Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 01. Dez. 2015 - AN 1 K 14.01740

bei uns veröffentlicht am01.12.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

Aktenzeichen: AN 1 K 14.01740

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 1. Dezember 2015

1. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 1130 99

Hauptpunkte:

- Festsetzung eines Herstellungsbeitrags im Jahr 2012 für ein im Jahr 1984 erschlossenes Grundstück

- Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

gegen

Kommunalunternehmen ... Anstalt des öffentlichen Rechts vertreten durch den Vorstand ...

- Beklagter -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Herstellungsbeitrag/Entwässerung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 1. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Burgdorf den Richter am Verwaltungsgericht Opitsch den Richter Brandl-Michel und durch den ehrenamtlichen Richter ... die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. Dezember 2015 am 1. Dezember 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des unbebauten Grundstücks Flurnummer ... der Gemarkung ... (...). Dieses hatte er im Rahmen der Flurbereinigung erworben. Mit „Vorauszahlungsbescheid zur Entwässerung“ der Stadt ... vom 20. Februar 1985 wurde der Kläger in Höhe von 3675,63 DM in Anspruch genommen (644 m² Grundstücksfläche ... 3,26 DM; Geschossfläche ¼ von 644 m² ... 9,79 DM).

Mit Schreiben des Kommunalunternehmens ... vom 21. August 2009 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass zur Vorbereitung der Beitragserhebung ermittelt werde, in welcher Höhe Beiträge bereits geleistet worden seien. Für das Grundstück des Klägers ergebe sich nach den Unterlagen eine bisher geleistete Beitragszahlung in Höhe von 1879,32 €.

Aufgrund der Entwässerungssatzung und der Beitrags- und Gebührensatzung des Kommunalunternehmens ... vom 23. November 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2012 einen Herstellungsbeitrag von 1932,00 € fest (Beitragsanteil auf beitragspflichtige Grundstücksfläche 644 m² ... 1,25 €/m²; auf beitragspflichtige Geschossflächen 161 m² ... 7,00 €/m²). Die bisher geleisteten Beiträge wurden abzüglich der Abschreibung (verbrauchte Beiträge 1299,42 €) in Höhe von 579,90 € angerechnet, womit sich ein zu zahlender Herstellungsbeitrag von 1352,10 € ergab.

Der Kläger legte am 24. April 2012 Widerspruch gegen den Beitragsbescheid ein. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 zurückgewiesen.

Es bestünden keine Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der Satzungen sowie gegen die materiellrechtliche Wirksamkeit der entscheidungserheblichen Satzungsregelungen. Die Beitragsschuld sei erstmals mit Inkrafttreten der BGS/EWS am 1. Januar 2012 entstanden, denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die erstmalige Entstehung der Beitragspflicht neben der Erschließung des Grundstücks das Vorliegen einer gültigen Abgabesatzung voraus. Wirksames Satzungsrecht zur Erhebung von Herstellungsbeiträgen habe es bis zum Erlass der BGS/EWS 2011 aber nicht gegeben.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe es für zulässig erachtet, von einer Übergangsregelung abzusehen und Altanschließer nach dem neuen Satzungsrecht nochmals zu veranlagen und früher bereits geleistete Beiträge anzurechnen. Diese „Vorleistungen“ stellten keine Vorausleistungen oder Vorauszahlungen dar, sondern könnten nur dann in vollem Umfang angerechnet werden, wenn der gesamte bisherige Investitionsaufwand für dieselbe Anlage ungeschmälert, also ohne Berücksichtigung eventueller Abschreibungen, in die Kalkulation der Beitragssätze eingestellt worden sei. Deshalb hätten die Abschreibungen für nicht mehr vorhandene Vorteile berücksichtigt werden müssen. Die prozentuale Kürzung der „Vorleistungen“ entspreche dem Vorteil, den der Altanschließer aus den nicht mehr vorhandenen, bzw. (teilweise) abgeschriebenen Anlageteilen bisher gezogen habe oder hätte ziehen können.

Die Festsetzungsverjährung sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheids vom 13. April 2012 noch nicht eingetreten. Die Frist, die zum 1. April 2014 durch Änderungsgesetz in das Kommunalabgabengesetz aufgenommen worden sei, beginne mit Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eingetreten sei. Zusätzlich sei mit dem Änderungsgesetz eine Übergangsregelung mit Wirkung für alle anhängigen Fälle eingeführt worden, die eine Frist von 30 Jahren vorsehe. Diese sei im vorliegenden Fall maßgebend.

Die Stadt ... habe den Kläger erstmals 1985 in Anspruch genommen. Dies sei somit der frühestmögliche Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage. Ein Ablauf könnte also frühestens mit Ablauf des Jahres 2015 eintreten. Nachdem auch die Anschlussmöglichkeit als eventueller weiterer möglicher Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage erst im Jahr 1984 geschaffen worden sei, wäre auch hier die gesetzliche Höchstfrist bei Erlass des angefochtenen Bescheides noch nicht überschritten.

Hiergegen erhob der Kläger mit am 3. November 2014 bei Gericht eingegangenem Schreiben Klage mit dem sinngemäßen Antrag:

Der Bescheid des Kommunalunternehmens ... vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 werden aufgehoben.

Zur Begründung führt der Kläger aus, ausgehend von einer 20-jährigen Verjährungsfrist hätte ab 2004 nicht mehr mit Nachforderungen gerechnet werden dürfen, was auch der Intention des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 entspreche. Die Übergangsregelung dürfe nur für zu diesem Zeitpunkt rechtzeitige Verfahren gelten, nicht im vorliegenden Fall. Hilfsweise solle vom Gericht die Zahlung der bereits geleisteten 1879,32 € geprüft werden, da diese den gesetzlichen Herstellungsbeitrag nur um 52,68 € übersteige.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 18. November 2014:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2014 ausgeführt, das Landratsamt habe im Widerspruchsbescheid zutreffend erläutert, dass auch unter Berücksichtigung der Änderung des Kommunalabgabengesetzes kein Fall der Verjährung vorliege. Die Verjährungsfrist beginne - unabhängig vom Entstehen der Beitragsschuld - mit Ablauf des Jahres, in dem die sogenannte „Vorteilslage“ eingetreten sei, und betrage, abhängig von der Erfüllung gesetzlicher oder satzungsrechtlich verankerter Mitwirkungspflichten 20 oder 25 Jahre. Auch das Verwaltungsgericht Regensburg habe die Auffassung vertreten, es müsse auf den Eintritt der konkreten Vorteilslage abgestellt werden (VG Regensburg, Entscheidung vom 14.7.2014, Az. RN 3 K 13.1812). Auch der Bayerische Kommunale Prüfverband habe sich mit der vorliegenden Beitragsheranziehung befasst und gehe in der Stellungnahme vom 5. Dezember 2014 davon aus, dass durch den technischen Zusammenschluss von ... und ... eine neue Einrichtung entstanden sei und erstmals ein Vorteil vermittelt werde. Die ursprünglichen Anlagen seien untergegangen und damit auch der durch diese Anlagen vermittelte Vorteil. Dieser technische Zusammenschluss mit der oben genannten Umgestaltung dürfte auch für die Bürger ohne weiteres erkennbar gewesen sein.

Hierauf entgegnete der Kläger mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2014, ein entsprechender technischer Zusammenschluss sei für den Bürger gerade nicht erkennbar gewesen und dürfe nicht für die sogenannte Vorteilslage herangezogen werden. Das Argument sei im Übrigen vollkommen neu und nachgeschoben.

Nachdem das Gericht den Kläger über die vorherige Entscheidung im Parallelverfahren (AN 1 K 12.01430) in Kenntnis gesetzt hatte, teilte dieser mit Schriftsatz vom 30. November 2015 mit, er gehe davon aus, dass die Vorteilslage schon vor 1981/1982 bestanden habe. Zudem verweise er auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 12.3.2015, 20 B 14.441), in dem deutliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Art. 19 Abs. 2 KAG geäußert worden seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beitragsbescheid des Beklagten vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 6. Oktober 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a. Der Beklagte ist passivlegitimiert. Diesbezüglich hat die Kammer im Urteil vom 1. April 2014 (AN 1 K 12.01430) bereits festgestellt:

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können Gemeinden und Landkreise zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählt auch die von dem Beklagten für die Stadt ... öffentlich betriebene Entwässerungsanlage (vgl. § 1 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung... des Beklagten vom 23.11.2011 - EWS -), durch welche das Grundstück des Klägers erschlossen wird.

Die Stadt ... hat dem mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten (mithin gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a KAG i. V. m. § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO bzw. § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähigen) Beklagten, einem selbstständigen Kommunalunternehmen i. S. d. Art. 89 ff. GO in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 89 Abs. 1 Satz 1 GO i. V. m. § 1 Abs. 1 der Unternehmenssatzung für das „Kommunalunternehmen..., Anstalt des öffentlichen Rechts der Stadt ...“ vom 16.11.2004 - Unternehmenssatzung), nicht nur gemäß § 2 Abs. 1 dieser Satzung die Abwasserbeseitigung für das Stadtgebiet und damit die Aufgabe, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Reinlichkeit Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten (vgl. Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO) übertragen, sondern dem Beklagten darüber hinaus gemäß Art. 89 Abs. 2 Satz 3 GO in § 2 Abs. 3 der Unternehmenssatzung das Recht eingeräumt, an seiner Stelle Satzungen über die Benutzung der Entwässerungseinrichtung und über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren nach dem Kommunalabgabengesetz für deren Benutzung zu erlassen. Gegen die Übertragung der Beitrags- (und Gebühren-) Festsetzung und damit der Erhebung von Kommunalabgaben ist insoweit nichts zu erinnern. Sie ist mit der Regelung in Art. 89 Abs. 2 GO vereinbar (vgl. VG Ansbach, U. v. 22.6.2004, AN 1 K 03.234). Aus dem Fehlen einer den Vorschriften der Art. 7 Abs. 2 bzw. Art. 17 Abs. 1 KommZG entsprechenden Regelung in den Art. 89 ff. GO ist nicht der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber eine Übertragung von Befugnissen auf ein Kommunalunternehmen ausschließen wollte. Der Begriff der Aufgabe, die auf ein Kommunalunternehmen bzw. auf einen Zweckverband oder im Rahmen einer Zweckvereinbarung auf eine der beteiligten Gebietskörperschaften übertragen werden kann, ist sowohl in der Gemeindeordnung als auch im Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit im gleichen Sinn und umfassend zu verstehen. Mit „Aufgaben“ in Art. 89 Abs. 2 GO wie in Art. 7 Abs. 2 bzw. Art. 17 Abs. 1 KommZG ist nichts anderes gemeint als z. B. mit „Aufgaben“ in Art. 57 GO, nämlich das Recht und die Pflicht, bestimmte Angelegenheiten zu erledigen und die dafür notwendigen Mittel (d. h. auch die durch besondere Normen vorgesehenen Befugnisse) einzusetzen. Die Vorschriften der Art. 8 Abs. 2 bzw. Art. 22 Abs. 1 KommZG haben insoweit nur klarstellende Funktion; der Übergang der Befugnisse auf den Zweckverband ist in Art. 22 Abs. 1 KommZG deswegen ausdrücklich erwähnt, um einen Anknüpfungspunkt für die in Art. 22 Abs. 3 KommZG folgende Vorschrift zu schaffen, wonach die Verbandssatzung grundsätzlich den Übergang einzelner Befugnisse ausschließen kann. Entsprechendes gilt für die Übertragung von Befugnissen auf eine der beteiligten Gebietskörperschaften im Rahmen einer Zweckvereinbarung im Hinblick auf Art. 8 Abs. 3 i. V. m. Art. 7 Abs. 3 KommZG. Eine den Vorschriften der Art. 8 Abs. 2 bzw. Art. 22 Abs. 1 KommZG entsprechende Regelung war in der Gemeindeordnung im Hinblick auf die noch flexibler als in Art. 7 Abs. 2 bzw. Art. 17 Abs. 1 KommZG formulierte Möglichkeit, „einzelne oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängende Aufgaben ganz oder teilweise“ auf ein Kommunalunternehmen zu übertragen, entbehrlich. Art. 89 Abs. 2 GO schließt deshalb die Übertragung von Befugnissen auf ein Kommunalunternehmen nicht aus (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: September 2004, Art. 89 GO, RN 17, 20; Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung, Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung des Freistaats Bayern, Stand: Okt. 2006, Art. 89, Anm. 3, unter Hinweis auf Schulz, BayVBl. 1996, 129/131; Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, Stand: Okt. 2006, Art. 89, RN 7; so auch IMS vom 16.12.1998, IB3-1515.2-15, FSt 1999/118); einschränkend für das - hier gegebene - satzungsgemäß öffentlichrechtlich geregelte Benutzungsverhältnis Widtmann/Grasser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: März 2006, Art. 89, Erl. 7).

b. Der Bescheid vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 sind rechtmäßig.

I.

Der Beklagte konnte Beiträge zur Deckung des Aufwands für die Herstellung der Entwässerungseinrichtung erheben, weil durch Art. 5 Abs. 1 KAG in der maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70), sowie die Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) des Beklagten vom 23. November 2011, in Kraft getreten am 1 Januar 2012, eine genügende Rechtsgrundlage gegeben war und die dort genannten Voraussetzungen für die Beitragserhebung vorlagen.

Die Kammer hat im Urteil vom 1. April 2014 (a. a. O.) zur insoweit unveränderten Rechtslage ausgeführt:

Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass erst mit Inkrafttreten der Entwässerungssatzung des Beklagten und der dazugehörigen Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 erstmals wirksam eine Beitragspflicht begründet wurde mit der Folge, dass - mangels einer Übergangsregelung in der Satzung - früher geleistete Beitragszahlungen (grundstücks-, nicht personenbezogen) auf den sich satzungsgemäß ergebenden Herstellungsbeitrag anzurechnen sind (vgl. BayVGH, B. v. 29.3.2011, 20 ZB 11.220; B. v. 2.8.2005, 23 ZB 05.349, GK 2006/63; U. v. 16.3.2005, 23 BV 04.2295, BayVBl 2006, 108 ff. = GK 2005/188; B. v. 20.12.2004, 23 CS 04.3051; U. v. 15.5.2003, 23 B 02.3261, BayVBl 2004, 144 ff. = GK 2004/26; B. v. 5.12.2001, 23 ZS 01.2926; B. v. 9.10.2001, 23 CS 01.985; U. v. 1.12.1997, 23 B 96.851, BayVBl 1998, 214 f. = GK 1998/126). Diese Anrechnungspflicht ergibt sich bei Anwendung des neuen Satzungsrechts unmittelbar aus der dem Art. 15 Abs. 1 Satz 2 GO entsprechenden Pflicht zur Gleichbehandlung, weshalb es einer besonderen satzungsrechtlichen Regelung nicht bedarf (vgl. BayVGH, U. v. 10.3.1983, 23 B 81 A.1964; U. v. 30.3.1984, 23 B 81 A.1967, BayVBl 1985, 656 ff.).

Für die nunmehr der BGS-EWS des Beklagten vom 23. November 2011 unterworfene „Entwässerungseinrichtung ...“ (vgl. § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung des Beklagten vom 23. November 2011 - EWS 2011) bestand für die früher nicht nur technisch, sondern auch rechtlich getrennten (Teil-)Entwässerungsanlagen der bis 30. April 1978 selbstständigen Gemeinde ... einerseits und der Stadt ... andererseits zuvor zu keiner Zeit gültiges Satzungsrecht.

Für die Teilanlage ... konnte eine Beitragspflicht weder auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde ... vom 28. April 1978 (BGS-EWS/W 1978) noch auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 28. November 1984 (BGS-EWS/W 1984) und vom 17. Dezember 1992 (BGS-EWS/W 1992) entstehen. Die BGS-EWS/W 1978 war wegen des in § 9 der Satzung neben anderen Bemessungsmerkmalen vorgesehenen Grundbeitrags - eines zur sachgerechten Vorteilsabgeltung ungeeigneten Beitragsmaßstabs - in ihrem gesamten Beitragsteil nichtig (vgl. BayVGH, B. v. 22.3.1989, 23 CS 88.02813). Die BGS-EWS/W 1984 war im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U. v. 7.5.1982, 23 B 1709/79, BayVBl 1983, 305 ff. = FSt 1983/171), wonach auch technisch getrennte Anlagen einer Gemeinde als eine Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO anzusehen seien, wegen der auch nicht ausnahmsweise gerechtfertigten anlagenbezogenen Kalkulation der Teilanlage... nichtig. Dem stehen auch die nachfolgenden Änderungen des Art. 21 GO (zum 1.12.1985 und zum 1.4.1992) nicht entgegen, da diese nicht bewirkten, dass nichtige Satzungen damit „automatisch“ Rechtswirksamkeit erlangten (vgl. BayVGH, U. v. 27.4.1992, 23 B 91.2413, GK 1993/58; B. v. 31.3.1992, 23 CS 92.310; U. v. 20.1.1995, 23 B 92.757, GK 1995/266). Die BGS-EWS/W 1992 ist zwar nicht wegen der in § 5 Abs. 2 Satz 3 enthaltenen unzulässigen Dachgeschossregelung in ihrem gesamten Beitragsteil nichtig, da die Heranziehung auch von (bloß) ausbaufähigen Dachgeschossen infolge der zulässigen Heranziehung von tatsächlich ausgebauten Dachgeschossen lediglich zur Teilnichtigkeit führt, weil nicht angenommen werden kann, dass der Satzungsgeber angesichts dieses Umstandes und der damit zu erwartenden, wenn auch wohl geringfügigen Schmälerung des fälligen Beitragsaufkommens an der verbleibenden Restregelung nicht festhalten würde (vgl. BayVGH, U. v. 10.12.2007, 23 B 07.1974; B. v. 15.12.2001, 23 B 01.1165, BayVBl 2002, 471 ff.). Die Nichtigkeit des Beitragsteils ergibt sich jedoch aus der unzulässigen Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. Satz 4, wonach Gebäude und selbstständige Gebäudeteile (Nebengebäude) nur hinsichtlich der Geschosse herangezogen werden sollen, die tatsächlich eine Schmutzwasserableitung haben. Diese Beschränkung auf einzelne Geschosse beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B. v. 13.12.2007, 23 B 07.2700; U. v. 16.11.2006, 23 BV 06.2403; U. v. 27.2.2003, 23 B 02.1032, BayVBl 2003, 373 f. = GK 2003/143; U. v. 11.09.2001, 23 ZB 01.401, GK 2002/25) einen Verstoß gegen das Prinzip des adäquaten Vorteilsausgleichs und den Gleichheitssatz, weil der durch den Anschluss erlangte Vorteil das gesamte Gebäude bzw. dessen gesamten selbstständigen Gebäudeteil erfasst. Darüber hinaus ist die BGS-EWS/W 1992 auch deshalb nichtig, weil sie entgegen Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG für diejenigen Grundstücke, bei denen § 4 Abs. 5 der Entwässerungssatzung der Stadt... (EWS 1992) ein Benutzungsrecht zur Einleitung von Niederschlagswasser wegen der möglichen ordnungsgemäßen Versickerung oder anderweitigen Beseitigung verneint, eine Beitragsabstufung nicht vorsieht (vgl. BayVGH, B. v. 7.3.2011, 20 ZB 10.3151; U. v. 25.7.2001, 23 B 00.2601, GK 2002/74; B. v. 8.11.2000, 23 CS 00.2177, GK 2001/121; U. v. 13.8.1998, 23 N 97.472, VwRR 1999, 169 ff. = GK 2000/248).

Hinsichtlich der Teilanlage ... gilt, dass eine Beitragspflicht weder aufgrund der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Stadt ... vom 24. November 1970 (EWS 1970) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 3. Dezember 1974 (BGS-EWS/S 1974) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 14. Mai 1982 (BGS-EWS/S 1982) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 28. November 1984 (BGS-EWS/S 1984) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung für die Erweiterung und Verbesserung der Entwässerungsanlage für das Gebiet der Stadt ... mit den Stadtteilen ..., ... und ... vom 29. Juli 1992 (VBS-EWS/S 1992) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 17. Dezember 1992 (BGS-EWS/S 1992) entstehen konnte. Die EWS 1970 ist bereits aus formellen Gründen nicht rechtswirksam zustande gekommen, weil sie bereits am 24. November 1970 und damit vor der am 15. Dezember 1970 erteilten rechtsaufsichtlichen Genehmigung des Landratsamts ... ausgefertigt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 20.12.2004, 23 CS 04.3051; U. v. 10.11.1998, 23 B 97.439; U. v. 15.10.1992, 6 B 89.2341, BayVBl 1993, 213 f. = NVwZ-RR 1993, 212; U. v. 16.3.1990, 23 B 88.567, BayVBl 1991, 23 f. = NVwZ-RR 1990, 588 f.). Die BGS-EWS/S 1974 war ebenso wie die nachfolgende BGS-EWS/S 1982 wegen des in § 9 a) BGS-EWS/S 1974 bzw. § 6 Abs. 2 a) BGS-EWS/S 1982 neben anderen Bemessungsmerkmalen vorgesehenen Grundbeitrags in ihrem gesamten Beitragsteil nichtig, da dieser - wie bereits oben dargelegt - einen zur sachgerechten Vorteilsabgeltung ungeeigneten Beitragsmaßstab darstellt. Für die BGS-EWS/S 1984 gilt zwangsläufig dasselbe wie für die BGS-EWS/W 1984. Für die BGS-EWS/S 1992 gilt wegen der mit der BGS-EWS/W (insoweit) übereinstimmenden Satzungsregelungen Entsprechendes. Die VBS-EWS/S 1992 ist bereits deshalb nichtig, weil es insoweit an einer erforderlichen wirksamen Herstellungsbeitragssatzung fehlt; ein Verbesserungsbeitrag kann nur erhoben werden, wenn zuvor auf der Grundlage einer wirksamen Herstellungsbeitragssatzung Herstellungsbeiträge erhoben werden konnten (vgl. BayVGH, U. v. 16.11.2006, 23 BV 06.2403; B. v. 6.3.2006, 23 B 05.1848; U. v. 16.3.2005, 23 BV 04.2295, BayVBl 2006, 108 ff. = GK 2005/188; B. v. 13.2.2003, 23 CS 03.86 u. a.; B. v. 9.10.2001, 23 CS 01.985, BayVBl 2002, 86 f.).

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der der Beitragsveranlagung des Grundstücks des Klägers zugrunde liegenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23. November 2011 (BGS-EWS 2011) sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wie bereits dargelegt, waren die Vorgängersatzungen nichtig. Der Kläger hat kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ungültige Abgabesatzungen nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt werden. Der bayerische Landesgesetzgeber hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08, BGBl I 2013, 820 ff. = BayVBl 2013, 465 ff. = NVwZ 2013, 1004 ff.) umgesetzt und in Art. 19 Abs. 2 KAG eine entsprechende Regelung geschaffen, die am Tage der Entscheidung in der vorliegenden Streitsache in Kraft getreten ist. Die dort bestimmte 30-jährige Verjährungsfrist seit Eintreten der Vorteilslage - der Kläger war 1989 und 1992 zu Beitragsleistungen herangezogen worden - ist vorliegend ersichtlich noch nicht abgelaufen.

Bedenken an der Wirksamkeit der Stammsatzung, der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung ... des Beklagten vom 23. November 2011 (EWS 2011), die Voraussetzung einer wirksamen Beitragssatzung ist (vgl. dazu BayVGH, B. v. 15.1.2007, 23 CS 06.3315; U. v. 18.5.2004, 23 B 04.78; U. v. 28.11.2002, 23 B 02.2078, BayVBl. 2003, 178 = GK 2003/131), wurden nicht geltend gemacht; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Widmungsbereich der Stammsatzung und der Geltungsbereich der Abgabesatzung (vgl. dazu BayVGH, B. v. 24.7.2001, 23 ZB 01.446) stimmen überein.

Auch halten die Regelungen der BGS/EWS [2011] materiellrechtlich einer gerichtlichen Nachprüfung stand. Die Satzung enthält in § 5 Abs. 1 Satz 2 die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG erforderliche Flächenbegrenzungsregelung und in § 6 Abs. 2 auch die im Hinblick auf § 4 Abs. 5 EWS 2011 gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG gebotene Beitragsabstufung.

II.

Die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen ist ordnungsgemäß erfolgt. Diesbezüglich verweist die Kammer ebenfalls auf die Ausführungen in ihrem Urteil vom 1. April 2014 (a. a. O.):

Da vorliegend der jeweilige Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt wurde, kommt die vom Kläger begehrte vollumfängliche Anrechnung seiner erbrachten Vorleistungen nicht in Betracht. Insoweit kann letztlich nichts anderes gelten als in dem Falle, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmals gültigen Satzung beim Herstellungsaufwand berücksichtigte Anlagenteile keinen Vorteil mehr vermitteln können, wenn z. B. eine alte Kläranlage abgebrochen werden musste (vgl. BayVGH, U. v. 1.12.1997, 23 B 96.851, BayVBl 1998, 214 f. = GK 1998/126). In diesem Falle bezieht sich ein Teil der vom Beitragspflichtigen erbrachten Vorleistungen auf Investitionen für Anlagenteile, die nicht mehr vorhanden sind, vom beitragspflichtigen Grundstückseigentümer jedoch über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen worden waren. Dies rechtfertigt es, die erbrachte Vorleistung in dem Maße prozentual zu kürzen, das dem Vorteil entspricht, den der Altanschließer aus dem nicht mehr vorhandenen Anlageteil bisher gezogen hat. Entsprechendes gilt für den vorliegenden Fall, wo Anlagenteile zwar noch nicht „verschwunden“, jedoch infolge Abschreibungen nur noch mit einem „Rest(buch)wert“ sind. Zu entsprechenden Ergebnissen ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Fällen gekommen, in denen (bislang) gemeindliche Einrichtungen von einem neuen Einrichtungsträger - einem Zweckverband - übernommen wurden (vgl. B. v. 17.12.2001, 23 CS 01.2361, a. a. O., unter Hinweis auf U. v. 13.2.1997, 23 B 93.471, VwRR-BY 1997, 155 ff., und BVerwG, U. v. 16.9.1981, 8 C 48/81, DVBl 1982, 76 ff. = KStZ 1982, 69 ff.; B. v. 17.3.1989, 23 B 88.02201, GK 1990/19; U. v. 15.12.1989, 23 B 88.01025, VGHE 43, 155 ff. = GK 1990/248). Danach hätten die Mitgliedsgemeinden den Altanschließern noch nicht verbrauchte (abgeschriebene) Herstellungsbeiträge zurückzuzahlen (so auch BVerwG, B. v. 22.3.2007, 10 BN 5/06, BayVBl 2007, 473 f. = NVwZ 2007, 955 f.), ggf. gestaffelt nach dem Zeitpunkt, zu dem sie für die gemeindliche Einrichtung beitragspflichtig geworden waren (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.1989, 23 B 88.02201, a. a. O.; U. v. 15.12.1989, 23 B 88.01025, a. a. O.), mithin unter Berücksichtigung der Dauer der Nutzung durch den Altanschließer. Da derartige Trägerwechsel - von (Mitglieds-)Gemeinden auf einen Zweckverband - in ihren Auswirkungen der vorliegenden Konstellation, dass durch die Verbindung zweier bisher technisch und rechtlich getrennter Entwässerungseinrichtungen eine „neue“ Einrichtung desselben Einrichtungsträgers geschaffen wird, vergleichbar sind (vgl. BayVGH, U. v. 19.5.2010, 20 N 09.3077, BayVBl 2011, 116 f. = GK 2010/179), gilt vorliegend nichts anderes.

[…]

Gegen die rechnerische Ermittlung des Abschreibungssatzes durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (vgl. Vorauskalkulation 01.01.2012 - 31.12.2013: Ermittlung des Anteils der noch nicht verbrauchten Herstellungsbeiträge der bis 2008 selbstständigen Entwässerungseinrichtung ...) hat der Kläger Maßgebliches nicht eingewendet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung sind auch nicht ersichtlich.

Indem der Beklagte die im Jahr 1985 erbrachten Vorleistungen des Klägers mit einem jährlichen Abschreibungssatz von 2,88% unter Zugrundelegung eines von dem der Beitragszahlung jeweils folgenden Jahr bis 2010 reichenden Abschreibungszeitraums, in dem der Kläger als Altanschließer aus den Anlageteilen Vorteile - Nutzen - hätte ziehen können, gekürzt hat, hat er dem sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nachvollziehbar Rechnung getragen.

III.

Die Beitragserhebung ist nicht wegen Zeitablaufs nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, 19 Abs. 2 KAG unzulässig. Der Beitrag konnte noch erhoben werden, weil die Vorteilslage frühestens 1984 eingetreten ist und damit die Veranlagung am 13. April 2012 noch innerhalb des 30-jährigen Zeitraums des Art. 19 Abs. 2 KAG erfolgt ist. Diese Übergangsvorschrift ist vorliegend anwendbar, weil der Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vor dem 1. April 2014 festgesetzt wurde.

Der auf den Zeitraum ab 1984 eingegrenzte Eintritt der Vorteilslage ergibt sich zur Überzeugung der Kammer daraus, dass in den Plänen zum Bebauungsplan Nr. ... „...“ vom 7. Dezember 1983 keine vorherige Bebauung erfasst war, dass im Verzeichnis über die Herstellungskosten und Wiederbeschaffungszeitwerte sämtliche Schächte zwischen den Anschlusspunkten ... und ... mit dem Baujahr 1984 erfasst sind und dass am 18. Dezember 1984 eine Schlussabnahme für die Beendigung der Maßnahme („Kanalisation in der ...“) erfolgt ist. Daraus ergibt sich, dass die Möglichkeit des Anschlusses des klägerischen Grundstücks frühestens mit Verlegung dieses Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gegeben war.

IV.

Gegen die Festlegung einer 30-jährigen Verjährungsfrist in Art. 19 Abs. 2 KAG bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVGH, U. v. 12.3.2015, 20 B 14.441, Rdnr. 28, juris) in einem bloßem obiter dictum Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Gleichheitssatz geäußert. Ein sachlicher Differenzierungsgrund sei nicht erkennbar, weil die im Gesetzesentwurf enthaltene Begründung nicht überzeuge. Bei Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG komme es maßgeblich auf die Festsetzung des Beitrags und somit auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheids an. Somit könne keine unterschiedliche Behandlung von (ausgesetztem) Widerspruchsverfahren und verwaltungsgerichtlichem Verfahren auftreten.

Die Kammer schließt sich diesen Bedenken jedoch nicht an und hat - wie schon im Urteil vom 27.1.2015 (AN 1 K 14.01149) geäußert - keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift (vgl. auch mit gleicher Einschätzung VG Regensburg, Urteil vom 20.10.2014, RO 8 K 14.744, S. 11 ff.).

Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Übergangsregelungen und Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. Osterloh/Nußberger in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl. 2014, Art. 3, Rdnr. 113; BVerfG, U. v. 23.11.1999, 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239 <270>; st. Rspr.). Bei der Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren Regelung steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsregelungen muss sich daher darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er alle in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, B. v. 18.3.2013, 1 BvR 2436/11, 1 BvR 3155/11, Rdnr. 34, juris m. w. N.; B. v. 7.10.2015, 2 BvR 413/15, juris m. w. N.).

Durch eine solche Stichtagsregelung entstehende Härten insbesondere im Hinblick auf den Vergleich der Betroffenen, die noch nicht bzw. gerade schon in den Anwendungsbereich der (hier bürgerbegünstigenden) Regelung kommen, können folglich nicht allein zur Verfassungswidrigkeit einer Regelung führen. Die Prüfung beschränkt sich in einem solchen Fall darauf, ob der Gesetzgeber seinen Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat.

Der Gesetzgeber hat mit der in Art. 19 Abs. 2 KAG getroffenen Regelung den ihm eröffneten Spielraum in sachgerechter Weise genutzt. Die getroffene Regelung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt, da nach der überzeugenden Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/370, S. 18) dem Umstand Rechnung getragen wird, dass auch im Beitragsrecht auf die Sach- und Rechtslage der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist, und folglich eine Änderung der Rechtslage im fakultativ möglichen (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO) Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen ist (vgl. U. v. 1.3.2012, 20 B 11.1723, Rdnr. 17, juris: U. v. 28.2.1995, 23 B 92.3295, Rdnr. 23, juris unter Verweis auf U. v. 20.12.1991, 23 B 90.3449; U. v. 31.8.1984, 23 B 82 A. 1204, Rdnr. 14, juris). Insoweit ist die Entscheidung des Gesetzgebers, ein Auseinanderfallen der rechtlichen Beurteilung von nicht bestandskräftigen Veranlagungen vor dem 1. April 2014 zu verhindern und diese Fälle gleich zu behandeln, unabhängig davon, ob vor oder ab dem 1. April 2014 ein Widerspruchsbescheid erlassen wurde, als sachgerecht und nicht willkürlich anzusehen.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

3. Die Berufung wird nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage der Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift Art. 19 Abs. 2 KAG grundsätzliche Bedeutung hat und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 2015 (Az. 20 B 14.1441, Rdnr. 28, juris) und im Beschluss vom 11. Mai 2015 (Az. 20 ZB 15.218, Rdnr. 5, juris) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert hat.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Berufungsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 1.352,10 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 118


Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zusta

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(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind:1.natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind,2.natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, soweit sie für den Gegenstand de

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Tenor I. Die Klagen werden abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten der Verfahren zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. IV. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind:

1.
natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind,
2.
natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, soweit sie für den Gegenstand des Verfahrens durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt sind,
3.
juristische Personen, Vereinigungen oder Vermögensmassen durch ihre gesetzlichen Vertreter oder durch besonders Beauftragte,
4.
Behörden durch ihre Leiter, deren Vertreter oder Beauftragte.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Die §§ 53 und 55 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger war bis zum ... Dezember 2011 als Miteigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ...der Gemarkung ... (...) in Erbengemeinschaft im Grundbuch des Amtsgerichts ... eingetragen.

Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ..., der am 10. Dezember 1964 in Kraft getreten ist, ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt und für obiges Grundstück die Errichtung von zwei Vollgeschossen zulässt.

Im Jahr 1988 erfolgte ein Umbau des auf dem genannten Grundstück befindlichen Wohnhauses durch einen (weiteren) Ausbau des Dachgeschosses. Die Geschossfläche des neu ausgebauten Teils des Dachgeschosses beträgt 21,02 m² (Außenmauern des ausgebauten Bereichs).

Die Baumaßnahme wurde im Dezember 1988 abgeschlossen.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2012 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen Ergänzungsbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Entwässerungsanlage der Beklagten in Höhe von 1.050,54 EUR fest.

Für die Ermittlung der zulässigen Geschossfläche wurden eine Grundstücksgröße von 492 m² und eine Geschossflächenzahl von 0,7 angesetzt. Von dem sich rechnerisch ergebenden Betrag von 344,40 m² wurden als am 31. Dezember 1979 vorhandene Geschossfläche nach der Baunutzungsverordnung 99,52 m² abgesetzt.

Veranlagt wurde demnach eine Grundstücksfläche von 244,88 m² zu einem Beitragssatz von 4,29 EUR.

Der Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schreiben vom 15. Februar 2012, eingegangen bei der Beklagten per Telefax am gleichen Tag, gegen den genannten Bescheid Widerspruch.

Die Baumaßnahme sei am 1. Dezember 1988 abgeschlossen worden. Im Zuge der Genehmigung sei zum damaligen Zeitpunkt auf Basis der damals geltenden Satzung von der Beklagten ein Verwaltungsakt dahingehend erlassen worden, dass keine Nacherhebung von Erschließungsbeiträgen erfolge. Der damalige Verwaltungsakt sei bestandskräftig geworden. Er sei allerdings wegen nichtiger Satzung rechtswidrig. Dies führe jedoch nicht automatisch dazu, dass nunmehr auf Basis der neuen Satzung eine Nacherhebung erfolgen könne.

Ein rechtswidriger Bescheid könne grundsätzlich jederzeit zurückgenommen werden. Solle er dagegen durch einen neuen, für den Betroffenen ungünstigeren Bescheid ersetzt werden, gelte jedoch die einschränkende Voraussetzung, wonach eine Rücknahme nur zulässig sei, wenn der Bescheid von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden sei, der Bescheid durch unlautere Mittel erwirkt worden, den Bescheid der Begünstigte durch falsche Angaben erwirkt habe oder die Rechtswidrigkeit des Bescheides dem Begünstigten bekannt gewesen sei.

All dies sei vorliegend nicht der Fall. Insofern könne der ursprünglich rechtswidrige Bescheid nicht nachträglich durch einen für den Kläger ungünstigeren Bescheid ersetzt werden.

Zudem gehöre es zu den elementaren Grundsätzen des Erschließungsbeitragsrechts, dass die Beitragsforderung nur einmal entstehen könne. Eine Satzung mit Rückwirkungsanordnung würde aber die einmal fertig gestellte Erschließungsanlage nachträglich in den Zustand der Unfertigkeit zurückversetzen. Insoweit müsse sich die Gemeinde an der einmal abgegebenen Erklärung, die Erschließungsanlage sei fertig gestellt, festhalten lassen.

Die Beklagte teilte dem Bevollmächtigten des Klägers unter dem 27. Februar 2012 mit, bei dem veranlagten Grundstück handele es sich um ein sogenanntes Frontmetergrundstück, d. h. es sei bereits nach dem bis zum 31. Dezember 1961 geltenden Frontmetermaßstab (laufende Meter des Grundstücks zur anliegenden Straße) zu einem Beitrag herangezogen worden. Speziell für Frontmetergrundstücke habe die frühere BGS/EWS eine Sonderregelung enthalten. Diese Grundstücke seien von einer Nacherhebung bei Geschossflächenvergrößerungen (§ 6 BGS/EWS) befreit gewesen.

Die Fertigstellung der Baumaßnahme aus dem Jahr 1988 habe der sogenannten „Frontmeterbefreiung“ unterfallen und folglich damals keine Beitragsschuld auslösen können, obwohl die Beklagte von der Geschossflächenerweiterung bereits Kenntnis erlangt habe. Es sei damals somit zu Recht kein Verwaltungsakt erlassen worden.

Im Rahmen einer überörtlichen Prüfung der Jahre 2000 bis 2007 durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband sei festgestellt worden, dass die BGS/EWS aufgrund der neusten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in ihrem Beitragsteil nichtig sei. Die Beklagte verfüge deshalb erstmals mit Inkrafttreten der jetzt gültigen BGW/EWS vom 14. November 2008 über gültiges Satzungsrecht. Damit seien erstmals die Voraussetzungen für das Entstehen einer Beitragsschuld geschaffen worden.

Es handele sich hier nicht um eine echte Rückwirkung. Denn bis zum Erlass einer erstmals gültigen Satzung habe es an jeglicher Regelung eines Beitragstatbestandes gefehlt.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b cc KAG beginne im Falle einer Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Satzung bekannt gegeben worden sei (hier im Jahr 2008). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 17.5.2006 - 23 CS 06.928) bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen, nach erstmaligem Inkrafttreten gültigen Beitragsrechts nicht rückwirkend zu einem Herstellungsbeitrag veranlagt zu werden.

Der Bevollmächtigte des Klägers erwiderte unter dem 23. März 2012, dass der Widerspruch aufrechterhalten werde.

Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 2. Mai 2012 der Regierung von ... zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2013 teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Regierung von ... mit, das Anwesen ... sei zwischenzeitlich veräußert worden. Eigentümer sei die Erbengemeinschaft ... und ... gewesen. Nach Abwicklung der Veräußerung hätten die Brüder ... eine Vielzahl an Unterlagen entsorgt. Der Bescheid über die Nichterhebung von Erschließungsbeiträgen sei nicht mehr auffindbar.

Vor der Veräußerung hätten die Brüder ... die Absicht gehabt, das Objekt in Wohnungseigentum aufzuteilen. Deswegen sei im Jahr 2010 ein aktueller Bestandsplan gefertigt worden. Aufgefunden worden sei auch ein ursprünglicher Bauantragsplan von 1956 und eine Baugenehmigung über eine Änderung am Anwesen aus dem Jahr 1964. Die Pläne von 1964 und 2010 stimmten überein. Damit könne es sich bei der im Jahr 1988 abgeschlossenen Baumaßnahme nur um die im Jahr 1964 genehmigte Änderung handeln. Sowohl 1964 anlässlich der Baugenehmigung als auch im Jahr 1988 anlässlich der Fertigstellung hätte die Beklagte einen Bescheid über die Erhebung eines Beitrags zur Entwässerung erlassen können. Mehr als 20 Jahre nach Fertigstellung und fast 50 Jahre nach Genehmigung einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage zu fordern, sei dreist. Es sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der zu beachten sei.

Am 6. März 2013 erließ die Beklagte einen Teilabhilfebescheid und reduzierte den festgesetzten Herstellungsbeitrag auf 788,07 EUR.

Die am 31. Dezember 1979 nach § 20 BauNVO vorhandene Geschossfläche wurde neu auf 160,70 m² festgesetzt.

Mit Schreiben vom 19. März 2013 teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Regierung von ... mit, durch den Teilabhilfebescheid vom 6. März 2013 habe sich der Widerspruch lediglich teilweise erledigt. Der Widerspruch werde weiterhin aufrechterhalten.

Mit Bescheid vom 4. Juni 2014 wies die Regierung von ... den Widerspruch zurück. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens wurden zu 4/5 dem Kläger und zu 1/5 der Beklagten auferlegt.

In der Begründung des Bescheides ist unter anderem ausgeführt, Grundstücke, die nach dem Satzungsrecht vor dem 1. Januar 1980 veranlagt worden seien oder hätten veranlagt werden sollen, würden nach dieser Satzung nur zu einem Beitrag herangezogen, wenn die Geschossfläche vergrößert werde. Die Beitragserhebung erfolge erst, wenn die Geschossfläche um mehr als 10% oder 100 m² erhöht werde. Der Beitrag werde nach dem Unterschied zwischen der zulässigen Geschossfläche und der bis zum 31. Dezember 1979 nach früherem Satzungsrecht maßgeblichen Geschossfläche berechnet. Bei Grundstücken, die bereits nach dem Frontmetermaßstab veranlagt worden seien, sei bei der Berechnung der Erhöhung der Geschossfläche von der bis zum 31. Dezember 1979 vorhandenen Geschossfläche auszugehen (§ 6 Abs. 2 S. 1, 2, 5 und 6 BGS/EWS).

Die Beklagte habe erstmals ab dem 14. November 2008 über gültiges Herstellungsbeitragsrecht für die öffentliche Entwässerungseinrichtung verfügt. Die vorher angewandte Satzung vom 25. November 1983 sei nichtig gewesen. Der Beitragstatbestand sei somit am 14. November 2008 entstanden und somit zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides noch keine Verjährung eingetreten.

Eine Verwirkung, ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes sei ebenfalls nicht zu erkennen. Eine Veranlagung sei auch nach der Neuregelung durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 zulässig. Der neu eingefügte Abs. 2 des Art. 19 KAG lege fest, dass für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch einen nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt seien, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe gelte, dass die Frist einheitlich 30 Jahre betrage.

Vorliegend habe die Geschossflächenerweiterung im Jahr 1988 stattgefunden. Die 30-Jahres-frist sei somit noch nicht abgelaufen.

Den behaupteten Erlass eines Bescheides über die Nichterhebung von Beiträgen habe der Kläger nicht belegen können, ein solcher widerspräche auch der gängigen Verwaltungspraxis.

Der Bescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juli 2014 zugestellt.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. Juli 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, Klage erheben und beantragen:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2012 in der Form des Bescheides vom 6. März 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2014 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Eine über den Vortrag im Widerspruchsverfahren hinausgehende Begründung der Klage erfolgte nicht.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 4. August 2014,

die Klage abzuweisen.

Zur im Mittelpunkt der Klagebegründung stehenden Frage, ob die Beklagte berechtigt sei, mehr als 20 Jahre nach Abschluss der Bauarbeiten noch Beiträge zu erheben, werde auf die Regelung in Art. 19 Abs. 2 KG in der ab 1. April 2014 geltenden Fassung hingewiesen, nach der bei Bescheiden, die vor dem 1. April 2014 erlassen worden und noch nicht bestandskräftig seien, eine Festsetzungsverjährungsfrist von einheitlich 30 Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eingetreten sei (hier 1988 mit Abschluss der Baumaßnahme), gelte. Diese Frist sei noch nicht abgelaufen.

Mit Beschluss vom 3. Dezember 2014 - wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.

Auf gerichtliche Anfrage teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Januar 2015 mit, nach Mitteilung des Entwässerungsbetriebes vom heutigen Tage befänden sich auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück nach dortigem Kenntnisstand (auch nach Auskunft aus dem aktuellen GIS) keine Gebäude oder selbstständigen Gebäudeteile im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS, die in Abzug gebracht hätten werden müssen.

Ergänzend werde noch mitgeteilt, dass der Abteilung Entwässerung (damals St. 30-5) im verfahrensgegenständlichen Fall der Überwachungs- und Schlussvermerk des Bauaufsichtsamtes vom 7. Januar 1991 über die Baumaßnahme zur Kenntnisnahme und Unterzeichnung von dort übersandt worden sei, eine eigenständige Mitteilung durch den Eigentümer sei nicht erfolgt. Nach der damaligen Rechtslage sei aber eine Beitragsberechnung nicht möglich gewesen (Frontmeterbefreiung). Im Übrigen würden (auch aktuell) im Baugenehmigungsverfahren dem Entwässerungsbetrieb grundsätzlich die Baupläne vom Bauaufsichtsamt zur Kenntnis übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 6. März 2013 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von ... vom 4. Juni 2014 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Der Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom4. April 1993 (GVBl Seite 264, BayRS 2024-1-I) und des Gesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 460, ber. S. 580) sowie in den Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) der Klägerin vom 5. November 2008, gemäß § 19 BGS/EWS in Kraft getreten am 14. November 2008.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen.

Die Beklagte betreibt eine derartige öffentliche Einrichtung für ihr Hoheitsgebiet (§ 1 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt... - Entwässerungssatzung - EWS), an die das Grundstück des Klägers angeschlossen ist.

Rechtliche Bedenken gegen das formell ordnungsgemäße Zustandekommen der BGS/EWS vom 5. November 2008 bestehen ebenso wenig wie gegen die materiell-rechtliche Gültigkeit ihrer Bestimmungen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 29.6.2009 - 20 CS 09.1225; VG Ansbach, Urteil vom 23.8.2011 - AN 1 K 11.00300).

Insbesondere ist gegen den in § 5 Abs. 1 Satz 1 BGS/EWS 2008 festgelegten Beitragsmaßstab, der vorsieht, den Beitrag nach der Grundstücksfläche und der zulässigen Geschossfläche zu berechnen, nichts zu erinnern. Dieser kombinierte Beitragsmaßstab ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur sachgerechten Abgeltung des aus der Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Entwässerungseinrichtung erwachsenden Vorteils geeignet (vgl. BayVGH, Urteile vom 28.11.2002 - 23 B 02.931, GK 2003/98 und vom 21.3.2000 - 23 B 99.2198).

Vor dem 14. November 2008 hat die Beklagte nicht über gültiges Satzungsrecht zur Erhebung von Beiträgen für die Herstellung ihrer öffentlichen Entwässerungseinrichtung verfügt. Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 25. November 1983 in der Fassung der Änderungssatzung vom 9. Januar 2001 war in ihrem Beitragsteil nichtig, da sie in § 5 Abs. 7 Satz 1 eine nicht zulässige Außenbereichsregelung enthielt. Nach der genannten Bestimmung galt bei Grundstücken im Außenbereich als zulässige Geschossfläche die Geschossfläche der genehmigten Bebauung. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urteile vom 8.3.2006 - 23 B 05.2921, GK 2007/120 und vom 22.11.2007 - 23 ZB 07.2302; Beschlüsse vom 13.11.2007 - 23 ZB 07.2302 und vom 26.2.2008 - 20 ZB 08.160) entspricht im leitungsgebundenen Beitragsrecht die zulässige Geschossfläche im Außenbereich jedoch der verwirklichten Bebauung. Die zulässige Geschossfläche bei Außenbereichsgrundstücken ist deshalb grundsätzlich mit der vorhandenen Geschossfläche identisch, wobei Dachgeschossflächen nur herangezogen werden dürfen, soweit sie tatsächlich ausgebaut sind.

Ebenfalls unzulässig dürfte die Regelung des § 5 Abs. 7 Satz 3 BGS/EWS a. F. gewesen sein, da bei gewerblich genutzten Grundstücken ohne Bebauung auch bei nur teilweiser gewerblicher Nutzung stets die gesamte Grundstücksfläche veranlagt wurde. Die Nichtigkeit der Regelungen des § 5 Abs. 7 Sätze 1 und 3 BGS/EWS vom 25. November 1983 in der Fassung der Änderungssatzung vom 9. Januar 2001 hat die Gesamtnichtigkeit des Beitragsteils dieser Satzung zur Folge (vgl. BayVGH, Beschluss vom 26.2.2008 - 20 ZB 08.160; Urteil vom 22.11.2007 - 23 N 07.1472, GK 2008/113 und 114).

Auch die früher erlassene BGS/EWS vom 20. Dezember 1979 war in ihrem Beitragsteil nichtig, weil sie in § 6 sowohl für die Grundstücks- als auch für die Geschossfläche jeweils zwei verschiedene Beitragssätze vorgesehen hatte, ohne jedoch bestimmt zu haben, wann und warum diese unterschiedlichen Sätze einer Beitragsermittlung hätten zugrunde gelegt werden sollen (BayVGH, Urteilevom 10.1.1990 - 23 CS 89.00334, GK 1991/33 und vom 18.2.1999 - 23 B 98.2527).

Mit dem Inkrafttreten der BGS/EWS vom 5. November 2008 am 14. November 2008 wurde somit erstmals die von der Beklagten bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1980 beabsichtigte Umstellung des Beitragsmaßstabs von der tatsächlichen auf die zulässige Geschossfläche rechtswirksam.

Ein derartiger Wechsel des Beitragsmaßstabs hat grundsätzlich zur Folge, dass mit Inkrafttreten der Beitragssatzung für sämtliche beitragspflichtige Grundstücke eine neue Beitragsschuld für die Differenz zwischen tatsächlicher und zulässiger Geschossfläche entsteht (vgl. BayVGH, Urteile vom 10.9.1997 - 23 B 95.2144, GK 1998/147; vom 26.10.1984 - 23 B 82.2956 und vom 9.8.1985 - 23 B 83.A 2589; Nitsche/Baumann/Schwammberger, Satzungen zur Abwasserbeseitigung, Erl. 21 zu Ziffer 20.03). Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung steht dem nicht entgegen. Denn auf solche Weise wird derjenige Tatbestand der zulässigen Bebauung, der bisher noch nicht oder nicht zur Gänze durch einen (Teil-)Beitrag für die tatsächliche Geschossfläche abgegolten war, für die Zukunft zeitlich vorgezogen. Dieser Tatbestand ist bisher noch nicht abgeschlossen gewesen, eine Beitragspflicht insoweit also nicht entstanden. Dieser (Teil-)Tatbestand kann deshalb neu geregelt werden. Der einzelne Bürger genießt kein schutzwürdiges Vertrauen in eine auch künftig stets gleichbleibende Abgabenregelung. Demgemäß gibt es auch kein Vertrauen darauf, dass eine dem einzelnen Abgabepflichtigen günstige ortsgesetzliche Regelung unverändert bestehen bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.7.1974, BVerfGE 38, 61; BayVGH, a. a. O.). Vielmehr ist ein Wechsel des Beitragsmaßstabes, wie sie vorliegend bereits zum 1. Januar 1980 mit dem Wechsel von der tatsächlichen zur zulässigen Geschossfläche vollzogen werden sollte, jederzeit zulässig (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.11.2002 - 23 B 02.931, GK 2003/98; BayVerfGH, Entscheidung vom 8.1.2002 - Vf. 6-VII-00, BayVBl 2002, 428; GK 2002/186).

Die Beklagte hat in der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. November 2008 allerdings für sogenannte Altfälle, also von dem früheren, als nichtig erkannten Satzungsrecht erfasste Fälle, in § 6 eine Übergangsregelung geschaffen, die vorliegend Anwendung findet.

§ 6 BGS/EWS 2008 lehnt sich an die frühere Übergangsregelung des § 5 Abs. 8 BGS/EWS a. F. an, gegen die rechtlich nichts zu erinnern war (vgl. VG Ansbach, Urteile vom 6.3.2001 - 1 K 00.1660; BayVGH, Urteil vom 18.2.1999 - 23 B 2527; Beschlüsse vom 17.1.2005 - 23 CS 04.3561 und vom 29.6.2009 - 20 CS 09.1225).

Die Beklagte hat in der Übergangsregelung des § 6 Abs. 1 BGS/EWS die Gültigkeit des als nichtig erkannten früheren Ortsrechts unterstellt und alle damals erfüllten Tatbestände als abgeschlossen behandelt, soweit die Beitragstatbestände nach den bisher geltenden Satzungen vollständig veranlagt wurden. Hiergegen bestehen keine rechtlichen Bedenken (BayVGH, Urteil vom 23.4.1998 - 23 B 96.3932, GK 1999/35; Beschlüsse vom 10.1.1990 - 23 CS 89.00334 und vom 17.1.2005 - 23 CS 04.3561). Es ist des Weiteren zulässig, dass die Beklagte in § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2008 das Entstehen einer weiteren Beitragsschuld für den Unterschied zwischen zulässiger und bisheriger Geschossfläche von der Vergrößerung der nach früherem Satzungsrecht maßgebenden vorhandenen Geschossfläche abhängig macht. Zwar wird - wie ausgeführt - der Nacherhebungstatbestand hinsichtlich der Differenz zwischen der tatsächlichen Geschoßfläche und der zulässigen Geschoßfläche grundsätzlich mit dem Inkrafttreten des neuen Beitragsmaßstabes verwirklicht. Allerdings kann der kommunale Satzungsgeber, wie vorliegend geschehen, in einer Übergangsregelung für Eigentümer von Grundstücken, die bereits nach früherem Satzungsrecht veranlagt worden sind, das Entstehen einer weiteren Beitragspflicht in Höhe der Differenz zwischen der nach bisherigem Satzungsrecht maßgeblichen Geschossfläche und der zulässigen Geschossfläche auf den Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (Geschossflächenvergrößerung) hinausschieben. Denn eine (zulässige) Ungleichbehandlung erfahren dabei unterschiedliche Gruppen von Beitragspflichtigen, nämlich einerseits diejenigen, für die eine Beitragspflicht hinsichtlich der baulichen Ausnutzbarkeit erstmals nach Inkrafttreten der neuen Satzung entsteht und andererseits jene, deren Beitragspflicht für eine vorhandene Bebauung bereits unter der Geltung des davor geltenden Ortsrechts begründet worden war, für die durch die neue Satzung also nur weitere (Teil-) Beitragspflichten entstanden sind (BayVGH, Urteile vom 23.4.1998 - 23 B 96.3932; vom 10.9.1997 - 23 B 95.2144, GK 1998/147 und vom 30.3.1984 - 23 B 81 A. 1967, BayVBl 1985, 656).

Vorliegend greift die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 BGS/EWS, da die Jahr 1988 realisierte Geschossflächenvergrößung nicht nach dem früheren (nichtigen) Beitragsrecht veranlagt worden war. Zudem sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BGS/EWS für eine Nacherhebung nach dem neuen Beitragsmaßstab der zulässigen Geschossfläche erfüllt, da die Baumaßnahme die am 31. Dezember 1979 tatsächlich vorhandene Geschossfläche im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 7 BGS/EWS (160,70 m²) um mehr als 10% (21,02 m²) vergrößert hat.

Damit ist der Beitragstatbestand erfüllt und die Beitragsschuld mit Inkrafttreten der BGS/EWS am 14. November 2008 entstanden.

Die Beitragsforderung konnte zulässig noch im Jahr 2012 mit Bescheid vom 13. Januar 2012 festgesetzt werden. Die - regelmäßige - vierjährige Festsetzungsfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 3 KAG i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO lief erst am 31. Dezember 2012, 24 Uhr ab.

Der Beitragserhebung steht auch nicht entgegen, dass die hier relevante Veränderung der Vorteilslage durch die Vergrößerung der tatsächlichen Geschossfläche (vgl. Art. 5 Abs. 2 a Satz 1 KAG; § 6 Abs. 2 Satz 1 BGS/EWS) bereits im Jahr 1988, also über 23 Jahre vor Erlass des Beitragsbescheides, eingetreten ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar mit Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 entschieden, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar ist und die Nichtigkeit der Vorschrift eintritt, falls der Gesetzgeber Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) Spiegelstrich 2 KAG nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung ersetzt.

Das Bundesverfassungsgericht hält es somit - abweichend von der bisherigen, herrschenden Rechtsprechung in Bayern (vgl. BayVGH, Urteil vom 30.3.1984 - 23 B 81 A. 1967, BayVBl. 1985, 656; BayVGH, Beschluss vom 29.3.2011 - 20 ZB 11.220; Beschluss vom 16.5.2008 - 20 ZB 08.903) - für nicht zulässig, dass nach erstmaligem Inkrafttreten gültigen Beitragsrechts der Vorteil der (möglichen) Nutzung der leitungsgebundenen Einrichtung rückwirkend ohne zeitliche Begrenzung durch erstmalige Festsetzung des Herstellungsbeitrags abgerechnet werden kann.

Der Bayerische Landesgesetzgeber hat den Handlungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014, GVBl. S. 70, in Kraft getreten am 1. April 2014 umgesetzt.

Dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts wurde dadurch entsprochen, dass eine zeitliche Höchstgrenze eingeführt wurde, innerhalb derer eine Abgabe zum Vorteilsausgleich - also ein Beitrag - festzusetzen ist. Die Frist beginnt - unabhängig vom Entstehen der Beitragsschuld - mit Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat und beträgt, abhängig von der Erfüllung gesetzlicher oder satzungsrechtlich verankerter Mitwirkungspflichten durch den Beitragsschuldner, grundsätzlich 20 bzw. 25 Jahre (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 KAG n. F.).

Der Gesetzgeber hat jedoch zugleich in Art. 19 Abs. 2 KAG für Beiträge, die vor dem1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt wurden, eine Übergangsregelung getroffen, die vorliegend somit zur Anwendung kommt. In diesem Fall gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 KAG mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Diese wäre im Falle des Klägers erst am 31. Dezember 2018 abgelaufen, so dass die Beitragsfestsetzung im Jahre 2012 zulässigerweise erfolgt ist.

Der Bayerische Gesetzgeber hat die Übergangsregelung wie folgt begründet (LTDrs. 17/370, S. 18 f.):

„Zudem wird mit (Art. 19) Abs. 2 eine Übergangsregelung mit Wirkung für alle anhängigen Fälle eingeführt, in denen der Beitrag zwar binnen 30 Jahren nach Ende des Jahres, in dem die Vorteilslage eingetreten ist - aber nach Ablauf der ab 1. April 2014 geltenden Ausschlussfrist von 20 Jahren -, fest-gesetzt wurde, der Beitragsschuldner jedoch Widerspruch eingelegt hat, über den vor dem 1. April 2014 noch nicht entschieden ist. Da die Widerspruchsbehörde - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zugrunde zu legen hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 68 Rn. 15; Kastner in Fehling/Kastner/Wahrendorf, Verwaltungsrecht VwVfG VwGO, § 73 Rn. 21; Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 68 Rn. 45), müsste sie bei Entscheidungen ab dem 1. April 2014 die neue Rechtslage anwenden und deshalb den angefochtenen Bescheid aufheben, wenn er unter Verstoß gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb SpiegelstriKAG1 KAG - neu - normierte Ausschlussfrist ergangen ist.

Dies führt jedoch beispielsweise in der - im Beitragsrecht häufig vorkommenden - Konstellation zu unbilligen Auswirkungen, in denen zahlreiche Beitragsschuldner gegen ihre Bescheide Widerspruch eingelegt haben und nur wenige Musterverfahren gerichtlich überprüft werden. In der Praxis setzt die Widerspruchsbehörde aus Gründen der Ökonomie und unter dem Gesichtspunkt der Bürgerfreundlichkeit bei einer Vielzahl gleichlautender Widersprüche den Großteil der Widerspruchsverfahren aus, ohne einen (kostenpflichtigen) Widerspruchsbescheid zu erlassen. Vielmehr ergeht nach Absprache mit den Widerspruchsführern nur in einem ausgewählten Musterfall ein Widerspruchsbescheid, der dann vor den Verwaltungsgerichten überprüft wird. Ist dieser (Muster-)Widerspruchsbescheid vor dem 1. April 2014 ergangen und wurde dann gerichtlich angegriffen, wäre das Musterverfahren nicht an der Aus-schlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb SpiegelstriKAG1 KAG - neu - zu messen, da Gerichte bei der Prüfung von Beitragsbescheiden die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d. h. der Widerspruchsentscheidung zugrunde zu legen haben (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 4.7.2006 - 5 B 90/05 - juris Rn. 6; BayVGH, U. v. 8.12.1993 - 21 B 92.799 - BayVBl 1994, 404). Als Maßstab für die gerichtliche Entscheidung wären somit ausschließlich die aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsätze der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit heranzuziehen, die bei einer Beitragserhebung binnen 30 Jahren nach Eintritt der Vorteilslage nicht verletzt wären (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - UA Rn. 20 ff.). Wurde der dem Musterverfahren zugrundeliegende Bescheid zwar nach Ablauf der Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb SpiegelstriKAG1 KAG - neu - aber vor Ablauf von 30 Jahren erlassen, käme es zu dem unbilligen Ergebnis, dass die Verwaltungsgerichte die Rechtmäßigkeit des Bescheids - sofern keine anderen Rechtsfehler gegeben sind - bestätigen und die Klage abweisen würden, während die im Hinblick auf dieses Musterverfahren ausgesetzten Widerspruchsverfahren mit einer Aufhebung der Bescheide enden müssten.

Durch die Übergangsregelung wird somit der Prüfungsmaßstab der Widerspruchsbehörden und der Verwaltungsgerichte hinsichtlich nicht bestandskräftiger Bescheide einander angenähert; es sollen unterschiedliche Ergebnisse, je nachdem, ob sich ein Bescheid zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes erst im Widerspruchsverfahren oder bereits im Klageverfahren befindet, so weit wie möglich verhindert werden.

Folglich betrifft die Übergangsregelung nur diejenigen Beiträge, die mittels Bescheids der zuständigen Behörde bis 31. März 2014 festgesetzt wurden und noch nicht bestandskräftig sind. Damit die Vorschrift Anwendung findet, muss der Beitragsbescheid vor dem 1. April 2014 den Bereich der Kommune verlassen haben (vgl. auch Nr. 3 zu § 1 Nr. 9 b aa aaa dieses Entwurfs). Bestandskräftige Bescheide werden von der Übergangsfrist nicht berührt. Für sie gelten die allgemeinen Regelungen zur Bestandskraft von Verwaltungsakten.

Die für die Übergangsregelung gewählte Frist von 30 Jahren orientiert sich an den gängigen Verjährungshöchstfristen des Bürgerlichen und Öffentlichen Rechts (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu § 1 Nr. 9 b aa aaa dieses Entwurfs) und verstößt nicht gegen die aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsätze der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - UA Rn. 20 ff.). Sie gilt einheitlich für alle zeitlich erfassten Fälle, d. h. unabhängig von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Art. 5 Abs. 2a KAG durch den Beitragsschuldner.“

Diese Erwägungen sind sachgerecht, insbesondere nicht willkürlich, so dass in der von Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 KAG abweichenden Regelung des Art. 19 Abs. 2 KAG (Frist von 30 Jahren statt von 20 bzw. 25 Jahren) kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV gesehen werden kann.

Auch im Übrigen unterliegt die Beitragsfestsetzung keinen rechtlichen Bedenken.

Soweit der Kläger behauptet, ihm sei durch Verwaltungsakt zugesichert worden, dass keine Nacherhebung von Erschließungsbeiträgen erfolge, steht dies der streitgegenständlichen Beitragserhebung nicht entgegen.

Zum einen geht es vorliegend gerade nicht um die (einmalige) Beitragserhebung für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB. Zum anderen konnte der Kläger, der die materielle Beweislast für das Vorliegen der von ihm behaupteten Zusicherung im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG trägt, seine Behauptung nicht belegen.

Da im leitungsgebundenen Beitragsrecht eine erneute Veranlagung eines Grundstücks zulässig oder sogar rechtlich geboten ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 a) Satz 1 KAG sowie die Konstellation des Wechsels des Beitragsmaßstabs von der tatsächlichen zur zulässigen Geschossfläche), spricht auch nichts dafür, dass die Beklagte eine derartige - rechtswidrige - Zusicherung abgegeben hätte.

Der Beitragsbescheid konnte an den Kläger, der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht (am 14.11.2008) in Erbengemeinschaft mit seinem Bruder Miteigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... war, adressiert werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 15.9.1983 - 23 B 80 A. 86, BayVBl 1984, 186 und HessVGH, Urteil vom 31.5.2011 - 5 B 1358/10 zur Heranziehung eines Mitglieds einer Erbengemeinschaft als Gesamtschuldner). Gesonderter Ausführungen im Bescheid, weshalb der Kläger (und nicht sein Bruder) als Gesamtschuldner herangezogen wurde, bedurfte es nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.1.1993 - 8 C 57/91; NJW 1993, 1667; BayVGH, Urteil vom 28.10.1996 - 23 B 93.0006; Urteil vom 28.6.1985 - 23 CS 84 A.1051).

Auch die Ermittlung der zulässigen Geschossfläche ist fehlerfrei erfolgt.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ..., der am 10. Dezember 1964 in Kraft getreten ist, ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt und für obiges Grundstück die Errichtung von zwei Vollgeschossen zulässt. Gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO 1962 ist im diesem Fall einer Geschossflächenzahl von 0,7 zulässig und der Beitragsfestsetzung zugrunde zu legen (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 BGS/EWS).

Die am 31. Dezember 1979 vorhandene tatsächliche Geschossfläche ist im Teilabhilfebescheid vom 6. März 2013 korrekt ermittelt und in Abzug gebracht worden.

Die Geschossfläche der auf dem Grundstück errichteten Garage ist hingegen nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS von der zulässigen Geschossfläche in Anzug zu bringen. Nach dieser Bestimmung wird die Geschossfläche der auf dem heranzuziehenden Grundstück vorhandenen Gebäude oder selbstständigen Gebäudeteile, die nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Schmutzwasserableitung auslösen oder die nicht angeschlossen werden dürfen, von der für das Grundstück ermittelten zulässigen Geschossfläche abgezogen und nicht der Beitragsberechnung zugrunde gelegt. Dies gilt nicht für Gebäude oder selbstständige Gebäudeteile, die tatsächlich an die Schmutzwasserableitung angeschlossen sind oder bei der Berechnung der auf dem Grundstück zulässigen Geschossfläche unberücksichtigt bleiben.

Die satzungsrechtliche Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS beruht auf der zum1. August 2002 neu eingeführte Regelung des Art. 5 Abs. 2 Satz 5 KAG.

§ 20 Abs. 4 BauNVO legt insoweit fest, dass bei der Ermittlung der Geschoßfläche Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt bleiben.

Die als Grenzbau bestehende Garage unterfällt mit einer Wandlänge von 11,10 m zwar nicht dem Abstandsflächenprivileg des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO. Die Beklagte, die zugleich zuständige Baugenehmigungsbehörde ist, hat mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 jedoch mitgeteilt, dass im Hinblick auf die Deckungsgleichheit mit der Grenzgarage auf dem Nachbargrundstück eine Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO (auf der Grundlage des Art. 63 Abs. 1 BayBO) möglich ist. In diesem Fall bleibt die Geschossfläche der Garage jedoch ebenfalls nach Art. 20 Abs. 4 BauNVO bei der Ermittlung der Geschossfläche unberücksichtigt und stellt deshalb auch keinen Abzugsposten nach § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS dar (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 7.5.2009 - AN 1 S 09.00589; bestätigt durch BayVGH, Beschluss vom 29.6.2009 - 20 CS 09.1225).

Der Klage war deshalb abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das rückwirkende Inkrafttreten des Sächsischen Besoldungsgesetzes (SächsBesG).

I.

2

Der Beschwerdeführer ist im Jahr 1995 durch die damalige Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt in das Beamtenverhältnis übernommen worden. Im Jahr 2005 ist die Beklagte des Ausgangsverfahrens - die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland - durch den Zusammenschluss mehrerer Landesversicherungsanstalten zu einem Regionalträger entstanden. Mit dem Wirksamwerden dieser Vereinigung am 30. September 2005 trat der Beschwerdeführer kraft Gesetzes in den Dienst der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland über.

3

Im Dezember 2009 machte der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Gewährung des Grundgehaltes aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 1. Januar 2006 geltend, da die besoldungsrechtliche Ersteinstufung nach dem Lebensalter und der Stufenaufstieg nach dem Dienstalter eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters und damit einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellten. Das Begehren wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2010 zurückgewiesen. Der Klage hat das Verwaltungsgericht Halle mit Urteil vom 28. September 2011 stattgegeben. Zur Begründung hat es angeführt, § 27 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 bilde die besoldungsrechtliche Rechtsgrundlage und zwar bis zum 31. Oktober 2007 als Bundesrecht und für den Folgezeitraum aufgrund der Regelung in § 17 SächsBesG als Landesrecht. Das Zusammenwirken von § 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 und den in der Besoldungsordnung A enthaltenen Besoldungsstufen führe zu einer Diskriminierung wegen des Alters. Als Rechtsfolge der Benachteiligung käme lediglich eine "Anpassung nach oben" dergestalt in Betracht, dass dem Beschwerdeführer Grundgehalt nach der höchsten Stufe seiner jeweiligen Besoldungsgruppe zu gewähren ist.

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 11. Dezember 2012 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, den Beschwerdeführer rückwirkend ab dem 1. Januar 2009 so zu stellen, als hätte er im Zeitpunkt seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe bereits ein Lebensalter von 35 Jahren erreicht. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, nach §§ 27, 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 stelle das im Zeitpunkt der Übernahme in das Beamtenverhältnis erreichte Lebensalter das maßgebliche Kriterium für die Zuordnung zu den Dienstaltersstufen und der danach erfolgenden Bemessung des Grundgehaltes dar. Diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters sei nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der Rechtsfolgen könne der Gleichheitsverstoß nur durch eine Besserstellung des Beschwerdeführers erreicht werden. Allerdings käme eine "Anpassung nach oben", mithin die Zuordnung zu der höchsten Dienstaltersstufe zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung nicht in Betracht. Vielmehr erscheine es geboten, im Wege einer konkreten Betrachtungsweise die Vergleichsgruppe zu ermitteln, welcher gegenüber der Beschwerdeführer in besoldungsrechtlicher Hinsicht benachteiligt sei. Das Bestehen einer Regelaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis gebe danach hinreichend Aufschluss über den Kreis der Bediensteten, die als Vergleichsgruppe herangezogen werden könnten. Eine Ungleichbehandlung könne daher nur gegenüber den Beamten bestehen, die bei Einstellung nicht älter als 35 Jahre waren. Der Beschwerdeführer sei daher besoldungsrechtlich dieser Beamtengruppe gleichzustellen.

5

Der Beschwerdeführer hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens erließ der Sächsische Gesetzgeber das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 18. Dezember 2013. Mit Art. 2 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes wurde das Sächsische Besoldungsgesetz neu geregelt. Wesentlicher Gegenstand der Besoldungsreform war, dass die Bemessung des Grundgehalts der Beamten der Besoldungsordnung A nicht mehr nach dem Besoldungsdienstalter, sondern nach den tatsächlich geleisteten Dienstzeiten und der erbrachten Leistung erfolgt. Gemäß Art. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz wurde das Sächsische Besoldungsgesetz rückwirkend zum 1. September 2006 in Kraft gesetzt.

6

Das Bundesverwaltungsgericht hat sodann mit Urteil vom 30. Oktober 2014 die Beklagte zur Zahlung von 50 € nebst Zinsen an den Beschwerdeführer verurteilt und die Urteile des Oberverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2012 und des Verwaltungsgerichts Halle vom 28. September 2011 aufgehoben, soweit sie dem entgegenstanden.

7

Grundlage der Besoldung des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2006 seien §§ 27, 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 gewesen. Hiernach habe das in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besoldungsdienstalter den Anknüpfungspunkt für die erstmalige Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze gebildet. Dieses Besoldungssystem führe - wie der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 19. Juni 2014 (Rs. C-501/12 - Specht) zum vergleichbaren Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz bereits festgestellt habe - zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG. Ein Anspruch auf höhere Einstufung bestehe aber nicht, da das Bezugssystem der §§ 27, 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 insgesamt diskriminierend und damit ungültig sei. Dem Beschwerdeführer stehe auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes am 18. August 2006 mangels Anspruchsgrundlage kein Zahlungsanspruch zu. Die Anspruchsvoraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs seien nicht erfüllt, da ein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht erst mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2011 (Rs. C-297/10 und C-298/10 - Hennigs und Mai) gegeben sein konnte. Aus diesen Gründen sei auch das Bestehen eines verschuldensabhängigen Anspruchs aus § 15 Abs. 1 AGG zu verneinen.

8

Für den Zeitraum vom 18. bis zum 31. August 2006 hingegen habe der Beschwerdeführer einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 50 € aus § 15 Abs. 2 AGG. Vergleichbar der Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes nach § 253 Abs. 2 BGB sei die Bestimmung der Höhe der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG dem Gericht überlassen. Dabei seien die Besonderheiten jedes einzelnen Falles zu berücksichtigen; dazu zählten unter anderem die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Dienstherrn, der Sanktionszweck der Norm. In Anlehnung an die Regelungen in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG und § 97a Abs. 2 Satz 3 BVerfGG zum Entschädigungsanspruch im Falle der überlangen Dauer von Gerichtsverfahren habe das Gericht in Bezug auf den Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung in Höhe eines Pauschalbetrages von 100 € pro Monat als angemessen bewertet.

9

Ab dem 1. September 2006 sei dann das Besoldungsrecht des Freistaates Sachsen in der Fassung des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 18. Dezember 2013 für die Besoldung des Beschwerdeführers maßgeblich. Das ab dem 1. September 2006 geltende Sächsische Besoldungsgesetz orientiere sich bei der Ersteinstufung nicht mehr am Lebensalter und der Aufstieg nach Stufen knüpfe an die bisher erlangte Berufserfahrung an, so dass es mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG in Einklang stehe und Ansprüche des Beschwerdeführers ausgeschlossen seien. Zwar perpetuiere die Überleitungsregelung des § 80 SächsBesG für Bestandsbeamte, die am 31. August 2006 bereits in einem Dienstverhältnis standen, die unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters, weil die Neuzuordnung der Stufe des Grundgehalts sich an der Grundgehaltsstufe orientiere, die dem Beamten am 1. September 2006 nach dem früheren diskriminierenden System der §§ 27 und 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 zugestanden hätte. Diese Überleitungsregelung sei jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Wahrung des am 1. September 2006 erreichten Status quo nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt. Auch habe der Europäische Gerichtshof die administrativen Schwierigkeiten für die Regulierung der in der Vergangenheit liegenden Zeiten als ausreichend gewichtig für eine solche Überleitungsregelung angesehen. Die rückwirkende Inkraftsetzung der §§ 27 bis 29 sowie § 80 SächsBesG zum 1. September 2006 durch Art. 28 Abs. 3 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes sei mangels belastender Tendenz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. An einer belastenden Wirkung für bereits am 31. August 2006 ernannte Beamte fehle es, weil die zum 1. September 2006 in Kraft gesetzte landesrechtliche Regelung weder nach dem früheren Recht begründete Besoldungsansprüche beseitige noch ihre Geltendmachung erschwere. Selbst wenn man von einer belastenden Wirkung der rückwirkenden Inkraftsetzung der Neuregelung ausginge, sei eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit einer echten Rückwirkung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Es fehle an der Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Beschwerdeführers, weil ein kompetenz- und unionsrechtskonformes Landesgesetz rückwirkend an die Stelle eines unionsrechtswidrigen Bundesgesetzes getreten sei. Die Rückwirkung scheitere auch nicht daran, dass hierdurch der ab dem 8. September 2011 bestehende unionsrechtliche Haftungsanspruch oder der ab dem 1. September 2006 bestehende Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG weggefallen ist.

II.

10

Mit seiner gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Darüber hinaus macht er mittelbar die Unvereinbarkeit der §§ 27, 28, 80 SächsBesG in der Fassung des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 18. Dezember 2013 mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 33 Abs. 5 GG geltend.

11

Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei er in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Besoldung sowohl aufgrund der §§ 27, 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 als auch nach dem Sächsischen Besoldungsgesetz führten hinsichtlich der Bestandsbeamten zu einer Ungleichbehandlung. Dies gelte vor allem für die in § 80 Abs. 1 SächsBesG normierte Überleitungsregelung. Hiernach bliebe es weiterhin bei der diskriminierenden Kopplung zwischen Besoldung und Lebensalter. Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts seien keine sachlichen Rechtfertigungsgründe für eine rückwirkend fortgesetzte Diskriminierung durch §§ 27, 28, 80 SächsBesG gegeben. Soweit das Bundesverwaltungsgericht unter Verweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof vom 19. Juni 2014 (Rs. C-501/12 - Specht) die Wahrung des Besitzstandes als legitimes Ziel erachte, "tauge" dies jedenfalls nicht zur Rechtfertigung der in Rede stehenden Ungleichbehandlung mit Rückwirkung. Der Besitzstand wäre ohne weiteres auch dann gewahrt worden, wenn eine Neuregelung der Beamtenbesoldung allein für die Zukunft erfolgt wäre. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch nicht die Vermeidung des übermäßigen Verwaltungsaufwandes als Rechtfertigungsgrund annehmen dürfen.

12

Die rückwirkende Inkraftsetzung der Regelung zum 1. September 2006 beinhalte jedenfalls für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 8. September 2011 eine unzulässige echte Rückwirkung und verstoße gegen das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Vertrauensschutzprinzip. Das neue sächsische Besoldungsrecht habe eine belastende Tendenz, da es bestehende Rechtspositionen verschlechtere. Eine rückwirkende Neuregelung sei auch nicht erforderlich. Es hätte die Möglichkeit einer bloßen Neuregelung für die Zukunft bestanden, das heißt eine Überleitung von Bestandsbeamten in das neue System ohne Rückwirkung. Die vom Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang herangezogene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Wegfall des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs bei nachträglicher Richtlinienumsetzung sowie des Bundesgerichtshofs zum Wegfall des Amtshaftungsanspruchs bei nachträglichem Erlass einer wirksamen Satzung sei nicht übertragbar. Letztlich seien auch die Fallgruppen einer ausnahmsweisen Zulässigkeit der echten Rückwirkung nicht einschlägig.

13

Das Bundesverwaltungsgericht habe objektiv willkürlich einen Ersatzanspruch für den Zeitraum 1. Januar bis 17. August 2006 nicht anerkannt. Willkürlich erscheine zudem die Festlegung einer Entschädigungshöhe für den Anspruch ab dem 18. August 2006. Der symbolische Betrag in Höhe von 100 € je Monat sei nicht geeignet, die Diskriminierung zu beseitigen. Die Bemessung weise keinen Bezug zu der jeweiligen Besoldungsdifferenz in den unterschiedlichen Ämtern auf.

14

Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht seine Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV nicht erfüllt und ihn damit in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht habe sich die Frage gestellt, ob die Richtlinie 2000/78/EG dahin auszulegen sei, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die die Überleitung von Beamten in ein neues Besoldungssystem auch mit Wirkung für die Vergangenheit festlegen und dabei vorsehen, dass die Besoldungsstufe allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt wird. Der Europäische Gerichtshof habe diese Rechtsfrage auch nicht in der vom Bundesverwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung vom 19. Juni 2014 (Rs. C-501/12 - Specht) entschieden.

B.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu (vgl. BVerfGE 90, 22 <24>; 96, 245 <248>). Die mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen sind hinreichend geklärt; sie lassen sich mit Hilfe der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe ohne weiteres entscheiden. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Verfassungsbeschwerde ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I.

16

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Dezember 2012 wendet, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG. Der Beschwerdeführer setzt sich nicht (hinreichend) mit der angegriffenen Entscheidung und deren konkreter Begründung auseinander (vgl. BVerfGE 85, 36 <52 f.>).

II.

17

Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen unbegründet. Die mittelbar angegriffenen Vorschriften §§ 27, 28, 80 SächsBesG in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts im Freistaat Sachsen vom 18. Dezember 2013 sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht die Vorschriften in seiner Entscheidung als verfassungskonform zugrunde gelegt hat. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG). Das Bundesverwaltungsgericht hat auch nicht durch Unterlassen der Vorlage nach Art. 267 AEUV das grundrechtsgleiche Recht des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.

18

1. Die angegriffene rückwirkende Neuregelung der Beamtenbesoldung verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.

19

a) Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies daher einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>).

20

b) Hieran gemessen entfaltet das Sächsische Besoldungsgesetz schon keine belastende Wirkung.

21

aa) Das Sächsische Besoldungsgesetz in der Fassung des Art. 2 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz schafft ein diskriminierungsfreies Besoldungssystem. Die bisherige, am Besoldungsdienst- oder Lebensalter ausgerichtete Stufenzuordnung ist durch eine altersunabhängige, an beruflichen Erfahrungszeiten orientierte Zuordnung ersetzt worden. Eine rechtsbeeinträchtigende Wirkung geht damit nicht einher. Auch bei isolierter Betrachtung der Überleitungsregelung in § 80 SächsBesG sind keine nachteiligen Auswirkungen festzustellen. Angesichts der rückwirkenden Einführung des neuen Besoldungssystems zum 1. September 2006 hat der Gesetzgeber mit § 80 SächsBesG explizit für Bestandsfälle aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eine Überleitungsregelung unter Wahrung von Besitzständen geschaffen. Nach erfolgter Überleitung in die neue Erfahrungsstufe beginnt ab 1. September 2006 der weitere Stufenaufstieg nach § 27 Abs. 2 SächsBesG. Dabei entspricht der anschließende Stufenaufstieg hinsichtlich der Zahl der Stufen sowie des Rhythmus des Aufstiegs der früher maßgeblichen Vorschrift des Bundesbesoldungsgesetzes. Für Beamte, die im Zeitraum vom 1. September 2006 bis 31. Dezember 2013 ernannt wurden, sieht § 80 Abs. 6 SächsBesG sogar eine Günstigerregelung vor, wonach im Einzelfall aus Vertrauensschutzgründen zur Wahrung des Status quo die § 27 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 Anwendung finden. Eine Schlechterstellung ist mit der Überleitungsregelung daher nicht verbunden.

22

bb) Eine belastende Wirkung ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Beschwerdeführer rückwirkend ein Anspruch auf höhere Besoldung entzogen worden wäre. Eine solche Rechtsposition, die ihm hätte entzogen werden können, stand ihm weder gesetzlich zu, noch wurde sie ihm bestandskräftig gerichtlich zugesprochen. Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Entschädigung unter Beibehaltung des diskriminierenden Besoldungssystems oder auf Erlass eines diskriminierungsfreien Besoldungssystems unter Beibehaltung des Anspruchs auf Entschädigung bestand ebenfalls nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es grundsätzlich dem Gestaltungsspielraum des Normgebers überlassen bleiben, wie die aus einer Verfassungswidrigkeit resultierende Lücke zu schließen ist (vgl. BVerfGE 37, 217 <260 f.>; 39, 316 <332 f.>; 88, 87 <101>; 93, 165 <178>; 115, 81 <93 f.>). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Kann der Gesetzgeber zwischen mehreren denkbaren und verfassungsrechtlich gleichermaßen zulässigen Lösungen wählen, obliegt es folglich ihm zu entscheiden, wie die Folgen eines altersdiskriminierenden Besoldungssystems zu beseitigen sind. Der Sächsische Gesetzgeber hat sich für den Erlass eines an der Berufserfahrung ausgerichteten Besoldungssystems entschieden. Hiergegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.

23

2. Die Stichtags- und Überleitungsregelung in § 80 SächsBesG verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

24

a) Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 101, 239 <270>; stRspr). Bei der Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren Regelung steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsregelungen muss sich daher darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar war. In besonderen Lagen können Stichtags- und Überleitungsregelungen geboten sein (vgl. etwa BVerfGE 13, 31 <38>; 44, 1 <20 f.>; 71, 364 <397>; 75, 78 <106>; 80, 297 <311>; 117, 272 <301>).

25

Diese Grundsätze gelten ebenso für die Anwendung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 26, 141 <159>; 76, 256 <295>).

26

b) Die von dem Beschwerdeführer beanstandete Stichtags- und Überleitungsregelung bewegt sich in diesem verfassungsrechtlichen Rahmen. Der Landesgesetzgeber hielt die Überleitungsregelung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung für erforderlich. Da es mit Feststellungsaufwand und Bewertungs- sowie Beweisschwierigkeiten verbunden ist, die unter dem alten Recht entstandenen Rechtsverhältnisse vollständig dem neuen Recht zu unterstellen, und der Grundsatz der Rechtssicherheit klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Januar 2003 - 2 BvL 9/00 -, juris, Rn. 14), war die Einschätzung des Landesgesetzgebers, dass eine Stichtags- und Überleitungsregelung dem Ziel der Gesetzesnovelle entspricht, sachgerecht (zur Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes vgl. BVerfGE 44, 283 <288>; 82, 60 <101 f.>; 100, 195 <205>). Eine solche Überleitungsregelung ist als Ungleichbehandlung auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht nur zulässig, sondern kann im Rahmen einer Abwägung zwischen dem Vertrauen des Beamten auf den Fortbestand der bisherigen Regelung und der Bedeutung des Anliegens des Gesetzgebers, ein diskriminierungsfreies Besoldungssystem zu schaffen, sogar geboten sein (vgl. BVerfGE 71, 255 <273>). Die Wahl des maßgeblichen Zeitpunkts ist am gegebenen Sachverhalt orientiert. Der Gesetzgeber hat den für die Unterstellung unter das neue Recht maßgeblichen Stichtag an das Inkrafttreten der Föderalismusreform, mithin an den Zeitpunkt des Übergangs der Gesetzgebungskompetenz zum 1. September 2006 gekoppelt. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

27

3. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), weil es einen Entschädigungsanspruch für den Zeitraum 1. Januar bis 17. August 2006 verneint und für den Zeitraum ab dem 18. August 2006 in Höhe von 100 € monatlich zugesprochen hat.

28

a) Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird. Von Willkür kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).

29

Die gerichtlicherseits erfolgte Festsetzung eines angemessenen (Schadens-) Ausgleichs ist regelmäßig das Ergebnis der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts, die das Bundesverfassungsgericht daher nur beanstandet, wenn Anhaltspunkte für eine willkürliche Wertung bestehen oder sonst wie erkennbar ist, dass grundrechtlich geschützte Positionen in grundsätzlicher Weise verkannt worden sind (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. März 2000 - 1 BvR 1127/96 -, juris, Rn. 15 und vom 27. August 2003 - 1 BvR 1986/01 -, juris, Rn. 5).

30

b) Die Ablehnung eines Entschädigungsanspruchs für den Zeitraum 1. Januar bis 17. August 2006 mangels Anspruchsgrundlage ist in diesem Sinne nicht willkürlich. Das Bundesverwaltungsgericht ist vertretbar davon ausgegangen, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht in diesem Zeitraum nicht gegeben ist und damit die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs nicht erfüllt sind. Sachgerecht sind insoweit auch Auslegung und Anwendung des § 15 Abs. 1 AGG im Hinblick auf ein fehlendes Verschulden.

31

Die in Auslegung des § 15 Abs. 2 AGG erfolgte Festsetzung der Entschädigungshöhe ist ebenfalls nicht willkürlich. Das Bundesverwaltungsgericht zeigt die Maßstäbe seiner Entscheidung auf und verweist auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Bemessung des aus § 15 Abs. 2 AGG resultierenden Entschädigungsanspruchs, wonach die Umstände des Einzelfalles wie Art und Schwere der Benachteiligung aber auch der Sanktionszweck zu berücksichtigen sind. Zur Begründung der Höhe bezieht sich das Bundesverwaltungsgericht zudem auf vergleichbare gesetzliche Entschädigungsregelungen im Gerichtsverfassungsgesetz und Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Da das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der vorstehenden Überlegungen jedenfalls vertretbar und nicht aus sachfremden Erwägungen die Entschädigungshöhe festgesetzt hat, ist Art. 3 Abs. 1 GG nicht in seiner Bedeutung als Willkürverbot verletzt (vgl. BVerfGE 87, 273 <279>).

32

4. Ein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch Nichtvorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist ebenfalls nicht gegeben.

33

a) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfGE 73, 339<366>; 82, 159 <192>; 126, 286 <315>; 128, 157 <186 f.>; 129, 78 <105>). Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV sind die nationalen Gerichte von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>; 128, 157 <187>; 129, 78 <105>; stRspr). Kommt ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens daher nicht nach oder stellt es ein Vorabentscheidungsersuchen, obwohl eine Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht gegeben ist (vgl. BVerfGE 133, 277 <316>; 135, 155 <231>), kann dem Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsrechtsstreits der gesetzliche Richter entzogen sein (vgl. BVerfGE 73, 339 <369>; 126, 286 <315>).

34

Jedoch stellt nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 126, 286 <315>). Das Bundesverfassungsgericht überprüft nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 126, 286 <315 f.>; 128, 157 <187>; 129, 78 <106>). Durch die zurückgenommene verfassungsrechtliche Prüfung behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen der deutschen Rechtsordnung entspricht. Das Bundesverfassungsgericht wacht allein über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums (vgl. BVerfGE 126, 286 <316> m.w.N.).

35

Eine offensichtlich unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht liegt vor, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; 135, 155 <232>). Ebenso verstößt ein solches Gericht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn es in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Mai 2014 - 2 BvR 324/14 -, juris, Rn. 9).

36

Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit (Unvollständigkeit der Rechtsprechung), wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschreitet (vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>). Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn das Fachgericht unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts (vgl. BVerfGE 75, 223 <234>; 128, 157 <188>; 129, 78 <107>) die vertretbare Überzeugung bildet, dass die Rechtslage entweder von vornherein eindeutig ("acte clair") oder durch die Rechtsprechung in einer Weise geklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel offen lässt ("acte éclairé"; vgl. BVerfGE 129, 78 <107>; 135, 155 <233>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Mai 2014 - 2 BvR 324/14 -, juris, Rn. 10).

37

b) Eine nicht mehr verständliche oder unhaltbare Auslegung und Anwendung des Art. 267 Abs. 3 AEUV liegt danach nicht vor. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht nicht ausdrücklich erörtert hat, ob es hinsichtlich der Vereinbarkeit der rückwirkend zum 1. September 2006 in Kraft getretenen Überleitungsregelung in § 80 SächsBesG mit der Richtlinie 2000/78/EG einer Vorlage an den Gerichtshof bedurfte, hat es ersichtlich nicht etwa seine unionsrechtliche Vorlagepflicht verkannt, sondern angenommen, dass die Klarheit der Rechtslage eine Vorlage entbehrlich macht.

38

aa) Soweit es um den Erlass einer Überleitungsregelung geht, hat der Europäische Gerichtshof zur vergleichbaren Regelung im Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz entschieden, die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG seien dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die die Modalitäten der Überleitung von Bestandsbeamten in ein neues Besoldungssystem festlegen und vorsehen, dass zum einen die Besoldungsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters des Beamten beruhte, und dass sich zum anderen der weitere Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe nunmehr allein nach der seit dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften erworbenen Berufserfahrung bemisst (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12 - Specht, juris, Rn. 86; zur entsprechenden Problematik im TVÜ-Bund vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - Rs. C-297/10 und C-298/10 - Hennigs und Mai). Eine solche Überleitungsregelung verfolge das legitime Ziel der Wahrung des Besitzstands einer Personengruppe, welches einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstelle (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12 - Specht, juris, Rn. 64). Der nationale Gesetzgeber überschreite die Grenzen seines Ermessens nicht, wenn er es als weder realistisch noch wünschenswert ansehe, das neue Einstufungssystem rückwirkend auf alle Bestandsbeamten anzuwenden. Es könne nicht verlangt werden, dass jeder Einzelfall individuell geprüft wird, um frühere Erfahrungszeiten im Nachhinein und individuell festzustellen, da die Regelung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht handhabbar bleiben müsse (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12 - Specht, juris, Rn. 78, 80).

39

Soweit es im Allgemeinen um das rückwirkende Inkraftsetzen richtlinienkonformer Maßnahmen geht, ermöglicht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die rückwirkende und vollständige Anwendung der Maßnahmen zur Durchführung einer Richtlinie die Behebung der Nachteile, die sich aus der verspäteten Umsetzung ergeben, wenn die Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt worden ist. Diese Anwendung garantiere den Betroffenen gerade die Rechte, die ihnen zugestanden hätten, wenn die Richtlinie fristgerecht umgesetzt worden wäre. Demnach kann ein Mitgliedstaat als Ersatz des Schadens, der durch die verspätete Umsetzung von Richtlinien entstanden ist, die verspätet erlassenen Durchführungsmaßnahmen rückwirkend anwenden. Zugleich betont der Europäische Gerichtshof, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, darauf zu achten, dass der den Betroffenen entstandene Schaden angemessen wiedergutgemacht wird (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - Rs. C-94/95 und C-95/95 - Bonifaci u. a., juris, Rn. 51 ff.; Urteil vom 10. Juli 1997 - Rs. C-373/95 - Maso u. a., juris, Rn. 39 ff.).

40

bb) Das Bundesverwaltungsgericht hat aus dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs gefolgert, dass die Überleitungsregelung des § 80 SächsBesG für Beamte der Besoldungsordnung A, die am 31. August 2006 in einem Dienstverhältnis zum Freistaat Sachsen oder zu einer der Aufsicht des Freistaats unterstehenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts standen, die unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters zwar perpetuiere. Denn die Neuzuordnung der Stufe des Grundgehalts orientiere sich an der Grundgehaltsstufe, die dem Beamten am 1. September 2006 nach dem früheren diskriminierenden System nach Maßgabe der §§ 27 und 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 zugestanden hätte. Diese Überleitungsregelung sei jedoch zur Wahrung des Besitzstands und zur Vermeidung eines übermäßigen Verwaltungsaufwands für die Regulierung der in der Vergangenheit liegenden Zeiten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt. Weiterhin sei davon auszugehen, dass die rückwirkende Inkraftsetzung unionsrechtskonformer Gesetze eine zulässige Form der Wiedergutmachung, mithin als Erfüllung des Entschädigungsanspruches anzusehen ist.

41

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

42

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.398,33 Euro festgesetzt.

Gründe

Der gemäß § 124 a Abs. 4 Sätze 1 bis 5 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat den Standpunkt des Verwaltungsgerichts, wonach die hier mit den angefochtenen Bescheiden vom 9. Dezember 2011 erhobenen Beiträge den Vorteil abgelten sollen, der durch die in den Jahren 1994 bis 1996 erstellte Entwässerungsanlage den Grundstücken des Klägers Fl.Nr. 75, 76 und 78 der Gemarkung A., gewährt wird und vorher keine Anschlussmöglichkeit an eine für das hierauf anfallende Abwasser ebenso aufnahmefähige Einrichtung bestand, nicht durchgreifend in Frage gestellt (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). So hat er die detaillierten Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 21. November 2014 mit Anlagen (Bl. 91 ff. der VG-Akte), auf die das Verwaltungsgericht eingegangen ist, nicht zu widerlegen versucht, sondern selbst bekundet, dass „das Grundstück“ seit etwa 1960 lediglich eine Überlauf- und Niederschlagswasserableitung über Kanalrohre hatte. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Entwässerungsanlage wie die hier inmitten stehende, die das auf dem Grundstück insgesamt anfallende Abwasser, insbesondere das Schmutzwasser, entsorgen kann.

Allein die Tatsache, dass ein Grundstück bebaut ist oder bebaut werden kann, gebietet nicht zwingend den Schluss, dass für das anfallende Abwasser eine entsprechende öffentliche Entwässerungsanlage für die gesamte Abwasserentsorgung zur Verfügung stehen müsste. Gerade im vorliegenden Fall ist aus den seinerzeitigen Bauunterlagen, auf die das Verwaltungsgericht in seiner Begründung Bezug genommen hat, ersichtlich, dass die Anwesen des Klägers lediglich über abflusslose Ausfaul- oder Schöpfgruben verfügten, deren Inhalt zur Ausbringung auf landwirtschaftliche Flächen vorgesehen war. Diese Verhältnisse wurden durch die streitgegenständliche Entwässerungsanlage nachhaltig und für den Bürger unzweifelhaft erkennbar geändert, so dass unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit keine Bedenken bestehen, hierin eine Vorteilsgewährung zu erkennen, an die mit Beiträgen anzuknüpfen unbedenklich ist.

Die Fassung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) KAG, mit der der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BGBl I 2013, 820 = BayVBl 2013, 465) durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 70) nachgekommen ist, und wonach die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das hat der Senat in seinem Urteil vom 12. März 2015 - 20 B 14.1441 - unter Bezugnahme auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt:

Gemessen an diesen Anforderungen ist die vom bayerischen Gesetzgeber gewählte zwanzigjährige Ausschlussfrist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst wurde dadurch erstmals eine zeitliche Höchstgrenze für die Erhebung eines Beitrages nach Art. 5 KAG eingeführt und dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, so dass der Bürger nunmehr eine klare Höchstfrist vor Augen hat und nicht mehr im Unklaren ist. Bei der Bestimmung der Dauer der Frist ist mit zwanzig Jahren kein unangemessen langer Zeitraum gewählt worden. Entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts hatte der Gesetzgeber hier einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Bürgers an baldiger Rechtssicherheit und dem öffentlichen Interesse an einem Vorteilsausgleich für die Zurverfügungstellung einer öffentlichen Einrichtung der Daseinsvorsorge durchzuführen. Dem Gesetzgeber steht hier ein weiter Gestaltungsspielraum zu und die Vorteile, die die öffentliche Einrichtung vermittelt, können hier noch relativ lange fortwirken. So hält der 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abgesehen von der hier einschlägigen Konstellation allgemein eine 30jährige Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des Art. 53 Abs. 2 BayVwVfG für angemessen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsanspruch aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im Wege des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung in Anlehnung an § 53 Abs. 2 VwVfG eine 30jährige Ausschlussfrist entgegen gehalten werden und zwar unabhängig von der Entstehung des Anspruches (BVerwG, U. v. 20.3.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211, ebenso VGH Baden-Württemberg, B. v. 27.1.2015 - 2 S 1840/14 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, U. v. 4.12.2014 - 4 L 220/13 - juris). Im Hinblick darauf bestehen an der Verfassungsmäßigkeit der Zwanzigjahresfrist keine Bedenken. Zum einen hat der bayerische Gesetzgeber eine im Vergleich zu vorstehenden Erwägungen wesentlich kürzere Frist gewählt, zum anderen handelt es sich um eine klar ersichtliche gesetzliche Ausschlussfrist, die dem Bürger unabhängig von den Umständen des Einzelfalls Rechtsklarheit verschafft. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung der unterschiedlichen Interessen (vgl. LT-Drs. 17/370 Nr. 2) ist von sachgerechten Erwägungen getragen und hält sich im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums.

Damit erfolgte die Festsetzung der geforderten Beiträge am 9. Dezember 2011 für die in den Jahren 1994 bis 1996 erstellte Entwässerungsanlage noch rechtzeitig und es kommt auf die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG, die für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, eine 30jährige Frist vorsieht und die im vorliegenden Fall von ihrem Wortlaut her Anwendungsvorrang hätte, die aber der Senat verfassungsrechtlich für bedenklich hält (vgl. Senatsurteil a. a. O.), nicht an.

Auch die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ob für den Eintritt der Vorteilslage eine Widmung erforderlich ist, kommt es nicht an. Denn eine Vorteilslage im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) KAG war, wie dargelegt, bereits im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Bestand der nunmehr durch Beitragserhebung finanzierten Anlage nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Mit diesem Beschluss wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (vgl. § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.