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| Der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs.1 S. 1 VwGO) ist auch hinsichtlich der geltend gemachten Verpflichtung zur Festsetzung der Entschädigung gegeben, da die spezielle Rechtswegzuweisung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung) an die ordentlichen Gerichte in § 112 Abs.4 S.1, 2 WG nur für den Fall einer Enteignungsentschädigung gilt (OLG Karlsruhe, ZfW 1986, 335), der hier aber nicht vorliegt, da die Entschädigung nach §§ 88 Abs.2 WG (i.V.m. §§ 92, 94 Abs.1 WG, 20 WHG, §§ 7 - 14 LEntG entspr.) keine Enteignungsentschädigung darstellt (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckard/Kibele, Wassergesetz Baden-Württemberg, Kommentar, 3.Auflage, Rdnr. 23 zu § 112 WG; so auch VG Stuttgart, Urt. v. 03.11.2006 - 18 K 1596/06 -, juris ). |
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| Die angegriffene Duldungsverfügung, die nicht nur die Duldung der Verlegearbeiten auf dem Grundstück, sondern insbesondere auch das Dulden des Verbleibs der Leitung im Grundstück umfasst, hat sich auch nicht mit der tatsächlich Verlegen der Leitung in das Grundstück der Kläger erledigt, denn sie bietet als Dauerverwaltungsakt den Rechtsgrund für das fortdauernde Liegen der Leitung im Grundstück der Kläger. |
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| Die zulässige Klage ist aber unbegründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren subjektiven Rechten. Sie haben keinen Anspruch auf Aufhebung der wasserrechtlichen Duldungsverfügung und auf Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung einer höheren Entschädigung (§ 113 Abs.1 S.1 und Abs.5 VwGO). |
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| Die Stadt V. ist als Ortspolizeibehörde seit 1.1.2005 die für den Erlass von Duldungs- und Entschädigungsbescheiden nach § 88 Abs.2 WGzuständige Behörde (Art.149 Abs.2 Nr.11, 185 Abs.1 S. 1 VRG) und somit im vorliegenden Rechtsstreit als richtige Beklagte passiv legitimiert. |
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| Sie ist insoweit nach Erlass der vom Landratsamt als damals zuständiger Wasserbehörde verfügten Ausgangsbescheide noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens zuständig geworden und hat das „Verfahren“ im Sinne von Art.185 Abs.1 S.1 VRG, wozu nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs nicht nur das Verwaltungsverfahren einschließlich des Widerspruchsverfahrens, sondern bis zur Rechtskraft der Bescheide auch noch das Gerichtsverfahren zählt (LT Drs.13/3201, 438), als nunmehr zuständige (Ausgangs-) Behörde fortgeführt, nämlich sich selbst die Bescheide des bisher zuständigen Landratsamts zu eigen zu machen und zunächst über eine Abhilfe (§ 72 VwGO) hinsichtlich der dagegen bereits anhängigen Widersprüche entschieden. Die Übergangsregelung des Art. 185 Abs.1 S.1 VRG, wonach bei Inkrafttreten der Neureglung bereits begonnene Verfahren nach der neuen Regelung fortzuführen sind, entspricht insoweit wortgleich der Übergangsregelung des § 96 Abs.1 des zum 1.1.1977 in Kraft getretenen Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Diesbezüglich gilt aber, dass Verfahren erst nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes „abgeschlossen“ im Sinne dieser Vorschrift sind, so dass erst dann § 96 VwVfG keine Anwendung mehr findet, weil es dann kein „bereits begonnenes“ und „zu Ende zu führendes“ Verfahren mehr gibt (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 9.Aufl. 2005, Rdnr. 4 zu § 96 VwVfG). Das Bundesverwaltungsgericht hat außerdem die Funktion des § 96 VwVfG betont, das neue Gesetz so früh wie möglich zur Anwendung kommen zu lassen und ein Nebeneinander von zweierlei Arten von Verfahrensrecht zu vermeiden (BVerwG, Urt.v. 10.04.1978 - VI C 27.77 -, NJW 1978, 1988). |
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| Den Klägern ist zwar einzuräumen, dass es auf den ersten Blick mit dem Zweck eines Widerspruchsverfahrens im Sinne einer unabhängigen Kontrolle nicht problemlos zu vereinbaren scheint, wenn nun das Landratsamt, das den Ausgangsbescheid erlassen hat - auch nach dem Umweg über eine Nichtabhilfe durch die Stadt V. - dann über die Rechtmäßigkeit seines eigenen Bescheids als Widerspruchsbehörde befindet. Eine solche Konstellation ist dem Verwaltungsprozessrecht allerdings auch nicht grundsätzlich fremd (arg. e. § 73 Abs.1 Satz 2 Nrn.2 und 3 und Satz 3 VwGO). |
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| Dass die neue Zuständigkeit der Ortspolizeibehörde für die Duldungsverfügung nach § 88 II WG das Problem einer Interessenkollision aufwirft, wenn - wie häufig - die Gemeinde als abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft zugleich als Unternehmerin der Abwasserentsorgung im Sinne von § 88 II WG den Antrag auf Zwangsverpflichtung stellt und (sich selbst) diesen Antrag genehmigt, sei hier nur am Rande bemerkt, berührt aber die Fragestellung nach dem richtigen Beklagten nicht, sondern stellt allenfalls ein Problem der neuen Zuständigkeitsregelung dar, die aber offenbar so gewollt war und deshalb auch eine entsprechende Anwendung des auf die Vermeidung solcher Interessenkollisionen ausgerichteten § 96 I 2 WG ausschließt (vgl. Bulling u.a., a.a.O., Rdnr.42, 43 zu § 88 WG unter Verweis auf Kibele, BWGZ 2005, 68). |
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| Auch im Übrigen erweist sich die angegriffene Duldungsverfügung als rechtmäßig . Entgegen der Ansicht der Kläger spielt die Frage nach der Art der verlegten Leitung für die Rechtmäßigkeit der Duldungsverfügung keine Rolle. |
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| § 88 Abs.2 WG als die der angegriffenen Duldungsverfügung zugrunde liegende Rechtsvorschrift dient zwar dem Schutz der subjektiven Rechte des von der Duldung betroffenen Grundstückseigentümers und seines Eigentumsgrundrechts aus Art.14 GG (bzw. auch des Pächters, in dessen privatrechtliches Nutzziehungsrecht durch Baumaßnahmen zeitweilig eingegriffen wird). Allerdings schützt die Vorschrift ihren Tatbestandsvoraussetzungen nach nur vor einer überflüssigen, unnötigen oder im konkreten Trassenverlauf über das Grundstücks nicht erforderlichen Inanspruchnahme des Grundstücks durch das Verlegen einer Abwasserleitung und vor dem damit verbundenen dann unverhältnismäßigen direkten Eingriff in das Eigentumsgrundrecht, nämlich in die Grundstückssubstanz und die damit ferner verbundenen dauerhaften oder zeitweiligen Behinderungen, Erschwernisse oder Ausfälle der Ausnutzbarkeit des Grundstücks z.B. zum Zwecke der Weide- bzw. Ackerwirtschaft oder des Bauens auf dem Grundstück. § 88 Abs.2 WG lautet wörtlich: „Ist ein Unternehmen der öffentlichen Abwasserbeseitigung nur bei Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks zweckmäßig ausführbar“, so kann die Ortspolizeibehörde auf Antrag des Unternehmers den Eigentümer des Grundstücks verpflichten, die Benutzung des Grundstücks sowie die Herstellung und Unterhaltung der hierzu notwendigen Einrichtungen gegen Entschädigung zu dulden“. Die Duldungspflicht nach § 88 Abs.2 WG greift also nur dann ein, wenn eine andere Leitungsführung als über das Grundstück des Zwangsverpflichteten technisch und wirtschaftlich nicht in vertretbarer Weise machbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt.v. 24.10.1989 - 1 S 3085/88 -, VBlBW 1990, 265 , Beschl.v. 17.02.1989 - 5 S 3761/89 - juris; Urt. 28.04.1070 - ESVGH 21, 54 und Beschl. v. 08.07.1980 - 5 S 972/80; siehe auch VG Freiburg, Beschl. v. 10.02.2000 -1 K 2667/99 -). Nur darauf erstreckt sich das zugunsten des Grundeigentümers zu beachtende Prüfprogramm der Norm. Die Behörde hat unter Beachtung der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit primär zu prüfen, ob nicht eine andere Trassenführung unter Vermeidung der Inanspruchnahme des Klägergrundstücks oder aber unter nur geringst möglicher Beeinträchtigung seines Grundstücks (kürzest technisch/wirtschaftlich machbarer Verlauf über das Grundstück) in Betracht kommt (Bulling u.a., a.a.O. Rdnr.39 - 41 und Rdnr.11 -17 zu § 88 WG). Insoweit haben die Kläger hinsichtlich des Trassenverlaufs über ihr Grundstück aber keine Rügen geltend gemacht. |
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| Soweit bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit auch wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle spielen, findet allerdings hier entgegen der wohl irrtümlichen Ansicht der Kläger ein Kostenvergleich nicht hinsichtlich der Art der Abwasserleitung sondern eindeutig nur hinsichtlich der verschiedenen Varianten einer möglichen Trassenführung statt, nämlich hinsichtlich der Kosten bei einer Trassenführung über das Grundstück des in Anspruch Genommenen oder der Kosten bei einer Trassenführung außerhalb dieses Grundstücks auf anderen Grundstücken. |
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| Die Art der zu verlegenden Abwasserleitung könnte im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme des Grundstücks allenfalls hinsichtlich der Größe der Leitung selbst eine Rolle spielen, wenn statt eines Rohres mit sehr großem Durchmesser die Verlegung eines Rohres mit viel geringerem Durchmesser ausreichend wäre und wenn dies obendrein tatsächlich überhaupt zu einer spürbar geringeren Belastung des Grundstücks durch womöglich deutlich geringer dimensionierte Grabungsarbeiten und entsprechend geringere Nutzungsausfallschäden führen würde. (Bulling, Rdnr.35 verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass § 88 Abs.2 WG auch die Verpflichtung zur Duldung des Austausch eines vorhandenen Rohres gegen ein größer dimensioniertes Rohr rechtfertigt, wenn dies zur ordentlichen Abwasserbeseitigung nunmehr technischerforderlich ist). Im vorliegenden Fall hingegen machen die Kläger dies aber selbst nicht geltend, vielmehr favorisieren sie gerade umgekehrt die Verlegung einer Freispiegelleitung, die mit einem Durchmesser von 20 cm nicht nur gegenüber der lediglich 8 cm starken Druckleitung einen größeren Umfang hätte, sondern deren Verlegung infolge des für eine solche Freispiegelleitung erforderlichen Gefälles und der dazu notwendigen Tiefe ihrer Verlegung das Grundstück womöglich noch viel stärker beeinträchtigen würde, ganz abgesehen davon, dass eine solche Leitung anders als die Druckleitung auch nicht ohne weiteres beliebig dem Geländeverlauf folgend verlegt werden könnte. |
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| Auch soweit die „rechtliche Zulässigkeit“ der Abwasserentsorgungsanlage als Voraussetzung für die Pflicht zur Duldung der Verlegung der entsprechenden Abwasserleitung über das Grundstück im Rahmen des § 88 Abs.2 WG zu prüfen ist, weil nur für die Verlegung einer wasserrechtlich unbedenklichen, genehmigten Leitung die Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks überhaupt erforderlich und damit verhältnismäßig sein kann (vgl. dazu Bulling, a.a.O. Rdnr.40 und 17 zu § 88 WG), bedeutet dies nur, dass für das Vorhaben als solches, bevor es mittels Duldungsverpflichtungen ggf. zwangsweise vollzogen wird, die erforderliche rechtliche Genehmigung (siehe § 45e WG) bestandskräftig oder vollziehbar erteilt worden sein muss. Hier ist der nach § 45 b WG zur Abwasserentsorgung verpflichteten Stadt V. gem. § 45e WG die Abwasserentsorgung mittels Druckleitung vom Landratsamt mit Bescheid vom 16.07.2003 bestandskräftig genehmigt worden. Damit steht vorliegend fest, dass die Abwasseranlage wasserrechtlich unbedenklich ist, d.h. technisch ihrer Trassenführung und Ausgestaltung nach geeignet ist, ohne wasserrechtliche Missstände (wie etwa Rohrbruch, Überschwemmung, Geruchsbelästigung oder unhygienische Zustände/Seuchengefahr) genutzt zu werden. Nach § 45 Abs.5 S.1 WG beinhaltet die Genehmigung nämlich die Prüfung, ob die Abwasserbeseitigung den Grundsätzen des § 45 a WG zuwiderläuft, der wiederum in seinem Absatz 1 regelt, dass Abwasser „so“ zu beseitigen ist, dass das „Wohl der Allgemeinheit“ nicht beeinträchtigt wird. Diese Vorschrift dient allein dem öffentlichen Interesse der Allgemeinheit (vgl. Bulling u.a., a.a.O, Rdnr.15 zu § 45a WG). Soweit § 45e Abs.5 S.2 WG außerdem als Genehmigungsvoraussetzung den für entsprechend anwendbar erklärten § 64 WG aufführt, der in seinem Absatz 2 das Fehlen erheblicher Nachteile, Gefahren und Belästigungen für die Rechte anderer, die sich nicht durch Bedingungen und Auflagen vermeiden oder ausgleichen lassen, als Genehmigungsvoraussetzung nennt, ist diese Bestimmung zwar drittschützend, betrifft aber nur durch die Abwasserentsorgungsanlage verursachte direkte Eingriffe in absolute Rechte, wie etwa das Eigentums- oder Besitzrecht (Bulling u.a., a.a.O., Rdnr. 89, 90 zu § 64 WG). Bloße mittelbare finanzielle Nachteile für das Vermögen des Grundstückseigentümers infolge eines - ungeachtet der Art der Leitung - mit der Abwasseranlage und ihrer Herstellung auf den Grundstückseigentümer zukommenden kostenpflichtigen Anschlusszwangs sind hingegen nicht Teil des Prüfprogramms des § 45e WG und hätten insoweit auch nicht von den Klägern etwa im Rahmen eines Anfechtungswiderspruchs gegen die Genehmigung eingewandt werden können (zur Anfechtbarkeit eines nach § 45e Abs.1 erlassenen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - Urt. v. 22.06.1990 - 8 S 458/90 - VBlBW 1991, 28 - zwar ausgeführt, klagebefugt sei wegen nachteiliger Betroffenheit auch ein Kläger, dessen Grundstück bisher über eine private Kläranlage entwässert worden sei, weil die streitige Sammelkläranlage zu einem Anschlusszwang mit der Folge einer Beitragspflicht führen würde, hat aber weiter ausgeführt, dass er deshalb nicht eine uneingeschränkte rechtliche Prüfung auch hinsichtlich der öffentlichen Belange, sondern nur im Hinblick auf eine Verletzung eigener Rechte wie etwa bei einer damit verbundenen Enteignung seines Grundstücks oder bei Geruchsbelästigungen verlangen könne). |
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| Mit welchem Leitungssystem (Druckleitung- oder Abwasserleitung) die beseitigungspflichtige Stadt V. das Abwasser entsorgt schreibt also § 45a WG ihr materiellrechtlich gar nicht vor. Hinsichtlich dieses „Wie“ der Entsorgung steht ihr vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu. |
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| Nach allem schützt § 88 Abs.2 WG nicht vor einer Beeinträchtigung des finanziellen Vermögens des Grundstückseigentümers durch Folgekosten, die mit der konkret gewähltenArt der Abwasserleitung verbunden sind (hier der Pumpenkosten bei Verlegung einer Druckleitung). Denn § 88 WG regelt selbst gar keinen Anschlusszwang, sondern nur die Durchleitung von Abwasserleitungen durch ein Grundstück (vgl. Bulling u.a., a.a.O. Rdnrn.26 und 34 zu § 88 WG: „eine Art wasserrechtliches Notwegerecht“) und zwar ungeachtet dessen, ob dieses selbst an die konkrete Leitung überhaupt angeschlossen wird, oder etwa infolge einer Befreiung gem. § 5 der Abwassersatzung der Beklagten (z.B. weil es selbst schon eine höchsten Standards genügende dezentrale eigene Kläranlage besitzt) gar nicht angeschlossen wird. |
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| Was die Abwehr solcher Vermögens-Beeinträchtigungen infolge der Art der Leitung angeht, könnten sich die Kläger allenfalls gegen die aktuell noch nicht verfügte Anordnung eines Anschluss- und Benutzungszwangs wenden. Denn nur eine solche Anordnung verursacht, wenn sie den Anschluss an eine Druckleitung anordnet, dann tatsächlich nach der §§ 3 Abs.1 und 3, 16 Abs.1, 17 Abs.2 AbwS die Folgekosten der Errichtung einer Pumpanlage. Allenfalls in diesem Zusammenhang könnten die Kläger konkret rügen, dass die Entscheidung für eine Druckleitung anstelle einer Freispiegelleitung fehlerhaft war. Hier könnten sie geltend machen, ein Anschlusszwang sei rechtswidrig, weil er unzumutbare Kosten mit sich bringe und sie daher zumindest eine Befreiung vom Anschlusszwang verlangen könnten. Auch gegen den Abwasserbeitragsbescheid könnten sie sich ggf. wenden und geltend machen, die Druckleitung vermittle gar keinen Vorteil, nämlich keine Möglichkeit zum Anschluss, da sie sich nur mit unzumutbaren Eigenaufwendungen anschließen könnten. Eine solche finanzielle Unzumutbarkeit haben die Kläger aber in der mündlichen Verhandlung selbst gar nicht mehr ernsthaft behauptet und geltend gemacht. |
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| Zur Vermeidung weiteren Rechtsstreits verweist das Gericht allerdings auf Folgendes: Es gibt zahlreiche Gerichtsentscheidungen, die hinsichtlich solcher gegen den Anschlusszwang bzw. den Beitragsbescheid erhobener Rügen der mit einer Druckleitung verbundenen Belastung mit den Kosten für die Errichtung einer Pumpanlage durchweg zum Ergebnis kommen, dass es im freien, nur sehr eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Planungs- und Gestaltungsermessen der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinden steht, sich für oder gegen eine Druckleitung zu entscheiden, dass die Entscheidung allerdings auf zuverlässigen Annahmen und methodisch einwandfreien Schätzungen beruhen muss. Im Ergebnis kommen die Gerichte aber durchweg dazu, dass es privaten Grundstückseigentümern zumutbar ist, Kosten von etwa 3.000,-- EUR für die Einrichtung einer Pumpe zum Anschluss an eine Druckleitung privat zu tragen. Die damit verbundenen Mehrkosten seien weder erdrosselnd noch enteignend. Die Gerichte führen insoweit aus, dass dem finanziellen Nachteil der Pumpenkosten außerdem entgegenzuhalten ist, dass Druckleitungen bei ungünstiger Topographie kostengünstiger sind als Freispiegelleitungen, die zudem viele Kontrollschächte erforderlich machen, so dass sich damit auch die Abwasserbeiträge und -gebühren mindern (vgl. zur Rüge, der Kanalbeitrag sei rechtswidrig, weil die Druckleitungslösung einen Anschluss nur per Pumpe auf Kosten des Eigentümers ermögliche, ablehnend OVG NRW, Urt. v. 25.07.2006 - 15 A 2089/04 -, KStZ 2007, 33 - bestätigt durch BVerwG, B.v.28.02.2007 - 10 B 58/06 -, Buchholz 401.9 Nr.48 ; zu einem Anschluss- und Benutzungszwangsbescheid ebenfalls abweisend OVG NRW, Urt.v.18.06.1997 - 22 A 1406/96 - NWVBl. 1998, 154 ; siehe auch BayVGH, Urt.v.16.07.2007 - 4 B 06.1953 - AbfallR 2007, 235 = juris und Beschl.v.14.09.2006 - 4 CS 06.2324 -juris zur Rechtmäßigkeit eines Bescheids zum Anschlusszwang an eine Druckleitung; ebenso zu Anschlusszwangbescheiden VG Schwerin, Urt.v.2.05.2007- 3 A 772/05 -, juris; VG Dresden, Urt.v. 25.07.2007 - 4 K 2874/04 - juris und VG Augsburg, Besch..v.19.10.2006 - Au 7 S 06.1031 - juris). |
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| Diese Entscheidungen führen auch aus, dass der gemeindliche Gestaltungsspielraum seine Grenze erst dann findet, wenn die Gemeinde ihn ohne sachlichen Grund einseitig zu Lasten der Anschlusspflichtigen ausnutzt, also willkürlich handelt und damit gegen das Gleichheitsgebot aus Art.3 GG verstößt. Das sei nicht der Fall, wenn eine Gemeinde bei ihrer Entscheidung vorrangig die aus ihrer Sicht kostengünstigste Lösung wähle und das gegenläufige Kosteninteresse der angrenzenden Grundstückseigentümer hintanstelle. Sie sei auch nicht verpflichtet, ein technisches Entwässerungssystem durchgängig für alle Gemeindegebiete zu wählen, sondern könne auch ortsteil- und grundstücksbezogen differenzieren. Aus Solidaritätsgesichtspunkten sei es auch einzelnen Anwohnern zumutbar, die Mehrkosten eines Anschlusses mit einer Pumpanlage selbst zu tragen, wenn dadurch der Anschluss für die Mehrheit der übrigen Anschlussnehmer und auch die Abwasserbeiträge für diese und auch sie selbst preiswerter werde. |
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| Vor diesem Hintergrund würde sich die Entscheidung der Stadt V. für ein Druckleitungssystem bei einer Überprüfung in einem Verfahren gegen die Rechtmäßigkeit eines Anschlusszwangs oder Beitragsbescheids entgegen der Ansicht der Kläger nicht als willkürlich erweisen. Sie werden dadurch nämlich nicht ohne sachlichen Grund gegenüber den Anwohnern im Ortsteil U. oder gegenüber den Grundstückseigentümern im benachbarten S. ungleich behandelt, deren Grundstücke an eine Abwasserleitung im Freispiegelsystem angeschlossen sind. |
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| Die von den Klägern gerügte Differenzierung zwischen Abschnitt I (Außenbereich mit Druckleitung) und Abschnitt II (im Zusammenhang bebauter Ortsteil mit Freispiegelleitung) beruht auf einem sachlichen Grund. Als sachlicher Differenzierungsgrund überzeugt der Hinweis der Gemeinde, dass eine Druckleitung gerade wegen ihrer kostengünstigen Verlegung zur Erschließung weniger weit auseinander liegender Außenbereichsgehöfte angezeigt sei, während es im Innenbereich wegen der dann viel zu zahlreichen notwendigen Pumpen der vielen Häuser im Ortsbereich unwirtschaftlich sei, zumal dort die Kostenvorteile der leichteren Verlegung einer Druckleitung nicht zum Tragen kämen. |
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| Im Übrigen hat die Gemeinde auch anhand der zusätzlichen Erläuterungen des Planungsbüros im Parallelverfahren 1 K 1246/06 dargelegt, dass ihre Kostenschätzung und die Einstufung der Druckleitungsvariante als kostengünstiger nicht ohne sachlichen Grund erfolgte. |
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| Es mag sein, dass einige Anwesen (nur 9 statt 14) in der Kostenschätzung nicht berücksichtigt worden sind, das Planungsbüro hat aber überzeugend dargelegt, dass selbst die Einrechnung zusätzlicher Kosten den Kostenvorteil bei weitem nicht in Frage gestellt hätte. |
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| Insgesamt kam es sogar zu einer noch günstigeren tatsächlichen Kostenlage als der geschätzten, die, selbst wenn man den Berechnungen der Kläger folgt, sich nicht nennenswert auf weniger als 90.000,-- EUR herunterrechnen lässt. |
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| Die Behauptung der Kläger, die Bodenbeschaffenheit sei vor der Kostenschätzung und der Planung des Pflugverfahrens nicht ausreichend berücksichtigt worden und das Pflugverfahren habe sich großteils als viel teurer und schwieriger herausgestellt, wird von ihren eigenen Angaben nicht gedeckt, da ja in der Tat große Teile im Pflugverfahren erledigt wurden. Das Planungsbüro hat deutlich gemacht, dass es in die Schätzung sehr konservativ nur einen Teil der Arbeiten im Pflugverfahren und auch insoweit Erschwerniszuschläge wegen felsigem Untergrund eingestellt hat. Es leuchtet im Übrigen unmittelbar ein, dass eine frei ohne Notwendigkeit eines Gefälles und dadurch erforderliche Felsarbeiten verlegbare Druckleitung gerade in einem Gebiet mit felsigem Untergrund deutlich günstiger technisch und wirtschaftlich machbar ist als eine Freispiegelleitung mit erforderlichen tiefen Felsarbeiten zwecks Herstellung eines Gefälles. Irrtümern über die Frage der Förderungsfähigkeit der Abwasseranlage unterlag die Gemeinde ebenfalls nicht. Es war auch ausweislich der von den Klägern vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen des Ministeriums zu den Förderrichtlinien klar, dass ungeachtet der Frage Druckleitung/Freispiegelleitung nur die wirtschaftlichste Lösung gefördert würde. Das war hier ex ante und ex post betrachtet die Druckleitung. Das Planungsbüro errechnet hier einen Vorteil von 17 %. Selbst wenn man, worauf die Kläger hinweisen, die laufenden Jahreskosten hinzuzählt, liegen diese bei der Druckleitungsvariante nur 5.000,-- EUR jährlich höher als bei der Freispiegelleitung. Bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren, kämen also maximal 250.000,-- EUR an höheren Jahreskosten für die Druckleitung als bei der Freispiegelleitung heraus. Da die Investitionskosten für die Druckleitung aber 300.000,-- EUR niedriger liegen als bei der Freispiegelleitung, würde selbst die Einrechnung aller jährlichen Kosten diesen Kostenvorteil der Druckleitung nicht aufheben, sondern noch immer in Höhe von 50.000,-- EUR belassen. |
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| Es leuchtet auch ein, dass die Verhältnisse in S. und im S. infolge anderer topographischer Verhältnisse dort zu einer Entscheidung für eine Freispiegelleitung führten. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium auch ausgeführt, dass nach den heutigen Maßstäben der Wirtschaftlichkeitsberechnung auch im S. eine Druckleitung als günstiger angesehen und gewählt worden wäre. Für einen Gleichheitssatzverstoß ist daher nichts ersichtlich, ganz abgesehen davon, dass das S. schon gar nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich der Stadt V. fällt, also eine Ungleichbehandlung schon deshalb nicht vorliegen kann, weil der Stadt eine „Behandlung“ der Abwasserentsorgung in diesem Tal gar nicht möglich ist. |
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| Die Klage ist auch unbegründet, soweit sie auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung einer höheren Entschädigung gerichtet ist. |
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| Es ist nicht ersichtlich, dass die Bescheide hier auf einer unsachlichen, methodisch unkorrekten Berechnung oder auf falschen Tatsachenannahmen beruhen. Die Bescheide orientieren sich an den vom Gemeinderat der Beklagten beschlossenen Entschädigungssätzen (Beschl. v. 10.03.2003). Diese wiederum hat er nach Einholung von sachkundigen Stellungnahmen festgelegt (siehe die detaillierten Berechnungen des Landwirtschaftsamtes zum Aufwuchsschaden (vollen Ertragsausfall), der bei Grünland mit Heuverkauf im höchsten Fall 0,10 EUR/m² beträgt, was hier zugunsten der Kläger abweichend von der für sie nachteiligeren Berechnung eines geringeren Schadens durch das Landwirtschaftsamt zugrunde gelegt wurde, welches nur im ersten Jahr einen vollen Ertragsausfall annahm, hingegen für die beiden Folgejahre nur abgestuft 50 % und 30 % dieser Summe als Ertragsausfall berechnete und daraus einen unter 0,10 EUR liegenden Durchschnittswert bildete). |
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| Soweit die Kläger sich in diesem Zusammenhang gegen die angeblich willkürliche Einrechnung eines angeblich nur drei Meter breiten Streifens bei der Nutzungsausfallflächenberechnung wenden, übersehen sie, dass die Entschädigung eindeutig in bewusst großzügiger Weise einen 8 m breiten Streifen der Grundstücksfläche entlang der Leitung als in der Nutzung eingeschränkt und vom Aufwuchsschaden betroffen zugrunde gelegt hat (so der Gemeinderatsbeschluss vom 10.03.2003 zur Höhe der Entschädigung). |
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| Die Kläger sind schließlich trotz Nachfragen in der mündlichen Verhandlung bisher auch jeden Beleg für ihre Behauptung schuldig geblieben, für Grünland seien im U. Grundstücksverkehrswerte zwischen 4,-- EUR und 6,-- EUR zu erzielen. Die Feststellung des Landwirtschaftsamts, dass Grünland in der Gegend des U. üblicherweise nur einen Verkehrswert zwischen 0,2 und 0,8 EUR habe (und für höherwertiges Ackerland auf der B. in D. 0,97 - 1,28 EUR/m²), haben sie nur unsubstantiiert bestritten. |
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| Schließlich liegen die Kläger auch mit ihrer Annahme falsch, die Entschädigung für das Leitungsrecht sei zu gering festgesetzt worden. Denn tatsächlich tangiert die Leitung die Grundstücksnutzung eines im Uferbereich der U. gelegenen und dort ohnehin nicht bebaubaren Grundstücks gar nicht sonderlich, vielmehr wird das Gelände durch Einebnen und Begradigen sogar noch in gewissem Umfang wertgesteigert. Die Berechnungen der Entschädigungshöhe verstoßen jedenfalls nicht gegen die ihnen zugrundeliegenden Vorschriften: § 94 WG, § 20 WHG i.V.m. §§ 7 -14 LEntG, die wiederum den §§ 93 - 100 BauGB entsprechen. § 20 I 3 WHG stellt hier auf den gemeinen Wert (Verkehrswert), d. h. den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbaren Wert ab (vgl. zu alldem Bulling, Rdnr. 7 - 26 zu § 94 WG). Für das Leitungsrecht (Dienstbarkeit) ist den Klägern eine Entschädigung in Höhe von 3,07 EUR gewährt worden. Das entspricht, selbst wenn man ihren eigenen unsubstantiierten Vortrag zugrunde legte, fast dem Preis, den man bei vollständigem Abkauf eines einen Meter breiten Streifens entlang der Leitung bei Grundstücksverkehrswertpreisen zwischen 4,-- EUR und 6,-- EUR erzielen könnte, obwohl nach der eigenen Einschätzung der Kläger für ein Leitungsrecht ohnehin nur etwa 25% des Verkehrswerts zu veranschlagen wären. Diese Entschädigung liegt schließlich auch im Rahmen dessen was offenbar auch Nachbargemeinden bzw. ein Energieversorger zahlen (2,65 bzw. 2,-- EUR). |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs.1, 159 S.2 VwGO. Danach tragen die Kläger als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. |
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| Nach dem Parteiwechsel auf der Beklagtenseite infolge der Klageänderung ist zudem über die außergerichtlichen Kosten des als bisheriger Beklagter ausgeschiedenen Landes zu entscheiden (Kopp, Rdnr.26 zu § 91 VwGO). Nach der insoweit erfolgten Rücknahme der gegen das Land gerichteten Klage würden an sich die Kläger gem. § 155 Abs.2 VwGO die außergerichtlichen Kosten des Landes zu tragen haben. Nach der insoweit vorrangigen Spezialvorschrift des § 155 Abs.4 VwGO hat das Land jedoch seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da es die Erhebung der Klage gegen das Land durch eine unrichtige und zumindest missverständliche Rechtsmittelbelehrung im Widerspruchsbescheid verursacht hat, mit der es darauf hinwies, gegen „die Entscheidungen des Landratsamtes“ könne Klage erhoben werden, obwohl es sich ausweislich der Begründung des Widerspruchsbescheids seiner eigenen Auffassung nach mittlerweile um Bescheide der Stadt V. handelte, da sich diese im Abhilfeverfahren die bisherigen Bescheide des Landratsamtes zu eigen gemacht hatte. |
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| Die Entscheidung über die Kosten ist mangels einer Hauptsacheentscheidung für das Land unanfechtbar (§ 158 Abs.2 VwGO). |
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