 10. Kammer abgetrennt und zum Ruhen gebracht worden (Gesch.-Nr. 10 K 46/06.A). In den Gründen des Urteils ist ausgeführt, angesichts der ständigen Rechtsprechung der Kammer zu der maßgeblich veränderten Situation im Kosovo führe es zu keiner anderen Bewertung, dass der Kläger wegen seines politischen Engagements und seiner schriftstellerischen Äußerungen nunmehr befürchte, im Falle einer Rückkehr in den Kosovo dort sowohl seitens der ehemaligen serbischen Machthaber als auch aus bestimmten Kreisen der albanischen Unabhängigkeitsbewegung bedroht zu werden. Dies gelte auch für von dem Kläger befürchtete Übergriffe seitens albanischer Gruppierungen, die sich möglicherweise an ihm rächen wollten, weil er gegen die Gruppe um den verstorbenen ehemaligen Parteivorsitzenden des LDK und 1. Präsidenten des Kosovo, Ibrahim Rugova, Stellung genommen habe und in einigen seiner Schriften, etwa in dem Buch mit dem Titel „Der Clown der Unabhängigkeit“, Ibrahim Rugova lächerlich gemacht habe.

In dem Einbürgerungsverfahren teilte das Landesamt für Verfassungsschutz mit Schreiben vom 23.11.2004 mit, der Kläger sei seit Anfang 1998 im Zusammenhang mit Aktivitäten der UCK/LPK bzw. PDK im Saarland festgestellt worden und könne unter Berücksichtigung aller vorliegenden Erkenntnisse als Aktivist und Führungsfunktionär der Organisation angesehen werden. Im Einzelnen heißt es:

- im Februar 1998 sei der Kläger bei einer Veranstaltung in Homburg als Ansprechpartner der LPK genannt worden;

- im Mai 1998 habe er an einem Treffen von LPK-Anhängern in St. Ingbert teilgenommen und sei Veranstalter/Organisator dieser Veranstaltung gewesen;

- im Januar 1999 sei er als Organisator und Veranstalter einer LPK-Versammlung in Schiffweiler genannt worden;

- im Februar 1999 sei er als einer von mehreren Führungspersönlichkeiten der LPK im Saarland genannt worden, die auch für Spendengeldsammlungen der UCK/LPK verantwortlich seien;

- im März 1999 sei er Teilnehmer einer öffentlichen Kundgebung der LPK in A-Stadt gewesen, bei der zur Unterstützung der UCK aufgefordert und die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes betont worden sei; bei dieser Veranstaltung sei er auch als Redner in Erscheinung getreten;

- im Juni 1999 sei er als LPK-Funktionär mit dem Zuständigkeitsbereich St. Ingbert genannt worden und auch Leiter einer Gedenkveranstaltung für einen getöteten UCK-Kommandanten gewesen;

- im Mai 2000 sei er als „früherer saarländischer LPK-Führungsfunktionär und jetziges PDK-Mitglied“ genannt geworden, der gegenüber Reportern der albanischen Tageszeitung „Koha Ditore“ als Sprecher bzw. Vorsitzender der PDK für den Bereich Deutschland in Erscheinung trete. Dem Artikel zufolge habe er Grüße führender PDK-Mitglieder aus Deutschland überbracht und seine Landsleute gelobt, „die Krieg geführt hätten“;

- im März 2002 sei er bei einer Mitgliederversammlung der PDK in Homburg erneut zum ersten Vorsitzenden der PDK gewählt worden.

Zu diesen Erkenntnissen angehört, erwiderte der Kläger, es sei richtig, dass er sich bemüht habe, seine Bekanntheit in den schweren Jahren zwischen 1997 und 2000 in den Dienst seiner alten Heimat zu stellen. Die PDK sei im Kosovo eine legale Partei, die in der Volksvertretung mit etwa 30 Abgeordneten vertreten sei und Ansprechpartner insbesondere auch für die UNMIK und die deutschen Funktionsträger im Kosovo sei. Er sei am 04.03.2001 zum Führer der PDK-Gruppe im Saarland gewählt worden, die sich jedoch im März 2002 wieder aufgelöst habe. Er habe verbal den Kampf im Kosovo, auch den bewaffneten Widerstand, unterstützt. Seine positiven Äußerungen während seiner früheren Aktivitäten im Bereich von LPK und PDK zum kämpferischen Einsatz seiner Landsleute dürften nicht als verfassungsfeindliche Bestrebung fehlinterpretiert werden. Das militärische Eingreifen im Kosovo zugunsten der albanischen Bevölkerung sei von der Bundesrepublik Deutschland aktiv unterstützt worden. Er sei nie Mitglied oder Führer der LPK gewesen. Mit Blick auf den beabsichtigten Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit und als Zeichen seiner Integration habe er von der PDK und einem Engagement in dieser Gruppe Abstand genommen.

Mit Bescheid vom 04.08.2005 lehnte der Beklagte die Einbürgerung ab. Zur Begründung heißt es, bei der „Volksbewegung von Kosovo“ – LPK – handele es sich nach dem Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalens aus dem Jahr 2002 um eine militante linksextremistische Organisation, deren Ziel die Errichtung eines großalbanischen Staates sei, der Albanien, Kosovo, Teile Südserbiens und angrenzende Teile von Mazedonien, Montenegro und Griechenland umfassen solle. Damit verfolgten auch die in Deutschland lebenden Anhänger der LPK Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die LPK gelte als eine linksextremistische, nationalistische Partei, welche als Sammelbecken ehemaliger UCK-Kämpfer angesehen werden könne. Sie unterhalte auch in Deutschland eine Sektion. Deren Funktionäre seien für bestimmte Regionen zuständig und sollten in dem Allgemeinen albanischen Arbeiter- und Kulturverein für die Sache der LPK werben und zu Spenden aufrufen. Als politische Nachfolgeorganisation der UCK seit 1999 die „Partei für den demokratischen Fortschritt Kosovos“ (PPDK) gegründet worden, die im Jahre 2000 in Demokratische Partei Kosovo (PDK) umbenannt worden sei. Diese Partei gelte als LPK nah; Teile der UCK seien in die Führung der PDK integriert. Ehemalige UCK-Kämpfer bildeten die Führungselite.

Aufgrund der verfassungsschutzrechtlichen Erkenntnisse, die der Kläger dem Grunde nach nicht bestreite, lägen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger die genannten Bestrebungen der UCK/LPK bzw. PDK unterstütze. Der Kläger räume selbst ein, dass er auf verschiedenen Versammlungen, die von der LPK organisiert gewesen seien, für den bewaffneten Kampf eingetreten sei. Damit bestehe ein Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG nicht und eine Ermessensentscheidung nach § 8 StAG komme mangels eines besonderen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung nicht in Frage. Der Bescheid wurde dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 11.08.2005 zugestellt.

Am 12.09.2005, einem Montag, hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei nie Mitglied oder Führer der LPK gewesen. Richtig sei, dass er von März 2001 bis März 2002 Vorsitzender einer kleinen Gruppe von 25 bis 27 PDK-Mitgliedern gewesen sei, die sich dann aufgelöst habe. Die Parteiführung der im Parlament Kosovos vertretenen PDK werde bei den westeuropäischen und amerikanischen Partnern offiziell empfangen und als Gesprächspartner anerkannt. Richtig sei auch, dass er im Jahr 1999 eine Trauerfeier in Wadgassen-Hostenbach besucht habe, zu der er von der dort lebenden Familie eines im Kosovokonflikt getöteten UCK-Kommandanten eingeladen worden sei. Gewaltanwendungen gegen die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland oder gegen deren auswärtige Belange habe er zu keinem Zeitpunkt befürwortet. Es könne sein, dass an Versammlungen des albanischen Vereins, an denen er in den Jahren 1998/99 teilgenommen habe, auch Aktivisten der LPK teilgenommen hätten. Soweit er von irgendjemandem als Ansprechpartner für die LPK genannt worden sei, sei dies ohne sein Wissen und ohne Autorisierung geschehen. Angesichts seines Rufs und seines guten Namens sei es denkbar, dass sich irgendjemand durch die Nennung seines Namens mit fremden Federn habe schmücken wollen. Die Versammlung in Homburg habe allen Albanern offen gestanden, um sich über die aktuelle Lage im Kosovo zu informieren. Die LPK habe bei der Organisation dieser Versammlung überhaupt keine Rolle gespielt. Er habe über lange Zeit dem Gedankengut des LDK nahe gestanden. Aus seiner Sicht sei die PDK keine Partei mit grundsätzlich anderem Gedankengut. Er habe sich ihr nur angeschlossen und den Vorsitz des saarländischen Landesverbandes übernommen, weil er sich von der PDK eine frischere und dynamischere Politik versprochen habe. Für die Auflösung des PDK-Landesverbandes Saar im März 2002 sei ausschlaggebend gewesen, dass sich sowohl er als auch die wenigen weiteren verbliebenen Leistungsträger entschlossen hätten, in Deutschland zu bleiben und die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2005 zu verpflichten, ihn einzubürgern.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat im Wesentlichen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid wiederholt und ergänzend vorgebracht, dem Kläger sei eine herausgehobene Stellung innerhalb der LPK und PDK zu attestieren. Seine Nennung als Ansprechpartner und Führungspersönlichkeit, seine aktive Mitwirkung bei der Organisation von Treffen und Spendensammlungen, sein Auftreten als Redner bei Versammlungen und in den Medien sowie seine Wahl zum Vorsitzenden der PDK ließen den Schluss zu, dass über ein Mitläufertum hinaus eine aktive Unterstützung der betreffenden Organisationen nachgewiesen sei. Selbst wenn der Kläger kein förmliches Mitglied der LPK gewesen sei, belegten die ausgeübten Tätigkeiten, dass er in hervorgehobener Funktion für die LPK tätig geworden sei. Gerade die Vielzahl der verfassungsschutzrechtlichen Erkenntnisse, in denen dem Kläger stets eine herausgehobene Stellung innerhalb der Organisationen bestätigt werde, belege die Vorhaltung, dass er als aktiver Unterstützer tätig geworden sei. Dass er sich von der früheren Verfolgung der politischen Ziele der LPK/PDK abgewandt habe, bringe der Kläger nicht zum Ausdruck.

Außerdem hat der Beklagte eine weitere Erklärung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 17.07.2006 vorgelegt, wonach der Kläger 1998 als Gründer und Organisator der LPK bekannt geworden sei und zumindest 1999 Kontakte zu LPK-Strukturen in der Schweiz gehabt habe. Darüber hinaus sei er in den Transfer von Spendengeldern für die Organisation involviert gewesen und habe die LPK durch eigene Spendenzahlungen unterstützt.

Durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19.09.2006 - 2 K 69/06 -, dem Kläger zugestellt am 26.10.2006, ist die Klage mit der Begründung abgewiesen worden, dem Einbürgerungsanspruch des Klägers stehe der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entgegen. Angesichts der Vorverlagerung des Sicherheitsschutzes im Einbürgerungsrecht, der lediglich einen tatsachengestützten hinreichenden Verdacht verlange, sei davon auszugehen, dass die dem Kläger vorgehaltenen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der LPK zur Verwirklichung des Ausschlussgrundes ausreichten. Eine Abwendung des Klägers von den früheren Unterstützungshandlungen zugunsten der LPK könne nicht angenommen werden.

Auf den am 24.11.2006 eingegangenen Antrag, der am 27.12.2006 begründet wurde, hat der Senat mit Beschluss vom 18.05.2007 - 1 Q 48/06 - die Berufung zugelassen. Die Berufungsbegründung ist am 06.06.2007 eingegangen.

Der Kläger trägt vor, die in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz aufgestellten Behauptungen seien falsch. Dabei sei es mit dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht vereinbar, dass er mit Behauptungen konfrontiert werde, die wegen angeblicher Geheimhaltungsinteressen nicht hinterfragt werden dürften. Er sei weder Mitglied der LPK gewesen noch sei ihm überhaupt eine Gruppe der LPK im Saarland bekannt. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er an Veranstaltungen teilgenommen habe, bei denen möglicherweise auch Mitglieder der LPK anwesend gewesen seien. Die ihm bekannten Personen seien keine LPK-Mitglieder gewesen. Er habe auch niemals Kontakt zu LPK-Strukturen in der Schweiz gehabt. Mit der Finanzierung der LPK oder UCK habe er nicht das Geringste zu tun gehabt. Er habe sich ausschließlich an Spendensammlungen für humanitäre Zwecke für den Kosovo beteiligt, zunächst im Rahmen des LDK und später für den Fonds „Geburtsort ruft“. Er habe jedoch niemals Geld für militärische oder paramilitärische Organisationen gespendet. Es könne kein Ausdruck von Terrorismus sein, wenn man es befürworte, dass sich die Bevölkerung selbst verteidige. Er habe sich lobend über die Selbstverteidigung der Albaner im Kosovo und die Unterstützung durch die NATO geäußert. Auch seine Satire über Rugowa könne seiner Einbürgerung nicht entgegengehalten werden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2005 den Beklagten zu verpflichten, den Kläger einzubürgern,

hilfsweise,

dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, alle von ihm vorgetragenen tatsächlichen Vorhaltungen seien unter Berücksichtigung des gegnerischen Vorbringens vom Verwaltungsgericht aufgegriffen und unter Einbeziehung der amtlichen Erklärung des Leiters des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 17.07.2006 in der mündlichen Verhandlung erörtert worden. Der Kläger habe dem in der mündlichen Verhandlung nichts Substantielles entgegenhalten können; vielmehr habe er sogar einräumen müssen, dass die Vorhaltungen des Beklagten zutreffend seien. Der Kläger habe auch keine Abwendung von der Unterstützung verfassungsfeindlicher Aktivitäten glaubhaft gemacht. Er habe sich gerade nicht auf Grund innerer Überzeugungsbildung von seinen bisherigen Unterstützungshandlungen abgewandt. Belege für die vom Landesamt für Verfassungsschutz gemachten Auskünfte könnten aus Gründen der Gefährdung der Arbeitsweise des Landesamtes nicht vorgelegt werden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger informatorisch angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.07.2007 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der verfahrensbezogenen Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren 5 K 729/94.A, 10 K 27/04.A und 10 K 46/06.A und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Sie ist jedoch nur hinsichtlich ihres Hilfsantrages begründet.

Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Einbürgerung, aber auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Einbürgerung sind die mit Wirkung vom 01.01.2005 neu gefassten Vorschriften der §§ 10, 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes - StAG -, die die bis dahin für die Erteilung einer Anspruchseinbürgerung geltenden Regelungen der §§ 85, 86 AuslG abgelöst haben (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I S. 1950; diese Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde zuletzt durch Art. 2 Abs. 1PersonenstandsreformG vom 19.02.2007, BGBl. I S. 122, geändert). Eine entgegenstehende Übergangsvorschrift, die für den am 20.05.2003 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers die Geltung früheren Rechts anordnet, enthält das Zuwanderungsgesetz nicht

vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.06.1985 - 1 B 48.85 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 42 und vom 19.08.1996 - 1 B 82/95 - InfAuslR 1996, 399 = Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49, sowie Urteil vom 20.10.2005 - 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 = NJW 2006, 1079 = InfAuslR 2006, 283 = Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 1 = DVBl 2006, 919 = EzAR-NF 73 Nr. 3; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris und vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - ESVGH 56, 187 (LS); Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - juris; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005 - 3 Bf 172/04 - juris; Urteil des Senats vom 08.03.2006 - 1 R 1/06 -, AS 33, 126.

1. Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung der Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist beim Kläger nicht der Fall, da er die serbische Staatsangehörigkeit besitzt. In seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 hatte er angegeben, serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger zu sein. Diese Staatsangehörigkeit hat er nach seinen Angaben auch nachfolgend nicht aufgegeben. Im Hinblick darauf, dass sich Montenegro am 03.06.2006 von Serbien getrennt hat und nunmehr einen eigenständigen Staat bildet und der Kläger im serbischen Teil des ehemaligen Jugoslawien geboren worden ist, ist er zum jetzigen Zeitpunkt serbischer Staatsangehöriger.

Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, liegen nicht vor.

Die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG für politisch Verfolgte greift zugunsten des Klägers nicht (mehr) ein. Diese Vorschrift stellt - anders als § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AuslG - nicht auf den Status eines politisch Verfolgten oder Flüchtlings ab, sondern auf den - rechtmäßigen - Besitz (u.a.) eines Reiseausweises nach Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

so auch Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 - 5 B 04.392 - EzAR-NF 076 Nr. 1 und - 5 BV 04.1225 - NVwZ-RR 2005, 856 = BayVBl 2006, 112 = EzAR-NF 073 Nr. 2 sowie vom 14.09.2006 - 5 BV 05.1698 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230 = ESVGH 56, 189 (LS).

Ob der Kläger einen solchen Reiseausweis derzeit noch besitzt, kann dahin gestellt bleiben, da der Besitz auf jeden Fall nicht mehr rechtmäßig wäre. Denn durch Urteil der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23.05.2006 - 10 K 27/04.A - wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26.01.2004, mit dem seine Asylanerkennung und die Feststellung des Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG widerrufen wurde, rechtskräftig abgewiesen.

Außer Betracht muss bleiben, dass der Kläger früher den Status eines anerkannten Asylberechtigten innegehabt und damit den Reiseausweis rechtmäßig besessen hat. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG erfüllt sind, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat

ebenso Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 und vom 14.09.2006, a.a.O..

Diese hat nach der Bestandskraft des Widerrufsbescheides stattgefunden.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht erfüllt. Hierzu gehen der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.,

und der Bayerische VGH

Urteile vom 17.02.2005 und 14.09.2006, a.a.O.,

übereinstimmend davon aus, dass es albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo generell möglich und auch zumutbar ist, ihre Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen - inzwischen serbischen - Staatsangehörigkeit zu beantragen

a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.10.2005 - 7 A 10700/05 -, InfAuslR 2006, 92.

Dieser Einschätzung schließt sich der erkennende Senat an.

Der Kläger hat bisher erklärtermaßen keine Entlassung aus seiner serbischen Staatsangehörigkeit beantragt. Solange aber ein entsprechender Versuch unterblieben ist und daher jede Reaktion der serbischen Dienststellen aussteht, ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht feststellbar. Dass die Voraussetzungen eines der übrigen Tatbestände des § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG erfüllt wären, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

2. Der vom Kläger deshalb gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass für den Fall, dass eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nicht in Betracht kommt, der Einbürgerungsbewerber die Möglichkeit hat, seinen Klageantrag auf die Verpflichtung zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung zu beschränken

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.07.1994 - 13 S 2147/93 - InfAuslR 1995, 116 = EzAR 273 Nr. 2.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger schon in seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 die Frage bejaht hat, ob er bereit sei, seine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und sich verpflichte, nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung die erforderlichen Schritte zu unternehmen, steht fest, dass er für den Fall, dass eine Einbürgerung im Hinblick auf seine Mehrstaatigkeit nicht möglich ist, bereits im Verwaltungsverfahrens eine Einbürgerungszusicherung beantragt hat. Ein solcher Antrag auf Einbürgerung enthält als Minus den Antrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Das Rechtsinstitut der Einbürgerungszusicherung ergibt sich aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht und stellt eine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG dar

vgl. Hailbronner/Renner, StAngR, 4. Aufl., § 8 StAG RdNrn. 85 und 122; Marx in GK-StAR, § 8 StAG Rn. 315.

Auf die Erteilung einer solchen Zusicherung besteht jedenfalls dann ein Rechtsanspruch, wenn im Übrigen die Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen. Bezüglich einer etwaigen Befristung der Zusicherung verbleibt der Behörde ein nach Maßgabe ihrer Verwaltungspraxis und des Zwecks der Zusicherung begrenztes Ermessen

vgl. BVerwG, Urteile vom 31.05.1994 - 1 C 5/93 - BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = DVBl 1995, 37 = Buchholz 402.240 § 86 AuslG 1990 Nr. 1 = EzAR 278 Nr. 2 = DÖV 1995, 380 = NVwZ 1995, 1127 und vom 20.10.2005, a.a.O.; Marx, a.a.O., § 8 StAG Rn. 317.

Vorliegend ist festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach den §§ 38 SVwVfG, 10, 11 StAG hat.

Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerungszusicherung steht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht entgegen.

Für einen Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist nach dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Voraussetzung, dass dieser sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Im Zusammenhang damit regelt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer vorgenannte Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, er macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

Der vom Beklagten angenommene Ausschlussgrund gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG steht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats einem Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht entgegen.

Dabei ist nach der Rechtsprechung des Senats

Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

und anderer Obergerichte

u.a. Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris zu § 86 Nr. 2 AuslG; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O., zu § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG,

sowie der Literatur

Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Rn. 96,

als tatbestandsmäßige Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG jede Handlung des Ausländers anzusehen, die für die dort genannten Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 28.03 - BVerwGE 123, 114 = DVBl 2005, 1203 = NVwZ 2005, 1091 = EzAR-NF 028 Nr. 2 = Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 25 = InfAuslR 2005, 374,

zum Begriff des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. ist darunter jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dazu zählt jedes Tätigwerden auch eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer inkriminierten Ziele fördert und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotential stärkt. Darunter fallen neben der Gewährung finanzieller Unterstützung oder der Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele auch die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es dabei nicht an.

Allerdings muss es für den Ausländer grundsätzlich erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein, dass sein Handeln die Vereinigung und ihre Bestrebungen unterstützt. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die inkriminierten Ziele befürwortet und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung der inkriminierten Bestrebungen zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potentiell gefährliches Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG vor

vgl. zu alledem auch BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 -; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002, a.a.O. und vom 10.11.2005, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819, a.a.O. und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2005 - 7 A 12260/04.OVG -; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 96 ff..

Vorliegend kann dahin gestellt bleiben, ob die in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 23.11.2004 und 17.07.2006 dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten ausreichende Anhaltspunkte für ein Unterstützen von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG bieten, insbesondere ob diese Vorhaltungen auf Tatsachen beruhen oder, wie vom Kläger behauptet, vor allem die ihm unterstellten Verbindungen zur LPK nicht zutreffen. Denn es ist davon auszugehen, dass auf jeden Fall zum heutigen Zeitpunkt ein Abwenden des Klägers von den inkriminierten Aktivitäten gegeben ist.

Nach der Rechtsprechung des Senats

vgl. Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

erfordert eine „Abwendung“ von sicherheitsrelevanten Bestrebungen mehr als ein bloßes äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes – Unterlassen, das hierfür indes ein Indiz sein kann. Vielmehr ist die Glaubhaftmachung eines inneren Vorgangs erforderlich, der sich auf die Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Dazu kann ein von innerer Akzeptanz getragener kollektiver Lernprozess gehören. Es muss angenommen werden können, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen Rechtsposition - auszuschließen ist. Zwar trägt der Einbürgerungsbewerber insoweit eine qualifizierte Darlegungs- und materielle Beweislast, die er grundsätzlich nicht durch ein rein verbales Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes erfüllen kann. Zur Glaubhaftmachung der Abwendung reicht aber die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit aus. Erforderlich ist insoweit eine nachvollziehbare Erklärung für die Abwendung. Das heißt, es genügt, wenn der Einbürgerungsbewerber die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darlegt, dass die Einbürgerungsbehörde oder das Gericht die Abwendung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange als triftig anerkennen kann. Die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen dürfen zumal wegen der inneren Dimension der Abwendung nicht überspannt werden

so auch Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 152, 155, 156, 158 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - a.a.O..

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, ob der politische Konflikt, der gegebenenfalls Ursache für das inkriminierte Verhalten war, weiter andauert. Denn für den Fall, dass der entsprechende Konflikt abgeschlossen ist, so dass eine Fortsetzung der nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG relevanten Bestrebungen bereits auf Grund der tatsächlichen Voraussetzungen nicht mehr möglich ist, sind an das Abwenden geringere Anforderungen zu stellen, als wenn wegen der Fortdauer des Konfliktes eine Wiederaufnahme des entsprechenden Verhaltens jederzeit wieder möglich ist

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 154.

Je geringer das Gewicht der Aktivitäten ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O..

Erforderlich ist eine würdigende Gesamtschau der für eine Abwendung sprechenden Faktoren

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2005 - 13 S 1276/04 - InfAuslR 2005, 64.

Davon ausgehend kann auf Grund der Verwaltungsunterlagen und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats ein Sich-Abwenden des Klägers festgestellt werden.

Der Kosovo-Konflikt, der Anlass für das politische Engagement des Klägers war, ist seit längerem beigelegt. Auch wenn der politische, insbesondere völkerrechtliche Status des Kosovo nach wie vor innerhalb der Staatengemeinschaft heftig umstritten ist - so lehnt insbesondere Serbien eine Unabhängigkeit des Kosovo kategorisch ab -, sind die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Kosovo seit Juni 1999 beendet.

Das gesamte politische Handeln des Klägers während des Kosovo-Konfliktes war - sowohl unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben als auch nach den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz - davon geprägt, dass er der albanischen Bevölkerung im Kosovo helfen wollte. Dies schloss auch die Unterstützung des bewaffneten Kampfes der Kosovaren ein. Allerdings war sein Engagement nicht darauf gerichtet, die kriegerische Auseinandersetzung im Kosovo weiter zu fördern, sondern davon geprägt, dass er den Menschen im Kosovo helfen wollte. Diesem Ziel dienten sowohl seine Auftritte bei verschiedenen Versammlungen und Veranstaltungen im Saarland als auch die von ihm gesammelten sowie geleisteten Spenden. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Teil dieser Spenden der Unterstützung des bewaffneten Kampfes der UCK diente - so gibt der Kläger selbst an, dass er für den Fonds „Der Geburtsort ruft“ der „Demokratischen Vereinigung der Albaner/innen in Deutschland e.V. (DVAD) gespendet hat, bei der es sich nach den dem Senat vorliegenden Informationen um eine Tarnorganisation der LPK handelt -, so ergibt sich aus den gesamten über den Kläger vorliegenden Informationen – auch aus den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz –, dass nicht die Förderung des bewaffneten Konfliktes im Kosovo politisches Ziel des Klägers war. Vielmehr wollte der Kläger durch sein politisches Handeln die sich abzeichnende humanitäre Katastrophe für die albanische Bevölkerung im Kosovo beenden, und zwar auch durch eine Unterstützung - sei es verbal oder wie vom Landesamt für Verfassungsschutz behauptet durch Spendenaktionen - des bewaffneten Kampfs im Kosovo. Das Engagement des Klägers war auf eine Verbesserung der Lage der Kosovo-Albaner gerichtet, wobei er auch eine bewaffnete Selbstverteidigung der albanischen Bevölkerung für legitim erachtete.

Die dahin gehende Überzeugung des Senats beruht in erster Linie auf den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Hierbei machte der Kläger im Hinblick auf die gesamte Darlegung seiner Aktivitäten und Intentionen einen glaubwürdigen Eindruck. Der Kläger führte bei seiner Anhörung aus, dass 1998/99 bei den Albanern im Saarland das Bestreben im Vordergrund gestanden habe, dem Kosovo zu helfen. Es habe dort ein Genozid stattgefunden und ganze Ortschaften seien zerstört worden. Er habe energisch die Selbstverteidigung der Albaner gegen das Drangsalieren durch serbische Truppen befürwortet. Bei allen seinen Aktivitäten habe die humanitäre Seite ganz im Vordergrund gestanden.

Diese Aussagen des Klägers zeigen, dass er durch sein politisches Engagement die Befreiung der Albaner im Kosovo von der serbischen Unterdrückung erreichen wollte, deren Opfer auch er selbst geworden war, wie sich aus dem Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 31.08.1995 - 5 K 729/94.A - ergibt. Für einleuchtend hält der Senat insbesondere auch die Schilderung, dass es in der Ausnahmesituation 1998/1999 für ihn keine Rolle spielte, welcher Exil-Partei oder Organisation der einzelne albanische Kosovare angehörte, sondern dass alle - LDK, PDK, LPK und andere - zusammen dem Kosovo möglichst schnell und wirksam zu helfen versuchten.

Nach dem Ende des Kosovo-Konfliktes - so seine weiteren glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung - habe er sich der neu gegründeten PDK angeschlossen, weil er sich von dieser Gruppierung eine effektivere Hilfe für den Kosovo versprochen habe. Auch dies zeigt, dass sein Engagement nicht von einer Unterstützung einer bewaffneten Auseinandersetzung oder einer bestimmten Partei geprägt war, sondern von der Hilfe für die notleidende albanische Bevölkerung im Kosovo. Dies wird auch in seiner Aussage deutlich, dass es bei seinem politischen Engagement nicht um die Selbständigkeit des Kosovo gegangen sei.

Das gesamte politische Engagement des Klägers für den Kosovo hat, wie sich aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt, im März 2002 endgültig geendet. Dabei ist zu beachten, dass sich bereits seit dem Ende des Kosovo-Konfliktes Mitte 1999 die politischen Aktivitäten des Klägers deutlich vermindert hatten. So ergibt sich aus den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz als Einzelaktivitäten des Klägers seither nur noch, dass er im Mai 2000 als früherer (!) saarländischer LPK-Führungsfunktionär und jetziges PDK-Mitglied bekannt geworden sei, der in einer albanischen Tageszeitung seine Landsleute gelobt habe, „die Krieg geführt hätten“. Außerdem hat der Kläger im März 2001 eine saarländische Landesgruppe der PDK mitbegründet, die sich jedoch bereits im März 2002 wieder aufgelöst hat. Nach dem März 2002 finden sich weder im Vortrag des Klägers noch in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz irgendwelche politische Aktivitäten des Klägers. Vielmehr steht insoweit lediglich noch die Behauptung des Beklagten im Raum, der Kläger sei noch immer Mitglied in der LPK. Für diese Behauptung finden sich jedoch weder in den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz noch im Vortrag des Beklagten irgendwelche Anhaltspunkte. Insbesondere ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Kläger noch eine irgendwie geartete aktive Position innerhalb der LPK haben könnte. Deshalb sieht der Senat keine Veranlassung, der vom Beklagten insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellten Behauptung, die weder durch Fakte konkretisiert noch - nach dem eigenen Vortrag des Beklagten - durch - eventuell nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimzuhaltende - Vorgänge gestützt wird, nachzugehen.

Auf jeden Fall ist festzustellen, dass der Kläger bereits nach dem Ende der Kampfhandlungen im Kosovo sein politisches Engagement deutlich vermindert hat. Seine endgültige Abwendung von jeglichem politischen Engagement für den Kosovo zeigt schließlich die Auflösung der saarländischen Gruppe der PDK, deren Vorsitzender der Kläger war, am 24.03.2002. Der Kläger hat insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung noch einmal deutlich betont, dass dieses Datum für ihn einen Schnitt in seiner politischen Vita bedeute. Ab diesem Zeitpunkt hätten er und die anderen Mitglieder der Gruppe die Weichen dahin gestellt, dass eine Integration in die hiesigen Verhältnisse im Vordergrund gestanden habe. Sie hätten Deutsche werden wollen.

Dass sich der Kläger nachhaltig von einem politischen Engagement für den Kosovo abgewandt hat, bestätigen seine Ausführungen, dass er für den Fall einer Unabhängigkeit des Kosovo und einer damit entstehenden Möglichkeit, eine kosovarische Staatsangehörigkeit zu erwerben, die deutsche Staatsangehörigkeit auf jeden Fall behalten wolle. Dies belegt, dass die politische Haltung des Klägers seit geraumer Zeit nicht mehr von einem kosovarischen Nationalismus geprägt ist, sondern vom Willen der deutschen Staatsgemeinschaft anzugehören.

Das gesamte Verhalten des Klägers seit dem Ende des Kosovokrieges und insbesondere seine glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung zeigen zur Überzeugung des Senats, dass er sich von seinem früheren politischen Engagement für den Kosovo nach und nach und seit Jahren endgültig abgewandt hat, so dass § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG seiner Einbürgerung zum heutigen Zeitpunkt nicht entgegensteht.

Im Übrigen kann selbst dann eine Abwendung des Klägers von seinem früheren politischen Engagement nicht verneint werden, wenn eine fortbestehende Mitgliedschaft in der LPK, wie vom Beklagten behauptet, unterstellt wird. Denn nach dem sonstigen Vortrag des Beklagten und den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz kann nicht festgestellt werden, dass die behauptete Mitgliedschaft des Klägers in der LPK in den letzten Jahre noch von einem irgendwie gearteten politischen Engagement für diese Vereinigung begleitet wurde. Wie bereits dargelegt enden die vom Beklagten bzw. dem Landesamt für Verfassungsschutz konkret dargelegten Aktivitäten für die LPK im Mai 2000. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Klägers allenfalls noch nominelles Mitglied der LPK ist, aber ohne eine besondere Funktion und insbesondere ohne ein politisches Engagement, so dass auch eine noch andauernde Mitgliedschaft des Klägers in der LPK nicht gegen ein Abwenden sprechen würde.

Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung steht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entgegen. Die Vorschrift legt als Einbürgerungsvoraussetzung fest, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII bestreiten kann. Vorliegend bezieht der Kläger zwar Leistungen nach dem SGB XII, da er nach den vorliegenden Unterlagen Grundsicherung nach den §§ 41 ff. SGB XII bezieht. Von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG bezeichneten Voraussetzung wird aber nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG abgesehen, wenn der Ausländer aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann. Diese Voraussetzung ist beim Kläger gegeben, da er auf Grund seines Alters von 75 Jahren nicht in der Lage ist, durch eine Erwerbstätigkeit den Unterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen zu bestreiten und auch nicht sozialhilferechtlich erwerbsverpflichtet ist

vgl. Berlit, a.a.O., § 10 StAG Rdnr. 254.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen vor, da der Kläger im Hinblick auf die ihm am 27.10.1995 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen Aufenthalt in Deutschland hat und er, wie sich aus dem Zentralregisterauszug vom 15.06.2007 ergibt, nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

Da der Kläger durch die erfolgreiche Ablegung der Sprachprüfung bei der Volkshochschule A-Stadt den Nachweis über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache erbracht hat, ist die Voraussetzung des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ebenfalls gegeben. Das hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

Nach allem erweist sich das Klagebegehren hinsichtlich des Hilfsantrages als begründet und der Berufung ist insoweit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird entsprechend Nr. 42.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den doppelten Auffangwert und damit auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des am 01.07.2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 - BGBl. I, Seite 718).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Sie ist jedoch nur hinsichtlich ihres Hilfsantrages begründet.

Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Einbürgerung, aber auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Einbürgerung sind die mit Wirkung vom 01.01.2005 neu gefassten Vorschriften der §§ 10, 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes - StAG -, die die bis dahin für die Erteilung einer Anspruchseinbürgerung geltenden Regelungen der §§ 85, 86 AuslG abgelöst haben (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I S. 1950; diese Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde zuletzt durch Art. 2 Abs. 1PersonenstandsreformG vom 19.02.2007, BGBl. I S. 122, geändert). Eine entgegenstehende Übergangsvorschrift, die für den am 20.05.2003 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers die Geltung früheren Rechts anordnet, enthält das Zuwanderungsgesetz nicht

vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.06.1985 - 1 B 48.85 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 42 und vom 19.08.1996 - 1 B 82/95 - InfAuslR 1996, 399 = Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49, sowie Urteil vom 20.10.2005 - 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 = NJW 2006, 1079 = InfAuslR 2006, 283 = Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 1 = DVBl 2006, 919 = EzAR-NF 73 Nr. 3; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris und vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - ESVGH 56, 187 (LS); Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - juris; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005 - 3 Bf 172/04 - juris; Urteil des Senats vom 08.03.2006 - 1 R 1/06 -, AS 33, 126.

1. Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung der Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist beim Kläger nicht der Fall, da er die serbische Staatsangehörigkeit besitzt. In seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 hatte er angegeben, serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger zu sein. Diese Staatsangehörigkeit hat er nach seinen Angaben auch nachfolgend nicht aufgegeben. Im Hinblick darauf, dass sich Montenegro am 03.06.2006 von Serbien getrennt hat und nunmehr einen eigenständigen Staat bildet und der Kläger im serbischen Teil des ehemaligen Jugoslawien geboren worden ist, ist er zum jetzigen Zeitpunkt serbischer Staatsangehöriger.

Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, liegen nicht vor.

Die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG für politisch Verfolgte greift zugunsten des Klägers nicht (mehr) ein. Diese Vorschrift stellt - anders als § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AuslG - nicht auf den Status eines politisch Verfolgten oder Flüchtlings ab, sondern auf den - rechtmäßigen - Besitz (u.a.) eines Reiseausweises nach Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

so auch Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 - 5 B 04.392 - EzAR-NF 076 Nr. 1 und - 5 BV 04.1225 - NVwZ-RR 2005, 856 = BayVBl 2006, 112 = EzAR-NF 073 Nr. 2 sowie vom 14.09.2006 - 5 BV 05.1698 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230 = ESVGH 56, 189 (LS).

Ob der Kläger einen solchen Reiseausweis derzeit noch besitzt, kann dahin gestellt bleiben, da der Besitz auf jeden Fall nicht mehr rechtmäßig wäre. Denn durch Urteil der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23.05.2006 - 10 K 27/04.A - wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26.01.2004, mit dem seine Asylanerkennung und die Feststellung des Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG widerrufen wurde, rechtskräftig abgewiesen.

Außer Betracht muss bleiben, dass der Kläger früher den Status eines anerkannten Asylberechtigten innegehabt und damit den Reiseausweis rechtmäßig besessen hat. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG erfüllt sind, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat

ebenso Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 und vom 14.09.2006, a.a.O..

Diese hat nach der Bestandskraft des Widerrufsbescheides stattgefunden.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht erfüllt. Hierzu gehen der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.,

und der Bayerische VGH

Urteile vom 17.02.2005 und 14.09.2006, a.a.O.,

übereinstimmend davon aus, dass es albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo generell möglich und auch zumutbar ist, ihre Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen - inzwischen serbischen - Staatsangehörigkeit zu beantragen

a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.10.2005 - 7 A 10700/05 -, InfAuslR 2006, 92.

Dieser Einschätzung schließt sich der erkennende Senat an.

Der Kläger hat bisher erklärtermaßen keine Entlassung aus seiner serbischen Staatsangehörigkeit beantragt. Solange aber ein entsprechender Versuch unterblieben ist und daher jede Reaktion der serbischen Dienststellen aussteht, ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht feststellbar. Dass die Voraussetzungen eines der übrigen Tatbestände des § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG erfüllt wären, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

2. Der vom Kläger deshalb gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass für den Fall, dass eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nicht in Betracht kommt, der Einbürgerungsbewerber die Möglichkeit hat, seinen Klageantrag auf die Verpflichtung zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung zu beschränken

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.07.1994 - 13 S 2147/93 - InfAuslR 1995, 116 = EzAR 273 Nr. 2.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger schon in seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 die Frage bejaht hat, ob er bereit sei, seine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und sich verpflichte, nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung die erforderlichen Schritte zu unternehmen, steht fest, dass er für den Fall, dass eine Einbürgerung im Hinblick auf seine Mehrstaatigkeit nicht möglich ist, bereits im Verwaltungsverfahrens eine Einbürgerungszusicherung beantragt hat. Ein solcher Antrag auf Einbürgerung enthält als Minus den Antrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Das Rechtsinstitut der Einbürgerungszusicherung ergibt sich aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht und stellt eine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG dar

vgl. Hailbronner/Renner, StAngR, 4. Aufl., § 8 StAG RdNrn. 85 und 122; Marx in GK-StAR, § 8 StAG Rn. 315.

Auf die Erteilung einer solchen Zusicherung besteht jedenfalls dann ein Rechtsanspruch, wenn im Übrigen die Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen. Bezüglich einer etwaigen Befristung der Zusicherung verbleibt der Behörde ein nach Maßgabe ihrer Verwaltungspraxis und des Zwecks der Zusicherung begrenztes Ermessen

vgl. BVerwG, Urteile vom 31.05.1994 - 1 C 5/93 - BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = DVBl 1995, 37 = Buchholz 402.240 § 86 AuslG 1990 Nr. 1 = EzAR 278 Nr. 2 = DÖV 1995, 380 = NVwZ 1995, 1127 und vom 20.10.2005, a.a.O.; Marx, a.a.O., § 8 StAG Rn. 317.

Vorliegend ist festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach den §§ 38 SVwVfG, 10, 11 StAG hat.

Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerungszusicherung steht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht entgegen.

Für einen Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist nach dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Voraussetzung, dass dieser sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Im Zusammenhang damit regelt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer vorgenannte Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, er macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

Der vom Beklagten angenommene Ausschlussgrund gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG steht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats einem Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht entgegen.

Dabei ist nach der Rechtsprechung des Senats

Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

und anderer Obergerichte

u.a. Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris zu § 86 Nr. 2 AuslG; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O., zu § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG,

sowie der Literatur

Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Rn. 96,

als tatbestandsmäßige Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG jede Handlung des Ausländers anzusehen, die für die dort genannten Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 28.03 - BVerwGE 123, 114 = DVBl 2005, 1203 = NVwZ 2005, 1091 = EzAR-NF 028 Nr. 2 = Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 25 = InfAuslR 2005, 374,

zum Begriff des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. ist darunter jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dazu zählt jedes Tätigwerden auch eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer inkriminierten Ziele fördert und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotential stärkt. Darunter fallen neben der Gewährung finanzieller Unterstützung oder der Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele auch die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es dabei nicht an.

Allerdings muss es für den Ausländer grundsätzlich erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein, dass sein Handeln die Vereinigung und ihre Bestrebungen unterstützt. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die inkriminierten Ziele befürwortet und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung der inkriminierten Bestrebungen zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potentiell gefährliches Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG vor

vgl. zu alledem auch BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 -; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002, a.a.O. und vom 10.11.2005, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819, a.a.O. und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2005 - 7 A 12260/04.OVG -; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 96 ff..

Vorliegend kann dahin gestellt bleiben, ob die in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 23.11.2004 und 17.07.2006 dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten ausreichende Anhaltspunkte für ein Unterstützen von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG bieten, insbesondere ob diese Vorhaltungen auf Tatsachen beruhen oder, wie vom Kläger behauptet, vor allem die ihm unterstellten Verbindungen zur LPK nicht zutreffen. Denn es ist davon auszugehen, dass auf jeden Fall zum heutigen Zeitpunkt ein Abwenden des Klägers von den inkriminierten Aktivitäten gegeben ist.

Nach der Rechtsprechung des Senats

vgl. Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

erfordert eine „Abwendung“ von sicherheitsrelevanten Bestrebungen mehr als ein bloßes äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes – Unterlassen, das hierfür indes ein Indiz sein kann. Vielmehr ist die Glaubhaftmachung eines inneren Vorgangs erforderlich, der sich auf die Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Dazu kann ein von innerer Akzeptanz getragener kollektiver Lernprozess gehören. Es muss angenommen werden können, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen Rechtsposition - auszuschließen ist. Zwar trägt der Einbürgerungsbewerber insoweit eine qualifizierte Darlegungs- und materielle Beweislast, die er grundsätzlich nicht durch ein rein verbales Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes erfüllen kann. Zur Glaubhaftmachung der Abwendung reicht aber die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit aus. Erforderlich ist insoweit eine nachvollziehbare Erklärung für die Abwendung. Das heißt, es genügt, wenn der Einbürgerungsbewerber die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darlegt, dass die Einbürgerungsbehörde oder das Gericht die Abwendung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange als triftig anerkennen kann. Die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen dürfen zumal wegen der inneren Dimension der Abwendung nicht überspannt werden

so auch Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 152, 155, 156, 158 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - a.a.O..

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, ob der politische Konflikt, der gegebenenfalls Ursache für das inkriminierte Verhalten war, weiter andauert. Denn für den Fall, dass der entsprechende Konflikt abgeschlossen ist, so dass eine Fortsetzung der nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG relevanten Bestrebungen bereits auf Grund der tatsächlichen Voraussetzungen nicht mehr möglich ist, sind an das Abwenden geringere Anforderungen zu stellen, als wenn wegen der Fortdauer des Konfliktes eine Wiederaufnahme des entsprechenden Verhaltens jederzeit wieder möglich ist

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 154.

Je geringer das Gewicht der Aktivitäten ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O..

Erforderlich ist eine würdigende Gesamtschau der für eine Abwendung sprechenden Faktoren

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2005 - 13 S 1276/04 - InfAuslR 2005, 64.

Davon ausgehend kann auf Grund der Verwaltungsunterlagen und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats ein Sich-Abwenden des Klägers festgestellt werden.

Der Kosovo-Konflikt, der Anlass für das politische Engagement des Klägers war, ist seit längerem beigelegt. Auch wenn der politische, insbesondere völkerrechtliche Status des Kosovo nach wie vor innerhalb der Staatengemeinschaft heftig umstritten ist - so lehnt insbesondere Serbien eine Unabhängigkeit des Kosovo kategorisch ab -, sind die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Kosovo seit Juni 1999 beendet.

Das gesamte politische Handeln des Klägers während des Kosovo-Konfliktes war - sowohl unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben als auch nach den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz - davon geprägt, dass er der albanischen Bevölkerung im Kosovo helfen wollte. Dies schloss auch die Unterstützung des bewaffneten Kampfes der Kosovaren ein. Allerdings war sein Engagement nicht darauf gerichtet, die kriegerische Auseinandersetzung im Kosovo weiter zu fördern, sondern davon geprägt, dass er den Menschen im Kosovo helfen wollte. Diesem Ziel dienten sowohl seine Auftritte bei verschiedenen Versammlungen und Veranstaltungen im Saarland als auch die von ihm gesammelten sowie geleisteten Spenden. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Teil dieser Spenden der Unterstützung des bewaffneten Kampfes der UCK diente - so gibt der Kläger selbst an, dass er für den Fonds „Der Geburtsort ruft“ der „Demokratischen Vereinigung der Albaner/innen in Deutschland e.V. (DVAD) gespendet hat, bei der es sich nach den dem Senat vorliegenden Informationen um eine Tarnorganisation der LPK handelt -, so ergibt sich aus den gesamten über den Kläger vorliegenden Informationen – auch aus den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz –, dass nicht die Förderung des bewaffneten Konfliktes im Kosovo politisches Ziel des Klägers war. Vielmehr wollte der Kläger durch sein politisches Handeln die sich abzeichnende humanitäre Katastrophe für die albanische Bevölkerung im Kosovo beenden, und zwar auch durch eine Unterstützung - sei es verbal oder wie vom Landesamt für Verfassungsschutz behauptet durch Spendenaktionen - des bewaffneten Kampfs im Kosovo. Das Engagement des Klägers war auf eine Verbesserung der Lage der Kosovo-Albaner gerichtet, wobei er auch eine bewaffnete Selbstverteidigung der albanischen Bevölkerung für legitim erachtete.

Die dahin gehende Überzeugung des Senats beruht in erster Linie auf den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Hierbei machte der Kläger im Hinblick auf die gesamte Darlegung seiner Aktivitäten und Intentionen einen glaubwürdigen Eindruck. Der Kläger führte bei seiner Anhörung aus, dass 1998/99 bei den Albanern im Saarland das Bestreben im Vordergrund gestanden habe, dem Kosovo zu helfen. Es habe dort ein Genozid stattgefunden und ganze Ortschaften seien zerstört worden. Er habe energisch die Selbstverteidigung der Albaner gegen das Drangsalieren durch serbische Truppen befürwortet. Bei allen seinen Aktivitäten habe die humanitäre Seite ganz im Vordergrund gestanden.

Diese Aussagen des Klägers zeigen, dass er durch sein politisches Engagement die Befreiung der Albaner im Kosovo von der serbischen Unterdrückung erreichen wollte, deren Opfer auch er selbst geworden war, wie sich aus dem Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 31.08.1995 - 5 K 729/94.A - ergibt. Für einleuchtend hält der Senat insbesondere auch die Schilderung, dass es in der Ausnahmesituation 1998/1999 für ihn keine Rolle spielte, welcher Exil-Partei oder Organisation der einzelne albanische Kosovare angehörte, sondern dass alle - LDK, PDK, LPK und andere - zusammen dem Kosovo möglichst schnell und wirksam zu helfen versuchten.

Nach dem Ende des Kosovo-Konfliktes - so seine weiteren glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung - habe er sich der neu gegründeten PDK angeschlossen, weil er sich von dieser Gruppierung eine effektivere Hilfe für den Kosovo versprochen habe. Auch dies zeigt, dass sein Engagement nicht von einer Unterstützung einer bewaffneten Auseinandersetzung oder einer bestimmten Partei geprägt war, sondern von der Hilfe für die notleidende albanische Bevölkerung im Kosovo. Dies wird auch in seiner Aussage deutlich, dass es bei seinem politischen Engagement nicht um die Selbständigkeit des Kosovo gegangen sei.

Das gesamte politische Engagement des Klägers für den Kosovo hat, wie sich aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt, im März 2002 endgültig geendet. Dabei ist zu beachten, dass sich bereits seit dem Ende des Kosovo-Konfliktes Mitte 1999 die politischen Aktivitäten des Klägers deutlich vermindert hatten. So ergibt sich aus den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz als Einzelaktivitäten des Klägers seither nur noch, dass er im Mai 2000 als früherer (!) saarländischer LPK-Führungsfunktionär und jetziges PDK-Mitglied bekannt geworden sei, der in einer albanischen Tageszeitung seine Landsleute gelobt habe, „die Krieg geführt hätten“. Außerdem hat der Kläger im März 2001 eine saarländische Landesgruppe der PDK mitbegründet, die sich jedoch bereits im März 2002 wieder aufgelöst hat. Nach dem März 2002 finden sich weder im Vortrag des Klägers noch in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz irgendwelche politische Aktivitäten des Klägers. Vielmehr steht insoweit lediglich noch die Behauptung des Beklagten im Raum, der Kläger sei noch immer Mitglied in der LPK. Für diese Behauptung finden sich jedoch weder in den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz noch im Vortrag des Beklagten irgendwelche Anhaltspunkte. Insbesondere ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Kläger noch eine irgendwie geartete aktive Position innerhalb der LPK haben könnte. Deshalb sieht der Senat keine Veranlassung, der vom Beklagten insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellten Behauptung, die weder durch Fakte konkretisiert noch - nach dem eigenen Vortrag des Beklagten - durch - eventuell nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimzuhaltende - Vorgänge gestützt wird, nachzugehen.

Auf jeden Fall ist festzustellen, dass der Kläger bereits nach dem Ende der Kampfhandlungen im Kosovo sein politisches Engagement deutlich vermindert hat. Seine endgültige Abwendung von jeglichem politischen Engagement für den Kosovo zeigt schließlich die Auflösung der saarländischen Gruppe der PDK, deren Vorsitzender der Kläger war, am 24.03.2002. Der Kläger hat insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung noch einmal deutlich betont, dass dieses Datum für ihn einen Schnitt in seiner politischen Vita bedeute. Ab diesem Zeitpunkt hätten er und die anderen Mitglieder der Gruppe die Weichen dahin gestellt, dass eine Integration in die hiesigen Verhältnisse im Vordergrund gestanden habe. Sie hätten Deutsche werden wollen.

Dass sich der Kläger nachhaltig von einem politischen Engagement für den Kosovo abgewandt hat, bestätigen seine Ausführungen, dass er für den Fall einer Unabhängigkeit des Kosovo und einer damit entstehenden Möglichkeit, eine kosovarische Staatsangehörigkeit zu erwerben, die deutsche Staatsangehörigkeit auf jeden Fall behalten wolle. Dies belegt, dass die politische Haltung des Klägers seit geraumer Zeit nicht mehr von einem kosovarischen Nationalismus geprägt ist, sondern vom Willen der deutschen Staatsgemeinschaft anzugehören.

Das gesamte Verhalten des Klägers seit dem Ende des Kosovokrieges und insbesondere seine glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung zeigen zur Überzeugung des Senats, dass er sich von seinem früheren politischen Engagement für den Kosovo nach und nach und seit Jahren endgültig abgewandt hat, so dass § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG seiner Einbürgerung zum heutigen Zeitpunkt nicht entgegensteht.

Im Übrigen kann selbst dann eine Abwendung des Klägers von seinem früheren politischen Engagement nicht verneint werden, wenn eine fortbestehende Mitgliedschaft in der LPK, wie vom Beklagten behauptet, unterstellt wird. Denn nach dem sonstigen Vortrag des Beklagten und den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz kann nicht festgestellt werden, dass die behauptete Mitgliedschaft des Klägers in der LPK in den letzten Jahre noch von einem irgendwie gearteten politischen Engagement für diese Vereinigung begleitet wurde. Wie bereits dargelegt enden die vom Beklagten bzw. dem Landesamt für Verfassungsschutz konkret dargelegten Aktivitäten für die LPK im Mai 2000. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Klägers allenfalls noch nominelles Mitglied der LPK ist, aber ohne eine besondere Funktion und insbesondere ohne ein politisches Engagement, so dass auch eine noch andauernde Mitgliedschaft des Klägers in der LPK nicht gegen ein Abwenden sprechen würde.

Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung steht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entgegen. Die Vorschrift legt als Einbürgerungsvoraussetzung fest, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII bestreiten kann. Vorliegend bezieht der Kläger zwar Leistungen nach dem SGB XII, da er nach den vorliegenden Unterlagen Grundsicherung nach den §§ 41 ff. SGB XII bezieht. Von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG bezeichneten Voraussetzung wird aber nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG abgesehen, wenn der Ausländer aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann. Diese Voraussetzung ist beim Kläger gegeben, da er auf Grund seines Alters von 75 Jahren nicht in der Lage ist, durch eine Erwerbstätigkeit den Unterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen zu bestreiten und auch nicht sozialhilferechtlich erwerbsverpflichtet ist

vgl. Berlit, a.a.O., § 10 StAG Rdnr. 254.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen vor, da der Kläger im Hinblick auf die ihm am 27.10.1995 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen Aufenthalt in Deutschland hat und er, wie sich aus dem Zentralregisterauszug vom 15.06.2007 ergibt, nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

Da der Kläger durch die erfolgreiche Ablegung der Sprachprüfung bei der Volkshochschule A-Stadt den Nachweis über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache erbracht hat, ist die Voraussetzung des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ebenfalls gegeben. Das hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

Nach allem erweist sich das Klagebegehren hinsichtlich des Hilfsantrages als begründet und der Berufung ist insoweit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird entsprechend Nr. 42.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den doppelten Auffangwert und damit auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des am 01.07.2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 - BGBl. I, Seite 718).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2005 - 2 K 2364/04 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am 18.03.1974 in Pertek/Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit. 1994 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. Aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.07.1996 - A 3 K 12928/94 - wurde er als Asylberechtigter anerkannt. Im Urteil wurde u.a. ausgeführt, es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger anlässlich des Begräbnisses von 12 mutmaßlichen Mitgliedern der linksextremistischen Untergrundorganisation DEV-Sol sowie zwei weitere Male von Soldaten festgenommen worden sei. Bei seiner Ausreise sei er aufgrund des Verdachts der PKK-Unterstützung jedenfalls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von unmittelbarer politischer Verfolgung bedroht gewesen. Ausweislich des Urteils hatte der Kläger in der Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unter anderem angegeben, er sei wie viele andere Leute in seinem Dorf nicht Mitglied der PKK gewesen. Sie seien aber kurdische Patrioten und wenn die PKK-Leute Unterstützung bräuchten, erhielten sie sie meistens auch. Am 05.11.1996 wurde dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Er ist im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention.
Unter dem 17.07.2001 unterzeichnete der Kläger die vorformulierte Erklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“. Der letzte Absatz der Erklärung lautet:
„Hiermit erkläre ich, dass ich das gegen die PKK ausgesprochene Verbot und die strafrechtliche Verfolgung der Mitgliedschaft in der PKK sowie der strafrechtlichen Verfolgung der aktiven Sympathie für die PKK, auf das Schärfste verurteile. Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt.“
Bei seiner Anhörung durch die Polizeidirektion Offenburg gab der Kläger mit schriftlicher Erklärung vom 17.09.2001 an, er habe mit seiner Unterschrift auf dem Formular bekannt geben wollen, dass er Kurde sei. Er habe die zwei Jahre dauernden Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Er habe unterschrieben, weil er der Meinung gewesen sei, dass in Deutschland die Meinungsfreiheit zu den Menschenrechten zähle. Er könne sich nicht vorstellen, dass dies eine Straftat sei. Mit Zustimmung der Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe stellte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe (57 Js 7787/02) am 19.03.2002 das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 b Abs. 1 StPO ein, da sein Beitrag zur Unterstützung der PKK/ERNK von geringem Gewicht sei und sein Verschulden insgesamt gering erscheine.
Unter dem 17.09.2002 stellte der Kläger einen Einbürgerungsantrag und unterzeichnete eine Loyalitätserklärung, in der er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekannte und erklärte, dass er keine gegen diese Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, gegen die Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder gerichtete Bestrebungen oder solche Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe.
Wegen der im Rahmen der Identitätskampagne der PKK vom Kläger abgegebenen „Selbsterklärung“ verweigerte das Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 30.10.2003 die Zustimmung zur Einbürgerung.
Auf die Bitte um Stellungnahme zur „Selbsterklärung“ und der von ihm abgegebenen Loyalitätserklärung gab der Kläger mit Schreiben vom 23.11.2003 an, er habe den Inhalt der Kampagne im Jahr 2001 wegen seiner geringen Deutschkenntnisse nicht verstanden. Dass er ein Verbrechen begangen habe, habe er nicht gewusst. Er bitte dies zu verzeihen. Die Organisation sei ihm unbekannt. Er habe mit ihr nichts zu tun. Er entschuldige sich für sein Missverständnis.
In einer Stellungnahme vom 17.06.2004 lehnte das Innenministerium Baden-Württemberg erneut die Zustimmung zur Einbürgerung ab.
Mit Schriftsatz vom 15.07.2004 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dieser habe sich zu keinem Zeitpunkt für die PKK als aktives Mitglied oder Sympathisant betätigt. Er fühle sich dieser politischen Gruppe nicht zugehörig. Die Unterschrift sei im Jahr 2001 abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe, die von der PKK als „Lockvogel“ benutzt worden seien, um Unterschriften zu erschleichen. Der Vorfall vom 17.07.2001 liege bereits mehr als drei Jahre zurück. Der Kläger habe zwischenzeitlich dargestellt, dass er sich von seiner damaligen Unterschrift, sofern ihm ihr gesamter Inhalt zugerechnet werde, distanziere.
10 
Mit Bescheid vom 03.08.2004 lehnte das Landratsamt Ortenaukreis die Einbürgerung im Hinblick auf die vom Kläger abgegebene „Selbsterklärung“ mit der Begründung ab, der Kläger versuche die Abgabe der Erklärung zu verharmlosen. Soweit er angegeben habe, dass er den Inhalt der Erklärung und der Kampagne nicht verstanden habe und dass ihm die Ziele und Aktivitäten der PKK nicht bekannt seien, stünden seine Angaben in krassem Widerspruch zu seinen Einlassungen im Asylanerkennungs- sowie im späteren Strafverfahren. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er sich glaubhaft von seiner damaligen Unterschrift und dem Inhalt der Selbsterklärung distanziert habe. Die von ihm abgegebene Loyalitätserklärung entspreche nicht der Wahrheit. Es fehle somit an der Einbürgerungsvoraussetzung des § 85 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, wonach ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und die Erklärung erforderlich sei, dass keine gegen diese gerichteten oder sonst für eine Einbürgerung schädlichen Bestrebungen verfolgt oder unterstützt würden oder worden seien. Außerdem lägen die Ausschlussgründe des § 86 Nr. 2 und 3 AuslG vor.
11 
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2004 zurück.
12 
Der Kläger erhob am 03.11.2004 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage und trug zur Begründung u.a. vor, zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung habe er sich an seiner Arbeitsstelle im Betrieb seines Bruders aufgehalten. Es sei eine ihm nicht bekannte Person gekommen und habe sich den Anwesenden als Kurde vorgestellt. Sie habe angegeben, Unterschriften für den Friedens- bzw. den Waffenstillstand zwischen Kurden und Türken in der Türkei zu sammeln. Von der PKK habe der Kurde kein Wort gesagt. Die Erklärung selbst sei in deutscher Sprache gewesen. Der Kurde habe weder auf den Text hingewiesen noch ihm Gelegenheit zum Studium der Erklärung gegeben. Weil er dafür sei, dass in der Türkei zwischen Türken und Kurden Frieden herrsche, habe er aufgrund der mündlichen Angaben des Kurden spontan seine Unterschrift gegeben, ohne sich mit dem Inhalt der Erklärung zu beschäftigen bzw. diese zu lesen. Er habe auch nicht gelesen, dass für die Erklärung die PKK verantwortlich gewesen sei, weil eine entsprechende optische Hervorhebung auf der Erklärung nicht vorhanden gewesen sei. Er sei ahnungslos und gutgläubig gewesen und damit das Opfer einer geschickten Werbeaktion der PKK geworden. Er habe nicht das Bewusstsein gehabt, eine Unterstützungserklärung für die PKK abzugeben.
13 
Mit Urteil vom 16.03.2005 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Einbürgerung des Klägers. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, zwar gefährde die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisation KADEK die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Auch sei in der Unterzeichnung der „Selbsterklärung“ der PKK eine Unterstützung dieser verbotenen Organisation zu sehen. Indes führe nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung zu der Anwendung eines Ausschlussgrundes i.S.v. § 11 Nr. 2 StAG. Bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad aufweise als andere gewaltbereite Gruppen, sei eine Differenzierung erforderlich, um bloße - unpolitische - Mitläufer nicht zu erfassen. Der Ausschlussgrund sei deshalb erst dann erfüllt, wenn Tatsachen vorlägen, die auf eine nachhaltige Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen ließen. Solche Tatsachen lägen im Fall des Klägers jedoch nicht vor. Es sei nicht dargetan, dass er die PKK nachhaltig unterstützt habe. Er sei in über zehn Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet nur ein einziges Mal anlässlich eines „Massendelikts“ durch Abgabe der „Selbsterklärung“ aufgefallen. Dies deute darauf hin, dass es sich bei ihm nicht um einen Unterstützer der PKK im eigentlichen Sinne, sondern höchstens um einen im Grunde genommen unpolitischen Mitläufer handle, der möglicherweise lediglich - wie er vortrage - Opfer einer geschickten Werbekampagne der PKK geworden sei.
14 
Mit Beschluss vom 16.08.2005 - 12 S 945/05 - hat der Senat auf Antrag des Beklagten die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. - Der Beschluss wurde dem Beklagten am 05.09.2005 zugestellt.
15 
Mit der am 05.10.2005 eingegangenen Berufungsbegründung führt der Beklagte ergänzend aus: Bei der Frage, ob durch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung ein Ausschlussgrund nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG gegeben sei, sei von entscheidender Bedeutung, ob beim Begriff des „Unterstützens“ i.S.d. Vorschrift auf eine gewisse Nachhaltigkeit abzustellen sei. Eine derartige Differenzierung verbiete sich aber schon nach dem Gesetzeswortlaut. Auch aus der gesetzlichen Begründung ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine solche Gewichtung gerade nicht habe vornehmen wollen. Auch Handlungen und Tatbestände, die strafrechtlich noch nicht relevant seien und keine fassbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland mit sich brächten, seien von der Vorschrift umfasst. Jede öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG u.a. durch Wort, Schrift und Bild reiche aus. Bei der Abgabe der PKK-Selbsterklärung handle es sich aber sogar um eine erhebliche, strafrechtlich sanktionierte Unterstützung, wie der Bundesgerichtshof festgestellt habe. Auch das Bundesverwaltungsgericht gehe beim identischen Begriff der Unterstützung in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG (jetzt § 54 Nr. 5 AufenthG) davon aus, dass ausnahmslos jede unterstützende Tätigkeit tatbestandsmäßig sei. Eine Relevanz der Unterstützung sei für den Betroffenen nur dann nicht gegeben, wenn die Zielrichtung des Handelns für ihn nicht erkennbar und deshalb nicht zurechenbar gewesen sei. Eine solche fehlende Zurechenbarkeit und Erkennbarkeit könne jedoch bei der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung - von völlig atypischen Fällen abgesehen - nicht angenommen werden. Anders als bei der Teilnahme an manchen Veranstaltungen von inkriminierten Organisationen trete die unterstützende Zielrichtung der PKK-Selbsterklärung offen zutage, wie aus dem letzten Absatz der Erklärung deutlich werde.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2005 - 2 K 2364/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Ergänzend führt er aus, er sei ausschließlich durch die Angaben des Werbers zur Unterschrift veranlasst worden. Dieser habe sich sinngemäß mit den Worten am Arbeitsplatz des Klägers vorgestellt: „Wir sind Kurden, es sterben jeden Tag Kurden wegen Krieg, wir sind für türkisch-kurdischen Frieden!“ und „Für Frieden, Freiheit, Demokratie in der ganzen Türkei!“ Von der PKK habe er kein einziges Wort gesagt. Aufgrund dieser Angaben habe der Kläger seine Unterschrift gegeben, ohne die Erklärung oder auch nur Teile davon zu lesen. Hätte er die Erklärung gelesen, hätte er sie nicht unterschrieben, weil er die gewaltbereite Durchsetzung politischer Ziele durch die PKK nicht billige. Der Werber habe seine Unterschrift - wie auch die anderer potenzieller Unterschriftsleistender - nach Art eines Gebrauchtwagenhändlers mit beschönigenden Angaben unter völliger Ausklammerung der verantwortlichen PKK in der Absicht, so viele Unterschriften wie möglich zu sammeln, erschlichen. Ihm könne allenfalls der Vorwurf gemacht werden, er habe fahrlässig vor Unterzeichnung die Erklärung nicht durchgelesen. Während seines gesamten bisherigen Aufenthaltes in Deutschland habe er an keiner einzigen Demonstration, Veranstaltung oder sonstigen Aktivität für die PKK teilgenommen, weil er deren Bestrebungen aufgrund der Durchsetzung der politischen Ziele mit gewaltsamen Mitteln nicht billige. Er bilde sich seine politische Meinung, indem er regelmäßig Zeitungen wie die Acherner Renchtalzeitung, die Bild-Zeitung und die türkische Zeitung Hürriyet lese. Er stehe in jeder Beziehung auf der Grundlage des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
21 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Ortenaukreis, die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg, die Akte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe (57 Js 7787/02), die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart betreffend das Asylverfahren des Klägers (A 3 K 12928/94) und die Akte des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie die in die mündliche Verhandlung vor dem Senat eingeführten Unterlagen vor.
22 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung unter anderem zu den Umständen der Unterzeichnung der Erklärung vom 17.07.2001 angehört. Zum Ergebnis der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 03.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 18.10.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einbürgerung noch kommt eine Ermessenseinbürgerung in Betracht. Das mit der Berufung angegriffene Urteil war dementsprechend abzuändern.
24 
Maßgeblich für die Frage, ob der Kläger einzubürgern ist, ist die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgebliche Sach- und Rechtslage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris). Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Einbürgerungsanspruch ist daher § 10 StAG i.d.F. des am 01.01.2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950). Allein umstritten ist, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG vorliegen bzw. ob ein Ausschlussgrund i.S.v. § 11 StAG gegeben ist. Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Einbürgerungsbewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben oder verloren haben muss, ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StAG abzusehen, da der Kläger im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Auch hat er seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Am 05.11.1996 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.
25 
Für den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist Voraussetzung, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder dass er glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG). Im Zusammenhang damit regelt § 11 S. 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer die in §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
26 
Als tatbestandsmäßiges Unterstützen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG ist jede Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; dazu zählen etwa die öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von den in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen durch Wort, Schrift und Bild, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Ziele (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris; Berlit in GK-StAR IV - 2 § 11 RdNrn. 96 ff., Stand Oktober 2005). Entsprechend legt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, DVBl. 2005, 1203) den Begriff des Unterstützens terroristischer Vereinigungen in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG aus. Danach ist als tatbestandserhebliches Unterstützen - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dies umfasst jedes Tätigwerden eines Nichtmitgliedes, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer (auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten) Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit.
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist in der vom Kläger vorgenommenen Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung eine i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG maßgebliche Unterstützungshandlung zu sehen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2004 - 2 K 913/04 - Vensa; VG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2004 - 8 K 9265/03 -; VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 - 12 K 80/04 - juris; ebenso wohl OVG Hamburg, Beschluss vom 08.09.2005 - 3 BF 172/04 -; a.A. Berlit aaO RdNr. 121, wonach der Ausschlussgrund nur gegeben ist, soweit die Erklärung eine nachhaltige Identifizierung mit der PKK indiziert). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.03.2003 - 3 StR 377/02 -, NJW 2003, 2621) liegt in der Unterzeichnung der Bekenntniserklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot, sich für die PKK zu betätigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG). Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, einem Vereinsverbot handele auch ein nicht mitgliedschaftlich und sonst nicht organisatorisch eingebundener Dritter zuwider, wenn sein Verhalten auf die verbotene Vereinstätigkeit bezogen und dieser förderlich sei. Auf die Feststellung eines tatsächlich eingetretenen messbaren Nutzens komme es nicht an; es genüge, dass das Täterhandeln konkret geeignet sei, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung hervorzurufen. Die PKK-Selbsterklärung sei auf die verbotene Tätigkeit der PKK bezogen und - jedenfalls unter Berücksichtigung der Kampagne, in deren Rahmen sie abgegeben worden sei - konkret geeignet, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung zu entfalten. Eine solche Eignung komme der Erklärung aufgrund der in ihr erklärten Absicht, das Verbot nicht anzuerkennen und sämtliche Verantwortung zu übernehmen, die sich daraus ergebe, in zweifacher Weise zu. Vorteilhafte Wirkungen könnten sich zum einen unmittelbar aus der persönlichen Festlegung jedes Unterzeichners darauf ergeben, das Verbot auch künftig nicht zu beachten und sich von Zuwiderhandlungen selbst durch die Androhung strafrechtlicher Sanktionen nicht abhalten zu lassen. Solche Selbstfestlegungen verschafften den Verantwortlichen der PKK für künftige Aktionen Planungsgrundlagen und erleichterten ihnen so die Fortsetzung der verbotenen Aktivitäten. Zum anderen liege es auf der Hand, dass derartige Bekenntnisse der Tätigkeit der PKK auch über eine durch sie vermittelte Stärkung der Solidarität mit anderen potenziellen Sympathisanten im Hinblick auf künftige verbotene Vereinsaktivitäten förderlich sei. Durch die Beteiligung an der groß angelegten Selbstbekenntnisaktion gebe der Unterzeichner auch anderen kurdischen Landsleuten, die der Sache der PKK nahe stünden, einen Anstoß, sich ihrerseits anzuschließen und auch selbst Bekenntnisse zu unterzeichnen. Hinzu komme, dass den einzelnen Mitgliedern und Sympathisanten bei künftigen verbotenen Aktivitäten die Überschreitung der Schwelle zur Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG in der Gewissheit, nicht allein zu stehen, wesentlich erleichtert werde. Unter diesem Aspekt wirke sich die Unterzeichnung von Selbstbekenntnissen im Rahmen einer groß angelegten Aktion auch schon aktuell vorteilhaft auf die Tätigkeit der PKK aus. Bei einer unmittelbaren Förderung der verbotenen Vereinstätigkeit durch Beteiligung an einer von der Führungsebene der PKK initiierten groß angelegten Kampagne, die auf die Stärkung der Bereitschaft von Sympathisanten zu verbotenen Aktivitäten abziele und eine Verfahrensflut - mit der Folge der Lahmlegung der Strafjustiz - auslösen solle, komme es auf eine Außenwirkung von vorneherein nicht an. Die Erklärungen könnten nicht dahin verstanden werden, dass die Unterzeichner - was durchaus ihr eigentliches und vorrangiges Anliegen sein möge - lediglich Freiheit und Selbstbestimmung für das kurdische Volk forderten und die Überprüfung des Verbots der Betätigung für die PKK sowie dessen Aufhebung verlangten. Vielmehr gehe es den Erklärenden darum, unter allen Umständen, also gerade auch für den von ihnen erwarteten Fall, dass es bei dem Verbot bleibe, durch Selbstfestlegung und Stärkung der Solidarität mit der PKK einen Beitrag zur Fortführung ihrer Tätigkeit zu leisten. Schon durch die das Bekenntnis abschließende Erklärung, dass der Unterzeichner „sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus (also aus der Nichtanerkennung des Verbots) ergebe“, bringe der Unterzeichner unmissverständlich zum Ausdruck, dass er bereit sei, das Verbot, unabhängig von dessen geforderter Aufhebung, zu missachten und die der Zuwiderhandlung nachfolgende strafrechtliche Verfolgung in Kauf zu nehmen.
28 
Bei Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat der Kläger mit der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung die Bestrebungen der PKK unterstützt, weil sie für diese objektiv vorteilhaft gewesen sind. Dass der Kläger nur einer von mehreren zehntausend Unterzeichnern gewesen ist, steht dieser Annahme nicht entgegen, da ein objektiv messbarer Nutzen nicht feststellbar sein muss. Unerheblich ist auch, ob er sich - wie er inzwischen behauptet - der Bedeutung der Erklärung nicht bewusst und Opfer einer „Werbeaktion“ gewesen ist. Nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG muss ein durch tatsächliche Anhaltspunkte gestützter Verdacht vorliegen, d.h. allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, genügen nicht. Die Einbürgerungsbehörde ist für die somit erforderlichen Anknüpfungstatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Diese Anknüpfungstatsachen müssen die Annahme sicherheitsrelevanter Aktivitäten rechtfertigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht nachgewiesen werden können (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - unter Hinweis auf BT-Drcks. 14/533, S. 18). Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung des Einbürgerungsbewerbers sind in der Regel nicht erforderlich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 99). Ein tatsachengestützter Verdacht auf Unterstützung sicherheitsgefährdender Bestrebungen ist daher auch dann gerechtfertigt, wenn der Ausländer behauptet, er sei sich der vorteilhaften Wirkung für die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen nicht bewusst gewesen oder er habe sie nicht bezwecken wollen.
29 
Der Senat folgt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, soweit dieses ausgeführt hat, nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung führe zum Ausschluss des Einbürgerungsanspruchs und bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad habe, erscheine eine Differenzierung erforderlich, um bloße - im Grunde eher unpolitische - Mitläufer nicht mehr zu erfassen. Nach dem Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 11.07.2002 (aaO) fallen auch Betätigungen unterhalb der Tätigkeit als Funktionär jedenfalls dann unter § 86 Nr. 2 AuslG (entspricht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG), wenn sie auf eine „nachhaltige“ Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen lassen. Berlit (aaO RdNr. 98) vertritt dementsprechend die Auffassung, einzelne Unterstützungshandlungen rechtfertigten als tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme einer Verfolgung oder Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nur (und erst) dann, wenn sie nach Art und Gewicht geeignet seien, eine dauernde Identifikation des Ausländers mit den Bestrebungen zu indizieren.
30 
Dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG lassen sich jedoch keine Hinweise für eine derart einschränkende Auslegung des Unterstützungsbegriffs bzw. für eine Einschränkung des weit gezogenen Kreises der einbürgerungsschädlichen Handlungen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 94; BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 aaO) entnehmen. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verlagert den Sicherheitsschutz weit in Handlungsbereiche vor, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und - für sich betrachtet - noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 65 und 89; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Einbürgerungsschädlich sind damit jedenfalls solche Unterstützungshandlungen, die (objektiv) strafbar sind.
31 
Auch den Motiven des Gesetzgebers, der mit der Einfügung des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. durch Gesetz vom 15.07.1999 (BGBl. I, S. 1618) insbesondere die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindern wollte, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drcks. 14/533, S. 18 f.), lassen sich keine Hinweise auf eine Einschränkung des bewusst weiten Tatbestandes des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entnehmen. Soweit Berlit (aaO RdNr. 98) das Vorliegen von Tatsachen als erforderlich ansieht, die eine dauernde Identifikation mit den sicherheitsgefährdenden Bestrebungen indizieren, werden (indirekt) subjektive Elemente ins Spiel gebracht, obwohl Feststellungen zur inneren Einstellung des Einbürgerungsbewerbers gerade nicht getroffen werden müssen, weil ein tatsachengestützter Verdacht für Unterstützungshandlungen genügt. Dem Umstand, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine dauernde Identifikation mit sicherheitsgefährdenden Bestrebungen vorliegen oder nur eine (strafbare) Unterstützungshandlung von geringem Gewicht vorliegt, kann bei der Prüfung der Frage Rechnung getragen werden, ob sich der Einbürgerungsbewerber glaubhaft von den Bestrebungen abgewandt hat. Gleiches gilt, wenn - wie hier - ein Ermittlungsverfahren nach § 153 b Abs. 1 StPO i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG eingestellt wird.
32 
Die von der PKK zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung des Klägers verfolgten Bestrebungen waren gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet. Eine entsprechende Feststellung hat der erkennende Gerichtshof (vgl. Urteil vom 11.07.2002 aaO) hinsichtlich eines Zeitraums bis Mitte 1999 aufgrund der von der PKK (auch) in Deutschland verübten Gewalttätigkeiten getroffen; die PKK/ERNK ging danach im Bundesgebiet gewalttätig gegen „Verräter“ in den eigenen Reihen und Angehörige konkurrierender kurdischer Organisationen vor und hat sich damit eine eigene Strafgewalt in Deutschland angemaßt. Es ist auch davon auszugehen, dass die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung, also im Jahr 2001, aber auch noch heute, Bestrebungen verfolgen, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Zwar verkündete die PKK auf dem 7. Parteikongress im Januar 2000, sie strebe die Anerkennung der kurdischen Identität und kulturellen Autonomie auf politischem Wege und ohne Gewalt an, und es sind auch seitdem - soweit ersichtlich - keine Anschläge auf türkische oder deutsche Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland seitens der PKK mehr verübt worden. An der strikt hierarchischen und autoritären Struktur der Organisation hat sich aber auch nach der Umbenennung der PKK in KADEK im April 2002 bzw. in KONGRA GEL im November 2003 nichts wesentliches geändert (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundesministeriums des Innern, S. 232). Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (vgl. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2004, S. 96) geht davon aus, innerhalb der Organisation herrsche statt freier Meinungsbildung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Gewalt sei weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele. Eine Mobilisierung der Mitglieder und Anhänger für gewalttätige Aktionen sei auch in Baden-Württemberg nach wie vor möglich.
33 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Guerillaverbände der PKK zum 01. Juni 2004 den aus ihrer Sicht „einseitigen Waffenstillstand“ für beendet erklärt haben. In der zweiten Jahreshälfte 2004 kam es darauf hin zu verstärkten Kampfhandlungen zwischen türkischer Armee und den Guerillaverbänden (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundes, S. 231). Das Auswärtige Amt berichtet im Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 03.05.2005, seit der Beendigung des „Waffenstillstandes“ sei es im Südosten nach offiziellen Angaben zu über 100 gewaltsamen Zusammenstößen zwischen türkischem Militär und PKK-Terroristen gekommen, bei denen nach einer internen türkischen Statistik zwischen Juni und Oktober 2004 13 Sicherheitskräfte und 57 PKK-Terroristen ums Leben gekommen seien. Eine dauerhafte Abkehr von gewalttätigen Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland ist unter diesen Umständen nicht feststellbar. Zudem wird weiterhin von „Bestrafungsaktionen“ im Rahmen der von der KONGRA GEL alljährlich in Deutschland durchgeführten Spendenkampagne, die auch der Versorgung der Guerillakämpfer in der Türkei und deren Ausstattung mit Waffen und Munition dient, berichtet (vgl. Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg 2004, S. 100). Allein dies stellt eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1994 - 1 VR 10.93 -, NVwZ 1995, 587; VGH Baden-Württem-berg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -).
34 
Darüber hinaus gefährdet die PKK/KONGRA GEL auch durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Unter diese Alternative des § 11 S. 1 Nr. 2 StAG fallen Bestrebungen bzw. Organisationen, die im Bundesgebiet selbst keine Gewalt (mehr) anwenden oder vorbereiten, wohl aber im Herkunftsstaat gewalttätig agieren oder - als politische Exilorganisation - dortige Bestrebungen durch Wort („Propaganda“) oder Tat (etwa durch die Überweisung von Spenden; organisatorische bzw. logistische Unterstützung; Anwerbung von „Kämpfern“) unterstützen (vgl. Berlit aaO RdNr. 131). Das Sammeln von Spenden in der Bundesrepublik Deutschland für die Guerillakämpfer in der Türkei stellt sich als Vorbereitungshandlung für die Anwendung von Gewalt in der Türkei dar und gefährdet auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -; VG Gießen, Urteil vom 03.05.2004 - 10 E 2961/03 - juris; Berlit aaO RdNr. 131, der auf die Hervorhebung der PKK im Gesetzgebungsverfahren hinweist).
35 
Der Kläger hat schließlich nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG glaubhaft machen können, sich von der früheren Unterstützung der durch diese Vorschrift inkriminierten Bestrebungen „abgewandt“ zu haben. Hierfür genügt ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen nicht. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Bei veränderten Rahmenbedingungen kann eine Abwendung auch dann vorliegen, wenn für eine in der Vergangenheit liegende historisch-politische Situation die Entscheidung für die Verfolgung oder Unterstützung der inkriminierten Bestrebungen weiterhin als richtig behauptet, aber hinreichend deutlich erkennbar wird, dass und aus welchen Gründen sich die Rahmenbedingungen nachhaltig geändert haben und aus diesem Grunde eine von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angesprochene Tätigkeit nicht mehr angenommen werden kann. Die Abwendung setzt grundsätzlich individuelle Lernprozesse voraus; dazu können aber auch von innerer Akzeptanz getragene kollektive Lernprozesse gehören. Die Glaubhaftmachung der Abwendung erfordert die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Die Dauer der verstrichenen Zeit zwischen der letzten Unterstützungshandlung und der Beurteilung des Einbürgerungsbewerbers kann auf der Ebene der Glaubhaftmachung der Abwendung von früheren Unterstützungshandlungen zu berücksichtigen sein (vgl. Berlit aaO, RdNr. 156 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64; BayVGH, Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Auch Art, Gewicht und Häufigkeit der Handlungen sind für die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen maßgeblich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 158; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 -). Je geringer das Gewicht der Unterstützungshandlungen ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat (vgl. VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 aaO).
36 
Gemessen daran hat der Kläger eine Abwendung bzw. Distanzierung von der durch Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung begangenen Unterstützungshandlung nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vorbringen des Klägers nimmt der Senat ihm nicht ab, dass er vom Inhalt der sog. PKK-Selbsterklärung und dem Zusammenhang mit der Identitätskampagne der PKK nichts gewusst hat. Seine erstmals mit der Klagebegründung erhobene Behauptung, „der Kurde“ - im Gegensatz dazu war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von zwei Personen die Rede - habe von der PKK kein Wort gesagt und er sei sich nicht bewusst gewesen, eine Erklärung zugunsten der PKK abgegeben zu haben, weil er diese nicht gelesen habe, widerspricht seinen bisherigen Angaben. In der von ihm im Ermittlungsverfahren selbst geschriebenen Stellungnahme vom 17.09.2001 hatte er angegeben, er habe die Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2004 heißt es, die Unterschrift sei von ihm abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe. Wenn der Kläger aber die Friedens- bzw. Versöhnungsbestrebungen der PKK durch die Unterschrift unterstützen wollte, muss er sich zumindest der Herkunft der von ihm unterzeichneten Erklärung bewusst gewesen sein. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Vorhalt ausgeführt, die Stellungnahme vom 17.09.2001 sei zwischen den Verwandten, die am selben Tage wie er selbst die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hätten, abgestimmt worden. Dies löst jedoch den Widerspruch nicht auf. Zum einen ist damit nicht ausgedrückt, dass der Inhalt der Stellungnahme vom 17.09.2001 unzutreffend ist. Zum anderen hat sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 15.07.2004 die Angabe des Klägers, er habe die Friedensaktivitäten der PKK unterstützen wollen, noch einmal wiederholt. Auch dies spricht dafür, dass die Stellungnahme vom 17.09.2001 jedenfalls insoweit zutreffend war, als sich daraus die Kenntnis des Klägers von der Herkunft der Erklärung ergibt. Dass er dies nunmehr bestreitet, beruht nach Einschätzung des Senats eher auf prozesstaktischen Erwägungen. Zweifel an der behaupteten Abwendung bestehen damit nach wie vor.
37 
Es erscheint auch lebensfremd, dass keine der neun Personen, die bei der Unterschriftenaktion an der Arbeitsstelle des Klägers die PKK-Erklärungen unterzeichnet haben sollen, zumindest die Vermutung geäußert haben soll, die Erklärung stamme von der PKK bzw. die beiden Unterschriftensammler stünden der PKK nahe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gab der Kläger an, die beiden Kurden, die die Unterschriften gesammelt hätten, seien ca. eine halbe Stunde lang an seiner Arbeitsstelle gewesen. Es sei Kaffee getrunken worden. Am Ende der Unterredung hätten alle neun Personen ihre Unterschrift geleistet. Von einer Überrumpelung des Klägers - wie dies in der Klagebegründung suggeriert wird, indem vorgetragen wurde, ihm sei keine Gelegenheit zum Studium des Textes der Erklärung gegeben worden und er habe spontan unterschrieben - kann deshalb auch aus seiner Sicht keine Rede sein. Auch jetzt fühlt sich der Kläger von den die Unterschrift verlangenden Personen in keiner Weise getäuscht. Angesichts seiner begrenzten Kenntnisse der deutschen Sprache mag es nachvollziehbar sein, dass er die Erklärung nicht im einzelnen gelesen und verstanden hat. Nicht glaubhaft ist aber, dass Inhalt und Herkunft der Erklärung, die in der Überschrift und im letzten, dem Feld für die Daten und die Unterschrift des Unterzeichners unmittelbar vorangestellten Absatz, aber auch im gesamten Text vielfach die PKK erwähnt, nicht angesprochen worden sein sollen. Es kommt hinzu, dass zur damaligen Zeit von der PKK massenhaft Unterschriften gesammelt worden sind - im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.03.2003 (aaO) ist von ca. 100.000 an die Behörden der Bundesrepublik Deutschland gelangten Erklärungen die Rede -; die Identitätskampagne der PKK dürfte deshalb bei den kurdischen Volkszugehörigen, etwa an der Arbeitsstelle des Klägers Gesprächsthema gewesen sein.
38 
Auffällig ist auch, dass der Kläger sich, wenn ihm der Inhalt von ihm unterzeichneter Erklärungen vorgehalten wurde, mehrfach darauf berufen hat, er kenne den Inhalt nicht bzw. die Erklärung sei nicht von ihm selbst formuliert worden. Sowohl hinsichtlich der hier streitigen PKK-Erklärung als auch hinsichtlich der von ihm gefertigten Stellungnahme vom 17.09.2001 sowie im Zusammenhang mit dem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 23.11.2003 ist dieses Aussageverhalten festzustellen. Auch dies deutet darauf hin, dass er sich der eigentlichen Problematik einer Unterstützung der PKK zu entziehen versucht. Da der Senat aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag und in seinem Verhalten nicht davon überzeugt ist, dass er von der Herkunft der PKK-Erklärung nichts gewusst hat, ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er nicht erneut die PKK unterstützen wird. Seine Äußerung, die deutschen Gesetze (= das Verbot der PKK) gälten auch für ihn, genügt hierfür nicht.
39 
Wegen des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Einbürgerung nach § 8 StAG. In einer solchen Fallgestaltung ist das Ermessen in der Weise reduziert, dass lediglich die Versagung der Einbürgerung ermessensfehlerfrei möglich wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; Nr. 8.1.2.5 StAR-VwV). Offen bleiben kann, ob Ausschlussgründe nach § 11 Satz 1 StAG - wofür der Wortlaut spricht - nur den Rechtsanspruch, nicht aber eine Ermessenseinbürgerung auf der Grundlage des § 10 StAG ausschließen (so Berlit aaO, Rdnr.4 ff.). Denn im Regelfall ist eine Versagung der Ermessenseinbürgerung jedenfalls im Falle des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StAG als gesetzlich gewollt anzusehen, so dass nur ausnahmsweise davon abgesehen werden kann (vgl. Berlit aaO, Rdnr. 202 f.). Eine atypische Situation, die eine solche Annahme nahe legen könnte, ist hier nicht gegeben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Gründe

 
23 
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 03.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 18.10.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einbürgerung noch kommt eine Ermessenseinbürgerung in Betracht. Das mit der Berufung angegriffene Urteil war dementsprechend abzuändern.
24 
Maßgeblich für die Frage, ob der Kläger einzubürgern ist, ist die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgebliche Sach- und Rechtslage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris). Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Einbürgerungsanspruch ist daher § 10 StAG i.d.F. des am 01.01.2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950). Allein umstritten ist, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG vorliegen bzw. ob ein Ausschlussgrund i.S.v. § 11 StAG gegeben ist. Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Einbürgerungsbewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben oder verloren haben muss, ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StAG abzusehen, da der Kläger im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Auch hat er seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Am 05.11.1996 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.
25 
Für den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist Voraussetzung, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder dass er glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG). Im Zusammenhang damit regelt § 11 S. 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer die in §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
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Als tatbestandsmäßiges Unterstützen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG ist jede Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; dazu zählen etwa die öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von den in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen durch Wort, Schrift und Bild, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Ziele (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris; Berlit in GK-StAR IV - 2 § 11 RdNrn. 96 ff., Stand Oktober 2005). Entsprechend legt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, DVBl. 2005, 1203) den Begriff des Unterstützens terroristischer Vereinigungen in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG aus. Danach ist als tatbestandserhebliches Unterstützen - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dies umfasst jedes Tätigwerden eines Nichtmitgliedes, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer (auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten) Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit.
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist in der vom Kläger vorgenommenen Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung eine i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG maßgebliche Unterstützungshandlung zu sehen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2004 - 2 K 913/04 - Vensa; VG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2004 - 8 K 9265/03 -; VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 - 12 K 80/04 - juris; ebenso wohl OVG Hamburg, Beschluss vom 08.09.2005 - 3 BF 172/04 -; a.A. Berlit aaO RdNr. 121, wonach der Ausschlussgrund nur gegeben ist, soweit die Erklärung eine nachhaltige Identifizierung mit der PKK indiziert). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.03.2003 - 3 StR 377/02 -, NJW 2003, 2621) liegt in der Unterzeichnung der Bekenntniserklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot, sich für die PKK zu betätigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG). Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, einem Vereinsverbot handele auch ein nicht mitgliedschaftlich und sonst nicht organisatorisch eingebundener Dritter zuwider, wenn sein Verhalten auf die verbotene Vereinstätigkeit bezogen und dieser förderlich sei. Auf die Feststellung eines tatsächlich eingetretenen messbaren Nutzens komme es nicht an; es genüge, dass das Täterhandeln konkret geeignet sei, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung hervorzurufen. Die PKK-Selbsterklärung sei auf die verbotene Tätigkeit der PKK bezogen und - jedenfalls unter Berücksichtigung der Kampagne, in deren Rahmen sie abgegeben worden sei - konkret geeignet, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung zu entfalten. Eine solche Eignung komme der Erklärung aufgrund der in ihr erklärten Absicht, das Verbot nicht anzuerkennen und sämtliche Verantwortung zu übernehmen, die sich daraus ergebe, in zweifacher Weise zu. Vorteilhafte Wirkungen könnten sich zum einen unmittelbar aus der persönlichen Festlegung jedes Unterzeichners darauf ergeben, das Verbot auch künftig nicht zu beachten und sich von Zuwiderhandlungen selbst durch die Androhung strafrechtlicher Sanktionen nicht abhalten zu lassen. Solche Selbstfestlegungen verschafften den Verantwortlichen der PKK für künftige Aktionen Planungsgrundlagen und erleichterten ihnen so die Fortsetzung der verbotenen Aktivitäten. Zum anderen liege es auf der Hand, dass derartige Bekenntnisse der Tätigkeit der PKK auch über eine durch sie vermittelte Stärkung der Solidarität mit anderen potenziellen Sympathisanten im Hinblick auf künftige verbotene Vereinsaktivitäten förderlich sei. Durch die Beteiligung an der groß angelegten Selbstbekenntnisaktion gebe der Unterzeichner auch anderen kurdischen Landsleuten, die der Sache der PKK nahe stünden, einen Anstoß, sich ihrerseits anzuschließen und auch selbst Bekenntnisse zu unterzeichnen. Hinzu komme, dass den einzelnen Mitgliedern und Sympathisanten bei künftigen verbotenen Aktivitäten die Überschreitung der Schwelle zur Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG in der Gewissheit, nicht allein zu stehen, wesentlich erleichtert werde. Unter diesem Aspekt wirke sich die Unterzeichnung von Selbstbekenntnissen im Rahmen einer groß angelegten Aktion auch schon aktuell vorteilhaft auf die Tätigkeit der PKK aus. Bei einer unmittelbaren Förderung der verbotenen Vereinstätigkeit durch Beteiligung an einer von der Führungsebene der PKK initiierten groß angelegten Kampagne, die auf die Stärkung der Bereitschaft von Sympathisanten zu verbotenen Aktivitäten abziele und eine Verfahrensflut - mit der Folge der Lahmlegung der Strafjustiz - auslösen solle, komme es auf eine Außenwirkung von vorneherein nicht an. Die Erklärungen könnten nicht dahin verstanden werden, dass die Unterzeichner - was durchaus ihr eigentliches und vorrangiges Anliegen sein möge - lediglich Freiheit und Selbstbestimmung für das kurdische Volk forderten und die Überprüfung des Verbots der Betätigung für die PKK sowie dessen Aufhebung verlangten. Vielmehr gehe es den Erklärenden darum, unter allen Umständen, also gerade auch für den von ihnen erwarteten Fall, dass es bei dem Verbot bleibe, durch Selbstfestlegung und Stärkung der Solidarität mit der PKK einen Beitrag zur Fortführung ihrer Tätigkeit zu leisten. Schon durch die das Bekenntnis abschließende Erklärung, dass der Unterzeichner „sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus (also aus der Nichtanerkennung des Verbots) ergebe“, bringe der Unterzeichner unmissverständlich zum Ausdruck, dass er bereit sei, das Verbot, unabhängig von dessen geforderter Aufhebung, zu missachten und die der Zuwiderhandlung nachfolgende strafrechtliche Verfolgung in Kauf zu nehmen.
28 
Bei Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat der Kläger mit der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung die Bestrebungen der PKK unterstützt, weil sie für diese objektiv vorteilhaft gewesen sind. Dass der Kläger nur einer von mehreren zehntausend Unterzeichnern gewesen ist, steht dieser Annahme nicht entgegen, da ein objektiv messbarer Nutzen nicht feststellbar sein muss. Unerheblich ist auch, ob er sich - wie er inzwischen behauptet - der Bedeutung der Erklärung nicht bewusst und Opfer einer „Werbeaktion“ gewesen ist. Nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG muss ein durch tatsächliche Anhaltspunkte gestützter Verdacht vorliegen, d.h. allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, genügen nicht. Die Einbürgerungsbehörde ist für die somit erforderlichen Anknüpfungstatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Diese Anknüpfungstatsachen müssen die Annahme sicherheitsrelevanter Aktivitäten rechtfertigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht nachgewiesen werden können (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - unter Hinweis auf BT-Drcks. 14/533, S. 18). Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung des Einbürgerungsbewerbers sind in der Regel nicht erforderlich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 99). Ein tatsachengestützter Verdacht auf Unterstützung sicherheitsgefährdender Bestrebungen ist daher auch dann gerechtfertigt, wenn der Ausländer behauptet, er sei sich der vorteilhaften Wirkung für die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen nicht bewusst gewesen oder er habe sie nicht bezwecken wollen.
29 
Der Senat folgt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, soweit dieses ausgeführt hat, nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung führe zum Ausschluss des Einbürgerungsanspruchs und bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad habe, erscheine eine Differenzierung erforderlich, um bloße - im Grunde eher unpolitische - Mitläufer nicht mehr zu erfassen. Nach dem Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 11.07.2002 (aaO) fallen auch Betätigungen unterhalb der Tätigkeit als Funktionär jedenfalls dann unter § 86 Nr. 2 AuslG (entspricht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG), wenn sie auf eine „nachhaltige“ Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen lassen. Berlit (aaO RdNr. 98) vertritt dementsprechend die Auffassung, einzelne Unterstützungshandlungen rechtfertigten als tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme einer Verfolgung oder Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nur (und erst) dann, wenn sie nach Art und Gewicht geeignet seien, eine dauernde Identifikation des Ausländers mit den Bestrebungen zu indizieren.
30 
Dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG lassen sich jedoch keine Hinweise für eine derart einschränkende Auslegung des Unterstützungsbegriffs bzw. für eine Einschränkung des weit gezogenen Kreises der einbürgerungsschädlichen Handlungen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 94; BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 aaO) entnehmen. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verlagert den Sicherheitsschutz weit in Handlungsbereiche vor, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und - für sich betrachtet - noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 65 und 89; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Einbürgerungsschädlich sind damit jedenfalls solche Unterstützungshandlungen, die (objektiv) strafbar sind.
31 
Auch den Motiven des Gesetzgebers, der mit der Einfügung des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. durch Gesetz vom 15.07.1999 (BGBl. I, S. 1618) insbesondere die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindern wollte, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drcks. 14/533, S. 18 f.), lassen sich keine Hinweise auf eine Einschränkung des bewusst weiten Tatbestandes des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entnehmen. Soweit Berlit (aaO RdNr. 98) das Vorliegen von Tatsachen als erforderlich ansieht, die eine dauernde Identifikation mit den sicherheitsgefährdenden Bestrebungen indizieren, werden (indirekt) subjektive Elemente ins Spiel gebracht, obwohl Feststellungen zur inneren Einstellung des Einbürgerungsbewerbers gerade nicht getroffen werden müssen, weil ein tatsachengestützter Verdacht für Unterstützungshandlungen genügt. Dem Umstand, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine dauernde Identifikation mit sicherheitsgefährdenden Bestrebungen vorliegen oder nur eine (strafbare) Unterstützungshandlung von geringem Gewicht vorliegt, kann bei der Prüfung der Frage Rechnung getragen werden, ob sich der Einbürgerungsbewerber glaubhaft von den Bestrebungen abgewandt hat. Gleiches gilt, wenn - wie hier - ein Ermittlungsverfahren nach § 153 b Abs. 1 StPO i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG eingestellt wird.
32 
Die von der PKK zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung des Klägers verfolgten Bestrebungen waren gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet. Eine entsprechende Feststellung hat der erkennende Gerichtshof (vgl. Urteil vom 11.07.2002 aaO) hinsichtlich eines Zeitraums bis Mitte 1999 aufgrund der von der PKK (auch) in Deutschland verübten Gewalttätigkeiten getroffen; die PKK/ERNK ging danach im Bundesgebiet gewalttätig gegen „Verräter“ in den eigenen Reihen und Angehörige konkurrierender kurdischer Organisationen vor und hat sich damit eine eigene Strafgewalt in Deutschland angemaßt. Es ist auch davon auszugehen, dass die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung, also im Jahr 2001, aber auch noch heute, Bestrebungen verfolgen, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Zwar verkündete die PKK auf dem 7. Parteikongress im Januar 2000, sie strebe die Anerkennung der kurdischen Identität und kulturellen Autonomie auf politischem Wege und ohne Gewalt an, und es sind auch seitdem - soweit ersichtlich - keine Anschläge auf türkische oder deutsche Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland seitens der PKK mehr verübt worden. An der strikt hierarchischen und autoritären Struktur der Organisation hat sich aber auch nach der Umbenennung der PKK in KADEK im April 2002 bzw. in KONGRA GEL im November 2003 nichts wesentliches geändert (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundesministeriums des Innern, S. 232). Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (vgl. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2004, S. 96) geht davon aus, innerhalb der Organisation herrsche statt freier Meinungsbildung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Gewalt sei weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele. Eine Mobilisierung der Mitglieder und Anhänger für gewalttätige Aktionen sei auch in Baden-Württemberg nach wie vor möglich.
33 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Guerillaverbände der PKK zum 01. Juni 2004 den aus ihrer Sicht „einseitigen Waffenstillstand“ für beendet erklärt haben. In der zweiten Jahreshälfte 2004 kam es darauf hin zu verstärkten Kampfhandlungen zwischen türkischer Armee und den Guerillaverbänden (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundes, S. 231). Das Auswärtige Amt berichtet im Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 03.05.2005, seit der Beendigung des „Waffenstillstandes“ sei es im Südosten nach offiziellen Angaben zu über 100 gewaltsamen Zusammenstößen zwischen türkischem Militär und PKK-Terroristen gekommen, bei denen nach einer internen türkischen Statistik zwischen Juni und Oktober 2004 13 Sicherheitskräfte und 57 PKK-Terroristen ums Leben gekommen seien. Eine dauerhafte Abkehr von gewalttätigen Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland ist unter diesen Umständen nicht feststellbar. Zudem wird weiterhin von „Bestrafungsaktionen“ im Rahmen der von der KONGRA GEL alljährlich in Deutschland durchgeführten Spendenkampagne, die auch der Versorgung der Guerillakämpfer in der Türkei und deren Ausstattung mit Waffen und Munition dient, berichtet (vgl. Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg 2004, S. 100). Allein dies stellt eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1994 - 1 VR 10.93 -, NVwZ 1995, 587; VGH Baden-Württem-berg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -).
34 
Darüber hinaus gefährdet die PKK/KONGRA GEL auch durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Unter diese Alternative des § 11 S. 1 Nr. 2 StAG fallen Bestrebungen bzw. Organisationen, die im Bundesgebiet selbst keine Gewalt (mehr) anwenden oder vorbereiten, wohl aber im Herkunftsstaat gewalttätig agieren oder - als politische Exilorganisation - dortige Bestrebungen durch Wort („Propaganda“) oder Tat (etwa durch die Überweisung von Spenden; organisatorische bzw. logistische Unterstützung; Anwerbung von „Kämpfern“) unterstützen (vgl. Berlit aaO RdNr. 131). Das Sammeln von Spenden in der Bundesrepublik Deutschland für die Guerillakämpfer in der Türkei stellt sich als Vorbereitungshandlung für die Anwendung von Gewalt in der Türkei dar und gefährdet auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -; VG Gießen, Urteil vom 03.05.2004 - 10 E 2961/03 - juris; Berlit aaO RdNr. 131, der auf die Hervorhebung der PKK im Gesetzgebungsverfahren hinweist).
35 
Der Kläger hat schließlich nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG glaubhaft machen können, sich von der früheren Unterstützung der durch diese Vorschrift inkriminierten Bestrebungen „abgewandt“ zu haben. Hierfür genügt ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen nicht. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Bei veränderten Rahmenbedingungen kann eine Abwendung auch dann vorliegen, wenn für eine in der Vergangenheit liegende historisch-politische Situation die Entscheidung für die Verfolgung oder Unterstützung der inkriminierten Bestrebungen weiterhin als richtig behauptet, aber hinreichend deutlich erkennbar wird, dass und aus welchen Gründen sich die Rahmenbedingungen nachhaltig geändert haben und aus diesem Grunde eine von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angesprochene Tätigkeit nicht mehr angenommen werden kann. Die Abwendung setzt grundsätzlich individuelle Lernprozesse voraus; dazu können aber auch von innerer Akzeptanz getragene kollektive Lernprozesse gehören. Die Glaubhaftmachung der Abwendung erfordert die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Die Dauer der verstrichenen Zeit zwischen der letzten Unterstützungshandlung und der Beurteilung des Einbürgerungsbewerbers kann auf der Ebene der Glaubhaftmachung der Abwendung von früheren Unterstützungshandlungen zu berücksichtigen sein (vgl. Berlit aaO, RdNr. 156 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64; BayVGH, Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Auch Art, Gewicht und Häufigkeit der Handlungen sind für die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen maßgeblich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 158; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 -). Je geringer das Gewicht der Unterstützungshandlungen ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat (vgl. VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 aaO).
36 
Gemessen daran hat der Kläger eine Abwendung bzw. Distanzierung von der durch Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung begangenen Unterstützungshandlung nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vorbringen des Klägers nimmt der Senat ihm nicht ab, dass er vom Inhalt der sog. PKK-Selbsterklärung und dem Zusammenhang mit der Identitätskampagne der PKK nichts gewusst hat. Seine erstmals mit der Klagebegründung erhobene Behauptung, „der Kurde“ - im Gegensatz dazu war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von zwei Personen die Rede - habe von der PKK kein Wort gesagt und er sei sich nicht bewusst gewesen, eine Erklärung zugunsten der PKK abgegeben zu haben, weil er diese nicht gelesen habe, widerspricht seinen bisherigen Angaben. In der von ihm im Ermittlungsverfahren selbst geschriebenen Stellungnahme vom 17.09.2001 hatte er angegeben, er habe die Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2004 heißt es, die Unterschrift sei von ihm abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe. Wenn der Kläger aber die Friedens- bzw. Versöhnungsbestrebungen der PKK durch die Unterschrift unterstützen wollte, muss er sich zumindest der Herkunft der von ihm unterzeichneten Erklärung bewusst gewesen sein. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Vorhalt ausgeführt, die Stellungnahme vom 17.09.2001 sei zwischen den Verwandten, die am selben Tage wie er selbst die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hätten, abgestimmt worden. Dies löst jedoch den Widerspruch nicht auf. Zum einen ist damit nicht ausgedrückt, dass der Inhalt der Stellungnahme vom 17.09.2001 unzutreffend ist. Zum anderen hat sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 15.07.2004 die Angabe des Klägers, er habe die Friedensaktivitäten der PKK unterstützen wollen, noch einmal wiederholt. Auch dies spricht dafür, dass die Stellungnahme vom 17.09.2001 jedenfalls insoweit zutreffend war, als sich daraus die Kenntnis des Klägers von der Herkunft der Erklärung ergibt. Dass er dies nunmehr bestreitet, beruht nach Einschätzung des Senats eher auf prozesstaktischen Erwägungen. Zweifel an der behaupteten Abwendung bestehen damit nach wie vor.
37 
Es erscheint auch lebensfremd, dass keine der neun Personen, die bei der Unterschriftenaktion an der Arbeitsstelle des Klägers die PKK-Erklärungen unterzeichnet haben sollen, zumindest die Vermutung geäußert haben soll, die Erklärung stamme von der PKK bzw. die beiden Unterschriftensammler stünden der PKK nahe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gab der Kläger an, die beiden Kurden, die die Unterschriften gesammelt hätten, seien ca. eine halbe Stunde lang an seiner Arbeitsstelle gewesen. Es sei Kaffee getrunken worden. Am Ende der Unterredung hätten alle neun Personen ihre Unterschrift geleistet. Von einer Überrumpelung des Klägers - wie dies in der Klagebegründung suggeriert wird, indem vorgetragen wurde, ihm sei keine Gelegenheit zum Studium des Textes der Erklärung gegeben worden und er habe spontan unterschrieben - kann deshalb auch aus seiner Sicht keine Rede sein. Auch jetzt fühlt sich der Kläger von den die Unterschrift verlangenden Personen in keiner Weise getäuscht. Angesichts seiner begrenzten Kenntnisse der deutschen Sprache mag es nachvollziehbar sein, dass er die Erklärung nicht im einzelnen gelesen und verstanden hat. Nicht glaubhaft ist aber, dass Inhalt und Herkunft der Erklärung, die in der Überschrift und im letzten, dem Feld für die Daten und die Unterschrift des Unterzeichners unmittelbar vorangestellten Absatz, aber auch im gesamten Text vielfach die PKK erwähnt, nicht angesprochen worden sein sollen. Es kommt hinzu, dass zur damaligen Zeit von der PKK massenhaft Unterschriften gesammelt worden sind - im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.03.2003 (aaO) ist von ca. 100.000 an die Behörden der Bundesrepublik Deutschland gelangten Erklärungen die Rede -; die Identitätskampagne der PKK dürfte deshalb bei den kurdischen Volkszugehörigen, etwa an der Arbeitsstelle des Klägers Gesprächsthema gewesen sein.
38 
Auffällig ist auch, dass der Kläger sich, wenn ihm der Inhalt von ihm unterzeichneter Erklärungen vorgehalten wurde, mehrfach darauf berufen hat, er kenne den Inhalt nicht bzw. die Erklärung sei nicht von ihm selbst formuliert worden. Sowohl hinsichtlich der hier streitigen PKK-Erklärung als auch hinsichtlich der von ihm gefertigten Stellungnahme vom 17.09.2001 sowie im Zusammenhang mit dem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 23.11.2003 ist dieses Aussageverhalten festzustellen. Auch dies deutet darauf hin, dass er sich der eigentlichen Problematik einer Unterstützung der PKK zu entziehen versucht. Da der Senat aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag und in seinem Verhalten nicht davon überzeugt ist, dass er von der Herkunft der PKK-Erklärung nichts gewusst hat, ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er nicht erneut die PKK unterstützen wird. Seine Äußerung, die deutschen Gesetze (= das Verbot der PKK) gälten auch für ihn, genügt hierfür nicht.
39 
Wegen des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Einbürgerung nach § 8 StAG. In einer solchen Fallgestaltung ist das Ermessen in der Weise reduziert, dass lediglich die Versagung der Einbürgerung ermessensfehlerfrei möglich wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; Nr. 8.1.2.5 StAR-VwV). Offen bleiben kann, ob Ausschlussgründe nach § 11 Satz 1 StAG - wofür der Wortlaut spricht - nur den Rechtsanspruch, nicht aber eine Ermessenseinbürgerung auf der Grundlage des § 10 StAG ausschließen (so Berlit aaO, Rdnr.4 ff.). Denn im Regelfall ist eine Versagung der Ermessenseinbürgerung jedenfalls im Falle des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StAG als gesetzlich gewollt anzusehen, so dass nur ausnahmsweise davon abgesehen werden kann (vgl. Berlit aaO, Rdnr. 202 f.). Eine atypische Situation, die eine solche Annahme nahe legen könnte, ist hier nicht gegeben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Sonstige Literatur

 
42 
Rechtsmittelbelehrung
43 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
44 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
45 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
46 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
47 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
48 
Beschluss
49 
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 42.1) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
50 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), können über die in Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründe hinaus unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 verboten werden. Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend ausländische Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sind, gelten nicht als Ausländervereine. § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 12 Abs. 1 und 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Beschlagnahme und die Einziehung von Forderungen und Sachen Dritter auch im Falle des Absatzes 2 zulässig sind.

(2) Ausländervereine können verboten werden, soweit ihr Zweck oder ihre Tätigkeit

1.
die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet,
2.
den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderläuft,
3.
Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets fördert, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind,
4.
Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange unterstützt, befürwortet oder hervorrufen soll oder
5.
Vereinigungen innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets unterstützt, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen.

(3) Anstelle des Vereinsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann. Im übrigen bleiben Ausländervereinen gegenüber die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unberührt.

(1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung

1.
des Vereinsvermögens,
2.
von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in § 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und
3.
von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind,
zu verbinden.

(2) Verbotsbehörde ist

1.
die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken;
2.
das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt.
Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zuständig ist. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären.

(3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, daß sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.

(4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekanntzumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach § 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn

1.
ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht,
2.
die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und
3.
nach den Umständen anzunehmen ist, daß sie vom Verein geduldet werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

1.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
2.
den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
3.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt,
4.
einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5.
Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. In den Fällen der Nummer 5 gilt § 9 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 oder 3 entsprechend.

(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen, wenn

1.
bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder
2.
der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 geändert. Die Verfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 31.8.2005 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der Kläger, ein am 10.2.1958 geborener ehemaliger libanesischer Staatsangehöriger, reiste im Sommer 1986 zusammen mit seiner Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er sich als Asylsuchender meldete. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) lehnte den Asylantrag mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21.10.1987 ab. In der Folgezeit erhielt der Kläger erstmalig am 19.9.1991 eine Aufenthaltsbefugnis, welche fortlaufend verlängert wurde; seit dem 21.6.2001 verfügte er über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Am 9.2.2001 beantragte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und den in den Jahren 1987, 1989 und 1991 in Deutschland geborenen gemeinsamen Kindern seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Im Laufe des Einbürgerungsverfahrens gab der Kläger gegenüber der Landeshauptstadt Stuttgart eine Loyalitätserklärung ab, wonach er keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Am 22.5.2003 wiederholte der Kläger gegenüber der Beklagten diese Loyalitätserklärung. Vor Bescheidung des Einbürgerungsantrags stellte die Beklagte Ermittlungen an, ob der Einbürgerung öffentliche Belange entgegenstehen; sie richtete hierzu mehrere Anfragen an Sicherheitsbehörden. Hierauf teilte die Landespolizeidirektion Stuttgart II unter dem 4.4.2001 mit, dass gegen den Kläger bzw. seine Ehefrau weder Ermittlungsverfahren anhängig seien noch sonst in polizeilicher Hinsicht nachteilige Erkenntnisse bestünden. Bereits mit Schreiben vom 3.4.2001 bat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg die Landeshauptstadt Stuttgart um Übersendung der bei ihr über den Kläger geführten Ausländerakten. Auf telefonische Nachfrage teilte das Landeskriminalamt - wie in einem Aktenvermerk festgehalten ist - mit, die Akten würden aufgrund der vermuteten Zugehörigkeit des Klägers zu extremistischen Gruppen benötigt. Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg erteilte auf die durchgeführte Sicherheitsanfrage im Falle des Klägers - anders als hinsichtlich seiner Familienangehörigen - am 17.2.2003 lediglich eine Zwischennachricht dahingehend, dass die Überprüfung noch nicht habe abgeschlossen werden können. Mit Urkunde der Landeshauptstadt Stuttgart vom 20.5.2003, ausgehändigt am 22.5.2003, wurde der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und den drei minderjährigen Kindern in den deutschen Staatsverband eingebürgert.
Mit Schreiben vom 19.4.2005 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg der Landeshauptstadt Stuttgart mit, dass über den Kläger beim Landesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse im Zusammenhang mit der „Hizb Allah“ (Partei Gottes) vorlägen. Danach habe der Kläger von deutschem Boden aus diese Organisation unterstützt, welche einen islamischen Gottesstaats befürworte und deren Bestrebungen auf die Vorbereitung der Anwendung von Gewalt gegen Israel gerichtet seien. Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 9.5.2005 zu der beabsichtigten Rücknahme seiner Einbürgerung an, worauf er sich nicht äußerte.
Mit Bescheid vom 31.8.2005 nahm die Landeshauptstadt Stuttgart die Einbürgerung des Klägers vom 22.5.2003 mit Wirkung ab Aushändigung der Einbürgerungsurkunde zurück und forderte ihn zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde auf. Zur Begründung der auf § 48 LVwVfG gestützten Rücknahme der Einbürgerung führte die Landeshauptstadt aus, der Kläger habe seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband durch arglistige Täuschung erwirkt, da er über seine Aktivitäten für extremistische Organisationen getäuscht habe. Auch habe der Kläger vor Vollzug der Einbürgerung eine falsche Loyalitätserklärung abgegeben, welche nicht von seiner inneren Überzeugung getragen gewesen sei. Die Einbürgerung des Klägers sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da ein Ausschlussgrund gemäß § 86 Nr. 2 AuslG bestanden habe. Ausweislich einer Mitteilung des Innenministeriums Baden-Württemberg sei der Kläger dem Landesamt für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit der verfassungsfeindlichen „Hizb Allah“ bekannt geworden. So habe er in dem Zeitraum vom 4. April 1999 bis zum 24. Mai 2003 an zahlreichen, in der Verfügung im Einzelnen aufgeführten, Veranstaltungen der „Hizb Allah“ teilgenommen, auf welchen verfassungsfeindliche, vor allem gegen das Existenzrecht Israels gerichtete Reden gehalten worden seien. Auch sei der Kläger auf einer Vollversammlung der islamischen Kulturgemeinschaft e.V. in Leonberg am 2.5.1999 als deren Schatzmeister in den Vorstand gewählt worden, im Jahre 2001 habe man ihn in diesem Amt bestätigt. Bei der im Jahre 1982 gegründeten „Hizb Allah“ handle es sich um eine islamistisch-schiitische Organisation, welche im Libanon inzwischen eine herausragende politische Rolle spiele. Ihre Miliz habe sich im südlichen Libanon als militärische Macht etabliert, wobei zu ihren Aktivitäten auch die Entführung israelischer Soldaten, Selbstmordattentate und Geiselnahmen gehörten. Durch eine bewusst militante Prägung ihrer männlichen Anhänger schaffe sie sich ein gewaltbereites Potential, das vor allem gegen Israel zum Einsatz komme. Bei den Veranstaltungen der „Hizb Allah“ in Deutschland stünden diese antiisraelischen und antijüdischen Zielsetzungen sowie die finanzielle und moralische Unterstützung der Kämpfer gegen Israel im Vordergrund. Die „Hizb Allah“ vertrete das Konzept eines konstitutionellen Gottesstaates mit herrschendem schiitischem Klerus nach iranischem Vorbild und lehne die Wertordnung des Grundgesetzes ab. An den inkriminierten Bestrebungen und Aktivitäten der „Hizb Allah“ nehme auch ein dieser Organisation nahestehender Ortsverein teil, was auch dann gelte, wenn dessen Tätigkeit nicht ausschließlich darin bestehe, die Ziele der „Hizb Allah“ mitzutragen.
Der Kläger habe sich aktiv als Vorstandsmitglied in einem derartigen Verein betätigt und über einen längeren Zeitraum zustimmend oder jedenfalls ohne Widerspruch an entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen. Dies stelle eine Bestrebung dar, über welche der Kläger die Einbürgerungsbehörde getäuscht habe. Die am 22.5.2003 erfolgte Einbürgerung stelle einen rechtswidrigen Verwaltungsakt dar. Das öffentliche Interesse an der Rücknahme der rechtswidrig erfolgten Einbürgerung überwiege das Interesse des Klägers am weiteren Fortbestand seiner deutschen Staatsangehörigkeit. In das Ermessen werde dabei vor allem auch eingestellt, dass der Kläger durch die Rücknahme der Einbürgerung nicht staatenlos werde. Seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband sei unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit erfolgt, weil die libanesischen Behörden die Entlassung aus der libanesischen Staatsangehörigkeit regelmäßig verweigerten.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, welchen das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2005 auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Ausgangsbescheids zurückwies.
Die am 6.12.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
den Bescheid der Landeshauptstadt Stuttgart vom 31.8.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufzuheben,
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil des Einzelrichters (§ 6 VwGO) vom 25.9.2006 abgewiesen.
10 
In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die angegriffene Rücknahme der Einbürgerung finde ihre Rechtsgrundlage in § 48 LVwVfG. Diese allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung sei mangels einer abschließenden spezialgesetzlichen Regelung im Staatsangehörigkeitsgesetz im Falle einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung jedenfalls dann anwendbar, wenn diese durch bewusste Täuschung erwirkt worden sei und die Rücknahme zeitnah erfolge. Der Rücknahme einer durch bewusste Täuschung erlangten Einbürgerung stehe weder das Verbot der Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG noch grundsätzlich das Verbot des Verlustes der Staatsangehörigkeit gegen den Willen des Betroffenen entgegen. Die auf § 85 AuslG a.F. gestützte Einbürgerung des Klägers stelle sich als von Anfang an rechtswidrig dar. Der Kläger habe nicht, wie von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG gefordert, ein von innerer Überzeugung getragenes Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben. An den in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG normierten Voraussetzungen habe es bereits im Einbürgerungszeitpunkt gefehlt, da der Kläger entgegen der von ihm am 2.7.2001 und am 22.5.2003 abgegebenen Loyalitätserklärungen Bestrebungen unterstützt habe, die durch Anwendung von Gewalt oder hierauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet hätten. Die dem Kläger in der angegriffenen Verfügung vorgehaltenen Veranstaltungsteilnahmen stellten inkriminierte Bestrebungen im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG dar, da sie die verfassungsfeindlichen Ziele der Bestrebung förderten und ihre potentielle Gefährlichkeit erhöhten. Der Kläger habe über Jahre hinweg zum Unterstützungskreis der „Hizb Allah“ gehört; er habe nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung an der Gründung der islamischen Kulturgemeinschaft in Stuttgart mitgewirkt und von 1999 bis zum Jahre 2004 dem Vorstand dieses Vereins angehört. Die „Hizb Allah“ habe die islamische Kulturgemeinschaft Stuttgart dazu benutzt, ihre eigenen verfassungsfeindlichen Ziele zu propagieren und durchzusetzen. Die islamische Kulturgemeinschaft e.V. Stuttgart weise eine derartige Nähe zur „Hizb Allah“ auf, dass der Verein als von der „Hizb Allah“ beeinflusst und gesteuert anzusehen und seine Aktivitäten als „Hizb Allah“-Aktivitäten zu qualifizieren seien. Auch verfolge die im Jahre 1982 gegründete „Hizb Allah“ Bestrebungen, welche durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichteten Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die „Hizb Allah“ gelte als gewaltbereite Terrororganisation mit dem erklärten Ziel der Vernichtung Israels.
11 
Der Kläger habe auch vor seiner Einbürgerung nicht glaubhaft gemacht, sich von der Unterstützung der Bestrebungen der „Hizb Allah“ abgewandt zu haben. Ein derartiges Abwenden habe er weder in seinen Erklärungen vom 2.7.2001 bzw. 22.5.2003 noch in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts geltend gemacht. Da es somit an der gesetzlichen Einbürgerungsvoraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG gefehlt habe, hätte die Beklagte die begehrte Einbürgerung zwingend ablehnen müssen. Der Kläger habe seine von Anfang an rechtswidrige Einbürgerung durch bewusste Täuschung erlangt. Er habe es in seinen Bekenntniserklärungen vom 2.7.2001 und 22.5.2003 bewusst unterlassen, Angaben über seine Tätigkeit in der islamischen Kulturgemeinschaft e.V. Stuttgart und seine weiteren Unterstützungshandlungen für die „Hizb Allah“ zu tätigen. Er habe in seinen Loyalitätserklärungen bewusst wahrheitswidrig versichert, keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu unterstützen. Als Vorstandsmitglied der islamischen Kulturgemeinschaft e.V. und als Teilnehmer an zahlreichen Veranstaltungen habe ihm die Unterstützung inkriminierter Bestrebungen bewusst sein müssen. Daher leide die von der Landeshauptstadt Stuttgart verfügte Rücknahme der rechtswidrigen Einbürgerung nicht an einem Ermessensfehler bzw. stelle sich nicht als unverhältnismäßig dar.
12 
Gegen das am 17.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2006 die bereits vom Verwaltungsgericht im Tenor seiner Entscheidung zugelassene Berufung eingelegt; er hat innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof verlängerten Berufungsbegründungsfrist beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 zu ändern und die Verfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 31.8.2005 i.d.F. des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufzuheben.
14 
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger ausgeführt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stelle § 48 LVwVfG keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme seiner Einbürgerung dar. Das angegriffene Urteil gehe ohne ausreichende Begründung fälschlicherweise davon aus, er habe eine rechtswidrige Einbürgerung durch arglistige bzw. bewusste Täuschung erwirkt. Die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung, nämlich eine rechtswidrige Täuschungshandlung zur Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, lägen nicht vor. Zutreffenderweise gehe die angegriffene Verfügung zwar davon aus, dass er als Schatzmeister der islamischen Kulturgemeinschaft in Stuttgart tätig geworden sei. Dieser Umstand sei der Beklagten jedoch lange vor Verfügung der Einbürgerung bekannt gewesen, da seine Bestellung zum Schatzmeister dem Amt für öffentliche Ordnung der Landeshauptstadt Stuttgart bereits am 2.6.1999 angezeigt worden sei. Im Laufe des Einbürgerungsverfahrens habe die Beklagte auch von den Bedenken des Landeskriminalamts hinsichtlich seiner vermuteten Zugehörigkeit zu extremistischen Gruppierungen Kenntnis erlangt. In Übereinstimmung hiermit habe das Landesamt für Verfassungsschutz auf die Anfrage der Beklagten vom 17.2.2003 hin lediglich eine Zwischennachricht erteilt, wonach seine sicherheitsmäßige Überprüfung nicht abgeschlossen sei. Sämtliche für die Einbürgerung relevanten Erkenntnisse hätten sich im Zeitpunkt der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde in der Akte der Beklagten befunden und seien dieser daher bewusst gewesen. Bereits aus diesem Grund könne nicht davon ausgegangen werden, dass er einen Irrtum erregt oder aufrechterhalten habe, welcher für die Einbürgerung kausal gewesen sei. Der Beklagten sei es verwehrt, die Rücknahmeentscheidung auf diese Umstände zu stützen, da sie die Einbürgerung in Kenntnis des konkreten und bekannten Sachverhalts verfügt habe. Unzutreffenderweise setze das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts seine Tätigkeit als Kassierer bei der islamischen Kulturgemeinschaft mit einer Unterstützung radikaler Ziele der „Hizb Allah“ gleich. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der „Hizb Allah“ tatsächlich um eine Organisation handle, welche durch Anwendung von Gewalt oder hierauf gerichteter Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährde. Entgegen der Annahme der Beklagten gebe es die „Hizb Allah“ als solche nicht, vielmehr seien bei dieser Organisation verschiedene Flügel und Richtungen erkennbar. Die „Hizb Allah“ sei im heutigen Libanon, dem wohl demokratischsten Staat im Nahen Osten, als größte Organisation der Muslime im Parlament vertreten. Zu keinem Zeitpunkt habe sie den Versuch unternommen, den Libanon in einen Gottesstaat nach iranischem Vorbild zu verwandeln, vielmehr erkenne sie das pluralistische System des Libanon ausdrücklich an. Im Übrigen verfolge die „Hizb Allah“ nicht ausschließlich politische Ziele, sondern unterhalte im Libanon sehr viele soziale Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser. Es sei daher verfehlt, die „Hizb Allah“ auf das angebliche Ziel der Vernichtung Israels und der Verübung von Gewalttaten zu reduzieren. Jedenfalls gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die „Hizb Allah“ außerhalb des Libanon oder gar in Deutschland antidemokratische und verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Unabhängig hiervon stelle das angegriffene Urteil die ihm unterstellte Verbindung als Schatzmeister der islamischen Kulturgemeinschaft zum vermeintlich gewaltbereiten Teil der „Hizb Allah“ nicht dar. Eine Verbindung zwischen dem Kulturverein und den Rednern, welche angeblich der „Hizb Allah“ nahestünden, lasse in keiner Weise erkennen, aufgrund welcher Tatsachen ihm verfassungsfeindliche Ziele unterstellt würden. Er selbst habe die Teilnahme an den vorgehaltenen Veranstaltungen des islamischen Kulturvereins nie bestritten, diese sei jedoch lediglich in seiner Funktion als Kassierer erfolgt. Er habe an diesen Veranstaltungen teilgenommen, um Mitgliedsbeiträge von den Mitgliedern des Kulturvereins zu erheben, wofür man ihn als Kassierer gewählt habe. Die gesammelten Gelder würden benötigt, um den Verein und dessen kulturelle Veranstaltungen zu finanzieren. Er selbst habe auf keiner einzigen Veranstaltung das Wort ergriffen oder eine Meinung kundgetan, aus der auf eine verfassungswidrige Haltung geschlossen werden könne. Aus seiner bloßen Anwesenheit bei den in der angegriffenen Verfügung aufgeführten Veranstaltungen lasse sich in keiner Weise schließen, dass er den Inhalt der Reden geteilt und damit selbst verfassungswidrige Zielsetzungen unterstützt habe. Lediglich hilfsweise sei zu beachten, dass er sich durch die Widerspruchsbegründung, die Klagebegründung und die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts von ihm unterstellten verfassungsfeindlichen Bestrebungen distanziert habe.
15 
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie hebt hervor, die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG stelle im Falle einer durch bewusste Täuschung erwirkten Einbürgerung auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass der Kläger wahrheitswidrig eine Erklärung hinsichtlich seiner Verfassungstreue abgegeben habe. Sein Vortrag im gerichtlichen Verfahren, er habe die inhaltliche Ausrichtung und die Ziele der islamischen Kulturgemeinschaft nicht geteilt, sei als unglaubhaft und verfahrensangepasst zu bewerten. Gerade in Anbetracht seiner Funktion als Schatzmeister sei nicht nachzuvollziehen, dass er über die Ausrichtung dieser Vereinigung nicht in Kenntnis gewesen sei; dies gelte auch hinsichtlich der Ausführungen bezüglich einer Aufsplitterung der „Hizb Allah“ in verschiedene mehr oder weniger gewaltbereite Flügel.
18 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten der Landeshauptstadt Stuttgart vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
20 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124 a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der vom Senat verlängerten Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), ist zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei gemäß § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO an die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO durch den Einzelrichter des Verwaltungsgerichts, auf welchen der Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO übertragen worden war, gebunden. Die Bindungswirkung beschränkt sich nicht auf die Fälle der Berufungszulassung durch die Kammer, sondern erfasst auch die Zulassung durch den Einzelrichter. Der Einzelrichter, dem der Rechtsstreit nach § 6 VwGO übertragen worden ist, entscheidet als Verwaltungsgericht im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.7.2004 - 5 C 65.03 - NVwZ 2005, 98). Die Bindung an die Zulassung durch den Einzelrichter entfällt nicht deshalb, weil die Übertragung des Rechtsstreits auf ihn voraussetzt, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO), die Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hingegen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordert. Die gegenläufigen Voraussetzungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter ausschließen wollen (vgl. ausführlich BVerwG, Urteil vom 9.3.2005 - 6 C 8/04 -, NVwZ 2005, 821). Dahingestellt kann bleiben, ob die Bindung an die Zulassung eines Rechtsmittels durch den Einzelrichter dann entfällt, wenn sie im Einzelfall unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 VwGO ergangen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.9.2004 - 1 C 10.03 - juris). Denn Anhaltspunkte für eine manipulative oder objektiv willkürliche Missachtung der einschlägigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sind hier nicht ersichtlich.
21 
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufheben müssen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die Verfügung, die Einbürgerungsurkunde zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
23 
1. Für die Rücknahme der im Jahre 2003 erfolgten Einbürgerung fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Zwar kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6.03 -, DVBl. 2004, 322; Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 -, DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht von jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Die Bestimmungen der §§ 85 ff. AuslG a.F., auf deren Grundlage der Kläger eingebürgert wurde, enthalten ebenfalls keine spezialgesetzliche Regelung über die Rücknahme einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach dem StAG bzw. nach § 85 f. AuslG a.F. anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 -, InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
24 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 -, AuAS 2007, 77; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris; Urteil des Senats vom 9.8.2007 - 13 S 2885/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie zeitnah erfolgt und die Einbürgerung vom Betroffenen durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer Erwirkung durch arglistige Täuschung oder durch vergleichbar vorwerfbares Verhalten liegt hier nicht vor. Hierzu im Einzelnen:
25 
Dahingestellt kann bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom 22.5.2003 tatsächlich rechtswidrig war, insbesondere ob es sich - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - bei den vom Kläger am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 abgegebenen Loyalitätserklärungen lediglich um „Lippenbekenntnisse“ gehandelt hat, die nicht von der erforderlichen inneren Überzeugung getragen waren. In seinem Beschluss vom 12.12.2005 (- 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484) hat sich der Senat dazu geäußert, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung den Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG a. F. nicht genüge; das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung müsse auch inhaltlich zutreffen und stelle mithin nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung dar. Dies bedarf hier ebenso wenig weiterer Klärung wie die Frage, ob im vorliegenden Fall tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die dort genannten inkriminierten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt bzw. verfolgt oder unterstützt hat (vgl. § 86 Nr. 2 AuslG a.F.). Dahingestellt kann insbesondere bleiben, ob der dem Kläger in der angegriffenen Verfügung vorgeworfene Besuch von Veranstaltungen der „Hizb Allah“ in dem Zeitraum von 1999 bis 2003 bzw. seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. eine inkriminierte Bestrebung im Sinne des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. darstellt. Denn auch eine rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.), der sich der Senat angeschlossen hat, auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.), und es fehlt jedenfalls an der Erlangung der Staatsbürgerschaft durch arglistige Täuschung oder ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten des Klägers.
26 
Dieser überzeugenden neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließt sich der Senat in teilweiser Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung an. Die vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort die Einbürgerung nachweislich durch eine bewusste Täuschung des Eingebürgerten herbeigeführt worden ist und diese zeitnah zurückgenommen wurde. Unter Hervorhebung dieser Umstände haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Der Umstand, dass es sich um eine durch bewusste Täuschung erwirkte bzw. „erschlichene“ Einbürgerung handelte, wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn. 32, 56, 60, 62, 70, 72, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird auch mehrfach betont, wenn der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt hat und diese zeitnah zurückgenommen wurde, werde der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme habe voraussehen können (vgl. Rn. 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich nach ihrer Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, a.a.O., Rn 85) „rechtsstaatlich wie demokratisch unbedenklich“ (a.a.O, Rn. 86) durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme der Beklagten, dass § 48 LVwVfG für die Rücknahme einer nicht durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme einer nicht in vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme darstellt, wenn der Betroffene seine Einbürgerung selbst nachweislich durch Täuschung erwirkt hat. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei der zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, welche der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorhebt, kann der Betroffene nur im Fall einer „erschlichenen“ Einbürgerung die spätere Rechtsfolge der Rücknahme auf der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in Verbindung mit dem analog anwendbaren § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG sowie der vom Bundesverfassungsgericht für anwendbar erklärten gefestigten Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte in Täuschungsfällen vorhersehen.
27 
Für diese im Hinblick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 LVwVfG enge Auslegung sprechen im Übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigenstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Er bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände lediglich bei arglistigem oder vergleichbar vorwerfbarem Handeln des Betroffenen überwiegt.
28 
Auch das die Bundesrepublik Deutschland bindende Völkerrecht, das der Verfassungsgeber bei Ausgestaltung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG maßgeblich vor Augen hatte, stellt jedenfalls in dem Fall, dass der Betroffene durch die Rücknahme der Einbürgerung staatenlos wird, maßgeblich darauf ab, unter welchen Umständen die Einbürgerung erlangt worden ist. Bereits das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30.8.1961 (BGBl. 1977 II, S. 597 ff.), das auf eine Entschließung der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1954 zurückgeht, verbietet zwar in Art. 8 Abs. 1 grundsätzlich die Entziehung der Staatsangehörigkeit für den Fall, dass der Betroffene dadurch staatenlos wird, lässt aber eine Ausnahme ausdrücklich für den Fall zu, dass die Staatsangehörigkeit durch falsche Angaben oder betrügerische Handlungen erworben wurde (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b des Übereinkommens). Das im Rahmen des Europarats aufgelegte Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (BGBl. 2004 II, S. 578), das die Bundesrepublik Deutschland am 11.5.2005 ratifiziert hat, gestattet in Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b einen Verlust der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates u. a. für den Fall, dass diese in einer dem Antragsteller zurechenbaren Weise durch arglistiges Verhalten, falsche Angaben oder durch Verschleierung einer erheblichen Tatsache erworben wurde.
29 
Der Kläger hat seine Einbürgerung nicht durch arglistige Täuschung oder vergleichbar vorwerfbares Verhalten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG erwirkt. Das Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 28.10.1983 - 8 C 91/82 - BVerwGE 68, 159). Nach der vor allem in der mündlichen Verhandlung durch informatorische Befragung des Klägers gewonnenen Überzeugung des Senats lässt sich nicht feststellen, dass dieser bei Abgabe der Loyalitätserklärungen am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 wissentlich und zweckgerichtet von ihm etwa unterstützte verfassungsfeindliche Bestrebungen verschwiegen hat, um seine Einbürgerung in rechtswidriger Weise zu erreichen. Die von der Beklagten geforderte Erklärung, keine gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen zu verfolgen oder zu unterstützen, setzt von dem Einbürgerungsbewerber eine Wertung in zweifacher Hinsicht voraus. Sie unterscheidet sich dabei wesentlich von ihrer Struktur nach einfachen Fragen, die etwa durch Ankreuzen bzw. mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind, etwa Fragen nach anhängigen Ermittlungsverfahren, Mitgliedschaften in konkret genannten Vereinigungen oder Personenstandsverhältnissen. Bei der standardisierten Loyalitätserklärung, die die Beklagte dem Kläger vorgelegt hat, muss der Einbürgerungsbewerber zum einen selbst bewerten, ob er den ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung für sich zustimmen kann und ob sein Verhalten, etwa seine Aktivität in Ausländervereinen, diesen Kriterien entspricht. Zum anderen muss der Einbürgerungsbewerber einzuschätzen versuchen, wie seine Aktivitäten mutmaßlich von der Einbürgerungsbehörde eingestuft werden; er trägt insoweit ein mit der Abstraktheit der Fragestellung steigendes Risiko, dass ihm „unrichtige Angaben“ i.S. von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorgeworfen werden.
30 
Danach lag es für den Kläger nicht nahe, seine Aktivitäten bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V., die er selbst als in erster Linie religiös bzw. kulturell motivierte Betätigung ansieht, ohne ausdrückliche Frage der Einbürgerungsbehörde nach einer Mitgliedschaft in islamistisch geprägten Vereinigungen als verfassungsfeindliche Betätigung einzuschätzen. Gerade weil der Kläger seine Aktivitäten selbst lediglich als religiöse, nicht jedoch als politische Betätigung ansah, bestand für ihn kein Anlass, die in erster Linie der Beklagten obliegende Bewertung des Verhaltens und dessen Subsumtion unter § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG selbst zugrunde zu legen. Anderes könnte lediglich dann gelten, wenn die Staatsangehörigkeitsbehörde dem Einbürgerungsbewerber eine Liste mit von ihr als verfassungsfeindlich erkannten Organisationen vorgelegt oder unter Hinweis auf die Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG den Einbürgerungsbewerber allgemein und umfassend nach Mitgliedschaften bzw. früheren Mitgliedschaften in Vereinigungen und Vereinen befragt hätte. Denn dann hätte es dem Einbürgerungsbewerber oblegen, seine Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeit bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. zu offenbaren, und die Staatsangehörigkeitsbehörde hätte vor der Einbürgerung die Möglichkeit gehabt, nach entsprechender Erkundigung bei Verfassungsschutzbehörden eine eigene Bewertung dieser Mitgliedschaft vorzunehmen. Sein Schweigen hätte dann bei entsprechender Bewertung der verschwiegenen Aktivitäten ohne weiteres zur Annahme einer durch Täuschung erschlichenen Einbürgerung führen können. Ohne weitere konkretisierende Fragen der Einbürgerungsbehörde kann dagegen nicht festgestellt werden, dass der Kläger wissentlich für seine Einbürgerung relevante Umstände verschwiegen hat, um seine Einbürgerung auf rechtswidrige Weise zu erreichen.
31 
Weiterhin erscheint zweifelhaft, ob ein etwaiges Verschweigen des Klägers seiner Mitgliedschaft überhaupt für die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde kausal war. Zwar dürfte entgegen der Annahme des Klägers nicht davon auszugehen sein, dass der Einbürgerungsbehörde die an das für Vereinsangelegenheiten zuständige Sachgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart gerichtete Anzeige vom 2.6.1999 über die Wahl des Klägers in den Vereinsvorstand der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. bekannt war. Wie die Sitzungsvertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, werden derartige Mitteilungen amtsintern bereits aus Datenschutzgründen nicht an die Einbürgerungsbehörde weitergeleitet. Es spricht jedoch vieles dafür, dass die Beklagte vor Vollzug der Einbürgerung die Einbürgerungsakte nicht hinreichend auf etwaige inkriminierte Bestrebungen des Klägers ausgewertet hat. So bat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit an die Einbürgerungsstelle weitergeleitetem Schreiben vom 3.4.2001 um Übersendung der über den Kläger geführten Ausländerakten, wobei ausweislich eines Aktenvermerks diese Anfrage wegen der vermuteten Zugehörigkeit des Klägers zu extremistischen Gruppierungen erfolgte. Auch erteilte das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg im Falle des Klägers am 17.2.2003 lediglich eine Zwischennachricht dahingehend, dass die Überprüfungen in sicherheitsrechtlicher Hinsicht noch nicht habe abgeschlossen werden können. Wie sich dem Bearbeitungsblatt entnehmen lässt, wurde das Nichtvorliegen der Sicherheitsüberprüfung im Falle des Klägers übersehen und deshalb wohl lediglich aus Versehen seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband verfügt.
32 
Dass die Rücknahme einer Einbürgerung über die Fälle von Täuschung oder vergleichbar vorwerfbarem Verhalten hinausgehend bei lediglich objektiv unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Betroffenen (siehe § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG) mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren ist (vgl. so ausdrücklich noch Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - InfAuslR 2003, 205; offen gelassen vom Bundesverwaltungsgericht in seinem nachfolgenden Revisionsurteil vom 9.9.2003, a.a.O.), wird nach dem oben Gesagten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen sein, wenn jedenfalls eine den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenäherte Fallkonstellation vorliegt. Denn nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG fällt der Vertrauensschutz bereits dann weg, wenn der Verwaltungsakt durch objektiv in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden ist. Nicht notwendig ist, dass die fehlerhaften Angaben schuldhaft gemacht worden sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 139). Der Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfordert daher nicht, dass der Betroffene die Unrichtigkeit seiner Angaben positiv kannte oder kennen musste. Erforderlich ist lediglich, dass er erkannte oder erkennen musste, dass die entsprechende Angabe von ihm gefordert war (vgl. hierzu Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 6. Aufl., Rn. 164 zu § 48 VwVfG). Bei der Rücknahme einer Einbürgerung allein wegen objektiv unrichtiger Angaben handelt es sich um eine Verlustzufügung, die aus Sicht des Betroffenen willkürlich erfolgt und die er nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann. Dies begründet nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch einen Verstoß gegen das Entziehungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Rücknahme der Einbürgerung bei Ausschluss des Vertrauensschutzes lediglich durch § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG ist daher nur in atypischen Konstellationen möglich, in denen das Verhalten des Betroffenen in subjektiver Hinsicht den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenähert ist. Eine derartig gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit kann etwa angenommen werden, wenn der Betroffene das Unterstützen einer offensichtlich verfassungsfeindlichen Bestrebung verschweigt bzw. eine konkrete Frage unzutreffend beantwortet.
33 
Jedenfalls eine durch derartige besondere Umstände geprägte Fallkonstellation des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG liegt hier nicht vor. Es lässt sich wohl nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Kläger objektiv unrichtige Angaben über verfassungsfeindliche Betätigungen gemacht hat und die Einbürgerung deshalb auf dem Verschweigen von Umständen beruht, die allein oder überwiegend in seiner Sphäre liegen. Auch hier ist maßgeblich, dass vom Kläger keine Angaben über Betätigungen in Vereinen verlangt worden waren, sondern demgegenüber lediglich eine abstrakte Erklärung, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterstützt. Im Übrigen fehlt es nach dem oben Gesagten auch insoweit an der erforderlichen Kausalität von etwaigen objektiven Falschangaben.
34 
Dahingestellt kann bleiben, ob die mit Bescheid vom 31.8.2005 verfügte Rücknahme der Einbürgerung „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, welcher sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 9.8.2007, a.a.O.), erfolgt ist. Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Es spricht freilich einiges dafür, dass es sich bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am 22.5.2003 und dem Erlass der gegenständlichen Rücknahmeverfügung am 31.8.2005 verstrichenen Zeitraum von lediglich knapp über zwei Jahren noch um eine zeitnahe Rücknahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt. Hierfür spricht etwa, dass gemäß der - nach dem oben Gesagten hier nicht anwendbaren - Bestimmung des § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden kann. Es spricht deshalb einiges dafür, dass bei einem zwischen Einbürgerung und deren Rücknahme liegenden Zeitraum von unter fünf Jahren von einer zeitnahen Rücknahme auszugehen ist.
35 
2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid sind auch insoweit rechtswidrig, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig (vgl. § 52 Abs. 1 LVwVfG).
36 
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war zuzulassen, da die Frage, ob und unter welchen Umständen die Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neuren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, noch nicht geklärt (vgl. hierzu § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
38 
Beschluss
vom 17. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
        
In Anlehnung an Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
        
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
20 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124 a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der vom Senat verlängerten Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), ist zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei gemäß § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO an die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO durch den Einzelrichter des Verwaltungsgerichts, auf welchen der Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO übertragen worden war, gebunden. Die Bindungswirkung beschränkt sich nicht auf die Fälle der Berufungszulassung durch die Kammer, sondern erfasst auch die Zulassung durch den Einzelrichter. Der Einzelrichter, dem der Rechtsstreit nach § 6 VwGO übertragen worden ist, entscheidet als Verwaltungsgericht im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.7.2004 - 5 C 65.03 - NVwZ 2005, 98). Die Bindung an die Zulassung durch den Einzelrichter entfällt nicht deshalb, weil die Übertragung des Rechtsstreits auf ihn voraussetzt, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO), die Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hingegen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordert. Die gegenläufigen Voraussetzungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter ausschließen wollen (vgl. ausführlich BVerwG, Urteil vom 9.3.2005 - 6 C 8/04 -, NVwZ 2005, 821). Dahingestellt kann bleiben, ob die Bindung an die Zulassung eines Rechtsmittels durch den Einzelrichter dann entfällt, wenn sie im Einzelfall unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 VwGO ergangen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.9.2004 - 1 C 10.03 - juris). Denn Anhaltspunkte für eine manipulative oder objektiv willkürliche Missachtung der einschlägigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sind hier nicht ersichtlich.
21 
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufheben müssen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die Verfügung, die Einbürgerungsurkunde zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
23 
1. Für die Rücknahme der im Jahre 2003 erfolgten Einbürgerung fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Zwar kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6.03 -, DVBl. 2004, 322; Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 -, DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht von jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Die Bestimmungen der §§ 85 ff. AuslG a.F., auf deren Grundlage der Kläger eingebürgert wurde, enthalten ebenfalls keine spezialgesetzliche Regelung über die Rücknahme einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach dem StAG bzw. nach § 85 f. AuslG a.F. anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 -, InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
24 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 -, AuAS 2007, 77; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris; Urteil des Senats vom 9.8.2007 - 13 S 2885/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie zeitnah erfolgt und die Einbürgerung vom Betroffenen durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer Erwirkung durch arglistige Täuschung oder durch vergleichbar vorwerfbares Verhalten liegt hier nicht vor. Hierzu im Einzelnen:
25 
Dahingestellt kann bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom 22.5.2003 tatsächlich rechtswidrig war, insbesondere ob es sich - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - bei den vom Kläger am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 abgegebenen Loyalitätserklärungen lediglich um „Lippenbekenntnisse“ gehandelt hat, die nicht von der erforderlichen inneren Überzeugung getragen waren. In seinem Beschluss vom 12.12.2005 (- 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484) hat sich der Senat dazu geäußert, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung den Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG a. F. nicht genüge; das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung müsse auch inhaltlich zutreffen und stelle mithin nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung dar. Dies bedarf hier ebenso wenig weiterer Klärung wie die Frage, ob im vorliegenden Fall tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die dort genannten inkriminierten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt bzw. verfolgt oder unterstützt hat (vgl. § 86 Nr. 2 AuslG a.F.). Dahingestellt kann insbesondere bleiben, ob der dem Kläger in der angegriffenen Verfügung vorgeworfene Besuch von Veranstaltungen der „Hizb Allah“ in dem Zeitraum von 1999 bis 2003 bzw. seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. eine inkriminierte Bestrebung im Sinne des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. darstellt. Denn auch eine rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.), der sich der Senat angeschlossen hat, auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.), und es fehlt jedenfalls an der Erlangung der Staatsbürgerschaft durch arglistige Täuschung oder ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten des Klägers.
26 
Dieser überzeugenden neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließt sich der Senat in teilweiser Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung an. Die vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort die Einbürgerung nachweislich durch eine bewusste Täuschung des Eingebürgerten herbeigeführt worden ist und diese zeitnah zurückgenommen wurde. Unter Hervorhebung dieser Umstände haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Der Umstand, dass es sich um eine durch bewusste Täuschung erwirkte bzw. „erschlichene“ Einbürgerung handelte, wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn. 32, 56, 60, 62, 70, 72, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird auch mehrfach betont, wenn der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt hat und diese zeitnah zurückgenommen wurde, werde der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme habe voraussehen können (vgl. Rn. 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich nach ihrer Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, a.a.O., Rn 85) „rechtsstaatlich wie demokratisch unbedenklich“ (a.a.O, Rn. 86) durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme der Beklagten, dass § 48 LVwVfG für die Rücknahme einer nicht durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme einer nicht in vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme darstellt, wenn der Betroffene seine Einbürgerung selbst nachweislich durch Täuschung erwirkt hat. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei der zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, welche der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorhebt, kann der Betroffene nur im Fall einer „erschlichenen“ Einbürgerung die spätere Rechtsfolge der Rücknahme auf der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in Verbindung mit dem analog anwendbaren § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG sowie der vom Bundesverfassungsgericht für anwendbar erklärten gefestigten Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte in Täuschungsfällen vorhersehen.
27 
Für diese im Hinblick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 LVwVfG enge Auslegung sprechen im Übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigenstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Er bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände lediglich bei arglistigem oder vergleichbar vorwerfbarem Handeln des Betroffenen überwiegt.
28 
Auch das die Bundesrepublik Deutschland bindende Völkerrecht, das der Verfassungsgeber bei Ausgestaltung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG maßgeblich vor Augen hatte, stellt jedenfalls in dem Fall, dass der Betroffene durch die Rücknahme der Einbürgerung staatenlos wird, maßgeblich darauf ab, unter welchen Umständen die Einbürgerung erlangt worden ist. Bereits das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30.8.1961 (BGBl. 1977 II, S. 597 ff.), das auf eine Entschließung der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1954 zurückgeht, verbietet zwar in Art. 8 Abs. 1 grundsätzlich die Entziehung der Staatsangehörigkeit für den Fall, dass der Betroffene dadurch staatenlos wird, lässt aber eine Ausnahme ausdrücklich für den Fall zu, dass die Staatsangehörigkeit durch falsche Angaben oder betrügerische Handlungen erworben wurde (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b des Übereinkommens). Das im Rahmen des Europarats aufgelegte Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (BGBl. 2004 II, S. 578), das die Bundesrepublik Deutschland am 11.5.2005 ratifiziert hat, gestattet in Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b einen Verlust der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates u. a. für den Fall, dass diese in einer dem Antragsteller zurechenbaren Weise durch arglistiges Verhalten, falsche Angaben oder durch Verschleierung einer erheblichen Tatsache erworben wurde.
29 
Der Kläger hat seine Einbürgerung nicht durch arglistige Täuschung oder vergleichbar vorwerfbares Verhalten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG erwirkt. Das Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 28.10.1983 - 8 C 91/82 - BVerwGE 68, 159). Nach der vor allem in der mündlichen Verhandlung durch informatorische Befragung des Klägers gewonnenen Überzeugung des Senats lässt sich nicht feststellen, dass dieser bei Abgabe der Loyalitätserklärungen am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 wissentlich und zweckgerichtet von ihm etwa unterstützte verfassungsfeindliche Bestrebungen verschwiegen hat, um seine Einbürgerung in rechtswidriger Weise zu erreichen. Die von der Beklagten geforderte Erklärung, keine gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen zu verfolgen oder zu unterstützen, setzt von dem Einbürgerungsbewerber eine Wertung in zweifacher Hinsicht voraus. Sie unterscheidet sich dabei wesentlich von ihrer Struktur nach einfachen Fragen, die etwa durch Ankreuzen bzw. mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind, etwa Fragen nach anhängigen Ermittlungsverfahren, Mitgliedschaften in konkret genannten Vereinigungen oder Personenstandsverhältnissen. Bei der standardisierten Loyalitätserklärung, die die Beklagte dem Kläger vorgelegt hat, muss der Einbürgerungsbewerber zum einen selbst bewerten, ob er den ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung für sich zustimmen kann und ob sein Verhalten, etwa seine Aktivität in Ausländervereinen, diesen Kriterien entspricht. Zum anderen muss der Einbürgerungsbewerber einzuschätzen versuchen, wie seine Aktivitäten mutmaßlich von der Einbürgerungsbehörde eingestuft werden; er trägt insoweit ein mit der Abstraktheit der Fragestellung steigendes Risiko, dass ihm „unrichtige Angaben“ i.S. von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorgeworfen werden.
30 
Danach lag es für den Kläger nicht nahe, seine Aktivitäten bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V., die er selbst als in erster Linie religiös bzw. kulturell motivierte Betätigung ansieht, ohne ausdrückliche Frage der Einbürgerungsbehörde nach einer Mitgliedschaft in islamistisch geprägten Vereinigungen als verfassungsfeindliche Betätigung einzuschätzen. Gerade weil der Kläger seine Aktivitäten selbst lediglich als religiöse, nicht jedoch als politische Betätigung ansah, bestand für ihn kein Anlass, die in erster Linie der Beklagten obliegende Bewertung des Verhaltens und dessen Subsumtion unter § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG selbst zugrunde zu legen. Anderes könnte lediglich dann gelten, wenn die Staatsangehörigkeitsbehörde dem Einbürgerungsbewerber eine Liste mit von ihr als verfassungsfeindlich erkannten Organisationen vorgelegt oder unter Hinweis auf die Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG den Einbürgerungsbewerber allgemein und umfassend nach Mitgliedschaften bzw. früheren Mitgliedschaften in Vereinigungen und Vereinen befragt hätte. Denn dann hätte es dem Einbürgerungsbewerber oblegen, seine Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeit bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. zu offenbaren, und die Staatsangehörigkeitsbehörde hätte vor der Einbürgerung die Möglichkeit gehabt, nach entsprechender Erkundigung bei Verfassungsschutzbehörden eine eigene Bewertung dieser Mitgliedschaft vorzunehmen. Sein Schweigen hätte dann bei entsprechender Bewertung der verschwiegenen Aktivitäten ohne weiteres zur Annahme einer durch Täuschung erschlichenen Einbürgerung führen können. Ohne weitere konkretisierende Fragen der Einbürgerungsbehörde kann dagegen nicht festgestellt werden, dass der Kläger wissentlich für seine Einbürgerung relevante Umstände verschwiegen hat, um seine Einbürgerung auf rechtswidrige Weise zu erreichen.
31 
Weiterhin erscheint zweifelhaft, ob ein etwaiges Verschweigen des Klägers seiner Mitgliedschaft überhaupt für die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde kausal war. Zwar dürfte entgegen der Annahme des Klägers nicht davon auszugehen sein, dass der Einbürgerungsbehörde die an das für Vereinsangelegenheiten zuständige Sachgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart gerichtete Anzeige vom 2.6.1999 über die Wahl des Klägers in den Vereinsvorstand der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. bekannt war. Wie die Sitzungsvertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, werden derartige Mitteilungen amtsintern bereits aus Datenschutzgründen nicht an die Einbürgerungsbehörde weitergeleitet. Es spricht jedoch vieles dafür, dass die Beklagte vor Vollzug der Einbürgerung die Einbürgerungsakte nicht hinreichend auf etwaige inkriminierte Bestrebungen des Klägers ausgewertet hat. So bat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit an die Einbürgerungsstelle weitergeleitetem Schreiben vom 3.4.2001 um Übersendung der über den Kläger geführten Ausländerakten, wobei ausweislich eines Aktenvermerks diese Anfrage wegen der vermuteten Zugehörigkeit des Klägers zu extremistischen Gruppierungen erfolgte. Auch erteilte das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg im Falle des Klägers am 17.2.2003 lediglich eine Zwischennachricht dahingehend, dass die Überprüfungen in sicherheitsrechtlicher Hinsicht noch nicht habe abgeschlossen werden können. Wie sich dem Bearbeitungsblatt entnehmen lässt, wurde das Nichtvorliegen der Sicherheitsüberprüfung im Falle des Klägers übersehen und deshalb wohl lediglich aus Versehen seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband verfügt.
32 
Dass die Rücknahme einer Einbürgerung über die Fälle von Täuschung oder vergleichbar vorwerfbarem Verhalten hinausgehend bei lediglich objektiv unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Betroffenen (siehe § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG) mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren ist (vgl. so ausdrücklich noch Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - InfAuslR 2003, 205; offen gelassen vom Bundesverwaltungsgericht in seinem nachfolgenden Revisionsurteil vom 9.9.2003, a.a.O.), wird nach dem oben Gesagten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen sein, wenn jedenfalls eine den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenäherte Fallkonstellation vorliegt. Denn nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG fällt der Vertrauensschutz bereits dann weg, wenn der Verwaltungsakt durch objektiv in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden ist. Nicht notwendig ist, dass die fehlerhaften Angaben schuldhaft gemacht worden sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 139). Der Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfordert daher nicht, dass der Betroffene die Unrichtigkeit seiner Angaben positiv kannte oder kennen musste. Erforderlich ist lediglich, dass er erkannte oder erkennen musste, dass die entsprechende Angabe von ihm gefordert war (vgl. hierzu Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 6. Aufl., Rn. 164 zu § 48 VwVfG). Bei der Rücknahme einer Einbürgerung allein wegen objektiv unrichtiger Angaben handelt es sich um eine Verlustzufügung, die aus Sicht des Betroffenen willkürlich erfolgt und die er nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann. Dies begründet nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch einen Verstoß gegen das Entziehungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Rücknahme der Einbürgerung bei Ausschluss des Vertrauensschutzes lediglich durch § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG ist daher nur in atypischen Konstellationen möglich, in denen das Verhalten des Betroffenen in subjektiver Hinsicht den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenähert ist. Eine derartig gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit kann etwa angenommen werden, wenn der Betroffene das Unterstützen einer offensichtlich verfassungsfeindlichen Bestrebung verschweigt bzw. eine konkrete Frage unzutreffend beantwortet.
33 
Jedenfalls eine durch derartige besondere Umstände geprägte Fallkonstellation des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG liegt hier nicht vor. Es lässt sich wohl nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Kläger objektiv unrichtige Angaben über verfassungsfeindliche Betätigungen gemacht hat und die Einbürgerung deshalb auf dem Verschweigen von Umständen beruht, die allein oder überwiegend in seiner Sphäre liegen. Auch hier ist maßgeblich, dass vom Kläger keine Angaben über Betätigungen in Vereinen verlangt worden waren, sondern demgegenüber lediglich eine abstrakte Erklärung, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterstützt. Im Übrigen fehlt es nach dem oben Gesagten auch insoweit an der erforderlichen Kausalität von etwaigen objektiven Falschangaben.
34 
Dahingestellt kann bleiben, ob die mit Bescheid vom 31.8.2005 verfügte Rücknahme der Einbürgerung „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, welcher sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 9.8.2007, a.a.O.), erfolgt ist. Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Es spricht freilich einiges dafür, dass es sich bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am 22.5.2003 und dem Erlass der gegenständlichen Rücknahmeverfügung am 31.8.2005 verstrichenen Zeitraum von lediglich knapp über zwei Jahren noch um eine zeitnahe Rücknahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt. Hierfür spricht etwa, dass gemäß der - nach dem oben Gesagten hier nicht anwendbaren - Bestimmung des § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden kann. Es spricht deshalb einiges dafür, dass bei einem zwischen Einbürgerung und deren Rücknahme liegenden Zeitraum von unter fünf Jahren von einer zeitnahen Rücknahme auszugehen ist.
35 
2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid sind auch insoweit rechtswidrig, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig (vgl. § 52 Abs. 1 LVwVfG).
36 
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war zuzulassen, da die Frage, ob und unter welchen Umständen die Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neuren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, noch nicht geklärt (vgl. hierzu § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
38 
Beschluss
vom 17. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
        
In Anlehnung an Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
        
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. August 2006 - 11 K 4702/04 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der Kläger, ein im Jahre 1962 geborener ehemaliger pakistanischer Staatsangehöriger, reiste erstmalig am 6.10.1985 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er sich als Asylsuchender meldete. Nach Rücknahme seines Asylantrags kehrte er zunächst am ... freiwillig nach Pakistan zurück, reiste jedoch am ... erneut als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 21.4.1987 ab, welcher nach Rücknahme der hiergegen erhobenen Klage bestandskräftig wurde. Am ... heiratete der Kläger in Stockholm eine deutsche Staatsangehörige, worauf ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Gestützt auf § 9 Abs.1 RuStAG in der damals gültigen Fassung beantragte er am... bei den seinerzeit örtlich zuständigen Behörden des Saarlands seine Einbürgerung. Zur Begründung des Einbürgerungsantrags verwies der Kläger auf die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Frau und den Willen, mit ihr auf Dauer in Deutschland zu leben. Mit Urkunde des Saarländischen Ministeriums des Innern vom ... ausgehändigt am ... wurde der Kläger in den deutschen Staatsverband eingebürgert. Die Ehe des Klägers wurde auf Antrag seiner Frau mit Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken - Familiengericht - vom ... geschieden. Im Urteil des Familiengerichts ist als Trennungsdatum August 1992 angegeben. In der Folgezeit verzog der Kläger in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Rems-Murr-Kreis.
Nachdem der Kläger eine pakistanische Staatsangehörige geheiratet hatte und ein Verfahren auf Familiennachzug für seine Ehefrau einleitete, teilte die Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland in Islamabad mit Schreiben vom ... der zuständigen unteren Ausländerbehörde mit, Ermittlungen eines von der Botschaft eingeschalteten Vertrauensanwalts hätten Hinweise darauf ergeben, dass es sich bei der Vorehe des Klägers mit seiner deutschen Ehefrau um eine Scheinehe gehandelt habe. So habe die Mutter des Klägers gegenüber dem Vertrauensanwalt eingeräumt, dass die vom ... bis zum ... bestehende Ehe des Klägers nur den Zweck gehabt habe, ihm eine Aufenthaltssicherung zu ermöglichen und vereinbarungsgemäß nach Zweckerreichung aufgelöst worden sei. Nachdem der Beklagte von dieser Mitteilung der deutschen Auslandsvertretung am 5.8.2002 Kenntnis erlangte, hörte er den Kläger mit Schreiben vom ... zu einer beabsichtigten Rücknahme der Einbürgerung wegen des Verdachts der Scheinehe an. Der Kläger trat diesem Vorwurf entgegen und brachte hierzu u.a. eine Bestätigung seiner ehemaligen Ehefrau bei, wonach die eheliche Lebensgemeinschaft bis August 1993 bestanden habe.
Mit Bescheid vom 16.7.2003 nahm das Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Einbürgerung des Klägers vom ... in den deutschen Staatsverband unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zurück (1.) und forderte ihn zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde sowie der ihm ausgestellten Ausweispapiere auf (2.). Zur Begründung der auf § 48 LVwVfG gestützten Rücknahme der Einbürgerung führt das Landratsamt aus, der Kläger habe seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband durch arglistige Täuschung erwirkt, da es sich bei seiner damaligen Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen zur Überzeugung der Behörde um eine Scheinehe gehandelt habe. Das Landratsamt habe keinerlei Zweifel an der Echtheit der vertrauensanwaltlichen Ermittlungen, welche den Verdacht einer Scheinehe bestätigt hätten. Es sei nicht ersichtlich, warum eine deutsche Auslandsvertretung falsche Aussagen machen und damit anderen Leuten Lügen unterstellen sollte. Im übrigen habe der Kläger gegen seine Mitwirkungsobliegenheiten im Einbürgerungsverfahren verstoßen, indem er die im Jahre 1992 erfolgte Trennung von seiner Ehefrau nicht mitgeteilt habe. Aufgrund der Feststellungen in dem Scheidungsurteil ergebe sich eindeutig, dass eine etwa bestehende eheliche Lebensgemeinschaft bereits im August 1992 und nicht wie von dem Kläger behauptet erst ein Jahr später aufgelöst worden sei. Die gegenteiligen Bekundungen des Klägers seien bereits deshalb nicht glaubhaft, weil sich ansonsten die Beteiligten bereits früher gegen das unrichtige Scheidungsurteil gewehrt hätten.
Die Annahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft sei für die auf § 9 StAG gestützte Einbürgerung auch ursächlich gewesen, weil sie andernfalls nicht hätte erfolgen dürfen. Aufgrund der arglistigen Täuschung könne sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen, so dass die Einbürgerung gemäß § 48 Abs. 3 LVwVfG zurückgenommen werden könne. Da es sich um keinen rechtmäßigen , sondern um einen durch arglistige Täuschung herbeigeführten Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gehandelt habe, greife das Entziehungsverbot des Art. 16 GG nicht ein. Diese Vorschrift solle vielmehr nur gezielte Zwangsausbürgerungen verhindern. Bei Bewertung der Gesamtumstände gehe die Staatsangehörigkeitsbehörde davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband durch arglistige Täuschung erworben habe und somit deren Rücknahme gemäß § 48 LVwVfG zu verfügen sei.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und stellte beim Verwaltungsgericht Stuttgart am 27.8.2003 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Mit Beschluss vom 17.10.2003 (7 K 3492/03) gab das Verwaltungsgericht Stuttgart dem Eilantrag statt.
Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2004 auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Ausgangsbescheids mit ergänzenden Gründen zurück. Zur Klarstellung werde darauf hingewiesen, dass die Rücknahme der Einbürgerung mit Wirkung für die Vergangenheit erfolge, wie es der gesetzlichen Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG entspreche. Anlass für die Rücknahme sei die Annahme einer Scheinehe des Klägers mit einer deutschen Staatsangehörigen basierend auf den Aussagen, welche seine Mutter gegenüber einem Vertrauensanwalt der deutschen Auslandsvertretung getätigt habe. Die Ausgangsbehörde habe ihr Rücknahmeermessen noch hinreichend ausgeübt und dabei zutreffend auf das Vorliegen einer arglistigen Täuschung und den daraus resultierenden Ausschluss von Vertrauensschutz abgehoben. Die Widerspruchsbehörde schließe sich der Auffassung des Landratsamts an, wonach das öffentliche Interesse an der Rücknahme der rechtswidrig erteilten Einbürgerung das Interesse des Klägers an deren weiterem Fortbestand überwiege. Keiner abschließenden Klärung bedürfe, ob der Kläger aufgrund der Rücknahme der Einbürgerung tatsächlich staatenlos werde, was nach pakistanischem Staatsangehörigkeitsrecht im wesentlichen davon abhänge, ob ein etwaiger Verzichtsantrag von der zuständigen Behörde entgegengenommen worden sei.
Auf die am 26.11.2004 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
die Verfügung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 16.7.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 aufzuheben,
10 
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 1.8.2006 - 11 K 4702/04 -die angefochtenen Bescheide insgesamt aufgehoben.
11 
In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die von dem Beklagten herangezogene allgemeine Vorschrift des § 48 LVwVfG stelle in der vorliegenden Fallkonstellation keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zur Rücknahme der Einbürgerung des Klägers dar. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der für die Einbürgerung ursächlichen vorgegangenen Ehe des Klägers mit einer deutschen Staatsangehörigen um eine Scheinehe gehandelt habe. Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG stelle nur dann eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung dar, wenn diese zeitnah erfolge. Da zwischen der Einbürgerung des Klägers und der angegriffenen Rücknahmeentscheidung mehr als zehn Jahre verstrichen seien, liege eine derartige zeitnahe Rücknahme der Einbürgerung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht vor. Die frühere gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006 (2 BvR 669/04) überholt. Das Gericht schließe sich der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts an, wonach es Sache des Gesetzgebers sei, im Staatsangehörigkeitsgesetz selbst eine eigenständige Regelung für die Rücknahme einer aufgrund unlauterer Verhaltensweisen des Eingebürgerten erlangten Einbürgerung zu schaffen, wenn es um mehr als eine zeitnahe Rücknahme gehe.
12 
Gegen das am 10.11.2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 1.12.2006 die bereits vom Verwaltungsgericht im Tenor seiner Entscheidung zugelassene Berufung eingelegt; er hat beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1.8.2006 - 11 K 4702/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
14 
Zur Begründung der Berufung hat der Beklagte am 5.1.2007 ausgeführt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stelle § 48 LVwVfG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der vom Kläger erschlichenen Einbürgerung dar. Das angegriffene Urteil gehe ohne ausreichende Begründung fälschlicherweise davon aus, dass im vorliegenden Fall keine zeitnahe Rücknahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, Az. 2 BvR 669/04) erfolgt sei. Zudem liege der für die Rücknahmeentscheidung maßgebliche Zeitpunkt auch nicht mehr als zehn Jahre nach der Einbürgerung des Klägers, sondern weniger. Abzustellen sei nicht auf den Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung selbst, sondern auf den Zeitpunkt der Anhörung des Klägers mit Schreiben des Landratsamts vom .... Zwischen der Einbürgerung und der maßgeblichen, den Vertrauensschutz ausschließenden Anhörung des Klägers liege deshalb lediglich ein Zeitraum von etwas über neuneinhalb Jahren. Im Hinblick auf die weitreichenden Statusfolgen einer Einbürgerung dürften an den Begriff der zeitnahen Rücknahme keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Der Zeitraum von zehn Jahren stelle noch eine gut überschaubare Zeitspanne dar. Im übrigen habe sich das Bundesverfassungsgericht in seinem genannten Urteil vom 24.5.2006 hinsichtlich der zeitlichen Grenzen für die Rücknahme einer Einbürgerung aufgrund allgemeinen Landesverwaltungsverfahrensrechts besonders zurückhaltend geäußert. Insbesondere verlange das Bundesverfassungsgericht gerade nicht, dass der Gesetzgeber selbst eine abschließende zeitliche Grenze für die Rücknahmemöglichkeit schaffe.
15 
Entgegen der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung stelle die Vorschrift des § 48 LVwVfG auch für den Fall einer nicht zeitnah erfolgten Rücknahme eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG jedenfalls für die Fälle, in denen Dritte durch eine Rücknahme der Einbürgerung nicht tangiert würden, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstelle, sei durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in keiner Weise überholt.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Er wendet sich gegen die Annahme des Beklagten, es habe sich bei seiner Ehe mit der früheren deutschen Frau um eine Scheinehe gehandelt bzw. er habe das Trennungsdatum falsch angegeben. Im übrigen sei das Verwaltungsgericht Stuttgart zutreffend davon ausgegangen, dass die Rücknahme nicht mehr zeitnah im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfolgt sei. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob bei der Berechnung der Frist auf den 16.7.2003 oder auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom ... abzustellen sei. Auch ein Zeitraum von etwas mehr als neuneinhalb Jahren könne nicht mehr als unverzügliche Rücknahme im Sinne des Bundesverfassungsgerichts angesehen werden.
19 
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
20 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Beklagten einschließlich der Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
21 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Beklagten entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
22 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den erforderlichen formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), hat sachlich keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Bescheid des Beklagten vom 16.7.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 aufgehoben, weil diese rechtswidrig sind und den Kläger in eigenen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die verfügte Verpflichtung, die Einbürgerungsurkunde sowie die deutschen Ausweispapiere zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
24 
1.1 Für die verfügte Rücknahme der im Jahre 1993 erfolgten Einbürgerung fehlt es bereits an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Allerdings kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 - DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6/03 - DVBl. 2004, 322, Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht seit jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG -, nach dessen § 9 (damals noch RuStAG) der Kläger eingebürgert wurde, enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach § 9 RuStAG bzw. StAG anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 - InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
25 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vg. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 - AuAS 2007,77). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie vom Betroffenen auf vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und zeitnah erfolgt. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer zeitnahen Rücknahme liegt hier nicht vor. Hierzu im einzelnen:
26 
Dahingestellt kann mit dem Verwaltungsgericht bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom ... tatsächlich wegen Bestehens einer Scheinehe bzw. Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft bereits vor erfolgter Einbürgerung im August 1992 rechtswidrig war, wie von dem Beklagten in der angefochtenen Verfügung angenommen. Zwar ist im Ergebnis dem Beklagten zuzustimmen, dass das Vorliegen einer Scheinehe oder die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht bereits den Tatbestand des § 9 StAG entfallen lässt, aber die Annahme eines atypischen Falles rechtfertigt, welcher der Staatsangehörigkeitsbehörde die Möglichkeit eröffnet, die Einbürgerung ausnahmsweise nach Ermessen zu verweigern, so dass bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen regelmäßig von einer rechtswidrigen Einbürgerung ausgegangen werden kann (vgl. hierzu umfassend Urteil des Senats vom 29.11.2002, a.a.O.). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, kann für die Entscheidung ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob der Kläger eine etwaige rechtswidrige Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat. Denn auch eine erschlichene rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.) auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris).
27 
Die von dem Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort zwischen der Einbürgerung und der Rücknahme derselben ein Zeitraum von knapp über zwei Jahren lag. Unter Hervorhebung dieses Umstandes haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Dieser Umstand wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn 72, 73, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird mehrfach dargelegt, dass in dem Fall, in dem der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt habe und diese zeitnah zurückgenommen werde, der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan werde, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme voraussehen konnte (vgl. Rn 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden vier Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, Rn 85) hinreichend und unproblematisch durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme des Beklagten zwingend, dass § 48 LVwVfG in den Fällen einer nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist entgegen der Annahme des Beklagten nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage bei nicht zeitnaher Rücknahme offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Einbürgerung darstellt, wenn diese aufgrund eines bestehenden zeitlichen Zusammenhangs den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Vorhersehbarkeit und Normenklarheit genügt. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei einer zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen (vgl. hierzu auch umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.).
28 
Für diese Auslegung sprechen im übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigkeitsstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Der hierdurch vermittelte Status bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände selbst bei arglistigem Handeln des Betroffenen nicht ohne weiteres zeitlich unbegrenzt überwiegt. Auch an den wenigen bestehenden Spezialregelungen zeigt sich, dass der Gesetzgeber dem Stabilitätsanliegen im Staatsangehörigkeitswesen besonderes Gewicht zumisst. So kann gemäß § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden, selbst wenn die Einbürgerung durch schuldhafte Falschangaben des Betroffenen erwirkt worden ist. Auch die vorgesehene Neuregelung in § 3 des StAG, wonach die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben soll, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat, spricht dafür, dass nach Auffassung des Gesetzgebers Vertrauensschutzgesichtspunkten und Stabilitätserwägungen im Bereich des Staatsangehörigkeitswesens zentrale Bedeutung zukommt. Auch der Umstand, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG, wonach die Rücknahme grundsätzlich nur binnen eines Jahres ab Kenntniserlangung der Behörde von den rücknahmebegründenden Tatsachen zulässig ist, im Fall einer durch arglistige Täuschung erwirkten Einbürgerung gerade nicht anwendbar ist, spricht dafür, eine absolute zeitliche Rücknahmegrenze zu fordern.
29 
1.2 Die Einbürgerung des Klägers ist nicht in diesem Sinne „zeitnah“ zurückgenommen worden. Der in dem vorstehend erwähnten Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwendete Begriff „zeitnah“ bezieht sich auf den von der Einbürgerung bis zu ihrer Rücknahme verstrichenen Zeitraum, nicht auf eine Entschließungsfrist der Behörde ab Kenntniserlangung der rücknahmebegründenden Umstände. Dieser absolute zeitliche Rahmen und nicht etwa die Entschließungsfrist der Behörde war im Vorfeld der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gegenstand der in Rechtsprechung und Literatur geführten Diskussion über die zeitliche Begrenzung der Befugnis der Behörde zur Rücknahme der Einbürgerung (vgl. umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.; zusammenfassend Nettersheim, DVBl. 2004, 1144). Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am ... und deren Rücknahme am 16.7.2003 verstrichenen Zeitraum von über zehn Jahren kann jedenfalls nicht mehr von einer zeitnahen Rücknahme gesprochen werden. Gleiches gilt im übrigen, wenn entsprechend der Ansicht des Beklagten lediglich auf den verstrichenen Zeitraum bis zur Kenntniserlangung des Klägers von der beabsichtigten Rücknahme durch Anhörungsschreiben vom ... abzustellen wäre. Bei Klärung der Frage, was unter „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen ist, ist maßgeblich auf die Bedeutung der Staatsangehörigkeit sowohl für den Einzelnen als auch für die staatliche Gemeinschaft abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass mit zunehmendem Zeitablauf zahlreiche an die Staatsangehörigkeit geknüpfte Rechte und Pflichten verwirklicht sein werden, die durch eine Rücknahme nicht mehr folgenlos beseitigt werden können. Wie das Bundesverfassungsgericht zu Recht betont, begründet die Staatsangehörigkeit des Einzelnen regelmäßig nicht nur für diesen selbst Rechtstellungen und Pflichten, sondern hat regelmäßig auch Weiterungen auf den Status sonstiger Personen.
30 
1.3 Die mit Bescheid vom 16.7.2003 verfügte Rücknahme der Einbürgerung des Klägers ist unabhängig von der Frage, ob § 48 LVwVfG hierfür eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt, auch deshalb rechtswidrig, weil sie an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) leidet. Dabei spricht bereits vieles dafür, dass der angefochtene Ausgangsbescheid an einem vollständigen Ermessensausfall und deshalb an einem nicht heilbaren Ermessensfehler leidet. Der nach der Tatbestandsprüfung erfolgte Hinweis des Landratsamts, wonach aufgrund der dargelegten Gesamtumstände von einer arglistigen Täuschung auszugehen und damit die Rücknahme der Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zu verfügen sei, deutet darauf hin, dass der Beklagte das auch im Fall einer Täuschung zwingend auszuübende umfassende Rücknahmeermessen nicht erkannt hat (vgl. zu diesem Erfordernis Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 3.6.2003 und 9.9.2003, a.a.O.). Jedenfalls hat es das Landratsamt versäumt, die für eine Ermessensausübung über die Rücknahme maßgeblichen Umstände in seine Erwägungen einzustellen. So ist ein durchgreifender Ermessensfehler bereits darin zu sehen, dass der Beklagte weder die Dauer der seit der Einbürgerung des Klägers verstrichenen Zeit als solche noch die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt hat. Ebenso blieben die möglichen aufenthaltsrechtlichen Folgen einer Rücknahme der Einbürgerung für den Kläger gänzlich unberücksichtigt. Gleiches gilt für die im Rahmen des Rücknahmeermessens zentrale Frage, ob der Betroffene bei erfolgter Rücknahme staatenlos wird oder ob er seine frühere Staatsangehörigkeit beibehalten hat bzw. diese in zumutbarer Weise wieder erlangen könnte. Auch der für die gerichtliche Ermessenskontrolle (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgebliche Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 heilt diese Ermessensfehler nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Regierungspräsidium überhaupt ergänzende eigene Ermessenserwägungen angestellt hat oder sich lediglich auf eine Ermessensüberprüfung der Ausgangsbehörde beschränkt hat, wofür freilich die im Widerspruchsbescheid verwendete Formulierung spricht. Jedenfalls hat auch das Regierungspräsidium nicht aufgeklärt, ob der Kläger durch die Rücknahme staatenlos wurde oder nicht. Die Widerspruchsbehörde hätte sich im Rahmen einer etwaigen Ermessensausübung nicht mit dem Hinweis begnügen dürfen, wonach sich aus den Einbürgerungsakten nicht ergebe, ob ein Verzicht auf die pakistanische Staatsangehörigkeit wie nach pakistanischem Recht maßgeblich registriert worden ist oder nicht.
31 
2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid ist zu Recht vom Verwaltungsgericht auch insoweit aufgehoben worden, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde und seiner deutschen Identitätspapiere aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig.
32 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 137 VwGO vorliegt. Zwar ist die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, nicht geklärt; eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung war dem Senat jedoch verwehrt, da der angegriffene Rücknahmebescheid unabhängig von dieser ungeklärten Frage wegen eines Ermessensfehlers aufzuheben war. Die Frage, dass im Rahmen einer Rücknahme der Einbürgerung umfassend Ermessen auszuüben ist, ist nach dem oben Gesagten in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abschließend geklärt; welche Ermessenserwägungen zu fordern sind, ist eine im Revisionsverfahren nicht zu klärende Frage des Einzelfalls.
34 
Beschluss
vom 9. August 2007
35 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
36 
In Anlehnung an Ziff. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
37 
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Beklagten entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
22 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den erforderlichen formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), hat sachlich keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Bescheid des Beklagten vom 16.7.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 aufgehoben, weil diese rechtswidrig sind und den Kläger in eigenen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die verfügte Verpflichtung, die Einbürgerungsurkunde sowie die deutschen Ausweispapiere zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
24 
1.1 Für die verfügte Rücknahme der im Jahre 1993 erfolgten Einbürgerung fehlt es bereits an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Allerdings kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 - DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6/03 - DVBl. 2004, 322, Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht seit jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG -, nach dessen § 9 (damals noch RuStAG) der Kläger eingebürgert wurde, enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach § 9 RuStAG bzw. StAG anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 - InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
25 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vg. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 - AuAS 2007,77). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie vom Betroffenen auf vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und zeitnah erfolgt. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer zeitnahen Rücknahme liegt hier nicht vor. Hierzu im einzelnen:
26 
Dahingestellt kann mit dem Verwaltungsgericht bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom ... tatsächlich wegen Bestehens einer Scheinehe bzw. Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft bereits vor erfolgter Einbürgerung im August 1992 rechtswidrig war, wie von dem Beklagten in der angefochtenen Verfügung angenommen. Zwar ist im Ergebnis dem Beklagten zuzustimmen, dass das Vorliegen einer Scheinehe oder die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht bereits den Tatbestand des § 9 StAG entfallen lässt, aber die Annahme eines atypischen Falles rechtfertigt, welcher der Staatsangehörigkeitsbehörde die Möglichkeit eröffnet, die Einbürgerung ausnahmsweise nach Ermessen zu verweigern, so dass bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen regelmäßig von einer rechtswidrigen Einbürgerung ausgegangen werden kann (vgl. hierzu umfassend Urteil des Senats vom 29.11.2002, a.a.O.). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, kann für die Entscheidung ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob der Kläger eine etwaige rechtswidrige Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat. Denn auch eine erschlichene rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.) auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris).
27 
Die von dem Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort zwischen der Einbürgerung und der Rücknahme derselben ein Zeitraum von knapp über zwei Jahren lag. Unter Hervorhebung dieses Umstandes haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Dieser Umstand wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn 72, 73, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird mehrfach dargelegt, dass in dem Fall, in dem der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt habe und diese zeitnah zurückgenommen werde, der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan werde, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme voraussehen konnte (vgl. Rn 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden vier Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, Rn 85) hinreichend und unproblematisch durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme des Beklagten zwingend, dass § 48 LVwVfG in den Fällen einer nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist entgegen der Annahme des Beklagten nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage bei nicht zeitnaher Rücknahme offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Einbürgerung darstellt, wenn diese aufgrund eines bestehenden zeitlichen Zusammenhangs den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Vorhersehbarkeit und Normenklarheit genügt. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei einer zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen (vgl. hierzu auch umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.).
28 
Für diese Auslegung sprechen im übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigkeitsstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Der hierdurch vermittelte Status bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände selbst bei arglistigem Handeln des Betroffenen nicht ohne weiteres zeitlich unbegrenzt überwiegt. Auch an den wenigen bestehenden Spezialregelungen zeigt sich, dass der Gesetzgeber dem Stabilitätsanliegen im Staatsangehörigkeitswesen besonderes Gewicht zumisst. So kann gemäß § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden, selbst wenn die Einbürgerung durch schuldhafte Falschangaben des Betroffenen erwirkt worden ist. Auch die vorgesehene Neuregelung in § 3 des StAG, wonach die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben soll, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat, spricht dafür, dass nach Auffassung des Gesetzgebers Vertrauensschutzgesichtspunkten und Stabilitätserwägungen im Bereich des Staatsangehörigkeitswesens zentrale Bedeutung zukommt. Auch der Umstand, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG, wonach die Rücknahme grundsätzlich nur binnen eines Jahres ab Kenntniserlangung der Behörde von den rücknahmebegründenden Tatsachen zulässig ist, im Fall einer durch arglistige Täuschung erwirkten Einbürgerung gerade nicht anwendbar ist, spricht dafür, eine absolute zeitliche Rücknahmegrenze zu fordern.
29 
1.2 Die Einbürgerung des Klägers ist nicht in diesem Sinne „zeitnah“ zurückgenommen worden. Der in dem vorstehend erwähnten Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwendete Begriff „zeitnah“ bezieht sich auf den von der Einbürgerung bis zu ihrer Rücknahme verstrichenen Zeitraum, nicht auf eine Entschließungsfrist der Behörde ab Kenntniserlangung der rücknahmebegründenden Umstände. Dieser absolute zeitliche Rahmen und nicht etwa die Entschließungsfrist der Behörde war im Vorfeld der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gegenstand der in Rechtsprechung und Literatur geführten Diskussion über die zeitliche Begrenzung der Befugnis der Behörde zur Rücknahme der Einbürgerung (vgl. umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.; zusammenfassend Nettersheim, DVBl. 2004, 1144). Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am ... und deren Rücknahme am 16.7.2003 verstrichenen Zeitraum von über zehn Jahren kann jedenfalls nicht mehr von einer zeitnahen Rücknahme gesprochen werden. Gleiches gilt im übrigen, wenn entsprechend der Ansicht des Beklagten lediglich auf den verstrichenen Zeitraum bis zur Kenntniserlangung des Klägers von der beabsichtigten Rücknahme durch Anhörungsschreiben vom ... abzustellen wäre. Bei Klärung der Frage, was unter „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen ist, ist maßgeblich auf die Bedeutung der Staatsangehörigkeit sowohl für den Einzelnen als auch für die staatliche Gemeinschaft abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass mit zunehmendem Zeitablauf zahlreiche an die Staatsangehörigkeit geknüpfte Rechte und Pflichten verwirklicht sein werden, die durch eine Rücknahme nicht mehr folgenlos beseitigt werden können. Wie das Bundesverfassungsgericht zu Recht betont, begründet die Staatsangehörigkeit des Einzelnen regelmäßig nicht nur für diesen selbst Rechtstellungen und Pflichten, sondern hat regelmäßig auch Weiterungen auf den Status sonstiger Personen.
30 
1.3 Die mit Bescheid vom 16.7.2003 verfügte Rücknahme der Einbürgerung des Klägers ist unabhängig von der Frage, ob § 48 LVwVfG hierfür eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt, auch deshalb rechtswidrig, weil sie an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) leidet. Dabei spricht bereits vieles dafür, dass der angefochtene Ausgangsbescheid an einem vollständigen Ermessensausfall und deshalb an einem nicht heilbaren Ermessensfehler leidet. Der nach der Tatbestandsprüfung erfolgte Hinweis des Landratsamts, wonach aufgrund der dargelegten Gesamtumstände von einer arglistigen Täuschung auszugehen und damit die Rücknahme der Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zu verfügen sei, deutet darauf hin, dass der Beklagte das auch im Fall einer Täuschung zwingend auszuübende umfassende Rücknahmeermessen nicht erkannt hat (vgl. zu diesem Erfordernis Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 3.6.2003 und 9.9.2003, a.a.O.). Jedenfalls hat es das Landratsamt versäumt, die für eine Ermessensausübung über die Rücknahme maßgeblichen Umstände in seine Erwägungen einzustellen. So ist ein durchgreifender Ermessensfehler bereits darin zu sehen, dass der Beklagte weder die Dauer der seit der Einbürgerung des Klägers verstrichenen Zeit als solche noch die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt hat. Ebenso blieben die möglichen aufenthaltsrechtlichen Folgen einer Rücknahme der Einbürgerung für den Kläger gänzlich unberücksichtigt. Gleiches gilt für die im Rahmen des Rücknahmeermessens zentrale Frage, ob der Betroffene bei erfolgter Rücknahme staatenlos wird oder ob er seine frühere Staatsangehörigkeit beibehalten hat bzw. diese in zumutbarer Weise wieder erlangen könnte. Auch der für die gerichtliche Ermessenskontrolle (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgebliche Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 heilt diese Ermessensfehler nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Regierungspräsidium überhaupt ergänzende eigene Ermessenserwägungen angestellt hat oder sich lediglich auf eine Ermessensüberprüfung der Ausgangsbehörde beschränkt hat, wofür freilich die im Widerspruchsbescheid verwendete Formulierung spricht. Jedenfalls hat auch das Regierungspräsidium nicht aufgeklärt, ob der Kläger durch die Rücknahme staatenlos wurde oder nicht. Die Widerspruchsbehörde hätte sich im Rahmen einer etwaigen Ermessensausübung nicht mit dem Hinweis begnügen dürfen, wonach sich aus den Einbürgerungsakten nicht ergebe, ob ein Verzicht auf die pakistanische Staatsangehörigkeit wie nach pakistanischem Recht maßgeblich registriert worden ist oder nicht.
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2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid ist zu Recht vom Verwaltungsgericht auch insoweit aufgehoben worden, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde und seiner deutschen Identitätspapiere aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 137 VwGO vorliegt. Zwar ist die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, nicht geklärt; eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung war dem Senat jedoch verwehrt, da der angegriffene Rücknahmebescheid unabhängig von dieser ungeklärten Frage wegen eines Ermessensfehlers aufzuheben war. Die Frage, dass im Rahmen einer Rücknahme der Einbürgerung umfassend Ermessen auszuüben ist, ist nach dem oben Gesagten in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abschließend geklärt; welche Ermessenserwägungen zu fordern sind, ist eine im Revisionsverfahren nicht zu klärende Frage des Einzelfalls.
34 
Beschluss
vom 9. August 2007
35 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
36 
In Anlehnung an Ziff. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
37 
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. August 2007 - 11 K 4364/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung des Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm erhobene Klage; Gegenstand der Klage ist die Verfügung der Beklagten vom 9.11.2005 (bzw. der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart), mit der die Beklagte die am 5.11.2004 erfolgte Einbürgerung des Klägers zurückgenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe wissen müssen, dass er vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 noch nicht deutscher Staatsangehöriger sei; jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung sei ihm klar gewesen, dass die Einbürgerung noch nicht erfolgt sei.
Der Kläger trägt mit der Beschwerde vor, nicht nur er, sondern auch sein damaliger Prozessbevollmächtigter sei davon ausgegangen, dass die Einbürgerung bereits vor der Aushändigung der Urkunde wirksam geworden sei; eine bewusste und absichtliche Täuschung der Einbürgerungsbehörde bei der Entgegennahme der Einbürgerungsurkunde (Täuschung über ein anhängiges Strafverfahren bzw. über eine zuvor bereits erfolgte Inhaftierung) könne man ihm daher nicht vorwerfen. Wenn er erst mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfahre, dass er zuvor noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, sei es für eine entsprechende Reaktion (Mitteilung des Strafverfahrens) zu spät. Im Übrigen sei fraglich, wie präsent es ihm im November 2004 noch gewesen sei, die Einleitung eines Strafverfahrens oder Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch bei Anwendung des in diesem Zusammenhang gebotenen großzügigen Maßstabs zu Recht abgelehnt.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet und auch nicht mutwillig erscheint; in diesem Zusammenhang kann hinreichende Erfolgsaussicht vor allem dann angenommen werden, wenn der Ausgang des Verfahrens sich als hinreichend offen darstellt (siehe dazu im einzelnen BVerfG, Beschlüsse vom 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 2976, vom 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, InfAuslR 2006, 377 und vom 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). An einer solchen „Offenheit“ des Prozessausgangs fehlt es im vorliegenden Fall.
Dass die (erst) mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfolgte Einbürgerung des Klägers (siehe § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) im Sinn des § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtswidrig war, ergibt sich aus § 88 Abs. 3 Satz 1 des für die Einbürgerung des Klägers damals noch anwendbaren AuslG (jetzt § 12 a Abs. 3 StAG); nach dieser Vorschrift ist nämlich „die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens ... auszusetzen“, wenn gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird. Diese Ermittlungen waren im vorliegenden Fall am Tag der Einbürgerung bereits anhängig, da der Kläger wenige Tage zuvor - am 3.11.2004 - wegen eines Drogendelikts in Untersuchungshaft genommen worden war. § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG ist dabei nicht nur eine bloße Verfahrensvorschrift; wird gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung im Sinn von § 48 Abs. 1 LVwVfG fehlerhaft (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, NVwZ 2004, 489).
Dass der Behörde im Fall einer fehlerhaften Einbürgerung die Rücknahmemöglichkeit nach den landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen rechtlich eröffnet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (siehe BVerwG a.a.O.; siehe zuletzt BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 13 S 2794/06 -). Jedenfalls für die Fallgestaltung erschlichener Einbürgerungen (siehe dazu § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) ist die Rücknahmemöglichkeit nicht mehr streitig; das gleiche gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.9.2007 a.a.O.) dort, wo zwar keine arglistige Täuschung, aber sonstiges vergleichbar vorwerfbares Verhalten zur Einbürgerung geführt hat. Im vorliegenden Fall geht der Senat allerdings unmittelbar von arglistiger Täuschung des Klägers durch Verschweigen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens bzw. seiner zuvor erfolgten Inhaftierung aus. Das der Einbürgerungszusicherung vom 5.8.2003 beigefügte Schreiben enthält den Zusatz, „auf die Beachtung des beigefügten Merkblattes zur Einbürgerungszusicherung“ werde hingewiesen, und dort heißt es, u.a. die Einleitung eines Strafverfahrens sei der Behörde als Änderung der persönlichen Verhältnisse mitzuteilen. Anhaltspunkte dafür, dass das Merkblatt dem genannten Schreiben entgegen dessen Wortlaut nicht beigefügt war, hat der Senat nicht.; die Tatsache, dass es sich nicht bei den Akten befindet, reicht als Beleg dafür nicht aus. Auch die Einbürgerungszusicherung selbst enthält zudem den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Einbürgerungsbewerbers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Von daher wird im Klageverfahren ohne unzulässige Vorwegnahme einer Beweisaufnahme davon auszugehen sein, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Einbürgerung die Verpflichtung bewusst war, die Einleitung eines Strafverfahrens bzw. seine Inhaftierung der Behörde anzuzeigen. Diese Verpflichtung hat er offensichtlich verletzt. Weder er selbst noch sein damaliger Strafverteidiger hat der Behörde mitgeteilt, aus welchen Gründen (Inhaftierung) die Einbürgerungsurkunde von ihm nicht persönlich entgegengenommen werden kann, obwohl die Angabe des Verhinderungsgrundes durchaus nahegelegen hätte. Nach der kurzzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft (3.11.2004) hat der Kläger die Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 selbst entgegengenommen, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt - weder bei dieser Gelegenheit noch vorher - auf die auch aus Laiensicht wesentliche Änderung der Sachlage hinzuweisen. Damit liegt im Rechtssinn auch bei Zugrundelegung des im Prozeßkostenhilfeverfahrens gebotenen großzügigen Maßstabs eine arglistige Täuschung durch Unterlassen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) vor (siehe auch VG Arnsberg, Urteil vom 7.9.2005 - 1 K 4045/04 -, juris; zur Täuschung durch Verschweigen siehe auch BVerwG, Urteil vom 18.9.1985 - 2 C 30.84 -, ZBR 1986, 52 m.w.N.).
Der Vortrag des Klägers, er sei am 5.11.2004 davon ausgegangen, dass er bereits deutscher Staatsangehöriger sei, erscheint auch dem Senat nicht als glaubhaft. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger bei seiner Inhaftierung als Staatsangehöriger von Serbien/Montenegro geführt worden ist, ohne dass sich aus der Akte irgendwelche Reaktionen von seiner Seite hierzu ergeben. Hiergegen könnte eingewendet werden, dem Kläger sei diese Einstufung nicht bekannt geworden; allerdings liegt eine solche Annahme - Aufnahme eines Häftlings in die Vollzugsanstalt ohne dessen Mitwirkung und Befragung zu den Personaldaten - nicht unbedingt nahe. Vor allem fehlt es jedoch an jeder behördlichen Äußerung dem Kläger gegenüber, die sich auch aus Laiensicht bereits als Vollzug einer Einbürgerung auffassen ließe. Das Schreiben der Beklagten vom 1.10.2004, auf das sich der Kläger in diesem Zusammenhang (auch) beruft, stellt lediglich eine Ladung zum persönlichen Erscheinen am 18.10.2004 zum Zweck der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde dar; aus ihm lässt sich auch für einen Rechtsunkundigen weder entnehmen, dass eine Einbürgerung bereits erfolgt sei noch dass sie mit diesem Schreiben erfolge. Angesichts der auch einem Laien bekannten großen statusrechtlichen Bedeutung einer Einbürgerung kann nicht angenommen werden, dass der Kläger dem Vorladungsschreiben eine so weitgehende konstitutive Bedeutung beigemessen haben will. Er wird kaum einen Staat geben - jedenfalls nicht im bürokratisch organisierten Westeuropa -, der eine Einbürgerung der hier streitigen Art gewissermaßen automatisch d.h. ohne jede weitere individuelle staatliche Äußerung vorsieht. Im Übrigen ergab sich auch aus der dem Kläger zuvor ausgehändigten Einbürgerungszusicherung selbst, dass die Einbürgerung eine weitere gesonderte Behördenentscheidung voraussetzt, bei der Sachverhaltsänderungen berücksichtigt werden. Alles spricht umgekehrt dafür, dass die Tatsache der Inhaftierung bewusst verschwiegen wurde, um auf direktem oder indirektem Weg die Einbürgerungsurkunde - an deren Besitz dem Kläger doch offenbar sehr gelegen war - zu erhalten. Das bestätigt auch der bei den Akten des Regierungspräsidiums dokumentierte Vermerk vom 16.11.2004, wonach der Kläger mitgeteilt hat, dass er „seit dem 5.11.2004“ (also seit Aushändigung der Staatsangehörigkeitsurkunde) die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Von einer zeitlich früheren Einbürgerung sprach der Kläger offenbar nicht. Angesichts des Wortlauts des Vermerks drängt sich jedenfalls die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme hierzu durch Vernehmung des damaligen Bediensteten nicht auf. Soweit der Strafverteidiger des Klägers am 20.4.2006 seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, er sei „zum 15.10.2004“ davon ausgegangen, das Einbürgerungsverfahren sei abgeschlossen, und „zur Disposition“ habe lediglich die Übergabe der Urkunde gestanden, lässt sich dies kaum mit seinem Schriftsatz vom 29.9.2005 an die Beklagte vereinbaren. Dort führt er aus, eine Mitteilungspflicht des Klägers habe nur bis zum 4.10.2004 bestehen können, weil die Einbürgerungsurkunde das Datum des 4.10.2004 trage. Diese Urkunde, die den ausdrücklichen Zusatz enthält, „mit dem Zeitpunkt der Aushändigung (werde) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben“, wurde dem Kläger jedoch erst am 5.11.2004 ausgehändigt. Das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde kann ihm damit erst zum Zeitpunkt ihrer Aushändigung bekannt geworden sein, so dass sich für die behauptete gutgläubige Annahme des früheren Erwerbs der Staatsangehörigkeit hieraus nichts ableiten läßt. Auch waren zu dem von dem Strafverteidiger des Klägers als Bezugspunkt genannten Zeitpunkt (15.10.2004) die für die Einbürgerung fälligen Gebühren noch nicht beglichen, wie sich aus dem Schreiben vom 15.10.2004 an die Beklagte ergibt. Diese Bedingung der Urkundenaushändigung (vgl. das Schreiben der Behörde vom 1.10.2004) war damit noch nicht erfüllt. Woraus der Verteidiger des Klägers gleichwohl geschlossen haben will, die Einbürgerung sei bereits erfolgt, ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Hiervon abgesehen käme es auch nicht auf einen Irrtum des damaligen Prozessbevollmächtigten, sondern auf den Wissensstand des Klägers selbst an. Auch dieser konnte - wie dargelegt - aus keinem konkreten Umstand folgern, er sei bereits vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde Deutscher geworden.
Soweit geltend gemacht wird, eine Einbürgerungsurkunde könne durchaus auch einem Bevollmächtigten ausgehändigt werden, stellt dies die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, da es im vorliegenden Fall auch an einer solchen Aushändigung - z.B. an den damaligen Bevollmächtigten - fehlt. Zur gesetzlich festgelegten Bedeutung der Aushändigung (siehe dazu § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) besagt dies ohnehin nichts.
Sonstige Rechtswidrigkeitsgründe sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich; insbesondere ist die Rücknahme zeitnah erfolgt (vgl. dazu BVerfG a.a.O.).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für die Zurückweisung einer Beschwerde in Prozesskostenhilfesachen eine Festgebühr vorgesehen ist.
11 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Einbürgerung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Einbürgerungsurkunde. Vor der Aushändigung ist folgendes feierliches Bekenntnis abzugeben: "Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte."; § 10 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Bei der Einbürgerung bleiben außer Betracht:

1.
die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz,
2.
Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen und
3.
Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer wegen einer rechtswidrigen antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Tat im Sinne von § 46 Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuches zu einer Freiheits-, Geld- oder Jugendstrafe verurteilt und ein solcher Beweggrund im Rahmen des Urteils festgestellt worden ist. Bei mehreren Verurteilungen zu Geld- oder Freiheitsstrafen im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 und 3 sind diese zusammenzuzählen, es sei denn, es wird eine niedrigere Gesamtstrafe gebildet; treffen Geld- und Freiheitsstrafe zusammen, entspricht ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe. Übersteigt die Strafe oder die Summe der Strafen geringfügig den Rahmen nach den Sätzen 1 und 3, so wird im Einzelfall entschieden, ob diese außer Betracht bleiben kann. Ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 5 oder 6 des Strafgesetzbuches angeordnet worden, so wird im Einzelfall entschieden, ob die Maßregel der Besserung und Sicherung außer Betracht bleiben kann.

(2) Ausländische Verurteilungen zu Strafen sind zu berücksichtigen, wenn die Tat im Inland als strafbar anzusehen ist, die Verurteilung in einem rechtsstaatlichen Verfahren ausgesprochen worden ist und das Strafmaß verhältnismäßig ist. Eine solche Verurteilung kann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn sie nach dem Bundeszentralregistergesetz zu tilgen wäre. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) Wird gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt, ist die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens, im Falle der Verurteilung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils auszusetzen. Das Gleiche gilt, wenn die Verhängung der Jugendstrafe nach § 27 des Jugendgerichtsgesetzes ausgesetzt ist.

(4) Im Ausland erfolgte Verurteilungen und im Ausland anhängige Ermittlungs- und Strafverfahren sind im Einbürgerungsantrag aufzuführen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. August 2007 - 11 K 4364/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung des Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm erhobene Klage; Gegenstand der Klage ist die Verfügung der Beklagten vom 9.11.2005 (bzw. der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart), mit der die Beklagte die am 5.11.2004 erfolgte Einbürgerung des Klägers zurückgenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe wissen müssen, dass er vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 noch nicht deutscher Staatsangehöriger sei; jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung sei ihm klar gewesen, dass die Einbürgerung noch nicht erfolgt sei.
Der Kläger trägt mit der Beschwerde vor, nicht nur er, sondern auch sein damaliger Prozessbevollmächtigter sei davon ausgegangen, dass die Einbürgerung bereits vor der Aushändigung der Urkunde wirksam geworden sei; eine bewusste und absichtliche Täuschung der Einbürgerungsbehörde bei der Entgegennahme der Einbürgerungsurkunde (Täuschung über ein anhängiges Strafverfahren bzw. über eine zuvor bereits erfolgte Inhaftierung) könne man ihm daher nicht vorwerfen. Wenn er erst mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfahre, dass er zuvor noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, sei es für eine entsprechende Reaktion (Mitteilung des Strafverfahrens) zu spät. Im Übrigen sei fraglich, wie präsent es ihm im November 2004 noch gewesen sei, die Einleitung eines Strafverfahrens oder Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch bei Anwendung des in diesem Zusammenhang gebotenen großzügigen Maßstabs zu Recht abgelehnt.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet und auch nicht mutwillig erscheint; in diesem Zusammenhang kann hinreichende Erfolgsaussicht vor allem dann angenommen werden, wenn der Ausgang des Verfahrens sich als hinreichend offen darstellt (siehe dazu im einzelnen BVerfG, Beschlüsse vom 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 2976, vom 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, InfAuslR 2006, 377 und vom 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). An einer solchen „Offenheit“ des Prozessausgangs fehlt es im vorliegenden Fall.
Dass die (erst) mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfolgte Einbürgerung des Klägers (siehe § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) im Sinn des § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtswidrig war, ergibt sich aus § 88 Abs. 3 Satz 1 des für die Einbürgerung des Klägers damals noch anwendbaren AuslG (jetzt § 12 a Abs. 3 StAG); nach dieser Vorschrift ist nämlich „die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens ... auszusetzen“, wenn gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird. Diese Ermittlungen waren im vorliegenden Fall am Tag der Einbürgerung bereits anhängig, da der Kläger wenige Tage zuvor - am 3.11.2004 - wegen eines Drogendelikts in Untersuchungshaft genommen worden war. § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG ist dabei nicht nur eine bloße Verfahrensvorschrift; wird gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung im Sinn von § 48 Abs. 1 LVwVfG fehlerhaft (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, NVwZ 2004, 489).
Dass der Behörde im Fall einer fehlerhaften Einbürgerung die Rücknahmemöglichkeit nach den landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen rechtlich eröffnet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (siehe BVerwG a.a.O.; siehe zuletzt BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 13 S 2794/06 -). Jedenfalls für die Fallgestaltung erschlichener Einbürgerungen (siehe dazu § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) ist die Rücknahmemöglichkeit nicht mehr streitig; das gleiche gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.9.2007 a.a.O.) dort, wo zwar keine arglistige Täuschung, aber sonstiges vergleichbar vorwerfbares Verhalten zur Einbürgerung geführt hat. Im vorliegenden Fall geht der Senat allerdings unmittelbar von arglistiger Täuschung des Klägers durch Verschweigen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens bzw. seiner zuvor erfolgten Inhaftierung aus. Das der Einbürgerungszusicherung vom 5.8.2003 beigefügte Schreiben enthält den Zusatz, „auf die Beachtung des beigefügten Merkblattes zur Einbürgerungszusicherung“ werde hingewiesen, und dort heißt es, u.a. die Einleitung eines Strafverfahrens sei der Behörde als Änderung der persönlichen Verhältnisse mitzuteilen. Anhaltspunkte dafür, dass das Merkblatt dem genannten Schreiben entgegen dessen Wortlaut nicht beigefügt war, hat der Senat nicht.; die Tatsache, dass es sich nicht bei den Akten befindet, reicht als Beleg dafür nicht aus. Auch die Einbürgerungszusicherung selbst enthält zudem den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Einbürgerungsbewerbers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Von daher wird im Klageverfahren ohne unzulässige Vorwegnahme einer Beweisaufnahme davon auszugehen sein, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Einbürgerung die Verpflichtung bewusst war, die Einleitung eines Strafverfahrens bzw. seine Inhaftierung der Behörde anzuzeigen. Diese Verpflichtung hat er offensichtlich verletzt. Weder er selbst noch sein damaliger Strafverteidiger hat der Behörde mitgeteilt, aus welchen Gründen (Inhaftierung) die Einbürgerungsurkunde von ihm nicht persönlich entgegengenommen werden kann, obwohl die Angabe des Verhinderungsgrundes durchaus nahegelegen hätte. Nach der kurzzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft (3.11.2004) hat der Kläger die Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 selbst entgegengenommen, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt - weder bei dieser Gelegenheit noch vorher - auf die auch aus Laiensicht wesentliche Änderung der Sachlage hinzuweisen. Damit liegt im Rechtssinn auch bei Zugrundelegung des im Prozeßkostenhilfeverfahrens gebotenen großzügigen Maßstabs eine arglistige Täuschung durch Unterlassen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) vor (siehe auch VG Arnsberg, Urteil vom 7.9.2005 - 1 K 4045/04 -, juris; zur Täuschung durch Verschweigen siehe auch BVerwG, Urteil vom 18.9.1985 - 2 C 30.84 -, ZBR 1986, 52 m.w.N.).
Der Vortrag des Klägers, er sei am 5.11.2004 davon ausgegangen, dass er bereits deutscher Staatsangehöriger sei, erscheint auch dem Senat nicht als glaubhaft. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger bei seiner Inhaftierung als Staatsangehöriger von Serbien/Montenegro geführt worden ist, ohne dass sich aus der Akte irgendwelche Reaktionen von seiner Seite hierzu ergeben. Hiergegen könnte eingewendet werden, dem Kläger sei diese Einstufung nicht bekannt geworden; allerdings liegt eine solche Annahme - Aufnahme eines Häftlings in die Vollzugsanstalt ohne dessen Mitwirkung und Befragung zu den Personaldaten - nicht unbedingt nahe. Vor allem fehlt es jedoch an jeder behördlichen Äußerung dem Kläger gegenüber, die sich auch aus Laiensicht bereits als Vollzug einer Einbürgerung auffassen ließe. Das Schreiben der Beklagten vom 1.10.2004, auf das sich der Kläger in diesem Zusammenhang (auch) beruft, stellt lediglich eine Ladung zum persönlichen Erscheinen am 18.10.2004 zum Zweck der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde dar; aus ihm lässt sich auch für einen Rechtsunkundigen weder entnehmen, dass eine Einbürgerung bereits erfolgt sei noch dass sie mit diesem Schreiben erfolge. Angesichts der auch einem Laien bekannten großen statusrechtlichen Bedeutung einer Einbürgerung kann nicht angenommen werden, dass der Kläger dem Vorladungsschreiben eine so weitgehende konstitutive Bedeutung beigemessen haben will. Er wird kaum einen Staat geben - jedenfalls nicht im bürokratisch organisierten Westeuropa -, der eine Einbürgerung der hier streitigen Art gewissermaßen automatisch d.h. ohne jede weitere individuelle staatliche Äußerung vorsieht. Im Übrigen ergab sich auch aus der dem Kläger zuvor ausgehändigten Einbürgerungszusicherung selbst, dass die Einbürgerung eine weitere gesonderte Behördenentscheidung voraussetzt, bei der Sachverhaltsänderungen berücksichtigt werden. Alles spricht umgekehrt dafür, dass die Tatsache der Inhaftierung bewusst verschwiegen wurde, um auf direktem oder indirektem Weg die Einbürgerungsurkunde - an deren Besitz dem Kläger doch offenbar sehr gelegen war - zu erhalten. Das bestätigt auch der bei den Akten des Regierungspräsidiums dokumentierte Vermerk vom 16.11.2004, wonach der Kläger mitgeteilt hat, dass er „seit dem 5.11.2004“ (also seit Aushändigung der Staatsangehörigkeitsurkunde) die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Von einer zeitlich früheren Einbürgerung sprach der Kläger offenbar nicht. Angesichts des Wortlauts des Vermerks drängt sich jedenfalls die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme hierzu durch Vernehmung des damaligen Bediensteten nicht auf. Soweit der Strafverteidiger des Klägers am 20.4.2006 seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, er sei „zum 15.10.2004“ davon ausgegangen, das Einbürgerungsverfahren sei abgeschlossen, und „zur Disposition“ habe lediglich die Übergabe der Urkunde gestanden, lässt sich dies kaum mit seinem Schriftsatz vom 29.9.2005 an die Beklagte vereinbaren. Dort führt er aus, eine Mitteilungspflicht des Klägers habe nur bis zum 4.10.2004 bestehen können, weil die Einbürgerungsurkunde das Datum des 4.10.2004 trage. Diese Urkunde, die den ausdrücklichen Zusatz enthält, „mit dem Zeitpunkt der Aushändigung (werde) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben“, wurde dem Kläger jedoch erst am 5.11.2004 ausgehändigt. Das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde kann ihm damit erst zum Zeitpunkt ihrer Aushändigung bekannt geworden sein, so dass sich für die behauptete gutgläubige Annahme des früheren Erwerbs der Staatsangehörigkeit hieraus nichts ableiten läßt. Auch waren zu dem von dem Strafverteidiger des Klägers als Bezugspunkt genannten Zeitpunkt (15.10.2004) die für die Einbürgerung fälligen Gebühren noch nicht beglichen, wie sich aus dem Schreiben vom 15.10.2004 an die Beklagte ergibt. Diese Bedingung der Urkundenaushändigung (vgl. das Schreiben der Behörde vom 1.10.2004) war damit noch nicht erfüllt. Woraus der Verteidiger des Klägers gleichwohl geschlossen haben will, die Einbürgerung sei bereits erfolgt, ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Hiervon abgesehen käme es auch nicht auf einen Irrtum des damaligen Prozessbevollmächtigten, sondern auf den Wissensstand des Klägers selbst an. Auch dieser konnte - wie dargelegt - aus keinem konkreten Umstand folgern, er sei bereits vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde Deutscher geworden.
Soweit geltend gemacht wird, eine Einbürgerungsurkunde könne durchaus auch einem Bevollmächtigten ausgehändigt werden, stellt dies die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, da es im vorliegenden Fall auch an einer solchen Aushändigung - z.B. an den damaligen Bevollmächtigten - fehlt. Zur gesetzlich festgelegten Bedeutung der Aushändigung (siehe dazu § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) besagt dies ohnehin nichts.
Sonstige Rechtswidrigkeitsgründe sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich; insbesondere ist die Rücknahme zeitnah erfolgt (vgl. dazu BVerfG a.a.O.).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für die Zurückweisung einer Beschwerde in Prozesskostenhilfesachen eine Festgebühr vorgesehen ist.
11 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 19. September 2006 – 2 K 69/06 – und unter Aufhebung des Bescheids vom 4. August 2005 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.

Der am ... geborene Kläger, ehemaliger jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit, reiste 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung trug er vor, er sei wegen seines Engagements für eine Kosovo-Republik mehrfach inhaftiert worden.

Gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erhob der Kläger Klage. Im gerichtlichen Verfahren legte er eine Bescheinigung des Demokratischen Bundes von Kosovo (LDK) – Zweigstelle des Saarlandes – vor, wonach er u.a. Vorstandsmitglied des LDK für das Saarland und Delegat der Zweigstelle des LDK Deutschland sei. Mit Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts vom 31.08.1995 – 5 K 729/94.A – wurde das Bundesamt verpflichtet, den Kläger (und seine Ehefrau) als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung heißt es, der Kläger habe glaubhaft dargelegt, in seiner Heimat über mehrere Jahre hinweg politisch aktiv für die Selbständigkeit der Republik Kosovo eingetreten zu sein. Er sei Mitglied einer im Jahre 1991 gegründeten Organisation für Volksverteidigung gewesen, deren Ziel die Selbstverteidigung für den Fall eines serbischen Überfalls gewesen sei. Neben seinem Engagement in dieser Organisation sei er auch im Vorstand eines Zweiges des LDK gewesen. Auch in Deutschland betätige er sich in exponierter Stellung im LDK.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erkannte den Kläger mit Bescheid vom 16.10.1995 als Asylberechtigten an und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Die Gemeinsame Ausländerbehörde beim Landrat in Saarlouis erteilte unter dem 27.10.1995 dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und stellte ihm einen Reiseausweis aus.

Unter dem 20.05.2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Einbürgerung. In dem Antrag erklärte er u.a., dass er bereit sei, seine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung die erforderlichen Schritte zu unternehmen.

Mit Bescheid vom 26.01.2004 widerrief das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anerkennung des Klägers und seiner Ehefrau als Asylberechtigte ebenso wie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG lägen nicht vor. Zur Begründung heißt es, mit dem Einmarsch der KFOR im Juni 1999 habe das damalige Verfolgerregime unter Slobodan Milosevic die Staatsgewalt über den Kosovo verloren. Stattdessen hätten die Vereinten Nationen die Macht übernommen und übten sie durch UNMIK (Zivilverwaltung), KFOR (Streitkräfte) und eine internationale Polizeitruppe aus. Aufgrund dieser gravierenden Veränderungen seien die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte und die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht mehr gegeben. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG lägen auch mit Blick auf die behauptete Feindschaft zwischen dem Kläger und der Gruppe um Ibrahim Rugova nicht vor.

Gegen diesen Bescheid haben der Kläger und seine Ehefrau Klage erhoben, die mit Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23.05.2006 – 10 K 27/04.A – rechtskräftig abgewiesen worden ist. Das auf Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG (zuvor § 53 Abs. 6 AuslG) gerichtete Begehren des Klägers und seiner Ehefrau ist durch Beschluss der 10. Kammer abgetrennt und zum Ruhen gebracht worden (Gesch.-Nr. 10 K 46/06.A). In den Gründen des Urteils ist ausgeführt, angesichts der ständigen Rechtsprechung der Kammer zu der maßgeblich veränderten Situation im Kosovo führe es zu keiner anderen Bewertung, dass der Kläger wegen seines politischen Engagements und seiner schriftstellerischen Äußerungen nunmehr befürchte, im Falle einer Rückkehr in den Kosovo dort sowohl seitens der ehemaligen serbischen Machthaber als auch aus bestimmten Kreisen der albanischen Unabhängigkeitsbewegung bedroht zu werden. Dies gelte auch für von dem Kläger befürchtete Übergriffe seitens albanischer Gruppierungen, die sich möglicherweise an ihm rächen wollten, weil er gegen die Gruppe um den verstorbenen ehemaligen Parteivorsitzenden des LDK und 1. Präsidenten des Kosovo, Ibrahim Rugova, Stellung genommen habe und in einigen seiner Schriften, etwa in dem Buch mit dem Titel „Der Clown der Unabhängigkeit“, Ibrahim Rugova lächerlich gemacht habe.

In dem Einbürgerungsverfahren teilte das Landesamt für Verfassungsschutz mit Schreiben vom 23.11.2004 mit, der Kläger sei seit Anfang 1998 im Zusammenhang mit Aktivitäten der UCK/LPK bzw. PDK im Saarland festgestellt worden und könne unter Berücksichtigung aller vorliegenden Erkenntnisse als Aktivist und Führungsfunktionär der Organisation angesehen werden. Im Einzelnen heißt es:

- im Februar 1998 sei der Kläger bei einer Veranstaltung in Homburg als Ansprechpartner der LPK genannt worden;

- im Mai 1998 habe er an einem Treffen von LPK-Anhängern in St. Ingbert teilgenommen und sei Veranstalter/Organisator dieser Veranstaltung gewesen;

- im Januar 1999 sei er als Organisator und Veranstalter einer LPK-Versammlung in Schiffweiler genannt worden;

- im Februar 1999 sei er als einer von mehreren Führungspersönlichkeiten der LPK im Saarland genannt worden, die auch für Spendengeldsammlungen der UCK/LPK verantwortlich seien;

- im März 1999 sei er Teilnehmer einer öffentlichen Kundgebung der LPK in A-Stadt gewesen, bei der zur Unterstützung der UCK aufgefordert und die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes betont worden sei; bei dieser Veranstaltung sei er auch als Redner in Erscheinung getreten;

- im Juni 1999 sei er als LPK-Funktionär mit dem Zuständigkeitsbereich St. Ingbert genannt worden und auch Leiter einer Gedenkveranstaltung für einen getöteten UCK-Kommandanten gewesen;

- im Mai 2000 sei er als „früherer saarländischer LPK-Führungsfunktionär und jetziges PDK-Mitglied“ genannt geworden, der gegenüber Reportern der albanischen Tageszeitung „Koha Ditore“ als Sprecher bzw. Vorsitzender der PDK für den Bereich Deutschland in Erscheinung trete. Dem Artikel zufolge habe er Grüße führender PDK-Mitglieder aus Deutschland überbracht und seine Landsleute gelobt, „die Krieg geführt hätten“;

- im März 2002 sei er bei einer Mitgliederversammlung der PDK in Homburg erneut zum ersten Vorsitzenden der PDK gewählt worden.

Zu diesen Erkenntnissen angehört, erwiderte der Kläger, es sei richtig, dass er sich bemüht habe, seine Bekanntheit in den schweren Jahren zwischen 1997 und 2000 in den Dienst seiner alten Heimat zu stellen. Die PDK sei im Kosovo eine legale Partei, die in der Volksvertretung mit etwa 30 Abgeordneten vertreten sei und Ansprechpartner insbesondere auch für die UNMIK und die deutschen Funktionsträger im Kosovo sei. Er sei am 04.03.2001 zum Führer der PDK-Gruppe im Saarland gewählt worden, die sich jedoch im März 2002 wieder aufgelöst habe. Er habe verbal den Kampf im Kosovo, auch den bewaffneten Widerstand, unterstützt. Seine positiven Äußerungen während seiner früheren Aktivitäten im Bereich von LPK und PDK zum kämpferischen Einsatz seiner Landsleute dürften nicht als verfassungsfeindliche Bestrebung fehlinterpretiert werden. Das militärische Eingreifen im Kosovo zugunsten der albanischen Bevölkerung sei von der Bundesrepublik Deutschland aktiv unterstützt worden. Er sei nie Mitglied oder Führer der LPK gewesen. Mit Blick auf den beabsichtigten Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit und als Zeichen seiner Integration habe er von der PDK und einem Engagement in dieser Gruppe Abstand genommen.

Mit Bescheid vom 04.08.2005 lehnte der Beklagte die Einbürgerung ab. Zur Begründung heißt es, bei der „Volksbewegung von Kosovo“ – LPK – handele es sich nach dem Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalens aus dem Jahr 2002 um eine militante linksextremistische Organisation, deren Ziel die Errichtung eines großalbanischen Staates sei, der Albanien, Kosovo, Teile Südserbiens und angrenzende Teile von Mazedonien, Montenegro und Griechenland umfassen solle. Damit verfolgten auch die in Deutschland lebenden Anhänger der LPK Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die LPK gelte als eine linksextremistische, nationalistische Partei, welche als Sammelbecken ehemaliger UCK-Kämpfer angesehen werden könne. Sie unterhalte auch in Deutschland eine Sektion. Deren Funktionäre seien für bestimmte Regionen zuständig und sollten in dem Allgemeinen albanischen Arbeiter- und Kulturverein für die Sache der LPK werben und zu Spenden aufrufen. Als politische Nachfolgeorganisation der UCK seit 1999 die „Partei für den demokratischen Fortschritt Kosovos“ (PPDK) gegründet worden, die im Jahre 2000 in Demokratische Partei Kosovo (PDK) umbenannt worden sei. Diese Partei gelte als LPK nah; Teile der UCK seien in die Führung der PDK integriert. Ehemalige UCK-Kämpfer bildeten die Führungselite.

Aufgrund der verfassungsschutzrechtlichen Erkenntnisse, die der Kläger dem Grunde nach nicht bestreite, lägen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger die genannten Bestrebungen der UCK/LPK bzw. PDK unterstütze. Der Kläger räume selbst ein, dass er auf verschiedenen Versammlungen, die von der LPK organisiert gewesen seien, für den bewaffneten Kampf eingetreten sei. Damit bestehe ein Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG nicht und eine Ermessensentscheidung nach § 8 StAG komme mangels eines besonderen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung nicht in Frage. Der Bescheid wurde dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 11.08.2005 zugestellt.

Am 12.09.2005, einem Montag, hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei nie Mitglied oder Führer der LPK gewesen. Richtig sei, dass er von März 2001 bis März 2002 Vorsitzender einer kleinen Gruppe von 25 bis 27 PDK-Mitgliedern gewesen sei, die sich dann aufgelöst habe. Die Parteiführung der im Parlament Kosovos vertretenen PDK werde bei den westeuropäischen und amerikanischen Partnern offiziell empfangen und als Gesprächspartner anerkannt. Richtig sei auch, dass er im Jahr 1999 eine Trauerfeier in Wadgassen-Hostenbach besucht habe, zu der er von der dort lebenden Familie eines im Kosovokonflikt getöteten UCK-Kommandanten eingeladen worden sei. Gewaltanwendungen gegen die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland oder gegen deren auswärtige Belange habe er zu keinem Zeitpunkt befürwortet. Es könne sein, dass an Versammlungen des albanischen Vereins, an denen er in den Jahren 1998/99 teilgenommen habe, auch Aktivisten der LPK teilgenommen hätten. Soweit er von irgendjemandem als Ansprechpartner für die LPK genannt worden sei, sei dies ohne sein Wissen und ohne Autorisierung geschehen. Angesichts seines Rufs und seines guten Namens sei es denkbar, dass sich irgendjemand durch die Nennung seines Namens mit fremden Federn habe schmücken wollen. Die Versammlung in Homburg habe allen Albanern offen gestanden, um sich über die aktuelle Lage im Kosovo zu informieren. Die LPK habe bei der Organisation dieser Versammlung überhaupt keine Rolle gespielt. Er habe über lange Zeit dem Gedankengut des LDK nahe gestanden. Aus seiner Sicht sei die PDK keine Partei mit grundsätzlich anderem Gedankengut. Er habe sich ihr nur angeschlossen und den Vorsitz des saarländischen Landesverbandes übernommen, weil er sich von der PDK eine frischere und dynamischere Politik versprochen habe. Für die Auflösung des PDK-Landesverbandes Saar im März 2002 sei ausschlaggebend gewesen, dass sich sowohl er als auch die wenigen weiteren verbliebenen Leistungsträger entschlossen hätten, in Deutschland zu bleiben und die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2005 zu verpflichten, ihn einzubürgern.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat im Wesentlichen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid wiederholt und ergänzend vorgebracht, dem Kläger sei eine herausgehobene Stellung innerhalb der LPK und PDK zu attestieren. Seine Nennung als Ansprechpartner und Führungspersönlichkeit, seine aktive Mitwirkung bei der Organisation von Treffen und Spendensammlungen, sein Auftreten als Redner bei Versammlungen und in den Medien sowie seine Wahl zum Vorsitzenden der PDK ließen den Schluss zu, dass über ein Mitläufertum hinaus eine aktive Unterstützung der betreffenden Organisationen nachgewiesen sei. Selbst wenn der Kläger kein förmliches Mitglied der LPK gewesen sei, belegten die ausgeübten Tätigkeiten, dass er in hervorgehobener Funktion für die LPK tätig geworden sei. Gerade die Vielzahl der verfassungsschutzrechtlichen Erkenntnisse, in denen dem Kläger stets eine herausgehobene Stellung innerhalb der Organisationen bestätigt werde, belege die Vorhaltung, dass er als aktiver Unterstützer tätig geworden sei. Dass er sich von der früheren Verfolgung der politischen Ziele der LPK/PDK abgewandt habe, bringe der Kläger nicht zum Ausdruck.

Außerdem hat der Beklagte eine weitere Erklärung des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 17.07.2006 vorgelegt, wonach der Kläger 1998 als Gründer und Organisator der LPK bekannt geworden sei und zumindest 1999 Kontakte zu LPK-Strukturen in der Schweiz gehabt habe. Darüber hinaus sei er in den Transfer von Spendengeldern für die Organisation involviert gewesen und habe die LPK durch eigene Spendenzahlungen unterstützt.

Durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19.09.2006 - 2 K 69/06 -, dem Kläger zugestellt am 26.10.2006, ist die Klage mit der Begründung abgewiesen worden, dem Einbürgerungsanspruch des Klägers stehe der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entgegen. Angesichts der Vorverlagerung des Sicherheitsschutzes im Einbürgerungsrecht, der lediglich einen tatsachengestützten hinreichenden Verdacht verlange, sei davon auszugehen, dass die dem Kläger vorgehaltenen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der LPK zur Verwirklichung des Ausschlussgrundes ausreichten. Eine Abwendung des Klägers von den früheren Unterstützungshandlungen zugunsten der LPK könne nicht angenommen werden.

Auf den am 24.11.2006 eingegangenen Antrag, der am 27.12.2006 begründet wurde, hat der Senat mit Beschluss vom 18.05.2007 - 1 Q 48/06 - die Berufung zugelassen. Die Berufungsbegründung ist am 06.06.2007 eingegangen.

Der Kläger trägt vor, die in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz aufgestellten Behauptungen seien falsch. Dabei sei es mit dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht vereinbar, dass er mit Behauptungen konfrontiert werde, die wegen angeblicher Geheimhaltungsinteressen nicht hinterfragt werden dürften. Er sei weder Mitglied der LPK gewesen noch sei ihm überhaupt eine Gruppe der LPK im Saarland bekannt. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er an Veranstaltungen teilgenommen habe, bei denen möglicherweise auch Mitglieder der LPK anwesend gewesen seien. Die ihm bekannten Personen seien keine LPK-Mitglieder gewesen. Er habe auch niemals Kontakt zu LPK-Strukturen in der Schweiz gehabt. Mit der Finanzierung der LPK oder UCK habe er nicht das Geringste zu tun gehabt. Er habe sich ausschließlich an Spendensammlungen für humanitäre Zwecke für den Kosovo beteiligt, zunächst im Rahmen des LDK und später für den Fonds „Geburtsort ruft“. Er habe jedoch niemals Geld für militärische oder paramilitärische Organisationen gespendet. Es könne kein Ausdruck von Terrorismus sein, wenn man es befürworte, dass sich die Bevölkerung selbst verteidige. Er habe sich lobend über die Selbstverteidigung der Albaner im Kosovo und die Unterstützung durch die NATO geäußert. Auch seine Satire über Rugowa könne seiner Einbürgerung nicht entgegengehalten werden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2005 den Beklagten zu verpflichten, den Kläger einzubürgern,

hilfsweise,

dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, alle von ihm vorgetragenen tatsächlichen Vorhaltungen seien unter Berücksichtigung des gegnerischen Vorbringens vom Verwaltungsgericht aufgegriffen und unter Einbeziehung der amtlichen Erklärung des Leiters des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 17.07.2006 in der mündlichen Verhandlung erörtert worden. Der Kläger habe dem in der mündlichen Verhandlung nichts Substantielles entgegenhalten können; vielmehr habe er sogar einräumen müssen, dass die Vorhaltungen des Beklagten zutreffend seien. Der Kläger habe auch keine Abwendung von der Unterstützung verfassungsfeindlicher Aktivitäten glaubhaft gemacht. Er habe sich gerade nicht auf Grund innerer Überzeugungsbildung von seinen bisherigen Unterstützungshandlungen abgewandt. Belege für die vom Landesamt für Verfassungsschutz gemachten Auskünfte könnten aus Gründen der Gefährdung der Arbeitsweise des Landesamtes nicht vorgelegt werden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Kläger informatorisch angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.07.2007 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der verfahrensbezogenen Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren 5 K 729/94.A, 10 K 27/04.A und 10 K 46/06.A und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Sie ist jedoch nur hinsichtlich ihres Hilfsantrages begründet.

Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Einbürgerung, aber auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Einbürgerung sind die mit Wirkung vom 01.01.2005 neu gefassten Vorschriften der §§ 10, 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes - StAG -, die die bis dahin für die Erteilung einer Anspruchseinbürgerung geltenden Regelungen der §§ 85, 86 AuslG abgelöst haben (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I S. 1950; diese Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde zuletzt durch Art. 2 Abs. 1PersonenstandsreformG vom 19.02.2007, BGBl. I S. 122, geändert). Eine entgegenstehende Übergangsvorschrift, die für den am 20.05.2003 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers die Geltung früheren Rechts anordnet, enthält das Zuwanderungsgesetz nicht

vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.06.1985 - 1 B 48.85 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 42 und vom 19.08.1996 - 1 B 82/95 - InfAuslR 1996, 399 = Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49, sowie Urteil vom 20.10.2005 - 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 = NJW 2006, 1079 = InfAuslR 2006, 283 = Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 1 = DVBl 2006, 919 = EzAR-NF 73 Nr. 3; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris und vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - ESVGH 56, 187 (LS); Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - juris; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005 - 3 Bf 172/04 - juris; Urteil des Senats vom 08.03.2006 - 1 R 1/06 -, AS 33, 126.

1. Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung der Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist beim Kläger nicht der Fall, da er die serbische Staatsangehörigkeit besitzt. In seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 hatte er angegeben, serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger zu sein. Diese Staatsangehörigkeit hat er nach seinen Angaben auch nachfolgend nicht aufgegeben. Im Hinblick darauf, dass sich Montenegro am 03.06.2006 von Serbien getrennt hat und nunmehr einen eigenständigen Staat bildet und der Kläger im serbischen Teil des ehemaligen Jugoslawien geboren worden ist, ist er zum jetzigen Zeitpunkt serbischer Staatsangehöriger.

Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, liegen nicht vor.

Die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG für politisch Verfolgte greift zugunsten des Klägers nicht (mehr) ein. Diese Vorschrift stellt - anders als § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AuslG - nicht auf den Status eines politisch Verfolgten oder Flüchtlings ab, sondern auf den - rechtmäßigen - Besitz (u.a.) eines Reiseausweises nach Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

so auch Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 - 5 B 04.392 - EzAR-NF 076 Nr. 1 und - 5 BV 04.1225 - NVwZ-RR 2005, 856 = BayVBl 2006, 112 = EzAR-NF 073 Nr. 2 sowie vom 14.09.2006 - 5 BV 05.1698 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230 = ESVGH 56, 189 (LS).

Ob der Kläger einen solchen Reiseausweis derzeit noch besitzt, kann dahin gestellt bleiben, da der Besitz auf jeden Fall nicht mehr rechtmäßig wäre. Denn durch Urteil der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23.05.2006 - 10 K 27/04.A - wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26.01.2004, mit dem seine Asylanerkennung und die Feststellung des Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG widerrufen wurde, rechtskräftig abgewiesen.

Außer Betracht muss bleiben, dass der Kläger früher den Status eines anerkannten Asylberechtigten innegehabt und damit den Reiseausweis rechtmäßig besessen hat. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG erfüllt sind, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat

ebenso Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 und vom 14.09.2006, a.a.O..

Diese hat nach der Bestandskraft des Widerrufsbescheides stattgefunden.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht erfüllt. Hierzu gehen der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.,

und der Bayerische VGH

Urteile vom 17.02.2005 und 14.09.2006, a.a.O.,

übereinstimmend davon aus, dass es albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo generell möglich und auch zumutbar ist, ihre Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen - inzwischen serbischen - Staatsangehörigkeit zu beantragen

a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.10.2005 - 7 A 10700/05 -, InfAuslR 2006, 92.

Dieser Einschätzung schließt sich der erkennende Senat an.

Der Kläger hat bisher erklärtermaßen keine Entlassung aus seiner serbischen Staatsangehörigkeit beantragt. Solange aber ein entsprechender Versuch unterblieben ist und daher jede Reaktion der serbischen Dienststellen aussteht, ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht feststellbar. Dass die Voraussetzungen eines der übrigen Tatbestände des § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG erfüllt wären, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

2. Der vom Kläger deshalb gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass für den Fall, dass eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nicht in Betracht kommt, der Einbürgerungsbewerber die Möglichkeit hat, seinen Klageantrag auf die Verpflichtung zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung zu beschränken

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.07.1994 - 13 S 2147/93 - InfAuslR 1995, 116 = EzAR 273 Nr. 2.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger schon in seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 die Frage bejaht hat, ob er bereit sei, seine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und sich verpflichte, nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung die erforderlichen Schritte zu unternehmen, steht fest, dass er für den Fall, dass eine Einbürgerung im Hinblick auf seine Mehrstaatigkeit nicht möglich ist, bereits im Verwaltungsverfahrens eine Einbürgerungszusicherung beantragt hat. Ein solcher Antrag auf Einbürgerung enthält als Minus den Antrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Das Rechtsinstitut der Einbürgerungszusicherung ergibt sich aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht und stellt eine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG dar

vgl. Hailbronner/Renner, StAngR, 4. Aufl., § 8 StAG RdNrn. 85 und 122; Marx in GK-StAR, § 8 StAG Rn. 315.

Auf die Erteilung einer solchen Zusicherung besteht jedenfalls dann ein Rechtsanspruch, wenn im Übrigen die Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen. Bezüglich einer etwaigen Befristung der Zusicherung verbleibt der Behörde ein nach Maßgabe ihrer Verwaltungspraxis und des Zwecks der Zusicherung begrenztes Ermessen

vgl. BVerwG, Urteile vom 31.05.1994 - 1 C 5/93 - BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = DVBl 1995, 37 = Buchholz 402.240 § 86 AuslG 1990 Nr. 1 = EzAR 278 Nr. 2 = DÖV 1995, 380 = NVwZ 1995, 1127 und vom 20.10.2005, a.a.O.; Marx, a.a.O., § 8 StAG Rn. 317.

Vorliegend ist festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach den §§ 38 SVwVfG, 10, 11 StAG hat.

Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerungszusicherung steht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht entgegen.

Für einen Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist nach dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Voraussetzung, dass dieser sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Im Zusammenhang damit regelt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer vorgenannte Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, er macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

Der vom Beklagten angenommene Ausschlussgrund gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG steht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats einem Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht entgegen.

Dabei ist nach der Rechtsprechung des Senats

Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

und anderer Obergerichte

u.a. Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris zu § 86 Nr. 2 AuslG; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O., zu § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG,

sowie der Literatur

Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Rn. 96,

als tatbestandsmäßige Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG jede Handlung des Ausländers anzusehen, die für die dort genannten Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 28.03 - BVerwGE 123, 114 = DVBl 2005, 1203 = NVwZ 2005, 1091 = EzAR-NF 028 Nr. 2 = Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 25 = InfAuslR 2005, 374,

zum Begriff des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. ist darunter jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dazu zählt jedes Tätigwerden auch eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer inkriminierten Ziele fördert und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotential stärkt. Darunter fallen neben der Gewährung finanzieller Unterstützung oder der Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele auch die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es dabei nicht an.

Allerdings muss es für den Ausländer grundsätzlich erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein, dass sein Handeln die Vereinigung und ihre Bestrebungen unterstützt. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die inkriminierten Ziele befürwortet und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung der inkriminierten Bestrebungen zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potentiell gefährliches Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG vor

vgl. zu alledem auch BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 -; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002, a.a.O. und vom 10.11.2005, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819, a.a.O. und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2005 - 7 A 12260/04.OVG -; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 96 ff..

Vorliegend kann dahin gestellt bleiben, ob die in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 23.11.2004 und 17.07.2006 dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten ausreichende Anhaltspunkte für ein Unterstützen von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG bieten, insbesondere ob diese Vorhaltungen auf Tatsachen beruhen oder, wie vom Kläger behauptet, vor allem die ihm unterstellten Verbindungen zur LPK nicht zutreffen. Denn es ist davon auszugehen, dass auf jeden Fall zum heutigen Zeitpunkt ein Abwenden des Klägers von den inkriminierten Aktivitäten gegeben ist.

Nach der Rechtsprechung des Senats

vgl. Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

erfordert eine „Abwendung“ von sicherheitsrelevanten Bestrebungen mehr als ein bloßes äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes – Unterlassen, das hierfür indes ein Indiz sein kann. Vielmehr ist die Glaubhaftmachung eines inneren Vorgangs erforderlich, der sich auf die Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Dazu kann ein von innerer Akzeptanz getragener kollektiver Lernprozess gehören. Es muss angenommen werden können, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen Rechtsposition - auszuschließen ist. Zwar trägt der Einbürgerungsbewerber insoweit eine qualifizierte Darlegungs- und materielle Beweislast, die er grundsätzlich nicht durch ein rein verbales Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes erfüllen kann. Zur Glaubhaftmachung der Abwendung reicht aber die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit aus. Erforderlich ist insoweit eine nachvollziehbare Erklärung für die Abwendung. Das heißt, es genügt, wenn der Einbürgerungsbewerber die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darlegt, dass die Einbürgerungsbehörde oder das Gericht die Abwendung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange als triftig anerkennen kann. Die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen dürfen zumal wegen der inneren Dimension der Abwendung nicht überspannt werden

so auch Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 152, 155, 156, 158 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - a.a.O..

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, ob der politische Konflikt, der gegebenenfalls Ursache für das inkriminierte Verhalten war, weiter andauert. Denn für den Fall, dass der entsprechende Konflikt abgeschlossen ist, so dass eine Fortsetzung der nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG relevanten Bestrebungen bereits auf Grund der tatsächlichen Voraussetzungen nicht mehr möglich ist, sind an das Abwenden geringere Anforderungen zu stellen, als wenn wegen der Fortdauer des Konfliktes eine Wiederaufnahme des entsprechenden Verhaltens jederzeit wieder möglich ist

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 154.

Je geringer das Gewicht der Aktivitäten ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O..

Erforderlich ist eine würdigende Gesamtschau der für eine Abwendung sprechenden Faktoren

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2005 - 13 S 1276/04 - InfAuslR 2005, 64.

Davon ausgehend kann auf Grund der Verwaltungsunterlagen und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats ein Sich-Abwenden des Klägers festgestellt werden.

Der Kosovo-Konflikt, der Anlass für das politische Engagement des Klägers war, ist seit längerem beigelegt. Auch wenn der politische, insbesondere völkerrechtliche Status des Kosovo nach wie vor innerhalb der Staatengemeinschaft heftig umstritten ist - so lehnt insbesondere Serbien eine Unabhängigkeit des Kosovo kategorisch ab -, sind die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Kosovo seit Juni 1999 beendet.

Das gesamte politische Handeln des Klägers während des Kosovo-Konfliktes war - sowohl unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben als auch nach den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz - davon geprägt, dass er der albanischen Bevölkerung im Kosovo helfen wollte. Dies schloss auch die Unterstützung des bewaffneten Kampfes der Kosovaren ein. Allerdings war sein Engagement nicht darauf gerichtet, die kriegerische Auseinandersetzung im Kosovo weiter zu fördern, sondern davon geprägt, dass er den Menschen im Kosovo helfen wollte. Diesem Ziel dienten sowohl seine Auftritte bei verschiedenen Versammlungen und Veranstaltungen im Saarland als auch die von ihm gesammelten sowie geleisteten Spenden. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Teil dieser Spenden der Unterstützung des bewaffneten Kampfes der UCK diente - so gibt der Kläger selbst an, dass er für den Fonds „Der Geburtsort ruft“ der „Demokratischen Vereinigung der Albaner/innen in Deutschland e.V. (DVAD) gespendet hat, bei der es sich nach den dem Senat vorliegenden Informationen um eine Tarnorganisation der LPK handelt -, so ergibt sich aus den gesamten über den Kläger vorliegenden Informationen – auch aus den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz –, dass nicht die Förderung des bewaffneten Konfliktes im Kosovo politisches Ziel des Klägers war. Vielmehr wollte der Kläger durch sein politisches Handeln die sich abzeichnende humanitäre Katastrophe für die albanische Bevölkerung im Kosovo beenden, und zwar auch durch eine Unterstützung - sei es verbal oder wie vom Landesamt für Verfassungsschutz behauptet durch Spendenaktionen - des bewaffneten Kampfs im Kosovo. Das Engagement des Klägers war auf eine Verbesserung der Lage der Kosovo-Albaner gerichtet, wobei er auch eine bewaffnete Selbstverteidigung der albanischen Bevölkerung für legitim erachtete.

Die dahin gehende Überzeugung des Senats beruht in erster Linie auf den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Hierbei machte der Kläger im Hinblick auf die gesamte Darlegung seiner Aktivitäten und Intentionen einen glaubwürdigen Eindruck. Der Kläger führte bei seiner Anhörung aus, dass 1998/99 bei den Albanern im Saarland das Bestreben im Vordergrund gestanden habe, dem Kosovo zu helfen. Es habe dort ein Genozid stattgefunden und ganze Ortschaften seien zerstört worden. Er habe energisch die Selbstverteidigung der Albaner gegen das Drangsalieren durch serbische Truppen befürwortet. Bei allen seinen Aktivitäten habe die humanitäre Seite ganz im Vordergrund gestanden.

Diese Aussagen des Klägers zeigen, dass er durch sein politisches Engagement die Befreiung der Albaner im Kosovo von der serbischen Unterdrückung erreichen wollte, deren Opfer auch er selbst geworden war, wie sich aus dem Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 31.08.1995 - 5 K 729/94.A - ergibt. Für einleuchtend hält der Senat insbesondere auch die Schilderung, dass es in der Ausnahmesituation 1998/1999 für ihn keine Rolle spielte, welcher Exil-Partei oder Organisation der einzelne albanische Kosovare angehörte, sondern dass alle - LDK, PDK, LPK und andere - zusammen dem Kosovo möglichst schnell und wirksam zu helfen versuchten.

Nach dem Ende des Kosovo-Konfliktes - so seine weiteren glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung - habe er sich der neu gegründeten PDK angeschlossen, weil er sich von dieser Gruppierung eine effektivere Hilfe für den Kosovo versprochen habe. Auch dies zeigt, dass sein Engagement nicht von einer Unterstützung einer bewaffneten Auseinandersetzung oder einer bestimmten Partei geprägt war, sondern von der Hilfe für die notleidende albanische Bevölkerung im Kosovo. Dies wird auch in seiner Aussage deutlich, dass es bei seinem politischen Engagement nicht um die Selbständigkeit des Kosovo gegangen sei.

Das gesamte politische Engagement des Klägers für den Kosovo hat, wie sich aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt, im März 2002 endgültig geendet. Dabei ist zu beachten, dass sich bereits seit dem Ende des Kosovo-Konfliktes Mitte 1999 die politischen Aktivitäten des Klägers deutlich vermindert hatten. So ergibt sich aus den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz als Einzelaktivitäten des Klägers seither nur noch, dass er im Mai 2000 als früherer (!) saarländischer LPK-Führungsfunktionär und jetziges PDK-Mitglied bekannt geworden sei, der in einer albanischen Tageszeitung seine Landsleute gelobt habe, „die Krieg geführt hätten“. Außerdem hat der Kläger im März 2001 eine saarländische Landesgruppe der PDK mitbegründet, die sich jedoch bereits im März 2002 wieder aufgelöst hat. Nach dem März 2002 finden sich weder im Vortrag des Klägers noch in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz irgendwelche politische Aktivitäten des Klägers. Vielmehr steht insoweit lediglich noch die Behauptung des Beklagten im Raum, der Kläger sei noch immer Mitglied in der LPK. Für diese Behauptung finden sich jedoch weder in den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz noch im Vortrag des Beklagten irgendwelche Anhaltspunkte. Insbesondere ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Kläger noch eine irgendwie geartete aktive Position innerhalb der LPK haben könnte. Deshalb sieht der Senat keine Veranlassung, der vom Beklagten insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellten Behauptung, die weder durch Fakte konkretisiert noch - nach dem eigenen Vortrag des Beklagten - durch - eventuell nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimzuhaltende - Vorgänge gestützt wird, nachzugehen.

Auf jeden Fall ist festzustellen, dass der Kläger bereits nach dem Ende der Kampfhandlungen im Kosovo sein politisches Engagement deutlich vermindert hat. Seine endgültige Abwendung von jeglichem politischen Engagement für den Kosovo zeigt schließlich die Auflösung der saarländischen Gruppe der PDK, deren Vorsitzender der Kläger war, am 24.03.2002. Der Kläger hat insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung noch einmal deutlich betont, dass dieses Datum für ihn einen Schnitt in seiner politischen Vita bedeute. Ab diesem Zeitpunkt hätten er und die anderen Mitglieder der Gruppe die Weichen dahin gestellt, dass eine Integration in die hiesigen Verhältnisse im Vordergrund gestanden habe. Sie hätten Deutsche werden wollen.

Dass sich der Kläger nachhaltig von einem politischen Engagement für den Kosovo abgewandt hat, bestätigen seine Ausführungen, dass er für den Fall einer Unabhängigkeit des Kosovo und einer damit entstehenden Möglichkeit, eine kosovarische Staatsangehörigkeit zu erwerben, die deutsche Staatsangehörigkeit auf jeden Fall behalten wolle. Dies belegt, dass die politische Haltung des Klägers seit geraumer Zeit nicht mehr von einem kosovarischen Nationalismus geprägt ist, sondern vom Willen der deutschen Staatsgemeinschaft anzugehören.

Das gesamte Verhalten des Klägers seit dem Ende des Kosovokrieges und insbesondere seine glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung zeigen zur Überzeugung des Senats, dass er sich von seinem früheren politischen Engagement für den Kosovo nach und nach und seit Jahren endgültig abgewandt hat, so dass § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG seiner Einbürgerung zum heutigen Zeitpunkt nicht entgegensteht.

Im Übrigen kann selbst dann eine Abwendung des Klägers von seinem früheren politischen Engagement nicht verneint werden, wenn eine fortbestehende Mitgliedschaft in der LPK, wie vom Beklagten behauptet, unterstellt wird. Denn nach dem sonstigen Vortrag des Beklagten und den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz kann nicht festgestellt werden, dass die behauptete Mitgliedschaft des Klägers in der LPK in den letzten Jahre noch von einem irgendwie gearteten politischen Engagement für diese Vereinigung begleitet wurde. Wie bereits dargelegt enden die vom Beklagten bzw. dem Landesamt für Verfassungsschutz konkret dargelegten Aktivitäten für die LPK im Mai 2000. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Klägers allenfalls noch nominelles Mitglied der LPK ist, aber ohne eine besondere Funktion und insbesondere ohne ein politisches Engagement, so dass auch eine noch andauernde Mitgliedschaft des Klägers in der LPK nicht gegen ein Abwenden sprechen würde.

Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung steht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entgegen. Die Vorschrift legt als Einbürgerungsvoraussetzung fest, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII bestreiten kann. Vorliegend bezieht der Kläger zwar Leistungen nach dem SGB XII, da er nach den vorliegenden Unterlagen Grundsicherung nach den §§ 41 ff. SGB XII bezieht. Von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG bezeichneten Voraussetzung wird aber nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG abgesehen, wenn der Ausländer aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann. Diese Voraussetzung ist beim Kläger gegeben, da er auf Grund seines Alters von 75 Jahren nicht in der Lage ist, durch eine Erwerbstätigkeit den Unterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen zu bestreiten und auch nicht sozialhilferechtlich erwerbsverpflichtet ist

vgl. Berlit, a.a.O., § 10 StAG Rdnr. 254.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen vor, da der Kläger im Hinblick auf die ihm am 27.10.1995 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen Aufenthalt in Deutschland hat und er, wie sich aus dem Zentralregisterauszug vom 15.06.2007 ergibt, nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

Da der Kläger durch die erfolgreiche Ablegung der Sprachprüfung bei der Volkshochschule A-Stadt den Nachweis über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache erbracht hat, ist die Voraussetzung des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ebenfalls gegeben. Das hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

Nach allem erweist sich das Klagebegehren hinsichtlich des Hilfsantrages als begründet und der Berufung ist insoweit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird entsprechend Nr. 42.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den doppelten Auffangwert und damit auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des am 01.07.2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 - BGBl. I, Seite 718).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Sie ist jedoch nur hinsichtlich ihres Hilfsantrages begründet.

Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Einbürgerung, aber auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Einbürgerung sind die mit Wirkung vom 01.01.2005 neu gefassten Vorschriften der §§ 10, 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes - StAG -, die die bis dahin für die Erteilung einer Anspruchseinbürgerung geltenden Regelungen der §§ 85, 86 AuslG abgelöst haben (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I S. 1950; diese Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde zuletzt durch Art. 2 Abs. 1PersonenstandsreformG vom 19.02.2007, BGBl. I S. 122, geändert). Eine entgegenstehende Übergangsvorschrift, die für den am 20.05.2003 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers die Geltung früheren Rechts anordnet, enthält das Zuwanderungsgesetz nicht

vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.06.1985 - 1 B 48.85 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 42 und vom 19.08.1996 - 1 B 82/95 - InfAuslR 1996, 399 = Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49, sowie Urteil vom 20.10.2005 - 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 = NJW 2006, 1079 = InfAuslR 2006, 283 = Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 1 = DVBl 2006, 919 = EzAR-NF 73 Nr. 3; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris und vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - ESVGH 56, 187 (LS); Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - juris; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005 - 3 Bf 172/04 - juris; Urteil des Senats vom 08.03.2006 - 1 R 1/06 -, AS 33, 126.

1. Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung steht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG entgegen. Danach ist Voraussetzung der Einbürgerung, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert. Dies ist beim Kläger nicht der Fall, da er die serbische Staatsangehörigkeit besitzt. In seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 hatte er angegeben, serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger zu sein. Diese Staatsangehörigkeit hat er nach seinen Angaben auch nachfolgend nicht aufgegeben. Im Hinblick darauf, dass sich Montenegro am 03.06.2006 von Serbien getrennt hat und nunmehr einen eigenständigen Staat bildet und der Kläger im serbischen Teil des ehemaligen Jugoslawien geboren worden ist, ist er zum jetzigen Zeitpunkt serbischer Staatsangehöriger.

Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 abgesehen wird, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, liegen nicht vor.

Die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG für politisch Verfolgte greift zugunsten des Klägers nicht (mehr) ein. Diese Vorschrift stellt - anders als § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AuslG - nicht auf den Status eines politisch Verfolgten oder Flüchtlings ab, sondern auf den - rechtmäßigen - Besitz (u.a.) eines Reiseausweises nach Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

so auch Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 - 5 B 04.392 - EzAR-NF 076 Nr. 1 und - 5 BV 04.1225 - NVwZ-RR 2005, 856 = BayVBl 2006, 112 = EzAR-NF 073 Nr. 2 sowie vom 14.09.2006 - 5 BV 05.1698 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - InfAuslR 2006, 230 = ESVGH 56, 189 (LS).

Ob der Kläger einen solchen Reiseausweis derzeit noch besitzt, kann dahin gestellt bleiben, da der Besitz auf jeden Fall nicht mehr rechtmäßig wäre. Denn durch Urteil der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23.05.2006 - 10 K 27/04.A - wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26.01.2004, mit dem seine Asylanerkennung und die Feststellung des Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG widerrufen wurde, rechtskräftig abgewiesen.

Außer Betracht muss bleiben, dass der Kläger früher den Status eines anerkannten Asylberechtigten innegehabt und damit den Reiseausweis rechtmäßig besessen hat. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG erfüllt sind, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat

ebenso Bayerischer VGH, Urteile vom 17.02.2005 und vom 14.09.2006, a.a.O..

Diese hat nach der Bestandskraft des Widerrufsbescheides stattgefunden.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 StAG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht erfüllt. Hierzu gehen der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 24.11.2005, a.a.O.,

und der Bayerische VGH

Urteile vom 17.02.2005 und 14.09.2006, a.a.O.,

übereinstimmend davon aus, dass es albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo generell möglich und auch zumutbar ist, ihre Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen - inzwischen serbischen - Staatsangehörigkeit zu beantragen

a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.10.2005 - 7 A 10700/05 -, InfAuslR 2006, 92.

Dieser Einschätzung schließt sich der erkennende Senat an.

Der Kläger hat bisher erklärtermaßen keine Entlassung aus seiner serbischen Staatsangehörigkeit beantragt. Solange aber ein entsprechender Versuch unterblieben ist und daher jede Reaktion der serbischen Dienststellen aussteht, ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nicht feststellbar. Dass die Voraussetzungen eines der übrigen Tatbestände des § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG erfüllt wären, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

2. Der vom Kläger deshalb gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass für den Fall, dass eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit nicht in Betracht kommt, der Einbürgerungsbewerber die Möglichkeit hat, seinen Klageantrag auf die Verpflichtung zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung zu beschränken

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.07.1994 - 13 S 2147/93 - InfAuslR 1995, 116 = EzAR 273 Nr. 2.

Im Hinblick darauf, dass der Kläger schon in seinem Antrag auf Einbürgerung vom 20.05.2003 die Frage bejaht hat, ob er bereit sei, seine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und sich verpflichte, nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung die erforderlichen Schritte zu unternehmen, steht fest, dass er für den Fall, dass eine Einbürgerung im Hinblick auf seine Mehrstaatigkeit nicht möglich ist, bereits im Verwaltungsverfahrens eine Einbürgerungszusicherung beantragt hat. Ein solcher Antrag auf Einbürgerung enthält als Minus den Antrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung.

Das Rechtsinstitut der Einbürgerungszusicherung ergibt sich aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht und stellt eine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG dar

vgl. Hailbronner/Renner, StAngR, 4. Aufl., § 8 StAG RdNrn. 85 und 122; Marx in GK-StAR, § 8 StAG Rn. 315.

Auf die Erteilung einer solchen Zusicherung besteht jedenfalls dann ein Rechtsanspruch, wenn im Übrigen die Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs vorliegen. Bezüglich einer etwaigen Befristung der Zusicherung verbleibt der Behörde ein nach Maßgabe ihrer Verwaltungspraxis und des Zwecks der Zusicherung begrenztes Ermessen

vgl. BVerwG, Urteile vom 31.05.1994 - 1 C 5/93 - BVerwGE 96, 86 = InfAuslR 1994, 405 = DVBl 1995, 37 = Buchholz 402.240 § 86 AuslG 1990 Nr. 1 = EzAR 278 Nr. 2 = DÖV 1995, 380 = NVwZ 1995, 1127 und vom 20.10.2005, a.a.O.; Marx, a.a.O., § 8 StAG Rn. 317.

Vorliegend ist festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nach den §§ 38 SVwVfG, 10, 11 StAG hat.

Einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerungszusicherung steht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht entgegen.

Für einen Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist nach dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Voraussetzung, dass dieser sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Im Zusammenhang damit regelt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer vorgenannte Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, er macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

Der vom Beklagten angenommene Ausschlussgrund gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG steht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats einem Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung nicht entgegen.

Dabei ist nach der Rechtsprechung des Senats

Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

und anderer Obergerichte

u.a. Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris zu § 86 Nr. 2 AuslG; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O., zu § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG,

sowie der Literatur

Berlit in GK-StAR, § 11 StAG Rn. 96,

als tatbestandsmäßige Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG jede Handlung des Ausländers anzusehen, die für die dort genannten Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 28.03 - BVerwGE 123, 114 = DVBl 2005, 1203 = NVwZ 2005, 1091 = EzAR-NF 028 Nr. 2 = Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 25 = InfAuslR 2005, 374,

zum Begriff des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. ist darunter jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dazu zählt jedes Tätigwerden auch eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer inkriminierten Ziele fördert und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotential stärkt. Darunter fallen neben der Gewährung finanzieller Unterstützung oder der Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele auch die öffentliche oder nichtöffentliche Befürwortung von gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es dabei nicht an.

Allerdings muss es für den Ausländer grundsätzlich erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein, dass sein Handeln die Vereinigung und ihre Bestrebungen unterstützt. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die inkriminierten Ziele befürwortet und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung der inkriminierten Bestrebungen zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potentiell gefährliches Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG vor

vgl. zu alledem auch BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 -; OVG Hamburg, Urteil vom 06.12.2005, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 11.07.2002, a.a.O. und vom 10.11.2005, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819, a.a.O. und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2005 - 7 A 12260/04.OVG -; Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 96 ff..

Vorliegend kann dahin gestellt bleiben, ob die in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 23.11.2004 und 17.07.2006 dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten ausreichende Anhaltspunkte für ein Unterstützen von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG bieten, insbesondere ob diese Vorhaltungen auf Tatsachen beruhen oder, wie vom Kläger behauptet, vor allem die ihm unterstellten Verbindungen zur LPK nicht zutreffen. Denn es ist davon auszugehen, dass auf jeden Fall zum heutigen Zeitpunkt ein Abwenden des Klägers von den inkriminierten Aktivitäten gegeben ist.

Nach der Rechtsprechung des Senats

vgl. Urteil vom 08.03.2006, a.a.O.,

erfordert eine „Abwendung“ von sicherheitsrelevanten Bestrebungen mehr als ein bloßes äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes – Unterlassen, das hierfür indes ein Indiz sein kann. Vielmehr ist die Glaubhaftmachung eines inneren Vorgangs erforderlich, der sich auf die Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Dazu kann ein von innerer Akzeptanz getragener kollektiver Lernprozess gehören. Es muss angenommen werden können, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen Rechtsposition - auszuschließen ist. Zwar trägt der Einbürgerungsbewerber insoweit eine qualifizierte Darlegungs- und materielle Beweislast, die er grundsätzlich nicht durch ein rein verbales Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes erfüllen kann. Zur Glaubhaftmachung der Abwendung reicht aber die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit aus. Erforderlich ist insoweit eine nachvollziehbare Erklärung für die Abwendung. Das heißt, es genügt, wenn der Einbürgerungsbewerber die Umstände, die seine Abwendung belegen, so substantiiert und einleuchtend darlegt, dass die Einbürgerungsbehörde oder das Gericht die Abwendung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange als triftig anerkennen kann. Die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen dürfen zumal wegen der inneren Dimension der Abwendung nicht überspannt werden

so auch Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnrn. 152, 155, 156, 158 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 - a.a.O..

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, ob der politische Konflikt, der gegebenenfalls Ursache für das inkriminierte Verhalten war, weiter andauert. Denn für den Fall, dass der entsprechende Konflikt abgeschlossen ist, so dass eine Fortsetzung der nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG relevanten Bestrebungen bereits auf Grund der tatsächlichen Voraussetzungen nicht mehr möglich ist, sind an das Abwenden geringere Anforderungen zu stellen, als wenn wegen der Fortdauer des Konfliktes eine Wiederaufnahme des entsprechenden Verhaltens jederzeit wieder möglich ist

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 154.

Je geringer das Gewicht der Aktivitäten ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat

so Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rdnr. 158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O..

Erforderlich ist eine würdigende Gesamtschau der für eine Abwendung sprechenden Faktoren

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2005 - 13 S 1276/04 - InfAuslR 2005, 64.

Davon ausgehend kann auf Grund der Verwaltungsunterlagen und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats ein Sich-Abwenden des Klägers festgestellt werden.

Der Kosovo-Konflikt, der Anlass für das politische Engagement des Klägers war, ist seit längerem beigelegt. Auch wenn der politische, insbesondere völkerrechtliche Status des Kosovo nach wie vor innerhalb der Staatengemeinschaft heftig umstritten ist - so lehnt insbesondere Serbien eine Unabhängigkeit des Kosovo kategorisch ab -, sind die bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb des Kosovo seit Juni 1999 beendet.

Das gesamte politische Handeln des Klägers während des Kosovo-Konfliktes war - sowohl unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben als auch nach den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz - davon geprägt, dass er der albanischen Bevölkerung im Kosovo helfen wollte. Dies schloss auch die Unterstützung des bewaffneten Kampfes der Kosovaren ein. Allerdings war sein Engagement nicht darauf gerichtet, die kriegerische Auseinandersetzung im Kosovo weiter zu fördern, sondern davon geprägt, dass er den Menschen im Kosovo helfen wollte. Diesem Ziel dienten sowohl seine Auftritte bei verschiedenen Versammlungen und Veranstaltungen im Saarland als auch die von ihm gesammelten sowie geleisteten Spenden. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Teil dieser Spenden der Unterstützung des bewaffneten Kampfes der UCK diente - so gibt der Kläger selbst an, dass er für den Fonds „Der Geburtsort ruft“ der „Demokratischen Vereinigung der Albaner/innen in Deutschland e.V. (DVAD) gespendet hat, bei der es sich nach den dem Senat vorliegenden Informationen um eine Tarnorganisation der LPK handelt -, so ergibt sich aus den gesamten über den Kläger vorliegenden Informationen – auch aus den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz –, dass nicht die Förderung des bewaffneten Konfliktes im Kosovo politisches Ziel des Klägers war. Vielmehr wollte der Kläger durch sein politisches Handeln die sich abzeichnende humanitäre Katastrophe für die albanische Bevölkerung im Kosovo beenden, und zwar auch durch eine Unterstützung - sei es verbal oder wie vom Landesamt für Verfassungsschutz behauptet durch Spendenaktionen - des bewaffneten Kampfs im Kosovo. Das Engagement des Klägers war auf eine Verbesserung der Lage der Kosovo-Albaner gerichtet, wobei er auch eine bewaffnete Selbstverteidigung der albanischen Bevölkerung für legitim erachtete.

Die dahin gehende Überzeugung des Senats beruht in erster Linie auf den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Hierbei machte der Kläger im Hinblick auf die gesamte Darlegung seiner Aktivitäten und Intentionen einen glaubwürdigen Eindruck. Der Kläger führte bei seiner Anhörung aus, dass 1998/99 bei den Albanern im Saarland das Bestreben im Vordergrund gestanden habe, dem Kosovo zu helfen. Es habe dort ein Genozid stattgefunden und ganze Ortschaften seien zerstört worden. Er habe energisch die Selbstverteidigung der Albaner gegen das Drangsalieren durch serbische Truppen befürwortet. Bei allen seinen Aktivitäten habe die humanitäre Seite ganz im Vordergrund gestanden.

Diese Aussagen des Klägers zeigen, dass er durch sein politisches Engagement die Befreiung der Albaner im Kosovo von der serbischen Unterdrückung erreichen wollte, deren Opfer auch er selbst geworden war, wie sich aus dem Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 31.08.1995 - 5 K 729/94.A - ergibt. Für einleuchtend hält der Senat insbesondere auch die Schilderung, dass es in der Ausnahmesituation 1998/1999 für ihn keine Rolle spielte, welcher Exil-Partei oder Organisation der einzelne albanische Kosovare angehörte, sondern dass alle - LDK, PDK, LPK und andere - zusammen dem Kosovo möglichst schnell und wirksam zu helfen versuchten.

Nach dem Ende des Kosovo-Konfliktes - so seine weiteren glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung - habe er sich der neu gegründeten PDK angeschlossen, weil er sich von dieser Gruppierung eine effektivere Hilfe für den Kosovo versprochen habe. Auch dies zeigt, dass sein Engagement nicht von einer Unterstützung einer bewaffneten Auseinandersetzung oder einer bestimmten Partei geprägt war, sondern von der Hilfe für die notleidende albanische Bevölkerung im Kosovo. Dies wird auch in seiner Aussage deutlich, dass es bei seinem politischen Engagement nicht um die Selbständigkeit des Kosovo gegangen sei.

Das gesamte politische Engagement des Klägers für den Kosovo hat, wie sich aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt, im März 2002 endgültig geendet. Dabei ist zu beachten, dass sich bereits seit dem Ende des Kosovo-Konfliktes Mitte 1999 die politischen Aktivitäten des Klägers deutlich vermindert hatten. So ergibt sich aus den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz als Einzelaktivitäten des Klägers seither nur noch, dass er im Mai 2000 als früherer (!) saarländischer LPK-Führungsfunktionär und jetziges PDK-Mitglied bekannt geworden sei, der in einer albanischen Tageszeitung seine Landsleute gelobt habe, „die Krieg geführt hätten“. Außerdem hat der Kläger im März 2001 eine saarländische Landesgruppe der PDK mitbegründet, die sich jedoch bereits im März 2002 wieder aufgelöst hat. Nach dem März 2002 finden sich weder im Vortrag des Klägers noch in den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz irgendwelche politische Aktivitäten des Klägers. Vielmehr steht insoweit lediglich noch die Behauptung des Beklagten im Raum, der Kläger sei noch immer Mitglied in der LPK. Für diese Behauptung finden sich jedoch weder in den Auskünften des Landesamtes für Verfassungsschutz noch im Vortrag des Beklagten irgendwelche Anhaltspunkte. Insbesondere ist in keiner Weise ersichtlich, dass der Kläger noch eine irgendwie geartete aktive Position innerhalb der LPK haben könnte. Deshalb sieht der Senat keine Veranlassung, der vom Beklagten insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellten Behauptung, die weder durch Fakte konkretisiert noch - nach dem eigenen Vortrag des Beklagten - durch - eventuell nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimzuhaltende - Vorgänge gestützt wird, nachzugehen.

Auf jeden Fall ist festzustellen, dass der Kläger bereits nach dem Ende der Kampfhandlungen im Kosovo sein politisches Engagement deutlich vermindert hat. Seine endgültige Abwendung von jeglichem politischen Engagement für den Kosovo zeigt schließlich die Auflösung der saarländischen Gruppe der PDK, deren Vorsitzender der Kläger war, am 24.03.2002. Der Kläger hat insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung noch einmal deutlich betont, dass dieses Datum für ihn einen Schnitt in seiner politischen Vita bedeute. Ab diesem Zeitpunkt hätten er und die anderen Mitglieder der Gruppe die Weichen dahin gestellt, dass eine Integration in die hiesigen Verhältnisse im Vordergrund gestanden habe. Sie hätten Deutsche werden wollen.

Dass sich der Kläger nachhaltig von einem politischen Engagement für den Kosovo abgewandt hat, bestätigen seine Ausführungen, dass er für den Fall einer Unabhängigkeit des Kosovo und einer damit entstehenden Möglichkeit, eine kosovarische Staatsangehörigkeit zu erwerben, die deutsche Staatsangehörigkeit auf jeden Fall behalten wolle. Dies belegt, dass die politische Haltung des Klägers seit geraumer Zeit nicht mehr von einem kosovarischen Nationalismus geprägt ist, sondern vom Willen der deutschen Staatsgemeinschaft anzugehören.

Das gesamte Verhalten des Klägers seit dem Ende des Kosovokrieges und insbesondere seine glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung zeigen zur Überzeugung des Senats, dass er sich von seinem früheren politischen Engagement für den Kosovo nach und nach und seit Jahren endgültig abgewandt hat, so dass § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG seiner Einbürgerung zum heutigen Zeitpunkt nicht entgegensteht.

Im Übrigen kann selbst dann eine Abwendung des Klägers von seinem früheren politischen Engagement nicht verneint werden, wenn eine fortbestehende Mitgliedschaft in der LPK, wie vom Beklagten behauptet, unterstellt wird. Denn nach dem sonstigen Vortrag des Beklagten und den Erklärungen des Landesamtes für Verfassungsschutz kann nicht festgestellt werden, dass die behauptete Mitgliedschaft des Klägers in der LPK in den letzten Jahre noch von einem irgendwie gearteten politischen Engagement für diese Vereinigung begleitet wurde. Wie bereits dargelegt enden die vom Beklagten bzw. dem Landesamt für Verfassungsschutz konkret dargelegten Aktivitäten für die LPK im Mai 2000. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Klägers allenfalls noch nominelles Mitglied der LPK ist, aber ohne eine besondere Funktion und insbesondere ohne ein politisches Engagement, so dass auch eine noch andauernde Mitgliedschaft des Klägers in der LPK nicht gegen ein Abwenden sprechen würde.

Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung steht § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht entgegen. Die Vorschrift legt als Einbürgerungsvoraussetzung fest, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII bestreiten kann. Vorliegend bezieht der Kläger zwar Leistungen nach dem SGB XII, da er nach den vorliegenden Unterlagen Grundsicherung nach den §§ 41 ff. SGB XII bezieht. Von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG bezeichneten Voraussetzung wird aber nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG abgesehen, wenn der Ausländer aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann. Diese Voraussetzung ist beim Kläger gegeben, da er auf Grund seines Alters von 75 Jahren nicht in der Lage ist, durch eine Erwerbstätigkeit den Unterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen zu bestreiten und auch nicht sozialhilferechtlich erwerbsverpflichtet ist

vgl. Berlit, a.a.O., § 10 StAG Rdnr. 254.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG liegen vor, da der Kläger im Hinblick auf die ihm am 27.10.1995 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen Aufenthalt in Deutschland hat und er, wie sich aus dem Zentralregisterauszug vom 15.06.2007 ergibt, nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

Da der Kläger durch die erfolgreiche Ablegung der Sprachprüfung bei der Volkshochschule A-Stadt den Nachweis über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache erbracht hat, ist die Voraussetzung des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ebenfalls gegeben. Das hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

Nach allem erweist sich das Klagebegehren hinsichtlich des Hilfsantrages als begründet und der Berufung ist insoweit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird entsprechend Nr. 42.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den doppelten Auffangwert und damit auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des am 01.07.2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 - BGBl. I, Seite 718).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2005 - 2 K 2364/04 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am 18.03.1974 in Pertek/Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit. 1994 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. Aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.07.1996 - A 3 K 12928/94 - wurde er als Asylberechtigter anerkannt. Im Urteil wurde u.a. ausgeführt, es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger anlässlich des Begräbnisses von 12 mutmaßlichen Mitgliedern der linksextremistischen Untergrundorganisation DEV-Sol sowie zwei weitere Male von Soldaten festgenommen worden sei. Bei seiner Ausreise sei er aufgrund des Verdachts der PKK-Unterstützung jedenfalls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von unmittelbarer politischer Verfolgung bedroht gewesen. Ausweislich des Urteils hatte der Kläger in der Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unter anderem angegeben, er sei wie viele andere Leute in seinem Dorf nicht Mitglied der PKK gewesen. Sie seien aber kurdische Patrioten und wenn die PKK-Leute Unterstützung bräuchten, erhielten sie sie meistens auch. Am 05.11.1996 wurde dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Er ist im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention.
Unter dem 17.07.2001 unterzeichnete der Kläger die vorformulierte Erklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“. Der letzte Absatz der Erklärung lautet:
„Hiermit erkläre ich, dass ich das gegen die PKK ausgesprochene Verbot und die strafrechtliche Verfolgung der Mitgliedschaft in der PKK sowie der strafrechtlichen Verfolgung der aktiven Sympathie für die PKK, auf das Schärfste verurteile. Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt.“
Bei seiner Anhörung durch die Polizeidirektion Offenburg gab der Kläger mit schriftlicher Erklärung vom 17.09.2001 an, er habe mit seiner Unterschrift auf dem Formular bekannt geben wollen, dass er Kurde sei. Er habe die zwei Jahre dauernden Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Er habe unterschrieben, weil er der Meinung gewesen sei, dass in Deutschland die Meinungsfreiheit zu den Menschenrechten zähle. Er könne sich nicht vorstellen, dass dies eine Straftat sei. Mit Zustimmung der Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe stellte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe (57 Js 7787/02) am 19.03.2002 das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 b Abs. 1 StPO ein, da sein Beitrag zur Unterstützung der PKK/ERNK von geringem Gewicht sei und sein Verschulden insgesamt gering erscheine.
Unter dem 17.09.2002 stellte der Kläger einen Einbürgerungsantrag und unterzeichnete eine Loyalitätserklärung, in der er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekannte und erklärte, dass er keine gegen diese Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, gegen die Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder gerichtete Bestrebungen oder solche Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe.
Wegen der im Rahmen der Identitätskampagne der PKK vom Kläger abgegebenen „Selbsterklärung“ verweigerte das Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 30.10.2003 die Zustimmung zur Einbürgerung.
Auf die Bitte um Stellungnahme zur „Selbsterklärung“ und der von ihm abgegebenen Loyalitätserklärung gab der Kläger mit Schreiben vom 23.11.2003 an, er habe den Inhalt der Kampagne im Jahr 2001 wegen seiner geringen Deutschkenntnisse nicht verstanden. Dass er ein Verbrechen begangen habe, habe er nicht gewusst. Er bitte dies zu verzeihen. Die Organisation sei ihm unbekannt. Er habe mit ihr nichts zu tun. Er entschuldige sich für sein Missverständnis.
In einer Stellungnahme vom 17.06.2004 lehnte das Innenministerium Baden-Württemberg erneut die Zustimmung zur Einbürgerung ab.
Mit Schriftsatz vom 15.07.2004 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dieser habe sich zu keinem Zeitpunkt für die PKK als aktives Mitglied oder Sympathisant betätigt. Er fühle sich dieser politischen Gruppe nicht zugehörig. Die Unterschrift sei im Jahr 2001 abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe, die von der PKK als „Lockvogel“ benutzt worden seien, um Unterschriften zu erschleichen. Der Vorfall vom 17.07.2001 liege bereits mehr als drei Jahre zurück. Der Kläger habe zwischenzeitlich dargestellt, dass er sich von seiner damaligen Unterschrift, sofern ihm ihr gesamter Inhalt zugerechnet werde, distanziere.
10 
Mit Bescheid vom 03.08.2004 lehnte das Landratsamt Ortenaukreis die Einbürgerung im Hinblick auf die vom Kläger abgegebene „Selbsterklärung“ mit der Begründung ab, der Kläger versuche die Abgabe der Erklärung zu verharmlosen. Soweit er angegeben habe, dass er den Inhalt der Erklärung und der Kampagne nicht verstanden habe und dass ihm die Ziele und Aktivitäten der PKK nicht bekannt seien, stünden seine Angaben in krassem Widerspruch zu seinen Einlassungen im Asylanerkennungs- sowie im späteren Strafverfahren. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er sich glaubhaft von seiner damaligen Unterschrift und dem Inhalt der Selbsterklärung distanziert habe. Die von ihm abgegebene Loyalitätserklärung entspreche nicht der Wahrheit. Es fehle somit an der Einbürgerungsvoraussetzung des § 85 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, wonach ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und die Erklärung erforderlich sei, dass keine gegen diese gerichteten oder sonst für eine Einbürgerung schädlichen Bestrebungen verfolgt oder unterstützt würden oder worden seien. Außerdem lägen die Ausschlussgründe des § 86 Nr. 2 und 3 AuslG vor.
11 
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2004 zurück.
12 
Der Kläger erhob am 03.11.2004 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage und trug zur Begründung u.a. vor, zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung habe er sich an seiner Arbeitsstelle im Betrieb seines Bruders aufgehalten. Es sei eine ihm nicht bekannte Person gekommen und habe sich den Anwesenden als Kurde vorgestellt. Sie habe angegeben, Unterschriften für den Friedens- bzw. den Waffenstillstand zwischen Kurden und Türken in der Türkei zu sammeln. Von der PKK habe der Kurde kein Wort gesagt. Die Erklärung selbst sei in deutscher Sprache gewesen. Der Kurde habe weder auf den Text hingewiesen noch ihm Gelegenheit zum Studium der Erklärung gegeben. Weil er dafür sei, dass in der Türkei zwischen Türken und Kurden Frieden herrsche, habe er aufgrund der mündlichen Angaben des Kurden spontan seine Unterschrift gegeben, ohne sich mit dem Inhalt der Erklärung zu beschäftigen bzw. diese zu lesen. Er habe auch nicht gelesen, dass für die Erklärung die PKK verantwortlich gewesen sei, weil eine entsprechende optische Hervorhebung auf der Erklärung nicht vorhanden gewesen sei. Er sei ahnungslos und gutgläubig gewesen und damit das Opfer einer geschickten Werbeaktion der PKK geworden. Er habe nicht das Bewusstsein gehabt, eine Unterstützungserklärung für die PKK abzugeben.
13 
Mit Urteil vom 16.03.2005 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Einbürgerung des Klägers. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, zwar gefährde die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisation KADEK die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Auch sei in der Unterzeichnung der „Selbsterklärung“ der PKK eine Unterstützung dieser verbotenen Organisation zu sehen. Indes führe nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung zu der Anwendung eines Ausschlussgrundes i.S.v. § 11 Nr. 2 StAG. Bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad aufweise als andere gewaltbereite Gruppen, sei eine Differenzierung erforderlich, um bloße - unpolitische - Mitläufer nicht zu erfassen. Der Ausschlussgrund sei deshalb erst dann erfüllt, wenn Tatsachen vorlägen, die auf eine nachhaltige Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen ließen. Solche Tatsachen lägen im Fall des Klägers jedoch nicht vor. Es sei nicht dargetan, dass er die PKK nachhaltig unterstützt habe. Er sei in über zehn Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet nur ein einziges Mal anlässlich eines „Massendelikts“ durch Abgabe der „Selbsterklärung“ aufgefallen. Dies deute darauf hin, dass es sich bei ihm nicht um einen Unterstützer der PKK im eigentlichen Sinne, sondern höchstens um einen im Grunde genommen unpolitischen Mitläufer handle, der möglicherweise lediglich - wie er vortrage - Opfer einer geschickten Werbekampagne der PKK geworden sei.
14 
Mit Beschluss vom 16.08.2005 - 12 S 945/05 - hat der Senat auf Antrag des Beklagten die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. - Der Beschluss wurde dem Beklagten am 05.09.2005 zugestellt.
15 
Mit der am 05.10.2005 eingegangenen Berufungsbegründung führt der Beklagte ergänzend aus: Bei der Frage, ob durch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung ein Ausschlussgrund nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG gegeben sei, sei von entscheidender Bedeutung, ob beim Begriff des „Unterstützens“ i.S.d. Vorschrift auf eine gewisse Nachhaltigkeit abzustellen sei. Eine derartige Differenzierung verbiete sich aber schon nach dem Gesetzeswortlaut. Auch aus der gesetzlichen Begründung ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine solche Gewichtung gerade nicht habe vornehmen wollen. Auch Handlungen und Tatbestände, die strafrechtlich noch nicht relevant seien und keine fassbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland mit sich brächten, seien von der Vorschrift umfasst. Jede öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG u.a. durch Wort, Schrift und Bild reiche aus. Bei der Abgabe der PKK-Selbsterklärung handle es sich aber sogar um eine erhebliche, strafrechtlich sanktionierte Unterstützung, wie der Bundesgerichtshof festgestellt habe. Auch das Bundesverwaltungsgericht gehe beim identischen Begriff der Unterstützung in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG (jetzt § 54 Nr. 5 AufenthG) davon aus, dass ausnahmslos jede unterstützende Tätigkeit tatbestandsmäßig sei. Eine Relevanz der Unterstützung sei für den Betroffenen nur dann nicht gegeben, wenn die Zielrichtung des Handelns für ihn nicht erkennbar und deshalb nicht zurechenbar gewesen sei. Eine solche fehlende Zurechenbarkeit und Erkennbarkeit könne jedoch bei der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung - von völlig atypischen Fällen abgesehen - nicht angenommen werden. Anders als bei der Teilnahme an manchen Veranstaltungen von inkriminierten Organisationen trete die unterstützende Zielrichtung der PKK-Selbsterklärung offen zutage, wie aus dem letzten Absatz der Erklärung deutlich werde.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2005 - 2 K 2364/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Ergänzend führt er aus, er sei ausschließlich durch die Angaben des Werbers zur Unterschrift veranlasst worden. Dieser habe sich sinngemäß mit den Worten am Arbeitsplatz des Klägers vorgestellt: „Wir sind Kurden, es sterben jeden Tag Kurden wegen Krieg, wir sind für türkisch-kurdischen Frieden!“ und „Für Frieden, Freiheit, Demokratie in der ganzen Türkei!“ Von der PKK habe er kein einziges Wort gesagt. Aufgrund dieser Angaben habe der Kläger seine Unterschrift gegeben, ohne die Erklärung oder auch nur Teile davon zu lesen. Hätte er die Erklärung gelesen, hätte er sie nicht unterschrieben, weil er die gewaltbereite Durchsetzung politischer Ziele durch die PKK nicht billige. Der Werber habe seine Unterschrift - wie auch die anderer potenzieller Unterschriftsleistender - nach Art eines Gebrauchtwagenhändlers mit beschönigenden Angaben unter völliger Ausklammerung der verantwortlichen PKK in der Absicht, so viele Unterschriften wie möglich zu sammeln, erschlichen. Ihm könne allenfalls der Vorwurf gemacht werden, er habe fahrlässig vor Unterzeichnung die Erklärung nicht durchgelesen. Während seines gesamten bisherigen Aufenthaltes in Deutschland habe er an keiner einzigen Demonstration, Veranstaltung oder sonstigen Aktivität für die PKK teilgenommen, weil er deren Bestrebungen aufgrund der Durchsetzung der politischen Ziele mit gewaltsamen Mitteln nicht billige. Er bilde sich seine politische Meinung, indem er regelmäßig Zeitungen wie die Acherner Renchtalzeitung, die Bild-Zeitung und die türkische Zeitung Hürriyet lese. Er stehe in jeder Beziehung auf der Grundlage des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
21 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Ortenaukreis, die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg, die Akte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe (57 Js 7787/02), die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart betreffend das Asylverfahren des Klägers (A 3 K 12928/94) und die Akte des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie die in die mündliche Verhandlung vor dem Senat eingeführten Unterlagen vor.
22 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung unter anderem zu den Umständen der Unterzeichnung der Erklärung vom 17.07.2001 angehört. Zum Ergebnis der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 03.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 18.10.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einbürgerung noch kommt eine Ermessenseinbürgerung in Betracht. Das mit der Berufung angegriffene Urteil war dementsprechend abzuändern.
24 
Maßgeblich für die Frage, ob der Kläger einzubürgern ist, ist die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgebliche Sach- und Rechtslage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris). Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Einbürgerungsanspruch ist daher § 10 StAG i.d.F. des am 01.01.2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950). Allein umstritten ist, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG vorliegen bzw. ob ein Ausschlussgrund i.S.v. § 11 StAG gegeben ist. Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Einbürgerungsbewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben oder verloren haben muss, ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StAG abzusehen, da der Kläger im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Auch hat er seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Am 05.11.1996 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.
25 
Für den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist Voraussetzung, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder dass er glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG). Im Zusammenhang damit regelt § 11 S. 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer die in §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
26 
Als tatbestandsmäßiges Unterstützen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG ist jede Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; dazu zählen etwa die öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von den in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen durch Wort, Schrift und Bild, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Ziele (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris; Berlit in GK-StAR IV - 2 § 11 RdNrn. 96 ff., Stand Oktober 2005). Entsprechend legt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, DVBl. 2005, 1203) den Begriff des Unterstützens terroristischer Vereinigungen in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG aus. Danach ist als tatbestandserhebliches Unterstützen - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dies umfasst jedes Tätigwerden eines Nichtmitgliedes, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer (auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten) Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit.
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist in der vom Kläger vorgenommenen Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung eine i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG maßgebliche Unterstützungshandlung zu sehen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2004 - 2 K 913/04 - Vensa; VG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2004 - 8 K 9265/03 -; VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 - 12 K 80/04 - juris; ebenso wohl OVG Hamburg, Beschluss vom 08.09.2005 - 3 BF 172/04 -; a.A. Berlit aaO RdNr. 121, wonach der Ausschlussgrund nur gegeben ist, soweit die Erklärung eine nachhaltige Identifizierung mit der PKK indiziert). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.03.2003 - 3 StR 377/02 -, NJW 2003, 2621) liegt in der Unterzeichnung der Bekenntniserklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot, sich für die PKK zu betätigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG). Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, einem Vereinsverbot handele auch ein nicht mitgliedschaftlich und sonst nicht organisatorisch eingebundener Dritter zuwider, wenn sein Verhalten auf die verbotene Vereinstätigkeit bezogen und dieser förderlich sei. Auf die Feststellung eines tatsächlich eingetretenen messbaren Nutzens komme es nicht an; es genüge, dass das Täterhandeln konkret geeignet sei, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung hervorzurufen. Die PKK-Selbsterklärung sei auf die verbotene Tätigkeit der PKK bezogen und - jedenfalls unter Berücksichtigung der Kampagne, in deren Rahmen sie abgegeben worden sei - konkret geeignet, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung zu entfalten. Eine solche Eignung komme der Erklärung aufgrund der in ihr erklärten Absicht, das Verbot nicht anzuerkennen und sämtliche Verantwortung zu übernehmen, die sich daraus ergebe, in zweifacher Weise zu. Vorteilhafte Wirkungen könnten sich zum einen unmittelbar aus der persönlichen Festlegung jedes Unterzeichners darauf ergeben, das Verbot auch künftig nicht zu beachten und sich von Zuwiderhandlungen selbst durch die Androhung strafrechtlicher Sanktionen nicht abhalten zu lassen. Solche Selbstfestlegungen verschafften den Verantwortlichen der PKK für künftige Aktionen Planungsgrundlagen und erleichterten ihnen so die Fortsetzung der verbotenen Aktivitäten. Zum anderen liege es auf der Hand, dass derartige Bekenntnisse der Tätigkeit der PKK auch über eine durch sie vermittelte Stärkung der Solidarität mit anderen potenziellen Sympathisanten im Hinblick auf künftige verbotene Vereinsaktivitäten förderlich sei. Durch die Beteiligung an der groß angelegten Selbstbekenntnisaktion gebe der Unterzeichner auch anderen kurdischen Landsleuten, die der Sache der PKK nahe stünden, einen Anstoß, sich ihrerseits anzuschließen und auch selbst Bekenntnisse zu unterzeichnen. Hinzu komme, dass den einzelnen Mitgliedern und Sympathisanten bei künftigen verbotenen Aktivitäten die Überschreitung der Schwelle zur Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG in der Gewissheit, nicht allein zu stehen, wesentlich erleichtert werde. Unter diesem Aspekt wirke sich die Unterzeichnung von Selbstbekenntnissen im Rahmen einer groß angelegten Aktion auch schon aktuell vorteilhaft auf die Tätigkeit der PKK aus. Bei einer unmittelbaren Förderung der verbotenen Vereinstätigkeit durch Beteiligung an einer von der Führungsebene der PKK initiierten groß angelegten Kampagne, die auf die Stärkung der Bereitschaft von Sympathisanten zu verbotenen Aktivitäten abziele und eine Verfahrensflut - mit der Folge der Lahmlegung der Strafjustiz - auslösen solle, komme es auf eine Außenwirkung von vorneherein nicht an. Die Erklärungen könnten nicht dahin verstanden werden, dass die Unterzeichner - was durchaus ihr eigentliches und vorrangiges Anliegen sein möge - lediglich Freiheit und Selbstbestimmung für das kurdische Volk forderten und die Überprüfung des Verbots der Betätigung für die PKK sowie dessen Aufhebung verlangten. Vielmehr gehe es den Erklärenden darum, unter allen Umständen, also gerade auch für den von ihnen erwarteten Fall, dass es bei dem Verbot bleibe, durch Selbstfestlegung und Stärkung der Solidarität mit der PKK einen Beitrag zur Fortführung ihrer Tätigkeit zu leisten. Schon durch die das Bekenntnis abschließende Erklärung, dass der Unterzeichner „sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus (also aus der Nichtanerkennung des Verbots) ergebe“, bringe der Unterzeichner unmissverständlich zum Ausdruck, dass er bereit sei, das Verbot, unabhängig von dessen geforderter Aufhebung, zu missachten und die der Zuwiderhandlung nachfolgende strafrechtliche Verfolgung in Kauf zu nehmen.
28 
Bei Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat der Kläger mit der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung die Bestrebungen der PKK unterstützt, weil sie für diese objektiv vorteilhaft gewesen sind. Dass der Kläger nur einer von mehreren zehntausend Unterzeichnern gewesen ist, steht dieser Annahme nicht entgegen, da ein objektiv messbarer Nutzen nicht feststellbar sein muss. Unerheblich ist auch, ob er sich - wie er inzwischen behauptet - der Bedeutung der Erklärung nicht bewusst und Opfer einer „Werbeaktion“ gewesen ist. Nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG muss ein durch tatsächliche Anhaltspunkte gestützter Verdacht vorliegen, d.h. allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, genügen nicht. Die Einbürgerungsbehörde ist für die somit erforderlichen Anknüpfungstatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Diese Anknüpfungstatsachen müssen die Annahme sicherheitsrelevanter Aktivitäten rechtfertigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht nachgewiesen werden können (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - unter Hinweis auf BT-Drcks. 14/533, S. 18). Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung des Einbürgerungsbewerbers sind in der Regel nicht erforderlich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 99). Ein tatsachengestützter Verdacht auf Unterstützung sicherheitsgefährdender Bestrebungen ist daher auch dann gerechtfertigt, wenn der Ausländer behauptet, er sei sich der vorteilhaften Wirkung für die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen nicht bewusst gewesen oder er habe sie nicht bezwecken wollen.
29 
Der Senat folgt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, soweit dieses ausgeführt hat, nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung führe zum Ausschluss des Einbürgerungsanspruchs und bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad habe, erscheine eine Differenzierung erforderlich, um bloße - im Grunde eher unpolitische - Mitläufer nicht mehr zu erfassen. Nach dem Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 11.07.2002 (aaO) fallen auch Betätigungen unterhalb der Tätigkeit als Funktionär jedenfalls dann unter § 86 Nr. 2 AuslG (entspricht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG), wenn sie auf eine „nachhaltige“ Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen lassen. Berlit (aaO RdNr. 98) vertritt dementsprechend die Auffassung, einzelne Unterstützungshandlungen rechtfertigten als tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme einer Verfolgung oder Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nur (und erst) dann, wenn sie nach Art und Gewicht geeignet seien, eine dauernde Identifikation des Ausländers mit den Bestrebungen zu indizieren.
30 
Dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG lassen sich jedoch keine Hinweise für eine derart einschränkende Auslegung des Unterstützungsbegriffs bzw. für eine Einschränkung des weit gezogenen Kreises der einbürgerungsschädlichen Handlungen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 94; BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 aaO) entnehmen. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verlagert den Sicherheitsschutz weit in Handlungsbereiche vor, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und - für sich betrachtet - noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 65 und 89; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Einbürgerungsschädlich sind damit jedenfalls solche Unterstützungshandlungen, die (objektiv) strafbar sind.
31 
Auch den Motiven des Gesetzgebers, der mit der Einfügung des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. durch Gesetz vom 15.07.1999 (BGBl. I, S. 1618) insbesondere die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindern wollte, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drcks. 14/533, S. 18 f.), lassen sich keine Hinweise auf eine Einschränkung des bewusst weiten Tatbestandes des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entnehmen. Soweit Berlit (aaO RdNr. 98) das Vorliegen von Tatsachen als erforderlich ansieht, die eine dauernde Identifikation mit den sicherheitsgefährdenden Bestrebungen indizieren, werden (indirekt) subjektive Elemente ins Spiel gebracht, obwohl Feststellungen zur inneren Einstellung des Einbürgerungsbewerbers gerade nicht getroffen werden müssen, weil ein tatsachengestützter Verdacht für Unterstützungshandlungen genügt. Dem Umstand, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine dauernde Identifikation mit sicherheitsgefährdenden Bestrebungen vorliegen oder nur eine (strafbare) Unterstützungshandlung von geringem Gewicht vorliegt, kann bei der Prüfung der Frage Rechnung getragen werden, ob sich der Einbürgerungsbewerber glaubhaft von den Bestrebungen abgewandt hat. Gleiches gilt, wenn - wie hier - ein Ermittlungsverfahren nach § 153 b Abs. 1 StPO i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG eingestellt wird.
32 
Die von der PKK zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung des Klägers verfolgten Bestrebungen waren gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet. Eine entsprechende Feststellung hat der erkennende Gerichtshof (vgl. Urteil vom 11.07.2002 aaO) hinsichtlich eines Zeitraums bis Mitte 1999 aufgrund der von der PKK (auch) in Deutschland verübten Gewalttätigkeiten getroffen; die PKK/ERNK ging danach im Bundesgebiet gewalttätig gegen „Verräter“ in den eigenen Reihen und Angehörige konkurrierender kurdischer Organisationen vor und hat sich damit eine eigene Strafgewalt in Deutschland angemaßt. Es ist auch davon auszugehen, dass die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung, also im Jahr 2001, aber auch noch heute, Bestrebungen verfolgen, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Zwar verkündete die PKK auf dem 7. Parteikongress im Januar 2000, sie strebe die Anerkennung der kurdischen Identität und kulturellen Autonomie auf politischem Wege und ohne Gewalt an, und es sind auch seitdem - soweit ersichtlich - keine Anschläge auf türkische oder deutsche Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland seitens der PKK mehr verübt worden. An der strikt hierarchischen und autoritären Struktur der Organisation hat sich aber auch nach der Umbenennung der PKK in KADEK im April 2002 bzw. in KONGRA GEL im November 2003 nichts wesentliches geändert (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundesministeriums des Innern, S. 232). Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (vgl. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2004, S. 96) geht davon aus, innerhalb der Organisation herrsche statt freier Meinungsbildung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Gewalt sei weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele. Eine Mobilisierung der Mitglieder und Anhänger für gewalttätige Aktionen sei auch in Baden-Württemberg nach wie vor möglich.
33 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Guerillaverbände der PKK zum 01. Juni 2004 den aus ihrer Sicht „einseitigen Waffenstillstand“ für beendet erklärt haben. In der zweiten Jahreshälfte 2004 kam es darauf hin zu verstärkten Kampfhandlungen zwischen türkischer Armee und den Guerillaverbänden (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundes, S. 231). Das Auswärtige Amt berichtet im Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 03.05.2005, seit der Beendigung des „Waffenstillstandes“ sei es im Südosten nach offiziellen Angaben zu über 100 gewaltsamen Zusammenstößen zwischen türkischem Militär und PKK-Terroristen gekommen, bei denen nach einer internen türkischen Statistik zwischen Juni und Oktober 2004 13 Sicherheitskräfte und 57 PKK-Terroristen ums Leben gekommen seien. Eine dauerhafte Abkehr von gewalttätigen Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland ist unter diesen Umständen nicht feststellbar. Zudem wird weiterhin von „Bestrafungsaktionen“ im Rahmen der von der KONGRA GEL alljährlich in Deutschland durchgeführten Spendenkampagne, die auch der Versorgung der Guerillakämpfer in der Türkei und deren Ausstattung mit Waffen und Munition dient, berichtet (vgl. Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg 2004, S. 100). Allein dies stellt eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1994 - 1 VR 10.93 -, NVwZ 1995, 587; VGH Baden-Württem-berg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -).
34 
Darüber hinaus gefährdet die PKK/KONGRA GEL auch durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Unter diese Alternative des § 11 S. 1 Nr. 2 StAG fallen Bestrebungen bzw. Organisationen, die im Bundesgebiet selbst keine Gewalt (mehr) anwenden oder vorbereiten, wohl aber im Herkunftsstaat gewalttätig agieren oder - als politische Exilorganisation - dortige Bestrebungen durch Wort („Propaganda“) oder Tat (etwa durch die Überweisung von Spenden; organisatorische bzw. logistische Unterstützung; Anwerbung von „Kämpfern“) unterstützen (vgl. Berlit aaO RdNr. 131). Das Sammeln von Spenden in der Bundesrepublik Deutschland für die Guerillakämpfer in der Türkei stellt sich als Vorbereitungshandlung für die Anwendung von Gewalt in der Türkei dar und gefährdet auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -; VG Gießen, Urteil vom 03.05.2004 - 10 E 2961/03 - juris; Berlit aaO RdNr. 131, der auf die Hervorhebung der PKK im Gesetzgebungsverfahren hinweist).
35 
Der Kläger hat schließlich nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG glaubhaft machen können, sich von der früheren Unterstützung der durch diese Vorschrift inkriminierten Bestrebungen „abgewandt“ zu haben. Hierfür genügt ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen nicht. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Bei veränderten Rahmenbedingungen kann eine Abwendung auch dann vorliegen, wenn für eine in der Vergangenheit liegende historisch-politische Situation die Entscheidung für die Verfolgung oder Unterstützung der inkriminierten Bestrebungen weiterhin als richtig behauptet, aber hinreichend deutlich erkennbar wird, dass und aus welchen Gründen sich die Rahmenbedingungen nachhaltig geändert haben und aus diesem Grunde eine von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angesprochene Tätigkeit nicht mehr angenommen werden kann. Die Abwendung setzt grundsätzlich individuelle Lernprozesse voraus; dazu können aber auch von innerer Akzeptanz getragene kollektive Lernprozesse gehören. Die Glaubhaftmachung der Abwendung erfordert die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Die Dauer der verstrichenen Zeit zwischen der letzten Unterstützungshandlung und der Beurteilung des Einbürgerungsbewerbers kann auf der Ebene der Glaubhaftmachung der Abwendung von früheren Unterstützungshandlungen zu berücksichtigen sein (vgl. Berlit aaO, RdNr. 156 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64; BayVGH, Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Auch Art, Gewicht und Häufigkeit der Handlungen sind für die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen maßgeblich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 158; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 -). Je geringer das Gewicht der Unterstützungshandlungen ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat (vgl. VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 aaO).
36 
Gemessen daran hat der Kläger eine Abwendung bzw. Distanzierung von der durch Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung begangenen Unterstützungshandlung nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vorbringen des Klägers nimmt der Senat ihm nicht ab, dass er vom Inhalt der sog. PKK-Selbsterklärung und dem Zusammenhang mit der Identitätskampagne der PKK nichts gewusst hat. Seine erstmals mit der Klagebegründung erhobene Behauptung, „der Kurde“ - im Gegensatz dazu war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von zwei Personen die Rede - habe von der PKK kein Wort gesagt und er sei sich nicht bewusst gewesen, eine Erklärung zugunsten der PKK abgegeben zu haben, weil er diese nicht gelesen habe, widerspricht seinen bisherigen Angaben. In der von ihm im Ermittlungsverfahren selbst geschriebenen Stellungnahme vom 17.09.2001 hatte er angegeben, er habe die Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2004 heißt es, die Unterschrift sei von ihm abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe. Wenn der Kläger aber die Friedens- bzw. Versöhnungsbestrebungen der PKK durch die Unterschrift unterstützen wollte, muss er sich zumindest der Herkunft der von ihm unterzeichneten Erklärung bewusst gewesen sein. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Vorhalt ausgeführt, die Stellungnahme vom 17.09.2001 sei zwischen den Verwandten, die am selben Tage wie er selbst die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hätten, abgestimmt worden. Dies löst jedoch den Widerspruch nicht auf. Zum einen ist damit nicht ausgedrückt, dass der Inhalt der Stellungnahme vom 17.09.2001 unzutreffend ist. Zum anderen hat sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 15.07.2004 die Angabe des Klägers, er habe die Friedensaktivitäten der PKK unterstützen wollen, noch einmal wiederholt. Auch dies spricht dafür, dass die Stellungnahme vom 17.09.2001 jedenfalls insoweit zutreffend war, als sich daraus die Kenntnis des Klägers von der Herkunft der Erklärung ergibt. Dass er dies nunmehr bestreitet, beruht nach Einschätzung des Senats eher auf prozesstaktischen Erwägungen. Zweifel an der behaupteten Abwendung bestehen damit nach wie vor.
37 
Es erscheint auch lebensfremd, dass keine der neun Personen, die bei der Unterschriftenaktion an der Arbeitsstelle des Klägers die PKK-Erklärungen unterzeichnet haben sollen, zumindest die Vermutung geäußert haben soll, die Erklärung stamme von der PKK bzw. die beiden Unterschriftensammler stünden der PKK nahe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gab der Kläger an, die beiden Kurden, die die Unterschriften gesammelt hätten, seien ca. eine halbe Stunde lang an seiner Arbeitsstelle gewesen. Es sei Kaffee getrunken worden. Am Ende der Unterredung hätten alle neun Personen ihre Unterschrift geleistet. Von einer Überrumpelung des Klägers - wie dies in der Klagebegründung suggeriert wird, indem vorgetragen wurde, ihm sei keine Gelegenheit zum Studium des Textes der Erklärung gegeben worden und er habe spontan unterschrieben - kann deshalb auch aus seiner Sicht keine Rede sein. Auch jetzt fühlt sich der Kläger von den die Unterschrift verlangenden Personen in keiner Weise getäuscht. Angesichts seiner begrenzten Kenntnisse der deutschen Sprache mag es nachvollziehbar sein, dass er die Erklärung nicht im einzelnen gelesen und verstanden hat. Nicht glaubhaft ist aber, dass Inhalt und Herkunft der Erklärung, die in der Überschrift und im letzten, dem Feld für die Daten und die Unterschrift des Unterzeichners unmittelbar vorangestellten Absatz, aber auch im gesamten Text vielfach die PKK erwähnt, nicht angesprochen worden sein sollen. Es kommt hinzu, dass zur damaligen Zeit von der PKK massenhaft Unterschriften gesammelt worden sind - im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.03.2003 (aaO) ist von ca. 100.000 an die Behörden der Bundesrepublik Deutschland gelangten Erklärungen die Rede -; die Identitätskampagne der PKK dürfte deshalb bei den kurdischen Volkszugehörigen, etwa an der Arbeitsstelle des Klägers Gesprächsthema gewesen sein.
38 
Auffällig ist auch, dass der Kläger sich, wenn ihm der Inhalt von ihm unterzeichneter Erklärungen vorgehalten wurde, mehrfach darauf berufen hat, er kenne den Inhalt nicht bzw. die Erklärung sei nicht von ihm selbst formuliert worden. Sowohl hinsichtlich der hier streitigen PKK-Erklärung als auch hinsichtlich der von ihm gefertigten Stellungnahme vom 17.09.2001 sowie im Zusammenhang mit dem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 23.11.2003 ist dieses Aussageverhalten festzustellen. Auch dies deutet darauf hin, dass er sich der eigentlichen Problematik einer Unterstützung der PKK zu entziehen versucht. Da der Senat aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag und in seinem Verhalten nicht davon überzeugt ist, dass er von der Herkunft der PKK-Erklärung nichts gewusst hat, ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er nicht erneut die PKK unterstützen wird. Seine Äußerung, die deutschen Gesetze (= das Verbot der PKK) gälten auch für ihn, genügt hierfür nicht.
39 
Wegen des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Einbürgerung nach § 8 StAG. In einer solchen Fallgestaltung ist das Ermessen in der Weise reduziert, dass lediglich die Versagung der Einbürgerung ermessensfehlerfrei möglich wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; Nr. 8.1.2.5 StAR-VwV). Offen bleiben kann, ob Ausschlussgründe nach § 11 Satz 1 StAG - wofür der Wortlaut spricht - nur den Rechtsanspruch, nicht aber eine Ermessenseinbürgerung auf der Grundlage des § 10 StAG ausschließen (so Berlit aaO, Rdnr.4 ff.). Denn im Regelfall ist eine Versagung der Ermessenseinbürgerung jedenfalls im Falle des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StAG als gesetzlich gewollt anzusehen, so dass nur ausnahmsweise davon abgesehen werden kann (vgl. Berlit aaO, Rdnr. 202 f.). Eine atypische Situation, die eine solche Annahme nahe legen könnte, ist hier nicht gegeben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Gründe

 
23 
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 03.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 18.10.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einbürgerung noch kommt eine Ermessenseinbürgerung in Betracht. Das mit der Berufung angegriffene Urteil war dementsprechend abzuändern.
24 
Maßgeblich für die Frage, ob der Kläger einzubürgern ist, ist die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgebliche Sach- und Rechtslage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris). Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Einbürgerungsanspruch ist daher § 10 StAG i.d.F. des am 01.01.2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950). Allein umstritten ist, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG vorliegen bzw. ob ein Ausschlussgrund i.S.v. § 11 StAG gegeben ist. Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Einbürgerungsbewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben oder verloren haben muss, ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StAG abzusehen, da der Kläger im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Auch hat er seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Am 05.11.1996 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.
25 
Für den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist Voraussetzung, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder dass er glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG). Im Zusammenhang damit regelt § 11 S. 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer die in §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
26 
Als tatbestandsmäßiges Unterstützen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG ist jede Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; dazu zählen etwa die öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von den in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen durch Wort, Schrift und Bild, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Ziele (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris; Berlit in GK-StAR IV - 2 § 11 RdNrn. 96 ff., Stand Oktober 2005). Entsprechend legt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, DVBl. 2005, 1203) den Begriff des Unterstützens terroristischer Vereinigungen in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG aus. Danach ist als tatbestandserhebliches Unterstützen - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dies umfasst jedes Tätigwerden eines Nichtmitgliedes, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer (auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten) Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit.
27 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist in der vom Kläger vorgenommenen Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung eine i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG maßgebliche Unterstützungshandlung zu sehen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2004 - 2 K 913/04 - Vensa; VG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2004 - 8 K 9265/03 -; VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 - 12 K 80/04 - juris; ebenso wohl OVG Hamburg, Beschluss vom 08.09.2005 - 3 BF 172/04 -; a.A. Berlit aaO RdNr. 121, wonach der Ausschlussgrund nur gegeben ist, soweit die Erklärung eine nachhaltige Identifizierung mit der PKK indiziert). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.03.2003 - 3 StR 377/02 -, NJW 2003, 2621) liegt in der Unterzeichnung der Bekenntniserklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot, sich für die PKK zu betätigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG). Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, einem Vereinsverbot handele auch ein nicht mitgliedschaftlich und sonst nicht organisatorisch eingebundener Dritter zuwider, wenn sein Verhalten auf die verbotene Vereinstätigkeit bezogen und dieser förderlich sei. Auf die Feststellung eines tatsächlich eingetretenen messbaren Nutzens komme es nicht an; es genüge, dass das Täterhandeln konkret geeignet sei, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung hervorzurufen. Die PKK-Selbsterklärung sei auf die verbotene Tätigkeit der PKK bezogen und - jedenfalls unter Berücksichtigung der Kampagne, in deren Rahmen sie abgegeben worden sei - konkret geeignet, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung zu entfalten. Eine solche Eignung komme der Erklärung aufgrund der in ihr erklärten Absicht, das Verbot nicht anzuerkennen und sämtliche Verantwortung zu übernehmen, die sich daraus ergebe, in zweifacher Weise zu. Vorteilhafte Wirkungen könnten sich zum einen unmittelbar aus der persönlichen Festlegung jedes Unterzeichners darauf ergeben, das Verbot auch künftig nicht zu beachten und sich von Zuwiderhandlungen selbst durch die Androhung strafrechtlicher Sanktionen nicht abhalten zu lassen. Solche Selbstfestlegungen verschafften den Verantwortlichen der PKK für künftige Aktionen Planungsgrundlagen und erleichterten ihnen so die Fortsetzung der verbotenen Aktivitäten. Zum anderen liege es auf der Hand, dass derartige Bekenntnisse der Tätigkeit der PKK auch über eine durch sie vermittelte Stärkung der Solidarität mit anderen potenziellen Sympathisanten im Hinblick auf künftige verbotene Vereinsaktivitäten förderlich sei. Durch die Beteiligung an der groß angelegten Selbstbekenntnisaktion gebe der Unterzeichner auch anderen kurdischen Landsleuten, die der Sache der PKK nahe stünden, einen Anstoß, sich ihrerseits anzuschließen und auch selbst Bekenntnisse zu unterzeichnen. Hinzu komme, dass den einzelnen Mitgliedern und Sympathisanten bei künftigen verbotenen Aktivitäten die Überschreitung der Schwelle zur Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG in der Gewissheit, nicht allein zu stehen, wesentlich erleichtert werde. Unter diesem Aspekt wirke sich die Unterzeichnung von Selbstbekenntnissen im Rahmen einer groß angelegten Aktion auch schon aktuell vorteilhaft auf die Tätigkeit der PKK aus. Bei einer unmittelbaren Förderung der verbotenen Vereinstätigkeit durch Beteiligung an einer von der Führungsebene der PKK initiierten groß angelegten Kampagne, die auf die Stärkung der Bereitschaft von Sympathisanten zu verbotenen Aktivitäten abziele und eine Verfahrensflut - mit der Folge der Lahmlegung der Strafjustiz - auslösen solle, komme es auf eine Außenwirkung von vorneherein nicht an. Die Erklärungen könnten nicht dahin verstanden werden, dass die Unterzeichner - was durchaus ihr eigentliches und vorrangiges Anliegen sein möge - lediglich Freiheit und Selbstbestimmung für das kurdische Volk forderten und die Überprüfung des Verbots der Betätigung für die PKK sowie dessen Aufhebung verlangten. Vielmehr gehe es den Erklärenden darum, unter allen Umständen, also gerade auch für den von ihnen erwarteten Fall, dass es bei dem Verbot bleibe, durch Selbstfestlegung und Stärkung der Solidarität mit der PKK einen Beitrag zur Fortführung ihrer Tätigkeit zu leisten. Schon durch die das Bekenntnis abschließende Erklärung, dass der Unterzeichner „sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus (also aus der Nichtanerkennung des Verbots) ergebe“, bringe der Unterzeichner unmissverständlich zum Ausdruck, dass er bereit sei, das Verbot, unabhängig von dessen geforderter Aufhebung, zu missachten und die der Zuwiderhandlung nachfolgende strafrechtliche Verfolgung in Kauf zu nehmen.
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Bei Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat der Kläger mit der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung die Bestrebungen der PKK unterstützt, weil sie für diese objektiv vorteilhaft gewesen sind. Dass der Kläger nur einer von mehreren zehntausend Unterzeichnern gewesen ist, steht dieser Annahme nicht entgegen, da ein objektiv messbarer Nutzen nicht feststellbar sein muss. Unerheblich ist auch, ob er sich - wie er inzwischen behauptet - der Bedeutung der Erklärung nicht bewusst und Opfer einer „Werbeaktion“ gewesen ist. Nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG muss ein durch tatsächliche Anhaltspunkte gestützter Verdacht vorliegen, d.h. allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, genügen nicht. Die Einbürgerungsbehörde ist für die somit erforderlichen Anknüpfungstatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Diese Anknüpfungstatsachen müssen die Annahme sicherheitsrelevanter Aktivitäten rechtfertigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht nachgewiesen werden können (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - unter Hinweis auf BT-Drcks. 14/533, S. 18). Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung des Einbürgerungsbewerbers sind in der Regel nicht erforderlich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 99). Ein tatsachengestützter Verdacht auf Unterstützung sicherheitsgefährdender Bestrebungen ist daher auch dann gerechtfertigt, wenn der Ausländer behauptet, er sei sich der vorteilhaften Wirkung für die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen nicht bewusst gewesen oder er habe sie nicht bezwecken wollen.
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Der Senat folgt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, soweit dieses ausgeführt hat, nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung führe zum Ausschluss des Einbürgerungsanspruchs und bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad habe, erscheine eine Differenzierung erforderlich, um bloße - im Grunde eher unpolitische - Mitläufer nicht mehr zu erfassen. Nach dem Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 11.07.2002 (aaO) fallen auch Betätigungen unterhalb der Tätigkeit als Funktionär jedenfalls dann unter § 86 Nr. 2 AuslG (entspricht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG), wenn sie auf eine „nachhaltige“ Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen lassen. Berlit (aaO RdNr. 98) vertritt dementsprechend die Auffassung, einzelne Unterstützungshandlungen rechtfertigten als tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme einer Verfolgung oder Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nur (und erst) dann, wenn sie nach Art und Gewicht geeignet seien, eine dauernde Identifikation des Ausländers mit den Bestrebungen zu indizieren.
30 
Dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG lassen sich jedoch keine Hinweise für eine derart einschränkende Auslegung des Unterstützungsbegriffs bzw. für eine Einschränkung des weit gezogenen Kreises der einbürgerungsschädlichen Handlungen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 94; BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 aaO) entnehmen. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verlagert den Sicherheitsschutz weit in Handlungsbereiche vor, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und - für sich betrachtet - noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 65 und 89; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Einbürgerungsschädlich sind damit jedenfalls solche Unterstützungshandlungen, die (objektiv) strafbar sind.
31 
Auch den Motiven des Gesetzgebers, der mit der Einfügung des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. durch Gesetz vom 15.07.1999 (BGBl. I, S. 1618) insbesondere die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindern wollte, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drcks. 14/533, S. 18 f.), lassen sich keine Hinweise auf eine Einschränkung des bewusst weiten Tatbestandes des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entnehmen. Soweit Berlit (aaO RdNr. 98) das Vorliegen von Tatsachen als erforderlich ansieht, die eine dauernde Identifikation mit den sicherheitsgefährdenden Bestrebungen indizieren, werden (indirekt) subjektive Elemente ins Spiel gebracht, obwohl Feststellungen zur inneren Einstellung des Einbürgerungsbewerbers gerade nicht getroffen werden müssen, weil ein tatsachengestützter Verdacht für Unterstützungshandlungen genügt. Dem Umstand, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine dauernde Identifikation mit sicherheitsgefährdenden Bestrebungen vorliegen oder nur eine (strafbare) Unterstützungshandlung von geringem Gewicht vorliegt, kann bei der Prüfung der Frage Rechnung getragen werden, ob sich der Einbürgerungsbewerber glaubhaft von den Bestrebungen abgewandt hat. Gleiches gilt, wenn - wie hier - ein Ermittlungsverfahren nach § 153 b Abs. 1 StPO i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG eingestellt wird.
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Die von der PKK zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung des Klägers verfolgten Bestrebungen waren gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet. Eine entsprechende Feststellung hat der erkennende Gerichtshof (vgl. Urteil vom 11.07.2002 aaO) hinsichtlich eines Zeitraums bis Mitte 1999 aufgrund der von der PKK (auch) in Deutschland verübten Gewalttätigkeiten getroffen; die PKK/ERNK ging danach im Bundesgebiet gewalttätig gegen „Verräter“ in den eigenen Reihen und Angehörige konkurrierender kurdischer Organisationen vor und hat sich damit eine eigene Strafgewalt in Deutschland angemaßt. Es ist auch davon auszugehen, dass die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung, also im Jahr 2001, aber auch noch heute, Bestrebungen verfolgen, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Zwar verkündete die PKK auf dem 7. Parteikongress im Januar 2000, sie strebe die Anerkennung der kurdischen Identität und kulturellen Autonomie auf politischem Wege und ohne Gewalt an, und es sind auch seitdem - soweit ersichtlich - keine Anschläge auf türkische oder deutsche Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland seitens der PKK mehr verübt worden. An der strikt hierarchischen und autoritären Struktur der Organisation hat sich aber auch nach der Umbenennung der PKK in KADEK im April 2002 bzw. in KONGRA GEL im November 2003 nichts wesentliches geändert (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundesministeriums des Innern, S. 232). Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (vgl. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2004, S. 96) geht davon aus, innerhalb der Organisation herrsche statt freier Meinungsbildung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Gewalt sei weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele. Eine Mobilisierung der Mitglieder und Anhänger für gewalttätige Aktionen sei auch in Baden-Württemberg nach wie vor möglich.
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Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Guerillaverbände der PKK zum 01. Juni 2004 den aus ihrer Sicht „einseitigen Waffenstillstand“ für beendet erklärt haben. In der zweiten Jahreshälfte 2004 kam es darauf hin zu verstärkten Kampfhandlungen zwischen türkischer Armee und den Guerillaverbänden (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundes, S. 231). Das Auswärtige Amt berichtet im Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 03.05.2005, seit der Beendigung des „Waffenstillstandes“ sei es im Südosten nach offiziellen Angaben zu über 100 gewaltsamen Zusammenstößen zwischen türkischem Militär und PKK-Terroristen gekommen, bei denen nach einer internen türkischen Statistik zwischen Juni und Oktober 2004 13 Sicherheitskräfte und 57 PKK-Terroristen ums Leben gekommen seien. Eine dauerhafte Abkehr von gewalttätigen Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland ist unter diesen Umständen nicht feststellbar. Zudem wird weiterhin von „Bestrafungsaktionen“ im Rahmen der von der KONGRA GEL alljährlich in Deutschland durchgeführten Spendenkampagne, die auch der Versorgung der Guerillakämpfer in der Türkei und deren Ausstattung mit Waffen und Munition dient, berichtet (vgl. Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg 2004, S. 100). Allein dies stellt eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1994 - 1 VR 10.93 -, NVwZ 1995, 587; VGH Baden-Württem-berg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -).
34 
Darüber hinaus gefährdet die PKK/KONGRA GEL auch durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Unter diese Alternative des § 11 S. 1 Nr. 2 StAG fallen Bestrebungen bzw. Organisationen, die im Bundesgebiet selbst keine Gewalt (mehr) anwenden oder vorbereiten, wohl aber im Herkunftsstaat gewalttätig agieren oder - als politische Exilorganisation - dortige Bestrebungen durch Wort („Propaganda“) oder Tat (etwa durch die Überweisung von Spenden; organisatorische bzw. logistische Unterstützung; Anwerbung von „Kämpfern“) unterstützen (vgl. Berlit aaO RdNr. 131). Das Sammeln von Spenden in der Bundesrepublik Deutschland für die Guerillakämpfer in der Türkei stellt sich als Vorbereitungshandlung für die Anwendung von Gewalt in der Türkei dar und gefährdet auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -; VG Gießen, Urteil vom 03.05.2004 - 10 E 2961/03 - juris; Berlit aaO RdNr. 131, der auf die Hervorhebung der PKK im Gesetzgebungsverfahren hinweist).
35 
Der Kläger hat schließlich nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG glaubhaft machen können, sich von der früheren Unterstützung der durch diese Vorschrift inkriminierten Bestrebungen „abgewandt“ zu haben. Hierfür genügt ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen nicht. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Bei veränderten Rahmenbedingungen kann eine Abwendung auch dann vorliegen, wenn für eine in der Vergangenheit liegende historisch-politische Situation die Entscheidung für die Verfolgung oder Unterstützung der inkriminierten Bestrebungen weiterhin als richtig behauptet, aber hinreichend deutlich erkennbar wird, dass und aus welchen Gründen sich die Rahmenbedingungen nachhaltig geändert haben und aus diesem Grunde eine von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angesprochene Tätigkeit nicht mehr angenommen werden kann. Die Abwendung setzt grundsätzlich individuelle Lernprozesse voraus; dazu können aber auch von innerer Akzeptanz getragene kollektive Lernprozesse gehören. Die Glaubhaftmachung der Abwendung erfordert die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Die Dauer der verstrichenen Zeit zwischen der letzten Unterstützungshandlung und der Beurteilung des Einbürgerungsbewerbers kann auf der Ebene der Glaubhaftmachung der Abwendung von früheren Unterstützungshandlungen zu berücksichtigen sein (vgl. Berlit aaO, RdNr. 156 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64; BayVGH, Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Auch Art, Gewicht und Häufigkeit der Handlungen sind für die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen maßgeblich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 158; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 -). Je geringer das Gewicht der Unterstützungshandlungen ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat (vgl. VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 aaO).
36 
Gemessen daran hat der Kläger eine Abwendung bzw. Distanzierung von der durch Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung begangenen Unterstützungshandlung nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vorbringen des Klägers nimmt der Senat ihm nicht ab, dass er vom Inhalt der sog. PKK-Selbsterklärung und dem Zusammenhang mit der Identitätskampagne der PKK nichts gewusst hat. Seine erstmals mit der Klagebegründung erhobene Behauptung, „der Kurde“ - im Gegensatz dazu war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von zwei Personen die Rede - habe von der PKK kein Wort gesagt und er sei sich nicht bewusst gewesen, eine Erklärung zugunsten der PKK abgegeben zu haben, weil er diese nicht gelesen habe, widerspricht seinen bisherigen Angaben. In der von ihm im Ermittlungsverfahren selbst geschriebenen Stellungnahme vom 17.09.2001 hatte er angegeben, er habe die Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2004 heißt es, die Unterschrift sei von ihm abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe. Wenn der Kläger aber die Friedens- bzw. Versöhnungsbestrebungen der PKK durch die Unterschrift unterstützen wollte, muss er sich zumindest der Herkunft der von ihm unterzeichneten Erklärung bewusst gewesen sein. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Vorhalt ausgeführt, die Stellungnahme vom 17.09.2001 sei zwischen den Verwandten, die am selben Tage wie er selbst die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hätten, abgestimmt worden. Dies löst jedoch den Widerspruch nicht auf. Zum einen ist damit nicht ausgedrückt, dass der Inhalt der Stellungnahme vom 17.09.2001 unzutreffend ist. Zum anderen hat sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 15.07.2004 die Angabe des Klägers, er habe die Friedensaktivitäten der PKK unterstützen wollen, noch einmal wiederholt. Auch dies spricht dafür, dass die Stellungnahme vom 17.09.2001 jedenfalls insoweit zutreffend war, als sich daraus die Kenntnis des Klägers von der Herkunft der Erklärung ergibt. Dass er dies nunmehr bestreitet, beruht nach Einschätzung des Senats eher auf prozesstaktischen Erwägungen. Zweifel an der behaupteten Abwendung bestehen damit nach wie vor.
37 
Es erscheint auch lebensfremd, dass keine der neun Personen, die bei der Unterschriftenaktion an der Arbeitsstelle des Klägers die PKK-Erklärungen unterzeichnet haben sollen, zumindest die Vermutung geäußert haben soll, die Erklärung stamme von der PKK bzw. die beiden Unterschriftensammler stünden der PKK nahe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gab der Kläger an, die beiden Kurden, die die Unterschriften gesammelt hätten, seien ca. eine halbe Stunde lang an seiner Arbeitsstelle gewesen. Es sei Kaffee getrunken worden. Am Ende der Unterredung hätten alle neun Personen ihre Unterschrift geleistet. Von einer Überrumpelung des Klägers - wie dies in der Klagebegründung suggeriert wird, indem vorgetragen wurde, ihm sei keine Gelegenheit zum Studium des Textes der Erklärung gegeben worden und er habe spontan unterschrieben - kann deshalb auch aus seiner Sicht keine Rede sein. Auch jetzt fühlt sich der Kläger von den die Unterschrift verlangenden Personen in keiner Weise getäuscht. Angesichts seiner begrenzten Kenntnisse der deutschen Sprache mag es nachvollziehbar sein, dass er die Erklärung nicht im einzelnen gelesen und verstanden hat. Nicht glaubhaft ist aber, dass Inhalt und Herkunft der Erklärung, die in der Überschrift und im letzten, dem Feld für die Daten und die Unterschrift des Unterzeichners unmittelbar vorangestellten Absatz, aber auch im gesamten Text vielfach die PKK erwähnt, nicht angesprochen worden sein sollen. Es kommt hinzu, dass zur damaligen Zeit von der PKK massenhaft Unterschriften gesammelt worden sind - im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.03.2003 (aaO) ist von ca. 100.000 an die Behörden der Bundesrepublik Deutschland gelangten Erklärungen die Rede -; die Identitätskampagne der PKK dürfte deshalb bei den kurdischen Volkszugehörigen, etwa an der Arbeitsstelle des Klägers Gesprächsthema gewesen sein.
38 
Auffällig ist auch, dass der Kläger sich, wenn ihm der Inhalt von ihm unterzeichneter Erklärungen vorgehalten wurde, mehrfach darauf berufen hat, er kenne den Inhalt nicht bzw. die Erklärung sei nicht von ihm selbst formuliert worden. Sowohl hinsichtlich der hier streitigen PKK-Erklärung als auch hinsichtlich der von ihm gefertigten Stellungnahme vom 17.09.2001 sowie im Zusammenhang mit dem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 23.11.2003 ist dieses Aussageverhalten festzustellen. Auch dies deutet darauf hin, dass er sich der eigentlichen Problematik einer Unterstützung der PKK zu entziehen versucht. Da der Senat aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag und in seinem Verhalten nicht davon überzeugt ist, dass er von der Herkunft der PKK-Erklärung nichts gewusst hat, ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er nicht erneut die PKK unterstützen wird. Seine Äußerung, die deutschen Gesetze (= das Verbot der PKK) gälten auch für ihn, genügt hierfür nicht.
39 
Wegen des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Einbürgerung nach § 8 StAG. In einer solchen Fallgestaltung ist das Ermessen in der Weise reduziert, dass lediglich die Versagung der Einbürgerung ermessensfehlerfrei möglich wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; Nr. 8.1.2.5 StAR-VwV). Offen bleiben kann, ob Ausschlussgründe nach § 11 Satz 1 StAG - wofür der Wortlaut spricht - nur den Rechtsanspruch, nicht aber eine Ermessenseinbürgerung auf der Grundlage des § 10 StAG ausschließen (so Berlit aaO, Rdnr.4 ff.). Denn im Regelfall ist eine Versagung der Ermessenseinbürgerung jedenfalls im Falle des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StAG als gesetzlich gewollt anzusehen, so dass nur ausnahmsweise davon abgesehen werden kann (vgl. Berlit aaO, Rdnr. 202 f.). Eine atypische Situation, die eine solche Annahme nahe legen könnte, ist hier nicht gegeben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Sonstige Literatur

 
42 
Rechtsmittelbelehrung
43 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
44 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
45 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
46 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
47 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
48 
Beschluss
49 
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 42.1) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
50 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), können über die in Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründe hinaus unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 verboten werden. Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend ausländische Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sind, gelten nicht als Ausländervereine. § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 12 Abs. 1 und 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Beschlagnahme und die Einziehung von Forderungen und Sachen Dritter auch im Falle des Absatzes 2 zulässig sind.

(2) Ausländervereine können verboten werden, soweit ihr Zweck oder ihre Tätigkeit

1.
die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet,
2.
den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderläuft,
3.
Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets fördert, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind,
4.
Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange unterstützt, befürwortet oder hervorrufen soll oder
5.
Vereinigungen innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets unterstützt, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen.

(3) Anstelle des Vereinsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann. Im übrigen bleiben Ausländervereinen gegenüber die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unberührt.

(1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung

1.
des Vereinsvermögens,
2.
von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in § 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und
3.
von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind,
zu verbinden.

(2) Verbotsbehörde ist

1.
die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken;
2.
das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt.
Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zuständig ist. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären.

(3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, daß sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.

(4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekanntzumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach § 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn

1.
ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht,
2.
die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und
3.
nach den Umständen anzunehmen ist, daß sie vom Verein geduldet werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

1.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
2.
den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
3.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt,
4.
einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5.
Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. In den Fällen der Nummer 5 gilt § 9 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 oder 3 entsprechend.

(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen, wenn

1.
bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder
2.
der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden.

Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder
2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für Ausländer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes und auch für Staatsangehörige der Schweiz und deren Familienangehörige, die eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit besitzen.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 geändert. Die Verfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 31.8.2005 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der Kläger, ein am 10.2.1958 geborener ehemaliger libanesischer Staatsangehöriger, reiste im Sommer 1986 zusammen mit seiner Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er sich als Asylsuchender meldete. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) lehnte den Asylantrag mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21.10.1987 ab. In der Folgezeit erhielt der Kläger erstmalig am 19.9.1991 eine Aufenthaltsbefugnis, welche fortlaufend verlängert wurde; seit dem 21.6.2001 verfügte er über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Am 9.2.2001 beantragte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und den in den Jahren 1987, 1989 und 1991 in Deutschland geborenen gemeinsamen Kindern seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Im Laufe des Einbürgerungsverfahrens gab der Kläger gegenüber der Landeshauptstadt Stuttgart eine Loyalitätserklärung ab, wonach er keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Am 22.5.2003 wiederholte der Kläger gegenüber der Beklagten diese Loyalitätserklärung. Vor Bescheidung des Einbürgerungsantrags stellte die Beklagte Ermittlungen an, ob der Einbürgerung öffentliche Belange entgegenstehen; sie richtete hierzu mehrere Anfragen an Sicherheitsbehörden. Hierauf teilte die Landespolizeidirektion Stuttgart II unter dem 4.4.2001 mit, dass gegen den Kläger bzw. seine Ehefrau weder Ermittlungsverfahren anhängig seien noch sonst in polizeilicher Hinsicht nachteilige Erkenntnisse bestünden. Bereits mit Schreiben vom 3.4.2001 bat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg die Landeshauptstadt Stuttgart um Übersendung der bei ihr über den Kläger geführten Ausländerakten. Auf telefonische Nachfrage teilte das Landeskriminalamt - wie in einem Aktenvermerk festgehalten ist - mit, die Akten würden aufgrund der vermuteten Zugehörigkeit des Klägers zu extremistischen Gruppen benötigt. Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg erteilte auf die durchgeführte Sicherheitsanfrage im Falle des Klägers - anders als hinsichtlich seiner Familienangehörigen - am 17.2.2003 lediglich eine Zwischennachricht dahingehend, dass die Überprüfung noch nicht habe abgeschlossen werden können. Mit Urkunde der Landeshauptstadt Stuttgart vom 20.5.2003, ausgehändigt am 22.5.2003, wurde der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und den drei minderjährigen Kindern in den deutschen Staatsverband eingebürgert.
Mit Schreiben vom 19.4.2005 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg der Landeshauptstadt Stuttgart mit, dass über den Kläger beim Landesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse im Zusammenhang mit der „Hizb Allah“ (Partei Gottes) vorlägen. Danach habe der Kläger von deutschem Boden aus diese Organisation unterstützt, welche einen islamischen Gottesstaats befürworte und deren Bestrebungen auf die Vorbereitung der Anwendung von Gewalt gegen Israel gerichtet seien. Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 9.5.2005 zu der beabsichtigten Rücknahme seiner Einbürgerung an, worauf er sich nicht äußerte.
Mit Bescheid vom 31.8.2005 nahm die Landeshauptstadt Stuttgart die Einbürgerung des Klägers vom 22.5.2003 mit Wirkung ab Aushändigung der Einbürgerungsurkunde zurück und forderte ihn zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde auf. Zur Begründung der auf § 48 LVwVfG gestützten Rücknahme der Einbürgerung führte die Landeshauptstadt aus, der Kläger habe seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband durch arglistige Täuschung erwirkt, da er über seine Aktivitäten für extremistische Organisationen getäuscht habe. Auch habe der Kläger vor Vollzug der Einbürgerung eine falsche Loyalitätserklärung abgegeben, welche nicht von seiner inneren Überzeugung getragen gewesen sei. Die Einbürgerung des Klägers sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da ein Ausschlussgrund gemäß § 86 Nr. 2 AuslG bestanden habe. Ausweislich einer Mitteilung des Innenministeriums Baden-Württemberg sei der Kläger dem Landesamt für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit der verfassungsfeindlichen „Hizb Allah“ bekannt geworden. So habe er in dem Zeitraum vom 4. April 1999 bis zum 24. Mai 2003 an zahlreichen, in der Verfügung im Einzelnen aufgeführten, Veranstaltungen der „Hizb Allah“ teilgenommen, auf welchen verfassungsfeindliche, vor allem gegen das Existenzrecht Israels gerichtete Reden gehalten worden seien. Auch sei der Kläger auf einer Vollversammlung der islamischen Kulturgemeinschaft e.V. in Leonberg am 2.5.1999 als deren Schatzmeister in den Vorstand gewählt worden, im Jahre 2001 habe man ihn in diesem Amt bestätigt. Bei der im Jahre 1982 gegründeten „Hizb Allah“ handle es sich um eine islamistisch-schiitische Organisation, welche im Libanon inzwischen eine herausragende politische Rolle spiele. Ihre Miliz habe sich im südlichen Libanon als militärische Macht etabliert, wobei zu ihren Aktivitäten auch die Entführung israelischer Soldaten, Selbstmordattentate und Geiselnahmen gehörten. Durch eine bewusst militante Prägung ihrer männlichen Anhänger schaffe sie sich ein gewaltbereites Potential, das vor allem gegen Israel zum Einsatz komme. Bei den Veranstaltungen der „Hizb Allah“ in Deutschland stünden diese antiisraelischen und antijüdischen Zielsetzungen sowie die finanzielle und moralische Unterstützung der Kämpfer gegen Israel im Vordergrund. Die „Hizb Allah“ vertrete das Konzept eines konstitutionellen Gottesstaates mit herrschendem schiitischem Klerus nach iranischem Vorbild und lehne die Wertordnung des Grundgesetzes ab. An den inkriminierten Bestrebungen und Aktivitäten der „Hizb Allah“ nehme auch ein dieser Organisation nahestehender Ortsverein teil, was auch dann gelte, wenn dessen Tätigkeit nicht ausschließlich darin bestehe, die Ziele der „Hizb Allah“ mitzutragen.
Der Kläger habe sich aktiv als Vorstandsmitglied in einem derartigen Verein betätigt und über einen längeren Zeitraum zustimmend oder jedenfalls ohne Widerspruch an entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen. Dies stelle eine Bestrebung dar, über welche der Kläger die Einbürgerungsbehörde getäuscht habe. Die am 22.5.2003 erfolgte Einbürgerung stelle einen rechtswidrigen Verwaltungsakt dar. Das öffentliche Interesse an der Rücknahme der rechtswidrig erfolgten Einbürgerung überwiege das Interesse des Klägers am weiteren Fortbestand seiner deutschen Staatsangehörigkeit. In das Ermessen werde dabei vor allem auch eingestellt, dass der Kläger durch die Rücknahme der Einbürgerung nicht staatenlos werde. Seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband sei unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit erfolgt, weil die libanesischen Behörden die Entlassung aus der libanesischen Staatsangehörigkeit regelmäßig verweigerten.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, welchen das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2005 auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Ausgangsbescheids zurückwies.
Die am 6.12.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
den Bescheid der Landeshauptstadt Stuttgart vom 31.8.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufzuheben,
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil des Einzelrichters (§ 6 VwGO) vom 25.9.2006 abgewiesen.
10 
In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die angegriffene Rücknahme der Einbürgerung finde ihre Rechtsgrundlage in § 48 LVwVfG. Diese allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung sei mangels einer abschließenden spezialgesetzlichen Regelung im Staatsangehörigkeitsgesetz im Falle einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung jedenfalls dann anwendbar, wenn diese durch bewusste Täuschung erwirkt worden sei und die Rücknahme zeitnah erfolge. Der Rücknahme einer durch bewusste Täuschung erlangten Einbürgerung stehe weder das Verbot der Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG noch grundsätzlich das Verbot des Verlustes der Staatsangehörigkeit gegen den Willen des Betroffenen entgegen. Die auf § 85 AuslG a.F. gestützte Einbürgerung des Klägers stelle sich als von Anfang an rechtswidrig dar. Der Kläger habe nicht, wie von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG gefordert, ein von innerer Überzeugung getragenes Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben. An den in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG normierten Voraussetzungen habe es bereits im Einbürgerungszeitpunkt gefehlt, da der Kläger entgegen der von ihm am 2.7.2001 und am 22.5.2003 abgegebenen Loyalitätserklärungen Bestrebungen unterstützt habe, die durch Anwendung von Gewalt oder hierauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet hätten. Die dem Kläger in der angegriffenen Verfügung vorgehaltenen Veranstaltungsteilnahmen stellten inkriminierte Bestrebungen im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG dar, da sie die verfassungsfeindlichen Ziele der Bestrebung förderten und ihre potentielle Gefährlichkeit erhöhten. Der Kläger habe über Jahre hinweg zum Unterstützungskreis der „Hizb Allah“ gehört; er habe nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung an der Gründung der islamischen Kulturgemeinschaft in Stuttgart mitgewirkt und von 1999 bis zum Jahre 2004 dem Vorstand dieses Vereins angehört. Die „Hizb Allah“ habe die islamische Kulturgemeinschaft Stuttgart dazu benutzt, ihre eigenen verfassungsfeindlichen Ziele zu propagieren und durchzusetzen. Die islamische Kulturgemeinschaft e.V. Stuttgart weise eine derartige Nähe zur „Hizb Allah“ auf, dass der Verein als von der „Hizb Allah“ beeinflusst und gesteuert anzusehen und seine Aktivitäten als „Hizb Allah“-Aktivitäten zu qualifizieren seien. Auch verfolge die im Jahre 1982 gegründete „Hizb Allah“ Bestrebungen, welche durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichteten Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die „Hizb Allah“ gelte als gewaltbereite Terrororganisation mit dem erklärten Ziel der Vernichtung Israels.
11 
Der Kläger habe auch vor seiner Einbürgerung nicht glaubhaft gemacht, sich von der Unterstützung der Bestrebungen der „Hizb Allah“ abgewandt zu haben. Ein derartiges Abwenden habe er weder in seinen Erklärungen vom 2.7.2001 bzw. 22.5.2003 noch in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts geltend gemacht. Da es somit an der gesetzlichen Einbürgerungsvoraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG gefehlt habe, hätte die Beklagte die begehrte Einbürgerung zwingend ablehnen müssen. Der Kläger habe seine von Anfang an rechtswidrige Einbürgerung durch bewusste Täuschung erlangt. Er habe es in seinen Bekenntniserklärungen vom 2.7.2001 und 22.5.2003 bewusst unterlassen, Angaben über seine Tätigkeit in der islamischen Kulturgemeinschaft e.V. Stuttgart und seine weiteren Unterstützungshandlungen für die „Hizb Allah“ zu tätigen. Er habe in seinen Loyalitätserklärungen bewusst wahrheitswidrig versichert, keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu unterstützen. Als Vorstandsmitglied der islamischen Kulturgemeinschaft e.V. und als Teilnehmer an zahlreichen Veranstaltungen habe ihm die Unterstützung inkriminierter Bestrebungen bewusst sein müssen. Daher leide die von der Landeshauptstadt Stuttgart verfügte Rücknahme der rechtswidrigen Einbürgerung nicht an einem Ermessensfehler bzw. stelle sich nicht als unverhältnismäßig dar.
12 
Gegen das am 17.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2006 die bereits vom Verwaltungsgericht im Tenor seiner Entscheidung zugelassene Berufung eingelegt; er hat innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof verlängerten Berufungsbegründungsfrist beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 zu ändern und die Verfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 31.8.2005 i.d.F. des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufzuheben.
14 
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger ausgeführt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stelle § 48 LVwVfG keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme seiner Einbürgerung dar. Das angegriffene Urteil gehe ohne ausreichende Begründung fälschlicherweise davon aus, er habe eine rechtswidrige Einbürgerung durch arglistige bzw. bewusste Täuschung erwirkt. Die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung, nämlich eine rechtswidrige Täuschungshandlung zur Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, lägen nicht vor. Zutreffenderweise gehe die angegriffene Verfügung zwar davon aus, dass er als Schatzmeister der islamischen Kulturgemeinschaft in Stuttgart tätig geworden sei. Dieser Umstand sei der Beklagten jedoch lange vor Verfügung der Einbürgerung bekannt gewesen, da seine Bestellung zum Schatzmeister dem Amt für öffentliche Ordnung der Landeshauptstadt Stuttgart bereits am 2.6.1999 angezeigt worden sei. Im Laufe des Einbürgerungsverfahrens habe die Beklagte auch von den Bedenken des Landeskriminalamts hinsichtlich seiner vermuteten Zugehörigkeit zu extremistischen Gruppierungen Kenntnis erlangt. In Übereinstimmung hiermit habe das Landesamt für Verfassungsschutz auf die Anfrage der Beklagten vom 17.2.2003 hin lediglich eine Zwischennachricht erteilt, wonach seine sicherheitsmäßige Überprüfung nicht abgeschlossen sei. Sämtliche für die Einbürgerung relevanten Erkenntnisse hätten sich im Zeitpunkt der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde in der Akte der Beklagten befunden und seien dieser daher bewusst gewesen. Bereits aus diesem Grund könne nicht davon ausgegangen werden, dass er einen Irrtum erregt oder aufrechterhalten habe, welcher für die Einbürgerung kausal gewesen sei. Der Beklagten sei es verwehrt, die Rücknahmeentscheidung auf diese Umstände zu stützen, da sie die Einbürgerung in Kenntnis des konkreten und bekannten Sachverhalts verfügt habe. Unzutreffenderweise setze das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts seine Tätigkeit als Kassierer bei der islamischen Kulturgemeinschaft mit einer Unterstützung radikaler Ziele der „Hizb Allah“ gleich. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der „Hizb Allah“ tatsächlich um eine Organisation handle, welche durch Anwendung von Gewalt oder hierauf gerichteter Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährde. Entgegen der Annahme der Beklagten gebe es die „Hizb Allah“ als solche nicht, vielmehr seien bei dieser Organisation verschiedene Flügel und Richtungen erkennbar. Die „Hizb Allah“ sei im heutigen Libanon, dem wohl demokratischsten Staat im Nahen Osten, als größte Organisation der Muslime im Parlament vertreten. Zu keinem Zeitpunkt habe sie den Versuch unternommen, den Libanon in einen Gottesstaat nach iranischem Vorbild zu verwandeln, vielmehr erkenne sie das pluralistische System des Libanon ausdrücklich an. Im Übrigen verfolge die „Hizb Allah“ nicht ausschließlich politische Ziele, sondern unterhalte im Libanon sehr viele soziale Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser. Es sei daher verfehlt, die „Hizb Allah“ auf das angebliche Ziel der Vernichtung Israels und der Verübung von Gewalttaten zu reduzieren. Jedenfalls gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die „Hizb Allah“ außerhalb des Libanon oder gar in Deutschland antidemokratische und verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Unabhängig hiervon stelle das angegriffene Urteil die ihm unterstellte Verbindung als Schatzmeister der islamischen Kulturgemeinschaft zum vermeintlich gewaltbereiten Teil der „Hizb Allah“ nicht dar. Eine Verbindung zwischen dem Kulturverein und den Rednern, welche angeblich der „Hizb Allah“ nahestünden, lasse in keiner Weise erkennen, aufgrund welcher Tatsachen ihm verfassungsfeindliche Ziele unterstellt würden. Er selbst habe die Teilnahme an den vorgehaltenen Veranstaltungen des islamischen Kulturvereins nie bestritten, diese sei jedoch lediglich in seiner Funktion als Kassierer erfolgt. Er habe an diesen Veranstaltungen teilgenommen, um Mitgliedsbeiträge von den Mitgliedern des Kulturvereins zu erheben, wofür man ihn als Kassierer gewählt habe. Die gesammelten Gelder würden benötigt, um den Verein und dessen kulturelle Veranstaltungen zu finanzieren. Er selbst habe auf keiner einzigen Veranstaltung das Wort ergriffen oder eine Meinung kundgetan, aus der auf eine verfassungswidrige Haltung geschlossen werden könne. Aus seiner bloßen Anwesenheit bei den in der angegriffenen Verfügung aufgeführten Veranstaltungen lasse sich in keiner Weise schließen, dass er den Inhalt der Reden geteilt und damit selbst verfassungswidrige Zielsetzungen unterstützt habe. Lediglich hilfsweise sei zu beachten, dass er sich durch die Widerspruchsbegründung, die Klagebegründung und die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts von ihm unterstellten verfassungsfeindlichen Bestrebungen distanziert habe.
15 
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie hebt hervor, die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG stelle im Falle einer durch bewusste Täuschung erwirkten Einbürgerung auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass der Kläger wahrheitswidrig eine Erklärung hinsichtlich seiner Verfassungstreue abgegeben habe. Sein Vortrag im gerichtlichen Verfahren, er habe die inhaltliche Ausrichtung und die Ziele der islamischen Kulturgemeinschaft nicht geteilt, sei als unglaubhaft und verfahrensangepasst zu bewerten. Gerade in Anbetracht seiner Funktion als Schatzmeister sei nicht nachzuvollziehen, dass er über die Ausrichtung dieser Vereinigung nicht in Kenntnis gewesen sei; dies gelte auch hinsichtlich der Ausführungen bezüglich einer Aufsplitterung der „Hizb Allah“ in verschiedene mehr oder weniger gewaltbereite Flügel.
18 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten der Landeshauptstadt Stuttgart vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
20 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124 a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der vom Senat verlängerten Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), ist zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei gemäß § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO an die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO durch den Einzelrichter des Verwaltungsgerichts, auf welchen der Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO übertragen worden war, gebunden. Die Bindungswirkung beschränkt sich nicht auf die Fälle der Berufungszulassung durch die Kammer, sondern erfasst auch die Zulassung durch den Einzelrichter. Der Einzelrichter, dem der Rechtsstreit nach § 6 VwGO übertragen worden ist, entscheidet als Verwaltungsgericht im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.7.2004 - 5 C 65.03 - NVwZ 2005, 98). Die Bindung an die Zulassung durch den Einzelrichter entfällt nicht deshalb, weil die Übertragung des Rechtsstreits auf ihn voraussetzt, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO), die Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hingegen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordert. Die gegenläufigen Voraussetzungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter ausschließen wollen (vgl. ausführlich BVerwG, Urteil vom 9.3.2005 - 6 C 8/04 -, NVwZ 2005, 821). Dahingestellt kann bleiben, ob die Bindung an die Zulassung eines Rechtsmittels durch den Einzelrichter dann entfällt, wenn sie im Einzelfall unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 VwGO ergangen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.9.2004 - 1 C 10.03 - juris). Denn Anhaltspunkte für eine manipulative oder objektiv willkürliche Missachtung der einschlägigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sind hier nicht ersichtlich.
21 
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufheben müssen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die Verfügung, die Einbürgerungsurkunde zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
23 
1. Für die Rücknahme der im Jahre 2003 erfolgten Einbürgerung fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Zwar kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6.03 -, DVBl. 2004, 322; Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 -, DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht von jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Die Bestimmungen der §§ 85 ff. AuslG a.F., auf deren Grundlage der Kläger eingebürgert wurde, enthalten ebenfalls keine spezialgesetzliche Regelung über die Rücknahme einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach dem StAG bzw. nach § 85 f. AuslG a.F. anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 -, InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
24 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 -, AuAS 2007, 77; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris; Urteil des Senats vom 9.8.2007 - 13 S 2885/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie zeitnah erfolgt und die Einbürgerung vom Betroffenen durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer Erwirkung durch arglistige Täuschung oder durch vergleichbar vorwerfbares Verhalten liegt hier nicht vor. Hierzu im Einzelnen:
25 
Dahingestellt kann bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom 22.5.2003 tatsächlich rechtswidrig war, insbesondere ob es sich - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - bei den vom Kläger am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 abgegebenen Loyalitätserklärungen lediglich um „Lippenbekenntnisse“ gehandelt hat, die nicht von der erforderlichen inneren Überzeugung getragen waren. In seinem Beschluss vom 12.12.2005 (- 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484) hat sich der Senat dazu geäußert, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung den Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG a. F. nicht genüge; das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung müsse auch inhaltlich zutreffen und stelle mithin nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung dar. Dies bedarf hier ebenso wenig weiterer Klärung wie die Frage, ob im vorliegenden Fall tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die dort genannten inkriminierten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt bzw. verfolgt oder unterstützt hat (vgl. § 86 Nr. 2 AuslG a.F.). Dahingestellt kann insbesondere bleiben, ob der dem Kläger in der angegriffenen Verfügung vorgeworfene Besuch von Veranstaltungen der „Hizb Allah“ in dem Zeitraum von 1999 bis 2003 bzw. seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. eine inkriminierte Bestrebung im Sinne des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. darstellt. Denn auch eine rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.), der sich der Senat angeschlossen hat, auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.), und es fehlt jedenfalls an der Erlangung der Staatsbürgerschaft durch arglistige Täuschung oder ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten des Klägers.
26 
Dieser überzeugenden neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließt sich der Senat in teilweiser Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung an. Die vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort die Einbürgerung nachweislich durch eine bewusste Täuschung des Eingebürgerten herbeigeführt worden ist und diese zeitnah zurückgenommen wurde. Unter Hervorhebung dieser Umstände haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Der Umstand, dass es sich um eine durch bewusste Täuschung erwirkte bzw. „erschlichene“ Einbürgerung handelte, wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn. 32, 56, 60, 62, 70, 72, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird auch mehrfach betont, wenn der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt hat und diese zeitnah zurückgenommen wurde, werde der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme habe voraussehen können (vgl. Rn. 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich nach ihrer Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, a.a.O., Rn 85) „rechtsstaatlich wie demokratisch unbedenklich“ (a.a.O, Rn. 86) durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme der Beklagten, dass § 48 LVwVfG für die Rücknahme einer nicht durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme einer nicht in vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme darstellt, wenn der Betroffene seine Einbürgerung selbst nachweislich durch Täuschung erwirkt hat. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei der zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, welche der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorhebt, kann der Betroffene nur im Fall einer „erschlichenen“ Einbürgerung die spätere Rechtsfolge der Rücknahme auf der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in Verbindung mit dem analog anwendbaren § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG sowie der vom Bundesverfassungsgericht für anwendbar erklärten gefestigten Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte in Täuschungsfällen vorhersehen.
27 
Für diese im Hinblick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 LVwVfG enge Auslegung sprechen im Übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigenstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Er bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände lediglich bei arglistigem oder vergleichbar vorwerfbarem Handeln des Betroffenen überwiegt.
28 
Auch das die Bundesrepublik Deutschland bindende Völkerrecht, das der Verfassungsgeber bei Ausgestaltung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG maßgeblich vor Augen hatte, stellt jedenfalls in dem Fall, dass der Betroffene durch die Rücknahme der Einbürgerung staatenlos wird, maßgeblich darauf ab, unter welchen Umständen die Einbürgerung erlangt worden ist. Bereits das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30.8.1961 (BGBl. 1977 II, S. 597 ff.), das auf eine Entschließung der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1954 zurückgeht, verbietet zwar in Art. 8 Abs. 1 grundsätzlich die Entziehung der Staatsangehörigkeit für den Fall, dass der Betroffene dadurch staatenlos wird, lässt aber eine Ausnahme ausdrücklich für den Fall zu, dass die Staatsangehörigkeit durch falsche Angaben oder betrügerische Handlungen erworben wurde (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b des Übereinkommens). Das im Rahmen des Europarats aufgelegte Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (BGBl. 2004 II, S. 578), das die Bundesrepublik Deutschland am 11.5.2005 ratifiziert hat, gestattet in Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b einen Verlust der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates u. a. für den Fall, dass diese in einer dem Antragsteller zurechenbaren Weise durch arglistiges Verhalten, falsche Angaben oder durch Verschleierung einer erheblichen Tatsache erworben wurde.
29 
Der Kläger hat seine Einbürgerung nicht durch arglistige Täuschung oder vergleichbar vorwerfbares Verhalten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG erwirkt. Das Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 28.10.1983 - 8 C 91/82 - BVerwGE 68, 159). Nach der vor allem in der mündlichen Verhandlung durch informatorische Befragung des Klägers gewonnenen Überzeugung des Senats lässt sich nicht feststellen, dass dieser bei Abgabe der Loyalitätserklärungen am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 wissentlich und zweckgerichtet von ihm etwa unterstützte verfassungsfeindliche Bestrebungen verschwiegen hat, um seine Einbürgerung in rechtswidriger Weise zu erreichen. Die von der Beklagten geforderte Erklärung, keine gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen zu verfolgen oder zu unterstützen, setzt von dem Einbürgerungsbewerber eine Wertung in zweifacher Hinsicht voraus. Sie unterscheidet sich dabei wesentlich von ihrer Struktur nach einfachen Fragen, die etwa durch Ankreuzen bzw. mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind, etwa Fragen nach anhängigen Ermittlungsverfahren, Mitgliedschaften in konkret genannten Vereinigungen oder Personenstandsverhältnissen. Bei der standardisierten Loyalitätserklärung, die die Beklagte dem Kläger vorgelegt hat, muss der Einbürgerungsbewerber zum einen selbst bewerten, ob er den ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung für sich zustimmen kann und ob sein Verhalten, etwa seine Aktivität in Ausländervereinen, diesen Kriterien entspricht. Zum anderen muss der Einbürgerungsbewerber einzuschätzen versuchen, wie seine Aktivitäten mutmaßlich von der Einbürgerungsbehörde eingestuft werden; er trägt insoweit ein mit der Abstraktheit der Fragestellung steigendes Risiko, dass ihm „unrichtige Angaben“ i.S. von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorgeworfen werden.
30 
Danach lag es für den Kläger nicht nahe, seine Aktivitäten bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V., die er selbst als in erster Linie religiös bzw. kulturell motivierte Betätigung ansieht, ohne ausdrückliche Frage der Einbürgerungsbehörde nach einer Mitgliedschaft in islamistisch geprägten Vereinigungen als verfassungsfeindliche Betätigung einzuschätzen. Gerade weil der Kläger seine Aktivitäten selbst lediglich als religiöse, nicht jedoch als politische Betätigung ansah, bestand für ihn kein Anlass, die in erster Linie der Beklagten obliegende Bewertung des Verhaltens und dessen Subsumtion unter § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG selbst zugrunde zu legen. Anderes könnte lediglich dann gelten, wenn die Staatsangehörigkeitsbehörde dem Einbürgerungsbewerber eine Liste mit von ihr als verfassungsfeindlich erkannten Organisationen vorgelegt oder unter Hinweis auf die Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG den Einbürgerungsbewerber allgemein und umfassend nach Mitgliedschaften bzw. früheren Mitgliedschaften in Vereinigungen und Vereinen befragt hätte. Denn dann hätte es dem Einbürgerungsbewerber oblegen, seine Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeit bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. zu offenbaren, und die Staatsangehörigkeitsbehörde hätte vor der Einbürgerung die Möglichkeit gehabt, nach entsprechender Erkundigung bei Verfassungsschutzbehörden eine eigene Bewertung dieser Mitgliedschaft vorzunehmen. Sein Schweigen hätte dann bei entsprechender Bewertung der verschwiegenen Aktivitäten ohne weiteres zur Annahme einer durch Täuschung erschlichenen Einbürgerung führen können. Ohne weitere konkretisierende Fragen der Einbürgerungsbehörde kann dagegen nicht festgestellt werden, dass der Kläger wissentlich für seine Einbürgerung relevante Umstände verschwiegen hat, um seine Einbürgerung auf rechtswidrige Weise zu erreichen.
31 
Weiterhin erscheint zweifelhaft, ob ein etwaiges Verschweigen des Klägers seiner Mitgliedschaft überhaupt für die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde kausal war. Zwar dürfte entgegen der Annahme des Klägers nicht davon auszugehen sein, dass der Einbürgerungsbehörde die an das für Vereinsangelegenheiten zuständige Sachgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart gerichtete Anzeige vom 2.6.1999 über die Wahl des Klägers in den Vereinsvorstand der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. bekannt war. Wie die Sitzungsvertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, werden derartige Mitteilungen amtsintern bereits aus Datenschutzgründen nicht an die Einbürgerungsbehörde weitergeleitet. Es spricht jedoch vieles dafür, dass die Beklagte vor Vollzug der Einbürgerung die Einbürgerungsakte nicht hinreichend auf etwaige inkriminierte Bestrebungen des Klägers ausgewertet hat. So bat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit an die Einbürgerungsstelle weitergeleitetem Schreiben vom 3.4.2001 um Übersendung der über den Kläger geführten Ausländerakten, wobei ausweislich eines Aktenvermerks diese Anfrage wegen der vermuteten Zugehörigkeit des Klägers zu extremistischen Gruppierungen erfolgte. Auch erteilte das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg im Falle des Klägers am 17.2.2003 lediglich eine Zwischennachricht dahingehend, dass die Überprüfungen in sicherheitsrechtlicher Hinsicht noch nicht habe abgeschlossen werden können. Wie sich dem Bearbeitungsblatt entnehmen lässt, wurde das Nichtvorliegen der Sicherheitsüberprüfung im Falle des Klägers übersehen und deshalb wohl lediglich aus Versehen seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband verfügt.
32 
Dass die Rücknahme einer Einbürgerung über die Fälle von Täuschung oder vergleichbar vorwerfbarem Verhalten hinausgehend bei lediglich objektiv unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Betroffenen (siehe § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG) mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren ist (vgl. so ausdrücklich noch Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - InfAuslR 2003, 205; offen gelassen vom Bundesverwaltungsgericht in seinem nachfolgenden Revisionsurteil vom 9.9.2003, a.a.O.), wird nach dem oben Gesagten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen sein, wenn jedenfalls eine den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenäherte Fallkonstellation vorliegt. Denn nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG fällt der Vertrauensschutz bereits dann weg, wenn der Verwaltungsakt durch objektiv in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden ist. Nicht notwendig ist, dass die fehlerhaften Angaben schuldhaft gemacht worden sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 139). Der Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfordert daher nicht, dass der Betroffene die Unrichtigkeit seiner Angaben positiv kannte oder kennen musste. Erforderlich ist lediglich, dass er erkannte oder erkennen musste, dass die entsprechende Angabe von ihm gefordert war (vgl. hierzu Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 6. Aufl., Rn. 164 zu § 48 VwVfG). Bei der Rücknahme einer Einbürgerung allein wegen objektiv unrichtiger Angaben handelt es sich um eine Verlustzufügung, die aus Sicht des Betroffenen willkürlich erfolgt und die er nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann. Dies begründet nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch einen Verstoß gegen das Entziehungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Rücknahme der Einbürgerung bei Ausschluss des Vertrauensschutzes lediglich durch § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG ist daher nur in atypischen Konstellationen möglich, in denen das Verhalten des Betroffenen in subjektiver Hinsicht den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenähert ist. Eine derartig gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit kann etwa angenommen werden, wenn der Betroffene das Unterstützen einer offensichtlich verfassungsfeindlichen Bestrebung verschweigt bzw. eine konkrete Frage unzutreffend beantwortet.
33 
Jedenfalls eine durch derartige besondere Umstände geprägte Fallkonstellation des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG liegt hier nicht vor. Es lässt sich wohl nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Kläger objektiv unrichtige Angaben über verfassungsfeindliche Betätigungen gemacht hat und die Einbürgerung deshalb auf dem Verschweigen von Umständen beruht, die allein oder überwiegend in seiner Sphäre liegen. Auch hier ist maßgeblich, dass vom Kläger keine Angaben über Betätigungen in Vereinen verlangt worden waren, sondern demgegenüber lediglich eine abstrakte Erklärung, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterstützt. Im Übrigen fehlt es nach dem oben Gesagten auch insoweit an der erforderlichen Kausalität von etwaigen objektiven Falschangaben.
34 
Dahingestellt kann bleiben, ob die mit Bescheid vom 31.8.2005 verfügte Rücknahme der Einbürgerung „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, welcher sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 9.8.2007, a.a.O.), erfolgt ist. Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Es spricht freilich einiges dafür, dass es sich bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am 22.5.2003 und dem Erlass der gegenständlichen Rücknahmeverfügung am 31.8.2005 verstrichenen Zeitraum von lediglich knapp über zwei Jahren noch um eine zeitnahe Rücknahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt. Hierfür spricht etwa, dass gemäß der - nach dem oben Gesagten hier nicht anwendbaren - Bestimmung des § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden kann. Es spricht deshalb einiges dafür, dass bei einem zwischen Einbürgerung und deren Rücknahme liegenden Zeitraum von unter fünf Jahren von einer zeitnahen Rücknahme auszugehen ist.
35 
2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid sind auch insoweit rechtswidrig, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig (vgl. § 52 Abs. 1 LVwVfG).
36 
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war zuzulassen, da die Frage, ob und unter welchen Umständen die Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neuren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, noch nicht geklärt (vgl. hierzu § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
38 
Beschluss
vom 17. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
        
In Anlehnung an Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
        
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.9.2006 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
20 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124 a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der vom Senat verlängerten Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), ist zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei gemäß § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO an die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO durch den Einzelrichter des Verwaltungsgerichts, auf welchen der Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO übertragen worden war, gebunden. Die Bindungswirkung beschränkt sich nicht auf die Fälle der Berufungszulassung durch die Kammer, sondern erfasst auch die Zulassung durch den Einzelrichter. Der Einzelrichter, dem der Rechtsstreit nach § 6 VwGO übertragen worden ist, entscheidet als Verwaltungsgericht im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.7.2004 - 5 C 65.03 - NVwZ 2005, 98). Die Bindung an die Zulassung durch den Einzelrichter entfällt nicht deshalb, weil die Übertragung des Rechtsstreits auf ihn voraussetzt, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO), die Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hingegen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordert. Die gegenläufigen Voraussetzungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter ausschließen wollen (vgl. ausführlich BVerwG, Urteil vom 9.3.2005 - 6 C 8/04 -, NVwZ 2005, 821). Dahingestellt kann bleiben, ob die Bindung an die Zulassung eines Rechtsmittels durch den Einzelrichter dann entfällt, wenn sie im Einzelfall unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 VwGO ergangen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.9.2004 - 1 C 10.03 - juris). Denn Anhaltspunkte für eine manipulative oder objektiv willkürliche Missachtung der einschlägigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sind hier nicht ersichtlich.
21 
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.11.2005 aufheben müssen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die Verfügung, die Einbürgerungsurkunde zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
23 
1. Für die Rücknahme der im Jahre 2003 erfolgten Einbürgerung fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Zwar kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6.03 -, DVBl. 2004, 322; Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 -, DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht von jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Die Bestimmungen der §§ 85 ff. AuslG a.F., auf deren Grundlage der Kläger eingebürgert wurde, enthalten ebenfalls keine spezialgesetzliche Regelung über die Rücknahme einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach dem StAG bzw. nach § 85 f. AuslG a.F. anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 -, InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
24 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 -, AuAS 2007, 77; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris; Urteil des Senats vom 9.8.2007 - 13 S 2885/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie zeitnah erfolgt und die Einbürgerung vom Betroffenen durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer Erwirkung durch arglistige Täuschung oder durch vergleichbar vorwerfbares Verhalten liegt hier nicht vor. Hierzu im Einzelnen:
25 
Dahingestellt kann bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom 22.5.2003 tatsächlich rechtswidrig war, insbesondere ob es sich - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - bei den vom Kläger am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 abgegebenen Loyalitätserklärungen lediglich um „Lippenbekenntnisse“ gehandelt hat, die nicht von der erforderlichen inneren Überzeugung getragen waren. In seinem Beschluss vom 12.12.2005 (- 13 S 2948/04 -, NVwZ 2006, 484) hat sich der Senat dazu geäußert, dass ein rein verbales Bekenntnis des Einbürgerungsbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung den Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG a. F. nicht genüge; das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung müsse auch inhaltlich zutreffen und stelle mithin nicht nur eine rein formelle Einbürgerungsvoraussetzung dar. Dies bedarf hier ebenso wenig weiterer Klärung wie die Frage, ob im vorliegenden Fall tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die dort genannten inkriminierten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt bzw. verfolgt oder unterstützt hat (vgl. § 86 Nr. 2 AuslG a.F.). Dahingestellt kann insbesondere bleiben, ob der dem Kläger in der angegriffenen Verfügung vorgeworfene Besuch von Veranstaltungen der „Hizb Allah“ in dem Zeitraum von 1999 bis 2003 bzw. seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. eine inkriminierte Bestrebung im Sinne des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. darstellt. Denn auch eine rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.), der sich der Senat angeschlossen hat, auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder auf vergleichbar vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu Hess.VGH, Urteil vom 18.1.2007, a.a.O.), und es fehlt jedenfalls an der Erlangung der Staatsbürgerschaft durch arglistige Täuschung oder ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten des Klägers.
26 
Dieser überzeugenden neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließt sich der Senat in teilweiser Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung an. Die vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort die Einbürgerung nachweislich durch eine bewusste Täuschung des Eingebürgerten herbeigeführt worden ist und diese zeitnah zurückgenommen wurde. Unter Hervorhebung dieser Umstände haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Der Umstand, dass es sich um eine durch bewusste Täuschung erwirkte bzw. „erschlichene“ Einbürgerung handelte, wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn. 32, 56, 60, 62, 70, 72, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird auch mehrfach betont, wenn der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt hat und diese zeitnah zurückgenommen wurde, werde der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme habe voraussehen können (vgl. Rn. 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich nach ihrer Auffassung unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, a.a.O., Rn 85) „rechtsstaatlich wie demokratisch unbedenklich“ (a.a.O, Rn. 86) durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme der Beklagten, dass § 48 LVwVfG für die Rücknahme einer nicht durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme einer nicht in vorwerfbarer Weise erwirkten Einbürgerung offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme darstellt, wenn der Betroffene seine Einbürgerung selbst nachweislich durch Täuschung erwirkt hat. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei der zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, welche der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich hervorhebt, kann der Betroffene nur im Fall einer „erschlichenen“ Einbürgerung die spätere Rechtsfolge der Rücknahme auf der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in Verbindung mit dem analog anwendbaren § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG sowie der vom Bundesverfassungsgericht für anwendbar erklärten gefestigten Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte in Täuschungsfällen vorhersehen.
27 
Für diese im Hinblick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 LVwVfG enge Auslegung sprechen im Übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigenstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Er bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände lediglich bei arglistigem oder vergleichbar vorwerfbarem Handeln des Betroffenen überwiegt.
28 
Auch das die Bundesrepublik Deutschland bindende Völkerrecht, das der Verfassungsgeber bei Ausgestaltung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG maßgeblich vor Augen hatte, stellt jedenfalls in dem Fall, dass der Betroffene durch die Rücknahme der Einbürgerung staatenlos wird, maßgeblich darauf ab, unter welchen Umständen die Einbürgerung erlangt worden ist. Bereits das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30.8.1961 (BGBl. 1977 II, S. 597 ff.), das auf eine Entschließung der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1954 zurückgeht, verbietet zwar in Art. 8 Abs. 1 grundsätzlich die Entziehung der Staatsangehörigkeit für den Fall, dass der Betroffene dadurch staatenlos wird, lässt aber eine Ausnahme ausdrücklich für den Fall zu, dass die Staatsangehörigkeit durch falsche Angaben oder betrügerische Handlungen erworben wurde (vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchstabe b des Übereinkommens). Das im Rahmen des Europarats aufgelegte Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (BGBl. 2004 II, S. 578), das die Bundesrepublik Deutschland am 11.5.2005 ratifiziert hat, gestattet in Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b einen Verlust der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates u. a. für den Fall, dass diese in einer dem Antragsteller zurechenbaren Weise durch arglistiges Verhalten, falsche Angaben oder durch Verschleierung einer erheblichen Tatsache erworben wurde.
29 
Der Kläger hat seine Einbürgerung nicht durch arglistige Täuschung oder vergleichbar vorwerfbares Verhalten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG erwirkt. Das Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 28.10.1983 - 8 C 91/82 - BVerwGE 68, 159). Nach der vor allem in der mündlichen Verhandlung durch informatorische Befragung des Klägers gewonnenen Überzeugung des Senats lässt sich nicht feststellen, dass dieser bei Abgabe der Loyalitätserklärungen am 2.7.2001 bzw. am 22.5.2003 wissentlich und zweckgerichtet von ihm etwa unterstützte verfassungsfeindliche Bestrebungen verschwiegen hat, um seine Einbürgerung in rechtswidriger Weise zu erreichen. Die von der Beklagten geforderte Erklärung, keine gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen zu verfolgen oder zu unterstützen, setzt von dem Einbürgerungsbewerber eine Wertung in zweifacher Hinsicht voraus. Sie unterscheidet sich dabei wesentlich von ihrer Struktur nach einfachen Fragen, die etwa durch Ankreuzen bzw. mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind, etwa Fragen nach anhängigen Ermittlungsverfahren, Mitgliedschaften in konkret genannten Vereinigungen oder Personenstandsverhältnissen. Bei der standardisierten Loyalitätserklärung, die die Beklagte dem Kläger vorgelegt hat, muss der Einbürgerungsbewerber zum einen selbst bewerten, ob er den ihm vorgegebenen Kriterien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung für sich zustimmen kann und ob sein Verhalten, etwa seine Aktivität in Ausländervereinen, diesen Kriterien entspricht. Zum anderen muss der Einbürgerungsbewerber einzuschätzen versuchen, wie seine Aktivitäten mutmaßlich von der Einbürgerungsbehörde eingestuft werden; er trägt insoweit ein mit der Abstraktheit der Fragestellung steigendes Risiko, dass ihm „unrichtige Angaben“ i.S. von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorgeworfen werden.
30 
Danach lag es für den Kläger nicht nahe, seine Aktivitäten bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V., die er selbst als in erster Linie religiös bzw. kulturell motivierte Betätigung ansieht, ohne ausdrückliche Frage der Einbürgerungsbehörde nach einer Mitgliedschaft in islamistisch geprägten Vereinigungen als verfassungsfeindliche Betätigung einzuschätzen. Gerade weil der Kläger seine Aktivitäten selbst lediglich als religiöse, nicht jedoch als politische Betätigung ansah, bestand für ihn kein Anlass, die in erster Linie der Beklagten obliegende Bewertung des Verhaltens und dessen Subsumtion unter § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG selbst zugrunde zu legen. Anderes könnte lediglich dann gelten, wenn die Staatsangehörigkeitsbehörde dem Einbürgerungsbewerber eine Liste mit von ihr als verfassungsfeindlich erkannten Organisationen vorgelegt oder unter Hinweis auf die Anforderungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG den Einbürgerungsbewerber allgemein und umfassend nach Mitgliedschaften bzw. früheren Mitgliedschaften in Vereinigungen und Vereinen befragt hätte. Denn dann hätte es dem Einbürgerungsbewerber oblegen, seine Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeit bei der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. zu offenbaren, und die Staatsangehörigkeitsbehörde hätte vor der Einbürgerung die Möglichkeit gehabt, nach entsprechender Erkundigung bei Verfassungsschutzbehörden eine eigene Bewertung dieser Mitgliedschaft vorzunehmen. Sein Schweigen hätte dann bei entsprechender Bewertung der verschwiegenen Aktivitäten ohne weiteres zur Annahme einer durch Täuschung erschlichenen Einbürgerung führen können. Ohne weitere konkretisierende Fragen der Einbürgerungsbehörde kann dagegen nicht festgestellt werden, dass der Kläger wissentlich für seine Einbürgerung relevante Umstände verschwiegen hat, um seine Einbürgerung auf rechtswidrige Weise zu erreichen.
31 
Weiterhin erscheint zweifelhaft, ob ein etwaiges Verschweigen des Klägers seiner Mitgliedschaft überhaupt für die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde kausal war. Zwar dürfte entgegen der Annahme des Klägers nicht davon auszugehen sein, dass der Einbürgerungsbehörde die an das für Vereinsangelegenheiten zuständige Sachgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart gerichtete Anzeige vom 2.6.1999 über die Wahl des Klägers in den Vereinsvorstand der islamischen Kulturgemeinschaft Stuttgart e.V. bekannt war. Wie die Sitzungsvertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, werden derartige Mitteilungen amtsintern bereits aus Datenschutzgründen nicht an die Einbürgerungsbehörde weitergeleitet. Es spricht jedoch vieles dafür, dass die Beklagte vor Vollzug der Einbürgerung die Einbürgerungsakte nicht hinreichend auf etwaige inkriminierte Bestrebungen des Klägers ausgewertet hat. So bat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit an die Einbürgerungsstelle weitergeleitetem Schreiben vom 3.4.2001 um Übersendung der über den Kläger geführten Ausländerakten, wobei ausweislich eines Aktenvermerks diese Anfrage wegen der vermuteten Zugehörigkeit des Klägers zu extremistischen Gruppierungen erfolgte. Auch erteilte das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg im Falle des Klägers am 17.2.2003 lediglich eine Zwischennachricht dahingehend, dass die Überprüfungen in sicherheitsrechtlicher Hinsicht noch nicht habe abgeschlossen werden können. Wie sich dem Bearbeitungsblatt entnehmen lässt, wurde das Nichtvorliegen der Sicherheitsüberprüfung im Falle des Klägers übersehen und deshalb wohl lediglich aus Versehen seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband verfügt.
32 
Dass die Rücknahme einer Einbürgerung über die Fälle von Täuschung oder vergleichbar vorwerfbarem Verhalten hinausgehend bei lediglich objektiv unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Betroffenen (siehe § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG) mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren ist (vgl. so ausdrücklich noch Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - InfAuslR 2003, 205; offen gelassen vom Bundesverwaltungsgericht in seinem nachfolgenden Revisionsurteil vom 9.9.2003, a.a.O.), wird nach dem oben Gesagten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen sein, wenn jedenfalls eine den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenäherte Fallkonstellation vorliegt. Denn nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG fällt der Vertrauensschutz bereits dann weg, wenn der Verwaltungsakt durch objektiv in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden ist. Nicht notwendig ist, dass die fehlerhaften Angaben schuldhaft gemacht worden sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 139). Der Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfordert daher nicht, dass der Betroffene die Unrichtigkeit seiner Angaben positiv kannte oder kennen musste. Erforderlich ist lediglich, dass er erkannte oder erkennen musste, dass die entsprechende Angabe von ihm gefordert war (vgl. hierzu Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 6. Aufl., Rn. 164 zu § 48 VwVfG). Bei der Rücknahme einer Einbürgerung allein wegen objektiv unrichtiger Angaben handelt es sich um eine Verlustzufügung, die aus Sicht des Betroffenen willkürlich erfolgt und die er nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann. Dies begründet nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch einen Verstoß gegen das Entziehungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Rücknahme der Einbürgerung bei Ausschluss des Vertrauensschutzes lediglich durch § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG ist daher nur in atypischen Konstellationen möglich, in denen das Verhalten des Betroffenen in subjektiver Hinsicht den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG angenähert ist. Eine derartig gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit kann etwa angenommen werden, wenn der Betroffene das Unterstützen einer offensichtlich verfassungsfeindlichen Bestrebung verschweigt bzw. eine konkrete Frage unzutreffend beantwortet.
33 
Jedenfalls eine durch derartige besondere Umstände geprägte Fallkonstellation des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG liegt hier nicht vor. Es lässt sich wohl nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Kläger objektiv unrichtige Angaben über verfassungsfeindliche Betätigungen gemacht hat und die Einbürgerung deshalb auf dem Verschweigen von Umständen beruht, die allein oder überwiegend in seiner Sphäre liegen. Auch hier ist maßgeblich, dass vom Kläger keine Angaben über Betätigungen in Vereinen verlangt worden waren, sondern demgegenüber lediglich eine abstrakte Erklärung, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterstützt. Im Übrigen fehlt es nach dem oben Gesagten auch insoweit an der erforderlichen Kausalität von etwaigen objektiven Falschangaben.
34 
Dahingestellt kann bleiben, ob die mit Bescheid vom 31.8.2005 verfügte Rücknahme der Einbürgerung „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, welcher sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 9.8.2007, a.a.O.), erfolgt ist. Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Es spricht freilich einiges dafür, dass es sich bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am 22.5.2003 und dem Erlass der gegenständlichen Rücknahmeverfügung am 31.8.2005 verstrichenen Zeitraum von lediglich knapp über zwei Jahren noch um eine zeitnahe Rücknahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt. Hierfür spricht etwa, dass gemäß der - nach dem oben Gesagten hier nicht anwendbaren - Bestimmung des § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden kann. Es spricht deshalb einiges dafür, dass bei einem zwischen Einbürgerung und deren Rücknahme liegenden Zeitraum von unter fünf Jahren von einer zeitnahen Rücknahme auszugehen ist.
35 
2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid sind auch insoweit rechtswidrig, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig (vgl. § 52 Abs. 1 LVwVfG).
36 
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Revision war zuzulassen, da die Frage, ob und unter welchen Umständen die Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neuren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, noch nicht geklärt (vgl. hierzu § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
38 
Beschluss
vom 17. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
        
In Anlehnung an Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
        
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. August 2006 - 11 K 4702/04 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
Der Kläger, ein im Jahre 1962 geborener ehemaliger pakistanischer Staatsangehöriger, reiste erstmalig am 6.10.1985 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er sich als Asylsuchender meldete. Nach Rücknahme seines Asylantrags kehrte er zunächst am ... freiwillig nach Pakistan zurück, reiste jedoch am ... erneut als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 21.4.1987 ab, welcher nach Rücknahme der hiergegen erhobenen Klage bestandskräftig wurde. Am ... heiratete der Kläger in Stockholm eine deutsche Staatsangehörige, worauf ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Gestützt auf § 9 Abs.1 RuStAG in der damals gültigen Fassung beantragte er am... bei den seinerzeit örtlich zuständigen Behörden des Saarlands seine Einbürgerung. Zur Begründung des Einbürgerungsantrags verwies der Kläger auf die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Frau und den Willen, mit ihr auf Dauer in Deutschland zu leben. Mit Urkunde des Saarländischen Ministeriums des Innern vom ... ausgehändigt am ... wurde der Kläger in den deutschen Staatsverband eingebürgert. Die Ehe des Klägers wurde auf Antrag seiner Frau mit Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken - Familiengericht - vom ... geschieden. Im Urteil des Familiengerichts ist als Trennungsdatum August 1992 angegeben. In der Folgezeit verzog der Kläger in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Rems-Murr-Kreis.
Nachdem der Kläger eine pakistanische Staatsangehörige geheiratet hatte und ein Verfahren auf Familiennachzug für seine Ehefrau einleitete, teilte die Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland in Islamabad mit Schreiben vom ... der zuständigen unteren Ausländerbehörde mit, Ermittlungen eines von der Botschaft eingeschalteten Vertrauensanwalts hätten Hinweise darauf ergeben, dass es sich bei der Vorehe des Klägers mit seiner deutschen Ehefrau um eine Scheinehe gehandelt habe. So habe die Mutter des Klägers gegenüber dem Vertrauensanwalt eingeräumt, dass die vom ... bis zum ... bestehende Ehe des Klägers nur den Zweck gehabt habe, ihm eine Aufenthaltssicherung zu ermöglichen und vereinbarungsgemäß nach Zweckerreichung aufgelöst worden sei. Nachdem der Beklagte von dieser Mitteilung der deutschen Auslandsvertretung am 5.8.2002 Kenntnis erlangte, hörte er den Kläger mit Schreiben vom ... zu einer beabsichtigten Rücknahme der Einbürgerung wegen des Verdachts der Scheinehe an. Der Kläger trat diesem Vorwurf entgegen und brachte hierzu u.a. eine Bestätigung seiner ehemaligen Ehefrau bei, wonach die eheliche Lebensgemeinschaft bis August 1993 bestanden habe.
Mit Bescheid vom 16.7.2003 nahm das Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Einbürgerung des Klägers vom ... in den deutschen Staatsverband unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zurück (1.) und forderte ihn zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde sowie der ihm ausgestellten Ausweispapiere auf (2.). Zur Begründung der auf § 48 LVwVfG gestützten Rücknahme der Einbürgerung führt das Landratsamt aus, der Kläger habe seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband durch arglistige Täuschung erwirkt, da es sich bei seiner damaligen Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen zur Überzeugung der Behörde um eine Scheinehe gehandelt habe. Das Landratsamt habe keinerlei Zweifel an der Echtheit der vertrauensanwaltlichen Ermittlungen, welche den Verdacht einer Scheinehe bestätigt hätten. Es sei nicht ersichtlich, warum eine deutsche Auslandsvertretung falsche Aussagen machen und damit anderen Leuten Lügen unterstellen sollte. Im übrigen habe der Kläger gegen seine Mitwirkungsobliegenheiten im Einbürgerungsverfahren verstoßen, indem er die im Jahre 1992 erfolgte Trennung von seiner Ehefrau nicht mitgeteilt habe. Aufgrund der Feststellungen in dem Scheidungsurteil ergebe sich eindeutig, dass eine etwa bestehende eheliche Lebensgemeinschaft bereits im August 1992 und nicht wie von dem Kläger behauptet erst ein Jahr später aufgelöst worden sei. Die gegenteiligen Bekundungen des Klägers seien bereits deshalb nicht glaubhaft, weil sich ansonsten die Beteiligten bereits früher gegen das unrichtige Scheidungsurteil gewehrt hätten.
Die Annahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft sei für die auf § 9 StAG gestützte Einbürgerung auch ursächlich gewesen, weil sie andernfalls nicht hätte erfolgen dürfen. Aufgrund der arglistigen Täuschung könne sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen, so dass die Einbürgerung gemäß § 48 Abs. 3 LVwVfG zurückgenommen werden könne. Da es sich um keinen rechtmäßigen , sondern um einen durch arglistige Täuschung herbeigeführten Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gehandelt habe, greife das Entziehungsverbot des Art. 16 GG nicht ein. Diese Vorschrift solle vielmehr nur gezielte Zwangsausbürgerungen verhindern. Bei Bewertung der Gesamtumstände gehe die Staatsangehörigkeitsbehörde davon aus, dass der Kläger seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband durch arglistige Täuschung erworben habe und somit deren Rücknahme gemäß § 48 LVwVfG zu verfügen sei.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und stellte beim Verwaltungsgericht Stuttgart am 27.8.2003 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Mit Beschluss vom 17.10.2003 (7 K 3492/03) gab das Verwaltungsgericht Stuttgart dem Eilantrag statt.
Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2004 auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Ausgangsbescheids mit ergänzenden Gründen zurück. Zur Klarstellung werde darauf hingewiesen, dass die Rücknahme der Einbürgerung mit Wirkung für die Vergangenheit erfolge, wie es der gesetzlichen Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG entspreche. Anlass für die Rücknahme sei die Annahme einer Scheinehe des Klägers mit einer deutschen Staatsangehörigen basierend auf den Aussagen, welche seine Mutter gegenüber einem Vertrauensanwalt der deutschen Auslandsvertretung getätigt habe. Die Ausgangsbehörde habe ihr Rücknahmeermessen noch hinreichend ausgeübt und dabei zutreffend auf das Vorliegen einer arglistigen Täuschung und den daraus resultierenden Ausschluss von Vertrauensschutz abgehoben. Die Widerspruchsbehörde schließe sich der Auffassung des Landratsamts an, wonach das öffentliche Interesse an der Rücknahme der rechtswidrig erteilten Einbürgerung das Interesse des Klägers an deren weiterem Fortbestand überwiege. Keiner abschließenden Klärung bedürfe, ob der Kläger aufgrund der Rücknahme der Einbürgerung tatsächlich staatenlos werde, was nach pakistanischem Staatsangehörigkeitsrecht im wesentlichen davon abhänge, ob ein etwaiger Verzichtsantrag von der zuständigen Behörde entgegengenommen worden sei.
Auf die am 26.11.2004 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
die Verfügung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 16.7.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 aufzuheben,
10 
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 1.8.2006 - 11 K 4702/04 -die angefochtenen Bescheide insgesamt aufgehoben.
11 
In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die von dem Beklagten herangezogene allgemeine Vorschrift des § 48 LVwVfG stelle in der vorliegenden Fallkonstellation keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zur Rücknahme der Einbürgerung des Klägers dar. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der für die Einbürgerung ursächlichen vorgegangenen Ehe des Klägers mit einer deutschen Staatsangehörigen um eine Scheinehe gehandelt habe. Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG stelle nur dann eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung dar, wenn diese zeitnah erfolge. Da zwischen der Einbürgerung des Klägers und der angegriffenen Rücknahmeentscheidung mehr als zehn Jahre verstrichen seien, liege eine derartige zeitnahe Rücknahme der Einbürgerung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht vor. Die frühere gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006 (2 BvR 669/04) überholt. Das Gericht schließe sich der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts an, wonach es Sache des Gesetzgebers sei, im Staatsangehörigkeitsgesetz selbst eine eigenständige Regelung für die Rücknahme einer aufgrund unlauterer Verhaltensweisen des Eingebürgerten erlangten Einbürgerung zu schaffen, wenn es um mehr als eine zeitnahe Rücknahme gehe.
12 
Gegen das am 10.11.2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 1.12.2006 die bereits vom Verwaltungsgericht im Tenor seiner Entscheidung zugelassene Berufung eingelegt; er hat beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1.8.2006 - 11 K 4702/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
14 
Zur Begründung der Berufung hat der Beklagte am 5.1.2007 ausgeführt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stelle § 48 LVwVfG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der vom Kläger erschlichenen Einbürgerung dar. Das angegriffene Urteil gehe ohne ausreichende Begründung fälschlicherweise davon aus, dass im vorliegenden Fall keine zeitnahe Rücknahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, Az. 2 BvR 669/04) erfolgt sei. Zudem liege der für die Rücknahmeentscheidung maßgebliche Zeitpunkt auch nicht mehr als zehn Jahre nach der Einbürgerung des Klägers, sondern weniger. Abzustellen sei nicht auf den Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung selbst, sondern auf den Zeitpunkt der Anhörung des Klägers mit Schreiben des Landratsamts vom .... Zwischen der Einbürgerung und der maßgeblichen, den Vertrauensschutz ausschließenden Anhörung des Klägers liege deshalb lediglich ein Zeitraum von etwas über neuneinhalb Jahren. Im Hinblick auf die weitreichenden Statusfolgen einer Einbürgerung dürften an den Begriff der zeitnahen Rücknahme keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Der Zeitraum von zehn Jahren stelle noch eine gut überschaubare Zeitspanne dar. Im übrigen habe sich das Bundesverfassungsgericht in seinem genannten Urteil vom 24.5.2006 hinsichtlich der zeitlichen Grenzen für die Rücknahme einer Einbürgerung aufgrund allgemeinen Landesverwaltungsverfahrensrechts besonders zurückhaltend geäußert. Insbesondere verlange das Bundesverfassungsgericht gerade nicht, dass der Gesetzgeber selbst eine abschließende zeitliche Grenze für die Rücknahmemöglichkeit schaffe.
15 
Entgegen der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung stelle die Vorschrift des § 48 LVwVfG auch für den Fall einer nicht zeitnah erfolgten Rücknahme eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG jedenfalls für die Fälle, in denen Dritte durch eine Rücknahme der Einbürgerung nicht tangiert würden, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstelle, sei durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in keiner Weise überholt.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Er wendet sich gegen die Annahme des Beklagten, es habe sich bei seiner Ehe mit der früheren deutschen Frau um eine Scheinehe gehandelt bzw. er habe das Trennungsdatum falsch angegeben. Im übrigen sei das Verwaltungsgericht Stuttgart zutreffend davon ausgegangen, dass die Rücknahme nicht mehr zeitnah im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfolgt sei. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob bei der Berechnung der Frist auf den 16.7.2003 oder auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom ... abzustellen sei. Auch ein Zeitraum von etwas mehr als neuneinhalb Jahren könne nicht mehr als unverzügliche Rücknahme im Sinne des Bundesverfassungsgerichts angesehen werden.
19 
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
20 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Beklagten einschließlich der Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
21 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Beklagten entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
22 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den erforderlichen formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), hat sachlich keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Bescheid des Beklagten vom 16.7.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 aufgehoben, weil diese rechtswidrig sind und den Kläger in eigenen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die verfügte Verpflichtung, die Einbürgerungsurkunde sowie die deutschen Ausweispapiere zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
24 
1.1 Für die verfügte Rücknahme der im Jahre 1993 erfolgten Einbürgerung fehlt es bereits an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Allerdings kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 - DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6/03 - DVBl. 2004, 322, Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht seit jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG -, nach dessen § 9 (damals noch RuStAG) der Kläger eingebürgert wurde, enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach § 9 RuStAG bzw. StAG anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 - InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
25 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vg. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 - AuAS 2007,77). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie vom Betroffenen auf vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und zeitnah erfolgt. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer zeitnahen Rücknahme liegt hier nicht vor. Hierzu im einzelnen:
26 
Dahingestellt kann mit dem Verwaltungsgericht bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom ... tatsächlich wegen Bestehens einer Scheinehe bzw. Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft bereits vor erfolgter Einbürgerung im August 1992 rechtswidrig war, wie von dem Beklagten in der angefochtenen Verfügung angenommen. Zwar ist im Ergebnis dem Beklagten zuzustimmen, dass das Vorliegen einer Scheinehe oder die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht bereits den Tatbestand des § 9 StAG entfallen lässt, aber die Annahme eines atypischen Falles rechtfertigt, welcher der Staatsangehörigkeitsbehörde die Möglichkeit eröffnet, die Einbürgerung ausnahmsweise nach Ermessen zu verweigern, so dass bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen regelmäßig von einer rechtswidrigen Einbürgerung ausgegangen werden kann (vgl. hierzu umfassend Urteil des Senats vom 29.11.2002, a.a.O.). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, kann für die Entscheidung ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob der Kläger eine etwaige rechtswidrige Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat. Denn auch eine erschlichene rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.) auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris).
27 
Die von dem Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort zwischen der Einbürgerung und der Rücknahme derselben ein Zeitraum von knapp über zwei Jahren lag. Unter Hervorhebung dieses Umstandes haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Dieser Umstand wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn 72, 73, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird mehrfach dargelegt, dass in dem Fall, in dem der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt habe und diese zeitnah zurückgenommen werde, der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan werde, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme voraussehen konnte (vgl. Rn 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden vier Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, Rn 85) hinreichend und unproblematisch durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme des Beklagten zwingend, dass § 48 LVwVfG in den Fällen einer nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist entgegen der Annahme des Beklagten nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage bei nicht zeitnaher Rücknahme offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Einbürgerung darstellt, wenn diese aufgrund eines bestehenden zeitlichen Zusammenhangs den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Vorhersehbarkeit und Normenklarheit genügt. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei einer zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen (vgl. hierzu auch umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.).
28 
Für diese Auslegung sprechen im übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigkeitsstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Der hierdurch vermittelte Status bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände selbst bei arglistigem Handeln des Betroffenen nicht ohne weiteres zeitlich unbegrenzt überwiegt. Auch an den wenigen bestehenden Spezialregelungen zeigt sich, dass der Gesetzgeber dem Stabilitätsanliegen im Staatsangehörigkeitswesen besonderes Gewicht zumisst. So kann gemäß § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden, selbst wenn die Einbürgerung durch schuldhafte Falschangaben des Betroffenen erwirkt worden ist. Auch die vorgesehene Neuregelung in § 3 des StAG, wonach die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben soll, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat, spricht dafür, dass nach Auffassung des Gesetzgebers Vertrauensschutzgesichtspunkten und Stabilitätserwägungen im Bereich des Staatsangehörigkeitswesens zentrale Bedeutung zukommt. Auch der Umstand, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG, wonach die Rücknahme grundsätzlich nur binnen eines Jahres ab Kenntniserlangung der Behörde von den rücknahmebegründenden Tatsachen zulässig ist, im Fall einer durch arglistige Täuschung erwirkten Einbürgerung gerade nicht anwendbar ist, spricht dafür, eine absolute zeitliche Rücknahmegrenze zu fordern.
29 
1.2 Die Einbürgerung des Klägers ist nicht in diesem Sinne „zeitnah“ zurückgenommen worden. Der in dem vorstehend erwähnten Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwendete Begriff „zeitnah“ bezieht sich auf den von der Einbürgerung bis zu ihrer Rücknahme verstrichenen Zeitraum, nicht auf eine Entschließungsfrist der Behörde ab Kenntniserlangung der rücknahmebegründenden Umstände. Dieser absolute zeitliche Rahmen und nicht etwa die Entschließungsfrist der Behörde war im Vorfeld der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gegenstand der in Rechtsprechung und Literatur geführten Diskussion über die zeitliche Begrenzung der Befugnis der Behörde zur Rücknahme der Einbürgerung (vgl. umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.; zusammenfassend Nettersheim, DVBl. 2004, 1144). Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am ... und deren Rücknahme am 16.7.2003 verstrichenen Zeitraum von über zehn Jahren kann jedenfalls nicht mehr von einer zeitnahen Rücknahme gesprochen werden. Gleiches gilt im übrigen, wenn entsprechend der Ansicht des Beklagten lediglich auf den verstrichenen Zeitraum bis zur Kenntniserlangung des Klägers von der beabsichtigten Rücknahme durch Anhörungsschreiben vom ... abzustellen wäre. Bei Klärung der Frage, was unter „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen ist, ist maßgeblich auf die Bedeutung der Staatsangehörigkeit sowohl für den Einzelnen als auch für die staatliche Gemeinschaft abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass mit zunehmendem Zeitablauf zahlreiche an die Staatsangehörigkeit geknüpfte Rechte und Pflichten verwirklicht sein werden, die durch eine Rücknahme nicht mehr folgenlos beseitigt werden können. Wie das Bundesverfassungsgericht zu Recht betont, begründet die Staatsangehörigkeit des Einzelnen regelmäßig nicht nur für diesen selbst Rechtstellungen und Pflichten, sondern hat regelmäßig auch Weiterungen auf den Status sonstiger Personen.
30 
1.3 Die mit Bescheid vom 16.7.2003 verfügte Rücknahme der Einbürgerung des Klägers ist unabhängig von der Frage, ob § 48 LVwVfG hierfür eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt, auch deshalb rechtswidrig, weil sie an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) leidet. Dabei spricht bereits vieles dafür, dass der angefochtene Ausgangsbescheid an einem vollständigen Ermessensausfall und deshalb an einem nicht heilbaren Ermessensfehler leidet. Der nach der Tatbestandsprüfung erfolgte Hinweis des Landratsamts, wonach aufgrund der dargelegten Gesamtumstände von einer arglistigen Täuschung auszugehen und damit die Rücknahme der Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zu verfügen sei, deutet darauf hin, dass der Beklagte das auch im Fall einer Täuschung zwingend auszuübende umfassende Rücknahmeermessen nicht erkannt hat (vgl. zu diesem Erfordernis Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 3.6.2003 und 9.9.2003, a.a.O.). Jedenfalls hat es das Landratsamt versäumt, die für eine Ermessensausübung über die Rücknahme maßgeblichen Umstände in seine Erwägungen einzustellen. So ist ein durchgreifender Ermessensfehler bereits darin zu sehen, dass der Beklagte weder die Dauer der seit der Einbürgerung des Klägers verstrichenen Zeit als solche noch die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt hat. Ebenso blieben die möglichen aufenthaltsrechtlichen Folgen einer Rücknahme der Einbürgerung für den Kläger gänzlich unberücksichtigt. Gleiches gilt für die im Rahmen des Rücknahmeermessens zentrale Frage, ob der Betroffene bei erfolgter Rücknahme staatenlos wird oder ob er seine frühere Staatsangehörigkeit beibehalten hat bzw. diese in zumutbarer Weise wieder erlangen könnte. Auch der für die gerichtliche Ermessenskontrolle (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgebliche Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 heilt diese Ermessensfehler nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Regierungspräsidium überhaupt ergänzende eigene Ermessenserwägungen angestellt hat oder sich lediglich auf eine Ermessensüberprüfung der Ausgangsbehörde beschränkt hat, wofür freilich die im Widerspruchsbescheid verwendete Formulierung spricht. Jedenfalls hat auch das Regierungspräsidium nicht aufgeklärt, ob der Kläger durch die Rücknahme staatenlos wurde oder nicht. Die Widerspruchsbehörde hätte sich im Rahmen einer etwaigen Ermessensausübung nicht mit dem Hinweis begnügen dürfen, wonach sich aus den Einbürgerungsakten nicht ergebe, ob ein Verzicht auf die pakistanische Staatsangehörigkeit wie nach pakistanischem Recht maßgeblich registriert worden ist oder nicht.
31 
2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid ist zu Recht vom Verwaltungsgericht auch insoweit aufgehoben worden, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde und seiner deutschen Identitätspapiere aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig.
32 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 137 VwGO vorliegt. Zwar ist die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, nicht geklärt; eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung war dem Senat jedoch verwehrt, da der angegriffene Rücknahmebescheid unabhängig von dieser ungeklärten Frage wegen eines Ermessensfehlers aufzuheben war. Die Frage, dass im Rahmen einer Rücknahme der Einbürgerung umfassend Ermessen auszuüben ist, ist nach dem oben Gesagten in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abschließend geklärt; welche Ermessenserwägungen zu fordern sind, ist eine im Revisionsverfahren nicht zu klärende Frage des Einzelfalls.
34 
Beschluss
vom 9. August 2007
35 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
36 
In Anlehnung an Ziff. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
37 
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Beklagten entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
22 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht (§ 124a Abs. 1 VwGO) rechtzeitig eingelegte Berufung (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), die den erforderlichen formellen Anforderungen entspricht (§ 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO) und innerhalb der Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 und 3 VwGO rechtzeitig und formal ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 124a Abs. 3 Satz 2 und 4 VwGO), hat sachlich keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Bescheid des Beklagten vom 16.7.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 aufgehoben, weil diese rechtswidrig sind und den Kläger in eigenen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Sowohl die Rücknahme der Einbürgerung des Klägers (1.) als auch die verfügte Verpflichtung, die Einbürgerungsurkunde sowie die deutschen Ausweispapiere zurückzugeben (2.), erweisen sich als rechtswidrig.
24 
1.1 Für die verfügte Rücknahme der im Jahre 1993 erfolgten Einbürgerung fehlt es bereits an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Allerdings kann grundsätzlich die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung auf die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 48 Abs. 1 LVwVfG gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 - DVBl. 2004, 116; BVerwG, Urteil vom 9.9.2003 - 1 C 6/03 - DVBl. 2004, 322, Urteil des Senats vom 29.11.2002 - 13 S 2039/01 - DVBl. 2003, 1283). Die im Staatsangehörigkeitsrecht seit jeher vorhandenen punktuellen Regelungen über Rücknahme und Verlust der Staatsangehörigkeit (vgl. heute z.B. §§ 17 ff. StAG) stellen kein abgeschlossenes Regelungssystem dar, durch das der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hätte, dass es sich um eine umfassende und abschließende Regelung der Materie mit der Folge handeln soll, dass die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes von vornherein nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG -, nach dessen § 9 (damals noch RuStAG) der Kläger eingebürgert wurde, enthält nur Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit aufgrund von nach ihrem Erwerb eingetretenen Umständen, während die Konsequenzen einer von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerung nicht spezialgesetzlich geregelt sind. Auch § 24 StAngRegG ist nicht auf rechtswidrige Einbürgerungen nach § 9 RuStAG bzw. StAG anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.4.1989 - 1 B 54.89 - InfAuslR 1989, 276; BVerwG, Urteil vom 3.6.2003, a.a.O.).
25 
Die allgemeine Bestimmung des § 48 LVwVfG ist auf die Rücknahme von Einbürgerungen jedoch nur anwendbar unter den Einschränkungen, die sich aus Art. 16 Abs. 1 GG ergeben (vg. hierzu grundlegend BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - DVBl. 2006, 910; dem folgend auch Hess. VGH, Urteil vom 18.1.2007 - 11 UE 111/06 - AuAS 2007,77). Die Vorschrift bedarf insoweit verfassungskonformer Anwendung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG. Hieraus ergibt sich, dass die Rücknahme einer Einbürgerung nur zulässig ist, wenn sie vom Betroffenen auf vorwerfbare Weise erwirkt worden ist und zeitnah erfolgt. Jedenfalls das zwingende Erfordernis einer zeitnahen Rücknahme liegt hier nicht vor. Hierzu im einzelnen:
26 
Dahingestellt kann mit dem Verwaltungsgericht bleiben, ob die Einbürgerung des Klägers vom ... tatsächlich wegen Bestehens einer Scheinehe bzw. Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft bereits vor erfolgter Einbürgerung im August 1992 rechtswidrig war, wie von dem Beklagten in der angefochtenen Verfügung angenommen. Zwar ist im Ergebnis dem Beklagten zuzustimmen, dass das Vorliegen einer Scheinehe oder die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht bereits den Tatbestand des § 9 StAG entfallen lässt, aber die Annahme eines atypischen Falles rechtfertigt, welcher der Staatsangehörigkeitsbehörde die Möglichkeit eröffnet, die Einbürgerung ausnahmsweise nach Ermessen zu verweigern, so dass bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen regelmäßig von einer rechtswidrigen Einbürgerung ausgegangen werden kann (vgl. hierzu umfassend Urteil des Senats vom 29.11.2002, a.a.O.). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, kann für die Entscheidung ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob der Kläger eine etwaige rechtswidrige Einbürgerung durch arglistige Täuschung oder in vergleichbar vorwerfbarer Weise erwirkt hat. Denn auch eine erschlichene rechtswidrige Einbürgerung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.) auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts, d.h. nach der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung des § 48 LVwVfG, nur dann zurückgenommen werden, wenn die Rücknahme zeitnah vorgenommen wird (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006 - 5 B 15.03 - juris).
27 
Die von dem Bundesverfassungsgericht zu entscheidende Fallkonstellation war maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass dort zwischen der Einbürgerung und der Rücknahme derselben ein Zeitraum von knapp über zwei Jahren lag. Unter Hervorhebung dieses Umstandes haben die die Entscheidung tragenden Richter hervorgehoben, dass die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes „in diesem Fall“ mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Einklang stehe. Dieser Umstand wird mehrfach in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hervorgehoben (vgl. etwa Rn 72, 73, 76 des Mehrheitsvotums - zitiert nach dem Urteilsabdruck aus juris -). In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird mehrfach dargelegt, dass in dem Fall, in dem der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeigeführt habe und diese zeitnah zurückgenommen werde, der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan werde, da der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme voraussehen konnte (vgl. Rn 76 des Urteils). Damit hatten die die Entscheidung tragenden vier Richter des Bundesverfassungsgerichts einen von ihnen selbst so bezeichneten „Regelfall der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ vor Augen, der sich unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes sowie unter den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie (vgl. hierzu Urteil des Bundesverfassungsgerichts, Rn 85) hinreichend und unproblematisch durch Anwendung des § 48 LVwVfG lösen ließ. Aus diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt entgegen der Annahme des Beklagten zwingend, dass § 48 LVwVfG in den Fällen einer nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist entgegen der Annahme des Beklagten nicht zu entnehmen, dass die Frage des Bestehens einer Ermächtigungsgrundlage bei nicht zeitnaher Rücknahme offen bleiben sollte. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit schon aus der tragenden Erwägung des Bundesverfassungsgerichts, wonach § 48 LVwVfG gerade dann eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Einbürgerung darstellt, wenn diese aufgrund eines bestehenden zeitlichen Zusammenhangs den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Vorhersehbarkeit und Normenklarheit genügt. Die gebotene Rechtssicherheit sieht das Bundesverfassungsgericht nur bei einer zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung gewährleistet, während in anderen Fällen die hergebrachten Grundsätze des § 48 LVwVfG nicht mehr den rechtsstaatlich zwingend gebotenen Bestimmtheitserfordernissen bzw. der Vorhersehbarkeit genügen (vgl. hierzu auch umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.).
28 
Für diese Auslegung sprechen im übrigen auch systematische und teleologische Erwägungen. So schützt der rechtsstaatlich-subjektive Gehalt des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG das Interesse des einzelnen Staatsbürgers daran, anhand der gesetzlichen Lage vorhersehen zu können, unter welchen Voraussetzungen er seinen durch die Einbürgerung erlangten Status verlieren kann. Dieser vertrauensbildende Schutz ist besonders wichtig, da der Staatsangehörigkeitsstatus seiner Natur nach für den Einzelnen von grundlegender Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.5.2006, a.a.O.). Der hierdurch vermittelte Status bestimmt nicht nur die subjektiven staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten des Einzelnen, vielmehr kommt der Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitut über den subjektiven Gewährleistungsgehalt hinaus zugleich rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung zu. Mithin betrifft der mit der Einbürgerung vermittelte bürgerschaftliche Status die konstituierenden Grundlagen der Rechtsordnung und des Gemeinwesens und geht damit weit über eine individuelle schützenswerte Rechtsposition des Eingebürgerten hinaus. Gerade das damit in Art. 16 Abs. 1 GG verbürgte Stabilitätsanliegen der Gemeinschaft spricht dafür, dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände selbst bei arglistigem Handeln des Betroffenen nicht ohne weiteres zeitlich unbegrenzt überwiegt. Auch an den wenigen bestehenden Spezialregelungen zeigt sich, dass der Gesetzgeber dem Stabilitätsanliegen im Staatsangehörigkeitswesen besonderes Gewicht zumisst. So kann gemäß § 24 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - die Unwirksamkeit einer auf dieser Grundlage erlangten Staatsangehörigkeit nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung festgestellt werden, selbst wenn die Einbürgerung durch schuldhafte Falschangaben des Betroffenen erwirkt worden ist. Auch die vorgesehene Neuregelung in § 3 des StAG, wonach die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben soll, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat, spricht dafür, dass nach Auffassung des Gesetzgebers Vertrauensschutzgesichtspunkten und Stabilitätserwägungen im Bereich des Staatsangehörigkeitswesens zentrale Bedeutung zukommt. Auch der Umstand, dass die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG, wonach die Rücknahme grundsätzlich nur binnen eines Jahres ab Kenntniserlangung der Behörde von den rücknahmebegründenden Tatsachen zulässig ist, im Fall einer durch arglistige Täuschung erwirkten Einbürgerung gerade nicht anwendbar ist, spricht dafür, eine absolute zeitliche Rücknahmegrenze zu fordern.
29 
1.2 Die Einbürgerung des Klägers ist nicht in diesem Sinne „zeitnah“ zurückgenommen worden. Der in dem vorstehend erwähnten Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwendete Begriff „zeitnah“ bezieht sich auf den von der Einbürgerung bis zu ihrer Rücknahme verstrichenen Zeitraum, nicht auf eine Entschließungsfrist der Behörde ab Kenntniserlangung der rücknahmebegründenden Umstände. Dieser absolute zeitliche Rahmen und nicht etwa die Entschließungsfrist der Behörde war im Vorfeld der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gegenstand der in Rechtsprechung und Literatur geführten Diskussion über die zeitliche Begrenzung der Befugnis der Behörde zur Rücknahme der Einbürgerung (vgl. umfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.10.2006, a.a.O.; zusammenfassend Nettersheim, DVBl. 2004, 1144). Wo eine exakte zeitliche Grenze zwischen der zeitnahen und der nicht mehr zeitnahen Rücknahme der Einbürgerung verläuft, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Bei dem zwischen der Einbürgerung des Klägers am ... und deren Rücknahme am 16.7.2003 verstrichenen Zeitraum von über zehn Jahren kann jedenfalls nicht mehr von einer zeitnahen Rücknahme gesprochen werden. Gleiches gilt im übrigen, wenn entsprechend der Ansicht des Beklagten lediglich auf den verstrichenen Zeitraum bis zur Kenntniserlangung des Klägers von der beabsichtigten Rücknahme durch Anhörungsschreiben vom ... abzustellen wäre. Bei Klärung der Frage, was unter „zeitnah“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen ist, ist maßgeblich auf die Bedeutung der Staatsangehörigkeit sowohl für den Einzelnen als auch für die staatliche Gemeinschaft abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass mit zunehmendem Zeitablauf zahlreiche an die Staatsangehörigkeit geknüpfte Rechte und Pflichten verwirklicht sein werden, die durch eine Rücknahme nicht mehr folgenlos beseitigt werden können. Wie das Bundesverfassungsgericht zu Recht betont, begründet die Staatsangehörigkeit des Einzelnen regelmäßig nicht nur für diesen selbst Rechtstellungen und Pflichten, sondern hat regelmäßig auch Weiterungen auf den Status sonstiger Personen.
30 
1.3 Die mit Bescheid vom 16.7.2003 verfügte Rücknahme der Einbürgerung des Klägers ist unabhängig von der Frage, ob § 48 LVwVfG hierfür eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt, auch deshalb rechtswidrig, weil sie an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) leidet. Dabei spricht bereits vieles dafür, dass der angefochtene Ausgangsbescheid an einem vollständigen Ermessensausfall und deshalb an einem nicht heilbaren Ermessensfehler leidet. Der nach der Tatbestandsprüfung erfolgte Hinweis des Landratsamts, wonach aufgrund der dargelegten Gesamtumstände von einer arglistigen Täuschung auszugehen und damit die Rücknahme der Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zu verfügen sei, deutet darauf hin, dass der Beklagte das auch im Fall einer Täuschung zwingend auszuübende umfassende Rücknahmeermessen nicht erkannt hat (vgl. zu diesem Erfordernis Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 3.6.2003 und 9.9.2003, a.a.O.). Jedenfalls hat es das Landratsamt versäumt, die für eine Ermessensausübung über die Rücknahme maßgeblichen Umstände in seine Erwägungen einzustellen. So ist ein durchgreifender Ermessensfehler bereits darin zu sehen, dass der Beklagte weder die Dauer der seit der Einbürgerung des Klägers verstrichenen Zeit als solche noch die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt hat. Ebenso blieben die möglichen aufenthaltsrechtlichen Folgen einer Rücknahme der Einbürgerung für den Kläger gänzlich unberücksichtigt. Gleiches gilt für die im Rahmen des Rücknahmeermessens zentrale Frage, ob der Betroffene bei erfolgter Rücknahme staatenlos wird oder ob er seine frühere Staatsangehörigkeit beibehalten hat bzw. diese in zumutbarer Weise wieder erlangen könnte. Auch der für die gerichtliche Ermessenskontrolle (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgebliche Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.11.2004 heilt diese Ermessensfehler nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Regierungspräsidium überhaupt ergänzende eigene Ermessenserwägungen angestellt hat oder sich lediglich auf eine Ermessensüberprüfung der Ausgangsbehörde beschränkt hat, wofür freilich die im Widerspruchsbescheid verwendete Formulierung spricht. Jedenfalls hat auch das Regierungspräsidium nicht aufgeklärt, ob der Kläger durch die Rücknahme staatenlos wurde oder nicht. Die Widerspruchsbehörde hätte sich im Rahmen einer etwaigen Ermessensausübung nicht mit dem Hinweis begnügen dürfen, wonach sich aus den Einbürgerungsakten nicht ergebe, ob ein Verzicht auf die pakistanische Staatsangehörigkeit wie nach pakistanischem Recht maßgeblich registriert worden ist oder nicht.
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2. Der streitgegenständliche Ausgangsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid ist zu Recht vom Verwaltungsgericht auch insoweit aufgehoben worden, als der Kläger zur Rückgabe der Einbürgerungsurkunde und seiner deutschen Identitätspapiere aufgefordert wurde. Nachdem die Einbürgerung nach dem oben Gesagten nicht zurückgenommen werden durfte, ist auch die Aufforderung zur Rückgabe der hieraus resultierenden Dokumente rechtswidrig.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 137 VwGO vorliegt. Zwar ist die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Rücknahme einer Einbürgerung gemäß § 48 LVwVfG zulässig ist, in der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.5.2006, nicht geklärt; eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung war dem Senat jedoch verwehrt, da der angegriffene Rücknahmebescheid unabhängig von dieser ungeklärten Frage wegen eines Ermessensfehlers aufzuheben war. Die Frage, dass im Rahmen einer Rücknahme der Einbürgerung umfassend Ermessen auszuüben ist, ist nach dem oben Gesagten in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abschließend geklärt; welche Ermessenserwägungen zu fordern sind, ist eine im Revisionsverfahren nicht zu klärende Frage des Einzelfalls.
34 
Beschluss
vom 9. August 2007
35 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
36 
In Anlehnung an Ziff. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1331) geht der Senat bei Streitigkeiten über einen Einbürgerungsanspruch vom doppelten Auffangwert pro Person aus.
37 
Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. August 2007 - 11 K 4364/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung des Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm erhobene Klage; Gegenstand der Klage ist die Verfügung der Beklagten vom 9.11.2005 (bzw. der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart), mit der die Beklagte die am 5.11.2004 erfolgte Einbürgerung des Klägers zurückgenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe wissen müssen, dass er vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 noch nicht deutscher Staatsangehöriger sei; jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung sei ihm klar gewesen, dass die Einbürgerung noch nicht erfolgt sei.
Der Kläger trägt mit der Beschwerde vor, nicht nur er, sondern auch sein damaliger Prozessbevollmächtigter sei davon ausgegangen, dass die Einbürgerung bereits vor der Aushändigung der Urkunde wirksam geworden sei; eine bewusste und absichtliche Täuschung der Einbürgerungsbehörde bei der Entgegennahme der Einbürgerungsurkunde (Täuschung über ein anhängiges Strafverfahren bzw. über eine zuvor bereits erfolgte Inhaftierung) könne man ihm daher nicht vorwerfen. Wenn er erst mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfahre, dass er zuvor noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, sei es für eine entsprechende Reaktion (Mitteilung des Strafverfahrens) zu spät. Im Übrigen sei fraglich, wie präsent es ihm im November 2004 noch gewesen sei, die Einleitung eines Strafverfahrens oder Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch bei Anwendung des in diesem Zusammenhang gebotenen großzügigen Maßstabs zu Recht abgelehnt.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet und auch nicht mutwillig erscheint; in diesem Zusammenhang kann hinreichende Erfolgsaussicht vor allem dann angenommen werden, wenn der Ausgang des Verfahrens sich als hinreichend offen darstellt (siehe dazu im einzelnen BVerfG, Beschlüsse vom 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 2976, vom 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, InfAuslR 2006, 377 und vom 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). An einer solchen „Offenheit“ des Prozessausgangs fehlt es im vorliegenden Fall.
Dass die (erst) mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfolgte Einbürgerung des Klägers (siehe § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) im Sinn des § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtswidrig war, ergibt sich aus § 88 Abs. 3 Satz 1 des für die Einbürgerung des Klägers damals noch anwendbaren AuslG (jetzt § 12 a Abs. 3 StAG); nach dieser Vorschrift ist nämlich „die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens ... auszusetzen“, wenn gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird. Diese Ermittlungen waren im vorliegenden Fall am Tag der Einbürgerung bereits anhängig, da der Kläger wenige Tage zuvor - am 3.11.2004 - wegen eines Drogendelikts in Untersuchungshaft genommen worden war. § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG ist dabei nicht nur eine bloße Verfahrensvorschrift; wird gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung im Sinn von § 48 Abs. 1 LVwVfG fehlerhaft (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, NVwZ 2004, 489).
Dass der Behörde im Fall einer fehlerhaften Einbürgerung die Rücknahmemöglichkeit nach den landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen rechtlich eröffnet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (siehe BVerwG a.a.O.; siehe zuletzt BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 13 S 2794/06 -). Jedenfalls für die Fallgestaltung erschlichener Einbürgerungen (siehe dazu § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) ist die Rücknahmemöglichkeit nicht mehr streitig; das gleiche gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.9.2007 a.a.O.) dort, wo zwar keine arglistige Täuschung, aber sonstiges vergleichbar vorwerfbares Verhalten zur Einbürgerung geführt hat. Im vorliegenden Fall geht der Senat allerdings unmittelbar von arglistiger Täuschung des Klägers durch Verschweigen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens bzw. seiner zuvor erfolgten Inhaftierung aus. Das der Einbürgerungszusicherung vom 5.8.2003 beigefügte Schreiben enthält den Zusatz, „auf die Beachtung des beigefügten Merkblattes zur Einbürgerungszusicherung“ werde hingewiesen, und dort heißt es, u.a. die Einleitung eines Strafverfahrens sei der Behörde als Änderung der persönlichen Verhältnisse mitzuteilen. Anhaltspunkte dafür, dass das Merkblatt dem genannten Schreiben entgegen dessen Wortlaut nicht beigefügt war, hat der Senat nicht.; die Tatsache, dass es sich nicht bei den Akten befindet, reicht als Beleg dafür nicht aus. Auch die Einbürgerungszusicherung selbst enthält zudem den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Einbürgerungsbewerbers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Von daher wird im Klageverfahren ohne unzulässige Vorwegnahme einer Beweisaufnahme davon auszugehen sein, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Einbürgerung die Verpflichtung bewusst war, die Einleitung eines Strafverfahrens bzw. seine Inhaftierung der Behörde anzuzeigen. Diese Verpflichtung hat er offensichtlich verletzt. Weder er selbst noch sein damaliger Strafverteidiger hat der Behörde mitgeteilt, aus welchen Gründen (Inhaftierung) die Einbürgerungsurkunde von ihm nicht persönlich entgegengenommen werden kann, obwohl die Angabe des Verhinderungsgrundes durchaus nahegelegen hätte. Nach der kurzzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft (3.11.2004) hat der Kläger die Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 selbst entgegengenommen, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt - weder bei dieser Gelegenheit noch vorher - auf die auch aus Laiensicht wesentliche Änderung der Sachlage hinzuweisen. Damit liegt im Rechtssinn auch bei Zugrundelegung des im Prozeßkostenhilfeverfahrens gebotenen großzügigen Maßstabs eine arglistige Täuschung durch Unterlassen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) vor (siehe auch VG Arnsberg, Urteil vom 7.9.2005 - 1 K 4045/04 -, juris; zur Täuschung durch Verschweigen siehe auch BVerwG, Urteil vom 18.9.1985 - 2 C 30.84 -, ZBR 1986, 52 m.w.N.).
Der Vortrag des Klägers, er sei am 5.11.2004 davon ausgegangen, dass er bereits deutscher Staatsangehöriger sei, erscheint auch dem Senat nicht als glaubhaft. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger bei seiner Inhaftierung als Staatsangehöriger von Serbien/Montenegro geführt worden ist, ohne dass sich aus der Akte irgendwelche Reaktionen von seiner Seite hierzu ergeben. Hiergegen könnte eingewendet werden, dem Kläger sei diese Einstufung nicht bekannt geworden; allerdings liegt eine solche Annahme - Aufnahme eines Häftlings in die Vollzugsanstalt ohne dessen Mitwirkung und Befragung zu den Personaldaten - nicht unbedingt nahe. Vor allem fehlt es jedoch an jeder behördlichen Äußerung dem Kläger gegenüber, die sich auch aus Laiensicht bereits als Vollzug einer Einbürgerung auffassen ließe. Das Schreiben der Beklagten vom 1.10.2004, auf das sich der Kläger in diesem Zusammenhang (auch) beruft, stellt lediglich eine Ladung zum persönlichen Erscheinen am 18.10.2004 zum Zweck der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde dar; aus ihm lässt sich auch für einen Rechtsunkundigen weder entnehmen, dass eine Einbürgerung bereits erfolgt sei noch dass sie mit diesem Schreiben erfolge. Angesichts der auch einem Laien bekannten großen statusrechtlichen Bedeutung einer Einbürgerung kann nicht angenommen werden, dass der Kläger dem Vorladungsschreiben eine so weitgehende konstitutive Bedeutung beigemessen haben will. Er wird kaum einen Staat geben - jedenfalls nicht im bürokratisch organisierten Westeuropa -, der eine Einbürgerung der hier streitigen Art gewissermaßen automatisch d.h. ohne jede weitere individuelle staatliche Äußerung vorsieht. Im Übrigen ergab sich auch aus der dem Kläger zuvor ausgehändigten Einbürgerungszusicherung selbst, dass die Einbürgerung eine weitere gesonderte Behördenentscheidung voraussetzt, bei der Sachverhaltsänderungen berücksichtigt werden. Alles spricht umgekehrt dafür, dass die Tatsache der Inhaftierung bewusst verschwiegen wurde, um auf direktem oder indirektem Weg die Einbürgerungsurkunde - an deren Besitz dem Kläger doch offenbar sehr gelegen war - zu erhalten. Das bestätigt auch der bei den Akten des Regierungspräsidiums dokumentierte Vermerk vom 16.11.2004, wonach der Kläger mitgeteilt hat, dass er „seit dem 5.11.2004“ (also seit Aushändigung der Staatsangehörigkeitsurkunde) die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Von einer zeitlich früheren Einbürgerung sprach der Kläger offenbar nicht. Angesichts des Wortlauts des Vermerks drängt sich jedenfalls die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme hierzu durch Vernehmung des damaligen Bediensteten nicht auf. Soweit der Strafverteidiger des Klägers am 20.4.2006 seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, er sei „zum 15.10.2004“ davon ausgegangen, das Einbürgerungsverfahren sei abgeschlossen, und „zur Disposition“ habe lediglich die Übergabe der Urkunde gestanden, lässt sich dies kaum mit seinem Schriftsatz vom 29.9.2005 an die Beklagte vereinbaren. Dort führt er aus, eine Mitteilungspflicht des Klägers habe nur bis zum 4.10.2004 bestehen können, weil die Einbürgerungsurkunde das Datum des 4.10.2004 trage. Diese Urkunde, die den ausdrücklichen Zusatz enthält, „mit dem Zeitpunkt der Aushändigung (werde) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben“, wurde dem Kläger jedoch erst am 5.11.2004 ausgehändigt. Das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde kann ihm damit erst zum Zeitpunkt ihrer Aushändigung bekannt geworden sein, so dass sich für die behauptete gutgläubige Annahme des früheren Erwerbs der Staatsangehörigkeit hieraus nichts ableiten läßt. Auch waren zu dem von dem Strafverteidiger des Klägers als Bezugspunkt genannten Zeitpunkt (15.10.2004) die für die Einbürgerung fälligen Gebühren noch nicht beglichen, wie sich aus dem Schreiben vom 15.10.2004 an die Beklagte ergibt. Diese Bedingung der Urkundenaushändigung (vgl. das Schreiben der Behörde vom 1.10.2004) war damit noch nicht erfüllt. Woraus der Verteidiger des Klägers gleichwohl geschlossen haben will, die Einbürgerung sei bereits erfolgt, ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Hiervon abgesehen käme es auch nicht auf einen Irrtum des damaligen Prozessbevollmächtigten, sondern auf den Wissensstand des Klägers selbst an. Auch dieser konnte - wie dargelegt - aus keinem konkreten Umstand folgern, er sei bereits vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde Deutscher geworden.
Soweit geltend gemacht wird, eine Einbürgerungsurkunde könne durchaus auch einem Bevollmächtigten ausgehändigt werden, stellt dies die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, da es im vorliegenden Fall auch an einer solchen Aushändigung - z.B. an den damaligen Bevollmächtigten - fehlt. Zur gesetzlich festgelegten Bedeutung der Aushändigung (siehe dazu § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) besagt dies ohnehin nichts.
Sonstige Rechtswidrigkeitsgründe sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich; insbesondere ist die Rücknahme zeitnah erfolgt (vgl. dazu BVerfG a.a.O.).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für die Zurückweisung einer Beschwerde in Prozesskostenhilfesachen eine Festgebühr vorgesehen ist.
11 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.