Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2015 - AN 1 K 14.01149

bei uns veröffentlicht am27.01.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger war bis zum ... Dezember 2011 als Miteigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ...der Gemarkung ... (...) in Erbengemeinschaft im Grundbuch des Amtsgerichts ... eingetragen.

Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ..., der am 10. Dezember 1964 in Kraft getreten ist, ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt und für obiges Grundstück die Errichtung von zwei Vollgeschossen zulässt.

Im Jahr 1988 erfolgte ein Umbau des auf dem genannten Grundstück befindlichen Wohnhauses durch einen (weiteren) Ausbau des Dachgeschosses. Die Geschossfläche des neu ausgebauten Teils des Dachgeschosses beträgt 21,02 m² (Außenmauern des ausgebauten Bereichs).

Die Baumaßnahme wurde im Dezember 1988 abgeschlossen.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2012 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen Ergänzungsbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Entwässerungsanlage der Beklagten in Höhe von 1.050,54 EUR fest.

Für die Ermittlung der zulässigen Geschossfläche wurden eine Grundstücksgröße von 492 m² und eine Geschossflächenzahl von 0,7 angesetzt. Von dem sich rechnerisch ergebenden Betrag von 344,40 m² wurden als am 31. Dezember 1979 vorhandene Geschossfläche nach der Baunutzungsverordnung 99,52 m² abgesetzt.

Veranlagt wurde demnach eine Grundstücksfläche von 244,88 m² zu einem Beitragssatz von 4,29 EUR.

Der Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schreiben vom 15. Februar 2012, eingegangen bei der Beklagten per Telefax am gleichen Tag, gegen den genannten Bescheid Widerspruch.

Die Baumaßnahme sei am 1. Dezember 1988 abgeschlossen worden. Im Zuge der Genehmigung sei zum damaligen Zeitpunkt auf Basis der damals geltenden Satzung von der Beklagten ein Verwaltungsakt dahingehend erlassen worden, dass keine Nacherhebung von Erschließungsbeiträgen erfolge. Der damalige Verwaltungsakt sei bestandskräftig geworden. Er sei allerdings wegen nichtiger Satzung rechtswidrig. Dies führe jedoch nicht automatisch dazu, dass nunmehr auf Basis der neuen Satzung eine Nacherhebung erfolgen könne.

Ein rechtswidriger Bescheid könne grundsätzlich jederzeit zurückgenommen werden. Solle er dagegen durch einen neuen, für den Betroffenen ungünstigeren Bescheid ersetzt werden, gelte jedoch die einschränkende Voraussetzung, wonach eine Rücknahme nur zulässig sei, wenn der Bescheid von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden sei, der Bescheid durch unlautere Mittel erwirkt worden, den Bescheid der Begünstigte durch falsche Angaben erwirkt habe oder die Rechtswidrigkeit des Bescheides dem Begünstigten bekannt gewesen sei.

All dies sei vorliegend nicht der Fall. Insofern könne der ursprünglich rechtswidrige Bescheid nicht nachträglich durch einen für den Kläger ungünstigeren Bescheid ersetzt werden.

Zudem gehöre es zu den elementaren Grundsätzen des Erschließungsbeitragsrechts, dass die Beitragsforderung nur einmal entstehen könne. Eine Satzung mit Rückwirkungsanordnung würde aber die einmal fertig gestellte Erschließungsanlage nachträglich in den Zustand der Unfertigkeit zurückversetzen. Insoweit müsse sich die Gemeinde an der einmal abgegebenen Erklärung, die Erschließungsanlage sei fertig gestellt, festhalten lassen.

Die Beklagte teilte dem Bevollmächtigten des Klägers unter dem 27. Februar 2012 mit, bei dem veranlagten Grundstück handele es sich um ein sogenanntes Frontmetergrundstück, d. h. es sei bereits nach dem bis zum 31. Dezember 1961 geltenden Frontmetermaßstab (laufende Meter des Grundstücks zur anliegenden Straße) zu einem Beitrag herangezogen worden. Speziell für Frontmetergrundstücke habe die frühere BGS/EWS eine Sonderregelung enthalten. Diese Grundstücke seien von einer Nacherhebung bei Geschossflächenvergrößerungen (§ 6 BGS/EWS) befreit gewesen.

Die Fertigstellung der Baumaßnahme aus dem Jahr 1988 habe der sogenannten „Frontmeterbefreiung“ unterfallen und folglich damals keine Beitragsschuld auslösen können, obwohl die Beklagte von der Geschossflächenerweiterung bereits Kenntnis erlangt habe. Es sei damals somit zu Recht kein Verwaltungsakt erlassen worden.

Im Rahmen einer überörtlichen Prüfung der Jahre 2000 bis 2007 durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband sei festgestellt worden, dass die BGS/EWS aufgrund der neusten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in ihrem Beitragsteil nichtig sei. Die Beklagte verfüge deshalb erstmals mit Inkrafttreten der jetzt gültigen BGW/EWS vom 14. November 2008 über gültiges Satzungsrecht. Damit seien erstmals die Voraussetzungen für das Entstehen einer Beitragsschuld geschaffen worden.

Es handele sich hier nicht um eine echte Rückwirkung. Denn bis zum Erlass einer erstmals gültigen Satzung habe es an jeglicher Regelung eines Beitragstatbestandes gefehlt.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b cc KAG beginne im Falle einer Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Satzung bekannt gegeben worden sei (hier im Jahr 2008). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 17.5.2006 - 23 CS 06.928) bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen, nach erstmaligem Inkrafttreten gültigen Beitragsrechts nicht rückwirkend zu einem Herstellungsbeitrag veranlagt zu werden.

Der Bevollmächtigte des Klägers erwiderte unter dem 23. März 2012, dass der Widerspruch aufrechterhalten werde.

Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 2. Mai 2012 der Regierung von ... zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2013 teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Regierung von ... mit, das Anwesen ... sei zwischenzeitlich veräußert worden. Eigentümer sei die Erbengemeinschaft ... und ... gewesen. Nach Abwicklung der Veräußerung hätten die Brüder ... eine Vielzahl an Unterlagen entsorgt. Der Bescheid über die Nichterhebung von Erschließungsbeiträgen sei nicht mehr auffindbar.

Vor der Veräußerung hätten die Brüder ... die Absicht gehabt, das Objekt in Wohnungseigentum aufzuteilen. Deswegen sei im Jahr 2010 ein aktueller Bestandsplan gefertigt worden. Aufgefunden worden sei auch ein ursprünglicher Bauantragsplan von 1956 und eine Baugenehmigung über eine Änderung am Anwesen aus dem Jahr 1964. Die Pläne von 1964 und 2010 stimmten überein. Damit könne es sich bei der im Jahr 1988 abgeschlossenen Baumaßnahme nur um die im Jahr 1964 genehmigte Änderung handeln. Sowohl 1964 anlässlich der Baugenehmigung als auch im Jahr 1988 anlässlich der Fertigstellung hätte die Beklagte einen Bescheid über die Erhebung eines Beitrags zur Entwässerung erlassen können. Mehr als 20 Jahre nach Fertigstellung und fast 50 Jahre nach Genehmigung einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage zu fordern, sei dreist. Es sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der zu beachten sei.

Am 6. März 2013 erließ die Beklagte einen Teilabhilfebescheid und reduzierte den festgesetzten Herstellungsbeitrag auf 788,07 EUR.

Die am 31. Dezember 1979 nach § 20 BauNVO vorhandene Geschossfläche wurde neu auf 160,70 m² festgesetzt.

Mit Schreiben vom 19. März 2013 teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Regierung von ... mit, durch den Teilabhilfebescheid vom 6. März 2013 habe sich der Widerspruch lediglich teilweise erledigt. Der Widerspruch werde weiterhin aufrechterhalten.

Mit Bescheid vom 4. Juni 2014 wies die Regierung von ... den Widerspruch zurück. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens wurden zu 4/5 dem Kläger und zu 1/5 der Beklagten auferlegt.

In der Begründung des Bescheides ist unter anderem ausgeführt, Grundstücke, die nach dem Satzungsrecht vor dem 1. Januar 1980 veranlagt worden seien oder hätten veranlagt werden sollen, würden nach dieser Satzung nur zu einem Beitrag herangezogen, wenn die Geschossfläche vergrößert werde. Die Beitragserhebung erfolge erst, wenn die Geschossfläche um mehr als 10% oder 100 m² erhöht werde. Der Beitrag werde nach dem Unterschied zwischen der zulässigen Geschossfläche und der bis zum 31. Dezember 1979 nach früherem Satzungsrecht maßgeblichen Geschossfläche berechnet. Bei Grundstücken, die bereits nach dem Frontmetermaßstab veranlagt worden seien, sei bei der Berechnung der Erhöhung der Geschossfläche von der bis zum 31. Dezember 1979 vorhandenen Geschossfläche auszugehen (§ 6 Abs. 2 S. 1, 2, 5 und 6 BGS/EWS).

Die Beklagte habe erstmals ab dem 14. November 2008 über gültiges Herstellungsbeitragsrecht für die öffentliche Entwässerungseinrichtung verfügt. Die vorher angewandte Satzung vom 25. November 1983 sei nichtig gewesen. Der Beitragstatbestand sei somit am 14. November 2008 entstanden und somit zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides noch keine Verjährung eingetreten.

Eine Verwirkung, ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes sei ebenfalls nicht zu erkennen. Eine Veranlagung sei auch nach der Neuregelung durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 zulässig. Der neu eingefügte Abs. 2 des Art. 19 KAG lege fest, dass für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch einen nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt seien, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe gelte, dass die Frist einheitlich 30 Jahre betrage.

Vorliegend habe die Geschossflächenerweiterung im Jahr 1988 stattgefunden. Die 30-Jahres-frist sei somit noch nicht abgelaufen.

Den behaupteten Erlass eines Bescheides über die Nichterhebung von Beiträgen habe der Kläger nicht belegen können, ein solcher widerspräche auch der gängigen Verwaltungspraxis.

Der Bescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juli 2014 zugestellt.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. Juli 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, Klage erheben und beantragen:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2012 in der Form des Bescheides vom 6. März 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2014 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Eine über den Vortrag im Widerspruchsverfahren hinausgehende Begründung der Klage erfolgte nicht.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 4. August 2014,

die Klage abzuweisen.

Zur im Mittelpunkt der Klagebegründung stehenden Frage, ob die Beklagte berechtigt sei, mehr als 20 Jahre nach Abschluss der Bauarbeiten noch Beiträge zu erheben, werde auf die Regelung in Art. 19 Abs. 2 KG in der ab 1. April 2014 geltenden Fassung hingewiesen, nach der bei Bescheiden, die vor dem 1. April 2014 erlassen worden und noch nicht bestandskräftig seien, eine Festsetzungsverjährungsfrist von einheitlich 30 Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eingetreten sei (hier 1988 mit Abschluss der Baumaßnahme), gelte. Diese Frist sei noch nicht abgelaufen.

Mit Beschluss vom 3. Dezember 2014 - wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.

Auf gerichtliche Anfrage teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Januar 2015 mit, nach Mitteilung des Entwässerungsbetriebes vom heutigen Tage befänden sich auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück nach dortigem Kenntnisstand (auch nach Auskunft aus dem aktuellen GIS) keine Gebäude oder selbstständigen Gebäudeteile im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS, die in Abzug gebracht hätten werden müssen.

Ergänzend werde noch mitgeteilt, dass der Abteilung Entwässerung (damals St. 30-5) im verfahrensgegenständlichen Fall der Überwachungs- und Schlussvermerk des Bauaufsichtsamtes vom 7. Januar 1991 über die Baumaßnahme zur Kenntnisnahme und Unterzeichnung von dort übersandt worden sei, eine eigenständige Mitteilung durch den Eigentümer sei nicht erfolgt. Nach der damaligen Rechtslage sei aber eine Beitragsberechnung nicht möglich gewesen (Frontmeterbefreiung). Im Übrigen würden (auch aktuell) im Baugenehmigungsverfahren dem Entwässerungsbetrieb grundsätzlich die Baupläne vom Bauaufsichtsamt zur Kenntnis übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 6. März 2013 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von ... vom 4. Juni 2014 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Der Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom4. April 1993 (GVBl Seite 264, BayRS 2024-1-I) und des Gesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 460, ber. S. 580) sowie in den Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) der Klägerin vom 5. November 2008, gemäß § 19 BGS/EWS in Kraft getreten am 14. November 2008.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen.

Die Beklagte betreibt eine derartige öffentliche Einrichtung für ihr Hoheitsgebiet (§ 1 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt... - Entwässerungssatzung - EWS), an die das Grundstück des Klägers angeschlossen ist.

Rechtliche Bedenken gegen das formell ordnungsgemäße Zustandekommen der BGS/EWS vom 5. November 2008 bestehen ebenso wenig wie gegen die materiell-rechtliche Gültigkeit ihrer Bestimmungen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 29.6.2009 - 20 CS 09.1225; VG Ansbach, Urteil vom 23.8.2011 - AN 1 K 11.00300).

Insbesondere ist gegen den in § 5 Abs. 1 Satz 1 BGS/EWS 2008 festgelegten Beitragsmaßstab, der vorsieht, den Beitrag nach der Grundstücksfläche und der zulässigen Geschossfläche zu berechnen, nichts zu erinnern. Dieser kombinierte Beitragsmaßstab ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur sachgerechten Abgeltung des aus der Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Entwässerungseinrichtung erwachsenden Vorteils geeignet (vgl. BayVGH, Urteile vom 28.11.2002 - 23 B 02.931, GK 2003/98 und vom 21.3.2000 - 23 B 99.2198).

Vor dem 14. November 2008 hat die Beklagte nicht über gültiges Satzungsrecht zur Erhebung von Beiträgen für die Herstellung ihrer öffentlichen Entwässerungseinrichtung verfügt. Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 25. November 1983 in der Fassung der Änderungssatzung vom 9. Januar 2001 war in ihrem Beitragsteil nichtig, da sie in § 5 Abs. 7 Satz 1 eine nicht zulässige Außenbereichsregelung enthielt. Nach der genannten Bestimmung galt bei Grundstücken im Außenbereich als zulässige Geschossfläche die Geschossfläche der genehmigten Bebauung. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urteile vom 8.3.2006 - 23 B 05.2921, GK 2007/120 und vom 22.11.2007 - 23 ZB 07.2302; Beschlüsse vom 13.11.2007 - 23 ZB 07.2302 und vom 26.2.2008 - 20 ZB 08.160) entspricht im leitungsgebundenen Beitragsrecht die zulässige Geschossfläche im Außenbereich jedoch der verwirklichten Bebauung. Die zulässige Geschossfläche bei Außenbereichsgrundstücken ist deshalb grundsätzlich mit der vorhandenen Geschossfläche identisch, wobei Dachgeschossflächen nur herangezogen werden dürfen, soweit sie tatsächlich ausgebaut sind.

Ebenfalls unzulässig dürfte die Regelung des § 5 Abs. 7 Satz 3 BGS/EWS a. F. gewesen sein, da bei gewerblich genutzten Grundstücken ohne Bebauung auch bei nur teilweiser gewerblicher Nutzung stets die gesamte Grundstücksfläche veranlagt wurde. Die Nichtigkeit der Regelungen des § 5 Abs. 7 Sätze 1 und 3 BGS/EWS vom 25. November 1983 in der Fassung der Änderungssatzung vom 9. Januar 2001 hat die Gesamtnichtigkeit des Beitragsteils dieser Satzung zur Folge (vgl. BayVGH, Beschluss vom 26.2.2008 - 20 ZB 08.160; Urteil vom 22.11.2007 - 23 N 07.1472, GK 2008/113 und 114).

Auch die früher erlassene BGS/EWS vom 20. Dezember 1979 war in ihrem Beitragsteil nichtig, weil sie in § 6 sowohl für die Grundstücks- als auch für die Geschossfläche jeweils zwei verschiedene Beitragssätze vorgesehen hatte, ohne jedoch bestimmt zu haben, wann und warum diese unterschiedlichen Sätze einer Beitragsermittlung hätten zugrunde gelegt werden sollen (BayVGH, Urteilevom 10.1.1990 - 23 CS 89.00334, GK 1991/33 und vom 18.2.1999 - 23 B 98.2527).

Mit dem Inkrafttreten der BGS/EWS vom 5. November 2008 am 14. November 2008 wurde somit erstmals die von der Beklagten bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1980 beabsichtigte Umstellung des Beitragsmaßstabs von der tatsächlichen auf die zulässige Geschossfläche rechtswirksam.

Ein derartiger Wechsel des Beitragsmaßstabs hat grundsätzlich zur Folge, dass mit Inkrafttreten der Beitragssatzung für sämtliche beitragspflichtige Grundstücke eine neue Beitragsschuld für die Differenz zwischen tatsächlicher und zulässiger Geschossfläche entsteht (vgl. BayVGH, Urteile vom 10.9.1997 - 23 B 95.2144, GK 1998/147; vom 26.10.1984 - 23 B 82.2956 und vom 9.8.1985 - 23 B 83.A 2589; Nitsche/Baumann/Schwammberger, Satzungen zur Abwasserbeseitigung, Erl. 21 zu Ziffer 20.03). Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung steht dem nicht entgegen. Denn auf solche Weise wird derjenige Tatbestand der zulässigen Bebauung, der bisher noch nicht oder nicht zur Gänze durch einen (Teil-)Beitrag für die tatsächliche Geschossfläche abgegolten war, für die Zukunft zeitlich vorgezogen. Dieser Tatbestand ist bisher noch nicht abgeschlossen gewesen, eine Beitragspflicht insoweit also nicht entstanden. Dieser (Teil-)Tatbestand kann deshalb neu geregelt werden. Der einzelne Bürger genießt kein schutzwürdiges Vertrauen in eine auch künftig stets gleichbleibende Abgabenregelung. Demgemäß gibt es auch kein Vertrauen darauf, dass eine dem einzelnen Abgabepflichtigen günstige ortsgesetzliche Regelung unverändert bestehen bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.7.1974, BVerfGE 38, 61; BayVGH, a. a. O.). Vielmehr ist ein Wechsel des Beitragsmaßstabes, wie sie vorliegend bereits zum 1. Januar 1980 mit dem Wechsel von der tatsächlichen zur zulässigen Geschossfläche vollzogen werden sollte, jederzeit zulässig (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.11.2002 - 23 B 02.931, GK 2003/98; BayVerfGH, Entscheidung vom 8.1.2002 - Vf. 6-VII-00, BayVBl 2002, 428; GK 2002/186).

Die Beklagte hat in der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. November 2008 allerdings für sogenannte Altfälle, also von dem früheren, als nichtig erkannten Satzungsrecht erfasste Fälle, in § 6 eine Übergangsregelung geschaffen, die vorliegend Anwendung findet.

§ 6 BGS/EWS 2008 lehnt sich an die frühere Übergangsregelung des § 5 Abs. 8 BGS/EWS a. F. an, gegen die rechtlich nichts zu erinnern war (vgl. VG Ansbach, Urteile vom 6.3.2001 - 1 K 00.1660; BayVGH, Urteil vom 18.2.1999 - 23 B 2527; Beschlüsse vom 17.1.2005 - 23 CS 04.3561 und vom 29.6.2009 - 20 CS 09.1225).

Die Beklagte hat in der Übergangsregelung des § 6 Abs. 1 BGS/EWS die Gültigkeit des als nichtig erkannten früheren Ortsrechts unterstellt und alle damals erfüllten Tatbestände als abgeschlossen behandelt, soweit die Beitragstatbestände nach den bisher geltenden Satzungen vollständig veranlagt wurden. Hiergegen bestehen keine rechtlichen Bedenken (BayVGH, Urteil vom 23.4.1998 - 23 B 96.3932, GK 1999/35; Beschlüsse vom 10.1.1990 - 23 CS 89.00334 und vom 17.1.2005 - 23 CS 04.3561). Es ist des Weiteren zulässig, dass die Beklagte in § 6 Abs. 2 BGS/EWS 2008 das Entstehen einer weiteren Beitragsschuld für den Unterschied zwischen zulässiger und bisheriger Geschossfläche von der Vergrößerung der nach früherem Satzungsrecht maßgebenden vorhandenen Geschossfläche abhängig macht. Zwar wird - wie ausgeführt - der Nacherhebungstatbestand hinsichtlich der Differenz zwischen der tatsächlichen Geschoßfläche und der zulässigen Geschoßfläche grundsätzlich mit dem Inkrafttreten des neuen Beitragsmaßstabes verwirklicht. Allerdings kann der kommunale Satzungsgeber, wie vorliegend geschehen, in einer Übergangsregelung für Eigentümer von Grundstücken, die bereits nach früherem Satzungsrecht veranlagt worden sind, das Entstehen einer weiteren Beitragspflicht in Höhe der Differenz zwischen der nach bisherigem Satzungsrecht maßgeblichen Geschossfläche und der zulässigen Geschossfläche auf den Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (Geschossflächenvergrößerung) hinausschieben. Denn eine (zulässige) Ungleichbehandlung erfahren dabei unterschiedliche Gruppen von Beitragspflichtigen, nämlich einerseits diejenigen, für die eine Beitragspflicht hinsichtlich der baulichen Ausnutzbarkeit erstmals nach Inkrafttreten der neuen Satzung entsteht und andererseits jene, deren Beitragspflicht für eine vorhandene Bebauung bereits unter der Geltung des davor geltenden Ortsrechts begründet worden war, für die durch die neue Satzung also nur weitere (Teil-) Beitragspflichten entstanden sind (BayVGH, Urteile vom 23.4.1998 - 23 B 96.3932; vom 10.9.1997 - 23 B 95.2144, GK 1998/147 und vom 30.3.1984 - 23 B 81 A. 1967, BayVBl 1985, 656).

Vorliegend greift die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 BGS/EWS, da die Jahr 1988 realisierte Geschossflächenvergrößung nicht nach dem früheren (nichtigen) Beitragsrecht veranlagt worden war. Zudem sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BGS/EWS für eine Nacherhebung nach dem neuen Beitragsmaßstab der zulässigen Geschossfläche erfüllt, da die Baumaßnahme die am 31. Dezember 1979 tatsächlich vorhandene Geschossfläche im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 7 BGS/EWS (160,70 m²) um mehr als 10% (21,02 m²) vergrößert hat.

Damit ist der Beitragstatbestand erfüllt und die Beitragsschuld mit Inkrafttreten der BGS/EWS am 14. November 2008 entstanden.

Die Beitragsforderung konnte zulässig noch im Jahr 2012 mit Bescheid vom 13. Januar 2012 festgesetzt werden. Die - regelmäßige - vierjährige Festsetzungsfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 3 KAG i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO lief erst am 31. Dezember 2012, 24 Uhr ab.

Der Beitragserhebung steht auch nicht entgegen, dass die hier relevante Veränderung der Vorteilslage durch die Vergrößerung der tatsächlichen Geschossfläche (vgl. Art. 5 Abs. 2 a Satz 1 KAG; § 6 Abs. 2 Satz 1 BGS/EWS) bereits im Jahr 1988, also über 23 Jahre vor Erlass des Beitragsbescheides, eingetreten ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar mit Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 entschieden, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar ist und die Nichtigkeit der Vorschrift eintritt, falls der Gesetzgeber Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) Spiegelstrich 2 KAG nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung ersetzt.

Das Bundesverfassungsgericht hält es somit - abweichend von der bisherigen, herrschenden Rechtsprechung in Bayern (vgl. BayVGH, Urteil vom 30.3.1984 - 23 B 81 A. 1967, BayVBl. 1985, 656; BayVGH, Beschluss vom 29.3.2011 - 20 ZB 11.220; Beschluss vom 16.5.2008 - 20 ZB 08.903) - für nicht zulässig, dass nach erstmaligem Inkrafttreten gültigen Beitragsrechts der Vorteil der (möglichen) Nutzung der leitungsgebundenen Einrichtung rückwirkend ohne zeitliche Begrenzung durch erstmalige Festsetzung des Herstellungsbeitrags abgerechnet werden kann.

Der Bayerische Landesgesetzgeber hat den Handlungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014, GVBl. S. 70, in Kraft getreten am 1. April 2014 umgesetzt.

Dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts wurde dadurch entsprochen, dass eine zeitliche Höchstgrenze eingeführt wurde, innerhalb derer eine Abgabe zum Vorteilsausgleich - also ein Beitrag - festzusetzen ist. Die Frist beginnt - unabhängig vom Entstehen der Beitragsschuld - mit Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat und beträgt, abhängig von der Erfüllung gesetzlicher oder satzungsrechtlich verankerter Mitwirkungspflichten durch den Beitragsschuldner, grundsätzlich 20 bzw. 25 Jahre (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 KAG n. F.).

Der Gesetzgeber hat jedoch zugleich in Art. 19 Abs. 2 KAG für Beiträge, die vor dem1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt wurden, eine Übergangsregelung getroffen, die vorliegend somit zur Anwendung kommt. In diesem Fall gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 KAG mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Diese wäre im Falle des Klägers erst am 31. Dezember 2018 abgelaufen, so dass die Beitragsfestsetzung im Jahre 2012 zulässigerweise erfolgt ist.

Der Bayerische Gesetzgeber hat die Übergangsregelung wie folgt begründet (LTDrs. 17/370, S. 18 f.):

„Zudem wird mit (Art. 19) Abs. 2 eine Übergangsregelung mit Wirkung für alle anhängigen Fälle eingeführt, in denen der Beitrag zwar binnen 30 Jahren nach Ende des Jahres, in dem die Vorteilslage eingetreten ist - aber nach Ablauf der ab 1. April 2014 geltenden Ausschlussfrist von 20 Jahren -, fest-gesetzt wurde, der Beitragsschuldner jedoch Widerspruch eingelegt hat, über den vor dem 1. April 2014 noch nicht entschieden ist. Da die Widerspruchsbehörde - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zugrunde zu legen hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 68 Rn. 15; Kastner in Fehling/Kastner/Wahrendorf, Verwaltungsrecht VwVfG VwGO, § 73 Rn. 21; Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 68 Rn. 45), müsste sie bei Entscheidungen ab dem 1. April 2014 die neue Rechtslage anwenden und deshalb den angefochtenen Bescheid aufheben, wenn er unter Verstoß gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb SpiegelstriKAG1 KAG - neu - normierte Ausschlussfrist ergangen ist.

Dies führt jedoch beispielsweise in der - im Beitragsrecht häufig vorkommenden - Konstellation zu unbilligen Auswirkungen, in denen zahlreiche Beitragsschuldner gegen ihre Bescheide Widerspruch eingelegt haben und nur wenige Musterverfahren gerichtlich überprüft werden. In der Praxis setzt die Widerspruchsbehörde aus Gründen der Ökonomie und unter dem Gesichtspunkt der Bürgerfreundlichkeit bei einer Vielzahl gleichlautender Widersprüche den Großteil der Widerspruchsverfahren aus, ohne einen (kostenpflichtigen) Widerspruchsbescheid zu erlassen. Vielmehr ergeht nach Absprache mit den Widerspruchsführern nur in einem ausgewählten Musterfall ein Widerspruchsbescheid, der dann vor den Verwaltungsgerichten überprüft wird. Ist dieser (Muster-)Widerspruchsbescheid vor dem 1. April 2014 ergangen und wurde dann gerichtlich angegriffen, wäre das Musterverfahren nicht an der Aus-schlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb SpiegelstriKAG1 KAG - neu - zu messen, da Gerichte bei der Prüfung von Beitragsbescheiden die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d. h. der Widerspruchsentscheidung zugrunde zu legen haben (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 4.7.2006 - 5 B 90/05 - juris Rn. 6; BayVGH, U. v. 8.12.1993 - 21 B 92.799 - BayVBl 1994, 404). Als Maßstab für die gerichtliche Entscheidung wären somit ausschließlich die aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsätze der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit heranzuziehen, die bei einer Beitragserhebung binnen 30 Jahren nach Eintritt der Vorteilslage nicht verletzt wären (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - UA Rn. 20 ff.). Wurde der dem Musterverfahren zugrundeliegende Bescheid zwar nach Ablauf der Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb SpiegelstriKAG1 KAG - neu - aber vor Ablauf von 30 Jahren erlassen, käme es zu dem unbilligen Ergebnis, dass die Verwaltungsgerichte die Rechtmäßigkeit des Bescheids - sofern keine anderen Rechtsfehler gegeben sind - bestätigen und die Klage abweisen würden, während die im Hinblick auf dieses Musterverfahren ausgesetzten Widerspruchsverfahren mit einer Aufhebung der Bescheide enden müssten.

Durch die Übergangsregelung wird somit der Prüfungsmaßstab der Widerspruchsbehörden und der Verwaltungsgerichte hinsichtlich nicht bestandskräftiger Bescheide einander angenähert; es sollen unterschiedliche Ergebnisse, je nachdem, ob sich ein Bescheid zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes erst im Widerspruchsverfahren oder bereits im Klageverfahren befindet, so weit wie möglich verhindert werden.

Folglich betrifft die Übergangsregelung nur diejenigen Beiträge, die mittels Bescheids der zuständigen Behörde bis 31. März 2014 festgesetzt wurden und noch nicht bestandskräftig sind. Damit die Vorschrift Anwendung findet, muss der Beitragsbescheid vor dem 1. April 2014 den Bereich der Kommune verlassen haben (vgl. auch Nr. 3 zu § 1 Nr. 9 b aa aaa dieses Entwurfs). Bestandskräftige Bescheide werden von der Übergangsfrist nicht berührt. Für sie gelten die allgemeinen Regelungen zur Bestandskraft von Verwaltungsakten.

Die für die Übergangsregelung gewählte Frist von 30 Jahren orientiert sich an den gängigen Verjährungshöchstfristen des Bürgerlichen und Öffentlichen Rechts (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu § 1 Nr. 9 b aa aaa dieses Entwurfs) und verstößt nicht gegen die aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsätze der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - UA Rn. 20 ff.). Sie gilt einheitlich für alle zeitlich erfassten Fälle, d. h. unabhängig von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Art. 5 Abs. 2a KAG durch den Beitragsschuldner.“

Diese Erwägungen sind sachgerecht, insbesondere nicht willkürlich, so dass in der von Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 KAG abweichenden Regelung des Art. 19 Abs. 2 KAG (Frist von 30 Jahren statt von 20 bzw. 25 Jahren) kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV gesehen werden kann.

Auch im Übrigen unterliegt die Beitragsfestsetzung keinen rechtlichen Bedenken.

Soweit der Kläger behauptet, ihm sei durch Verwaltungsakt zugesichert worden, dass keine Nacherhebung von Erschließungsbeiträgen erfolge, steht dies der streitgegenständlichen Beitragserhebung nicht entgegen.

Zum einen geht es vorliegend gerade nicht um die (einmalige) Beitragserhebung für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB. Zum anderen konnte der Kläger, der die materielle Beweislast für das Vorliegen der von ihm behaupteten Zusicherung im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG trägt, seine Behauptung nicht belegen.

Da im leitungsgebundenen Beitragsrecht eine erneute Veranlagung eines Grundstücks zulässig oder sogar rechtlich geboten ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 a) Satz 1 KAG sowie die Konstellation des Wechsels des Beitragsmaßstabs von der tatsächlichen zur zulässigen Geschossfläche), spricht auch nichts dafür, dass die Beklagte eine derartige - rechtswidrige - Zusicherung abgegeben hätte.

Der Beitragsbescheid konnte an den Kläger, der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht (am 14.11.2008) in Erbengemeinschaft mit seinem Bruder Miteigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... war, adressiert werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 15.9.1983 - 23 B 80 A. 86, BayVBl 1984, 186 und HessVGH, Urteil vom 31.5.2011 - 5 B 1358/10 zur Heranziehung eines Mitglieds einer Erbengemeinschaft als Gesamtschuldner). Gesonderter Ausführungen im Bescheid, weshalb der Kläger (und nicht sein Bruder) als Gesamtschuldner herangezogen wurde, bedurfte es nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.1.1993 - 8 C 57/91; NJW 1993, 1667; BayVGH, Urteil vom 28.10.1996 - 23 B 93.0006; Urteil vom 28.6.1985 - 23 CS 84 A.1051).

Auch die Ermittlung der zulässigen Geschossfläche ist fehlerfrei erfolgt.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ..., der am 10. Dezember 1964 in Kraft getreten ist, ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt und für obiges Grundstück die Errichtung von zwei Vollgeschossen zulässt. Gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO 1962 ist im diesem Fall einer Geschossflächenzahl von 0,7 zulässig und der Beitragsfestsetzung zugrunde zu legen (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 BGS/EWS).

Die am 31. Dezember 1979 vorhandene tatsächliche Geschossfläche ist im Teilabhilfebescheid vom 6. März 2013 korrekt ermittelt und in Abzug gebracht worden.

Die Geschossfläche der auf dem Grundstück errichteten Garage ist hingegen nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS von der zulässigen Geschossfläche in Anzug zu bringen. Nach dieser Bestimmung wird die Geschossfläche der auf dem heranzuziehenden Grundstück vorhandenen Gebäude oder selbstständigen Gebäudeteile, die nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Schmutzwasserableitung auslösen oder die nicht angeschlossen werden dürfen, von der für das Grundstück ermittelten zulässigen Geschossfläche abgezogen und nicht der Beitragsberechnung zugrunde gelegt. Dies gilt nicht für Gebäude oder selbstständige Gebäudeteile, die tatsächlich an die Schmutzwasserableitung angeschlossen sind oder bei der Berechnung der auf dem Grundstück zulässigen Geschossfläche unberücksichtigt bleiben.

Die satzungsrechtliche Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS beruht auf der zum1. August 2002 neu eingeführte Regelung des Art. 5 Abs. 2 Satz 5 KAG.

§ 20 Abs. 4 BauNVO legt insoweit fest, dass bei der Ermittlung der Geschoßfläche Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt bleiben.

Die als Grenzbau bestehende Garage unterfällt mit einer Wandlänge von 11,10 m zwar nicht dem Abstandsflächenprivileg des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO. Die Beklagte, die zugleich zuständige Baugenehmigungsbehörde ist, hat mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 jedoch mitgeteilt, dass im Hinblick auf die Deckungsgleichheit mit der Grenzgarage auf dem Nachbargrundstück eine Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO (auf der Grundlage des Art. 63 Abs. 1 BayBO) möglich ist. In diesem Fall bleibt die Geschossfläche der Garage jedoch ebenfalls nach Art. 20 Abs. 4 BauNVO bei der Ermittlung der Geschossfläche unberücksichtigt und stellt deshalb auch keinen Abzugsposten nach § 5 Abs. 1 Satz 6 BGS/EWS dar (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 7.5.2009 - AN 1 S 09.00589; bestätigt durch BayVGH, Beschluss vom 29.6.2009 - 20 CS 09.1225).

Der Klage war deshalb abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

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(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.

(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung nach § 16 bestehen, auch wenn eine Geschossflächenzahl oder eine Baumassenzahl nicht dargestellt oder festgesetzt wird, folgende Orientierungswerte für Obergrenzen:

1234
BaugebietGrund-
flächenzahl (GRZ)
Geschoss-
flächenzahl (GFZ)
Bau-
massenzahl
(BMZ)
inKleinsiedlungsgebieten (WS)0,20,4
inreinen Wohngebieten (WR)
allgemeinen Wohngebieten (WA)
Ferienhausgebieten


0,4


1,2


inbesonderen Wohngebieten (WB)0,61,6
inDorfgebieten (MD)
Mischgebieten (MI)
dörflichen Wohngebieten (MDW)


0,6


1,2


inurbanen Gebieten (MU)0,83,0
inKerngebieten (MK)1,03,0
inGewerbegebieten (GE)
Industriegebieten (GI)
sonstigen Sondergebieten


0,8


2,4


10,0
inWochenendhausgebieten0,20,2

In Wochenendhausgebieten und Ferienhausgebieten dürfen die Orientierungswerte für Obergrenzen nach Satz 1 nicht überschritten werden.

(1) Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden.

(2) Die Geschossflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Absatz 3 zulässig sind.

(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.

(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.