Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 26. Okt. 2018 - 6 L 1601/18
Tenor
1. Die RWE Power AG, vertr. d. d. Vorstand, Stüttgenweg 2, 50935 Köln, wird zum Verfahren beigeladen.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
3. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 2.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Das Verwaltungsgericht Aachen ist gemäß § 52 Nr. 5 VwGO örtlich zuständig, weil sich die Zuständigkeit des Polizeipräsidiums Aachen bei der vorliegend streitigen Maßnahme auch auf den Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Köln erstreckt und der Antragsteller keinen Wohnsitz im (erweiterten) Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Aachen hat (vgl. § 52 Nr. 3 S. 2 und 3 VwGO). Da sich der Antragsteller erst wenige Stunden / Tage aus Anlass einer „Hausbesetzung“ in dem Gebäude in Kerpen-Manheim aufhält, ist nicht davon auszugehen, dass er dort bereits einen „Wohnsitz“ im Sinne des räumlichen Mittelpunkts seiner Lebensverhältnisse genommen.
31. Die RWE Power AG wird gemäß § 65 Abs. 1 VwGO zum Verfahren beigeladen, weil sie als Eigentümerin der besetzten Hausgrundstücke durch die Entscheidung im vorliegenden Verfahren in ihren rechtlichen Interessen berührt wird. Von einer Anhörung der Beigeladenen wurde angesichts der Dringlichkeit der begehrten Entscheidung abgesehen.
42. Der Antrag,
5die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die am 25. Oktober 2018 bekannt gemachte Räumungsverfügung anzuordnen,
6hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber nicht begründet.
7Bei der im Rahmen des Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts und dem Individualinteresse des Antragstellers an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache das maßgebliche Kriterium. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse. Stellt der Verwaltungsakt sich als offensichtlich rechtmäßig dar, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse. Lässt sich hingegen bei summarischer Überprüfung eine Offensichtlichkeitsbeurteilung nicht treffen, kommt es entscheidend auf eine Abwägung zwischen den für eine sofortige Vollziehung sprechenden Interessen einerseits und dem Interesse des Betroffenen an einer Aussetzung der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren andererseits an. Die Erfolgsaussichten sind dabei auch unabhängig von einer fehlenden Offensichtlichkeit einzubeziehen. Je höher diese sind, umso größer ist das Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten demgegenüber gering, fällt das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts stärker ins Gewicht.
8Gemessen an diesem Maßstab überwiegt hier das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Platzverweises das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
9Der angefochtene und gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbare Platzverweis findet seine Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW.
10Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten.
11Der Rückgriff auf diese Norm ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht dadurch gesperrt, dass diese Vorschrift aufgrund der spezielleren Regelungen des Versammlungsgesetzes nicht anwendbar wäre. Es kommt weder die Regelung des § 15 VersammlG als Ermächtigungsgrundlage in Betracht, noch streitet für den Antragsteller der erweiterte grundrechtliche Schutz der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG. Denn bei der Besetzung der Häuser handelt es sich - soweit nach derzeitigem Sach- und Streitstand ersichtlich - nicht um eine Versammlung.
12Der Begriff der Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes ist in Anlehnung an den verfassungsrechtlichen Versammlungsbegriff zu deuten und auf Veranstaltungen zu begrenzen, die durch eine gemeinschaftliche, auf Kommunikation angelegte Entfaltung mehrerer Personen gekennzeichnet sind. Dementsprechend sind Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung.
13Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81 -, juris Rn. 60 und vom 12. Juli 2001 - 1 BvQ 28/01 -, juris Rn. 19.
14Der Antragsteller hat im gerichtlichen Verfahren lediglich pauschal nachgeschoben, es handele sich bei den „40-50 Personen“ um eine Versammlung. Inwieweit es sich bei der Besetzung der Häuser jedoch um eine gemeinschaftliche Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung handelt, hat er nicht näher dargelegt. Eine nach § 14 Abs. 1 VersammlG grundsätzlich erforderliche Anmeldung der behaupteten Versammlung ist ebenfalls nicht erfolgt. Wenn auch die Hausbesetzung im Zusammenhang mit den derzeitigen Geschehnissen um dem Braunkohletagebau Hambach stehen mag, führt dies nicht ohne Weiteres dazu, dass die Besetzung eines Hauses als Versammlung im versammlungsrechtlichen Sinne zu sehen ist.
15Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW sind vorliegend gegeben. Die Beamten des Antragsgegners sind zu Recht davon ausgegangen, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Zeitpunkt ihres Einschreitens bestanden hat und nach wie vor besteht.
16Unter „Gefahr“ im Sinne des Rechts der Gefahrenabwehr versteht man nach allgemeiner Auffassung eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in überschaubarer Zukunft den Eintritt eines nicht unerheblichen Schadens für die polizeilichen Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zur Folge hat.
17Vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Abschnitt D Rn. 39 ff; ; VG Aachen, u.a. Urteil vom 29. Juli 2009 - 6 K 112/09 -, juris Rn. 37 ff.
18Dass eine von der Polizei angenommene Gefahrenlage tatsächlich besteht, ist nicht zwingende Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Vielmehr ist von einer Gefahr im Sinne der die Polizei- und Ordnungsbehörden ermächtigenden Eingriffstatbestände - hier des § 34 Abs. 1 PolG NRW - schon immer dann auszugehen, wenn - abgestellt auf den Zeitpunkt des Handelns der Behörde (sogenannte „ex-ante-Betrachtung“) - bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt besteht. Selbst wenn sich nachträglich (sogenannte „ex-post-Betrachtung“) herausstellt, dass der im Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens befürchtete Schaden in Wirklichkeit nicht gedroht hat, ändert dies nichts an der Wertung, dass im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens eine echte Gefahr - eine sogenannte „Anscheinsgefahr“ - vorgelegen hat. Wenn ein gewissenhafter, besonnener und sachkundiger Amtswalter im Zeitpunkt des polizeilichen Handelns zutreffend von einer Gefahrenlage ausgeht, die ihn zu Maßnahmen der Gefahrenabwehr ermächtigt, so kann eine ursprünglich rechtmäßige Entscheidung nicht aufgrund besserer nachträglicher Erkenntnisse rechtswidrig werden. Die Wirksamkeit der Gefahrenabwehr würde erheblich eingeschränkt, wenn die Rechtmäßigkeit des polizeilichen Handelns stets an das tatsächliche (rein objektiv zu verstehende) Drohen eines Schadenseintritts gebunden wäre. Gerade im Rahmen der Gefahrenabwehr müssen Polizei- und Ordnungskräfte ihre Entscheidungen oft unter erheblichem Zeitdruck treffen, der sie zu schnellem Handeln zwingt und an einer näheren Aufklärung der Gefahrenlage hindert. Vor diesem Hintergrund darf den Beamten eine im Zeitpunkt des Handelns sachgerechte Entscheidung, die auf einer pflichtgemäßen, verständigen und besonnenen Lagebeurteilung beruht, nicht aufgrund späterer Erkenntnisse als rechtswidrig angelastet werden.
19Vgl. Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Abschnitt D Rn. 46 ff.; VG Aachen, u.a. Urteil vom 29. Juli 2009 - 6 K 112/09 -, juris Rn. 37 ff., 40.
20Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt.
21Vgl. nur Denninger in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Abschnitt D Rn. 16.
22Vorliegend hält sich der Antragsteller in einem Haus auf, das im Eigentum der beigeladenen RWE Power AG steht und das nicht an ihn vermietet oder sonst zum Aufenthalt überlassen ist. Für die Beamten des Antragsgegners stellte sich die Situation zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Platzverweises so dar, dass sich der Antragsteller - gemeinsam mit einigen anderen Personen - ohne Erlaubnis des Eigentümers und Hausrechtsinhabers Zutritt verschafft und sich trotz mehrfacher Aufforderung auch nicht entfernt hat. Da § 123 Abs. 1 StGB das widerrechtliche Eindringen und Verweilen u.a. in Wohnungen oder befriedetem Besitztum unter Strafe stellt, ist die Annahme des Vorliegens einer Gefahr für die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung durch die Beamten des Antragsgegners nach den oben dargelegten Grundsätzen unabhängig davon nicht zu beanstanden, ob sich nach weiterer Aufklärung möglicherweise - wie der Antragsteller unter Verweis auf Strafverfahren des Amtsgericht Kerpen und des Oberlandesgerichts Köln ausführt - ergeben mag, dass der Straftatbestand des § 123 Abs. 1 StGB im Einzelfall nicht erfüllt ist.
23Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung ist auch nicht der Zivilrechtsweg vorrangig in Anspruch zu nehmen (vgl. § 1 Abs. 2 PolG). Dies ergibt sich zum einen bereits daraus, dass nicht allein die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, sondern wie oben dargelegt auch ein Straftatverdacht im Hinblick auf § 123 Abs. 1 StGB im Raume steht.
24Vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 - I ZB 103/16 -, juris Rn 19.
25Im Übrigen hat die Beigeladene dies aber auch versucht und beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf Räumung unter anderem auch des hier streitgegenständlichen Grundstücks beantragt. Mit Beschluss vom 22. Oktober 2018, der dem Gericht vorliegt, hat das Landgericht Köln (Az. 5 O 410/18) den Antrag - allein - aus dem Grund abgelehnt, dass die Parteibezeichnung der Antragsgegner, die die Antragstellerin nicht namentlich nennen konnte, sondern lediglich die „(derzeit ca. 40-50) Besetzer“ der entsprechenden Grundstücke nannte, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Antragsschrift nicht erfülle. Dadurch, dass eine der - soweit bekannt mehreren - sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindlichen Personen nunmehr - nach Bekanntgabe des Platzverweises - im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ihre Identität offengelegt hat, hat sich insoweit nichts entscheidungserheblich geändert.
26Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene sich mangels Antragstellung keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten, sollten solche überhaupt entstanden sein, selbst trägt.
273. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:
- 1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt. - 2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat. - 3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4. - 4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend. - 5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.
(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn
- 1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und - 2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.
(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.
(1) Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzuges anzumelden.
(2) In der Anmeldung ist anzugeben, welche Person für die Leitung der Versammlung oder des Aufzuges verantwortlich sein soll.
(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Gegenstandswert: 10.000 €
Gründe:
I. Die Gläubigerin betreibt auf der Grundlage einer einstweiligen Verfü1 gung die Räumung eines von den Schuldnern rechtswidrig besetzten Hausgrundstücks.
- 2
- Auf Antrag der Gläubigerin erließ das Landgericht Leipzig mit Beschluss vom 25. Juli 2016 eine einstweilige Verfügung, mit welcher den Schuldnern zu 1 und 2 unter Androhung von Ordnungsmitteln aufgegeben wurde, 1. die im beigefügten Lageplan [näher bezeichnete] Fläche mit sofortiger Wirkung zugunsten der Gläubigerin und mit ihr nach § 15 AktG verbundenen Unternehmen jederzeit wieder zugänglich zu machen, auch mit Kraftfahrzeugen. Den Schuldnern wird dazu aufgegeben, jegliche anderen Maßnahmen zu unterlassen, die die Begehbarkeit und Befahrbarkeit der genannten Flächen beeinträchtigen , 2. die im beigefügten Lageplan [näher bezeichnete] Fläche unverzüglich zu räumen und geräumt an die [Gläubigerin] herauszugeben.
- 3
- Außerdem wurde den Schuldnern untersagt, das näher bezeichnete Grundstück sowie die darauf befindlichen Gebäude zu betreten und zu befahren.
- 4
- Namen und seiner Anschrift aufgeführt. Die Schuldner zu 1 sind wie folgt bezeichnet : Eine Anzahl von 40 männlichen und weiblichen Personen, die sich als "Kulturkollektiv Arno-Nitzsche" bezeichnen und sich zum Zeitpunkt der Zustellung auf der im Grundbuch des Amtsgerichts Leipzig eingetragenen Fläche, Gemarkung ..., Blatt ..., Flurstück Nr. ... dauerhaft aufhalten.
- 5
- Mit Schreiben vom 8. August 2016 beauftragte die Gläubigerin die Gerichtsvollzieherin mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Schuldner sowie mit der Durchführung einer beschränkten Räumung gemäß § 885a ZPO. Die Gerichtsvollzieherin lehnte mit Schreiben vom 9. August 2016 den Räumungsauftrag mit der Begründung ab, die Schuldner zu 1 seien nicht in Person identifizierbar. Eine Zustellung der einstweiligen Verfügung sei wegen dieser Unbestimmtheit ebenfalls nicht möglich. Dagegen hat die Gläubigerin Erinnerung eingelegt. Das Amtsgericht hat die Erinnerung mit Beschluss vom 15. August 2016 zurückgewiesen. Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts von der Gläubigerin eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegerichtzugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.
- 6
- II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Amtsgericht habe die Erinnerung der Gläubigerin mit Recht zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung im Streitfall nicht vorlägen. Entgegen § 750 Abs. 1 ZPO seien die Schuldner zu 1 in der einstweiligen Verfügung nicht namentlich bezeichnet. Die Schuldner zu 1 seien dort auch nicht so klar bezeichnet , dass sie durch Auslegung des Titels identifiziert werden könnten. Es sei nicht sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person zu der Gruppe der Schuldner zu 1 gehöre und ob diese Person sich dort dauerhaft aufhalte. Der Umstand, dass es für einen Grundstückseigentümer unmöglich sein könne, die Besetzer seines Grundstücks individuell zu bestimmen und mit zivilrechtlichen Mitteln in Anspruch zu nehmen, rechtfertige es nicht, auf eine bestimmte Bezeichnung der Partei als individuell feststehende Person oder Personengruppe zu verzichten. Vielmehr führe die Unmöglichkeit der hinreichend genauen Bezeichnung der Besetzer dazu, dass gerichtlicher Schutz im Sinne von § 2 Abs. 2 SächsPolG nicht rechtzeitig zu erlangen sei und damit der Schutz des Eigentums der Polizei obliege.
- 7
- III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass eine allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO nicht vorliegt und die Gerichtsvollzieherin deshalb mit Recht die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abgelehnt hat.
- 8
- 1. Gemäß § 750 Abs. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Die Anforderungen des § 750 Abs. 1 ZPO gelten nicht nur für Urteile, sondern auch für die im Streitfall maßgebliche Vollstreckung von einstweiligen Verfügungen (§ 795 Satz 1, § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, vgl. Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 750 Rn. 2 und § 794 Rn. 44; Ulrici in BeckOK.ZPO, 24. Edition, Stand 1. März 2017, § 750 Rn. 2; Saenger/Kindl, ZPO, 7. Aufl., § 750 Rn. 2).
- 9
- 2. Im Streitfall fehlt es in Bezug auf die Schuldner zu 1 an einer Bezeichnung , die eine hinreichend sichere Identifizierung der durch die einstweilige Verfügung betroffenen Personen ermöglicht.
- 10
- a) Allerdings fehlt es nicht bereits deshalb an den Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen , weil die Schuldner zu 1 in der einstweiligen Verfügung nicht mit ihrem Namen bezeichnet sind. Zwar kann nach dem Wortlaut von § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Zwangsvollstreckung nur gegen eine Person begonnen werden, die im Titel oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel als Schuldner namentlich bezeichnet ist. Trotz der Formenstrenge, die in der Zwangsvollstreckung herrscht, genügt es jedoch, wenn durch eine Auslegung anhand des Titels ohne weiteres festgestellt werden kann, wer Partei des Verfügungsverfahrens ist (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 339 - Euro-Einführungsrabatt; Beschluss vom 29. Mai 2008 - IX ZB 102/07, BGHZ 177, 12 Rn. 14).
- 11
- b) Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen. Es hat angenommen, die Schuldner zu 1 seien in der einstweiligen Verfügung nicht so klar bezeichnet, dass sie durch Auslegung des Titels zweifelsfrei identifiziert werden könnten. Es sei nicht sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person zu der Gruppe der Schuldner zu 1gehöre. Dass die Mitglieder des sogenannten Kulturkollektivs, die sich dauerhaft auf der Fläche aufhielten, nicht zeitweise Besuch von außenstehenden Personen erhielten , sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Es sei nicht feststellbar, dass auf dem bezeichneten Grundstück nur 40 männliche und weibliche Personen anzutreffen seien, die sich als "Kulturkollektiv Arno-Nitzsche" bezeichneten und sich dort dauerhaft aufhielten. Es sei nicht klar, wie die Zugehörigkeit von an- wesenden Personen zu einem "Kulturkollektiv" festgestellt und die Frage beantwortet werden könne, ob die angetroffenen Personen sich dort dauerhaft aufhielten. Damit sei durch die Gerichtsvollzieherin nicht sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person zu der Gruppe der Schuldner zu 1 gehöre. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
- 12
- c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht keinen zu strengen rechtlichen Maßstab an die Schuldnerbezeichnung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO angelegt.
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- aa) Dem aus § 750 Abs. 1 ZPO folgenden Erfordernis einer sicheren Identifizierbarkeit des Vollstreckungsschuldners kommt rechtssystematisch eine zentrale Bedeutung zu. Durch diese Vollstreckungsvoraussetzung wird der für das Zivilprozessrecht kennzeichnende Grundsatz der Trennung von Erkenntnisund Vollstreckungsverfahren gesichert, wonach das Vollstreckungsorgan den durch den Vollstreckungstitel urkundlich ausgewiesenen Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner nicht zu überprüfen hat (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 750 Rn. 3, vor § 704 Rn. 14; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 750 Rn. 1; Heßler in MünchKomm.ZPO, 5. Aufl., § 750 Rn. 5). Die Regelung über die Bezeichnung der Vollstreckungsparteien in § 750 Abs. 1 ZPO sichert die für die Funktions- und Verantwortungsteilung zwischen Prozessgericht und Vollstreckungsorgan notwendige Formalisierung der Vollstreckungsvoraussetzungen , indem es dem Vollstreckungsorgan ermöglicht, die Identität der Parteien auf der Grundlage von Titel und Klausel zu bestimmen (vgl. Heßler in MünchKomm.ZPO aaO § 750 Rn. 3 und 5; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 750 Rn. 1; Ulrici in BeckOK.ZPO aaO § 750 Rn. 8).
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- bb) § 750 Abs. 1 ZPO sichert zudem nicht lediglich die Einhaltung einer Formalität. Vielmehr wird durch das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung des Schuldners gewährleistet, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der Klausel genannten Personen ausgeübt wird (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 116/03, NJW-RR 2003, 1450, 1451; Beschluss vom 25. Juni 2004 - IXa ZB 29/04, BGHZ 159, 383, 385 f.; BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - I ZB 39/08, NJW 2008, 3287 Rn. 10). Damit wird verhindert, dass durch staatlichen Zwang in grundrechtlich geschützte Rechte Unbeteiligter eingegriffen wird.
- 15
- d) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Beharren des Beschwerdegerichts auf streng formalen Kriterien im Vollstreckungstitel werde dem Phänomen der illegalen Hausbesetzungen bei gleichzeitiger vorsätzlicher Verschleierung der Identität der Besetzer nicht gerecht. Dieser Sachverhalt führe dazu, dass letztlich die Gläubigerin als diejenige, die sich redlich und gesetzestreu verhalte, ohne rechtlichen Schutz und ohne staatliche Unterstützung bei der Wahrung ihrer Rechte gegen illegale Hausbesetzer bleibe. Ein solches Ergebnis könne nicht befriedigen. Es könne nicht sein, dass das Vollstreckungsorgan in Fällen seinen Schutz versage, in denen der materiell-rechtliche Anspruch des Gläubigers offenkundig sei. Es stehe nicht in Frage, dass die Hausbesetzer - gegen die Gläubigerin als Eigentümerin - zu keinem Zeitpunkt ein legales Besitzrecht an der betreffenden Liegenschaft begründen konnten. Es sei deshalb unvertretbar, einen Grundstückseigentümer, dem eine offenbare Rechtsverletzung widerfahren sei, in solche Kalamitäten zu treiben, nur weil ihm aus formalen Gründen die Verfolgung seines Rechtsanspruchs verwehrt sein solle. Dem Grundstückseigentümer werde in einem Fall der Schutz versagt, in welchem einzig und allein aufgrund deliktischen Handelns der Schuldner eine Parteibezeichnung nur umschreibend sein könne. Mit dieser Begründung kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben.
- 16
- aa) Das Beschwerdegericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Umstand, dass sich die auf dem Grundstück der Gläubigerin anzutreffenden Personen eindeutig unerlaubt aufhalten, nicht dazu führen kann, dass die im Streitfall beauftragte Gerichtsvollzieherin die Zwangsvollstreckung ohne das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen durchführen darf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zum Erfordernis der bestimmten Bezeichnung des Vollstreckungsschuldners nicht durch materiell-rechtliche Erwägungen oder Gesichtspunkte der Billigkeit außer Kraft gesetzt werden (BGH, NJW-RR 2003, 1450, 1451; BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, NJW 2008, 3287 Rn. 11; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 885 Rn. 7). Für oder gegen andere als in Titel oder Klausel bezeichnete Personen darf die Zwangsvollstreckung auch dann nicht erfolgen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass sie Gläubiger oder Schuldner sind (BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, NJW 2008, 3287 Rn. 11). Eine Person, gegen die die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, beruft sich zudem nicht unter Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben auf eine nur formale Rechtsstellung, wenn sie geltend macht, die Zwangsvollstreckung sei nach § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO unzulässig, weil sie in dem Titel oder der Klausel namentlich nicht bezeichnet sei (BGH, NJW 2008, 3287 Rn. 10).
- 17
- bb) Das Beschwerdegericht ist ferner mit Recht davon ausgegangen, dass es auch die Unmöglichkeit einer hinreichend genauen Bezeichnung der Besetzer des Grundstücks der Gläubigerin nicht rechtfertigen kann, vom zentralen Erfordernis einer sicheren Identifizierung der Schuldner anhand des Vollstreckungstitels abzusehen (ebenso Heßler in MünchKomm.ZPO aaO § 750 Rn. 51; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 750 Rn. 8; Bendtsen in Kindl/HellerHannich /Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 885 ZPO Rn. 23; Giers in Kindl/Heller-Hannich/Wolf aaO § 750 ZPO Rn. 6; Stürner in BeckOK.ZPO aaO § 885 Rn. 19; Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 885 Rn. 7; aA Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 885 ZPO Rn. 17; Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663; Lisken, NJW 1982, 1136, 1137; Geißler, DGVZ 2011, 37, 40 f.; Majer, NZM 2012, 67, 70).
- 18
- (1) Die Zulassung eines "Titels gegen Unbekannt" (vgl. Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663; Geißler, DGVZ 2011, 37, 40), eines "Titels gegen den, den es angeht" (vgl. Lisken, NJW 1982, 1136, 1137) oder eines "lagebezogenen" Titels (so Majer, NZM 2012, 67, 70) ist mit der geltenden Rechtslage nicht vereinbar. Das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung des Vollstreckungsschuldners gemäß § 750 Abs. 1 ZPO sichert in formeller Hinsicht den Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren, indem es dem Vollstreckungsorgan ermöglicht, die Identität der Parteien auf der Grundlage von Titel und Klausel zu bestimmen. Außerdem gewährleistet das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung des Schuldners materiell, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der Klausel genannten Personen ausgeübt wird. Ein lediglich auf die Räumlichkeit bezogener Räumungstitel ist nach dem Willen des Gesetzgebers mit den Grundsätzen des deutschen Vollstreckungsrechts nicht vereinbar (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des MietRÄndG, BR-Drs. 313/12, Seite 47).
- 19
- (2) Der Verzicht auf das Erfordernis einer sicheren Identifizierung des Schuldners aufgrund der Bezeichnung im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb geboten, weil der Eigentümer ansonsten vollständig rechtlos gestellt wäre. Eine Räumung gegenüber Hausbesetzern kann vielmehr nach dem Polizei - und Ordnungsrecht erfolgen (Heßler in MünchKomm.ZPO aaO § 750 Rn. 51; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf aaO § 885 ZPO Rn. 23; Geißler, DGVZ 2011, 37, 39). Das widerrechtliche Eindringen und Verweilen in Wohnungen , Geschäftsräumen oder befriedetem Besitztum ist gemäß § 123 Abs. 1 StGB strafbar; die Verletzung strafrechtlicher Normen stellt stets eine Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne der polizei- und ordnungsrechtlichen Eingriffsermächtigungen der Bundesländer dar (vgl. z.B. § 3 Abs. 1 SächsPolG). Die Beseitigung dieser Störung fällt in die polizeiliche Aufgabenzuständigkeit; das Polizei- und Ordnungsrecht stellt insoweit auch die zur Durchsetzung erforderlichen Eingriffsbefugnisse zur Verfügung (vgl. zum Ganzen Geißler, DGVZ 2011, 37, 39; Heßler in MünchKomm.ZPO aaO § 750 Rn. 51; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf aaO § 885 ZPO Rn. 23; Gaul in Gaul/Schilken/ Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 22 Rn. 3; Christmann , DGVZ 1984, 101, 105; Degenhart, JuS 1982, 330 f.). Der Pflicht zum Eingreifen der Polizei steht nicht entgegen, dass nach dem Polizei- und Ordnungsrecht der Bundesländer der Schutz privater Rechte der Polizei nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird (vgl. z.B. § 2 Abs. 2 SächsPolG). Diese Bestimmungen betreffen die ausschließliche Gefährdung privater Rechte wie etwa das Vermögen oder Forderungen Privater (vgl. Ullrich inBeckOK.Polizeiund Ordnungsrecht Niedersachsen, 6. Edition, Stand 20. Mai 2017, § 2 Rn. 35). Bei Haus- und Grundstücksbesetzungen geht es jedoch um gemäß § 123 StGB strafbare Handlungen und damit um die Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne der allgemeinen polizeilichen Eingriffsermächtigungen. Im Übrigen werden bei Haus- und Grundstücksbesetzungen regelmäßig auch die Voraussetzungen der Eingriffsvoraussetzungen des Polizei- und Ordnungsrechts für den polizeilichen Schutz privater Rechte vorliegen (vgl. Degenhart, JuS 1982, 330,
331).
- 20
- (3) Den im Schrifttum vorgeschlagenen Maßnahmen zur Vollstreckung eines Räumungstitels gegen Unbekannt durch den Gerichtsvollzieher stehen außerdem erhebliche rechtliche und praktische Schwierigkeiten entgegen. So wird vertreten, die Polizei müsse in analoger Anwendung des § 758 Abs. 3 ZPO oder aber im Wege der Amtshilfe vor der Räumung das betreffende Objekt si- chern und damit gewährleisten, dass nur die aktiven Besetzer und keine Sympathisanten , aber auch alle aktiven Besetzer angetroffen werden. Sodann sollten diese nacheinander zur Feststellung der Personalien nach draußen verbracht werden. Den identifizierten Personen solle der Gerichtsvollzieher sodann jeweils eine Ausfertigung des gegen unbekannt ergangenen Räumungstitels aushändigen und dies in einer Liste vermerken. Anhand dieser Liste solle der Gerichtsvollzieher dann die Zustellungsurkunden erstellen; das zuvor auf "Unbekannt" lautende Rubrum der einstweiligen Verfügung sei schließlich gemäß § 319 ZPO entsprechend den nunmehr ermittelten Personalien zu berichtigen (vgl. Geißler, DGVZ 2011, 37, 40 f.; Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663, 664 f.). Diese Vorschläge verdeutlichen nicht nur die erheblichen rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eines "Räumungstitels gegen Unbekannt" (vgl. Heßler in MünchKomm.ZPO aaO § 750 Rn. 51; Gaul in Gaul/ Schilken/Becker-Eberhard aaO § 22 Rn. 3), sondern offenbaren, dass es insoweit nicht um die Vollstreckung eines Titels geht, der - wie gemäß § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 313 Abs. 1 Nr. 1, § 750 Abs. 1 ZPO in der Zivilprozessordnung vorgesehen - in einem Erkenntnisverfahren gegen konkrete Schuldner erlassen wurde. Der Sache nach wird es vielmehr im Widerspruch zum elementaren zivilprozessualen Grundsatz, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der Klausel genannten Personen ausgeübt wird (BGHZ 159, 383, 385 f.; BGH, NJW-RR 2003, 1450, 1451; BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, NJW 2008, 3287 Rn. 1), als ausreichend angesehen, dass die Identität des Schuldners erstmals im Vollstreckungsverfahren durch den Gerichtsvollzieher ermittelt und festgestellt wird.
- 21
- (4) Angesichts des klaren Wortlauts, der systematischen Stellung, des gesetzgeberischen Willens, von Sinn und Zweck des Erfordernisses der namentlichen Bezeichnung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO und der rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung eines Titels gegen Unbekannt würde es nach alledem die Grenzen der zulässigen richterlichen Gesetzesauslegung überschreiten, auf diese gesetzliche Vollstreckungsvoraussetzung zu verzichten, wenn - wie in Fällen von Haus- oder Grundstücksbesetzungen - eine sichere Identifizierung von Schuldnern im Erkenntnisverfahren (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) regelmäßig nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich ist und die Schuldner deshalb auch im Vollstreckungstitel nicht sicher identifizierbar angegeben werden können. Der Senat verkennt nicht, dass sich in Fällen illegaler Haus- und Grundstücksbesetzungen ein gesetzliches Defizit bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Räumungsansprüche offenbart. Ein Verzicht auf die gesetzliche Vorgabe der namentlichen Bezeichnung des Schuldners im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel kann für solche besonders gelagerten Fälle vielmehr - unter umfassender Abwägung der betroffenen Rechte und Interessen - aber allein der Gesetzgeber regeln.
- 22
- e) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde schließlich geltend, die Gerichtsvollzieherin habe zumindest den Versuch unternehmen müssen, die einstweilige Verfügung zuzustellen. Da die Schuldner zu 1 entgegen § 750 Abs. 1 ZPO in der einstweiligen Verfügung nicht namentlich oder doch sicher identifizierbar bezeichnet worden waren, lag eine wesentliche Voraussetzung der Zwangsvollstreckung nicht vor. Damit durfte die Gerichtsvollzieherin den Zwangsvollstreckungsakt der Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht vornehmen.
- 23
- IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
AG Leipzig, Entscheidung vom 15.08.2016 - 433 M 16444/16 -
LG Leipzig, Entscheidung vom 21.10.2016 - 8 T 753/16 -
Tenor
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Antragstellerin begehrt eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt,
3die Antragsgegner zu verpflichten, die von ihnen besetzten Grundstücke in ##### M, Ortsteil P (alt), Grundbuch von P, Blatt ##8
4G-Straße ##6, Flurstück ##9
5G-Straße ##8, Flurstück ##6
6G-Straße ##0, Flurstück ##5
7G-Straße ##2, Flurstück ##4
8H-Straße #4, Flurstück ##2
9H-Straße #6, Flurstück ##9
10H-Straße #8, Flurstück ##1
11nebst darauf befindlichen Gebäuden zu räumen und der Antragstellerin zu überlassen.
12Hierzu wird vorgetragen, am 12.10.2018 eine unbekannte Anzahl von Personen in die, im Eigentum der Antragstellerin stehenden, streitbefangenen Häuser eingedrungen sei. Zwischenzeitlich hätte sich - im Rahmen eines "Haus- und Gartenfestes", zu welchem die Besetzer für den 13.10.2018 eingeladen hatten -, bis zu 200 Personen auf den Grundstücken aufgehalten. Im Anschluss habe sich die Anzahl der Besetzer in den streitbefangenen Immobilien wieder auf ca. 40-50 eingependelt. Hinsichtlich des weiteren Tatsachenvortrags und der Rechtsansichten der Antragstellerin wird auf die Antragsschrift Bezug genommen.
13Zur Glaubhaftmachung werden eidesstattliche Versicherungen der Herren T (Anlage AST 3) und L (Anlage AST 4) vorgelegt.
14Der Antrag ist nicht gerechtfertigt, obwohl der geltend gemachte Räumungsanspruch dem Grunde nach bestehen würde. Bereits der dauerhafte Aufenthalt auf den im Eigentum und Besitz der Antragstellerin befindlichen Grundstücken und in den dortigen Gebäuden gegen den Willen der Antragstellerin stellt eine schwerwiegende Störung deren Eigentums und Besitzes dar. Die Voraussetzungen einer verbotenen Eigenmacht gemäß §§ 858, 861 Abs. 1, 862 Abs. 1 Satz 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB liegen vor.
15Der Antrag ist jedoch unzulässig, da ebenso wie in der Klageschrift (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) auch in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Parteien genau bezeichnet sein müssen. Dieser Voraussetzungen erfüllt die Antragsschrift nicht.
16Die Parteibezeichnung ist erforderlich, um die an dem Rechtsstreit beteiligten Personen zu kennzeichnen. Es muss ersichtlich sein, gegen wen sich der Antrag richtet. Die genaue Bezeichnung der Parteien ist auch erforderlich, um die Antragschrift dem Antragsgegner zustellen zu können. Der Gerichtsvollzieher muss der Parteibezeichnung eindeutig entnehmen können, wem die Klageschrift zuzustellen bzw. gegen wen die einstweilige Verfügung zu vollziehen ist. Beides ist nur möglich, wenn sich die betreffende Person aufgrund der Parteibezeichnung sicher identifizieren lässt. Die vollständige Bezeichnung der Parteien ist deshalb Prozessvoraussetzung (OLG Köln, Beschluss vom 18.08.1981 - 3 W 24/81, NJW 1982, 1888; OLG Oldenburg, Beschluss vom 24. Februar 1995 – 5 W 247/95 –, juris).
17Dem aus § 750 Abs. 1 ZPO folgenden Erfordernis einer sicheren Identifizierbarkeit des Vollstreckungsschuldners kommt rechtssystematisch eine zentrale Bedeutung zu. Durch diese Vollstreckungsvoraussetzung wird der für das Zivilprozessrecht kennzeichnende Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren gesichert, wonach das Vollstreckungsorgan den durch den Vollstreckungstitel urkundlich ausgewiesenen Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner nicht zu überprüfen hat (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 – I ZB 103/16 –, Rn. 13 - 14, juris). Die Regelung über die Bezeichnung der Vollstreckungsparteien in § 750 Abs. 1 ZPO sichert die für die Funktions- und Verantwortungsteilung zwischen Prozessgericht und Vollstreckungsorgan notwendige Formalisierung der Vollstreckungsvoraussetzungen, indem es dem Vollstreckungsorgan ermöglicht, die Identität der Parteien auf der Grundlage von Titel und Klausel zu bestimmen (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 – I ZB 103/16 –, Rn. 13 - 14, juris). § 750 Abs. 1 ZPO sichert zudem nicht lediglich die Einhaltung einer Formalität. Vielmehr wird durch das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung des Schuldners gewährleistet, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der Klausel genannten Personen ausgeübt wird (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 116/03, NJW-RR 2003, 1450, 1451; Beschluss vom 25. Juni 2004 - IXa ZB 29/04, BGHZ 159, 383, 385 f.; BGHZ 177, 12 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - I ZB 39/08, NJW 2008, 3287 Rn. 10). Damit wird verhindert, dass durch staatlichen Zwang in grundrechtlich geschützte Rechte Unbeteiligter eingegriffen wird (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 – I ZB 103/16 –, Rn. 13 - 14, juris).
18Zwar muss der Antragsgegner nicht unbedingt mit Namen bezeichnet werden. Notwendig ist es aber, die Partei so klar zu bezeichnen, dass kein Zweifel an ihrer Identität und Stellung aufkommen kann und dass sich anhand der Parteibezeichnung die Partei feststellen lässt (OLG Köln, Beschluss vom 18.08.1981 - 3 W 24/81, NJW 1982, 1888; OLG Oldenburg, Beschluss vom 24. Februar 1995 – 5 W 247/95 –, juris).
19Daran fehlt es hier jedoch bezüglich der Antragsgegner, soweit sie als “derzeit ca. 40-50 Besetzer" bezeichnet sind. Über diesen Personenkreis gibt es keine näheren Angaben. Die zu ihm gehörenden Personen sind weder namentlich benannt, noch in einer Weise bezeichnet, die ihre Identifizierung ermöglicht. Zu entsprechenden Angaben ist die Antragstellerin offensichtlich nicht in der Lage. Dieser Personenkreis ist auch nicht dadurch ausreichend gekennzeichnet, dass darunter nach der Antragsschrift die Personen verstanden werden sollen, die sich im Zeitpunkt der Zustellung der einstweiligen Verfügung auf den Grundstücken befinden. Dabei wird von der Antragstellerin übersehen, dass die Partei, gegen die sich die beantragte einstweilige Verfügung richten soll, bereits im Zeitpunkt der Antragstellung feststehen und deshalb entsprechend bezeichnet sein muss, weil anderenfalls schon der Antrag unzulässig ist (OLG Köln, Beschluss vom 18.08.1981 - 3 W 24/81, NJW 1982, 1888; OLG Oldenburg, Beschluss vom 24. Februar 1995 – 5 W 247/95 –, juris). Die derzeitigen Besetzer des Grundstücks sind aber, ausweislich des Passivrubrums nicht einmal ihrer Anzahl nach bekannt.
20Auch halten sich wohl nicht ständig dieselben Personen auf dem Grundstück auf. Nach den eigenen Angaben der Antragstellerin wechselt die Zahl der Besetzer. So hielten sich ausweislich der Antragsschrift bei einem „Haus- und Gartenfest“ am 13.10.2018 zwischenzeitlich bis zu 200 Personen dort auf. Im Anschluss habe sich die Zahl der Besetzer „wieder auf ca. 40-50 eingependelt“. Selbst dieser Zahlenkorridor lässt sich den von der Antragstellerin eingereichten eidesstattlichen Versicherungen nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen. Die eidesstattliche Versicherung des Herrn T erwähnt lediglich, dass er „Menschen unmittelbar vor diesen Häusern“ habe sehen können und dass ihm die Besetzung „von Bürgern vor Ort mitgeteilt“ worden sei (Anlage AST 3). Die eidesstattliche Versicherung des Herrn L beinhaltet zwar, dass sich dort „nach meiner Kenntnis derzeit ca. 40-50 namentlich nicht bekannte Personen“ aufhalten. Wie er zu diesem Zahlenkorridor gelangt, obwohl er selbst die Besetzung an sich nur auf Indizien stützt und im Konjunktiv formuliert („offenbar widerrechtlich besetzt sind“, „dem äußeren Anschein nach“ „von außen nicht erkennbar“) lässt sich der eidesstattlichen Versicherung nicht entnehmen.
21Aus den von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ergibt sich zudem nicht die von der Antragstellerin behauptete – nicht näher konkretisierte – „durchgängige Überwachung und Beobachtung“, aufgrund derer sichergestellt werden könnte, dass es sich nicht um wechselnde Personengruppen handelt. Aus der eidesstattlichen Versicherung des Herrn L vom 18.10.2018 ergibt sich lediglich, dass „das besetzte Gelände durch den Werkschutz beobachtet“ werde. Inwiefern hierdurch sichergestellt werden kann, dass weder Personen die Grundstücke verlassen noch zusätzliche Personen diese betreten, lässt sich diesem Vortrag nicht entnehmen.
22Das Gericht verkennt nicht, dass es in Fällen der Hausbesetzung für einen Grundstückseigentümer unmöglich sein kann, die Besetzer mit zivilrechtlichen Mitteln in Anspruch zu nehmen. Auch dieser Umstand kann es aus den dargelegten Gründen aber nicht rechtfertigen, auf eine wie auch immer bestimmte Bezeichnung der Partei als individuell feststehende Person oder Personengruppe zu verzichten (OLG Köln, Beschluss vom 18.08.1981 - 3 W 24/81, NJW 1982, 1888). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zum Erfordernis der bestimmten Bezeichnung des Vollstreckungsschuldners nicht durch materiell-rechtliche Erwägungen oder Gesichtspunkte der Billigkeit außer Kraft gesetzt werden (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 – I ZB 103/16 –, Rn. 16, juris, m.w.N.)
23Hausbesetzer sind Störer im Sinne des öffentlichen Rechts, so dass das Problem mit polizeirechtlichen Mitteln zu lösen ist, wenn zivilrechtliche Maßnahmen nicht möglich sind (OLG Oldenburg, Beschluss vom 24. Februar 1995 – 5 W 247/95 –, juris). Der notwendige Rechtsschutz muss in solchen Fällen, die in aller Regel Straftatbestände erfüllen und die öffentliche Ordnung stören, mit Mitteln des öffentlichen Rechts (ordnungsbehördliche Räumungsanordnung, polizeiliche Vollzugshilfe) gewährt werden (MüKoZPO/Heßler, 5.Auflage 2016, ZPO § 750 Rn. 51).
24Das widerrechtliche Eindringen und Verweilen in Wohnungen, Geschäftsräumen oder befriedetem Besitztum ist gemäß § 123 Abs. 1 StGB strafbar; die Verletzung strafrechtlicher Normen stellt stets eine Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne der polizei- und ordnungsrechtlichen Eingriffsermächtigungen der Bundesländer dar. Die Beseitigung dieser Störung fällt in die polizeiliche Aufgabenzuständigkeit; das Polizei- und Ordnungsrecht stellt insoweit auch die zur Durchsetzung erforderlichen Eingriffsbefugnisse zur Verfügung (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 – I ZB 103/16 –, Rn. 19, juris). Der Pflicht zum Eingreifen der Polizei steht nicht entgegen, dass nach dem Polizei- und Ordnungsrecht der Bundesländer der Schutz privater Rechte der Polizei nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Diese Bestimmungen betreffen die ausschließliche Gefährdung privater Rechte wie etwa das Vermögen oder Forderungen Privater. Bei Haus- und Grundstücksbesetzungen geht es jedoch um gemäß § 123 StGB strafbare Handlungen und damit um die Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne der allgemeinen polizeilichen Eingriffsermächtigungen (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 – I ZB 103/16 –, Rn. 19, juris). Im Übrigen werden bei Haus- und Grundstücksbesetzungen regelmäßig auch die Voraussetzungen der Eingriffsvoraussetzungen des Polizei- und Ordnungsrechts für den polizeilichen Schutz privater Rechte vorliegen (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 – I ZB 103/16 –, Rn. 19, juris).
25Rechtsbehelfsbelehrung:
26Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, oder dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
27Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
28Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb von zwei Wochen bei dem Landgericht Köln oder dem Oberlandesgericht Köln eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.