Sozialgericht Dortmund Urteil, 11. Juli 2014 - S 34 R 1525/13

ECLI:ECLI:DE:SGDO:2014:0711.S34R1525.13.00
bei uns veröffentlicht am11.07.2014

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 21.02.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2013 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.12.2007 nacherhebt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Der Streitwert des Verfahrens beträgt 17.234,28 EUR. I.


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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


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Tenor Die Rechtsbeschwerden der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstle

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Tenor

Die Rechtsbeschwerden der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister e. V. sowie der Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP).

2

Antragsteller sind die zu 1. beteiligte Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und das zu 2. beteiligte Land Berlin.

3

Der Organisationsbereich von ver.di umfasst nach § 4 Nr. 1 ver.di-Satzung idF vom 12./14. März 2008 ua. Unternehmen, Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen der im Anhang 1 zur Satzung abschließend aufgeführten Bereiche. Danach ist ver.di ua. zuständig für Druckereien, Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, Zeitschriftenbetriebe sowie Nebenbetriebe dieser Bereiche einschließlich Kantinen, Kasinos, Auslieferungs-, Zustell- und anderer Servicebetriebe (Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung). Zu den erfassten Organisationseinheiten im Bereich Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zählen ua. Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens sowie des öffentlichen und privaten Nah- und Fernverkehrs einschließlich der Flughäfen (Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung). Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung lautet:

        

„1.2.4

Sonstiger privater Dienstleistungsbereich

        

Sonstige Unternehmen und Organisationen des Dienstleistungsbereichs einschließlich rechtlich ausgegliederter bzw. selbständiger, jedoch wirtschaftlich-organisatorisch zugeordneter Dienstleistungsbetriebe, z.B. Datenverarbeitung, Organisation, Verwaltung und Bildungseinrichtungen sowie ihre Verbände.

        

…       

        

1.2.4.3

Verleihwesen

        

Leasingunternehmen, Autoverleiher und sonstige Verleihunternehmen“

4

Der Gewerkschaftsrat von ver.di befasste sich auf seiner Sitzung vom 15. - 17. Juni 2009 mit einer Änderung des in Anhang 1 enthaltenen Organisationskatalogs. Nach einer vom Bundesvorstand eingebrachten Vorlage sollten dem Satz 1 von Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung folgende Sätze 2 und 3 angefügt werden:

        

„Dies umfasst auch Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Die Zuständigkeit erstreckt sich außerdem auf Arbeitnehmer/innen, die von einem Verleihbetrieb an die vom Organisationsbereich der ver.di erfassten Betriebe (Entleihbetrieb) zur Arbeitsleistung überlassen sind.“

5

Die zu 3. beteiligte CGZP ist am 11. Dezember 2002 von Mitgliedern des zu 5. beteiligten Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB) gegründet worden. Die erste Satzung der CGZP ist auf ihrer Mitgliederversammlung vom 15. Januar 2003 angenommen worden. § 1 und § 3 Abs. 1 ihrer am 5. Dezember 2005 geänderten Satzung lauteten:

        

㤠1 Name und Zweck

        

Die Tarifgemeinschaft vertritt die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für deren Mitglieder Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden ab, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitnehmerüberlassung überlassen wollen.

        

…       

        

§ 3 Mitgliedschaft

        

(1)     

Mitglieder können die Gewerkschaften im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) werden, die ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft erklären.“

6

Nach einer Satzungsänderung vom 8. Oktober 2009 heißt es in dem angefügten § 1 Abs. 2 sowie in § 7 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009:

        

„§ 1   

Name und Zweck

        

…       

        
        

(2)     

Die Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften, die bei Arbeitgebern beschäftigt sind, die als Verleiher Dritten Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen, erfolgt über haupt- und ehrenamtliche Funktionsträger der Mitgliedsgewerkschaften. Dazu gehören insbesondere: die gewerkschaftliche Betreuung und die rechtliche Vertretung der Mitglieder in den Mitgliedsgewerkschaften, sowie das Vorbereiten und Führen von Tarifverhandlungen sowie von Maßnahmen zur Durchsetzung und Einhaltung von tariflichen Lohn- und Arbeitsbedingungen.

        

…       

        
        

§ 7     

Abschluss von Tarifverträgen

        

(1)     

Tarifvertragsschließende Partei in der Zeitarbeit ist die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP). Durch ihren Beitritt zur CGZP erkennen die Mitgliedsgewerkschaften die Satzung der CGZP an.

                 

Das Recht der Mitgliedsgewerkschaften, im Rahmen ihrer Zuständigkeit selbst Tarifverträge mit Unternehmen oder Verbänden zu schließen, die Arbeitnehmer an Dritte zur Dienstleistung überlassen, bleibt unberührt. Bevor eine Mitgliedsgewerkschaft einen Tarifvertrag für Arbeitnehmer abschließt, die an Dritte zur Arbeitsleistung überlassen werden, ist sie zur Vermeidung von Tarifkollisionen verpflichtet, die Zustimmung der CGZP einzuholen.“

7

Die CGZP hat nach den beim Tarifregister des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingereichten Vereinbarungen seit dem 12. Dezember 2002, dem Tag nach ihrer Gründung, eine Vielzahl von Firmen- und Verbandstarifverträgen abgeschlossen.

8

Zum Zeitpunkt der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 waren die zu 8. beteiligte Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), die zu 10. beteiligte DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV) sowie die zu 11. beteiligte Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) Mitglieder der CGZP. Die von den Vorinstanzen zu 9. beteiligte Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) hat mit Wirkung zum 30. Juni 2009 ihren Austritt aus der CGZP erklärt.

9

§ 1 Abs. 3 und § 3 Abs. 1 der am 21. Oktober 2007 in Kraft getretenen Satzung der CGM lauten:

        

§ 1   

        

Name, Sitz und Organisationsbereich

        

…       

        
        

3.    

Die Christliche Gewerkschaft Metall ist eine unabhängige Gewerkschaft gegenüber politischen Parteien, Kirchen, Regierungen und Unternehmen. Der Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, des Metallhandwerks, der Elektroindustrie und der sonstigen Metallbetriebe.

        

…       

        
        

§ 3     

        

Beitrittsvoraussetzungen

        

1.    

Mitglied bei der Christlichen Gewerkschaft Metall kann jeder in der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, in dem Metallhandwerk, in der Elektroindustrie und in den sonstigen Metallbetrieben Beschäftigte ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Herkunft, Nationalität, politische und konfessionelle Bindung werden.“

10

In der seit dem 12. Juni 2009 geltenden Satzung der DHV ist bestimmt:

        

§ 2 Aufgaben und Ziele

        

1.    

Die DHV ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen. Sie ist damit zuständig zum Abschluss von Tarifverträgen für diese Arbeitnehmergruppen.

                 

Andere Arbeitnehmergruppen können in Tarifverträge einbezogen werden, wenn sie in einer Branche oder in Unternehmen beschäftigt sind, die durch kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten geprägt sind. Hierzu gehören der Groß-, Außen- und Einzelhandel und die Warenlogistik, die Finanz- und Versicherungswirtschaft, die gesetzliche Sozialversicherung sowie diesen Branchen zuzuordnende Dienstleistungsbetriebe.

                 

In Tarifverträge können auch andere Arbeitnehmergruppen einbezogen werden, soweit sie in Unternehmen oder Branchen beschäftigt werden, in denen die DHV Tarifpartner ist oder in denen die DHV über eine hinreichende Repräsentativität verfügt. Diese sind im Anhang zur Satzung abschließend aufgeführt. Der Anhang ist Bestandteil der Satzung.

                 

Die Tarifzuständigkeit erstreckt sich auch auf Arbeitnehmer, die in einer in Ziff. 1. Abs. 2 oder im Anhang aufgeführten Branchen bzw. Unternehmen im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes überlassen werden.“

11

Im Anhang zu § 2 DHV-Satzung sind im Einzelnen bezeichnete Branchen und Unternehmen aufgeführt.

12

§ 2 und § 5 der Satzung der GÖD idF vom 20./21. April 2005 lauteten:

        

㤠2 Organisationsbereich

        

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

1)    

Arbeitnehmer/innen, Angestellte und Beamte/Beamtinnen, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter/Richterinnen, Soldaten/Soldatinnen der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner/innen und Auszubildende, sowie Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.“

13

Nach einer am 1. Oktober 2009 beschlossenen Satzungsänderung heißt es in § 2, § 5 und § 21 Abs. 1 der GÖD-Satzung:

        

„§ 2 Organisationsbereich/Zuständigkeitsbereich

        

1)    

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der sachliche Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf den Bereich des öffentlichen Dienstes, insbesondere … Er erstreckt sich auch auf den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich.

                 

Um den Bestimmtheitsgrundsätzen zu genügen, kann dieser Satzung eine Anlage beigefügt werden, die einzelne Branchen aufführt.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

Arbeitnehmer und Beamte, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter, Soldaten der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner und Auszubildende und Arbeitnehmer von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen. …

        

§ 21 Kooperationen/Fusionen

        

1)    

Der Bundesvorstand kann durch Beschluss mit einfacher Mehrheit andere, nicht konkurrierende Gewerkschaften, Berufsverbände oder Arbeitnehmervereinigungen in die GÖD aufnehmen oder andere Formen der Kooperation mit diesen eingehen.“

14

Die in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung in Aussicht gestellte Anlage ist der Satzung der GÖD bisher nicht beigefügt worden.

15

In der Anhörung vor dem Arbeitsgericht haben sich die CGM, die DHV und die GÖD zu ihren Mitgliederzahlen am Jahresende 2008 erklärt. Danach soll die CGM 90.000 Mitglieder, die DHV 78.000 Mitglieder und die GÖD 57.000 Mitglieder haben. Nach Angaben der CGZP in der Beschwerdebegründung waren am 31. Dezember 2008 in ihren Mitgliedsgewerkschaften 1.383 Leiharbeitnehmer organisiert (CGM: 900 Mitglieder; DHV: 312 Mitglieder; GÖD: 171 Mitglieder). Im Jahr 2008 wurden nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich 760.604 Leiharbeitnehmer beschäftigt.

16

Die Vorinstanzen haben aufgrund der Angaben in der Antragsschrift den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Beteiligten zu 4., die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) als Beteiligte zu 6. sowie das BMAS als Beteiligten zu 7. angehört. Daneben sind auf Anregung der CGZP der zu 12. beteiligte Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) sowie die zu 13. beteiligte Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. (BVD) in das Verfahren einbezogen worden.

17

Bei Eingang der Antragsschrift im vorliegenden Verfahren war bereits seit dem 15. April 2008 ein später an das Arbeitsgericht Berlin verwiesenes Beschlussverfahren zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP anhängig (- 63 BV 9415/08 -). Dieses Verfahren wurde aufgrund eines Aussetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008 in dem Verfahren - 2 Ca 249/08 -, der in der Folgezeit durch die Beschlüsse vom 21. November 2008 und vom 6. Februar 2009 ergänzt wurde, eingeleitet. Streitgegenstand jenes Verfahrens sind Vergütungsansprüche aus einem Leiharbeitsverhältnis für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2008. Für diese ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bamberg die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ am 22. Juli 2003 vorgreiflich. Nach der Aussetzung des Verfahrens - 2 Ca 249/08 - leitete der dortige Kläger das Verfahren - 63 BV 9415/08 - ein. Sein angekündigter Antrag richtete sich auf die Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist.

18

Die Antragsteller haben die Tariffähigkeit der CGZP sowohl nach § 2 Abs. 1 TVG als auch als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG in Abrede gestellt. Der CGZP fehle die für eine Gewerkschaft erforderliche soziale Mächtigkeit. Die von ihr bisher abgeschlossenen Tarifverträge indizierten diese nicht, da es sich um Gefälligkeitstarifverträge handele, mit denen von der Öffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG Gebrauch gemacht werde. Mit diesen Vereinbarungen werde im Interesse der Arbeitgeber der gesetzliche Mindestschutz der Leiharbeitnehmer einseitig zu deren Lasten verschlechtert. Der CGZP fehle die Tariffähigkeit auch dann, wenn es sich bei ihr um eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG handele, für deren Tariffähigkeit die ihrer Mitglieder ausreiche. Diese bestehe nur im Bereich der satzungsmäßigen Zuständigkeit, für die Arbeitnehmerüberlassung sei aber keines der Mitglieder der CGZP zuständig.

19

Ver.di, das Land Berlin sowie in den Vorinstanzen der DGB haben beantragt

        

festzustellen, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen nicht tariffähig ist.

20

Die CGZP, der CGB, die CGM, die DHV, die GÖD, der AMP sowie die BVD haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

21

Die BDA und das BMAS haben von einer Antragstellung abgesehen.

22

Die CGZP, der AMP und die BVD haben die Anträge für unzulässig gehalten. Es liege eine doppelte Rechtshängigkeit vor, die zur Unzulässigkeit einer Sachentscheidung führe. Den Antragstellern fehle die Antragsbefugnis. Ver.di sei für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung nicht zuständig. Diese werde von den im Anhang 1 ver.di-Satzung bezeichneten Bereichen nicht erfasst. Die von ver.di behauptete Satzungsänderung durch den Gewerkschaftsrat im Jahr 2009 sei nicht wirksam erfolgt. Das Land Berlin sei nicht antragsbefugt, da sich die Tätigkeit der CGZP auf das gesamte Bundesgebiet erstrecke und eine unmittelbare Betroffenheit des Landes in einer geschützten Rechtsstellung nicht ersichtlich sei. Das Verfahren werde von den Antragstellern rechtsmissbräuchlich betrieben. Ver.di gehe es um die Ausschaltung eines missliebigen Konkurrenten, während das Land Berlin das Verfahren aus parteipolitischen Gründen betreibe. Der Antrag sei auch unbegründet. Bei der CGZP handele es sich um eine nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähige Spitzenorganisation, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben der Abschluss von Tarifverträgen gehöre. Für ihre Tariffähigkeit genüge es, dass zwei ihrer Mitglieder tariffähig sind. Die Tariffähigkeit des CGM und der DHV sei gerichtlich festgestellt worden. Unabhängig davon erfülle die CGZP selbst die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit. Sie sei tarifwillig, verfüge mit dem Zugriff auf die hauptamtlichen Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften über eine leistungsfähige Organisation und besitze die erforderliche Durchsetzungskraft, durch die sie vom sozialen Gegenspieler wahrgenommen werde. Dies werde durch die Vielzahl der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge belegt. Auf die Tarifzuständigkeit ihrer Mitgliedsgewerkschaften für die Arbeitnehmerüberlassung komme es nicht an. Selbst wenn diesen die Tarifzuständigkeit im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung fehle, hätte dies nicht die Tarifunfähigkeit ihrer Spitzenorganisation zur Folge.

23

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des DGB und von ver.di zurückgewiesen und dem Antrag des Landes Berlin entsprochen. Gegen diesen Beschluss haben ver.di, die CGZP, der DGB, der AMP sowie die BVD Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat der Beschwerde von ver.di stattgegeben und die Beschwerden der CGZP, des DGB, des AMP sowie der BVD zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP sowie der BVD, mit denen diese weiterhin ihren Abweisungsantrag verfolgen. Das Land Berlin hat in der Anhörung vor dem Senat seinen Antrag um einen im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigten Hilfsantrag ergänzt, wonach die Tarifunfähigkeit der CGZP in zeitlicher Abhängigkeit von der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 festgestellt werden soll. Die CGZP, der AMP sowie die BVD haben beantragt, auch diesen Antrag abzuweisen.

24

Die nach dem Geschäftsverteilungsplan ursprünglich für die Anhörung vor dem Senat herangezogene ehrenamtliche Richterin S hat fernmündlich am 30. November 2010 ihre Verhinderung angezeigt und die dafür maßgeblichen Gründe in einer E-Mail vom 1. Dezember 2010 näher ausgeführt. Zu Beginn der Anhörung hat der AMP erklärt, nach seiner Auffassung sei der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt, da bei Frau S ein Verhinderungsgrund nicht vorgelegen habe.

25

B. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen von ver.di und dem Hauptantrag des Landes Berlin im Ergebnis zu Recht entsprochen. Sein Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

26

I. Der Senat war entgegen der vom AMP erhobenen Rüge ordnungsgemäß besetzt. Die Heranziehung des ehrenamtlichen Richters K zum Sitzungstermin am 14. Dezember 2010 entsprach dem in der Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 9. Dezember 2009 und dem in C. 4 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesarbeitsgerichts für das Geschäftsjahr 2010 vorgesehenen Verfahren. Die zunächst herangezogene ehrenamtliche Richterin S war an der Wahrnehmung ihres Richteramts gehindert. An ihre Stelle ist der ehrenamtliche Richter K getreten.

27

1. Nach § 43 Abs. 3 ArbGG iVm. § 31 Abs. 1 ArbGG sollen die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden, die der Senatsvorsitzende nach näherer Maßgabe des § 31 Abs. 1 ArbGG aufstellt. Für die Heranziehung von Vertretern bei unvorhergesehener Verhinderung kann eine Hilfsliste von ehrenamtlichen Richtern aufgestellt werden, die am Gerichtssitz oder in der Nähe wohnen oder ihren Dienstsitz haben (§ 31 Abs. 2 ArbGG).

28

2. Erklärt sich ein zu einem Terminstag herangezogener ehrenamtlicher Richter unter Angabe eines Grundes für verhindert, so muss das Gericht das Vorliegen des angeführten Hinderungsgrundes nicht näher nachprüfen. Vielmehr darf es bei den auf gewissenhafte Amtsführung vereidigten ehrenamtlichen Richtern (§ 45 DRiG) grundsätzlich davon ausgehen und sich ohne weitere Ermittlungen darauf verlassen, dass sie sich ihrer richterlichen Pflicht nicht ohne triftigen Grund entziehen, sondern nach pflichtgemäßer Abwägung zu dem Ergebnis gelangt sind, verhindert zu sein (BFH 22. Dezember 2004 - II B 166/03 - zu II 1 b aa der Gründe, BFH/NV 2005, 705; BVerwG 28. Februar 1984 - 9 C 136/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 18). Nur wenn Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Entscheidung des ehrenamtlichen Richters vorliegen, kann Veranlassung bestehen, den angegebenen Hinderungsgrund nachzuprüfen und ggf. auf einer Teilnahme des ehrenamtlichen Richters an der Sitzung zu bestehen (BVerwG 30. August 1983 - 9 C 281/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 17).

29

3. Solche Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall weder vom AMP vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von der ehrenamtlichen Richterin S zunächst fernmündlich und anschließend in ihrer an das Bundesarbeitsgericht gerichteten E-Mail vom 1. Dezember 2010 angeführte Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft stellt einen Grund für eine unvorhergesehene Verhinderung iSd. § 31 Abs. 2 ArbGG dar. Die Teilnahme an einer Aufsichtsratsratssitzung und die Erledigung der hierfür erforderlichen Vorbereitungstätigkeiten haben zu einer Pflichtenkollision mit der Ausübung des Richteramts geführt, über deren Auflösung die ehrenamtliche Richterin nach pflichtgemäßer Abwägung selbst zu befinden hatte. Für den Senat hat kein Anlass bestanden, den von ihr angeführten Hinderungsgrund nachzuprüfen oder auf ihrer Teilnahme an der Sitzung vom 14. Dezember 2010 zu bestehen. Da sich die auf der Liste des erkennenden Senats an nächstbereiter Stelle befindlichen ehrenamtlichen Richter B und H nach einem bei der Akte befindlichen Vermerk für verhindert erklärt haben, ist zunächst der ehrenamtliche Richter Dr. K herangezogen worden. Nachdem dieser aufgrund seiner vom Senat durch Beschluss vom 14. Dezember 2010 als begründet erachteten Selbstablehnung aus dem Verfahren ausgeschieden war, ist der ihm auf der Liste nachfolgende ehrenamtliche Richter K für dieses Verfahren herangezogen worden.

30

II. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind zulässig. Die Rechtsbeschwerdeführer sind durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beschwert. Dies gilt nicht nur für die CGZP, sondern auch für die beiden anderen Beteiligten, deren Beschwerden vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden sind.

31

III. Der von ver.di als alleiniger und vom Land Berlin im Rechtsbeschwerdeverfahren als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist zulässig.

32

1. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren im Wege subjektiver Antragshäufung. Dies unterliegt keinen Bedenken. Zwar sind die §§ 59 ff. ZPO in § 80 Abs. 2 ArbGG nicht in Bezug genommen. Gleichwohl ist eine notwendige Streitgenossenschaft auch im Beschlussverfahren zulässig, wenn - wie vorliegend - über einen identischen Antrag nur eine einheitliche Sachentscheidung ergehen kann (BAG 13. März 2007 - 1 ABR 24/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 121, 362). Die einzelnen Prozessvoraussetzungen sind jedoch für sämtliche Antragsteller getrennt zu prüfen.

33

2. Der Antrag von ver.di und der Hauptantrag des Landes Berlin sind auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen. Beiden Antragstellern geht es ersichtlich um die gegenwärtige Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies folgt aus der ausdrücklich auf die Gegenwart bezogenen Antragsformulierung („tarifunfähig ist“) und der dazu gegebenen Begründung. Der Wortlaut ihrer Feststellungsanträge ist in den Vorinstanzen unverändert geblieben, während die Antragsteller ihren Vortrag im Verfahrensverlauf an der jeweils geltenden Satzung der CGZP ausgerichtet haben. Dies war zunächst die Satzung vom 5. Dezember 2005 und nach deren Änderung ihre seit dem 8. Oktober 2009 geltende Fassung. Auch das Landesarbeitsgericht hat die Anträge als auf eine gegenwärtige Feststellung gerichtet verstanden.

34

3. Den gegenwartsbezogenen Anträgen steht das Verfahrenshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht entgegen.

35

a) Nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bewirkt die Rechtshängigkeit einer Streitsache, dass sie von keinem Beteiligten anderweitig anhängig gemacht werden kann. Die doppelte Rechtshängigkeit begründet ein Verfahrenshindernis, das in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, von Amts wegen zu beachten ist und zur Unzulässigkeit des Antrags führt. Sie liegt vor, wenn die Beteiligten und die Streitgegenstände beider Verfahren identisch sind.

36

b) Die frühere Rechtshängigkeit des vor dem Arbeitsgericht Berlin geführten Beschlussverfahrens - 63 BV 9415/08 - führt nicht zur Unzulässigkeit der gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge. Die Streitgegenstände des vorliegenden und des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - sind trotz der übereinstimmenden Antragsformulierung nicht identisch. Es kann daher offenbleiben, ob wegen der über die Verfahrensbeteiligten hinausgehenden Rechtskraftwirkung einer Entscheidung im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG das Verfahrenshindernis nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auch bei fehlender Identität der Beteiligten bestanden hätte.

37

aa) Der Streitgegenstand richtet sich nicht nur nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel), sondern auch nach dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Nach der prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand, der nach der Senatsrechtsprechung auch für das Beschlussverfahren zu folgen ist (19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, EzA BetrVG 2001 § 23 Nr. 4), wird der Streitgegenstand nicht allein durch das Antragsziel bestimmt. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt deshalb nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein. Hieran fehlt es vorliegend.

38

bb) Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ mit der Tarifgemeinschaft für Zeitarbeitsunternehmen in der BVD am 22. Juli 2003. Dies folgt aus dem vom dortigen Antragsteller zur Begründung seines Antrags angeführten Lebenssachverhalt. Dieser begehrt die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nur soweit dies zur Durchsetzung seines vor dem Arbeitsgericht Bamberg im Verfahren - 2 Ca 249/08 - erhobenen prozessualen Anspruchs erforderlich ist. Der Antragsteller hat zunächst im Urteilsverfahren auf den Equal-Pay-Grundsatz gestützte Vergütungsansprüche für die Zeit seines Leiharbeitsverhältnisses geltend gemacht. Das Arbeitsgericht Bamberg hat sich an einer Sachentscheidung gehindert gesehen, da nach seiner Auffassung der zur Entscheidung gestellte Anspruch von der Tariffähigkeit der CGZP am 22. Juli 2003 abhängt. Aus diesem Grund hat es jenes Verfahren ausgesetzt und dem dortigen Kläger die Möglichkeit eröffnet, als Antragsteller nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG ein Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit der CGZP einzuleiten. Der Aussetzungsbeschluss vom 16. April 2008 lässt allerdings den Zeitraum, für den das Arbeitsgericht die Tariffähigkeit der CGZP als entscheidungserheblich ansieht, nicht eindeutig erkennen. Aus der vom Arbeitsgericht ergänzten Begründung seines Aussetzungsbeschlusses, die bei der Auslegung der Beschlussformel zu berücksichtigen ist (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164), wird jedoch deutlich, dass dieses die Tariffähigkeit der CGZP für das Verfahren - 2 Ca 249/08 - nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des dortigen Klägers als entscheidungserheblich ansieht. Der Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist daher auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP beschränkt. Ein darüber hinausgehendes Begehren wäre zudem von der dem Kläger des Ausgangsverfahrens durch den Aussetzungsbeschluss eröffneten Antragsbefugnis nicht erfasst. Diese beschränkt sich auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - aaO).

39

4. Ver.di und das Land Berlin sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsberechtigt.

40

a) Antragsberechtigt in einem Verfahren über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG neben anderen eine räumlich und sachlich zuständige Vereinigung von Arbeitnehmern und die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt.

41

b) Ver.di verfügt über die notwendige Antragsbefugnis.

42

aa) Die Antragsbefugnis einer konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung in einem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG setzt kein weitergehendes eigenes Recht der Gewerkschaft voraus. Aus § 97 Abs. 1 ArbGG folgt die prozessuale Befugnis einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern, die Tariffähigkeit einer anderen, ganz oder teilweise denselben Zuständigkeitsbereich beanspruchenden Arbeitnehmervereinigung gerichtlich klären zu lassen(BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 27, BAGE 117, 308). Entgegen der Auffassung der CGZP ist es ausreichend, wenn sich der räumliche und sachliche Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zumindest teilweise mit den Zuständigkeitsbereichen der Vereinigung deckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 10/99 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 95, 36). Soweit eine antragstellende Koalition die Tariffähigkeit einer anderen Vereinigung bestreitet, muss sie selbst tariffähig sein (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 28 mwN, aaO). Die Tariffähigkeit von ver.di wird von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt.

43

bb) Die erforderliche Konkurrenz gegenüber der von der CGZP beanspruchten Tarifzuständigkeit für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009) liegt vor. Ver.di ist nach ihrem gleichermaßen arbeitgeber- und betriebsbezogen gefassten Organisationsbereich (§ 4 Nr. 1 ver.di-Satzung) auch für Arbeitgeber tarifzuständig, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer einsetzen.

44

Der in Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung angeführte Begriff der Servicebetriebe von Zeitungsverlagen erfasst Arbeitgeber, die der gleichen Unternehmensgruppe wie der Zeitungsverlag angehören und an diesen aufgrund einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis Leiharbeitnehmer verleihen, damit diese im Betrieb des Zeitungsverlags tätig werden. Nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung organisiert ver.di Beschäftigte, die in einem öffentlich-rechtlich verfassten Krankenhaus als Leiharbeitnehmer eingesetzt werden, wenn diese von einem privatrechtlich verfassten Unternehmen, dessen Gesellschaftsanteile unmittelbar oder mittelbar von der öffentlichen Hand gehalten werden, eingestellt werden. Solche Sachverhalte waren auch bereits Gegenstand von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zu Zeitungsverlagen: 21. Juli 2009 - 1 ABR 35/08 - Rn. 2, AP AÜG § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 12; zum Gesundheitswesen: 16. Juli 2008 - 7 ABR 13/07 - Rn. 4 bis 6, BAGE 127, 126; 21. Mai 2008 - 8 AZR 481/07 - Rn. 2 bis 9, AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a BGB Nr. 96). Ebenso ist ver.di nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung tarifzuständig für Leiharbeitnehmer aus einem konzernangehörigen Unternehmen eines Flughafenbetreibers, die dieser im Flughafenbetrieb einsetzt (zur Auslegung eines von ver.di für Leiharbeitnehmer des Fraport-Konzerns abgeschlossenen Tarifvertrags: 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 4 f., AP BAT § 53 Nr. 9).

45

cc) Auf die noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob ver.di nach Nr. 1.2.4.3 Anhang 1 ver.di-Satzung oder jedenfalls aufgrund der Anfügung der Sätze 2 und 3 an Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung umfassend für den Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung tarifzuständig ist, kommt es danach nicht an.

46

c) Auch das Land Berlin ist antragsbefugt.

47

aa) § 97 Abs. 1 ArbGG dient der Sicherung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 18, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Da der Gesetzgeber bisher weitgehend von der Normierung der Voraussetzungen für die Tariffähigkeit abgesehen hat, kann jede Arbeitnehmervereinigung ohne vorherige Zulassung am Tarifgeschehen teilnehmen und für ihre Mitglieder Vereinbarungen abschließen, die für sich die Geltung als Tarifvertrag beanspruchen. Das objektivierte Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stellt das im Interesse einer funktionierenden Tarifautonomie dazu notwendige Korrektiv dar. Die gerichtliche Entscheidung soll klären, ob die Vereinigung die rechtlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen erfüllt.

48

bb) Die Antragsbefugnis zur Einleitung eines solchen Verfahrens hat der Gesetzgeber vorrangig den in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und Stellen übertragen, sofern deren Interessen von der Tätigkeit der Vereinigung berührt werden. Hiervon geht das Gesetz bei der obersten Arbeitsbehörde des Bundes stets und bei den obersten Arbeitsbehörden der Länder dann aus, wenn die Tätigkeit der Koalition, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, sich auf das räumliche Gebiet des jeweiligen Bundeslandes erstreckt. Eine darüber hinausgehende Betroffenheit muss nicht vorliegen. Es steht mit dem Normzweck der § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG in Einklang, wenn neben der obersten Arbeitsbehörde des Bundes auch die nach Landesrecht zuständigen obersten Arbeitsbehörden zugunsten der auf ihrem Landesgebiet tätigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine gerichtliche Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung herbeiführen können, die für ihre Mitglieder die normative Regelung von Arbeitsbedingungen beansprucht.

49

cc) Die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Landes steht nicht unter dem Vorbehalt, dass sich die Tätigkeit der Vereinigung auf das Gebiet der antragstellenden Arbeitsbehörde eines Bundeslandes beschränkt (BAG 15. März 1977 - 1 ABR 16/75 - zu II 1 der Gründe, BAGE 29, 72; ebenso GK-ArbGG/Dörner Stand November 2010 § 97 Rn. 33; GMP Matthes/Schlewing ArbGG 7. Aufl. § 97 Rn. 18; Schwab/Weth/Walker ArbGG 3. Aufl. § 97 Rn. 12; offengelassen HWK/Bepler 4. Aufl. § 97 ArbGG Rn. 7). Eine ausschließliche, die Zuständigkeit der obersten Arbeitsbehörden der Länder verdrängende Antragsbefugnis sieht § 97 Abs. 1 ArbGG - anders als die Zuständigkeitsverteilung im Bereich der Heimarbeit(§ 3 HAG) - gerade nicht vor. Neben dem Wortlaut spricht auch der Zweck eines Verfahrens zur Feststellung der Tariffähigkeit einer Vereinigung für eine vorbehaltlose Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Bundeslandes. Ein solches Verfahren ist darauf gerichtet, mit allgemeiner Wirkung von Amts wegen zu ermitteln, ob eine Vereinigung in der Lage ist, mit den Mitteln des staatlichen Tarifrechts die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu regeln. Angesichts der ordnungspolitischen Funktion dieses Verfahrens, das der Stärkung der Tarifautonomie dient, ist kein Grund dafür ersichtlich, die Antragsbefugnis bei einer länderübergreifenden Tätigkeit der Vereinigung ausschließlich dem Bund zuzuweisen und den gleichermaßen betroffenen Ländern vorzuenthalten. Hinzu kommt, dass auch in diesem Fall für die obersten Arbeitsbehörden der jeweils betroffenen Bundesländer keine rechtlich abgesicherte Möglichkeit besteht, das BMAS zur Einleitung eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhalten und auf dessen Verfahrensführung einzuwirken.

50

dd) Entgegen der Auffassung der CGZP ist § 97 Abs. 1 ArbGG in Bezug auf die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörden der Länder auch nicht wegen der Freiheitsrechte der betroffenen Arbeitnehmerkoalition teleologisch zu reduzieren. Die Vorschrift schafft weder ein gerichtliches Konzessionierungsverfahren für Tarifvertragsparteien noch wird die Freiheit der Koalitionsbildung nach Art. 9 Abs. 3 GG berührt. Die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG nicht begründet, sondern nur festgestellt.

51

ee) Für die der obersten Arbeitsbehörde eines Landes durch § 97 Abs. 1 ArbGG ausdrücklich verliehene Antragsbefugnis bedarf es keiner weiteren Voraussetzungen.

52

5. Ver.di und das Land Berlin haben an der begehrten gegenwartsbezogenen Feststellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse.

53

a) Das Gesetz räumt den nach § 97 Abs. 1 ArbGG Antragsberechtigten die Möglichkeit ein, ein Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung einzuleiten. Für einen solchen Antrag besteht ein Feststellungsinteresse, wenn diese Eigenschaft von dem Antragsteller oder sonst im Arbeitsleben in Zweifel gezogen wird. Eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern hat daher stets zu gewärtigen, dass ihre Tariffähigkeit Gegenstand eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG sein kann, wenn sie für sich in Anspruch nimmt, durch den Abschluss von Tarifverträgen zur Ordnung des Arbeitslebens beizutragen. Andererseits eröffnet das Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG einer Vereinigung, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, selbst die Möglichkeit, eine der Rechtskraft zugängliche Klärung herbeizuführen. In einem solchen Verfahren kann auch die (positive) Feststellung beantragt werden, dass eine bestimmte Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist. Diese Grundsätze gelten nicht nur für Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern gleichermaßen für einen Zusammenschluss von Gewerkschaften.

54

b) Die Konkurrenzsituation zwischen der CGZP sowie ihren Mitgliedern und ver.di führt danach nicht dazu, dass deren Antrag als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Derart widerstreitende Interessen sind allen Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG immanent, in denen über die Tariffähigkeit einer Vereinigung auf Arbeitnehmerseite gestritten wird(BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 25; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 32, BAGE 117, 308). Ebenso unterliegt es in Bezug auf das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse keinen rechtlichen Bedenken, wenn sich das Land Berlin zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP des hierfür vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG bedient. Anhaltspunkte dafür, dass es den Antragstellern nicht um eine Feststellung zur Tariffähigkeit geht, sondern darum, die CGZP oder ihre Mitglieder in einer mit Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nicht zu vereinbarenden Weise in ihrer koalitionsmäßigen Betätigungsfreiheit zu behindern, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die in der Antragsschrift verwandte Diktion („Schmutzkonkurrenz“) lässt nicht erkennen, dass die Antragsteller mit diesem Verfahren nicht nur eine Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP anstreben, sondern deren Betätigungsfreiheit oder die ihrer Mitglieder beschränken wollen.

55

6. Über die von den Vorinstanzen angehörten Beteiligten hinaus sind am Verfahren keine weiteren Personen, Vereinigungen oder Stellen beteiligt.

56

a) Die Beteiligung an einem Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern ist - wie auch sonst in Beschlussverfahren - noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Personen und Stellen, die bis dahin zu Unrecht nicht gehört wurden, sind auch ohne Rüge zum Verfahren hinzuzuziehen. Dagegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht von Amts wegen zu prüfen, ob sämtliche in den Vorinstanzen beteiligten Personen, Vereinigungen und Stellen zu Recht angehört wurden (BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 51/03 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 113, 82).

57

b) In dem Verfahren um die Tariffähigkeit einer Vereinigung ist der Antragsteller notwendiger Beteiligter. Dies ist nicht nur die Vereinigung oder Stelle, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, sondern auch die antragsbefugte Vereinigung oder oberste Arbeitsbehörde, sofern sie im Verfahren einen eigenen Sachantrag gestellt hat. Dieser kann neben den des ursprünglichen Antragstellers oder den der Arbeitnehmervereinigung treten, deren Tariffähigkeit vom Antragsteller oder einer Mehrheit von Antragstellern bestritten wird (BAG 25. November 1986 - 1 ABR 22/85 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 53, 347). Daher kann auch der Antrag, der auf die Abweisung eines oder mehrerer Anträge gerichtet ist, die Beteiligtenstellung einer der in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und obersten Arbeitsbehörden begründen.

58

c) Die weiteren Beteiligten ergeben sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG aber nur entsprechende Anwendung findet. Maßgeblich ist die unmittelbare Betroffenheit in der Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung. Daher ist stets die Vereinigung beteiligt, über deren Tariffähigkeit gestritten wird, selbst wenn diese keinen eigenen Antrag gestellt hat. Beteiligt sind ferner die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, soweit die Entscheidung sie berühren kann. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 19, BAGE 117, 308).

59

d) Hingegen sind einzelne Arbeitgeber, die Vereinbarungen mit einer Arbeitnehmervereinigung abgeschlossen haben, deren Tariffähigkeit umstritten ist, nicht im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhören. Dessen Zweck bringt es mit sich, dass die Interessen dieser Arbeitgeber durch die Beteiligung der Spitzenverbände auf Arbeitgeberseite als ausreichend gewahrt gelten, selbst wenn die Arbeitgeber keinem Arbeitgeberverband angehören und es insoweit an einer mitgliedschaftlichen Legitimation des Spitzenverbands fehlt. Dies ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten schon deshalb unbedenklich, weil sie dort, wo sie in ihrer Rechtsstellung als Tarifvertragspartei betroffen sind, die Rechtswirksamkeit der von ihnen abgeschlossenen Vereinbarung als Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG im Rahmen einer Verbandsklage(§ 9 TVG) feststellen lassen können. Im Rahmen eines solchen Rechtsstreits muss das Arbeitsgericht das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG aussetzen, wenn entweder die Tariffähigkeit der abschließenden Arbeitnehmervereinigung streitig ist oder wenn gegen diese Bedenken bestehen, wobei im Arbeitsleben geäußerte Vorbehalte zu berücksichtigen und vom Arbeitsgericht aufzugreifen sind(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 17, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Unter diesen Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht auch ein Verfahren nach § 9 TVG auszusetzen, um dessen Parteien die Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG über die Tariffähigkeit der Arbeitnehmervereinigung oder des Spitzenverbands zu ermöglichen. In dieses Beschlussverfahren sind die Arbeitgeber, die mit der in ihrer Tariffähigkeit umstrittenen Vereinigung einen „Firmentarifvertrag“ abgeschlossen haben, entweder als Antragsteller oder als Beteiligte einbezogen (§ 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG). Mit der Interessenwahrnehmung durch den auf Arbeitgeberseite am Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stets beteiligten Spitzenverband sowie die aufgezeigte Rechtsschutzmöglichkeit über das Verbandsklageverfahren erhalten auch die betroffenen Arbeitgeber eine Rechtsschutzmöglichkeit, die den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip(Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes genügt.

60

Die Beschränkung der nach § 97 Abs. 2 ArbGG iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG anzuhörenden Stellen ist auch aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten. Ein Verfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern kann sein Ziel nur erreichen, wenn seine Durchführung nicht durch eine Vielzahl von anzuhörenden Personen oder Stellen gefährdet wird. Dies wäre aber der Fall, wenn auch einzelne Arbeitgeber in ein solches Verfahren einzubeziehen wären. Der Abschluss und die Beendigung von Firmentarifverträgen würden zu einem unüberschaubaren und ständigen Wechsel der anzuhörenden Personen und Stellen führen, was einem zügigen und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Verfahrensabschluss entgegenstünde.

61

e) Hiernach ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Verfahren die Anhörung einer Vereinigung oder Stelle unterblieben wäre, die durch die zu treffende Entscheidung in ihrer Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung unmittelbar betroffen ist. Neben den Antragstellern sowie den Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite haben die Vorinstanzen die CGZP und die nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsbefugten Arbeitgeberverbände angehört, die einen eigenen Sachantrag gestellt haben.

62

f) Die Verfahrensrüge des AMP, mit der dieser die unterbliebene Anhörung einzelner Arbeitgeber beanstandet, ist jedenfalls unbegründet. Die Arbeitgeber, mit denen die CGZP Firmentarifverträge abgeschlossen hat, sind nicht nach § 97 Abs. 2 ArbGG am Verfahren beteiligt. Es ist auch weder ersichtlich noch von den Beteiligten geltend gemacht, dass die Anhörung einer Person oder Stelle unterblieben ist, die in Bezug auf die gegenwartsbezogenen Anträge nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG am Verfahren beteiligt ist. Dahinstehen kann, ob auch die Mitglieder der CGZP im Verfahren anzuhören waren. Insoweit hat keiner der Beteiligten eine Verfahrensrüge erhoben.

63

IV. Die gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge sind begründet. Die CGZP ist weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig.

64

1. Der Begriff der Tariffähigkeit ist gesetzlich nicht definiert. § 2 Abs. 1 bis 3 TVG bestimmt zwar, wer Partei eines Tarifvertrags sein kann, enthält aber selbst keine nähere Definition der Tariffähigkeit. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, der hiervon zur besseren Lesbarkeit des Gesetzestextes und größeren Verständlichkeit für den Laien abgesehen hat (Herschel ZfA 1973, 183, 189). Die Tariffähigkeit wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 ArbGG deshalb als Eigenschaft vorausgesetzt. Es handelt sich um die rechtliche Fähigkeit, durch Vereinbarung mit dem sozialen Gegenspieler Arbeitsbedingungen tarifvertraglich mit der Wirkung zu regeln, dass sie für die tarifgebundenen Personen unmittelbar und unabdingbar wie Rechtsnormen gelten (BVerfG 19. Oktober 1966 - 1 BvL 24/65 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 20, 312; BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 35, BAGE 117, 308). Die Tariffähigkeit ist Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen iSd. § 1 Abs. 1 TVG. Die in § 2 TVG enthaltene Aufzählung der möglichen Tarifvertragsparteien ist abschließend. Auf Arbeitnehmerseite kann Partei eines Tarifvertrags nur eine Gewerkschaft (§ 2 Abs. 1 TVG) oder ein Zusammenschluss von Gewerkschaften (§ 2 Abs. 2 und 3 TVG) sein.

65

2. Nach der Rechtsprechung des Senats muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um als Gewerkschaft nach § 2 Abs. 1 TVG tariffähig zu sein.

66

a) Die an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Anforderungen sind gesetzlich nicht bestimmt. Die Regelung in A III 2 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 und dem Gemeinsamen Protokoll über Leitsätze, die nahezu wortgleich den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entspricht, stellt ebenfalls keine gesetzliche Normierung der an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Voraussetzungen dar. Sie hat zwar durch das Zustimmungsgesetz des Deutschen Bundestags vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) Aufnahme in den Willen des Gesetzgebers gefunden. Materielles Gesetz ist sie dadurch aber nicht geworden ( BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 c der Gründe, BAGE 95, 47 ). Es ist daher Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, im Rahmen der an sie herangetragenen Streitigkeit den unbestimmten Rechtsbegriff durch Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszufüllen(vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233) und dabei die im Zustimmungsgesetz vom 25. Juni 1990 zum Ausdruck genommene Willensbekundung der Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland zu beachten (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 36, BAGE 117, 308).

67

b) Eine Arbeitnehmervereinigung ist nach der Senatsrechtsprechung tariffähig, wenn sie sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt hat und willens ist, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehören die durch ihre Mitglieder vermittelte Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und eine leistungsfähige Organisation (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 30; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 34, BAGE 117, 308). Eine Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG liegt schon dann nicht vor, wenn die Satzung der Vereinigung die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern nicht vorsieht.

68

3. Auch der Begriff der Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG ist gesetzlich nicht näher geregelt. Die an eine Spitzenorganisation zu stellenden Anforderungen erschließen sich jedoch durch Auslegung dieser Bestimmung.

69

a) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern können nach § 2 Abs. 2 TVG Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn sie im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen und eine entsprechende Vollmacht haben. Solche Verbindungen von Gewerkschaften werden vom Gesetz nach dem in § 2 Abs. 2 TVG enthaltenen Klammerzusatz als Spitzenorganisationen bezeichnet. Wird eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 TVG bevollmächtigt, handelt sie als Stellvertreter für den von ihr vertretenen Verband oder für die von ihr vertretene Mehrheit von Verbänden. Nicht die Spitzenorganisation, sondern die von ihr vertretene Tarifvertragspartei iSd. § 2 Abs. 1 TVG wird Partei des von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags.

70

b) Eine Spitzenorganisation kann auch selbst Partei eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört (§ 2 Abs. 3 TVG). Die Abschlussbefugnis muss nicht ausdrücklich in der Satzung der Spitzenorganisation aufgeführt werden; es genügt, wenn sich diese Aufgabe durch Auslegung der Satzung ermitteln lässt (vgl. BAG 22. März 2000 - 4 ABR 79/98 - zu II 1 b aa der Gründe, BAGE 94, 126). Die einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Mitglieder der in der Spitzenorganisation zusammengefassten Verbände sind dann an die von ihr im eigenen Namen abgeschlossenen Tarifverträge gebunden (BAG 6. Mai 2003 - 1 AZR 241/02 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 106, 124).

71

c) Eine Spitzenorganisation verfügt weder nach § 2 Abs. 2 TVG noch nach § 2 Abs. 3 TVG über eine originäre Tariffähigkeit(aA wohl Ricken Autonomie und tarifliche Rechtsetzung S. 305). Diese Vorschriften bestimmen lediglich, unter welchen zusätzlichen zu den in § 2 Abs. 1 TVG genannten Voraussetzungen ein solcher Verband Partei eines Tarifvertrags sein kann. Ihre Tariffähigkeit leitet eine Spitzenorganisation ausschließlich von ihren Mitgliedern ab. Dies folgt für die in Vollmacht handelnde Spitzenorganisation aus § 2 Abs. 2 TVG. Nichts anderes gilt bei einem Zusammenschluss von Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern nach § 2 Abs. 3 TVG. Die Spitzenorganisation kann zwar selbst Partei eines Tarifvertrags sein, sie wird dabei aber ausschließlich für ihre Mitgliedsverbände tätig. Diese können der Spitzenorganisation deren Tariffähigkeit daher nur im Rahmen ihrer eigenen Tariffähigkeit vermitteln (Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 437; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Jacobs ZfA 2010, 27, 41).

72

d) Die sich zu einer Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammenschließenden Arbeitnehmerkoalitionen müssen selbst tariffähig sein. Dies setzt die Tariffähigkeit von sämtlichen das Tarifgeschehen der Spitzenorganisation bestimmenden Gewerkschaften voraus.

73

aa) Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 2 TVG und der Gesetzessystematik. Nach § 2 Abs. 2 TVG ist eine Spitzenorganisation ua. der Zusammenschluss von Gewerkschaften. Dabei folgt das TVG einem einheitlichen Gewerkschaftsbegriff. Nach § 2 Abs. 1 TVG sind auf Arbeitnehmerseite nur Gewerkschaften zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Dies setzt ihre Tariffähigkeit voraus. Dieses Verständnis liegt ersichtlich auch § 2 Abs. 2 TVG zugrunde, denn nur eine tariffähige Arbeitnehmerkoalition kann die Spitzenorganisation zum Abschluss eines Tarifvertrags bevollmächtigen. Für Zusammenschlüsse von Gewerkschaften nach § 2 Abs. 3 TVG gilt nichts anderes.

74

bb) Hierfür spricht auch der Normzweck. Die §§ 2 bis 4 TVG sollen einen rechtlichen Rahmen schaffen, auf dessen Grundlage sich die Normsetzung der Tarifvertragsparteien vollzieht. Dazu definiert das Gesetz in § 2 TVG zunächst die Parteien, die einen Tarifvertrag nach § 1 Abs. 1 TVG schließen können. Durch § 3 TVG wird der persönliche und zeitliche Geltungsbereich festgelegt, für den die von den Tarifvertragsparteien geschlossenen Rechtsnormen ihre Wirkung entfalten. Anschließend gestaltet § 4 TVG den Umfang der Normenwirkung für die erfassten Arbeitsverhältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus. Da eine Spitzenorganisation über keine originäre Tariffähigkeit verfügt, sondern diese nur von ihren Mitgliedern ableitet, kann sie nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG geltende Tarifnormen auch nur für diese oder für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Vereinigungen schaffen(Franzen BB 2009, 1472, 1475). Dies setzt aber deren Tariffähigkeit voraus (zu einer von Arbeitgebern gebildeten Spitzenorganisation: BAG 2. November 1960 - 1 ABR 18/59 - AP ArbGG 1953 § 97 Nr. 1). Ansonsten könnte auch eine nach § 2 Abs. 1 TVG nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalition entgegen der Konzeption des TVG durch einen Beitritt zu einer Spitzenorganisation die Geltung von Tarifnormen für ihre Mitglieder herbeiführen.

75

cc) Das Erfordernis, dass eine Spitzenorganisation von Arbeitnehmervereinigungen nur aus tariffähigen Mitgliedern gebildet werden kann, schließt nicht aus, dass ihr vereins- oder verbandsrechtlich andere Vereinigungen angehören können, ohne dass hierdurch die Eigenschaft als Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG stets in Frage gestellt wäre(Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 112; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Wiedemann/Thüsing RdA 1995, 280, 282; dazu tendierend auch Wiedemann/Oetker § 2 Rn. 426). Eine solche Befugnis wird ihr durch die Verbandsautonomie eröffnet. Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn eine von Gewerkschaften iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildete Spitzenorganisation in ihrer Satzung vorsieht, dass ihr auch andere, nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalitionen angehören können, soweit diese die tarifpolitischen Entscheidungen der Spitzenorganisation nicht beeinflussen können und eine solche Einwirkungsmöglichkeit auch satzungsrechtlich wirksam ausgeschlossen ist(für eine Vereinigung von Arbeitgebern: BAG 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 29, BAGE 130, 264; bestätigt durch BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 2593/09 -). Danach könnte die Satzung einer solchen Spitzenorganisation zwar eine Form der Mitgliedschaft vorsehen, die nicht zu einer Tarifbindung führt. Es ist ihr aber verwehrt, die Geltung der nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG abgeschlossenen Tarifverträge auf die Mitglieder der nicht tariffähigen Arbeitnehmerkoalition zu erstrecken.

76

e) Die zu einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften müssen dieser ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln. Dies setzt voraus, dass sich die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften in ihrem Organisationsbereich nicht nur teilweise, sondern vollständig miteinander verbinden. Dies folgt aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und einem am Normzweck orientierten Verständnis.

77

aa) Der Gesetzeswortlaut erfordert keine rechtliche Verbindung, bei der die vor dem Zusammengehen selbständigen Vereinigungen ihre Eigenständigkeit aufgeben. § 2 Abs. 2 TVG geht von dem Fortbestand der zusammengeschlossenen Verbände aus, für die von der Spitzenorganisation Tarifverträge abgeschlossen werden. Allerdings verlangt die Vorschrift einen „Zusammenschluss“ und damit eine vollständige Verbindung der Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation. Hieran fehlt es, wenn die sich miteinander verbindenden Verbände sich nur in Teilen ihrer Organisationsbereiche zusammenschließen.

78

bb) Dies folgt auch aus der Entstehungsgeschichte.

79

Nach dem Tarifvertragsrecht der Weimarer Republik konnten Parteien eines Tarifvertrags grundsätzlich nur Vereinigungen von Arbeitnehmern, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern sein (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Tarifvertragsordnung vom 23. Dezember 1918, RGBl. 1456). Spitzenorganisationen konnten keine Tarifverträge abschließen, da ihnen keine Arbeitgeber oder Arbeitnehmer unmittelbar als Mitglieder angehört haben. Nach § 1 Abs. 2 des vom Zentralamt für Arbeit in der britischen Besatzungszone vorgelegten Referentenentwurfs(sog. Lemgoer Entwurf) sollten Spitzenorganisationen nur tariffähig sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört. Mit dieser Regelung sollte den Bundesinnungsverbänden der Abschluss von Tarifverträgen für die örtlichen Organisationen des Handwerks ermöglicht werden. Der Gesetzgeber hat jedoch von einer Sonderregelung für den Bereich des Handwerks abgesehen und die nunmehr in § 2 Abs. 2 bis 4 TVG enthaltene differenzierende Regelung geschaffen. Hierdurch sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bedürfnis nach zentralen Regelungen und dem Autonomiebewusstsein der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände hergestellt werden (Herschel ZfA 1973, 183, 189 f.). Dabei ging auch der Gesetzgeber des TVG offensichtlich davon aus, dass der Zusammenschluss der Vereinigungen zu einem Spitzenverband - wie im Bereich des Handwerks - insgesamt und nicht nur in Teilen ihres Organisationsbereichs erfolgt.

80

cc) Dieses Verständnis gibt auch der das Tarifrecht beherrschende Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit vor.

81

(1) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG für den von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereich einheitlich und unteilbar. Für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung genügt es, dass diese über Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unerheblichen Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs verfügt. Eine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit gibt es nicht (5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 24; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 56, BAGE 117, 308). Der Senat hat es allerdings für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung ausreichen lassen, wenn diese in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs über eine ausreichende Mächtigkeit verfügt. Dies lässt regelmäßig erwarten, dass sich die Arbeitnehmerkoalition auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwirft. Danach kann einer Arbeitnehmervereinigung einerseits die Tariffähigkeit insgesamt nicht versagt werden, wenn die Durchsetzungskraft oder die organisatorische Leistungsfähigkeit in irgendeinem Teilbereich fehlt, während sie andererseits nicht festgestellt werden kann, wenn sie nur in irgendeinem Teilbereich ihrer Tarifzuständigkeit über eine Durchsetzungskraft verfügt (28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 59 f., aaO).

82

(2) Die Vermittlung eines Teils der Tariffähigkeit der einer Spitzenorganisation angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften ist nicht ausreichend.

83

Durch den Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit erfährt eine Arbeitnehmerkoalition zwar insoweit eine Begünstigung, als ihr die Tariffähigkeit auch für die Teile des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs zugestanden wird, in denen es ihr an der erforderlichen Durchsetzungskraft fehlt. Anderseits führt dieses Verständnis von der Tariffähigkeit zugleich zu einer Beschränkung ihrer Möglichkeit, sich mit anderen Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation zusammenzuschließen. Denn sie kann nicht uneingeschränkt über ihre Tariffähigkeit verfügen, sondern muss diese der Spitzenorganisation insgesamt vermitteln. Fehlt es hieran, kann die Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit nicht auf die der ihr angeschlossenen Gewerkschaften stützen. Die vollständige Vermittlung der Tariffähigkeit der Mitgliedsgewerkschaften erfordert auch die Rechtssicherheit und die darauf beruhende Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Schließen sich tariffähige Gewerkschaften nicht in ihrem gesamten Organisationsbereich zu einer Spitzenorganisation zusammen, könnte zweifelhaft werden, ob diese in den ihr übertragenen Organisationsbereichen die notwendige Durchsetzungsfähigkeit besitzt. Es bestünde die Gefahr, dass die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften dieser nur die Bereiche übertragen, in denen sie selbst nur über eine unzureichende Durchsetzungskraft verfügen, was zugleich deren Fähigkeit in Frage stellt, durch Tarifverträge eine angemessene Regelung der Arbeitsbedingungen für die Mitglieder der Einzelgewerkschaften herbeizuführen.

84

f) Ebenso sind die tarifrechtlichen Anforderungen an eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG nicht erfüllt, wenn deren satzungsmäßige Zuständigkeit für den Abschluss von Tarifverträgen über die Organisationsbereiche der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften hinausgeht.

85

aa) Übersteigt der Organisationsbereich des Spitzenverbands die Zuständigkeiten der ihm angeschlossenen tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen, handelt es sich schon begrifflich nicht mehr nur um einen Zusammenschluss von Gewerkschaften. Eine solche Verbindung kann ihre Tariffähigkeit nicht mehr von den ihr angeschlossenen Gewerkschaften ableiten. Der Abschluss von Tarifverträgen für Arbeitsverhältnisse außerhalb des von ihnen selbst gewählten Organisationsbereichs beruht dann nicht mehr auf der eingegangenen Verbindung, sondern erfolgt davon losgelöst.

86

bb) Für eine Übereinstimmung der Zuständigkeit der Spitzenorganisation mit den Organisationsbereichen der Mitgliedsgewerkschaften spricht auch der Normzweck. Die Rechtssetzung durch Tarifnormen ist nach § 3 Abs. 1 TVG beschränkt auf die Mitglieder der tarifschließenden Parteien und den Arbeitgeber, der selbst Partei eines Tarifvertrags ist. Lediglich Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 2 TVG). Der Abschluss von Tarifverträgen durch eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG führt daher zur Tarifbindung der Mitglieder der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften, sofern diese vom tariflichen Geltungsbereich erfasst werden. Ein Tarifvertragsschluss in einem Bereich, der außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften liegt, kann auf Arbeitnehmerseite keine Tarifbindung erzeugen und geht ins Leere.

87

4. Diese Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation sichern die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und sind gemessen an diesem Regelungsziel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

88

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung von gewissen Mindestvoraussetzungen abhängig gemacht wird. Allerdings dürften keine Anforderungen an die Tariffähigkeit gestellt werden, die die Bildung und Betätigung einer Koalition unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und -betätigung führen(20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233; zuletzt 31. Juli 2007 - 2 BvR 1831/06 ua. - AP LPVG NW § 22 Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 93). Anforderungen, die nicht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie geeignet, erforderlich und angemessen sind, überschreiten die Grenze der Ausgestaltung. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit wäre verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 35).

89

b) Das Erfordernis, dass die in einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften dieser ihre gesamte Tariffähigkeit vermitteln müssen, schränkt weder die Bildung noch die Betätigung der zu einer Spitzenorganisation zusammengeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen unverhältnismäßig ein.

90

aa) Die kollektive Koalitionsfreiheit gewährleistet die Autonomie bei der Festlegung von verbandsinternen Organisationsstrukturen (ErfK/Dieterich 11. Aufl. Art. 9 GG Rn. 40). Die Entscheidung einer Gewerkschaft, auf welcher Gliederungsebene sie die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit erfüllen will, fällt daher in den durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich. Dies betrifft zwar vornehmlich ihre Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang ihre eigenen Untergliederungen (Bezirks-, Landes- oder Bundesebene) Partei eines Tarifvertrags sein sollen. Der Grundrechtsschutz betrifft aber gleichermaßen ihren Entschluss, mit anderen Gewerkschaften eine Spitzenorganisation zu bilden, die für ihre Mitglieder entweder als Bevollmächtigte (§ 2 Abs. 2 TVG) oder kraft eigenen Satzungsrechts (§ 2 Abs. 3 TVG) Tarifverträge abschließt.

91

bb) Es ist nicht unverhältnismäßig, die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation an die vollständige Übertragung der Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften zu binden. Die damit verbundene Vermittlung ihrer Tariffähigkeit ist zur Wahrung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie geeignet und erforderlich und führt auch nicht zu einer unangemessenen Beschränkung der Koalitionsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften. Die zur Rechtssicherheit gebotene umfassende Übertragung des Organisationsbereichs auf die Spitzenorganisation schränkt die Handlungsmöglichkeiten der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften nicht nennenswert ein. Ihre Fähigkeit, selbst Tarifverträge für die von ihnen repräsentierten Arbeitnehmer abzuschließen, wird durch den Zusammenschluss nicht berührt, weil die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation neben die ihrer Mitglieder tritt. Darüber hinaus können Gewerkschaften mit unterschiedlichen Organisationsbereichen ohne die Bildung einer Spitzenorganisation jeweils im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit einen einheitlichen Tarifvertrag mit einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband im Wege einer Tarifgemeinschaft abschließen, bei der sie entweder gemeinsam oder einzeln Vertragspartei werden (BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84; 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 - zu III 4 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Nr. 36 = EzA TVG § 1 Nr. 46).

92

cc) Ebenso ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, das Vorliegen einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG von der Begrenzung ihrer Zuständigkeit auf die Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften abhängig zu machen. Es ist schon fraglich, ob insoweit überhaupt die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften berührt wird, weil sich diese auf den von ihnen selbst gewählten Organisationsbereich beschränkt. Jedenfalls ist es nicht unverhältnismäßig, einem Verband von Gewerkschaften die Tariffähigkeit nach § 2 Abs. 3 TVG zu versagen, wenn dieser auch außerhalb des Zuständigkeitsbereichs seiner Mitglieder Tarifverträge abschließen soll. Die Tariffähigkeit einer von Gewerkschaften gebildeten Spitzenorganisation beruht auf der sozialen Mächtigkeit der von ihren Mitgliedern repräsentierten Arbeitnehmer. Dass es bei einem Tarifvertragsabschluss außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften an einer solchen Durchsetzungskraft fehlt, ist offensichtlich. Solche Tarifabschlüsse können für sich nicht in Anspruch nehmen, eine durch Druck und Gegendruck bewirkte angemessene Regelung von Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das widerspricht der Funktion der Tarifautonomie, den von staatlicher Rechtssetzung freigelassenen Raum des Arbeitslebens durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen (BVerfG 6. Mai 1964 - 1 BvR 79/62 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 18, 18). Die damit verbundene Gefährdung der Tarifautonomie ist auch nicht deswegen hinzunehmen, weil bestimmte Vertragsformen des Arbeitslebens - wie etwa die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung - nicht rechtssicher und zwingend vom bisherigen Organisationsbereich der Arbeitnehmervereinigungen erfasst werden. Um auch solche Arbeitnehmer zu organisieren, bleibt einer Mitgliedsgewerkschaft die Möglichkeit der satzungsrechtlichen Erweiterung des eigenen Organisationsbereichs.

93

5. Die CGZP ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG, da sie nach ihrer Satzung keine Arbeitnehmer organisiert. Nach § 3 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 können nur die im CGB zusammengeschlossenen Arbeitnehmerkoalitionen ihren Beitritt zur CGZP erklären.

94

6. Die CGZP ist auch keine tariffähige Spitzenorganisation. Die tarifrechtlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 TVG liegen nicht vor. Die Mitglieder der CGZP haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Zudem geht der Organisationsbereich der CGZP über den ihrer Mitglieder hinaus. Daher kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vielzahl der von ihr mit Arbeitgebern abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung eine soziale Mächtigkeit der CGZP belegt.

95

a) Die CGM, die DHV und die GÖD haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Die CGZP ist nicht in dem gesamten durch die Satzungen ihrer Mitglieder bestimmten Organisationsbereich zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Ihre Tarifzuständigkeit ist nach § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 auf Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden beschränkt, die oder deren Mitglieder als Verleiher Dritten(Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlassen wollen. Dass der Organisationsbereich der CGZP auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung beschränkt ist, wird von der CGZP selbst und ihren Mitgliedern nicht in Frage gestellt.

96

b) Die Zuständigkeit der CGZP geht zudem über die ihrer Mitglieder hinaus. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Der Organisationsbereich der CGM, der DHV und der GÖD erfasst weder für sich allein noch bei einer Gesamtschau sämtliche Arbeitsverhältnisse im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung iSd. § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009.

97

aa) Die fehlende Zuständigkeit der Mitglieder der CGZP für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ist im vorliegenden Verfahren zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben. Weder die CGZP noch ihre am Verfahren beteiligten Mitglieder haben in den Vorinstanzen geltend gemacht, dass deren Organisationsbereich entweder einzeln oder in der Summe die gesamte gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung umfasst. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Auslegung der Satzungen der CGM, der DHV und der GÖD.

98

bb) Das Landesarbeitsgericht hat die Satzung der CGM dahingehend ausgelegt, dass diese für Leiharbeitnehmer zuständig ist, die in den in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieben als Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, wenn diese von einem dort genannten Metallarbeitgeber überlassen worden sind. Es kann dahinstehen, ob die CGM nach ihrer Satzung tatsächlich nur für Leiharbeitnehmer zuständig ist, wenn die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Metallarbeitgebern erfolgt. Hierfür könnte allerdings sprechen, dass die CGM einem solchen Satzungsverständnis in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht entgegengetreten ist und auch nach ihrem Vortrag eine darüber hinausgehende Zuständigkeit bisher nicht beansprucht hat. Jedenfalls ist der Organisationsbereich der CGM auf Arbeitnehmer beschränkt, die mit einem in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieb ein Leiharbeitsverhältnis begründet haben.

99

cc) Die DHV war nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung vom 12. März 2007 für Arbeitnehmer „insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen“ zuständig. Diese Bestimmung hat der Senat in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2009 dahingehend ausgelegt, dass die DHV für Arbeitnehmer in anderen als kaufmännischen und verwaltenden Berufen nicht tarifzuständig ist (- 1 ABR 36/08 - Rn. 25, BAGE 129, 322). Danach war der Organisationsbereich der DHV im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bis zu ihrer Satzungsänderung im Jahr 2009 jedenfalls auf Leiharbeitnehmer beschränkt, mit denen zugleich die Tätigkeit in kaufmännischen und verwaltenden Berufen vereinbart worden ist. Nach § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 und 4 der am 12. Juni 2009 in das Vereinsregister eingetragenen Satzung ist die DHV nunmehr auch für Arbeitnehmer zuständig, die in eine Branche oder in Unternehmen überlassen werden, die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 DHV-Satzung 2009 oder im Anhang zur Satzung aufgeführt sind. Selbst nach dieser Satzungsänderung erstreckt sich der Organisationsbereich der DHV aber allenfalls auf Leiharbeitnehmer für die Dauer ihres Einsatzes in Betrieben des Groß-, Außen- und Einzelhandels, der Warenlogistik, der Finanz- und Versicherungswirtschaft, der gesetzlichen Sozialversicherung sowie in Dienstleistungsbetrieben, die diesen Branchen zugeordnet sind, sowie in den im Anhang 1 genannten Branchen und Unternehmen.

100

dd) Die GÖD ist nur für Leiharbeitsverhältnisse zuständig, die mit öffentlichen Arbeitgebern begründet werden.

101

(1) Die GÖD organisierte nach § 2, § 5 Abs. 1 ihrer Satzung vom 20./21. April 2005 bundesweit neben den aktiven und den ausgeschiedenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes „Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören“.

102

(2) Die GÖD hat ihren Organisationsbereich bisher nicht auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erweitert. Zwar ist die zuvor in § 5 Abs. 1 GÖD-Satzung 2005 enthaltene personenbezogene Einschränkung in der aktuellen Satzung der GÖD aus dem Jahr 2009 nicht mehr enthalten. Daneben spricht auch der Wortlaut von § 2 Abs. 1, § 5 GÖD-Satzung 2009 für eine umfassende Zuständigkeit der GÖD für den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich, zu dem auch die Arbeitnehmerüberlassung zählt. Eine entsprechende Ausdehnung ihres Organisationsbereichs setzt aber voraus, dass die Arbeitnehmerüberlassung in einer Anlage zur Satzung der GÖD gesondert aufgeführt wird. Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang der GÖD-Satzung 2009 und dem Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung.

103

(a) Die GÖD hat ihre Zuständigkeit für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich bisher noch nicht abschließend festgelegt. Während ihr Organisationsbereich für den Bereich des öffentlichen Dienstes nach Beschäftigtengruppen, Arbeitgebern und Einrichtungen unverändert in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung detailliert beschrieben wird, fehlt es für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich noch an einer entsprechenden Ausgestaltung, die aus Sicht der GÖD den Bestimmtheitserfordernissen genügt. Eine solche Konkretisierung soll nach ihrer Satzung durch die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 GÖD-Satzung 2009 in Aussicht gestellte Beifügung einer Anlage erfolgen, in der einzelne Branchen aufgeführt werden, für die von der GÖD eine Tarifzuständigkeit beansprucht wird. Bis zur Aufnahme der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung in eine solche Anlage hat die GÖD ihren Organisationsbereich im privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich gegenüber der Satzung aus dem Jahr 2005 nicht erweitert.

104

(b) Eine Zuständigkeit der GÖD für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung würde zudem die Mitgliedschaft der GÖD in der CGZP in Frage stellen. Nach § 21 Abs. 1 ihrer Satzung aus dem Jahr 2009 kann die GÖD eine Zusammenarbeit nur mit nicht konkurrierenden Gewerkschaften, Berufsverbänden oder Arbeitnehmervereinigungen eingehen. Ein solches, nach dem Willen der Satzungsgeber der GÖD offensichtlich unerwünschtes Konkurrenzverhältnis zu anderen im CGB organisierten Gewerkschaften würde aber entstehen, wenn die GÖD ua. für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung umfassend zuständig wäre.

105

(c) Einer Auslegung der GÖD-Satzung 2009, wonach die GÖD ohne Beschränkung auf einzelne Branchen für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich zuständig wäre, stünde überdies das Verbot der existenzgefährdenden Auslegung entgegen.

106

(aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist bei der Auslegung einer Satzung einer Arbeitnehmerkoalition zu berücksichtigen, dass ein zur möglichen Bestandsgefährdung der Vereinigung führendes Satzungsverständnis dem Sinn und Zweck der Bestimmungen und dem darin objektivierten Willen des Satzungsgebers widerspricht. Bei der Auslegung von Satzungsbestimmungen zum Umfang der Tarifzuständigkeit einer Arbeitnehmerkoalition hat daher eine Sichtweise zu unterbleiben, welche zum Wegfall der Tariffähigkeit führen würde, solange eine andere Auslegung nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen möglich ist (10. Februar 2009 - 1 ABR 36/08 - Rn. 44, BAGE 129, 322).

107

(bb) Eine umfassende Tarifzuständigkeit der GÖD für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit deren Tarifunfähigkeit zur Folge, weil sie für diesen erweiterten Organisationsbereich angesichts der von ihr behaupteten Mitgliederzahl von nur 57.000 Mitgliedern nicht mehr über die nach § 2 Abs. 1 TVG erforderliche soziale Mächtigkeit verfügen würde. In der öffentlichen Verwaltung waren bundesweit im Jahresdurchschnitt 2009 2,823 Mio. Erwerbstätige und im übrigen Dienstleistungsbereich 14,374 Mio. Erwerbstätige beschäftigt (Quelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2009 S. 30). Bei einer Zuständigkeit der GÖD für die privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbetriebe wäre ihr Organisationsbereich um mehr als das Fünffache erweitert, was mit einem Absinken des Organisationsgrads der dort beschäftigten Erwerbstätigen in der GÖD auf ca. 0,3 % verbunden wäre. Eine Ausweitung der Zuständigkeit der GÖD auf den privaten Dienstleistungsbereich würde ihre Durchsetzungskraft als sozialer Gegenspieler der Arbeitgeberseite nicht nur in einem kleinen Teilbereich, sondern umfassend in Frage stellen. Dass die GÖD im privaten Dienstleistungsbereich überhaupt über eine nennenswerte Mitgliederzahl verfügt oder auf eine hinreichend leistungsfähige Organisation zurückgreifen kann, ist angesichts ihrer historischen Ausrichtung auf den öffentlichen Dienst kaum anzunehmen.

108

(3) Der Organisationsbereich der GÖD ist danach gegenwärtig auf Leiharbeitsverhältnisse beschränkt, die von einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes begründet werden.

109

ee) Einer Auslegung der Satzung der CGZP, wonach sich deren Organisationsbereich nicht auf den ihrer Mitglieder beschränkt, steht auch das Verbot der existenzgefährdenden Satzungsauslegung nicht entgegen. Die CGZP-Satzung 2009 lässt die vom AMP unter Hinweis auf § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 geforderte einschränkende Auslegung nicht zu.

110

Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 entspricht § 1 CGZP-Satzung 2005 und ist eindeutig. Der fachliche Organisationsbereich erstreckt sich danach auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Er wird lediglich personenbezogen für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen eingeschränkt. Dies entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über die Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Die in § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 enthaltene Regelung ist für das systematische Verständnis unergiebig. Sie regelt nur das Verfahren für einen Tarifvertragsabschluss von Mitgliedern der CGZP, den diese im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit vornehmen. Daneben beruht die jetzige Fassung von § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 auf den Ausführungen des Arbeitsgerichts Berlin über die „Abtretung der Tarifhoheit“ der Mitglieder der CGZP. Eine auf den fachlichen Organisationsbereich ihrer Mitglieder beschränkte Zuständigkeit hat die CGZP im vorliegenden Verfahren selbst nicht geltend gemacht. Dagegen spräche auch ihre Tarifpraxis. Die CGZP hat bis zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg Firmen- und Verbandstarifverträge außerhalb des Organisationsbereichs ihrer Mitglieder abgeschlossen und schließt diese nach wie vor ab.

111

c) Nachdem den Anträgen bereits aus anderen Gründen entsprochen wird, kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird.

112

d) Da es schon an den tarifrechtlichen Voraussetzungen einer Spitzenorganisation fehlt und eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG Tariffähigkeit nur durch ihre Mitglieder erlangen kann, kommt es nicht darauf an, ob die CGZP ihre soziale Mächtigkeit durch die Anzahl der von ihr mit Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung unter Beweis stellen konnte. Es war deshalb auch nicht zu klären, ob Tarifverträge, deren Gegenstand allein darauf gerichtet ist, unter Nutzung der Tariföffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG von dem gesetzlichen Gleichstellungsgebot(§ 3 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 4 AÜG) abzuweichen, die soziale Mächtigkeit einer neu gegründeten Arbeitnehmervereinigung belegen können.

113

V. Der vom Land Berlin im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigte Antrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist nach seinem Wortlaut nur für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellt worden. Diese interprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten. Es kann daher dahinstehen, ob das Land Berlin gehalten war, die im Hilfsantrag liegende Antragserweiterung durch eine Anschlussrechtsbeschwerde in das Verfahren einzuführen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Olaf Kunz    

        

    Hann    

                 

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Laufende Beiträge, die geschuldet werden, werden entsprechend den Regelungen der Satzung der Krankenkasse und den Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen fällig. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Der Arbeitgeber kann abweichend von Satz 2 den Betrag in Höhe der Beiträge des Vormonats zahlen; für einen verbleibenden Restbetrag bleibt es bei der Fälligkeit zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats. In den Fällen des Satzes 3 sind Beiträge, die auf eine Einmalzahlung im Vormonat entfallen, nicht zu berücksichtigen. Sonstige Beiträge werden spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den sie zu entrichten sind. Die erstmalige Fälligkeit der Beiträge für die nach § 3 Satz 1 Nummer 1a des Sechsten Buches versicherten Pflegepersonen ist abhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Pflegekasse, das private Versicherungsunternehmen, die Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder der Dienstherr bei Heilfürsorgeberechtigten die Versicherungspflicht der Pflegeperson festgestellt hat oder ohne Verschulden hätte feststellen können. Wird die Feststellung in der Zeit vom Ersten bis zum Fünfzehnten eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals spätestens am Fünfzehnten des folgenden Monats fällig; wird die Feststellung in der Zeit vom Sechzehnten bis zum Ende eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals am Fünfzehnten des zweiten darauffolgenden Monats fällig; das Nähere vereinbaren die Spitzenverbände der beteiligten Träger der Sozialversicherung, der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und die Festsetzungsstellen für die Beihilfe.

(2) Die Beiträge für eine Sozialleistung im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 3 des Sechsten Buches einschließlich Sozialleistungen, auf die die Vorschriften des Fünften und des Sechsten Buches über die Kranken- und Rentenversicherung der Bezieher von Arbeitslosengeld oder die Krankenversicherung der Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches entsprechend anzuwenden sind, werden am Achten des auf die Zahlung der Sozialleistung folgenden Monats fällig. Die Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung aus Sozialleistungen der Bundesagentur für Arbeit zu den vom Bundesamt für Soziale Sicherung festgelegten Fälligkeitsterminen für die Rentenzahlungen im Inland gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung mit Ausnahme der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit und die Behörden des sozialen Entschädigungsrechts können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus Sozialleistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens zum 30. Juni des laufenden Jahres und ein verbleibender Restbetrag zum nächsten Fälligkeitstermin gezahlt werden.

(2a) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks (§ 28a Absatz 7) sind die Beiträge für das in den Monaten Januar bis Juni erzielte Arbeitsentgelt am 31. Juli des laufenden Jahres und für das in den Monaten Juli bis Dezember erzielte Arbeitsentgelt am 31. Januar des folgenden Jahres fällig.

(3) Geschuldete Beiträge der Unfallversicherung werden am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist; Entsprechendes gilt für Beitragsvorschüsse, wenn der Bescheid hierüber keinen anderen Fälligkeitstermin bestimmt. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann in ihrer Satzung von Satz 1 abweichende Fälligkeitstermine bestimmen. Für den Tag der Zahlung und die zulässigen Zahlungsmittel gelten die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Bestimmungen entsprechend. Die Fälligkeit von Beiträgen für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten, die nach § 28a Absatz 7 der Einzugsstelle gemeldet worden sind, richtet sich abweichend von Satz 1 nach Absatz 2a.

(4) Besondere Vorschriften für einzelne Versicherungszweige, die von den Absätzen 1 bis 3 abweichen oder abweichende Bestimmungen zulassen, bleiben unberührt.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 28. September 2011 - 1 Ta 500/11 - aufgehoben.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold - 3 Ca 1698/10 - vom 14. Juli 2011 wird abgeändert.

Das Verfahren wird fortgeführt.

2. Die Kosten der Rechtsbeschwerde und der Beschwerde hat die Beklagte zu tragen.

Gründe

1

I. Der Kläger war bei der Beklagten vom 7. Mai 2008 bis zum 19. Dezember 2008 als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war die Anwendung der mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) abgeschlossenen Haustarifverträge in der jeweils letzten Fassung vereinbart. Mit seiner Klage macht der Kläger Differenzlohnansprüche gemäß § 9 Nr. 2 AÜG geltend.

2

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Klärung der Tariffähigkeit der CGZP am 13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie am 12. Dezember 2006, den Tagen der Abschlüsse der seiner Auffassung nach entscheidungserheblichen „Tarifverträge“, ausgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde.

3

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Ein Grund für die Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP am 13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie am 12. Dezember 2006 besteht nicht mehr. Zwar liegt für die im Aussetzungsbeschluss konkret aufgeführten Zeitpunkte eine ausdrückliche Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP nicht vor. Einer solchen bedarf es jedoch nicht. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat durch Beschluss vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. - DB 2012, 693) die fehlende Tariffähigkeit der CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzungen vom 11. Dezember 2002 und vom 5. Dezember 2005 festgestellt. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 22. Mai 2012 (- 1 ABN 27/12 -) zurückgewiesen. Aufgrund der Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg steht die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auch für die vom Arbeitsgericht Detmold in seinem Aussetzungsbeschluss als entscheidungserheblich angesehenen Zeitpunkte fest.

4

1. Nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG hat ein Gericht das Verfahren bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist. Einer solchen Aussetzung bedarf es indes nicht, wenn über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Arbeitnehmerkoalition bereits rechtskräftig entschieden ist. In einem solchen Fall ist die Einleitung eines erneuten Beschlussverfahrens durch die Parteien des ausgesetzten Verfahrens nach §§ 322, 325 Abs. 1 ZPO unzulässig(zu den Voraussetzungen für die Durchbrechung der Rechtskraft BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - BAGE 95, 47).

5

2. Ein Grund für die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG zur Einleitung eines Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der CGZP am 13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie am 12. Dezember 2006 liegt danach nicht mehr vor. Für die vom Arbeitsgericht Detmold als entscheidungserheblich angesehenen Zeitpunkte ist die fehlende Tariffähigkeit der CGZP bereits rechtskräftig festgestellt.

6

a) Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 322 Abs. 1 ZPO sind Beschlüsse der Rechtskraft fähig, soweit über den durch den Antrag erhobenen Anspruch entschieden ist(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 95, 47). Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinne der Streitgegenstandslehre. Die objektiven Grenzen der Rechtskraft des Entscheidungsgegenstandes werden durch den Streitgegenstand des vorangehenden Verfahrens bestimmt (BAG 20. März 1996 - 7 ABR 41/95 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 82, 291). Dieser richtet sich nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel) und dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (BAG 1. Februar 1983 - 1 ABR 33/78 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 41, 316). Zur Bestimmung der Rechtskraftwirkung sind neben der Urteilsformel auch Tatbestand und Entscheidungsgründe sowie erforderlichenfalls das Parteivorbringen ergänzend heranzuziehen (BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, BAGE 133, 75).

7

b) Rechtsfolge einer rechtskräftigen Entscheidung nach § 97 ArbGG ist die Unzulässigkeit eines erneuten Antrags mit identischem Streitgegenstand. Eine Identität der Streitgegenstände, die zur Unzulässigkeit eines erneuten Verfahrens führt, ist nicht nur dann anzunehmen, wenn im zweiten Verfahren der nämliche Streitgegenstand nochmals rechtshängig gemacht wird, sondern auch dann, wenn dort das mit dem Rechtsausspruch im ersten Verfahren unvereinbare „kontradiktorische Gegenteil“ begehrt wird (BGH 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - zu II 1 a der Gründe, NJW 2003, 3058). In subjektiver Hinsicht erfasst die Rechtskraft der Entscheidung über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit nicht nur die Personen und Stellen, die im jeweiligen Verfahren nach § 97 Abs. 2 iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG angehört worden sind, sondern entfaltet Wirkung gegenüber jedermann(BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 31, BAGE 117, 308; 6. Juni 2000 - 1 ABR 10/99 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 95, 36). Dies folgt aus den vom Gesetzgeber als besondere Beschlussverfahren vorgesehenen Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG. In diesen soll über die für die Ordnung des Arbeitslebens bedeutsame Eigenschaft der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung einheitlich entschieden werden. Eine solche Konzentrationswirkung der Verfahren nach § 97 ArbGG setzt aber voraus, dass ihre Rechtskraftwirkungen nicht auf die jeweiligen Verfahrensbeteiligten beschränkt bleiben, sondern die getroffene Entscheidung eine umfassende Geltung im Arbeitsleben erlangt. Aus diesem Grund sind alle Gerichte an einen in einem Verfahren nach § 97 ArbGG ergangenen Ausspruch über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung gebunden, wenn diese Eigenschaften als Vorfrage in einem späteren Verfahren zu beurteilen sind, sofern nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Rechtskraft endet(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 a der Gründe, BAGE 95, 47), was im Aussetzungsbeschluss näher zu begründen ist.

8

c) Der Streitgegenstand eines nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG eingeleiteten Verfahrens über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung erfasst neben dem im Beschlusstenor bezeichneten Zeitpunkt weitere Zeiträume, wenn die in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG genannten Eigenschaften in diesen nur einheitlich beurteilt werden können.

9

aa) Die Antragsbefugnis von Personen oder Stellen, die nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG eine Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition herbeiführen können, beschränkt sich zwar auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat(BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164). Der Aussetzungsbeschluss nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG eröffnet daher nur eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der jeweiligen Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition, deren Tariffähigkeit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens im Streit steht. Diese betrifft den Zeitpunkt, in dem der Tarifvertrag abgeschlossen worden ist, der für den prozessualen Anspruch der klagenden Partei entscheidungserheblich ist. Dennoch geht die Rechtskraftwirkung über das im Beschlusstenor genannte Datum hinaus. Der Klagegrund wird durch die vom Antragsteller zur Begründung seines Antrags angeführten Gründe, aus denen sich das Vorliegen oder das Nichtvorliegen der in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG bezeichneten Eigenschaften ergeben soll, mit bestimmt.

10

bb) Ist die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung vom Antragsteller aus Rechtsgründen in Frage gestellt worden, richtet sich der Streitgegenstand danach, ob die geltend gemachten Rechtsmängel zu dem im Antrag genannten Zeitpunkt diesen Eigenschaften entgegenstehen. Wird in einem Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG rechtkräftig entschieden, dass eine Vereinigung aufgrund von Satzungsmängeln zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht tariffähig oder tarifzuständig war, steht deshalb diese Feststellung weiteren Verfahren entgegen, in denen sich diese Eigenschaften der Vereinigung zu einem anderen Zeitpunkt ebenso nach dieser Satzung bestimmen. In diesem Fall kann die Beurteilung der in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG genannten Eigenschaften nur einheitlich auf der Grundlage der maßgeblichen Satzung erfolgen. Die gerichtliche Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung entfaltet dann eine Bindungswirkung für nachfolgende Verfahren, in denen im Geltungsbereich der nämlichen Satzung diese Eigenschaften entweder streitgegenständlich oder nur als Vorfrage für den erhobenen prozessualen Anspruch zu beurteilen sind. Wird in einem Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG festgestellt, dass eine Arbeitnehmerkoalition bei Abschluss eines bestimmten Tarifvertrags aus tatsächlichen Gründen nicht über die erforderliche soziale Mächtigkeit verfügt hat, ist von deren Fehlen nicht nur für den festgestellten Zeitpunkt, sondern auch für die Folgezeit auszugehen. Die materielle Rechtskraft der im Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG getroffenen Entscheidung wirkt in beiden Fällen bis zu einer wesentlichen Änderung der entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 a der Gründe, BAGE 95, 47).

11

d) Danach erweist sich die Rechtsbeschwerde als begründet.

12

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. - DB 2012, 693) festgestellt, dass die CGZP weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähig ist(Seite 33 und 35 des amtlichen Umdrucks). Diese Entscheidung hat mit der Zurückweisung der dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde durch den Senatsbeschluss vom 22. Mai 2012 (- 1 ABN 27/12 -) Rechtskraft erlangt. Der vom Landesarbeitsgericht entschiedene Streitgegenstand geht über die drei konkreten Zeitpunkte hinaus, für die es das Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP festgestellt hat. Streitgegenständlich war die Satzung der CGZP in ihren vor dem 8. Oktober 2009 geltenden Fassungen vom 11. Dezember 2002 und vom 5. Dezember 2005. Die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 erstreckt sich danach vom Zeitpunkt der Gründung der CGZP am 11. Dezember 2002 bis zum 7. Oktober 2009. Sie umfasst damit auch die vom Arbeitsgericht als entscheidungserheblich angesehenen Zeitpunkte (13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie 12. Dezember 2006). Dies steht einer erneuten Durchführung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG entgegen und führt zur Aufhebung und Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

        

        

        

                 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2012 wird aufgehoben, soweit die Beklagte Nachforderungen für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2006 geltend macht. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 3/4, die Beklagte zu 1/4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Anhörungs- und Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 15 830,54 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von der Klägerin getragener Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

2

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ua einen Spezialgroßhandel für Brems- und Betätigungszüge. Einer von zwei Geschäftsführern war seit 25.2.1980 (Gründung der Gesellschaft) der Gesellschafter L. (im Folgenden: L.), der bis 26.2.1995 37,5 vH, vom 27.2.1995 bis 11.5.1997 62,5 vH und seitdem (wieder) 37,5 vH der Gesellschaftsanteile hielt. Während des gesamten Zeitraums verfügte L. bei wichtigen Beschlüssen der Gesellschafterversammlung über eine sog Sperrminorität, weil diese Beschlüsse der Zustimmung von mindestens 80 vH der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen bedurften. Die Klägerin entrichtete für L. vom 25.2.1980 bis 31.12.1999 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung.

3

Am 20.10.1997 führte die AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen (im Folgenden AOK) als Einzugsstelle eine Betriebsprüfung (Arbeitgeberprüfung) bei der Klägerin durch (Prüfzeitraum 1.10.1993 bis 31.12.1996). In einer aus Anlass der Abschlussbesprechung vom Steuerberater der Klägerin gefertigten Aktennotiz heißt es: Zwar habe der Mitarbeiter der AOK erwähnt, "dass eventuell zu prüfen sei, ob die Sozialversicherungspflicht für die beiden Gesellschafter korrekt ist, bzw. ob es zu einer Versicherungsfreiheit kommen kann". Der Mitarbeiter habe "dieses Thema aber nicht mehr weiter verfolgt, da auch noch die Erben H. an der Gesellschaft beteiligt waren". Die AOK verwies hierzu darauf, dass die Prüfung der Versicherungspflicht der beiden Geschäftsführer der Klägerin als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht Gegenstand der im Jahr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung gewesen sei. Die Einzugsstelle habe sich bei der Prüfung auf Stichproben beschränken dürfen. Im Anschluss an eine (weitere) Betriebsprüfung durch die LVA Hessen am 5.6.2001 trug die Prüferin im Protokoll der Schlussbesprechung ein, dass für L. ab 1.1.2000 keine Beiträge zur Sozialversicherung mehr abgeführt würden, "obwohl dem Grunde nach Sozialversicherungspflicht besteht".

4

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.11.2001 stellte die AOK als Einzugsstelle gegenüber der Klägerin fest, dass L. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer ab 25.2.1980 nicht wegen einer Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliege.

5

Am 18.12.2001 beantragte die Klägerin bei der AOK, ihr die vom 25.2.1980 bis 31.12.1999 für L. gezahlten "Beiträge" zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Die AOK leitete den Antrag unter Hinweis auf eine in Betracht kommende Verjährung zuständigkeitshalber an die Rechtsvorgängerin der beklagten Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beklagte) weiter. Mit zwei Bescheiden vom 11.6.2002 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und L. fest, dass die von der Klägerin zur Arbeitslosenversicherung gezahlten Beiträge in voller Höhe zu Unrecht entrichtet worden seien, und setzte den Erstattungsbetrag für die Zeit vom 1.12.1996 bis 31.12.1999 auf jeweils 9785,10 DM (= 5003,04 Euro) fest. Für die Zeit vor dem 1.12.1996 lehnte sie eine Erstattung ab, weil der Erstattungsanspruch insoweit verjährt und sie nicht verpflichtet sei, im Wege einer Ermessensentscheidung auf die Einrede der Verjährung zu verzichten; die Beitragsüberzahlung sei nämlich nicht auf fehlerhaftes Verwaltungshandeln zurückzuführen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2002 zurück.

6

Die Klägerin hat Klage erhoben und begehrt, die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, an sie die für L. "für die Zeit vom 25.2.1980 bis zum 30.11.2001 gezahlten Beiträge in Höhe von 94 326,25 Euro abzüglich bereits gezahlter 5003,04 Euro zu erstatten". Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.10.2007). Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Abänderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, "ihr gezahlte Beiträge in Höhe von weiteren 89 323,21 Euro für den Zeitraum vom 25.2.1980 bis zum 30.11.1996 zu erstatten". Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe sich ermessensfehlerfrei auf die Einrede der Verjährung berufen. Das SG habe die Rechtsfolgen durchgeführter Betriebsprüfungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zutreffend dargestellt. Betriebsprüfungen bezweckten danach nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm "Entlastung" zu erteilen. Vielmehr liege es primär in der Verantwortung des Arbeitgebers, den Versicherungsstatus seiner Mitarbeiter richtig zu beurteilen. In Zweifelsfällen sei der zuständige Versicherungsträger oder die Einzugsstelle zu befragen und ein Feststellungsverfahren einzuleiten. Bei Klein- oder Kleinstbetrieben (mit nur sehr wenigen oder überhaupt keinen weiteren Arbeitnehmern) bestehe keine weitergehende Prüfungspflicht; eine solche lasse sich weder den Vorschriften des SGB IV noch der Beitragsüberwachungsverordnung (BeitrÜV) entnehmen. Auch hier dürfe sich eine Betriebsprüfung infolgedessen auf Stichproben beschränken, sodass einzelne gemeldete Mitarbeiter von der Prüfung ausgeschlossen bleiben könnten. Anlass, die Umstände der im Jahr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung weiter aufzuklären, gebe es nicht (Urteil vom 18.2.2011).

7

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung von § 27 Abs 2 S 1 SGB IV sowie der für eine Prüfung der Sozialversicherungsträger bei den Arbeitgebern geltenden Vorschriften. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte sei "rechtsmissbräuchlich". Bei den vorangegangenen Betriebsprüfungen habe sich die Sozialverwaltung nicht auf stichprobenartige Prüfungen beschränken dürfen. Jedenfalls für Kleinbetriebe müssten andere Maßstäbe gelten. Ein Kleinbetrieb, der - wie sie - nur wenige Mitarbeiter habe, könne erwarten, dass ein Betriebsprüfer die Sozialversicherungspflicht dieser Mitarbeiter vollständig und verlässlich beurteile. Insoweit sei der vom LSG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 25.8.2005 (L 1 AL 5/05 - Juris = NZA 2006, 534) vertretenen Auffassung zu folgen. Soweit es um die begriffliche Abgrenzung des Kleinbetriebs von sonstigen Betrieben gehe, könne an die Vorstellungen des Gesetzgebers im Kündigungsschutzgesetz angeknüpft werden. Es sei unerträglich, dass Betriebsprüfer bei fehlerhafter Prüfung keiner Haftung unterlägen und sich darüber hinaus die Sozialverwaltung - einerseits - gegen eine Beitragserstattung durch die Verjährungseinrede schützen könne, während sie - andererseits - die Zahlung von Arbeitslosengeld verweigern dürfe.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 2011 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 11. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2002 zu verurteilen, ihr weitere 15 830,54 Euro zu erstatten.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Erhebung der Verjährungseinrede stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar. Nach der Rechtsprechung des BSG begründeten auch bei Kleinbetrieben durchgeführte Betriebsprüfungen keinen Vertrauensschutz.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Zutreffend hat das LSG ihre Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die Klägerin kann von der beklagten Bundesagentur für Arbeit die Erstattung der von ihr als Arbeitgeberin für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 für den Gesellschafter-Geschäftsführer L. getragenen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht verlangen. Die Beklagte hat die Erfüllung des bestehenden Erstattungsanspruchs zu Recht verweigert; ihre Entscheidung, hinsichtlich dieser Beiträge die Einrede der Verjährung zu erheben, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 11.6.2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 18.11.2002 ist daher (auch) insoweit rechtmäßig.

13

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der - an die Klägerin gerichtete - Bescheid vom 11.6.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2002 nur noch insoweit, als die Beklagte darin den Erstattungsantrag der Klägerin - hinsichtlich der für L. gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 - abgelehnt hat. Zu überprüfen ist darüber hinaus lediglich, ob die Klägerin die Erstattung der (in diesem Zeitraum) von ihr getragenen Beiträge (vgl § 26 Abs 3 S 1 SGB IV iVm § 185a Abs 1 S 2 Arbeitsförderungsgesetz), also der Arbeitgeberanteile, verlangen kann. Nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits ist - was die Klägerin mit ihrem ursprünglichen Klageantrag ebenfalls begehrt hat - nach entsprechender Beschränkung des Klagebegehrens die Erstattung der für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 von ihr getragenen Beiträge zur Rentenversicherung.

14

2. Die Klägerin kann von der Beklagten die Arbeitgeberanteile der für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 für L. entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht erstattet verlangen. Zwar war(en) ihr(e) Anspruch (Ansprüche) auf Beitragserstattung insoweit entstanden - und fällig geworden - (dazu a); er (sie) war(en) jedoch für die zwischen 1980 und November 1996 entrichteten Beiträge verjährt (dazu b). Die Beklagte macht auch beanstandungsfrei die Einrede der Verjährung geltend und ist deshalb zur Verweigerung der Erstattung berechtigt (dazu c).

15

a) Nach § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV bzw dem für das Recht der Arbeitsförderung bis zum 31.12.1997 geltenden - mit § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV nahezu textidentischen - § 185a Abs 1 S 1 AFG(vgl zum Zeitpunkt des Entstehens von Beitragserstattungsansprüchen allgemein BSG SozR 3-2400 § 28 Nr 1 S 4) sind zu Unrecht entrichtete Beiträge (zur Arbeitslosenversicherung) zu erstatten; eine Erstattung solcher Beiträge kommt nach § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV nur dann in Betracht, wenn der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, keine Leistungen erbracht oder zu erbringen hat (sog Verfallklausel). Gemäß § 26 Abs 3 S 1 SGB IV(iVm § 185a Abs 1 S 2 AFG) steht der Erstattungsanspruch demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat.

16

Die von der Klägerin für L. im streitigen Zeitraum getragenen und gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wurden von ihr iS von § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV bzw § 185a Abs 1 S 1 AFG zu Unrecht entrichtet; denn mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.11.2001 stellte die Einzugsstelle fest, dass L. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer ab 25.2.1980 nicht wegen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht - und im Recht der Arbeitsförderung der Beitragspflicht - unterliegt. Die Klägerin hat ihren Beitragserstattungsanspruch erstmals im Dezember 2001 geltend gemacht; bis zu diesem Zeitpunkt wurden von der Beklagten Leistungen an L. nicht erbracht bzw waren nicht zu erbringen. Die Beklagte erfüllte den Beitragserstattungsanspruch bzw die Beitragserstattungsansprüche für die von Dezember 1996 bis Dezember 1999 entrichteten Beiträge durch entsprechende Zahlung.

17

Die für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wurden von der Klägerin nicht etwa (bereits) deshalb gleichwohl zu Recht entrichtet, weil - wie die Beklagte einwendet - in der Vergangenheit bei früheren Betriebsprüfungen (Arbeitgeberprüfungen) ein für diese verbindlicher (§ 77 SGG) Verwaltungsakt über die Feststellung der Versicherungspflicht bzw - im Bereich der Arbeitslosenversicherung - der Beitragspflicht des L. ab 25.2.1980 ergangen sein könnte; ein solcher Verwaltungsakt wäre dann nämlich (weiterhin) Rechtsgrund für die Tragung der Beiträge und ließe einen Beitragserstattungsanspruch (schon gar) nicht entstehen mit der Folge, dass über Fragen der Verjährung vorliegend (überhaupt) nicht entschieden werden müsste (vgl zu einem solchen Fall BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2). Nach den Feststellungen des LSG waren bei früheren Betriebsprüfungen durch Einzugsstellen oder Rentenversicherungsträger konkret die Versicherungspflicht bzw Beitragspflicht des L. und die Richtigkeit der Beitragszahlungen feststellende, also der materiellen Bindung fähige personenbezogene Bescheide für einen bestimmten Zeitraum (vgl hierzu BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; auch BSG-Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) nicht ergangen. Zwar hat das Berufungsgericht von (weiteren) Ermittlungen zu der im Oktober 1997 (für den Prüfzeitraum 1.10.1993 bis 31.12.1996) von der Einzugsstelle durchgeführten Betriebsprüfung abgesehen und nicht (weiter) aufgeklärt, ob und in welchem Umfang die versicherungsrechtlichen Verhältnisse des L. seinerzeit (tatsächlich) vollständig überprüft wurden (bzw Anlass hierfür bestand). Jedenfalls hat das LSG aber festgestellt, dass wegen fehlender Kenntnis der Vertragsgestaltung und tatsächlichen Durchführung der Geschäftsführertätigkeit von einer solchen vollständigen Prüfung abgesehen (und diese - unvollständige - Prüfung damit auch nicht durch einen Verwaltungsakt über die Versicherungspflicht bzw Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung und die Beitragshöhe abgeschlossen) wurde. Im Übrigen wären bei früheren Betriebsprüfungen ergangene Bescheide der Einzugsstelle zur Versicherungspflicht bzw Beitragspflicht des L. durch den Bescheid der Einzugsstelle vom 18.12.2001 mit Rückwirkung ab 25.2.1980 schlüssig aufgehoben worden (siehe - zu einer vergleichbaren Konstellation - BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 13).

18

b) Die hier geltend gemachten entstandenen Erstattungsansprüche hinsichtlich der für die Zeit vom 25.2.1980 bis 30.11.1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind verjährt.

19

Nach § 27 Abs 2 S 1 SGB IV(iVm § 185a Abs 1 S 2 AFG)verjährt der Anspruch auf Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. § 27 Abs 2 S 2 SGB IV, wonach die Verjährung erst mit Ablauf des Kalenderjahrs einer Beitragsbeanstandung durch den Versicherungsträger beginnt, findet in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung(vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 9, und BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341; ferner BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 11; nunmehr ausdrücklich § 351 Abs 1 S 2 SGB III). Die Verjährungsvorschriften bedürfen für den besonderen Zusammenhang des Beitragsrechts in der Arbeitslosenversicherung keiner Modifikation (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 10 ff; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341; BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 11). Auch ist - entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung - ihre Unkenntnis von den Beitragserstattungsansprüchen und damit die Möglichkeit, diese (rechtzeitig) geltend zu machen, für die Frage der Verjährung ohne Bedeutung (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341).

20

Die entstandenen Erstattungsansprüche hinsichtlich der bis November 1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind demgemäß mit Ablauf des Jahres 2000 insgesamt verjährt. Anhaltspunkte für eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung nach den sinngemäß geltenden Vorschriften des BGB (vgl § 27 Abs 3 S 1 SGB IV idF bis 31.12.2001 iVm §§ 198 ff BGB aF) sind nicht gegeben. Insbesondere hat die Klägerin einen schriftlichen Antrag auf Erstattung, der die Verjährung unterbrechen konnte (vgl § 27 Abs 3 S 2 SGB IV), erst im Dezember 2001 und damit nach Ablauf des Verjährungszeitraums gestellt.

21

c) Die Beklagte war auch, soweit es um die vor Dezember 1996 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung geht, zur Verweigerung der Beitragserstattung wegen Verjährung berechtigt; sie hat ohne Rechtsfehler die Einrede der Verjährung erhoben.

22

Der Verjährungseinrede steht nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (venire contra factum proprium) als Unterfall des auch im öffentlichen Recht maßgebenden - und von Amts wegen zu beachtenden - § 242 BGB entgegen. Ob dieser Gesichtspunkt der Berufung auf den Verjährungseintritt bereits tatbestandsmäßig entgegensteht oder erst im Zusammenhang mit dem dem Schuldner nach § 27 Abs 3 S 1 SGB IV iVm § 222 Abs 1 BGB aF zustehenden Ermessen zu beachten ist(vgl zu dieser Frage BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 14 mwN; ferner BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Zutreffend geht das LSG - unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG) - nämlich davon aus, dass aus der Begründung des Bescheides der Beklagten vom 11.6.2002 und ihres Widerspruchsbescheides vom 18.11.2002 jedenfalls (auch) zu entnehmen ist, dass sie ihre Pflicht erkannte, eine Ermessensentscheidung über die Erhebung der Verjährungseinrede zu treffen (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 15, mwN; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341), und eine solche Ermessensentscheidung tatsächlich getroffen hat. Dabei hielt sie sich an ihre Verwaltungsanweisungen, die vorsehen, in Fällen einer "unbilligen Härte" von der Verjährungseinrede abzusehen. Hierzu heißt es in der Durchführungsanweisung der Beklagten zu § 27 SGB IV: "Eine besondere Härte ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der BA, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung (letzterer als Prüfinstitution) beruht, dh die fehlerhafte Beitragszahlung muss von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden sein." Dies verneinte die Beklagte für den vorliegenden Zusammenhang zu Recht.

23

Für das Ermessen relevante Gesichtspunkte im Sinne einer unbilligen oder besonderen Härte, die ausnahmsweise dazu hätten Anlass geben können, das Interesse der Versichertengemeinschaft, unvorhergesehene Belastungen zu verhindern, hintanzustellen (vgl BSGE 40, 279, 280 = SozR 2200 § 29 Nr 4) und von der Verjährungseinrede abzusehen, liegen nicht vor. Insbesondere ist der (bloße) Umstand, dass in der Vergangenheit von Einzugsstellen oder Rentenversicherungsträgern durchgeführte Betriebsprüfungen (Arbeitgeberprüfungen) hinsichtlich erfolgter Beitragszahlungen ohne Beanstandungen blieben, später aber für bereits geprüfte (abgeschlossene) Zeiträume festgestellt wurde, dass der Mitarbeiter nicht versicherungspflichtig bzw beitragspflichtig war, kein - der Beklagten zuzurechnendes - fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Prüfbehörden (dazu aa). Das ist unabhängig von der Betriebsgröße als "Rechtsfolge" auch bei Betriebsprüfungen in kleinen oder Kleinstbetrieben anzunehmen (dazu bb). Jüngere Instanzrechtsprechung "zur Beitragsprüfung", zu "Anforderungen der Rechtsentwicklung" oder "aktuelle rechtliche Bedürfnisse" veranlassen hier nicht zu einer anderen Beurteilung (dazu cc).

24

aa) Der Senat hat sich bereits wiederholt - im Zusammenhang mit sog Beitragsnachforderungsfällen (vgl BSGE 47, 194 = SozR 2200 § 1399 Nr 11; BSGE 93, 109 = SozR 4-5375 § 2 Nr 1; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2; BSG SozR 4-2400 § 22 Nr 1) und sog Beitragserstattungsfällen (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) - mit den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen befasst, bei denen es zunächst keine Beanstandungen gab, sich später jedoch herausstellte, dass die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht von Mitarbeitern vom geprüften Arbeitgeber schon im Prüfzeitraum unzutreffend beurteilt wurden, dieses im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen war. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich als grundlegende Erkenntnis, dass Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) aus solchen Betriebsprüfungen keine weitergehenden Rechte herleiten können, weil Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck haben, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern (vgl stellvertretend BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 36, mwN; BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20). Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu und kann ihnen schon deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend zu sein braucht und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 19 mwN). Betriebsprüfungen - ebenso wie das Ergebnis der Prüfung festhaltende Prüfberichte der Versicherungsträger - bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa - mit Außenwirkung - "Entlastung" zu erteilen (vgl BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11). Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341). Hiervon ausgehend hat der Senat bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen das Bestehen einer Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) bzw eines vertrauensbegründenden (Verwirkungs-)Verhaltens des prüfenden Versicherungsträgers (vgl BSGE 47, 194, 196 ff = SozR 2200 § 1399 Nr 11) und in Beitragserstattungsfällen das Vorliegen eines eigenen oder zuzurechnenden fehlerhaften Verwaltungshandelns der Prüfbehörde (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21) verneint.

25

Ist die Beurteilung der sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters für den Arbeitgeber (oder Arbeitnehmer) zweifelhaft, so stehen ihm nämlich mehrere Möglichkeiten offen, Rechtsklarheit zu erlangen. Er kann gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des Mitarbeiters durch Verwaltungsakt herbeiführen(vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; BSG SozR 3-2400 § 26 Nr 7 S 35). An diese Entscheidung sind die Versicherungsträger nach Maßgabe der §§ 44 ff SGB X gebunden(§ 77 SGG). Mit dem gleichen Ziel kann heute der Weg des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV beschritten werden.

26

bb) Der Senat wendet diese Grundsätze in ständiger Rechtsprechung auch bei Betriebsprüfungen in "kleineren" Betrieben an (vgl - im Zusammenhang mit Nachforderungsfällen - BSGE 93, 109 = SozR 4-5375 § 2 Nr 1, RdNr 33 bzw 34; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 36; BSG SozR 4-2400 § 22 Nr 1 RdNr 38, und - im Zusammenhang mit Erstattungsfällen - BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341). Selbst für Betriebsprüfungen in sog Kleinstbetrieben mit nur einem (einzigen) "Aushilfsarbeiter" hat er eine Verpflichtung der Prüfbehörden verneint, die versicherungsrechtlichen Verhältnisse der (aller) Mitarbeiter vollständig zu beurteilen (vgl BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 1, 36). Obwohl in der Literatur teilweise die Forderung erhoben wird, die Prüfung solle umso dichter sein, je kleiner ein Betrieb ist (vgl hierzu Neidert/Scheer, DB 2011, 2547, 2548), darf die Prüfung von Aufzeichnungen und Unterlagen hier ebenfalls auf Stichproben beschränkt bleiben. Der Senat hat seine Auffassung schon in der Vergangenheit damit begründet, dass sich dem SGB IV und dem für Betriebsprüfungen geltenden Verordnungsrecht eine Unterscheidung zwischen "kleinen" und "großen" Betrieben hinsichtlich Umfang und Schutzweck von Betriebsprüfungen nicht entnehmen lässt (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341). Er hat weiter darauf hingewiesen, dass es im Übrigen auch bei kleineren Betrieben mit wenigen Arbeitnehmern ausgeschlossen sei, eine vollständige Überprüfung der Lohn(Entgelt)unterlagen vorzunehmen, weil die Prüfzeiträume mehrere Jahre umfassen und sich eine Vollüberprüfung sonst auf sämtliche Abrechnungszeiträume in allen Versicherungszweigen erstrecken müsste.

27

cc) An dieser Rechtsprechung - zum obligatorischen Umfang einer Betriebsprüfung, zur fehlenden Relevanz der Betriebsgröße insoweit und zu den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen - hält der Senat auch in Ansehung neuerer Instanzrechtsprechung "zur Beitragsprüfung" und trotz im Schrifttum erhobener (vorrangig sozialpolitisch einzuordnender) Forderungen nach einer Herstellung von Rechtsfrieden zwischen Sozialverwaltung einerseits und Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) andererseits fest.

28

Entgegen der vom LSG Rheinland-Pfalz in seinem - vom Berufungsgericht zitierten und von der Klägerin für ihren Rechtsstandpunkt herangezogenen - Urteil vom 25.8.2005 (L 1 AL 5/05 - Juris = NZA 2006, 534) vertretenen Auffassung sind Prüfbehörden, wenn "außer dem Gesellschafter-Geschäftsführer nur eine weitere Angestellte gemeldet" ist, nicht (von vornherein) zur umfassenden und erschöpfenden Prüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Mitarbeiter verpflichtet. Das LSG Rheinland-Pfalz belegt seine Ansicht, dass im Hinblick auf solche betrieblichen Besonderheiten für eine Stichprobenprüfung "kein Raum" sein bzw "grundsätzlich keine Veranlassung bestehen" soll, die Betriebsprüfung auf Stichproben zu beschränken (LSG, aaO, Juris RdNr 21 f) nicht mit einer juristisch nachvollziehbaren Argumentation.

29

Es ist auch nicht der vereinzelt im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl Rittweger, DB 2011, 2147 ff, unter Hinweis auf Bayerisches LSG Urteil vom 18.1.2011 - L 5 R 752/08 - Juris = ASR 2011, 250, und Bayerisches LSG Beschluss vom 7.10.2011 - L 5 R 613/11 B ER - Juris = NZS 2012, 280; kritisch - auf den Gesichtspunkt der Transparenz für die Rechtsverfolgung abhebend - auch Brand, NZS 2013, 641, 644) zu folgen, nach der zur Herstellung von "Kalkulationssicherheit bei den Arbeitgebern" in Beitragsnachforderungsfällen bei beanstandungsfreien Betriebsprüfungen ein "Bestandsschutz" für den gesamten geprüften Zeitraum und die versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Mitarbeiter angenommen werden müsse. Dieser "Bestandsschutz" soll dieser Auffassung zufolge - konstruktiv - dadurch erreicht werden, dass eine Betriebsprüfung als in jeder Hinsicht (verfahrens)abschließend betrachtet und zu diesem Zweck das Ergebnis der Prüfung festhaltenden Prüfberichten - in ihrer (nur noch) bis Ende 2010 bestehenden Form (vgl hierzu die Streichung des § 7 Abs 3 Beitragsverfahrensverordnung vom 3.5.2006 durch Art 10 Nr 1 Buchst a des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5.8.2010, BGBl I 1127) - im Verhältnis zum Arbeitgeber Verwaltungsaktsqualität "zuerkannt" bzw ein "formeller Prüfabschluss-Bescheid" gegenüber dem Arbeitgeber gefordert wird (vgl Rittweger, DB 2011, 2147, 2148 f); bei Beitragsnachforderungen solle dann die Pflicht bestehen, die Bindungen des § 45 SGB X und dessen Vertrauensschutzregelungen zu beachten(vgl Rittweger, DB 2011, 2147, 2149), sodass "Eingriffe" in abgeschlossene (oder sich jedenfalls überschneidende) Prüfzeiträume nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich seien. In der Konsequenz dieser Auffassung müsste dann für Beitragserstattungsfälle - zum Zweck der Herstellung von "Kalkulationssicherheit bei den Arbeitgebern" - gefordert werden, dass eine Berufung auf den Verjährungseintritt als unzulässige Rechtsausübung gehindert sei, weil die Beitragsüberzahlung auf ein zurechenbares fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Prüfbehörde zurückgehe.

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Gegen diese vor allem mit den "Anforderungen der Rechtsentwicklung" und "aktuellen rechtlichen Bedürfnissen" begründete Ansicht ist indessen einzuwenden, dass es - was aber (zunächst) erforderlich wäre - eine Ermächtigung für die Versicherungsträger (Prüfinstitutionen), Prüfberichte als Verwaltungsakte (mit Außenwirkung für den Arbeitgeber) zu erlassen, im SGB IV und in dem für Betriebsprüfungen geltenden Verordnungsrecht nicht gibt. So musste etwa nach § 1 Abs 3 S 1 der bis 30.6.2006 geltenden BeitrÜV vom 22.5.1989 (BGBl I 992) - und § 7 Abs 3 S 1 BVV in ihrer bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aaO) - jeder Versicherungsträger (Prüfinstitution), der eine Prüfung durchgeführt hatte, den Umfang und das Ergebnis der Prüfung … in einem "Bericht" festhalten. Der Prüfbericht, der - mit dem Ziel seiner Weitergabe etwa an die Einzugsstellen (vgl § 1 Abs 3 S 3 BÜV und § 7 Abs 4 S 3 BVV) - lediglich festhielt, welches versicherungsrechtliche Ergebnis aus dem geprüften Sachverhalt hervorging (vgl zu dessen Funktion BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20, mwN; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) sollte nach der Konzeption des Verordnungsgebers, die in den einschlägigen Vorschriften ihren Niederschlag gefunden hat, aber nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Versicherungsträger (Prüfinstitution) Bedeutung erlangen und damit internen Charakter (ohne Außenwirkung für den Arbeitgeber) erhalten (so auch Neidert/Scheer, DB 2011, 2547). Eine (ausdrückliche) Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten "im Rahmen der Prüfung" besteht nur in § 28p Abs 1 S 5 SGB IV, nämlich soweit Versicherungspflicht und/oder Beitragspflicht sowie Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume (oder ggf durch Summenbescheid) festgestellt werden sollen.

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Keine Verwaltungsakte stellen auch die - dem Arbeitgeber gegenüber schriftlich abzugebenden (vgl § 1 Abs 4 S 1 BeitrÜV und § 7 Abs 4 S 1 BVV) - Mitteilungen der Versicherungsträger (Prüfinstitutionen) über das Ergebnis der Betriebsprüfung dar. Eine solche (bloße) Prüfmitteilung kommt in Betracht, wenn die Betriebsprüfung ohne Beanstandungen blieb; andernfalls wird das Ergebnis der Betriebsprüfung nämlich in der Gestalt von Bescheiden nach § 28p Abs 1 S 5 SGB IV bekanntgegeben(vgl auch Neidert/Scheer, DB 2011, 2547; Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28p RdNr 138 f; Roßbach in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28p SGB IV RdNr 11). Schon nach dem Wortlaut der Verordnungsregelungen ("Mitteilung") setzt die Mitteilung an den Arbeitgeber diesem gegenüber keine (verbindliche) - regelnde oder feststellende - Rechtsfolge, sondern enthält lediglich eine (unverbindliche) Information des Versicherungsträgers (Prüfinstitution) über die zurückliegende Betriebsprüfung (so ausdrücklich Jochim, aaO, RdNr 138; Roßbach, aaO, RdNr 11; vgl auch Brand, NZS 2013, 641, 645).

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Gegen die Annahme eines umfassenden "Bestandsschutzes" für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) nach beanstandungsfreien Betriebsprüfungen spricht schließlich, dass das Verfahren der Betriebsprüfung (heute) inhaltsgleich und rechtlich gleichwertig neben dem Einzugsstellenverfahren (vgl § 28h Abs 2 SGB IV)und dem Anfrageverfahren (vgl § 7a SGB IV) besteht (vgl - zum Anfrageverfahren - BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 17, 22 f; BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 13, 18 f)und für die Entscheidungskompetenzen der Einzugsstelle und der "Clearing-Stelle" im Rahmen der Beschäftigtenversicherung (entsprechende) zeitliche Einschränkungen gesetzlich (gerade) nicht gelten. Die Entscheidung, ob eine bestimmte Tätigkeit als Beschäftigung zur Versicherungspflicht führt oder nicht, kann auch im Einzugsstellen- und Anfrageverfahren grundsätzlich ohne zeitliche Beschränkungen nachträglich getroffen werden; das hat der Senat für diese Verfahren stets ohne Weiteres angenommen und ist davon ausgegangen, dass Verwaltungsakte über das (Nicht)Bestehen von Versicherungspflicht hier unabhängig davon ergehen können, ob die Tätigkeit bereits zuvor von einer Einzugsstelle, der "Clearing-Stelle" oder bei einer Betriebsprüfung beurteilt und ohne Beanstandungen geblieben war (so auch - zum Einzugsstellenverfahren - LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.4.2009 - L 11 KR 2495/05 - Juris RdNr 53 = ArbuR 2009, 264). Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes sind allerdings auch im Einzugsstellen- und Anfrageverfahren (jedenfalls) dann zu prüfen, wenn in der Vergangenheit Verwaltungsakte mit materieller Bindungswirkung ergangen sind.

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Vor diesem Hintergrund kann die im Schrifttum erhobene Forderung nach einem "neuen rechtlichen Rahmen", insbesondere einem formellen "Prüfabschluss-Bescheid", bzw einer "neuen Beitragsordnung" (vgl Rittweger, DB 2011, 2147, 2149) letztlich nur als Anregung an den Gesetzgeber verstanden werden, dem "Bestands- bzw Vertrauensschutz" nach Betriebsprüfungen, die ohne Beanstandungen geblieben sind, mehr Beachtung zu schenken. Als Referenz wird insoweit vor allem die für Steuerbescheide, die aufgrund einer (steuerlichen) Außenprüfung ergangen sind, geltende Änderungssperre nach § 173 Abs 2 S 1 Abgabenordnung (AO) benannt, die - unter den dort geregelten Voraussetzungen - als zusätzliches Korrekturhindernis die allgemeinen Korrekturtatbestände des § 173 Abs 1 AO modifiziert; eine entsprechende Vorschrift existiert indessen für das Sozialversicherungsrecht nicht. Angesichts der jahrzehntelangen, dem Gesetzgeber bekannten Rechtsprechung des Senats zu den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen kann auch nicht von einer durch eine Analogie auszufüllenden Gesetzeslücke ausgegangen werden.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

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4. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrages der noch streitigen Forderung nach Erstattung der Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung festzusetzen.

(1) Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Satz 1 gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten. Die landwirtschaftliche Krankenkasse kann wegen der mitarbeitenden Familienangehörigen Ausnahmen zulassen. Für die Aufbewahrung der Beitragsabrechnungen und der Beitragsnachweise gilt Satz 1.

(1a) Bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe oder durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördern, hat der Unternehmer die Entgeltunterlagen und die Beitragsabrechnung so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Die Pflicht nach Satz 1 ruht für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist, solange er eine Präqualifikation oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 28e Absatz 3f Satz 1 und 2 oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 150 Absatz 3 Satz 2 des Siebten Buches vorlegen kann.

(1b) Hat ein Arbeitgeber keinen Sitz im Inland, hat er zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 einen Bevollmächtigten mit Sitz im Inland zu bestellen. Als Sitz des Arbeitgebers gilt der Beschäftigungsbetrieb des Bevollmächtigten im Inland, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten. Im Fall von Satz 2 zweiter Halbsatz findet § 98 Absatz 1 Satz 4 des Zehnten Buches keine Anwendung.

(2) Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Satz 1 gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mitzuberücksichtigen. Der prüfende Träger der Rentenversicherung hat einen auf Grund der Sätze 1, 3 und 4 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Die von dem Arbeitgeber auf Grund dieses Bescheides geleisteten Zahlungen sind insoweit mit der Beitragsforderung zu verrechnen.

(3) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln; dies gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten bei Verwendung von Haushaltsschecks. Übermittelt der Arbeitgeber den Beitragsnachweis nicht zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge, so kann die Einzugsstelle das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt schätzen, bis der Nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. Der Beitragsnachweis gilt für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Im Beitragsnachweis ist auch die Steuernummer des Arbeitgebers anzugeben, wenn der Beitragsnachweis die Pauschsteuer für geringfügig Beschäftigte enthält.

(4) (weggefallen)

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.