Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 27.12.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 05.02.2016 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 03.05.2016 gab er im Wesentlichen an, er stamme aus , einem Dorf in der Nähe von Zakho, Provinz Dohuk, Autonome Region Kurdistan. In Kurdistan habe er viel Zeit mit christlichen Freunden verbracht. Er sei auch ca. zwei Jahre mit ihnen in die Kirche gegangen, um zu beten.

Irgendwann sei die Polizei zu ihm gekommen und habe ihn gefragt, ob er konvertiert sei. Er habe geantwortet, er sei kein Christ, sondern gehe nur mit ihnen in die Kirche, weil es seine guten Freunde seien.

Einmal sei er für eine Woche verhaftet worden. Ein Nachbar habe mit ihm reden wollen und ihn zur Polizei gefahren. Dort sei er gefragt worden, ob er konvertiert sei. Nachdem er dies verneint habe, sei er für eine Woche ins Gefängnis gesteckt worden, da die Polizei ihm nicht geglaubt habe. Im Gefängnis sei er nicht geschlagen oder schlecht behandelt worden.

Ein weiteres Mal habe ihn die Polizei einen Monat lang festgehalten. Die Situation sei nicht anders gewesen als beim ersten Mal. Eine Person namens Hamid habe ihn zur Polizeistation gefahren, wo er befragt worden sei, ob er Christ geworden sei. Nachdem er dies verneint habe, seien ihm Handschellen angelegt und ein paar Ohrfeigen verpasst worden.

Die Polizei habe ihn verfolgt, gestört und nicht in Ruhe gelassen. Sie hätten ihm vorgeworfen, Christ zu sein und dies zu verheimlichen. Deswegen habe er den Irak verlassen. Seit er in Deutschland sei, gehe er regelmäßig in die Kirche. In Kurdistan sei es verboten und strafbar, wenn ein Moslem zum Christentum konvertiere. Seine christlichen Freunde in Kurdistan hätten hingegen ganz normal leben können.

Mit Bescheid vom 06.03.2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 08.03.2017, wurde die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Nr. 1) und der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Nr. 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Nr. 3). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurden nicht festgestellt (Nr. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung in den Irak angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).

Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der Kläger habe nicht hinreichend glaubhaft vorgetragen, was ihn zur Überzeugung gelangen ließe, dass seine Hinwendung zum christlichen Glauben auf einer ernsthaften Gewissensentscheidung beruhe. Der Vortrag, er sei zweimal verhaftet worden, weil die Polizei geglaubt habe, er sei zum Christentum konvertiert, sei nicht hinreichend glaubhaft und schlüssig. Es bestünden ernstliche Zweifel daran, ob der Kläger wirklich auf diese Weise gefährdet sei.

Selbst bei Annahme einer aus tiefer, innerer Überzeugung erfolgten Hinwendung zum christlichen Glauben, bestünde gleichwohl nicht die beachtliche Gefahr einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung nach § 3 Abs. 1 AsylG, da in der Region Kurdistan Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt seien.

Der Vortrag, sein Nachbar und die Person Hamid seien ihm feindlich gesinnt, sei flüchtlingsrechtlich unerheblich. Bei entsprechenden Befürchtungen hinsichtlich drohender Gefahren durch feindlich gesinnte Nachbarn sei es dem Kläger zuzumuten, seinen Wohnsitz in andere Teile Kurdistans zu verlegen.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal die weitergehenden Voraussetzungen des § 3 AsylG einschlägig seien.

Unter Verweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz seien keine Anhaltspunkte erkennbar, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Irak ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG drohe.

Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Insbesondere würden die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Der Kläger sei erwerbsfähig und habe bis zu seiner Ausreise in einem Autoteile-Handel gearbeitet. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er nicht imstande sein werde, bei einer Rückkehr in den Irak – gegebenenfalls mit Hilfe des Familienverbandes - eine zumindest existenzsichernde Grundlage für sich zu schaffen.

Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien weder vorgetragen worden noch bestünden hierfür anderweitige Erkenntnisse.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragte,

  • 1.Der Bescheid der Beklagten vom 06.03.2017, zugestellt am 08.03.2017, Gz.:  wird mit der Maßgabe abgeändert, dass der Kläger als Asylant anerkannt wird, hilfsweise die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, hilfsweise der subsidiäre Schutzstatuts zuerkannt wird, hilfsweise festgestellt wird, dass Abschiebungsverbote vorliegen.

  • 2.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Zur Begründung führte die Bevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen aus, der Kläger sei im Irak zum Christentum gekommen. Jahrelang sei er dort in die Kirche gegangen um zu beten. Seine Hinwendung zum christlichen Glauben beruhe auf einer ernsthaften Gewissensentscheidung. Die Verleugnung seines christlichen Glaubens gegenüber der Polizei sei in Anbetracht der zu erwartenden Strafe verständlich. Bei einer Rückkehr in den Irak drohe dem Kläger Verfolgung, da ein Moslem nicht konvertieren darf. Der Kläger sei auch bereits mehrfach verhaftet worden, weil ihm vorgeworfen worden sei, er sei Christ.

Mit Schriftsatz vom 28.03.2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verwies die Beklagte auf den angefochtenen Bescheid.

Mit Beschluss der Kammer vom 29.03.2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 03.05.2017 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behörden- und Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage entscheiden, ohne dass die Beteiligten an der mündlichen Verhandlung am 03.05.2017 teilgenommen haben. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG sind ebenfalls nicht gegeben. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG). Auch das schriftsätzliche Vorbringen der Bevollmächtigten des Klägers im Klageverfahren führt nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Für das Gericht ist bereits nicht glaubhaft vorgetragen, dass die Hinwendung des Klägers zum christlichen Glauben auf einer ernsthaften Gewissensentscheidung beruht und die Betätigung des christlichen Glaubens Teil der religiösen Identität des Klägers ist (vgl. hierzu VG Augsburg, U.v. 9.1.2017 - Au 5 K 16.31898 - juris). Sowohl bei der Asylantragstellung am 05.02.2016 als auch bei der Anhörung am 03.05.2016 hat der Kläger zunächst angegeben, er sei sunnitischer Kurde. Erst im weiteren Verlauf der Anhörung erklärte der Kläger, „erst jetzt in Deutschland sage er, dass er Christ sei. Im Irak habe er sich das nicht getraut.“ Auch die Aussage beim Bundesamt, am Christentum gefalle ihm besonders, dass es erlaubt sei Alkohol zu trinken und Tätowierungen zu haben sowie dass das Fasten bei den Christen einfacher sei, lässt den Rückschluss zu, dass die behauptete Zugehörigkeit zum Christentum nicht aufgrund einer ernsthaften Gewissensentscheidung beruht. Der Kläger nennt bei seiner Befragung keinerlei tiefgründige Werte, die seine Verbindung zum Christentum ausmachen. Vielmehr sieht er sich offensichtlich als Christ, da sich nach seiner Auffassung der Alltag eines Christen einfacher gestaltet, als der eines Moslems. Der Kläger kann daher das Gericht mit seinem Vortrag beim Bundesamt nicht überzeugen, dass er tatsächlich Christ ist. Eine weitergehende Befragung des Klägers war nicht möglich, da er zur anberaumten mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist.

b) Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger tatsächlich Christ ist bzw. von der kurdischen Polizei als Christ angesehen wird, hat er sein Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft dargelegt. Bei einer Rückkehr nach Kurdistan droht dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts wegen seines - unterstellten - neu gefundenen christlichen Glaubens nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung i.S.d. § 3 AsylG.

Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln geht das Gericht von folgender Lage im Irak, insbesondere in der kurdischen Autonomieregion - KAR - aus: Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamistischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z.B. den Abfall vom Islam; auch spezielle Straftatbestände, wie z.B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. In der KAR wie auch in weiteren Gebieten, die unter Kontrolle der KAR stehen, sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt (zum Vorstehenden: Auswärtiges Amt -AA-, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 18.2.2016, S. 9 sowie Auswärtiges Amt -AA-, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 07.02.2017, S. 12). Nach dem Vorstoß des „Islamistischen Staats“ - IS - im Sommer 2014 in den Nord- und Zentralirak, der auch das christliche Kernland im Irak traf, sind zehntausende Christen in die KAR geflohen. Es gibt in der KAR keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung von Christen (vgl. zum Ganzen: VG München, U.v. 15.12.2016 - M 4 K 16.31327 - juris; VG München, U.v. 13.1.2017 - M 4 K 16.31091 - juris, VG Aachen, U.v. 12.10.2016 - 4 K 993/14.A - juris m.w.N.).

Dass muslimische Kurden, die zum Christentum konvertieren, in Kurdistan anders behandelt werden, als gebürtige Christen, oder dass sogar ein diesbezügliches Verbot mit strafrechtlichen Konsequenzen besteht, ist für das Gericht nicht ersichtlich (vgl. VG Augsburg, U.v. 9.1.2017 - Au 5 K 16.31898 - juris; VG Aachen, U.v. 12.10.2016 - 4 K 993/14.A - juris; siehe auch: https: …www.youtube.com/watch?v=zvg20OPlKw0

– Beitrag „Immer mehr Kurden werden Christen“; http: …www.kath.net/news/52725 - Beitrag vom 04.11.2015 „Nordirak: Immer mehr kurdische Muslime werden Christen“).

Eine Verfolgung des Klägers durch nichtstaatliche Akteure im Nordirak ist weder (glaubhaft und substantiiert) vortragen noch anderweitig für das Gericht ersichtlich.

c) Selbst wenn der Kläger in seinem Heimatort wegen der (angeblichen) Konversion bedroht sein sollte, so steht im jedenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative nach § 3e AsylG offen, da nach Überzeugung des Gerichts keine systematische Verfolgung von zum Christentum konvertierten Muslimen in (ganz) Kurdistan vorliegt (vgl. auch VG München, U.v. 15.12.2016 - M 4 K 16.31327 - juris).

Einem Ausländer wird gem. § 3e Abs. 1 AsylG die Flüchtlingseigenschaft aufgrund internen Schutzes nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 AsylG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger als Kurde bei einer Rückkehr im Bedarfsfall Schutz in einer anderen Provinz Kurdistans - außerhalb seiner Herkunftsregion - suchen kann (vgl. auch VG München, U.v. 15.12.2016 - M 4 K 16.31327 - juris). Für kurdische Volkszugehörige ist eine sichere und legale Einreise nach Kurdistan problemlos (z.B. über die Flughäfen in Erbil und Sulaimanyia) möglich. Es ist auch davon auszugehen, dass er als Kurde in Kurdistan aufgenommen wird. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Es ist dem Kläger zumutbar alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen, insbesondere auch schlichten Hilfstätigkeiten nachzugehen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es für den Kläger in einer fremden Stadt schwieriger ist, Arbeit zu finden, zumal sich die wirtschaftliche Lage auch in Kurdistan-Irak verschlechtert hat (vgl. auch VG Ansbach, B.v. 2.2.2017 - AN 2 K 16.31008 - juris). Darüber hinaus lebt die Großfamilie im Irak, so dass von wechselseitiger Unterstützung im Rahmen des Familienverbandes auszugehen ist.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG.

Der Kläger gibt an, auf der „Balkanoute“ nach Deutschland gekommen zu sein. Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder aus einem anderen durch Gesetz zu bestimmenden Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Da alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland entweder aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft oder aufgrund der Anlage 1 zu § 26 a AsylG sichere Drittstaaten sind, hat jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangt ist, den Ausschlussgrund für die Einreise aus einem sicheren Drittstaat verwirklicht (vgl. VG Augsburg, U.v. 6.3.2017 - Au 5 K 16.32170 - juris). Im Übrigen fehlt es auch schon offensichtlich an den inhaltlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter i.S.d. § 16a GG.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zur Seite. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht. Auch die Feststellung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG setzt voraus, dass der Kläger der Gefahr einer konkreten und damit individuellen Rechtsgutverletzung ausgesetzt ist.

b) Dem Kläger steht der subsidiäre Schutz auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EUGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Die derzeitige Situation in der KAR und damit auch in der der Provinz Dohuk, rechtfertigt nicht die Annahme eines Bürgerkrieges im oben genannten Sinne und damit eines landesweit oder auch nur regional bestehenden bewaffneten Konfliktes im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Der für eine Schutzgewährung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderliche Gefährdungsgrad ist dort bei Weitem nicht erreicht (VG München, U.v. 22.12.2016 - M 4 K 16.33226 - juris; VG München, U.v. 8.2.2017 - M 4 K 16.31581 - juris; VG München, U.v. 13.5.2016 - M 4 K 16.30558 - juris; BayVGH, U.v. 17.3.2016 - 13a B 15.30241 - juris). Einzelne terroristische Anschläge und Gewaltakte, zu denen es auch in Kurdistan gekommen ist, genügen hierfür nicht. Individuell gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers sind nicht ersichtlich.

c) Im Übrigen steht dem Kläger als Kurden in der Autonomen Region Kurdistan eine innerstaatliche Fluchtalternative gem. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG offen, falls ihm ein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG drohen würde. Auf die Ausführungen unter 1c) wird verwiesen.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Aufgrund des klägerischen Vortrags ist die Schwelle zu einer Verletzung der Werte des Art. 3 EMRK nicht erreicht. Die schlechten humanitären und wirtschaftlichen Verhältnisse im Umfeld des Klägers gehen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner in der vergleichbaren Situation hinnehmen müssen. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass es dem jungen, gesunden und erwerbsfähigen Kläger nicht gelingen könnte, sich zumindest eine existenzsichernde Grundlage - ggf. durch wechselseitige Unterstützung im Familienverband - im Irak zu schaffen.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die dem Kläger bei Rückkehr in den Irak drohen könnten, wurden weder vorgetragen und noch sind solche für das Gericht ersichtlich.

c) Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind im Übrigen Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak auf Grund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. ) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehörigen grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und ihr Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 2/01 - juris; VG München, U.v. 22.12.2016 - M 4 K 16.33226 - juris).

Entscheidungen nach den vorstehenden Maßgaben ergehen aber nicht durch das Bundesamt im Asylverfahren, sondern allenfalls durch die zuständige Ausländerbehörde.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling noch als Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm stehen auch kein subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3c Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann


Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 77


(1) Alle bundesrechtlichen Vorschriften in anderen Gesetzen über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren sind durch die Vorschriften dieses Abschnitts ersetzt. (2) Das gleiche gilt für landesrechtliche Vorschriften über Einspruchs- oder Beschwerdeve

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 03. Mai 2017 - B 3 K 17.30947 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 03. Mai 2017 - B 3 K 17.30947 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. März 2016 - 13a B 15.30241

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch

Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Mai 2016 - M 4 K 16.30558

bei uns veröffentlicht am 13.05.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die 1993 geborene Klägerin

Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Dez. 2016 - M 4 K 16.31327

bei uns veröffentlicht am 15.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger wendet sich ge

Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Feb. 2017 - M 4 K 16.31581

bei uns veröffentlicht am 08.02.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kläger wenden sich gegen einen Bes

Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Jan. 2017 - M 4 K 16.31091

bei uns veröffentlicht am 13.01.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger wendet sich ge

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 09. Jan. 2017 - Au 5 K 16.31898

bei uns veröffentlicht am 09.01.2017

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12. September 2016 wird in Nrn. 1, 2, 3 insoweit aufgehoben, als die Ablehnung des Asylantrages, des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und au

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Dez. 2016 - M 4 K 16.33226

bei uns veröffentlicht am 22.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kläger, eine Famili

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 06. März 2017 - Au 5 K 16.32170

bei uns veröffentlicht am 06.03.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand

Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 12. Okt. 2016 - 4 K 993/14.A

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 29. Nov. 2017 - B 3 K 17.32946

bei uns veröffentlicht am 29.11.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kläge

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12. September 2016 wird in Nrn. 1, 2, 3 insoweit aufgehoben, als die Ablehnung des Asylantrages, des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet erfolgt ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger ¾, die Beklagte ¼.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes bzw. die Feststellung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich des Irak.

Der am ... 1987 in ... (Irak) geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Glauben.

Seinen Angaben zu Folge reiste der Kläger am 13. Juli 2015 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 28. September 2015 Asylerstantrag stellte.

Nach erfolgloser Durchführung eines Dublin-Verfahrens - die Republik Bulgarien lehnte die Übernahme des Klägers ab - wurde der Asylantrag des Klägers im Folgenden im nationalen Verfahren behandelt.

Bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 1. März 2016 führte der Kläger aus, dass er sein bisheriges gesamtes Leben in ... verbracht habe. In ... sei er verheiratet gewesen. Er habe dort mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt. Seinem Vater sei es dort gut gegangen, er beziehe eine Rente. Sein Bruder sei Verkehrspolizist gewesen. Er sei als Taxifahrer beschäftigt gewesen. Vor seiner Ausreise aus dem Irak habe er Probleme gehabt, weil seine Onkel ihn töten wollten, weil er eine Christin geheiratet habe. Seine Ehefrau habe er im Jahr 2013 geehelicht. Für den weiteren Inhalt der Anhörung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift des Bundesamts Bezug genommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 12. September 2016 wurde der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Ziffer 1.). In Ziffer 2. wurde auch der Antrag des Klägers auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Ziffer 3. des Bescheids bestimmt, dass der Antrag des Klägers auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor (Ziffer 4.). In Ziffer 5. wird der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise werde er in den Irak bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat abgeschoben. In Ziffer 6. des Bescheids wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter nicht vorlägen. Der Kläger sei kein Flüchtling, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Der Vortrag des Klägers, von seinen Onkeln bedroht worden zu sein, könne nicht zur Feststellung des Flüchtlingsschutzes führen, da aus seinem Sachvortrag keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung ersichtlich sei. Auch sei es dem Kläger zuzumuten, seinen Wohnsitz in andere Teile von Kurdistan zu verlegen. Er könne sich als irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit grundsätzlich auch in anderen Regionen von Kurdistan niederlassen und sich dort eine neue Existenz aufbauen. Der Kläger habe auch bereits in Arbil gelebt und sei dort nicht weiter bedroht worden. Der Entschluss des Klägers zum Christentum zu konvertieren, gelte als Nachfluchtgrund. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Asylgesetz (AsylG) sei damit abzulehnen gewesen. Gleiches gelte für die Gewährung subsidiären Schutzes. Dem Kläger drohten bei einer Rückkehr nach Arbil in der Region Kurdistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt. Auch habe der Kläger keine persönlichen Umstände vorgetragen, die die Gefahr für ihn derart erhöhten, dass von individuellen konfliktbedingten Gefahren gesprochen werden könne. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei damit abzulehnen gewesen. Der Asylantrag werde zudem als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Nach eigenen Angaben des Klägers, lebten seine Eltern und Geschwister im Irak. Es sei daher nicht erkennbar, dass der Kläger bei Rückkehr einer extremen allgemeinen Gefahr ausgesetzt sei.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 12. September 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 20. September 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt:

Unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 12. September 2016 (Gz.: ...) wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger gemäß § 3 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 4 AsylG, höchsthilfsweise, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegen;

ersatzweise werden zumindest das Offensichtlichkeitsmerkmal in Ziffern 1, 2 und 3 sowie die in Ziffer 6 der Entscheidung der Beklagten enthaltenen Fristbestimmungen aufgehoben, höchsthilfsweise - unter Aufhebung des Offensichtlichkeitsmerkmals in Ziffer 1, 2 und 3 - in Ziffer 6 eine Frist von längstens zwölf Monaten bestimmt, höchstersatzweise die Beklagte insoweit zur Neuverbescheidung verpflichtet.

Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2016 vorgetragen, dass der angefochtene Bescheid keine Begründung für die Ablehnung als offensichtlich unbegründet enthalte. Auf Seite 5 wiederhole die Beklagte lediglich den Gesetzeswortlaut. Eine Subsumtion sei nicht enthalten. Eine solche könne auch nicht zur Begründung einer qualifizierten Ablehnung führen. Die Beklagte stelle selbst fest, dass im Irak ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrsche, an dem sich der Kläger nicht aktiv beteiligt habe, aufgrund dessen er aber als Zivilist gefährdet sei. Auch wenn die relevante Gefährdungslage nach Ansicht der Beklagten nicht das Ausmaß erreiche, um von einer Gruppenverfolgung auszugehen, lasse sich nicht nach jeder denkbaren Sichtweise ausschließen, dass zumindest für jeden Rückkehrer die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines ernsthaften Schadens im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG bestehe. Die zunächst unzutreffende Darstellung seiner Fluchtgründe habe der Kläger in seiner Anhörung, mithin vor Erlass des angefochtenen Bescheides selbst korrigiert. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht und diese unzutreffenden Angaben nicht rechtzeitig berichtet habe, ließen sich nicht finden.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 5. Oktober 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Auf ein vom Kläger angestrengtes Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes (Az. Au 5 S 16.31899) wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. September 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.

Auf die Gründe dieser Entscheidung wird ergänzend verwiesen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Oktober 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit Schreiben der Landeskirchlichen Gemeinschaft e.V. ... vom 19. November 2016 wurde ausgeführt, dass der Kläger seit Mai 2016 regelmäßig Gottesdienste und Veranstaltungen besuche. Er beteilige sich am Gemeindeleben. So engagiere er sich unter anderem durch praktische Mithilfe in der wöchentlichen Asylarbeit (Asylcafé) und sei Helfer bei den verschiedensten praktischen Aufgaben in der Vorbereitung von Veranstaltungen der Gemeinde.

Mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 28. November 2016 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung gewährt.

Am 9. Januar 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.

Gründe

Der Einzelrichter konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2017 nicht vertreten war, da sie in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 12. September 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit die Ablehnung seines Asylantrages und seiner Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG erfolgt ist. Darüber hinaus hat der Kläger jedoch weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf subsidiären Schutz bzw. auf die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote. Seine Klage war daher im Übrigen abzuweisen.

1. Der Kläger hat zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne von Art. 16 a Grundgesetz (GG), auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz in Sinne von § 4 AsylG oder auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.

Maßgeblich für diese Beurteilung ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage.

1.1 Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt ist, wer wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung eine durch Tatsachen begründete Furcht vor Verfolgung hegen muss, die mit Gefahr für Leib, Leben, persönliche Freiheit oder einem die Menschenwürde verletzenden Eingriff in sonstige Rechtsgüter verbunden ist. Begründet ist die Furcht vor Verfolgung, wenn einem Ausländer bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, ihm Heimatland zu bleiben oder dorthin zurückzukehren.

Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter steht dem Kläger bereits aufgrund von Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a AsylG nicht zu. Danach kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist, nicht auf das Asylgrundrecht aus Art. 16 a Abs. 1 GG berufen. Sichere Drittstaaten sind unter anderem die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben auf dem Landweg zuletzt über Österreich und damit aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

1.2 Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling i. S. d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vormals nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG, nunmehr nach § 3 Abs. 1 AsylG) ist weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, für dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u. a. - BVerwGE 80, 315).

Teilweise geht der Internationale Flüchtlingsschutz im Ergebnis der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. So begründen nach Maßgabe des § 28 Abs. 1 a AsylG auch selbstgeschaffene Nachfluchtgründe sowie gemäß § 3c Nr. 3 AsylG eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, etwa in Bürgerkriegssituationen, in denen es an staatlichen Strukturen fehlt, ein Abschiebungsverbot. Ferner stellt § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG klar, dass eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist. Schließlich umfasst gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG der Schutz vor Verfolgung wegen der Religion im Ergebnis der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2011/95/EU auch die Religionsausübung im öffentlichen Bereich sowie sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen, die sich auf eine religiöse Betätigung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Nach § 3 c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft und der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 - 10 C 7/11 - juris). An dessen Stelle gilt nunmehr nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Hierdurch wird den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigemessen (vgl. EuGH, U.v. 2.3.2010 - Rs. V 175/08 u. a., Abdulla). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich verfolgungsbegründende bzw. schadensstiftende Umständen bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Dessen ungeachtet ist es Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU. Der Ausländer hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich schlüssigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört u. a., dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.

Beruft sich der Ausländer indes zur Begründung seiner Verfolgungsfurcht auch auf Vorgänge und Geschehensabläufe nach dem Verlassen seines Herkunftsstaates, so gilt die das Maß der Darlegungsanforderungen bestimmende Beweiserleichterung nicht, weil nicht mehr davon auszugehen ist, dass die für Vorgänge in dem „Verfolgerstaat“ bestehenden Beweisschwierigkeiten außerhalb des Herkunftsstaates fortbestehen. Der Flüchtling hat vielmehr die Umstände, aus denen er seine begründete Furcht vor Verfolgung i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ableitet, zu beweisen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Nachfluchtgründe in einem Verhalten des Ausländers bestehen, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung und Ausrichtung ist, § 28 Abs. 1 a AsylG. Durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ in § 28 Abs. 1 a AsylG ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch Nachfluchttatbestände ohne eine entsprechende Vorprägung im Heimatland beachtlich sein können.

Zusammenfassend obliegt es dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, seine Gründe für eine ihm drohende Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen, das heißt unter genauer Angaben von Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass er bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hat. Hierzu gehört insbesondere, dass der Asylbewerber zu dem in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.1989 - 9 B 405.89 - juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle des Klägers nicht vor. Es kann weder festgestellt werden, dass der Kläger aufgrund bereits erlittener oder unmittelbar drohender Verfolgung aus dem Irak ausgereist ist, noch, dass in der Zwischenzeit Gründe eingetreten sind, die die Annahme rechtfertigten, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Irak und dort insbesondere in die autonome Region Irak-Kurdistan (dort Region ...) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine landesweite Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG droht und er bei einer Rückkehr in den Irak in eine ausweglose Lage geraten würde.

Einem Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht bereits dessen in wesentlichen Punkten widersprüchlicher und unstimmiger Sachvortrag entgegen. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2017 insbesondere ausgeführt, dass er in den Jahren 2007 bis 2010 in Schweden gelebt habe und dort seine spätere Ehefrau kennengelernt habe. Die Eheschließung ist nach dem Vortrag des Klägers jedoch erst im April 2013 erfolgt. Sämtliche vom Kläger geschilderten Ereignisse im Zusammenhang mit seiner Religionsausübung im Irak erscheinen dem Gericht bruchstückhaft und zusammenhanglos. Individuelle Umstände, die eine Verfolgungsgefahr für den Kläger in dem beschriebenen Sinne begründen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die behaupteten innerfamiliären Spannungen wegen seiner Heirat mit einer Christin aus Schweden erreichen keinesfalls die Schwelle einer nicht staatlichen Verfolgung. Über dies hat die Ehe des Klägers und ein Zusammenleben der Eheleute allenfalls für die Dauer von zwei Wochen nach der Heirat im Irak bestanden. Der Kläger lebt seit längerer Zeit nicht mehr mit seiner schwedischen Ehefrau zusammen, so dass auch bei einer Rückkehr in den Familienverbund im Irak, der nach wie vor in der Stadt ... besteht, der Auslöser für die innerfamiliären Spannungen entfallen sein dürfte.

Ebenfalls widersprüchlich waren die Angaben des Klägers zu seinen Geschwistern und deren aktuellem Aufenthalt. Auch hier hat der Kläger erst auf erneutes Nachfragen des Gerichtes klargestellt, dass er bislang falsche Angaben gemacht hat. Dieses Verhaltensmuster entspricht im Wesentlichen auch dem Verhalten des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt.

Auch die nunmehr vom Kläger vorgetragene Abkehr vom muslimischen Glauben und dessen Zuwendung zum Christentum, die in der Taufe am 28. März 2016 manifestiert wird, vermag kein anderes rechtliches Ergebnis zu begründen. Das Gericht hat bei der persönlichen Einvernahme des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2017 nicht den Eindruck gewonnen, dass die Betätigung des christlichen Glaubens Teil der religiösen Identität des Klägers ist. Auch diesbezüglich erscheint der Vortrag des Klägers weitgehend inhaltsleer. Zwar verfügt der Kläger mittlerweile über eine Bibel in kurdisch-badinanischer Sprache, jedoch hat das Gericht begründete Zweifel, dass der Kläger nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sich aus innerer Überzeugung dem christlichen Glauben zugewandt hat, diesen aus innerer Überzeugung praktiziert und ihm aus diesem Grund eine Rückkehr in den Irak nicht zuzumuten ist. Zwar hat der Kläger einen dreimonatigen Taufunterricht durchlaufen, jedoch hat er dem Gericht nicht glaubwürdig vermitteln können, aus welchen Gründen seine Abkehr vom muslimischen Glauben erfolgt ist und inwieweit diese Abkehr seine Persönlichkeit prägt. Das Gericht hat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass der Kläger den vermittelten religiösen Inhalten zwar mit Interesse folgt, diese für ihn aber nicht lebensbestimmend sind. Bei dieser Sachlage und dem insgesamt widersprüchlichen Vortrag des Klägers drängt sich für das Gericht auf, dass der Übertritt zum christlichen Glauben lediglich dazu dient, dem Kläger ein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen.

Letztlich bedarf dies keiner vertiefenden Betrachtung, da für den Kläger, der aus der Stadt ... stammt jedenfalls eine Rückkehr in diese Provinz zumutbar erscheint. Ausweislich des Berichtes des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016 (Stand: Dezember 2015) haben insbesondere in der Region Kurdistan-Irak und dort vorwiegend in der Provinz Dohuk viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden. Sie lebten derzeit zwar unter schwierigen materiellen und sozialen Bedingungen. Es gebe jedoch in der Provinz Dohuk keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung. Der Kläger verfügt in der Stadt ... nach wie vor über einen Familienverbund, der ihn aufnehmen kann. In der Ausprägung, in der der Kläger seinen christlichen Glauben lebt, ist ihm eine Rückkehr in die Provinz ... zumutbar.

1.3 Dem Kläger ist auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 AsylG subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die vorgenannten Gefahren müssen dabei gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3 c AsylG in der Regel von dem in Rede stehenden Staat oder den ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen ausgehen. Die Bedrohung durch nicht staatliche Akteure kann hingegen nur dann zu subsidiärem Schutz führen, wenn der betreffende Staat selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu gewähren. Bei der Prüfung, ob dem Kläger im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden droht, gilt ebenfalls der dargelegte Prüfungsmaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Irak ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG droht. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wenn die tatbestandliche Voraussetzung eines landesweit bestehenden internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes ist für den Irak nicht festzustellen.

1.4 Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.

Insoweit wird zunächst nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und ergänzend folgendes ausgeführt.

Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG, insbesondere asylrelevante Eingriffe in die Religionsfreiheit, sind nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Inneren hat im Erlasswege mit Rundschreiben vom 3. Juli 2008 (Az. IA-2086.10-439), welches nach wie vor Gültigkeit beansprucht, verfügt, dass irakische Staatsangehörige, die nicht Straftäter sind oder unter Sicherheitsaspekten vordringlich abzuschieben sind, nicht abgeschoben werden und Duldungen bis auf Weiteres auf der Grundlage des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bis zur Dauer von sechs Monaten erteilt bzw. verlängert werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Erlasslage hinsichtlich allgemeiner Gefahren derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 2/01 - NVwZ 2001, 1420).

Das Gericht vermag auch keine sonstigen Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des bayerischen Staatsministeriums des Inneren erfasst werden, erkennen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach wie vor über einen intakten Familienverbund in der Stadt ... verfügt und bereits vor seiner Ausreise aus dem Irak als Taxifahrer beruflich selbstständig tätig war. Gesundheitliche Einschränkungen sind dem Gericht keine bekannt geworden.

1.5 Soweit sich die Klage gegen das in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheides vom 12. September 2016 gegen den Kläger verhängte Einreise- und Aufenthaltsverbot auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 AufenthG richtet, bleibt die Klage ebenfalls erfolglos. Einwände gegen die Rechtmäßigkeit dieses Einreise- und Aufenthaltsverbotes und dessen Dauer sind nicht ersichtlich.

2. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf teilweise Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. September 2016, soweit darin die Ablehnung seines Asylantrages, seines Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Feststellung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG erfolgt ist. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn das Vorbringen des Ausländers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Ein Vorbringen entspricht offenkundig nicht den Tatsachen, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellung und vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei diesem Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre sich die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt. Wird die offensichtliche Unbegründetheit mit widersprüchlichem Vorbringen begründet, dann muss das Vorbringen zur politischen Verfolgung in seinem Kern widersprüchlich sein. Nur mittelbar mit dem eigentlichen Verfolgungstatbestand zusammenhängender widersprüchlicher Vortrag rechtfertigt nicht den Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens in seinem Kern.

Anhand dieses Maßstabes ist der Asylantrag des Klägers jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet im Sinne von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Das Berufen des Klägers im Verfahren auf dessen Übertritt zum Christentum unter Vorlage einer entsprechenden Taufurkunde lassen eine entsprechende Ablehnung des Asylantrages des Klägers als offensichtlich unbegründet nicht als vertretbar erscheinen. Gesamtbetrachtend vermag das Gericht keine dem Kläger vorwerfbare Verletzung seiner Mitwirkungspflichten, die eine auf § 30 Abs. 3 AsylG gestützte Ablehnung seines Asylantrages als offensichtlich unbegründet rechtfertigen würde, zu erkennen. Der Klage war daher in diesem Punkt stattzugeben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b AsylG nicht erhoben.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Flüchtlinge (Bundesamt) mit dem sein Asylbegehren abgelehnt wurde.

Eigenen Angaben zufolge ist der Kläger irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Über die Türkei und weitere ihm unbekannte Länder sei er mit dem Lkw und dem Zug am ... August 2015 nach Deutschland eingereist. Sein Asylantrag datiert vom 1. Februar 2016.

Bei seiner persönlichen Anhörung am ... Februar 2016 gab der Kläger an, im Irak zuletzt in der Stadt … in der Provinz … gelebt zu haben. Zu seinem Verfolgungsschicksal äußerte der Kläger, dass er mit ca. 15 Jahren vom Glauben abgefallen sei. Er glaube nur an einen Gott, nicht an eine Religion. Sein Vater sei schon gestorben, als er ein kleines Kind gewesen sei. Seine Mutter sei zunächst verärgert gewesen, habe sich aber damit abgefunden. Seine älteren Brüder seien gegen seinen Abfall vom Glauben gewesen, sie hätten ihn des Öfteren geschlagen. Zur Polizei sei er nicht gegangen, weil er sich geschämt habe. Auch andere Jugendliche hätten den Kläger verspottet und ihm gesagt, dass sie ihn eines Tages zurückholen würden in den Islam. Sie hätten gesagt, dass der Kläger etwas erleben werde, wenn sie dies nicht schaffen würden. Einmal habe ihn eine Person in der Gasse bei seiner Tante geschlagen. Es sei dunkel gewesen, er könne sich nicht erinnern, ob dies Jugendliche gewesen seien. Er habe auch Drohungen per SMS erhalten. Woher die Jugendlichen seine Nummer hatten, könne er nicht sagen. Die SMS lauteten ungefähr so: „Wir werden dich töten, weil du Atheist bist, du musst die Stadt verlassen“. Wann er die letzte SMS erhalten habe, wisse er nicht mehr. Im Jahr 2014 sei er von der Schule geflogen. Viele Eltern hätten sich beschwert, dass ihre Kinder mit jemand die Schule besuchten, der nicht an den Islam glaube. Der Direktor sei eines Tages in seine Klasse gekommen und habe alle Schüler befragt, wer mit dem Kläger in der Klasse bleiben wolle. Da hätten alle nein gesagt. Seine Verwandtschaft habe ihn grundsätzlich gemieden. Wenn sie seine Mutter besuchten, hätten sie ihn ignoriert. An einen anderen Ort sei er nicht gegangen, weil er jung sei und eine Familie brauche. Er brauche jemanden, der sich um ihn kümmere. Er hätte sonst niemanden, bei dem er im Irak wohnen könnte. Er könnte höchstens einfache Arbeiten verrichten, da er keinen Abschluss besitze. Er käme höchstens auf etwa 300.000,00 irakische Dinar, eine Wohnung zur Miete koste aber mind. 400.000,00. Wenn er an seinen Heimatort zurückkäme, hätte er die gleichen Probleme, die ihn dazu veranlasst hatten, den Irak zu verlassen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die Anhörung verwiesen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2016 erkannte das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu und lehnte seinen Antrag auf Asylanerkennung ab (1. u. 2.). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ihm nicht zuerkannt (3.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor (4.). Der Kläger werde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisfrist nicht einhalten, werde er in den Irak abgeschoben. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (5.). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6).

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigten nicht vorlägen. Selbst bei Wahrunterstellung des gemachten Sachvortrages hinsichtlich der Drohungen der Jugendlichen und das Traktierens der Stiefbrüder würde kein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestehen, da vorliegend kein Anknüpfungsmerkmal sowie keine Verfolgungshandlung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 3a AsylG ersichtlich seien. Im Übrigen sei der Sachvortrag des Klägers unglaubhaft. Der Kläger sei erst im Jahr 2015 ausgereist, obwohl die Bedrohungen bereits seit dem Jahr 2011 bestanden haben sollen. Auch wenn der Kläger vortrage, dass er laut eigener Aussage mit 16 oder 17 Jahren noch zu jung für eine Ausreise gewesen sei, könnten die Bedrohungen daher nicht so gravierend gewesen sein. Des Weiteren sei der Kläger nicht im Stande gewesen, durch einen lebensnahen, detaillierten und ausführlichen, mithin erlebnisgeprägten Sachvortrag zu überzeugen. Er habe keine fundierten Schilderungen maßgeblicher Einzelheiten nennen können. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides verwiesen.

Mit Telefax vom 9. Juni 2016 erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorlägen.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 legte die Beklagte die Akten vor, äußerte sich sonst jedoch nicht im Verfahren.

Mit Schreiben vom 14. November 2016 begründete die Bevollmächtigte des Klägers die Klage. Der Kläger habe bereits in seiner persönlichen Anhörung glaubhaft gemacht, dass er weder an Allah noch an einen anderen Gott glaube. Er wolle seinen Nichtglauben ausüben und zu diesem auch in der Öffentlichkeit stehen. Dies sei dem Kläger insbesondere auch deswegen besonders wichtig, da er sich von den Gräueltaten, die im Namen des Islam verübt würden, distanzieren wolle. Aufgrund seiner religiösen Einstellung drohe dem Kläger in seinem Heimatland Verfolgung. Bereits vor seiner Ausreise sei der Kläger aufgrund seiner religiösen Gesinnung diskriminiert und verfolgt worden. So sei er von Familienmitgliedern größtenteils verstoßen, von den eigenen Brüdern geschlagen und aufgrund seines Nichtglaubens von der Schule geworfen worden. Auch aufgrund der aktuellen Lage drohe dem Kläger Lebensgefahr, wenn er sich offen gegen den Islam stelle.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2016 äußerte der Kläger, dass er mittlerweile zum Christentum tendiere. Er gehe dreimal in die Woche in die Kirche; er sei nach langem Nachdenken zu der Einsicht gekommen, dass jeder eine Religion brauche. Der Kläger legte eine Bescheinigung vor, nach der er an einem Orientierungskurs „Christ werden“ teilnehme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes und auf die Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 entschieden werden, obwohl auf Beklagtenseite niemand erschienen ist, da in der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Beklagte ist form- und fristgerecht geladen worden.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes, weil die Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen. Auch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.

1. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz - GG - kommt schon deswegen nicht in Betracht, da der Kläger nach seinem eigenen Vortrag auf dem Landweg und damit zwangsläufig über einen sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG).

2. Soweit der Kläger seine Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylG beantragt, hat der Antrag keinen Erfolg.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb der Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

a) Bei einer Rückkehr in den Irak droht dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts wegen seines Abfalls vom Glauben bzw. seines neugefundenen christlichen Glaubens nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit eine staatliche Verfolgung.

Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln geht das Gericht von folgender Lage im Irak, insbesondere in der kurdischen Autonomieregion - KAR - aus. Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamistischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam; auch spezielle Straftatbestände, wie z. B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. In der KAR wie auch in weiteren Gebieten, die unter Kontrolle der KAR stehen, sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt (zum Vorstehenden: Auswärtiges Amt - AA -, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 18.2.2016, S. 9; Europäisches Zentrum für Kurdische Studien -EZKS-, Auskunft an VG München, Gutachten Irak (Yeziden) v. 07.09.2015, S. 8). Nach dem Vorstoß des „Islamistischen Staats“ -IS- im Sommer 2014 in den Nord- und Zentralirak, der auch das christliche Kernland im Irak traf, sind zehntausende Christen in die KAR geflohen. Es gibt in der KAR keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung von Christen. Die Kurdische Regionalregierung fördert den Kirchenbau wie auch die Kirche als Institution mit staatlichen Ressourcen (zum Vorstehenden AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak, Oktober 2014, S. 13.

b) Soweit der Kläger private Verfolgungshandlungen durch seine Familie bzw. Fremde vorträgt, ist für das Gericht nicht ersichtlich, wieso der Kläger nicht internen Schutz im Sinne von § 3e AsylG in einer anderen Provinz der Kurdischen Autonomiegebiete finden könnte. Wie bereits festgestellt, würde dem Kläger hier nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine staatliche Verfolgung drohen. Da der Kläger auch selbst vermutet, dass die Droh-Sms von seinem näheren Umfeld stammten, hätte dieses Problem mit einem Umzug in eine andere Provinz gelöst werden können, ebenso wie die Misshandlungen durch seine Familie. Der Kläger ist mittlerweile 20 Jahre alt und mithin nicht mehr in einem Alter, in dem er auf familiäre Unterstützung angewiesen ist - zumal er diese auch bei seiner langen Reise nach Deutschland nicht hatte. Zudem hat der Kläger noch nicht einmal versucht, staatlichen Schutz im Sinne von § 3d AsylG in Anspruch zu nehmen.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i. V. m. Art. 15 c der RL 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) in Bezug auf den Irak zu.

a) Hinsichtlich des vom Kläger vorgetragenen persönlichen Verfolgungsschicksals ist dieser abermals zumindest auf die internen Fluchtalternativen zu verweisen.

b) Von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kann in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak nicht gesprochen werden. Zwar findet im Irak derzeit ein militärischer, bewaffneter Konflikt statt, der einen großen Teil des Landes erfasst und bei dem das irakische Militär nur langsam die Oberhand zu gewinnen scheint. Dieser innerstaatliche Konflikt stellt aber keine landesweite Konfliktsituation dar, da in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak keine tatsächliche Gefahr besteht (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.2.2016; Gutachten Europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 7.9.2015). Der Kläger muss daher dort nicht damit rechnen, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, so dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil oder diesen Landesteilen aufhält. Eine Rückkehr in den Nordirak erscheint unter diesen Gesichtspunkten möglich.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben/vorgetragen.

a) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.

b) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehörigen grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und ihr Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001 - 1 C 2/01 - NVwZ 2001, 1420).

Sonstige Gefahren i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern erfasst werden, sind nicht ersichtlich.

5. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziff. 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Asylberechtigter oder Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für … (im Folgenden: Bundesamt), mit dem sein Asylantrag abgelehnt wurde.

Der Kläger gibt an, i. Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit und am ... August 2015 in die ... eingereist zu sein. Hier stellte er am 4. November 2015 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung trug der Kläger im Wesentlichen vor, dass er aus Liebe zu einer Christin zum Christentum konvertiert sei und die Absicht habe, sie zu heiraten. Auf ihren Wunsch hin und als Zeichen der Liebe habe er sich auf seinen Unterarm ein Kreuz gebrannt und heimlich an christlichen Feiern teilgenommen. Er habe sich in einer Kirche in S., Stadtteil ..., taufen lassen und eine Taufbescheinigung erhalten. Diese befände sich allerdings noch bei seinen Eltern, er könne jedoch von der Kirche in Deutschland eine Bestätigung erhalten. Dies sei noch nicht erfolgt, weil er niemanden kenne, der mit ihm zu Kirche gehen könnte. Christliche Feste kenne er nicht, weil er sich nicht so gut habe informieren können und die Beziehung mit der Frau nicht so lange gedauert habe, dass er sich mit ihr hierüber habe unterhalten können. Seine Eltern seien gegen die Konvertierung und seine Beziehung zu einer Christin gewesen; seine Angehörigen hätten ihn deshalb bedroht und geschlagen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die Anhörung verwiesen.

Mit Bescheid vom 26. April 2016 erkannte das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu und lehnte seinen Antrag auf Asylanerkennung ab (1. Und 2.). Es erkannte ihm auch den subsidiären Schutzstatus nicht zu (3.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes -AufenthG- nicht vorliegen (4.). Der Kläger werde aufgefordert, die ... innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle der Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6.).

Das Bundesamt begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Kläger seine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht habe. Der Sachvortrag zu seiner Konvertierung zum Christentum erscheine nicht glaubhaft. So habe der Kläger in Deutschland seine sunnitische Religionszugehörigkeit angegeben und nicht, dass er Christ sei. Auch könne er den Hergang der Taufe nur grob beschreiben und er sei letztlich auch nicht in der Lage gewesen, christliche Feste zu benennen. Er scheine sich überhaupt nicht mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt zu haben. Er sei auch nicht in der Lage gewesen, seine Freundin genauer zu beschreiben. Der Sachvortag des Klägers erscheine insgesamt wenig substantiiert und widersprüchlich in seinen Details. Im Übrigen wird auf die Begründung im Bescheid verwiesen.

Der Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Telefax vom 17. Mai 2016 Klage und beantragte,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. April 2016 zu verpflichten, festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des Art. 16a Grundgesetz -GG- und des § 3 Asylgesetz -AsylG- vorliegen, hilfsweise dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 4 AsylG sowie die des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2016 begründete der Bevollmächtigte des Klägers die Klage im Wesentlichen damit, dass der ursprünglich sunnitische Kläger im Jahr 2015 zum Christentum konvertiert sei. Die Äußerungen des Klägers seien glaubhaft. Der Umstand, dass der Kläger keine Grundkenntnisse über das Christentum darlegen habe können, sei damit zu begründen, dass der Kläger aus Liebe zu einem christlichen Mädchen aus dem NordI. konvertiert sei und deshalb zunächst die Liebesbeziehung im Vordergrund gestanden habe. Die Unkenntnis von religiösen Bräuchen sei sogar bei Jugendlichen aus dem Christentum nicht unüblich. Der Kläger gelte in seiner Verwandtschaft als Konvertit und sei allein deswegen erheblich gefährdet. In seiner Heimatstadt ..., aber auch im gesamten I., sei der Muslim-Extremismus sehr stark. Für den Fall, dass der Kläger zurückkehren würde, sei davon auszugehen, dass er mit seiner Konvertierung erkannt und deswegen ohne Hemmungen umgebracht würde. Unabhängig davon herrsche im I. ein brutaler Krieg zwischen vielen Kräften. Der IS sei nach wie vor im I. sehr stark und kämpfe an vielen Fronten. Der NordI. sei für den Kläger keine sichere Fluchtalternative, da der IS bis zu 40 km entfern von der Heimatstadt des Klägers einmarschiert sei. Es sei jederzeit damit zu rechnen, dass der IS für sich die Möglichkeit finden könne, das unter seiner Herrschaft stehende Territorium auszubreiten. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten verwiesen.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 2. Juni 2016 die Akten vor, äußerte sich sonst jedoch nicht im Verfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017 entschieden werden, obwohl auf Beklagtenseite niemand erschienen ist, da in der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Beklagte ist form- und fristgerecht geladen worden.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seine Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes, insbesondere liegen die Voraussetzungen des §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 AsylG nicht vor. Auch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.

1. Eine Anerkennung als Asylberechtigter scheidet schon wegen Art. 16a Abs. 2 Grundgesetz -GG-, § 26a Abs. 1 Asylgesetz -AsylG- aus, da der Kläger über den Landweg und somit über einen oder mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bzw. sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist ist.

2. Der Kläger hat zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife auch keine Anspruch auf Zu-erkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz -AufenthG-, §§ 3 ff. AsylG. Es droht ihm bei einer Rückkehr in sein Heimatland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung wegen seiner religiösen Überzeugung.

a) Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere erscheint der Sachvortrag des Klägers zu seiner Konvertierung zum Christentum zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung angesichts der Aussagen des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung als unsubstantiiert und unglaubhaft. So gab der Kläger bei seiner Einreise seine angeblich christliche Religionszugehörigkeit nicht an, konnte bei seiner Anhörung keinerlei christliche Feste nennen, keine genauen Aussagen zur Kirche machen, in der er getauft worden sein will, und auch den Ablauf der Taufe nur äußerst rudimentär beschreiben. Es mag sein, dass auch jugendliche deutsche Christen nur oberflächlich über ihre eigene Religion Bescheid wissen, jedoch wurden diese zumeist im Säuglingsalter getauft und sind nicht aufgrund einer bewussten Entscheidung im Jugendalter zum Christentum konvertiert. Zudem hat der Kläger bis zum heutigen Zeitpunkt weder die ursprüngliche Taufbescheinigung vorgelegt noch eine Bestätigung einer deutschen Kirche - wobei es als unglaubhaft erscheint, dass der Kläger die ursprüngliche Taufurkunde bei seiner (die Konvertierung ablehnenden) Familie gelassen haben will. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger das Gericht nicht von seiner Konvertierung überzeugen. So war er nach eigener Aussage bisher einmal in einer Kirche in Pasing, deren Namen er jedoch nicht nennen könne. Weitere Kirchenbesuche seien nicht möglich gewesen, da er zu weit weg wohne. Nach Auffassung des Gerichts hätte es dem Kläger jedoch jederzeit offen gestanden, an seinem jetzigen Wohnort eine von mehreren - für ihn wesentlich besser erreichbaren - Kirchen zu besuchen. In der Zusammenschau der Aussagen des Klägers in der Anhörung sowie der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger das Gericht nicht glaubhaft davon überzeugen, zum Christentum konvertiert zu sein.

b) Doch selbst wenn man den Sachvortrag des Klägers zu seiner Konvertierung als wahr unterstellt, droht dem Kläger in seinem Heimatland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Verfolgung aufgrund seiner Religionszugehörigkeit.

(1) Hinsichtlich einer individuellen Verfolgung des Klägers durch seine Familie stehen dem Kläger jedenfalls die anderen Provinzen und Städte der kurdischen Autonomiegebiete im NordI. als innerstaatliche Fluchtalternativen im Sinne von § 3e AsylG offen.

(2) Hinsichtlich der Situation von Christen in den Kurdischen Autonomiegebieten allgemein ist von keiner staatlichen Verfolgung auszugehen. So erkennt die Verfassung des I.s das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an und garantiert auch Religionsfreiheit inklusive der Freiheit ihrer Ausübung. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam. Eine systematische Diskriminierung der Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. Zwar kam es in den Hauptsiedlungsgebieten der religiösen Minderheiten im NordI. seit Juni 2014 teilweise zu gezielten Verfolgungen von Jesiden und Christen durch den IS. In der Region K.-I. wie auch in weiteren Gebieten, die unter der Kontrolle der kurdischen Regionalregierung stehen, sind Minderheiten jedoch weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Insbesondere haben seit dem Jahr 2003 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen in der Region K.-I. Zuflucht gefunden. Es gibt dort keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung. Die kurdische Regionalregierung fördert den Kirchenbau und die Kirche als Institution mit staatlichen Ressourcen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik I. vom 18.2.2016, S. 9, 14). Somit stünde einer Rückkehr des Klägers in seine Heimat, die Region K.-I., auch insofern nichts entgegen.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 AsylG. Konkrete Anhaltspunkte für das Drohen eines ernsthaften Schadens nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG (Todesstrafe, Folter, unmenschliche Behandlung oder Bestrafung) sind nicht ersichtlich. Ebenso ist der Kläger auch nicht subsidiär schutzberechtigt im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, weil ihm eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht. Der Kläger stammt aus der Region S., die den Kurdischen Autonomiegebieten angehört. In diesen Gebieten findet jedoch kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt statt. Im Gegenteil ist dieses Gebiet zum Zufluchtsort vieler Binnenflüchtlinge aus den übrigen Teilen des I. geworden. Das Vordringen von Kämpfern des IS ist an den Grenzen der Kurdischen Autonomiegebiete aufgehalten worden. Die Kurdischen Autonomiegebiete sind von Kämpfen oder sonstigen Ereignissen, die als „innerstaatlicher bewaffneter Konflikt“ angesehen werden könnten, nicht betroffen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik I. vom 18.2.2016, S. 4, 7, 12 ff.).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben/vorgetragen.

a) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.

b) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer dem zu Folge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebungsstopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des I. aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage, auch Gefahren durch kriminelle Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Inneren hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt-gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter i. Staatsangehöriger grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und der Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in Verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.07.2001 - 1 C 2/01 - NVwZ 2001, 1420).

Sonstige Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des B. Staatsministerium des Inneren erfasst werden, sind nicht ersichtlich.

5. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 4, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert ist, keinerlei Anlass zu bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegen stünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt weder als Asylberechtigte oder Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Voll-streckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12. September 2016 wird in Nrn. 1, 2, 3 insoweit aufgehoben, als die Ablehnung des Asylantrages, des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet erfolgt ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger ¾, die Beklagte ¼.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes bzw. die Feststellung eines Abschiebungsverbotes hinsichtlich des Irak.

Der am ... 1987 in ... (Irak) geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Glauben.

Seinen Angaben zu Folge reiste der Kläger am 13. Juli 2015 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 28. September 2015 Asylerstantrag stellte.

Nach erfolgloser Durchführung eines Dublin-Verfahrens - die Republik Bulgarien lehnte die Übernahme des Klägers ab - wurde der Asylantrag des Klägers im Folgenden im nationalen Verfahren behandelt.

Bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 1. März 2016 führte der Kläger aus, dass er sein bisheriges gesamtes Leben in ... verbracht habe. In ... sei er verheiratet gewesen. Er habe dort mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt. Seinem Vater sei es dort gut gegangen, er beziehe eine Rente. Sein Bruder sei Verkehrspolizist gewesen. Er sei als Taxifahrer beschäftigt gewesen. Vor seiner Ausreise aus dem Irak habe er Probleme gehabt, weil seine Onkel ihn töten wollten, weil er eine Christin geheiratet habe. Seine Ehefrau habe er im Jahr 2013 geehelicht. Für den weiteren Inhalt der Anhörung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift des Bundesamts Bezug genommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 12. September 2016 wurde der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Ziffer 1.). In Ziffer 2. wurde auch der Antrag des Klägers auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Ziffer 3. des Bescheids bestimmt, dass der Antrag des Klägers auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor (Ziffer 4.). In Ziffer 5. wird der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise werde er in den Irak bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat abgeschoben. In Ziffer 6. des Bescheids wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter nicht vorlägen. Der Kläger sei kein Flüchtling, der sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Der Vortrag des Klägers, von seinen Onkeln bedroht worden zu sein, könne nicht zur Feststellung des Flüchtlingsschutzes führen, da aus seinem Sachvortrag keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung ersichtlich sei. Auch sei es dem Kläger zuzumuten, seinen Wohnsitz in andere Teile von Kurdistan zu verlegen. Er könne sich als irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit grundsätzlich auch in anderen Regionen von Kurdistan niederlassen und sich dort eine neue Existenz aufbauen. Der Kläger habe auch bereits in Arbil gelebt und sei dort nicht weiter bedroht worden. Der Entschluss des Klägers zum Christentum zu konvertieren, gelte als Nachfluchtgrund. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Asylgesetz (AsylG) sei damit abzulehnen gewesen. Gleiches gelte für die Gewährung subsidiären Schutzes. Dem Kläger drohten bei einer Rückkehr nach Arbil in der Region Kurdistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt. Auch habe der Kläger keine persönlichen Umstände vorgetragen, die die Gefahr für ihn derart erhöhten, dass von individuellen konfliktbedingten Gefahren gesprochen werden könne. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei damit abzulehnen gewesen. Der Asylantrag werde zudem als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Nach eigenen Angaben des Klägers, lebten seine Eltern und Geschwister im Irak. Es sei daher nicht erkennbar, dass der Kläger bei Rückkehr einer extremen allgemeinen Gefahr ausgesetzt sei.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 12. September 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 20. September 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt:

Unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 12. September 2016 (Gz.: ...) wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger gemäß § 3 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 4 AsylG, höchsthilfsweise, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegen;

ersatzweise werden zumindest das Offensichtlichkeitsmerkmal in Ziffern 1, 2 und 3 sowie die in Ziffer 6 der Entscheidung der Beklagten enthaltenen Fristbestimmungen aufgehoben, höchsthilfsweise - unter Aufhebung des Offensichtlichkeitsmerkmals in Ziffer 1, 2 und 3 - in Ziffer 6 eine Frist von längstens zwölf Monaten bestimmt, höchstersatzweise die Beklagte insoweit zur Neuverbescheidung verpflichtet.

Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2016 vorgetragen, dass der angefochtene Bescheid keine Begründung für die Ablehnung als offensichtlich unbegründet enthalte. Auf Seite 5 wiederhole die Beklagte lediglich den Gesetzeswortlaut. Eine Subsumtion sei nicht enthalten. Eine solche könne auch nicht zur Begründung einer qualifizierten Ablehnung führen. Die Beklagte stelle selbst fest, dass im Irak ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrsche, an dem sich der Kläger nicht aktiv beteiligt habe, aufgrund dessen er aber als Zivilist gefährdet sei. Auch wenn die relevante Gefährdungslage nach Ansicht der Beklagten nicht das Ausmaß erreiche, um von einer Gruppenverfolgung auszugehen, lasse sich nicht nach jeder denkbaren Sichtweise ausschließen, dass zumindest für jeden Rückkehrer die beachtliche Wahrscheinlichkeit eines ernsthaften Schadens im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG bestehe. Die zunächst unzutreffende Darstellung seiner Fluchtgründe habe der Kläger in seiner Anhörung, mithin vor Erlass des angefochtenen Bescheides selbst korrigiert. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht und diese unzutreffenden Angaben nicht rechtzeitig berichtet habe, ließen sich nicht finden.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 5. Oktober 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Auf ein vom Kläger angestrengtes Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes (Az. Au 5 S 16.31899) wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. September 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.

Auf die Gründe dieser Entscheidung wird ergänzend verwiesen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Oktober 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit Schreiben der Landeskirchlichen Gemeinschaft e.V. ... vom 19. November 2016 wurde ausgeführt, dass der Kläger seit Mai 2016 regelmäßig Gottesdienste und Veranstaltungen besuche. Er beteilige sich am Gemeindeleben. So engagiere er sich unter anderem durch praktische Mithilfe in der wöchentlichen Asylarbeit (Asylcafé) und sei Helfer bei den verschiedensten praktischen Aufgaben in der Vorbereitung von Veranstaltungen der Gemeinde.

Mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 28. November 2016 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung gewährt.

Am 9. Januar 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.

Gründe

Der Einzelrichter konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2017 nicht vertreten war, da sie in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 12. September 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit die Ablehnung seines Asylantrages und seiner Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG erfolgt ist. Darüber hinaus hat der Kläger jedoch weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf subsidiären Schutz bzw. auf die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote. Seine Klage war daher im Übrigen abzuweisen.

1. Der Kläger hat zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne von Art. 16 a Grundgesetz (GG), auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz in Sinne von § 4 AsylG oder auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.

Maßgeblich für diese Beurteilung ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage.

1.1 Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt ist, wer wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung eine durch Tatsachen begründete Furcht vor Verfolgung hegen muss, die mit Gefahr für Leib, Leben, persönliche Freiheit oder einem die Menschenwürde verletzenden Eingriff in sonstige Rechtsgüter verbunden ist. Begründet ist die Furcht vor Verfolgung, wenn einem Ausländer bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, ihm Heimatland zu bleiben oder dorthin zurückzukehren.

Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter steht dem Kläger bereits aufgrund von Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a AsylG nicht zu. Danach kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist, nicht auf das Asylgrundrecht aus Art. 16 a Abs. 1 GG berufen. Sichere Drittstaaten sind unter anderem die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben auf dem Landweg zuletzt über Österreich und damit aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

1.2 Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling i. S. d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vormals nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG, nunmehr nach § 3 Abs. 1 AsylG) ist weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, für dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u. a. - BVerwGE 80, 315).

Teilweise geht der Internationale Flüchtlingsschutz im Ergebnis der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. So begründen nach Maßgabe des § 28 Abs. 1 a AsylG auch selbstgeschaffene Nachfluchtgründe sowie gemäß § 3c Nr. 3 AsylG eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, etwa in Bürgerkriegssituationen, in denen es an staatlichen Strukturen fehlt, ein Abschiebungsverbot. Ferner stellt § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG klar, dass eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist. Schließlich umfasst gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG der Schutz vor Verfolgung wegen der Religion im Ergebnis der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2011/95/EU auch die Religionsausübung im öffentlichen Bereich sowie sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen, die sich auf eine religiöse Betätigung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Nach § 3 c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft und der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 - 10 C 7/11 - juris). An dessen Stelle gilt nunmehr nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Hierdurch wird den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigemessen (vgl. EuGH, U.v. 2.3.2010 - Rs. V 175/08 u. a., Abdulla). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich verfolgungsbegründende bzw. schadensstiftende Umständen bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Dessen ungeachtet ist es Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU. Der Ausländer hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich schlüssigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört u. a., dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.

Beruft sich der Ausländer indes zur Begründung seiner Verfolgungsfurcht auch auf Vorgänge und Geschehensabläufe nach dem Verlassen seines Herkunftsstaates, so gilt die das Maß der Darlegungsanforderungen bestimmende Beweiserleichterung nicht, weil nicht mehr davon auszugehen ist, dass die für Vorgänge in dem „Verfolgerstaat“ bestehenden Beweisschwierigkeiten außerhalb des Herkunftsstaates fortbestehen. Der Flüchtling hat vielmehr die Umstände, aus denen er seine begründete Furcht vor Verfolgung i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ableitet, zu beweisen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Nachfluchtgründe in einem Verhalten des Ausländers bestehen, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung und Ausrichtung ist, § 28 Abs. 1 a AsylG. Durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ in § 28 Abs. 1 a AsylG ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch Nachfluchttatbestände ohne eine entsprechende Vorprägung im Heimatland beachtlich sein können.

Zusammenfassend obliegt es dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, seine Gründe für eine ihm drohende Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen, das heißt unter genauer Angaben von Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass er bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hat. Hierzu gehört insbesondere, dass der Asylbewerber zu dem in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.1989 - 9 B 405.89 - juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle des Klägers nicht vor. Es kann weder festgestellt werden, dass der Kläger aufgrund bereits erlittener oder unmittelbar drohender Verfolgung aus dem Irak ausgereist ist, noch, dass in der Zwischenzeit Gründe eingetreten sind, die die Annahme rechtfertigten, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Irak und dort insbesondere in die autonome Region Irak-Kurdistan (dort Region ...) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine landesweite Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG droht und er bei einer Rückkehr in den Irak in eine ausweglose Lage geraten würde.

Einem Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht bereits dessen in wesentlichen Punkten widersprüchlicher und unstimmiger Sachvortrag entgegen. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2017 insbesondere ausgeführt, dass er in den Jahren 2007 bis 2010 in Schweden gelebt habe und dort seine spätere Ehefrau kennengelernt habe. Die Eheschließung ist nach dem Vortrag des Klägers jedoch erst im April 2013 erfolgt. Sämtliche vom Kläger geschilderten Ereignisse im Zusammenhang mit seiner Religionsausübung im Irak erscheinen dem Gericht bruchstückhaft und zusammenhanglos. Individuelle Umstände, die eine Verfolgungsgefahr für den Kläger in dem beschriebenen Sinne begründen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die behaupteten innerfamiliären Spannungen wegen seiner Heirat mit einer Christin aus Schweden erreichen keinesfalls die Schwelle einer nicht staatlichen Verfolgung. Über dies hat die Ehe des Klägers und ein Zusammenleben der Eheleute allenfalls für die Dauer von zwei Wochen nach der Heirat im Irak bestanden. Der Kläger lebt seit längerer Zeit nicht mehr mit seiner schwedischen Ehefrau zusammen, so dass auch bei einer Rückkehr in den Familienverbund im Irak, der nach wie vor in der Stadt ... besteht, der Auslöser für die innerfamiliären Spannungen entfallen sein dürfte.

Ebenfalls widersprüchlich waren die Angaben des Klägers zu seinen Geschwistern und deren aktuellem Aufenthalt. Auch hier hat der Kläger erst auf erneutes Nachfragen des Gerichtes klargestellt, dass er bislang falsche Angaben gemacht hat. Dieses Verhaltensmuster entspricht im Wesentlichen auch dem Verhalten des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt.

Auch die nunmehr vom Kläger vorgetragene Abkehr vom muslimischen Glauben und dessen Zuwendung zum Christentum, die in der Taufe am 28. März 2016 manifestiert wird, vermag kein anderes rechtliches Ergebnis zu begründen. Das Gericht hat bei der persönlichen Einvernahme des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2017 nicht den Eindruck gewonnen, dass die Betätigung des christlichen Glaubens Teil der religiösen Identität des Klägers ist. Auch diesbezüglich erscheint der Vortrag des Klägers weitgehend inhaltsleer. Zwar verfügt der Kläger mittlerweile über eine Bibel in kurdisch-badinanischer Sprache, jedoch hat das Gericht begründete Zweifel, dass der Kläger nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sich aus innerer Überzeugung dem christlichen Glauben zugewandt hat, diesen aus innerer Überzeugung praktiziert und ihm aus diesem Grund eine Rückkehr in den Irak nicht zuzumuten ist. Zwar hat der Kläger einen dreimonatigen Taufunterricht durchlaufen, jedoch hat er dem Gericht nicht glaubwürdig vermitteln können, aus welchen Gründen seine Abkehr vom muslimischen Glauben erfolgt ist und inwieweit diese Abkehr seine Persönlichkeit prägt. Das Gericht hat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass der Kläger den vermittelten religiösen Inhalten zwar mit Interesse folgt, diese für ihn aber nicht lebensbestimmend sind. Bei dieser Sachlage und dem insgesamt widersprüchlichen Vortrag des Klägers drängt sich für das Gericht auf, dass der Übertritt zum christlichen Glauben lediglich dazu dient, dem Kläger ein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen.

Letztlich bedarf dies keiner vertiefenden Betrachtung, da für den Kläger, der aus der Stadt ... stammt jedenfalls eine Rückkehr in diese Provinz zumutbar erscheint. Ausweislich des Berichtes des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18. Februar 2016 (Stand: Dezember 2015) haben insbesondere in der Region Kurdistan-Irak und dort vorwiegend in der Provinz Dohuk viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden. Sie lebten derzeit zwar unter schwierigen materiellen und sozialen Bedingungen. Es gebe jedoch in der Provinz Dohuk keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung. Der Kläger verfügt in der Stadt ... nach wie vor über einen Familienverbund, der ihn aufnehmen kann. In der Ausprägung, in der der Kläger seinen christlichen Glauben lebt, ist ihm eine Rückkehr in die Provinz ... zumutbar.

1.3 Dem Kläger ist auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 AsylG subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die vorgenannten Gefahren müssen dabei gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3 c AsylG in der Regel von dem in Rede stehenden Staat oder den ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen ausgehen. Die Bedrohung durch nicht staatliche Akteure kann hingegen nur dann zu subsidiärem Schutz führen, wenn der betreffende Staat selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu gewähren. Bei der Prüfung, ob dem Kläger im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden droht, gilt ebenfalls der dargelegte Prüfungsmaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Irak ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG droht. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wenn die tatbestandliche Voraussetzung eines landesweit bestehenden internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes ist für den Irak nicht festzustellen.

1.4 Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.

Insoweit wird zunächst nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und ergänzend folgendes ausgeführt.

Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG, insbesondere asylrelevante Eingriffe in die Religionsfreiheit, sind nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Inneren hat im Erlasswege mit Rundschreiben vom 3. Juli 2008 (Az. IA-2086.10-439), welches nach wie vor Gültigkeit beansprucht, verfügt, dass irakische Staatsangehörige, die nicht Straftäter sind oder unter Sicherheitsaspekten vordringlich abzuschieben sind, nicht abgeschoben werden und Duldungen bis auf Weiteres auf der Grundlage des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bis zur Dauer von sechs Monaten erteilt bzw. verlängert werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Erlasslage hinsichtlich allgemeiner Gefahren derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 2/01 - NVwZ 2001, 1420).

Das Gericht vermag auch keine sonstigen Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des bayerischen Staatsministeriums des Inneren erfasst werden, erkennen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach wie vor über einen intakten Familienverbund in der Stadt ... verfügt und bereits vor seiner Ausreise aus dem Irak als Taxifahrer beruflich selbstständig tätig war. Gesundheitliche Einschränkungen sind dem Gericht keine bekannt geworden.

1.5 Soweit sich die Klage gegen das in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheides vom 12. September 2016 gegen den Kläger verhängte Einreise- und Aufenthaltsverbot auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 AufenthG richtet, bleibt die Klage ebenfalls erfolglos. Einwände gegen die Rechtmäßigkeit dieses Einreise- und Aufenthaltsverbotes und dessen Dauer sind nicht ersichtlich.

2. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf teilweise Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. September 2016, soweit darin die Ablehnung seines Asylantrages, seines Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Feststellung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG erfolgt ist. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn das Vorbringen des Ausländers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Ein Vorbringen entspricht offenkundig nicht den Tatsachen, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellung und vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei diesem Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre sich die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt. Wird die offensichtliche Unbegründetheit mit widersprüchlichem Vorbringen begründet, dann muss das Vorbringen zur politischen Verfolgung in seinem Kern widersprüchlich sein. Nur mittelbar mit dem eigentlichen Verfolgungstatbestand zusammenhängender widersprüchlicher Vortrag rechtfertigt nicht den Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens in seinem Kern.

Anhand dieses Maßstabes ist der Asylantrag des Klägers jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet im Sinne von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Das Berufen des Klägers im Verfahren auf dessen Übertritt zum Christentum unter Vorlage einer entsprechenden Taufurkunde lassen eine entsprechende Ablehnung des Asylantrages des Klägers als offensichtlich unbegründet nicht als vertretbar erscheinen. Gesamtbetrachtend vermag das Gericht keine dem Kläger vorwerfbare Verletzung seiner Mitwirkungspflichten, die eine auf § 30 Abs. 3 AsylG gestützte Ablehnung seines Asylantrages als offensichtlich unbegründet rechtfertigen würde, zu erkennen. Der Klage war daher in diesem Punkt stattzugeben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b AsylG nicht erhoben.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Flüchtlinge (Bundesamt) mit dem sein Asylbegehren abgelehnt wurde.

Eigenen Angaben zufolge ist der Kläger irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Über die Türkei und weitere ihm unbekannte Länder sei er mit dem Lkw und dem Zug am ... August 2015 nach Deutschland eingereist. Sein Asylantrag datiert vom 1. Februar 2016.

Bei seiner persönlichen Anhörung am ... Februar 2016 gab der Kläger an, im Irak zuletzt in der Stadt … in der Provinz … gelebt zu haben. Zu seinem Verfolgungsschicksal äußerte der Kläger, dass er mit ca. 15 Jahren vom Glauben abgefallen sei. Er glaube nur an einen Gott, nicht an eine Religion. Sein Vater sei schon gestorben, als er ein kleines Kind gewesen sei. Seine Mutter sei zunächst verärgert gewesen, habe sich aber damit abgefunden. Seine älteren Brüder seien gegen seinen Abfall vom Glauben gewesen, sie hätten ihn des Öfteren geschlagen. Zur Polizei sei er nicht gegangen, weil er sich geschämt habe. Auch andere Jugendliche hätten den Kläger verspottet und ihm gesagt, dass sie ihn eines Tages zurückholen würden in den Islam. Sie hätten gesagt, dass der Kläger etwas erleben werde, wenn sie dies nicht schaffen würden. Einmal habe ihn eine Person in der Gasse bei seiner Tante geschlagen. Es sei dunkel gewesen, er könne sich nicht erinnern, ob dies Jugendliche gewesen seien. Er habe auch Drohungen per SMS erhalten. Woher die Jugendlichen seine Nummer hatten, könne er nicht sagen. Die SMS lauteten ungefähr so: „Wir werden dich töten, weil du Atheist bist, du musst die Stadt verlassen“. Wann er die letzte SMS erhalten habe, wisse er nicht mehr. Im Jahr 2014 sei er von der Schule geflogen. Viele Eltern hätten sich beschwert, dass ihre Kinder mit jemand die Schule besuchten, der nicht an den Islam glaube. Der Direktor sei eines Tages in seine Klasse gekommen und habe alle Schüler befragt, wer mit dem Kläger in der Klasse bleiben wolle. Da hätten alle nein gesagt. Seine Verwandtschaft habe ihn grundsätzlich gemieden. Wenn sie seine Mutter besuchten, hätten sie ihn ignoriert. An einen anderen Ort sei er nicht gegangen, weil er jung sei und eine Familie brauche. Er brauche jemanden, der sich um ihn kümmere. Er hätte sonst niemanden, bei dem er im Irak wohnen könnte. Er könnte höchstens einfache Arbeiten verrichten, da er keinen Abschluss besitze. Er käme höchstens auf etwa 300.000,00 irakische Dinar, eine Wohnung zur Miete koste aber mind. 400.000,00. Wenn er an seinen Heimatort zurückkäme, hätte er die gleichen Probleme, die ihn dazu veranlasst hatten, den Irak zu verlassen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die Anhörung verwiesen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2016 erkannte das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu und lehnte seinen Antrag auf Asylanerkennung ab (1. u. 2.). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ihm nicht zuerkannt (3.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor (4.). Der Kläger werde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisfrist nicht einhalten, werde er in den Irak abgeschoben. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (5.). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6).

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigten nicht vorlägen. Selbst bei Wahrunterstellung des gemachten Sachvortrages hinsichtlich der Drohungen der Jugendlichen und das Traktierens der Stiefbrüder würde kein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestehen, da vorliegend kein Anknüpfungsmerkmal sowie keine Verfolgungshandlung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 3a AsylG ersichtlich seien. Im Übrigen sei der Sachvortrag des Klägers unglaubhaft. Der Kläger sei erst im Jahr 2015 ausgereist, obwohl die Bedrohungen bereits seit dem Jahr 2011 bestanden haben sollen. Auch wenn der Kläger vortrage, dass er laut eigener Aussage mit 16 oder 17 Jahren noch zu jung für eine Ausreise gewesen sei, könnten die Bedrohungen daher nicht so gravierend gewesen sein. Des Weiteren sei der Kläger nicht im Stande gewesen, durch einen lebensnahen, detaillierten und ausführlichen, mithin erlebnisgeprägten Sachvortrag zu überzeugen. Er habe keine fundierten Schilderungen maßgeblicher Einzelheiten nennen können. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides verwiesen.

Mit Telefax vom 9. Juni 2016 erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorlägen.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 legte die Beklagte die Akten vor, äußerte sich sonst jedoch nicht im Verfahren.

Mit Schreiben vom 14. November 2016 begründete die Bevollmächtigte des Klägers die Klage. Der Kläger habe bereits in seiner persönlichen Anhörung glaubhaft gemacht, dass er weder an Allah noch an einen anderen Gott glaube. Er wolle seinen Nichtglauben ausüben und zu diesem auch in der Öffentlichkeit stehen. Dies sei dem Kläger insbesondere auch deswegen besonders wichtig, da er sich von den Gräueltaten, die im Namen des Islam verübt würden, distanzieren wolle. Aufgrund seiner religiösen Einstellung drohe dem Kläger in seinem Heimatland Verfolgung. Bereits vor seiner Ausreise sei der Kläger aufgrund seiner religiösen Gesinnung diskriminiert und verfolgt worden. So sei er von Familienmitgliedern größtenteils verstoßen, von den eigenen Brüdern geschlagen und aufgrund seines Nichtglaubens von der Schule geworfen worden. Auch aufgrund der aktuellen Lage drohe dem Kläger Lebensgefahr, wenn er sich offen gegen den Islam stelle.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2016 äußerte der Kläger, dass er mittlerweile zum Christentum tendiere. Er gehe dreimal in die Woche in die Kirche; er sei nach langem Nachdenken zu der Einsicht gekommen, dass jeder eine Religion brauche. Der Kläger legte eine Bescheinigung vor, nach der er an einem Orientierungskurs „Christ werden“ teilnehme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes und auf die Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 entschieden werden, obwohl auf Beklagtenseite niemand erschienen ist, da in der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Beklagte ist form- und fristgerecht geladen worden.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes, weil die Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen. Auch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.

1. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz - GG - kommt schon deswegen nicht in Betracht, da der Kläger nach seinem eigenen Vortrag auf dem Landweg und damit zwangsläufig über einen sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG).

2. Soweit der Kläger seine Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylG beantragt, hat der Antrag keinen Erfolg.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb der Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

a) Bei einer Rückkehr in den Irak droht dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts wegen seines Abfalls vom Glauben bzw. seines neugefundenen christlichen Glaubens nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit eine staatliche Verfolgung.

Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln geht das Gericht von folgender Lage im Irak, insbesondere in der kurdischen Autonomieregion - KAR - aus. Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamistischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam; auch spezielle Straftatbestände, wie z. B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. In der KAR wie auch in weiteren Gebieten, die unter Kontrolle der KAR stehen, sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt (zum Vorstehenden: Auswärtiges Amt - AA -, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 18.2.2016, S. 9; Europäisches Zentrum für Kurdische Studien -EZKS-, Auskunft an VG München, Gutachten Irak (Yeziden) v. 07.09.2015, S. 8). Nach dem Vorstoß des „Islamistischen Staats“ -IS- im Sommer 2014 in den Nord- und Zentralirak, der auch das christliche Kernland im Irak traf, sind zehntausende Christen in die KAR geflohen. Es gibt in der KAR keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung von Christen. Die Kurdische Regionalregierung fördert den Kirchenbau wie auch die Kirche als Institution mit staatlichen Ressourcen (zum Vorstehenden AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak, Oktober 2014, S. 13.

b) Soweit der Kläger private Verfolgungshandlungen durch seine Familie bzw. Fremde vorträgt, ist für das Gericht nicht ersichtlich, wieso der Kläger nicht internen Schutz im Sinne von § 3e AsylG in einer anderen Provinz der Kurdischen Autonomiegebiete finden könnte. Wie bereits festgestellt, würde dem Kläger hier nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine staatliche Verfolgung drohen. Da der Kläger auch selbst vermutet, dass die Droh-Sms von seinem näheren Umfeld stammten, hätte dieses Problem mit einem Umzug in eine andere Provinz gelöst werden können, ebenso wie die Misshandlungen durch seine Familie. Der Kläger ist mittlerweile 20 Jahre alt und mithin nicht mehr in einem Alter, in dem er auf familiäre Unterstützung angewiesen ist - zumal er diese auch bei seiner langen Reise nach Deutschland nicht hatte. Zudem hat der Kläger noch nicht einmal versucht, staatlichen Schutz im Sinne von § 3d AsylG in Anspruch zu nehmen.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i. V. m. Art. 15 c der RL 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) in Bezug auf den Irak zu.

a) Hinsichtlich des vom Kläger vorgetragenen persönlichen Verfolgungsschicksals ist dieser abermals zumindest auf die internen Fluchtalternativen zu verweisen.

b) Von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kann in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak nicht gesprochen werden. Zwar findet im Irak derzeit ein militärischer, bewaffneter Konflikt statt, der einen großen Teil des Landes erfasst und bei dem das irakische Militär nur langsam die Oberhand zu gewinnen scheint. Dieser innerstaatliche Konflikt stellt aber keine landesweite Konfliktsituation dar, da in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak keine tatsächliche Gefahr besteht (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.2.2016; Gutachten Europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 7.9.2015). Der Kläger muss daher dort nicht damit rechnen, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, so dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil oder diesen Landesteilen aufhält. Eine Rückkehr in den Nordirak erscheint unter diesen Gesichtspunkten möglich.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben/vorgetragen.

a) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.

b) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehörigen grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und ihr Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001 - 1 C 2/01 - NVwZ 2001, 1420).

Sonstige Gefahren i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern erfasst werden, sind nicht ersichtlich.

5. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziff. 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Asylberechtigter oder Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Flüchtlinge (Bundesamt) mit dem sein Asylbegehren abgelehnt wurde.

Eigenen Angaben zufolge ist der Kläger irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Über die Türkei und weitere ihm unbekannte Länder sei er mit dem Lkw und dem Zug am ... August 2015 nach Deutschland eingereist. Sein Asylantrag datiert vom 1. Februar 2016.

Bei seiner persönlichen Anhörung am ... Februar 2016 gab der Kläger an, im Irak zuletzt in der Stadt … in der Provinz … gelebt zu haben. Zu seinem Verfolgungsschicksal äußerte der Kläger, dass er mit ca. 15 Jahren vom Glauben abgefallen sei. Er glaube nur an einen Gott, nicht an eine Religion. Sein Vater sei schon gestorben, als er ein kleines Kind gewesen sei. Seine Mutter sei zunächst verärgert gewesen, habe sich aber damit abgefunden. Seine älteren Brüder seien gegen seinen Abfall vom Glauben gewesen, sie hätten ihn des Öfteren geschlagen. Zur Polizei sei er nicht gegangen, weil er sich geschämt habe. Auch andere Jugendliche hätten den Kläger verspottet und ihm gesagt, dass sie ihn eines Tages zurückholen würden in den Islam. Sie hätten gesagt, dass der Kläger etwas erleben werde, wenn sie dies nicht schaffen würden. Einmal habe ihn eine Person in der Gasse bei seiner Tante geschlagen. Es sei dunkel gewesen, er könne sich nicht erinnern, ob dies Jugendliche gewesen seien. Er habe auch Drohungen per SMS erhalten. Woher die Jugendlichen seine Nummer hatten, könne er nicht sagen. Die SMS lauteten ungefähr so: „Wir werden dich töten, weil du Atheist bist, du musst die Stadt verlassen“. Wann er die letzte SMS erhalten habe, wisse er nicht mehr. Im Jahr 2014 sei er von der Schule geflogen. Viele Eltern hätten sich beschwert, dass ihre Kinder mit jemand die Schule besuchten, der nicht an den Islam glaube. Der Direktor sei eines Tages in seine Klasse gekommen und habe alle Schüler befragt, wer mit dem Kläger in der Klasse bleiben wolle. Da hätten alle nein gesagt. Seine Verwandtschaft habe ihn grundsätzlich gemieden. Wenn sie seine Mutter besuchten, hätten sie ihn ignoriert. An einen anderen Ort sei er nicht gegangen, weil er jung sei und eine Familie brauche. Er brauche jemanden, der sich um ihn kümmere. Er hätte sonst niemanden, bei dem er im Irak wohnen könnte. Er könnte höchstens einfache Arbeiten verrichten, da er keinen Abschluss besitze. Er käme höchstens auf etwa 300.000,00 irakische Dinar, eine Wohnung zur Miete koste aber mind. 400.000,00. Wenn er an seinen Heimatort zurückkäme, hätte er die gleichen Probleme, die ihn dazu veranlasst hatten, den Irak zu verlassen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die Anhörung verwiesen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2016 erkannte das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu und lehnte seinen Antrag auf Asylanerkennung ab (1. u. 2.). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ihm nicht zuerkannt (3.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor (4.). Der Kläger werde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisfrist nicht einhalten, werde er in den Irak abgeschoben. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (5.). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6).

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigten nicht vorlägen. Selbst bei Wahrunterstellung des gemachten Sachvortrages hinsichtlich der Drohungen der Jugendlichen und das Traktierens der Stiefbrüder würde kein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestehen, da vorliegend kein Anknüpfungsmerkmal sowie keine Verfolgungshandlung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 3a AsylG ersichtlich seien. Im Übrigen sei der Sachvortrag des Klägers unglaubhaft. Der Kläger sei erst im Jahr 2015 ausgereist, obwohl die Bedrohungen bereits seit dem Jahr 2011 bestanden haben sollen. Auch wenn der Kläger vortrage, dass er laut eigener Aussage mit 16 oder 17 Jahren noch zu jung für eine Ausreise gewesen sei, könnten die Bedrohungen daher nicht so gravierend gewesen sein. Des Weiteren sei der Kläger nicht im Stande gewesen, durch einen lebensnahen, detaillierten und ausführlichen, mithin erlebnisgeprägten Sachvortrag zu überzeugen. Er habe keine fundierten Schilderungen maßgeblicher Einzelheiten nennen können. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides verwiesen.

Mit Telefax vom 9. Juni 2016 erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorlägen.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 legte die Beklagte die Akten vor, äußerte sich sonst jedoch nicht im Verfahren.

Mit Schreiben vom 14. November 2016 begründete die Bevollmächtigte des Klägers die Klage. Der Kläger habe bereits in seiner persönlichen Anhörung glaubhaft gemacht, dass er weder an Allah noch an einen anderen Gott glaube. Er wolle seinen Nichtglauben ausüben und zu diesem auch in der Öffentlichkeit stehen. Dies sei dem Kläger insbesondere auch deswegen besonders wichtig, da er sich von den Gräueltaten, die im Namen des Islam verübt würden, distanzieren wolle. Aufgrund seiner religiösen Einstellung drohe dem Kläger in seinem Heimatland Verfolgung. Bereits vor seiner Ausreise sei der Kläger aufgrund seiner religiösen Gesinnung diskriminiert und verfolgt worden. So sei er von Familienmitgliedern größtenteils verstoßen, von den eigenen Brüdern geschlagen und aufgrund seines Nichtglaubens von der Schule geworfen worden. Auch aufgrund der aktuellen Lage drohe dem Kläger Lebensgefahr, wenn er sich offen gegen den Islam stelle.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2016 äußerte der Kläger, dass er mittlerweile zum Christentum tendiere. Er gehe dreimal in die Woche in die Kirche; er sei nach langem Nachdenken zu der Einsicht gekommen, dass jeder eine Religion brauche. Der Kläger legte eine Bescheinigung vor, nach der er an einem Orientierungskurs „Christ werden“ teilnehme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes und auf die Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 entschieden werden, obwohl auf Beklagtenseite niemand erschienen ist, da in der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Beklagte ist form- und fristgerecht geladen worden.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes, weil die Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen. Auch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.

1. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz - GG - kommt schon deswegen nicht in Betracht, da der Kläger nach seinem eigenen Vortrag auf dem Landweg und damit zwangsläufig über einen sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG).

2. Soweit der Kläger seine Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylG beantragt, hat der Antrag keinen Erfolg.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb der Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

a) Bei einer Rückkehr in den Irak droht dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts wegen seines Abfalls vom Glauben bzw. seines neugefundenen christlichen Glaubens nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit eine staatliche Verfolgung.

Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln geht das Gericht von folgender Lage im Irak, insbesondere in der kurdischen Autonomieregion - KAR - aus. Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamistischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam; auch spezielle Straftatbestände, wie z. B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. In der KAR wie auch in weiteren Gebieten, die unter Kontrolle der KAR stehen, sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt (zum Vorstehenden: Auswärtiges Amt - AA -, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 18.2.2016, S. 9; Europäisches Zentrum für Kurdische Studien -EZKS-, Auskunft an VG München, Gutachten Irak (Yeziden) v. 07.09.2015, S. 8). Nach dem Vorstoß des „Islamistischen Staats“ -IS- im Sommer 2014 in den Nord- und Zentralirak, der auch das christliche Kernland im Irak traf, sind zehntausende Christen in die KAR geflohen. Es gibt in der KAR keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung von Christen. Die Kurdische Regionalregierung fördert den Kirchenbau wie auch die Kirche als Institution mit staatlichen Ressourcen (zum Vorstehenden AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak, Oktober 2014, S. 13.

b) Soweit der Kläger private Verfolgungshandlungen durch seine Familie bzw. Fremde vorträgt, ist für das Gericht nicht ersichtlich, wieso der Kläger nicht internen Schutz im Sinne von § 3e AsylG in einer anderen Provinz der Kurdischen Autonomiegebiete finden könnte. Wie bereits festgestellt, würde dem Kläger hier nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine staatliche Verfolgung drohen. Da der Kläger auch selbst vermutet, dass die Droh-Sms von seinem näheren Umfeld stammten, hätte dieses Problem mit einem Umzug in eine andere Provinz gelöst werden können, ebenso wie die Misshandlungen durch seine Familie. Der Kläger ist mittlerweile 20 Jahre alt und mithin nicht mehr in einem Alter, in dem er auf familiäre Unterstützung angewiesen ist - zumal er diese auch bei seiner langen Reise nach Deutschland nicht hatte. Zudem hat der Kläger noch nicht einmal versucht, staatlichen Schutz im Sinne von § 3d AsylG in Anspruch zu nehmen.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i. V. m. Art. 15 c der RL 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) in Bezug auf den Irak zu.

a) Hinsichtlich des vom Kläger vorgetragenen persönlichen Verfolgungsschicksals ist dieser abermals zumindest auf die internen Fluchtalternativen zu verweisen.

b) Von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kann in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak nicht gesprochen werden. Zwar findet im Irak derzeit ein militärischer, bewaffneter Konflikt statt, der einen großen Teil des Landes erfasst und bei dem das irakische Militär nur langsam die Oberhand zu gewinnen scheint. Dieser innerstaatliche Konflikt stellt aber keine landesweite Konfliktsituation dar, da in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak keine tatsächliche Gefahr besteht (vgl. den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.2.2016; Gutachten Europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 7.9.2015). Der Kläger muss daher dort nicht damit rechnen, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, so dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil oder diesen Landesteilen aufhält. Eine Rückkehr in den Nordirak erscheint unter diesen Gesichtspunkten möglich.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben/vorgetragen.

a) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.

b) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehörigen grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und ihr Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001 - 1 C 2/01 - NVwZ 2001, 1420).

Sonstige Gefahren i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern erfasst werden, sind nicht ersichtlich.

5. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziff. 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Asylberechtigter oder Flüchtling anzuerkennen, noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. hilfsweise die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach Mali bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.

Der am ... 1993 in ... (Mali) geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Mali mit unbekannter Volkszugehörigkeit und islamischem Glauben.

Seinen eigenen Angaben zufolge reiste der Kläger am 4. Dezember 2014 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 16. Januar 2015 Asylerstantrag stellte.

Bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 5. Oktober 2016 führte der Kläger aus, dass er in Mali zuletzt in der Provinz ... und dort in der Stadt ... im Stadtteil ... gelebt habe. Seine Familie stamme ebenfalls aus, seine Eltern hätten in ... gearbeitet. Die Familie habe in einer Wohnung zur Miete gelebt. Zuletzt habe er zusammen mit seinen kleinen Schwestern und seinem älterem Bruder gelebt. Seine beiden jüngeren Schwestern seien mit seiner Mutter nach Gambia geflohen. Auch sein Bruder sei weggegangen. Sein Vater sei verstorben. Mali er habe er Ende des Jahres 2013 verlassen. Er sei über Burkina Faso, Niger, Libyen, Italien und über die Schweiz nach Deutschland gelangt. Auf der Reise bis nach Libyen habe er stets gearbeitet. Das Geld für die Reise habe er sich erarbeitet und angespart. In Libyen habe er sechs Monate gelebt. In Italien sei er zwei Monate lang gewesen. Seine Mutter stamme aus Gambia, ihre ganze Familie lebe in Gambia. Die Familie seines Vaters kenne er nicht. Bis 2015 habe er noch Kontakt zu seiner Mutter gehabt. Die Schule habe er bis zur 6. Klasse der Grundschule besucht, aber nicht abgeschlossen. Als seine Mutter noch in Mali gelebt habe, habe er ihr bei der Feldarbeit geholfen. Die Familie sei Pächter gewesen. Die Felder hätten sich in * befunden. Zu seinen Fluchtgründen führte der Kläger aus, dass es in ... immer Krieg gegeben habe. Sein Vater sei Händler gewesen; er habe mit Kleidung und Schuhen gehandelt. Sein Vater sei im Jahr 2013 verstorben. Bevor sein Vater verstorben sei, sei es der Familie gut gegangen. Auf dem Reiseweg nach Deutschland habe er in Burkina Faso und in Niger als Tagelöhner und als Aushilfe auf Baustellen gearbeitet. In Libyen habe er sich als Schneider betätigt. Wehrdienst habe er nicht geleistet. Zu seinen Fluchtgründen führte der Kläger aus, dass die Rebellen in die Stadt ... gekommen seien und seinen Vater getötet hätten, weil er ein Verräter der Mali-Regierung sei. Die Rebellen hätten sich auch dahingehend geäußert, dass sie die ganze Familie töten würden. Daraufhin sei seine Mutter mit seinen beiden Schwestern nach Gambia geflohen. Die Rebellen seien überall in Mali, deshalb könne man auch nicht in eine andere Stadt fliehen. Man kenne selbst die Rebellen nicht. Umgekehrt sei dies jedoch der Fall. Zwischen dem Tod seines Vaters und seiner Ausreise aus Mali seien sechs oder sieben Monate vergangen. In dieser Zeit habe er sich versteckt gehalten. Ziel der Rebellen sei die Gründung eines eigenen Gebietes im Norden (Awazad). Sein Vater habe in ... als Ausländer gegolten, weil er ursprünglich aus ... stamme. Die Rebellen seien in sein Geschäft gekommen und hätten ihn dort getötet. An die Sicherheitskräfte habe sich die Familie nicht gewandt. Gegen die Rebellen könne man nichts ausrichten. Er habe sich zu keinem Zeitpunkt politisch betätigt. Probleme mit staatlichen Behörden, Polizei oder sonstigen Organisationen oder Parteien hätten nicht bestanden. Bei einer Rückkehr fürchte er sich vor den Rebellen. Für den weiteren Vortrag des Klägers gegenüber dem Bundesamt wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 wurden die Anträge des Klägers auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt (Ziffern 1. und 2. des Bescheides). Ziffer 3. bestimmt, dass dem Kläger auch der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wird. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor (Ziffer 4.). In Ziffer 5. wird der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde dem Kläger die Abschiebung nach Mali bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Ziffer 6. setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.

In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass der Kläger kein Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) sei. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze. Der Kläger verwirkliche kein in § 3 Abs. 1 AsylG genanntes Verfolgungskriterium. Auch habe er seine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Vorliegend lasse sich nicht zur Überzeugung feststellen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland die Gefahr drohe, tatsächlich Oper flüchtlingsrelevanter Verfolgung zu werden. Hierfür fehle es an einer tragfähigen Prognosegrundlage. Dem Vortrag des Klägers mangele es in wesentlichen Punkten an Details und einer lebhaften Schilderung der Ereignisse, die für eine tatsächlich erlebte Erzählung sprechen würden. Aus dem Vorbringen des Klägers sei weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Die vorgetragenen Gründe zur Ausreise aus Mali lägen unterhalb der Schwelle einer asylerheblichen Intensität. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Es seien keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, welche die Annahme rechtfertigten, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Mali ein ernsthafter Schaden drohe. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen in Mali unmittelbar oder alsbald nach einer Rückkehr landesweit einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts unterliege. Dem Kläger stehe im bürgerkriegsfreien Teil im Süden Malis eine zumutbare inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Mali führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot; sie müsse und könne vielmehr vom Kläger wie von vielen seiner Landsleute gegebenenfalls unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr für den Kläger sei zumutbar. Es drohten dem Kläger auch keine individuellen Gefahren für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würden. Gründe sich die von einem Ausländer geltend gemachte Furcht auf Gefahren, die die ganze Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe, der der Kläger angehöre, allgemein betreffen, so sei die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Verfahren beim Bundesamt gesperrt und blieben Schutzanordnungen der obersten Landesbehörden für den betroffenen Personenkreis gemäß § 60a AufenthG vorbehalten (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei vorliegend angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung, aufgrund schutzwürdiger Belange, seien weder vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 5. Oktober 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der vorbezeichnete Bescheid des Bundesamtes wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 11. Oktober 2016 zugestellt.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,

1. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 5. Oktober 2016, zugestellt am 11. Oktober 2016 - Az.: ... - wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG vorliegen, höchst vorsorglich, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 8. November 2016 vorgetragen, dass sich die Geschehnisse, von denen der Kläger berichtet habe, in der Zeit ereignet hätten, nachdem Tuareg-Rebellen im Jahr 2012 den Norden Malis gewaltsam unter ihren Kontrolle gebracht hätten und die Bevölkerung terrorisierten. Sie proklamierten den „Gottesstaat Awazad“. Trotz eines Friedensabkommens im Jahr 2013 sei die Lage im Norden Malis weiterhin unsicher geblieben. In mehreren Landesteilen sei es auch 2015 zu gewaltsamen Zusammenstößen und Anschlägen auf Regierungseinheiten und die MINUSMA gekommen. Im November 2015 sei nach einem Anschlag auf das Radisson-Hotel in Bamako im gesamten Land der Notstand ausgerufen und später verlängert worden. Vor diesem Hintergrund sei die Darstellung des Klägers glaubhaft, wonach er in seiner Heimat keine Sicherheit mehr habe. Dies umso mehr, als seine Familie in das Blickfeld der Islamisten geraten sei. Dem Kläger sei deshalb Asyl zu bewilligen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorlägen. Jedenfalls sei ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG festzustellen.

Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2017 hat der Kläger sein Vorbringen ergänzt und vertieft. Er habe vor ca. zwei Wochen über Facebook die Mitteilung eines Freundes, der in Bamako lebe, erhalten. Dieser habe ihm berichtet, dass offenbar die Mörder seines Vaters nach wie vor nach ihm suchten. Eine Rückkehr nach Mali sei deshalb für den Kläger nach wie vor lebensgefährlich.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Dezember 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Am 6. März 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG liegen nicht vor (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 5. Oktober 2016 ist auch hinsichtlich der Ausreiseaufforderung, der Abschiebungsandrohung und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt: 20

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben über Italien und die Schweiz auf dem Landweg und damit über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder aus einem anderen durch Gesetz zu bestimmenden Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Durch Anlage I zu § 26a AsylG sind Norwegen und die Schweiz als sichere Drittstaaten bestimmt worden. Da somit alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland entweder aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft oder aufgrund der Anlage I zu § 26a AsylG sichere Drittstaaten sind, hat jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangt ist, den Ausschlussgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat verwirklich (BVerwG, U.v. 7.11.1995, InfAuslR 1996, 152). Auf den genauen Reiseweg kommt es dabei nicht mehr an.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S. des § 3 Abs. 1 AsylG.

Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 - Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Dabei kann die Verfolgung i. S. des § 3 AsylG nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.

a) Hiervon ausgehend kann der Kläger nicht als Flüchtling anerkannt werden. Eine politische Verfolgung in Anknüpfung an flüchtlingsrelevante Merkmale hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Sein Vortrag gegenüber dem Bundesamt bzw. in der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2017 gegenüber dem Verwaltungsgericht ist insgesamt nicht glaubwürdig. Der Kläger macht insoweit geltend, dass er wegen der Ermordung seines Vaters durch Rebellen im Jahr 2013 in ... landesweit gesucht werde. Es existiere in Mali ein Foto von ihm, auf dem er identifiziert werden könnte und deshalb bei einer Rückkehr nach Mali auch mit seiner Ermordung rechnen müsste. Eine landesweite Bedrohung des Klägers aufgrund der Ereignisse im Jahr 2013 lediglich anknüpfend an die Tatsache, dass sein Vater in ... als „Ausländer“ aus ... gegolten habe und insoweit einer verräterischen Tätigkeit für die Regierung in Mali verdächtigt wurde, erscheint dem Gericht abwegig. Zum einen liegen die Ereignisse, auf die der Kläger Bezug nimmt, bereits knapp vier Jahre zurück. Eine irgendwie geartete politische Tätigkeit des Klägers selbst hat dieser wiederholt verneint. Es ist deshalb auch nicht erkennbar, welches Interesse die Rebellen daran haben sollten, den Kläger ebenfalls zu töten. Dieser hat zu keinem Zeitpunkt eine herausgehobene Stellung innerhalb der Gesellschaft von Mali inne gehabt. Gleiches gilt letztlich auch für den Vater des Klägers. Von daher erscheint die vom Kläger geschilderte zielgerichtete Suche der Rebellen nach Angehörigen seiner Familie und ihm selbst geradezu als abwegig. Dass der Kläger beispielsweise bei einer Rückkehr nach Bamako mit einer Bevölkerungszahl von etwa 2. Mio. Einwohnern einer fortdauernden Bedrohung von Rebellen aus dem Norden Malis ausgesetzt wäre, ist auszuschließen. Auffällig ist auch, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2017 ausgeführt hat, dass er über einen Freund in Facebook, der sich in ... befinde, erfahren habe, dass nach wie vor gezielt mit dem sich im Umlauf befindenden Foto nach dem Kläger gesucht würde. Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2017 hat der Bevollmächtigte des Klägers jedoch vorbringen lassen, dass sich dieser Freund des Klägers, mit dem dieser über Facebook in Kontakt stehe, in Bamako aufhalte. Selbst wenn man also das Vorbringen des Klägers für glaubwürdig erachten würde, würde sich eine vom Kläger aufgezeigte Bedrohung allenfalls auf die Stadt ... erstrecken, jedoch keine landesweite Bedrohung für diesen bei einer Rückkehr nach Mali nahelegen. Aus diesen Gründen war die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abzulehnen.

b) Zudem steht dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls in Teilen im Süden Malis (beispielsweise in Bamako) eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung (§ 3e AsylG).

Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 - 1 A 125/15 MD). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung dabei keine Indizwirkung zu (vgl. BVerwG, B.v.27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; BayVGH, B.v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 - juris Rn. 7).

Das Gericht geht auch davon aus, dass der Kläger als gesunder junger, alleinstehender Mann ohne Kinder seinen Lebensunterhalt im Süden Malis sicherstellen kann, selbst wenn hierfür mehr zu fordern ist als die bloße Sicherung des Existenzminimums. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass der Kläger selbst aus dem Süden Malis stammt. Ihm ist es gelungen, in Burkina Faso, Niger und Libyen unter schwierigen Bedingungen Arbeit zu finden und dergestalt sein Existenzminimum sicher zu stellen. Es ist deshalb vernünftigerweise zu erwarten, dass der Kläger in seinem Heimatland, mit dessen Gepflogenheiten und Sprache er durchaus vertraut ist, seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann. Der Kläger hat sich in Mali bereits in der Form beruflich betätigt, dass er zum einen über mehrere Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet hat und über eine Ausbildung als Schneider verfügt. Dem Kläger ist es insoweit gelungen, seine Lebensgrundlage sicher zu stellen. Eine Rückkehr in den Süden Malis ist daher für den Kläger nach Auffassung des Gerichts gefahrlos möglich.

3. Sofern man die Klage dahingehend auffasst, dass dem Kläger hilfsweise auch der subsidiäre Schutzstatus gewährt werden soll, bleibt die Klage ebenfalls erfolglos. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Er hat keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm bei einer Rückkehr nach Mali ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AsylG droht.

Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vorliegen, ist der Kläger, soweit er eine Gefährdung in seiner Heimatregion befürchtet, wie bereits ausgeführt, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative im Süden Malis zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG).

4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Mali befürchten müsste, auf derart schlechte humanitäre Bedingungen zu stoßen, dass die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK besteht, gibt es, wie bereits ausgeführt, nicht. Obwohl die wirtschaftliche Lage nach wie vor schlecht ist (Auswärtiges Amt, Mali: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Stand: April 2016), geht das Gericht, wie ausgeführt, davon aus, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt dort sicherstellen kann. Damit liegen weder die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG noch für die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.

5. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG erweist sich als rechtmäßig, das Bundesamt hat das ihm insoweit zukommende Ermessen erkannt und in der Befristungsentscheidung die maßgeblichen Belange in ordnungsgemäßer Weise abgewogen.

6. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger, eine Familie mit 1 Kind, reisten nach eigenen Angaben am ... November 2015 auf den Landweg in das Bundesgebiet ein und stellten am 20. April 2016 einen Asylantrag.

Bei ihrer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am ... August 2016 gaben die Kläger zu 1) und 2) an, irakische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit zu sein; sie hätten vor ihrer Ausreise in Arbil gelebt. Als Gründe für ihren Asylantrag führte der Kläger zu 1 aus, seine Schwester sollte von einem Onkel zwangsverheiratet werden. Er wollte seine Schwester schützen und sie hätten deshalb das Heimatland verlassen. Seine Schwester sei jedoch von der Türkei wieder in den Irak zurückgekehrt.

Mit Bescheid vom 30. August 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Asylanerkennung und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1 + 2 des Bescheides) ab; ebenso wurde der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziff. 3 des Bescheides). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziff. 4 des Bescheids), die Kläger wurden zur Ausreise aufgefordert und die Abschiebung wurde bei nicht fristgerechter Ausreise angedroht (Ziff. 5 des Bescheids). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziff. 6 des Bescheids).

Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.

2. Am 28. September 2016 erhoben die Kläger gegen den Bescheid des Bundesamtes Klage mit dem Antrag

unter Aufhebung des Bescheids die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft,

hilfsweise den subsidiären Schutz zuzuerkennen bzw. bei ihnen das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte legte die Akten vor, hat sich jedoch sonst im Verfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes (Flüchtlingsanerkennung, subsidiärer Schutz), weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG sowie des § 4 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen. Auch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.

1. Soweit die Kläger ihre Anerkennung als Flüchtlinge nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG beantragen, hat dieser Antrag keinen Erfolg.

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom28.07.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (vgl. hierzu die Legaldefinition in § 3 b AsylG), außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung.

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B. v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U. v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B. v. 21.7.1989, Buchholz a. a. O., Nr. 113).

Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG. Das Gericht verweist insofern auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch dem Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte für eine staatliche oder nichtstaatliche Verfolgung, die ursächlich für ihre Ausreise gewesen wäre, zu entnehmen sind; eine persönliche Verfolgung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Kläger haben selbst keine asylrelevanten Verfolgungsgesichtspunkte vorgetragen. Der Schutz der Schwester ist nach deren Rückkehr in den Irak als Grund hinfällig.

Die Kurdischen Autonomiegebiete Dohuk, Erbil, Sulaymania sind von den Kämpfen in den westlichen und südlichen Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen, wenn auch die Sicherheitslage dort weiterhin angespannt ist. Die Kläger können sich daher auch nicht auf eine politische Verfolgung durch nichtstaatliche Dritte berufen.

Zwar besteht in weiten Teilen des Iraks seit Mitte 2014 eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure in Gestalt des IS. Jedoch sind nach den Erkenntnissen des Gerichts und des Auswärtigen Amtes (vgl. den Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.2.2016, vgl. auch Gutachten Europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 7.9.2015) die kurdischen Autonomiegebiete davon nicht betroffen. Vielmehr leben dort in großer Anzahl Flüchtlinge, die vor den Umtrieben des IS geflohen sind. Dies hat zur Folge, dass die Kläger an den von ihnen auch schon bewohnten Ort im Irak in … zurückkehren können, jedenfalls aber anderswo in den Autonomiegebieten Zuflucht finden können. Mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ist prognostisch auch in Zukunft mit einer politischen Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure dort nicht zu rechnen. Nach der Rückeroberung der Großstadt Ramadi aus den Händen der IS-Miliz durch das irakische Militär (Spiegel-online v. 28.12.2015) und einer Verminderung der dschihadistischen Kämpfer im Irak (Spiegel-online v. 5.2.2016) besteht derzeit keine Verfolgungswahrscheinlichkeit in den Autonomiegebieten, die von der kurdischen Regionalregierung beherrscht werden.

2. Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i. V. m. Art. 15 c der RL 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) in Bezug auf den Irak zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auch insoweit auf die zutreffende Begründung im Bescheid des Bundesamtes (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG liegen ersichtlich nicht vor.

Im Hinblick auf die Schutzregelung nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, wonach einem Ausländer subsidiärer Schutz zusteht, wenn er in seinem Herkunftsland als Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre, verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtsvom 27.04.2010 - 10 C 4/09.

Dass nicht gleichsam jede Zivilperson im Irak allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist, folgt im Übrigen bereits daraus, dass bei einer Gesamtbevölkerung mit etwa 32 bis 34 Millionen Einwohnern (vgl. www.asien-auf-einen-blick.de/irak/, www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Laender/Irak.html) die Zahl der zivilen Todesopfer im Jahr 2015 mit insgesamt 17.502 (2014: 20.169; https://www. iraqbodycount.org/database/v. 29.9.2016) angegeben ist. Auch wenn die Opferzahlen 2016 ansteigen sollten, reicht die abstrakte Gefahr, angesichts von Kampfeshandlungen in einigen Bereichen im Irak Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden, für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht aus.

Von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kann in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak nicht gesprochen werden. Zwar findet im Irak derzeit ein militärischer, bewaffneter Konflikt statt, der einen großen Teil des Landes erfasst und bei dem das irakische Militär nur langsam die Oberhand zu gewinnen scheint. Dieser innerstaatliche Konflikt stellt aber keine landesweite Konfliktsituation dar, da in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak keine tatsächliche Gefahr besteht. Die Kläger müssen daher dort nicht damit rechnen, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, so dass von ihnen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich in diesem Landesteil oder diesen Landesteilen aufhalten.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Prognose der derzeitigen Situation im Irak ergibt, dass in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak derzeit keine Verfolgungsgefahr für die Kläger bestehen; weder eine staatliche noch eine Verfolgungsgefahr durch nichtstaatliche Akteure.

Eine Rückkehr in den Nordirak erscheint unter diesen Gesichtspunkten möglich.

3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 bzw. Satz 2 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben/vorgetragen.

a) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.

b) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehörigen grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und ihr Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001 - 1 C 2/01, in NVwZ 2001, 1420).

Sonstige Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern erfasst werden, sind nicht ersichtlich.

4. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziff. 5, wonach die Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert sind, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber den Klägern entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn sie sind, wie oben ausgeführt, nicht als Asylberechtigte oder Flüchtlinge anzuerkennen, noch stehen ihnen subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; sie besitzen auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), mit dem ihr Asylbegehren abgelehnt wurde.

Die Kläger sind irakische Staatsangehörige mit kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit. Eigenen Angaben zufolge haben sie ihr Heimatland im Dezember 2015 verlassen und sind über die Türkei, Bulgarien, Serbien, Ungarn und Österreich am … Dezember 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Hier stellten sie am 19. Mai 2016 einen Asylantrag.

Bei ihrer persönlichen Anhörung am ... Juni 2016 gaben die Kläger im Wesentlichen an, zuletzt im Dorf … in der Provinz … gelebt zu haben. Sie seien vor den Islamisten geflüchtet. Diese hätten viele Frauen und Männer sowie Kinder entführt. Sie hätten Frauen vergewaltigt und verkauft und die Männer getötet. Ihnen persönlich sei vor ihrer Ausreise nichts passiert, sie hätten nur Angst gehabt. In Deutschland gebe es Menschenrechte. In Deutschland würden sie mehr respektiert als wo anders. Sie hätten sich auch für die Ausreise entschieden, da der Mann der Klägerin zu 1 bereits vor ihr ausgereist sei und sie zu ihm habe kommen wollen. Die Islamisten seien nicht in ihrem Dorf gewesen. Sie hätten sie aber im Fernsehen gesehen und Angst bekommen.

Mit Bescheid vom 9. Juni 2016 erkannte das Bundesamt den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nicht zu und lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (1. u. 2.). Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (3). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes -AufenthG- lägen nicht vor (4.). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollten die Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, würden sie in den Irak abgeschoben. Die Kläger könnten auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei (5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6.).

Der Bescheid wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft nicht substantiiert zu einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Asylgesetzt -AsylG- vorgetragen worden sei. Auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes seien unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, welche die Annahme rechtfertigten, dass ihnen bei Rückkehr nach Kurdistan/Irak ein ernsthafter Schaden drohe. Nach den aktuellen Erkenntnissen des Bundesamtes bestehe für die Kläger bei einer Rückkehr in ihren Heimatort Dohuk in der Region Kurdistan keine erhebliche individuelle Gefahr. Im Übrigen wird auf die Begründung im Bescheid verwiesen.

Mit Telefax vom 28. Juni 2016 erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage und beantragte zuletzt,

den Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2016, zugestellt am 16. Juni 2016, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen; den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; den Klägern den subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie hinsichtlich des Irak zu Gunsten der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2016 legte die Beklagte die Akten vor, äußerte sich sonst jedoch nicht im Verfahren.

Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2016 begründete der Bevollmächtigte der Kläger die Klage. Die 31-jährige Klägerin zu 1 sei irakische Staatsangehörige yezidischen Glaubens und kurdischer Volkszugehörigkeit aus der Provinz … Die Kläger zu 2 bis 8 seien ihre Kinder. Sie hätten durch die Bedrohung durch den IS fliehen müssen. Die IS-Kämpfer seien zwar noch nicht in ihrem Heimatdorf gewesen, sie seien aber nicht weit weg gewesen. Das Auswärtige Amt habe eine Warnung vor Reisen auch in die Region Kurdistan/Irak ausgesprochen, da die Sicherheitslage aufgrund der Nähe zum IS-kontrollierten Gebiet weiter angespannt sei. Insgesamt habe sich die Menschrechtslage im Irak in letzter Zeit weiter verschlechtert. Die bewaffnete Gruppe Islamischer Staat habe zahlreiche Kriegsverbrechen begangen und Menschen getötet, darunter religiöse Minderheiten wie die Yeziden. Die Behauptung der Beklagten, den Klägern drohe im Irak kein ernsthafter Schaden, sei vor diesem Hintergrund nicht ansatzweise nachvollziehbar. Anknüpfungsmerkmal im Sinne des § 3 AsylG sei im Fall der Kläger ihre yezidische Religionszugehörigkeit. Im Übrigen wir auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2017 entschieden werden, obwohl auf Beklagtenseite niemand erschienen ist, da in der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Beklagte ist form- und fristgerecht geladen worden.

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes, insbesondere liegen die Voraussetzungen des §§ 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 AsylG nicht vor. Auch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.

1. Soweit die Kläger ihre Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a GG beantragen, hat der Antrag keinen Erfolg. Die Kläger sind über den Landweg und damit zwangsläufig über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

2. Auch soweit die Kläger ihre Anerkennung als Flüchtlinge nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG beantragen, hat der Antrag keinen Erfolg.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder indem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesener Maßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Die Kläger sind keine Flüchtlinge in diesem Sinne.

a) Die Kläger haben keinerlei persönliche Verfolgungsgeschichte vorgetragen, auf die sich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gründen könnte. Eine persönliche Verfolgung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere reicht es für eine Verfolgungshandlung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG nicht aus, als Yeziden generell gemieden zu werden.

b) Die Kläger sind auch aufgrund ihrer yezidischen Religionszugehörigkeit keiner Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG ausgesetzt. Die kurdischen Autonomiegebiete Dohuk, Erbil und Sulaymania sind von den Kämpfen in den westlichen und südlichen Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen, wenn auch die Sicherheitslage dort weiterhin angespannt ist. Die Kläger können sich daher nicht auf eine Verfolgung durch nichtstaatliche Dritte berufen. Zwar besteht in weiten Teilen des Iraks seit Mitte 2014 eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure in Gestalt des IS, jedoch sind nach den Erkenntnissen des Gerichts und des Auswärtigen Amtes (vgl. den Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.02.2016, s.a. das Gutachten europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 07.09.2015) die kurdischen Autonomiegebiete davon nicht betroffen. Vielmehr leben dort in großer Anzahl Flüchtlinge, die vor den Umtrieben des IS geflohen sind. Dies hat zur Folge, dass die Kläger an dem von ihnen auch schon vorher bewohnten Ort im Irak, der formell zu … gehört, zurückkehren können, jedenfalls aber anderswo in den Autonomiegebieten Zuflucht finden können. Mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ist prognostisch aus in Zukunft mit einer politischen Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure dort nicht zu rechnen. Nach der Rückeroberung der Großstadt Ramadi aus den Händen der IS-Miliz durch das irakische Militär (Spiegel-online v. 28.12.2015) und einer Verminderung der dschihadistischen Kämpfer im Irak (Spiegel-online v. 05.02.2016) besteht derzeit keine Verfolgungswahrscheinlichkeit in den Autonomiegebieten, die von der kurdischen Regionalregierung beherrscht werden (vgl. zur Situation von Yeziden in den kurdischen Autonomiegebieten auch BayVGH, B. v. 09.01.2017 - 13 A ZB 16.30689).

3. Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 15c der Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) in Bezug auf den Irak zu. Insbesondere kann von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak nicht gesprochen werden. Zwar findet im Irak derzeit ein militärischer, bewaffneter Konflikt statt, der einen großen Teil des Landes erfasst und bei dem das irakische Militär nur langsam die Oberhand gewinnen zu scheint. Dieser innerstaatliche Konflikt stellt aber keine landesweite Konfliktsituation dar, da in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak, zu denen auch der Heimatort der Kläger gehört, keine tatsächliche Gefahr besteht (vgl. den Bericht des AA über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.02.2016; s.a. das Gutachten europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 07.09.2015). Die Kläger müssen daher dort nicht damit rechnen, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, so dass von ihnen vernünftiger Weise erwartet werden kann, dass sie sich in diesem Landesteil oder diesen Landesteilen aufhalten.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben/vorgetragen.

a) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.

b) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer dem zu Folge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebungsstopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage, auch Gefahren durch kriminelle Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Inneren hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 3. März 2014 bekanntgegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehöriger grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und der Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, sodass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.07.2001 - 1 C 2/01 - NVwZ 2001, 1420).

Sonstige Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des Bayerischen Staatsministerium des Inneren erfasst werden, sind nicht ersichtlich.

5. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach die Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert sind, keinerlei Anlass zu bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber der Kläger entgegen stünden, nicht ersichtlich, denn sie sind, wie oben ausgeführt weder als Flüchtlinge anzuerkennen noch stehen ihnen subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Sie besitzen auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigungen (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die 1993 geborene Klägerin ist irakische Staatsangehörige kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit aus ... Sie reiste nach eigenen Angaben am Juni 2011 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Zur Begründung ihres Asylantrags trug sie im Wesentlichen vor, sie sei wegen ihres Ehemannes nach Deutschland gekommen, den sie im Irak in dessen Abwesenheit geheiratet habe.

Mit Bescheid vom 11. November 2011 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag ab (Ziff. 1), stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Ziff. 2) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (Ziff. 3) nicht vorliegen.

Die dagegen erhobene Klage wurde durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 17. Januar 2012 abgewiesen (M 4 K 11.30973).

Am ... Juli 2015 stellte die Klägerin einen Folgeantrag, den sie mit der Verfolgung der Yeziden durch die Terror-Organisation IS begründete.

Mit Bescheid vom 25. Februar 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) den Asylantrag ab (Ziff. 2), erkannte die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutz nicht an (Ziff. 1 u. 3) und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 u. 7 AufenthG (Ziff. 4). Außerdem wurde die Abschiebung angedroht (Ziff. 5).

Auf die Begründung des Bescheids wird verwiesen.

Mit Schreiben vom 19. März 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage und beantragte,

I.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen,

dass bei der Klägerin Abschiebungshindernisse vorliegen.

Der Klägerin drohe durch die Terroristen des IS wegen ihres yezidischen Glaubens eine Gruppenverfolgung; eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht. Die Klägerin stamme aus ... das zum Zentralirak gehöre.

Mit Beschluss vom 15. April 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2016 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. In der ordnungsgemäßen Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Das Gericht legt den insoweit ungenauen Klageantrag zugunsten der Klägerin (§ 88 VwGO) so aus, dass eine umfassende Überprüfung des Bescheids begehrt wird.

Der Klägerin steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder ein Anspruch auf Asylanerkennung oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 AsylG) noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG zu.

Auf die zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Bescheid, denen das Gericht folgt, wird nach § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen:

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG, §§ 3 ff. AsylG, da ihr bei einer Rückkehr ins Heimatland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung wegen ihrer Religion droht.

1. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Ab-kommens vom28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist, vgl. §§ 3a, 3b AsylG.

Verfolgung i. S. des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, §§ 3 Abs. 1, 3a AsylG kann - anders als im Rahmen von Art. 16a Abs. 1 GG, der grundsätzlich nur Schutz vor staatlicher Verfolgung gewährt - nach § 3c AsylG ausgehen von (Nr. 1) dem Staat, (Nr. 2) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder (Nr. 3) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Nummer 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. In allen drei Fällen ist aber eine Verfolgung in diesem Sinn ausgeschlossen, wenn interner Schutz besteht, vgl. § 3e AsylG.

Der Klägerin droht in ihrer Herkunftsregion in ihrem Herkunftsland keine Verfolgung i. S. des § 60 Abs. 1 AufenthG, insbesondere besteht keine Gruppenverfolgung als Angehörige des yezidischen Glaubens durch nichtstaatliche Akteure.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung weitgehend geklärt (vgl. BVerwG v. 21.4.2009, Az.: 10 C 11.08, AuAs 2009, 173-175, juris). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelver-mutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Die Verfolgungshandlungen müssen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit in Anknüpfung an asylerhebliche Merk-male entsteht. Darüber hinaus müsste die Gruppenverfolgung im Herkunftsland landesweit drohen, d. h. keine innerstaatliche /inländische Fluchtalternative bestehen (vgl. BVerwG v. 29.5.2008, Az.: 10 C 11/07, BVerwGE 131, 186). Diese für die staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze sind auf die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragbar (§ 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG; Art. 6 Buchst. c QualRL).

Die Klägerin stammt aus ... und damit aus der Kurdischen Autonomie Region (KAR). Der Ort wird von kurdischen Peschmerga kontrolliert. ...gehört zur Überzeugung des Gerichts „de jure“ zum Nordirak (vgl. Gutachten des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien vom 25.7.2008). Das Dorf ... in der Provinz ... liegt nordwestlich der Stadt ... (vgl. die der Stellungnahme beigefügte Karte) und gehört zum „de-jure“-Gebiet der autonomen Region ... Es trifft nicht zu, dass die Provinz ... vollständig zum Zentral-Irak gehört. Die Grenzen von Kurdistan-Irak verlaufen nicht überall parallel mit den Provinzgrenzen von ..., ... und ...; vielmehr gehören auch Gebiete der Nachbarprovinzen, etwa wie hier im Bezirk ... der Provinz ..., zum „de-jure“-Herrschaftsbereich der kurdischen Regionalregierung, worauf auch die Stellungnahme des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien zu Recht hinweist (vgl. U. VG München v. 31.03.2010, M 4 K 10.30099).

Insoweit geht aber auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon aus (vgl. z. B. BayVGH vom 14.11.2007, Az.: 23 B 07.30495), dass für Yeziden im Nordirak keine i. S. von § 60 Abs. 1 AufenthG relevante politische Verfolgung stattfindet (ebenso OVG Lüneburg vom 23.5.2007, Az.: 9 LA 229/06 zur Situation der Yeziden).

II.

Die Feststellung in Nr. 3 des Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 AslyG. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend.

1. Konkrete Anhaltspunkte für das Drohen eines ernsthaften Schadens nach § 60 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) sind nicht ersichtlich.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, wonach ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt ist, wenn eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht.

a) Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts i. S. von Art. 15 Buchst. c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsaus-einandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher „innerstaatlicher bewaffneter Konflikt“ kann überdies landesweit oder regional bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken.

Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende - und damit allgemeine - Gefahr in der Person des Klägers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Bedrohung i. S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07 - Slg. 2009, I-921).

Bezüglich der Gefahrendichte ist zunächst auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die ein Kläger typischerweise zurückkehren wird. Zur Feststellung der Gefahrendichte ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung erforderlich (zum ganzen vgl. BVerwG, U. v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - BVerwGE 131, 198; BVerwG, U. v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BVerwGE 134, 188; BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 360; BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 - NVwZ 2012, 454).

b) Nach diesen Grundsätzen liegt eine Bedrohung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht vor.

Die Klägerin stammt aus ..., das in der KAR liegt (s. o.).

Im Herrschaftsbereich der KAR findet kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt statt. Im Gegenteil ist dieses Gebiet zum Zufluchtsort vieler Binnenflüchtlinge aus den übrigen Landesteilen des Irak geworden. Das Vordringen von Kämpfern des ISIS bzw. IS ist an den Grenzen der KAR aufgehalten worden. Das Gebiet der KAR (einschließlich ... ist von Kämpfen oder sonstigen Ereignissen, die als „innerstaatlicher bewaffneter Konflikt“ angesehen werden können, nicht betroffen (Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 23.10.2014, S. 4, 7, 12, 13, 14; EZKS, Gutachten vom 7.9.2015; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Irak: Sicherheitssituation in der KRG-Region, 28.10.2014, mit Update vom 28.3.2015).

Der Klägerin ist es, wie bereits oben dargelegt, möglich und zumutbar i. S. von § 3c Abs. 1, § 4 Abs. 3 Satz 1 AslyG in die KAR zurückzukehren.

IV.

Der Bescheid ist auch bezüglich der Feststellung in Nr. 4 rechtmäßig. Der Abschiebung des Klägers steht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegen.

1. Eine Abschiebung ist gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten -EMRK- ergibt. Dies ist nicht der Fall. Insbesondere ist die humanitäre Lage in der KAR nicht derart außergewöhnlich prekär, dass Art. 3 EMRK beeinträchtig ist (vgl. BayVGH, B. v. 30.9. 2015 - 13a ZB 15.30063 - juris Rn. 5; UK Home Office, Country Information an Guidance Iraq, Version 1.1. Juni 2015, S. 6 f.).

2. Der Abschiebung der Klägerin steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegen.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Eine derartige Gefahr hat die Klägerin nicht vorgetragen, sie ist auch sonst nicht ersichtlich.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wurde nach eigenen Angaben am 22. Oktober 1979 in der Stadt Akre (Provinz Ninewa) geboren; sie ist irakische Staatsangehörige und kurdische Volkszugehörige islamisch-sunnitischen Glaubens. Am 2. Juli 2012 reiste sie auf dem Landweg ins Bundesgebiet ein und stellte am 11. Juli 2012 einen Asylantrag.

Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. Oktober 2012 machte sie folgende Angaben: Sie habe seit 1986 mit ihrer Familie in Dohuk (kurdisches Autonomiegebiet) gelebt und die Mittelschule besucht, den Schulabschluss aber erst im Jahr 2005 nachgeholt. Danach habe sie bis Mai 2012 in der Bibliothek der Universität von Dohuk gearbeitet. Sie habe zwar nur 300 $ pro Monat verdient, sei damit aber ausgekommen, weil sie bei ihrer Familie gewohnt habe. Sie sei nicht verheiratet. Es habe zwar viele Männer gegeben, die sie heiraten wollten, es habe ihr aber keiner gefallen. Ihre Familie habe sie schließlich gedrängt, endlich zu heiraten. Im Frühjahr 2012 habe ein Mann namens Omar vergebens um ihre Hand angehalten. Aufgrund dessen habe ihre Mutter vorgeschlagen, dass sie ihren Cousin Ahmad heiraten sollte. Diesen Heiratskandidaten habe sie aber ebenfalls abgelehnt, weil er bereits verheiratet und ihr nicht sympathisch gewesen sei. Dann sei sie zu ihrer Freundin gegangen. Ihren Reisepass und ihre Ersparnisse habe sie mitgenommen, weil sie schon gewusst habe, was auf sie zukäme. Sie habe sich ungefähr einen Monat lang bei ihrer Freundin aufgehalten. Ihre Schwester, zu der sie während dieser Zeit Kontakt gehabt habe, habe ihr mitgeteilt, dass der Familienrat beschlossen habe, dass sie ihren Cousin heiraten müsse, damit die Leute nicht mehr schlecht über sie reden würden. Ihre Eltern hätten die Gerüchte nicht mehr ertragen. Ihre Freundin habe auf ihren Wunsch hin zwar noch mit dem besagten Omar wegen einer möglichen Heirat gesprochen, dieser sei aber nicht mehr interessiert gewesen. Einmal seien ein Bruder und ein Cousin von ihr gekommen, weil sie wohl vermuteten, dass sie sich bei ihrer Freundin aufhielte. Dabei sei sie über das Dach zu den Nachbarn geflüchtet. Ihre Verwandten hätten die Absicht gehabt, sie mit Gewalt nach Hause zu bringen. Da sie den ungeliebten Cousin nicht habe heiraten wollen, habe sie notgedrungen beschlossen, das Land zu verlassen. Im Besitze eines Reisepasses und eines Visums habe sie sich Ende Juni 2012 mit dem Auto von Dohuk nach Istanbul begeben. Von dort sei sie einen Tag später in einem LKW bis nach Deutschland gebracht worden. Der Schleuser habe von ihr 10.000 $ verlangt und ihr den Reisepass abgenommen. Sie sei geflohen, weil man sie sonst zur Heirat gezwungen hätte. Sie habe Angst, nach Irak zurückzukehren. Ihre Verwandtschaft mütterlicherseits lebe in Dohuk und ihre Verwandtschaft väterlicherseits in Akre.

Durch Bescheid vom 16. Juli 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte ab (1.), stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (2.) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (3.) nicht vorliegen, und drohte der Klägerin die Abschiebung an (4.). Im Rahmen der anschließenden Klage vor dem Verwaltungsgericht Ansbach (AN 6 K 13.30468) beantragte die Klägerin zunächst, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG vorliegen. Sie beantragte zuletzt, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 AsylVfG vorliegen. Durch Urteil vom 15. Juli 2015 [in der Ausfertigung versehentlich mit dem Datum 15. Juli 2014 versehen], der Klägerin zugestellt am 20. August 2015, gab das Verwaltungsgericht der Klage antragsgemäß statt. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass die Klägerin ein Recht auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG habe, weil sie in ihrem Heimatstaat Irak einer ernsthaften individuellen Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre. Wegen der Terroranschläge sei die Gefährdungslage im kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak genauso zu beurteilen wie diejenige in Zentralirak. Die Terrorgruppe ISIS stelle landesweit eine große Gefahr dar. Das Gewaltniveau sei überall so hoch, dass sich die Bestimmung einer Gefahrendichte erübrige.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat auf Antrag der Beklagten die Berufung durch Beschluss vom 19. November 2015 gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG wegen Divergenz zugelassen (13a ZB 15.30241).

Die Beklagte macht in der Berufungsbegründung geltend, dass gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts immer eine konkrete Feststellung zur Gefahrendichte vorzunehmen sei. Hieran fehle es in dem angefochtenen Urteil. Im Übrigen enthielten die aktuellen Erkenntnisquellen zum kurdischen Autonomiegebiet keine Hinweise auf ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt. Gefahrerhöhende persönliche Umstände seien bei der Klägerin nicht erkennbar. Somit greife § 4 Abs. 1 AsylG nicht ein. Die Voraussetzungen für einen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien ebenfalls nicht gegeben.

Sie beantragt schriftsätzlich,

die Klage unter Abänderung des Urteils vom 15. Juli 2015 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wisse zwar nicht genau, wie ihre Familie im Fall der Rückkehr reagieren würde, befürchte aber das Schlimmste. Sie habe vor der eigenen und vor der anderen Familie Angst. Vielleicht würde sie wegen ihres Verhaltens sogar getötet werden. Ihren Arbeitsplatz in der Bibliothek habe sie nach ihrem fluchtartigen Auszug von zuhause nicht wieder aufgesucht, weil sie befürchtet habe, dass ihre Angehörigen dort nach ihr suchen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Verwaltungsstreitsache ist trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif. Nach § 102 Abs. 2 VwGO konnte auch ohne sie verhandelt und entschieden werden.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet (§ 125 Abs. 1, § 128, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin - im Ergebnis - zu Recht subsidiären Schutz zugesprochen.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm im Heimatland ein ernsthafter Schaden droht. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden:

1. Die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,

2. Folter oder unmenschliche, erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder

3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Im vorliegenden Fall sind jedenfalls die Voraussetzungen der Nr. 2 erfüllt. Der Klägerin drohte wegen der geplanten Zwangsheirat ein ernsthafter Schaden durch ihre eigene Familie. Gemäß § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c Nr. 3 AsylG kann die Gefahr eines ernsthaften Schadens infolge einer erniedrigenden Behandlung im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen. Somit sind potentielle Handlungen von Familienangehörigen im Rahmen des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen. Die Definition des Begriffs „erniedrigende Behandlung“ ist geklärt. Diese Vorschrift entspricht derjenigen des Art. 3 EMRK, so dass zur Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK heranzuziehen ist (vgl. BVerfG, B. v. 26.3.1987 - 2 BvR 589/79, 740/81, 284/85 - BVerfGE 74, 358/370). Eine schwerwiegende erniedrigende Behandlung hat der Gerichtshof in Fällen angenommen, in denen bei den Opfern Gefühle von Furcht, Todesangst und Minderwertigkeit verursacht wurden, die geeignet waren, zu erniedrigen oder zu entwürdigen und möglicherweise ihren physischen oder moralischen Widerstand zu brechen. Die Kriterien hierfür sind jeweils aus allen Umständen des Einzelfalls abzuleiten (EGMR, U. v. 7.7.1989 - Nr. 1/1989/161/217 Rn. 100 - EuGRZ 1989, 314 = NJW 1990, 2183/2186).

Der Senat ist zu der Erkenntnis gelangt, dass die Klägerin gemäß ihrer Bedrohungsgeschichte der Nötigung zu einer versuchten Zwangsheirat ausgesetzt war und im Fall der Rückkehr außerdem mit schweren Repressalien bis hin zum sog. Ehrenmord rechnen müsste, weil sie sich dem Beschluss des Familienrats, zu heiraten, verweigert hat und ohne Erlaubnis von zu Hause ausgezogen ist. Die Geschichte ist glaubhaft, weil die Schilderung der Erlebnisse keine Widersprüchlichkeiten, Lücken oder unrealistischen Passagen aufweist und auch in Ansehung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Herkunftsregion plausibel ist. Die Aussage der Klägerin, dass ihre Familie und diejenige ihres Cousins zwar nicht mit konkreten Repressalien gedroht hätten, sie aber mit solchen hätte rechnen müssen, ist durchaus nachvollziehbar. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass ihre Angehörigen nach ihr suchten. Dafür, dass die Geschichte der Eheanbahnung frei erfunden sein könnte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Die Tatsache, dass die Klägerin länger als drei Jahre in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnte, zeigt, dass sie nicht etwa nur deshalb ausreiste, um mit einem bestimmten Partner in Deutschland zusammenleben zu können.

Zwangsheiraten sind nach den Erkenntnissen der Bundesregierung im Kulturkreis der Klägerin nach wie vor üblich und gehen üblicherweise mit der Androhung gravierender Repressalien einher. Gemäß der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat (vgl. die Legaldefinition „Nötigung zur Eingehung der Ehe mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel“ in § 237 StGB) liegt eine Zwangsheirat dann vor, „wenn mindestens einer der zukünftigen Ehepartner durch eine Drucksituation zur Ehe gezwungen wird, wobei in der überwiegenden Zahl der Fälle Mädchen und junge Frauen betroffen sind. Die Betroffene wird zur Ehe gezwungen und findet entweder mit ihrer Weigerung kein Gehör oder wagt es nicht, sich zu widersetzen, weil Eltern, Familie, Verlobte und Schwiegereltern mit den unterschiedlichsten Mitteln versuchen, Druck auf sie auszuüben. Dazu gehören physische und sexuelle Gewalt, Nötigungen (durch Drohungen, Einsperren, Entführung, psychischer und sozialer Druck sowie emotionale Erpressung), Einschränkungen in Bezug auf Lebensstil und Bewegungsspielraum und andere erniedrigende und kontrollierende Handlungen - in drastischen Fällen bis hin zu Ehrenmorden. Die unter Zwang verheirateten Mädchen und jungen Frauen stammen vor allem aus … oder kurdischem Umfeld.“ (BT-Drs.17/1213 v. 24.3.2010 S. 7). Nach den aktuellen Erkenntnissen des Auswärtigen Amts werden Frauen in Irak noch immer in Ehen gezwungen (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, Stand: Dezember 2015, S. 11). Hierfür spricht auch der Erlass des seit August 2011 in der autonomen Region Kurdistan-Irak geltenden Gesetzes zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, in dem weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsverheiratung von Frauen und andere Gewalt innerhalb der Familie unter Strafe gestellt sind (Auswärtiges Amt a. a. O.). Dies verdeutlicht einerseits, dass die kurdische Regionalregierung ihre Anstrengungen zum Schutz der Frauen verstärkt hat und andererseits, dass die häusliche Gewalt tatsächlich ein Missstand in der dortigen, traditionell patriarchalisch strukturierten Familienverbandsgesellschaft ist.

Die Freiheit der Eheschließung ist in internationalen Konventionen garantiert (Art. 13 EMRK, Art. 9 GR-Charta, Art. 16 Abs. 2 UN-Menschenrechtserklärung). Nach einhelliger Auffassung im ausländerrechtlichen Schrifttum ist eine Nötigungshandlung zur Erzwingung einer Heirat in jedem Fall eine das Selbstbestimmungsrecht der Frau verletzende, verwerfliche Handlung (Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 37 AufenthG Rn. 43; Müller in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 37 AufenthG Rn. 14; Kessler in Hofmann a. a. O. § 3a AsylG Rn. 19; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Januar 2016, § 37 AufenthG Rn. 32d, § 3a AsylG Rn. 35 und § 3b AsylG Rn. 35; Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 3a Rn. 48).

Eine interne Schutzalternative bestünde für die Klägerin nicht. Nach § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3e Abs. 1 AsylG wird der subsidiäre Schutz nicht zuerkannt, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor der Gefahr eines Schadens oder Zugang zu Schutz vor Schaden hat und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Letzteres ist hier nicht der Fall. Es ist anzunehmen, dass die Klägerin als alleinstehende Frau nach den Gepflogenheiten in Irak nicht die Möglichkeit hätte, sich außerhalb des Elternhauses und ohne Unterstützung der Familie anderswo in der Region Kurdistan-Irak eine eigene Existenz aufzubauen.

Ob Zivilpersonen im kurdischen Autonomiegebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ausgesetzt sind, erscheint zweifelhaft, weil gemäß den aktuellen Erkenntnisquellen dort kein hohes Niveau willkürlicher Gewalt bzw. keine hohe Gefahrendichte anzunehmen sein dürfte (s. BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360). Bei den seit 2015 registrierten sog. Kollateralschäden aus einem Luftangriff auf PKK-Stellungen und den Opfern eines Sprengstoffattentats im April 2015 handelt es sich um Einzelfälle (s. UNAMI, Report on the Protection of Civilians in the Armed Conflict in Iraq, 1 May - 31 October 2015; Iraq Body Count, Database - March 2016). Die Prognose des Verwaltungsgerichts, dass diese Region in absehbarer Zeit von der IS-Miliz erobert sein dürfte, hat sich zu dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung nicht bestätigt (zum Prognosehorizont: BVerwG, U. v. 31.3.1981 - 9 C 286.80 - BayVBl 1981, 662). Dies kann im Übrigen dahinstehen, weil der subsidiäre Schutz im vorliegenden Fall schon aus einem anderen Grund geboten ist.

Da der Klägerin subsidiärer Schutz zusteht, ist die Voraussetzung zum Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a und Abs. 2 Satz 1 AsylG entfallen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Alle bundesrechtlichen Vorschriften in anderen Gesetzen über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren sind durch die Vorschriften dieses Abschnitts ersetzt.

(2) Das gleiche gilt für landesrechtliche Vorschriften über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren als Voraussetzung der verwaltungsgerichtlichen Klage.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger, eine Familie mit 1 Kind, reisten nach eigenen Angaben am ... November 2015 auf den Landweg in das Bundesgebiet ein und stellten am 20. April 2016 einen Asylantrag.

Bei ihrer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am ... August 2016 gaben die Kläger zu 1) und 2) an, irakische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit zu sein; sie hätten vor ihrer Ausreise in Arbil gelebt. Als Gründe für ihren Asylantrag führte der Kläger zu 1 aus, seine Schwester sollte von einem Onkel zwangsverheiratet werden. Er wollte seine Schwester schützen und sie hätten deshalb das Heimatland verlassen. Seine Schwester sei jedoch von der Türkei wieder in den Irak zurückgekehrt.

Mit Bescheid vom 30. August 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Asylanerkennung und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1 + 2 des Bescheides) ab; ebenso wurde der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziff. 3 des Bescheides). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziff. 4 des Bescheids), die Kläger wurden zur Ausreise aufgefordert und die Abschiebung wurde bei nicht fristgerechter Ausreise angedroht (Ziff. 5 des Bescheids). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziff. 6 des Bescheids).

Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.

2. Am 28. September 2016 erhoben die Kläger gegen den Bescheid des Bundesamtes Klage mit dem Antrag

unter Aufhebung des Bescheids die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft,

hilfsweise den subsidiären Schutz zuzuerkennen bzw. bei ihnen das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte legte die Akten vor, hat sich jedoch sonst im Verfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes (Flüchtlingsanerkennung, subsidiärer Schutz), weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG sowie des § 4 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen. Auch Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht gegeben.

1. Soweit die Kläger ihre Anerkennung als Flüchtlinge nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG beantragen, hat dieser Antrag keinen Erfolg.

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom28.07.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (vgl. hierzu die Legaldefinition in § 3 b AsylG), außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung.

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B. v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U. v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B. v. 21.7.1989, Buchholz a. a. O., Nr. 113).

Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG. Das Gericht verweist insofern auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch dem Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte für eine staatliche oder nichtstaatliche Verfolgung, die ursächlich für ihre Ausreise gewesen wäre, zu entnehmen sind; eine persönliche Verfolgung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Kläger haben selbst keine asylrelevanten Verfolgungsgesichtspunkte vorgetragen. Der Schutz der Schwester ist nach deren Rückkehr in den Irak als Grund hinfällig.

Die Kurdischen Autonomiegebiete Dohuk, Erbil, Sulaymania sind von den Kämpfen in den westlichen und südlichen Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen, wenn auch die Sicherheitslage dort weiterhin angespannt ist. Die Kläger können sich daher auch nicht auf eine politische Verfolgung durch nichtstaatliche Dritte berufen.

Zwar besteht in weiten Teilen des Iraks seit Mitte 2014 eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure in Gestalt des IS. Jedoch sind nach den Erkenntnissen des Gerichts und des Auswärtigen Amtes (vgl. den Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.2.2016, vgl. auch Gutachten Europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 7.9.2015) die kurdischen Autonomiegebiete davon nicht betroffen. Vielmehr leben dort in großer Anzahl Flüchtlinge, die vor den Umtrieben des IS geflohen sind. Dies hat zur Folge, dass die Kläger an den von ihnen auch schon bewohnten Ort im Irak in … zurückkehren können, jedenfalls aber anderswo in den Autonomiegebieten Zuflucht finden können. Mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ist prognostisch auch in Zukunft mit einer politischen Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure dort nicht zu rechnen. Nach der Rückeroberung der Großstadt Ramadi aus den Händen der IS-Miliz durch das irakische Militär (Spiegel-online v. 28.12.2015) und einer Verminderung der dschihadistischen Kämpfer im Irak (Spiegel-online v. 5.2.2016) besteht derzeit keine Verfolgungswahrscheinlichkeit in den Autonomiegebieten, die von der kurdischen Regionalregierung beherrscht werden.

2. Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Todesstrafe), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) oder § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i. V. m. Art. 15 c der RL 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) in Bezug auf den Irak zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auch insoweit auf die zutreffende Begründung im Bescheid des Bundesamtes (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG liegen ersichtlich nicht vor.

Im Hinblick auf die Schutzregelung nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, wonach einem Ausländer subsidiärer Schutz zusteht, wenn er in seinem Herkunftsland als Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre, verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtsvom 27.04.2010 - 10 C 4/09.

Dass nicht gleichsam jede Zivilperson im Irak allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist, folgt im Übrigen bereits daraus, dass bei einer Gesamtbevölkerung mit etwa 32 bis 34 Millionen Einwohnern (vgl. www.asien-auf-einen-blick.de/irak/, www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Laender/Irak.html) die Zahl der zivilen Todesopfer im Jahr 2015 mit insgesamt 17.502 (2014: 20.169; https://www. iraqbodycount.org/database/v. 29.9.2016) angegeben ist. Auch wenn die Opferzahlen 2016 ansteigen sollten, reicht die abstrakte Gefahr, angesichts von Kampfeshandlungen in einigen Bereichen im Irak Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden, für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht aus.

Von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kann in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak nicht gesprochen werden. Zwar findet im Irak derzeit ein militärischer, bewaffneter Konflikt statt, der einen großen Teil des Landes erfasst und bei dem das irakische Militär nur langsam die Oberhand zu gewinnen scheint. Dieser innerstaatliche Konflikt stellt aber keine landesweite Konfliktsituation dar, da in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak keine tatsächliche Gefahr besteht. Die Kläger müssen daher dort nicht damit rechnen, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, so dass von ihnen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich in diesem Landesteil oder diesen Landesteilen aufhalten.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Prognose der derzeitigen Situation im Irak ergibt, dass in den drei kurdisch verwalteten Provinzen im Nordirak derzeit keine Verfolgungsgefahr für die Kläger bestehen; weder eine staatliche noch eine Verfolgungsgefahr durch nichtstaatliche Akteure.

Eine Rückkehr in den Nordirak erscheint unter diesen Gesichtspunkten möglich.

3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 bzw. Satz 2 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben/vorgetragen.

a) Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.

b) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.

Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak aufgrund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat mit Rundschreiben vom 10. August 2012 (Az. IA2-2081.13-15) in der Fassung vom 3. März 2014 bekannt gegeben, dass eine zwangsweise Rückführung zur Ausreise verpflichteter irakischer Staatsangehörigen grundsätzlich (Ausnahme: Straftäter aus den Autonomiegebieten) nach wie vor nicht möglich ist und ihr Aufenthalt wie bisher weiterhin im Bundesgebiet geduldet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitteilung eines faktischen Abschiebungsstopps derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung hinsichtlich allgemeiner Gefahren vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001 - 1 C 2/01, in NVwZ 2001, 1420).

Sonstige Gefahren i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die nicht von den Anordnungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern erfasst werden, sind nicht ersichtlich.

4. Der Bescheid des Bundesamtes gibt auch hinsichtlich seiner Ziff. 5, wonach die Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert sind, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber den Klägern entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn sie sind, wie oben ausgeführt, nicht als Asylberechtigte oder Flüchtlinge anzuerkennen, noch stehen ihnen subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu; sie besitzen auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.