Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 08. Dez. 2016 - Au 3 S 16.32229
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. Au 3 K 16.32227) gegen die Abschiebungsandrohung unter Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller, der keinerlei Legitimationspapiere vorlegt und auch sonst seine Identität nicht glaubhaft macht, behauptet, am ... 1988 geboren und senegalesischer Staatsangehöriger zu sein. Bei seiner Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am ... 2014 gibt er an, sein Heimatland Mitte 2006 mit dem Pkw Richtung Mali verlassen zu haben, wo er vier Jahre gelebt habe. Er habe dann zwei weitere Jahre in Marokko sowie zwei Jahre in Spanien verbracht. In einem anderen Staat habe er kein Asyl beantragt, in Spanien und in Frankreich seien ihm ungefähr 2010 Fingerabdrücke abgenommen worden. Nach Spanien könne er nicht zurück, da er dort obdachlos gewesen sei und die Lebensbedingungen schlecht gewesen seien. Am ... 2014 stellte er Asylantrag. Neben Französisch spricht er Wolof. Zu einem späteren Zeitpunkt gab er an, zwei Jahre die Grundschule besucht zu haben und als Schneider tätig gewesen zu sein.
Am ... 2014 gab er gegenüber der Regierung von Oberbayern an, das erste Mal sei er 2006 in Spanien gewesen, sei aber nach Senegal zurückgeschickt worden. Bei seiner zweiten Ausreise habe er dann erst zwei Jahre in Mali und zwei Jahre in Marokko, dann wieder ab Ende 2009 /Anfang 2010 in Spanien gelebt. Ein Visum für Spanien habe er nicht gehabt, er sei dort illegal gewesen.
Auf die Frage, ob er in Spanien Asyl beantragt habe, gab er an, nicht gewusst zu haben, was Asyl bedeutet. Im Senegal habe er einen Personalausweis gehabt. Dieser befinde sich im Senegal bei seinen Bruder. Er wurde aufgefordert, vorhandene Identitätsdokumente im Original bis zum ... 2014 bei der Regierung von Oberbayern vorzulegen. Er gab an, auf dem Landweg von Spanien über Frankreich und Belgien nach Deutschland eingereist zu sein. Asyl habe er nur in Deutschland beantragt.
Der Antragsteller wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Schreiben vom ... 2015 zur persönlichen Anhörung für den ... 2015 vorgeladen. Er ist jedoch zu dieser Anhörung nicht erschienen, obwohl ein Abgleich ergab, dass die angeschriebene Adresse noch aktuell war. Mit Schreiben vom 11. Januar 2016 wurde der Antragsteller nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AsylG aufgefordert, innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens schriftlich sowohl zu seinen Asylgründen als auch zu den Gründen, die seiner Rückkehr in den Heimatstaat entgegenstehen, Stellung zu nehmen. Dieses Schreiben wurde dem Antragsteller am 13. Januar 2016 zugestellt.
Nachdem der Antragsteller sich auch in der Folgezeit nicht gegenüber dem Bundesamt erklärt hat, erließ das Bundesamt am
Am 11. Mai erhob der Antragsteller gegen den Bescheid des Bundesamtes fristgerecht Klage (M ...), mit der er sinngemäß unter Aufhebung des Bescheids die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Anerkennung des Antragstellers als Asylberechtigt bzw. ihm die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen begehrt, weiterhin Feststellung des Vorliegens subsidiären Schutzes sowie des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG.
Über diese Klage ist noch nicht entschieden.
Gleichzeitig wurde im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung von Klage und Eilantrag brachte der Antragsteller vor, er habe den Anhörungstermin am
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bleibt erfolglos.
Die Ablehnung des Asylbegehrens sowie der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als jeweils offensichtlich unbegründet und die Ablehnung des subsidiären Schutzes unterliegen jedenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Auch das Vorliegen von Abschiebungsverboten ist nicht erkennbar, so dass eine Aussetzung der Abschiebung im Ergebnis nicht geboten ist.
1. Das Gericht geht gemäß § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO in sachgerechter Auslegung des Antrags davon aus, dass sich der Eilantrag nicht gegen das auf § 11 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gestützte Aufenthalts- und Einreiseverbot nach der Abschiebung (Ziffer 7. des Bescheids) richtet. Ein derartiger Antrag wäre mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig (NdsOVG, B.v. 14.12.2015 - 8 PA 199/15 - juris Rn. 5; ausführlich ebenso VG München, B.v. 19.1.2016 - M 21 S 16.30019 - S. 8 f. des BA zur Notwendigkeit einer Verpflichtungsklage für die Befristungsentscheidung m. umfangr. Nachw.).
Der ansonsten vorgebrachte Eilantrag ist in der Sache darauf gerichtet, dass das Gericht die kraft Gesetzes nach § 75 Asylgesetz (AsylG; ohne weitere Übergangsregelung auch für die vorher anhängig gewordenen Asylverfahrens in Kraft seit 24.10.2015 aufgrund von Art. 1, 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20.10.2015, BGBl I S. 1722) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (Ziffer 5. Satz 2 des Bescheids) und die nach § 84 Abs. 1 Satz 2 AufenthG kraft Gesetzes ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte Einreise- und Aufenthaltsverbot (Ziffer 6. des Bescheids) nach § 80 Abs. 5 VwGO anordnen soll.
Dieser Antrag ist zulässig, insbesondere wurde er innerhalb der gesetzlichen Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestellt.
2. Der Antrag bleibt erfolglos.
a) Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG i. V. m. § 30 Abs. 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung in den Fällen, in denen der Asylantrag und der Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sind, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Diese ernstlichen Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (grundlegend zur Ablehnung des Asylantrags als „offensichtlich unbegründet“ und zum Umfang der gerichtlichen Prüfung: BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166/189 ff. = juris Rn. 86 ff.).
Anknüpfungspunkt zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs durch das Gericht muss daher die Prüfung sein, ob das Bundesamt den Antrag zu Recht als offensichtlich abgelehnt hat und ob diese Ablehnung auch weiterhin Bestand haben kann.
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung des § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, jedoch gebieten die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) die diesbezügliche Berücksichtigung auch im Verfahren nach § 36 AsylG (vgl. zur Rechtslage nach dem dem Abschiebungsverbot gemäß § 60 AufenthG entsprechenden § 51 Ausländergesetz 1990: BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166/221).
b) Nach der Maßgabe dieser Grundsätze bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung. Das Gericht folgt zunächst den Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird ausgeführt:
aa) Im Antragsvorbringen ist zur Frage der Ablehnung des Asylbegehrens des Antragstellers nichts vorgetragen, was eine Abweichung von der gesetzlichen Wertung in Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a Abs. 1 AsylG begründen könnte.
Der Senegal ist in der Anlage II zu § 29a Abs. 2 AsylG als sogenannter sicherer Herkunftsstaat gelistet. Vom Antragsteller sind keine Tatsachen oder Beweismittel angegeben, die eine von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat abweichende Bewertung rechtfertigen (vgl. § 29a Abs. 1 AsylG). Der Asylantrag war somit nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Die gleiche Beurteilung gilt für die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet.
Hinsichtlich der Gründe für seinen Asylantrag in Deutschland hat der Antragsteller weder bei seinem Kontakt mit bundesdeutschen Behörden noch in seiner Klage bzw. Antragsschrift auch nur ansatzweise Gründe dafür angegeben, weshalb er seine Heimatland verlassen musste. Die Entscheidung nach Aktenlage (§ 25 Abs. 5 AsylG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zwar mag es sein, dass der Antragsteller aufgrund seiner stationären Behandlung an der Wahrnehmung des Anhörungstermins am 18. November 2015 ohne eigenes Verschulden gehindert war. Eine Erklärung, weshalb er in dem sich anschließenden schriftlichen Verfahren nach § 25 Abs. 5 keine Stellungnahme gegenüber dem Bundesamt abgegeben hat und dies auch in der Antragsschrift nach § 80 Abs. 5 VwGO bis zum heutigen Tag nicht getan hat, erschließt sich dem Gericht auch unter Zugrundelegung des vorgelegten ärztlichen Attestes in keinster Weise.
bb) Die Ablehnung mit der Folge des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung erfasst auch die Verneinung des Vorliegens von (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die vom Antragsteller weiter geltend gemachten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 mit Abs. 4 AufenthG sind erkennbar nicht einschlägig.
Auch zum Vorliegen von Abschiebungsverboten hat der Antragsteller bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nichts vorgetragen, was ein Abweichen von der Bewertung im angegriffenen Bescheid rechtfertigt.
(1) Die allgemein harten Lebensbedingungen im Senegal eröffnen keine Berufung auf den Schutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zwar ist nach der Auskunftslage (Bericht des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 21.11.2015 (Stand August 2015), dort zu Ziffer IV.1 - S. 15) davon auszugehen, dass die Versorgungslage im Senegal schlecht ist. Im Hinblick auf die Lebensbedingungen kann der zurückkehrende Ausländer Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aber nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei seiner Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, d. h. gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 5/01 - BVerwGE 115, 1 m. w. N.; BVerwG, U.v. 29.9.2011 - 10 C 24/10 - NVwZ 2012, 451 Rn. 20).
(2) Das kann beim Antragsteller nicht angenommen werden.
Die befürchtete Verschlimmerung einer Krankheit kann die Voraussetzung einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten in Afghanistan begründen, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Klägers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, B.v. 24.5.2006 - 1 B 118/05 - NVwZ 2007, 3345). Nicht gravierende oder nicht hinreichend wahrscheinliche Gefahren sind dabei nicht ausreichend. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr nach Afghanistan eintreten würde, weil der Ausländer auf die dort unzureichende Möglichkeit der Behandlung angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. hierzu auch BVerwG, U.v. 29.7.1999 - 9 C 2/99 - juris).
Eine derartige Gefahr für den Antragsteller lässt sich dem vorgelegten Attest vom ... 2016 nicht entnehmen. Obwohl das staatliche Gesundheitssystem ausweislich des Berichts des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 21. November 2015 unzureichend ist und Patienten ihre Medikamente selbst finanzieren müssen, was vor allem Probleme bei chronischen Erkrankungen betrifft, ist beim Antragsteller davon auszugehen, dass seine Familie (der Kläger hat im Senegal neben seinen Eltern noch sechs Geschwister) für die Finanzierung seiner Medikation aufkommen wird. Im Übrigen lässt sich dem Attest entnehmen, dass die Lungentuberkulose des Antragstellers bei medikamentöser Behandlung abheilen wird. Unabhängig von den Möglichkeiten, die die Familie des Antragstellers im Senegal für sein weiteres Fortkommen bietet, besteht die Möglichkeit, dem Antragsteller eine ausreichende Menge seines derzeitigen Medikaments mit zugeben, die es ihm ermöglicht, seine Erkrankung auch in seinem Heimatland auszukurieren.
Eine drohende Lebensgefahr ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.
cc) Damit ist insgesamt die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassenen Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die in dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtschutz gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), mit dem sein Asylbegehren als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.
Der Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben erstmals am
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt gemäß § 25 AsylG am
Im Folgenden legte der Antragsteller psychotherapeutische Stellungnahmen vor. Er befindet sich seit
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29a Abs. 2 AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG. Er habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat in seinem Falle die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung erfüllt seien. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Die nationalen Sicherheitskräfte gewährleisteten grundsätzlich ausreichenden Schutz vor Schäden, die von nichtstaatlichen Akteuren drohen könnten. Soweit der Antragsteller geltend mache, er habe wegen der Misshandlungen seiner Mutter das Herkunftsland verlassen und fürchte diese auch bei Rückkehr, sei er auf die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes und ggf. vorhandene Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftslands zu verweisen. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Albanien führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Es drohe dem Antragsteller auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Unter maßgeblicher Berücksichtigung der ärztlichen Stellungnahmen sei die Gefahr einer wesentlichen oder gar lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterung alsbald nach Rückkehr in das Herkunftsland weder konkret geltend gemacht noch lägen Anhaltpunkte hierfür vor. Soweit als Krankheitsbild eine mittelgradige depressive Episode und die Teilsymptomatik einer PTBS diagnostiziert würden, entspreche die ärztliche Stellungnahme vom 14. April 2016 schon nicht den Mindestanforderungen, die an die Geltendmachung psychischer Erkrankungen gestellt würden. Bezüglich der negierten Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland sei zunächst zu berücksichtigen, dass eine nicht zu erwartende Heilung einer Erkrankung im Zielland keine Verschlimmerung einer Erkrankung darstelle. Darüber hinaus sei der Antragsteller zudem bei weiterer Behandlungsnotwendigkeit auf die medizinische Versorgung im Herkunftsland zu verweisen. Auf die Gründe des Bescheids wird im Einzelnen Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers am
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, es sei in der Stellungnahme ausgeführt, dass eine Rückführung ins Heimatland sich negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken würde, insbesondere da eine psychiatrische Versorgung in Albanien nicht gewährleistet sei. Im Folgenden wurde eine ergänzende psychotherapeutische Stellungnahme der behandelnden Psychotherapeutin vom 15. Juni 2016 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 16 K 16.31361 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung hat Erfolg.
Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist zulässig, insbesondere wurde die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gewahrt.
Der Antrag ist auch begründet, da ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (vgl. Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht - wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht - und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B.v. 2.5.1984 - 2 BvR 1413/83 - BVerfGE 67, 43 ff.). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S.v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166 ff.). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 - 2 BvR 1294/92 - InfAuslR 1993, 196).
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamts, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung des § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, jedoch gebieten die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) die diesbezügliche Berücksichtigung auch im Verfahren nach § 36 AsylG (vgl. zur Rechtslage nach - dem Abschiebungsverbot gemäß § 60 AufentG entsprechenden - § 51 Ausländergesetz 1990: BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166/221).
Im Hinblick auf die aktuelle Erkrankung des Antragstellers und eines damit möglicherweise vorliegenden (auch) zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidung. Es sprechen erhebliche Gründe dafür, dass die angefochtene Maßnahme jedenfalls in dem für diese Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
Es liegen im Fall des Antragstellers aufgrund der vorgelegten psychotherapeutischen und fachärztlichen Berichte ernsthafte Hinweise darauf vor, dass bei ihm im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand die Voraussetzungen für ein (auch) zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen könnten. Eine eingehendere Aufklärung und Prüfung muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Hinblick auf die möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Folgen für den Antragsteller, die mit einer Rückkehr in sein Herkunftsland verbunden wären, ist seinem Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung der Vorrang einzuräumen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben (z. B. Reiseunfähigkeit), nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 - 10 B 13/11 u.a - juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 56). Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d. h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BVerwG, B.v. 2.11.1995 - 9 B 710/94 - juris). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland (vgl. VG Arnsberg, B.v. 23.2.2016 - 5 L 242/16.A - juris Rn. 64 m. w. N.).
Zudem kann sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer psychischen Erkrankung auch (allein) wegen einer im Herkunftsland zu erwartenden Re-Traumatisierung aufgrund der Konfrontation mit den Ursachen des Traumas ergeben. In diesem Fall sind an sich im Zielstaat vorhandene Behandlungsmöglichkeiten unerheblich, wenn sie für den Betroffenen aus für ihn in der Erkrankung selbst liegenden Gründen, nämlich wegen der Gefahr der Re-Traumatisierung, nicht erfolgversprechend sind (vgl. OVG Lüneburg, U.v.
Mit der ab dem
Ein (ausländerrechtlicher) Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen (inlandsbezogener) rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ist hingegen unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn) (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14).
Demnach könnten hier nach dem derzeitigen Sachstand sowohl eine Reiseunfähigkeit (im weiteren Sinn) im Sinne eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses als auch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot vorliegen.
Den vorgelegten Stellungnahmen lässt sich entnehmen, dass dem Antragsteller im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland (auch) eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG drohen könnte. So wurde u. a. prognostiziert, dass die Rückkehr in die psychosozialen Lebensumstände seiner Heimat traumatisierenden Charakter hätte, die ohne weitere Behandlung in eine akute depressivsuizidale Krise führen würde (vgl. psychotherapeutische Stellungnahme vom 4. Februar 2016). Es sei eine unmittelbare zeitnahe psychotherapeutische Behandlung und Krisenintervention sowohl im Vorfeld einer möglichen unfreiwilligen Rückkehr als auch unmittelbar nach der Ankunft erforderlich (vgl. psychotherapeutische Stellungnahme vom 15. Juni 2016).
Eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands durch Re-Traumatisierung bzw. eine akute Suizidalität könnten demnach im Fall des Antragstellers nicht nur im Hinblick auf den Abbruch der Therapie und den Abschiebevorgang eintreten, sondern auch im Hinblick auf die Verhältnisse in Albanien, die der Antragsteller dort bei einer Rückkehr vorfinden würde. Es erscheint mehr als zweifelhaft, dass die erforderliche psychotherapeutische Behandlung und Krisenintervention in Albanien gewährleistet wäre bzw. der Antragsteller unmittelbaren Zugang dazu hätte. Damit läge jedenfalls auch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vor.
Aus dem aktuellen Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015, vgl. S. 13) geht hervor, dass die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken (zwar) grundsätzlich kostenlos ist, die Patienten in der Praxis (jedoch) erhebliche Zuzahlungen leisten müssten. Die Situation in psychiatrischen Kliniken sei erschreckend. Einige gut ausgestattete Privatkliniken würden in den größeren Städten ihre Dienste anbieten; sie dürften jedoch für einen Großteil der Bevölkerung zu teuer sein. Soweit in dem streitgegenständlichen Bescheid im Hinblick auf vier Krankenhäuser, die psychologische Behandlungen anbieten würden, auf eine Auskunft an das Bundesamt vom 21. März 2014 Bezug genommen wird, wird darin auch ausgeführt, dass die Patientenzahl sehr groß sei und viele lange Zeit warten würden. In Bezug auf psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten ergeben sich aus diesen Erkenntnismitteln keinerlei Hinweise.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
- 1
Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ihre Abschiebung in die Russische Föderation.
- 2
Die Antragsteller sind russischer Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten aus ihrer Heimat zunächst nach Frankreich und stellten dort Anfang 2011 Anträge auf internationalen Schutz. Diese Anträge sind von den französischen Behörden voll umfänglich abgelehnt worden. Dies ergibt sich zum einen aus den eigenen Angaben der Antragstellerin zu 1) gegenüber der Antragsgegnerin in der Anhörung und zum anderen aus der Antwort des französischen Service de l’asyle vom 24.10.2013 auf das Rückübernahmeersuchen der Bundesrepublik nach den Bestimmungen der Dublin II Verordnung; die französische Behörde teilte mit, dass das Ersuchen gemäß Art. 16 Abs.1 e) der Dublin II Verordnung akzeptiert werde.
- 3
Die Antragsteller reisten nach erfolglosem Asylverfahren in die Bundesrepublik Deutschland weiter und stellten am 22.05.2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag. Eine Rücküberstellung nach Frankreich erfolgte binnen 6 Monaten nicht.
- 4
Am 12. 07. 2016 wurde die Antragstellerin zu 1) persönlich angehört. Sie gab dabei unter anderem an, sie sei im Jahr 2009 in ihrer Heimat von tschetschenischen Soldaten entführt und mehrfach vergewaltigt worden; nachdem sie dann ihren Ehemann kennengelernt habe und schwanger geworden sei, hätten sie die Heimat verlassen.
- 5
Die Antragstellerin zu 1) hat einen Kurzbericht der Dipl. Psych. … vom 17.02.2015 zur Akte gereicht, wonach sie sich seit dem 14.1.2014 in ambulanter Psychotherapie befinde; sie weise Symptome einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung auf. Im Verlauf der Therapie sei die erste Phase der Traumatherapie (Stabilisierung) bearbeitet worden.
- 6
Mit Bescheid vom 28.07.2016, zu Post aufgegeben am 17.08.2016, lehnte das Bundesamt die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab, da es sich um einen Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylG handele und die Voraussetzungen des § 51 Abs.1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen und stellte weiter fest, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen; es erging eine Ausreiseaufforderung und Abschiebeandrohung in die Russische Föderation. Ferner befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbote gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
- 7
Mit ihrer am 24.08.2016 eingegangenen Klage verfolgen die Antragsteller ihr Begehren auf Gewährung internationalen Schutzes weiter.
- 8
Der zugleich mit Klageerhebung gestellte Antrag,
- 9
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (1 A 112/16) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28.08. 2016 anzuordnen,
- 10
hat keinen Erfolg.
- 11
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG ist zulässig, insbesondere fristgemäß, indes nicht begründet.
- 12
Nach den §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung im Falle eines Zweitantrages, in dem ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1615/93, juris, Rn. 99). Dies ist hier nicht der Fall.
- 13
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamtes, das Vorliegen eines Zweitantrags anzunehmen und für die Antragsteller kein weiteres Asylverfahren durchzuführen.
- 14
Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorliegen.
- 15
Die Eingangsvoraussetzungen des § 71a AsylG, dessen Anwendbarkeit Unionsrecht nicht entgegen steht (dazu ausführlich VG Berlin, Beschluss vom 17. Juli 2015 – Az. 33 L 164.15 A, Juris), sind vorliegend erfüllt. Das vorhergehende Asylverfahren der Antragsteller ist in Frankreich (als sicherem Drittstaat nach § 26 a AsylG) in der Sache erfolglos geblieben, indem ihnen dort jeglicher Schutz versagt worden ist.
- 16
Eine Prüfung des in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrags als Zweitantrag kommt nur dann in Betracht, wenn das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangt, dass das Asylerstverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde; nur dann kann sich das Bundesamt auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 07.09.2016, 1 B 54/16; VG Ansbach, Urt. v. 29.09.2015 - AN 3 K 15.30829 -, zit. n. Juris).
- 17
Von einer solchen gesicherten Erkenntnis kann hier vorliegend ausgegangen werden. Zum einen haben die Antragsteller detaillierte Angaben zu Inhalt und (erfolglosem) Ausgang ihres Asylverfahrens in Frankreich gemacht; zum anderen lässt sich aus der Antwort der französischen Behörden zum Rückübernahmeersuchen der Bundesrepublik zwingend schließen, dass eine solches Asyl(erst)verfahren im sicheren Drittstaat durchgeführt und negativ abgeschlossen worden ist.
- 18
Die Rückübernahmeverpflichtung folgte nach den Angaben der französischen Behörden gemäß Art. 16 Abs.1 e) der Dublin II Verordnung. Danach ist der für die Prüfung des Asylbegehrens zuständige Mitgliedsstaat gehalten, einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.
- 19
Es bedarf demnach hier für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71a AsylG der Erfüllung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG.
- 20
Die Antragsteller haben indes weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren Umstände vorgetragen, die einen Wiederaufgreifensgrund nach § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 VwVfG begründen könnten. Vielmehr haben sie allein Umstände vorgetragen, die sie entweder bereits im französischen Asylverfahren vorgetragen haben oder jedenfalls im Hinblick auf die Zuerkennung internationalen Schutzes keine günstigere Entscheidung herbeizuführen vermögen. Im Übrigen wird insoweit entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Erwägungen im angegriffenen Bescheid verwiesen.
- 21
Das Bundesamt hat auch zu Recht keine Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) zugunsten der Antragsteller festgestellt. Nach dem Vortrag der Antragsteller scheidet ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG von vorneherein aus. Insoweit wird entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Erwägungen im angegriffenen Bescheid verwiesen.
- 22
Gleiches gilt auch mit Blick auf die von der Antragstellerin zu 1) zur Begründung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG beim Bundesamt geltend gemachten Umstände. Diesbezüglich hat sie im Gerichtsverfahren nichts vorgetragen, sodass auf die insoweit überzeugenden Ausführungen im angegriffenen Bescheid verwiesen wird.
- 23
Die Abschiebungsandrohung entspricht den gesetzlichen Anforderungen nach § 34 Abs. 1 S. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG sowie § 36 Abs. 1 AsylG.
- 24
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83 b AsylG.
- 25
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Aktenzeichen: AN 3 K 15.30829
Im Namen des Volkes
Urteil
vom
Sachgebiets-Nr.: 81099
3. Kammer
Hauptpunkte:
Erstverfahren und nicht Folgeverfahren ist durchzuführen, wenn nicht sicher ist, ob in EU-Mitgliedstaat schon Asylantrag gestellt wurde
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
1. ..., geb. ...
2. ..., geb. ...
gesetzlich vertreten durch die Mutter ...
zu 1 und 2 wohnhaft: ...
- Klägerinnen -
zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
gegen
... vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...
- Beklagte -
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer,
durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert aufgrund mündlicher Verhandlung vom
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
vom
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Klägerinnen sind äthiopische Staatsangehörige. Sie gelangten nach eigenen Angaben am
Am
Mit Schreiben vom
Mit Bescheid vom 6. Mai 2015, der am 19. Mai 2015 als Einschreiben an die Bevollmächtigten zur Post gegeben wurde, wurden die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt (Ziffer 1), es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2) und die Klägerinnen wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall, dass die Klägerinnen die Ausreisefrist nicht einhielten, wurde ihnen die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rückübernahmebereiten Staat angedroht (Ziffer 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerinnen hätten bereits in einem sicheren Drittstaat gemäß § 26 a AsylVfG ein Asylverfahren betrieben. Demnach handle es sich bei dem Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland um einen Zweitantrag i. S. d. § 71 a AsylVfG. Die Klägerinnen hätten nicht konkret dargelegt, wie das Asylverfahren im Mitgliedstaat ausgegangen sei. Sei das Verfahren im Mitgliedstaat noch offen oder lägen keine Erkenntnisse über den Verfahrensstand vor, sei von einer sonstigen Erledigung ohne Schutzgewährung auszugehen. Nach Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) stellten die Mitgliedstaaten sicher, dass die Antragsprüfung eingestellt werde oder sofern die Asylbehörde den Antrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung als unbegründet ansehe, der Antrag abgelehnt werde, wenn Grund zu der Annahme bestehe, dass ein Antragsteller seinen Antrag stillschweigend zurückgenommen habe oder das Verfahren nicht weiter betreibe. Diese Voraussetzung habe mit der Ausreise der Klägerinnen aus Italien vorgelegen. Damit stehe fest, dass nach dem Zuständigkeitswechsel keine positive Entscheidung im Mitgliedstaat mehr ergehen könne. Art. 3 Abs. 1 der Dublin-III-VO gebe vor, dass ein Antrag nur von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werde. So habe auch der EuGH in seinem Urteil vom 6. Juni 2014 klargestellt, der Asylantrag dürfe nur von einem Staat geprüft werden. Sollte hingegen im Mitgliedstaat eine positive Entscheidung ergangen sein, wäre der Asylantrag in Deutschland unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.2014, 10 C 7.13). Die Klägerinnen hätten mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 16. April 2015 abgelehnt, eine Begründung für den Zweitantrag abzugeben, da sie der Rechtsauffassung seien, dass es sich bei diesem Antrag um einen Erstantrag handle. Wie gezeigt worden sei, folge die Beklagte dieser Meinung nicht. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Insbesondere seien die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien nicht so schlecht, dass für die Klägerinnen eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe.
Auch von einer extrem zugespitzten Gefahrenlage bezogen auf die allgemeinen Lebensverhältnisse in Äthiopien könne für die Klägerinnen nicht ausgegangen werden. Hierbei sei zu beachten, dass nach den allgemein bekannten familiären und gesellschaftlichen Strukturen in Äthiopien vom Vorhandensein gegenseitiger Hilfe durch Familie, Großfamilie, Clan oder andere sich unterstützende Netzwerke auszugehen sei. Die Klägerinnen hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, sich in dem Asylverfahren entsprechend zu äußern, was sie unterlassen hätten, so dass davon auszugehen sei, dass sie weiterhin über funktionierende familiäre Strukturen im Falle einer Rückkehr verfügen könnten.
In einer ärztlichen Bescheinigung vom
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten, das am 28. Mai 2015 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, erhoben die Klägerinnen Klage gegen den Bescheid des Bundesamts
Zur Begründung der Klage machen die Klägerinnen geltend, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass ihre Asylanträge als Zweitanträge zu werten seien. Die Klägerinnen seien zwar über Italien nach Deutschland eingereist, dort seien sie aber nicht einmal erkennungsdienstlich behandelt worden und hätten auch keinen Asylantrag gestellt. Da also in Italien kein Asylverfahren stattgefunden habe, dürfe der Asylantrag der Klägerinnen in Deutschland nicht als Folgeantrag gewertet werden, da ihnen sonst die Rechte eines Erstantragstellers verloren gingen.
Die Klägerin zu 1) sei HIV-positiv. Dies sei der Beklagten bekannt, trotzdem werde dieser Sachverhalt im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt. Die Klägerin zu 1) sei außerdem erneut schwanger.
Die Klägerinnen beantragen,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
vom
Die Klägerinnen beantragen ferner, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., ..., zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Er war deshalb aufzuheben.
Die Beklagte ging zu Unrecht davon aus, bei dem Asylverfahren der Klägerinnen handle es sich um ein Folgeverfahren nach § 71 a AsylVfG. Dessen Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Das Asylverfahren der Klägerinnen ist als Erstverfahren durchzuführen.
Nach § 71 a AsylVfG ist dann, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Verfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Ausgangspunkt für die Prüfung des § 71a AsylVfG ist dabei die Frage, ob überhaupt ein Zweitantrag vorliegt. Eine solche Prüfung beinhaltet auch, dass das Bundesamt Kenntnis von den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags im anderen Mitgliedstat hat (vgl. Marx, AsylVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 71a Rn. 17).
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Inhalt der Behördenakten durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerinnen ein Asylverfahren in Italien erfolglos abgeschlossen haben. Die Klägerin zu 1) erklärte hierzu, sie habe in Italien gar keinen Asylantrag gestellt und sei auch nicht erkennungsdienstlich behandelt worden. Das Bundesamt hat nach Aktenlage für die Klägerinnen weder einen EURODAC-Treffer Kategorie 1 festgestellt, noch ein Übernahmeersuchen nach der VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) an Italien gerichtet. Die Beklagte hat hierzu im Klageverfahren trotz des Beschlusses im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Damit fehlt der Argumentation der Beklagten, es sei davon auszugehen, dass die Klägerinnen ihren Asylantrag mit der Ausreise aus Italien stillschweigend zurückgenommen hätten, wozu sie sich auf Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie) beruft, die Grundlage.
Wenn die Beklagte selbst davon ausgeht, dass sie für die Prüfung zuständig geworden ist, übernimmt sie das Verfahren in dem Stadium, in dem es sich zum Zeitpunkt der Übernahme befindet. Ist ihr der aktuelle Stand des Verfahrens in dem anderen Mitgliedstaat nicht bekannt bzw. fehlen ihr Erkenntnisse darüber, ob überhaupt ein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat betrieben wurde oder wird, muss sie diesbezüglich zunächst weitere Ermittlungen anstellen (BVerwG, B. v. 18.2.2015 - 1 B 2/15-, juris; VG Osnabrück, B. v. 24.4.2015, a,a.O.; VG Lüneburg, B. v. 11.5.2015, a. a. O.). Eine Prüfung des in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrags als Zweitantrag kommt nur in Betracht, wenn das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangt, dass das Asyl(erst)verfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde. Nur dann kann sich das Bundesamt auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken. Durch die Behandlung des Asylantrags der Klägerinnen als Zweitantrag verhindert das Bundesamt, dass - entgegen den europarechtlichen Vorgaben (Art. 28 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie und Art. 18 Unterabsatz 2 Dublin III-VO) - der (Erst)Antrag umfassend geprüft und das Verfahren beendet wird. Damit verhindert das Bundesamt auch gleichzeitig entgegen seiner eigenen Argumentation, dass ein (Erst)Antrag nur von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO (vgl. dazu auch EuGH, U. v. 6.6.2013 - Rs. C-648/11-, juris Rn. 65; BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7/13-, juris).
Die Beklagte hat bislang nicht geprüft, ob die durch ärztliche Stellungnahmen belegte HIV-Infektion der Klägerin zu 1) zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führt und wie die geltend gemachte Schwangerschaft in diesem Zusammenhang zu behandeln ist. Vielmehr hat sie, ohne auf den individuellen klägerischen Vortrag einzugehen, die Abschiebung nach Äthiopien angedroht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 173 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 6.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde angreifbar, § 80 AsylVfG.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte seinen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ablehnt und begehrt damit die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens.
- 2
Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben syrischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste über die Türkei, Bulgarien und Griechenland kommend auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 28.01.2014 einen Asylantrag.
- 3
Bei der Anhörung des Klägers durch das Bundesamt für am 28.01.2014 gab dieser an, sein Heimatland Syrien aufgrund des dort herrschenden Krieges verlassen zu haben und nicht politisiert zu sein.
- 4
Die Beklagte erzielte unter dem 24.02.2014 hinsichtlich des Klägers zwei Eurodac-Treffer der Kategorie 1 und 2 für den Mitgliedstaat Bulgarien. Die Beklagte richtete am 11.03.2014 ein Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden unter Verweis auf die Treffermeldungen sowie darauf, dass der Kläger bereits am 08.01.2014 in Bulgarien Asyl beantragt hat. Mit Schreiben vom 21.03.2014 erklärte die Republik Bulgarien gegenüber der Beklagten ihre Bereitschaft, den Kläger auf der Grundlage der Dublinvorschriften wieder aufzunehmen.
- 5
Unter dem 15.10.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Überstellungsfrist abgelaufen sei und übernahm den Kläger in das nationale Verfahren.
- 6
Mit Bescheid vom 21.10.2014 lehnte die Beklagte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab (Ziffer 1. des Bescheides) und stellte fest, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt (Ziffer 2. des Bescheides). Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger bereits in Bulgarien Asyl beantragt habe, so dass sein hiesiger Antrag als Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylVfG zu behandeln sei. Ein weiteres Asylverfahren sei nur durchzuführen, wenn Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen. Dies sei nicht der Fall, denn der Kläger begründe seinen Folgeantrag allein mit der Bürgerkriegslage in Syrien, so dass sich sein Vortrag allein darauf beschränke, die bereits in seinem früheren Asylverfahren in Bulgarien vorgebrachten Gründe zu wiederholen.
- 7
Gegen die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens hat der Kläger am 12.11.2014 Klage beim erkennenden Gericht erhoben. Zur Begründung trägt er allein vor, dass er in Deutschland mehrfach an Demonstrationen teilgenommen habe und belegt dies durch Vorlage einer Fotografie, die ihn bei einer Demonstration gegen den IS-Terror in Kurdistan am 16.08.2014 in Hannover zeigen soll.
- 8
Der Kläger beantragt sinngemäß,
- 9
den Bescheid der Beklagten vom 21.10.2014 hinsichtlich Ziffer 1. aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen.
- 10
Die Beklagte beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen
- 12
und verteidigt ihren Bescheid.
- 13
Die Beteiligten haben übereinstimmend den Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung erklärt.
- 14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
- 15
I.) Die Klage, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Denn Ziffer 1. des allein insoweit angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 21.10.2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
- 16
Das zu Ausdruck kommende Begehren des Klägers, die Beklagte zu verpflichten, ein weiteres Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen, versteht das Gericht lediglich als Ausfluss des Aufhebungsverlangens (§ 88 VwGO). Es bedarf vor dem Hintergrund der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung keines Verpflichtungsausspruchs, denn es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte eine Entscheidung über den Asylantrag im Falle der Aufhebung von Ziffer 1. des Bescheides verweigern würde. Vielmehr hat sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit von Amts wegen den Asylantrag sodann sachlich zu prüfen.
- 17
Die unter Ziffer 1. des angefochtenen Bescheides erfolgte Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens erweist sich unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen gegenwärtigen Sach- und Rechtslage als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn die Beklagte ist aufgrund des vorliegenden Sachverhalts nicht berechtigt, die Durchführung des Asylverfahrens auf der Grundlage des § 71a AsylVfG abzulehnen und die Prüfung auf das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen zu begrenzen.
- 18
Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die getroffene Entscheidung der Beklagten ist § 71a Abs. 1 AsylVfG. Dieser regelt, dass wenn ein Ausländer der nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat, für den die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
- 19
Voranzustellen ist, dass die Beklagte nach eigenem Vorbringen aufgrund Ablaufs der Überstellungsfrist zuständig für die Bearbeitung des Asylbegehrens des Klägers geworden ist (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO).
- 20
Im hier zu entscheidenden Verfahren kann jedoch nicht von einem erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens im Sinne des § 71a AsylVfG ausgegangen werden, denn die Behauptung der Beklagten, dass (nach eigener Einschätzung) das Asylverfahren durch die bulgarischen Behörden mittlerweile eingestellt worden sei, wird weder belegt noch kann eine solche – angenommene – Einstellung des Verfahrens aufgrund Nichtbetreibens oder stillschweigender Rücknahme unter dem Tatbestandsmerkmal "erfolgloser Abschluss" europarechtskonform subsumiert werden (vgl. VG Hannover, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, U. v. 29.04.2015 – A 11 S 121/15 – juris).
- 21
Fest allein steht, dass die Republik Bulgarien aufgrund des Wiederaufnahmegesuchs gegenüber der Beklagten fristgerecht erklärt hat, den Kläger gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO wieder aufzunehmen. Dass eine Einstellungsentscheidung mittlerweile vorliegt, hat die Beklagte nicht ermittelt, obgleich sie hierzu verpflichtet ist. Selbst wenn man davon ausginge, dass eine solche jedenfalls heute vorliegt, da die Beklagte es verabsäumt hat, innerhalb der Fristen des Dublinsystems einen sog. Dublinbescheid zu erlassen, mit der Folge, dass die Beklagte schlussendlich ihre eigene Zuständigkeit nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO angenommen hat (vgl. Vermerk vom 15.10.2014, Bl. 103 Beiakte A), folgt hieraus nicht zwingend, dass im Zeitpunkt des unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte das Verfahren bereits eingestellt war. Dem unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergang infolge Fristversäumung ist jedoch immanent, dass der zuständig gewordene Mitgliedsstaat das Verfahren in dem Stadium übernimmt, den es zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs erreicht hat. Etwaige Regelungen, wonach hiermit ein formeller oder materieller Rechtsverlust verbunden ist, sind nicht ersichtlich (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.).
- 22
b. Auch im Falle einer belegbaren Einstellung des Verfahrens wegen Nichtbetreibens oder stillschweigender Rücknahme ist die Beklagte nicht berechtigt, den gestellten Asylantrag als Folgeantrag – mithin als Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylVfG – zu behandeln. Nach Art. 28 Abs. 2 UA 1 der Richtlinie 2013/32/EU (vom 26.6.2013, Abl. L 180) – Asylverfahrensrichtlinie – sind Antragsteller im Fall einer stillschweigenden Rücknahme oder eines Nichtbetreibens des Verfahrens berechtigt, um eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 und 41, d. h. nicht als Folgeantrag, geprüft werden darf. Da die Bundesrepublik Deutschland diese Richtlinie nicht bis zum 20.07.2015 in nationales Recht umgesetzt hat, kann sich der Kläger nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, gegenüber der Beklagten auf diese Vorschriften berufen, weil sie inhaltlich unbedingt gefasst ist und hinreichend genaue Bestimmungen enthält. Auch von der Öffnungsklausel des Art. 28 Abs. 2 UA 2 der Asylverfahrensrichtlinie hat die Bundesrepublik bisher, soweit ersichtlich, keinen Gebrauch gemacht (vgl. VG Hannover, a.a.O., m.w.N.). Im Falle der Annahme einer stillschweigenden Rücknahme ist zudem auf die Regelung des Art. 18 Abs. 2 2. UA Dublin III-VO zu verweisen, wonach gleichsam europarechtlich normiert ist, dass der Antragsteller berechtigt ist, eine Sachentscheidung zu verlangen bzw. einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU zu behandeln ist (vgl. VG Hannover, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, a.a.O.)
- 23
Dies zugrunde gelegt, liegt ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG dann nicht vor, wenn der betreffende Asylantragsteller – hier der Kläger – im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland nach dem nationalen Recht des ersuchten Mitgliedstaats – hier: Bulgariens – einen Anspruch auf Fortführung bzw. formlose Wiedereröffnung des dort betriebenen Verfahrens bzw. die Berechtigung zur Stellung eines neuen Antrags – der nicht als Folgeantrag i.S.v. Art. 40 und 41 Richtlinie 2013/32/EU behandelt werden darf – gehabt hätte. Hiervon ist auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass eine abschließende Sachentscheidung durch die bulgarischen Behörden getroffen wurde, liegen weder vor noch werden solche von der Beklagten behauptet. Diese geht selbst von einer Einstellung des Verfahrens aus.
- 24
Fehlt es damit an einem Zweitantrag, ist es der Beklagten verwehrt, die Durchführung eines (weiteren) Asylverfahrens unter Berufung auf § 71a AsylVfG abzulehnen. Die Beklagte hat das noch offene Asylbegehren als Erstantrag zu behandeln und umfangreich zu prüfen (vgl. im Ergebnis: VG Hannover, a.a.O, VGH Baden-Württemberg, a.a.O.; VG Meinigen, B. v. 13.07.2015 – 8 E 20200/15 Me –; VG Aachen, B. v. 04.08.2015 – 8 L 171/15.A –; VG Cottbus, B. v. 12.01.2015 – 3 L 193/14.A – alle juris).
- 25
II.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Berufung wird zugelassen.
Gründe
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. September 2014 geändert.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 4. Oktober 2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Instanzen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben Anfang Oktober 2012 nach Melilla in Spanien, wo er am 25. Oktober 2012 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 14. Januar 2013 beantragte er unter dem Namen U. E. in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Den Antrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) durch Bescheid vom 13. März 2013 als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an. Die Überstellung erfolgte am 10. April 2013.
3Am 3. Juni 2013 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 7. Juni 2013 – unter dem im Rubrum angegebenen Namen – Asyl. Ausweislich seiner eigenen Mitteilung und der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013 war der Kläger zuvor in Spanien erkennungsdienstlich behandelt worden. Das Bundesamt richtete am 29. August 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Spanien. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. September 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags.
4Durch Bescheid vom 4. Oktober 2013 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziff. 2). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Spanien auf Grund der dort erfolgten illegalen Einreise in das Gebiet der Mitgliedstaaten für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei.
5Am 25. Oktober 2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
6Der zugleich gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides anzuordnen, wurde mit Beschluss vom 7. Januar 2014 abgelehnt (13 L 2168/13.A). Auf den weiteren, unter dem 18. März 2014 gestellten Antrag des Klägers gemäß § 80 Abs. 7 VwGO ordnete das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Beschluss vom 24. März 2014 (13 L 644/14.A) mit der Begründung die aufschiebende Wirkung an, die sechsmonatige Überstellungsfrist sei abgelaufen.
7Zur Klagebegründung hat der Kläger ausgeführt: In Spanien werde kein ordnungsgemäßes Asylverfahren durchgeführt. Ihm sei dort die Asylantragstellung verweigert worden. Zudem sei die Überstellungsfrist abgelaufen. Hierauf könne er sich auch berufen. Ihm werde sein Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens abgesprochen, hielte sich Spanien im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr für zuständig. Ob die spanischen Behörden sich noch an ihre Zustimmung gebunden fühlten, sei völlig offen.
8Der Kläger hat beantragt,
9den Bescheid des Bundesamts vom 4. Oktober 2013 aufzuheben.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes verwiesen. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass die Überstellungsfrist mit der Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2014 neu zu laufen begonnen habe bzw. auf Grund des gemäß § 80 Abs. 7 VwGO erlassenen Eilbeschlusses vom 24. März 2014 bis zur Erledigung des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt sei.
13Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 12. September 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die zulässige, insbesondere statthafte Anfechtungsklage sei unbegründet. Nach den anwendbaren Vorschriften der Dublin II-VO sei Spanien für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig. Die Zuständigkeit sei nicht nach Maßgabe der Art. 16 ff. Dublin II-VO auf Deutschland übergegangen. Die Überstellungsfrist des Art. 19 Abs. 3 Uabs. 1 Dublin II-VO sei noch nicht abgelaufen. Weil durch Beschluss vom 24. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet worden sei, beginne sie erst zu laufen, nachdem das Gericht in der Hauptsache entschieden habe. Selbst wenn man auf die Sechsmonatsfrist ab Annahme des Aufnahmegesuchs abstelle, könne sich der Kläger hierauf jedenfalls nicht berufen. Ein Verstoß gegen die Fristenregelungen der Dublin II-VO verletze nach der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts keine subjektiven Rechte der Asylbewerber. Zudem sei es dem Asylbewerber unbenommen, sich freiwillig beim anderen Mitgliedstaat zu melden, weil die Überstellung auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen könne. Habe er es selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolge und dass sie erfolge, könne er sich nach § 242 BGB nicht auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland berufen. Es bestehe auch keine Verpflichtung der Beklagten, vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen. Von einer unangemessenen Verfahrensdauer könne nicht ausgegangen werden. Es lägen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber bestünden.
14Mit Beschlüssen vom 15. Dezember 2014 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zugelassen und auf Antrag des Klägers die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 4. Oktober 2013 angeordnet (11 B 1338/14.A).
15Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus: Die Überstellungsfrist von sechs Monaten ab der Zustimmung Spaniens zum Übernahmeersuchen am 17. September 2013 sei am 17. März 2014 abgelaufen. Durch die Stattgabe des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO habe die bereits abgelaufene Überstellungsfrist nicht wieder neu zu laufen begonnen. Aus der Dublin II-VO ergebe sich keine Rechtsgrundlage, wonach eine Rückübertragung der Zuständigkeit auf Spanien erfolgen könne. Der Kläger könne sich auch auf den Ablauf der Frist berufen. Die EuGH-Entscheidung Abdullahi beziehe sich lediglich auf die Anwendung der in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Zuständigkeitskriterien, nicht jedoch auf den nachfolgend geregelten Ablauf der Überstellungsfrist und die dies mit Sanktionscharakter ausfüllenden Vorschriften des Kapitels V der Verordnung. Bestehe keine Übernahmebereitschaft Spaniens, wäre dem Kläger das unstreitig bestehende subjektive Recht auf Zugang zu einem Asylverfahren genommen, könnte er sich nicht auf den Fristablauf berufen. Zudem räume die Dublin II-VO zumindest in bestimmten Punkten, etwa der Mitteilung von Daten, subjektive Rechte ein. Eine Beschränkung der Einwände des Asylbewerbers auf die Prüfung systemischer Mängel in einem Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen könne nur dann angenommen werden, wenn de facto ein anderer Mitgliedstaat im Zeitpunkt dieser Prüfung eigentlich noch zuständig wäre. Sei Deutschland wegen Fristablaufs zuständig, ergebe sich aus Art. 16a GG bzw. dem Asylverfahrensgesetz ein einklagbarer Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens.
16Der Kläger beantragt,
17das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. September 2014 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Zur Begründung verweist sie auf das Urteil des Verwaltungsgerichts. Ergänzend trägt sie vor: Asylbewerber könnten sich nicht mit Erfolg auf einen Zuständigkeitsübergang nach den Art. 16 ff. Dublin II-VO berufen. Ein Asylbewerber habe kein umfassendes subjektiv-öffentliches Recht auf eine Überprüfung, ob der zur Aufnahme bereite Mitgliedstaat tatsächlich nach objektivem Recht der nach dem Zuständigkeitsregime der Dublin II-VO zuständige Mitgliedstaat sei oder ob durch Zeitablauf Deutschland zuständig geworden sei. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Spanien eine Überstellung bereits endgültig abgelehnt habe. Zwar lehnten die Mitgliedstaaten Rechtsmittelmeldungen nach Ablauf der Überstellungsfrist ab, jedoch könne im besonderen Einzelfall durchaus auch ein Einlenken des Mitgliedstaats erzielt werden.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Gerichtsakten der Eilverfahren sowie die Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Sie ist zulässig und begründet.
24A. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
25Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4. Oktober 2013, mit dem der Asylantrag des Klägers wegen fehlender Zuständigkeit der Beklagten als unzulässig abgelehnt worden ist, ist statthaft.
26Einer auf Durchführung des Asylverfahrens gerichteten Verpflichtungs- oder allgemeinen Leistungsklage bedarf es nicht. Dieser fehlte schon das Rechtsschutzbedürfnis, weil das Bundesamt, wenn es zuständig ist, den Asylantrag von Amts wegen sachlich prüfen muss, und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es hier nach Aufhebung der Verfügung untätig bleiben würde.
27Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 31; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 18.
28Auch eine Verpflichtungsklage, die auf das Ziel gerichtet ist, als Asylberechtigter anerkannt zu werden, die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutz zuerkannt oder nationale Abschiebungsverbote festgestellt zu bekommen, scheidet aus.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 28 ff., Beschluss vom 18. Mai 2015 - 11 A 2639/14.A -, juris, Rn. 20; Bay. VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628, und Beschluss vom 11. März 2015 - 13a ZB 14.50043 -, juris, Rn. 6; Hamb. OVG, Beschluss vom 2. Februar 2015 - 1 Bf 208/14.AZ -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 -, AuAS 2014, 273; OVG Saarl., Beschluss vom 12. September 2014 - 2 A 191/14 -, juris, Rn. 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 = juris, Rn. 18; OVG S.-A., Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris, Rn. 21.
30Wird der Asylantrag unter Verweis auf die fehlende Zuständigkeit nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, hat das Bundesamt ihn in der Sache noch gar nicht geprüft. Die Zuständigkeitsprüfung und die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens sind unterschiedliche, voneinander getrennte Verfahren. Die Frage nach dem für die Prüfung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat ist der materiell-rechtlichen Prüfung, ob ein Anspruch auf Asylanerkennung oder Gewährung eines anderen Schutzstatus besteht, vorgelagert. Die Verwaltungsgerichte haben deshalb das Asylbegehren auch nicht in der Sache spruchreif zu machen.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 34 ff., Beschluss vom 18. Mai 2015 - 11 A 2639/14.A -, juris, Rn. 11.
32Andernfalls ginge dem Asylbewerber eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien (vgl. insbesondere §§ 24, 25 AsylVfG) ausgestattet ist.
33Ferner muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des EuGH zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist, zu ersuchen. Ist die Überstellung in den ursprünglich nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (im Folgenden: Dublin II-VO) als zuständig bestimmten Mitgliedstaat etwa wegen systemischer Mängel nicht möglich, hat der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen, die Prüfung der Kriterien des genannten Kapitels fortzuführen, um festzustellen, ob danach ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
34Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 ‑ Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, juris, Rn. 95 f., und vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11 (Puid) -, juris, Rn. 32 f.; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 29 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 18.
35Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Gericht im Asylrechtsstreit die Sache spruchreif zu machen hat, wenn ein Asylfolgeantrag nach § 71 AsylVfG vorliegt. Im Asylfolgeverfahren kann nicht lediglich isoliert auf "Wiederaufgreifen" geklagt werden, weil der rechtserhebliche Aspekt, ob das bestandskräftig abgeschlossene Asylverfahren wieder aufgenommen werden muss, lediglich die (Vor-)Frage nach der Durchbrechung der Bestandskraft des Erstbescheids als notwendige Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Asyl, nicht aber einen selbstständig neben diesem stehenden einklagbaren Wiederaufgreifensanspruch betrifft.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 - 9 C 28.97 -, BVerwGE 106, 171 = juris, Rn. 10.
37Diese Erwägungen sind auf die hier gegenständliche Entscheidung nach § 27a AsylVfG nicht übertragbar. In diesem Verfahren steht weder die Frage im Streit, ob ein bestandskräftig abgeschlossenes Asylverfahren wieder aufgenommen werden muss, noch ob ein Anspruch auf Asylanerkennung besteht. Vielmehr geht es, wie ausgeführt, um die der materiell-rechtlichen Prüfung des Asylantrags vorgelagerte Frage der Zuständigkeit.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Mai 2015 ‑ 11 A 2639/14.A -, juris, Rn. 11; Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2015 - 13a ZB 14.50043 -, juris, Rn. 3; siehe auch BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 10 C 1.13 -, Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 13, S. 3 = juris, Rn. 14 zur Anfechtungsklage für den Fall einer Verfahrenseinstellung nach den §§ 32, 33 AsylVfG.
39B. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 4. Oktober 2013 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
40I. Ziffer 1 des Bescheids ist rechtswidrig, weil der Asylantrag im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entscheidungserheblich ist, nicht gemäß § 27a AsylVfG unzulässig ist. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Hier ist aber entgegen der Auffassung des Bundesamts nach der Dublin II-VO nicht Spanien, sondern Deutschland für die sachliche Prüfung und Entscheidung des Asylantrags zuständig (1.). Darauf kann sich der Kläger auch berufen (2.).
411. Die Zuständigkeit Deutschlands ergibt sich aus der Dublin II-VO. Diese ist ungeachtet des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG und des Umstands anwendbar, dass sie durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) ersetzt worden ist. Nach Art. 49 Satz 3 Dublin III-VO erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat sein hier maßgebliches Schutzgesuch am 7. Juni 2013 angebracht. Es kann offen bleiben, ob nach Art. 49 Satz 2 Dublin III-VO, wonach die Verordnung ab dem 1. Januar 2014 – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern gilt, auch bei vor dem 1. Januar 2014 gestellten Asylanträgen für das Überstellungsverfahren die Dublin III-VO gilt, wenn das Übernahmeersuchen nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde.
42Denn hier lagen auch das Aufnahmeersuchen und dessen Annahme vor dem 1. Januar 2014. Ferner spricht alles dafür, dass nach Art. 49 Satz 3 Dublin III-VO nicht nur die Zuständigkeitskriterien des Kapitels III, sondern auch diejenigen des Kapitels V der Dublin II-VO fortgelten.
43Vgl. zum Ganzen Bergmann, ZAR 2015, 81 (83); Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 27a Rn. 3.
44Die zunächst bestehende Zuständigkeit Spaniens (a.) ist wegen Ablaufs der Überstellungsfrist auf Deutschland übergegangen (b.).
45a. Der zuständige Mitgliedstaat bestimmt sich auf der Grundlage der in der Dublin II-VO festgelegten Kriterien, zunächst nach dem Kapitel III.
46aa. Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO war ursprünglich Spanien zuständig. Danach gilt: Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Hier erfolgte der erstmalige illegale Grenzübertritt zu einem EU-Mitgliedstaat in Spanien. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
47bb. Die Zuständigkeit Spaniens ist nicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO entfallen. Danach endet die Zuständigkeit zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
48Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO greift nur dann ein, wenn die Frist bereits bei erstmaliger Stellung eines Asylantrags in einem Mitgliedstaat abgelaufen ist.
49Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 47.
50Diese Auslegung ergibt sich aus Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO, wonach bei der Bestimmung des nach den in Kapitel III bestimmten Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen wird, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Das geschah hier am 14. Januar 2013 (mit einem Alias-Namen) sowie nach erneuter Einreise nach Deutschland von Spanien aus am 7. Juni 2013 und damit innerhalb der Jahresfrist seit der erstmaligen illegalen Einreise nach Spanien im Oktober 2012.
51Selbst wenn man aber nicht auf den Asylantrag, sondern auf den spätesten Zeitpunkt des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens, den Abschluss durch die Aufnahmeerklärung Spaniens am 17. September 2013, abstellt, waren zwölf Monate nicht verstrichen. Ein noch späterer Zeitpunkt kommt hingegen nicht in Betracht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gilt die in Kapitel III der Verordnung normierte Frist nur für das in diesem Kapitel geregelte Zuständigkeitsbestimmungsverfahren (vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO), berechtigt also nur einen Mitgliedstaat - hier: Spanien -, das an ihn gerichtete (Wieder‑) Aufnahmeersuchen eines anderen Mitgliedstaats - hier: Deutschland – abzulehnen, wenn der Grenzübertritt länger als zwölf Monate zurückliegt. Nach erfolgter Zuständigkeitsbestimmung nach Kapitel III hingegen – die im Kapitel V in Art. 19 Abs. 1 Dublin II-VO geregelte Mitteilung an den Asylbewerber gehört nicht dazu – kann die Zuständigkeit hingegen nicht mehr nach einer dort geregelten Vorschrift, sondern allenfalls nach Kapitel V entfallen.
52b. Die Zuständigkeit ist aber nach Kapitel V der Dublin II-VO auf die Beklagte übergegangen.
53aa. Dies ergibt sich allerdings nicht aus Art. 17 Abs. 1 Uabs. 2 Dublin II-VO. Danach gilt: Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der Frist von drei Monaten unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung zuständig. Das Bundesamt hat hier gemäß Art. 17 Abs. 1 Uabs. 1 Dublin II-VO innerhalb von drei Monaten nach Stellung des Asylantrags Spanien ersucht, den Kläger aufzunehmen. Der Kläger hat am 7. Juni 2013 Asyl beantragt, das Aufnahmeersuchen datiert vom 29. August 2013.
54bb. Die Beklagte ist aber gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO zuständig geworden. Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, geht die Zuständigkeit gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin II-VO auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Ein solcher Fall ist hier gegeben.
55(1) Die 6-Monats-Frist des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. Dublin II-VO ist am 17. März 2014 abgelaufen. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. September 2013 - fristgerecht innerhalb von zwei Monaten (vgl. Art. 18 Abs. 1, 7 Dublin II-VO) - ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags und nahmen damit den Antrag auf Aufnahme des Klägers an. Da die Überstellung binnen dieser Frist nicht durchgeführt worden ist, ist die Zuständigkeit gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin II-VO auf die Beklagte als den Staat übergegangen, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Fristverlängerungen nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Dublin II-VO scheiden hier aus.
56(2) Die Überstellungsfrist verlängert sich nicht um die Dauer des erfolglosen ersten gerichtlichen Eilverfahrens und der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz führt auch nicht zum erneuten Beginn der 6-Monats-Frist ab dem Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags durch das Gericht. Der Antrag des Klägers vom 25. Oktober 2013, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides anzuordnen, wurde mit Beschluss vom 7. Januar 2014 - 13 L 2168/13.A - abgelehnt. Das erfolglose Eilverfahren wirkt sich auf die Dauer der Überstellungsfrist nicht aus.
57Die Dublin II-VO sieht weder eine Unterbrechung oder Hemmung (§ 209 BGB entsprechend),
58so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 -, juris,
59noch, wovon das Bundesamt ausgeht, einen Neubeginn der Frist in solchen Fällen vor. Dies lässt sich ihr auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen.
60Art. 19 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. Dublin II-VO bestimmt eine Frist von sechs Monaten ab Annahme des Aufnahmegesuchs. Nur wenn ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, gilt nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Dublin II-VO eine abweichende Frist von sechs Monaten ab der Entscheidung über diesen Rechtsbehelf. Entscheidung über den Rechtsbehelf in diesem Sinne ist aber nicht der Beschluss im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, sondern – die Fortdauer der Aussetzung der Vollziehung vorausgesetzt – die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über die Klage gegen die Überstellungsentscheidung im Hauptsacheverfahren.
61Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - Rs. C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53 ff., Beschlüsse vom 8. Mai 2014 - 13 A 827/14.A -, juris, Rn. 5 und vom 8. September 2014 - 13 A 1347/14.A -, AuAS 2014, 237 = juris, Rn. 5.
62Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung. Dem Rechtsbehelf selbst muss aufschiebende Wirkung zukommen. Dies trifft - auch nach dem Unionsrecht - nur auf einen Rechtsbehelf zu, mit dem über die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung und ihren Bestand (abschließend) entschieden wird. Mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht die Aufhebung der behördlichen Entscheidung, sondern nur die Aussetzung des Vollzugs erreicht werden. Zudem vermag nicht die Antragstellung, sondern nur die stattgebende gerichtliche Entscheidung die aufschiebende Wirkung herbeizuführen, deren Endpunkt die Hauptsacheentscheidung ist.
63Diese Überlegungen werden durch die Systematik der Dublin II-VO bestätigt. Gegenstand des Rechtsbehelfs ist die Entscheidung des Beklagten nach Art. 19 Abs. 1 Dublin II-VO, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Antragsteller an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin II-VO kann gegen diese Entscheidung ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Dass dies allein die Klage, nicht aber der Antrag auf Aussetzung sein kann, zeigt vor allem Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO. Danach hat der gegen die Überstellungsentscheidung eingelegte Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders. An diese Vorgaben, die der Sache nach zwischen dem Hauptsache- und dem Aussetzungsverfahren trennen, knüpft der folgende Absatz 3 des Art. 19 Dublin II-VO an, indem er die Frist nur dann erst mit der Entscheidung über den Rechtsbehelf beginnen lässt, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wenn er also - so lässt sich mit Blick auf Absatz 2 präzisieren - im Einzelfall aufgrund einer Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen nach Maßgabe des mitgliedstaatlichen Rechts aufschiebende Wirkung hat. Dem entspricht das nationale Recht. Ein Rechtsbehelf, dem aufschiebende Wirkung zukommt, ist nach § 80 Abs. 1 VwGO - neben dem Widerspruch - nur die Klage. Die Klage gegen die Überstellungsentscheidung des Bundesamts hat - unionsrechtskonform - aber nach § 75 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, diese wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet.
64Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 - 13 A 1347/14.A -, juris, Rn. 7 ff.
65Bei dieser Ausgangslage rechtfertigt allein der Sinn und Zweck der Überstellungsfrist, den Mitgliedstaaten Zeit zu geben, um die (technischen) Modalitäten der Durchführung der Überstellung zu regeln, wofür grundsätzlich die vollen sechs Monate zur Verfügung stehen sollen,
66vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 ‑ Rs. C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495,
67keine andere Auslegung des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. Dublin II-VO.
68Auch § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG führt jedenfalls bei der Dublin II-VO nicht dazu, dass der Lauf der Überstellungsfrist gehemmt wird oder diese erst oder erneut mit der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu laufen beginnt.
69Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 - 13 A 1347/14.A -, juris, Rn. 15 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27. August 2014 ‑ A 11 S 1285/14 -, juris, Rn. 36 ff., und vom 29. April 2015 - A 11 S 121/15 -, juris, Rn. 28; Funke- Kaiser, in: GK-AsylVfG, November 2013, § 27a Rn. 227 f.
70Nach dieser Vorschrift ist die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Damit wird aber weder eine aufschiebende Wirkung der Klage begründet noch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu einem Rechtsbehelf im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, sondern lediglich vorübergehend die Vollziehung der Überstellungsentscheidung durch die Ausländerbehörde gehemmt. Die Anordnung eines Vollziehungshindernisses durch den nationalen Gesetzgeber kann ferner deshalb nicht mit der vorläufigen Aussetzung des Vollzugs der Abschiebungsanordnung durch gerichtlichen Eilbeschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO gleichgesetzt werden, weil dies den unmittelbar geltenden Vorgaben der Dublin II-VO zuwider liefe. Wie bereits ausgeführt, verankert Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, ferner das Erfordernis einer gerichtlichen oder behördlichen, konkret-individuellen Anordnung. Dem liegt der Beschleunigungsgedanke zugrunde, der auch Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO ist. Im Übrigen beruht der Umstand, dass aufgrund des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG bei Stellung eines Eilantrags der Ausländerbehörde nicht die vollen sechs Monate für die Organisation der Überstellung zur Verfügung stehen mögen, sondern diese sich um die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens verkürzen können, auf einer Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, die durch die Dublin II-VO nicht vorgegeben ist. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie II) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) ist § 34a Abs. 2 AsylVfG bereits mit Wirkung vom 6. September 2013 geändert worden, obwohl zu dem Zeitpunkt noch die Dublin II-VO anwendbar war. Die Vorgabe des Art. 27 Abs. 3 lit. c Satz 2 Dublin III-VO, wonach die Überstellung auszusetzen ist, bis die Entscheidung über den ersten Antrag auf Aussetzung ihrer Durchführung ergangen ist, ist erst ab dem 1. Januar 2014 anwendbar.
71Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 - 13 A 1347/14.A -, juris, Rn. 15 ff.
72(3) Die Überstellungsfrist läuft hier auch nicht gemäß Art. 19 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Dublin II-VO deshalb erst sechs Monate nach der Entscheidung über die vorliegende Klage ab, weil das Verwaltungsgericht im (zweiten) Eilverfahren mit Beschluss vom 24. März 2014 -13 L 644/14.A - die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat. In diesem Zeitpunkt – und schon bei Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO durch den Kläger – war, wie ausgeführt, die Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO abgelaufen. Dies war auch der Grund für die stattgebende Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts.
73Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stehen die beiden Alternativen des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO nicht selbstständig nebeneinander, sondern schließen sich im folgenden Sinne aus: Ist Art. 19 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. Dublin II-VO einschlägig, weil kein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, und ist diese Frist abgelaufen, kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht dadurch eine neue Frist nach der 2. Alternative der Vorschrift in Lauf gesetzt werden, dass danach (in der Regel gerade wegen des Fristablaufs) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet wird.
74Dies ergibt sich nicht nur aus dem oben dargelegten Normgefüge des Art. 19 Abs. 2 und 3 Dublin II-VO, sondern vor allem aus der in Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO geregelten Rechtsfolge, die sich aus dem Ablauf der Überstellungsfrist ergibt. Danach geht mit Ablauf der Überstellungsfrist die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. In Anwendung dieser Vorschrift ist am 17. März 2014 die Beklagte zuständig geworden. Die Dublin II-VO enthält aber keine Bestimmung, nach der die Zuständigkeit wieder an den ursprünglich zuständigen Staat – hier Spanien – zurückfallen kann. Dann kann auch keine neue Frist für die Überstellung in den „zuständigen“ Mitgliedstaat nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO zu laufen beginnen. Überdies widerspräche ein erneuter Fristlauf dem Beschleunigungszweck der Dublin II-VO.
752. Der Kläger kann sich auf die Zuständigkeit der Beklagten auch berufen.
76Die Fristregelungen der Dublin II-VO begründen zwar für sich genommen keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers (a.). Der Kläger hat aber aus dem materiellen Asylrecht einen Anspruch darauf, dass die nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin II-VO zuständige Bundesrepublik Deutschland das Asylverfahren durchführt (b.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn feststeht, dass der andere Mitgliedstaat den Asylbewerber aufnehmen und das Asylverfahren durchführen wird; das ist hier aber nicht der Fall (c.). Die Berufung auf die Zuständigkeit Deutschlands ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer freiwilligen Ausreisemöglichkeit ausgeschlossen (d.).
77a. Die Vorschriften über die Überstellungsfrist, Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO, und die an ihren Ablauf geknüpfte Rechtsfolge des Zuständigkeitsübergangs, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin II-VO, begründen ebenso wie Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO und die sonstigen Fristregelungen keine einklagbaren subjektiven Rechte der Asylbewerber.
78Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 60 (für Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO); BVerwG, Beschlüsse vom 14. Juli 2014 - 1 B 9.14 u.a. -, juris, Rn. 4 (für Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO), vom 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 -, NVwZ 2014, 1677 = juris, Rn. 6, vom 21. Mai 2014 - 10 B 31.14 -, juris, Rn. 4 (für Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO), vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 -, juris, Rn. 12 (für Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO), und vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6.14 -, juris, Rn. 7; OVG NRW, Beschluss vom 2. Juni 2015 - 14 A 1140/14.A -, juris, Rn. 5 ff. (für Art. 16 Abs. 3 Dublin II-VO); Nds. OVG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 11 LB 248/14 -, juris, Rn. 37; Hess. VGH, Beschluss vom 25. August 2014 - 2 A 976/14.A -, InfAuslR 2014, 457 -, juris, Rn. 15; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris, Rn. 33; Bergmann, ZAR 2015, 81 (84); Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand Mai 2015, § 27a Rn. 196.1 (für die Aufnahmeersuchensfrist) und Rn. 234 (für die Überstellungsfrist); Hailbronner, Ausländerrecht, Stand März 2015, § 27a Rn. 65 (allg. für Fristen); a. A. EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Villalón vom 11. Juli 2013 in der Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 46 f. (für Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO); VG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2015 - 22 K 2262/14.A -, juris, Rn. 47 ff.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 12. August 2015 - 18a L 1441/15.A -, juris, Rn. 19 ff. (für Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO); wohl auch Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 27a Rn. 14 f.
79Der Asylbewerber hat kein umfassendes subjektiv-öffentliches Recht auf eine Überprüfung, ob der zur Aufnahme bereite Mitgliedstaat tatsächlich nach objektivem Recht der nach dem Zuständigkeitsregime der Dublin II-VO auch zuständige Mitgliedstaat ist oder ob nicht zwischenzeitlich ein anderer Mitgliedstaat zuständig geworden ist.
80Vgl. Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014, Anm. 3; Nds. OVG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 11 LB 248/14 -, juris, Rn. 37.
81Die Normen der Dublin II-VO gelten zwar allgemein (vgl. Art. 288 Abs. 2 AEUV). Die unmittelbare Wirkung des Rechtsakts bedeutet jedoch nicht automatisch, dass den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf Einhaltung und Beachtung der zuständigkeitsbegründenden Vorschriften eingeräumt wäre. Aus der gewählten Handlungsform folgt allein die Möglichkeit einer Individualberechtigung.
82Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand Mai 2015, § 27a Rn. 40; Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 91.
83Die Dublin II-VO regelt nach ihrem Inhalt und Zweck die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und ordnet damit ihr Zusammenwirken bei der Gewährung von Asyl in der Europäischen Union. Das Dublin-System soll die Behandlung von Asylanträgen rationalisieren, das „forum shopping“ verhindern und eine Lastenverteilung unter den Mitgliedstaaten bewirken. Wie aus den Erwägungsgründen 3 und 4 der Dublin II-VO hervorgeht, soll eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden.
84Vgl. EuGH, Urteile vom 10. Dezember 2013 ‑ Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 59, vom 6. November 2012 - Rs. C-245/11 -, juris, Rn. 49, und vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, juris, Rn. 79, 84; EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Villalón vom 11. Juli 2013 in der Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 34 ff.; BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039 = juris, Rn. 5.
85Insbesondere die Fristbestimmungen dienen einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und einer zügigen Überstellung an diesen. Zwar liegt dieser Beschleunigungszweck nicht nur im Interesse der teilnehmenden Staaten, sondern auch im Interesse der Asylbewerber.
86Vgl. EuGH, Urteile vom 10. Dezember 2013 ‑ Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 53, und vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, juris, Rn.79.
87Sie haben aber grundsätzlich keinen Anspruch auf Prüfung ihres Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat. Das unionsrechtlich geregelte System der Zuständigkeitsverteilung für die Entscheidung über Asylanträge beruht auf der Annahme, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen. Ist ein anderer Mitgliedstaat aufnahmebereit, kann der Asylbewerber seiner Überstellung nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden.
88Vgl. EuGH, Urteile vom 10. Dezember 2013 ‑ Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 7, vom 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 -, juris, Rn. 6, und vom 14. Juli 2014 - 1 B 9.14 u.a. -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 2. Juni 2015 - 14 A 1140/14.A -, juris, Rn. 6 ff.
89Die zwischenstaatliche Konzeption des Zuständigkeitssystems schließt es zwar nicht aus, dass einzelne Vorschriften der Verordnung subjektive Rechte beinhalten.
90Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand Mai 2015, § 27a Rn. 40 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand März 2015, § 27a Rn. 63 ff.
91Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen gilt dies aber nicht für Art. 19 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Dublin II-VO. Allein der Beschleunigungszweck rechtfertigt – auch unter Berücksichtigung des Rechts auf eine gute Verwaltung aus Art. 41 GR-Charta – nicht die Annahme, diese Vorschriften seien derart grundrechtlich aufgeladen, dass sie im objektiv-rechtlichen Dublin-System dazu bestimmt sind, die Rechte Einzelner zu schützen.
92b. Der Kläger hat aber aus den materiell-rechtlichen Asylbestimmungen einen Anspruch darauf, dass die unionsrechtlich zuständige Beklagte seinen Asylantrag prüft.
93aa. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik Deutschland ergibt sich aus dem materiellen Recht, das Ausländern einen Anspruch auf Asyl (Art. 16a Abs. 1 GG), Flüchtlingsschutz (§ 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 Abs. 1 AsylVfG), subsidiären Schutz (§ 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 Abs. 1 AsylVfG) sowie nationalen Abschiebungsschutz (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) gewährt. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens ist notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs. Wird die Beklagte wegen Ablaufs der Überstellungsfrist zuständig zur Prüfung des Antrags, muss sie das Asylverfahren aufnehmen.
94Der sachliche Prüfungsanspruch folgt zunächst unmittelbar aus dem Grundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG. Die – möglicherweise bestehende – Asylberechtigung löst eine Pflicht der zuständigen deutschen Behörden aus, den Antrag zu überprüfen.
95Vgl. Becker, in: Mangold/Klein/Starck, GG, 6. Auflage 2010, Art. 16a, Rn. 27.
96Um die Inanspruchnahme des Grundrechts zu ermöglichen, muss sich der Asylbewerber auf dieses Recht berufen, also eine Prüfung in der Sache verlangen können.
97Dem steht auch Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG nicht entgegen. Danach kann sich auf Absatz 1 nicht berufen, wer aus einem EU-Mitgliedstaat oder einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Der Kläger ist hier u. a. über Spanien nach Deutschland eingereist. Die Vorwirkungen des Art. 16a Abs. 1 GG sind aber nicht davon abhängig, dass ein Asylanspruch besteht. Das Recht, dass der Asylantrag geprüft wird, besteht unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der Schutzgewährung. Im Übrigen gilt: Ist Deutschland unionsrechtlich zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens, darf dies nicht durch einen grundgesetzlich angeordneten Ausschlussgrund im Sinne einer abdrängenden, negativen Zuständigkeitsbestimmung ausgehöhlt werden. Dementsprechend bestimmt § 26a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylVfG, dass der Schutzbereichsausschluss nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG dann nicht gilt, wenn die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der EU für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ob – und inwieweit – Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG deshalb oder wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts oder nach Art. 16a Abs. 5 GG unanwendbar ist, kann hier offen bleiben.
98Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 - 9 A 1380/12.A -, juris; Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 226 ff. m.w.N.; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand Mai 2015, § 27a Rn. 8 f.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2011 - 10 C 26.10 -, BVerwGE 140, 114, Rn. 33.
99Darüber hinaus gilt: Verleiht das einfache materielle Recht in Deutschland – hier: das Aufenthalts- und das Asylverfahrensgesetz – eine subjektiv-öffentliche Anspruchsberechtigung, so besteht für jeden potentiell Berechtigten zugleich ein Anspruch auf das Handeln der zuständigen Behörde. Die Zuständigkeit ist eine zwingende Voraussetzung der Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit des Handelns einer Behörde und Anspruchsvoraussetzung für antragsgemäßes Verwaltungshandeln.
100Vgl. OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 - 14 A 1943/11. A -, juris, Rn. 24.
101Ist der Antrag zulässig und die Behörde zuständig, muss diese über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts sachlich entscheiden (s. auch § 75 VwGO).
102Dieser Prüfungsanspruch gilt auch für den Asylantrag, der nach § 13 AsylVfG nicht nur die Anerkennung als Asylberechtigter, sondern auch die Zuerkennung internationalen Schutzes beinhaltet. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf Prüfung des Schutzgesuchs durch die Beklagte liegt nicht nur den Regelungen zum Asylantrag in §§ 13, 14 AsylVfG zugrunde, sondern auch § 24 AsylVfG, der im Einzelnen die Pflichten des Bundesamts im Asylverfahren bestimmt, und § 31 AsylVfG, der die Entscheidung des Bundesamts über Asylanträge regelt. Die Prüfung der Schutzgesuche darf nach §§ 27a, 34a AsylVfG nur abgelehnt werden, wenn ein anderer Staat nach Unions- oder Völkerrecht zuständig ist.
103Vgl. VG Düsseldorf, Urteile vom 23. März 2015 ‑ 22 K 4141/14.A -, InfAuslR 2015, 154 = juris, Rn. 35, und vom 5. Februar 2015 - 22 K 2262/14.A -, juris, Rn. 27, 43.
104Diese Vorschriften setzen damit einen Anspruch auf Entscheidung durch das Bundesamt im Falle seiner Zuständigkeit voraus. Ergeht eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten, hat das Bundesamt dem Ausländer gem. § 34 Abs. 4 AsylVfG auf Antrag mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. § 31 Abs. 6 AsylVfG verpflichtet das Bundesamt im Falle einer Ablehnung des Asylantrags nach § 27a AsylVfG, den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu benennen.
105bb. Die Annahme eines Prüfungsanspruchs und damit des Rechts, sich auf die nach der Dublin II-VO bestehende Zuständigkeit Deutschlands berufen zu können, entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben.
106Auch nach Unionsrecht müssen Asylbewerber Zugang zu wirksamen Asylverfahren haben. Die effektive Ausübung des Rechts auf Asyl muss gewährleistet sein.
107Vgl. Grundrechte-Agentur der EU, EGMR, Europarat (Hrsg.): Handbuch zu den europarecht-lichen Grundlagen im Bereich Asyl, Grenzen und Migration (abgerufen von http://fra.europa.eu/sites/default/files/handbook-law-asylum-migration-borders-2nded_de.pdf, 16.9.2015), S. 107; EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Villalón vom 11. Juli 2013 in der Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 38 ff.
108Nach Art. 18 GR-Charta wird das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Verträge über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleistet. Art. 19 Abs. 2 GR-Charta gewährt Abschiebungsschutz bei ernsthaften Risiken der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung. Auch wenn Uneinigkeit darüber besteht, ob Art. 18 GR-Charta ein subjektives, einklagbares Recht vermittelt oder eine bloße objektiv-rechtliche Garantie formuliert,
109vgl. dazu, Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2. Auflage 2013, Art. 18 Rn. 2, 15, m. w. N.; Bernsdorff, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Auflage 2014, Art. 18, Rn. 7, 11, m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand März 2015, § 27a Rn. 12; Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 153 f.
110begründet die Vorschrift jedenfalls ein Recht des Drittstaatsangehörigen auf ein ausreichendes Verfahren zur Feststellung des Status.
111Vgl. Jarass, a. a. O., Art. 18 Rn. 13.
112Nach Art. 78 Abs. 1 AEUV entwickelt die Union eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz, mit der jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll (Satz 1). Die Politik muss mit der Genfer Flüchtlingskonvention sowie den anderen einschlägigen Verträgen im Einklang stehen (Satz 2).
113Auf der Grundlage dieser Vorschrift konkretisiert die Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) in materiell-rechtlicher Hinsicht die Schutzrechte, werden in der Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU) Verfahrensrechte der Asylbewerber bei der Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz festgelegt und treffen die Dublin-Verordnungen Zuständigkeitsregelungen. Die Dublin II-VO legt – als ein Schritt auf dem Weg zu einem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem – Kriterien für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates fest (vgl. Erwägungsgründe 4 und 5). Sie begründet zwar grundsätzlich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, setzt aber solche voraus und dient der effektiven Ausübung des Asylrechts. Die Rechtsstellung des Einzelnen wird ferner insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss. Das ergibt sich aus Folgendem: Der 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO bestimmt ausdrücklich, sie ziele darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des in Artikel 18 GR-Charta verankerten Rechts auf Asyl zu gewährleisten.
114Vgl. dazu auch EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, juris, Rn. 15 und 76.
115Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt (Satz 1). Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird (Satz 2). Nach dem 4. Erwägungsgrund der Dublin II-VO dient sie auch dazu, den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten. Dem Zuständigkeitssystem der Dublin II-VO liegt damit die Annahme zugrunde, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglieds- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden. Lediglich die Prüfung durch einen bestimmten Staat können sie nicht verlangen.
116Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2015 ‑ A 11 S 121/15 -, juris, Rn. 32.
117Könnte der Asylbewerber sich nicht auf die Zuständigkeit Deutschlands berufen und wäre nicht gesichert, dass ein anderer Mitgliedstaat das Asylverfahren durchführt (vgl. dazu sogleich), würde er zum sogenannten „refugee in orbit“, dessen Schutzgesuch in keinem Mitgliedstaat geprüft würde.
118Vgl. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage 2010, Art. 78 AEUV Rn. 21; Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 67, 69.
119Dies widerspräche aber dem Grundanliegen des europäischen Asylsystems. Dieses darf nicht so ausgelegt und angewendet werden, dass der Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung seines Schutzgesuchs erhalten könnte und – wenn auch nicht dem potentiellen Verfolger ausgeliefert – ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bliebe.
120Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2015 ‑ A 11 S 121/15 -, juris, Rn. 32.
121c. Ein Asylbewerber kann, das folgt schon aus den vorstehenden Ausführungen, nur dann nicht die Durchführung des Asylverfahrens in Deutschlands verlangen, wenn die Aufnahmebereitschaft eines anderen Mitgliedstaats feststeht. Das ist hier nicht der Fall.
122aa. Dass einem Asylbewerber die Aufnahmebereitschaft eines anderen Mitgliedstaats entgegengehalten werden kann, folgt aus dem in Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO geregelten Zuständigkeitsübergang, setzt aber auch ein Vorgehen nach dieser Vorschrift voraus. Danach kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (Satz 1). Dadurch wird der andere Mitgliedstaat zum zuständigen Mitgliedstaat (Satz 2).
123Erklärt der andere Mitgliedstaat, den Asylbewerber aufzunehmen und das Asylverfahren durchzuführen, obwohl er nach den in der Dublin II-VO festgelegten Kriterien nicht (mehr) zuständig ist, übt er damit das Selbsteintrittsrecht nach der sogenannten Souveränitätsklausel aus.
124Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO räumt den Mitgliedstaaten ein Ermessen ein, das integraler Bestandteil des vom EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist. Die Ausübung der Befugnis ist an keine Bedingungen geknüpft; ein Anspruch des Asylbewerbers auf Zuständigkeitsübernahme besteht grundsätzlich nicht.
125Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 ‑ Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, juris, Rn. 65 ff., und vom 30. Mai 2013 - Rs. C-528/11 (Halaf) -, juris, Rn. 36 ff.; siehe zu Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auch EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11 (Puid) -, juris, Rn. 28 ff.; OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 - 14 A 1943/11.A -, juris, Rn. 34.
126Hiervon ausgehend geht die Zuständigkeit über, wenn ein anderer Mitgliedstaat im Einzelfall seine Bereitschaft erklärt, den Asylbewerber aufzunehmen. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland steht damit unter dem unionsrechtlichen Vorbehalt des Fortbestehens der Zuständigkeit.
127Vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand März 2015, § 27a Rn. 52.
128Dabei reicht bei sachgerechter Auslegung des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO eine Erklärung gegenüber dem ersuchenden Mitgliedstaat aus, die die Zusage beinhaltet, den eingereichten Asylantrag zu prüfen. Um den Zuständigkeitsübergang zu bewirken, ist eine ausdrückliche Berufung auf die Souveränitätsklausel ebenso wenig erforderlich wie der Beginn der tatsächlichen Prüfung des Asylantrags. Förmlichkeiten geben weder die Dublin II-VO selbst noch die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1560/2003 vor. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts kann sich auch konkludent aus den Umständen ergeben. Es muss lediglich erkennbar sein, dass der andere Mitgliedstaat im konkreten Einzelfall die Zuständigkeit übernimmt.
129Nicht ausreichend ist die erteilte Zustimmung zur (Wieder-)Aufnahme nach Art. 18 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 lit. b) Dublin II-VO, die mit der Ausübung des Ermessens nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nicht vergleichbar ist.
130Vgl. dazu auch EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Villalón vom 11. Juli 2013 in der Rs. C-394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 32.
131Hier hat Spanien nicht von Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch gemacht. Als es am 17. September 2013 dem Aufnahmegesuch stattgegeben hat, war es nach der Dublin II-VO zuständig. Spanien hat aber nach zwischenzeitlichem Ablauf der Überstellungsfrist und daraus resultierendem Zuständigkeitsübergang bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht erklärt, dass seine Übernahmebereitschaft gleichwohl fortbesteht. Es hat in keiner Weise im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO zu erkennen gegeben, dass es den Asylantrag des Klägers auch nach Ablauf der Überstellungsfrist prüfen, mithin die Zuständigkeit übernehmen wird.
132bb. Auch wenn Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nicht einschlägig wäre, kann dem Asylbewerber nur dann die Berufung auf die Zuständigkeit Deutschlands verwehrt werden, wenn positiv feststeht, dass ein anderer Mitgliedstaat aufnahmebereit ist. Dies setzt voraus, dass eine Prüfung des Asylgesuchs durch den anderen Mitgliedstaat gewährleistet ist, hierfür also hinreichende Erkenntnisse vorliegen.
133Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach Verstöße gegen die Bestimmungen der Dublin II-VO für sich genommen keine subjektiven Rechte der Asyl-bewerber verletzen und der Asylbewerber der Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten kann, betrifft sämtlich Fälle, in denen die Aufnahmebereitschaft eines anderen Mitgliedstaats bestand.
134Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C 394/12 (Abdullahi) -, juris, Rn. 60; BVerwG, Beschlüsse vom 14. Juli 2014 - 1 B 9.14 u.a. -, juris, Rn. 4, vom 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 -, NVwZ 2014, 1677 = juris, Rn. 6, vom 21. Mai 2014 - 10 B 31.14 -, juris, Rn. 4, vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 -, juris, Rn. 12, und vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 7.
135Da die Dublin II-VO gerade dem Zweck dient, den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (vgl. Art. 1, Art. 3 Abs. 1 sowie Erwägungsgrund 4 der Dublin II-VO), reicht es nicht aus, dass der andere, nicht mehr zuständige Mitgliedstaat der Überstellung nach Fristablauf nicht widersprochen hat bzw. diese nicht endgültig abgelehnt hat und deshalb nicht feststeht, dass die Überstellung nicht durchgeführt werden kann.
136So aber Nds. OVG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 11 LB 248/14 -, juris, Rn. 37.
137Ebensowenig genügt es, dass die Überstellung an den bisher zuständigen Mitgliedstaat noch zeitnah möglich ist.
138Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 -, juris, Rn. 59, und vom 29. April 2015 - A 11 S 121/15 -, juris, Rn. 28 (allerdings mit dem Zusatz „weil Polen den Fristablauf nicht einwendet“).
139Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass nach erfolgter Zuständigkeitsbestimmung nur der nach der Dublin-Verordnung zuständige Mitgliedstaat bereit ist, das Asylverfahren durchzuführen.
140Eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige Fakten untermauert wird, kann auch deshalb nicht genügen, weil andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot verletzt würde.
141So auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2015 ‑ A 11 S 121/15 -, juris, Rn. 32.
142Hier fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass Spanien den Fristablauf und die daraus folgende Zuständigkeit der Beklagten – generell oder im Einzelfall – nicht einwendet. Dass Spanien am 17. September 2013 dem Aufnahmeersuchen stattgegeben hat, reicht insoweit nicht aus. Entscheidend ist, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, § 77 Abs. 1 AsylVfG, und damit auch nach zwischenzeitlichem Ablauf der Überstellungsfrist und dem Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte, die Übernahmebereitschaft besteht. Dafür ist, ausgehend von den obigen Maßstäben, nichts ersichtlich. Das Bundesamt hat auf mehrfache gerichtliche Anfrage mit Schriftsatz vom 13. August 2015 lediglich ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten Rechtsmittelmeldungen nach Ablauf der Überstellungsfrist ablehnten. Der Zusatz, im besonderen Einzelfall könne durchaus auch ein Einlenken des Mitgliedstaats erzielt werden, reicht für die Annahme nicht aus, Spanien werde im vorliegenden Fall eine Überstellung akzeptieren. Zuletzt hat das Bundesamt mit Schriftsatz vom 27. August 2015 mitgeteilt, dass derzeit konkrete Anhaltspunkte weder dafür, dass Spanien trotz zwischenzeit-lichen Ablaufs der Überstellungsfrist seine Zuständigkeit bejaht hätte, noch dafür vorlägen, dass Spanien eine Überstellung des Klägers bereits endgültig abgelehnt hätte. Das reicht für die Annahme nicht aus, Spanien werde im vorliegenden Fall eine Überstellung akzeptieren.
143d. Eine andere Betrachtung lässt sich nicht mit der Begründung rechtfertigen, der Asylbewerber könne freiwillig ausreisen und dadurch das Verfahren selbst beschleunigen.
144Zwar geht das Unionsrecht von der Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise aus (vgl. Art. 7 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1560/2003; Art. 19 Abs. 2 Satz 2, Art. 20 Abs. 1 lit e) Dublin II-VO). Es ist aber schon fraglich, ob dies eine bindende Vorgabe ist, ob das nationale Recht eine Ausreise auf eigene Initiative ausdrücklich vorsehen muss oder ob die Mitgliedstaaten im Einzelfall eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen haben, in welcher Weise die Aufenthaltsbeendigung erfolgen soll.
145Vgl. dazu ausführlich VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 -, juris, Rn. 24 ff.
146Auf diese Fragen kommt es aber ebenso wenig an wie darauf, ob der Kläger auch noch gegenwärtig, d. h. nach dem Zuständigkeitsübergang, nach Spanien ausreisen könnte. Es ist jedenfalls keine rechtliche Grundlage dafür ersichtlich, dass er im nicht mehr zuständigen Staat Spanien eine Prüfung seines Asylantrags verlangen kann. Fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Übernahmebereitschaft des anderen Staates auch nach dem Zuständigkeitsübergang auf Deutschland, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Mitgliedstaat im Falle einer freiwilligen Ausreise ein Asylverfahren durchführen wird.
147Auch das Argument des Verwaltungsgerichts, § 242 BGB schließe eine Berufung auf den Zuständigkeitsübergang aus, weil der Asylbewerber vor Ablauf der Überstellungsfrist freiwillig hätte ausreisen können, überzeugt nicht. Dass der Kläger von dem Recht auf freiwillige Ausreise, das im Übrigen im deutschen Recht nicht ausdrücklich geregelt ist, keinen Gebrauch gemacht hat, lässt es nicht als treuwidrig erscheinen, von der nach Unionsrecht zuständigen Behörde die Prüfung des Schutzgesuchs zu verlangen.
148So auch VG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2015 - 22 K 2262/14.A -, juris, Rn. 82 ff.
149Andernfalls wäre nämlich die materielle Prüfung des Schutzgesuchs nicht gewährleistet und träte damit letztlich ein Rechtsverlust ein. Die Dublin II-VO begründet auch keine Verpflichtung des Asylantragstellers, sich in den nach der Dublin II-VO (ursprünglich) zuständigen Staat zu begeben. Dass gemäß § 50 AufenthG nach allgemeinem nationalem Aufenthaltsrecht eine Ausreisepflicht besteht, ist insoweit unerheblich. Der Zuständigkeitsübergang beruht allein auf dem Ablauf der 6-monatigen Überstellungsfrist, nicht hingegen auf einem Verhalten des Klägers (Nichtausreise), mit dem er sich durch die Berufung auf die Zuständigkeit in Widerspruch setzen könnte. Er ist weder untergetaucht noch hat er anderweitig Überstellungsmaßnahmen verhindert.
1503. Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids kann nicht als negative Entscheidung gemäß § 71a AsylVfG über die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens aufrechterhalten oder umgedeutet werden – was im Übrigen die fehlende Statthaftigkeit der Anfechtungsklage und die Zulässigkeit (nur) einer Verpflichtungsklage zur Folge hätte.
151Es ist schon nicht ersichtlich, dass ein Zweitantrag vorliegt. Aus den dem Gericht vorliegenden Akten ergibt sich nur, dass der Kläger in Spanien zweimal erkennungsdienstlich behandelt worden ist, nicht aber, dass er einen Asylantrag gestellt hat.
152Abgesehen davon kommt ein Verständnis eines Dublin-Bescheids der vorliegenden Art als Ablehnung eines Antrags auf Wiederaufgreifen ebensowenig in Betracht wie eine entsprechende Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG.
153Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Mai 2015 ‑ 11 A 2639/14.A -, juris, Rn. 29, und vom 19. Juni 2015 - 13 A 292/15.A -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2015 - A 11 S 121/15 -, juris, Rn. 34 f.
154Mit der Entscheidung nach § 27a AsylVfG in dem vom Kläger angefochtenen Bescheid vom 4. Oktober 2013 wird, wie ausgeführt, lediglich ohne materiell-recht-liche Prüfung die Unzulässigkeit des Asylantrags festgestellt; im Rahmen der Entscheidung nach § 71a AsylVfG findet hingegen, ausgehend von einer Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland, eine Prüfung statt, ob das Asylverfahren auf den Zweitantrag wiederaufzugreifen ist und ob, falls Gründe für ein Wiederaufgreifen gegeben sind, ein Anspruch auf Asylanerkennung besteht.
155Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Mai 2015 ‑ 11 A 2639/14.A -, Rn. 29, juris.
156Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG, § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen, ist im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahrens mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden.
157Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 2015 ‑ A 11 S 121/15 -, juris, Rn. 41.
158II. Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt, soll der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Spanien ist nach den obigen Ausführungen für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig. Im Übrigen stünde auch nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden könnte, weil die Aufnahmebereitschaft Spaniens nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht – wie hiernach erforderlich – positiv feststeht.
159C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
160Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
161Die Revision ist zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen. Die Dublin II-VO ist zwar auslaufendes Recht. Die zentralen Rechtsfragen stellen sich aber nach der in weiten Teilen übereinstim-menden Dublin III-VO in gleicher Weise.
Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
- 1
Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ihre Abschiebung in die Russische Föderation.
- 2
Die Antragsteller sind russischer Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten aus ihrer Heimat zunächst nach Frankreich und stellten dort Anfang 2011 Anträge auf internationalen Schutz. Diese Anträge sind von den französischen Behörden voll umfänglich abgelehnt worden. Dies ergibt sich zum einen aus den eigenen Angaben der Antragstellerin zu 1) gegenüber der Antragsgegnerin in der Anhörung und zum anderen aus der Antwort des französischen Service de l’asyle vom 24.10.2013 auf das Rückübernahmeersuchen der Bundesrepublik nach den Bestimmungen der Dublin II Verordnung; die französische Behörde teilte mit, dass das Ersuchen gemäß Art. 16 Abs.1 e) der Dublin II Verordnung akzeptiert werde.
- 3
Die Antragsteller reisten nach erfolglosem Asylverfahren in die Bundesrepublik Deutschland weiter und stellten am 22.05.2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag. Eine Rücküberstellung nach Frankreich erfolgte binnen 6 Monaten nicht.
- 4
Am 12. 07. 2016 wurde die Antragstellerin zu 1) persönlich angehört. Sie gab dabei unter anderem an, sie sei im Jahr 2009 in ihrer Heimat von tschetschenischen Soldaten entführt und mehrfach vergewaltigt worden; nachdem sie dann ihren Ehemann kennengelernt habe und schwanger geworden sei, hätten sie die Heimat verlassen.
- 5
Die Antragstellerin zu 1) hat einen Kurzbericht der Dipl. Psych. … vom 17.02.2015 zur Akte gereicht, wonach sie sich seit dem 14.1.2014 in ambulanter Psychotherapie befinde; sie weise Symptome einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung auf. Im Verlauf der Therapie sei die erste Phase der Traumatherapie (Stabilisierung) bearbeitet worden.
- 6
Mit Bescheid vom 28.07.2016, zu Post aufgegeben am 17.08.2016, lehnte das Bundesamt die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab, da es sich um einen Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylG handele und die Voraussetzungen des § 51 Abs.1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen und stellte weiter fest, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen; es erging eine Ausreiseaufforderung und Abschiebeandrohung in die Russische Föderation. Ferner befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbote gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
- 7
Mit ihrer am 24.08.2016 eingegangenen Klage verfolgen die Antragsteller ihr Begehren auf Gewährung internationalen Schutzes weiter.
- 8
Der zugleich mit Klageerhebung gestellte Antrag,
- 9
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (1 A 112/16) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28.08. 2016 anzuordnen,
- 10
hat keinen Erfolg.
- 11
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG ist zulässig, insbesondere fristgemäß, indes nicht begründet.
- 12
Nach den §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung im Falle eines Zweitantrages, in dem ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1615/93, juris, Rn. 99). Dies ist hier nicht der Fall.
- 13
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamtes, das Vorliegen eines Zweitantrags anzunehmen und für die Antragsteller kein weiteres Asylverfahren durchzuführen.
- 14
Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorliegen.
- 15
Die Eingangsvoraussetzungen des § 71a AsylG, dessen Anwendbarkeit Unionsrecht nicht entgegen steht (dazu ausführlich VG Berlin, Beschluss vom 17. Juli 2015 – Az. 33 L 164.15 A, Juris), sind vorliegend erfüllt. Das vorhergehende Asylverfahren der Antragsteller ist in Frankreich (als sicherem Drittstaat nach § 26 a AsylG) in der Sache erfolglos geblieben, indem ihnen dort jeglicher Schutz versagt worden ist.
- 16
Eine Prüfung des in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrags als Zweitantrag kommt nur dann in Betracht, wenn das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangt, dass das Asylerstverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde; nur dann kann sich das Bundesamt auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 07.09.2016, 1 B 54/16; VG Ansbach, Urt. v. 29.09.2015 - AN 3 K 15.30829 -, zit. n. Juris).
- 17
Von einer solchen gesicherten Erkenntnis kann hier vorliegend ausgegangen werden. Zum einen haben die Antragsteller detaillierte Angaben zu Inhalt und (erfolglosem) Ausgang ihres Asylverfahrens in Frankreich gemacht; zum anderen lässt sich aus der Antwort der französischen Behörden zum Rückübernahmeersuchen der Bundesrepublik zwingend schließen, dass eine solches Asyl(erst)verfahren im sicheren Drittstaat durchgeführt und negativ abgeschlossen worden ist.
- 18
Die Rückübernahmeverpflichtung folgte nach den Angaben der französischen Behörden gemäß Art. 16 Abs.1 e) der Dublin II Verordnung. Danach ist der für die Prüfung des Asylbegehrens zuständige Mitgliedsstaat gehalten, einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe des Artikels 20 wieder aufzunehmen.
- 19
Es bedarf demnach hier für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71a AsylG der Erfüllung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG.
- 20
Die Antragsteller haben indes weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren Umstände vorgetragen, die einen Wiederaufgreifensgrund nach § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 VwVfG begründen könnten. Vielmehr haben sie allein Umstände vorgetragen, die sie entweder bereits im französischen Asylverfahren vorgetragen haben oder jedenfalls im Hinblick auf die Zuerkennung internationalen Schutzes keine günstigere Entscheidung herbeizuführen vermögen. Im Übrigen wird insoweit entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Erwägungen im angegriffenen Bescheid verwiesen.
- 21
Das Bundesamt hat auch zu Recht keine Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) zugunsten der Antragsteller festgestellt. Nach dem Vortrag der Antragsteller scheidet ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG von vorneherein aus. Insoweit wird entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Erwägungen im angegriffenen Bescheid verwiesen.
- 22
Gleiches gilt auch mit Blick auf die von der Antragstellerin zu 1) zur Begründung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG beim Bundesamt geltend gemachten Umstände. Diesbezüglich hat sie im Gerichtsverfahren nichts vorgetragen, sodass auf die insoweit überzeugenden Ausführungen im angegriffenen Bescheid verwiesen wird.
- 23
Die Abschiebungsandrohung entspricht den gesetzlichen Anforderungen nach § 34 Abs. 1 S. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG sowie § 36 Abs. 1 AsylG.
- 24
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83 b AsylG.
- 25
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Aktenzeichen: AN 3 K 15.30960
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 7. Januar 2016
3. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 0710
Hauptpunkte:
Behandlung eines Asylantrags als Zweitantrag unzulässig, wenn nicht feststeht,
dass Asylverfahren im Mitgliedstaat abgeschlossen wurde
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
..., geb. ...1971 alias ..., geb. ...1971
- Kläger -
bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
gegen
..., vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...
- Beklagte -
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer, durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert ohne mündliche Verhandlung am 7. Januar 2016 folgendes Urteil:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2015, Gesch.-Zeichen ..., wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung
in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
den Bescheid des Bundesamtes vom 26.Juni 2015 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren für den Kläger durchzuführen.
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach
Hausanschrift: |
Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder |
Postfachanschrift: |
Postfach 616, 91511 Ansbach, |
zu beantragen.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 80 AsylG).
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Aktenzeichen: AN 3 K 15.30829
Im Namen des Volkes
Urteil
vom
Sachgebiets-Nr.: 81099
3. Kammer
Hauptpunkte:
Erstverfahren und nicht Folgeverfahren ist durchzuführen, wenn nicht sicher ist, ob in EU-Mitgliedstaat schon Asylantrag gestellt wurde
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
1. ..., geb. ...
2. ..., geb. ...
gesetzlich vertreten durch die Mutter ...
zu 1 und 2 wohnhaft: ...
- Klägerinnen -
zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
gegen
... vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...
- Beklagte -
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer,
durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert aufgrund mündlicher Verhandlung vom
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
vom
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Klägerinnen sind äthiopische Staatsangehörige. Sie gelangten nach eigenen Angaben am
Am
Mit Schreiben vom
Mit Bescheid vom 6. Mai 2015, der am 19. Mai 2015 als Einschreiben an die Bevollmächtigten zur Post gegeben wurde, wurden die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt (Ziffer 1), es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2) und die Klägerinnen wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall, dass die Klägerinnen die Ausreisefrist nicht einhielten, wurde ihnen die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rückübernahmebereiten Staat angedroht (Ziffer 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerinnen hätten bereits in einem sicheren Drittstaat gemäß § 26 a AsylVfG ein Asylverfahren betrieben. Demnach handle es sich bei dem Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland um einen Zweitantrag i. S. d. § 71 a AsylVfG. Die Klägerinnen hätten nicht konkret dargelegt, wie das Asylverfahren im Mitgliedstaat ausgegangen sei. Sei das Verfahren im Mitgliedstaat noch offen oder lägen keine Erkenntnisse über den Verfahrensstand vor, sei von einer sonstigen Erledigung ohne Schutzgewährung auszugehen. Nach Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) stellten die Mitgliedstaaten sicher, dass die Antragsprüfung eingestellt werde oder sofern die Asylbehörde den Antrag nach angemessener inhaltlicher Prüfung als unbegründet ansehe, der Antrag abgelehnt werde, wenn Grund zu der Annahme bestehe, dass ein Antragsteller seinen Antrag stillschweigend zurückgenommen habe oder das Verfahren nicht weiter betreibe. Diese Voraussetzung habe mit der Ausreise der Klägerinnen aus Italien vorgelegen. Damit stehe fest, dass nach dem Zuständigkeitswechsel keine positive Entscheidung im Mitgliedstaat mehr ergehen könne. Art. 3 Abs. 1 der Dublin-III-VO gebe vor, dass ein Antrag nur von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werde. So habe auch der EuGH in seinem Urteil vom 6. Juni 2014 klargestellt, der Asylantrag dürfe nur von einem Staat geprüft werden. Sollte hingegen im Mitgliedstaat eine positive Entscheidung ergangen sein, wäre der Asylantrag in Deutschland unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.2014, 10 C 7.13). Die Klägerinnen hätten mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 16. April 2015 abgelehnt, eine Begründung für den Zweitantrag abzugeben, da sie der Rechtsauffassung seien, dass es sich bei diesem Antrag um einen Erstantrag handle. Wie gezeigt worden sei, folge die Beklagte dieser Meinung nicht. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Insbesondere seien die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien nicht so schlecht, dass für die Klägerinnen eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe.
Auch von einer extrem zugespitzten Gefahrenlage bezogen auf die allgemeinen Lebensverhältnisse in Äthiopien könne für die Klägerinnen nicht ausgegangen werden. Hierbei sei zu beachten, dass nach den allgemein bekannten familiären und gesellschaftlichen Strukturen in Äthiopien vom Vorhandensein gegenseitiger Hilfe durch Familie, Großfamilie, Clan oder andere sich unterstützende Netzwerke auszugehen sei. Die Klägerinnen hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, sich in dem Asylverfahren entsprechend zu äußern, was sie unterlassen hätten, so dass davon auszugehen sei, dass sie weiterhin über funktionierende familiäre Strukturen im Falle einer Rückkehr verfügen könnten.
In einer ärztlichen Bescheinigung vom
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten, das am 28. Mai 2015 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, erhoben die Klägerinnen Klage gegen den Bescheid des Bundesamts
Zur Begründung der Klage machen die Klägerinnen geltend, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass ihre Asylanträge als Zweitanträge zu werten seien. Die Klägerinnen seien zwar über Italien nach Deutschland eingereist, dort seien sie aber nicht einmal erkennungsdienstlich behandelt worden und hätten auch keinen Asylantrag gestellt. Da also in Italien kein Asylverfahren stattgefunden habe, dürfe der Asylantrag der Klägerinnen in Deutschland nicht als Folgeantrag gewertet werden, da ihnen sonst die Rechte eines Erstantragstellers verloren gingen.
Die Klägerin zu 1) sei HIV-positiv. Dies sei der Beklagten bekannt, trotzdem werde dieser Sachverhalt im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt. Die Klägerin zu 1) sei außerdem erneut schwanger.
Die Klägerinnen beantragen,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
vom
Die Klägerinnen beantragen ferner, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., ..., zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Er war deshalb aufzuheben.
Die Beklagte ging zu Unrecht davon aus, bei dem Asylverfahren der Klägerinnen handle es sich um ein Folgeverfahren nach § 71 a AsylVfG. Dessen Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Das Asylverfahren der Klägerinnen ist als Erstverfahren durchzuführen.
Nach § 71 a AsylVfG ist dann, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Verfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Ausgangspunkt für die Prüfung des § 71a AsylVfG ist dabei die Frage, ob überhaupt ein Zweitantrag vorliegt. Eine solche Prüfung beinhaltet auch, dass das Bundesamt Kenntnis von den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags im anderen Mitgliedstat hat (vgl. Marx, AsylVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 71a Rn. 17).
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Inhalt der Behördenakten durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerinnen ein Asylverfahren in Italien erfolglos abgeschlossen haben. Die Klägerin zu 1) erklärte hierzu, sie habe in Italien gar keinen Asylantrag gestellt und sei auch nicht erkennungsdienstlich behandelt worden. Das Bundesamt hat nach Aktenlage für die Klägerinnen weder einen EURODAC-Treffer Kategorie 1 festgestellt, noch ein Übernahmeersuchen nach der VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) an Italien gerichtet. Die Beklagte hat hierzu im Klageverfahren trotz des Beschlusses im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Damit fehlt der Argumentation der Beklagten, es sei davon auszugehen, dass die Klägerinnen ihren Asylantrag mit der Ausreise aus Italien stillschweigend zurückgenommen hätten, wozu sie sich auf Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie) beruft, die Grundlage.
Wenn die Beklagte selbst davon ausgeht, dass sie für die Prüfung zuständig geworden ist, übernimmt sie das Verfahren in dem Stadium, in dem es sich zum Zeitpunkt der Übernahme befindet. Ist ihr der aktuelle Stand des Verfahrens in dem anderen Mitgliedstaat nicht bekannt bzw. fehlen ihr Erkenntnisse darüber, ob überhaupt ein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat betrieben wurde oder wird, muss sie diesbezüglich zunächst weitere Ermittlungen anstellen (BVerwG, B. v. 18.2.2015 - 1 B 2/15-, juris; VG Osnabrück, B. v. 24.4.2015, a,a.O.; VG Lüneburg, B. v. 11.5.2015, a. a. O.). Eine Prüfung des in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrags als Zweitantrag kommt nur in Betracht, wenn das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangt, dass das Asyl(erst)verfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde. Nur dann kann sich das Bundesamt auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken. Durch die Behandlung des Asylantrags der Klägerinnen als Zweitantrag verhindert das Bundesamt, dass - entgegen den europarechtlichen Vorgaben (Art. 28 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie und Art. 18 Unterabsatz 2 Dublin III-VO) - der (Erst)Antrag umfassend geprüft und das Verfahren beendet wird. Damit verhindert das Bundesamt auch gleichzeitig entgegen seiner eigenen Argumentation, dass ein (Erst)Antrag nur von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO (vgl. dazu auch EuGH, U. v. 6.6.2013 - Rs. C-648/11-, juris Rn. 65; BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7/13-, juris).
Die Beklagte hat bislang nicht geprüft, ob die durch ärztliche Stellungnahmen belegte HIV-Infektion der Klägerin zu 1) zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führt und wie die geltend gemachte Schwangerschaft in diesem Zusammenhang zu behandeln ist. Vielmehr hat sie, ohne auf den individuellen klägerischen Vortrag einzugehen, die Abschiebung nach Äthiopien angedroht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 173 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 6.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde angreifbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der im Jahr 1988 geborene Antragsteller, ein ukrainischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am
Bei der Behandlung nach der EURODAC-Verordnung wurden zwei Treffer festgestellt: Niederlande und Polen.
Mit Schreiben vom
Bei einer Befragung durch die Antragsgegnerin am
Auf das Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom
Im Bescheid vom
„1. Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt.
2. Die Abschiebung nach Polen wird angeordnet.“
Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Polen aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1c Dublin-III-Verordnung für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Aufgrund eines Übernahmeersuchens hätten die polnischen Behörden mit Schreiben vom 3. Oktober 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags erklärt. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Systemische Mängel der Gestaltung des Asylverfahrens in Polen ließen sich nach den aktuellen Erkenntnisquellen nicht gewinnen.
Der Bescheid wurde am
In dem von der Antragsgegnerin übersandten Fragebogen „zum Sachstand des Verfahrens für die Zuerkennung des internationalen Schutzes“ machte der Antragsteller am
Mit Bescheid vom
„1. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor.
2. Der Antragsteller wird aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollte der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, wird er in die Ukraine abgeschoben. …“
Zur Begründung wurde ausgeführt, wegen Ablaufs der Überstellungsfrist sei die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Asylantrag zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Da der Antragsteller bereits in Polen gemäß § 26a AsylVfG ein Asylverfahren erfolglos betrieben habe, handele es sich bei dem erneuten Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG. Ist das Verfahren im Mitgliedsstaat noch offen oder liegen keine Erkenntnisse über den Verfahrensstand vor, sei von einer sonstigen Erledigung ohne Schutzgewährung auszugehen (vgl. Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie)). Die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens lägen nicht vor (§ 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG). Der Antragsteller gab an, dass der Erhalt des Einberufungsbescheids vom 22. Februar 2014 bereits als Grund für seine Asylantragstellung in Polen ausschlaggebend gewesen sei. Später eingetretene Gründe habe der Antragsteller nicht geltend gemacht. Die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig in Nr. 1 des Bescheids vom 18. November 2014 bleibe bestehen. Eine Änderung der Tenorierung dahingehend, dass die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt werde, bringe dem Antragsteller keinen rechtlichen Vorteil. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs.1 VwVfG für eine entsprechende Umdeutung des Bescheids vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen müssen. Beide Tenorierungen würden eine materielle Prüfung des Asylantrags ablehnen. Die Abschiebungsandrohung sei nach § 71a Abs. 4 AsylVfG i. V. m. § 34 Abs. 1 AsylVfG und § 59 AufenthG zu erlassen. Die mit Bescheid vom 18. November 2014 erlassene Abschiebungsanordnung sei damit gegenstandslos.
Gegen den ihm am
Zugleich beantragt er,
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schreiben vom
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ist begründet. Vorliegend bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Mai 2015 (§ 71a Abs. 4 i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG).
Für den Fall des Vorliegens eines „Zweitantrags“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG verweist § 71 a Abs. 4 AsylVfG für den Fall, dass ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird im Hinblick auf den Erlass einer Abschiebungsandrohung insbesondere auf die §§ 34 und 36 AsylVfG.
1. Es fehlt bereits am Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen gemäß § 34 AsylVfG für den Erlass einer Abschiebungsandrohung, da die Antragsgegnerin bisher keine (negative) Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Asylberechtigung, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus getroffen hat.
Aus dem in § 34 Abs. 2 AsylVfG niedergelegten Verbindungsgebot ergibt sich, dass die Entscheidung über die Abschiebungsandrohung mit der negativen Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden soll und nur in Ausnahmefällen später ergehen darf. Eine Entscheidung über die Abschiebungsandrohung setzt aber jedenfalls systematisch - wenn auch nicht unanfechtbar - eine (negative) Entscheidung über den Asylantrag voraus.
Eine Entscheidung über den Asylantrag wurde im Tenor des Bescheids vom
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der bestandskräftige Bundesamtsbescheid vom 18. November 2014, mit dem der Asylantrag des Antragstellers wegen Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates für unzulässig erklärt und die Abschiebung nach Polen angeordnet worden war, wegen Ablaufs der Überstellungsfrist gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG gegenstandslos geworden (BayVGH, B.v. 18.5.2015 - 2 ZB 14.50078; BayVGH, B.v. 30.3.2015 - 21 ZB 15.50025 - beide juris). Der Bescheid vom 18. November 2014 entfaltet demnach keine Rechtswirkungen mehr.
Eine Umdeutung im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG kommt schon deshalb nicht in Frage, weil sich der Bescheid vom
Darüber hinaus scheitert die Umdeutung auch an den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen: So sind u. a. die beiden möglichen Verwaltungsakte, die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags einerseits und die inhaltliche Ablehnung eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG schon nicht auf das gleiche Ziel gerichtet. Ersteres dient allein der Feststellung, dass nicht die Bundesrepublik, sondern ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das Asylbegehren steht hierbei nicht inmitten. Die zweite Variante hingegen hat die materielle Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zum Ziel (BayVGH, B.v. 2.2.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris). Die Auffassung der Antragsgegnerin würde zu einer erheblichen Beschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Antragstellers führen, der sich nunmehr einem bestandskräftigen Verwaltungsakt gegenüber sähe, dessen Aussagegehalt, Inhalt und Begründung im Nachhinein - nach Veränderung der tatsächlichen Umstände - ausgewechselt werden würde.
2. Auf die Frage, ob die Antragsgegnerin zu Recht den Asylantrag des Antragstellers als Zweitantrag im Sinn des § 71a AsylVfG behandelt hat, kommt es daher vorliegend nicht mehr an.
Ergänzend wird ausgeführt, dass auch insoweit ernstliche Zweifel daran bestehen, ob überhaupt ein Zweitantrag im Sinn des § 71a Abs. 1 AsylVfG vorliegt. Es steht weder fest, dass das Asyl(erst)verfahren im sicheren Drittstaat erfolglos abgeschlossen wurde, noch hat die Antragsgegnerin insoweit eigene weitergehende Ermittlungen angestellt. Nach Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 29. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie) haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass ein Antragsteller, der sich nach Einstellung der Antragsprüfung nach Abs.1 (stillschweigende Rücknahme, Nichtbetreiben des Verfahrens) wieder bei der zuständigen Behörde meldet, berechtigt ist, um die Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 (Folgeantrag) und 41 geprüft wird (vgl. auch Art. 18 Dublin-III-Verordnung). Mit diesen europarechtlichen Vorgaben ist jedenfalls die Annahme der Antragsgegnerin, dass im Falle einer Ausreise aus einem Mitgliedsstaat, in dem ein Asyl(erst)antrag gestellt wurde, stets ein erfolgsloser Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat im Sinn des § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vorliege, nicht vereinbar (vgl. VG Lüneburg, B.v. 11.5.2015 - 2 B 13/15 - juris; VG Osnabrück, B.v. 24.4.2015 - 5 B 125/15 - juris). Die Klärung dieser Fragen kann ggf. dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. November 2014 - A 6 K 202/14 - wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
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(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Parteien tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Palästinenser aus ..., arabischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Glaubensrichtung. Nach eigenen Angaben verließ er im Sommer 2009 sein Herkunftsland und reiste auf dem Landweg über Ägypten (6 Tage), Türkei (1 Monat), Bulgarien (4 Jahre), Serbien (1 Woche), Ungarn (4 Tage) und Österreich (6 Tage) am ... Juni 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Laut EURODAC-Abfrage stellte der Kläger Asylanträge in Bulgarien (am 2.12.2009, am 20.9.2011, am 26.6.2012 und am 14.2.2014), Ungarn (am 10.6.2014) und Österreich (am 11.6.2014).
Bei der Asylantragstellung am
Auf Anfrage des Bundesamtes teilte die Dublin Unit der Republik Bulgarien mit Schreiben vom ... Januar 2015 (Bl. 54 der Behördenakte - d. BA) mit, dass der Kläger mehrfach in Bulgarien einen Asylantrag gestellt habe. Sein letzter Antrag vom 14. Februar 2014 sei mit Bescheid vom 20. Mai 2014 abgelehnt worden.
Mit Schreiben vom
Am
Am ... September 2015 wurde der Kläger aufgefordert, schriftlich die Tatsachen vorzutragen, die bei einer Entscheidung zur Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots als schutzwürdige Belange zu berücksichtigen wären.
Mit Schreiben vom
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 25. November 2015, der als Einschreiben am 25. November 2015 laut Aktenvermerk (Bl. 107 d. BA) zur Post gegeben wurde, den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab (Nr. 1), verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Nr. 2), forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Israel (Palästinensisches Autonomiegebiet/...) auf, Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen (Nr. 3), und befristete das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf dreißig Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger bereits in seinem bulgarischen Asylverfahren die Gelegenheit gehabt habe, den Sachverhalt mitzuteilen, auf den er sich nach dem Inhalt seiner Stellungnahme auch jetzt in Deutschland berufe. Soweit der Kläger ohne nähere Zeitangaben ausführe, der Bruder sei seinetwegen verhaftet worden und sein Vater sei wegen des Terrors der ... an einem Herzinfarkt verstorben, sei unklar, ob diese Angaben bereits im bulgarischen Asylverfahren haben berücksichtigt werden können. Der bei Übersendung der Stellungnahme bereits anwaltlich vertretene Kläger wäre jedoch verpflichtet gewesen, die genannten Umstände zeitlich einzuordnen, um die Prüfung der Voraussetzungen von § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG zu ermöglichen. Da er dies versäumt habe, sei sein Vorbringen insoweit unschlüssig. Zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, etwa durch eine (informatorische) Anhörung, sei das Bundesamt im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles nicht verpflichtet. Der Kläger habe in Europa mehrere erfolglose Asylverfahren betrieben und halte sich seit mindestens sechs Jahren außerhalb seiner Heimatregion ... auf. Aus dem zeitlichen Ablauf der Asylantragstellung (in Ungarn und Österreich habe der Kläger das Ergebnis der Asylverfahren gar nicht abgewartet, sondern sei sofort weitergereist) sei abzuleiten, dass er nach der Ablehnung seiner Asylanträge in Bulgarien jedenfalls in Ungarn, Österreich und Deutschland nicht wirklich Schutz vor Verfolgung begehrt habe bzw. begehre, sondern diese Asylanträge aus anderen Motiven gestellt habe. Eine Anhörung sei nach § 71a Abs. 2 Satz 2 Asylgesetz (AsylG) nicht erforderlich, weil der Sachverhalt durch die Erstbefragung vom 8. Juli 2014 und die schriftliche Stellungnahme des Klägers hinreichend geklärt sei. Gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers spreche, dass dieser im deutschen Asylverfahren zunächst wahrheitswidrig behauptet habe, in Syrien gelebt zu haben. Diese Behauptung stehe im Widerspruch zu seiner Angabe, er sei vom Heimatland nach Ägypten ausgereist; in der Stellungnahme habe der Kläger den ... als seine Heimat bezeichnet. Zudem lägen Abschiebungsverbote nicht vor. Dem Kläger drohe im ... mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte Folter und relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Dabei sei nicht entscheidungserheblich, ob die ... im ... staatliche Gewalt ausübe oder als nichtstaatlicher Akteur anzusehen sei. Der Kläger habe durch seine Stellungnahme nicht glaubhaft gemacht, dass für ihn gegenwärtig, mindestens sechs Jahre nach seiner Ausreise aus ..., dort noch die konkrete Gefahr der Folter, Misshandlung oder erniedrigenden Bestrafung bestehe. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in ... führten nicht zu der Annahme, dass bei seiner Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Wenngleich die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung im ... durch israelische Handelsblockaden beeinträchtigt und das hohe Bevölkerungswachstum für die langfristige Entwicklung als sehr problematisch zu bezeichnen sei, bestehe gegenwärtig noch keine akute humanitäre Notlage. Der Kläger habe eine ihm drohende individuelle Gefahr nach § 60 Abs. 7 AufenthG im... nicht überzeugend dargelegt. Die Abschiebungsandrohung sei nach § 71 a Abs. 4 AsylG i. V. m. § 34 Abs. 1 AsylG und § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 71 a Abs. 4 AsylG i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die Befristung sei im vorliegenden Fall angemessen, da der Kläger im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen verfüge, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären.
Der Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom
1. das Bundesamt unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids vom
2. das Bundesamt unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids vom
Zur Begründung wurde auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug genommen.
Die Beklagte legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache jedoch nicht.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München
Der Klägerbevollmächtigte verzichtete mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
1. Über die Klage, zu deren Entscheidung nach § 76 Abs. 1 AsylG der Einzelrichter berufen ist, kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
2. Eine Verpflichtungsklage, gerichtet auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG, ist in der hier gegebenen Situation mangels Statthaftigkeit unzulässig.
Vielmehr ist die Anfechtungsklage auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids vom 25. November 2015 richtige Klageart, wenn - wie hier - Streit darüber besteht, ob die Voraussetzungen des § 71a AsylG vorliegen. In der vorliegenden Situation ist die Erhebung einer auf die Feststellung von Abschiebungsverboten gerichteten Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v 10.2.1998 - 9 C 28.97, NVwZ 1998, 861) zur Pflicht zum „Durchentscheiden“ nicht geboten. Die vorliegende Fallkonstellation unterscheidet sich nämlich von der dort zugrundeliegenden, bei der das Bundesamt bereits das Erstverfahren durchgeführt hatte und danach unstreitig ein Folgeverfahren im Raum stand. Demgegenüber sind hier zwei Mitgliedstaaten beteiligt und ausschlaggebend ist dabei zunächst die primäre Frage, ob überhaupt eine „Zweitantragssituation“ und damit eine dem Folgeantrag vergleichbare Konstellation gegeben ist (vgl. BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50069, 13a B 113a B 15.50070, 13a B 113a B 15.50071 - juris Rn. 22 - NVwZ 2016, 625; VG Berlin, U. v. 6.6.2016 - 33 K 154.15 A - juris).
Anders als bei Folgeanträgen im Sinne des § 71 AsylG hat das Bundesamt im Verfahren des § 71a AsylG noch überhaupt keine vorherige eigene Entscheidung in der Sache getroffen, so dass die Situation eher der Verfahrenseinstellung nach Rücknahme (§§ 32, 33 AsylG) vergleichbar ist (BayVGH, U. v. 3.12.2015, a. a. O.). Bei Rücknahmeentscheidungen wiederum vertritt das Bundesverwaltungsgericht zu Recht die Auffassung, die Anfechtungsklage sei die statthafte Klageart, da die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt vorbehalten sei (vgl. BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 10 C 1/13 - juris, NVwZ 2014, 158).
Wäre stattdessen das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die grundsätzliche Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 25 AsylG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 71a Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2 AsylG vorgesehen ist (VG Berlin, U. v. 6.6.2016 - 33 K 154.15 A - juris). Im Übrigen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Ergebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Behörde selbst entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung zumindest bedenklich wäre (vgl. ausführlich VG Düsseldorf, U. v. 27.6.2014 - 13 K 654/14.A - juris m. w. N.).
Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 71a AsylG ergangenen Bescheides ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren von ihr in der Sache zu prüfen.
3. Die Klage auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 25. November 2015 ist auch begründet.
Die Ablehnung der Anträge auf Durchführung von weiteren Asylverfahren ist rechtswidrig und der Kläger ist dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 71a AsylG ist nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Fall eines Asylantrags im Bundesgebiet (Zweitantrag) ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) vorliegen.
Zwar ist davon auszugehen, dass in Bulgarien ein Asylverfahren erfolglos im Sinne des § 71a AsylG abgeschlossen wurde und die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (3.1.), jedoch geht das Bundesamt zu Unrecht davon aus, die Entscheidung über die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ohne persönliche Anhörung des Klägers treffen zu können (3.2.).
Insoweit kann offen bleiben, ob § 71a AsylG unionsrechtskonform ist (VG Berlin, B. v. 17.7.2015 - 33 L 164/15.A - juris Rn. 10 ff.; VG München, U. v. 7.2.2013 - M 11 K 12.30661 - juris Rn. 21; a.A. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 3 ff.).
3.1. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass es sich bei dem am 8. Juli 2014 in der Außenstelle ... des Bundesamtes gestellten Asylantrag um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylG handelt, da ein Asylverfahren in dem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) Bulgarien, erfolglos abgelehnt wurde. Der Kläger gab in dem von ihm am ... Juli 2015 ausgefüllten Fragebogen selbst an, dass sein Antrag auf Zuerkennung des internationalen Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union abgelehnt wurde (Bl. 77 d. BA). Der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens in Bulgarien wird darüber hinaus durch die Stellungnahme der Dublin Unit Bulgaria vom 30. Januar 2015 (Bl. 54 d. BA) bestätigt. Darin wurde auf Anfrage dem Bundesamt mitgeteilt, dass der letzte Asylantrag des Klägers vom 14. Februar 2014 mit Bescheid vom 20. Mai 2014 abgelehnt wurde („His last application dated 14.02.2014 and was rejected with decision dated 20.05.2014“).
Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 VO (EG) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
3.2. Der Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig, da sie den Kläger vor der Entscheidung nicht persönlich angehört hat. Nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylG gelten für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 AsylG entsprechend. Ein Asylsuchender ist nach § 24 Abs. 1 Satz 3 und § 25 AsylG zwingend zu seinem Verfolgungsschicksal persönlich anzuhören. Mit dieser Pflicht korrespondiert zugleich ein subjektives Recht des Asylbewerbers auf eine persönliche Anhörung (Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU). Sie bildet neben der Sachverhaltsermittlung das Kernstück des Verfahrens vor dem Bundesamt und kann weder durch die Anhörung eines Vertreters noch durch eine schriftliche Stellungnahme ersetzt werden (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016 § 25 Rn. 12).
Nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylG kann von einer persönlichen Anhörung nur dann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. Hiervon dürfte von vornherein nur dann ausgegangen werden können, wenn aufgrund etwa vorliegender schriftlicher Ausführungen je nach deren Ausführlichkeit bereits zuverlässig und sicher beurteilt werden kann, dass das Vorbringen eindeutig offensichtlich unschlüssig ist (Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, 105. Aktualisierung 2016, § 71a Rn. 23 ff.). Nach Teilen der Literatur und der Rechtsprechung (vgl. Marx, AsylG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 16; VG Aachen, B. v. 4.8.2015 - 8 L 171/15.A - juris Rn. 25) kann von einer persönlichen Anhörung sogar nur dann abgesehen werden, wenn das Bundesamt die Akten des Asylverfahrens eines anderen Mitgliedstaats vorliegen hat. Denn nur dann ist der von § 51 VwVfG vorausgesetzte Vergleich möglich, ob ein neues Vorbringen vorliegt. Bereits der Wortlaut des § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylG („kann abgesehen werden, soweit“) zeigt, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt. Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend aber nicht gegeben, da weder zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offenkundig (gewesen) ist, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist.
Das Bundesamt hat die Akten über das Verfahren des Klägers in Bulgarien nicht beigezogen. Auch räumt es im streitgegenständlichen Bescheid selbst ein, unklar zu sein, ob die Angaben des Klägers im bulgarischen Asylverfahren berücksichtigt haben werden können. Es ist deshalb schon nicht ersichtlich, auf welcher Tatsachengrundlage das Bundesamt seine Entscheidung gestützt hat. Aber auch die schriftliche Stellungnahme des Klägers vom ... Juli 2015 genügt nicht, um nach den Anforderungen des § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylG von einer persönlichen Anhörung abzusehen. Aus dieser kann nicht bereits zuverlässig und sicher das Vorbringen als eindeutig offensichtlich unschlüssig beurteilt werden. Der Kläger schildert in seinen schriftlichen Ausführungen vom ... Juli 2015 im Wesentlichen, aus Angst um sein Leben nicht mehr in sein Herkunftsland zurückkehren zu können, da er Repressionen von Mitgliedern der ... befürchte. Zudem sei seine rechte Hand von einer Phosphorbombe stark verletzt worden, weshalb er stark traumatisiert sei. Dass dieser Vortrag von vornherein und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt, weder einen Verfolgungsgrund noch ein Abschiebungsverbot zu begründen vermag, kann im Hinblick auf die Herkunftsregion Palästinensisches Autonomiegebiet/... nach der derzeitigen Erkenntnislage nicht mit der gebotenen Sicherheit dargetan werden. Jedenfalls, wenn es für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG auf die Glaubwürdigkeit des Klägers ankommt, ist eine persönliche Anhörung im Verfahren nach § 71a AsylG erforderlich. Dadurch dass das Bundesamt den Kläger aufgrund seiner Behauptung, er habe in Syrien gelebt, für unglaubwürdig hält, hätte es bereits aus diesem Grund eine persönliche Anhörung durchführen müssen. Denn insbesondere in Fällen, in denen es auf die Glaubwürdigkeit des Klägers bzw. die Glaubhaftigkeit seiner Angaben ankommt, ist eine Anhörung erforderlich, um sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen (vgl. Hailbronner, Stand März 2015, § 71a AsylG, Rn. 25). Den Ausführungen des Bundesamtes, eine Anhörung sei nicht erforderlich, weil der Sachverhalt durch die Erstbefragung vom ... Juli 2014 und die schriftliche Stellungnahme des Klägers hinreichend geklärt sei, kann daher wegen der dem Kläger zur Last gelegten Widersprüchlichkeit seiner Angaben nicht gefolgt werden. Insbesondere der Umstand, dass der Kläger in Europa mehrere erfolglose Asylverfahren betrieben hat und sich seit mindestens sechs Jahren außerhalb seiner Heimatregion ... aufhält, vermag ein Absehen von einer persönlichen Anhörung ebenfalls nicht ermessensfehlerfrei zu begründen. Dieser Umstand erfüllt für sich gesehen nicht die Voraussetzung, dass die Anhörung für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist (§ 71a Abs. 2 Satz 2 AsylG). Der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens ist nur ein Tatbestandsmerkmal des § 71a Abs. 1 AsylG. Ob hingegen auch Wiederaufgreifensgründe nach § 51 VwVfG vorliegen, kann allein mit der Kenntnis über in anderen Mitgliedstaaten erfolglos abgeschlossene Asylverfahren nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden. Aus dem zeitlichen Ablauf der Asylantragstellung (in Ungarn und Österreich habe der Kläger das Ergebnis der Asylverfahren gar nicht abgewartet, sondern sei sofort weitergereist) kann das Bundesamt jedenfalls nicht die Hypothese ableiten, der Kläger habe nach der Ablehnung seiner Asylanträge in Bulgarien jedenfalls in Ungarn, Österreich und Deutschland nicht wirklich Schutz vor Verfolgung begehrt, sondern diese Asylanträge aus anderen Motiven gestellt. Diese als Hypothese formulierte Vermutung entbehrt der erforderlichen Tatsachengrundlagen.
Im Gegensatz dazu spricht - wie im zugrundeliegenden Eilverfahren ausführlich dargestellt (VG München, B. v. 8.4.2016 - M 17 S 15.31602 - UA S. 11 ff.) - vieles dafür, dass Wiederaufgreifensgründe nach §§ 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (§ 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG) im Falle des Klägers vorliegen.
Da der Lauf der dreimonatigen Präklusionsfrist frühestens mit der Einreise des Klägers in das Bundesgebiet am 15. Juni 2014 beginnt (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, § 71a AsylG, Rn. 29; Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 71a AsylG Rn. 11) ist die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG mit Asylantragstellung am 8. Juli 2014 gewahrt.
Zwar ist eine wesentliche Veränderung der politischen Lage und der Machtverhältnisse im Palästinensischen Autonomiegebiet seit der Regierungsübernahme der ... im Jahr 2007 nicht eingetreten. Die vorrangig in Betracht kommenden Auseinandersetzungen zwischen der den ... dominierenden ... sowie gemäßigteren palästinensischen Organisationen, insbesondere der ..., sind jedenfalls im ... nach Abschluss des Versöhnungsabkommens (vgl. dazu etwa, FR v. 14.5.2011, SZ v. 29.4.2011, ICG v. 20.7.2011 sowie "Die Zeit (online)" v. 25.11.2011) bereits seit geraumer Zeit weitgehend eingestellt (so bereits OVG Nds,
Zudem sprechen derzeit - solange die bulgarische Asylverfahrensakte nicht vorliegt und sich daraus nichts Gegenteiliges ableiten lässt - gravierende Gründe dafür, dass der Kläger ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren in Bulgarien geltend zu machen.
Zum einen ist zweifelhaft, ob der Kläger sämtliche Verfolgungsgründe bereits in dem bulgarischen Asylverfahren vorgebracht hat bzw. dort hätte vorbringen können. Soweit der Kläger schildert, dass sein Bruder durch die ... verhaftet und ins Gefängnis verbracht worden sei, um den Kläger zur Rückkehr zu zwingen, was möglicherweise - bei Unterstellung der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens - zu einer qualitätsmäßigen Änderung des individuell für sich geltend gemachten Verfolgungsgrundes führen könnte, fehlt es zwar an einer zeitlichen Einordnung dieses Ereignisses. Entgegen der Auffassung des Bundesamtes geht dies jedoch nicht zulasten des Klägers, da ihm wegen der unterlassenen persönlichen Anhörung gerade die Möglichkeit genommen wurde, seine Verfolgungsgründe nachvollziehbar und plausibel darzulegen, worunter auch die zeitliche Konkretisierung der geschilderten Ereignisse fällt.
Aber selbst hinsichtlich der Verfolgungsgründe, die der Kläger in zeitlicher Hinsicht bereits in dem bulgarischen Asylverfahren hätte vorbringen können (Verfolgung durch die ..., Traumatisierung durch Verletzung aufgrund einer Phosphorbombe), spricht vieles dafür, dass der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, diese Gründe in dem bulgarischen Asylverfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG).
Ein Asylverfahren im Sinne des § 71a AsylG ist jedes Asylverfahren, das im Einklang mit den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK durchgeführt wurde (VG Aachen, B. v. 4.8.2015 - 8 L 171/15.A - juris). Für die sichereren Vertragsstaaten ist aufgrund des Konzepts der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Zwar bestehen angesichts der grundlegenden Veränderungen im Laufe des Jahres 2014 in Bezug auf Bulgarien nach aktuellem Kenntnisstand derzeit wohl keine durchgreifenden Bedenken, dass entsprechende systemische Mängel des bulgarischen Asylverfahrens vorliegen, die den Betroffenen an der Geltendmachung seiner Verfolgungsgründe (unverschuldet im Sinne des § 51 Abs. 2 VwVfG) gehindert hätten (BayVGH, U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - juris; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris; UNHCR, „UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“ vom 2.1.2014 - abrufbar unter: http://www.refworld.org/docid/52c598354.html; UNHCR, „Bulgarien als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“ vom April 2014 - abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des Bundesamtes; amnesty international, „Suspension of Returns of Asylum-Seekers to Bulgaria Must Continue“ vom 31.3.2014 - abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/documents/EUR15/002/2014/en; amnesty international, „Amnesty report 2015 Bulgarien“ - abrufbar unter: https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/bulgarien; European Asylum Support Office (EASO), „Special Support Plan to Bulgaria“ vom 5.12.2014 - abrufbar unter: http://easo.europa.eu/wp-content/uploads/SSP-BG-2014-12-03.pdf; Pro Asyl, Presseerklärung vom 23.5.2014: „Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien“ - abrufbar unter: http://ww.proasyl.de/de/presse/detail/news/schwere _menschenrechtsverletzungen_an_fluechtlingen_in_bulgarien; Pro Asyl, „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015 - abrufbar unter: http://ww.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2015/Bulgarien_Broschu _re_Web_END.pdf; Asylum Information Database (aida), „Country Report Bulgaria“, Stand: 30.9.2015 - abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/bulgaria; European Council on Refugees and Exiles (ECRE), „ECRE reaffirms its call for the suspension of transfers of asylum seekers to Bulgaria under the recast Dublin Regulation“ vom 7.4.2014 - abrufbar unter: http://www.ecre.org/component/down loads/downloads/873.html; Auskünfte des Auswärtigen Amtes an das VG Hamburg und das VG Aachen
Gleichwohl war die Situation Asylsuchender in Bulgarien zur Zeit des Asylverfahrens des Klägers in Bulgarien vom 14. Februar 2014 (Asylantrag) bis 20. Mai 2014 (Ablehnung des Asylantrags) - nach einem Anstieg der Asylanträge zu Beginn des Jahres 2014 - teilweise heftiger Kritik ausgesetzt. So ging der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) im Januar 2014 davon aus, dass in Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestünden und plädierte dafür, Abschiebungen nach Bulgarien zunächst auszusetzen (vgl. „UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“ vom 2.1.2014). Dieser Einschätzung schlossen sich amnesty international (vgl. “Suspension of Returns of Asylum-Seekers to Bulgaria Must Continue” vom 31.3.2014), European Council on Refugees and Exiles (vgl. “ECRE reaffirms its call for the suspension of transfers of asylum seekers to Bulgaria under the recast Dublin Regulation” vom 7.4.2014) und Pro Asyl (vgl. Presseerklärung vom 23.5.2014: “Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien”) an. Auch in der Stellungnahme von Pro Asyl vom 30. Mai 2014 wird auf die von UNHCR Anfang 2014 festgestellten Mängel im bulgarischen Asylsystem Bezug genommen und eine Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien gefordert. Trotz seiner aktualisierten Bestandaufnahme vom April 2014 („Bulgarien als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“, Seite 2 und 17), in der das UNHCR ungeachtet fortbestehender ernsthafter Mängel einen generellen Aufschub aller Dublin-Überstellungen nach Bulgarien nicht länger für gerechtfertigt, sondern nur bei Personen mit besonderen Bedürfnissen oder besonderer Schutzwürdigkeit empfiehlt, von einer Überstellung abzusehen, sprechen daher ohne Vorlage der bulgarischen Asylakten gravierende Gründe dafür, dass der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, seine Verfolgungsgründe in dem bulgarischen Asylverfahren nach den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK geltend zu machen.
3.3. Indem das Bundesamt den Kläger nicht angehört hat, hat es ihn jedenfalls in seinem verfahrensmäßigen subjektiven Recht verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es ist dabei auch nicht offensichtlich, dass diese Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, § 46 VwVfG. Entsprechend der vorstehenden Ausführungen hat das Bundesamt vielmehr auf unvollständiger Grundlage über die Frage entschieden, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist. Bei Zugrundelegung der Angaben des Klägers ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass ihm Schutz zuzusprechen ist. Nach seiner Anhörung wird das Bundesamt daher erneut zu entscheiden haben, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen und ihm im Ergebnis internationaler Schutz zuzusprechen oder Abschiebungsverbote festzustellen sind.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Dem entspricht eine hälftige Kostentragung durch den Kläger und der Beklagten. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylVfG gerichtskostenfrei. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung.
Tenor
1. Den Antragstellern wird für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufigen unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Rechtsanwältin T. aus Berlin zu den für einen im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt geltenden Bedingungen beigeordnet.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 370/15.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Januar 2015 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist begründet, weil die Rechtsverfolgung, wie sich aus Nachstehendem ergibt, die nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
3Der - sinngemäß - gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 8 K 370/15.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 14. Januar 2015 anzuordnen,
5ist zulässig und begründet.
6Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes des Bundesamtes bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprächen, dass sie einer rechtlichen Prüfung im Hauptsacheverfahren wahrscheinlich nicht standhalten. Dies ist hier der Fall.
7Die Antragsteller reisten am 19. Oktober 2012 in das Bundesgebiet ein und stellten am 2. November 2012 Asylanträge. Das Bundesamt erhielt über einen EURODAC-Treffer Kenntnis davon, dass die Antragsteller bereits in Polen einen Asylantrag gestellt hatten. Mit Bescheid vom 27. August 2013 stellte das Bundesamt die Unzulässigkeit der Asylanträge fest und ordnete die Abschiebung nach Polen an. Die hiergegen eingeleiteten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Unter dem 18. November 2014 vermerkte die Antragsgegnerin, dass die Frist für eine Überstellung der Antragsteller nach Polen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung abgelaufen sei. Mit Bescheid vom 14. Januar 2015 lehnte sie daraufhin die Abänderung des Bescheids vom 27. August 2013 ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen; gleichzeitig hat sie die Antragsteller zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert und ihnen für den Fall der Nichteinhaltung der gesetzten Ausreisefrist die Abschiebung in die Russische Föderation oder in einen anderen aufnahmebereiten oder ‑verpflichteten Staat angedroht.
8Rechtsgrundlage des Bescheids vom 14. Januar 2015 ist § 71a Abs. 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ist nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Fall eines Asylantrags im Bundesgebiet (Zweitantrag) ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) vorliegen.
9Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet. Die Antragsteller haben erfolglos ein Asylverfahren in Polen, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, abgeschlossen.
10Ein Asylverfahren im Sinne des § 71a AsylVfG ist jedes Asylverfahren, das im Einklang mit den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK durchgeführt wurde. Für die sichereren Vertragsstaaten ist aufgrund des Konzepts der normativen Vergewisserung,
11vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 ‑, BVerfGE 94, 49 = juris, Rn. 181,
12bzw. des hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 AEUV) stehenden "Prinzips des gegenseitigen Vertrauens", das auf der Annahme beruht, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie - QualRL), der GFK sowie in der EMRK finden,
13vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und 493/19, C-411/10, C-493/10 -, Slg 2011, I-13905 = juris, Rn. 10 ff., 75, 78, 80,
14keine Prüfung der Beachtung der Regeln im Einzelfall erforderlich. Eine Ausnahme hiervon kommt nur in Sondersituationen in Betracht.
15Vgl. Hailbronner, AuslR, Bd. 4, § 71a AsylVfG Rn. 12; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 71a Rn. 11.
16Für eine solche Sondersituation müssten systemischen Mängel des polnischen Asylverfahrens vorliegen. Diese sind jedoch nicht ersichtlich.
17Vgl. BayVGH, Urteil vom 22. Juni 2015 - 11 B 15.50049 -, juris, Rn. 21 ff.; VG Aachen, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 6 L 895/14.A ‑, juris, Rn. 9 ff., jeweils m.w.N.
18Dass die Antragsteller in Polen einen Asylantrag gestellt haben, ergibt sich aus der EURODAC Recherche des Bundesamtes. Das Verfahren war auch erfolglos im Sinne des § 71a AsylVfG.
19Unter dem erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens sind nicht nur die (materielle) Ablehnung des Antrags, sondern auch die Rücknahme des Antrags oder die konkludente Aufgabe des Begehrens durch eine freiwillige Ausreise zu verstehen.
20Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 71a Rn. 13; Hailbronner, AuslR, Bd. 4, § 71a AsylVfG Rn. 14; a.A: Marx, AsylVfG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 12.
21Vorliegend geht das Bundesamt ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids zutreffend davon aus, dass der Antrag zurückgenommen wurde. Zwar haben die Antragsteller dies nicht vorgetragen. Es entspricht aber der Antwort der polnischen Behörden vom 23. August 2013 auf das Übernahmeersuchen des Bundesamtes. Dieses wurde unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 1 d) der Verordnung 2003/343/EG (Dublin-II-VO) akzeptiert. Art. 16 Abs. 1 d) Dublin-II-VO erfasst gerade die Situation, in der ein Asylbewerber seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen hat.
22Das Gericht kann offen lassen, ob der streitgegenständliche Bescheid schon deshalb rechtswidrig ist, weil das Bundesamt die Abänderung des Bescheids vom 27. August 2013 von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abhängig gemacht hat. Zwar ordnet der Wortlaut von § 71 Abs. 1 AsylVfG eine entsprechende Prüfung ausdrücklich an. Es könnten jedoch Zweifel bestehen, ob dieses Erfordernis unionsrechtskonform ist.
23Zwar erlaubt auch das Unionsrecht in Art. 40 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie - VRL), dass ein Folgeantrag auf internationalen Schutz zunächst daraufhin geprüft wird, ob neue Elemente oder Erkenntnisse betreffend die Frage, ob der Antragsteller als Person auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zuage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden ist. Schon der Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 VRL macht jedoch deutlich, dass sich dies nur auf die Situation eines weiteren Antrags in demselben Mitgliedstaat bezieht, in dem auch der erste Antrag gestellt wurde. Eine unionsrechtliche Vorschrift, die auch in der Situation des § 71a AsylVfG (Zweitantrag) eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erlaubt, existiert gerade nicht. Dies legt zumindest den (Umkehr‑)Schluss nahe, dass die Prüfung eines (Zweit-)Antrags auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 h) Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie - QualRL), d.h. eines Antrags auf Gewährung des Flüchtlingsstatus oder des subsidiären Schutzstatus, nicht von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG abhängig gemacht werden darf.
24Vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 3 ff.; a.A.: VG Berlin, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 33 L 164/15.A -, juris, Rn. 10 ff.; VG München, Urteil vom 7. Februar 2013 - M 11 K 12.30661 -, juris, Rn. 21
25Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin bestehen zumindest deshalb, da sie die Antragsteller vor der Entscheidung nicht angehört hat. Nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gelten für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 AsylVfG entsprechend. Ein Asylsuchender ist nach § 25 AsylVfG zu seinem Verfolgungsschicksal persönlich anzuhören. Nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG kann hiervon nur dann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. Hiervon dürfte zumindest i.d.R. von vornherein nur dann ausgegangen werden können, wenn das Bundesamt die Akten des Asylverfahrens eines anderen Mitgliedstaats vorliegen hat. Denn nur dann ist der von § 51 VwVfG vorausgesetzte Vergleich möglich, ob ein neues Vorbringen vorliegt.
26Vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 16; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 71a Rn. 23 ff.
27Eine persönliche Anhörung ist im Verfahren nach § 71a AsylVfG jedenfalls dann erforderlich, wenn es für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG auf die Glaubhaftigkeit des Antragstellers ankommt. Dies ist hier mangels anderer Erkenntnisquellen über das in Polen durchgeführte Asylverfahren der Fall. Das Bundesamt hat die Akten über das Verfahren der Antragsteller in Polen nicht beigezogen. Es ist deshalb schon nicht ersichtlich, auf welche Tatsachengrundlage es seine Entscheidung gestützt hat. Den Antragstellern wurde vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht einmal die Absicht einer Entscheidung nach § 71a AsylVfG ohne persönliche Anhörung schriftlich angekündigt. Sie hatten also auch insofern keine Möglichkeit sich zu äußern.
28Die fehlende materielle Prüfung des Asylbegehrens ohne Anhörung konnte die Antragsgegnerin insbesondere nicht auf § 51 Abs. 2 VwVfG stützen. Nach der Vorschrift ist ein (Wiederaufgreifens-)Antrag nur dann zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Die Antragsgegnerin sieht diese Voraussetzungen in dem streitgegenständlichen Bescheid mit der Begründung als erfüllt an, dass die Antragsteller durch die Rücknahme ihres Antrags die Zuständigkeit Deutschlands verursacht hätten. Auch für diese Einschätzung fehlt es jedoch mangels der Beiziehung der polnischen Akten schon an einer Tatsachengrundlage. Überdies resultiert die Zuständigkeit Deutschlands nicht aus der Rücknahme des Asylantrags, sondern aus dem Ablauf der Überstellungsfrist. Dies kann den Antragstellern nicht zu Last gelegt werden.
29Eine Anhörung der Antragsteller vor der getroffenen Entscheidung war auch unionsrechtlich zwingend erforderlich. Nach Art. 14 Abs. 1 UAbs. 1 VRL wird dem Antragsteller vor einer Entscheidung durch die Asylbehörde Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung gegeben. Das Vorliegen von Ausnahmegründen des Art. 14 Abs. 2 VRL ist nicht ersichtlich. Das durch § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG eröffnete Ermessen durfte also auch aus unionsrechtlichen Gründen nicht zu Lasten der Antragsteller ausgeübt werden.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylVfG.
31Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.
(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.
(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.