Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Juni 2016 - Au 3 K 15.1763

bei uns veröffentlicht am22.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Exmatrikulation und die dieser zugrunde liegende Bewertung einer Prüfungsleistung als endgültig nicht bestanden.

1. Der 1992 geborene Kläger war an der Hochschule ... seit dem Sommersemester 2013 im Bachelor-Studiengang „Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen“ immatrikuliert.

Bereits mit Bescheid der Hochschule vom 5. März 2015 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er exmatrikuliert werde. Grund hierfür war das Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung in den Fächern „BWL des Gesundheitswesens II“ und „Informationsmanagement“.

Nach Stellung eines Härtefallantrags und Inanspruchnahme einer Fachstudienberatung wurde der Kläger durch die Prüfungskommission mit Beschluss vom 1. April 2015 zur zweiten Wiederholungsprüfung in den Fächern „BWL des Gesundheitswesens II“ und „Informationsmanagement“ zugelassen. Hierüber wurde der Kläger mit Schreiben der Hochschule vom 10. Juni 2015 in Kenntnis gesetzt.

Am 15. Juli 2015 nahm der Kläger daraufhin an der zweiten Wiederholungsprüfung im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ teil (schriftlich, 90 min.). Das betreffende Prüfungsprotokoll enthält im Abschnitt „Besondere Vorkommnisse, die für die Feststellung des Prüfungsergebnisses von Bedeutung sind (Täuschung, vorzeitiger Abbruch wegen Krankheit u. a.)“ keine Eintragungen.

Ausweislich des betreffenden Bearbeitungskonvoluts wurde die Leistung des Klägers insoweit mit „5,0“ bewertet. Nach der Korrektur erreichte der Kläger 18 von 90 möglichen Punkten. Das Handzeichen des Zweitkorrektors auf der Klausurbearbeitung des Klägers trägt das Datum „26.8.“. In seiner Sitzung bereits vom 30. Juli 2015 stellte die Prüfungskommission des Bachelorstudiengangs fest, dass der Kläger die Prüfung „BWL des Gesundheitswesens II“ endgültig nicht bestanden habe und daher zu exmatrikulieren sei (TOP 2.1).

2. Mit Bescheid der Hochschule ... vom 5. August 2015 wurde dem Kläger daraufhin eröffnet, dass er im Sommersemester 2015 die zweite Wiederholungsprüfung im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ nicht bestanden habe (Note 5,0); die Prüfung gelte damit als endgültig nicht bestanden. Der Kläger werde deshalb zum 31. August 2015 exmatrikuliert (Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG).

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14. August 2015 Widerspruch ein und bat um Einsicht in die Prüfungsakten.

Mit Schreiben vom 19. August 2015 bestätigte die Hochschule den Eingang des Widerspruchs und bat um Vorlage einer Widerspruchsbegründung bis spätestens 31. August 2015.

Mit Schreiben vom 30. August 2015 teilte der Kläger u. a. mit, dass eine Begründung des Widerspruchs erst nach einer Einsicht in die Prüfungsakten erfolgen könne, die bislang jedoch nicht erfolgt sei.

Die Einsicht in die Prüfungsakten fand sodann am 22. Oktober 2015 statt, dem Kläger wurde insoweit gestattet, Kopien zu fertigen. Eine Begründung des Widerspruchs durch den Kläger erfolgte jedoch auch in der Folge nicht.

In seiner Sitzung vom 26. Oktober 2015 fasste der Prüfungsausschuss sodann den einstimmigen Beschluss (TOP 4), den Widerspruch des Klägers „abzulehnen“. Dementsprechend wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid der Hochschule ... vom 4. November 2015 zurückgewiesen.

3. Hiergegen hat der Kläger am 2. Dezember 2015 Klage erhoben.

4. Da die Zweitkorrektur der klägerischen Prüfungsleistung erst am 26. August 2015 und damit nach Feststellung des Prüfungsergebnisses durch die Prüfungskommission am 30. Juli 2015 stattgefunden hatte, erfolgte am 25. Februar 2016 im Umlaufverfahren eine erneute Feststellung des Prüfungsergebnisses des Klägers im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ (Sommersemester 2015) als endgültig nicht bestanden durch die Prüfungskommission des Bachelorstudiengangs.

Sodann erließ die Hochschule ... unter dem Datum des 3. März 2016 einen neuen Bescheid. In diesem wurde dem Kläger abermals eröffnet, dass er im Sommersemester 2015 die zweite Wiederholungsprüfung im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ nicht bestanden habe (Note 5,0); die Prüfung gelte damit gemäß § 10 Abs. 1 RaPO als endgültig nicht bestanden. Der Kläger werde deshalb mit sofortiger Wirkung exmatrikuliert (Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG). Der Bescheid vom 5. August 2015 werde zurückgenommen und durch den vorliegenden Bescheid ersetzt.

5.Mit Schriftsatz vom 23. März 2016 erklärte die Klägerseite, dass der Bescheid vom 3. März 2016 in das Klageverfahren einbezogen werde. Beantragt ist (zuletzt und sinngemäß),

den Bescheid der Hochschule ... vom 3. März 2016 aufzuheben und

die Hochschule ... zu verpflichten, das Prüfungsverfahren durch Einräumung einer weiteren Wiederholungsprüfung im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ fortzusetzen.

Die Exmatrikulation sei rechtswidrig. Hinsichtlich der dieser zugrunde liegenden Prüfungsleistung des Klägers im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ gehe es dem Kläger zwar nicht darum, dass die von ihm erbrachte Prüfungsleistung besser hätte bewertet werden müssen. Jedoch sei die Leistungsermittlung aufgrund mehrerer Verfahrensfehler rechtsfehlerhaft, so dass dem Kläger ein Anspruch auf eine Wiederholung der inmitten stehenden Prüfung zukomme. So sei auch nach Erlass des neuen Bescheids vom 3. März 2016 bereits deshalb ein Verfahrensfehler gegeben, dass ausweislich der Prüfungsakten die Zweitkorrektur erst am 26. August 2015 erfolgt sei. Maßgeblich sei insoweit nicht die nochmalige formale Feststellung des Prüfungsergebnisses durch Umlaufbeschluss der Prüfungskommission vom 25. Februar 2016, sondern der tatsächliche Zeitpunkt der Zweitkorrektur. Ferner sei ein Verfahrensfehler in den offenkundig unzulässigen äußeren Prüfungsbedingungen zu erblicken. Insoweit sei eine unerträgliche und unzumutbare Hitze im Prüfungsraum gegeben gewesen, die ein Einschreiten des Hochschulpersonals bereits von Amts wegen - auch ohne Rüge des Klägers - erfordert hätte. Die Prüfung habe am 15. Juli 2015 von 16.30 - 18.00 Uhr in der zur Südseite ausgerichteten Mensa der Hochschule stattgefunden, die aufgrund der komplett verglasten Front erheblich aufgeheizt gewesen sei. Der Kläger und auch weitere Studenten hätten noch während der Prüfung Beschwerden wegen der unerträglichen Hitze im Prüfungsraum erhoben. Dass diese Beschwerden im Prüfungsprotokoll nicht vermerkt seien, erscheine logisch, da die Hochschule habe vermeiden wollen, dass die Prüfung angesichts der gegebenen Umstände gar nicht stattfinden könne. Eine Öffnung der Fenster oder Türen sei seitens der Prüfungsaufsicht verweigert worden, auch sonstige Maßnahmen wegen der Hitze seien nicht ergriffen worden. Bei - laut Deutschem Wetterdienst - Außentemperaturen in ... am 15. Juli 2015 von 29 - 30 °C, beständiger Sonneneinstrahlung durch die Glasfront und fehlender Belüftung sei davon auszugehen, dass die Temperatur im Prüfungsraum mindestens 30 °C betragen habe. Derartige objektiv unzumutbare Prüfungsbedingungen stünden offenkundig im Widerspruch zu den Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung, die auch für Ausbildungsstätten gelte. Daher sei auch eine am Prüfungstag des 15. Juli 2015 in der Zeit von 14.30 Uhr - 16.00 Uhr in der Mensa angesetzte Prüfung im Fach „Operatives Controlling“ in einen anderen Raum verlegt worden. Auch seien bei einer Prüfung im Fach „Informationsmanagement“ am 22. Juli 2015, 16.30 - 18.00 Uhr - mithin exakt eine Woche später - aufgrund von Rügen der Studierenden hitzebedingt sämtliche Türen in der Mensa bereits zu Prüfungsbeginn geöffnet worden. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger ausweislich einer fachärztlichen Bescheinigung vom 23. Januar 2016 an Hyperhidrose leide und sich deswegen aktuell wie auch zum Prüfungszeitpunkt in ärztlicher Behandlung befinde bzw. befunden habe. Hinsichtlich der äußeren Bedingungen im Prüfungsraum und deren Auswirkungen auf die Prüfungsfähigkeit werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Unabhängig davon sei die Prüfung insgesamt unverhältnismäßig gewesen, da der Prüfungsstoff viel zu umfangreich gewesen sei, um in vollem Umfang im Rahmen der Prüfung abrufbar gewesen zu sein. So seien zehn Übungsaufgaben, 591 Seiten Skript sowie 807 Seiten zusätzliches Material prüfungsrelevant gewesen. Dies stehe in keinem Verhältnis zu einer Vorlesung mit 13 Terminen zu je vier Semesterwochenstunden, die mit fünf ECTS-Punkten und 150 Stunden Aufwand angesetzt sei. Dementsprechend seien nach Kenntnis des Klägers mehr als 50 v. H. der Prüfungsteilnehmer durchgefallen.

6. Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die gegenständliche Exmatrikulation sei rechtmäßig. Der Kläger habe die zweite Wiederholungsprüfung im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ am 15. Juli 2015 - und damit endgültig - nicht bestanden. Hinsichtlich der erstmals unter Vorlage eines ärztlichen Attests mit der Klagebegründung vom 8. Februar 2016 beanstandeten Temperatur im Prüfungsraum sei bereits die bei Verfahrensfehlern erforderliche unverzügliche Rüge des Prüflings nicht gegeben. Jedenfalls noch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses sei dieser Aspekt formal durch den Kläger gegenüber der Hochschule zu rügen gewesen, da im Lichte der Chancengleichheit kein Wahlrecht des Prüflings bestehen könne, das Prüfungsergebnis gelten zu lassen oder aber die Prüfung zu wiederholen. In der Sache seien die Prüfungsbedingungen auch nicht offenkundig unzumutbar gewesen, so dass seitens der Hochschule von Amts wegen hätte eingeschritten werden müssen. Insoweit werde vorsorglich bestritten, dass die Außentemperatur in ... am 15. Juli 2015 29 - 30 °C betragen habe; es sei auch unzutreffend, dass die Temperatur im Prüfungsraum mindestens 30 °C betragen habe. Es sei ein warmer Sommertag gewesen, jedoch ohne unerträgliche Hitze. Auch seien sämtliche verfügbaren Lüftungsmöglichkeiten im Prüfungsraum (Mensa) genutzt worden. Die Türen nach außen hätten aufgrund der Alarmsicherung nicht geöffnet werden können. Jedoch sei die große Eingangstür mit Durchgang zwischen Mensa und Innenräumen der Hochschule geöffnet gewesen. Zudem sei die Lüftungsanlage eingeschaltet gewesen. Eine Weigerung des Aufsichtspersonals, weitere verfügbare Lüftungsmöglichkeiten zu nutzen, habe es nicht gegeben. All dies könnten die als Prüfungsaufsicht eingesetzten Personen - soweit erforderlich - bezeugen. Die klägerische Behauptung, dass die am 15. Juli 2015 in der Zeit von 14.30 Uhr - 16.00 Uhr in der Mensa angesetzte Prüfung im Fach „Operatives Controlling“ in einen anderen Raum verlegt worden sei, sei unzutreffend; dies könnten die beiden Aufsichtspersonen dieser Prüfung - soweit erforderlich - bezeugen. Die Prüfung im Fach „Informationsmanagement“ am 22. Juli 2015, 16.30 - 18.00 Uhr habe zudem unter exakt denselben (Lüftungs-)Bedingungen stattgefunden wie die streitgegenständliche Prüfung des Klägers. Laut einem Internet-Wetterportal sei ferner die Höchsttemperatur am 22. Juli 2015 mit 33,5 °C deutlich höher als am 15. Juli 2015 (27,1 °C) gewesen. Der klägerseitige Vortrag sei daher nicht nachvollziehbar, dass bei richtigerweise gleichen Raumbedingungen am kälteren Prüfungstag des 15. Juli 2015 eine unerträgliche Hitze im Prüfungsraum geherrscht haben solle, während am wärmeren Tag des 22. Juli 2015 die Bedingungen akzeptabel gewesen sein sollen. Es seien auch keine weiteren Klagen gegen das Nichtbestehen einer Prüfung aufgrund der vom Kläger beanstandeten äußeren Prüfungsbedingungen im Sommersemester 2015 eingegangen. Selbst wenn man von offensichtlich unzumutbaren Prüfungsbedingungen ausginge, so wäre ein solcher Verfahrensmangel im Lichte des Grundsatzes der Chancengleichheit zumindest vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses zu rügen gewesen. Soweit der Kläger einen zu umfangreichen Prüfungsstoff rüge, überzeuge dies nicht. Auch der diesbezügliche Vortrag sei erstmals mit der Klagebegründung vom 8. Februar 2016 erfolgt. Ohnehin sei insoweit nicht der bloße seitenmäßige Umfang an Übungsaufgaben, Skriptseiten und Folien maßgeblich, sondern der jeweilige Inhalt. Die Prüfungsaufgaben hätten die Inhalte des Moduls „BWL des Gesundheitswesens II“ nicht verlassen. Hinsichtlich der konkreten Aufgabenstellung habe der Prüfer ein weites Ermessen; ob er den Stoff einschränke, bleibe ihm überlassen, ein Anspruch der Studierenden hierauf bestehe nicht. Unzutreffend sei ferner, dass mehr als 50 v. H. der Prüfungsteilnehmer durchgefallen sei; ohnehin sei die Durchfallquote nicht per se ein Indiz für eine zu umfangreiche oder zu schwere Prüfung.

7. Mit Schriftsätzen vom 12. April 2016 bzw. 13. April 2016 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Mit Beschluss des Gerichts vom 19. Mai 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

8. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2016 regte die Klägerseite eine gütliche Einigung an. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2016 teilte die Beklagtenseite mit, dass einer gütlichen Einigung nicht zugestimmt werden könne.

9. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Gründe

Das Urteil kann aufgrund des Verzichts der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Sie ist zwar zulässig.

Alleiniger Klagegegenstand ist nunmehr der Bescheid der Hochschule ... vom 3. März 2016, der ursprünglich beklagte Bescheid vom 5. August 2015 wurde hierin ausdrücklich aufgehoben.

Der Bescheid vom 3. März 2016 wurde durch die Klagepartei mit Schriftsatz vom 23. März 2016 wirksam in das vorliegende Klageverfahren einbezogen. Bei Erlass eines Änderungs- oder Ersetzungsbescheids während eines anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht der Klagepartei ein Wahlrecht zu; danach hat sie die Möglichkeit, entweder den Änderungs- oder Ersetzungsbescheid in das laufende Gerichtsverfahren im Wege der Klageänderung nach § 91 VwGO einzubeziehen oder aber ihn gesondert anzufechten und gleichzeitig das Gerichtsverfahren für erledigt zu erklären (vgl. VG Bayreuth, U.v. 13.11.2002 - B 4 K 02.446 - juris Rn. 22; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 79 Rn. 17). Die Einbeziehung des Bescheids vom 3. März 2016 war insbesondere ohne erneutes Widerspruchsverfahren zulässig, da ein solches auch bei personenbezogenen Prüfungsentscheidungen lediglich fakultativ ist (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO).

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

a) Soweit es die inmitten stehende Prüfungsentscheidung betrifft, ist die mit Bescheid der Hochschule ... vom 3. März 2016 als Körperschaft - vgl. Art. 12 Abs. 2 BayHSchG - getroffene Feststellung, dass der Kläger die Prüfungsleistung „BWL des Gesundheitswesens II“ auch im zweiten Wiederholungsversuch - und damit endgültig, § 10 Abs. 1 RaPO i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz 4 der Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen an der Hochschule für angewandte Wissenschaften... i. d. F. für Studienanfänger bis Wintersemester 2014/15 (SPO) - nicht bestanden hat, rechtlich einwandfrei. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Verpflichtung der Hochschule zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens durch Einräumung einer weiteren Wiederholungsprüfung im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Bewertung der gegenständlichen Prüfung des Klägers am 15. Juli 2015 im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“ als nicht bestanden ist rechtsfehlerfrei. Insbesondere leidet das Prüfungsverfahren nicht an den klägerseitig geltend gemachten Verfahrensfehlern, eine Wiederholungsprüfung ist daher nicht geboten (vgl. allg. zur Wiederholung von Prüfungen bei Verfahrensfehlern BayVGH, B.v. 15.10.2009 - 22 ZB 08.834 - juris Rn. 7 f. unter Bezugnahme auf BVerwG, B.v. 11.4.1996 - 6 B 13/96 - NVwZ 1997, 502).

aa) Ein Verfahrensfehler ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass vorliegend die Zweitkorrektur der klägerischen Arbeit erst am 26. August 2015 - nach erstmaliger Feststellung des Prüfungsergebnisses durch die Prüfungskommission und Widerspruchseinlegung - stattgefunden hat, die Prüfungskommission aus diesem Grunde mit Umlaufbeschluss vom 25. Februar 2016 (Blatt 39 f. der Gerichtsakte) nochmals das streitgegenständliche Prüfungsergebnis des Klägers festgestellt und daraufhin die Hochschule den erneuten - nunmehr streitgegenständlichen - Bescheid vom 3. März 2016 erlassen hat.

Die nach § 19 Abs. 4 Satz 1 RaPO aufgrund der Benotung der schriftlichen Prüfungsarbeit mit „nicht ausreichend“ grundsätzlich erforderliche Zweitkorrektur hat vorliegend unstreitig stattgefunden (Blatt 18 der Verwaltungsakte); Bewertungsrügen werden klägerseitig insoweit ausdrücklich nicht erhoben (siehe Schriftsatz der Klägerseite v. 13.4.2016, Blatt 60 der Gerichtsakte). Auch der Umstand, dass die Zweitkorrektur vorliegend erst am 26. August 2015 - und damit nach Widerspruchseinlegung durch den Kläger - erfolgt ist, führt zu keinem für den Kläger günstigen Ergebnis. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine zunächst fehlerhaft unterbliebene Zweitkorrektur einer schriftlichen Arbeit nachgeholt werden kann, dies sogar noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. VG Berlin, U.v. 13.8.2012 - 3 K 204.10 - juris Rn. 34; VG Köln, B.v. 24.1.2011 - 6 L 1453/10 - juris Rn. 10; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 550 m. w. N.).

Gemäß § 15 RaPO i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 RaPO obliegt der Prüfungskommission die Feststellung des Ergebnisses von Prüfungsleistungen; die Bewertung von Prüfungsleistungen obliegt hingegen den Prüfern i. S.v. § 3 Abs. 6 RaPO (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2009 - 7 ZB 09.146 - juris Rn. 6 f.; VG Augsburg, U.v. 28.9.2010 - Au 3 K 10.1117 - juris Rn. 21). Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass die ursprüngliche Feststellung des Prüfungsergebnisses des Klägers durch die Prüfungskommission am 30. Juli 2015 (Blatt 15 der Verwaltungsakte) insoweit verfahrensfehlerhaft gewesen ist, als die nach § 19 Abs. 4 Satz 1 RaPO erforderliche Zweitkorrektur der Arbeit des Klägers erst am 26. August 2015 (Blatt 18 der Verwaltungsakte) - mithin zeitlich danach - erfolgt ist. Jedoch konnte die Prüfungskommission die Feststellung des Prüfungsergebnisses des Klägers durch Umlaufbeschluss vom 25. Februar 2016 (Blatt 39 f. der Gerichtsakte) ordnungsgemäß nachholen und die Hochschule sodann einen erneuten Prüfungs- und Exmatrikulationsbescheid erlassen. Hinsichtlich dieser Vorgehensweise bestehen keine rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist mangels abweichender Regelung in § 3 RaPO auch ein Beschluss der Prüfungskommission im Umlaufverfahren zulässig (vgl. allg. VG Lüneburg, U.v. 14.4.2016 - 6 A 449/14 - juris Rn. 106; VG Hannover, U.v. 29.5.2002 - 6 A 181/02 - juris Rn. 57).

Nach alledem vermag der klägerische Vortrag, dass nicht die nochmalige formale Feststellung des Prüfungsergebnisses durch Umlaufbeschluss der Prüfungskommission vom 25. Februar 2016, sondern der tatsächliche Zeitpunkt der Zweitkorrektur am 26. August 2015 (siehe handschriftlicher Datumsvermerk „26.8.“, Blatt 18 der Verwaltungsakte) maßgeblich und insoweit ein Fehler im Prüfungsverfahren gegeben sei, nicht zu überzeugen. Es sind - wie ausgeführt - keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, warum der tatsächliche Zeitpunkt der Zweitkorrektur am 26. August 2015 für sich genommen einen Verfahrensfehler begründen bzw. einer nachfolgenden (ggf. nochmaligen) Feststellung des Prüfungsergebnisses durch die Prüfungskommission entgegenstehen sollte.

bb) Auch soweit die Klägerseite unzumutbare äußere Bedingungen im Prüfungsraum rügt, führt dies nicht zu einem Fehler im Prüfungsverfahren.

(1) Auch ohne ausdrückliche Regelung in der einschlägigen Prüfungsordnung obliegt es dem Prüfungsteilnehmer bereits im eigenen Interesse, Fehler im Prüfungsverfahren möglichst unverzüglich und eindeutig zu rügen. Dies ergibt sich aus der Pflicht des Prüflings, an der ordnungsgemäßen Durchführung des Prüfungsverfahrens mitzuwirken, und dem Grundsatz der Chancengleichheit. Unterlässt der Prüfling eine unverzügliche Rüge, so ist ihm die spätere Geltendmachung eines solchen Verfahrensfehlers verwehrt. Das Erfordernis, Prüfungsmängel im Rahmen des Zumutbaren unverzüglich - d. h. ohne schuldhaftes Zögern, vgl. § 121 BGB - zu rügen, soll zum einen verhindern, dass der Prüfling sich bei Fortsetzung der Prüfung in Kenntnis des Verfahrensmangels bei negativer Bewertung nachträglich eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschafft, und ermöglicht zum anderen der Prüfungsbehörde eine zeitnahe Überprüfung des gerügten Mangels mit dem Ziel einer noch rechtzeitigen Korrektur oder Kompensation. Die Rüge ist rechtzeitig, wenn sie zu dem nach Zumutbarkeitskriterien zu bestimmenden frühestmöglichen Zeitpunkt - jedenfalls vor der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses oder dem Ablauf einer rechtsverbindlichen Ausschlussfrist - erhoben worden ist. Grundsätzlich muss sich der Prüfling an die erkennbar zuständige Person wenden. Eine mündliche Rüge von Verfahrensmängeln muss über eine bloße Unmutsäußerung im Hinblick auf den Ablauf der Prüfung hinausgehen und auf eine Entscheidung des zuständigen Prüfungsorgans gerichtet sein; dies muss der Prüfling unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Auch von einem nicht rechtskundigen und anwaltlich nicht vertretenen Prüfungsteilnehmer kann erwartet werden, dass er sich insoweit mit den Anforderungen der einschlägigen Prüfungsordnung vertraut macht. Die Mitwirkungslast des Prüflings endet - je nach den Umständen des Einzelfalls - zum einen an der Grenze der Zumutbarkeit für den Prüfling und zum anderen dann, wenn der betreffende Mangel auch ohne Rüge für die Prüfungsbehörde nicht nur erkennbar, sondern offensichtlich und zweifelsfrei ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 18.8.2010 - 6 B 24/10 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 20.8.2012 - 7 ZB 12.554 - juris Rn. 10; B.v. 7.1.2010 - 7 ZB 09.1921 - juris Rn. 10; VG Ansbach, U.v. 22.12.2011 - AN 2 K 08.234 - juris Rn. 61 - RaPO; VG München, U.v. 23.1.2006 - M 3 K 04.6222 - juris Rn. 19 - RaPO).

Zur ordnungsgemäßen Rüge äußerer Prüfungsbedingungen ist bei Aufsichtsarbeiten nach allgemeinen Grundsätzen des Prüfungsrechts eine förmliche Rüge des Prüflings zu Protokoll des Aufsichtführenden erforderlich (vgl. BVerwG, B.v. 15.1.1993 - 6 B 11/92 - juris Rn. 3-5 - stickige Luft bzw. Lärmbelästigung im Prüfungsraum; VGH BW, B.v. 5.11.2015 - 9 S 2284/14 - juris Rn. 13 - stickige Luft im Prüfungsraum; VG Würzburg, U.v. 24.6.2009 - W 2 K 09.93 - juris Rn. 28 - Lärmbelästigung im Prüfungsraum; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 479 Fn. 848).

(2)Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist im Fall des Klägers keine unverzügliche Rüge der äußeren Bedingungen im Prüfungsraum gegeben. Daher kann der Kläger mit seinem diesbezüglichen Vortrag nicht gehört werden.

Grund hierfür ist, dass der Kläger die äußeren Bedingungen im Prüfungsraum nicht während der Prüfung ordnungsgemäß gerügt hat. Die Klägerseite selbst trägt hierzu lediglich vor, dass der Kläger - wie zahlreiche weitere Studenten - Beschwerden bezüglich einer unerträglichen Hitze im Prüfungsraum erhoben habe (Schriftsatz v. 13.4.2016, Blatt 61 der Gerichtsakte). Die bei Aufsichtsarbeiten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erforderliche förmliche Rüge der äußeren Prüfungsbedingungen zu Protokoll der Aufsichtsführenden wird jedoch von Klägerseite nicht vorgetragen. Ausweislich des Protokolls zur gegenständlichen Prüfung vom 15. Juli 2015 (Blatt 82 - 84 der Gerichtsakte) wurden förmliche Rügen hinsichtlich der äußeren Umstände im Prüfungsraum tatsächlich weder durch den Kläger noch durch andere Prüflinge erhoben; denn im Protokollabschnitt „Besondere Vorkommnisse, die für die Feststellung des Prüfungsergebnisses von Bedeutung sind (Täuschung, vorzeitiger Abbruch wegen Krankheit u. a.)“ ist insoweit nichts vermerkt. Soweit die Klägerseite zum Prüfungsprotokoll vom 15. Juli 2015 ausführt, dass die Nichtaufnahme der Beschwerden logisch erscheine, da die Hochschule habe vermeiden wollen, dass die Prüfung angesichts der gegebenen Umstände gar nicht stattfinden könne, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der betreffende Vortrag ist bereits gänzlich unsubstantiiert. Letztlich ist es ohnehin Aufgabe des Prüflings darauf zu bestehen, dass eine förmliche Rüge der äußeren Prüfungsbedingungen in seiner Gegenwart durch die Aufsichtführenden schriftlich im Prüfungsprotokoll festgehalten wird; tut er dies nicht, geht dies zu seinen Lasten.

Die somit erstmals mit dem Schriftsatz zur Klagebegründung vom 8. Februar 2016 (Blatt 24 f. der Gerichtsakte) erhobene Rüge der äußeren Bedingungen im Prüfungsraum war hingegen ersichtlich nicht mehr unverzüglich. Wie ausgeführt ist eine Rüge im Lichte des Grundsatzes der Chancengleichheit jedenfalls nach Kenntnis des Prüfungsergebnisses nicht mehr rechtzeitig; denn ein Prüfling, der das Prüfungsergebnis in Kenntnis eines Mangels im Prüfungsverfahren abwartet, würde sich gegenüber den anderen Prüflingen eine ungerechtfertigte zusätzliche Prüfungschance verschaffen (vgl. nur VG Würzburg, U.v. 24.6.2009 - W 2 K 09.93 - juris Rn. 26). So liegt der Fall auch hier; der Kläger hatte seit dem Erstbescheid vom 5. August 2015 grundsätzlich Kenntnis von seinem negativen Prüfungsergebnis, am 22. Oktober 2015 hatte er Akteneinsicht genommen und jedenfalls ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Bewertung seiner Prüfungsarbeit durch den Erst- und Zweitkorrektor. Selbst wenn man vorliegend davon ausginge, dass die endgültige förmliche Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erst mit dem nunmehr streitgegenständlichen Bescheid vom 3. März 2016 - und damit nach der Klagebegründung vom 8. Februar 2016 - erfolgt ist, führt dies zu keinem für den Kläger günstigen Ergebnis. Denn unabhängig vom Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ist eine im Februar 2016 - und damit mehr als ein halbes Jahr nach der Prüfung am 15. Juli 2015 - erhobene Rüge der bereits zum Prüfungszeitpunkt ohne weiteres erkennbaren äußeren Bedingungen im Prüfungsraum nicht mehr als unverzüglich anzusehen.

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass weder klägerseitig substantiiert dargelegt worden noch sonst für das Gericht ersichtlich ist, dass die äußeren Bedingungen im Prüfungsraum zum Prüfungszeitpunkt für die Prüfungsbehörde erkennbar offensichtlich und zweifelsfrei objektiv unzumutbar gewesen sind, so dass es ausnahmsweise einer entsprechenden förmlichen Rüge durch den Kläger nicht bedurft hätte und die Hochschule von Amts wegen zum Einschreiten verpflichtet gewesen wäre.

Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist insoweit vorliegend der Kläger darlegungspflichtig, da er sich auf das Vorliegen eines für ihn günstigen Ausnahmetatbestands beruft (vgl. allg. OVG NW, U.v. 14.3.2006 - 15 A 1845/04 - juris Rn. 30; OVG Mecklenburg-Vorpommern, U.v. 2.11.2011 - 1 L 161/09 - juris Rn. 20; VG Saarland, U.v. 18.9.2009 - 10 K 109/09 - juris Rn. 74).

Diesbezüglich ist jedoch festzustellen, dass die Klägerseite keinerlei Nachweise oder Belege für die behaupteten unzumutbaren äußeren Umstände im Prüfungsraum vorgelegt hat. Weder hat sie Daten des in Bezug genommenen Deutschen Wetterdienstes zum Beleg der behaupteten Außentemperatur im Bereich ... zum Prüfungszeitpunkt von 29 - 30 °C vorgelegt, noch sonst ihren Vortrag etwa zur fehlenden Belüftung im Prüfungsraum, Beschwerden auch anderer Studenten sowie einer hitzebedingten räumlichen Verlegung der unmittelbar vorangegangenen Prüfung näher - etwa durch eidesstattliche Versicherungen von (Mit-)Prüflingen - substantiiert oder sonstige Beweisangebote gemacht. Klägerseitig werden somit letztlich nur unsubstantiierte Behauptungen formuliert, die durch die Beklagten im Wesentlichen bestritten worden sind, ohne dass die Klägerseite hierauf mit einer Substantiierung ihres tatsächlichen Vortrags reagiert hätte. Letztlich sind für das Gericht keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, dass am 15. Juli 2015 im Prüfungsraum für die Prüfungsbehörde erkennbare, offensichtlich und zweifelsfrei objektiv unzumutbare Prüfungsbedingungen vorgelegen haben könnten.

Auch soweit die Höchsttemperatur am Prüfungstag des 15. Juli 2015 im Bereich ... - dies räumen auch die Beklagten ein (vgl. Schriftsatz v. 12.5.2016, Blatt 68 der Gerichtsakte) - jedenfalls 27,1 °C betragen hat (vgl. hierzu www.wetter.com, Blatt 79 der Gerichtsakte; vgl. auch die diesen Wert grundsätzlich bestätigenden Daten von www.wetteronline.de, Blatt 78 der Gerichtsakte; vgl. auch die Temperatur von 27 °C, die die klägerseitig im Schriftsatz v. 20.6.2016 benannte Website http://kachelmannwetter.com für ... am 15.7.2015, 17.00 Uhr ausweist, Blatt 91 der Gerichtsakte), so ist dies für sich genommen nicht geeignet, für die Prüfungsbehörde erkennbare, offensichtlich und zweifelsfrei objektiv unzumutbare Prüfungsbedingungen anzunehmen oder zumindest als Anhaltspunkt hierfür zu dienen. Grund hierfür ist, dass es nicht als generell prüfungsrechtlich unzulässig angesehen werden kann, bei Außentemperaturen selbst von 28,5 °C und bei Überschreiten der Schwülegrenze Prüfungen abzuhalten. Denn für die klimatischen Bedingungen im Prüfungsraum besagt dies allein noch nichts. Zudem sind Temperaturen dieser Art im Sommer nicht derart ungewöhnlich, dass sie bereits zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Leistungsvermögens führten. Ein Prüfling muss zudem Belästigungen selbst verkraften, die wettermäßig bedingt sind und sich in den Grenzen der üblichen - für gesunde Menschen erträglichen - Temperaturschwankungen halten, wobei von einem Durchschnittsprüfling auszugehen ist und individuelle Empfindlichkeiten einzelner Prüflinge grundsätzlich außer Betracht zu bleiben haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 1.10.1971 - VII C 5.71 - juris Rn. 34; VG Berlin, U.v. 24.9.2009 - 3 A 550.07 - juris Rn. 18).

Aufgrund des objektiven Maßstabs des Durchschnittsprüflings ist somit das klägerseitig vorgelegte fachärztliche Kurz-Attest vom 23. Januar 2016 (Blatt 27 der Gerichtsakte), nach dem der Kläger seit Herbst 2014 an einer hormonellen Dysfunktion mit unkontrolliertem überschießendem Schwitzen leidet, vorliegend nicht von Relevanz, zumal der Kläger die betreffende Erkrankung der Hochschule zum Prüfungszeitpunkt des 15. Juli 2015 offenbar nicht angezeigt hatte.

Es sind nach dem Vortrag der Beklagten auch keine weiteren Klagen gegen das Nichtbestehen einer Prüfung aufgrund der vom Kläger beanstandeten äußeren Prüfungsbedingungen im Sommersemester 2015 eingegangen.

Bei dieser Sachlage drängt sich dem Gericht auch im Lichte seiner Amtsermittlungspflicht aus § 86 VwGO vorliegend keine weitere Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der objektiven Bedingungen im Prüfungsraum zum Prüfungszeitpunkt auf (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 22.11.2013 - 7 B 16/13 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 2.6.2015 - 22 ZB 15.535 - juris Rn. 16). Insbesondere ist die mit dem klägerischen Schriftsatz vom 20. Juni 2016 zuletzt angeregte Einholung eines Sachverständigengutachtens insoweit nicht geboten.

Letztlich gilt ohnehin, dass im Lichte des Grundsatzes der Chancengleichheit keine Wahlmöglichkeit des Prüflings bestehen darf, eine Aufsichtsarbeit jeweils nach ihrem Ergebnis gelten zu lassen oder zu wiederholen. Dies gilt auch dann, wenn ausnahmsweise eine unverzügliche Rüge oder die unverzügliche Geltendmachung von Rechten wegen Verfahrensfehlern nicht erforderlich ist, da der Mangel für die Prüfungsbehörde nicht nur erkennbar, sondern offensichtlich und zweifelsfrei ist (vgl. VGH BW, B.v. 16.8.2006 - 9 S 675/06 - juris Rn. 11; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 485). Der Kläger wäre daher vorliegend in jedem Fall gehalten gewesen, die objektiven Prüfungsbedingungen unverzüglich im Anschluss an die Prüfung vom 15. Juli 2015 - jedenfalls vor Kenntnis des Prüfungsergebnisses - zu rügen, was jedoch unterblieben ist (siehe oben).

cc) Auch soweit die Klägerseite einen zu umfangreichen Prüfungsstoff rügt, führt dies nicht zu einem Fehler im Prüfungsverfahren.

Insoweit beanstandet der Kläger nicht die konkrete Aufgabenstellung in der Prüfung vom 15. Juli 2015 selbst, etwa mit Blick auf eine thematische Überschreitung des nach den einschlägigen Vorschriften zulässigen Prüfungsstoffs oder auf einen quantitativ nicht bewältigbaren Aufgabenumfang. Der Kläger rügt vielmehr sinngemäß einen unzulässigerweise von vornherein generell zu umfangreichen prüfungsrelevanten Modullernstoff (u. a. 591 Seiten Skript sowie 807 Seiten prüfungsrelevantes Zusatzmaterial), der im Rahmen der Prüfungsvorbereitung nicht in vollem Umfang zu rekapitulieren bzw. zu beherrschen gewesen sei. In der Folge dieses Verfahrensfehlers sei die inmitten stehende Prüfung allgemein unverhältnismäßig und zu schwer gewesen; sie sei nicht geeignet gewesen, die tatsächlich vorliegenden Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers zu ermitteln.

(1) Zunächst ist klarzustellen, dass der klägerische Vortrag als Rüge eines Verfahrensfehlers zu qualifizieren ist.

Die aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG hergeleiteten bundesrechtlichen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren und sodann an eine rechtmäßige Bewertung der in diesem Prüfungsverfahren von den Prüflingen erbrachten Prüfungsleistungen gebieten eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Mängeln im Prüfungsverfahren einerseits und materiellen Beurteilungsfehlern andererseits. Mängel im Prüfungsverfahren sind solche, die den Sinn des rechtlich geordneten Prüfungsverfahrens verletzen, alle Prüflinge gleichermaßen in die Lage zu versetzen, ihre Leistungsfähigkeit bestmöglich in die von ihnen abverlangte Prüfungsleistung umzusetzen. Wird der Einzelne daran im Stadium der Erbringung der Prüfungsleistung durch beachtliche Einflüsse gehindert oder gestört, so kann seine Prüfungsleistung dadurch beeinträchtigt sein. Als typische Verfahrensbeeinträchtigungen sind u. a. Erkrankung, erhebliche Lärmstörung, Verkürzung der Prüfungsdauer oder Befangenheit des Prüfers anerkannt. Der Unterschied zu einem materiellen Bewertungsmangel liegt mithin darin, dass die Beeinträchtigung bereits eintritt, bevor die Leistung von den Prüfern beurteilt wird. Auch wenn sie sich auf die Bewertung auswirkt, begründet sie keinen Bewertungsfehler im engeren Sinne. Insofern führen Mängel im Prüfungsverfahren typischerweise zu einer unzutreffenden materiellen Beurteilung der Leistungsfähigkeit des betroffenen Prüflings, „schlagen auf diese durch“, und zwar unabhängig davon, ob die in diesem fehlerhaften Verfahren erbrachten Prüfungsleistungen ihrerseits materiell richtig oder fehlerhaft beurteilt werden. Zu beheben sind solche Verfahrensmängel nur durch eine Wiederholung des Prüfungsverfahrens, wohingegen bei den materiellen Bewertungsfehlern im engeren Sinne (nur) eine Neubewertung der von dem Prüfling frei von Verfahrensmängeln erbrachten Leistungen stattzufinden hat. Bei einem gegebenen Verfahrensmangel scheidet eine zutreffende Bewertung der erbrachten Leistung jedoch bereits objektiv aus, da es dafür an einer hinreichenden und geeigneten Grundlage fehlt und/oder die Chancengleichheit aller Prüflinge verletzt würde (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 22.6.1994 - 6 C 37/92 - BVerwGE 96, 126 - juris Rn. 23-27; VGH BW, U.v. 29.11.2006 - 9 S 987/06 - juris Rn. 17; HessVGH, U.v. 29.4.2010 - 8 A 3247/09 - juris Rn. 32 f.; VG Ansbach, U.v. 24.2.2005 - AN 2 K 04.1309 - juris Rn. 36 f.).

Hiervon ausgehend stuft die Rechtsprechung prüfungsstoffbezogene Rügen - soweit ersichtlich - ganz überwiegend als Beanstandungen des Prüfungsverfahrens ein. Dies gilt etwa für eine thematische Überschreitung des nach den einschlägigen Vorschriften zulässigen Prüfungsstoffs in konkreten Prüfungsaufgaben als auch für zu umfangreiche Prüfungsaufgaben (vgl. zum Ganzen: OVG NW, B.v. 10.9.2009 - 14 B 1009/19 - juris Rn. 12; VG Karlsruhe, U.v. 4.11.2015 - 4 K 1093/13 - juris Rn. 21; VG Augsburg, U.v. 23.9.2014 - Au 3 K 14.360 - juris Rn. 46; VG Düsseldorf, U.v. 1.4.2014 - 26 K 5876/12 - juris Rn. 58-62; VG Mainz, U.v. 21.3.2013 - 1 K 919/12.MZ - juris Rn. 24; VG Ansbach, U.v. 16.11.2006 - AN 2 K 05.4271 - juris Rn. 43; U.v. 24.2.2005 - AN 2 K 04.1309 - juris Rn. 35-38; vgl. zum Wehrprüfungsrecht auch BVerwG, B.v. 18.12.2012 - 1 WB 68/11 - juris Rn. 39, 42 f.: zu umfangreicher Prüfungsstoff als Verstoß gegen Verfahrensvorschriften und Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist auch die vorliegend klägerseitig erhobene prüfungsstoffbezogene Rüge der Kategorie des Mangels im Prüfungsverfahren zuzuordnen. Es geht hierbei insbesondere um Prüfungsgerechtigkeit hinsichtlich adäquater Vorbereitungsmöglichkeiten eines Prüflings. Bei einem von vornherein unzulässigerweise zu umfangreichen Modulprüfungsstoff ist daher - unabhängig von den tatsächlichen konkreten Prüfungsaufgaben in einer Abschlussprüfung - nicht erst die Prüferbewertung fehlerbehaftet, vielmehr musste der Prüfling seine Prüfungsleistung bereits unter (Vorbereitungs-)Bedingungen erbringen, die eine unbeeinträchtigte Entfaltung seiner Möglichkeiten bzw. eine unverfälschte Feststellung seiner Leistungsfähigkeit nicht zulassen. Dass sich ein solcher prüfungsstoffbezogener Verfahrensfehler zugleich denknotwendig auch auf die Bewertung auswirkt, begründet hingegen keinen materiellen Bewertungsfehler im engeren Sinne.

Auch die Klägerseite selbst geht letztlich vorliegend ausdrücklich davon aus, dass mit der Rüge des Umfangs des Prüfungsstoffs ein Verfahrensfehler - und nicht etwa ein materieller Bewertungsfehler im engeren Sinne - geltend gemacht wird (Schriftsatz der Klägerseite v. 13.4.2016, Blatt 60 f. der Gerichtsakte).

(2) Mit dem mithin geltend gemachten Verfahrensfehler eines von vornherein zu umfangreichen Modulprüfungsstoffs kann die Klägerseite jedoch nicht gehört werden.

Denn auch insoweit wäre eine unverzügliche Rüge des Prüflings erforderlich gewesen. Eine solche ohne weiteres mögliche und zumutbare Rüge ist vorliegend jedoch seitens des Klägers unterblieben, so dass er insoweit nunmehr präkludiert ist (vgl. hierzu OVG NW, B.v. 10.9.2009 - 14 B 1009/19 - juris Rn. 12; VG Mainz, U.v. 21.3.2013 - 1 K 919/12.MZ - juris Rn. 23-25/28; VG Ansbach, U.v. 24.2.2005 - An 2 K 04.1309 - juris Rn. 34-38/47; VG Düsseldorf, U.v. 1.4.2014 - 26 K 5876/12 - juris Rn. 58-62; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 401). Insoweit gelten die obigen Ausführungen zur fehlenden Unverzüglichkeit einer klägerischen Rüge hinsichtlich der äußeren Bedingungen im Prüfungsraum entsprechend. Von der Präklusion ist auch die Geltendmachung solcher materieller Bewertungsrügen im weiteren Sinne umfasst, die sich aus einem etwaigen nicht rechtzeitig gerügten Verfahrensfehler ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.1994 - 6 C 37/92 - BVerwGE 96, 126 - juris Rn. 23-27).

(3) Unabhängig von einer nicht rechtzeitigen Verfahrensrüge des Klägers ist vorliegend auch in der Sache kein prüfungsstoffbezogener Verfahrensfehler ersichtlich.

Soweit die Klägerseite insoweit offenbar auf Skripten und sonstige Unterrichtsmaterialien Bezug nimmt, so ist dies nicht von Relevanz. Der maßgebliche Prüfungsstoff ergibt sich aus den einschlägigen Prüfungsordnungen und Prüfungsrichtlinien, nicht aus verwendeten Unterrichtsskripten oder Unterrichtsmaterialien (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2013 - 22 ZB 12.2181 - juris Rn. 22; B.v. 7.5.2009 - 22 ZB 09.343 - juris Rn. 10). Auch der konkrete Inhalt der Lehrveranstaltungen ist insoweit nicht von Bedeutung (vgl. OVG BE-BB, U.v. 8.6.2010 - OVG 10 B 4.09 - juris Rn. 40). Es ist kennzeichnend für ein Hochschulstudium, dass die selbstständige aktive Erarbeitung nicht in den Vorlesungen behandelten Stoffes erwartet wird und notwendig ist, um die Prüfungen zu absolvieren; die von den Lehrkräften in ihren Unterrichtsveranstaltungen und Sprechstunden erteilten Hinweise auf geeignete Fachbücher und sonstige Lernmaterialien haben weder verpflichtenden noch abschließenden Charakter (BVerwG, B.v. 18.5.1982 - 1 WB 148/78 - juris Rn. 47-49; BayVGH, B.v. 4.2.2008 - 7 CE 07.3468 - juris Rn. 25; VG Köln, U.v. 21.7.2011 - 6 K 4771/10 - juris Rn. 34).

Ausgangspunkt für die Ermittlung des zulässigen Prüfungsstoffs ist vorliegend vielmehr zunächst § 3 SPO („Studienziel“). Ziel des Bachelorstudiengangs ist es demnach, einschlägige betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die erforderlich sind, um in Einrichtungen des Gesundheitswesens Fachpositionen im Verwaltungsbereich sowie Führungspositionen zu besetzen. Dazu wird der betriebswirtschaftliche Fokus ab dem ersten Semester auf die Gesundheitsbranche ausgerichtet. Neben funktionsübergreifenden Inhalten werden die zwei Vertiefungsrichtungen Finanzierung/Controlling und Personal/Organisation angeboten, welche den Studierenden Spezialwissen vermittelt, die für leitende Fachpositionen qualifizieren. Die Studierenden erwerben auf der Grundlage von Fallstudien und Praxisprojekten umfangreiches methodisches Wissen zur Entwicklung von anwendungsorientierten Problemlösungen. Neben der fachlichen und methodischen Kompetenz werden Schlüsselkompetenzen im sozialkommunikativen Bereich sowie im Bereich der Selbstorganisation und -reflexion erworben. Gemäß § 4 Abs. 5 SPO werden in einem Studienplan die Pflicht- und Wahlpflichtmodule festgelegt, deren Abschluss für den erfolgreichen Abschluss der Bachelorprüfung erforderlich ist. Im in § 20 SPO enthaltenen Studienplan ist sodann das hier streitgegenständliche Modul „BWL des Gesundheitswesens II“ mit seinen wesentlichen Grundinformationen enthalten (Seminaristischer Unterricht/Übung, 5 ECTS, 4 SWS, Klausurarbeit 90 min). Im Modulhandbuch der Hochschule für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen (für Studienanfänger vor dem Sommersemester 2015, abrufbar unter www.hs-....de; Blatt 77 der Gerichtsakte) ist sodann als Seite 18 eine detaillierte Beschreibung für das Modul „BWL des Gesundheitswesens II“ (Stand: 10.2.2014) enthalten, die hinreichende Angaben zur Einordnung und Bedeutung des Moduls bezogen auf die Ziele des Studiengangs, zu Lernergebnissen, Inhalten sowie zu Literatur enthält:

„Einordnung und Bedeutung des Moduls bezogen auf die Ziele des Studiengangs

Für Rehabilitationseinrichtungen, soziale Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen gelten betriebswirtschaftlich besondere Rahmenbedingungen und Spielregeln. Ein freier Wettbewerb wird in hohem Maße durch spezifische rechtliche Rahmenbedingungen eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund ergeben sich spezifische Anforderungen für die Einrichtungen hinsichtlich der operativen wie auch strategischen Geschäftsführung. Ziel des Moduls ist es den Studierenden die spezifischen Spielregeln für die genannten Einrichtungen aufzuzeigen, mit Praxisbeispielen zu illustrieren und den Bereich gegenüber dem Krankenhausbereich abzugrenzen. Die Veranstaltung ist im Kontext der BWL I (Krankenhaus) und BWL III (Kostenträger und Pharma) zu sehen. Erstere beinhaltet die, in der Regel vorgelagerte Versorgungsstufe. Letztere die Kostenträgerseite und damit die unmittelbaren Marktpartner der Einrichtungen.

Lernergebnisse

Nach erfolgreichem Abschluss des Moduls haben die Studierenden folgende Kompetenzen erworben:

Fachkompetenz

- Kenntnis der wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Rehabilitationseinrichtungen, sozialen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen.

- Umsetzung von Controlling und Finanzierung in den genannten Einrichtungen

- Kenntnis spezifischer Spannungsfelder im Bereich Markt, Personal und Finanzierung

- Kenntnis von Entwicklungsperspektiven, Trends und Chancen im Bereich der Rehabilitationseinrichtungen, sozialen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen

Methodenkompetenz

- Grundkenntnisse im Bereich des Reha-Rechts und Pflegerechts (SGB) und Konsequenzen für die betriebswirtschaftliche Leitung der Einrichtungen

- Kalkulation und Bewertung von Vergütungssätzen, Personalbedarfsplanungen und Finanzierungsmodellen im Kontext der spezifischen Markterfordernisse und der rechtlichen Rahmenbedingungen

Sozial- und Selbstkompetenz

- Übersichtliches und strukturiertes Arbeiten lernen

- Sozialpolitische und gesundheitsökonomische Zusammenhänge reflektieren

- Kritische Beurteilung von Finanzierungsmodellen

Inhalte

- Rechtliche Grundlagen für Rehabilitationseinrichtungen, sozialen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen (SGB V, VI, IX und XI)

- Finanzierungsmodelle im Bereich der Rehabilitation (tagesgleiche Vergütungen, Fallpauschalenmodelle)

- Trends und Entwicklungen im Bereich der Rehabilitation & Pflege

- Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung (u. a. Angehörigenmanagement)

Literatur

- Müller, Herbert: Arbeitsorganisation in der Altenpflege. Ein Beitrag zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung. 4., akt. und erw. Auflage, Hannover, Schlütersche Verlagsgesellschaft 2011,

- Lingenfelser, Stefanie: Freie Wohlfahrtspflege in Deutschland, sozialwirtschaftliches Handeln zwischen ethischen und ökonomischen Anforderungen, Marburg, Metropolis‐Verl., 2011,

- Brinkmann, Volker: Sozialwirtschaft, Grundlagen, Modelle, Finanzierung, Wiesbaden, Betriebswirtschaftlicher Verlag Gabler, 2010“

Die obige maßgebliche Modulbeschreibung gibt jedoch bei einer Präsenzzeit von 60 Stunden und einer Zeit des Selbststudiums von 90 Stunden für sich genommen keinen Anlass, von einem generell zu umfangreich konzipierten Prüfungsstoff auszugehen. Auch die Klägerseite hat hierzu jenseits des pauschalen Verweises auf für den Prüfungsstoff des Moduls - wie ausgeführt - nicht relevante Unterrichtsmaterialien („10 Übungsaufgaben“, „591 Seiten Folien Skript“ und „807 Seiten Zusatz, auch prüfungsrelevant“; Klagebegründung v. 8.2.2016, Blatt 26 der Gerichtsakte) nichts weiter substantiiert vorgetragen. Dies gilt auch mit Blick auf den durch die Beklagten bestrittenen klägerischen Vortrag einer Durchfallquote von über 50 v. H. in der streitgegenständlichen Prüfung. Denn selbst das Vorliegen einer ausgewöhnlich hohen Misserfolgsquote gäbe für sich genommen keinen Anlass für die Annahme, dass der relevante Prüfungsstoff von vornherein zu umfangreich konzipiert gewesen wäre (vgl. VG Berlin, B.v. 3.4.2013 - 3 K 889.12 - juris Rn. 16; VG München, B.v. 29.9.2005 - M 3 E 05.3126 - juris Rn. 55 f.). Vor diesem Hintergrund drängt sich dem Gericht auch im Lichte seiner Amtsermittlungspflicht aus § 86 VwGO keine weitere diesbezügliche Sachverhaltsaufklärung auf (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 22.11.2013 - 7 B 16/13 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 2.6.2015 - 22 ZB 15.535 - juris Rn. 16).

Abschließend ist klarzustellen, dass ein Prüfer nicht verpflichtet ist, den vorgegebenen Prüfungsstoff aus eigenem Antrieb oder auf Nachfrage des Prüflings einzugrenzen und diesem vorab gezielt das konkrete Prüfungsthema zu offenbaren (vgl. NdsOVG, B.v. 16.3.2010 - 2 ME 143/10 - juris Rn. 26). Eine prüferseitige Beschränkung des vorgegebenen Prüfungsstoffs dürfte vielmehr mit Blick auf den Grundsatz der Chancengleichheit grundsätzlich ebenso wenig zulässig sein wie ein Überschreiten des vorgegebenen Rahmens (vgl. OVG NW, B.v. 27.10.2011 - 14 E 978/11 - juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 3.4.1986 - 9 S 151/86 - NVwZ 1987, 1013).

b) Soweit es die ausgesprochene Exmatrikulation betrifft, ist der durch die Hochschule ... als staatliche Einrichtung - vgl. Art. 12 Abs. 3 Nr. 5 BayHSchG -erlassene Bescheid vom3. März 2016 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektivöffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG sind Studierende von der Hochschule u. a. dann zwingend zu exmatrikulieren, wenn sie eine nach der Prüfungsordnung erforderliche Prüfung endgültig nicht bestanden haben. Für die Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation kommt es nicht auf die Bestandskraft der Prüfungsentscheidung an (BayVGH, B.v. 22.5.2013 - 7 ZB 12.2542 u. a. - juris Rn. 5; B.v. 30.10.2012 - 7 C 12.1641 - juris Rn. 2).

Die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG sind vorliegend gegeben. Der Kläger hat - wie ausgeführt - die Prüfung im Fach „BWL des Gesundheitswesens II“, das nach dem in § 20 SPO festgelegten Studienplan für den Bachelor-Studiengang „Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen“ eine erforderliche Prüfung (Pflichtfach i. S.v. § 5 Abs. 2 SPO) darstellt, endgültig nicht bestanden. Als Folgeentscheidung war der Kläger nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG zwingend zu exmatrikulieren (vgl. VG Ansbach, U.v. 29.1.2013 - AN 2 K 12.1567 u. a. - juris Rn. 33).

3.Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013). Dort ist in Nr. 18.1 für Streitigkeiten hinsichtlich einer Exmatrikulation der Auffangwert von EUR 5.000,- vorgesehen, in Nr. 18.6 für Streitigkeiten hinsichtlich eines hochschulrechtlichen Leistungsnachweises der halbe Auffangwert von EUR 2.500,-. Insgesamt war daher vorliegend ein Betrag von EUR 7.500,- als Streitwert festzusetzen (vgl. VG Ansbach, U.v. 29.1.2013 - AN 2 K 12.1567/1568 - juris Rn. 36).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Juni 2016 - Au 3 K 15.1763

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Juni 2016 - Au 3 K 15.1763

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Juni 2016 - Au 3 K 15.1763 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 91


(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 121 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

Verordnung über Arbeitsstätten


Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Juni 2016 - Au 3 K 15.1763 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Juni 2016 - Au 3 K 15.1763 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2015 - 22 ZB 15.535

bei uns veröffentlicht am 02.06.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 3.650,80 Euro festgesetzt. Gründe I.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 05. Nov. 2015 - 9 S 2284/14

bei uns veröffentlicht am 05.11.2015

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2014 - 12 K 3881/13 - wird abgelehnt.Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.Der Streitwert des Zulassungsverfahr

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 04. Nov. 2015 - 4 K 1093/13

bei uns veröffentlicht am 04.11.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Der Kläger begehrt die erneute Zulassung zu einer Fortbildungsprüfung.2 Der Kläger begann im September 2009 eine Fortbildung zum „Geprüften Meister für

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 01. Apr. 2014 - 26 K 5876/12

bei uns veröffentlicht am 01.04.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. Nov. 2013 - 7 B 16/13

bei uns veröffentlicht am 22.11.2013

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 21. März 2013 - 1 K 919/12.MZ

bei uns veröffentlicht am 21.03.2013

Diese Entscheidung wird zitiert Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbesta

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 18. Dez. 2012 - 1 WB 68/11

bei uns veröffentlicht am 18.12.2012

Tatbestand 1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Bewertung seiner Klausur im Prüfungsfach "Human- und Sozialwissenschaften" im Stabsoffizierlehrgang 1/2011 an der Fü

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 02. Nov. 2011 - 1 L 161/09

bei uns veröffentlicht am 02.11.2011

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 22. September 2009 – 4 A 1244/08 – wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 18. Aug. 2010 - 6 B 24/10

bei uns veröffentlicht am 18.08.2010

Gründe 1 Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), bleibt ohne Erfolg. Grundsätzli

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Nov. 2006 - 9 S 987/06

bei uns veröffentlicht am 21.11.2006

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1  Der Kläger begehrt die erneute Teilnahme am Prüfungsabschnitt Zahnersatzkund

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Aug. 2006 - 9 S 675/06

bei uns veröffentlicht am 16.08.2006

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 02. März 2006 - 8 K 2294/05 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschw
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Juni 2016 - Au 3 K 15.1763.

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 17. Juli 2018 - 10 K 7000/17

bei uns veröffentlicht am 17.07.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit darin der praktische Teil seiner staatlichen Gesundheits- und Krankenpfleg

Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

Gründe

1

Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), bleibt ohne Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass sich der Kläger auf den von ihm geltend gemachten Fehler bei der Berechnung der Abgabefrist für seine Diplomarbeit nicht berufen könne, weil der (angebliche) Fehler zum einen für die unterbliebene Abgabe der Arbeit nicht kausal geworden und zum anderen nicht rechtzeitig dem Beklagten gegenüber gerügt worden sei. Daran anschließend will die Beschwerde geklärt wissen, "ob ein Prüfling zur Rüge der falschen Berechnung der Abgabefrist einer Diplomarbeit durch das Prüfungsamt verpflichtet ist und wann die fehlerhafte Berechnung der Abgabefrist durch das Prüfungsamt unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Kausalität unerheblich ist". Diese Fragestellung rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Im Falle einer mehrfachen, die angefochtene Entscheidung jeweils selbständig tragenden Begründung bedarf es in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes (s. nur Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Denn aus Anlass des vorliegenden Falles ist jedenfalls die die Rügelast des Prüflings betreffende erste Teilfrage über die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entwickelten Rechtsgrundsätze hinaus einer weiteren, fallübergreifenden Beantwortung nicht zugänglich.

3

Die Obliegenheit des Prüflings, Mängel des Prüfungsverfahrens zur Vermeidung ihrer Unbeachtlichkeit unverzüglich zu rügen - die als solche, soweit sie als ungeschriebene Regel eine dem untergesetzlichen Landesrecht angehörende Prüfungsordnung ergänzt, wie diese dem irrevisiblen Recht angehört - ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch den bundesrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit gerechtfertigt. Die Mitwirkungslast des Prüflings dient der Wahrung der Chancengleichheit in zweierlei Hinsicht: Sie soll verhindern, dass er sich bei Fortsetzung der Prüfung in Kenntnis des Verfahrensmangels nachträglich eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschafft, und ermöglicht zum anderen der Prüfungsbehörde eine zeitnahe Überprüfung des gerügten Mangels mit dem Ziel einer noch rechtzeitigen Korrektur oder Kompensation (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 67.82 - BVerwGE 69, 46 <48> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 195 S. 179 f. und vom 22. Juni 1994 - BVerwG 6 C 37.92 - BVerwGE 96, 126 <129 f.> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 333 S. 27 f.; s. auch Beschluss vom 8. November 2005 - BVerwG 6 B 45.05 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 408 Rn. 5). Die Mitwirkungslast endet - je nach den Umständen des Einzelfalles - zum einen an der Grenze der Zumutbarkeit für den Prüfling und zum anderen dann, wenn der betreffende Mangel auch ohne Rüge für die Prüfungsbehörde nicht nur erkennbar, sondern offensichtlich und zweifelsfrei ist (Urteile vom 17. Februar 1984 a.a.O. S. 50 bzw. S. 181 und vom 12. November 1997 - BVerwG 6 C 11.96 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 384 S. 198 m.w.N., insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 105, 328).

4

Vor diesem Hintergrund hat die hier aufgeworfene Frage nach der Rügepflicht des Prüflings bei fehlerhafter Berechnung der Abgabefrist für eine schriftliche Prüfungsarbeit nicht die grundsätzliche Bedeutung, die die Beschwerde ihr beimisst. Unter dem bundesrechtlichen Gesichtspunkt der Chancengleichheit ist zunächst nichts dagegen zu erinnern, dass das Oberverwaltungsgericht die Fristberechnung dem Prüfungsverfahren zuordnet. Es ist offensichtlich und bedarf nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die Rügelast gerade bei derartigen Fehlern der Wahrung der Chancengleichheit dient. So versetzt der Hinweis des Prüflings auf einen etwaigen Berechnungsfehler die Prüfungsbehörde in die Lage, den Fehler umgehend durch eine entsprechende Verlängerung der Bearbeitungsfrist zu korrigieren und dadurch zu vermeiden, dass dem Kandidaten wegen eines nachträglich nicht mehr zu behebenden Fehlers der Fristberechnung ein ihm im Grundsatz nicht zustehender (zusätzlicher) Wiederholungsversuch eingeräumt werden muss.

5

Auf allgemein klärungsbedürftige Rechtsfragen führt auch nicht die weitere Argumentation des Oberverwaltungsgerichts, wonach die betreffende Mitwirkung des Klägers weder unter dem Gesichtspunkt einer Offenkundigkeit des bei der Berechnung der Abgabefrist unterlaufenen Fehlers noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit der Rüge entbehrlich gewesen sei. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit angenommen, dass es an einer Offensichtlichkeit des von dem Kläger im Nachhinein beanstandeten Berechnungsfehlers für den Prüfungsausschuss nicht zuletzt deshalb gefehlt habe, weil der Kläger durch seine eigenen Angaben im Anmeldebogen zumindest einen Anschein gesetzt habe, der in Widerspruch zu der von ihm nunmehr vertretenen Rechtsauffassung stehe; dies sei auch für einen juristisch nicht vorgebildeten Laien unschwer erkennbar und ein daran anknüpfender Hinweis gegenüber dem Prüfungsausschuss - auch in Ansehung des späteren Prozessvorbringens des Beklagten - jedenfalls nicht aussichtslos gewesen. Diese Erwägungen in den Gründen des angefochtenen Urteils sind ersichtlich von den Umständen des vorliegenden Einzelfalles geprägt. Sie entziehen sich damit ebenso wie die Kritik, die die Beschwerde an ihnen übt, einer allgemeinen Klärung in einem Revisionsverfahren.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2014 - 12 K 3881/13 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den von ihr genannten - und somit nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen - Gründen ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, die Klägerin habe keinen Anspruch auf erneute Teilnahme am schriftlichen Teil des ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung. Ihre Rücktrittserklärung sei, soweit sie sie auf die schlechten Luftverhältnisse im Prüfungsraum gestützt habe, ins Leere gegangen bzw. sei, soweit sie Kopfschmerzen während der Prüfung und damit krankheitsbedingte Leistungsunfähigkeit geltend gemacht habe, verspätet gewesen.
Demgegenüber macht die Klägerin geltend, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft festgestellt, dass ihre Rücktrittserklärung ins Leere gegangen sei. Darüber hinaus habe es ihre Erklärungen in der mündlichen Verhandlung fehlerhaft interpretiert. Schließlich habe es sich fehlerhaft auf einen Rücktritt aus Krankheitsgründen bezogen, den sie zum einen nicht erklärt habe und zum anderen gar nicht habe erklären wollen. Sie habe vorgetragen, dass sie zu Beginn der Prüfung diese mit einem „Handicap“ (schlechte Luft) habe absolvieren müssen. Die Lüftungsverhältnisse hätten sich zwar im Laufe der Prüfung verbessert. Dennoch habe sie aber zu Beginn der Prüfung diese schlechte Luft hinnehmen müssen und deshalb auch Kopfschmerzen bekommen. Angesichts dieser Situation und der Tatsache, dass der Mangel im Prüfungsverfahren aus der Sphäre der Prüfungsbehörde stamme, hätte deren Vertreter die Bearbeitungszeit zu ihren Gunsten verlängern müssen. Dies sei nicht geschehen. Stattdessen halte das Verwaltungsgericht ihr vor, sie hätte entweder eine weitere Rüge erklären oder die Prüfung verlassen und unmittelbar wegen der Kopfschmerzen zum Arzt gehen müssen. Sie sei jedoch nicht verpflichtet gewesen, während der schriftlichen Prüfung noch einmal die fehlerhaften Bedingungen zu rügen. Das Verwaltungsgericht überspanne auch die Verpflichtung der Kandidaten, während der Prüfung zu reagieren. Sie sei auch von der Prüfungsbehörde nicht darüber informiert worden, dass sie eine weitere Rüge habe anbringen müssen. Es komme nicht darauf an, ob sie auch bei richtiger Beantwortung der 18 nicht beantworteten Fragen das Prüfungsziel nicht hätte erreichen können, wie das Verwaltungsgericht meine. Eine echte Rücktrittserklärung aus Krankheitsgründen sei für sie überhaupt nicht in Frage gekommen.
Damit dringt die Klägerin nicht durch. Ihr Vorbringen ergibt nicht, dass sie entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts einen Anspruch auf Genehmigung ihres Rücktritts vom schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und damit auf erneute Teilnahme an der Prüfung hat.
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 der Approbationsordnung für Ärzte - ÄAppO - in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.06.2002 (BGBl. I S. 2405) - die späteren Änderungen der Verordnung haben diese Vorschrift nicht berührt - hat ein Prüfling, der nach seiner Zulassung von einem Prüfungsabschnitt oder einem Prüfungsteil zurücktritt, die Gründe für seinen Rücktritt unverzüglich dem Landesprüfungsamt mitzuteilen. Nur wenn für den Rücktritt ein wichtiger Grund vorliegt (§ 18 Abs. 1 Satz 3 ÄAppO) und wenn dieser Grund unverzüglich mitgeteilt wurde, kann das Landesprüfungsamt den Rücktritt genehmigen mit der Folge, dass der Prüfungsabschnitt oder der Prüfungsteil als nicht unternommen gilt (§ 18 Abs. 1 Satz 2 ÄAppO). Andernfalls gilt der Prüfungsabschnitt oder Prüfungsteil als nicht bestanden (§ 18 Abs. 2 ÄAppO); bei einem nicht genehmigungsfähigen nachträglichen Rücktritt ist die erbrachte Prüfungsleistung zu bewerten, wie wenn der Rücktritt nicht erfolgt wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.10.1988 - 7 C 8.88 -, BVerwGE 80, 282).
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Rücktrittsregelung des § 18 ÄAppO auch für äußere Mängel des Prüfungsverfahrens wie Beeinträchtigung durch Lärm oder stickige Luft gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.09.1995 - 6 C 16.93 -, BVerwGE 99, 172; Beschlüsse vom 10.08.1994 - 6 B 60.93 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 336, und vom 15.01.1993 - 6 B 11.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 309). Der Ausdruck „wichtiger Grund“ in §§ 18, 19 ÄAppO ist allgemein und umfasst auch äußere Beeinträchtigungen eines Prüfungsverfahrens. Gerade der besondere Verweis auf den „Fall einer Krankheit“ in § 18 Abs. 1 Satz 4 ÄAppO zeigt, dass solche inneren Gründe nicht die einzigen wichtigen Gründe sind. Der Verordnungsgeber wollte ersichtlich mit den §§ 18, 19 ÄAppO abschließend alle Prüfungsbeeinträchtigungen erfassen.
Die Besonderheiten von äußeren Prüfungsbeeinträchtigungen stehen einer Anwendung der Rücktrittsregelung nicht entgegen. Zwar sind es meist Mängel, die von der Prüfungsbehörde während des Prüfungsverfahrens erkannt und ausgeglichen werden können, z.B. durch Schreibzeitverlängerung bei schriftlichen Prüfungen. Der Anspruch der Prüflinge geht bei der Beeinträchtigung durch solche Mängel zuerst dahin, dass der Mangel behoben oder ein angemessener Ausgleich gewährt wird. Wenn indessen solche Abhilfen nicht erfolgen oder nach Beendigung der Prüfung eine Ausgleichsgewährung nicht mehr möglich ist, kann sich der Anspruch des Prüflings ab dann nur noch auf die Wiederholung der Prüfung richten. Dies entspricht der Wirkung eines Rücktritts (BVerwG, Urteil vom 06.09.1995, a.a.O.).
Davon ausgehend bestand für den Rücktritt wegen der geltend gemachten Beeinträchtigung durch stickige Luft kein wichtiger Grund im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 3 ÄAppO.
10 
Der Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt, dass für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen gelten (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u. 213/83 -, BVerfGE 84, 34, 52; BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 - 6 C 38.92 -, BVerwGE 91, 262). Ungewöhnliche äußere Einwirkungen, die geeignet sind, die Konzentration eines Prüflings nicht nur unerheblich zu erschweren und ihn dadurch abzuhalten, seine wahre Befähigung nachzuweisen, sind eine Verletzung der Chancengleichheit (BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 2.93 -, BVerwGE 94, 64; Urteil vom 29.08.1990 - 7 C 9.90 -, BVerwGE 85, 323).
11 
Bei Störungen des Prüfungsablaufs durch äußere Einwirkungen ist zu unterscheiden: In Fällen, in denen die Störung nach Art und Ausmaß „ohne jeden Zweifel“ die Chancengleichheit der Prüflinge verletzt, hat dies zur Folge, dass das Prüfungsamt von Amts wegen die erforderlichen Maßnahmen der Abhilfe oder des Ausgleichs der Störung treffen muss, ohne dass es einer Rüge des Prüflings bedarf. In Fällen, in denen „zweifelhaft“ ist, ob die fragliche Störung vom „Durchschnitts“-Prüfling als derart erheblich empfunden wird, dass er daraufhin in seiner Chancengleichheit verletzt ist, ist das für ein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren verantwortliche Prüfungsamt deshalb zwecks Behebung dieser Zweifel auf eine entsprechende Mitwirkung der Prüflinge in der Form von förmlichen Rügen angewiesen (BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 und Beschluss vom 10.08.1994, jeweils a.a.O.).
12 
Um einen solchen offensichtlichen und unzweifelhaften Mangel im Prüfungsverfahren handelte es sich im vorliegenden Fall nicht. Die Klägerin macht geltend, im vorderen Bereich des Prüfungsraums, in dem sie habe sitzen müssen, habe „stickige Luft“ geherrscht, die dazu geführt habe, dass sie Kopfschmerzen bekommen habe und ihr übel geworden sei, so dass sie sich nicht mehr habe konzentrieren können. Indes bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Raumklima den Prüfungsablauf für die anderen Prüflinge erheblich beeinträchtigt und sie damit in ihrer Chancengleichheit verletzt hätte. Denn keiner der anderen (insgesamt 179) Prüflinge - insbesondere aus dem vorderen Teil des Prüfungsraums - hat das Raumklima beanstandet. Auch die vom Landesprüfungsamt nachträglich durchgeführte Befragung von Prüflingen, die ebenfalls im vorderen Bereich des Prüfungsraums gesessen haben, hat keine dahingehenden Erkenntnisse erbracht. Die Prüfungsaufsicht hat entsprechende Feststellungen ebenfalls nicht getroffen. Im Gegenteil ergibt sich aus der gegenüber dem Landesprüfungsamt abgegebenen Stellungnahme vom 29.08.2013, dass zwischen den Aufsichtführenden Einigkeit darüber bestand, dass die Luft im Prüfungssaal für die hochsommerliche Zeit kühl und - gemessen an der Zahl der Prüfungsteilnehmer/innen - relativ unverbraucht und nicht stickig war. Vor diesem Hintergrund kann von einer Störung, die „ohne jeden Zweifel“ die Chancengleichheit der Prüflinge verletzt hätte, nicht die Rede sein. Deshalb war eine Rüge der Klägerin erforderlich und zumutbar, um das Prüfungsamt zu veranlassen, das Vorliegen eines Mangels im Prüfungsverfahren zu prüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen der Abhilfe oder auch des Ausgleichs zu treffen.
13 
Es ist schon zweifelhaft, ob die von der Klägerin geäußerte Bitte, die Lüftung einzuschalten, eine hinreichende Rüge darstellt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass bei Aufsichtsarbeiten in aller Regel eine förmliche Rüge zu Protokoll des Aufsichtführenden zu erklären ist (BVerwG, Beschluss vom 15.01.1993 - 6 B 11.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 209; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 479 Fn. 848). Doch bedarf dies keiner Vertiefung, nachdem auch das Verwaltungsgericht dies hat dahinstehen lassen. Denn auf ihre Bitte hat die Prüfungsaufsicht reagiert und die Lüftung einschalten lassen. Die Klägerin räumt auch ein, dass die Luft nach dem Einschalten der Lüftung besser geworden sei. Ist aber der behauptete Mangel abgestellt worden, so scheidet ein Rücktritt wegen dieses Mangels aus.
14 
Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine hinreichende Kompensation sei nicht erfolgt, ihr hätte eine Schreibzeitverlängerung gewährt werden müssen, auch weil erst ca. nach einer halben Stunde für Abhilfe gesorgt worden sei. Da die Klägerin weder die Ungeeignetheit noch die Erfolglosigkeit der Abhilfemaßnahme als relevanten Verfahrensfehler gerügt hat, konnte die Prüfungsaufsicht davon ausgehen, dass sie durch die Reaktion auf die geäußerte Klage dieser hinreichend Rechnung getragen und dass eine dennoch fortdauernde Belastung der Klägerin durch die konkreten äußeren Prüfungsbedingungen jedenfalls nicht das Ausmaß erreichte, das eine Rüge eines rechtlich relevanten Verfahrensfehlers gerechtfertigt und sie daraufhin zu zusätzlichen (Ausgleichs-) Maßnahmen veranlasst hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.01.1993, a.a.O.). Der Einwand der Klägerin, sie sei nicht verpflichtet gewesen, noch einmal die fehlerhaften Bedingungen während der schriftlichen Prüfung zu rügen, das Verwaltungsgericht überspanne die Verpflichtung der Kandidaten, während der Prüfung zu reagieren, greift nicht durch.
15 
Zwar wäre der Grundsatz der Chancengleichheit verletzt, wenn vom Prüfling im Fall der Beeinträchtigung des Prüfungsverfahrens ein Verhalten verlangt würde, das ihm billigerweise nicht zugemutet werden kann. Denn eine Verletzung der Obliegenheit zur Mitwirkung kann dem Prüfling nur angelastet werden, wenn er ihr hätte nachkommen können und müssen; sie muss also - im Sinne eines „Verschuldens gegen sich selbst“ - vorwerfbar sein. Deshalb endet die Mitwirkungslast auf jeden Fall an der Grenze der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit ist aber wiederum von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Art der Prüfung und der jeweiligen Prüfungssituation abhängig. Ob es mit dem Grundsatz der Chancengleichheit vereinbar ist, die nachträgliche Rüge von Störungen des Prüfungsverfahrens auszuschließen, hängt demnach von der Frage ab, ob dem Prüfling die Geltendmachung der Beeinträchtigung des Prüfungsverfahrens während der Prüfung zugemutet werden kann (BVerwG, Urteil vom 17.02.1984 - 7 C 67.82 -, BVerwGE 69, 46). Dabei ist auch die unterschiedliche Prüfungssituation in einer mündlichen und schriftlichen Prüfung zu berücksichtigen. Insbesondere die größere Gestaltungsfreiheit des Prüflings bei einer schriftlichen Prüfung, die sich darin äußert, dass der Prüfling den Arbeitsablauf - in den vorgegebenen Grenzen - selbst bestimmen, sich die Arbeitszeit einteilen, kürzere Pausen einlegen oder den Konzentrationsgrad sonst variieren kann, rechtfertigt es, das Maß der zumutbaren Mitwirkung anders zu bestimmen als bei einer mündlichen Prüfung (BVerwG, Urteil vom 17.02.1984, a.a.O.). Danach war hier der Klägerin die Rüge zumutbar, dass die getroffene Abhilfemaßnahme aus ihrer Sicht nicht ausreichend war. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Grundsatz der Chancengleichheit keine Handhabe dafür bietet, jedem Prüfling die Prüfungssituation zu verbürgen, die seinen persönlichen Verhältnissen am meisten entspricht (BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - VII C 50.75 -, BVerwGE 55, 358). Die unvermeidliche Streuung der äußeren Prüfungsbedingungen in Bezug auf die Beschaffenheit der Räumlichkeiten liegt im Rahmen des Erwartbaren und muss daher als prüfungsimmanent von jedem Prüfling hingenommen werden, wobei es jedenfalls auf den individuellen Wärme- und Frischluftbedarf grundsätzlich nicht ankommt (Senatsbeschluss vom 26.08.1985 - 9 S 1239/85 -, juris). Denn dieser kann durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein, was sich hier auch in den Angaben eines vom Prüfungsamt befragten Mitprüflings der Klägerin widerspiegelt (E-Mail vom 28.10.2013): „Objektiv fanden ich und einige Freunde, die bei mir in der Nähe saßen, dass es zu stark klimatisiert war. Deswegen habe ich am Tag 2 mehrere Jacken übergezogen“. Auch vor diesem Hintergrund besteht insoweit keine Verpflichtung der Prüfungsbehörde, - nach einer erfolgten Abhilfe - von sich aus tätig zu werden, und ist dem Prüfling eine Rüge zumutbar.
16 
Einer Belehrung seitens der Prüfungsbehörde über die Obliegenheit zur zumutbaren zeitnahen Rüge bedarf es nicht, da es zu den aus dem Prüfungsrechtsverhältnis folgenden Pflichten und Obliegenheiten des Prüflings gehört, durch eine solche Rüge an der Ordnungsgemäßheit des Prüfungsverfahrens mitzuwirken (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.10.2011 - 14 E 978/11 -, juris; Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 478).
17 
Mit Blick auf die äußeren Prüfungsbedingungen lag danach ein wichtiger Grund für den Rücktritt nicht vor. Weitere Rücktrittsgründe kommen nicht in Betracht. Die Klägerin hat selbst darauf hingewiesen, dass es nicht um einen Rücktritt aus Krankheitsgründen gehe, da sie nicht prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei. Danach hat das Verwaltungsgericht die Klage schon deshalb zu Recht abgewiesen. Auf Fragen der Kausalität kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Klägerin während der Prüfungstage verpflichtet war, ihren Rücktritt zu erklären.
18 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG.
19 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 22. September 2009 – 4 A 1244/08 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den von Klägerseite nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Juli 2006 (GVOBl. M-V S. 556) – IFG M-V – geltend gemachten Anspruch auf Einsichtnahme in Verwaltungsvorgänge, die die Stadt Ribnitz-Damgarten nach der Wiedervereinigung Deutschlands in Zusammenhang mit der bestandskräftigen Zuordnung von Grundstücken an sie von Rechtsvorgängern – dem Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Rövershagen, dem Treuhandforstbetrieb - Außenstelle Westmecklenburg, der Treuhandanstalt-Sondervermögen, Niederlassung A-Stadt, sowie der BVVG, Niederlassung A-Stadt – übernommen hat.

2

Die Kläger sind Nutzer der sämtlich nach einer Teilungsvermessung aus dem Flurstück 58/48 hervorgegangenen Flurstücke 58/56 (Kläger zu 1.), 58/57 (Kläger zu 2.) und 58/58 (Kläger zu 3.) in der Flur 1, Gemarkung Neuhaus der Gemeinde Dierhagen, die nacheinander von den genannten Einrichtungen verwaltet worden waren. Die Kläger haben den Ankauf dieser Flurstücke nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz geltend gemacht. Der Kläger zu 1. hat am 09. Januar 2006 mit der Stadt Ribnitz-Damgarten einen Vergleich über den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz geschlossen (LG Stralsund - 4 O 328/05 -), dessen Vollstreckbarkeit der Beklagte allerdings anzweifelt. Im Rechtsstreit des Klägers zu 2. ist durch Urteil rechtskräftig festgestellt worden, dass ihm ein Ankaufsrecht nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zusteht (LG Stralsund, Urt. v. 12.12.2006 - 4 O 193/05 -; OLG A-Stadt, Beschl v. 04.06.2007 - 7 U 8/07 -); hier ist weiterhin die Höhe des zu zahlenden Kaufpreises strittig. Auch hinsichtlich des Klägers zu 3. war ein Rechtsstreit anhängig, der inzwischen durch Urteil des OLG A-Stadt vom 14. April 2011 - 3 U 3/09 - rechtskräftig zu seinen Gunsten abgeschlossen ist; sein Ankaufsrecht nach § 61 SachenRBerG wurde mit Blick auf den Erwerbstatbestand der §§ 4, 5 Abs. 1 Nr. 3 e) SachenRBerG bejaht.

3

Das Verwaltungsgericht Greifswald hat der gegen die Versagung der Akteneinsicht erhobenen Klage mit Urteil vom 22. September 2009 stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 16. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2008 verpflichtet, den Klägern Einsicht in die von dem Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Rövershagen, dem Treuhandforstbetrieb - Außenstelle Westmecklenburg, der Treuhandanstalt-Sondervermögen, Niederlassung A-Stadt, und der BVVG, Niederlassung A-Stadt, angelegten und dem Beklagten übergebenen Verwaltungsvorgänge für die Flurstücke 58/58, 58/57 und 58/56 der Flur 1, Gemarkung Neuhaus bzw. des Vorgängerflurstücks 58/48 zu gewähren.

4

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der nach § 1 Abs. 2 IFG M-V grundsätzlich zustehende Anspruch auf Zugang zu den im Klageantrag bezeichneten Informationen sei weder durch § 5 Nr. 2 noch durch § 5 Nr. 5 IFG M-V ausgeschlossen. Der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichtsverfahrens werde nicht durch die Einführung zulässiger Beweismittel in den Prozess erschwert. Bei § 5 Nr. 5 IFG M-V seien nach dem klaren Wortlaut der Norm ausschließlich fiskalische Landesinteressen zu berücksichtigen, nicht solche der Kommunen und anderer staatlicher Stellen. § 6 Abs. 7 IFG M-V greife ebenfalls nicht. Zwar seien die Kläger bereits im Besitz einiger Unterlagen aus den genannten Verwaltungsvorgängen und hätten diese in die zivilrechtlichen Sachenrechtsbereinigungsverfahren eingeführt, jedoch hätten sie Anspruch auf Kenntnisnahme der vollständigen Originalvorgänge. Es sei zwischen den Beteiligten gerade streitig, ob Vorgänge aus den Akten genommen worden seien.

5

Auf den am 28. Oktober 2009 per Telefax eingegangen Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 29. September 2009 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Senat mit Beschluss vom 09. August 2010, den Beklagtenbevollmächtigten zugestellt am 11. August 2010, die Berufung zugelassen, weil er jedenfalls den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung mit Blick auf die Auslegung des § 5 Nr. 5 IFG M-V – Auslegung des Begriffs „fiskalische Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr“ – als gegeben angesehen hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO); ebenso gebe das Berufungsverfahren Gelegenheit zur Präzisierung, wann die Voraussetzungen des § 5 Nr. 2 IFG M-V („erhebliche Beeinträchtigung des Verfahrensablaufs eines anhängigen Gerichtsverfahrens durch die Bekanntgabe der Information“) in Zusammenhang mit einem im Grundsatz den Regeln des zivilrechtlichen Verfahrens (Beibringungsgrundsatz) verpflichteten, andererseits jedoch auch Sonderrecht unterworfenen Verfahren (§ 85 Sachenrechtsbereinigungsgesetz - SachenRBerG -) eingreifen.

6

Mit seiner am Montag, den 13. September 2010 eingegangenen Berufungsbegründung hat der Beklagte zunächst vorgetragen, die Voraussetzungen des § 5 Nr. 2 IFG M-V seien erfüllt, weil es bei den zwischen ihm und den Klägern anhängigen zivilrechtlichen Verfahren um seine fiskalischen Belange gehe; er handele dort nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich. Er sei in diesen Verfahren wie jede andere Prozesspartei auch der Zivilprozessordnung unterworfen, deren tragender Grundsatz der Beibringungs- oder auch Verhandlungsgrundsatz sei. Jede Partei habe die ihr günstigen Umstände darzulegen und zu beweisen. Dieser Grundsatz werde erheblich zu seinem Nachteil durchbrochen, wenn er verpflichtet sei, während des laufenden Verfahrens den Klägern Akteneinsicht in seine zugrunde liegenden Handakten zu gewähren. Er müsse dann nämlich „seine Karten völlig offen legen“, während den Klägern gegenüber jeder anderen Partei ein solcher Anspruch auf Einsicht in die Handakte des Prozessgegners nicht zustehe. Sollte das Informationsfreiheitsgesetz M-V eine solche Schlechterstellung erlauben, verstoße es gegen höherrangiges Recht, nämlich die ZPO und damit gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Jedenfalls aber beeinträchtige ein solches Akteneinsichtsgesuch im Rahmen der fiskalischen Tätigkeit während laufender Zivilprozesse deren Verfahrensablauf erheblich.

7

Seine Auffassung, dass § 5 Nr. 5 IFG M-V entsprechend auf die fiskalischen Interessen der Kommunen im Wirtschaftsverkehr anzuwenden sei, habe auch die zuständige Aufsichtsbehörde vertreten. Das aus der gleichlautenden Formulierung des § 3 Nr. 6 IFG des Bundes gewonnene Argument greife nicht. § 5 Nr. 5 IFG M-V könne nur dahin verstanden werden, dass immer auch die fiskalischen Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern jedenfalls mittelbar betroffen seien, wenn die fiskalischen Interessen von Kommunen oder sonstigen Landesbehörden betroffen seien. Da Art. 3 GG als ungeschriebener Verfassungsgrundsatz jedenfalls Geltung für die Beziehung innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaus habe, sei kein sachlicher Grund vorhanden, weshalb die fiskalischen Interessen des Landes schützenswert seien, die der Kommunen und sonstigen Landesbehörden jedoch nicht. Insbesondere aus systematischen Gründen sei nicht am Wortlaut zu haften. Soweit der Landesgesetzgeber inzwischen mit Änderungsgesetz vom 20. Mai 2011 (GVOBl. M-V S. 277) u.a. § 5 Abs. 5 IFG M-V aufgehoben habe, habe er nachhaltig gegen Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 72 Abs. 1 LV verstoßen; diese Normen verbürgten eine kommunale Finanzhoheit mit einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft. Es bestehe insoweit jenseits des konkreten Vorgangs ein erhebliches Schutzbedürfnis der Landkreise, Kommunen und Selbstverwaltungskörperschaften. Ebenso verletze die Aufhebung des § 5 Nr. 5 IFG M-V zum Nachteil des Landes die legitimen fiskalischen Interessen des Staates; durch einen grenzenlosen Informationszugangsanspruch werde diese Eigenverantwortlichkeit gefährdet.

8

Zwar seien in den bisherigen zivilrechtlichen Verfahren den Klägern Ankaufsrechte nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zugesprochen worden. Deren Ausgestaltung sei jedoch zwischen den Beteiligten weiterhin streitig. Das – teilweise inzwischen eingeleitete – notarielle Vermittlungsverfahren sei Teil eines gerichtlichen Verfahrens nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz, so dass jedenfalls der Ausnahmetatbestand des § 5 Nr. 2 IFG M-V weiterhin Berücksichtigung finden müsse. Der mit dem Kläger zu 1. vor dem Landgericht Stralsund am 09. Januar 2006 im Verfahren 4 O 328/05 abgeschlossene Vergleich habe ausweislich der Mitteilung des Landgerichts vom 21. März 2006 keinen vollstreckbaren Inhalt und somit das Verfahren nicht wirksam beenden können; dieses wolle er wieder aufnehmen, habe dies allerdings gegenüber dem Landgericht noch nicht angezeigt.

9

Der Beklagte beantragt,

10

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

11

Die Kläger beantragen,

12

die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie hatten zunächst geltend gemacht, dass selbst dann, wenn entgegen dem Wortlaut des § 5 Nr. 5 IFG M-V fiskalische Interessen der Kommunen in diesem Zusammenhang berücksichtigungsfähig wären, solche im konkreten Fall der Informationsgewährung nicht entgegen stünden. Vorliegend gehe es allein um den Ankauf von Grundstücken nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz, d.h. um die Realisierung eines Ankaufsrechtes nach gesetzlich definierten Bedingungen eines Bundesgesetzes. Das fiskalische Interesse des Beklagten könne nur darauf gerichtet sein, dessen Regelungen gesetzeskonform umzusetzen. Das seitens des Beklagten offenbar verfolgte Ziel, durch sein Informationsmonopol die gesetzlichen Ansprüche der Klägerseite zu unterlaufen, könne nicht als fiskalisches Interesse einer Kommune im Wirtschaftsverkehr im Sinne des § 5 Nr. 5 IFG M-V anerkannt werden. Diese Frage sei aber nach Aufhebung der Vorschrift ohnehin obsolet.

14

Geheimhaltungsinteressen des Beklagten seien nunmehr überhaupt nicht mehr erkennbar. Auf § 5 Nr. 2 IFG M-V könne sich der Beklagte jedenfalls nicht mit Erfolg berufen. Die begehrte Einsicht in die von anderen Behörden übergebenen Akten könnte gar keinen direkten Einfluss auf zivilrechtliche Verfahren mehr haben, da derartige Verfahren nicht mehr anhängig seien. Die geforderten Informationen würden vielmehr der Aufklärung des Sachverhaltes dienen und auch im notariellen Vermittlungsverfahren zu einer gesetzeskonformen materiell-rechtlichen Entscheidung führen. Auch werde nicht Einsicht in die Handakte des Beklagten verlangt, sondern in Verwaltungsvorgänge anderer Behörden, die ihm zur Verwahrung übergeben worden seien. Wären diese weiterhin bei den Ausgangsbehörden vorhanden, könnten durch Beweisanträge bei diesen Auskünfte angefordert werden.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Behördenvorgangs verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

16

Die Berufung des Beklagten ist zulässig (I.), hat jedoch keinen Erfolg (II.)

17

I. Die mit Beschluss des Senats vom 09. August 2010 zugelassene Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere hat der Beklagte sie mit dem am Montag, den 13. September 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz fristgerecht eingelegt und begründet (§ 124a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO).

18

II. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht stattgegeben hat, denn den Klägern steht der auf das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern gestützte Anspruch auf Einsichtnahme in die angeführten Akten zu.

19

Eine Erledigung der Berufung – wie sie die Kläger als rechtliche Möglichkeit angedeutet haben – ist durch den weiteren Verfahrensfortgang seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (Aufhebung des § 5 Nr. 5 IFG M-V, Beendigung sämtlicher zwischen den Beteiligten geführten Gerichtsverfahren) allerdings nicht herbeigeführt worden; vielmehr sind diese zwischenzeitlich eingetretenen Umstände lediglich in die Prüfung durch das Berufungsgericht einzubeziehen.

20

Der Beklagte konnte und kann dem Anspruch der Kläger auf die begehrte Akteneinsicht im geltend gemachten Umfang keinen gesetzlichen Ablehnungsgrund entgegenhalten. Dabei ist davon auszugehen, dass die Behörde dann, wenn sie sich auf einen oder mehrere der im Informationsfreiheitsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern normierten Ausnahmegründe berufen will, deren Voraussetzungen darlegen und gegebenenfalls beweisen muss. Die gesetzlichen Ausnahmetatbestände sind konkret und präzise gefasst; sie sind nach den üblichen Auslegungsregeln eng zu verstehen und abschließend. Auch der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern hat auf die Einführung eines generalklauselartigen Auffangtatbestandes – etwa in Form einer Gemeinwohlklausel – außerhalb des Schutzes personenbezogener Daten (hierzu § 7 IFG M-V) verzichtet (für Hamburg vgl. VG Hamburg, Urt. v. 24.11.2008 - 15 K 4014/07 -, juris Rn. 25 m.w.N.).

21

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs ist, da es sich um eine Verpflichtungsklage handelt, regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat; Besonderheiten, die sich aus dem materiellen Recht ergeben könnten, sind hier nicht ersichtlich (vgl. statt vieler Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 113 Rn. 117 ff., 120). Dies gilt auch für die von der informationspflichtigen Stelle geltend gemachten Versagungsgründe (BVerwG, Urt. v. 29.10.2009 - 7 C 22.08 -, NVwZ 2010, 321, 323; Schoch, VBlBW 2010, 333, 341). Somit findet nunmehr das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Juli 2006 (GVOBl. M-V S. 556) – IFG M-V – in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 20. Mai 2011 (GVOBl. M-V S. 277) Anwendung.

22

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 IFG M-V hat jede natürliche und juristische Person des Privatrechts einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen Informationen. Die Erkenntnisse, die die Kläger aus den Akten, in die Einsicht zu nehmen sie begehren, gewinnen wollen, erfüllen als amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen den Informationsbegriff des § 2 Satz 1 Nr. 1 IFG M-V. Der Beklagte unterliegt als für die Stadt Ribnitz-Damgarten handelnde Behörde dem Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 IFG M-V. Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger die Vorgänge, in die sie Einsicht nehmen wollen, im Sinne des § 10 Abs. 2 IFG M-V hinreichend bestimmt haben; insoweit kann auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen werden (§ 130b Satz 2 VwGO).

23

Dieser grundsätzliche Informationsanspruch der Kläger wird nicht durch einen der Ausnahmetatbestände der §§ 3 ff. IFG M-V ausgeschlossen.

24

Nach der Aufhebung des § 5 Nr. 5 IFG M-V durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. b) des Änderungsgesetzes vom 20. Mai 2011 braucht der Senat der Frage nicht weiter nachzugehen, ob diese frühere Regelung – wie der Beklagte meint – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts über ihren Wortlaut hinaus (Eignung zur „Beeinträchtigung fiskalischer Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr“) erweiternd dahin zu verstehen gewesen war, dass auch fiskalische Interessen einer Kommune die Ablehnung der Akteneinsicht hätten rechtfertigen können (verneinend auch Dalibor in: Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2008, S. 271, 277).

25

Da der Senat für die vom Beklagten behauptete Verfassungswidrigkeit der Aufhebung des § 5 Nr. 5 IFG M-V a.F. schon keinerlei Anhaltspunkte zu erkennen vermag, sieht er erst recht keinen Anlass, etwa das Verfahren auszusetzen und diese Frage dem Landesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen (siehe Art. 53 Nr. 5 LV, § 11 Abs. 1 Nr. 3, §§ 43 ff. LVerfGG). Dafür, dass die mit Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV oder Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte kommunale Selbstverwaltungsgarantie den Landesgesetzgeber verpflichten würde, jegliches im Einzelfall behauptete Interesse einer Gemeinde im Rahmen ihres fiskalischen Handelns einem absoluten Schutz gegenüber Akteneinsichtsansprüchen zu unterstellen, ist nichts ersichtlich. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ist „im Rahmen der Gesetze“ gewährt. Bei dem Informationsfreiheitsgesetz handelt es sich um ein vom Landesgesetzgeber des Landes Mecklenburg-Vorpommern erlassenes förmliches Gesetz; dieser wiederum ist von Verfassungs wegen gerade berechtigt, im Rahmen der Ausübung seiner gesetzgebenden Gewalt (Art. 20 Abs. 1 Satz 3 LV) auch den gesetzlichen Rahmen für die Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden abzustecken, und hat dabei lediglich den Kernbereich dieser Gewährleistung zu wahren. Ebenso wenig wäre eine derartige Verpflichtung dem in grundsätzlicher Weise die Finanzgarantie zu Gunsten der Gemeinden regelnden Art. 73 LV zu entnehmen.

26

Auch auf die durch das Gesetz vom 20. Mai 2011 neu gefasste, um einen Satz 2 ergänzte Vorschrift des § 8 IFG M-V kann die Ablehnung der Akteneinsicht nicht gestützt werden. Die Vorschrift lautet nunmehr wie folgt:

27

Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht oder durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und der Betroffene nicht eingewilligt hat. Dies gilt auch für das Land, die kommunalen Körperschaften sowie für Unternehmen und Einrichtungen, die von kommunalen Körperschaften nach den Vorschriften der Kommunalverfassung in einer Rechtsform des privaten oder öffentlichen Rechts geführt werden, bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr.

28

Diese Gesetzesänderung geht offenbar zurück auf „30 Vorschläge zur Fortentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes M-V“, die der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit am 01. Juli 2010 im Anschluss an den wissenschaftlichen Evaluierungsbericht (abgedr. in LT-Drs. 5/3533 S. 14 ff.) als Diskussionsgrundlage für eine Weiterentwicklung des Gesetzes vorgestellt hat; darin spricht er sich unter Nr. 7 unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Evaluierung des zunächst bis zum 30. Juni 2011 befristet gewesenen Gesetzes dafür aus, dass § 5 Nr. 5 IFG M-V als entbehrlich entfallen kann, wenn in § 8 eine Klarstellung dahingehend aufgenommen wird, dass sich auch das Land auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen berufen kann.

29

Schon um ein „Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis“ im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich vorliegend bei den Informationen, über die um Auskunft ersucht wird, nicht. Der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern hat mit seiner Regelung an die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Begrifflichkeiten angeknüpft (vgl. Dalibor, a.a.O., unter Hinweis auf LT-Drs. 4/2117 S. 16). Ein Geschäftsgeheimnis ist danach eine Tatsache, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steht, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem erkennbaren Willen des Inhabers sowie dessen berechtigten wirtschaftlichen Interessen geheim gehalten werden sollte; während Geschäftsgeheimnisse den kaufmännischen Bereich enthalten, umfassen Betriebsgeheimnisse technisches Wissen. Ebenso dürfte zu verneinen sein, dass es vorliegend überhaupt um die „Teilnahme an Wirtschaftsverkehr“ (vgl. etwa VG Hamburg, Urt. v. 24.11.2008,a.a.O. Rn 38: erwerbswirtschaftliches Handeln) ginge, wenn in Zusammenhang mit der Klärung von Eigentumsfragen nach der Wiedervereinigung im Rahmen der nach dem Einigungsvertrag getroffenen differenzierten und komplizierten, das Wechseln von der staatlichen Planwirtschaft (mit „Eigentum des Volkes“) in eine neue, auf Privateigentum basierende Eigentumsordnung bewältigenden Regelungen (z.B. Vermögenszuordnung, Sachenrechtsbereinigung, Verkehrsflächenbereinigung) Unterlagen von anderen staatlichen Stellen übernommen worden sind.

30

Gleichfalls kann nach Aufhebung des § 6 Abs. 7 und Änderung des § 4 Abs. 4 IFG M-V, die ebenfalls auf die Fortentwicklungsvorschläge des Beauftragten für Informationsfreiheit zurückgehen, dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die Akteneinsicht (zumindest teilweise) mit Hinweis auf den Umstand hatte ablehnen dürfen, dass jedenfalls Teile des Akteninhalts den Klägern nach ihrem eigenen Vortrag offenbar schon bekannt seien, oder nunmehr mit Blick auf die Neufassung des § 4 Abs. 4 IFG M-V ablehnen dürfte.

31

Denn der Tatbestand dieser Vorschrift, die nunmehr wie folgt lautet:

32

Handelt es sich um Informationen, die bereits öffentlich und barrierefrei zugänglich sind, ist ein Anspruch ausgeschlossen, sofern die Behörde dem Antragsteller in einer entsprechenden Verweisungsmitteilung die Fundstelle angibt,

33

ist nicht erfüllt; eine „öffentliche und barrierefreie Zugänglichkeit“ der erstrebten Verwaltungsunterlagen in diesem Sinne ist gerade nicht erkennbar.

34

Auch auf § 5 Nr. 2 IFG M-V kann der Beklagte – wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat – seine Ablehnung der begehrten Akteneinsicht nicht mit Erfolg stützten. Nach dieser Vorschrift ist

35

der Antrag auf Zugang zu Informationen abzulehnen, soweit und solange durch die Bekanntgabe der Informationen der Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungs- oder Strafvollstreckungsverfahrens gefährdet oder der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichts-, Ordnungswidrigkeiten- oder Disziplinarverfahrens beeinträchtigt wird.

36

Fraglich ist bereits, ob überhaupt bzw. in welchem Umfang unter den Begriff der erheblichen Beeinträchtigung des „Verfahrensablaufs“ auch die materiell-rechtlichen Interessen eines Verfahrensbeteiligten fallen (verneinend Dalibor, a.a.O., S. 302; vgl. auch den insoweit noch eindeutigeren Wortlaut in § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG Bund, wonach der Anspruch auf Informationszugang nicht besteht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf die „Durchführung“ eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen). Gerechtfertigt könnte bei einem weiten Verständnis jedenfalls allein die Ablehnung eines Anspruchs auf Einsichtnahme in solche Informationen sein, die der Behörde aufgrund und wegen des Verfahrens zugehen – also etwa in die Handakten der öffentlichen Hand als Beteiligte eines Gerichtsverfahren –; nicht jedoch schützt die Vorschrift Informationen, die Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens sind. Um solche Handakten des Prozessbevollmächtigten geht es hier nicht. Die Norm neutralisiert die Beweislast – gerade in Bezug auf zivil- und Amts- bzw. Staatshaftungsprozesse –, und diese Verschlechterung der prozessualen Stellung des Staates ist gewollt (so Dalibor, a.a.O. mit näherer Begründung; vgl. ausführlicher zur Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, dass die öffentliche Hand im Rahmen von zivilrechtlichen Gerichtsverfahren geschützt werden müsse, wenn sie als Partei beteiligt ist, den Evaluationsbericht, a.a.O. S. 78 f.).

37

Jedenfalls sind schon die Voraussetzungen für eine Berufung auf diesen Ablehnungstatbestand nicht gegeben; es ist nämlich nicht ersichtlich, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwischen den Beteiligten noch ein Gerichtsverfahren oder ein sonstiges Verfahren, das einem Gerichtsverfahren im Sinne der Vorschrift gleichstünde, anhängig ist. Dies haben die Feststellungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergeben.

38

Alle zivilrechtlichen Verfahren, in denen um die Ankaufsberechtigung der Kläger nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz gestritten wurde, sind rechtskräftig zu deren Gunsten abgeschlossen (Kläger zu 1.: Vergleich im Verfahren LG Stralsund - 4 O 328/05 -: Kläger zu 2.: OLG A-Stadt, Beschl. v. 04.06.2007 - 7 U 8/07 -; Kläger zu 3.: OLG A-Stadt, Urt. v. 14.04.2011 – 3 U 3/09).

39

Soweit zwischen den Beteiligten ein notarielles Vermittlungsverfahren nach §§ 87 ff. SachenRBerG bereits schwebt – bzw. der Beklagte ein weiteres derartiges Verfahren einzuleiten beabsichtigt –, können nach Auffassung des Senats derartige Verfahren einem „anhängigen Gerichtsverfahren“ nicht gleichgestellt werden. Dies zeigt zum einen schon die Systematik des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, das in Kapitel 2, Abschnitt 4 dem Unterabschnitt 2 „Notarielles Vermittlungsverfahren“ ausdrücklich den Unterabschnitt 3 „Gerichtliches Verfahren“anschließt; zum anderen kann das notarielle Vermittlungsverfahren aber auch deswegen nicht einem kontradiktorischen zivilrechtlichen Gerichtsverfahren gleichgesetzt werden, weil auf dieses Verfahren nach § 89 Abs. 1 SachenRBerG die Vorschriften des Buchs 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden sind, und auch im Übrigen für dieses Verfahren eine Art Amtsermittlung gilt, wie das dem Notar in § 91 Satz 1 SachenRBerG eingeräumte Akteneinsichtsrecht zeigt.

40

Gleiches gilt, soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, der vor dem Landgericht Stralsund im Verfahren mit dem Kläger zu 1. abgeschlossene Vergleich habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt und deshalb das Verfahren nicht wirksam beenden können, und die Absicht bekundet hat, dieses Verfahren fortzusetzen. Unstreitig ist bisher eine Anzeige dieser Rechtsauffassung gegenüber dem Landgericht Stralsund noch nicht erfolgt. Solange nicht das Landgericht Stralsund auf Fortführung des Verfahrens erkannt hat, ist dieses als abgeschlossen anzusehen.

41

Ein derart weites Verständnis des Begriffs „anhängiges Gerichtsverfahren“ würde im Übrigen den Wortlaut als regelmäßige Grenze der Auslegung überschreiten und den Grundsatz verletzen, dass Ausnahmevorschriften eng auszulegen sind (so auch VG Hamburg, Urt. v. 24.11.2008, a.a.O., Rn. 25, 41 zu den Ausnahmevorschriften der §§ 3 ff. des dortigen IFG; für NRW auch Lechtermann in: Informationsfreiheit und Informationsrecht, Jahrbuch 2009, S. 243, 256 ff.). Eine entsprechende Anwendung kommt ebenfalls nicht in Betracht, denn sie ließe sich mit dem Regelungszweck der Vorschrift nicht vereinbaren, wie das Bundesverwaltungsgericht zu der vergleichbaren Vorschrift des § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG dargelegt hat (BVerwG, Beschl. v. 09.11.2010 - 7 B 43.10 -, juris, Rn. 12 unter Hinweis auf das zum UIG a.F. ergangene Urt. v. 28.10.1999 - 7 C 32.98 -, BVerwGE 110, 17, 23; ferner auch Schoch, VBlBW 2010, 333, 337). Danach dient die Vorschrift dem Schutz der Rechtspflege gegen Beeinträchtigungen durch das Bekanntwerden verfahrensrelevanter Informationen; demgegenüber liege das Anliegen, die verfahrens- und nachfolgend die materiellrechtliche Position der öffentlichen Hand zu schützen, jenseits des Schutzzwecks des Ausnahmetatbestandes des § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG.

42

III. Da die Berufung des Beklagten erfolglos geblieben ist, hat dieser auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

44

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands des Beschwerdeverfahrens wird auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der beklagte kommunale Abwasserbetrieb hat im Zuge der Ausweisung eines neuen Baugebiets auf der Grundlage einer von der ebenfalls beklagten Gemeinde erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis ein Sickerbecken zur Versickerung von Niederschlagswasser angelegt. Bei der Ausführung wurde eine Auflage zur Mindestüberdeckung des Grundwasserleiters nicht eingehalten. Der Kläger, Eigentümer eines benachbarten Wohngrundstücks, forderte deswegen Maßnahmen zum Schutz seines Grundstücks vor Vernässung und Schadstoffeintrag. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe weder einen Abwehranspruch gegen den kommunalen Entsorgungsbetrieb noch einen Anspruch auf Einschreiten seitens der Wasserbehörde. Eine abzuwehrende Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers durch Schadstoffeintrag über den Grundwasserstrom oder durch Vernässung infolge Hochwassers oder eines Anstiegs des Grundwasserstands könne auch vor der in die Wege geleiteten Umgestaltung des Sickerbeckens nicht angenommen werden.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen des allein geltend gemachten Verfahrensfehlers zuzulassen. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dem genügt das Vorbringen des Klägers nicht.

4

1. Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert ausgeführt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines sogenannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 28. Mai 2013 - BVerwG 7 B 46.12 - juris Rn. 4 m.w.N.).

5

2. Auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung ausführlich erläuterten fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts ist der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis gelangt, dass ungeachtet neuer Erkenntnisse zur Grundwassersituation und trotz des (noch) geringen Abstands der Sohle des Sickerbeckens zum Grundwasserspiegel eine Gefahrenlage für das Grundstück des Klägers, die umgehende Abwehrmaßnahmen erforderte, nicht zu erkennen sei. Die Situation werde sich durch die nach Abschluss eines Tekturverfahrens bevorstehende Aufhöhung der Muldensohle noch verbessern. Diese fachliche Einschätzung, für deren Richtigkeit letztlich auch das Ausbleiben von Schadensereignissen nach Inbetriebnahme des Sickerbeckens spreche, habe der Kläger nicht zu erschüttern vermocht, so dass dem vorsorglich gestellten Beweisantrag nicht habe nachgegangen werden müssen. Damit hat der Verwaltungsgerichtshof der Sache nach darauf abgestellt, dass das in der mündlichen Verhandlung unterbreitete Beweisangebot des Klägers unsubstantiiert sei. Dieser Einwand rechtfertigt es grundsätzlich, von weiterer Sachverhaltsaufklärung abzusehen (stRspr, Beschluss vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266). Der Kläger zeigt nicht auf, dass dieser Ablehnungsgrund hier nicht trägt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Substantiierungsanforderungen, die sich auch nach der konkreten prozessualen Situation richten, nicht überspannt.

6

Die gebotene Substantiierung erschöpft sich nicht in der Nennung eines bestimmten Beweismittels und der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die das Beweisthema bezeichnet. Vielmehr verlangt das Substantiierungsgebot, dass die Tatsache vom Beteiligten mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird (Beschluss vom 2. November 2007 - BVerwG 7 BN 3.07 - juris Rn. 5). Der Beteiligte darf sich insoweit zwar insbesondere dann mit einer Vermutung begnügen, wenn die zu beweisenden Tatsachen nicht in seinen eigenen Erkenntnisbereich fallen (Beschluss vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264 = juris Rn. 13). Auch setzt ein Antrag auf Sachverständigenbeweis nicht voraus, dass einzelne konkrete Tatsachen in das Wissen der auskunftgebenden Stellen gestellt werden, da der Sachverständige sein Gutachten über das Beweisthema gegebenenfalls aufgrund eigener Tatsachenermittlungen zu erstatten hat (Beschluss vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B 518.99 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60). Wenn die Gegenseite der vorgetragenen Vermutung aber mit einer plausiblen Erklärung entgegengetreten ist, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Der Beteiligte muss sich damit auseinandersetzen und greifbare Anhaltspunkte benennen, die für seine Vermutung oder gegen die Erklärung der Gegenseite sprechen. Einer ohne Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten "ins Blaue hinein" aufrechterhaltenen Behauptung braucht das Gericht nicht nachzugehen (Beschluss vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14 = juris Rn. 11).

7

3. Der Kläger zeigt nicht auf, dass der Verwaltungsgerichtshof hiernach sein Vorbringen zum Anlass für eine weitere Sachaufklärung nehmen musste.

8

Soweit der Kläger rügt, die Äußerungen der Beklagten und des Wasserwirtschaftsamts seien in einer Gesamtschau "völlig widersprüchlich", könnten folglich nicht als nachvollziehbar und schlüssig qualifiziert werden und die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht stützen, fehlt es an der näheren substantiierten Auseinandersetzung mit dem Vortrag, den der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

9

Von vornherein unbeachtlich sind die Einwände des Klägers, dass der Verwaltungsgerichtshof bei seinen Erwägungen zu Unrecht auch auf bevorstehende Änderungen des Sickerbeckens im Anschluss an das noch nicht abgeschlossene Tekturverfahren abgestellt und bei der Frage der Aussagekraft gutachterlicher Stellungnahmen zur Frage der Gefahr einer Vernässung verkannt habe, dass es bei der Größe des Einzugsgebiets des Sickerbeckens nur auf den Inhalt der wasserrechtlichen Erlaubnis ankomme. Denn für den Umfang der Aufklärungspflicht ist allein die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich (stRspr, vgl. Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 5 S. 59).

10

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof den erforderlichen konkreten Bezug der Stellungnahme der Gutachter Dr. H. und T. vom 24. Mai 2006 zur klärungsbedürftigen Sachfrage der Gefahr einer Vernässung nicht gesehen hat. Denn die Gutachter führen insoweit aus, dass die zu erwartende zeitlich begrenzte lokale Grundwasseraufhöhung, die am Wohnhaus des Klägers "im Bereich mehrerer Zentimeter bis maximal 1 bis 2 Dezimeter" liege, in ihrer Reichweite u.a. von der Größe der an das Sickerbecken angeschlossenen Flächen abhänge; diese seien nicht bekannt (S. 7 f.). Die Aussagen zur maximalen Grundwasseraufhöhung am Wohnhaus des Klägers bewegen sich demnach insbesondere vor dem Hintergrund der Erläuterungen des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung im Bereich bloßer Spekulation, die eine Beweiserhebung nicht rechtfertigen kann.

11

Schließlich ist auch nicht dargetan, dass angesichts der schriftlichen Stellungnahmen des Gutachters B. eine Beweiserhebung wegen der Frage eines erhöhten Schadstoffeintrags geboten war. Das vom Kläger angeführte Gutachten vom 29. Dezember 2006 stellt als Beweissicherungsuntersuchung insbesondere den hydro-chemischen Ist-Zustand des Grundwassers dar, der durch deutliche anthropogene Beeinflussungen gekennzeichnet sei. Abschließend stellt die Untersuchung fest, dass durch die geringe Schutzwirkung des Bodens unterhalb der Versickerungsanlage weitere Veränderungen nicht auszuschließen seien (S. 7 f.). Diese allgemein gehaltenen Ausführungen machten aber eine Auseinandersetzung sowohl mit den in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen, wonach auch bei hohen Grundwasserständen von einer Direkteinleitung in den Grundwasserleiter nicht gesprochen werden könne, als auch mit den vom Verwaltungsgerichtshof erwähnten Verbesserungen der Filterwirkung durch die anstehende Erhöhung der Muldensohle nicht entbehrlich. Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil der Gutachter B. in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2007 - insoweit in Übereinstimmung mit dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 10. Mai 2007 - selbst davon ausgeht, dass die zu erwartende Schadstofffracht wegen privaten und öffentlichen Flächen "unwahrscheinlich", d.h. voraussichtlich gering sein wird (S. 3).

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstands für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 3.650,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger war bis zum 31. Dezember 2014 bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger und wendet sich mit seiner Klage gegen die Heranziehung zu Kosten für die Überprüfung seines Kehrbezirks durch die Aufsichtsbehörde.

Aufgrund von Kundenbeschwerden führte das Landratsamt D. eine Kehrbuchüberprüfung und eine anlassbezogene Kehrbezirksüberprüfung durch und zog dafür einen öffentlich vereidigten und bestellten Sachverständigen und dessen Helfer zu. Das von ihm erstellte Gutachten listet zahlreiche Mängel in der Kehrbuch- und Kehrbezirksführung des Klägers auf. Mit noch nicht bestandskräftigem Bescheid der Regierung von S. vom 12. Dezember 2014 wurde die Bestellung des Klägers für den Kehrbezirk mit Ablauf des 31. Dezember 2014 aufgehoben.

Mit Kostenbescheid vom 13. August 2014 verpflichtete das Landratsamt den Kläger zur Erstattung der Kosten der Überprüfung seines Kehrbezirks einschließlich der Erstellung des Gutachtens in Höhe von 3.650,80 Euro. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Erkenntnisse aus der Kehrbuchüberprüfung sei eine anlassbezogene Kehrbezirksüberprüfung durchgeführt worden. Um die Arbeit des Klägers fachlich beurteilen zu können, sei die Heranziehung eines Sachverständigen des Schornsteinfegerhandwerks der Kaminkehrerinnung S. notwendig gewesen. Die Überprüfung des Kehrbezirks habe wesentliche Pflichtverletzungen aufgedeckt, so betreffend Brandschutz und Betriebssicherheit unterlassene oder lediglich einmal jährlich durchgeführte Überprüfungen von Dunstabzugsanlagen in Gastronomiebetrieben trotz der Gefahr von Fettbränden, zum Teil über mehrere Jahre hinweg überhaupt nicht wahrgenommene Kaminreinigungstermine sowie erhebliche Abweichungen zwischen den gedruckten Listen der Feuerstättenbescheinigungen und den gespeicherten Feuerstättendaten. Diese seien teilweise im Kehrbuch eingetragen, aber die Betreiber der Anlagen hätten keine Unterlagen/Bescheinigungen erhalten oder wüssten nichts von einer Abnahme. Ganze Straßenzüge seien zwar im Kehrbuch erfasst und mit einer Feuerstättenschau 1998 dokumentiert, es seien aber weder Feuerstättendaten noch Daten von Kaminen vorhanden, was auf eine jahrelange Nichtbearbeitung dieser Gebäude hinweise. Mängel hinsichtlich der Energieeinsparverordnung und der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung beträfen die unterlassene Dokumentation der Kontrolle der Dämmung freiliegender, wärmeführender Verteilleitungen und der Überprüfung der Effizienz von Umwälzpumpen. Erstmessungen von neu errichteten Anlagen aller Brennstoffarten seien zum größten Teil nicht durchgeführt. Zudem entsprächen die Aufzeichnungen im Kehrbuch nicht den Vorgaben des § 19 SchfHwG, zahlreiche Anwesen seien ohne Daten der Feuerungsanlagen oder gar nicht im Kehrbuch erfasst, Listen von Feuerstättenbescheiden und eine Mängelliste aus dem Jahr 2013 seien zwar vorgelegt worden, aber eine Datei mit den ausgestellten Bescheinigungen sei nicht einsehbar. Nachweise über die Überwachung der Schornsteinfegerarbeiten durch Fremdfirmen seien nicht vorhanden. Da die Gesamtheit dieser Mängel sogar so wesentlich sei, dass der Kläger bereits zur beabsichtigten Aufhebung seiner Bestellung angehört worden sei, seien die Kosten durch ihn zu tragen.

Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. Januar 2015 abgewiesen.

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) nicht.

1. Der Kläger hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargelegt.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Dies fehlt hier.

a) Keine ernstlichen Zweifel hat der Kläger daran dargelegt, dass die Voraussetzungen seiner Kostenhaftung nach § 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG für den im angefochtenen Bescheid geltend gemachten Betrag dem Grunde nach erfüllt sind.

aa) Soweit der Kläger gegen seine Kostenhaftung einwendet, wesentliche Pflichtverletzungen im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG seien gerichtlich nicht festgestellt sondern von ihm angegriffen worden, führt dies nicht zu ernstlichen Zweifeln.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Überprüfung des Kehrbezirks des Klägers durch die Aufsichtsbehörde habe wesentliche Pflichtverletzungen ergeben, die es unter Bezugnahme auf das Gutachten im Einzelnen benennt (Urteil Rn. 26). Auch hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Kläger erstinstanzlich vorgetragenen und in der Begründung seines Zulassungsantrags in Bezug genommenen Angriffen gegen einzelne gutachterliche Feststellungen befasst und ausgeführt, selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen werde, dass hinsichtlich zweier überprüfter Grundstücke die vom Gutachter festgestellten Mängel nicht vorliegen sollten, seien die Angriffe in der Gesamtschau ungeeignet, die im Übrigen vom Kläger nicht substantiiert bestrittenen, im Gutachten dargelegten gravierenden Pflichtverstöße bei der Führung des Kehrbezirks zu entkräften (Urteil Rn. 27 f.). Vielmehr könne die gutachterliche Aussage aufrechterhalten bleiben, dass der Kläger die Betriebs- und Brandsicherheit in der Mehrzahl der überprüften Gebäude vernachlässigt habe. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund weiterer gravierender Pflichtverstöße wie u. a. der Nichtdurchführung von Bauabnahmen trotz Anforderung (ebenda Rn. 28). Hiergegen hat der Kläger nichts Durchgreifendes vorgetragen.

Der Kläger hat die im Gutachten, im angefochtenen Bescheid und im verwaltungsgerichtlichen Urteil tatsächlich festgestellten Pflichtverletzungen in der Begründung seines Zulassungsantrags und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, auf die er sich bezogen hat (Niederschrift vom 15.1.2015, S. 3 f., VG-Akte Bl. 60 f.), nicht substantiiert bestritten, ausgenommen lediglich die vom Verwaltungsgericht behandelten zwei Grundstücke. Außer auf die zwei - vom Verwaltungsgericht zugunsten des Klägers gewerteten - Fälle geht die Begründung des Zulassungsantrags nicht auf die weiteren gutachterlich attestierten, aufsichtlich vorgeworfenen und vom Verwaltungsgericht als erheblich eingestuften Pflichtversäumnisse u. a. hinsichtlich der Brand- und Betriebssicherheit der zu überprüfenden Gaststätten oder der unterlassenen Kaminreinigungen ein, obwohl diese Mängel den Vorwurf erheblicher Pflichtverletzung nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts hinreichend und selbstständig tragen. Die Wertung dieser Pflichtverletzungen als wesentlich durch das Verwaltungsgericht hat der Kläger nicht durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt.

bb) Ebenso wenig hat er mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe die behaupteten Pflichtverletzungen nicht selbst überprüft, eine Verletzung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO dargelegt.

Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 VwGO muss substantiiert ausgeführt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines sogenannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B. v. 22.11.2013 - 7 B 16.13 - juris Rn. 4 m. w. N.). Daran fehlt es hier.

Einen Beweisantrag oder einen Hilfsbeweisantrag hat der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretene Kläger aber nach seinen Darlegungen nicht gestellt, Dass sich dem Verwaltungsgericht trotz des vorliegenden Gutachtens Sachverhaltsermittlungen hätten aufdrängen müssen, weil das Gutachten in Folge methodischer Fehler oder anderer Mängel unverwertbar wäre und deswegen der gerichtlichen Beweiswürdigung nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen, hat der Kläger ebenfalls nicht dargelegt.

Ein Gutachten ist unverwertbar, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (vgl. BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 ff., juris Rn. 33). Solches hat der Kläger nicht vorgetragen.

cc) Keine ernstlichen Zweifel hat der Kläger mit der Rüge dargelegt, die Überprüfung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG sei von der Aufsichtsbehörde durchzuführen, so dass es an einer gesetzlichen Grundlage für eine Kostentragung durch den zu Überprüfenden für die Heranziehung von Sachverständigen fehle.

Das Verwaltungsgericht hat die Heranziehung von Sachverständigen als von der aufsichtlichen Überprüfungsbefugnis mit umfasst angesehen und der Aufzählung in § 21 Abs. 2 SchfHwG keine Beschränkung auf die dort genannten Überprüfungsinstrumente - und damit ein Verbot der Heranziehung von Sachverständigen - entnommen (Urteil Rn. 25). Dies begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.

Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass § 21 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SchfHwG in Abweichung von der Vorgängervorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG keine ausdrückliche Aussage zur Heranziehung von Sachverständigen trifft. § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG schrieb noch die Teilnahme eines Sachverständigen des Schornsteinfegerhandwerks an der Kehrbezirksüberprüfung ausdrücklich vor, während § 21 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SchfHwG hierzu schweigt. In grammatikalischer Auslegung kann § 21 Abs. 2 SchfHwG jedoch mangels eines ausdrücklich einschränkenden Zusatzes (z. B. „nur“, „lediglich“) nicht entnommen werden, dass alle anderen Überprüfungsinstrumente außer der ausdrücklich genannten Anforderung des Kehrbuchs in analoger oder digitaler Form und der ihm zugrunde liegenden Unterlagen ausgeschlossen wären.

Die historische Auslegung spricht ebenfalls gegen eine Beschränkung der Aufsichtsbehörde auf die in § 21 Abs. 2 SchfHwG genannten Überprüfungsinstrumente, denn nach den Gesetzesmaterialien sollte sich die Aufsichtsbehörde für die Kehrbezirksüberprüfung „insbesondere“ das Kehrbuch und die für die Führung des Kehrbuchs erforderlichen Unterlagen vorlegen lassen (vgl. Einzelbegründung zu § 21 SchfHwG, BT-Drs. 16/9237, S. 35). Andere Beweismittel wurden somit nicht ausgeschlossen. Eine Einschränkung durch die Neuregelung im Vergleich zur Vorgängervorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG war erkennbar nicht beabsichtigt.

Gleiches ergibt auch die systematische Auslegung, denn das Kehrbuch bedarf als amtliche Urkunde und gesetzlich vorgesehenes Beweismittel für die Kehrbezirksführung (vgl. BayVGH, B. v. 15.2.2012 - 22 ZB 10.2972 - GewArch 2012, 364/365 Rn. 18 m. w. N.) einer fachkundigen Auswertung. Da die Aufsichtsbehörde - wie das Verwaltungsgericht unwidersprochen festgestellt hat (Urteil Rn. 25) - nicht über das in komplexen Fällen wie dem vorliegenden Fall nötige fachkundige Personal verfügt, ist sie auf externen Fachverstand und damit auf die Heranziehung von Sachverständigen angewiesen, sonst wäre ihr eine effektive Kehrbezirksprüfung überhaupt nicht möglich.

Zu demselben Ergebnis führt auch die teleologische Auslegung des § 21 Abs. 2 SchfHwG. Allein die Sichtung des Kehrbuchs reicht der behördlichen Aufsicht nicht in jedem Fall, denn wie den Gesetzesmaterialen zu entnehmen ist (vgl. Einzelbegründung zu § 21 SchfHwG, BT-Drs. 16/9237, S. 35: „insbesondere das Kehrbuch und die für die Führung des Kehrbuchs erforderlichen Unterlagen vorlegen lassen“), bedürfen die darin enthaltenen Daten ggf. des Abgleichs mit den hierfür erforderlichen Unterlagen und den tatsächlichen Gegebenheiten und damit - wie ausgeführt - einer fachkundigen Auswertung. Diese kann auch durch externe Sachverständige erfolgen. Dass § 21 Abs. 2 SchfHwG anders als § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG ihre Heranziehung nicht mehr zwingend vorschreibt, ermöglicht eine Entscheidung im Einzelfall und damit für einfache und in eigener behördlicher Fachkompetenz prüfbare Sachverhalte eine deutliche Kostenersparnis. Dies bedeutet aber nicht die Unzulässigkeit der Heranziehung externen Sachverstands in komplexen Fällen wie jenem des Klägers.

dd) Soweit der Kläger sinngemäß meint, Kosten für Sachverständige gehörten zu dem von der Allgemeinheit zu tragenden Behördenaufwand, da sie nur die behördliche Aufsicht unterstützten, geht dies fehl.

§ 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG enthält eine umfassende Kostentragungspflicht des Kehrbezirksinhabers für den Fall der Feststellung wesentlicher Pflichtverletzungen, ohne dass bestimmte Kosten wie für Sachverständige hiervon ausgenommen wären. Das Verwaltungsgericht hat § 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG eine gesetzliche Risikoverteilung derart entnommen, dass bei der Feststellung wesentlicher Pflichtverletzungen der Kehrbezirksinhaber, bei der Feststellung unwesentlicher Pflichtverletzungen aber die Allgemeinheit die Kosten zu tragen habe (Urteil Rn. 29). Dagegen hat der Kläger nichts Durchgreifendes vorgetragen. Diese Wertung entspricht dem Verursacherprinzip, einem Veranlasser behördlicher Ermittlungen die Kosten für diese Ermittlungen aufzuerlegen, wenn sich der Anfangsverdacht von Pflichtverletzungen und Rechtsverstößen durch die Ermittlungen erhärtet hat.

Dies gilt auch für die Kosten von rechtmäßig herangezogenen Sachverständigen. Falls dies nicht schon im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz geregelt sein sollte, ließe das Bundesrecht Raum für eine Anwendung von Art. 26 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 BayVwVfG, wonach es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde liegt, Äußerungen von Sachverständigen einzuholen, die als Auslagen nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 KG erhoben werden können.

b) Auch die Einwände des Klägers gegen die Nachvollziehbarkeit der Rechnung des Sachverständigen legen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dar.

Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die Rechnung formell falsch sei, weil ihr nicht zu entnehmen sei, an welchem Tag welche Arbeiten ausgeführt worden seien; gegenüber summierten Stunden und Fahrtkilometer-Abrechnungen habe er im geschäftlichen Verkehr ein Zurückbehaltungsrecht.

Dem gegenüber hat das Verwaltungsgericht in Prüfung der Sachverständigenrechnung ausgeführt, die fehlende nähere Aufschlüsselung, wann welche Teilzeiträume angefallen seien, sei angesichts der bei Sachverständigengutachten üblichen Ausweisung nur der Arbeitsstunden und ihrer nicht substantiiert bestrittenen Gesamtzahl entbehrlich. Dies hat der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen.

Vielmehr ergibt sich aus der dem angefochtenen Kostenbescheid zugrunde liegenden Sachverständigenrechnung und den dazu vorhandenen Unterlagen hinreichend nachprüfbar der aufgeschlüsselte Aufwand für die Kehrbuchüberprüfung und die Erstellung des Gutachtens. So hat der Sachverständige z. B. für den 12. Februar 2014 für eine „Vorortüberprüfung mit Vorbesprechung und Vorbereitung“ inklusive Fahrzeiten zwölf Stunden angesetzt, in den 117 Seiten „Unterlagen zur Kehrbuch- und Kehrbezirksprüfung“ tabellarisch die einzelnen aufgesuchten Anwesen erfasst und die Anwesenheit einer Mitarbeiterin des Landratsamts dokumentiert. Was den Zeitbedarf und die Stundensätze angeht, hat der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags keine substantiierten Einwände erhoben.

2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35-40).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 21 SchfHwG als Ermächtigungsgrundlage für das konkrete Vorgehen des Beklagten dienen kann, bezeichnet keine abstrakte Rechtsfrage. Die Frage, ob ohne „Überprüfung der Ergebnisse der Sachverständigen trotz manifester Anhaltspunkte“ die Kostenpflicht ausgelöst werden kann, würde sich in einem eventuellen Berufungsverfahren angesichts der nicht substantiiert bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht stellen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 02. März 2006 - 8 K 2294/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 3.750,-- festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Mit Recht hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, dem Antragsgegner im Weg der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Antragsteller vorläufig zu einer Wiederholung der Aufsichtsarbeit Nr. 3 im Zivilrecht zu laden und ihn insgesamt über das Prüfungsergebnis vorläufig neu zu bescheiden.
Der Antragsteller macht mit der Beschwerde geltend, seine Prüfungsleistung in der betreffenden Aufsichtsarbeit habe unter den vielfachen Störungen während der Klausur gelitten. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, die erhobene Verfahrensrüge der schlechten äußeren Prüfungsbedingungen sei verspätet, weil sie jedenfalls nicht innerhalb eines Monats nach Abschluss des mängelbehafteten Prüfungsteils (§ 24 Abs. 2 Satz 3 und 4 JAPrO i.d.F. vom 07.05.1993 (GBl. S. 314), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25.09.2000 (GBl. S. 665) - JAPrO 1993 - i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 1 JAPrO vom 08.10.2002 (GBl. S. 391)) geltend gemacht worden sei und aus diesem Grund einen Anordnungsanspruch abgelehnt.
Die dem Beschwerdegericht obliegende Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe ergibt keine andere Beurteilung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht davon abgesehen, seiner Entscheidung eine erfolgsunabhängige Folgenabwägung zugrunde zu legen. Zwar kann ausnahmsweise auch dann, wenn eine stattgebende Entscheidung die Hauptsache vorwegnehmen würde, auf der Grundlage einer erfolgsunabhängigen Folgenabwägung entschieden werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich bei einer unüberschaubaren Sach- oder Rechtslage eine hinreichend gesicherte Vorausbeurteilung nicht vornehmen lässt (so ausdrücklich der vom Antragsteller angeführte Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23.11.1999 (- 13 M 3944/99 - und - 13 M 4473/99 -, NVwZ 2001, 241 m.w.N.). Eine solche Situation wird vom Antragsteller schon nicht dargelegt und ist hier auch nicht gegeben.
Ein Prüfling, der sich durch äußere Umstände bei einer Prüfung gestört fühlt, hat dies unverzüglich der Prüfungsaufsicht mitzuteilen (so schon Urteil des Senats vom 25.05.1982 - 9 S 658/82 -, VBlBW 1983, 182). Wird der gerügte Mangel nicht oder nicht hinreichend beseitigt oder ausgeglichen, so hat der Prüfling zur Wahrung seiner Rechte unverzüglich schriftlich beim Landesjustizprüfungsamt einen Antrag auf Beseitigung des Mangels, insbesondere auf Wiederholung der Prüfungsleistung zu stellen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 JAPrO 1993). Nach § 24 Abs. 2 Satz 3 JAPrO 1993 ist der Antrag allerdings ausgeschlossen, wenn seit dem Abschluss des - möglicherweise mängelbehafteten - Prüfungsteils (schriftliche oder mündliche Prüfung) ein Monat verstrichen ist. Diese Fristversäumung führt zur Präklusion dahin, dass der Kandidat sich in diesem Fall auf den behaupteten Verfahrensfehler nicht mehr berufen kann (§ 24 Abs. 2 Satz 4 JAPrO 1993; Senat, Beschluss vom 29.10.2003 - 9 S 2129/03 -).
Der Antragsteller wendet mit der Beschwerde ein, die Störungen im Prüfungsablauf hätten nach Art und Ausmaß offensichtlich die Chancengleichheit der Prüflinge verletzt, so dass die Prüfungsbehörde von Amts wegen die erforderlichen Maßnahmen der Abhilfe oder des Ausgleichs der Störung hätte treffen müssen. Die gewährte Schreibzeitverlängerung sei offensichtlich unzulänglich gewesen. Es habe deshalb weder einer Rüge der Störung noch der aus seiner Sicht mangelhaften Abhilfe bedurft. Er habe vor diesem Hintergrund auf eine amtlich angeordnete Wiederholung des Prüfungsteils als einzig möglicher Abhilfemaßnahme vertrauen dürfen, so dass er mit seinem Einwand nicht präkludiert sein könne. Er habe deshalb zunächst die Reaktion der Prüfungsbehörde abwarten und später einen Verfahrensfehler geltend machen können, als er gewahr geworden sei, dass eine ausreichende Abhilfe nicht erfolgt sei. Damit dringt der Antragsteller nicht durch.
Es ist zwar anerkannt, dass es bei einem offensichtlichen und zweifelsfreien Fehler im Prüfungsverfahren ausnahmsweise keiner (unverzüglichen) Rüge bedarf, weil das Prüfungsamt von sich aus die gebotenen Konsequenzen ziehen muss und dass der Prüfling, wenn dies nicht erfolgt, sich auch nachträglich, etwa im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, auf den Mangel berufen kann, obwohl er ihn nicht (rechtzeitig) gerügt hat (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 2.93 -, BVerwGE 94, 64; Beschluss vom 10.08.1994 - 6 B 60.93 -; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17.02.1984 - 7 C 67.82 -, BVerwGE 69, 46 (52) zum Rügeerfordernis bei Rüge durch Dritte oder bei eingeleiteten Abhilfemaßnahmen sowie BVerwG, Urteil vom 29.08.1990 - 7 C 9.90 -, BVerwGE 85, 323 und vom 11.08.1993, a.a.O. zum Rügeerfordernis bei wiederholten Störungen und nach wegen vorangegangenen Störungen erfolgten Abhilfemaßnahmen; zum Wegfall des Erfordernisses einer weiteren Rüge bei offensichtlich unzulänglichen Abhilfemaßnahmen vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, 4. Aufl., Randnr. 474). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 10.08.1994 - 6 B 60.93 -) kann bei offensichtlichen und zweifelsfreien Mängeln des Prüfungsverfahrens ausnahmsweise auch die unverzügliche Geltendmachung von Rechten, die aus Mängeln im Prüfungsverfahren folgen, entbehrlich sein.
Danach entfiel für den Antragsteller vorliegend aber nicht das Erfordernis, die nach seiner Auffassung unzureichende Schreibzeitverlängerung, die vom Antragsgegner wegen der durch die im Aufgabentext gewählte Gesetzesbezeichnung ausgelösten Irritationen angeordnet worden war, unverzüglich zu rügen. Dass die diesbezüglich gewährte Schreibzeitverlängerung „offensichtlich“ unzulänglich war mit der Folge, dass das Rügeerfordernis entfallen wäre, hat der Antragsteller bereits nicht dargelegt. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Vielmehr verbleibt es in diesem Fall dabei, dass ein Prüfling, der eine Ausgleichsmaßnahme für nicht ausreichend hält, dies rügen muss, da das Prüfungsamt nicht gehalten ist, die von ihm gewählte Ausgleichsmaßnahme in Frage zu stellen, sondern mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von ihrer Wirksamkeit ausgehen kann (vgl. Niehues, a.a.O.).
Auch war das Rügeerfordernis hinsichtlich derjenigen Störungen, die darauf beruhen, dass einzelne Kandidaten die erforderlichen europarechtlichen Texte vergessen hatten, nicht schon deshalb entfallen, weil der Antragsgegner hinsichtlich der auf die im Aufgabetext gewählte Gesetzesbezeichnung zurückgehenden Störungen eine Schreibzeitverlängerung gewährt hatte. Denn die Ursache für diese Störungen fiel - anders als die Unruhe wegen nicht vorhandener Texte - auch in den Verantwortungsbereich des Antragsgegners, so dass für den Antragsteller keine Veranlassung bestand, mit einer Abhilfe von Amts wegen auch hinsichtlich der Unruhe infolge vergessener Texte zu rechnen. Der Antragsteller hätte mithin diese Störungen rügen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.08.1990 und vom 11.08.1993, a.a.O. zum Rügeerfordernis bei wiederholten Störungen und nach wegen vorangegangenen Störungen erfolgten Abhilfemaßnahmen). Hiervon ging er offenbar auch aus, als er versuchte, die diesbezüglich entstandene Unruhe zu rügen. Ob bereits - wie der Antragsteller jetzt vorträgt - insoweit aufgrund der Intensität der Störungen das Rügeerfordernis und das Erfordernis unverzüglicher Geltendmachung der aus den Verfahrensfehlern herrührenden Rechte infolge der Offensichtlichkeit des Verfahrensmangels entfallen ist bzw. ob eine Gesamtbetrachtung aller Störungen anzustellen ist, die zu diesem Ergebnis führt, kann der Senat offen lassen.
10 
Denn selbst dann, wenn es ausnahmsweise keiner unverzüglichen Rüge oder der Geltendmachung von Rechten hieraus bedarf, kann dem Prüfling lediglich nicht entgegengehalten werden, seine Rüge von Verfahrensmängeln oder die Geltendmachung von Rechten hieraus (zur Unterscheidung vgl. Niehues, a.a.O., Randnr. 516) sei nicht unverzüglich (etwa im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 JAPrO 1993) gewesen mit der Folge, dass er schon deshalb keine Rechte aus Verfahrensfehlern mehr geltend machen könne. Damit entfällt aber nicht die hiervon zu trennende allgemeine Ausschlussfrist - hier des § 24 Abs. 2 Satz 3 JAPrO 1993 - innerhalb derer überhaupt nur Rechte wegen Mängeln im Prüfungsverfahren geltend gemacht werden können und deren Nichteinhaltung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4 JAPrO 1993 dazu führt, dass der Kandidat sich nicht mehr auf den Verfahrensfehler berufen kann (zur Zulässigkeit solcher Ausschlussfristen vgl. BVerwG, Urteil vom 17.02.1984, a.a.O.; vom 22.06.1994 - 6 C 37.92 -, NVwZ 1995, 492; vgl. auch § 11 Abs. 2 S. 2 JAPrO 1993). Diese Monatsfrist hat der Antragsteller aber nicht eingehalten. Aus diesem Grund wäre der Antragsteller mit Einwänden wegen der Störungen infolge der fehlenden Europarechtstexte im Übrigen selbst dann präkludiert, wenn er diese Rüge während der Prüfung erhoben hätte.
11 
Soweit der Antragsteller gegen die Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 3 und 4 JAPrO einwendet, ihm müsse die Möglichkeit verbleiben, zunächst das Ergebnis der Prüfung abzuwarten, bevor er entscheide, ob er Rechte aus Verfahrensmängeln geltend machen wolle, verkennt er die Funktion der Regelung. Diese dient dem in Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Gebot der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (Niehues, a.a.O., Randnr. 245). Es soll gerade das vermieden werden, was der Antragsteller erreichen will. Der Grundsatz der Chancengleichheit darf nicht, wie der Antragsteller möchte, zu einer Wahlmöglichkeit des Prüflings führen, die Aufsichtsarbeit jeweils nach ihrem Ergebnis gelten zu lassen oder zu wiederholen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Diese Funktion des § 24 Abs. 2 S. 3 und 4 JAPrO 1993 bleibt - ebenso wie die Funktion, eine möglichst zeitnahe Überprüfung des Sachverhalts zu ermöglichen (s. dazu BVerwG, a.a.O.) - auch dann erhalten, wenn ausnahmsweise eine unverzügliche Rüge oder die unverzügliche Geltendmachung von Rechten wegen Verfahrensfehlern nicht erforderlich ist oder aber eine Rüge erhoben wurde, gegenüber dem Prüfungsamt aber zunächst keine Rechte wegen des Verfahrensmangels geltend gemacht wurden. Hier hat der Antragsteller nicht nur nicht innerhalb der Monatsfrist des § 24 Abs. 2 Satz 3 und 4 JAPrO 1993 den behaupteten Verfahrensfehler gerügt; er hat vielmehr sogar das Ergebnis seiner Prüfung abgewartet, bevor er den behaupteten Prüfungsmangel gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt geltend gemacht hat.
12 
Ob der Antragsteller seine Rechte nicht im Rechtssinne verwirkt hat, wie er behauptet, bedarf keiner Ausführung durch den Senat. Weder hat das Verwaltungsgericht dies festgestellt noch käme es hierauf entscheidungserheblich an, da der Antragsteller jedenfalls mit seinen Einwänden präkludiert ist. Weshalb es vorliegend ausnahmsweise zu einer „Durchbrechung jedweder Präklusionsregeln“ kommen müsse, hat der Antragsteller bereits nicht substantiiert dargelegt, obwohl dies gerade auch im Hinblick auf die generelle Zulässigkeit der Ausschlussfristen nach § 24 Abs. 2 S. 3 und 4 JAPrO 1993 angezeigt gewesen wäre.
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die erneute Teilnahme am Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde der zahnärztlichen Abschlussprüfung.
Der Kläger nahm im Jahr 2001 zum ersten Mal an der zahnärztlichen Abschlussprüfung teil. Im Fach Zahnersatzkunde wurde seine Leistung mit „nicht genügend“ bewertet mit der Folge, dass dieser Prüfungsabschnitt nicht bestanden war. Die Wiederholungsprüfung in diesem Prüfungsabschnitt fand in der Zeit vom 12. bis 26.03.2002 statt. Der Kläger erhielt für seine Leistungen in der theoretischen Prüfung die Beurteilung „mangelhaft bis nicht genügend“, für die praktischen Prüfungsleistungen „nicht genügend“ und für die Gesamtleistung ebenfalls die Note „nicht genügend“. Daraufhin wurde dem Kläger mit Schreiben des Ausschusses für die zahnärztliche Prüfung an der Universität Tübingen vom 16.04.2002 mitgeteilt, dass er die Wiederholungsprüfung nicht bestanden habe und zu einer weiteren Prüfung nicht zugelassen werde. Gleichzeitig wurde ihm die schriftliche Begründung für die Gesamtnote „nicht genügend“ im Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde zugeleitet.
Mit Schreiben vom 23.04.2002 legte der Kläger gegen das „Prüfungsergebnis im Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde“ Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er habe den ersten Behandlungstag verloren, nachdem die zunächst zugewiesene Patientin aus Zeitmangel abgesagt habe; seine zweite Patientin sei erst gegen 17.00 Uhr erschienen. Des weiteren habe er keine aktuellen Röntgenbilder gehabt, da ihm die Anfertigung verwehrt worden sei, obgleich dies notwendig gewesen wäre. Er habe dann die alten Kronen an den Zähnen 46 und 47 entfernt. Danach sei am Zahn 46 im bukkalen Bereich ein Defekt entstanden. Bei der nachfolgenden Kariesbehandlung am Zahn 46 - auch seitlich entlang der Wurzel - habe er sehr viel Zeit dadurch verloren, dass er die ganze Sitzung gegen Blutungen habe ankämpfen müssen. Die angezeigte Gingivektomie habe der anwesende Assistent jedoch nicht durchgeführt, sondern ihn statt dessen aufgefordert, einen Faden zu legen. Er habe am 21.03.2002, nachdem er die Pfeilerzähne 46 und 47 am 14.03.2002 präpariert und am 15.03.2002 die Präparationen geglättet gehabt habe, seine fertige Arbeit eingepasst und einem Assistenzzahnarzt gezeigt. Dieser habe festgestellt, dass sich an Zahn 46 bukkal ein kleiner Defekt befinde und die Prüferin herbeigeholt, um sich die Situation anzuschauen. Diese habe ihm gesagt, dass es sich um eine Pulpenöffnung handele, die nach der Kronenentfernung noch nicht da gewesen sei. Indes habe die Prüferin sich die Situation zu keinem Zeitpunkt zwischen dem 13. bis 21.03.2002 angeschaut. Er habe die Situation nach der Kronen- und Kariesentfernung lediglich dem Assistenten vorgezeigt. Ungefähr 15 Minuten nach diesem Vorfall sei die Prüferin erneut zu ihm gekommen und habe gesagt, dass er die Examensprüfung sowieso nicht bestanden habe und er seinen Patienten einem Assistenten übergeben könne. Er rügte auch Fehler bei der Bewertung des theoretischen Prüfungsteils und des von ihm angefertigten herausnehmbaren Zahnersatzes.
Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.01.2003, dem Kläger zugestellt am 04.01.2003, wies das beklagte Land den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe noch am ersten Tag eine neue Patientin erhalten, die bereits um 16.00 Uhr erschienen sei. Die an diesem Tag nicht erfolgten Behandlungsschritte hätten bequem in der übrigen Prüfungszeit nachgeholt werden können. Die Prüfungsanweisung, mit der Behandlung der Patientin unverzüglich auch ohne Röntgenbild zu beginnen, sei korrekt gewesen, da beide Zähne zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns vital und bereits seit längerem überkront gewesen seien. Durch eine - überflüssige - Röntgendiagnostik hätte sich keine Änderung der Behandlung ergeben. Bei der Durchführung der Abformung für die Kronen an den Zähnen 46 und 47 sei der Kläger mit keiner stärkeren Blutungsneigung als bei der Anfertigung von festsitzendem Zahnersatz üblich konfrontiert gewesen. Das Versagen des Klägers im praktischen Prüfungsteil habe nicht auf der fehlenden Zeit, sondern vor allem auf der Tatsache beruht, dass er aufgrund nicht genügender theoretischer Kenntnisse und praktischer Umsetzung bei der betroffenen Patientin zwei vitale Pfeilerzähne durch seine Präparation kaputt geschliffen und damit einen bleibenden Schaden verursacht habe. Der vom Kläger beklagte, hiervon zu unterscheidende Defekt sei auch nicht, wie von ihm vermutet, durch das Abnehmen der alten Krone entstanden, sondern stelle eine kariöse Läsion dar. Die Prüferin habe den Zustand der Pfeilerzähne nach der Entfernung der Kronen 46 und 47 bei der Patientin gesehen, es habe hierbei keine Pulpa durchgeschimmert. Der Kläger habe sich bei dieser Gelegenheit bei der Prüferin beklagt, wie er die - vermeintlich schwierige - Präparation machen solle. Eine Beurteilung des Zustands der Pfeilerzähne sei möglich gewesen, auch wenn die Prüferin dem Kläger nur über die Schulter gesehen habe. Beide Pfeilerzähne seien zu diesem Zeitpunkt in einem vollkommen anderen Zustand gewesen als zu dem Zeitpunkt, als die Prüferin dem Kläger habe mitteilen müssen, dass seine Prüfungsleistung „nicht genügend“ sei, da er an einem der Pfeilerzähne mit zu starkem Neigungswinkel so weit in den Zahn präpariert habe, dass eine Perforation zur Pulpa bestanden und am anderen Pfeilerzahn die Pulpa rot durchgeschimmert habe. Die Äußerung zum Nichtbestehen habe die Prüferin machen dürfen, ohne damit gegen Verfahrensvorschriften zu verstoßen, da eine Beratung mit anderen Prüfern im praktischen Teil des Faches Zahnersatzkunde nicht vorgesehen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe definitiv festgestanden, dass die Prüfungsleistung nicht genügend sei. Die später folgenden Prüfungsleistungen hätten keinen Einfluss auf die Gesamtnotengebung mehr haben können. Der Vorwurf der Befangenheit sei im Übrigen nicht unverzüglich erhoben worden.
Hiergegen hat der Kläger am 16.01.2003 Klage mit dem Ziel einer weiteren Prüfungszulassung erhoben. Zur Begründung trug er vor, ihm sei ein erheblicher Zeitverlust entstanden, der sich auf die - angeblich schlechte - Qualität der Behandlung ausgewirkt habe. Ein Ausgleich im Rahmen der ursprünglichen Bearbeitungszeit sei nicht möglich gewesen. Ihm hätte deshalb eine Verlängerung der Prüfungszeit um den verloren gegangenen Prüfungstag zugestanden werden müssen. Die Darstellung des Beklagten, dass er bei der Kariesbehandlung nach erfolgter Kronenentfernung einen Behandlungsfehler begangen habe, indem er zu tief bzw. in einem falschen Winkel geschliffen habe, treffe nicht zu. Er habe lediglich die vorhandene Karies entfernt. Sei eine so weitgehende Entfernung erforderlich, dass man in die Nähe des Pulparaumes gelange, so müsse notfalls eine Wurzelbehandlung durchgeführt werden. Die von ihm vorgenommene Präparation und der Präparationswinkel seien erforderlich gewesen, um die vorhandene Karies abzutragen. Nicht zutreffend sei die Behauptung des Beklagten, er habe durch seine Behandlung, insbesondere durch das Abschleifen, eine Pulpaöffnung am Zahn 46 verursacht. Es sei bei der Entfernung der Krone ein kleiner Defekt entstanden, der keinerlei Kommunikation zum Pulparaum gehabt habe. Es sei nicht möglich, dass die Prüferin die Beobachtung, der Schaden sei unmittelbar nach Entfernen der Krone nicht vorhanden gewesen, gemacht haben könne, als sie ihm während der Behandlung über die Schulter geschaut habe. Nicht der Präparationswinkel sei für die Pulpaöffnung kausal gewesen, vielmehr sei diese durch die Entfernung der Krone entstanden. Hätte er anlässlich der Präparation des betreffenden Zahns am 14.03.2002 die Pulpa eröffnet, so hätten sich - was nicht erfolgt sei - bei der Patientin - neben einer deutlich sichtbaren Blutung - erhebliche Schmerzen einstellen müssen. Die Prüferin habe auch den ihr zustehenden Bewertungsspielraum überschritten.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat ausgeführt, dass es sich um ein übliches Problem handele, wenn Patienten während des Staatsexamens nicht zum gewünschten Zeitpunkt zur Behandlung kommen könnten. Hierdurch könne durchaus für einen Kandidaten ein Zeitverlust von einem Tag entstehen. Darauf werde durch die regelmäßige Prüfungszeit von 10 Tagen Rücksicht genommen. Eine Verlängerung der Behandlungszeit sei unrealistisch und führe zur Chancenungleichheit. Der Kläger habe eine von Umfang und Schwierigkeitsgrad her eher kleine Examensarbeit zu absolvieren gehabt. Die Falschbehandlung sei unabhängig von jedem vermeintlichen Zeitdruck zu sehen. Das Ausmaß der Kronenrandkaries habe nach Abnahme der Kronen klinisch wesentlich exakter als mit einem Röntgenbild ermittelt werden können, da Röntgenstrahlung die Metalllegierung nicht durchdringen würde. Nach Abnahme der Kronen seien beide Zähne vollkommen normal präpariert gewesen. Die Pulpenöffnung an Zahn 46 sowie die beinahe erfolgte Pulpenöffnung an Zahn 47 seien weder durch das Abnehmen der alten Kronen noch durch die Entfernung der Karies entstanden. In beiden Fällen habe der Kläger durch eine falsche Präparation mit einem zu starken Neigungswinkel auf die Zahnachse zu das Pulpenhorn auf der Glattfläche des vorderen Anteils der Zahnkrone vollständig an Zahn 46 und nahezu vollständig an Zahn 47 eröffnet. Die angesprochene Sekundärkaries an Zahn 46 liege von der Öffnungsstelle der Pulpa entfernt weiter unten zum Zahnfleisch hin. Die Schlitzung der Kronen erfolge ungefähr in der Mitte der Außenfläche des Zahnes, die Öffnungsstelle der Pulpa liege davor. Zudem lägen bei beiden Zähnen die besagten Verletzungsstellen auf einer - vom Kläger - eben geschliffenen Zahnoberfläche.
Mit Urteil vom 09.06.2005 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf erneute Teilnahme am Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde. Die Regelprüfungszeit des § 50 Satz 1 ZAppO von 10 Tagen sei eingehalten worden. Der Kläger habe keinen ganzen Behandlungstag verloren, er habe am ersten Behandlungstag die Patientin der Prüferin vorgestellt und an Ober- und Unterkiefer eine Situationsabformung vorgenommen. Der vom Kläger geltend gemachte Zeitverlust verstoße auch nicht gegen § 50 Satz 2 ZAppO. Einerseits könne eine mögliche Kompensation nicht nur durch nachträgliche Zeitzugabe, sondern auch - wie vorliegend - dadurch erfolgen, dass der Prüfer die klinischen Arbeitsbedingungen in seine Bewertung einbeziehe. Andererseits beruhe das Versagen des Klägers im praktischen Prüfungsteil nicht auf der fehlenden Zeit, sondern auf der schlechten Qualität der von ihm erbrachten Prüfungsleistungen. Er könne auch nicht geltend machen, dass er infolge des Zeitverlustes bestimmte Arbeitsschritte nicht habe durchführen können. Denn er habe diese Schritte am folgenden Behandlungstag nachgeholt. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und das prüfungsrechtliche Fairnessgebot liege nicht vor. Es stelle keinen erheblichen Verfahrensfehler dar, dass die Prüferin dem Kläger noch vor Ablauf des praktischen Teils der Prüfung mitgeteilt habe, er habe die Prüfung nicht bestanden. Die Äußerung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die im praktischen Teil der Prüfung einzige Prüferin sich aufgrund der Schwere des vom Kläger gemachten Fehlers bei der Präparation der Pfeilerzähne bereits ein endgültiges Urteil habe bilden können. Die mündliche Prüfung habe bereits stattgefunden gehabt. Die nachfolgenden Prüfungsleistungen hätten auf die Gesamtnotengebung keinen maßgeblichen Einfluss mehr nehmen können. Aus den gleichen Gründen liege auch insoweit kein Verstoß gegen das Fairnessgebot vor. Die Rüge bleibe auch deshalb erfolglos, weil der Kläger den Verfahrensfehler nicht rechtzeitig gerügt habe.
Der Kläger macht mit der vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend geltend, die Arbeiten des ersten Behandlungstages seien wegen der fortgeschrittenen Zeit weitgehend nicht zu verwenden gewesen und hätten am nächsten Tag wiederholt werden müssen. Die Wertung, dass die Prüferin den Zeitrückstand im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums berücksichtigt habe, sei sachwidrig. Sie habe vielmehr zusätzlich zu dem bereits bestehenden Zeitrückstand noch Druck auf ihn ausgeübt. Dass ein gewisser Zeitverlust im Rahmen des Beurteilungsspielraums berücksichtigt werden könne, könne weiter nicht gelten, wenn die Mangelhaftigkeit der erstellten Arbeit gerade auf den eingetretenen Zeitverlust und das permanente Anhalten zur beschleunigten Bearbeitung durch die Prüferin zurückgehe, das jedenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu berücksichtigen sei. Die ihm verweigerte Röntgenuntersuchung sei ebenfalls grundlegend für die zeitlichen Engpässe gewesen, die sich im Folgenden eingestellt hätten, da hierdurch ein zügiges Arbeiten erschwert worden sei. Die Verweigerung der Röntgenuntersuchung sei im Übrigen sachwidrig gewesen, da für die Planung von Zahnersatz ein vollständiger Röntgenstatus unverzichtbar sei. Die ihm aufgegebene Arbeit sei sowohl vom Umfang als auch vom Schwierigkeitsgrad her kompliziert und zeitaufwändig gewesen. Die eigentliche Behandlung habe zwischen dem 13. und 15.03.2002 stattgefunden, das Labor habe am 22.03.2002 geliefert. Danach müsse noch Zeit sein, um die Kronen ggf. zur Nachbesserung an das Labor zurückzugeben. Es habe sich bei dem im Zuge der Kronenschlitzung an Zahn 46 entstandenen Defekt nicht um eine - von einem solchen Defekt streng zu unterscheidende - Pulpaeröffnung gehandelt. Vielmehr sei eine Pulpaeröffnung nicht vorhanden gewesen und sei auch nicht durch seine Behandlung herbeigeführt worden. Dies habe sich auch darin gezeigt, dass der Defekt nach der Kronenentfernung nicht geblutet habe. Seine Behandlung der Zähne 46 und 47 sei sachgemäß gewesen, etwaige Probleme bei der Behandlung seien allein auf die konkreten Anweisungen der die Prüfung betreuenden Zahnärzte zurückzuführen. Nach der im Rahmen der Voruntersuchung festgestellten Sekundärkaries an den Zähnen 46 und 47 sei vor der weiteren Behandlung die Anfertigung eines Röntgenbildes zwingend erforderlich gewesen. Um bei einer Kariesentfernung eine mögliche, jedoch bestrittene Pulpaöffnung zu vermeiden, müssten der Pulpaverlauf und die Ausdehnung der Karies festgestellt werden, was nur durch ein - nach Entfernen der Kronen angefertigtes - Röntgenbild möglich sei. Es bestehe gegenüber der üblichen Vorgehensweise zur Entfernung vorhandener Kronen durch deren Einschlitzen auch die Möglichkeit, die zu entfernenden Kronen statt dessen abzuschleifen. Zur Auswahl der richtigen Vorgehensweise und Ermittlung des Zustandes der unter der Krone befindlichen Zahnsubstanz sei zwingend die Anfertigung einer aktuellen Röntgenaufnahme vor Entfernen der Kronen notwendig. Dies sei ebenfalls für die eigentliche Durchführung des Abschleifens der vorhandenen Kronen ohne Verletzung des darunter liegenden Zahnes und insbesondere ohne Eröffnung der Pulpa notwendig, deren Verlauf erkennbar werde. Nachdem eine Röntgenaufnahme nicht zugelassen worden sei, habe er nur die Methode des Einschlitzens der Kronen anwenden können. Die ihm zur Last gelegten, von ihm weiterhin bestrittenen Behandlungsfehler wären jedenfalls nicht verursacht worden, wenn er die geforderte Röntgenaufnahme hätte erstellen können, weil dann eine - unterstellte - Pulpaeröffnung durch eine andere Methode zur Entfernung der Kronen und ein anderes Vorgehen bei der Entfernung der Sekundärkaries vermieden worden wäre. Die Anfertigung eines Röntgenbildes werde zur Vermeidung eines Präparationstraumas der Pulpa in der zahnärztlichen Literatur als unabdingbar angesehen. Es kämen mehrere Ursachen für die vom Beklagten behauptete Pulpaeröffnung in Betracht, nämlich eine Pulpaeröffnung bei der Kronenschlitzung, durch Herausbrechen von nicht gesunder und instabiler Zahnhartsubstanz, durch die Präparation zur Vorbereitung der Anbringung der neuen Krone oder durch die Entfernung der Sekundärkaries. Dementsprechend diene die Anfertigung eines Röntgenbildes der Beurteilung des Zustandes und der Stabilität der (bei Entfernung der vorhandenen Krone möglicherweise ansonsten herausbrechenden) Zahnhartsubstanz und weiter der Ermittlung der Ausdehnung des Sekundärkariesbefalls sowie des genauen Verlaufs der Pulpa. Dadurch, dass ihm im Gegensatz zu anderen Prüflingen keine Röntgenaufnahmen zur Verfügung gestanden hätten, liege außerdem ein Verstoß gegen die Chancengleichheit vor. Eine - unterstellte - Pulpaeröffnung stelle keinesfalls - wie vom beklagten Land angenommen - stets einen Behandlungsfehler dar, es könne auch bei ordnungsgemäßer Behandlung zu einer Pulpaeröffnung kommen. Insbesondere bestehe diese Gefahr auch bei ordnungsgemäßer Behandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - bereits bei früheren Behandlungen am Zahn u.a. durch Präparationen Substanzabtrag erfolgt sei und deshalb nur noch wenig Substanz über der Pulpa vorhanden sei oder wenn im Zuge der Behandlung zu entfernende Karies sich nahe an der Pulpa befinde. Nach der von ihm durchgeführten Behandlung habe keinerlei Pulpaeröffnung bestanden. Soweit daran anschließend von der Prüferin das Vorliegen einer Pulpaeröffnung behauptet worden sei und er in der Folge angewiesen worden sei, den streitgegenständlichen Zahn zu trepanieren, sei dies ausschließlich auf Anweisung der Prüferin hin erfolgt.
Der Kläger beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 09. Juni 2005 - 8 K 79/03 - zu ändern und das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide des Ausschusses für die zahnärztliche Prüfung an der Universität Tübingen vom 16.04.2002 und des Widerspruchsbescheids des Landesprüfungsamtes beim Regierungspräsidium Stuttgart vom 03.01.2003 zu verpflichten, ihn zu einer weiteren Prüfung im Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde der zahnärztlichen Abschlussprüfung zuzulassen.
11 
Das beklagte Land beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Es führt ergänzend aus, der Kläger habe in jedem Fall am ersten Behandlungstag Behandlungsmaßnahmen an der zweiten Patientin durchgeführt. Ein Verlust an Prüfungszeit habe sich vorliegend nicht auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt und habe deshalb auch nicht durch Verlängerung der Prüfungszeit kompensiert werden müssen. Der Kläger habe für die Ausführung der Arbeit ein Mehrfaches der in der Regel dafür benötigten Zeit zur Verfügung gehabt und habe bereits vor Ablauf der Prüfungszeit am 26.03.2003 die fertige Prüfungsarbeit abgegeben. Die Mangelhaftigkeit der Prüfungsarbeit gehe deshalb nicht auf einen bestehenden Zeitdruck und auf das angebliche, im Übrigen nicht rechtzeitig gerügte Anhalten zur beschleunigten Bearbeitung durch die Prüferin zurück. Ein vor der Behandlung angefertigtes Röntgenbild hätte die Verletzung des Zahnnervs in einer Region, die von der früher getragenen Krone vollständig bedeckt gewesen sei, nicht vermieden, da die Kronen Röntgenstrahlen nicht durchließen. Im Verlauf der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe der Kläger zugeben müssen, dass er die Verletzung des Nervs erst zu diesem Zeitpunkt erkannt habe. Die vom Kläger genannten potentiellen Faktoren für eine Pulpaöffnung seien irrelevant, da er die Pulpa im oberen Kronenbereich durch einen falschen Präparationswinkel eröffnet habe. Ein Röntgenbild auch nach Entfernen der Krone hätte den Fehler des falschen Präparationswinkels nicht vermeiden können.
14 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Fragen, ob die an den Kläger ergangene Anweisung, vor Beginn der geprüften Behandlung keine Röntgenaufnahmen anzufertigen, fachlich korrekt gewesen sei und ob der Umstand, dass der Kläger keine Röntgenaufnahmen anfertigen konnte, (mit-)ursächlich für die im Rahmen der angefochtenen Prüfung angenommene Falschbehandlung einer Patientin durch den Kläger gewesen sei oder ob sich ein solcher Zusammenhang ausschließen lasse. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten von Prof. Dr. ... vom 08.08.2006 verwiesen.
15 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (1 Band) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die - zutreffend gegen das Land Baden-Württemberg gerichtete (vgl. dazu Senat, Urteil vom 13.04.1988 - 9 S 2019/87 -) - Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf erneute Teilnahme am Prüfungsteil Zahnersatzkunde der zahnärztlichen Abschlussprüfung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Die angegriffene Wiederholungsprüfung litt nicht an einem rechtserheblichen Verfahrens- oder Bewertungsfehler, der einer Korrektur in einem erneuten Prüfungsverfahren bedürfte. Im Fall eines Fehlers im Verfahren zur Ermittlung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Prüflings scheidet eine ordnungsgemäße Bewertung objektiv aus, wenn wegen des gestörten Prüfungsverlaufs einer zuverlässigen Bewertung die Grundlage fehlt und/oder die Chancengleichheit aller Prüflinge verletzt wird. Der durch den Fehler belastete Prüfling hat auf der Grundlage seines prüfungsrechtlichen Rechtsverhältnisses einen gesetzlich durchsetzbaren Anspruch auf Folgenbeseitigung, der in diesen Fällen die Wiederholung der Prüfung umfasst (vgl. dazu Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 2, 4. Aufl., Rdnr. 504). Demgegenüber sind Mängel bei der Bewertung von Prüfungsleistungen bei einer verfahrensfehlerfreien Prüfung grundsätzlich nicht durch eine Wiederholung, sondern durch eine erneute Beratung und Bewertung durch die zuständigen Prüfer zu beheben (Niehues, a.a.O., Rdnr. 512; zu Ausnahmen vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 6 B 13.96 -, DVBl. 1996, 597; Senat, Beschluss vom 21.09.2005 - 9 S 473/05 -, NVwZ-RR 2006, 255). Mithin bedarf es vorliegend, da der Kläger die Durchführung einer Wiederholungsprüfung und nicht nur die Korrektur der Bewertung begehrt, keiner gesonderten Entscheidung, ob die vom Kläger geltend gemachten Bewertungsfehler vorliegen.
18 
Hat der Kläger die Wiederholungsprüfung im Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde nicht bestanden, hat er auch die zahnärztliche Abschlussprüfung insgesamt endgültig nicht bestanden mit der Folge, dass der Prüfungsanspruch erloschen ist (§ 54 Abs. 4 ZAppO; so schon Senat, Urt. vom 13.04.1988 - 9 S 2619/87 -; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 10.11.1972 - VII C 19.72 -, BVerwGE 41, 148).
19 
1. Der Umstand, dass dem Kläger die letztlich im Rahmen der Prüfung zu behandelnde Patientin erst zum Ende des ersten Prüfungstages zur Verfügung stand, begründet keinen rechtserheblichen Verfahrensfehler.
20 
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger insoweit seiner Obliegenheit, Verfahrensfehler unverzüglich zu rügen, nachgekommen ist und am zweiten Behandlungstag gegenüber dem Assistenten Dr. ... geltend gemacht hat, dass ihm die zur Verfügung stehende Zeit zur ordnungsgemäßen Behandlung der Examenpatienten nicht ausreicht und gleichzeitig zusätzliche Behandlungszeit verlangt hat. Die in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensfehler liegen aber nicht vor.
21 
Die Regelprüfungszeit, die gemäß § 50 Satz 1 ZAppO 10 Tage beträgt, wurde eingehalten.
22 
Soweit der Kläger geltend macht, der erste Prüfungstag sei für ihn verloren gewesen, weil er die geplanten bzw. beabsichtigten Behandlungsmaßnahmen an der (neuen) Patientin nicht habe durchführen können, vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Unstreitig konnte er die Patientin der Prüferin vorstellen, einen aktuellen Befund erheben und erste - wenn auch möglicherweise nicht weiter verwertbare - Abdrücke nehmen. Damit fand die zahnärztliche Prüfung für den Kläger auch an diesem Tag statt. Der am ersten Tag im Vergleich zur ursprünglichen Planung entstandene Zeitverlust ändert an der Einhaltung der Regelprüfungszeit nichts. Denn § 50 Satz 1 ZAppO schreibt weder eine bestimmte Prüfungsdauer (etwa 8 Stunden pro Prüfungstag) noch einen bestimmten Zeitanteil für Behandlungsmaßnahmen am Patienten vor (so bereits Senat, Urteil vom 13.04.1988 - 9 S 2619/87 -).
23 
Der vom Kläger geltend gemachte Zeitverlust verstößt auch nicht gegen § 50 Satz 2 ZAppO.
24 
Dort ist die Pflicht des Kandidaten normiert, seine theoretischen Kenntnisse über die Planung und Ausführung von Behandlungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Zahnersatzkunde nachzuweisen und sowohl herausnehmbaren wie festsitzenden Zahnersatz anzufertigen und einzugliedern. Hieraus ergibt sich die Pflicht des Prüfers, dem Kandidaten unter anderem die Benutzung der Laborarbeitsplätze und der technischen Behandlungseinrichtungen sowie die Behandlung der Patienten in dem Umfang zu ermöglichen, der für die sachgerechte Bewältigung der gestellten Prüfungsaufgabe innerhalb des zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmens nötig ist. Im Hinblick auf diese sich aus dem Prüfungsanspruch des Kandidaten ergebende Verpflichtung kann auch in dem nur zeitweisen Ausfall eines Patienten ein zur Rechtswidrigkeit des Prüfungsbescheides führender Verfahrensfehler liegen (Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.). Der Kläger hat nach seinen Angaben durch den von ihm nicht zu vertretenden Ausfall der ersten Patientin nicht näher bezifferte Behandlungszeit am Patienten verloren und den so entstandenen Zeitverlust auch nicht ausgleichen können. Ob in einer solchen zeitlichen Abweichung vom Behandlungsplan des Kandidaten allein bereits ein Verfahrensfehler zu sehen ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers aus diesem Grund die Fehlerhaftigkeit des Prüfungsverfahrens bejaht, steht ihm der geltend gemachte Wiederholungsanspruch nicht zu. Denn Verfahrensfehler führen nach ständiger Rechtsprechung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Prüfungsbescheides, wenn sie sich auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt haben können (BVerwG, Urt. vom 13.06.1969 - VII C 27.68 -, BVerwGE 32, 179; Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.). Daran fehlt es hier.
25 
Ein Verfahrensmangel bei der Prüfung, vornehmlich wenn er in einem nicht zu vertretenden Verlust an Prüfungszeit besteht, kann geheilt werden. Im Regelfall bietet sich hierfür als Kompensation eine nachträgliche Zeitzugabe an. Ist Gegenstand der Prüfung aber eine unter den stets wechselnden und für alle Prüflinge nie gleichmäßigen Bedingungen der Praxis herzustellende praktische Arbeit, so kommt als Korrekturmaßnahme nicht nur eine, vielfach auch gar nicht mögliche, Prüfungsverlängerung in Betracht, sondern auch eine Korrektur des Inhalts, dass der Prüfer die klinischen Arbeitsbedingungen, unter denen die praktische Arbeit herzustellen war, in seine Bewertung einbezieht. Dies gilt besonders bei solchen praktischen Arbeiten, bei denen wie hier die konkrete Prüfungsaufgabe für jeden Prüfling anders ist und die Prüflinge innerhalb eines zeitlichen Rahmens eigenverantwortlich über die Art und Weise der Durchführung der gestellten Aufgabe entscheiden können (so bereits Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.).
26 
Dass dem Kläger nur noch so wenig Zeit verblieben wäre, dass die Prüfungsaufgabe überhaupt nicht mehr zu bewältigen gewesen wäre, behauptet er bereits selbst nicht. Vielmehr hat das beklagte Land unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Prüferin ausgeführt, für die vom Kläger zu bewältigende Prüfungsaufgabe seien in der Praxis maximal 3,5 Zeitstunden anzusetzen. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Ihm stand aber - wenn man seinen eigenen Vortrag, die hier maßgebliche Behandlung habe vom 12. bis 15.03.2002 stattgefunden und er habe sich einen Behandlungsplatz mit einem Mitprüfling halbtageweise geteilt, zu Grunde legt - ein Mehrfaches dieser Behandlungszeit zur Verfügung. Vorliegend kann daher bei der Frage der Ursächlichkeit des - unterstellten - Verfahrensfehlers die Bewertung der erbrachten Prüfungsleistung durch den Prüfer herangezogen werden. Zu der vom Prüfling zu erbringenden praktischen Prüfungsleistung gehört auch die Bewältigung der sich aus den klinischen Arbeitsbedingungen ergebenden besonderen Schwierigkeiten, wie sie der zeitweilige Ausfall von Patienten darstellt. Dabei ist es, wie vom Beklagten unwidersprochen vorgetragen, ohne weiteres nachvollziehbar, dass es bei einer Prüfung unter klinischen Bedingungen zu Störungen des geplanten Behandlungsablaufs kommen kann, weil Patienten vorgesehene Termine nicht einhalten können und dabei Ausfallzeiten in der Größenordnung wie beim Kläger geschehen entstehen können. Damit obliegt es zunächst dem Prüfer, der die Prüfungsaufgabe gestellt hat und der die vom Prüfling im Verlauf der 10 Tage zu bewältigenden Schwierigkeiten kennt und ihre Auswirkungen auf die erbrachte Prüfungsleistung kraft seiner Fachkompetenz beurteilen kann, die verbindliche Entscheidung darüber zu treffen, ob und inwieweit der Prüfling den Prüfungsanforderungen gerecht geworden ist. Der Prüferin war vorliegend - wie sich aus ihren Stellungnahmen ergibt - bewusst, dass die zunächst für den Kläger vorgesehene Patientin ausfiel. Sie hat weiterhin die erforderliche Behandlungszeit benannt und damit im Hinblick auf die zur Verfügung stehende Zeit ihre - vom Kläger nicht substantiiert bestrittene - Einschätzung untermauert, der Kläger habe im Bereich des feststehenden Zahnersatzes eine eher kleine Prüfungsarbeit herzustellen gehabt.Nach Auffassung der Prüferin beruhte das Versagen des Klägers im praktischen Prüfungsteil jedoch nicht auf fehlender Zeit, sondern auf seinem mangelnden Können, nämlich vor allem auf der Tatsache, dass der Kläger aufgrund nicht genügender theoretischer Kenntnisse und praktischer Umsetzung bei der betroffenen Patientin zwei Pfeilerzähne bei Wahl eines falschen Präparationswinkels fehlerhaft präpariert hat. Die Prüferin hat dabei in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den für das Nichtbestehen maßgeblichen Umstand zulässiger Weise dahingehend präzisiert, dass dies nicht die Perforation der Pulpa als solche, sondern die Tatsache gewesen sei, dass der Kläger zu nahe am Zahnnerv und daher „definitiv zuviel Substanz“ wegpräpariert habe, so dass es auf die Frage, ob und gegebenenfalls wann und wie eine - ohnehin nur Zahn 46 betreffende - Pulpaeröffnung stattgefunden hat, und damit auch auf die vom Kläger angeführten möglichen alternativen Ursachen für die Pulpaeröffnung nicht entscheidungserheblich ankommt. Dafür, dass die Prüferin den Zustand der Zähne 46 und 47 nach Entfernung der alten Kronen und vor der Neupräparation gesehen hat, spricht entscheidend, dass die Prüferin mit ihrer Sachverhaltsschilderung durchgängig verbindet, dass der Kläger, was dieser nicht substantiiert bestritten hat, sich bei dieser Gelegenheit über die Schwierigkeit der vorzunehmenden Präparation beklagt hat.
27 
Das Vorliegen einer fehlerhaften Präparation hat der Kläger auch nicht substantiiert bestritten.
28 
Unter Präparation ist dabei - wie dies auch im Schriftsatz des Klägers vom 17.11.2006 dargestellt wird - der nach Entfernung der alten Kronen und Füllungen, der Kariesbehandlung und der Einbringung einer Aufbaufüllung erfolgende Behandlungsschritt zu verstehen, bei dem der aus Zahnstumpf und Aufbaufüllung gebildete „Zylinder“ zur Aufnahme der Krone zurecht geschliffen wird. Auf den Substanzabtrag bei dieser Präparation bezieht sich die Kritik der Prüferin. Soweit der Kläger dies noch in der Klagebegründung missverstanden hat und sich gegen den - nicht erhobenen - Vorwurf verteidigt hat, er habe bei der Kariesbehandlung zuviel Substanz abgetragen, ist sein Vortrag überholt. Bereits nach dem letzten Vortrag des Klägers, ebenso nach dem vom Senat erhobenen Gutachten, scheidet auch die Möglichkeit aus, dass der im Rahmen der Präparation stattfindende Substanzabtrag so auch im Weg der Kariesentfernung oder der Kronenentfernung erfolgen konnte.
29 
Soweit der Kläger - erstmals im Schriftsatz vom 17.11.2006 - behauptet, der vorgenommene Substanzabtrag und der Präparationswinkel entsprächen den - zuvor von ihm dargestellten - allgemeinen fachlichen Anforderungen „bzw.“ der bei Beginn der Behandlung vorgefundenen klinischen Situation, die dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass am „streitgegenständlichen“ Zahn bereits früher unter erheblichem Abtrag von Zahnsubstanz Präparationen erfolgt seien, gilt Folgendes: Der Senat geht davon aus, dass am Zahn 46 der Examenspatientin an der Stelle der zwischen den Beteiligten streitig gewordenen Pulpaeröffnung bereits vor der vom Kläger durchgeführten Behandlung „Präparationen, erheblicher Abtrag von Zahnsubstanz und Kariesentfernung vorgenommen wurden und deshalb nur noch wenig Zahnsubstanz über der Pulpa“ vorhanden war. Damit ist aber der von der Prüferin erhobene und in dem vom Senat eingeholten Gutachten bekräftigte Vorwurf eines Präparationsfehlers an Zahn 46 und 47 nicht in Frage gestellt. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass aus dem - im Übrigen nur auf diesen Zahn bezogenen - früheren Zustand des Zahns 46 zwingend folgen würde, dass nur die vom Kläger vorgenommene Präparation möglich war. Dagegen spricht gerade auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 17.11.2006 geschilderte Vorgehensweise beim Ersetzen von Kronen. Danach erfolgt die fragliche Präparation nicht am nach Entfernen der alten Krone vorhandenen Zahnstumpf, sondern an einem die Form eines senkrecht stehenden Zylinders aufweisenden, aus Zahn und neuer Aufbaufüllung bestehenden Bereich, wobei Aufbaufüllung und Zahnsubstanz abgeschliffen werden.
30 
Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aufgrund des aufgetretenen Zeitverlustes auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit feststellen. Dies gilt selbst für den Fall, dass nur bei ihm und keinem anderen Kandidaten Zeitverluste durch die klinischen Arbeitsbedingungen aufgetreten sind. Der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt zwar auch, dass die Prüflinge ihre Prüfungsleistungen unter gleichen äußeren Prüfungsbedingungen erbringen können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese bei allen Prüflingen einer Prüfungskonkurrenz in jeder Hinsicht identisch sein müssten. Dies gilt auch für die unter klinischen Bedingungen durchgeführte praktische Prüfung im Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde. Die sich gerade aus diesen Bedingungen ergebenden unterschiedlichen Schwierigkeiten, die jeden Kandidaten treffen können und deren Bewältigung - wie ausgeführt - Teil der zu erbringenden Prüfungsleistung ist, überschreiten den Rahmen der rechtlich nicht erheblichen Unterschiede in den äußeren Prüfungsbedingungen nicht (Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.).
31 
2. Der Umstand, dass dem Kläger die Anfertigung eines Röntgenbildes verweigert wurde, begründet ebenfalls keinen rechtserheblichen Verfahrensfehler.
32 
Zu den von der die Prüfung durchführenden Stelle zu gewährleistenden äußeren Prüfungsbedingungen gehört auch das zur Verfügung stellen von notwendigen Arbeitsmitteln, die nicht der Prüfling selbst zu stellen hat. Wird diesem Erfordernis nicht genügt, liegt ein rechtlich relevanter Verfahrensmangel vor (vgl. Senat, Beschluss vom 20.12.2002 - 9 S 1173/02 -).
33 
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger auch insoweit seiner Obliegenheit, Verfahrensfehler unverzüglich zu rügen, nachgekommen ist. Er hat während der Prüfung gerügt, dass er vor Behandlungsbeginn, also insbesondere vor dem Entfernen der Kronen, kein Röntgenbild anfertigen durfte. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger gegenüber dem Assistenten Dr. ... am dritten Behandlungstag, also nach Entfernen der alten Kronen, verlangt hat, ihm die Anfertigung eines Röntgenbildes zur Beurteilung der klinischen Situation und der Vermeidung von Behandlungsfehlern zu gestatten.
34 
Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten war die Erstellung eines Röntgenbildes vor Beginn der geprüften Behandlung nicht erforderlich. Sie konnte weder der Diagnose der zu entfernenden Sekundärkaries dienen, da diese bereits festgestellt war (und Anlass zur Erneuerung der Kronen gab) und auch nicht der Bestimmung der Ausdehnung der Sekundärkaries, da die Zahnhartsubstanz unter der (Metall-)Krone nicht röntgenologisch darstellbar war, vielmehr nur apikal der Kronenränder liegende Defekte, mithin nur ein Teil der möglichen Defekte, erkennbar gewesen wären. Auch die im Röntgenschatten liegende Kronenpulpa und ihr Verlauf hätten sich durch ein vor Behandlungsbeginn erstelltes Röntgenbild nicht beurteilen lassen. Der Kläger setzt dem lediglich die Behauptung entgegen, auch vor Behandlungsbeginn hätte zur Beurteilung des Verlaufs der Pulpa und der Ausdehnung des Sekundärkariesbefalls ein Röntgenbild angefertigt werden müssen, widerspricht damit aber seinem früheren Vortrag, wonach die Ausdehnung des Sekundärkariesbefalls nur durch ein nach Entfernen der Kronen erstelltes Röntgenbild erkennbar sein soll.
35 
Als neue Indikation für die Notwendigkeit eines Röntgenbildes vor Behandlungsbeginn hat der Kläger in seiner Stellungnahme zu dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten die „Beurteilung des Zustands und der Stabilität der (bei Entfernung der vorhandenen Krone möglicherweise ansonsten herausbrechenden) Zahnhartsubstanz“ angegeben. Hierauf konnte der Gutachter nicht ausdrücklich eingehen, allerdings hat er auf die allgemein gehaltene Frage, ob die Anweisung, vor Beginn der geprüften Behandlung keine Röntgenaufnahme anzufertigen, fachlich korrekt war, zusammenfassend geantwortet, ein aktuelles Röntgenbild vor der Überkronung (womit der Gutachter im vorliegenden Zusammenhang meint: vor Behandlungsbeginn) sei nicht zwingend erforderlich gewesen. Dasselbe gilt, soweit der Kläger neuerdings ein Röntgenbild zur Feststellung von Wurzelkaries, horizontalem Knochenabbau sowie zur Feststellung eines internen Granuloms oder pathologischer Vorgänge im umliegenden Knochen für erforderlich hält.Außerdem führt der Gutachter aus, dass außerhalb der vom Kläger (bis zur Erhebung des Gutachtens) angeführten Indikationen ein aktuelles Röntgenbild (nur) zur Feststellung apikaler Prozesse und zum Verlauf des Limbus alveolaris herangezogen werden könne. Aufgrund der klinisch festgestellten Vitalität der Pfeilerzähne 46 und 47 seien jedoch röntgenologisch darstellbare apikale Veränderungen nicht zu erwarten.
36 
Soweit der Kläger hiergegen einwendet, die klinische Vitalitätsprüfung liefere häufig falsch positive oder falsch negative Ergebnisse, stellt dies die Einschätzung des Gutachtens nicht in Frage. Denn auch der Kläger behauptet damit bereits nicht, dass die Vitalitätsprüfung so fehleranfällig sei, dass sie als diagnostische Maßnahme in diesem Zusammenhang ausscheidet und zwingend durch ein Röntgenbild ersetzt werden müsse. Erst recht belegt er eine solche Annahme nicht. Der Gutachter hat demgegenüber die Frage bejahend beantwortet, ob die Vitalitätsprüfung im vorliegenden Zusammenhang noch ausreichend ist. Ob ein (zusätzliches) Röntgenbild - wie der Kläger meint - zuverlässigere Informationen liefern kann, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen.
37 
Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten war auch nach Entfernen der Kronen die Anfertigung eines Röntgenbildes unnötig. Der Gutachter führt in diesem Zusammenhang weiter an, nach Entfernung der Kronen sei die räumliche Ausdehnung der Sekundärkaries klinisch wesentlich besser zu beurteilen als mittels eines Röntgenbildes. Auch die Berücksichtigung der Ausdehnung der Pulpa begründe nicht die Notwendigkeit eines Röntgenbildes. Dieses projiziere eine dreidimensionale Struktur auf eine Ebene. Damit sei eine räumliche Zuordnung eines Defektes oder der Pulpaanteile im Strahlengang von bukkal nach lingual nicht möglich. Es sei lediglich eine geringe Ausdehnung der Pulpenhörner und auch dies nur im mesio-distaler Richtung darstellbar. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er hat lediglich behauptet, auch auf Röntgenbildern könne der genaue Verlauf der Pulpa beurteilt werden und nach Entfernung der Kronen müsste zwingend ein Röntgenbild zur Beurteilung der Ausdehnung der Sekundärkaries erstellt werden. Die Äußerung des Sachverständigen bezieht sich insbesondere auch auf die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführte „Ermittlung des genauen Verlaufs und der Lage des am Zahnhals von Zahn 46 mittels Aufbaufüllung versorgten Defekts“. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die „unter dem proliferierten Zahnfleisch vorhandene Sekundärkaries“ abstellt, die wegen der fehlenden Einsehbarkeit nicht klinisch, sondern nur röntgenologisch zutreffend beurteilt werden könne, übersieht er, dass der Zustand des Zahnfleischs der Patientin sich bereits aus den vorliegenden Akten, die dem Gutachter vollständig zur Verfügung standen, ergibt.
38 
Das Gutachten von Prof. Dr. ... ist nach Einschätzung des Senats widerspruchsfrei und nachvollziehbar; er macht sich dieses Gutachten zu eigen.
39 
Liegt in der Anweisung, ein Röntgenbild nicht zu erstellen, somit bereits kein Verfahrensfehler, erübrigt sich die weitere Prüfung einer Kausalität zwischen Verfahrensfehler und Prüfungsergebnis. Im Übrigen hat der vom Senat beauftragte Gutachter auch die Frage, ob zwischen dem Nichtvorhandensein einer Röntgenaufnahme und der im Rahmen der angefochtenen Prüfung angenommenen Falschbehandlung, die ihrerseits zum Nichtbestehen der Prüfung geführt hat, ein Zusammenhang besteht, verneint.
40 
Soweit der Kläger zur Begründung eines Verfahrensfehlers neuerdings statt auf die zwingende Notwendigkeit eines Röntgenbildes stärker auf den Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (vgl. Senat, Beschl. vom 20.12.2002, a.a.O.) abhebt, also der Sache nach geltend macht, (alle) andere(n) Kandidaten hätten ein aktuelles Röntgenbild zur Verfügung gehabt und sei kein aktuelles Röntgenbild vorhanden gewesen, sei ein solches erstellt worden, auch wenn keine medizinische Notwendigkeit hierfür bestand, handelt es sich um eine bloße Behauptung.
41 
3. Der Kläger kann die Wiederholung der Prüfung auch nicht deshalb verlangen, weil die Prüferin ihm gegenüber befangen gewesen wäre.
42 
Die Besorgnis der Befangenheit ist berechtigt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Beurteilung der Prüfungsleistung durch den Prüfenden zu rechtfertigen (§ 21 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 3 Nr. 1 LVwVfG; vgl. Senat, Beschluss vom 11.02.2003 - 9 S 2182/02 -).Eine solche Befangenheit ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass sie ihm vor Abschluss der Prüfung mitgeteilt hat, dass er diese nicht bestanden habe.
43 
Zwar hat der Senat entschieden, dass ein Prüfungsvorsitzender, der während der noch andauernden Prüfung zu erkennen gibt, die Prüfung könne eigentlich sofort beendet werden, weil sich am Ergebnis auch bei ihrer Fortsetzung nichts ändern werde, die Besorgnis der Befangenheit begründe (Beschluss vom 19.06.2001 - 9 S 1164/01 -, NVwZ 2002, 235). Der Senat hat dies indes für einen Fall angenommen, in dem die Bewertung der Prüfungsleistungen durch eine Prüfungskommission erfolgt ist, die ihre Entscheidung mit Stimmenmehrheit fällt. Vorauszugehen hat eine Beratung unter den Prüfern. Zweck dieser Verfahrensregelung ist es, dass die Prüfer ihre jeweiligen persönlichen Wahrnehmungen gegebenenfalls wechselseitig ergänzen, Fachkenntnisse fachkundig bewerten sowie im Kollegium zu einer gerechten Bewertung gelangen, die mögliche Einseitigkeiten ausgleicht. Hieraus folgt, dass jeder Prüfer vor Beginn dieser Beratung zwar eine persönliche Auffassung entwickeln kann und entwickeln soll, dass er aber zugleich mit einem Dissens unter den Prüfern rechnen und für diesen Fall bereit sein muss, sich nicht nur in der Entscheidung von den anderen Prüfern überstimmen, sondern schon in der Beratung von ihnen überzeugen zu lassen. Besitzt ein Prüfer diese Offenheit nicht oder gibt er sie vorzeitig preis, so ist er nicht oder nicht mehr unvoreingenommen. Durch die Äußerung, die Prüfung könne vorzeitig abgebrochen werden, gibt ein Prüfer zu verstehen, dass das (negative) Ergebnis für ihn bereits feststehe, und zwar ohne dass es noch einer Beratung mit den anderen Prüfern bedürfe. Damit legt er sich vorzeitig fest.
44 
Demgegenüber wird die Prüfung im Fach Zahnersatzkunde gemäß § 50 Satz 1 ZAppO von einem Prüfer abgehalten. Kommt dieser - wie hier die Prüferin - zu dem Ergebnis, dass ein so gravierender Fehler vorliegt, dass der Prüfling die Prüfung nicht mehr bestehen kann, begründet es nicht die Besorgnis der Befangenheit, wenn der Prüfer dem Prüfling den Umstand des Nichtbestehens schon vor der offiziellen Beendigung der Prüfung mitteilt. Denn zu diesem Zeitpunkt stand vorliegend fest, dass die Prüfungsleistung im Fach Zahnersatzkunde bereits aufgrund der Fehlpräparation der Zähne 46 und 47 „nicht genügend“ ist. Den Schluss von dem - von ihm bestrittenen - Behandlungsfehler auf das Nichtbestehen des Prüfungsabschnitts Zahnersatzkunde hat der Kläger nicht angegriffen.
45 
Aus § 50 Satz 2 ZAppO folgt nichts anderes. Der Kandidat hat zwar seine theoretischen Kenntnisse über die Planung und Ausführung von Behandlungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Zahnersatzkunde nachzuweisen und herausnehmbaren und festsitzenden Zahnersatz anzufertigen und einzugliedern. Der Prüfer vergibt für diesen Prüfungsabschnitt gemäß §§ 52 Abs. 1 Satz 1, 13 ZAppO aber nur ein „Urteil“. § 50 Satz 2 ZAppO (anders als etwa § 49 ZAppO) sieht keine Einzelurteile, aus denen nach einer bestimmten Vorgabe das Gesamturteil zu bilden ist, sondern nur ein „Urteil“ vor. Dann ist es aber in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden, wenn aufgrund eines gravierenden Fehlers im Bereich der Anfertigung festsitzenden Zahnersatzes, der nach der nicht angegriffenen Wertung der Prüferin auch Rückschlüsse auf mangelnde theoretische Kenntnisse zulässt, bereits das Urteil für den gesamten Prüfungsabschnitt gebildet wird (vgl. in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Senats zu § 28 Abs. 3 ZAppO: Urteil vom 25.02.1992 - 9 S 1818/90 -; Beschluss vom 13.10.1992 - 9 S 2332/92 -, VBlBW 1993, 115; Beschluss vom 09.06.2004 - 9 S 2599/03 -). Aus diesem Grund fehlte es im Übrigen Bewertungsfehlern in den Bereichen „theoretische Kenntnisse“ und „herausnehmbarer Zahnersatz“ an der erforderlichen Relevanz (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143) für das Prüfungsergebnis. Denn diese Prüfungsleistungen konnten vor diesem Hintergrund keinen Einfluss auf die Gesamtnotengebung mehr haben.
46 
Ob die Äußerung der Prüferin einen Verstoß gegen das Fairnessgebot (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 11.11.1998 - 6 C 8.97 -, BVerwGE 107, 363; vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143) darstellt, kann der Senat dahingestellt lassen. Eine das Fairnessgebot missachtende Äußerung kann sich allerdings nur auf den weiteren Verlauf der Prüfung auswirken, während sie die Leistungserbringung des Kandidaten in zurückliegenden Prüfungsteilen nicht mehr beeinflussen kann. Konnte vorliegend das Prüfungsergebnis aber schon zum Zeitpunkt der Äußerung festgestellt werden, kann sich diese auf das Ergebnis nicht mehr ausgewirkt haben, so dass jedenfalls kein erheblicher Verfahrensmangel vorläge (noch offen gelassen im Beschluss des Senats vom 19.06.2001, a.a.O.).
47 
Im Übrigen hat der Kläger diese Verfahrensfehler nicht unverzüglich geltend gemacht, sondern sie der Sache nach erstmals in seiner Widerspruchsbegründung vom 23.04.2002, also etwa eine Woche nach Erhalt des Prüfungsbescheides und einen Monat nach dem in Rede stehenden Vorfall, benannt. Zwar war ihm nicht zuzumuten, die Bemerkung der Prüferin sofort in der Prüfung zu rügen (Senat, Beschluss vom 19.06.2001, a.a.O.). Die Rüge hätte jedoch jedenfalls vor Erhalt des Prüfungsbescheides erfolgen müssen (vgl. BVerwG, Urt. vom 11.11.1998, a.a.O.; Urt. vom 22.06.1994 - 6 C 37/92 -, BVerwGE 96, 126). Dies gilt auch für den neuerdings erhobenen Vorwurf, die Prüferin habe den Kläger ständig zur Eile angehalten. Auch insoweit kann deshalb dahin stehen, ob darin - wenn dieser Vorwurf zuträfe - ein Verstoß gegen das Fairnessgebot liegt.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
49 
Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
50 
Beschluss
vom 21.11.2006
51 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
52 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die - zutreffend gegen das Land Baden-Württemberg gerichtete (vgl. dazu Senat, Urteil vom 13.04.1988 - 9 S 2019/87 -) - Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf erneute Teilnahme am Prüfungsteil Zahnersatzkunde der zahnärztlichen Abschlussprüfung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Die angegriffene Wiederholungsprüfung litt nicht an einem rechtserheblichen Verfahrens- oder Bewertungsfehler, der einer Korrektur in einem erneuten Prüfungsverfahren bedürfte. Im Fall eines Fehlers im Verfahren zur Ermittlung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Prüflings scheidet eine ordnungsgemäße Bewertung objektiv aus, wenn wegen des gestörten Prüfungsverlaufs einer zuverlässigen Bewertung die Grundlage fehlt und/oder die Chancengleichheit aller Prüflinge verletzt wird. Der durch den Fehler belastete Prüfling hat auf der Grundlage seines prüfungsrechtlichen Rechtsverhältnisses einen gesetzlich durchsetzbaren Anspruch auf Folgenbeseitigung, der in diesen Fällen die Wiederholung der Prüfung umfasst (vgl. dazu Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 2, 4. Aufl., Rdnr. 504). Demgegenüber sind Mängel bei der Bewertung von Prüfungsleistungen bei einer verfahrensfehlerfreien Prüfung grundsätzlich nicht durch eine Wiederholung, sondern durch eine erneute Beratung und Bewertung durch die zuständigen Prüfer zu beheben (Niehues, a.a.O., Rdnr. 512; zu Ausnahmen vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 6 B 13.96 -, DVBl. 1996, 597; Senat, Beschluss vom 21.09.2005 - 9 S 473/05 -, NVwZ-RR 2006, 255). Mithin bedarf es vorliegend, da der Kläger die Durchführung einer Wiederholungsprüfung und nicht nur die Korrektur der Bewertung begehrt, keiner gesonderten Entscheidung, ob die vom Kläger geltend gemachten Bewertungsfehler vorliegen.
18 
Hat der Kläger die Wiederholungsprüfung im Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde nicht bestanden, hat er auch die zahnärztliche Abschlussprüfung insgesamt endgültig nicht bestanden mit der Folge, dass der Prüfungsanspruch erloschen ist (§ 54 Abs. 4 ZAppO; so schon Senat, Urt. vom 13.04.1988 - 9 S 2619/87 -; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 10.11.1972 - VII C 19.72 -, BVerwGE 41, 148).
19 
1. Der Umstand, dass dem Kläger die letztlich im Rahmen der Prüfung zu behandelnde Patientin erst zum Ende des ersten Prüfungstages zur Verfügung stand, begründet keinen rechtserheblichen Verfahrensfehler.
20 
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger insoweit seiner Obliegenheit, Verfahrensfehler unverzüglich zu rügen, nachgekommen ist und am zweiten Behandlungstag gegenüber dem Assistenten Dr. ... geltend gemacht hat, dass ihm die zur Verfügung stehende Zeit zur ordnungsgemäßen Behandlung der Examenpatienten nicht ausreicht und gleichzeitig zusätzliche Behandlungszeit verlangt hat. Die in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensfehler liegen aber nicht vor.
21 
Die Regelprüfungszeit, die gemäß § 50 Satz 1 ZAppO 10 Tage beträgt, wurde eingehalten.
22 
Soweit der Kläger geltend macht, der erste Prüfungstag sei für ihn verloren gewesen, weil er die geplanten bzw. beabsichtigten Behandlungsmaßnahmen an der (neuen) Patientin nicht habe durchführen können, vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Unstreitig konnte er die Patientin der Prüferin vorstellen, einen aktuellen Befund erheben und erste - wenn auch möglicherweise nicht weiter verwertbare - Abdrücke nehmen. Damit fand die zahnärztliche Prüfung für den Kläger auch an diesem Tag statt. Der am ersten Tag im Vergleich zur ursprünglichen Planung entstandene Zeitverlust ändert an der Einhaltung der Regelprüfungszeit nichts. Denn § 50 Satz 1 ZAppO schreibt weder eine bestimmte Prüfungsdauer (etwa 8 Stunden pro Prüfungstag) noch einen bestimmten Zeitanteil für Behandlungsmaßnahmen am Patienten vor (so bereits Senat, Urteil vom 13.04.1988 - 9 S 2619/87 -).
23 
Der vom Kläger geltend gemachte Zeitverlust verstößt auch nicht gegen § 50 Satz 2 ZAppO.
24 
Dort ist die Pflicht des Kandidaten normiert, seine theoretischen Kenntnisse über die Planung und Ausführung von Behandlungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Zahnersatzkunde nachzuweisen und sowohl herausnehmbaren wie festsitzenden Zahnersatz anzufertigen und einzugliedern. Hieraus ergibt sich die Pflicht des Prüfers, dem Kandidaten unter anderem die Benutzung der Laborarbeitsplätze und der technischen Behandlungseinrichtungen sowie die Behandlung der Patienten in dem Umfang zu ermöglichen, der für die sachgerechte Bewältigung der gestellten Prüfungsaufgabe innerhalb des zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmens nötig ist. Im Hinblick auf diese sich aus dem Prüfungsanspruch des Kandidaten ergebende Verpflichtung kann auch in dem nur zeitweisen Ausfall eines Patienten ein zur Rechtswidrigkeit des Prüfungsbescheides führender Verfahrensfehler liegen (Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.). Der Kläger hat nach seinen Angaben durch den von ihm nicht zu vertretenden Ausfall der ersten Patientin nicht näher bezifferte Behandlungszeit am Patienten verloren und den so entstandenen Zeitverlust auch nicht ausgleichen können. Ob in einer solchen zeitlichen Abweichung vom Behandlungsplan des Kandidaten allein bereits ein Verfahrensfehler zu sehen ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers aus diesem Grund die Fehlerhaftigkeit des Prüfungsverfahrens bejaht, steht ihm der geltend gemachte Wiederholungsanspruch nicht zu. Denn Verfahrensfehler führen nach ständiger Rechtsprechung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Prüfungsbescheides, wenn sie sich auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt haben können (BVerwG, Urt. vom 13.06.1969 - VII C 27.68 -, BVerwGE 32, 179; Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.). Daran fehlt es hier.
25 
Ein Verfahrensmangel bei der Prüfung, vornehmlich wenn er in einem nicht zu vertretenden Verlust an Prüfungszeit besteht, kann geheilt werden. Im Regelfall bietet sich hierfür als Kompensation eine nachträgliche Zeitzugabe an. Ist Gegenstand der Prüfung aber eine unter den stets wechselnden und für alle Prüflinge nie gleichmäßigen Bedingungen der Praxis herzustellende praktische Arbeit, so kommt als Korrekturmaßnahme nicht nur eine, vielfach auch gar nicht mögliche, Prüfungsverlängerung in Betracht, sondern auch eine Korrektur des Inhalts, dass der Prüfer die klinischen Arbeitsbedingungen, unter denen die praktische Arbeit herzustellen war, in seine Bewertung einbezieht. Dies gilt besonders bei solchen praktischen Arbeiten, bei denen wie hier die konkrete Prüfungsaufgabe für jeden Prüfling anders ist und die Prüflinge innerhalb eines zeitlichen Rahmens eigenverantwortlich über die Art und Weise der Durchführung der gestellten Aufgabe entscheiden können (so bereits Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.).
26 
Dass dem Kläger nur noch so wenig Zeit verblieben wäre, dass die Prüfungsaufgabe überhaupt nicht mehr zu bewältigen gewesen wäre, behauptet er bereits selbst nicht. Vielmehr hat das beklagte Land unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Prüferin ausgeführt, für die vom Kläger zu bewältigende Prüfungsaufgabe seien in der Praxis maximal 3,5 Zeitstunden anzusetzen. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Ihm stand aber - wenn man seinen eigenen Vortrag, die hier maßgebliche Behandlung habe vom 12. bis 15.03.2002 stattgefunden und er habe sich einen Behandlungsplatz mit einem Mitprüfling halbtageweise geteilt, zu Grunde legt - ein Mehrfaches dieser Behandlungszeit zur Verfügung. Vorliegend kann daher bei der Frage der Ursächlichkeit des - unterstellten - Verfahrensfehlers die Bewertung der erbrachten Prüfungsleistung durch den Prüfer herangezogen werden. Zu der vom Prüfling zu erbringenden praktischen Prüfungsleistung gehört auch die Bewältigung der sich aus den klinischen Arbeitsbedingungen ergebenden besonderen Schwierigkeiten, wie sie der zeitweilige Ausfall von Patienten darstellt. Dabei ist es, wie vom Beklagten unwidersprochen vorgetragen, ohne weiteres nachvollziehbar, dass es bei einer Prüfung unter klinischen Bedingungen zu Störungen des geplanten Behandlungsablaufs kommen kann, weil Patienten vorgesehene Termine nicht einhalten können und dabei Ausfallzeiten in der Größenordnung wie beim Kläger geschehen entstehen können. Damit obliegt es zunächst dem Prüfer, der die Prüfungsaufgabe gestellt hat und der die vom Prüfling im Verlauf der 10 Tage zu bewältigenden Schwierigkeiten kennt und ihre Auswirkungen auf die erbrachte Prüfungsleistung kraft seiner Fachkompetenz beurteilen kann, die verbindliche Entscheidung darüber zu treffen, ob und inwieweit der Prüfling den Prüfungsanforderungen gerecht geworden ist. Der Prüferin war vorliegend - wie sich aus ihren Stellungnahmen ergibt - bewusst, dass die zunächst für den Kläger vorgesehene Patientin ausfiel. Sie hat weiterhin die erforderliche Behandlungszeit benannt und damit im Hinblick auf die zur Verfügung stehende Zeit ihre - vom Kläger nicht substantiiert bestrittene - Einschätzung untermauert, der Kläger habe im Bereich des feststehenden Zahnersatzes eine eher kleine Prüfungsarbeit herzustellen gehabt.Nach Auffassung der Prüferin beruhte das Versagen des Klägers im praktischen Prüfungsteil jedoch nicht auf fehlender Zeit, sondern auf seinem mangelnden Können, nämlich vor allem auf der Tatsache, dass der Kläger aufgrund nicht genügender theoretischer Kenntnisse und praktischer Umsetzung bei der betroffenen Patientin zwei Pfeilerzähne bei Wahl eines falschen Präparationswinkels fehlerhaft präpariert hat. Die Prüferin hat dabei in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht den für das Nichtbestehen maßgeblichen Umstand zulässiger Weise dahingehend präzisiert, dass dies nicht die Perforation der Pulpa als solche, sondern die Tatsache gewesen sei, dass der Kläger zu nahe am Zahnnerv und daher „definitiv zuviel Substanz“ wegpräpariert habe, so dass es auf die Frage, ob und gegebenenfalls wann und wie eine - ohnehin nur Zahn 46 betreffende - Pulpaeröffnung stattgefunden hat, und damit auch auf die vom Kläger angeführten möglichen alternativen Ursachen für die Pulpaeröffnung nicht entscheidungserheblich ankommt. Dafür, dass die Prüferin den Zustand der Zähne 46 und 47 nach Entfernung der alten Kronen und vor der Neupräparation gesehen hat, spricht entscheidend, dass die Prüferin mit ihrer Sachverhaltsschilderung durchgängig verbindet, dass der Kläger, was dieser nicht substantiiert bestritten hat, sich bei dieser Gelegenheit über die Schwierigkeit der vorzunehmenden Präparation beklagt hat.
27 
Das Vorliegen einer fehlerhaften Präparation hat der Kläger auch nicht substantiiert bestritten.
28 
Unter Präparation ist dabei - wie dies auch im Schriftsatz des Klägers vom 17.11.2006 dargestellt wird - der nach Entfernung der alten Kronen und Füllungen, der Kariesbehandlung und der Einbringung einer Aufbaufüllung erfolgende Behandlungsschritt zu verstehen, bei dem der aus Zahnstumpf und Aufbaufüllung gebildete „Zylinder“ zur Aufnahme der Krone zurecht geschliffen wird. Auf den Substanzabtrag bei dieser Präparation bezieht sich die Kritik der Prüferin. Soweit der Kläger dies noch in der Klagebegründung missverstanden hat und sich gegen den - nicht erhobenen - Vorwurf verteidigt hat, er habe bei der Kariesbehandlung zuviel Substanz abgetragen, ist sein Vortrag überholt. Bereits nach dem letzten Vortrag des Klägers, ebenso nach dem vom Senat erhobenen Gutachten, scheidet auch die Möglichkeit aus, dass der im Rahmen der Präparation stattfindende Substanzabtrag so auch im Weg der Kariesentfernung oder der Kronenentfernung erfolgen konnte.
29 
Soweit der Kläger - erstmals im Schriftsatz vom 17.11.2006 - behauptet, der vorgenommene Substanzabtrag und der Präparationswinkel entsprächen den - zuvor von ihm dargestellten - allgemeinen fachlichen Anforderungen „bzw.“ der bei Beginn der Behandlung vorgefundenen klinischen Situation, die dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass am „streitgegenständlichen“ Zahn bereits früher unter erheblichem Abtrag von Zahnsubstanz Präparationen erfolgt seien, gilt Folgendes: Der Senat geht davon aus, dass am Zahn 46 der Examenspatientin an der Stelle der zwischen den Beteiligten streitig gewordenen Pulpaeröffnung bereits vor der vom Kläger durchgeführten Behandlung „Präparationen, erheblicher Abtrag von Zahnsubstanz und Kariesentfernung vorgenommen wurden und deshalb nur noch wenig Zahnsubstanz über der Pulpa“ vorhanden war. Damit ist aber der von der Prüferin erhobene und in dem vom Senat eingeholten Gutachten bekräftigte Vorwurf eines Präparationsfehlers an Zahn 46 und 47 nicht in Frage gestellt. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass aus dem - im Übrigen nur auf diesen Zahn bezogenen - früheren Zustand des Zahns 46 zwingend folgen würde, dass nur die vom Kläger vorgenommene Präparation möglich war. Dagegen spricht gerade auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 17.11.2006 geschilderte Vorgehensweise beim Ersetzen von Kronen. Danach erfolgt die fragliche Präparation nicht am nach Entfernen der alten Krone vorhandenen Zahnstumpf, sondern an einem die Form eines senkrecht stehenden Zylinders aufweisenden, aus Zahn und neuer Aufbaufüllung bestehenden Bereich, wobei Aufbaufüllung und Zahnsubstanz abgeschliffen werden.
30 
Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aufgrund des aufgetretenen Zeitverlustes auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit feststellen. Dies gilt selbst für den Fall, dass nur bei ihm und keinem anderen Kandidaten Zeitverluste durch die klinischen Arbeitsbedingungen aufgetreten sind. Der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt zwar auch, dass die Prüflinge ihre Prüfungsleistungen unter gleichen äußeren Prüfungsbedingungen erbringen können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese bei allen Prüflingen einer Prüfungskonkurrenz in jeder Hinsicht identisch sein müssten. Dies gilt auch für die unter klinischen Bedingungen durchgeführte praktische Prüfung im Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde. Die sich gerade aus diesen Bedingungen ergebenden unterschiedlichen Schwierigkeiten, die jeden Kandidaten treffen können und deren Bewältigung - wie ausgeführt - Teil der zu erbringenden Prüfungsleistung ist, überschreiten den Rahmen der rechtlich nicht erheblichen Unterschiede in den äußeren Prüfungsbedingungen nicht (Senat, Urteil vom 13.04.1988, a.a.O.).
31 
2. Der Umstand, dass dem Kläger die Anfertigung eines Röntgenbildes verweigert wurde, begründet ebenfalls keinen rechtserheblichen Verfahrensfehler.
32 
Zu den von der die Prüfung durchführenden Stelle zu gewährleistenden äußeren Prüfungsbedingungen gehört auch das zur Verfügung stellen von notwendigen Arbeitsmitteln, die nicht der Prüfling selbst zu stellen hat. Wird diesem Erfordernis nicht genügt, liegt ein rechtlich relevanter Verfahrensmangel vor (vgl. Senat, Beschluss vom 20.12.2002 - 9 S 1173/02 -).
33 
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger auch insoweit seiner Obliegenheit, Verfahrensfehler unverzüglich zu rügen, nachgekommen ist. Er hat während der Prüfung gerügt, dass er vor Behandlungsbeginn, also insbesondere vor dem Entfernen der Kronen, kein Röntgenbild anfertigen durfte. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger gegenüber dem Assistenten Dr. ... am dritten Behandlungstag, also nach Entfernen der alten Kronen, verlangt hat, ihm die Anfertigung eines Röntgenbildes zur Beurteilung der klinischen Situation und der Vermeidung von Behandlungsfehlern zu gestatten.
34 
Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten war die Erstellung eines Röntgenbildes vor Beginn der geprüften Behandlung nicht erforderlich. Sie konnte weder der Diagnose der zu entfernenden Sekundärkaries dienen, da diese bereits festgestellt war (und Anlass zur Erneuerung der Kronen gab) und auch nicht der Bestimmung der Ausdehnung der Sekundärkaries, da die Zahnhartsubstanz unter der (Metall-)Krone nicht röntgenologisch darstellbar war, vielmehr nur apikal der Kronenränder liegende Defekte, mithin nur ein Teil der möglichen Defekte, erkennbar gewesen wären. Auch die im Röntgenschatten liegende Kronenpulpa und ihr Verlauf hätten sich durch ein vor Behandlungsbeginn erstelltes Röntgenbild nicht beurteilen lassen. Der Kläger setzt dem lediglich die Behauptung entgegen, auch vor Behandlungsbeginn hätte zur Beurteilung des Verlaufs der Pulpa und der Ausdehnung des Sekundärkariesbefalls ein Röntgenbild angefertigt werden müssen, widerspricht damit aber seinem früheren Vortrag, wonach die Ausdehnung des Sekundärkariesbefalls nur durch ein nach Entfernen der Kronen erstelltes Röntgenbild erkennbar sein soll.
35 
Als neue Indikation für die Notwendigkeit eines Röntgenbildes vor Behandlungsbeginn hat der Kläger in seiner Stellungnahme zu dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten die „Beurteilung des Zustands und der Stabilität der (bei Entfernung der vorhandenen Krone möglicherweise ansonsten herausbrechenden) Zahnhartsubstanz“ angegeben. Hierauf konnte der Gutachter nicht ausdrücklich eingehen, allerdings hat er auf die allgemein gehaltene Frage, ob die Anweisung, vor Beginn der geprüften Behandlung keine Röntgenaufnahme anzufertigen, fachlich korrekt war, zusammenfassend geantwortet, ein aktuelles Röntgenbild vor der Überkronung (womit der Gutachter im vorliegenden Zusammenhang meint: vor Behandlungsbeginn) sei nicht zwingend erforderlich gewesen. Dasselbe gilt, soweit der Kläger neuerdings ein Röntgenbild zur Feststellung von Wurzelkaries, horizontalem Knochenabbau sowie zur Feststellung eines internen Granuloms oder pathologischer Vorgänge im umliegenden Knochen für erforderlich hält.Außerdem führt der Gutachter aus, dass außerhalb der vom Kläger (bis zur Erhebung des Gutachtens) angeführten Indikationen ein aktuelles Röntgenbild (nur) zur Feststellung apikaler Prozesse und zum Verlauf des Limbus alveolaris herangezogen werden könne. Aufgrund der klinisch festgestellten Vitalität der Pfeilerzähne 46 und 47 seien jedoch röntgenologisch darstellbare apikale Veränderungen nicht zu erwarten.
36 
Soweit der Kläger hiergegen einwendet, die klinische Vitalitätsprüfung liefere häufig falsch positive oder falsch negative Ergebnisse, stellt dies die Einschätzung des Gutachtens nicht in Frage. Denn auch der Kläger behauptet damit bereits nicht, dass die Vitalitätsprüfung so fehleranfällig sei, dass sie als diagnostische Maßnahme in diesem Zusammenhang ausscheidet und zwingend durch ein Röntgenbild ersetzt werden müsse. Erst recht belegt er eine solche Annahme nicht. Der Gutachter hat demgegenüber die Frage bejahend beantwortet, ob die Vitalitätsprüfung im vorliegenden Zusammenhang noch ausreichend ist. Ob ein (zusätzliches) Röntgenbild - wie der Kläger meint - zuverlässigere Informationen liefern kann, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen.
37 
Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten war auch nach Entfernen der Kronen die Anfertigung eines Röntgenbildes unnötig. Der Gutachter führt in diesem Zusammenhang weiter an, nach Entfernung der Kronen sei die räumliche Ausdehnung der Sekundärkaries klinisch wesentlich besser zu beurteilen als mittels eines Röntgenbildes. Auch die Berücksichtigung der Ausdehnung der Pulpa begründe nicht die Notwendigkeit eines Röntgenbildes. Dieses projiziere eine dreidimensionale Struktur auf eine Ebene. Damit sei eine räumliche Zuordnung eines Defektes oder der Pulpaanteile im Strahlengang von bukkal nach lingual nicht möglich. Es sei lediglich eine geringe Ausdehnung der Pulpenhörner und auch dies nur im mesio-distaler Richtung darstellbar. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er hat lediglich behauptet, auch auf Röntgenbildern könne der genaue Verlauf der Pulpa beurteilt werden und nach Entfernung der Kronen müsste zwingend ein Röntgenbild zur Beurteilung der Ausdehnung der Sekundärkaries erstellt werden. Die Äußerung des Sachverständigen bezieht sich insbesondere auch auf die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführte „Ermittlung des genauen Verlaufs und der Lage des am Zahnhals von Zahn 46 mittels Aufbaufüllung versorgten Defekts“. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die „unter dem proliferierten Zahnfleisch vorhandene Sekundärkaries“ abstellt, die wegen der fehlenden Einsehbarkeit nicht klinisch, sondern nur röntgenologisch zutreffend beurteilt werden könne, übersieht er, dass der Zustand des Zahnfleischs der Patientin sich bereits aus den vorliegenden Akten, die dem Gutachter vollständig zur Verfügung standen, ergibt.
38 
Das Gutachten von Prof. Dr. ... ist nach Einschätzung des Senats widerspruchsfrei und nachvollziehbar; er macht sich dieses Gutachten zu eigen.
39 
Liegt in der Anweisung, ein Röntgenbild nicht zu erstellen, somit bereits kein Verfahrensfehler, erübrigt sich die weitere Prüfung einer Kausalität zwischen Verfahrensfehler und Prüfungsergebnis. Im Übrigen hat der vom Senat beauftragte Gutachter auch die Frage, ob zwischen dem Nichtvorhandensein einer Röntgenaufnahme und der im Rahmen der angefochtenen Prüfung angenommenen Falschbehandlung, die ihrerseits zum Nichtbestehen der Prüfung geführt hat, ein Zusammenhang besteht, verneint.
40 
Soweit der Kläger zur Begründung eines Verfahrensfehlers neuerdings statt auf die zwingende Notwendigkeit eines Röntgenbildes stärker auf den Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (vgl. Senat, Beschl. vom 20.12.2002, a.a.O.) abhebt, also der Sache nach geltend macht, (alle) andere(n) Kandidaten hätten ein aktuelles Röntgenbild zur Verfügung gehabt und sei kein aktuelles Röntgenbild vorhanden gewesen, sei ein solches erstellt worden, auch wenn keine medizinische Notwendigkeit hierfür bestand, handelt es sich um eine bloße Behauptung.
41 
3. Der Kläger kann die Wiederholung der Prüfung auch nicht deshalb verlangen, weil die Prüferin ihm gegenüber befangen gewesen wäre.
42 
Die Besorgnis der Befangenheit ist berechtigt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Beurteilung der Prüfungsleistung durch den Prüfenden zu rechtfertigen (§ 21 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 3 Nr. 1 LVwVfG; vgl. Senat, Beschluss vom 11.02.2003 - 9 S 2182/02 -).Eine solche Befangenheit ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass sie ihm vor Abschluss der Prüfung mitgeteilt hat, dass er diese nicht bestanden habe.
43 
Zwar hat der Senat entschieden, dass ein Prüfungsvorsitzender, der während der noch andauernden Prüfung zu erkennen gibt, die Prüfung könne eigentlich sofort beendet werden, weil sich am Ergebnis auch bei ihrer Fortsetzung nichts ändern werde, die Besorgnis der Befangenheit begründe (Beschluss vom 19.06.2001 - 9 S 1164/01 -, NVwZ 2002, 235). Der Senat hat dies indes für einen Fall angenommen, in dem die Bewertung der Prüfungsleistungen durch eine Prüfungskommission erfolgt ist, die ihre Entscheidung mit Stimmenmehrheit fällt. Vorauszugehen hat eine Beratung unter den Prüfern. Zweck dieser Verfahrensregelung ist es, dass die Prüfer ihre jeweiligen persönlichen Wahrnehmungen gegebenenfalls wechselseitig ergänzen, Fachkenntnisse fachkundig bewerten sowie im Kollegium zu einer gerechten Bewertung gelangen, die mögliche Einseitigkeiten ausgleicht. Hieraus folgt, dass jeder Prüfer vor Beginn dieser Beratung zwar eine persönliche Auffassung entwickeln kann und entwickeln soll, dass er aber zugleich mit einem Dissens unter den Prüfern rechnen und für diesen Fall bereit sein muss, sich nicht nur in der Entscheidung von den anderen Prüfern überstimmen, sondern schon in der Beratung von ihnen überzeugen zu lassen. Besitzt ein Prüfer diese Offenheit nicht oder gibt er sie vorzeitig preis, so ist er nicht oder nicht mehr unvoreingenommen. Durch die Äußerung, die Prüfung könne vorzeitig abgebrochen werden, gibt ein Prüfer zu verstehen, dass das (negative) Ergebnis für ihn bereits feststehe, und zwar ohne dass es noch einer Beratung mit den anderen Prüfern bedürfe. Damit legt er sich vorzeitig fest.
44 
Demgegenüber wird die Prüfung im Fach Zahnersatzkunde gemäß § 50 Satz 1 ZAppO von einem Prüfer abgehalten. Kommt dieser - wie hier die Prüferin - zu dem Ergebnis, dass ein so gravierender Fehler vorliegt, dass der Prüfling die Prüfung nicht mehr bestehen kann, begründet es nicht die Besorgnis der Befangenheit, wenn der Prüfer dem Prüfling den Umstand des Nichtbestehens schon vor der offiziellen Beendigung der Prüfung mitteilt. Denn zu diesem Zeitpunkt stand vorliegend fest, dass die Prüfungsleistung im Fach Zahnersatzkunde bereits aufgrund der Fehlpräparation der Zähne 46 und 47 „nicht genügend“ ist. Den Schluss von dem - von ihm bestrittenen - Behandlungsfehler auf das Nichtbestehen des Prüfungsabschnitts Zahnersatzkunde hat der Kläger nicht angegriffen.
45 
Aus § 50 Satz 2 ZAppO folgt nichts anderes. Der Kandidat hat zwar seine theoretischen Kenntnisse über die Planung und Ausführung von Behandlungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Zahnersatzkunde nachzuweisen und herausnehmbaren und festsitzenden Zahnersatz anzufertigen und einzugliedern. Der Prüfer vergibt für diesen Prüfungsabschnitt gemäß §§ 52 Abs. 1 Satz 1, 13 ZAppO aber nur ein „Urteil“. § 50 Satz 2 ZAppO (anders als etwa § 49 ZAppO) sieht keine Einzelurteile, aus denen nach einer bestimmten Vorgabe das Gesamturteil zu bilden ist, sondern nur ein „Urteil“ vor. Dann ist es aber in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden, wenn aufgrund eines gravierenden Fehlers im Bereich der Anfertigung festsitzenden Zahnersatzes, der nach der nicht angegriffenen Wertung der Prüferin auch Rückschlüsse auf mangelnde theoretische Kenntnisse zulässt, bereits das Urteil für den gesamten Prüfungsabschnitt gebildet wird (vgl. in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Senats zu § 28 Abs. 3 ZAppO: Urteil vom 25.02.1992 - 9 S 1818/90 -; Beschluss vom 13.10.1992 - 9 S 2332/92 -, VBlBW 1993, 115; Beschluss vom 09.06.2004 - 9 S 2599/03 -). Aus diesem Grund fehlte es im Übrigen Bewertungsfehlern in den Bereichen „theoretische Kenntnisse“ und „herausnehmbarer Zahnersatz“ an der erforderlichen Relevanz (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143) für das Prüfungsergebnis. Denn diese Prüfungsleistungen konnten vor diesem Hintergrund keinen Einfluss auf die Gesamtnotengebung mehr haben.
46 
Ob die Äußerung der Prüferin einen Verstoß gegen das Fairnessgebot (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 11.11.1998 - 6 C 8.97 -, BVerwGE 107, 363; vom 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, BVerwGE 70, 143) darstellt, kann der Senat dahingestellt lassen. Eine das Fairnessgebot missachtende Äußerung kann sich allerdings nur auf den weiteren Verlauf der Prüfung auswirken, während sie die Leistungserbringung des Kandidaten in zurückliegenden Prüfungsteilen nicht mehr beeinflussen kann. Konnte vorliegend das Prüfungsergebnis aber schon zum Zeitpunkt der Äußerung festgestellt werden, kann sich diese auf das Ergebnis nicht mehr ausgewirkt haben, so dass jedenfalls kein erheblicher Verfahrensmangel vorläge (noch offen gelassen im Beschluss des Senats vom 19.06.2001, a.a.O.).
47 
Im Übrigen hat der Kläger diese Verfahrensfehler nicht unverzüglich geltend gemacht, sondern sie der Sache nach erstmals in seiner Widerspruchsbegründung vom 23.04.2002, also etwa eine Woche nach Erhalt des Prüfungsbescheides und einen Monat nach dem in Rede stehenden Vorfall, benannt. Zwar war ihm nicht zuzumuten, die Bemerkung der Prüferin sofort in der Prüfung zu rügen (Senat, Beschluss vom 19.06.2001, a.a.O.). Die Rüge hätte jedoch jedenfalls vor Erhalt des Prüfungsbescheides erfolgen müssen (vgl. BVerwG, Urt. vom 11.11.1998, a.a.O.; Urt. vom 22.06.1994 - 6 C 37/92 -, BVerwGE 96, 126). Dies gilt auch für den neuerdings erhobenen Vorwurf, die Prüferin habe den Kläger ständig zur Eile angehalten. Auch insoweit kann deshalb dahin stehen, ob darin - wenn dieser Vorwurf zuträfe - ein Verstoß gegen das Fairnessgebot liegt.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
49 
Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
50 
Beschluss
vom 21.11.2006
51 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
52 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die erneute Zulassung zu einer Fortbildungsprüfung.
Der Kläger begann im September 2009 eine Fortbildung zum „Geprüften Meister für Lagerwirtschaft“ bei der IHK-Bildungszentrum K. GmbH. Im Jahr 2010 nahm der Kläger erstmals an der Prüfung zum „Geprüften Meister für Lagerwirtschaft“ bei der Beklagten teil, wobei er die schriftliche Prüfung im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ nicht bestand. Der Kläger absolvierte zweimal erfolglos die entsprechende Nachprüfung, zuletzt am 30.11.2012.
Mit Bescheid vom 27.12.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Fortbildungsprüfung endgültig nicht bestanden habe.
Der Kläger erhob am 25.01.2013 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2012 und trug zur Begründung vor: Er sei zu einem weiteren Wiederholungsversuch der schriftlichen Prüfung im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ zuzulassen. Denn er sei von den Dozenten des Fortbildungskurses nicht ordnungsgemäß auf die Prüfung vorbereitet worden. Insbesondere sei das Gebiet, in welchem die Prüfungen stattgefunden hätten, zuvor nicht bekannt gegeben worden, so dass er sich nicht hierauf habe einstellen können. Der Dozent habe den Schwerpunkt der Vorbereitung auf das Fach Mathematik gelegt. In der Wiederholungsprüfung sei jedoch überwiegend Physik und Chemie abgeprüft worden. Die Prüfungsaufgaben hätten nichts mit dem zu tun gehabt, was ihm - dem Kläger - zuvor beigebracht worden sei.
Bei der Prüfung im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ am 30.11.2012 seien bei der Aufgabe Nr. 2 die für die Berechnung notwendigen Zahlen (Widerstandsstärken) nicht angegeben worden, so dass die Aufgabe zunächst nicht lösbar gewesen sei. Die zur Berechnung notwendigen Angaben hätten erst durch ein Telefongespräch mit dem Prüfungsausschuss in Erfahrung gebracht werden müssen und seien mit einer Verspätung von ca. 20 Minuten mitgeteilt worden. Diese Zeit habe ihm zur Bearbeitung anderer Aufgaben gefehlt. Die Aufgabe Nr. 3 sei nicht lösbar gewesen, da die zur Berechnung notwendigen Formeln nicht in der gestellten Formelsammlung enthalten gewesen seien. Nach einem weiteren Telefonat mit der Prüfungsausschuss sei ihm mitgeteilt worden, dass er die Aufgabe ohne die Formel lösen müsse. Die ursprünglich auf 90 Minuten angesetzte Prüfung sei wegen den genannten Mängel um 15 Minuten verlängert worden. Ihm hätten jedoch mindestens 60 Minuten zusätzlicher Bearbeitungszeit zur Verfügung gestellt werden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und trug zur Begründung vor: Der Kläger könne nicht zu einem weiteren Wiederholungsversuch zugelassen werden. Gemäß § 9 Abs. 1 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Meister/ Geprüfte Meisterin für Lagerwirtschaft (PO) könne eine nicht bestandene Prüfung höchstens zweimal wiederholt werden, sodass dem Kläger kein weiterer Wiederholungsversuch zustehen könne. Die hier angegriffene Wiederholungsprüfung am 30.11.2012 sei rechtmäßig erfolgt. Die dem Kläger während der Prüfung zur Verfügung gestellte Formelsammlung sei vollständig gewesen. Die Kenntnis der nicht enthaltenen Formeln sei Teil der zu erbringenden Prüfungsleistung gewesen. Der in der Aufsichtsarbeit im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ zu prüfende Inhalt ergebe sich aus § 5 Abs. 2 PO in Verbindung mit dem Rahmenstoffplan des DIHK für die Weiterbildung zum „Meister für Lagerwirtschaft“. Die fragliche Aufgabe Nr. 3 in der angegriffenen Aufsichtsarbeit entspreche dem vorgeschriebenen Prüfungsinhalt.
Die gewährte Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten sei angemessen gewesen. Zwar seien in der Prüfung „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ bei Aufgabe Nr. 2 die Widerstandsstärken nicht angegeben und die Aufgabe zunächst nicht lösbar gewesen, jedoch sei der dem Kläger hierdurch entstandene Zeitverlust mit der gewährten Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten ausreichend kompensiert worden. Setze man die bei Aufgabe Nr. 2 zu erreichenden Punkte (8 von maximal 100 Punkten) ins Verhältnis zur vorgesehenen Bearbeitungszeit von 90 Minuten, ergebe dies eine anteilige Bearbeitungszeit von 7 bis 8 Minuten. Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob der Ausgleich angemessen und zumutbar gewesen ist, sei ein durchschnittlicher Prüfungsteilnehmer. Auf eine hiervon abweichende fachliche Fähigkeit und psychische Belastbarkeit des Klägers sei daher keine Rücksicht zu nehmen gewesen. Vor diesem Hintergrund sei auch dem vorgetragenen individuellen Bedürfnis des Klägers nach einer Verlängerung der Bearbeitungszeit um 60 Minuten nicht zu entsprechen gewesen. Zudem sei die Geltendmachung dieses vom Kläger behaupteten Verfahrensmangels verspätet. Der Kläger habe erst mit seinem Widerspruch geltend gemacht, dass die gewährte Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten unzureichend gewesen sei. Zwischen der vorliegend bereits während der Prüfung erfolgten Rüge, dass überhaupt Grund zur Berichtigung einer Aufgabenstellung bestehe, und der Rüge, dass eine etwa hierauf gewährte Kompensationsmaßnahme unzureichend sei, müsse unterschieden werden. Warte ein Prüfling bis nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, so sei das Erfordernis der „Unverzüglichkeit“ der Rüge nicht erfüllt. Zudem sei es dem Kläger möglich gewesen, in der Zeit für die Ergänzung der Aufgabe Nr. 2 andere Aufgaben zu bearbeiten.
Eine eventuelle Mangelhaftigkeit des Vorbereitungskurses könne der Beklagten nicht zugerechnet werden. Die Beklagte nehme lediglich die Prüfungen ab, während die Vorbereitungskurse von Bildungseinrichtungen der Industrie- und Handelskammer oder anderen Bildungsträgern angeboten würden. Für die Zulassung zur oder das Ablegen der Meisterprüfung sei die Teilnahme an den Vorbereitungslehrgängen jedoch nicht verpflichtend. Der Kläger habe einen Kurs bei der IHK Bildungszentrum K. GmbH besucht, die ein Tochterunternehmen der Beklagten sei. Die Qualität dieses und anderer Vorbereitungslehrgänge sei durch den Prüfungsausschuss und die Beklagte in keiner Weise beeinflussbar und für die eigentliche Meisterprüfung unbeachtlich. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 09.04.2013 zugestellt.
Der Kläger hat am 03.05.2013 Klage erhoben.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm einen weiteren Wiederholungsversuch im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ für die Prüfung zum „Geprüften Meister für Lagerwirtschaft“ zu gestatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm kein Anspruch auf Teilnahme an einem weiteren Wiederholungsversuch im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ für die Prüfung zum „Geprüften Meister für Lagerwirtschaft“ zusteht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
16 
Die am 30.11.2012 durchgeführte Wiederholungsprüfung im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht mit Verfahrensfehlern behaftet, die zur Rechtswidrigkeit des Nichtbestehensbescheids vom 27.12.2012 führen. Es ergeben sich insbesondere keine beachtlichen Störungen des eigentlichen Verfahrens der Leistungserbringung, die einen Anspruch auf nochmalige Durchführung der Prüfung begründen könnten.
17 
Das durch die Zulassung zu einer Prüfung begründete Prüfungsrechtsverhältnis zwischen dem Prüfungsbewerber bzw. -teilnehmer einerseits und der Prüfungsbehörde sowie den Prüfern andererseits richtet sich zunächst nach den Bestimmungen der einschlägigen Prüfungsordnung. Daneben ist es geprägt vom Grundsatz der Chancengleichheit, der vor allem die Prüfungsbehörde verpflichtet, insbesondere durch äußerlich gleiche Bedingungen während des eigentlichen Verfahrens der Leistungserbringung für ein faires Verfahren und gleiche Startchancen zu sorgen (Niehues/ Fischer/ Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Auflage 2014, Rn. 402 f; Zimmerling/ Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage 2007, Rn. 87). Damit der Grundsatz der Chancengleichheit gewahrt wird, treffen aber auch den Prüfling Mitwirkungspflichten bzw. Mitwirkungsobliegenheiten (BVerwG, Urt. v. 22.06.1994 - 6 C 37/92 - BVerwGE 96, 126) sowohl im Vorfeld der Prüfung als auch während des Verfahrens der Leistungserbringung. Kommt es im Verlauf des eigentlichen Prüfungsgeschehens zu Störungen, die den Prüfungsteilnehmer in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, hat er dies grundsätzlich unverzüglich zu rügen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine objektiv nicht ohne Weiteres erkennbare persönliche Betroffenheit handelt (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 478).
1.
18 
Mit dem Einwand, dass die Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 aufgrund der zunächst fehlenden Angaben bei der Aufgabe Nr. 2 und der hierfür gewährten - und nach Auffassung des Klägers nicht ausreichenden - Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten verfahrensfehlerhaft und daher rechtswidrig gewesen sei, dringt der Kläger nicht durch. Offensichtliche Fehler in der Darstellung von Prüfungsaufgaben - wozu auch erkennbar fehlende Angaben zählen - sind vom Prüfer beziehungsweise der Prüfungsbehörde umgehend zu berichtigen (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 495). Zwar war die Aufgabe Nr. 2 zunächst wegen der nicht angegebenen elektrischen Widerstandsstärken nicht lösbar, jedoch wurden auf diesbezügliche Rüge des Klägers hin die fehlenden Angaben durch die Prüfungsaufsicht in Erfahrung gebracht und dem Kläger nach ca. 20 Minuten mitgeteilt. Der Kläger war daraufhin in der Lage, die Aufgabe Nr. 2 zu lösen und erhielt hierfür 8 von 8 erreichbaren Punkten. Für die entstandene Verzögerung beziehungsweise Störung des Prüfungsablaufs wurde dem Kläger eine Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten gewährt.
19 
Bei der Entscheidung darüber, welche Abhilfemaßnahmen nach einer Störung des Prüfungsablaufs zur Wiederherstellung der Chancengleichheit geeignet und erforderlich sind, steht der Prüfungsbehörde grundsätzlich kein Ermessensspielraum zu. Es kommt darauf an, ob der Ausgleich angesichts der tatsächlich festzustellenden Dauer und Intensität der Störungen gelungen ist. Dies ist gerichtlich voll überprüfbar (BVerfG, Beschl. v. 21.12.1992 - 1 BvR 1295/90 - NJW 1993, 917; Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 476). Im vorliegenden Fall kommt es jedoch nicht darauf an, ob die dem Kläger zugestandene Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten ausreichend war. Denn der Kläger hat die seiner Auffassung nach unzureichende Schreibzeitverlängerung nicht rechtzeitig gerügt. Ein Prüfling, der eine gewährte Ausgleichsmaßnahme für nicht ausreichend erachtet, ist grundsätzlich verpflichtet, dies unverzüglich zu rügen. Denn der Prüfling hat durch seine Rüge den Anstoß zu schnellstmöglichen (weiteren) Abhilfemaßnahmen zu geben, die sonst möglicherweise unterbleiben würden (Niehues/Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 480; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 26.02.1986 - 2 A 71/85 - NVwZ 1988, 457). Es ist daher einem Prüfling grundsätzlich zumutbar, Verfahrensmängel noch während einer schriftlichen Prüfung dem Aufsichtsführenden zu melden. Eine solche Obliegenheit dient gerade der Chancengleichheit, da sie verhindern soll, dass sich ein Prüfling durch nachträgliche Geltendmachung des Verfahrensmangels eine weitere Prüfungschance und damit eine Bevorzugung vor anderen Prüflingen verschafft (BVerwG, Urt. v. 17.02.1984 - 7 C 67/82 - BVerwGE 69, 46). Im vorliegenden Fall hat der Kläger das Nichtausreichen der gewährten Nachbearbeitungszeit erstmals mit seinem am 25.01.2013 erhobenen Widerspruch geltend gemacht und mithin nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses und dem Ergehen des Nichtbestehensbescheids vom 27.12.2012. Die Rüge von Verfahrensfehlern ist jedoch jedenfalls dann nicht mehr unverzüglich erfolgt, wenn die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses abgewartet wird, da sich der Prüfling sonst im Falle des Misslingens der Prüfung unter Verstoß gegen die Chancengleichheit eine zusätzliche Prüfungsmöglichkeit verschaffen könnte (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 282 u. 485 m.w.N. d. Rspr.).
20 
Die unverzügliche Rüge einer möglicherweise nicht ausreichenden Schreibzeitverlängerung war im vorliegenden Fall auch nicht entbehrlich. Die unverzügliche Geltendmachung von Verfahrensfehlern kann dann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn die Mängel des Prüfungsverfahrens offensichtlich und zweifelsfrei vorliegen; denn die Prüfungsbehörde ist grundsätzlich nicht gehalten, die von ihr gewählte Ausgleichsmaßnahme in Frage zu stellen, sondern kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von ihrer Wirksamkeit ausgehen (VGH Bad.-Württ, Beschl. v. 16.08.2006 - 9 S 675/06 - VBlBW 2007, 65; Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 475). Die dem Kläger gewährte Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten war nicht offensichtlich unangemessen kurz. Denn die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie die gewährte Schreibzeitverlängerung in Anbetracht der auf die Aufgabe Nr. 2 entfallenden anteiligen Bearbeitungszeit von ca. 8 Minuten und der Möglichkeit des Klägers, während der „Wartezeit“, in der die notwendigen Angaben nicht zur Verfügung standen, andere Aufgaben zu bearbeiten, für ausreichend erachtet. Diese Überlegungen der Beklagten zur Bestimmung einer angemessenen Nachbearbeitungszeit sind jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffend.
2.
21 
Auch der Umstand, dass die zur Lösung der Aufgabe Nr. 3 notwendigen Formeln nicht in der dem Kläger zur Verfügung gestellten Formelsammlung enthalten waren, stellt keinen Mangel des Prüfungsverfahrens dar, der zur Rechtswidrigkeit der Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 führen würde. Denn der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Kenntnis der benötigten Formeln nicht Teil des Prüfungsstoff gewesen sei und die Formeln daher hätten angegeben werden müssen.
22 
Den generell zulässigen Inhalt der Prüfung zu bestimmen und damit auch zu begrenzen, ist nicht Aufgabe der Prüfungsbehörden oder des einzelnen Prüfers, sondern dafür ist - jedenfalls bei berufsbezogenen Prüfungen - ein normativ vorgegebener Rahmen erforderlich. Dabei muss der parlamentarische Gesetzgeber nicht regeln, welche Themen und Inhalte in bestimmten Prüfungen zugelassen sind, sondern kann das Ziel und den Zweck der Ausbildung und anschließenden Leistungskontrolle angeben und die Umschreibung des zulässigen Prüfungsstoffs einer als Rechtsverordnung oder Hochschulsatzung auszugestaltenden Prüfungsordnung überlassen (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 374). In dem damit vorgegebenen Rahmen steht es der zuständigen Prüfungsbehörde frei, die Prüfungsthemen zu bestimmen und Prüfungsaufgaben zu stellen. Dementsprechend ist der zulässige Prüfungsstoff nicht auf die in der Prüfungsvorbereitung behandelten Teile oder in Übungen durchgeführten Experimente beziehungsweise praktischen Arbeiten begrenzt. Er wird vielmehr allein durch die Prüfungsordnung bestimmt (Bay. VGH, Urt. v. 04.12.1991 - 7 B 91.975 - NVwZ 1992, 693; Zimmerling/ Brehm, aaO, Rn. 348 f).
23 
Der von der hier einschlägigen Prüfungsordnung vorgegebene Umfang des Prüfungsstoffs für die Prüfung zum „Geprüften Meister für Lagerwirtschaft“ wird nicht überschritten, wenn die Beklagte die Kenntnis der für die Lösung der Aufgabe Nr. 3 erforderlichen Formeln als Bestandteil der zu erbringenden Prüfungsleistung ansieht. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 bis 3 PO soll der Prüfungsteilnehmer im Prüfungsfach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ nachweisen, dass er grundlegende mathematische, physikalische und chemische Kenntnisse zur Lösung praxisbezogener Aufgabenstellungen anwenden kann. Hierzu gehört, dass er die Grundbegriffe und elementaren Gesetzmäßigkeiten der Physik und der allgemeinen Chemie kennt und ihre Auswirkungen auf die berufliche Praxis beurteilen kann. Außerdem soll er deutlich machen, dass er die mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Berechnungen unter Nutzung der entsprechenden Gleichungen ausführen kann. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 4 Nr. 2 b) PO kann in diesem Rahmen das Berechnen von Kräften, Momenten, Arbeit, Leistung und Wirkungsgrad geprüft werden. Im Rahmenstoffplan des Deutschen Industrie- und Handelskammertags für die Prüfung zum Meister für Lagerwirtschafts werden unter Nr. 1.2.2.1 zum Lernziel „Beherrschung der Grundbegriffe der Dynamik“ folgende Lerninhalte aufgeführt: Statische und dynamische Definition des Kraftbegriffs, Rollen- und Flaschenzüge, Definition des Drehmoments, Hebelarten und Hebelgesetze, Standmoment und Kippmoment, Lineares Kraftgesetz, Zentrifugal- und Zentripedalkraft, Reibungskräfte.
24 
Bei der hier streitgegenständlichen Aufgabe Nr. 3 war die Kraft zu berechnen, die zum Anheben eines entgleisten Güterwaggons mit Hilfe eines Flaschenzugs benötigt wird. Gemäß den Lösungshinweisen der Beklagten zur Wiederholungsprüfung im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ waren zur Lösung der Aufgabe Nr. 3 die Formel zur Berechnung der Gewichtskraft (f=m×g), die Formel zum Hebelgesetz (f1×l1=f2×l2) sowie die Formel zur Berechnung der effektiv benötigten Zugkraft bei Verwendung eines Flaschenzugs (fr=f÷n) nacheinander anzuwenden. Sowohl bei der Gewichtskraft als auch beim Hebelgesetz und der Wirkung von Flaschenzügen handelt es sich um Grundbegriffe und elementare Gesetzmäßigkeiten der Physik, insbesondere der Mechanik. Folglich hat die Beklagte den durch § 5 Abs. 2 S. 4 Nr. 2 b) PO vorgegebenen Rahmen des zulässigen Prüfungsstoffs nicht verlassen und durfte zulässigerweise die Kenntnis der oben genannten Formeln als Teil der zu erbringenden Prüfungsleistung erwarten.
3.
25 
Auch der Einwand des Klägers, er sei mangelhaft auf die Prüfung vorbereitet worden und die abgeprüften Inhalten hätten nicht mit dem im Vorbereitungslehrgang behandelten Stoff übereingestimmt, greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, kommt es für eine rechtmäßige Auswahl des Prüfungsstoffs durch die Prüfungsbehörde nicht auf den Inhalt der prüfungsvorbereitenden Lehrveranstaltungen, sondern auf die Vorgaben der einschlägigen Prüfungsordnung an. Folglich wäre die Rechtmäßigkeit der Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 selbst dann nicht berührt, wenn der Vortrag des Klägers zuträfe, dass die in der Prüfung abgefragten Inhalte zuvor im Vorbereitungskurs nicht behandelt worden seien (Bay. VGH, Urt. v. 04.12.1991 - aaO.; Zimmerling/ Brehm, aaO, Rn. 349 f). Danach kommt es auch nicht darauf an, inwiefern die Beklagte für die Inhalte des von der IHK Bildungszentrum K. GmbH abgehaltenen Vorbereitungslehrgangs verantwortlich ist bzw. auf diese Einfluss nehmen kann.
26 
Die Aufgabe Nr. 3 der Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 und insbesondere die zur Lösung dieser Aufgabe notwendige Kenntnis mehrerer Formeln verlassen nicht den Rahmen des zulässigen Prüfungsstoffs (s.o.). Dass durch die übrigen Aufgaben der Prüfung außerhalb des zulässigen Prüfungsstoffs liegende Kenntnisse abgefragt wurden, ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
BESCHLUSS
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 36.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt beschlossenen Änderung vom 18.07.2013).
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
15 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm kein Anspruch auf Teilnahme an einem weiteren Wiederholungsversuch im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ für die Prüfung zum „Geprüften Meister für Lagerwirtschaft“ zusteht (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
16 
Die am 30.11.2012 durchgeführte Wiederholungsprüfung im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht mit Verfahrensfehlern behaftet, die zur Rechtswidrigkeit des Nichtbestehensbescheids vom 27.12.2012 führen. Es ergeben sich insbesondere keine beachtlichen Störungen des eigentlichen Verfahrens der Leistungserbringung, die einen Anspruch auf nochmalige Durchführung der Prüfung begründen könnten.
17 
Das durch die Zulassung zu einer Prüfung begründete Prüfungsrechtsverhältnis zwischen dem Prüfungsbewerber bzw. -teilnehmer einerseits und der Prüfungsbehörde sowie den Prüfern andererseits richtet sich zunächst nach den Bestimmungen der einschlägigen Prüfungsordnung. Daneben ist es geprägt vom Grundsatz der Chancengleichheit, der vor allem die Prüfungsbehörde verpflichtet, insbesondere durch äußerlich gleiche Bedingungen während des eigentlichen Verfahrens der Leistungserbringung für ein faires Verfahren und gleiche Startchancen zu sorgen (Niehues/ Fischer/ Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Auflage 2014, Rn. 402 f; Zimmerling/ Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage 2007, Rn. 87). Damit der Grundsatz der Chancengleichheit gewahrt wird, treffen aber auch den Prüfling Mitwirkungspflichten bzw. Mitwirkungsobliegenheiten (BVerwG, Urt. v. 22.06.1994 - 6 C 37/92 - BVerwGE 96, 126) sowohl im Vorfeld der Prüfung als auch während des Verfahrens der Leistungserbringung. Kommt es im Verlauf des eigentlichen Prüfungsgeschehens zu Störungen, die den Prüfungsteilnehmer in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, hat er dies grundsätzlich unverzüglich zu rügen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine objektiv nicht ohne Weiteres erkennbare persönliche Betroffenheit handelt (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 478).
1.
18 
Mit dem Einwand, dass die Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 aufgrund der zunächst fehlenden Angaben bei der Aufgabe Nr. 2 und der hierfür gewährten - und nach Auffassung des Klägers nicht ausreichenden - Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten verfahrensfehlerhaft und daher rechtswidrig gewesen sei, dringt der Kläger nicht durch. Offensichtliche Fehler in der Darstellung von Prüfungsaufgaben - wozu auch erkennbar fehlende Angaben zählen - sind vom Prüfer beziehungsweise der Prüfungsbehörde umgehend zu berichtigen (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 495). Zwar war die Aufgabe Nr. 2 zunächst wegen der nicht angegebenen elektrischen Widerstandsstärken nicht lösbar, jedoch wurden auf diesbezügliche Rüge des Klägers hin die fehlenden Angaben durch die Prüfungsaufsicht in Erfahrung gebracht und dem Kläger nach ca. 20 Minuten mitgeteilt. Der Kläger war daraufhin in der Lage, die Aufgabe Nr. 2 zu lösen und erhielt hierfür 8 von 8 erreichbaren Punkten. Für die entstandene Verzögerung beziehungsweise Störung des Prüfungsablaufs wurde dem Kläger eine Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten gewährt.
19 
Bei der Entscheidung darüber, welche Abhilfemaßnahmen nach einer Störung des Prüfungsablaufs zur Wiederherstellung der Chancengleichheit geeignet und erforderlich sind, steht der Prüfungsbehörde grundsätzlich kein Ermessensspielraum zu. Es kommt darauf an, ob der Ausgleich angesichts der tatsächlich festzustellenden Dauer und Intensität der Störungen gelungen ist. Dies ist gerichtlich voll überprüfbar (BVerfG, Beschl. v. 21.12.1992 - 1 BvR 1295/90 - NJW 1993, 917; Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 476). Im vorliegenden Fall kommt es jedoch nicht darauf an, ob die dem Kläger zugestandene Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten ausreichend war. Denn der Kläger hat die seiner Auffassung nach unzureichende Schreibzeitverlängerung nicht rechtzeitig gerügt. Ein Prüfling, der eine gewährte Ausgleichsmaßnahme für nicht ausreichend erachtet, ist grundsätzlich verpflichtet, dies unverzüglich zu rügen. Denn der Prüfling hat durch seine Rüge den Anstoß zu schnellstmöglichen (weiteren) Abhilfemaßnahmen zu geben, die sonst möglicherweise unterbleiben würden (Niehues/Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 480; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 26.02.1986 - 2 A 71/85 - NVwZ 1988, 457). Es ist daher einem Prüfling grundsätzlich zumutbar, Verfahrensmängel noch während einer schriftlichen Prüfung dem Aufsichtsführenden zu melden. Eine solche Obliegenheit dient gerade der Chancengleichheit, da sie verhindern soll, dass sich ein Prüfling durch nachträgliche Geltendmachung des Verfahrensmangels eine weitere Prüfungschance und damit eine Bevorzugung vor anderen Prüflingen verschafft (BVerwG, Urt. v. 17.02.1984 - 7 C 67/82 - BVerwGE 69, 46). Im vorliegenden Fall hat der Kläger das Nichtausreichen der gewährten Nachbearbeitungszeit erstmals mit seinem am 25.01.2013 erhobenen Widerspruch geltend gemacht und mithin nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses und dem Ergehen des Nichtbestehensbescheids vom 27.12.2012. Die Rüge von Verfahrensfehlern ist jedoch jedenfalls dann nicht mehr unverzüglich erfolgt, wenn die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses abgewartet wird, da sich der Prüfling sonst im Falle des Misslingens der Prüfung unter Verstoß gegen die Chancengleichheit eine zusätzliche Prüfungsmöglichkeit verschaffen könnte (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 282 u. 485 m.w.N. d. Rspr.).
20 
Die unverzügliche Rüge einer möglicherweise nicht ausreichenden Schreibzeitverlängerung war im vorliegenden Fall auch nicht entbehrlich. Die unverzügliche Geltendmachung von Verfahrensfehlern kann dann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn die Mängel des Prüfungsverfahrens offensichtlich und zweifelsfrei vorliegen; denn die Prüfungsbehörde ist grundsätzlich nicht gehalten, die von ihr gewählte Ausgleichsmaßnahme in Frage zu stellen, sondern kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von ihrer Wirksamkeit ausgehen (VGH Bad.-Württ, Beschl. v. 16.08.2006 - 9 S 675/06 - VBlBW 2007, 65; Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 475). Die dem Kläger gewährte Nachbearbeitungszeit von 15 Minuten war nicht offensichtlich unangemessen kurz. Denn die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie die gewährte Schreibzeitverlängerung in Anbetracht der auf die Aufgabe Nr. 2 entfallenden anteiligen Bearbeitungszeit von ca. 8 Minuten und der Möglichkeit des Klägers, während der „Wartezeit“, in der die notwendigen Angaben nicht zur Verfügung standen, andere Aufgaben zu bearbeiten, für ausreichend erachtet. Diese Überlegungen der Beklagten zur Bestimmung einer angemessenen Nachbearbeitungszeit sind jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffend.
2.
21 
Auch der Umstand, dass die zur Lösung der Aufgabe Nr. 3 notwendigen Formeln nicht in der dem Kläger zur Verfügung gestellten Formelsammlung enthalten waren, stellt keinen Mangel des Prüfungsverfahrens dar, der zur Rechtswidrigkeit der Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 führen würde. Denn der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Kenntnis der benötigten Formeln nicht Teil des Prüfungsstoff gewesen sei und die Formeln daher hätten angegeben werden müssen.
22 
Den generell zulässigen Inhalt der Prüfung zu bestimmen und damit auch zu begrenzen, ist nicht Aufgabe der Prüfungsbehörden oder des einzelnen Prüfers, sondern dafür ist - jedenfalls bei berufsbezogenen Prüfungen - ein normativ vorgegebener Rahmen erforderlich. Dabei muss der parlamentarische Gesetzgeber nicht regeln, welche Themen und Inhalte in bestimmten Prüfungen zugelassen sind, sondern kann das Ziel und den Zweck der Ausbildung und anschließenden Leistungskontrolle angeben und die Umschreibung des zulässigen Prüfungsstoffs einer als Rechtsverordnung oder Hochschulsatzung auszugestaltenden Prüfungsordnung überlassen (Niehues/ Fischer/ Jeremias, aaO, Rn. 374). In dem damit vorgegebenen Rahmen steht es der zuständigen Prüfungsbehörde frei, die Prüfungsthemen zu bestimmen und Prüfungsaufgaben zu stellen. Dementsprechend ist der zulässige Prüfungsstoff nicht auf die in der Prüfungsvorbereitung behandelten Teile oder in Übungen durchgeführten Experimente beziehungsweise praktischen Arbeiten begrenzt. Er wird vielmehr allein durch die Prüfungsordnung bestimmt (Bay. VGH, Urt. v. 04.12.1991 - 7 B 91.975 - NVwZ 1992, 693; Zimmerling/ Brehm, aaO, Rn. 348 f).
23 
Der von der hier einschlägigen Prüfungsordnung vorgegebene Umfang des Prüfungsstoffs für die Prüfung zum „Geprüften Meister für Lagerwirtschaft“ wird nicht überschritten, wenn die Beklagte die Kenntnis der für die Lösung der Aufgabe Nr. 3 erforderlichen Formeln als Bestandteil der zu erbringenden Prüfungsleistung ansieht. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 bis 3 PO soll der Prüfungsteilnehmer im Prüfungsfach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ nachweisen, dass er grundlegende mathematische, physikalische und chemische Kenntnisse zur Lösung praxisbezogener Aufgabenstellungen anwenden kann. Hierzu gehört, dass er die Grundbegriffe und elementaren Gesetzmäßigkeiten der Physik und der allgemeinen Chemie kennt und ihre Auswirkungen auf die berufliche Praxis beurteilen kann. Außerdem soll er deutlich machen, dass er die mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Berechnungen unter Nutzung der entsprechenden Gleichungen ausführen kann. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 4 Nr. 2 b) PO kann in diesem Rahmen das Berechnen von Kräften, Momenten, Arbeit, Leistung und Wirkungsgrad geprüft werden. Im Rahmenstoffplan des Deutschen Industrie- und Handelskammertags für die Prüfung zum Meister für Lagerwirtschafts werden unter Nr. 1.2.2.1 zum Lernziel „Beherrschung der Grundbegriffe der Dynamik“ folgende Lerninhalte aufgeführt: Statische und dynamische Definition des Kraftbegriffs, Rollen- und Flaschenzüge, Definition des Drehmoments, Hebelarten und Hebelgesetze, Standmoment und Kippmoment, Lineares Kraftgesetz, Zentrifugal- und Zentripedalkraft, Reibungskräfte.
24 
Bei der hier streitgegenständlichen Aufgabe Nr. 3 war die Kraft zu berechnen, die zum Anheben eines entgleisten Güterwaggons mit Hilfe eines Flaschenzugs benötigt wird. Gemäß den Lösungshinweisen der Beklagten zur Wiederholungsprüfung im Fach „Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen“ waren zur Lösung der Aufgabe Nr. 3 die Formel zur Berechnung der Gewichtskraft (f=m×g), die Formel zum Hebelgesetz (f1×l1=f2×l2) sowie die Formel zur Berechnung der effektiv benötigten Zugkraft bei Verwendung eines Flaschenzugs (fr=f÷n) nacheinander anzuwenden. Sowohl bei der Gewichtskraft als auch beim Hebelgesetz und der Wirkung von Flaschenzügen handelt es sich um Grundbegriffe und elementare Gesetzmäßigkeiten der Physik, insbesondere der Mechanik. Folglich hat die Beklagte den durch § 5 Abs. 2 S. 4 Nr. 2 b) PO vorgegebenen Rahmen des zulässigen Prüfungsstoffs nicht verlassen und durfte zulässigerweise die Kenntnis der oben genannten Formeln als Teil der zu erbringenden Prüfungsleistung erwarten.
3.
25 
Auch der Einwand des Klägers, er sei mangelhaft auf die Prüfung vorbereitet worden und die abgeprüften Inhalten hätten nicht mit dem im Vorbereitungslehrgang behandelten Stoff übereingestimmt, greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, kommt es für eine rechtmäßige Auswahl des Prüfungsstoffs durch die Prüfungsbehörde nicht auf den Inhalt der prüfungsvorbereitenden Lehrveranstaltungen, sondern auf die Vorgaben der einschlägigen Prüfungsordnung an. Folglich wäre die Rechtmäßigkeit der Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 selbst dann nicht berührt, wenn der Vortrag des Klägers zuträfe, dass die in der Prüfung abgefragten Inhalte zuvor im Vorbereitungskurs nicht behandelt worden seien (Bay. VGH, Urt. v. 04.12.1991 - aaO.; Zimmerling/ Brehm, aaO, Rn. 349 f). Danach kommt es auch nicht darauf an, inwiefern die Beklagte für die Inhalte des von der IHK Bildungszentrum K. GmbH abgehaltenen Vorbereitungslehrgangs verantwortlich ist bzw. auf diese Einfluss nehmen kann.
26 
Die Aufgabe Nr. 3 der Wiederholungsprüfung vom 30.11.2012 und insbesondere die zur Lösung dieser Aufgabe notwendige Kenntnis mehrerer Formeln verlassen nicht den Rahmen des zulässigen Prüfungsstoffs (s.o.). Dass durch die übrigen Aufgaben der Prüfung außerhalb des zulässigen Prüfungsstoffs liegende Kenntnisse abgefragt wurden, ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
BESCHLUSS
29 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 36.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt beschlossenen Änderung vom 18.07.2013).
30 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten über das Nichtbestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung.

2

Sie unterzog sich im Herbst 2011 im Widerholungsversuch der staatlichen Pflichtfachprüfung und erzielte in den sechs schriftlichen Prüfungsarbeiten folgende Ergebnisse:

3

Öffentliches Recht 1

 5,0 Punkte

Öffentliches Recht 2

 3,5 Punkte

Strafrecht 1

 3,5 Punkte

Zivilrecht 1

 3,0 Punkte

Zivilrecht 2

 5,5 Punkte

Zivilrecht 3

 2,0 Punkte

Summe 

22,5 Punkte

4

Dies ergibt eine Gesamtnote der schriftlichen Prüfung von 3,75 Punkten.

5

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung betrage weniger als 4,00 Punkte, weshalb sie von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen sei. Sie habe die Prüfung gemäß § 7 Abs. 4 des Landesgesetzes über die Juristische Ausbildung – JAG – wiederholt nicht bestanden.

6

Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Prüfungsaufgabe Zivilrecht 1 sei zu umfangreich gewesen und habe die Grenze des zulässigen Prüfungsstoffs überschritten. Die Ablösung einer Grundschuld durch Aufrechnung eines Dritten sei kein Standardproblem, das im ersten Examen verlangt werden könne. Darüber hinaus rügte die Klägerin die Bewertungen der Klausur Zivilrecht 1 durch den Erst- und Zweitkorrektor sowie der Klausur Öffentliches Recht 2 durch den Zweitkorrektor.

7

Der Beklagte legte den Widerspruch – soweit er ihn für relevant hielt – auszugsweise den Zweitprüfern der betreffenden Klausuren vor, die daraufhin jeweils eine ergänzende Stellungnahme zu ihrer Bewertung abgaben, ohne dass es zu einer Änderung der vergebenen Note kam. Die Erstprüferin der Zivilrechtsklausur wurde im Rahmen des Überdenkungsverfahrens nicht beteiligt.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2012 – zugestellt am 5. Juli 2012 – wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Rügen, die Klausur Zivilrecht 1 habe unzulässigen Prüfungsstoff enthalten und sei – weil zu umfangreich – als Prüfungsaufgabe ungeeignet gewesen, habe sie nicht rechtzeitig erhoben, weshalb sie nicht mehr zu berücksichtigen seien. Es handele sich hierbei um Mängel des Prüfungsverfahrens, die – anders als materielle Bewertungsfehler – gemäß § 12 Satz 1 der Juristischen Ausbildungs-und Prüfungsordnung – JAPO - innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach deren Eintritt schriftlich gegenüber dem Prüfungsamt geltend zu machen seien. Mit einer fristgemäßen Rüge werde auch nichts Unzumutbares verlangt. Dem Prüfling obliege es, sich über die für das Prüfungsrechtverhältnis geltenden Rechtsvorschriften zu informieren, was auch in Bezug auf Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Verfahrensmängeln gelte. Es sei insbesondere auch zumutbar gewesen, den vermeintlichen Verfahrensfehler „aus der Erinnerung heraus“ geltend zu machen. Bewertungsfehler seien nicht erkennbar. Soweit bei der Klausur Zivilrecht 1 eine fehlerhafte Gewichtung von Aufgabe 1 und 2 angesichts des zu großen Umfangs von Aufgabe 1 und des unzulässigen Prüfungsstoffs bei Aufgabe 2 durch die Erstprüferin bemängelt werde, sei dies nicht fristgerecht geltend gemacht worden. An dem Rügeausschluss ändere auch nichts, dass mit dem Einwand nicht der Verfahrensfehler als solcher, sondern ein hieraus resultierender materieller Bewertungsfehler kritisiert worden sei. Im Übrigen wurde bezüglich der einzelnen Rügen der Klägerin unter Einbeziehung der Prüferstellungnahmen im Überdenkungsverfahren festgestellt, dass die Prüfer nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen und die von der Klägerin beanstandeten Ausführungen darüber hinaus vom Bewertungsspielraum der Prüfer abgedeckt seien.

9

Die Klägerin hat am 20. Juli 2012 Klage erhoben.

10

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor: Die nur auszugsweise Weiterleitung ihrer Einwendungen an die Prüfer und die gänzlich fehlende Beteiligung der Erstprüferin der Klausur Zivilrecht 1 am Überdenkungsverfahren stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dar. Der Einwand der zu umfangreichen Prüfungsaufgabe und des unzulässigen Prüfungsstoffs in Bezug auf die Klausur Zivilrecht 1 sei nicht verspätet erhoben worden. Insoweit seien die Anforderungen an die Rechtzeitigkeit der Rüge überspannt. Sie habe erst nach Einsicht in ihr Klausurenheft erkennen können, dass ein übermäßiger Stoffumfang und Rechtskenntnisse verlangt worden seien, über die sie, auch mangels entsprechender Vermittlung im Rahmen der Universitätsausbildung und trotz Selbststudiums, nicht habe verfügen können. Es sei lebensfremd zu erwarten, dass ein Prüfling sich nach Abgabe der Klausuren an die einzelnen Prüfungsaufgaben in einem Umfang erinnern könne, der substantiierte Rügen ermögliche. Es stelle im Übrigen einen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit aller Prüflinge dar, wenn in einem Examenstermin nur Standardprobleme verlangt, in einem anderen aber weit darüber hinausgehende Anforderungen gestellt würden.

11

Die Klägerin beantragt,

12

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juli 2012 zu verpflichten, sie anstelle der Aufsichtsarbeit Zivilrecht 1 erneut eine Aufsichtsarbeit im Fach Zivilrecht anfertigen zu lassen und die Aufsichtsarbeit Öffentliches Recht 2 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bewerten zu lassen,

13

hilfsweise,

14

die Aufsichtsarbeit Zivilrecht 1 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bewerten zu lassen.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er bezieht sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und führt ergänzend aus: Nach der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz bestehe im Fall eines Widerspruchs kein genereller Anspruch auf Durchführung eines sogenannten „Überdenkungsverfahrens“. Im Hinblick auf die Chancengleichheit der Prüflinge könne nicht jeder Einwand zu einer erneuten Prüferbeteiligung führen. Hierfür seien vielmehr substantiierte Einwände von Mängeln im Prüfungsgeschehen oder gegen fachwissenschaftliche Wertungen erforderlich. Einwände gegen prüfungsspezifische Wertungen führten allenfalls dann zu einer erneuten Prüferbeteiligung, wenn normative Vorgaben nicht beachtet würden oder die Bewertung aus der Sicht von Fachkundigen unhaltbar erscheine. Insoweit bestehe die Befugnis des Landesprüfungsamts zur Vorprüfung des Widerspruchs.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten einschließlich des Klausurenhefts der Klägerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Klage hat sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag keinen Erfolg. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Neuanfertigung einer Klausur im Fach Zivilrecht noch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Zivilrecht 1 und Öffentliches Recht 2. Der Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juli 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

20

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 9 Abs. 3 der Juristischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung – JAPO –. Danach ist ein Bewerber von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Pflichtfachprüfung nicht bestanden, wenn in der schriftlichen Prüfung nicht mindestens drei Aufsichtsarbeiten aus zwei verschiedenen Pflichtfächern mit mindestens vier Punkten bewertet wurden und die Gesamtpunktzahl der schriftlichen Prüfung nicht mindestens 24 Punkte beträgt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid in rechtsfehlerfreier Weise festgestellt hat, dass die Klägerin in der schriftlichen Prüfung die erforderliche Mindestpunktzahl von 24 Punkten nicht erreicht hat.

21

Die von der Klägerin gegen die Prüfungsentscheidung erhobenen Einwände greifen sämtlich nicht durch.

22

Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Neuanfertigung einer Prüfungsarbeit im Fach Zivilrecht. Ihre Rügen, die Prüfungsarbeit Zivilrecht 1 sei bezüglich der Prüfungsanforderung bei Aufgabe 1 zu umfangreich – und damit ungeeignet - gewesen und bei dem Aufgabenteil 2 sei der zulässige Prüfungsstoff überschritten worden, bleiben schon deshalb ohne Erfolg, weil sie diese nicht rechtzeitig geltend gemacht hat.

23

Nach § 12 Satz 1 JAPO sind Mängel des Prüfungsverfahrens innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach ihrem Eintritt schriftlich gegenüber dem Landesprüfungsamt geltend zu machen. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, da die Klägerin ihre diesbezüglichen Einwendungen erst nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erhoben und deshalb ihr Rügerecht verloren hat.

24

Bei den von der Klägerin gerügten Fehlern in Form der Überschreitung des zulässigen Prüfungsstoffs sowie einer zu umfangreichen Prüfungsaufgabe handelt es sich um „Mängel im Prüfungsverfahren“ im Sinne des § 12 Satz 1 JAPO, die – im Falle ihres Vorliegens – als Verfahrensfehler eine Prüfungswiederholung zur Folge haben. Dies wurde in dem ergangenen Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2012 bereits umfassend und zutreffend unter Bezugnahme auf das Urteil des VG Ansbach vom 24. Februar 2005 (AN 2 K 04.01309, juris, Rn. 35 bis 38) – dem die Kammer folgt - dargelegt. Wegen der weiteren Begründung kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen Bezug genommen werden, die sich die Kammer nach erneuter Sach- und Rechtsprüfung zu eigen macht (§ 117 Abs. 5 VwGO).

25

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird von dem Prüfling mit dem Erfordernis der Geltendmachung der Prüfungsstoffüberschreitung bzw. einer ungeeigneten, weil zu umfänglichen Prüfungsaufgabe innerhalb der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 1 JAPO als Voraussetzung für eine erfolgreiche Rüge nichts Unzumutbares verlangt. Nach dem auch im Rahmen des Prüfungsrechtsverhältnisses geltenden Grundsatz von Treu und Glauben obliegt es dem Prüfling, sich rechtzeitig über die für das Prüfungsrechtsverhältnis geltenden Vorschriften zu informieren. Diese Obliegenheit besteht grundsätzlich auch in Bezug auf die Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Mängeln im Prüfungsverfahren (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1994 – 6 C 37/92 –, BVerwGE 96, 126 und juris, Rn. 21).

26

Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, sie sei unmittelbar nach Ableistung der Klausur innerhalb der Ausschlussfrist – noch – nicht in der Lage gewesen, überhaupt zu erkennen, ob die in Frage stehenden Mängel im Prüfungsverfahren vorgelegen hätten, weshalb sie entsprechende substantiierte Rügen nicht hätte erheben können. Insoweit verkennt die Klägerin, dass es zur bloßen Geltendmachung des Verfahrensmangels zur Vermeidung eines Rügeausschlusses keiner detaillierten und umfänglich rechtlichen Ausführungen oder gar der Kenntnis der Lösung bedurft hätte. Es hätten vielmehr schon Hinweise auf die Problematik genügt. Jedenfalls ist es von einem verantwortungsbewussten Prüfling zu verlangen, dass er sich im Anschluss an die Prüfungsablegung bewusst werden muss, ob er sich vorschriftswidrig gehindert gesehen hat, eine adäquate Leistung zu erbringen, um sich sodann mit entsprechenden Rügen oder selbst schon bei bloßen Zweifeln, auch hinsichtlich der gebotenen Vorgehensweise, alsbald an das Prüfungsamt zu wenden (VG Ansbach, Urteil vom 24. Februar 2005, a.a.O, juris, Rn. 42).

27

Für die Rechtfertigung einer Präklusionsregelung wie derjenigen des § 12 Satz 1 JAPO genügt es, dass damit entweder verhindert werden soll, dass ein Prüfling, indem er in Kenntnis – oder bei Zweifeln – des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, sich eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschafft, oder dass sie dazu dient, der Prüfungsbehörde eine eigene, möglichst zeitnahe Überprüfung des gerügten Mangels mit dem Ziel einer schnellst möglichen Aufklärung und unter Umständen sogar noch rechtzeitigen Korrektur oder zumindest Kompensation eines festgestellten Mangels zu ermöglichen. Ließe man die fristlose Geltendmachung des Mangels einer Überschreitung des Prüfungsstoffes zu, wäre dem Prüfling die Möglichkeit eröffnet, sich erst über den Erfolg seiner Bearbeitung kundig zu machen und sich dann zu entscheiden, ob er sich damit zufrieden geben will oder unter Beseitigung dieses Ergebnisses einen neuen Prüfungsversuch anstrebt, was eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit im Prüfungsrecht bedeuten würde. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass die Prüfungsbehörde nur bei einer zeitnahen Geltendmachung eines derartigen Mangels in die Lage versetzt wird, dem nachzugehen und darauf in einer Form zu reagieren, die das Prüfungsgeschehen möglichst wenig beeinträchtigt, etwa durch eine zeitnahe Wiederholung der betreffenden Prüfungsleistung, ohne dass es überhaupt zur Bewertung der fehlerhaft ermittelten Leistung gekommen ist oder zumindest die dabei erzielten Ergebnisse herausgegeben sind (VG Ansbach, a.a.O., juris, Rn. 41). Allein schon um diesem Gesichtspunkt Geltung zu verschaffen, wäre die Klägerin, auch wenn ihr zunächst detaillierte Ausführungen nicht möglich gewesen sind, zu einer rechtzeitigen Rüge verpflichtet gewesen.

28

Die Klägerin wäre im Übrigen mit ihren Rügen von Verfahrensmängeln auch dann ausgeschlossen, wenn diese nicht bereits nach § 12 Satz 1 JAPO verspätet erhoben worden wären. Dieses Ergebnis folgt im Hinblick auf die obigen Erwägungen zur Chancengleichheit und das daraus folgende Gebot der Unverzüglichkeit einer derartigen Rüge jedenfalls noch vor Ergebnisbekanntgabe aus den allgemeinen Grundsätzen des Prüfungsrechts (VG Ansbach, Urteil vom 24. Februar 2005, a.a.O., Rn. 47).

29

Der auf Neubewertung der Klausur Zivilrecht 1 gerichtete Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubewertung der Prüfungsarbeit.

30

Die Bewertung von Prüfungsleistungen unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Dies ergibt sich daraus, dass es eine absolute Objektivität einer Leistungsbeurteilung im pädagogischen Bereich nicht gibt, weil die Bewertung einer Prüfungsleistung durch den Prüfer in aller Regel mit einem erheblichen Einschlag wertender Elemente getroffen wird. Deshalb handeln die betroffenen Prüfer bei der Bewertung von Prüfungsleistungen in Wahrnehmung einer ihnen grundsätzlich zustehenden Beurteilungsermächtigung. Für die Beurteilung einer Prüfungsarbeit nach fachlich-pädagogischen Kriterien steht deshalb nur dem Prüfer und nicht den Verwaltungsgerichten die Befugnis zur letztverbindlichen Einstufung der Prüfungsleistung zu. Dies bedeutet, dass die gerichtliche Überprüfung von prüfungsspezifischen Wertungen dort ihre Grenze findet, wo der Beurteilungsspielraum des Prüfers beginnt. Die gerichtliche Überprüfung ist demnach darauf zu beschränken, ob der Prüfer anzuwendendes Recht verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob er sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat oder ob er allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet hat. Darüber hinaus sind aber im Rahmen des „Antwortspielraums“ auch fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen Kontrolle nicht generell entzogen. Die Prüfungsentscheidung ist aufzuheben, wenn in Fachfragen eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch bewertet worden ist. Wird unter Anwendung dieser Grundsätze ein Bewertungsfehler durch das Gericht festgestellt, kann das Gericht demzufolge die Leistungsbewertung grundsätzlich nicht durch eine eigene ersetzen und damit gleichsam die Aufgabe des Prüfers übernehmen. Es kann vielmehr nur den Prüfungsbescheid aufheben mit der Folge, dass der zuständige Prüfer – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts – eine neue fehlerfreie Bewertung nachholen muss (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991, BVerfGE 84, 34 -58).

31

Hinsichtlich der Bewertung einzelner Prüfungsleistungen ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 13. Mai 1965 – 2 C 146.62 –, BVerwGE 21, 127, 130 m.w.N.) in der Weiterführung, die sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 17. April 1991, a.a.O.) erfahren hat, auszugehen. Danach unterliegt die Bewertung von Prüfungsleistungen nur einer eingeschränkten Kontrolle. Dies ergibt sich daraus, dass es eine absolute Objektivität einer Leistungsbeurteilung im pädagogischen Bereich nicht gibt, weil die Bewertung einer Prüfungsleistung durch den Prüfer in aller Regel mit einem erheblichen Einschlag wertender Elemente getroffen wird. Deshalb handeln die betroffenen Prüfer bei der Bewertung von Prüfungsleistungen in Wahrnehmung einer ihnen grundsätzlich zustehenden Beurteilungsermächtigung. Für die Beurteilung einer Prüfungsleistung nach fachlich-pädagogischen Kriterien steht dem Prüfer (und nicht den Verwaltungsgerichten) die Befugnis zur (letzt-) verbindlichen Einstufung der Prüfungsleistung zu. Dies bedeutet, dass die gerichtliche Überprüfung von prüfungsspezifischen Wertungen dort ihre Grenze findet, wo der Beurteilungsspielraum des Prüfers beginnt. Die gerichtliche Überprüfung hat sich demnach darauf zu beschränken, ob der Prüfer anzuwendendes Recht verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob er sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat oder ob er allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet hat.

32

Demgegenüber sind fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen Kontrolle nicht generell entzogen. Die Prüfungsentscheidung ist aufzuheben, wenn in Fachfragen eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch bewertet worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991, a.a.O. S. 804; BVerwG, Urteil vom 09. Dezember 1992 – 6 C 3.92 –, BVerwGE 91, 262, 266). Der so umrissene, gegen den Bewertungsspielraum des Prüfers abzugrenzende sog. „Antwortspielraum“ des Prüflings darf indessen nicht überdehnt werden. So gehören die Einschätzungen des Schwierigkeitsgrades der Prüfungsaufgabe, die Beurteilung, ob und in welchem Maße der Prüfling seine Antworten und Begründungen sorgfältig aufbereitet und überzeugend dargelegt hat, die Bewertung der Art der Darstellung, die Bildung des Vergleichsrahmens, die Wertung, welche Leistung noch als „durchschnittlich“ zu betrachten ist und darüber hinaus überhaupt Benotungsfragen zu den prüfungsspezifischen Wertungen, die grundsätzlich allein dem jeweiligen Prüfer zustehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. August 1992 – 4 S 11065/92 –, VBlBW 1993, 143, 144).

33

Zunächst ist die Vorgehensweise des Landesprüfungsamts für Juristen des Beklagten, den Widerspruch des Klägers den beteiligten Prüfern nur auszugsweise zur Kenntnis zu geben, rechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr besteht nach rheinland-pfälzischem Landesrecht die Befugnis des Landesprüfungsamts für Juristen zur Vorprüfung des Widerspruchs mit der Folge, dass die Prüfer nur hinsichtlich der relevanten Teile des Widerspruchs eingeschaltet oder im Einzelfall sogar überhaupt nicht beteiligt werden müssen. Dies ergibt sich aus Folgendem: Wird gegen die Bewertung einer Prüfungsleistung gemäß § 5 Abs. 3 JAG Widerspruch eingelegt, so erhält zunächst die Prüferin oder der Prüfer Gelegenheit zur Überprüfung der Einwendungen und Abänderung der Bewertung, wenn ein Bewertungsfehler bei summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Widerspruch die Einschaltung der betreffenden Prüfer verlangt. Die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 JAG steht unter dem Vorbehalt der näheren Regelung durch die Justizausbildungs- und Prüfungsordnung. Eine derartige speziellere und daher vorrangigere Regelung enthält § 9 Abs. 7 Satz 1 JAPO, wonach der Prüfer nur dann Gelegenheit zur Überprüfung der Einwendungen und Abänderungen der Bewertung erhält, wenn sich nach summarischer Prüfung die Möglichkeit eines Bewertungsfehlers überhaupt ergibt (grundlegend OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Juli 2003 - 2 A 10770/03.OVG –, juris).

34

Die Befugnis des Landesprüfungsamts für Juristen zur Vorprüfung des Widerspruchs ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 92, 1392, 132 f.; Urteil vom 24. Februar 1993 – 6 C 35/92 – juris, Rn. 27) hat klargestellt, dass ein Anspruch des Kandidaten auf verwaltungsinterne Überprüfung seiner Einwendungen gegen die Bewertung nur besteht, sofern es sich um substantiierte Einwände handelt. Insoweit dient die Ausgestaltung des Widerspruchsverfahrens in § 9 Abs. 7 Satz 1 JAPO dazu, die Anforderungen an die Substantiierungslast des Kandidaten zu kontrollieren und zu verhindern, dass auch unsubstantiierte Einwände die Chance einer Zweitbewertung eröffnen, da der Prüfling hierauf keinen Anspruch hat. Der Anspruch des Kandidaten geht lediglich dahin, dass seine Prüfungsleistung anhand des dem Prüfer eigenen Bewertungssystems fachlich richtig und gerecht bewertet wird. Eine erneute Beteiligung der Prüfer bei jeder Art von Einwendungen wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Chancengleichheit sogar bedenklich. Da die gerechte Bewertung der einzelnen Prüfungsarbeiten auf der Grundlage des dem Prüfer eigenen Bewertungssystems von dem Quervergleich mit den Leistungen der übrigen Prüflingen abhängt, darf nicht ohne rechtfertigenden Grund in dieses Bewertungsgefüge eingegriffen werden. Es wäre grundsätzlich mit dem Grundsatz der Chancengleichheit unvereinbar, wenn ein Kandidat die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielte. Diese Gefahr wäre indes gegeben, wenn die Prüfer auf jedwede Einwendung erneut ein Überdenken ihrer Erstbewertung durchführen würden und der Kandidat hierdurch die Chance einer Zweitbeurteilung erhielte. Zur Vermeidung von Chancenungleichheiten ist es deshalb sachgerecht, wenn nicht sogar geboten, eine Beteiligung der Prüfer erst dann vorzusehen, wenn die Möglichkeit eines Bewertungsfehlers hinreichend substantiiert dargelegt ist (OVG Rheinland-Pfalz a.a.O.).

35

Ausgehend von diesen Grundsätzen war das Landesprüfungsamt des Beklagten berechtigt, die von der Klägerin mit ihrem Widerspruch erhobenen Rügen den betroffenen Prüfern nur auszugsweise vorzulegen, soweit es sich um substantiierte Einwendungen handelte.

36

Danach wurde die Erstprüferin der Klausur Zivilrecht 1 zu Recht nicht am Überdenkungsverfahren beteiligt, weil Bewertungsfehler bereits nach summarischer Prüfung ausgeschossen sind (§ 7 Abs. 6 Satz 1 JAPO).

37

Mit ihrem Einwand, die Erstprüferin habe die Aufgabe 1 und 2 der Klausur zu Unrecht gleich gewichtet, weil Aufgabe 1 zu umfangreich gewesen sei und Aufgabe 2 unzulässigen Prüfungsstoff enthalten habe, hat die Klägerin schon keinen materiellen Bewertungsfehler geltend gemacht, der zu einer Neubewertung der Klausur führen könnte. Bei einer hierauf zurückzuführenden unzutreffenden Bewertung ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht um einen Bewertungsfehler, sondern um eine mittelbare Folge der Mängel im Prüfungsverfahren, die als solche gerügt werden müssen und nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht mehr gerügt werden können. Behoben werden können solche Mängel damit nur durch eine Wiederholung der Prüfungsleistung, nicht aber durch eine Neubewertung. Eine solche kann nur bei materiellen Bewertungsfehlern auf der Grundlage einer frei von Verfahrensmängeln erbrachten Leistung erfolgen (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1994, a.a.O., juris, Leitsatz 4 und Rn. 25).

38

Soweit die Klägerin weiter beanstandet, es werde durch die Erstprüferin zu Unrecht bemängelt, dass sie die Vorschrift des § 894 BGB nicht geprüft habe, hat sie damit einen Bewertungsfehler nicht dargelegt. Die Prüferkritik ist berechtigt, da eine Prüfung dieser Vorschrift tatsächlich nicht erfolgt ist. Es ist auch nicht zutreffend, dass – wie von der Klägerin geltend gemacht – die Erstprüferin bemängelt hat, § 883 Abs. 2 BGB sei von ihr überhaupt nicht berücksichtigt worden. Denn die entsprechende Passage des Prüfervotums bezieht sich nur auf die Aufgabe 1 b, bei der § 883 Abs. 2 BGB „nicht mehr“ berücksichtigt worden sei. Eine erneute Prüferbeteiligung musste damit auch im Hinblick auf die genannten Rügen nicht erfolgen, da bereits bei summarischer Prüfung Bewertungsfehler auszuschließen sind.

39

Es ist auch nicht als bewertungsfehlerhaft anzusehen, dass der Zweitprüfer der Klausur Zivilrecht 1 einerseits die Aufgaben 1 und 2, was den Anteil an den Rohpunkten angeht, als „in etwa gleichwertig“ bezeichnet, bei der Gesamtbewertung den Schwerpunkt mit einer Gewichtung von 2/3 jedoch auf die Aufgabe 1 gelegt und den zweiten Aufgabenteil auf einen Anteil von 1/3 an der Gesamtnote reduziert hat. Diese Gewichtung im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung hat der Zweitprüfer in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren nachvollziehbar näher erläutert. Im Übrigen betrifft die Frage der Gewichtung von einzelnen Prüfungsleistungen den Kernbereich des Beurteilungsspielraums, in den das Gericht nur im Ausnahmefall, der hier nicht gegeben ist, eingreifen darf. Zudem hat der Prüfer zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin, die bei Teil 2 der Prüfungsaufgabe gar keine Rohpunkte erzielen konnte, durch die von ihm vorgenommene Schwerpunktsetzung ausschließlich profitiert habe. Sie ist von daher durch die seitens des Prüfers vorgenommenen Gewichtung schon nicht beschwert.

40

Auch der Einwand der Klägerin, der Zweitprüfer hätte bei Aufgabe 1 a) die für die Einigung nach § 873 Abs. 1 BGB vorgesehenen 10 Rohpunkte vergeben müssen, weil sie die Vorschrift „indirekt“ geprüft habe und sich die Einigung zudem bereits aus dem Sachverhalt ergeben habe, rechtfertigt keine Korrektur der Bewertung. Wie bereits in dem ergangenen Widerspruchsbescheid ausgeführt, unterfällt die Wertung, ob das Erfordernis der Einigung hätte geprüft werden müssen, als Bewertung der Argumentations- und Begründungstiefe ebenfalls dem Beurteilungsspielraum des Prüfers. Wenn ein Prüfer die vollständige Prüfung aller Tatbestandsvoraussetzungen für die Entstehung eines Rechts verlangt, bewegt sich dies im zulässigen Rahmen des Erwartungshorizonts des Prüfers an eine juristisch saubere Subsumtionstechnik und stellt keinen Verstoß gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze dar.

41

Mit ihrem weiteren Vortrag, für ihre Ausführungen zu Aufgabe 1 c) – vom Prüfer als „zu knapp“ kritisiert – hätten auch mehr als 10 Rohpunkte vergeben werden können, vermag die Klägerin ebenfalls nicht durchzudringen. Auch die Anforderungen des Prüfers an die Begründungstiefe fallen in das vom Gericht nicht überprüfbare Prüferermessen. Mit ihrem Einwand legt die Klägerin keinen Bewertungsfehler dar, sondern ersetzt lediglich die Prüferbewertung durch ihre eigene Wertung, was ihr nicht zusteht.

42

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Neubewertung der Prüfungsarbeit Öffentliches Recht 2.

43

Der Zweitprüfer hat in seinem Votum zu Recht beanstandet, dass das Aufwerfen der Staatsangehörigkeits-Problematik im Rahmen der „Beschwerdeberechtigung“ ohne erkennbaren Grund erfolgt ist. Der hiergegen erhobene Einwand der Klägerin, es sei nicht falsch, sondern vertretbar, wenn die Frage der Staatsangehörigkeit bei dem Prüfungspunkt der Beschwerdeberechtigung festgestellt, diskutiert und richtig gelöst werde, geht fehl. Der Zweitprüfer hat im Rahmen des Überdenkungsverfahrens darauf hingewiesen, dass er die in Frage stehenden Ausführungen nicht als falsch angesehen, sondern mit seiner Anmerkung (nur) kritisiert habe, dass es an einem sinnvollen Prüfungsaufbau gefehlt habe. Es hätte ausgeführt werden müssen, warum es problematisch sein könnte, den Beschwerdeführer als „Jedermann“ anzusehen. Der Anlass der Prüfung der Staatsangehörigkeit an dieser Stelle und die Notwendigkeit, auf den Unionsbürgerstatus abzustellen, bleibe unklar. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Prüfer hat, anders als die Klägerin meint, nicht – auch nicht im Ausgangsvotum – Vertretbares als falsch angesehen und bewertet, sondern in nachvollziehbarer Weise das Fehlen eines juristisch korrekten Prüfungsaufbaus bemängelt. Dieser Gesichtspunkt, der die Argumentations- und Begründungstiefe betrifft, unterfällt jedoch ebenfalls dem Bereich prüfungsspezifischer Wertungen.

44

Auch mit ihrem Vortrag, die Beschwerdebefugnis sei unproblematisch gewesen, weshalb insoweit keine längeren Ausführungen erforderlich gewesen seien und kein Punktabzug hätte erfolgen dürfen, vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Die Prüferkritik bezog sich nicht darauf, dass längere Ausführungen erforderlich gewesen seien, sondern monierte, dass die Beschwerdebefugnis „in keiner Weise konkretisiert“ werde. Dies räumt die Klägerin allerdings in ihrem Widerspruchsschreiben auch selbst ein. Dass insoweit kein Punktabzug hätte vorgenommen werden dürfen, stellt erneut eine – unzulässige – eigene Wertung der Klägerin unter Eingriff in den Beurteilungsspielraum des Prüfers dar.

45

Dasselbe gilt für ihren Einwand, die als zu oberflächlich bemängelte Subsumtion zu Art. 5 Abs. 3 GG sei zwar knapp, aber richtig und deshalb im ausreichenden Bereich anzusiedeln.

46

Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Prüfer bei der Aufgabe 2 der Klausur Öffentliches Recht 2 über die geübte Kritik hinaus ihre Bearbeitung nicht zur Kenntnis genommen haben könnte. Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides (§ 117 Abs. 5 VwGO).

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

49

Beschluss

50

1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21.03.2013

51

Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Bewertung seiner Klausur im Prüfungsfach "Human- und Sozialwissenschaften" im Stabsoffizierlehrgang 1/2011 an der Führungsakademie der Bundeswehr, H.

2

Der 1978 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit nach derzeitigem Stand mit Ablauf des 30. September 2034 enden wird. Er wurde am 18. Oktober 2007 zum Hauptmann ernannt. Seit dem 1. April 2010 wird er bei der 4./...bataillon ... in Ha. auf dem Dienstposten des Kompaniechefs verwendet.

3

Das Personalamt der Bundeswehr kommandierte den Antragsteller mit Verfügung vom 15. November 2010 für die Zeit vom 8. Februar 2011 bis zum 13. April 2011 zur Teilnahme am Stabsoffizierlehrgang (SOL) 1/2011 zur Führungsakademie der Bundeswehr, H. In der "Prüfungsordnung für den Stabsoffizierlehrgang (SOL)" vom 3. Februar 2011 (Fü S I 5 - Az. 32-16-06/ SOL) ordnete das Bundesministerium der Verteidigung unter anderem an, dass im Prüfungsfach "Human- und Sozialwissenschaften" (HSW) eine Einzelprüfung in Gestalt einer schriftlichen Klausur mit einer Bearbeitungszeit von 240 Minuten zu absolvieren sei. Die Prüfungsordnung und der dazu vom Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr am 7. Februar 2011 erlassene "Prüfungsbefehl für den Stabsoffizierlehrgang (SOL)" galten erstmals für den Stabsoffizierlehrgang 1/2011; mit diesen Prüfungsbestimmungen wurde die Art des Leistungsnachweises im Prüfungsfach HSW geändert und von einer schriftlichen Seminararbeit auf eine Klausur umgestellt.

4

Am 11. März 2011 bearbeitete der Antragsteller die Klausur im Prüfungsfach HSW zum Thema "Kampf der Kulturen? Analysieren Sie die politische Theorie vom Kampf der Kulturen bei Samuel P. Huntington und beurteilen Sie den empirischen Befund, den prognostischen Gehalt sowie die normativen politischen Forderungen". Die Klausur wurde - auf der Grundlage einer Notenskala von Note 1 (sehr gut) bis Note 6 (ungenügend) - mit der Einzelnote 3,40 bewertet. Die Einzelnote ergab sich aus dem Durchschnitt der vom Leiter des Seminars HSW und Erstprüfer Dr. G. vergebenen Teilnote 3,45 und der von der Zweitprüferin Dr. A. vergebenen Teilnote 3,35. Dem Antragsteller wurde diese Benotung seiner Klausur in der Klausurnachbesprechung am 8. April 2011 eröffnet.

5

Mit Schreiben vom 12. April 2011 legte der Antragsteller Beschwerde gegen diese Bewertung ein. Er trug vor, der Dozent im Prüfungsfach HSW und Erstprüfer habe im Rahmen der Klausurnachbesprechung zur Notenvergabe im Leistungsnachweis HSW Aussagen getätigt, die im Widerspruch zum Prüfungsbefehl stünden. Dr. G. habe nach eigener Aussage bei der Korrektur der Leistungsnachweise zuerst alle Arbeiten der Seminarteilnehmer gelesen und verglichen, sie anschließend in Notenstapeln sortiert und erst danach die Bewertungsbögen entsprechend seiner vorher festgelegten Notenvergabe ausgefüllt. Das gleiche Verfahren habe nach den Angaben Dr. G.s auch der Zweitkorrektor angewendet. Damit seien die Auswertungsbögen zweckentfremdet und der subjektiven Notenvergabe angepasst worden. Überdies seien als Prüfungsstoff ca. 450 Seiten Text prüfungsrelevant gewesen, die im Seminar jedoch nicht besprochen oder kommentiert worden seien. Das sei nicht statthaft, zumal bei der Einweisung in den Stabsoffizierlehrgang auf das Prinzip des gesprochenen Wortes verwiesen worden sei. Ein anderer Lehrgangsteilnehmer habe bei der Klausurnachbesprechung gefragt, welche Unterrichtsinhalte prüfungsrelevant gewesen seien; nach seiner Meinung seien dies nur der im Seminar behandelte Reader und die Primärliteratur gewesen. Darauf habe Dr. G. erwidert, die gesamte Literatur sei prüfungsrelevant gewesen, auch wenn sie nicht besprochen worden sei. Dr. G. habe aber am Anfang des Seminars erklärt, es gelte das gesprochene Wort und das, was behandelt worden sei. Dr. G. habe sich bei der Notenvergabe an der "Gaußschen Normalverteilung" orientiert. Damit sei eine Berücksichtigung der Einzelleistung nicht erfolgt.

6

Als Reaktion auf die Beschwerden des Antragstellers und weiterer Teilnehmer des SOL 1/2011 gegen die Bewertung der Klausuren im Prüfungsfach HSW ordnete der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr im Rahmen seiner Abhilfeprüfung am 27. Mai 2011 an, dass alle von Dr. G. als Erst- oder Zweitprüfer bewerteten Klausuren im SOL 1/2011 durch einen unabhängigen weiteren Prüfer erneut zu bewerten seien, weil Zweifel bestünden, dass Dr. G. als Erst- und Zweitprüfer die im gültigen Prüfungsbefehl festgelegte Prüfsystematik sachgerecht angewendet habe.

7

Nach Aufhebung der beanstandeten Klausurnote bewertete der Drittkorrektor die Prüfungsleistung des Antragstellers mit 3,65. Unter Berücksichtigung der von der Zweitkorrektorin vergebenen Teilnote 3,35 wurde die neue Einzelnote im Fach HSW auf 3,50 festgesetzt. Dadurch ergab sich bei der bestätigten Abschlussnote des Stabsoffizierlehrgangs "befriedigend" für den Antragsteller eine Verschiebung der Platzziffer von 69,20 auf 70,00.

8

Unter Hinweis auf die veranlasste Abhilfe wies der Amtschef des Streitkräfteamtes die Beschwerde des Antragstellers mit Bescheid vom 17. Juni 2011 als unzulässig zurück. Im Rahmen seiner dienstaufsichtlichen Feststellungen führte er aus, dass nach Aussage des Dozenten Dr. G. auch die Sekundärliteratur aus dem Reader Ausgangspunkt für die Prüfung gewesen sei. Darauf habe Dr. G. während des Seminars mehrfach hingewiesen. Diese Aussage bestätige die im Fachbereich "Human- und Sozialwissenschaften" allgemein gehandhabte Prüfungspraxis.

9

Mit Schreiben vom 20. Juli 2011 legte der Antragsteller weitere Beschwerde ein und machte geltend, dass trotz der Abhilfeentscheidung des Kommandeurs der Führungsakademie seine Beschwerde nur zum Teil bearbeitet worden sei. Es sei nicht zielführend, den Drittkorrektor aus dem Kreis der HSW-Dozenten oder der Angehörigen der Führungsakademie zu wählen. Insoweit müsse er Zweifel an der Neutralität des Drittkorrektors äußern. Die vergebenen Kennzahlen zur Anonymisierung könnten problemlos zwischen den Prüfern abgeglichen werden. In der Sache weise er erneut darauf hin, dass die Sekundärliteratur zu umfangreich gewesen sei. Angesichts dessen könne von einer rechtzeitigen Bekanntmachung des prüfungsrelevanten Prüfungsstoffes nicht gesprochen werden. Dr. G. habe gegen Nr. 301 (5) ZDv 3/6 verstoßen. Überdies sei die Entscheidung über die Durchführung einer Klausur als Prüfungsleistung im Stabsoffizierlehrgang 1/2011 erst nach Beginn des Lehrgangs vorhanden gewesen. Der Prüfungsbefehl für die Klausur habe noch viele thematische Inhalte für die Bearbeitung einer Hausarbeit enthalten. Offensichtlich sei wenig Zeit für die Vorbereitung der Dozenten gewesen; es habe wohl die Neigung bestanden, die Inhalte von Hausarbeiten einfach auf eine Klausur umzubiegen. Dr. G. habe mehrfach erklärt, dass er kein Freund des neuen Prüfungsmodus sei.

10

Die weitere Beschwerde des Antragstellers wies der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis mit Beschwerdebescheid vom 25. Oktober 2011 zurück. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass die Angriffe gegen den Drittkorrektor unbegründet seien. Außerdem habe Oberst H. als Leiter der Lehrgruppe A und als Prüfungsausschussvorsitzender eine allgemeine Einweisung der Lehrgangsteilnehmer des SOL 1/2011 durchgeführt und in diesem Rahmen dargelegt, dass zum Prüfungsgegenstand das gemacht werden dürfe, was rechtzeitig vorher bekanntgegeben worden sei. Im Seminar seien die im Reader entsprechend angeführten fünf prüfungsrelevanten Themen behandelt worden. Gegen einen zu umfangreichen Prüfungsstoff spreche der Umstand, dass es mehreren Lehrgangsteilnehmern gelungen sei, eine gute Note in der HSW-Klausur zu erzielen.

11

Gegen diese ihm am 10. November 2011 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 30. November 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis mit seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

12

Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen. Er erklärt insbesondere, prüfungsrelevant sei der Reader einschließlich der Texte von Thomas Hobbes und von Immanuel Kant gewesen. Dr. G. selbst habe am Ende des Lehrgangs zugestanden, dass der Prüfungsstoff zu umfangreich gewesen sei. Außerdem habe er, der Antragsteller, zu Beginn des Seminars einen sogenannten Studienapparat in Empfang genommen, in dem noch weitere Literatur aus Zeiten der Seminararbeit enthalten gewesen sei. Zu Beginn der zweiten Hälfte des Seminars habe er dann Dr. G. angesprochen und sich erkundigt, ob er diesen Studienapparat wieder abgeben könne, weil aufgrund des Umfangs des Readers kein Seminarteilnehmer zusätzlich den Studienapparat empfangen wolle. Darauf habe Dr. G. mit der Aussage "Dann ist das so" reagiert. Aus der Gestaltung des Prüfungsverfahrens im SOL 1/2011 ergäben sich außerdem erhebliche Nachteile im Hinblick auf das Auswahlverfahren für den Lehrgang "Nationale Generalstabsausbildung". In der jährlichen Auswahl für diesen Lehrgang würden drei Durchgänge des Stabsoffizierlehrgangs zusammengefasst. Demzufolge würden der Durchgang SOL 3/2010, der noch eine Seminararbeit im Fach HSW habe absolvieren dürfen, der SOL 1/2011 (Klausur) und der SOL 2/2011, der eine Klausur mit reduziertem Prüfungsstoff habe schreiben dürfen, für die Auswahl betrachtet. Hieraus ergebe sich innerhalb der verschiedenen Durchgänge des Stabsoffizierlehrgangs eine erhebliche Ungleichbehandlung.

13

Der Antragsteller beantragt,

den Beschwerdebescheid des Amtschefs des Streitkräfteamtes vom 17. Juni 2011 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 25. Oktober 2011 aufzuheben und ihn, den Antragsteller, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

14

Der Inspekteur der Streitkräftebasis beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

15

Er hält das Bundesverwaltungsgericht auch nach Inkrafttreten der Neufassung des § 22 WBO durch Art. 12 des "Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehrreform-Begleitgesetz)" vom 21. Juli 2012 für sachlich zuständig. Er weist darauf hin, dass er als Inspekteur der Streitkräftebasis weiterhin Vorgesetzter des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr sei. Der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr werde ab dem 1. Oktober 2012 direkt dem Inspekteur der Streitkräftebasis unterstellt. Auf die Abänderungs- oder Anweisungsbefugnis zum vorliegenden Verfahrensgegenstand habe dies keine Auswirkungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebiete es die nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts gewährleistete Rechtsmittelsicherheit, dass bei einer Gesetzesänderung ein bereits eingelegtes Rechtsmittel zulässig bleibe, sofern das (ändernde) Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimme. Mit dem Bundeswehrreform-Begleitgesetz habe der Gesetzgeber aber nicht auf anhängige Verfahren einwirken wollen. Deshalb könne die Änderung des § 22 WBO nur solche Anträge auf gerichtliche Entscheidung betreffen, die nach Inkrafttreten der Neuregelung gestellt worden seien. In der Sache sei der Antrag des Antragstellers aus den Gründen des Beschwerdebescheides vom 25. Oktober 2011 unbegründet.

16

Dem Antragsteller und den übrigen Lehrgangsteilnehmern ist während des Seminars "Human- und Sozialwissenschaften" ein sogenannter Reader überreicht worden. Dieser gliedert sich in sieben Teile. Der erste Teil umfasst einen Text von Thomas Hobbes aus "Leviathan"; der zweite Teil enthält Auszüge aus der Schrift "Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf" von Immanuel Kant. Die weiteren fünf Teile des Readers betreffen folgende Texte:

1. "Der klassische Realismus - Hans Morgenthau" (mit einem Primärtext, einem Reader mit vier weiteren Texten und mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),

2. "Der neue Kulturalismus - Samuel P. Huntington" (mit einem Primärtext und einem Zeitungsinterview aus der Zeitung "Die Zeit", ferner einem Reader mit weiteren fünf Texten und mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),

3. "Frieden durch Demokratisierung der Staatenwelt - Ernst-Otto Czempiel" (mit einem Primärtext und einem Reader mit vier weiteren Texten sowie mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),

4. "Friede durch Errichtung einer Weltrepublik - Otfried Höffe" (mit einem Primärtext und einem Reader mit vier weiteren Texten sowie mehreren zusätzlichen Textempfehlungen),

5. "Gerechter Friede (Die deutschen Bischöfe von 2000)" (mit einem Primärtext, einem Reader mit vier weiteren Texten und mehreren zusätzlichen Textempfehlungen).

17

Der Reader umfasst nach Mitteilung des Inspekteurs der Streitkräftebasis insgesamt 232 Seiten im Format DIN A 4 an Primärtexten und weiteren Texten. Die vom Antragsteller angegebene Zahl von 450 Seiten Text könnte sich dann ergeben, wenn man die einzelnen auf DIN A 5-Format kopierten Seiten jeweils addiert. Das HSW-Seminar begann am Mittwoch, dem 16. Februar 2011, und endete am Donnerstag, dem 24. Februar 2011. Der 25. Februar 2011 stand für die Vorbereitung der Klausur zur Verfügung, die am 11. März 2011 geschrieben wurde.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Streitkräfteamtes - .../11 - und des Inspekteurs der Streitkräftebasis - Fü S/RB - Az. ... .11 und ... .11 sowie der vollständige "Reader", die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, und die Gerichtsakten im Verfahren BVerwG 1 WB 64.11 (Hauptmann B.) sowie die in jenem Verfahren entstandenen Beschwerdeakten des Streitkräfteamtes - .../11 - und des Inspekteurs der Streitkräftebasis - Fü S/RB - Az. ... .11 und ... .11 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

19

Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist unter Berücksichtigung des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 24. Januar 2012 sachgerecht dahin auszulegen, dass er neben der Aufhebung der Beschwerdebescheide vom 17. Juni 2011 und vom 25. Oktober 2011 auch die Aufhebung der Bewertung seiner Klausur im Prüfungsfach HSW mit der Note 3,50 anstrebt und seinen Neubescheidungsantrag auf eine Neubewertung der Klausur erstreckt.

20

Mit diesem Inhalt hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung Erfolg.

21

1. Der Sachantrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

22

a) Für den Antrag ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet.

23

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WBO kann sich ein Soldat gegen eine Verletzung seiner in den §§ 6 bis 23, 26 bis 29 und 32 bis 36 SG niedergelegten Rechte sowie gegen die Verletzung der insoweit ihm gegenüber bestehenden Vorgesetztenpflichten mit der Behauptung wenden, eine dienstliche Maßnahme oder Unterlassung eines Vorgesetzten sei rechtswidrig. Mit der erfolgreichen Teilnahme am Stabsoffizierlehrgang erfüllt ein Soldat die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 SG in Verbindung mit § 25 Abs. 2 SLV und erwirbt das notwendige Grundlagenwissen für eine Verwendung als Stabsoffizier. § 27 SG mit der darin in Bezug genommenen Soldatenlaufbahnverordnung ist in den Geltungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO ausdrücklich eingeschlossen. Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Teilnahme an dem Stabsoffizierlehrgang nicht nur Ausbildungs-, sondern auch Prüfungscharakter hat. Prüfungsentscheidungen, die für die Gestaltung der Laufbahn des Soldaten und damit letztlich für seine dienstliche Verwendung von Bedeutung sind, stellen Maßnahmen truppendienstlicher Art dar, die im Rechtsweg vor den Wehrdienstgerichten überprüfbar sind (vgl. z.B. Beschlüsse vom 24. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 68.94 - BVerwGE 103, 200 = Buchholz 236.11 § 20 SLV Nr. 1 = NZWehrr 1995, 249 und vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 50.03 - BVerwGE 124, 317 = Buchholz 236.110 § 27 SLV 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2006, 124). Dass die gerichtliche Klärung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen über die dienstliche Verwendung eines Soldaten in die Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte fällt, hat der Senat jüngst im Beschluss vom 26. Oktober 2012 - BVerwG 1 WDS-VR 6.12 und 1 WDS-VR 7.12 - erneut festgestellt.

24

b) Das Bundesverwaltungsgericht ist weiterhin für die Entscheidung des Verfahrens des Antragstellers sachlich zuständig.

25

Bei Eingang des Antrags auf gerichtliche Entscheidung war diese Zuständigkeit nach § 21 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 22 WBO gegeben, weil der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis als zuständige Beschwerdestelle entsprechend § 22 WBO mit seinem Beschwerdebescheid vom 25. Oktober 2011 über die weitere Beschwerde des Antragstellers entschieden hatte. An der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts hat sich durch die am 26. Juli 2012 in Kraft getretene Neufassung des § 22 WBO durch Art. 12 des "Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehrreform-Begleitgesetz)" vom 21. Juli 2012 (BGBl I S. 1583, 1594) nichts geändert. Nach § 22 WBO neuer Fassung gilt das privilegium fori nicht mehr für die Inspekteure der Teilstreitkräfte und der Organisationsbereiche, sondern nur noch für den Generalinspekteur der Bundeswehr. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum prozessrechtlichen Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit ist aber zu berücksichtigen, dass eine prozessrechtliche Einschränkung der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln oder die Verschärfung ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich nicht solche Rechtsmittel unzulässig werden lässt, die noch nach altem Rechtszustand zulässig eingelegt wurden. Anderes gilt nur, wenn dies durch eine hinreichend deutliche gesetzliche Übergangsregelung angeordnet wird. Der allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, wonach eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, erfährt damit für anhängige Rechtsmittelverfahren eine einschränkende Konkretisierung; beim Fehlen abweichender Bestimmungen führt eine nachträgliche Beschränkung von Rechtsmitteln nicht zum Fortfall der Statthaftigkeit eines bereits eingelegten Rechtsmittels (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631, 1728/90 - BVerfGE 87, 48, 64; vgl. ferner z.B. BVerwG, Urteil vom 24. März 2010 - BVerwG 4 CN 3.09 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 178 Rn. 16). Das Bundeswehrreform-Begleitgesetz enthält für Art. 12 keine Übergangsvorschrift und auch im Übrigen keine Bestimmung, mit der es für bereits anhängige Anträge auf gerichtliche Entscheidung, die zulässigerweise beim Bundesverwaltungsgericht gestellt worden sind, eine anderslautende Regelung festlegt.

26

c) Die mit dem Antrag angegriffene Einzelnote des Antragstellers im Prüfungsfach HSW stellt eine selbstständige dienstliche Maßnahme dar, die im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 (hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1) WBO isoliert angefochten werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind nicht nur Prüfungs-Abschlussnoten als solche selbstständig gerichtlich anfechtbar, sondern auch Einzelnoten, jedenfalls dann, wenn ihnen eine Außenwirkung zukommen kann (grundlegend: Beschluss vom 18. Mai 1982 - BVerwG 1 WB 148.78 - BVerwGE 73, 376; vgl. ebenso Beschlüsse vom 24. Januar 1995 a.a.O. und vom 9. November 2005 a.a.O.). Eine Außenwirkung der angefochtenen Einzelnote ist dann anzunehmen, wenn sich eine bessere Einzelnote unmittelbar auf die Abschlussnote oder auf die Platzziffer und damit unter Umständen auf die spätere Laufbahn auswirken könnte (Beschluss vom 9. November 2005 a.a.O. m.w.N.).

27

Der Einzelnote im Prüfungsfach HSW kommt in diesem Sinne eine Außenwirkung zu, weil sie sich unmittelbar auf die Abschlussnote des Stabsoffizierlehrgangs 1/2011 auswirken konnte. Nach § 25 Abs. 2 sowie § 44 SLV in Verbindung mit Nr. 107 ZDv 20/7 sowie nach Nr. 6 der Vorbemerkung zur ZDv 3/6 "Das Prüfungswesen der Streitkräfte" in Verbindung mit Nr. 9 der Prüfungsordnung für den SOL vom 3. Februar 2011 sowie nach Nr. 14 und Nr. 26 des Prüfungsbefehls des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr vom 7. Februar 2011 sind die Leistungen in den Prüfungsfächern des Stabsoffizierlehrgangs mit Notenstufen zwischen Note "1" (sehr gut) bis Note "6" (ungenügend) zu bewerten. Aus den in den Prüfungsfächern erzielten Einzelnoten ist mit deren Gewichtung 0,5 oder 1,0 nach Maßgabe der Nr. 9 Buchst. d und e der Prüfungsordnung die Abschlussnote zu berechnen. Nach Nr. 11 der Prüfungsordnung gilt die Teilnahme am Lehrgang als bestanden, wenn mindestens die Abschlussnote "4" erzielt wurde. Der Lehrgang gilt hingegen als nicht bestanden, wenn in mehr als einem Prüfungsfach eine nicht ausreichende Leistung erbracht wurde. In diesem Fall wird keine Abschlussnote erteilt. Diese Bestimmungen entsprechen den Regelungen in Nr. 503 und 508 ZDv 3/6.

28

Nach Anlage 1 zur Prüfungsordnung stellt das Prüfungsfach HSW ein eigenständiges Fach dar, in dem ein Leistungsnachweis für den SOL mit gesonderter Bewertung zu erbringen ist. Das wird in Nr. 14 des Prüfungsbefehls des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr bestätigt. Die Einzelnote in diesem Prüfungsfach geht mit der Gewichtung 1,0 in die Abschlussnote des SOL ein. Unabhängig davon, dass der Antragsteller den Stabsoffizierlehrgang bereits mit der Note "befriedigend" bestanden hat, würde eine Verbesserung der bisherigen Note "3,50" nicht nur zu einer Änderung der Abschlussnote für den Lehrgang, sondern vor allem zu einer Verbesserung seiner Platzziffer führen. Eine bessere Einzelnote könnte sich damit unmittelbar auch auf die spätere Laufbahn des Antragstellers auswirken. Daher kommt der Einzelnote im Prüfungsfach HSW im dargelegten Sinne Außenwirkung zu.

29

d) Die Neubewertung der Klausurnote des Antragstellers mit dem Ergebnis 3,50 ist ebenfalls Gegenstand des Wehrbeschwerdeverfahrens geworden. Der Antragsteller war nicht genötigt, insoweit ein gesondertes Beschwerdeverfahren durchzuführen. Mit seiner weiteren Beschwerde vom 20. Juli 2011 hatte er erklärt, dass mit der Abhilfeentscheidung des Kommandeurs seine Beschwer nur zum Teil entfallen sei, und seine Beschwerde ausdrücklich auch auf den Drittkorrektor erstreckt. Insoweit hatte er weitere Rügen erhoben, zugleich aber noch einmal auf nicht beschiedene Rügen aus seiner Beschwerde vom 12. April 2011 hingewiesen. Der Inspekteur der Streitkräftebasis hat sodann im Beschwerdebescheid vom 25. Oktober 2011 dieses erweiterte Beschwerdevorbringen beschieden. Damit hat auch der Inspekteur der Streitkräftebasis im Rahmen seiner umfassenden Prüfungs-, Abänderungs- und Kontrollbefugnis (§ 16 Abs. 4, § 13 WBO) schon im Laufe des vorgerichtlichen Beschwerdeverfahrens den Gegenstand des Verfahrens auf die Neubewertung erstreckt. Mit diesem Inhalt ist der Streitgegenstand sodann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung dem Senat vorgelegt worden.

30

2. Der Antrag ist begründet.

31

Die Bewertung der Klausur des Antragstellers im Prüfungsfach HSW im SOL 1/2011 an der Führungsakademie der Bundeswehr mit der Note 3,50 und die diese Bewertung bestätigenden Beschwerdebescheide sind rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in seinen Rechten. Dieser hat Anspruch darauf, dass über die Bewertung seiner Klausur unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden wird.

32

Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist nur beschränkt möglich. Sie erstreckt sich darauf, ob der Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen ist, ob er allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder gegen Verfahrensvorschriften - vor allem gegen die einschlägigen Prüfungsbestimmungen - verstoßen hat, ob er sich bei der Bewertung der Leistungsnachweise von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und ob die äußeren Prüfungsbedingungen für alle Prüfungsteilnehmer gleich waren (stRspr: Beschlüsse vom 24. Januar 1995 a.a.O. und vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 50.03 , jeweils m.w.N.). Die in eigener Verantwortung und frei von Weisungen getroffene wissenschaftlich-pädagogische Bewertung einer Leistung durch den Prüfer ist - innerhalb der gerichtlichen Kontrolle der Einhaltung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe - für das Gericht nur insoweit überprüfbar, als vertretbare, vom Prüfling innerhalb seines "Antwortspielraums" mit gewichtigen Argumenten belegte, folgerichtig begründete Lösungen nicht allein deswegen als falsch bewertet werden dürfen, weil sie der wissenschaftlichen Meinung des Prüfers nicht entsprechen. Insoweit sind auch fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen Überprüfung nicht entzogen (Beschluss vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 50.03 - ).

33

Die Bewertung der Klausur des Antragstellers im Prüfungsfach HSW ist rechtswidrig, weil sie unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften und gegen den Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren zustande gekommen ist.

34

Das Bundesministerium der Verteidigung hat das Prüfungswesen der Streitkräfte in der ZDv 3/6 näher geregelt und in Kapitel 3 "Grundsätze für Prüfungen und Lehrgänge mit Prüfung" aufgestellt. Nach Nr. 301 ZDv 3/6 gelten für alle Prüfungen, also auch für die Prüfungen in den einzelnen Prüfungsfächern des Stabsoffizierlehrgangs, die nachfolgenden Grundregeln.

35

a) Nach Nr. 301 (7) ZDv 3/6 müssen die Aufgaben und Anforderungen für eine Prüfung klar, unmissverständlich und inhaltlich eindeutig formuliert werden. Diese Pflicht zur inhaltlich bestimmten und eindeutigen Formulierung der Anforderungen für die Einzelprüfung im Prüfungsfach HSW hat der Seminarleiter Dr. G. vor der Durchführung der strittigen Klausur verletzt.

36

Der Antragsteller hat schon mit seiner Beschwerde mitgeteilt, dass als Anforderung für die schriftliche Einzelprüfung im Fach HSW aus der Sicht von Lehrgangsteilnehmern - wie dies bei Eröffnung der Klausurbewertung formuliert wurde - nur der im Seminar mündlich behandelte Stoff des Readers und die Primärliteratur prüfungsrelevant gewesen seien. Zu diesem Sachverhalt hat Dr. G. im Rahmen seiner mehrfachen Anhörungen im vorgerichtlichen Verfahren wechselnde und sich inhaltlich widersprechende Erläuterungen gegeben. In seiner Äußerung vom 19. April 2011 hat er erklärt, er habe mehrfach auf die Prüfungsrelevanz der "für die Lehrgangsteilnehmer zur Verfügung gestellten Literatur" hingewiesen; diese habe keineswegs "zur Ablage" gedient. In seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2011 hat er dargelegt, dass sowohl die im Seminar behandelten Themen als auch "der Reader" als Anforderung für die Lehrgangsteilnehmer maßgeblich gewesen seien. Auch die Sekundärliteratur "aus dem Reader" sei prüfungsrelevant gewesen; darauf habe er mehrfach hingewiesen. In seiner weiteren Stellungnahme vom 16. August 2011 hat Dr. G. dann erklärt, er habe auf die Prüfungsrelevanz "des gesamten Readers" bereits zu Beginn des Seminars hingewiesen. Im Seminar habe er fünf prüfungsrelevante Themen behandelt, die auch im Reader so ausgewiesen und entsprechend nummeriert worden seien. Die Texte zu Thomas Hobbes und Immanuel Kant seien allerdings nicht als prüfungsrelevante Themen behandelt worden. In seinen weiteren Stellungnahmen vom 18. Mai 2011 und vom 6. November 2011 hat Dr. G. ausgeführt, dass insgesamt sieben verschiedene Themen Inhalt des Readers waren, aber nach der Prüfungsrelevanz differenziert. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerde indessen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Dr. G. am Beginn des Kurses erklärt habe, es gelte das gesprochene Wort und das, was behandelt worden sei. Deshalb sei es bei der Klausurnachbesprechung zu der Nachfrage eines anderen Lehrgangsteilnehmers nach dem Prüfungsstoff gekommen. Diese Äußerungen des Antragstellers und des Seminarleiters Dr. G. belegen, dass es über die Prüfungsrelevanz des Unterrichtsstoffs und der verschiedenen Texte im Reader während des Seminars und vor Beginn der Klausur keine Klarheit bei den Lehrgangsteilnehmern gegeben hat.

37

Abgesehen davon dokumentiert bereits der Umstand, dass es bei der Klausurnachbesprechung überhaupt zu Fragen nach dem Inhalt und Umfang des prüfungsrelevanten Stoffes gekommen ist, dass diese Anforderungen den Lehrgangsteilnehmern vor der Klausur nicht unmissverständlich und nicht eindeutig mitgeteilt worden sind.

38

Eine zusätzliche, durch Nr. 301 (7) ZDv 3/6 nicht gedeckte Irritation der Lehrgangsteilnehmer vor der Klausur ist dadurch eingetreten, dass - vom Inspekteur der Streitkräftebasis nicht in Frage gestellt - während des HSW-Seminars den Lehrgangsteilnehmern ein sogenannter Studienapparat zur Verfügung gestellt wurde, der Materialien zum Prüfungsfach HSW enthielt, die noch aus der Zeit stammten, als der schriftliche Leistungsnachweis in diesem Fach in Gestalt einer Seminararbeit zu erbringen war. Hierzu hat die Führungsakademie der Bundeswehr mit Schreiben vom 22. März 2012 ausgeführt, dass ein Studienapparat an die Lehrgangsteilnehmer ausgegeben worden sei. Er habe Sekundärliteratur (Bücher und Aufsätze in Herausgeber-Literatur) zum Thema umfasst. Seine Nutzung sei rein fakultativ bei weitergehendem eigenen Interesse gewesen. Für das erfolgreiche Bestehen der HSW-Prüfung sei er nicht notwendig gewesen. Außerdem seien im Reader Hilfen gegeben worden, zu jeder Thematik ein Verweis auf vier weitere Aufsätze, die sich im Studienapparat befunden hätten, sodass der Teilnehmer sich besser hätte orientieren können, wenn er den Apparat hätte nutzen wollen. Diese Verfahrenshandhabung musste bei den Lehrgangsteilnehmern zusätzliche Unklarheit über den Umfang des prüfungsrelevanten Stoffes auslösen. Wenn der Studienapparat - wie die Führungsakademie der Bundeswehr umfassend formuliert - "Sekundärliteratur zum Thema" enthielt, hätte Dr. G. im Seminar eindeutig erklären müssen, ob und, wenn ja, inwieweit diese "Sekundärliteratur zum Thema" identisch war mit der im Reader angebotenen und aus seiner Sicht prüfungsrelevanten Sekundärliteratur. Dr. G. hätte in diesem Zusammenhang den Lehrgangsteilnehmern auch unmissverständlich erläutern müssen, welche Prüfungsrelevanz die zahlreichen weiteren Textempfehlungen im Reader hatten. Das ist aber nach der unbestrittenen Darlegung des Antragstellers unterblieben.

39

b) Ein weiterer Verfahrensverstoß liegt in der Verletzung der Bestimmung in Nr. 301 (5) ZDv 3/6. Nach dieser Vorschrift dürfen zum Gegenstand der Prüfung nur die zuvor vermittelten Lehr- und Ausbildungsinhalte gemacht werden; zum weiteren Prüfungsinhalt darf gemacht werden, was rechtzeitig vorher bekannt gegeben worden ist. Die Verwaltungspraxis zur Anwendung dieser Bestimmung hat der Leiter der Lehrgruppe A (Oberst H.) in seiner Stellungnahme vom 19. Juli 2011 so beschrieben, dass "grundsätzlich nur das abgeprüft wird, was vorher in den Unterrichtungen vermittelt" worden sei. Zum Prüfungsinhalt dürfe gemacht werden, was rechtzeitig vorher bekannt gegeben werde. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass mit dem Begriff der "vermittelten Lehr- und Ausbildungsinhalte" im Sinne der Nr. 301 (5) ZDv 3/6 der Prüfungsstoff gemeint ist, der in dem persönlich und mündlich durchgeführten Unterricht im Seminar zur Sprache gekommen und behandelt ("unterrichtet") worden ist, dass hingegen die nicht mündlich behandelten, nur schriftlich zur Verfügung gestellten Lehr- und Ausbildungsinhalte lediglich bei rechtzeitiger Bekanntgabe in die Prüfung einbezogen werden dürfen.

40

Hiernach hat Dr. G. den Prüfungsstoff nicht "rechtzeitig" im Sinne der Nr. 301 (5) ZDv 3/6 den Teilnehmern des Seminars HSW im SOL 1/2011 bekannt gegeben. In seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2011 hat Dr. G. erklärt, dass er sich auf das genaue Datum der Ausgabe der prüfungsrelevanten Unterlagen nicht hundertprozentig festlegen könne. Er könne aber sagen, dass er das "Arbeitsheft" mit einem Überblick über den Seminarinhalt zu Beginn des Seminars verteilt habe. Da das Seminar neben einer Einleitung aus fünf Themen bestanden habe, habe er - was den Reader angehe - jeweils einen Tag vor der behandelten Thematik den Lesestoff ausgeteilt. Dieses Verfahren der sukzessiven Bekanntgabe des aus seiner Sicht prüfungsrelevanten Stoffes des Seminars erfüllt nicht das Kriterium der "Rechtzeitigkeit" der Bekanntgabe im Sinne der Nr. 301 (5) ZDv 3/6.

41

Was im Sinne der Vorschrift als rechtzeitig anzusehen ist, lässt sich nicht generalisierend beantworten, sondern hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Dieser ist im Fall des Antragstellers dadurch gekennzeichnet, dass die Teilnehmer des SOL 1/2011 im Prüfungsfach HSW nach einer langjährigen Praxis des Leistungsnachweises in Gestalt einer schriftlichen Seminararbeit erstmals eine schriftliche Klausur mit einer Bearbeitungsdauer von vier Stunden zu absolvieren hatten. Aus dieser Umstellung des Leistungsnachweises ergaben sich besondere Anforderungen für die Bekanntgabe des maßgeblichen Prüfungsstoffs. Mit der Umstellung des Leistungsnachweises auf eine Klausur wurde den Lehrgangsteilnehmern im Verhältnis zu der früheren Art des Leistungsnachweises eine höhere Gedächtnisleistung abverlangt, weil sie sich der Primär- und Sekundärliteratur nicht als möglicher Hilfsmittel während der Klausur bedienen konnten. Darüber hinaus erlegten ihnen der Bewertungsbogen in der Prüfungsordnung und das "Lösungsfeld Klausur HSW" im Prüfungsbefehl zusätzliche Zitier- und Belegpflichten auf, die nur erfüllt werden konnten, wenn den Lehrgangsteilnehmern eine möglichst lange Zeit zur Verfügung stand, sich den maßgeblichen Prüfungsstoff einzuprägen. Dabei war auch relevant, dass die Klausur HSW ausweislich des Bewertungsbogens nicht als reine Verständnisprüfung, sondern in erheblichem Umfang als Wissensprüfung angelegt ist. Dementsprechend hat die Führungsakademie der Bundeswehr in ihrer Stellungnahme vom 22. März 2012 auch hervorgehoben, dass im Seminar nicht jeder Primärtext im Unterrichtszeitraum habe gelesen werden können, weil der Diskussionsbedarf bei und nach den Vorträgen außergewöhnlich hoch gewesen sei. Das ist nach Einschätzung des Verfassers dieser Stellungnahme dadurch motiviert gewesen, dass die Lehrgangsteilnehmer erhebliche Ängste aufgrund der Umstellung von der früher verlangten Studienarbeit zur Klausur zu bewältigen hatten. Zwar hat ein Prüfer im Regelfall eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, zu welchem Zeitpunkt er den prüfungsrelevanten Stoff den Lehrgangsteilnehmern mitteilt. Da aber die Prüfungsordnung des Bundesministeriums der Verteidigung und der Prüfungsbefehl des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr für die Umstellung des Leistungsnachweises im Prüfungsfach HSW keine Übergangsvorschrift vorgesehen hatten, war es die Aufgabe des Seminarleiters in diesem Prüfungsfach, mit Rücksicht auf die erst unmittelbar vor Lehrgangsbeginn festgelegte Änderung der Art des Leistungsnachweises sicherzustellen, dass sich die Lehrgangsteilnehmer auf die neue Art des Leistungsnachweises über einen möglichst langen Zeitraum vorbereiten konnten. Deshalb wäre es bei der hier gegebenen außergewöhnlichen Sachlage geboten gewesen, den Teilnehmern den gesamten maßgeblichen Prüfungsstoff bereits am Beginn des Seminars bekanntzugeben. Das ist unstreitig nicht geschehen.

42

c) Die Bewertung der Klausur des Antragstellers im Prüfungsfach HSW ist außerdem unter Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit zustande gekommen. Denn der zugrunde gelegte Prüfungsstoff war inhaltlich zu umfangreich.

43

Das Gebot der Chancengleichheit erfordert es, dass die in einer Prüfung gestellten Aufgaben das Fachwissen und die Qualifikation des Prüfungskandidaten dem Ziel und dem Zweck der Prüfung angemessen abfragen. Dabei muss der Prüfungsstoff insbesondere geeignet sein, die Kandidaten, die das Ausbildungsziel erreicht haben, von denen zu unterscheiden, die es nicht erreicht haben (Urteil vom 9. August 1996 - BVerwG 6 C 3.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 372). Der Grundsatz der Chancengleichheit ist verletzt, wenn für vergleichbare Prüfungskandidaten nicht so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gegeben sind (Urteil vom 9. August 1996 a.a.O.). Insoweit bestimmt Nr. 301 (4) ZDv 3/6, dass die Prüfung auf das Ausbildungsziel ausgerichtet sein muss und dass das zu überprüfende Ausbildungsziel den Bewertungsmaßstab für die Beurteilung der Leistungen des Prüfungsteilnehmers vorgibt. Aus dem Ausbildungsziel müssen sich auch die Mindestanforderungen ergeben, die der Prüfungsteilnehmer zu erfüllen hat, damit seine Leistungen noch als "ausreichend" gewertet werden können (Minimalforderung). Das Ausbildungsziel ist in der "Ausbildungsweisung Nr. 124654" des Bundesministeriums der Verteidigung für den Stabsoffizierlehrgang vom 3. Februar 2011 dahin definiert, dass es Ziel des SOL sei, durch Vermittlung sicherheitspolitischer sowie bundeswehr- und streitkräftegemeinsamer Grundlagen, der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Aspekten des Militärs und des beruflichen Selbstverständnisses teilnehmende Offiziere aller Uniformträgerbereiche zu befähigen, erste Verwendungen als Stabsoffizier im Einsatz und Grundbetrieb der Streitkräfte wahrnehmen zu können. Die zu vermittelnden Lehr- und Ausbildungsinhalte leiten sich aus den Richt- und Grobzielen ab und werden in vier Lehrfächern vermittelt, nämlich in "Sicherheitspolitik und Strategie", in "Human- und Sozialwissenschaften", in "Militärische Führung und Organisation" und in "Führung und Einsatz von Streitkräften". Hinzu tritt als fünftes Lehrfach der Sport.

44

Bezogen auf dieses Ausbildungsziel des Stabsoffizierlehrgangs ist es danach die Aufgabe des Seminarleiters, in Ermangelung entsprechender normativer Vorgaben für Inhalt und Umfang des Prüfungsstoffs die prüfungsrelevanten Inhalte nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ so ein- und abzugrenzen, dass die Vorbereitung der Lehrgangsteilnehmer auf die Prüfung angemessen und unter Beachtung der Chancengleichheit in den einzelnen Durchgängen des Stabsoffizierlehrgangs sichergestellt ist. Bei einer Einzelprüfung in einem von mehreren Lehrfächern müssen Auswahl und Umfang des Prüfungsstoffs die Belastung der Lehrgangsteilnehmer durch den gesamten Lehrgang berücksichtigen. Obwohl einem Seminarleiter als Prüfer grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zukommt, die Inhalte und den quantitativen Umfang des Prüfungsstoffs zu definieren, ist er jedoch verpflichtet zu verhindern, dass durch einseitige Überfrachtung des Prüfungsstoffs in einem Durchgang des Stabsoffizierlehrgangs die Prüfungsbedingungen für die Kandidaten der jährlichen Durchgänge des Stabsoffizierlehrgangs ungleich gestaltet sind.

45

Diese Voraussetzungen wurden bei der Festlegung des quantitativen Umfangs des Prüfungsstoffs für die Klausur im Prüfungsfach HSW im SOL 1/2011 nicht eingehalten. Nach der unbestrittenen Darstellung des Hauptmanns B. in dessen Beschwerde vom 11. April 2011 hat Dr. G. schon im Rahmen der Besprechung der Klausurergebnisse erklärt, dass "sein Ansatz wohl zu groß" gewesen sei und er zukünftig weniger Literatur verwenden werde. Dies hat Dr. G. in seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2011 bestätigt und ausgeführt, dass er künftig nur noch vier statt fünf Themen im Prüfungsfach HSW behandeln und dies bei der Planung des neuen Seminars im SOL berücksichtigen werde. Diese Absicht hat Dr. G., wie er auch selbst in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2012 erklärt hat, im nächstfolgenden SOL 2/2011 umgesetzt und den Umfang des Prüfungsstoffs im Prüfungsfach HSW auf lediglich vier Themenkomplexe reduziert. Daraus muss gefolgert werden, dass der Prüfungsstoff für die Klausur im Prüfungsfach HSW im SOL 1/2011 quantitativ zu umfangreich war.

46

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Erwägung Dr. G.s, dass im Prüfungsfach HSW kein Lehrgangsteilnehmer "durchgefallen" sei. Rechtsschutz gegen verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Prüfungsnoten ist nicht nur und nicht erst dann zu gewähren, wenn eine bestimmte (hohe) Misserfolgsquote bei den Prüflingen vorliegt. Vielmehr hat ein Prüfungskandidat - gerade im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum der Prüfer - Anspruch darauf, dass zur Ermittlung seines fachlichen Leistungsvermögens die Prüfung jedenfalls verfahrensfehlerfrei durchgeführt wird.

47

3. Die Bewertung der strittigen Klausur des Antragstellers und die angefochtenen Beschwerdebescheide sind deshalb gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO aufzuheben. Da die Sache angesichts des Beurteilungsspielraums der Prüfer nicht entscheidungsreif ist, ist der Inspekteur der Streitkräftebasis gemäß § 19 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO zu verpflichten, eine Neubewertung der strittigen Klausur des Antragstellers durch die Führungsakademie der Bundeswehr zu veranlassen. Im Rahmen der vom Antragsteller angestrebten Neubescheidung kommt eine Wiederholung der Prüfungsklausur HSW oder das ersatzlose Streichen der angefochtenen Einzelnote nicht in Betracht. Damit würde der das Prüfungsverfahren beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und den übrigen Teilnehmern des SOL 1/2011, deren Abschlussnote bestandskräftig geworden ist, gravierend beeinträchtigt, weil der Antragsteller im ersten Fall mit einem neuen Prüfungsstoff konfrontiert würde und weil im zweiten Fall in seinem Berechnungsmodus für die Abschlussnote eine wesentliche - mit 1,0 gewichtete - Notenkomponente entfiele. Um "soweit wie möglich" vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1992 - BVerwG 6 C 3.92 - BVerwGE 91, 262 <273>) bei der Neubescheidung sicherzustellen, ist die am wenigsten die Chancengleichheit der Lehrgangsteilnehmer berührende Möglichkeit eine Neubewertung der Klausur des Antragstellers. Dabei bestehen rechtlich keine Bedenken gegen die Heranziehung der bisherigen Prüfer (Urteil vom 9. Dezember 1992 a.a.O.), unter Umständen auch des Seminarleiters Dr. G., der den Prüfungsstoff vollständig überblicken kann und einen Vergleichsmaßstab für dessen Umfang in den nachfolgenden Durchgängen des Stabsoffizierlehrgangs gewonnen hat, in denen nur noch vier Themenkomplexe für die HSW-Klausur prüfungsrelevant waren. Bei der Neubewertung werden die Bewertungsmaßstäbe an der Tatsache auszurichten sein, dass der dem Antragsteller abverlangte Prüfungsstoff zu umfangreich war.

48

Für die Neubewertung ergeben sich keine rechtlichen Anweisungs- oder Vollzugshindernisse, weil der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr, dem die strittige Notengebung organschaftlich zuzurechnen ist, nach wie vor dem Inspekteur der Streitkräftebasis unterstellt ist. Sofern die Neubewertung zu einer Änderung der Einzelnote des Antragstellers im Prüfungsfach HSW führt, ist der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr von Amts wegen verpflichtet, entsprechend Nr. 9 Buchst. d und e der Prüfungsordnung die Neufestsetzung der Abschlussnote des Antragstellers zu veranlassen.

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten über das Nichtbestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung.

2

Sie unterzog sich im Herbst 2011 im Widerholungsversuch der staatlichen Pflichtfachprüfung und erzielte in den sechs schriftlichen Prüfungsarbeiten folgende Ergebnisse:

3

Öffentliches Recht 1

 5,0 Punkte

Öffentliches Recht 2

 3,5 Punkte

Strafrecht 1

 3,5 Punkte

Zivilrecht 1

 3,0 Punkte

Zivilrecht 2

 5,5 Punkte

Zivilrecht 3

 2,0 Punkte

Summe 

22,5 Punkte

4

Dies ergibt eine Gesamtnote der schriftlichen Prüfung von 3,75 Punkten.

5

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung betrage weniger als 4,00 Punkte, weshalb sie von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen sei. Sie habe die Prüfung gemäß § 7 Abs. 4 des Landesgesetzes über die Juristische Ausbildung – JAG – wiederholt nicht bestanden.

6

Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Prüfungsaufgabe Zivilrecht 1 sei zu umfangreich gewesen und habe die Grenze des zulässigen Prüfungsstoffs überschritten. Die Ablösung einer Grundschuld durch Aufrechnung eines Dritten sei kein Standardproblem, das im ersten Examen verlangt werden könne. Darüber hinaus rügte die Klägerin die Bewertungen der Klausur Zivilrecht 1 durch den Erst- und Zweitkorrektor sowie der Klausur Öffentliches Recht 2 durch den Zweitkorrektor.

7

Der Beklagte legte den Widerspruch – soweit er ihn für relevant hielt – auszugsweise den Zweitprüfern der betreffenden Klausuren vor, die daraufhin jeweils eine ergänzende Stellungnahme zu ihrer Bewertung abgaben, ohne dass es zu einer Änderung der vergebenen Note kam. Die Erstprüferin der Zivilrechtsklausur wurde im Rahmen des Überdenkungsverfahrens nicht beteiligt.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2012 – zugestellt am 5. Juli 2012 – wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Rügen, die Klausur Zivilrecht 1 habe unzulässigen Prüfungsstoff enthalten und sei – weil zu umfangreich – als Prüfungsaufgabe ungeeignet gewesen, habe sie nicht rechtzeitig erhoben, weshalb sie nicht mehr zu berücksichtigen seien. Es handele sich hierbei um Mängel des Prüfungsverfahrens, die – anders als materielle Bewertungsfehler – gemäß § 12 Satz 1 der Juristischen Ausbildungs-und Prüfungsordnung – JAPO - innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach deren Eintritt schriftlich gegenüber dem Prüfungsamt geltend zu machen seien. Mit einer fristgemäßen Rüge werde auch nichts Unzumutbares verlangt. Dem Prüfling obliege es, sich über die für das Prüfungsrechtverhältnis geltenden Rechtsvorschriften zu informieren, was auch in Bezug auf Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Verfahrensmängeln gelte. Es sei insbesondere auch zumutbar gewesen, den vermeintlichen Verfahrensfehler „aus der Erinnerung heraus“ geltend zu machen. Bewertungsfehler seien nicht erkennbar. Soweit bei der Klausur Zivilrecht 1 eine fehlerhafte Gewichtung von Aufgabe 1 und 2 angesichts des zu großen Umfangs von Aufgabe 1 und des unzulässigen Prüfungsstoffs bei Aufgabe 2 durch die Erstprüferin bemängelt werde, sei dies nicht fristgerecht geltend gemacht worden. An dem Rügeausschluss ändere auch nichts, dass mit dem Einwand nicht der Verfahrensfehler als solcher, sondern ein hieraus resultierender materieller Bewertungsfehler kritisiert worden sei. Im Übrigen wurde bezüglich der einzelnen Rügen der Klägerin unter Einbeziehung der Prüferstellungnahmen im Überdenkungsverfahren festgestellt, dass die Prüfer nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen und die von der Klägerin beanstandeten Ausführungen darüber hinaus vom Bewertungsspielraum der Prüfer abgedeckt seien.

9

Die Klägerin hat am 20. Juli 2012 Klage erhoben.

10

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor: Die nur auszugsweise Weiterleitung ihrer Einwendungen an die Prüfer und die gänzlich fehlende Beteiligung der Erstprüferin der Klausur Zivilrecht 1 am Überdenkungsverfahren stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dar. Der Einwand der zu umfangreichen Prüfungsaufgabe und des unzulässigen Prüfungsstoffs in Bezug auf die Klausur Zivilrecht 1 sei nicht verspätet erhoben worden. Insoweit seien die Anforderungen an die Rechtzeitigkeit der Rüge überspannt. Sie habe erst nach Einsicht in ihr Klausurenheft erkennen können, dass ein übermäßiger Stoffumfang und Rechtskenntnisse verlangt worden seien, über die sie, auch mangels entsprechender Vermittlung im Rahmen der Universitätsausbildung und trotz Selbststudiums, nicht habe verfügen können. Es sei lebensfremd zu erwarten, dass ein Prüfling sich nach Abgabe der Klausuren an die einzelnen Prüfungsaufgaben in einem Umfang erinnern könne, der substantiierte Rügen ermögliche. Es stelle im Übrigen einen Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit aller Prüflinge dar, wenn in einem Examenstermin nur Standardprobleme verlangt, in einem anderen aber weit darüber hinausgehende Anforderungen gestellt würden.

11

Die Klägerin beantragt,

12

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juli 2012 zu verpflichten, sie anstelle der Aufsichtsarbeit Zivilrecht 1 erneut eine Aufsichtsarbeit im Fach Zivilrecht anfertigen zu lassen und die Aufsichtsarbeit Öffentliches Recht 2 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bewerten zu lassen,

13

hilfsweise,

14

die Aufsichtsarbeit Zivilrecht 1 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bewerten zu lassen.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er bezieht sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und führt ergänzend aus: Nach der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz bestehe im Fall eines Widerspruchs kein genereller Anspruch auf Durchführung eines sogenannten „Überdenkungsverfahrens“. Im Hinblick auf die Chancengleichheit der Prüflinge könne nicht jeder Einwand zu einer erneuten Prüferbeteiligung führen. Hierfür seien vielmehr substantiierte Einwände von Mängeln im Prüfungsgeschehen oder gegen fachwissenschaftliche Wertungen erforderlich. Einwände gegen prüfungsspezifische Wertungen führten allenfalls dann zu einer erneuten Prüferbeteiligung, wenn normative Vorgaben nicht beachtet würden oder die Bewertung aus der Sicht von Fachkundigen unhaltbar erscheine. Insoweit bestehe die Befugnis des Landesprüfungsamts zur Vorprüfung des Widerspruchs.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten einschließlich des Klausurenhefts der Klägerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Klage hat sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag keinen Erfolg. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Neuanfertigung einer Klausur im Fach Zivilrecht noch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Zivilrecht 1 und Öffentliches Recht 2. Der Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juli 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

20

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 9 Abs. 3 der Juristischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung – JAPO –. Danach ist ein Bewerber von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Pflichtfachprüfung nicht bestanden, wenn in der schriftlichen Prüfung nicht mindestens drei Aufsichtsarbeiten aus zwei verschiedenen Pflichtfächern mit mindestens vier Punkten bewertet wurden und die Gesamtpunktzahl der schriftlichen Prüfung nicht mindestens 24 Punkte beträgt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid in rechtsfehlerfreier Weise festgestellt hat, dass die Klägerin in der schriftlichen Prüfung die erforderliche Mindestpunktzahl von 24 Punkten nicht erreicht hat.

21

Die von der Klägerin gegen die Prüfungsentscheidung erhobenen Einwände greifen sämtlich nicht durch.

22

Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Neuanfertigung einer Prüfungsarbeit im Fach Zivilrecht. Ihre Rügen, die Prüfungsarbeit Zivilrecht 1 sei bezüglich der Prüfungsanforderung bei Aufgabe 1 zu umfangreich – und damit ungeeignet - gewesen und bei dem Aufgabenteil 2 sei der zulässige Prüfungsstoff überschritten worden, bleiben schon deshalb ohne Erfolg, weil sie diese nicht rechtzeitig geltend gemacht hat.

23

Nach § 12 Satz 1 JAPO sind Mängel des Prüfungsverfahrens innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach ihrem Eintritt schriftlich gegenüber dem Landesprüfungsamt geltend zu machen. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, da die Klägerin ihre diesbezüglichen Einwendungen erst nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erhoben und deshalb ihr Rügerecht verloren hat.

24

Bei den von der Klägerin gerügten Fehlern in Form der Überschreitung des zulässigen Prüfungsstoffs sowie einer zu umfangreichen Prüfungsaufgabe handelt es sich um „Mängel im Prüfungsverfahren“ im Sinne des § 12 Satz 1 JAPO, die – im Falle ihres Vorliegens – als Verfahrensfehler eine Prüfungswiederholung zur Folge haben. Dies wurde in dem ergangenen Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2012 bereits umfassend und zutreffend unter Bezugnahme auf das Urteil des VG Ansbach vom 24. Februar 2005 (AN 2 K 04.01309, juris, Rn. 35 bis 38) – dem die Kammer folgt - dargelegt. Wegen der weiteren Begründung kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen Bezug genommen werden, die sich die Kammer nach erneuter Sach- und Rechtsprüfung zu eigen macht (§ 117 Abs. 5 VwGO).

25

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird von dem Prüfling mit dem Erfordernis der Geltendmachung der Prüfungsstoffüberschreitung bzw. einer ungeeigneten, weil zu umfänglichen Prüfungsaufgabe innerhalb der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 1 JAPO als Voraussetzung für eine erfolgreiche Rüge nichts Unzumutbares verlangt. Nach dem auch im Rahmen des Prüfungsrechtsverhältnisses geltenden Grundsatz von Treu und Glauben obliegt es dem Prüfling, sich rechtzeitig über die für das Prüfungsrechtsverhältnis geltenden Vorschriften zu informieren. Diese Obliegenheit besteht grundsätzlich auch in Bezug auf die Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Mängeln im Prüfungsverfahren (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1994 – 6 C 37/92 –, BVerwGE 96, 126 und juris, Rn. 21).

26

Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, sie sei unmittelbar nach Ableistung der Klausur innerhalb der Ausschlussfrist – noch – nicht in der Lage gewesen, überhaupt zu erkennen, ob die in Frage stehenden Mängel im Prüfungsverfahren vorgelegen hätten, weshalb sie entsprechende substantiierte Rügen nicht hätte erheben können. Insoweit verkennt die Klägerin, dass es zur bloßen Geltendmachung des Verfahrensmangels zur Vermeidung eines Rügeausschlusses keiner detaillierten und umfänglich rechtlichen Ausführungen oder gar der Kenntnis der Lösung bedurft hätte. Es hätten vielmehr schon Hinweise auf die Problematik genügt. Jedenfalls ist es von einem verantwortungsbewussten Prüfling zu verlangen, dass er sich im Anschluss an die Prüfungsablegung bewusst werden muss, ob er sich vorschriftswidrig gehindert gesehen hat, eine adäquate Leistung zu erbringen, um sich sodann mit entsprechenden Rügen oder selbst schon bei bloßen Zweifeln, auch hinsichtlich der gebotenen Vorgehensweise, alsbald an das Prüfungsamt zu wenden (VG Ansbach, Urteil vom 24. Februar 2005, a.a.O, juris, Rn. 42).

27

Für die Rechtfertigung einer Präklusionsregelung wie derjenigen des § 12 Satz 1 JAPO genügt es, dass damit entweder verhindert werden soll, dass ein Prüfling, indem er in Kenntnis – oder bei Zweifeln – des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, sich eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschafft, oder dass sie dazu dient, der Prüfungsbehörde eine eigene, möglichst zeitnahe Überprüfung des gerügten Mangels mit dem Ziel einer schnellst möglichen Aufklärung und unter Umständen sogar noch rechtzeitigen Korrektur oder zumindest Kompensation eines festgestellten Mangels zu ermöglichen. Ließe man die fristlose Geltendmachung des Mangels einer Überschreitung des Prüfungsstoffes zu, wäre dem Prüfling die Möglichkeit eröffnet, sich erst über den Erfolg seiner Bearbeitung kundig zu machen und sich dann zu entscheiden, ob er sich damit zufrieden geben will oder unter Beseitigung dieses Ergebnisses einen neuen Prüfungsversuch anstrebt, was eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit im Prüfungsrecht bedeuten würde. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass die Prüfungsbehörde nur bei einer zeitnahen Geltendmachung eines derartigen Mangels in die Lage versetzt wird, dem nachzugehen und darauf in einer Form zu reagieren, die das Prüfungsgeschehen möglichst wenig beeinträchtigt, etwa durch eine zeitnahe Wiederholung der betreffenden Prüfungsleistung, ohne dass es überhaupt zur Bewertung der fehlerhaft ermittelten Leistung gekommen ist oder zumindest die dabei erzielten Ergebnisse herausgegeben sind (VG Ansbach, a.a.O., juris, Rn. 41). Allein schon um diesem Gesichtspunkt Geltung zu verschaffen, wäre die Klägerin, auch wenn ihr zunächst detaillierte Ausführungen nicht möglich gewesen sind, zu einer rechtzeitigen Rüge verpflichtet gewesen.

28

Die Klägerin wäre im Übrigen mit ihren Rügen von Verfahrensmängeln auch dann ausgeschlossen, wenn diese nicht bereits nach § 12 Satz 1 JAPO verspätet erhoben worden wären. Dieses Ergebnis folgt im Hinblick auf die obigen Erwägungen zur Chancengleichheit und das daraus folgende Gebot der Unverzüglichkeit einer derartigen Rüge jedenfalls noch vor Ergebnisbekanntgabe aus den allgemeinen Grundsätzen des Prüfungsrechts (VG Ansbach, Urteil vom 24. Februar 2005, a.a.O., Rn. 47).

29

Der auf Neubewertung der Klausur Zivilrecht 1 gerichtete Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubewertung der Prüfungsarbeit.

30

Die Bewertung von Prüfungsleistungen unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Dies ergibt sich daraus, dass es eine absolute Objektivität einer Leistungsbeurteilung im pädagogischen Bereich nicht gibt, weil die Bewertung einer Prüfungsleistung durch den Prüfer in aller Regel mit einem erheblichen Einschlag wertender Elemente getroffen wird. Deshalb handeln die betroffenen Prüfer bei der Bewertung von Prüfungsleistungen in Wahrnehmung einer ihnen grundsätzlich zustehenden Beurteilungsermächtigung. Für die Beurteilung einer Prüfungsarbeit nach fachlich-pädagogischen Kriterien steht deshalb nur dem Prüfer und nicht den Verwaltungsgerichten die Befugnis zur letztverbindlichen Einstufung der Prüfungsleistung zu. Dies bedeutet, dass die gerichtliche Überprüfung von prüfungsspezifischen Wertungen dort ihre Grenze findet, wo der Beurteilungsspielraum des Prüfers beginnt. Die gerichtliche Überprüfung ist demnach darauf zu beschränken, ob der Prüfer anzuwendendes Recht verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob er sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat oder ob er allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet hat. Darüber hinaus sind aber im Rahmen des „Antwortspielraums“ auch fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen Kontrolle nicht generell entzogen. Die Prüfungsentscheidung ist aufzuheben, wenn in Fachfragen eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch bewertet worden ist. Wird unter Anwendung dieser Grundsätze ein Bewertungsfehler durch das Gericht festgestellt, kann das Gericht demzufolge die Leistungsbewertung grundsätzlich nicht durch eine eigene ersetzen und damit gleichsam die Aufgabe des Prüfers übernehmen. Es kann vielmehr nur den Prüfungsbescheid aufheben mit der Folge, dass der zuständige Prüfer – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts – eine neue fehlerfreie Bewertung nachholen muss (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991, BVerfGE 84, 34 -58).

31

Hinsichtlich der Bewertung einzelner Prüfungsleistungen ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 13. Mai 1965 – 2 C 146.62 –, BVerwGE 21, 127, 130 m.w.N.) in der Weiterführung, die sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 17. April 1991, a.a.O.) erfahren hat, auszugehen. Danach unterliegt die Bewertung von Prüfungsleistungen nur einer eingeschränkten Kontrolle. Dies ergibt sich daraus, dass es eine absolute Objektivität einer Leistungsbeurteilung im pädagogischen Bereich nicht gibt, weil die Bewertung einer Prüfungsleistung durch den Prüfer in aller Regel mit einem erheblichen Einschlag wertender Elemente getroffen wird. Deshalb handeln die betroffenen Prüfer bei der Bewertung von Prüfungsleistungen in Wahrnehmung einer ihnen grundsätzlich zustehenden Beurteilungsermächtigung. Für die Beurteilung einer Prüfungsleistung nach fachlich-pädagogischen Kriterien steht dem Prüfer (und nicht den Verwaltungsgerichten) die Befugnis zur (letzt-) verbindlichen Einstufung der Prüfungsleistung zu. Dies bedeutet, dass die gerichtliche Überprüfung von prüfungsspezifischen Wertungen dort ihre Grenze findet, wo der Beurteilungsspielraum des Prüfers beginnt. Die gerichtliche Überprüfung hat sich demnach darauf zu beschränken, ob der Prüfer anzuwendendes Recht verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob er sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat oder ob er allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet hat.

32

Demgegenüber sind fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling der gerichtlichen Kontrolle nicht generell entzogen. Die Prüfungsentscheidung ist aufzuheben, wenn in Fachfragen eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch bewertet worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991, a.a.O. S. 804; BVerwG, Urteil vom 09. Dezember 1992 – 6 C 3.92 –, BVerwGE 91, 262, 266). Der so umrissene, gegen den Bewertungsspielraum des Prüfers abzugrenzende sog. „Antwortspielraum“ des Prüflings darf indessen nicht überdehnt werden. So gehören die Einschätzungen des Schwierigkeitsgrades der Prüfungsaufgabe, die Beurteilung, ob und in welchem Maße der Prüfling seine Antworten und Begründungen sorgfältig aufbereitet und überzeugend dargelegt hat, die Bewertung der Art der Darstellung, die Bildung des Vergleichsrahmens, die Wertung, welche Leistung noch als „durchschnittlich“ zu betrachten ist und darüber hinaus überhaupt Benotungsfragen zu den prüfungsspezifischen Wertungen, die grundsätzlich allein dem jeweiligen Prüfer zustehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. August 1992 – 4 S 11065/92 –, VBlBW 1993, 143, 144).

33

Zunächst ist die Vorgehensweise des Landesprüfungsamts für Juristen des Beklagten, den Widerspruch des Klägers den beteiligten Prüfern nur auszugsweise zur Kenntnis zu geben, rechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr besteht nach rheinland-pfälzischem Landesrecht die Befugnis des Landesprüfungsamts für Juristen zur Vorprüfung des Widerspruchs mit der Folge, dass die Prüfer nur hinsichtlich der relevanten Teile des Widerspruchs eingeschaltet oder im Einzelfall sogar überhaupt nicht beteiligt werden müssen. Dies ergibt sich aus Folgendem: Wird gegen die Bewertung einer Prüfungsleistung gemäß § 5 Abs. 3 JAG Widerspruch eingelegt, so erhält zunächst die Prüferin oder der Prüfer Gelegenheit zur Überprüfung der Einwendungen und Abänderung der Bewertung, wenn ein Bewertungsfehler bei summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Widerspruch die Einschaltung der betreffenden Prüfer verlangt. Die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 JAG steht unter dem Vorbehalt der näheren Regelung durch die Justizausbildungs- und Prüfungsordnung. Eine derartige speziellere und daher vorrangigere Regelung enthält § 9 Abs. 7 Satz 1 JAPO, wonach der Prüfer nur dann Gelegenheit zur Überprüfung der Einwendungen und Abänderungen der Bewertung erhält, wenn sich nach summarischer Prüfung die Möglichkeit eines Bewertungsfehlers überhaupt ergibt (grundlegend OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Juli 2003 - 2 A 10770/03.OVG –, juris).

34

Die Befugnis des Landesprüfungsamts für Juristen zur Vorprüfung des Widerspruchs ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 92, 1392, 132 f.; Urteil vom 24. Februar 1993 – 6 C 35/92 – juris, Rn. 27) hat klargestellt, dass ein Anspruch des Kandidaten auf verwaltungsinterne Überprüfung seiner Einwendungen gegen die Bewertung nur besteht, sofern es sich um substantiierte Einwände handelt. Insoweit dient die Ausgestaltung des Widerspruchsverfahrens in § 9 Abs. 7 Satz 1 JAPO dazu, die Anforderungen an die Substantiierungslast des Kandidaten zu kontrollieren und zu verhindern, dass auch unsubstantiierte Einwände die Chance einer Zweitbewertung eröffnen, da der Prüfling hierauf keinen Anspruch hat. Der Anspruch des Kandidaten geht lediglich dahin, dass seine Prüfungsleistung anhand des dem Prüfer eigenen Bewertungssystems fachlich richtig und gerecht bewertet wird. Eine erneute Beteiligung der Prüfer bei jeder Art von Einwendungen wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Chancengleichheit sogar bedenklich. Da die gerechte Bewertung der einzelnen Prüfungsarbeiten auf der Grundlage des dem Prüfer eigenen Bewertungssystems von dem Quervergleich mit den Leistungen der übrigen Prüflingen abhängt, darf nicht ohne rechtfertigenden Grund in dieses Bewertungsgefüge eingegriffen werden. Es wäre grundsätzlich mit dem Grundsatz der Chancengleichheit unvereinbar, wenn ein Kandidat die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielte. Diese Gefahr wäre indes gegeben, wenn die Prüfer auf jedwede Einwendung erneut ein Überdenken ihrer Erstbewertung durchführen würden und der Kandidat hierdurch die Chance einer Zweitbeurteilung erhielte. Zur Vermeidung von Chancenungleichheiten ist es deshalb sachgerecht, wenn nicht sogar geboten, eine Beteiligung der Prüfer erst dann vorzusehen, wenn die Möglichkeit eines Bewertungsfehlers hinreichend substantiiert dargelegt ist (OVG Rheinland-Pfalz a.a.O.).

35

Ausgehend von diesen Grundsätzen war das Landesprüfungsamt des Beklagten berechtigt, die von der Klägerin mit ihrem Widerspruch erhobenen Rügen den betroffenen Prüfern nur auszugsweise vorzulegen, soweit es sich um substantiierte Einwendungen handelte.

36

Danach wurde die Erstprüferin der Klausur Zivilrecht 1 zu Recht nicht am Überdenkungsverfahren beteiligt, weil Bewertungsfehler bereits nach summarischer Prüfung ausgeschossen sind (§ 7 Abs. 6 Satz 1 JAPO).

37

Mit ihrem Einwand, die Erstprüferin habe die Aufgabe 1 und 2 der Klausur zu Unrecht gleich gewichtet, weil Aufgabe 1 zu umfangreich gewesen sei und Aufgabe 2 unzulässigen Prüfungsstoff enthalten habe, hat die Klägerin schon keinen materiellen Bewertungsfehler geltend gemacht, der zu einer Neubewertung der Klausur führen könnte. Bei einer hierauf zurückzuführenden unzutreffenden Bewertung ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht um einen Bewertungsfehler, sondern um eine mittelbare Folge der Mängel im Prüfungsverfahren, die als solche gerügt werden müssen und nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht mehr gerügt werden können. Behoben werden können solche Mängel damit nur durch eine Wiederholung der Prüfungsleistung, nicht aber durch eine Neubewertung. Eine solche kann nur bei materiellen Bewertungsfehlern auf der Grundlage einer frei von Verfahrensmängeln erbrachten Leistung erfolgen (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1994, a.a.O., juris, Leitsatz 4 und Rn. 25).

38

Soweit die Klägerin weiter beanstandet, es werde durch die Erstprüferin zu Unrecht bemängelt, dass sie die Vorschrift des § 894 BGB nicht geprüft habe, hat sie damit einen Bewertungsfehler nicht dargelegt. Die Prüferkritik ist berechtigt, da eine Prüfung dieser Vorschrift tatsächlich nicht erfolgt ist. Es ist auch nicht zutreffend, dass – wie von der Klägerin geltend gemacht – die Erstprüferin bemängelt hat, § 883 Abs. 2 BGB sei von ihr überhaupt nicht berücksichtigt worden. Denn die entsprechende Passage des Prüfervotums bezieht sich nur auf die Aufgabe 1 b, bei der § 883 Abs. 2 BGB „nicht mehr“ berücksichtigt worden sei. Eine erneute Prüferbeteiligung musste damit auch im Hinblick auf die genannten Rügen nicht erfolgen, da bereits bei summarischer Prüfung Bewertungsfehler auszuschließen sind.

39

Es ist auch nicht als bewertungsfehlerhaft anzusehen, dass der Zweitprüfer der Klausur Zivilrecht 1 einerseits die Aufgaben 1 und 2, was den Anteil an den Rohpunkten angeht, als „in etwa gleichwertig“ bezeichnet, bei der Gesamtbewertung den Schwerpunkt mit einer Gewichtung von 2/3 jedoch auf die Aufgabe 1 gelegt und den zweiten Aufgabenteil auf einen Anteil von 1/3 an der Gesamtnote reduziert hat. Diese Gewichtung im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung hat der Zweitprüfer in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren nachvollziehbar näher erläutert. Im Übrigen betrifft die Frage der Gewichtung von einzelnen Prüfungsleistungen den Kernbereich des Beurteilungsspielraums, in den das Gericht nur im Ausnahmefall, der hier nicht gegeben ist, eingreifen darf. Zudem hat der Prüfer zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin, die bei Teil 2 der Prüfungsaufgabe gar keine Rohpunkte erzielen konnte, durch die von ihm vorgenommene Schwerpunktsetzung ausschließlich profitiert habe. Sie ist von daher durch die seitens des Prüfers vorgenommenen Gewichtung schon nicht beschwert.

40

Auch der Einwand der Klägerin, der Zweitprüfer hätte bei Aufgabe 1 a) die für die Einigung nach § 873 Abs. 1 BGB vorgesehenen 10 Rohpunkte vergeben müssen, weil sie die Vorschrift „indirekt“ geprüft habe und sich die Einigung zudem bereits aus dem Sachverhalt ergeben habe, rechtfertigt keine Korrektur der Bewertung. Wie bereits in dem ergangenen Widerspruchsbescheid ausgeführt, unterfällt die Wertung, ob das Erfordernis der Einigung hätte geprüft werden müssen, als Bewertung der Argumentations- und Begründungstiefe ebenfalls dem Beurteilungsspielraum des Prüfers. Wenn ein Prüfer die vollständige Prüfung aller Tatbestandsvoraussetzungen für die Entstehung eines Rechts verlangt, bewegt sich dies im zulässigen Rahmen des Erwartungshorizonts des Prüfers an eine juristisch saubere Subsumtionstechnik und stellt keinen Verstoß gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze dar.

41

Mit ihrem weiteren Vortrag, für ihre Ausführungen zu Aufgabe 1 c) – vom Prüfer als „zu knapp“ kritisiert – hätten auch mehr als 10 Rohpunkte vergeben werden können, vermag die Klägerin ebenfalls nicht durchzudringen. Auch die Anforderungen des Prüfers an die Begründungstiefe fallen in das vom Gericht nicht überprüfbare Prüferermessen. Mit ihrem Einwand legt die Klägerin keinen Bewertungsfehler dar, sondern ersetzt lediglich die Prüferbewertung durch ihre eigene Wertung, was ihr nicht zusteht.

42

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Neubewertung der Prüfungsarbeit Öffentliches Recht 2.

43

Der Zweitprüfer hat in seinem Votum zu Recht beanstandet, dass das Aufwerfen der Staatsangehörigkeits-Problematik im Rahmen der „Beschwerdeberechtigung“ ohne erkennbaren Grund erfolgt ist. Der hiergegen erhobene Einwand der Klägerin, es sei nicht falsch, sondern vertretbar, wenn die Frage der Staatsangehörigkeit bei dem Prüfungspunkt der Beschwerdeberechtigung festgestellt, diskutiert und richtig gelöst werde, geht fehl. Der Zweitprüfer hat im Rahmen des Überdenkungsverfahrens darauf hingewiesen, dass er die in Frage stehenden Ausführungen nicht als falsch angesehen, sondern mit seiner Anmerkung (nur) kritisiert habe, dass es an einem sinnvollen Prüfungsaufbau gefehlt habe. Es hätte ausgeführt werden müssen, warum es problematisch sein könnte, den Beschwerdeführer als „Jedermann“ anzusehen. Der Anlass der Prüfung der Staatsangehörigkeit an dieser Stelle und die Notwendigkeit, auf den Unionsbürgerstatus abzustellen, bleibe unklar. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Prüfer hat, anders als die Klägerin meint, nicht – auch nicht im Ausgangsvotum – Vertretbares als falsch angesehen und bewertet, sondern in nachvollziehbarer Weise das Fehlen eines juristisch korrekten Prüfungsaufbaus bemängelt. Dieser Gesichtspunkt, der die Argumentations- und Begründungstiefe betrifft, unterfällt jedoch ebenfalls dem Bereich prüfungsspezifischer Wertungen.

44

Auch mit ihrem Vortrag, die Beschwerdebefugnis sei unproblematisch gewesen, weshalb insoweit keine längeren Ausführungen erforderlich gewesen seien und kein Punktabzug hätte erfolgen dürfen, vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Die Prüferkritik bezog sich nicht darauf, dass längere Ausführungen erforderlich gewesen seien, sondern monierte, dass die Beschwerdebefugnis „in keiner Weise konkretisiert“ werde. Dies räumt die Klägerin allerdings in ihrem Widerspruchsschreiben auch selbst ein. Dass insoweit kein Punktabzug hätte vorgenommen werden dürfen, stellt erneut eine – unzulässige – eigene Wertung der Klägerin unter Eingriff in den Beurteilungsspielraum des Prüfers dar.

45

Dasselbe gilt für ihren Einwand, die als zu oberflächlich bemängelte Subsumtion zu Art. 5 Abs. 3 GG sei zwar knapp, aber richtig und deshalb im ausreichenden Bereich anzusiedeln.

46

Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Prüfer bei der Aufgabe 2 der Klausur Öffentliches Recht 2 über die geübte Kritik hinaus ihre Bearbeitung nicht zur Kenntnis genommen haben könnte. Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides (§ 117 Abs. 5 VwGO).

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

49

Beschluss

50

1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21.03.2013

51

Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands des Beschwerdeverfahrens wird auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der beklagte kommunale Abwasserbetrieb hat im Zuge der Ausweisung eines neuen Baugebiets auf der Grundlage einer von der ebenfalls beklagten Gemeinde erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis ein Sickerbecken zur Versickerung von Niederschlagswasser angelegt. Bei der Ausführung wurde eine Auflage zur Mindestüberdeckung des Grundwasserleiters nicht eingehalten. Der Kläger, Eigentümer eines benachbarten Wohngrundstücks, forderte deswegen Maßnahmen zum Schutz seines Grundstücks vor Vernässung und Schadstoffeintrag. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe weder einen Abwehranspruch gegen den kommunalen Entsorgungsbetrieb noch einen Anspruch auf Einschreiten seitens der Wasserbehörde. Eine abzuwehrende Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers durch Schadstoffeintrag über den Grundwasserstrom oder durch Vernässung infolge Hochwassers oder eines Anstiegs des Grundwasserstands könne auch vor der in die Wege geleiteten Umgestaltung des Sickerbeckens nicht angenommen werden.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen des allein geltend gemachten Verfahrensfehlers zuzulassen. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dem genügt das Vorbringen des Klägers nicht.

4

1. Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert ausgeführt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines sogenannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 28. Mai 2013 - BVerwG 7 B 46.12 - juris Rn. 4 m.w.N.).

5

2. Auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung ausführlich erläuterten fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts ist der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis gelangt, dass ungeachtet neuer Erkenntnisse zur Grundwassersituation und trotz des (noch) geringen Abstands der Sohle des Sickerbeckens zum Grundwasserspiegel eine Gefahrenlage für das Grundstück des Klägers, die umgehende Abwehrmaßnahmen erforderte, nicht zu erkennen sei. Die Situation werde sich durch die nach Abschluss eines Tekturverfahrens bevorstehende Aufhöhung der Muldensohle noch verbessern. Diese fachliche Einschätzung, für deren Richtigkeit letztlich auch das Ausbleiben von Schadensereignissen nach Inbetriebnahme des Sickerbeckens spreche, habe der Kläger nicht zu erschüttern vermocht, so dass dem vorsorglich gestellten Beweisantrag nicht habe nachgegangen werden müssen. Damit hat der Verwaltungsgerichtshof der Sache nach darauf abgestellt, dass das in der mündlichen Verhandlung unterbreitete Beweisangebot des Klägers unsubstantiiert sei. Dieser Einwand rechtfertigt es grundsätzlich, von weiterer Sachverhaltsaufklärung abzusehen (stRspr, Beschluss vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266). Der Kläger zeigt nicht auf, dass dieser Ablehnungsgrund hier nicht trägt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Substantiierungsanforderungen, die sich auch nach der konkreten prozessualen Situation richten, nicht überspannt.

6

Die gebotene Substantiierung erschöpft sich nicht in der Nennung eines bestimmten Beweismittels und der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die das Beweisthema bezeichnet. Vielmehr verlangt das Substantiierungsgebot, dass die Tatsache vom Beteiligten mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird (Beschluss vom 2. November 2007 - BVerwG 7 BN 3.07 - juris Rn. 5). Der Beteiligte darf sich insoweit zwar insbesondere dann mit einer Vermutung begnügen, wenn die zu beweisenden Tatsachen nicht in seinen eigenen Erkenntnisbereich fallen (Beschluss vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264 = juris Rn. 13). Auch setzt ein Antrag auf Sachverständigenbeweis nicht voraus, dass einzelne konkrete Tatsachen in das Wissen der auskunftgebenden Stellen gestellt werden, da der Sachverständige sein Gutachten über das Beweisthema gegebenenfalls aufgrund eigener Tatsachenermittlungen zu erstatten hat (Beschluss vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B 518.99 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60). Wenn die Gegenseite der vorgetragenen Vermutung aber mit einer plausiblen Erklärung entgegengetreten ist, darf diese nicht einfach ignoriert werden. Der Beteiligte muss sich damit auseinandersetzen und greifbare Anhaltspunkte benennen, die für seine Vermutung oder gegen die Erklärung der Gegenseite sprechen. Einer ohne Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten "ins Blaue hinein" aufrechterhaltenen Behauptung braucht das Gericht nicht nachzugehen (Beschluss vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14 = juris Rn. 11).

7

3. Der Kläger zeigt nicht auf, dass der Verwaltungsgerichtshof hiernach sein Vorbringen zum Anlass für eine weitere Sachaufklärung nehmen musste.

8

Soweit der Kläger rügt, die Äußerungen der Beklagten und des Wasserwirtschaftsamts seien in einer Gesamtschau "völlig widersprüchlich", könnten folglich nicht als nachvollziehbar und schlüssig qualifiziert werden und die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht stützen, fehlt es an der näheren substantiierten Auseinandersetzung mit dem Vortrag, den der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

9

Von vornherein unbeachtlich sind die Einwände des Klägers, dass der Verwaltungsgerichtshof bei seinen Erwägungen zu Unrecht auch auf bevorstehende Änderungen des Sickerbeckens im Anschluss an das noch nicht abgeschlossene Tekturverfahren abgestellt und bei der Frage der Aussagekraft gutachterlicher Stellungnahmen zur Frage der Gefahr einer Vernässung verkannt habe, dass es bei der Größe des Einzugsgebiets des Sickerbeckens nur auf den Inhalt der wasserrechtlichen Erlaubnis ankomme. Denn für den Umfang der Aufklärungspflicht ist allein die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich (stRspr, vgl. Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 5 S. 59).

10

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof den erforderlichen konkreten Bezug der Stellungnahme der Gutachter Dr. H. und T. vom 24. Mai 2006 zur klärungsbedürftigen Sachfrage der Gefahr einer Vernässung nicht gesehen hat. Denn die Gutachter führen insoweit aus, dass die zu erwartende zeitlich begrenzte lokale Grundwasseraufhöhung, die am Wohnhaus des Klägers "im Bereich mehrerer Zentimeter bis maximal 1 bis 2 Dezimeter" liege, in ihrer Reichweite u.a. von der Größe der an das Sickerbecken angeschlossenen Flächen abhänge; diese seien nicht bekannt (S. 7 f.). Die Aussagen zur maximalen Grundwasseraufhöhung am Wohnhaus des Klägers bewegen sich demnach insbesondere vor dem Hintergrund der Erläuterungen des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung im Bereich bloßer Spekulation, die eine Beweiserhebung nicht rechtfertigen kann.

11

Schließlich ist auch nicht dargetan, dass angesichts der schriftlichen Stellungnahmen des Gutachters B. eine Beweiserhebung wegen der Frage eines erhöhten Schadstoffeintrags geboten war. Das vom Kläger angeführte Gutachten vom 29. Dezember 2006 stellt als Beweissicherungsuntersuchung insbesondere den hydro-chemischen Ist-Zustand des Grundwassers dar, der durch deutliche anthropogene Beeinflussungen gekennzeichnet sei. Abschließend stellt die Untersuchung fest, dass durch die geringe Schutzwirkung des Bodens unterhalb der Versickerungsanlage weitere Veränderungen nicht auszuschließen seien (S. 7 f.). Diese allgemein gehaltenen Ausführungen machten aber eine Auseinandersetzung sowohl mit den in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen, wonach auch bei hohen Grundwasserständen von einer Direkteinleitung in den Grundwasserleiter nicht gesprochen werden könne, als auch mit den vom Verwaltungsgerichtshof erwähnten Verbesserungen der Filterwirkung durch die anstehende Erhöhung der Muldensohle nicht entbehrlich. Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil der Gutachter B. in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2007 - insoweit in Übereinstimmung mit dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 10. Mai 2007 - selbst davon ausgeht, dass die zu erwartende Schadstofffracht wegen privaten und öffentlichen Flächen "unwahrscheinlich", d.h. voraussichtlich gering sein wird (S. 3).

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstands für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 3.650,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger war bis zum 31. Dezember 2014 bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger und wendet sich mit seiner Klage gegen die Heranziehung zu Kosten für die Überprüfung seines Kehrbezirks durch die Aufsichtsbehörde.

Aufgrund von Kundenbeschwerden führte das Landratsamt D. eine Kehrbuchüberprüfung und eine anlassbezogene Kehrbezirksüberprüfung durch und zog dafür einen öffentlich vereidigten und bestellten Sachverständigen und dessen Helfer zu. Das von ihm erstellte Gutachten listet zahlreiche Mängel in der Kehrbuch- und Kehrbezirksführung des Klägers auf. Mit noch nicht bestandskräftigem Bescheid der Regierung von S. vom 12. Dezember 2014 wurde die Bestellung des Klägers für den Kehrbezirk mit Ablauf des 31. Dezember 2014 aufgehoben.

Mit Kostenbescheid vom 13. August 2014 verpflichtete das Landratsamt den Kläger zur Erstattung der Kosten der Überprüfung seines Kehrbezirks einschließlich der Erstellung des Gutachtens in Höhe von 3.650,80 Euro. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Erkenntnisse aus der Kehrbuchüberprüfung sei eine anlassbezogene Kehrbezirksüberprüfung durchgeführt worden. Um die Arbeit des Klägers fachlich beurteilen zu können, sei die Heranziehung eines Sachverständigen des Schornsteinfegerhandwerks der Kaminkehrerinnung S. notwendig gewesen. Die Überprüfung des Kehrbezirks habe wesentliche Pflichtverletzungen aufgedeckt, so betreffend Brandschutz und Betriebssicherheit unterlassene oder lediglich einmal jährlich durchgeführte Überprüfungen von Dunstabzugsanlagen in Gastronomiebetrieben trotz der Gefahr von Fettbränden, zum Teil über mehrere Jahre hinweg überhaupt nicht wahrgenommene Kaminreinigungstermine sowie erhebliche Abweichungen zwischen den gedruckten Listen der Feuerstättenbescheinigungen und den gespeicherten Feuerstättendaten. Diese seien teilweise im Kehrbuch eingetragen, aber die Betreiber der Anlagen hätten keine Unterlagen/Bescheinigungen erhalten oder wüssten nichts von einer Abnahme. Ganze Straßenzüge seien zwar im Kehrbuch erfasst und mit einer Feuerstättenschau 1998 dokumentiert, es seien aber weder Feuerstättendaten noch Daten von Kaminen vorhanden, was auf eine jahrelange Nichtbearbeitung dieser Gebäude hinweise. Mängel hinsichtlich der Energieeinsparverordnung und der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung beträfen die unterlassene Dokumentation der Kontrolle der Dämmung freiliegender, wärmeführender Verteilleitungen und der Überprüfung der Effizienz von Umwälzpumpen. Erstmessungen von neu errichteten Anlagen aller Brennstoffarten seien zum größten Teil nicht durchgeführt. Zudem entsprächen die Aufzeichnungen im Kehrbuch nicht den Vorgaben des § 19 SchfHwG, zahlreiche Anwesen seien ohne Daten der Feuerungsanlagen oder gar nicht im Kehrbuch erfasst, Listen von Feuerstättenbescheiden und eine Mängelliste aus dem Jahr 2013 seien zwar vorgelegt worden, aber eine Datei mit den ausgestellten Bescheinigungen sei nicht einsehbar. Nachweise über die Überwachung der Schornsteinfegerarbeiten durch Fremdfirmen seien nicht vorhanden. Da die Gesamtheit dieser Mängel sogar so wesentlich sei, dass der Kläger bereits zur beabsichtigten Aufhebung seiner Bestellung angehört worden sei, seien die Kosten durch ihn zu tragen.

Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. Januar 2015 abgewiesen.

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) nicht.

1. Der Kläger hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargelegt.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Dies fehlt hier.

a) Keine ernstlichen Zweifel hat der Kläger daran dargelegt, dass die Voraussetzungen seiner Kostenhaftung nach § 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG für den im angefochtenen Bescheid geltend gemachten Betrag dem Grunde nach erfüllt sind.

aa) Soweit der Kläger gegen seine Kostenhaftung einwendet, wesentliche Pflichtverletzungen im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG seien gerichtlich nicht festgestellt sondern von ihm angegriffen worden, führt dies nicht zu ernstlichen Zweifeln.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Überprüfung des Kehrbezirks des Klägers durch die Aufsichtsbehörde habe wesentliche Pflichtverletzungen ergeben, die es unter Bezugnahme auf das Gutachten im Einzelnen benennt (Urteil Rn. 26). Auch hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Kläger erstinstanzlich vorgetragenen und in der Begründung seines Zulassungsantrags in Bezug genommenen Angriffen gegen einzelne gutachterliche Feststellungen befasst und ausgeführt, selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen werde, dass hinsichtlich zweier überprüfter Grundstücke die vom Gutachter festgestellten Mängel nicht vorliegen sollten, seien die Angriffe in der Gesamtschau ungeeignet, die im Übrigen vom Kläger nicht substantiiert bestrittenen, im Gutachten dargelegten gravierenden Pflichtverstöße bei der Führung des Kehrbezirks zu entkräften (Urteil Rn. 27 f.). Vielmehr könne die gutachterliche Aussage aufrechterhalten bleiben, dass der Kläger die Betriebs- und Brandsicherheit in der Mehrzahl der überprüften Gebäude vernachlässigt habe. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund weiterer gravierender Pflichtverstöße wie u. a. der Nichtdurchführung von Bauabnahmen trotz Anforderung (ebenda Rn. 28). Hiergegen hat der Kläger nichts Durchgreifendes vorgetragen.

Der Kläger hat die im Gutachten, im angefochtenen Bescheid und im verwaltungsgerichtlichen Urteil tatsächlich festgestellten Pflichtverletzungen in der Begründung seines Zulassungsantrags und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, auf die er sich bezogen hat (Niederschrift vom 15.1.2015, S. 3 f., VG-Akte Bl. 60 f.), nicht substantiiert bestritten, ausgenommen lediglich die vom Verwaltungsgericht behandelten zwei Grundstücke. Außer auf die zwei - vom Verwaltungsgericht zugunsten des Klägers gewerteten - Fälle geht die Begründung des Zulassungsantrags nicht auf die weiteren gutachterlich attestierten, aufsichtlich vorgeworfenen und vom Verwaltungsgericht als erheblich eingestuften Pflichtversäumnisse u. a. hinsichtlich der Brand- und Betriebssicherheit der zu überprüfenden Gaststätten oder der unterlassenen Kaminreinigungen ein, obwohl diese Mängel den Vorwurf erheblicher Pflichtverletzung nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts hinreichend und selbstständig tragen. Die Wertung dieser Pflichtverletzungen als wesentlich durch das Verwaltungsgericht hat der Kläger nicht durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt.

bb) Ebenso wenig hat er mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe die behaupteten Pflichtverletzungen nicht selbst überprüft, eine Verletzung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO dargelegt.

Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 VwGO muss substantiiert ausgeführt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines sogenannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B. v. 22.11.2013 - 7 B 16.13 - juris Rn. 4 m. w. N.). Daran fehlt es hier.

Einen Beweisantrag oder einen Hilfsbeweisantrag hat der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretene Kläger aber nach seinen Darlegungen nicht gestellt, Dass sich dem Verwaltungsgericht trotz des vorliegenden Gutachtens Sachverhaltsermittlungen hätten aufdrängen müssen, weil das Gutachten in Folge methodischer Fehler oder anderer Mängel unverwertbar wäre und deswegen der gerichtlichen Beweiswürdigung nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen, hat der Kläger ebenfalls nicht dargelegt.

Ein Gutachten ist unverwertbar, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (vgl. BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 ff., juris Rn. 33). Solches hat der Kläger nicht vorgetragen.

cc) Keine ernstlichen Zweifel hat der Kläger mit der Rüge dargelegt, die Überprüfung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG sei von der Aufsichtsbehörde durchzuführen, so dass es an einer gesetzlichen Grundlage für eine Kostentragung durch den zu Überprüfenden für die Heranziehung von Sachverständigen fehle.

Das Verwaltungsgericht hat die Heranziehung von Sachverständigen als von der aufsichtlichen Überprüfungsbefugnis mit umfasst angesehen und der Aufzählung in § 21 Abs. 2 SchfHwG keine Beschränkung auf die dort genannten Überprüfungsinstrumente - und damit ein Verbot der Heranziehung von Sachverständigen - entnommen (Urteil Rn. 25). Dies begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.

Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass § 21 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SchfHwG in Abweichung von der Vorgängervorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG keine ausdrückliche Aussage zur Heranziehung von Sachverständigen trifft. § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG schrieb noch die Teilnahme eines Sachverständigen des Schornsteinfegerhandwerks an der Kehrbezirksüberprüfung ausdrücklich vor, während § 21 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SchfHwG hierzu schweigt. In grammatikalischer Auslegung kann § 21 Abs. 2 SchfHwG jedoch mangels eines ausdrücklich einschränkenden Zusatzes (z. B. „nur“, „lediglich“) nicht entnommen werden, dass alle anderen Überprüfungsinstrumente außer der ausdrücklich genannten Anforderung des Kehrbuchs in analoger oder digitaler Form und der ihm zugrunde liegenden Unterlagen ausgeschlossen wären.

Die historische Auslegung spricht ebenfalls gegen eine Beschränkung der Aufsichtsbehörde auf die in § 21 Abs. 2 SchfHwG genannten Überprüfungsinstrumente, denn nach den Gesetzesmaterialien sollte sich die Aufsichtsbehörde für die Kehrbezirksüberprüfung „insbesondere“ das Kehrbuch und die für die Führung des Kehrbuchs erforderlichen Unterlagen vorlegen lassen (vgl. Einzelbegründung zu § 21 SchfHwG, BT-Drs. 16/9237, S. 35). Andere Beweismittel wurden somit nicht ausgeschlossen. Eine Einschränkung durch die Neuregelung im Vergleich zur Vorgängervorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG war erkennbar nicht beabsichtigt.

Gleiches ergibt auch die systematische Auslegung, denn das Kehrbuch bedarf als amtliche Urkunde und gesetzlich vorgesehenes Beweismittel für die Kehrbezirksführung (vgl. BayVGH, B. v. 15.2.2012 - 22 ZB 10.2972 - GewArch 2012, 364/365 Rn. 18 m. w. N.) einer fachkundigen Auswertung. Da die Aufsichtsbehörde - wie das Verwaltungsgericht unwidersprochen festgestellt hat (Urteil Rn. 25) - nicht über das in komplexen Fällen wie dem vorliegenden Fall nötige fachkundige Personal verfügt, ist sie auf externen Fachverstand und damit auf die Heranziehung von Sachverständigen angewiesen, sonst wäre ihr eine effektive Kehrbezirksprüfung überhaupt nicht möglich.

Zu demselben Ergebnis führt auch die teleologische Auslegung des § 21 Abs. 2 SchfHwG. Allein die Sichtung des Kehrbuchs reicht der behördlichen Aufsicht nicht in jedem Fall, denn wie den Gesetzesmaterialen zu entnehmen ist (vgl. Einzelbegründung zu § 21 SchfHwG, BT-Drs. 16/9237, S. 35: „insbesondere das Kehrbuch und die für die Führung des Kehrbuchs erforderlichen Unterlagen vorlegen lassen“), bedürfen die darin enthaltenen Daten ggf. des Abgleichs mit den hierfür erforderlichen Unterlagen und den tatsächlichen Gegebenheiten und damit - wie ausgeführt - einer fachkundigen Auswertung. Diese kann auch durch externe Sachverständige erfolgen. Dass § 21 Abs. 2 SchfHwG anders als § 26 Abs. 2 Satz 2 SchfG ihre Heranziehung nicht mehr zwingend vorschreibt, ermöglicht eine Entscheidung im Einzelfall und damit für einfache und in eigener behördlicher Fachkompetenz prüfbare Sachverhalte eine deutliche Kostenersparnis. Dies bedeutet aber nicht die Unzulässigkeit der Heranziehung externen Sachverstands in komplexen Fällen wie jenem des Klägers.

dd) Soweit der Kläger sinngemäß meint, Kosten für Sachverständige gehörten zu dem von der Allgemeinheit zu tragenden Behördenaufwand, da sie nur die behördliche Aufsicht unterstützten, geht dies fehl.

§ 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG enthält eine umfassende Kostentragungspflicht des Kehrbezirksinhabers für den Fall der Feststellung wesentlicher Pflichtverletzungen, ohne dass bestimmte Kosten wie für Sachverständige hiervon ausgenommen wären. Das Verwaltungsgericht hat § 21 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG eine gesetzliche Risikoverteilung derart entnommen, dass bei der Feststellung wesentlicher Pflichtverletzungen der Kehrbezirksinhaber, bei der Feststellung unwesentlicher Pflichtverletzungen aber die Allgemeinheit die Kosten zu tragen habe (Urteil Rn. 29). Dagegen hat der Kläger nichts Durchgreifendes vorgetragen. Diese Wertung entspricht dem Verursacherprinzip, einem Veranlasser behördlicher Ermittlungen die Kosten für diese Ermittlungen aufzuerlegen, wenn sich der Anfangsverdacht von Pflichtverletzungen und Rechtsverstößen durch die Ermittlungen erhärtet hat.

Dies gilt auch für die Kosten von rechtmäßig herangezogenen Sachverständigen. Falls dies nicht schon im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz geregelt sein sollte, ließe das Bundesrecht Raum für eine Anwendung von Art. 26 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 BayVwVfG, wonach es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde liegt, Äußerungen von Sachverständigen einzuholen, die als Auslagen nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 KG erhoben werden können.

b) Auch die Einwände des Klägers gegen die Nachvollziehbarkeit der Rechnung des Sachverständigen legen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dar.

Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die Rechnung formell falsch sei, weil ihr nicht zu entnehmen sei, an welchem Tag welche Arbeiten ausgeführt worden seien; gegenüber summierten Stunden und Fahrtkilometer-Abrechnungen habe er im geschäftlichen Verkehr ein Zurückbehaltungsrecht.

Dem gegenüber hat das Verwaltungsgericht in Prüfung der Sachverständigenrechnung ausgeführt, die fehlende nähere Aufschlüsselung, wann welche Teilzeiträume angefallen seien, sei angesichts der bei Sachverständigengutachten üblichen Ausweisung nur der Arbeitsstunden und ihrer nicht substantiiert bestrittenen Gesamtzahl entbehrlich. Dies hat der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen.

Vielmehr ergibt sich aus der dem angefochtenen Kostenbescheid zugrunde liegenden Sachverständigenrechnung und den dazu vorhandenen Unterlagen hinreichend nachprüfbar der aufgeschlüsselte Aufwand für die Kehrbuchüberprüfung und die Erstellung des Gutachtens. So hat der Sachverständige z. B. für den 12. Februar 2014 für eine „Vorortüberprüfung mit Vorbesprechung und Vorbereitung“ inklusive Fahrzeiten zwölf Stunden angesetzt, in den 117 Seiten „Unterlagen zur Kehrbuch- und Kehrbezirksprüfung“ tabellarisch die einzelnen aufgesuchten Anwesen erfasst und die Anwesenheit einer Mitarbeiterin des Landratsamts dokumentiert. Was den Zeitbedarf und die Stundensätze angeht, hat der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags keine substantiierten Einwände erhoben.

2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35-40).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 21 SchfHwG als Ermächtigungsgrundlage für das konkrete Vorgehen des Beklagten dienen kann, bezeichnet keine abstrakte Rechtsfrage. Die Frage, ob ohne „Überprüfung der Ergebnisse der Sachverständigen trotz manifester Anhaltspunkte“ die Kostenpflicht ausgelöst werden kann, würde sich in einem eventuellen Berufungsverfahren angesichts der nicht substantiiert bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht stellen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.