Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 12. Okt. 2016 - 4 K 993/14.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist laut seinen Angaben beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 00. G. 1981 in Mosul (Provinz Niniveh) geboren, irakischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit und war ursprünglich islamischen Glaubens. Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Auszugs aus dem Generalregister lauten seine Personalien auf F. L. B. , geboren am 00. N. 1991 in Mosul/Niniveh. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung ist er tatsächlich kurdischer Volkszugehörigkeit.
3Der Kläger reiste am 3. September 2005 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 7. September 2005 einen Asylantrag.
4Im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt gab er im Kern an, den Irak verlassen zu haben, weil sein Vater, der unter dem Regime von Saddam Hussein mit dem irakischen Geheimdienst zusammengearbeitet habe, ca. zwei Monate nach dessen Sturz Drohungen seitens islamischer Terroristen erhalten habe. Im März 2004 sei sein Vater von Unbekannten getötet worden. Zwei Monate später habe er selbst Drohbriefe erhalten, in denen er mit dem Tod bedroht worden sei, falls er nicht 30.000 $ bezahle. Mithilfe seines Onkels sei er dann ausgereist.
5Mit Bescheid vom 30. September 2005 lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab. Die hiergegen erhobene Klage vom 5. Oktober 2005 (7 K 2138/05.A) wies das erkennende Gericht mit seit dem 7. März 2006 rechtskräftigem Urteil vom 13. Februar 2006 ab.
6Am 22. November 2013 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag, mit dem er geltend machte, inzwischen zum Christentum übergetreten zu sein.
7Im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt am 13. Januar 2014 gab er an, dass er am 22. August 2013 im koptisch-orthodoxen St. B. Kloster in X. -L. getauft worden sei. Vor der Taufe habe man ihn vorbereitet. Er habe etwas auswendig lernen müssen. Er habe sich dazu entschlossen Christ zu werden, weil er schon im Irak eine Neigung gehabt habe, Kirchen zu besuchen. Als er nach Deutschland gekommen sei, sei er auch öfters in die Kirche gegangen. Der Umgang dort und die Menschlichkeit hätten ihn überzeugt. Im Irak habe er den Islam nicht praktiziert. Als Analphabet habe er den Koran nicht lesen können, er habe auch nichts auswendig gelernt und auch nicht gefastet oder gebetet. Im Irak habe er aber schon Kontakt zu Christen gehabt und auf das gehört, was diese im erklärt hätten. Auch in Deutschland habe er christliche Freunde. Ihn habe am Christentum beeindruckt, dass es dort Gerechtigkeit und Brüderlichkeit gebe. Christen seien friedlich. Er habe in Deutschland auch andere christlichen Kirchen besucht. Er sei aber mehr bei den koptischen Christen gewesen, weil er diese verstehen können, da sie Arabisch sprächen. Vor etwa einem Jahr habe er Kontakt zu einer koptischen Familie aufgenommen, er sei einsam gewesen. Jetzt gehöre er zu dieser Familie. Er habe auch Weihnachten bei ihr verbracht. Er glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn und der Erlöser sei. Jesus habe die Menschen von den Sünden, von der Schuld und den Fehlern gereinigt. Er habe ihnen auch beigebracht, dass man nicht lügen, töten oder stehlen und keine Sünden begehen solle. Auch solle man Bedürftige unterstützen. Den Unterschied zwischen koptischen und anderen Christen kenne er nicht. Soweit sei er noch nicht gekommen. Nach der Taufe sei er zweimal in dem Kloster bei Wetzlar gewesen. Es sei zu weit weg. Er sei jeweils zehn Tage dort geblieben. Zuhause gehe er auch in andere Kirchen, auch wenn er die Messe nicht verstehe. Er bete dort. Bei einer Rückkehr in den Irak werde man ihn sofort töten. Seine Eltern seien verstorben, Geschwister habe er auch keine. Er habe nur noch Onkel und Tanten im Irak, aber keinen Kontakt mehr zu ihnen. Er habe einer Cousine am Telefon erzählt, dass er Christ geworden sei. Sie habe daraufhin sofort den Hörer aufgelegt.
8Mit Bescheid vom 15. Mai 2014, zugestellt am 17. Mai 2014, stellte das Bundesamt fest, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gegeben seien, lehnte jedoch den Antrag auf Asylanerkennung ab, erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiären Schutz zu und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen. Zugleich drohte es dem Kläger für den Fall, dass er die Bundesrepublik Deutschland nicht binnen 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens verlassen habe, die Abschiebung in den Irak an.
9Der Kläger hat hiergegen am 27. Mai 2014 Klage erhoben. Er macht zur Begründung im Wesentlichen geltend, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten beruhe sein Glaubensübertritt auf einem festen und nachhaltigen Entschluss, der durch die Vorgaben von Art. 4 GG geschützt sei. Als Christ werde er jedoch wegen seiner Religion im Irak verfolgt. Jedenfalls aber sei ihm subsidiärer Schutz zu gewähren. Denn in seiner Herkunftsregion herrsche derzeit ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. Die Anzahl der Anschläge habe dort ein Maß erreicht, dass ein so hoher Gefahrengrad bestehe, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei. Darüber hinaus lägen wegen seiner christlichen Glaubenszugehörigkeit sowie seines langjährigen Aufenthalts in Europa besondere gefahrerhöhende Umstände vor, die die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben rechtfertigten. Ihm stehe auch keine inländische Fluchtalternative in der Autonomen Region Kurdistan-Irak zu. Die Niederlassung dort werde Flüchtlingen aus den sog. umstrittenen Gebieten dadurch erschwert, dass sie keine Nahrungsmittelrationen erhielten, weil diese an den Wohnsitz bzw. die Registrierung als Wähler gekoppelt seien, und dass sie für den Zuzug Bürgen beibringen müssten.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Mai 2014 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
12hilfsweise ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
13hilfsweise festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 S. 1 AufenthG vorliegen.
14Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie nimmt Bezug auf die Gründe des angefochtenen Bescheides.
17Die Erkenntnisse über die politische Situation im Irak, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, sind in das Verfahren eingeführt worden. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung zu seinem Verfolgungsschicksal persönlich angehört worden.
18Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
21Der Bescheid des Bundesamtes vom 15. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
22Der Kläger kann zwar die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG beanspruchen (I.). Er hat jedoch in dem für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. § 77 Abs. 1 S. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG (1.), noch einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG (2.), noch kann er die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 S. 1 AufenthG beanspruchen (3.) (II.).
23Maßgeblich für die Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz in der ab dem 6. August 2016 geltenden Fassung des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939).
24I. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG sind erfüllt.
25Gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG ist vom Bundesamt auf einen nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylverfahrens gestellten Folgeantrag ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Nach dieser Vorschrift setzt ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens u.a. voraus, dass eine Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) oder neue Beweismittel vorliegen (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) und die Geeignetheit dieser Umstände für eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung schlüssig dargelegt wird.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 = juris, Rn. 14.
27Mit Blick darauf, dass der Kläger ausweislich der Taufurkunde des koptisch-orthodoxen St. B. Klosters in X. -L. am 22. August 2013 getauft worden ist, hat sich seit dem unanfechtbaren Abschluss des Asylerstverfahrens im März 2006 sowohl die Sachlage nachträglich geändert, als auch liegen neue Beweismittel vor. Zudem erscheint aufgrund dieser neuen Umstände eine für den Kläger günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen, da nach der Erkenntnislage im Irak Konvertiten zum Christentum einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt sein können.
28Der Kläger hat den Asylfolgeantrag vom 22. November 2013 auch fristgerecht binnen drei Monaten nach Kenntnis von dem Wiederaufgreifensgrund, d.h. der Taufe gestellt (vgl. § 51 Abs. 3 VwVfG). Er war ferner ohne grobes Verschulden außer Stande, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (vgl. § 51 Abs. 2 VwVfG).
29II. Der Kläger kann auf der Grundlage der fristgerecht geltend gemachten neuen Tatsachen jedoch weder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.), noch die Zuerkennung subsidiären Schutzes (2.), noch die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 S. 1 AufenthG (3.) beanspruchen.
301. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG nicht zu.
31Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich (1.) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – vgl. zu den Verfolgungsgründen im Einzelnen § 3b AsylG – (2.) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
32Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes – Qualifikationsrichtlinie) Handlungen, die (1.) auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder die (2.) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
33Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 3 RL 2011/95/EU) zwischen den Verfolgungsgründen i.S.v. § 3 Abs. 1 und § 3b AsylVfG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
34Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen (1.) vom Staat, (2.) von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung i.S.v. § 3d AsylG zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
35Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.2 -, NVwZ 2013, 936 = juris, Rn. 19.
37Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn sich die Rückkehr in den Heimatstaat aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen als unzumutbar erweist, weil bei Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände die für eine bevorstehende Verfolgung streitenden Tatsachen ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden Gesichtspunkte.
38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06. A -, juris, Rn. 35 ff.
39Ausgehend von diesen Grundsätzen und unter Würdigung der allgemeinkundigen und der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse sowie des Vorbringens des Klägers ist ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen.
40a) Zunächst ist nicht festzustellen, dass dem Kläger wegen seines Wechsels zum christlichen Glauben bei einer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG droht.
41aa) Eine staatliche Verfolgung wegen seiner Konversion zum Christentum hat der Kläger nicht ernsthaft zu befürchten. Das irakische Strafgesetz stellt die Konversion vom Islam zum Christentum (oder eine andere Religion) nicht unter Strafe. Insbesondere existieren im Irak keine Scharia-Gerichte, die Konvertiten zum Tode verurteilen könnten. Auch wenn die irakische Verfassung den Islam zur offiziellen Staatsreligion und zur grundlegenden Quelle der Gesetzgebung erklärt und bestimmt, dass kein Gesetz im Widerspruch zu den Bestimmungen des Islams stehen darf, ist andererseits das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit einschließlich der Freiheit ihrer Ausübung ausdrücklich verfassungsrechtlich garantiert und kein Gesetz darf im Widerspruch zu den in den Verfassung angeführten Grundfreiheiten stehen. Dementsprechend sind alle im Irak vorhandenen christlichen Glaubensgemeinschaften gesetzlich anerkannt und staatlich registriert. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt.
42Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016, S. 9; US Department of State: 2015 Report on International Religious Freedom - Iraq vom 10. August 2016; Home Office, Country Information and Guidance - Iraq: Religious minorities, 12. August 2016, S. 5, 12 ff.; ACCORD, Anfragebeantwortung zum Irak vom 12. Februar 2016: Bestrafung bei Abfall vom Islam und Konversion zum Christentum.
43Soweit das irakische Personenstandgesetz eine gesetzliche Anerkennung der Änderung der Religionszugehörigkeit nicht vorsieht und daraus u.a. ausweis-, ehe- und erbrechtliche Probleme für Konvertiten resultierten,
44vgl. hierzu: US Department of State: 2015 Report on International Religious Freedom - Iraq vom 10. August 2016; Home Office, Country Information and Guidance - Iraq: Religious minorities, 12. August 2016; ACCORD, Anfragebeantwortung zum Irak vom 12. Februar 2016: Bestrafung bei Abfall vom Islam und Konversion zum Christentum,
45erreichen diese an die Religionszugehörigkeit anknüpfenden Benachteiligungen weder für sich genommen noch in ihrer Zusammenschau die erforderliche Schwere für die Annahme einer Verfolgung im Sinne von § 3a Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Buchst. b) RL 2011/95/EU.
46bb) Dem Kläger droht aufgrund seines Glaubenswechsels zum Christentum auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure.
47Zwar geht die Kammer davon aus, dass religiöse Minderheiten einschließlich Christen in der Herkunftsregion des Klägers – Stadt Mosul/Niniveh – allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit einer (Gruppen-)Verfolgung durch die radikalislamische sunnitische Terrororganisation IS (auch Da'esh) ausgesetzt sind.
48Vgl. ebenso: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 2. September 2014 - 18a K 223/13.A -, juris Rn. 27 ff.; VG Hannover, Urteil vom 15. August 2014 - 6 A 9853/14 -, juris, Rn. 19 ff.
49So ging der IS, der nach wie vor einen Großteil der Provinz Niniveh beherrscht, nach der Einnahme der Stadt Mosul und weiter Teile der Ninive-Ebene im Juni 2014 systematisch und gezielt gegen religiöse Minderheiten sowie nicht-sunnitisch-muslimische Bevölkerungsgruppen vor. Es kam zu gezielten Verfolgungen, Zwangskonversion und Massenvertreibungen von Angehörigen religiöser Minderheiten sowie Verschleppungen und sexueller Gewalt gegen Frauen und Kinder. Angehörige der religiösen Minderheiten, insbesondere Yeziden und Christen, aber auch schiitische Angehörige der Sicherheitskräfte wurden und werden in den vom IS beherrschten Gebieten Opfer von Gräueltaten. Aufgrund dessen hat die gesamte nicht-sunnitische Bevölkerung nach Bedrohungen, Entführungen, Tötungen und der Zerstörung ihrer religiösen Kultstätten innerhalb kürzester Zeit die Region verlassen. Schiiten und Minderheiten wie Christen und Yeziden sind geflohen.
50Vgl. nur: Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016, S. 4, 13; Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 28. Oktober 2014, Irak: Sicherheitssituation in der KRG-Region; US Department of State: 2015 Report on International Religious Freedom - Iraq vom 10. August 2016; Home Office, Country Information and Guidance - Iraq: Religious minorities, 12. August 2016, S. 20 f.
51Vor dem Hintergrund, dass der IS die Errichtung eines Kalifats anstrebt, das u.a. Syrien und den Irak umfassen und in dem ausschließlich das islamische Recht der Scharia gelten soll, welches den Abfall vom islamischen Glauben (Apostasie) unter Androhung der Todesstrafe verbietet,
52vgl. Europäisches Zentrum für Kurdische Studien (EZKS), Auskunft an das VG München, Gutachten zu Irak (Kurdistan) vom 9. November 2011, S. 3,
53ist davon auszugehen, dass flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlungen durch den IS gerade auch Konvertiten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. So hat der IS z.B. in Mosul im September 2014 eine bekannte Rechtsanwältin und Menschenrechtsaktivistin von einem selbst ernannten "Gericht" wegen Apostasie hingerichtet.
54Vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung zum Irak vom 12. Februar 2016: Bestrafung bei Abfall vom Islam und Konversion zum Christentum.
55Der irakische Staat und die irakischen Sicherheitskräfte sind auch nicht in der Lage, den Schutz der religiösen Minderheiten vor Übergriffen in den vom IS besetzten Gebieten sicherzustellen.
56Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016, S. 4, 13.
57Wie aus der Presseberichterstattung allgemein bekannt hat sich die irakische Armee Mitte 2014 aus den vom IS eingenommenen Gebieten im Norden des Iraks vollständig zurückgezogen und auf die Verteidigung der arabisch besiedelten Gebiete des Zentraliraks nördlich und westlich von Bagdad beschränkt. Auch der kurdischen Peschmerga ist es bisher nicht gelungen, den IS aus der Provinz Ninive zu vertreiben. Nach der Rückeroberung zahlreicher vom IS besetzter Gebiete im Laufe der Jahre 2015 und 2016 durch die irakischen Streitkräfte und deren Verbündete, plant die irakische Zentralregierung zwar, in einer gemeinsamen Offensive mit den kurdischen Peschmerga, den schiitische Milizen sowie der internationalen Anti-IS-Koalition den IS auch aus Mosul zu vertreiben. Die geplante Großoffensive hat im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedoch noch nicht begonnen und wird aller Voraussicht nach auch einige Zeit in Anspruch nehmen.
58Für die Annahme einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung wegen des Wechsels bzw. der Zugehörigkeit zur christlichen Glaubensgemeinschaft genügt jedoch nicht allein die Tatsache, dass der Kläger formal – wie durch die kirchlich bescheinigte Taufe belegt – zum Christentum übergetreten ist.
59Nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Buchst. b RL 2011/95/EU umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Nach diesen Bestimmungen ist insbesondere auch das Recht des Einzelnen geschützt, sich aus religiöser Überzeugung für eine andere als die bisherige Religion zu entscheiden und sich zu der angenommenen Religion zu bekennen. Die Garantien des Art. 10 Abs. 1 Buchst. b RL 2011/95/EU gelten für Konvertiten, die ihren Glauben aus religiöser Überzeugung gewechselt haben, in gleichem Umfang wie für Gläubige, die ihre durch Geburt erworbene Religion beibehalten. Voraussetzung des Schutzes der Ausübung der „neuen" Religion ist allein, dass der Glaubenswechsel aufgrund religiöser Überzeugung erfolgt ist.
60Vgl. OVG Saarland, Urteil vom 26. Juni 2007 - 1 A 222/07 -, InfAuslR 2008, 182 = juris, Rn. 56; allgemein zur Flüchtlingsanerkennung wegen der Gefahr religiöser Verfolgung: BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 = juris, Rn. 21 ff.; EuGH Urteil vom 5. September 2012 - C-71/11 und C-99/11 -, NVwZ 2012, 1612 = juris, Rn. 1.
61Beruft sich der Schutzsuchende auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er daher die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht. Erst wenn der Glaubenswechsel die religiöse Identität des Schutzsuchenden in dieser Weise prägt, kann ihm nicht angesonnen werden, in seinem Heimatland auf die von Art. 10 Abs. 1 Buchst. b RL 2011/95/EU garantierten Rechte zu verzichten, nur um Verfolgungsmaßnahmen zu entgehen.
62Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. November 2013 - 13 A 2251/13.A -, juris, Rn. 5, und vom 30. Juli 2009 - 5 A 1999/07.A -, juris, Rn. 44; Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, NVwZ-RR 2013, 575 = juris, Rn. 37 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2004 ‑ 1 C 9.03 -, BVerwGE 120, 16 = juris, Rn. 22; Hess. VGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - 8 UE 3140/05. A -, NVwZ-RR 2008, 2008 = juris, Rn. 20; OVG Saarland, Urteil vom 26. Juni 2007 - 1 A 222/07 -, InfAuslR 2008, 182 = juris, Rn. 57, 71.
63Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. Nach dem aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahrens gewonnenen Eindruck muss sich der Schutzsuchende aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gelöst und dem anderen Glauben zugewandt haben. Hat er eine christliche Religion angenommen, genügt es im Regelfall nicht, dass der Schutzsuchende lediglich formal zum Christentum übergetreten ist, indem er getauft wurde. Andererseits kann nicht verlangt werden, dass der Konvertit so fest im Glauben steht, dass er bereit ist, in seinem Herkunftsland für den Glauben selbst schwere Menschenrechtsverletzungen hinzunehmen. Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Disposition. Überdies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, dass der Konvertit ernstlich gewillt ist, seine christliche Religion auch in seinem Heimatstaat auszuüben, wenn er seine Lebensführung bereits in Deutschland dauerhaft an den grundlegenden Geboten der neu angenommenen Konfession ausgerichtet hat.
64Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. November 2013 - 13 A 2251/13.A -, juris, Rn. 7, und vom 30. Juli 2009 - 5 A 1999/07.A -, juris, Rn. 46; Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, NVwZ-RR 2013, 575 = juris, Rn. 39.
65Die Beurteilung der inneren Tatsache, ob der Glaubenswechsel auf einer ernsthaften inneren Überzeugung und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt, unterliegt dem Regelbeweismaß der vollen Überzeugung des Gerichts.
66Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 - 1 B 40.15 -, NVwZ 2015, 1678 = juris, Rn. 13.
67Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Kammer unter Würdigung des Akteninhalts sowie nach der persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass der Kläger sich aufgrund einer ernsthaften inneren Überzeugung dem Christentum zugewandt hat und der Glaubenswechsel nunmehr seine religiöse Identität prägt.
68Zunächst hat die Kammer bereits grundsätzliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Person. Denn der Kläger hat, wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, gegenüber dem Bundesamt in der Vergangenheit wiederholt falsche Angaben zu seiner Identität, seiner Volkszugehörigkeit und zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht. Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Auszugs aus dem Generalregister (Geburtsregister) lautet sein Name entgegen den bisherigen Angaben tatsächlich F. L. B. und sein Geburtsdatum datiert auf den 00. N. 1981. Soweit der Kläger diese Falschangaben mit seiner Angst vor einer Abschiebung in den Irak begründet hat, vermag dies nicht zu überzeugen. Spätestens im Zeitpunkt der Folgeantragstellung im November 2013 musste ihm klar gewesen sein, dass trotz des unanfechtbar negativen Abschlusses des Asylerstverfahrens eine Abschiebung in den Irak nicht erfolgt. Andernfalls wäre der Kläger nicht seit dem Jahr 2006 durchgehend im Bundesgebiet geduldet worden. Des Weiteren hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, tatsächlich nicht vom Stamm der B1. I. und arabischer Volkszugehörigkeit zu sein, sondern vielmehr dem Stamm der B1. N1. anzugehören und Kurde zu sein. Seine diesbezügliche Erklärung, das Bundesamt habe seine Volkszugehörigkeit bei beiden Asylanträgen fehlerhaft aufgenommen, überzeugt ebenfalls nicht. Denn der Kläger hat die Angaben in beiden Anträgen mit seiner Unterschrift als richtig bestätigt. Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung offen gelegt, dass sein Vater nicht, wie im Asylerstverfahren behauptet, im Jahr 2004 verstorben, sondern bereits kurz nach seiner Geburt im Iran/Irak-Krieg gefallen sei. Diese unzutreffenden Angaben zu für die Beurteilung seines Vorbringens wesentlichen Umständen begründen nach Ansicht der Kammer jedoch durchgreifende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers insgesamt und damit auch an der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens zu dem im vorliegenden Verfahren nunmehr geltend gemachten Übertritt zum christlichen Glauben.
69Ungeachtet dessen hat der Kläger schon seine inneren Beweggründe für den Glaubenswechsel nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass unter Berücksichtigung seines nur geringen Bildungsstandes – der Kläger hat nach eigenen Angaben nur wenige Jahre die Schule besucht und bezeichnet sich selbst als Analphabet – die Anforderungen an die Darlegung der Ernsthaftigkeit des religiösen Einstellungswandels entsprechend herabzustufen waren.
70So hat der Kläger zunächst seine Behauptung, er habe sich bereits im Irak dem Christentum zugewandt, nicht plausibel machen können. Die von ihm in der mündlichen Verhandlung angeführte Begründung, dass er eine Religion ablehne, die wie die Moslems in Mosul heute Frauen vergewaltige und verkaufe und anderen Menschen ihre Lehren aufzwinge, vermag ein schon damals bestehendes Interesse am Christentum nicht hinreichend zu erklären. Denn zu den vom Kläger beschriebenen Übergriffen auf Frauen und religiöse Minderheiten durch den IS ist es, wie er in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, erst nach seiner Ausreise aus dem Irak gekommen. So hat er auf Nachfrage ausdrücklich erklärt, dass christliche Glaubensangehörige vor seiner Ausreise keine Probleme im Irak gehabt hätten. Auch bietet der Hinweis des Klägers auf seine schwierige Kindheit – er sei nach dem Tod seines Vaters bei den Großeltern aufgewachsen, diese hätten sich nicht um ihn gekümmert, er habe im Gegensatz zu anderen Kindern keine gute Kleidung gehabt und nicht zur Schule gehen können – ebenso wenig eine nachvollziehbare Begründung für die geltend gemachte Hinwendung zum Christentum wie seine pauschale Behauptung, dass er im Irak christliche Freunde gehabt habe. Einer plausiblen Erklärung für das behauptete Interesse am Christentum hätte es aber insbesondere auch deswegen bedurft, weil der Kläger seinem eigenen Vortrag zufolge kein besonders religiös geprägter Mensch war. So hat er beim Bundesamt angegeben, seinen islamischen Glauben im Irak nicht praktiziert zu haben, insbesondere nicht gefastet und gebetet zu haben. In der mündlichen Verhandlung hat er dies zwar dahingehend relativiert, dass er zwar in die Moschee gegangen sei und auch gebetet und gefastet habe, dies allerdings nur wegen des Drucks seiner Familie getan habe. Dies lässt jedoch nicht erkennen, dass seine bisherige Glaubensbetätigung Ausdruck einer ernsthaften religiösen Überzeugung war. Insofern hätte die mit der Hinwendung zu einer anderen Religion zwangsläufig verbundene Ausbildung eines religiösen Bewusstseins einer schlüssigen Darlegung bedurft. Die Behauptung, dass seine Mutter Christin gewesen sei, vermag die behauptete Hinwendung zum Christentum im Irak ebenfalls nicht überzeugend zu erklären. Dies gilt schon deswegen, weil der Kläger seine Mutter gar nicht kennengelernt und damit von ihr auch keine christlichen Werte und Glaubensinhalten hat vermittelt bekommen können. Gegen einen längeren, schon im Irak begonnenen Prozess der religiösen Umorientierung spricht schließlich auch der Umstand, dass der Kläger sich erst im Jahr 2013 und damit acht Jahre nach seiner Einreise ins Bundesgebiet hat taufen lassen. Hätte er tatsächlich bereits im Irak eine auf einem ernsthaften religiösen Interesse beruhende Nähe zum christlichen Glauben verspürt, hätte es jedoch nahe gelegen, schon unmittelbar nach der Einreise im Jahr 2005 Kontakt mit christlichen Kirchengemeinden in Deutschland aufzunehmen. Hierfür lässt sich seinem Vortrag jedoch nichts entnehmen. Im Gegenteil hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, erst im Jahr 2013 eine christliche Familie aus Ägypten kennengelernt und mit dieser erstmals eine christliche Kirche und einen christlichen Gottesdienst besucht zu haben.
71Der Kläger hat ferner auch nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht, dass sein im Jahr 2013 gefasster Entschluss, dem christlichen Glauben beizutreten, das Ergebnis einer ernsthaften Beschäftigung mit dem christlichen Glauben in Deutschland war. Hiergegen spricht bereits der von ihm in der mündlichen Verhandlung geschilderte zeitliche Ablauf bis zur Taufe. Eigenen Angaben zufolge hat der Kläger die christliche Familie aus Ägypten, die ihn zum christlichen Glauben geführt habe, erst drei bis vier Monate vor seiner Taufe kennengelernt. Er sei vor der Taufe dann einmal zusammen mit der Familie in das St. B. Kloster bei X1. gefahren und habe dort auch den Gottesdienst besucht. Anlässlich dieses Besuchs habe er bereits seinen Wunsch geäußert, auch Christ werden zu wollen. Nach einem Gespräch mit einem Priester und einer weiteren Person sei er dann schon am nächsten Tag getauft worden. Angesichts der nur kurzen Zeitspanne von einigen wenigen Monaten zwischen dem ersten Kontakt des Klägers mit christlichen Glaubensangehörigen in Deutschland und seinem Entschluss, sich taufen zu lassen, ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der Glaubenswechsel auf einer intensiven und ernsthaften Auseinandersetzung mit christlichen Glaubensinhalten im Allgemeinen sowie der koptisch-orthodoxen Kirchenlehre im Besonderen beruhte. Die vom Kläger erwähnte Vorbereitung auf die Taufe im Kloster erschöpfte sich in einem einmaligen Gespräch, von dem der Kläger im Übrigen nur eine – wenig religionsbezogene – Frage wiedergeben konnte, und dem Erlernen des Vaterunsers. Zudem war der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, konkret und nachvollziehbar darzustellen, welche Glaubensinhalte der christlichen Religion sowie insbesondere der koptisch-orthodoxen Lehre ihn beeindruckt und zur Abkehr von seinem bisherigen moslemischen Glauben bewogen haben. Seine diesbezüglichen Ausführungen beschränkten sich auf die wiederholte pauschale Feststellung, dass der Islam nur für Mord, Vertreibung und Vergewaltigung stehe, während das Christentum und Jesus für Frieden und Brüderlichkeit stünden. Was das Christentum im Hinblick auf seine Glaubensinhalte vom Islam unterscheidet, konnte der Kläger nicht – auch nicht in einfachen Worten – erklären. Soweit er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass er wegen seiner Freundschaft zu der christlichen Familie aus Ägypten in das Kloster gefahren sei und dort am Gottesdienst teilgenommen habe, weist dies zudem darauf hin, dass der Glaubenswechsel mehr auf gesellschaftlich-sozialen Motiven als auf einem ernsthaften religiösen Einstellungswandel beruhte. Dieser Eindruck wird dadurch bestätigt, dass der Kläger schon beim Bundesamt angegeben hat, einsam gewesen zu sein, als er die Familie kennengelernt habe, inzwischen aber Teil der Familie zu sein. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung habe sich die Beziehung zu der Familie inzwischen derart vertieft, dass er die Ehefrau sogar Mutter nennen dürfe. Vor diesem Hintergrund stellt sich der Glaubenswechsel des Klägers für die Kammer eher als ein weiterer Schritt zur Verfestigung seiner sozialen Bindung mit der befreundeten christlichen Familie dar, denn als Abschluss eines Prozesses der religiösen Umorientierung.
72Des Weiteren war in der mündlichen Verhandlung nicht festzustellen, dass der Kläger zumindest mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Während er beim Bundesamt jedenfalls noch rudimentäre Kenntnisse der christlichen Glaubenslehre gezeigt hat, blieben seine diesbezüglichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vollkommen oberflächlich und inhaltsleer. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Erklärung, dass Jesus Kranke geheilt und Tote wieder zum Leben erweckt habe. Das Vaterunser konnte er lediglich bruchstückhaft auf Deutsch vortragen. Abgesehen von Weihnachten konnte der Kläger keine weiteren Feiertage des Christentums benennen. Ihm war weder der Name des aktuellen Papstes noch des Gründers der koptisch-orthodoxen Kirche bekannt. Soweit der Kläger seine Wissensdefizite damit erklärt hat, dass er nicht lesen und schreiben könne, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn die Beschäftigung mit einer Religion und das Erlernen von Glaubensinhalten sind auch in mündlicher Form möglich. Dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung weniger über das Christentum sagen konnte als noch kurz nach der Taufe, zeigt zudem, dass er sich seitdem offensichtlich nicht weiter mit seinem neuen Glauben befasst und auseinandergesetzt hat.
73Schließlich ist auch nicht zu erkennen, dass der Kläger den christlichen Glauben im Bundesgebiet praktisch lebt. Nach eigenen Angaben hat er das St. B. Kloster nach der Taufe im August 2013 nur noch viermal für jeweils mehrere Tage besucht. Ausweislich der in der Ausländerakte befindlichen Verlassenserlaubnisse fanden diese Besuche im September 2013 (11 Tage), zum Jahreswechsel 2013/14 (20 Tage) und im Mai 2014 (27 Tage) statt. Ein letzter dreitägiger Besuch erfolgte laut Kläger vor ca. acht Monaten. Die Tatsache, dass der Kläger in den letzten drei Jahren kaum Kontakt zu seiner neuen Glaubensgemeinschaft gesucht hat und der vorhandene wenige Kontakt in den letzten eineinhalb Jahren sogar nahezu abgebrochen ist, spricht jedoch dafür, dass der Besuch von Gottesdiensten und die Gemeinschaft mit anderen Glaubensangehörigen, beides zentrale Elemente des koptisch-orthodoxen Glaubens, für ihn keine grundlegende Bedeutung hat. Seine hierfür gegebene Erklärung, dass er in letzter Zeit nicht mehr zur Kirche gegangen sei, weil er so viel habe arbeiten müsse, ändert an dieser Einschätzung nichts, sondern bestätigt sie vielmehr. Abgesehen davon geht der Kläger ausweislich des in der Ausländerakte befindlichen Arbeitsvertrages erst seit April 2016 einer Vollzeitbeschäftigung nach. Zudem ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger – worauf bereits das Bundesamt hingewiesen hat – keinen Kontakt zu koptisch-orthodoxen Gemeinden in der Nähe, etwa der St. N. L1. in Düsseldorf aufgenommen hat, um in Gottesdiensten seine spirituellen Bedürfnisse zu befriedigen und die Gemeinschaft mit anderen Glaubensangehörigen zu finden. Nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung pflegt der Kläger – mit Ausnahme der befreundeten Familie aus Ägypten – auch keinen Kontakt zu anderen Christen oder christlichen Organisationen und nimmt auch nicht an kirchlichen Veranstaltungen wie Bibelkreisen o.ä. teil. Unter diesen Umständen vermag jedoch allein die Behauptung, täglich für sich zu beten, nicht die Annahme zu begründen, dass der christliche Glaube die religiöse Identität des Klägers nachhaltig im Sinne einer festen religiösen Überzeugung prägt.
74b) Der Kläger kann die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch nicht wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit beanspruchen.
75aa) Die Behauptung des Klägers, dass in seiner Herkunftsregion Kurden allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, namentlich den IS droht, begegnet nach Einschätzung der Kammer bereits durchgreifenden Zweifeln. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergeben sich nämlich keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der IS kurdische Volkszugehörige gezielt und systematisch allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit verfolgt. Die Tatsache, dass der IS im Zuge seines Vormarsches im Nordirak im Sommer 2014 auch Gebiete angegriffen und besetzt hat, die unter der Verwaltung der kurdischen Autonomieregierung stehen, ist nach der Erkenntnislage vielmehr in erster Linie dem Expansionsstreben des IS geschuldet, dessen Ziel es ist, u.a. im Irak einen eigenständigen Staat bzw. ein Kalifat zu errichten. Zur Erreichung dieses Ziels geht der IS militärisch jedoch unterschiedslos gegenüber allen Bewohnern der von ihm angestrebten Gebiete vor. Gegen eine zielgerichtete Verfolgung von Kurden durch den IS spricht ferner auch die Tatsache, dass sich in der Vergangenheit eine beträchtliche Anzahl an irakischen Kurden dem IS angeschlossen hat und nunmehr auf dessen Seite mitkämpft. Entsprechend ist etwa der Selbstmordanschlag in Erbil im November 2014 von einem kurdischen IS-Anhänger verübt worden.
76Vgl. Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 28. März 2015, Irak – Update: Sicherheitssituation in der KRG-Region.
77Diese Frage bedarf hier allerdings keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn man eine Gruppenverfolgung von Kurden durch den IS in der Herkunftsregion des Klägers bejahte, kommt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft jedenfalls deswegen nicht Betracht, weil dem Kläger – wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt – ein interner Schutz i.S.v. § 3e AsylG offensteht.
78Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer auch keine Veranlassung, dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise, d.h. für den Fall der Klageabweisung gestellten Antrag nachzugehen, zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger in Mosul allein aufgrund seiner kurdischen Volkszugehörigkeit Verfolgungsmaßnahmen durch den IS ausgesetzt wäre, eine Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe in Bern einzuholen. Denn nach Ansicht der Kammer kommt es für die Entscheidung auf diese Tatsachenbehauptung nicht an (vgl. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO analog), weil der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft insoweit jedenfalls § 3e AsylG entgegensteht.
79bb) Dem Kläger steht in der Autonomen Region Kurdistan-Irak ein interner Schutz offen.
80Nach § 3e Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 RL 2011/95/EU) wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft aufgrund internen Schutzes nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwarten kann, dass er sich dort niederlässt.
81Die Autonome Region Kurdistan-Irak bietet für den Kläger unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse über die dortigen Gegebenheiten sowie insbesondere seiner persönlichen Umstände (vgl. § 3e Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 8 Abs. 2 RL 2011/95/EU) internen Schutz im Sinne dieser Bestimmung.
82(1.) Nach der Erkenntnislage ist die Autonome Region Kurdistan-Irak gegenwärtig als sicher zu bezeichnen (vgl. § 3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG). In den drei zu ihr gehörenden Provinzen Dohuk, Erbil und B1. Sulaimaniyah ebenso wie in den weiteren unter der Verwaltung der kurdischen Regionalregierung stehenden Gebieten ist insbesondere auch der Schutz religiöser Minderheiten vor Gewalt und Verfolgung weitgehend sicher gestellt. Auch besteht in dieser Region derzeit kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. Die Autonome Region Kurdistan-Irak ist gegenwärtig von den Kampfhandlungen in den westlichen und südlichen Nachbarprovinzen zwischen dem IS und dem irakischen Militär sowie den kurdischen Peschmerga nicht betroffen. Aus diesem Grund sind im Zuge des Vormarsches des IS Mitte 2014 auch zahlreiche Angehörige der religiösen Minderheiten aus der Provinz Niniveh in die Autonome Region Kurdistan-Irak geflohen.
83Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016, S. 7; Home Office, Country Information and Guidance - Iraq: Religious minorities, 12. August 2016, S. 5 f., 28 ff.; US Department of State: 2015 Report on International Religious Freedom - Iraq, vom 10. August 2016; Upper Tribunal in the UK, decision of 30. September 2015 - A.A. (Article 15(c)) Iraq CG [2015] UKUT 00544 (IAC) -, www.asylumlawdatabase.eu; VG Saarland, Urteil vom 30. Mai 2016 - K 1075/13 -, juris, Rn. 32 ff.; VG München, Urteile vom 13. Mai 2016 - 4 K 16.30558 -, juris, Rn. 20 ff., und vom 30. September 2015 - 4 K 13.30821 -, juris, Rn. 30 ff.; VG Ansbach, Urteil vom 8. September 2016 - AN 4 K 16.30131 -, juris, Rn. 26.
84Dem Kläger droht in der Autonomen Region Kurdistan-Irak insbesondere auch nicht wegen seines Übertritts zum christlichen Glauben mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung. Eine insoweit allenfalls in Betracht zu ziehende Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure,
85vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Irak: Situation von religiösen Minderheiten in den von der KRG verwaltenden Provinzen Sulaimaniyah, Erbil und Dohuk, vom 10. Januar 2008, S. 13 f., sowie Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak, Update vom 5. November 2009, S. 11; Auskunft des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien an das VG München vom 9. November 2011, S. 7; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration, Lage der Religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen Ländern, August 2011, S. 32,
86scheidet schon deswegen aus, weil die Kammer – wie oben im Einzelnen ausgeführt – nicht davon überzeugt ist, dass der Glaubenswechsel des Klägers auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel beruht und seine religiöse Identität nicht derart prägt, dass ihm nicht angesonnen werden kann, auf seine in Art. 10 Abs. 1 Buchst. b RL 2011/95/EU garantierten Rechte zu verzichten, nur um einer Verfolgung zu entgehen.
87Die Kammer vermag insbesondere auch eine begründete Furcht vor Verfolgung seitens der Familie des Klägers nicht zu erkennen. Auch wenn diese von seinem –formalen – Übertritt zum christlichen Glauben Kenntnis erlangt hat, weil der Kläger ihr dies mitgeteilt hat, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen, dass ihm deswegen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch seine Angehörigen droht. Der Kläger selbst hat schon nicht geltend gemacht, dass seine Familie ihm mit dem Ausstoß aus dem Familienverband oder gar mit Übergriffen gegen Leib und Leben gedroht habe, nachdem sie von seinem Glaubenswechsel erfahren habe. Im Gegenteil hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass die Ehefrau eines Onkels seinen Entschluss befürwortet habe, während der Onkel ihn zunächst beschimpft, später aber seine Entscheidung akzeptiert und für in Ordnung befunden habe. Soweit der Kläger angegeben hat, dennoch Angst vor seinem Onkel zu haben, weil dieser ihn in der Kindheit immer geschlagen habe, rechtfertigt dies allein nicht die Annahme, dass der Kläger von seiner Familie erhebliche Repressionen gerade wegen seines Glaubenswechsels zu befürchten hat. Hiergegen spricht im Übrigen auch, dass die Mutter des Klägers seinen Angaben zufolge Christin gewesen ist, während sein Vater dem sunnitischen Glauben angehört hat. Diese Tatsache belegt, dass die Familie des Klägers väterlicherseits, auch wenn er sie selbst als sehr religiös bezeichnet, in Religionsfragen offenkundig eine eher tolerante Haltung einnimmt. Diese Einschätzung wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass der Kläger nach dem Tod des Vaters bei seinen Großeltern aufgewachsen ist. Dass das Sorgerecht für die Kinder regelmäßig nicht der Mutter zugesprochen wird, entspricht nämlich unabhängig von der Religionszugehörigkeit der Betroffenen den familienrechtlichen Gegebenheiten im Irak. Schließlich ist mit Repressalien seitens der Familie auch schon deswegen nicht zu rechnen, weil nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu erwarten ist, dass der Kläger seinen christlichen Glauben im Falle einer Rückkehr in den Irak auch tatsächlich leben wird.
88(2.) Die weiteren Voraussetzungen für die Annahme eines internen Schutzes i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylG liegen im Fall des Klägers ebenfalls vor.
89Der Kläger kann die Autonome Region Kurdistan-Irak sicher und legal erreichen. Die Region wird über die dortigen Flughäfen regelmäßig von Luftfahrtgesellschaften angeflogen. Nach den vorliegenden Erkenntnissen erhalten irakische Staatsangehörige, die über einen Flughafen einreisen, selbst wenn sie – wie der Kläger – nicht aus der Autonomen Region Kurdistan-Irak stammen, dort mit einem (verlängerbaren) Visum für kurzfristige Aufenthalte Zugang, und zwar laut mehreren Quellen auch ohne Bürgen (sponsor). Kurdische Volkszugehörige – wie der Kläger – begegnen bei der Einreise grundsätzlich keinen Problemen.
90Vgl. Upper Tribunal in the UK, decision of 30. September 2015 - A.A. (Article 15(c)) Iraq CG [2015] UKUT 00544 (IAC) -, a.a.O.; The Danish Immigration Service, The Kurdistan Region of Iraq (KRI) - Access, Possibility of Protection and Humanitarian Situation, April 2016, S. 14 ff., 19; Home Office, Country Information and Guidance, Iraq: Return/Internal relocation, August 2016, S. 41 ff.
91Es ist ferner davon auszugehen, dass der Kläger in der Autonomen Region Kurdistan-Irak auch (langfristig) Aufnahme finden wird. Wollen irakische Staatsangehörige nach Ablauf des Visums in der Autonome Region Kurdistan-Irak verbleiben und arbeiten, müssen sie sich bei den örtlichen Behörden registrieren und bedürfen einer Aufenthaltserlaubnis, die wiederum Voraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt und verschiedene Dienstleistungen ist. Nach den vorliegenden Erkenntnissen wird, auch wenn die Praxis je nach Provinz und im Einzelfall abweichen kann, für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich verlangt, dass der Betroffene Identitätsdokumente vorlegen, einen Wohnsitz nachweisen und einen Bürgen benennen kann. Ferner dürfen seitens der lokalen Sicherheitsbehörde (Asayish) keine Sicherheitsbedenken bestehen. Laut mehreren Quellen sind kurdische Volkszugehörige allerdings von dem Erfordernis, einen Bürgen zu benennen, generell ausgenommen.
92Vgl. Upper Tribunal in the UK, decision of 30. September 2015 - A.A. (Article 15(c)) Iraq CG [2015] UKUT 00544 (IAC) -, a.a.O.; The Danish Immigration Service, The Kurdistan Region of Iraq (KRI) - Access, Possibility of Protection and Humanitarian Situation, April 2016, S. 16 f.; Home Office, Country Information and Guidance, Iraq: Return/Internal relocation, August 2016, S. 41 ff.; Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016, S. 15; Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 28. Oktober 2014, Irak: Sicherheitssituation in der KRG-Region, S. 7.
93Gemessen daran ist anzunehmen, dass dem Kläger – ebenso wie seinen übrigen bereits dorthin gezogenen Verwandten – ein langfristiger Aufenthalt in der Autonomen Region Kurdistan-Irak möglich sein wird. Er kann sich durch den Auszug aus dem Geburtsregister zur Person ausweisen. Ferner wird er bei seinen Verwandten Unterkunft finden und damit auch einen Wohnsitz benennen können. Außerdem ist davon auszugehen, dass seine Verwandten, sofern dies erforderlich sein sollte, auch für ihn als Bürgen auftreten können. Im Übrigen besteht kein Anhalt dafür, dass die kurdischen Behörden kurdische Volkszugehörige, deren Erlaubnisse abgelaufen sind, aktiv aus der autonomen Region Kurdistan-Irak entfernen.
94Vgl. Upper Tribunal in the UK, decision of 30. September 2015 - A.A. (Article 15(c)) Iraq CG [2015] UKUT 00544 (IAC) -, a.a.O.
95Schließlich kann von dem Kläger auch vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in der Autonomen Region Kurdistan-Irak niederlässt. Zwar ist das kurdische Autonomiegebiet aufgrund des bisherigen Zustroms von Flüchtlingen nahezu an der Grenze seiner Aufnahmefähigkeit angelangt. Seit Anfang 2014 haben dort mehr als 900.000 Binnenflüchtlinge sowie mehr als 250.000 syrische Flüchtlinge Aufnahme gefunden. Aufgrund des drastischen Bevölkerungswachses (20-30 %) ist der Wettbewerb um Arbeit entsprechend stark gestiegen und die Löhne und damit auch das Haushaltseinkommen sind spürbar gesunken. Die Arbeitslosenquote bewegt sich nach verschiedenen Quellen zwischen 6,5 % und 35 %. Hinzu kommt die wirtschaftliche Krise infolge sinkender Ölpreise, eines Budgetstreits mit der Zentralregierung sowie des Rückgangs ausländischer Investitionen wegen der Sicherheitslage.
96Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016, S. 15; Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 28. März 2015, Irak: Update: Sicherheitssituation in der KRG-Region, S. 1 f.; The Danish Immigration Service, The Kurdistan Region of Iraq (KRI) - Access, Possibility of Protection and Humanitarian Situation, April 2016, S. 52 ff.
97Jedoch geht die Kammer mit Blick auf die persönlichen Umstände des Klägers davon aus, dass es ihm trotz der angespannten sozio-ökonomischen und wirtschaftlichen Lage in der Autonomen Region Kurdistan-Irak möglich sein wird, sich dort eine Existenzgrundlage soweit zu sichern, dass es ihm zumutbar ist, sich dort aufzuhalten. Denn es ist anzunehmen, dass es dem Kläger als 35-jährigen, erwerbsfähigen Mann mit familiären und wirtschaftlichen Beziehungen in der Region auch ohne qualifizierte Berufsausbildung in absehbarer Zeit gelingen wird, eine Arbeit – zumindest im Niedriglohnsektor – zu finden und so seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Dabei wird er – gerade in der Übergangszeit – auch auf die Hilfe und Unterstützung seiner bereits im Autonomiegebiet lebenden Familienangehörigen zurückgreifen können. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger auf der Lebensmittelkarte seines Onkels als Familienmitglied aufgeführt ist und damit grundsätzlich auch einen Anspruch auf Zuweisung von Lebensmittelrationen geltend machen kann. Allein die Tatsache, dass er eigenen Angaben nach nicht mehr im Besitz seiner Identitätskarte ist, die grundsätzlich Voraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu anderen Dienstleistungen ist, gebietet keine andere Einschätzung. Denn es ist ihm möglich und zumutbar, sich unter Vorlage des Geburtsregisterauszugs und ggf. mit Hilfe seiner Familie bei der speziell für Binnenvertriebene aus Mosul eingerichteten Ersatzbehörde eine neue Identitätskarte ausstellen zu lassen.
98Vgl. hierzu: Upper Tribunal in the UK, decision of 30. September 2015 - A.A. (Article 15(c)) Iraq CG [2015] UKUT 00544 (IAC) -, a.a.O.
99Diese Einschätzung wird dadurch belegt, dass es dem Kläger auch möglich war, sich im September 2014 und damit nach der Besetzung Mosuls durch den IS beim Zivilregisteramt in Shaikhan einen Auszug aus dem Generalregister zu beschaffen.
100Aufgrund der bestehenden Erkenntnislage musste die Kammer auch dem weiteren in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Antrag nicht nachgehen, zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger auf Dauer in den de jure kurdischen Gebieten keine Existenzsicherung erreichen kann, eine Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe in Bern einzuholen. Denn nach den vorstehenden Ausführungen liegen ausreichend sachverständige Stellungnahmen für die Beurteilung der Frage vor, ob und wann das Existenzminimum in der Autonomen Region Kurdistan-Irak gesichert werden kann (vgl. § 244 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 StPO analog). Die vom Kläger angeführte Auskunft des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 14. August 2014 gebietet ebenfalls nicht die Einholung einer weiteren Stellungnahme, da diese Auskunft gegenüber den zitierten Erkenntnissen schon in zeitlicher Hinsicht überholt ist. Im Übrigen verhält sie sich in erster Linie zur Lage von Personen aus der Region Kirkuk, während der Kläger aus Mosul stammt.
1012. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu.
102Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Abs. 1 AsylG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 AsylG (vgl. auch Art. 2 Buchst. f und 15 RL 2011/95/EU) ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden: (1.) Die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, (2.) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder (3.) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Dabei kann der ernsthafte Schaden, wie aus § 4 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 3c AsylG folgt (vgl. auch Art. 6 RL 2011/95/EU), auch von nichtstaatlichen Akteuren unter den dort genannten Voraussetzungen ausgehen. Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 8 RL 2011/95/EU) wird dem Ausländer subsidiärer Schutz jedoch nicht zuerkannt, wenn (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht oder er Zugang zu Schutz vor ernsthaftem Schaden hat und (2.) er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
103Zwar spricht vorliegend Vieles dafür, dass dem Kläger im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt in seiner Herkunftsregion (Stadt Mosul/Provinz Niniveh),
104vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, InfAuslR 2013, 241 = juris, Rn. 13 ff., wonach für die Gefahrenprognose nach § 4 Abs. 1 AsylG auf die tatsächlichen Verhältnisse in der Herkunftsregion des Ausländers abzustellen, in die er typischerweise zurückkehrt,
105ein ernsthafter Schaden i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 2 AsylG – sei es in Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch nichtstaatliche Akteure, sei es wegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung von Leib und Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts – droht.
106Vgl. zum Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in der Provinz Ninive auch: Upper Tribunal in the UK, decision of 30. September 2015 - A.A. (Article 15(c)) Iraq CG [2015] UKUT 00544 (IAC) -, a.a.O.
107Der Zuerkennung subsidiären Schutzes steht jedoch entgegen, dass der Kläger – wie unter 1. im Einzelnen ausgeführt – in der Autonomen Region Kurdistan-Irak internen Schutz erhalten kann (vgl. § 4 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG).
1083. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 AufenthG zu.
109a) Die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK scheidet aus denselben Erwägungen wie die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2 AsylG aus. Denn der sachliche Regelungsbereich der Vorschrift ist weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2 AsylG und geht, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht über diesen hinaus.
110Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, BVerwGE 147, 8 = juris, Rn. 25; und vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, InfAuslR 2013, 241 =, juris, Rn. 36.
111Aufgrund der Erkenntnislage ist insbesondere auch nicht ersichtlich, dass die allgemeinen sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnissen im Irak – landesweit – so schlecht sind, dass wegen der Annahme eines außergewöhnlichen Falls nach Art. 3 EMRK ausnahmsweise von einer Abschiebung zwingend abgesehen werden müsste.
112Vgl. hierzu: EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 - Nr. 8219/07, Sufi und Elmi -, NVwZ 2012, 681.
113b) Die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG kommt ebenfalls nicht in Betracht.
114Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
115Für das Vorliegen einer individuell-konkreten Gefahr in diesem Sinne bestehen aus den o.g. Gründen keine Anhaltspunkte.
116Der Kläger kann nationalen Abschiebungsschutz auch weder aus der seit dem Vormarsch des IS massiv verschlechterten allgemeinen Sicherheitslage noch aus den allgemeinen Lebensbedingungen, insbesondere den wirtschaftlichen Existenzbedingungen im Irak herleiten.
117Dem steht bereits die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 5 AufenthG entgegensteht, wonach Gefahren nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 S. 1 AufenthG zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe im Zielstaat gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und die Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der potenziell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums im Wege des § 60a Abs. 1 S. 1 AufenthG befunden wird. Diese Entscheidung des Bundesgesetzgebers haben die Verwaltungsgerichte aus Gründen der Gewaltenteilung zu respektieren. Sie dürfen daher im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die kein Abschiebestopp besteht, nur dann ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 S. 5 AufenthG zusprechen, wenn dies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke erforderlich ist. Eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht u.a. dann nicht, wenn eine ausländerrechtliche Erlasslage – auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 60a Abs. 1 S. 1 AufenthG – oder eine aus individuellen Gründen erteilte Duldung dem betroffenen Ausländer einen vergleichbar wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt.
118Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, BVerwGE 147, 8 = juris, Rn. 13 ff.
119Davon ausgehend ist für eine verfassungskonforme Auslegung des § 60 Abs. 7 S. 5 AufenthG hier kein Raum. Denn in Nordrhein-Westfalen besteht nach den ausländerrechtlichen Erlassen des Innenministeriums vom 14. Februar 2007 (15-39.03.02-3-Irak) und vom 13. Juli 2007 (15-39.03.02-5-Irak), die auf den Beschlüssen der Innenministerkonferenz vom 16./17. November 2006 und vom 31. Mai/1. Juni 2007 beruhen, für irakische Staatsangehörige mit Ausnahme von Straftätern und Gefährdern der inneren Sicherheit, die aus den Provinzen des Kurdischen Autonomiegebietes Nordirak (Dohuk, Erbil und Sulaimaniyah) stammen – wozu der Kläger nicht zählt –, nach wie vor ein Abschiebestopp aus tatsächlichen Gründen.
120Unabhängig davon lässt sich aus den o.a. Gründen auch nicht feststellen, dass sich die allgemeine Sicherheits- oder Wirtschaftslage im Irak – landesweit – zu einer extremen Gefahrenlage verdichtet hätte, die bei verfassungskonformer Auslegung eine Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 5 AufenthG begründen und ausnahmsweise zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG führen könnte.
121Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 34 Abs. 1, 71 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG.
122Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
123Rechtsmittelbelehrung:
124Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster.
125Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1261. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
1272. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1283. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
129Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Aachen (Adalbertsteinweg 92 im Justizzentrum, 52070 Aachen oder Postfach 10 10 51, 52010 Aachen) oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte ‑ ERVVO VG/FG) vom 7. November 2012 (GV. NRW S. 548) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.
130Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für die Einleitung des Rechtsmittelverfahrens beim Verwaltungsgericht. Als Bevollmächtigte sind nur die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen sowie diesen gleichgestellte Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe von § 67 Abs. 4 Satz 3 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
131Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der elektronischen Einreichung nach Maßgabe der ERVVO VG/FG bedarf es keiner Abschriften.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 12. Okt. 2016 - 4 K 993/14.A
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Aachen Urteil, 12. Okt. 2016 - 4 K 993/14.A zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.
(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn
- 1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht, - 2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.
(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.
(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.
(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.
(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.
(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn
- 1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht, - 2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.
(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.
(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.
(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.
(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.
(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn
- 1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht, - 2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.
(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.
(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.
(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.
(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Tenor
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2012 verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 3Abs. 1 AsylVfG vorliegen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der nach eigenen Angaben am 00.00.0000 in T2. (B1. T3. , Distrikt T2. , Provinz Ninivee, nördlicher Zentralirak) geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger, kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit.
3Der Kläger reiste nach eigenen Angaben im Juli 2010 auf dem Landweg mit einem Lkw in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Beschluss des Amtsgerichts C3. – Familiengericht – wurde die in C3. lebende Schwester des Klägers, E1. C2. K1. , als Vormund für den Kläger bestellt und ihr unter dem 00.00.0000 eine entsprechende Bestallungsurkunde ausgestellt.
4Am 26. Januar 2011 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag. In seiner persönlichen Anhörung am 24. August 2012 gab er im Wesentlichen an, er habe mit seinen Eltern in T1. gelebt und sei dort zur Schule gegangen. Auf dem Hin- und Rückweg von der Schule und auch bei anderen Aktivitäten außer Haus sei er von Jugendlichen geschlagen worden. Seine Eltern seien von ihnen bekannten Personen aus dem Viertel („Kämpfern“) bedroht worden. Er habe nicht gehört, was die Personen zu seinem Vater gesagt hätten, aber dieser habe ihm erzählt, dass sie verlangt hätten, dass die Familie weggehe. Sonst werde es gefährlich für sie.
5Mit Bescheid vom 14. Dezember 2012, am 2. Januar 2013 als Einschreiben zur Post aufgegeben, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote vorlägen. Zudem forderte es den Kläger zur Ausreise binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides bzw. unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens auf und drohte ihm die Abschiebung in den Irak an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Asylberechtigung bereits aufgrund der Landwegeinreise des Klägers ausscheide. Eine Gruppenverfolgung der Yeziden im Irak bestehe derzeit nicht. Eine individuelle Vorverfolgung des Klägers könne auf der Grundlage seiner wenig detaillierten Schilderung nicht angenommen werden. Sofern in der Heimatregion des Klägers vom Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgegangen werden könne, erreiche dieser nicht die Intensität, die erforderlich sei, damit der Kläger als Angehöriger der Zivilbevölkerung allein durch seine bloße Anwesenheit in diesem Gebiet ernsthaften individuellen Gefährdungen für Leib oder Leben ausgesetzt sei. Auch die Zugehörigkeit des Klägers zu der Religionsgemeinschaft der Yeziden und die allgemeine Versorgungslage begründe keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Klägers.
6Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 15. Januar 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass es in der Vergangenheit zu Entführungen von Minderjährigen mit anschließender Zwangsislamisierung gekommen sei.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2012 zu verpflichten,
9- 10
1. festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 3Abs. 1 AsylVfG vorliegen,
- 11
2. hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,
- 12
3. sowie weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5oder 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie verteidigt ihren Bescheid und verweist auf dessen Begründung.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Das Gericht konnte in der Sache mündlich verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, da sie mit dem Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß zum Termin geladen wurde (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
19Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2012 ist unter Würdigung der Verhältnisse in dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in dem angegriffenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
201. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG (Ziffer 2. des Ablehnungsbescheides). Nach dieser Norm in der ab dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status der Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes – ABl. L 337 vom 20. Dezember 2011, S. 9 –) vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
21Der Gewährleistungsbereich des § 3 Abs. 1 AsylVfG überschneidet sich mit dem des Asylgrundrechts, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat.
22Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 – BVerfGE 80, 315 ff. (333 ff.) = juris Rn. 38 ff..
23Allerdings geht der Flüchtlingsschutz teilweise über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. Nach § 3c AsylVfG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
24Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten nach § 3a AsylVfG bzw. Art. 9 Abs. 1 RL 2011/95/EU Handlungen, die – Nr. 1 – auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder – Nr. 2 – in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Als Verfolgung können nach Absatz 2 der Norm u.a. folgende Handlungen gelten: – Nr. 1 – die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, – Nr. 6 – Handlungen, die gegen Kinder gerichtet sind.
25In der Definition der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylVfG) und der Richtlinie 2011/95/EU ist angelegt, dass bei ihrer Prüfung – und darüber hinaus auch bei der des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylVfG) – als Prognosemaßstab derjenige der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen ist. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn sich die Rückkehr in den Heimatstaat aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen als unzumutbar erweist, weil bei Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände die für eine bevorstehende Verfolgung streitenden Tatsachen ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden Gesichtspunkte.
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010– 8 A 4063/06.A – juris Rn. 35 ff.
27Aus den in Art. 4 RL 2011/95/EU geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Drittstaatsangehörigen folgt, dass es auch unter Berücksichtigung dieser Vorgaben Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigt werden.
28Vgl. zu Art. 16a GG: BVerwG, Beschluss vom26. Oktober 1989 – 9 B 405.89 – juris Rn 8.
29Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Kläger eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte oder eine ähnlich gravierende Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen aus in seiner Person liegenden Gründen nicht glaubhaft vorgebracht. Er hat sowohl im Verfahren vor dem Bundesamt wie auch im gerichtlichen Verfahren nicht substantiiert und nachvollziehbar ausgeführt, selbst eine Vorverfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Yeziden (anlassbezogene Einzelverfolgung) im Irak erlebt zu haben. Die Schilderungen des Klägers in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt über Schläge und Bedrohungen durch andere Jugendliche und eine vermeintliche Bedrohung seiner Eltern durch „Kämpfer“ sind oberflächlich und entbehren jeglichen Details. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung erst 15 Jahre alt war, war er ersichtlich nicht in der Lage, eine zusammenhängende Schilderung der behaupteten Ereignisse, wie der Schläge durch andere Jugendliche, zumindest anhand eines konkreteren Vorfalls vorzubringen.
30Dem Kläger droht jedoch im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit beachtlicher Gefahr Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur religiösen Minderheit der Yeziden. Die Gefahr eigener Verfolgung kann sich nicht nur aus gegen den Betroffenen selbst, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das der Betroffene mit ihnen teilt und er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung).
31Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist – wie bei jeder politischen Verfolgung –, dass die festgestellten asylrelevanten Maßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1990 – 9 C 17.89 –, BVerwGE 85, 139 ff. = juris Rn. 9 mit Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 1987 – 2 BvR 478/86, 2 BvR 962/86 –, BVerfGE 76, 143 ff. = juris Rn. 34; BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 –, BVerfGE 80, 315 ff. = juris Rn. 44 ff..
33Die Verfolgung der yezidisch-kurdischen Minderheit durch die Gruppierung „Islamischer Staat“ (IS) erfolgt in Anknüpfung an die Religionszugehörigkeit der Yeziden und mithin wegen eines asylrelevanten Merkmals.
34Seit der Einnahme der Stadt Mossul am 10. Juni 2014 hat die sunnitisch-extremistische Gruppierung des IS weite Teile der Heimatprovinz des Klägers unter ihre Kontrolle gebracht und Anfang August überwiegend yezidisch bewohnte Städte im Distrikt Sindjar der Provinz Ninivee eingenommen. Als die kurdischen Peschmerga-Truppen, die die yezidischen Dörfer in der Vergangenheit geschützt hatten, den Rückzug antraten, flüchtete die überwiegende yezidische Bevölkerung aus den von ihnen bewohnten Dörfern.
35Vgl. Der Spiegel 34/2014, 18. August 2014,Flucht vor den Wahnsinnigen, S. 77 ff..
36Sofern die Kämpfer des IS verbliebene Yeziden in ihren Dörfern antrafen, so gingen sie gegen diese nach den tagesaktuellen Medienberichten mit äußerster Härte vor. Nach Presseberichten sollen die Kämpfer in den Tagen der bzw. nach der Eroberung des Distrikts Sindjar 500 Yeziden, darunter auch Frauen und Kinder, getötet haben, nachdem sie sie vor die Wahl gestellt hatten, zum Islam zu konvertieren oder zu sterben.
37Vgl. FAZ online, 17. August 2014, Kurden: Zu lange geschah nichts, (verfügbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/irak-kurden-erobern-mossul-staudamm-zurueck-und-sind-verbittert-13103053.html); Spiegel Online, 15. August 2014, Jesidische Flüchtlinge im Irak: "Wir haben unsere Heimat für immer verloren" (Verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/jesidische-fluechtlinge-im-irak-heimat-fuer-immer-verloren-a-986273.html); Die Welt, 11. August 2014, Sie haben sogar die Kinder abgeschlachtet (verfügbar unter: http://www.welt.de/politik/ausland/article131108854/Sie-haben-sogar-die-Kinder-abgeschlachtet.html).
38Der Versuch, die Yeziden unter Todesandrohung zu einer Konversion zum Islam zu bewegen, zeigt deutlich, dass die Verfolgung dieser Gruppe gerade in Anknüpfung an ihre Religionszugehörigkeit erfolgt.
39Die Verfolgung der Yeziden durch den IS in der Provinz Ninivee (nördlicher Zentralirak) weist auch eine solche „Verfolgungsdichte“ auf, die die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt.
40Die Feststellung der Verfolgungsdichte erfordert die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Die für die Gruppenverfolgung entwickelten Maßstäbe sind auch unter Geltung der Richtlinie 2011/95/EU anwendbar und lassen sich auf die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne von § 3c Nr. 3 AsylVfG übertragen.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 – 10 C 11.08 –, NVwZ 2009, S. 1237 = juris Rn. 15.
42Dabei ist es nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass die Gerichte die zahlenmäßigen Grundlagen der gebotenen Relationsbetrachtung zur Verfolgungsdichte mit quasi naturwissenschaftlicher Genauigkeit feststellen. Vielmehr reicht es aus, die ungefähre Größenordnung der Verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in Beziehung zur Gesamtgruppe der von Verfolgung Betroffenen zu setzen. Bei unübersichtlicher Tatsachenlage und nur bruchstückhaften Informationen aus einem Krisengebiet darf ein Tatsachengericht auch aus einer Vielzahl ihm vorliegender Einzelinformationen eine zusammenfassende Bewertung des ungefähren Umfangs der asylerheblichen Verfolgungsschläge und der Größe der verfolgten Gruppe vornehmen. Auch für die Annahme einer erheblichen Dunkelziffer nicht bekannter Übergriffe müssen die gerichtlichen Feststellungen zur Größenordnung der Gesamtheit der Anschläge aber in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise begründet werden.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 ff. = juris Rn. 33.
44Dies gilt auch dann, wenn den Betroffenen schwere Gefahren, insbesondere Gefahren für Leib und Leben drohen. Das Ausmaß der drohenden Gefahr ist vielmehr in die Bewertung einzubeziehen, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist. Diese Bewertung setzt als Grundlage jedoch Feststellungen zu den Merkmalen der Gruppenverfolgung voraus, die alle Möglichkeiten der Tatsachenermittlung ausschöpfen.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 – 10 C 11.08 –, NVwZ 2009, S. 1237 = juris Rn. 19.
46Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen belief sich die Zahl der in der Provinz Ninivee ansässigen Yeziden vor dem Eintreffen der sunnitisch-extremistischen Kämpfer des Islamischen Staates auf ca. 291.000 Angehörige in dem Distrikt Sindjar, wobei diese Zahl anhand der ausgegebenen Lebensmittelkarten ermittelt werden konnte, und weiteren ca. 65.000 Anhängern im Distrikt Sheikhan.
47Vgl. EZKS, Gutachten vom 16. September 2013 an das OVG NRW, S. 11 f. – juris; EZKS, Gutachten vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf, S. 2 f. – juris.
48Die aktuelle Lage der Yeziden in den umkämpften Gebieten des nördlichen Zentraliraks lässt sich derzeit weit überwiegend lediglich anhand von Pressemeldungen ermitteln. Nach den hieraus gewonnenen Erkenntnissen geht die sunnitisch-extremistische Gruppierung des IS mit äußerster Brutalität und Härte gegen die andersgläubige Zivilbevölkerung vor und versucht die Angehörigen anderer religiöser Gruppen oder Konfessionen unter Drohungen mit dem Tod zu einer Konversion zu bewegen. Es kam zu Massenexekutionen in der yezidischen Zivilbevölkerung (mindestens 500 Opfer), wobei auch Frauen und Kinder nicht verschont wurden. Zum Teil sollen Angehörige der yezidischen Glaubensgemeinschaft lebendig in Massengräbern begraben worden sein. Zudem seien Frauen und Kinder auch in besonderem Maße sexueller Gewalt und dem Risiko der Versklavung durch die Kämpfer des IS ausgesetzt. Mindestens 300 Frauen sollen verschleppt worden sein.
49Vgl. FAZ online, 17. August 2014, Kurden: Zu lange geschah nichts, (verfügbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/irak-kurden-erobern-mossul-staudamm-zurueck-und-sind-verbittert-13103053.html); Spiegel Online, 15. August 2014, Jesidische Flüchtlinge im Irak: "Wir haben unsere Heimat für immer verloren" (Verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/jesidische-fluechtlinge-im-irak-heimat-fuer-immer-verloren-a-986273.html); Die Welt, 11. August 2014, Sie haben sogar die Kinder abgeschlachtet (verfügbar unter: http://www.welt.de/politik/ausland/article131108854/Sie-haben-sogar-die-Kinder-abgeschlachtet.html); Spiegel Online, 10. August 2014, Kurden bitten Verbündete um Waffen (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/kampf-gegen-islamischer-staat-im-irak-kurden-bitten-um-waffen-a-985392.html); Spiegel Online, 10. August 2014, Kurdische Rettungsaktion: Zehntausenden Jesiden gelingt die Flucht aus dem Gebirge (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/zehntausende-jesiden-offenbar-aus-gebirge-im-irak-befreit-a-985378.html); Spiegel Online, 7. August 2014, Terrormiliz IS im Irak: Zehntausende Jesiden im Gebirge eingeschlossen (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-im-irak-lage-der-jesiden-wird-immer-bedrohlicher-a-984873.html#ref=plista).
50Anfang August flüchteten mindestens 20.000 bis 30.000 Yeziden vor den herannahenden IS-Truppen in das Sindjar-Gebirge und harrten dort für mehrere Tage ohne Lebensmittel und Wasser aus, während die zentrale Straße am Fuß des Gebirges von den sunnitischen Kämpfern kontrolliert wurde. Erst mit Unterstützung amerikanischer Flugzeuge gelang es kurdischen Kämpfern, die Eingeschlossenen aus dem Gebirge zu befreien.
51Vgl. Zeit Online, 10. August 2014, Das Leid der eingeschlossenen Jesiden (verfügbar unter: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/jesiden-flucht-hilfe-irak); Spiegel Online, 10. August 2014, Kurdische Rettungsaktion: Zehntausenden Jesiden gelingt die Flucht aus dem Gebirge (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/zehntausende-jesiden-offenbar-aus-gebirge-im-irak-befreit-a-985378.html).
52Hinsichtlich der Anfang bis Mitte August in dem Gebirgszug eingeschlossenen Yeziden liegt ein Eingriff in asylrelevante Rechtsgüter von erheblichem Ausmaß vor. Aufgrund der dort vorgefundenen Situation mit Temperaturen von über 40 Grad Celsius bestand für die Eingeschlossenen infolge der fehlenden Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben, die sich nach Berichten von Überlebenden in einem noch nicht näher quantifizierbaren Umfang realisierte.
53Vgl. Zeit Online, 10. August 2014, Das Leid der eingeschlossenen Jesiden (verfügbar unter: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/jesiden-flucht-hilfe-irak); Spiegel Online, 10. August 2014, Kurdische Rettungsaktion: Zehntausenden Jesiden gelingt die Flucht aus dem Gebirge (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/zehntausende-jesiden-offenbar-aus-gebirge-im-irak-befreit-a-985378.html).
54Bei Zugrundelegung einer Zahl von rund 25.000 Eingriffen (als Mittelwert) in asylrelevante Rechtsgüter ergibt sich im Rahmen einer verhältnismäßigen Betrachtung ein Verhältnis 1:14. Unter Berücksichtigung einer erheblichen Dunkelziffer, für deren Annahme die insgesamt sehr unübersichtliche und sich ständig aktualisierende Lage spricht, ist die Grenze der erforderlichen Verfolgungsdichte überschritten.
55Bei dieser Sachlage ist dem Kläger eine Rückkehr in sein Heimatland nicht zumutbar. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass in verschiedenen Presseberichten die Rede von rund 200.000 Yeziden ist, die die Provinz Ninivee seit Anfang August angesichts der Gräueltaten der sunnitischen Extremisten aus begründeter Furcht vor weiteren Gewaltexzessen verlassen haben und seither auf der Flucht in den Autonomen Nordirak, Syrien und die Türkei sind.
56Vgl. IRIN, Fleeing Yezidi Iraqis seek safety in Turkey, 18. August 2014 (verfügbar unter: www.ecoi.net – Stichwort Irak); Süddeutsche.de, 14. August 2014, Bundeswehr-Hilfsflüge starten am Freitag (verfügbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-im-nordirak-bundeswehr-hilfsfluege-starten-am-freitag-1.2089851); Spiegel Online, 14. August 2014, Uno-Schätzung: Rund 1000 Jesiden harren noch im Gebirge aus (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-zu-irak-rund-1000-jesiden-harren-noch-im-gebirge-aus-a-986119.html); Süddeutsche.de, 5. August 2014, Teuflische Taktik gegen religiöse Minderheiten (verfügbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/kaempfer-des-islamischen-staats-im-norden-iraks-teuflische-taktik-gegen-religioese-minderheiten-1.2075892).
57Dass die Furcht der Geflüchteten begründet ist, ergibt sich bereits daraus, dass die Kämpfer des IS aufgrund ihrer Organisation, ihrer finanziellen Mittel und ihrer Brutalität das bisher von nichtstaatlichen Akteuren bekannte Gefährdungspotential übertreffen. Der IS ist nach Presseberichten straff organisiert und geht nach kürzester Zeit unter Verwendung gut organisierter Strukturen dazu über, die von ihm eroberten Gebiete wirtschaftlich zu nutzen und beispielsweise gefördertes Öl und Gas zu veräußern und sogar ähnlich einem staatlichen Gebilde Steuern zu erheben und Sozialleistungen zu gewähren.
58Vgl. Der Spiegel 34/2014, 18. August 2014,Das Kalifat des Schreckens, S. 74 ff..
59Angesichts dieses Organisationsgrades birgt das von IS kommunizierte Verfolgungsprogramm gegenüber religiösen Minderheiten für diese ein ganz erhebliches Gefährdungspotenzial. Nach der Einschätzung des Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, die das Gericht teilt, geht es dem IS darum, den Menschen zu sagen: „Entweder Ihr gebt Euren Glauben auf und nehmt unseren an, oder wir töten Euch!“
60Vgl. FAZ online, 25. August 2014, „Warten hat keinen Erfolg“, (verfügbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/interview-zur-lage-im-irak-warten-hat-keinen-erfolg-13115340.html).
61So spricht die Bundesregierung von einem bevorstehenden Genozid an der yezidischen Bevölkerung bzw. allgemein von drohenden Völkermorden durch die Kämpfer des IS, wobei diese Bewertung der Lage auch durch die Einschätzung von Vertretern des UNHCHR gestützt wird.
62Vgl. Süddeutsche.de, 25. August 2014, Merkel verteidigt Waffenlieferungen an Kurden (verfügbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeskanzlerin-im-ard-interview-merkel-verteidigt-waffenlieferungen-an-kurden-1.2102216); Spiegel Online, 25. August 2014,Uno zum "Islamischen Staat": Zeugen berichten von Häftlingsmassaker (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-zu-islamischer-staat-zeugen-ueber-massentoetung-von-haeftlingen-a-987929.html); FAZ online, 25. August 2014, „Warten hat keinen Erfolg“, (verfügbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/interview-zur-lage-im-irak-warten-hat-keinen-erfolg-13115340.html).
63Derzeit kann die yezidische Bevölkerung in der Heimatprovinz des Klägers weder aktuell noch auf absehbare Zeit die Hilfe des irakischen Staats gegen die Gewalt von IS in Anspruch nehmen, da sich die irakische Armee aus den von den Dschihadisten eroberten Gebieten im nördlichen Zentralirak vollständig zurückgezogen und sich auf die Verteidigung der arabisch besiedelten Gebiete und insbesondere Bagdads beschränkt hat. Andere effektive Hilfe steht gegenwärtig ebenfalls nicht durch die kurdischen Peschmerga-Truppen zur Verfügung, weil diese den IS bisher nicht aus der Provinz Ninivee vertreiben konnten und ein Ende der Kämpfe auch nach der Ankündigung von Waffenlieferungen durch die Bundesregierung und der gewährten Luftunterstützung durch die amerikanischen Streitkräfte an die Kurden derzeit nicht absehbar ist.
64Vgl. VG Köln, Urteile vom 15. August 2014 – 18 K 386/14.A und 18 K 981/14.A –; Süddeutsche.de, 25. August 2014, Merkel verteidigt Waffenlieferungen an Kurden (verfügbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeskanzlerin-im-ard-interview-merkel-verteidigt-waffenlieferungen-an-kurden-1.2102216); Spiegel Online, 25. August 2014,Uno zum "Islamischen Staat": Zeugen berichten von Häftlingsmassaker (verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-zu-islamischer-staat-zeugen-ueber-massentoetung-von-haeftlingen-a-987929.html); FAZ online, 25. August 2014, „Warten hat keinen Erfolg“, (verfügbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/interview-zur-lage-im-irak-warten-hat-keinen-erfolg-13115340.html).
65Der yezidischen Bevölkerung des nördlichen Zentraliraks steht auch kein interner Schutz im Sinne von § 3e AsylVfG offen.
66Einem Ausländer wird gemäß § 3e Abs. 1 AsylVfG die Flüchtlingseigenschaft aufgrund internen Schutzes nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2).
67Die Provinzen des Autonomen Nordiraks stellen keinen internen Schutz in diesem Sinne dar, da auch für diese Gebiete eine tatsächliche Sicherheit vor Verfolgung durch die extremistische Gruppierung des IS nicht prognostiziert werden kann. Die Kampftruppen des IS haben bereits Nachbarprovinzen zu der Provinz Dohuk des Autonomen Nordiraks und damit die Hauptverbindungswege in den Norden unter ihre Kontrolle gebracht. Nach wie vor sind diese Gebiete stark umkämpft und das Rückzugsgebiet der Peschmerga-Truppen, als Partei der regionalen Kämpfe, kein gesicherter Ort. Das bedeutet, dass auch die nördlich benachbarten Siedlungen der Yeziden in der Provinz Dohuk unmittelbar von einem weiteren Vorrücken der Dschihadisten bedroht sind.
68Zudem ist unter Berücksichtigung des Ausmaßes des Flüchtlingsstroms für yezidische Flüchtlinge aus der Provinz Ninivee im Autonomen Nordirak gegenwärtig keine „vernünftigerweise“ zu erwartende Zumutbarkeit eines internen Schutzes in dieser Region im Sinne von § 3e Abs. 1 und 2 AsylVfG und Art. 8 RL 2011/95/EU gegeben. Schon hinsichtlich der in den Zeiten des früheren irakischen Regimes verzeichneten Flüchtlingsströme in die Nordprovinzen hatte die Rechtsprechung festgestellt, dass angesichts der begrenzten Ressourcen und Aufnahmemöglichkeiten des kurdischen Autonomiegebiets dort nur dann eine inländische Fluchtalternative für Flüchtlinge aus dem Zentralirak besteht, wenn der Flüchtling über verwandtschaftliche und/oder wirtschaftliche Beziehungen zum Autonomiegebiet verfügt und so sein unabweisbares Existenzminimum sichern kann. Ein Aufenthalt in den bestehenden Lagern für Binnenvertriebene im Autonomen Nordirak genügte schon bisher regelmäßig nicht den Anforderungen an eine inländische Fluchtalternative.
69Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 9. Oktober 2002– 15 B 99.32230 –, juris Rn. 33 ff..
70Nichts anderes kann in der nunmehr noch weiter zugespitzen Situation gelten. Die Hilfskapazitäten des kurdischen Autonomiegebiets sind aufgrund des Flüchtlingsstroms erschöpft.
71Vgl. VG Köln, Urteile vom 15. August 2014 – 18 K 386/14.A und 18 K 981/14.A –.
722. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob dem Kläger auch ein Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG oder die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG zusteht.
733. Da dem Kläger ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG zusteht, kann die in dem angegriffenen Bescheid verfügte Abschiebungsandrohung sowie die festgesetzte Ausreisefrist (Ziffer 4. des Ablehnungsbescheides) keinen Bestand haben.
744. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14.10.2002 zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG entgegenstehen.
die Klage abzuweisen.
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.9.2005 - 5 K 5/05.A - sowie unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 14.10.2002 - - zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich einer Abschiebung in den Iran die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass einer Abschiebung in den Iran Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entgegenstehen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
II.
Gründe
I.
II.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Der nach Aktenlage am 25. Oktober 1997 aus dem Landweg in das Bundesgebiet eingereiste Kläger, laut Personalausweis geboren am ... 1977, ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und Sunnit, er stammt nach seinen Angaben aus der Stadt Shekhan/Provinz Ninive (Ninawa), gelegen nordöstlich von Mossul.
Auf seinen am 27. Oktober 1997 gestellten förmlichen Asylantrag hin erlangte der Kläger zunächst aufgrund seit 6. Dezember 1999 rechtskräftigen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach
Mit Telefax vom 2. Februar 2004 übermittelte die Ausländerbehörde der Stadt ... dem damaligen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die den Kläger betreffende Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 29. Januar 2004. Danach wurde der Kläger mit Urteil des Landgerichts ... vom 2. April 2001, rechtskräftig seit 18. Juni 2001, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, verurteilt. Weiter wurde der Kläger vom Amtsgericht ... unter dem 3. März 2003, rechtskräftig seit 20. März 2003, wegen Leistungserschleichung in drei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen verurteilt. Daraufhin widerrief das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 22. Juli 2004 die zugunsten des Klägers ausgesprochenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, des § 53 Satz 4 AuslG und des § 50 Abs. 6 Satz 1 AuslG hinsichtlich des Irak vorliegen. Die dagegen vom Kläger unter dem Aktenzeichen AN 3 K 04.31302 zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erhobene Klage wurde von diesem mit Urteil vom 9. Dezember 2004, rechtskräftig seit 11. Januar 2005, abgewiesen.
Mit Datum vom 2. August 2005 wurde dem Kläger ein neuer irakischer Personalausweis ausgestellt.
In der Folgezeit betrieb die Ausländerbehörde bei der Stadt ... die Beendigung des Aufenthalts des Klägers (u. a. unbefristete Ausweisungsverfügung vom 10.3.2010, unanfechtbar seit 13.4.2010).
Am 8. Juni 2015 stellte der Kläger Asylfolgeantrag und trug zur Begründung handschriftlich im Wesentlichen vor: Er stamme aus Mossul-Shekhan. Nachdem die ISIS die Stadt Mossul überfallen habe, seien seine Familienangehörigen getötet worden. Er könne nicht nach Mossul zurückkehren, weil er keine Angehörigen mehr habe und die ISIS in Mossul regiere. Er bitte daher, seine Lage noch einmal zu überprüfen und eine Lösung für ihn zu finden. Er sei seit ca. 18 Jahren in Deutschland und habe keine Rechte. Er habe legal gearbeitet, aber er sei nicht zufrieden. Wie lange solle er noch warten, bis er wisse, was aus ihm werde?
Der dem Bundesamt für ... (Bundesamt) unter dem 15. Juni 2015 übermittelte Bundeszentralregisterauszug weist insgesamt sechs Einträge auf, zuletzt - im Jahr 2009 - eine Verurteilung durch das Amtsgericht ... zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten wegen Diebstahls und Beleidigung sowie - im Jahr 2013 - erneut durch das Amtsgericht ... zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten wegen Betruges.
Mit Schreiben seines anwaltlichen Bevollmächtigten an das Bundesamt vom 26. August 2015 ließ der Kläger im Wesentlichen noch vortragen: Nachdem der Kläger nunmehr erfahren habe, dass die so genannte IS-Armee Mossul eingenommen habe und dort ihr Unwesen treibe, sei es dem Kläger bewusst geworden, dass er dorthin nicht mehr zurückkehren könne. Der Kläger sei zwar als Moslem geboren worden, praktiziere jedoch diesen Glauben nicht. Allein dies würde zu einer Verfolgung des Klägers führen.
Mit Schreiben vom 24. September 2015 erfragte die Ausländerbehörde der Stadt N. beim Bundesamt den Sachstand mit dem Hinweis, dass sie mehrere Anträge des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG abgelehnt habe, zuletzt am 27. Mai 2015.
Am 3. November 2015 wurde der Kläger in ... gemäß § 25 AsylG im Rahmen des Folgeverfahrens zu seinen Folgeantragsgründen angehört. Er gab u. a. an: Sein Schwager habe für ihn im Jahr 2005 einen neuen irakischen Personalausweis besorgt. Er habe vor seiner Ausreise aus dem Irak in Shekhan gewohnt und im Restaurant seines Vaters in Mossul gearbeitet. Die wirtschaftliche Situation von der Familie sei schlecht gewesen, sie seien arm gewesen. Dem Militärdienst habe er sich entzogen, er habe sich versteckt. Das sei im Irak ganz einfach, man habe keine richtige Adresse, man könne in eine andere Stadt gehen, man werde nicht gefunden. Er habe bei Freunden in Mossul gewohnt. Er sei auch wegen des irakischen Regimes ausgereist. Beispielsweise seien die Kurden damals als Terroristen verdächtigt worden. Er sei von der Polizei angehalten und geschlagen worden, vielleicht zehn Mal. Dies habe er bei seiner früheren Anhörung nicht erwähnt, weil er den Dolmetscher nicht richtig verstanden habe und weil dieser ihm geraten habe, nicht so viel zu sagen. Der Grund für seinen erneuten Asylantrag sei, dass er nicht zurück könne, ISIS sei da. Wegen ISIS könne er dort nicht mehr leben. Es sei bekannt, was im Irak im Moment passiere. Viele Menschen würden die Stadt Mossul verlassen, erst gestern habe er dies in Facebook gesehen. Weiteres wolle er zur Begründung seines Asylfolgeantrages nicht vortragen. Auf Nachfrage des Bundesamtsvorprüfers, ob ISIS in Shekhan zugegen sei, erklärt der Kläger: Viele Bewohner, die von dieser Situation betroffen seien, würden die Stadt verlassen. Sie kämen nach Europa, so wie er. Außerdem habe er dort niemanden mehr. Was solle er bei einer eventuellen Rückkehr in den Irak dort tun? Er habe dort keine Zukunft, keine Verwandtschaft mehr. Er fühle sich in Deutschland zu Hause. Seine Zukunft sei in Deutschland. Wie könne er nach 19 Jahren wieder in den Irak gehen? Seine Kultur liege in Deutschland. Er habe 20 Jahre lang in Deutschland gelebt, er sei hier zu Hause. Kinder habe er leider keine.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 teilte die Ausländerbehörde der Stadt ...dem Bundesamt mit, der Kläger solle abgeschoben werden, die Abschiebung sei nach Aktenlage tatsächlich möglich. Es werde um Mitteilung des Sachstands im Asylfolgeantragsverfahren gebeten.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 2. Februar 2016, als Einschreiben an den Bevollmächtigten des Klägers zur Post gegeben am 4. Februar 2016, wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wurde abgelehnt (Ziffer 2), ferner wurde dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3). Des Weiteren wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Schließlich wurde der Kläger unter Setzung einer Ausreisefrist und Androhung der Abschiebung - in erster Linie - in den Irak zum Verlassen des Bundesgebietes aufgefordert (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 90 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).
In der Begründung zu diesem Bescheid wurde u. a. ausgeführt: Vorliegend seien die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gegeben, da in den früheren Asylverfahren noch keine Feststellungen zum subsidiären Schutz getroffen worden seien. Das Gebiet Shekhan, aus dem Kläger stamme, werde bereits seit einigen Jahren von den kurdischen Peshmerga-Milizen kontrolliert. Eine staatliche Verfolgung oder Verfolgung durch staatsähnliche oder nichtstaatliche Organisationen drohe dem Kläger dort nicht und sei angesichts der Schwächung des IS in diesem Gebiet in nächster Zeit auch nicht zu erwarten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine für ihn ausweglose Notlage geriete, zumal er in seiner Heimatstadt Shekhan über verwandtschaftliche Beziehungen verfüge.
Mit seiner am 10. Februar 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach unter dem Az. AN 4 K 16.30131 eingegangen Klage beantragt der anwaltlich vertretene Kläger sinngemäß,
das Bundesamt, insoweit unter Aufhebung seines entgegenstehenden Bescheides vom 2. Februar 2016, zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Flüchtlingsschutz nach § 4 AsylG, höchst hilfsweise die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak beim Kläger vorliegen.
Zur Begründung ließ der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26. Februar 2016 im Wesentlichen geltend machen: Die Eltern des Klägers seien mittlerweile verstorben, direkte Verwandte habe er in seiner Heimatprovinz Ninive nicht mehr. Nur der Ehemann seiner verstorbenen Schwester und deren Kinder seien dort noch wohnhaft, ein Kontakt zu diesem bestehe jedoch nicht. Die Provinz Ninive sei zum überwiegenden Teil durch die Truppen des IS erobert und besetzt. Nachdem sich der Kläger seit Oktober 1997 im Bundesgebiet aufhalte und keinerlei Familie oder andere Kontakte mehr im Irak habe, könne er auch nicht etwa in den Schoß einer Großfamilie zurückkehren. Auch sei eine Rückkehr in den kurdisch verwalteten Nordirak zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, da dort bereits viele Flüchtlingslager existieren würden, in denen sich Flüchtlinge aus dem Zentralirak aufhielten.
Das Bundesamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. August 2016 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, einschließlich der Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung vom 7. September 2016, sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist unbegründet, wobei zugunsten des Klägers mit dem Bundesamt davon ausgegangen werden kann, dass im vorliegenden Fall ein beachtlicher Folgeantrag im Sinne von § 71 AsylG vorliegen mag.
Vorab wird - unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen - Bezug genommen auf die Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheids, § 77 Abs. 2 AsylG.
Ergänzend wird, auch im Hinblick auf den Verlauf und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 7. September 2016, noch ausgeführt:
Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf Zuerkennung von subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) und auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. In der Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheides sind die rechtlichen Voraussetzungen der vorstehend genannten Rechtspositionen zutreffend erläutert. Auf diese allgemeinen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Asylgründe im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Auch das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 7. September 2016 rechtfertigt die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gestellten Anträge nicht.
Zwar liegt der Heimatort des Klägers, Shekhan, nicht, wie vom Bundesamt unterstellt, in der irakischen Provinz Mossul, sondern vielmehr in der Provinz Ninive (andere Schreibweise:
Ninawa), wenngleich nur etwa 45 km nordöstlich der Großstadt Mossul. Der Kläger gab jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst an, Shekhan liege in der Einflusssphäre der kurdischen Peshmerga. Dies entspricht auch den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen, insbesondere Jungle World - Die linke Wochenzeitung, Nr. 51, vom 18. Dezember 2014, Internet-Abruf vom 5. September 2016, und Internet-Mitteilung der Diakonie-Katastrophenhilfe, aktualisierte Fassung vom 22. März 2013, Internet-Abruf am 5. September 2016. Dabei kann dahinstehen, ob Shekhan (andere Bezeichnung: Ain Sivne bzw. Ain Sifni) in der Vergangenheit zeitweise sogar im Einflussbereich des IS lag, was der Kläger nach seinem eigenen persönlichen Kenntnisstand in der mündlichen Verhandlung verneint hat, wohingegen die vorstehend erwähnte Pressemitteilung aus Jungle World berichtet, dass der Ort bzw. die Region Shekhan im Sommer (gemeint offensichtlich: 2014) durch die Peshmerga vom IS zurückerobert worden sei. Wie das Auswärtige Amt in seinem aktuellen Lagebericht vom 18. Februar 2016 auf Seite 9 unten ausführt, sind in der Region Kurdistan-Irak wie auch in weiteren Gebieten, die unter Kontrolle der kurdischen Regionalregierung stehen, sogar Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt, Entsprechendes ist somit erst recht für den Kläger zu erwarten, der als kurdischer Volkszugehöriger sunnitischer Religion zu der in der Region Kurdistan-Irak und den weiteren kurdisch beherrschten Gebieten lebenden Mehrheitsbevölkerung gehört.
Es erschließt sich dem Gericht jedenfalls nicht, weshalb der Kläger nicht zumindest in die Stadt bzw. das Gebiet Shekhan zurückkehren könnte, wenn schon eventuell nicht in andere, zumindest kurdisch beherrschte Regionen des Irak, zumal in Shekhan nach eigenen Angaben des Klägers immerhin eine Schwester von ihm mit ihrer Familie wohnt. Dass der Kläger zumindest in den letzten Jahren seit dem Tod seiner Mutter (2001) bzw. dem Verschollen sein bzw. Tod seines Vaters (2003) keinen Kontakt mehr zu seiner Schwester in Shekhan hatte, ebenso wie zu den weiteren Freunden und Bekannten in Shekhan, die der Kläger nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung „natürlich“ dort hat, steht dem nicht entgegen, es wäre dem Kläger zuzumuten, bei Bedarf diese Kontakte wieder zu aktivieren.
Auf seine zeitweise Behauptung (vgl. anwaltliches Schreiben an das Bundesamt vom 26.8.2015), er müsse als nicht praktizierender Moslem im Irak verfahrensrelevante Verfolgungsmaßnahmen befürchten, ist der Kläger im weiteren Verfahren selbst nicht mehr zurückgekommen, diesem Vorbringen fehlt auch jegliche Substantiierung.
Das Gericht übersieht nicht, dass gerade auch nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Februar 2016 (siehe dort insbesondere Seite 13, 14) speziell u. a. in der Provinz Ninive (Ninawa) die Sicherheitslage generell immer noch verheerend ist (so ausdrücklich VG Augsburg, Urteil vom 1.2.2016, Az. Au 5 K 15.30408, juris, Rn. 53 ff.). Gleichwohl geht das Gericht, insbesondere auch unter Zugrundelegung der eigenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, aber davon aus, dass im Irak derzeit weder landesweit noch ausnahmslos überall in der Herkunftsregion des Klägers ein regionaler innerstaatlicher oder internationaler bewaffneter Konflikt herrscht. Die angespannte Sicherheitslage resultiert vielmehr aus inneren Unruhen und Spannungen, die aber nicht die Intensität und Dauerhaftigkeit eines Bürgerkrieges aufweisen. Dem Kläger droht als Angehöriger der Zivilbevölkerung, der insbesondere auch nicht zu einer der besonders gefährdeten gesellschaftlichen Gruppen (Polizisten, Soldaten, Journalisten, Intelektuelle, Richter, Rechtsanwälte, Mitglieder des Sicherheitsapparates sowie so genannte Kollaborateure) gehört, keine im hier maßgeblichen Sinn erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben. Auch konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht ersichtlich.
Der in der mündlichen Verhandlung gestellte (unbedingte) Beweisantrag auf Einholung weiterer Auskünfte nach Auswahl des Gerichts, insbesondere über Amnesty International und den UNHCR, zum Beweis der Tatsache, dass in der Provinz Ninive (Ninawa) ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht und dass es dem Kläger in seiner Heimat Shekhan nicht möglich sei, zu existieren oder zu überleben, war abzulehnen, weil unter Zugrundelegung des vom Kläger selbst Ausgeführten (siehe oben), die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen aus Sicht des erkennenden Gerichts für die Beurteilung der Sachlage ausreichen. Das Gericht hat insbesondere den Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 18. Februar 2016 und den Amnesty-Report Irak 2016 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, ferner insbesondere auch die oben genannten weiteren Erkenntnisquellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass gemäß Ziffer 4 der Grundsätzlichen Anmerkungen zu Beginn des Lageberichts Irak des Auswärtigen Amtes vom 18. Februar 2016 ohnehin die Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Regierungsorganisationen ausgewertet wurden und dass es regelmäßig mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und dem UNHCR Informationen austauscht, wobei jedoch gemäß Ziffer 7 der Grundsätzlichen Anmerkungen zu Beginn des Lageberichts Irak des Auswärtigen Amtes gegenwärtig die Arbeits- und Bewegungsfreiheit der Deutschen Botschaft in Bagdad stark eingeschränkt ist. Die vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlagen (vier Blatt Kopien, vgl. Sitzungsniederschrift Seite 4 oben) geben jeweils die persönliche Lageeinschätzung und Bewertung einzelner Bundesamtsmitarbeiter wieder, das Gericht ist hieran jedoch nicht gebunden und teil diese nicht.
Die angedrohte Abschiebung in Ziffer 5 des angefochtenen Bescheides beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG und ist rechtmäßig, weil die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Die im Rahmen von § 11 Abs. 3 AufenthG zu treffende Ermessensentscheidung über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG (hier festgesetzt auf 90 Monate) ist nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf entsprechende Nachfrage keine besonderen sozialen Verbindungen im Bundesgebiet vorgetragen. Er beherrscht, trotz Aufenthalts im Bundesgebiet seit Oktober 1997, die deutsche Sprache, wie seine entsprechenden Äußerungen in der mündlichen Verhandlung gezeigt haben, nach wie vor nur mangelhaft. Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG darf die Fristbemessung fünf Jahre bzw. 60 Monate dann überschreiten, wenn der Ausländer, wie hier der Kläger, aufgrund strafrechtlicher Verurteilung ausgewiesen worden ist bzw. wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Dies ist hier jedenfalls im Hinblick auf die wiederholten, teilweise erheblichen strafrechtlichen Verurteilungen der Fall. Die grundsätzliche Maximalfrist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG von 10 Jahren bzw. 120 Monaten ist vorliegend nicht überschritten.
Nach alledem ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO als unbegründet abzuweisen; Gerichtskosten werden nicht gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn
- 1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.