Sozialgericht Bayreuth Gerichtsbescheid, 16. Aug. 2017 - S 17 AS 642/16

bei uns veröffentlicht am16.08.2017

Tenor

I. Der Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 betreffend die Feststellung einer Minderung des Arbeitslosengeldes II der Klägerin im Zeitraum 01.06.2016 bis 31.08.2016 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 verurteilt, der Klägerin im Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.07.2016 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 109,20 € monatlich zu bezahlen.

III. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rechtmäßigkeit einer Sanktion wegen der Aufgabe einer selbst gesuchten Tätigkeit der Klägerin durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages.

Die 1961 geborene Klägerin steht, in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem 1956 geborenen Ehemann, im laufenden Bezug von ergänzenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) beim Beklagten. Ab 01.02.2016 war sie in der Pension F., Inh. S., als Zimmermädchen und Frühstückskraft sozialversicherungspflichtig zu einem Bruttomonatslohn von 510,00 € (netto 406,85 €) beschäftigt, was sie dem Beklagten am 11.02.2016 mitteilte. Daneben ging sie (weiter) einem Minijob in einem Privathaushalt nach. Mit Bescheid vom 18.02.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann - wegen schwankenden Einkommens vorläufig - Leistungen für den Zeitraum von 01.02.2016 bis 31.07.2016.

Am 04.04.2016 schlossen der Zeuge S. und die Klägerin einen Aufhebungsvertrag bezüglich des Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 31.03.2016. Daraufhin hörte der Beklagte die Klägerin zu einer Sanktion für drei Monate in Höhe von 30% der Regelleistung wegen der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Hierzu äußerte sich die Klägerin nicht.

Am 04.05.2016 teilte die Klägerin mit, ab 01.05.2016 einen Minijob zu einem Bruttolohn in Höhe von maximal 330,00 € als Reinigungskraft in der Pension A. in U. aufgenommen zu haben. Mit Änderungsbescheid vom 20.05.2016 berücksichtigte der Beklagte höhere Heizkosten und nahm das Einkommen der Klägerin aus der Tätigkeit bei Pension F. ab Mai 2016 aus der Berechnung. Stattdessen rechnete er ab Mai 2016 vorläufiges Einkommen der Klägerin in Höhe von 330,00 € bei der Pension A. an.

Mit Bescheid vom 23.05.2016 stellte der Beklagte eine Minderung des Arbeitslosengeldes II der Klägerin für den Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.08.2016 in Höhe von 30% des Regelbedarfs fest, mithin in Höhe von monatlich 109,20 €. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin habe trotz Kenntnis der Rechtsfolgen ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Pension F. einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag beendet. Einen wichtigen Grund habe sie nicht angegeben. Die Sanktion stütze sich daher auf § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II. Mit Änderungsbescheid ebenfalls vom 23.05.2016 setzte der Beklagte die Sanktion für den Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.07.2016 leistungsrechtlich um.

Die Klägerin legte am 25.05.2016 gegen die Sanktion vom 23.05.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, das Beschäftigungsverhältnis sei deshalb aufgehoben worden, weil Frau C., die Ehefrau des Zeugen S., sie nicht mehr habe beschäftigen wollen. Zudem habe sie ab 01.05.2016 eine neue Beschäftigung bei Landhaus A. aufgenommen und bemühe sich auch sonst ständig um eine Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung. Auch sei eine Anhörung zu der Sanktion nicht erfolgt. Am 07.06.2016 erfolgte eine ergänzende Begründung des Widerspruchs seitens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Sie führte aus, dass es zwar zutreffend sei, dass das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag gelöst worden sei. Jedoch sei der Klägerin bereits zuvor mündlich gekündigt worden. Auch wenn eine mündliche Kündigung nicht wirksam sei, komme darin der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck, an dem Arbeitsverhältnis nicht mehr festzuhalten. Eine ordentliche Kündigung hätte unproblematisch ausgesprochen werden können; in der Pension F. seien weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, weshalb das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Damit sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Klägerin unvermeidbar gewesen. Die Kündigungs- bzw. Aufhebungsgründe seien unbekannt; die Klägerin vermute, dass es eigentlich nicht genug Arbeit gegeben habe, um sie sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen. Sie habe daher teilweise im Privathaushalt der Inhaber arbeiten oder eher sinnlose Arbeiten im Malergeschäft verrichten müssen. Die Klägerin habe weder einen schriftlichen Arbeitsvertrag erhalten, noch habe der Arbeitgeber seine Pflichten aus dem Nachweisgesetz erfüllt. Der Klägerin sei mündlich zugesagt worden, dass sie jeden zweiten Sonntag frei habe; tatsächlich habe sie aber jeden Sonntag arbeiten müssen. Es habe „nicht gepasst“; die Klägerin gehe davon aus, dass es auch der Arbeitgeberin so gegangen sei. Zudem habe sich die Klägerin umgehend wieder eine Beschäftigung gesucht und arbeite wieder. Obwohl das neue Arbeitsverhältnis nicht sozialversicherungspflichtig sei, liege das Einkommen nur unwesentlich unter dem bisherigen.

Der Beklagte befragte daraufhin am 10.06.2016 den Zeugen S. schriftlich zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dieser teilte am 14.06.2016 mit, dass es zutreffe, dass der Klägerin bereits eine Kündigung in Aussicht gestellt bzw. dass ihr bereits gekündigt worden war. Dies habe daran gelegen, dass die Klägerin den Anforderungen in der Pension nicht gewachsen gewesen sei. Für das Arbeitsverhältnis sei eine Probezeit von drei Monaten vereinbart gewesen. Es sei nicht zutreffend, dass die Klägerin jeden Sonntag arbeiten musste, obwohl arbeitsvertraglich vereinbart gewesen sei, dass sie jeden zweiten Sonntag frei haben solle. Vielmehr sei vereinbart worden, dass gearbeitet werden muss, wenn Gäste da sind. Dafür gebe es an anderen Tagen frei. Die Klägerin habe in den zwei Monaten, die sie gearbeitet habe, nur an einem Sonntag gearbeitet.

Am 29.06.2016 erging eine weitere Sanktion in Höhe von 30% der Regelleistung für den Zeitraum vom 01.08.2016 bis 31.10.2016 gegen die Klägerin, wobei sich die Leistungen für den Überschneidungszeitraum der beiden Sanktion (Kalendermonat August) nur insgesamt um 30% mindern sollten.

Mit Bescheid vom 19.07.2016 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück, wobei er auf den Regelungsinhalt beider Bescheide vom 23.05.2016 Bezug nahm. Zur Begründung führte er aus, die Sanktion beruhe auf § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II. Die Klägerin habe durch den Aufhebungsvertrag vom 04.04.2016 das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis vorzeitig gelöst und hierdurch ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Da sie bei Lösung des Arbeitsverhältnisses weder einen Anschlussarbeitsvertrag noch eine konkrete Aussicht auf einen solchen gehabt habe, habe sie grob fahrlässig gehandelt. Zwar habe die Arbeitgeberin eine Kündigung in Aussicht gestellt bzw. zuvor rechtsunwirksam mündlich gekündigt. Mit Abschluss des Aufhebungsvertrages habe jedoch eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist stattgefunden. Gemäß § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) betrage die Kündigungsfrist während der Probezeit zwei Wochen. Die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2016 sei somit kausal für die früher eintretende Arbeitslosigkeit gewesen. Der Eintritt der Arbeitslosigkeit sei für die Klägerin absehbar gewesen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe sie noch kein Anschlussarbeitsverhältnis in Aussicht gehabt. Ein wichtiger Grund für die vorzeitige Arbeitsaufgabe sei nicht gegeben. Die Beschäftigung sei der Klägerin zumutbar gewesen. Gesundheitliche Einschränkungen seien weder bekannt noch vorgetragen worden. Die Anschlussbeschäftigung sei von den Anforderungen her vergleichbar. Der Vortrag der Klägerin, sie habe jeden Sonntag arbeiten müssen, obwohl vereinbart gewesen sei, dass jeder zweite Sonntag frei sei, sei nicht zutreffend.

Hiergegen hat die Klägerin am 17.08.2016 Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin im Zeitraum vom 01.06. bis 31.08.2016 die Regelleistung in der gesetzlichen Höhe von 364,00 € zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ergänzend zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid dargetan, dass für eine analoge Anwendung des § 159 Abs. 3 SGB III kein Anlass bestehe. Eine Absenkung sei gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB II nicht an die Dauer der Sperrzeit gemäß § 159 SGB III gebunden und es sei nicht von Bedeutung, ob ein Härtefall gemäß § 159 Abs. 3 SGB III gegeben sei. Es werde lediglich auf die Voraussetzungen einer Sperrzeit und nicht auch auf die Rechtsfolgenseite verwiesen. Dies bedeute, dass hinsichtlich der Dauer der Absenkung die allgemeine Regelung des § 31b Abs. 2 SGB II gelte, wonach Absenkung und Wegfall drei Monate dauerten. Eine Absenkung nach dem SGB II trete im Gegensatz zur Sperrzeit immer für die Dauer von drei Monaten ein. Bedenken gegen den im Vergleich zu einer Sperrzeit längeren Absenkungszeitraum bestünden nicht. Eine Sperrzeit nach dem SGB III betreffe eine Versicherungsleistung, die ein eigentumsähnliches Recht im Sinne des Art. 14 GG darstelle. Für den Bereich staatlicher Fürsorgeleistungen sei der Gesetzgeber jedoch wesentlich freier und unterschiedliche Rechtsfolgen könnten gerechtfertigt sein. Damit liege schon aufgrund der Art der Leistungen kein gleich gelagerter Sachverhalt vor, der eine Gleichbehandlung erforderlich mache. Hinzu komme, dass Sanktionen in Qualität und Quantität große Unterschiede aufwiesen. So entfalle für die Dauer der Sperrzeit der Anspruch auf die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld insgesamt, und es komme zu einer Minderung des durch die Anwartschaft erworbenen Sozialleistungsanspruchs. § 31 SGB II sehe dagegen bei einem erstmaligen Verstoß lediglich eine Absenkung der Leistungen vor. Insofern sei bereits fraglich, ob tatsächlich auch bei einem längeren Zeitraum der Absenkung von einer Schlechterstellung des Leistungsempfängers von Arbeitslosengeld II gegenüber dem Empfänger von Leistungen nach dem SGB III auszugehen sei. Im Übrigen sei es nicht erforderlich gewesen, die Klägerin vor Abschluss des Aufhebungsvertrages über mögliche Rechtsfolgen im Hinblick auf eine Sanktion zu belehren. Soweit der Sperrzeittatbestand keine vorherige Rechtsfolgenbelehrung fordere, sei sie auch für eine Absenkung gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 nicht erforderlich. Die Erwartung, dass ein Arbeitsplatz nicht ohne leistungsrechtliche Konsequenzen aufgegeben werden könne, gelte gleichermaßen auch für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Die Sanktion könne nicht auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gestützt werden. Hierzu habe das Bayerische Landessozialgericht im Urteil vom 21.07.2011 (Az. L 7 AS 565/09) ausgeführt, dass begrifflich dann nicht von einem Weigern die Rede sein könne, wenn das Arbeitsverhältnis nicht auf Initiative des Jobcenters zustande gekommen sei. Es sei allein danach zu differenzieren, ob der Leistungsberechtigte in einem für den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu berücksichtigenden Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigter gegen Arbeitsentgelt gestanden habe und nicht in einer geringfügigen Beschäftigung versicherungsfrei gewesen sei. Die Vorschrift des § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II a.F. solle sicherstellen, dass der Ruhens- oder Erlöschenstatbestand wegen einer im Geltungsbereich des SGB II eingetretenen Sperrzeit nicht folgenlos bleibe, wenn zwischenzeitlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II dem Grunde nach entstanden sei. Daher ordne § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II die entsprechende Geltung des § 144 SGB III für Personen an, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld noch nicht erworben haben, aber die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllen.

Im Erörterungstermin am 23.08.2016 hat die Klägerin auf Befragen mitgeteilt, sie habe nicht gewusst, dass ihr im Falle des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages eine Sanktion drohe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch schriftliche Zeugeneinvernahme des S.. Dieser hat als Grund für Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch spezifiziert, dass der Umfang der auszuführenden Arbeiten zu reichlich gewesen sei, so dass die Klägerin diese nicht habe überschauen können. Zudem sei die Klägerin wegen persönlicher Termine oft verhindert gewesen, zur Arbeit zu kommen. Hierzu hat die Klägerin mitgeteilt, ihr sei nicht bekannt, dass sie wegen persönlicher Termine nicht habe zur Arbeit kommen können. Sie habe zuvor und danach keine Probleme mit Arbeitgebern gehabt. Eine ältere Mitarbeiterin in der Pension habe ihr in lautem Ton vor Gästen Anweisungen gegeben und sie, wenn sie etwas nicht sofort erfasste, angeschrien. Die Auswirkungen eines Aufhebungsvertrages seien ihr nicht bewusst gewesen. Die Arbeitgeberin habe diesen Aufhebungsvertrag unbedingt gewollt.

Mit Änderungsbescheid vom 31.08.2016 hat der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann in Abänderung der Bescheide vom 21.07.2016 und 24.08.2016 (vorläufige Bewilligung 01.09.2016 bis 31.01.2017) erstmals auch vorläufig Leistungen für August 2016 bewilligt und dabei eine Minderung in Höhe von 30% der Regelleistung für August 2016 wegen der hier streitgegenständlichen Sanktion vom 23.05.2016 berücksichtigt, nachdem die Sanktion vom 29.06.2016 (Vermittlungsvorschlag) außer Vollzug gesetzt worden war. Die Sanktion vom 29.06.2016 ist nach Klärung der von der Klägerin im Rahmen des Gerichtsverfahrens S 17 AS 656/16 vor dem Sozialgericht Bayreuth neu vorgebrachten medizinischen Gründe für die Nichtbewerbung auf den Vermittlungsvorschlag am 09.11.2016 aufgehoben worden.

Eine endgültige Entscheidung bezüglich des Leistungszeitraums August 2016 ist bis zum aktuellen Zeitpunkt nicht ergangen.

Die Beteiligten haben nach Anhörung vom 05.05.2017 unabhängig voneinander einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zugestimmt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen. Diese sind vollumfänglich Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat Erfolg, weil die Feststellung und der leistungsrechtliche Vollzug der Sanktion vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

I.

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist. Die Beteiligten sind zu dem beabsichtigen Vorgehen nach § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch einen konkreten und fallbezogenen Hinweis nach Satz 2 der Vorschrift angehört worden.

Die Klage ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 87, 90 SGG form- und fristgerecht erhoben.

Streitgegenstand sind vorliegend der zeitgleich ergangene Sanktions- und Änderungsbescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016, mit dem der Beklagte die Minderung des Arbeitslosengeldes II der Klägerin im Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.08.2016 festgestellt und die Minderung für den Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.07.2016 leistungsrechtlich nachvollzogen hat. Soweit der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 31.08.2016 für den Zeitraum 01.08.2016 bis 31.08.2016 vorläufig Leistungen bewilligt und diese um 109,20 € gekürzt hat, ist dieser Bescheid nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Einer nachfolgenden Korrektur des Änderungsbescheides vom 31.08.2016 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X steht die Zeitgrenze des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X sowie § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht entgegen (vgl. BSG, Urt. vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R).

Statthafte Klageart ist bezüglich des die Minderung feststellenden Bescheides vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 die isolierte Anfechtungsklage.

Statthafte Klageart ist bezüglich des die Sanktion umsetzenden Änderungsbescheides vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage.

II.

Die Klage ist auch begründet. Der die Sanktion feststellende Bescheid vom 23.05.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (dazu unten 1). Daraus ergibt sich auch die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 23.05.2016, durch welchen der Klägerin im Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.07.2016 um 109,20 € niedrigere Leistungen zuerkannt wurden als zuletzt mit Bewilligung vom 18.02.2016 (dazu unten 2).

1. Die Rechtmäßigkeit des die Sanktion feststellenden Bescheides beurteilt sich nach § 31a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 31b i.V.m. § 31 SGB II.

a. Die Berechtigung des Beklagten, eine Minderung des Arbeitslosengeldes II durch Verwaltungsakt festzustellen, ergibt sich aus § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II. Diese Vorschrift setzt eine Verwaltungsaktkompetenz voraus, indem sie den Beginn der Minderung an das Wirksamwerden des eine Pflichtverletzung feststellenden Verwaltungsaktes knüpft.

b. Eine möglicherweise fehlende Anhörung nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) vor Erlass der Bescheide vom 23.05.2016 ist gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Der Beklagte hat den Vortrag der Klägerin durch nachfolgende Befragung des Zeugen S. und Berücksichtigung im Widerspruchsbescheid zur Kenntnis genommen und seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

c. Der Bescheid ist jedoch materiell rechtswidrig, weil nicht alle Voraussetzungen für eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II der Klägerin nach § 31 SGB II gegeben sind.

Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II mindert sich bei einer Pflichtverletzung nach § 31 das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Eine Pflichtverletzung nach § 31 SGB II liegt jedoch nicht vor.

Der Beklagte stützt die Feststellung einer Minderung vorliegend auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II (Bescheid vom 23.05.2016) und auf § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II (Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016).

aa. Die Sanktion kann nicht auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gestützt werden, weil dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (RegelbedarfsÄndG), gültig ab 01.04.2011 und des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, gültig ab 01.04.2012, verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit nach § 16d oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihre Verhalten darlegen und nachweisen.

Ohne Zweifel war die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähige Leistungsberechtige im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie bewegte sich dem Alter nach innerhalb der Grenzen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II, war erwerbsfähig im Sinne der Nr. 2, hilfebedürftig nach Nr. 3 und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in L., mithin in der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von Nr. 4.

Die Klägerin weigerte sich zur Überzeugung der Kammer auch im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II n.F., eine zumutbare Arbeit fortzuführen. An der Verwirklichung dieses Tatbestandes hindert nach der Neufassung des Gesetzes entgegen der Auffassung des Beklagten nicht mehr, dass es sich um ein Beschäftigungsverhältnis handelte, dass die Klägerin sich selbst gesucht hatte. Für die Interpretation des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.d.F. vom 24.03.2011 kann das vom Beklagten zitierte Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.07.2011, Az. L 7 AS 565/09, nicht unmittelbar herangezogen werden, da das Urteil Bescheide betraf, die zur Rechtslage vor der Gesetzänderung durch das RegelbedarfsÄndG ergangen waren. Die frühere Gesetzesfassung sah eine Pflichtverletzung nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c vor, wenn sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach § 16a geförderte Arbeit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen.

Durch die Streichung der Worte „oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme“ ist zur Auffassung der Kammer und folgend der Argumentation von Berlit (in: Münder, SGB II, 6. Aufl. 2017, Rdnr. 34 zu § 31) der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. vom 17.01.2009, B 4 AS 20/09 R) und damit auch derjenigen des Bayerischen Landessozialgerichts (Urt. vom 21.07.2011, a.a.O.) die Grundlage entzogen. Auch der Abbruch einer selbst gesuchten Tätigkeit ist nunmehr als sanktionswürdiger Pflichtverstoß im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zu bewerten. Dem kann nach Auffassung der Kammer nicht entgegengehalten werden, dass bei einer selbst gesuchten Tätigkeit die ordnungsgemäße Belehrung des Leistungsberechtigten gegenüber der Situation einer vom Jobcenter veranlassten Beschäftigungsaufnahme erschwert sei. Leistungsberechtigte sind nach allgemeinen Grundsätzen des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Kommen sie dieser Verpflichtung, wie vorliegend die Klägerin, nach, ist der Leistungsträger auch ohne weiteres in der Lage, die Leistungsberechtigen über ihre hierdurch gegebenenfalls geänderte Pflichtensituation aufzuklären.

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages stellt auch die Weigerung dar, eine Tätigkeit fortzuführen. Die Verweigerung kann durch eine ausdrückliche Erklärung, eine bestimmte Tätigkeit nicht weiter ausüben zu wollen, insbesondere auch durch die Auflösung eines Beschäftigungsverhältnisses durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag erfolgen (vgl. Münder, a.a.O, Rdnr. 33). Vorliegend hat die Klägerin in Konsequenz der seitens des ehemaligen Arbeitgebers bestätigten, vor Abschluss des Aufhebungsvertrages mündlich erfolgten und damit gemäß § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksamen Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 04.04.2016 den Aufhebungsvertrag unterzeichnet und damit durch eigene rechtsgestaltende Handlung willentlich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt. Unterstellt eine wirksame Kündigung des Arbeitgebers hätte die Kündigungsfrist während der Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB noch zwei Wochen betragen, so dass das Arbeitsverhältnis ohne den mit Rückwirkung abgeschlossenen Aufhebungsvertrag insgesamt noch 18 Tage länger Bestand gehabt hätte. Damit liegt tatbestandlich eine relevante Fortführungsverweigerung im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II vor.

Jedoch war die Klägerin - unstreitig - weder schriftlich über die Rechtsfolgen ihres Handelns belehrt worden, noch hatte sie nach ihrer glaubhaften Darlegung im Erörterungstermin vom 23.08.2016 Kenntnis über diese Rechtsfolgen. Damit fehlt es tatbestandlich an einer Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 1 SGB II.

bb. Die Sanktion kann auch nicht auf § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II gestützt werden.

Gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in der Fassung vom 24.03.2011, gültig ab 01.04.2011, ist eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auch anzunehmen, wenn sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II begründen.

Die Vorschrift ist zur Auffassung der Kammer vorliegend nicht anwendbar, weil der Abschluss des Aufhebungsvertrages am 04.04.2016 seitens der Klägerin bereits durch § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II sanktionsbewehrt ist.

In Rechtsprechung und Literatur war umstritten, wie das Verhältnis zwischen § 31 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 3 SGB II a.F. zu bestimmen sein sollte. Hierzu ergingen in kurzer Folge zwei Urteile des vierten Senats des Bundessozialgerichts (Urt. vom 17.12.2009, B 4 AS 20/09 R und Urt. vom 22.03.2010, B 4 AS 68/09 R).

Im Urteil vom 17.12.2009 hatte das BSG über einen Fall zu entscheiden, in dem die Klägerin sanktioniert worden war, weil sie an einer Eingliederungsmaßnahme nicht teilgenommen habe, ohne dass sie aufgrund Bestehens eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in den Rechtskreis des SGB III gefallen war. Im Ergebnis entschied das BSG, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II a.F. nicht anwendbar sei, wenn das dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten bereits in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt sei und eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III nicht vorliege. In der Konsequenz dieser Entscheidung konnte eine Anwendung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II a.F. auch nur dann ausscheiden, wenn kumulativ eine Regelung nach Abs. 1 vorlag und eine Anknüpfung zum SGB III nicht gegeben war.

Im zweitgenannten Urteil vom 22.03.2010 war dem Kläger ein dem Jobcenter nicht gemeldetes, unter zwei Monate andauerndes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis arbeitgeberseitig wegen Fehlverhaltens fristlos gekündigt worden. Die Rechtsfrage war von den Vorinstanzen dahin konkretisiert worden, ob § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II überhaupt als „Auffangregelung“ in Betracht komme, wenn eine Sanktionierung nach Tätigkeitsaufnahme aus dem laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II heraus erfolge.

Hierzu hat das BSG, zit. nach Juris, in Rdnr. 14 ff. Stellung genommen. Es hat dargelegt, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanzen das Verhältnis von § 31 Abs. 1 SGB II und § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II a.F. nicht so zu verstehen sei, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II im Sinne einer speziellen Gesamtregelung nur für pflichtwidrige Handlungen Anwendung finden könne, die zeitlich vor einer Antragstellung oder dem Beginn des Leistungsbezuges nach dem SGB II liegen. Mit anderen Worten kann eine Minderung nach § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II a.F. sich auch darauf stützen, dass ein Leistungsberechtigter im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II eine Tätigkeit aufnimmt und diese dann pflichtwidrig wieder aufgibt. Zur exakten Differenzierung führt das BSG sodann aus:

„Die Heranziehung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II setzt allerdings im Sinne von einschränkenden Anwendungsvoraussetzungen voraus, dass das von dem Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten nicht bereits von § 31 Abs. 1 SGB II erfasst ist und das sperrzeitrelevante Ereignis zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III vorliegt ….“

In Rdnr. 17, zit. nach Juris, subsumiert das BSG sodann, dass die Arbeitgeberkündigung nicht vom Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II erfasst sei und dass der Bezug des Klägers zum Rechtskreis des SGB III gegeben sei.

Im Gegensatz zu der negativen Formulierung in der Vorentscheidung vom 17.12.2009, aus der geschlussfolgert werden könnte, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II a.F. nur dann nicht anwendbar sein soll, wenn kumulativ das sanktionierte Verhalten in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt ist und ein Rechtskreisbezug zum SGB III nicht vorliegt, werden zur Überzeugung der erkennenden Kammer im Urteil vom 22.03.2010 im Zuge einer positiven Formulierung Voraussetzungen aufgestellt, die kumulativ vorliegen müssen, um zu einer Anwendung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 lit. b SGB II überhaupt erst zu kommen.

Als erstes Kriterium darf das „abverlangte Verhalten“ nicht von § 31 Abs. 1 SGB II erfasst sein. Abverlangtes Verhalten nach § 31 Abs. 1 SGB II alter wie neuer Fassung ist etwa die Aufnahme oder Fortführung einer zumutbaren Arbeit, in der alten Fassung mit der Einschränkung, dass diese in einer Eingliederungsvereinbarung vereinbart gewesen ist. Nicht hat das BSG formuliert, dass eine Sanktionierung nach § 31 Abs. 1 SGB II aus anderen Gründen, wie etwa wegen einer fehlenden Rechtsfolgenbelehrung, gescheitert ist.

Als zweites Kriterium muss eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB II bestehen.

Damit hat das BSG unter Zurückverweisung an die zweite Instanz die auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 lit. b SGB II gestützte Sanktionierung aufgrund einer fristlosen, verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch für grundsätzlich möglich gehalten.

Die erkennende Kammer hält diese - enge - Auslegung der Sanktionsvorschriften des SGB II im Hinblick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum auch für geboten. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass vor dem Eintritt einer ggf. für den Leistungsberechtigten einschneidenden Sanktion dieser zuvor im Sinne einer Warnung über die ihn möglicherweise treffenden Konsequenzen belehrt werden muss, soweit er ein nach § 31 Abs. 1 SGB II von ihm gefordertes Verhalten nicht erfüllt. Lediglich in den Fällen, in denen keine in § 31 Abs. 1 SGB II spezifisch für den Rechtskreis des SGB II geregelten Pflichten verletzt werden, kann eine Sanktion ohne vorherige Rechtsfolgenbelehrung auf den Rechtsgrundverweis des § 31 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB II n.F. gestützt werden, soweit die Leistungsberechtigten durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zugleich dem Rechtskreis des SGB III zuzuordnen sind. Diese Interpretation begegnet auch einer möglichen Ungleichbehandlung, die sich daraus ergeben würde, dass Leistungsberechtigte, die sich aus dem Alg-II-Bezug heraus selbst eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung suchen und eine Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 SGB II begehen, schärfer, nämlich ohne die Notwendigkeit vorheriger Rechtsfolgenbelehrung sanktioniert werden könnten als solche Leistungsberechtigte, die aufgrund eines Vermittlungsvorschlages des Jobcenters eine solche Beschäftigung aufnehmen und hinsichtlich dieser sodann eine Pflichtverletzung begehen.

Im vorliegenden Fall besteht durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung eine Beziehung der Klägerin zum Rechtskreis des SGB III, weil sie auch in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig geworden ist. Ob eine Anwartschaft aufgrund nur kurzer Beschäftigungsdauer noch nicht entstanden ist, kann dabei zur Auffassung der Kammer keine Rolle spielen. Die Vorschrift des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II hätte sonst keinen Anwendungsbereich, weil alle Fälle, in denen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I bereits entstanden ist, von § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II erfasst sind. Dies bestätigt auch die Entscheidung des BSG vom 22.03.2010. Dort war der Kläger ebenfalls unter zwei Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt und hatte noch keine Anwartschaft begründet.

Die Anwendung des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II scheitert zur Auffassung der erkennenden Kammer aber vorliegend daran, dass das der Klägerin abverlangte Verhalten bereits durch § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erfasst ist und damit das erste Kriterium des BSG nicht erfüllt ist.

2. Die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides vom 23.05.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016, durch welchen die Sanktion umgesetzt wurde, bemisst sich an § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 SGB X. Die Voraussetzungen hierfür liegen bei Rechtswidrigkeit der Sanktion nicht vor. Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung setzt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bei seinem Erlass voraus; da die Voraussetzungen für die Feststellung einer Minderung, wie oben unter I. dargelegt, nicht vorliegen, fehlt es auch an einer Änderung der Verhältnisse in diesem Sinne.

Die Bescheide vom 23.05.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 waren daher aufzuheben; die Klägerin hat einen Anspruch auf die Auszahlung zuvor bewilligter ungekürzter Leistungen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits. Der Beklagte wird den Änderungsbescheid vom 31.08.2016 im Hinblick auf die Aufhebung der Sanktion für August 2016 nach § 48 SGB X anpassen müssen, weshalb die Klage letztlich in vollem Umfang erfolgreich war.

IV.

Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage, ob der Abschluss eines Aufhebungsvertrages nach der Änderung der Sanktionsvorschriften durch das RegelbedarfsÄndG eine Pflichtverletzung im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 darstellt und damit die Anwendung des § 31 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 159 SGB III „sperrt“, grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden worden ist.

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Sozialgericht Bayreuth Gerichtsbescheid, 16. Aug. 2017 - S 17 AS 642/16 zitiert 27 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften


(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass1.rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 24 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn 1. eine sof

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 60 Angabe von Tatsachen


(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen


(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. (2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die K

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 330 Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten


(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 41 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,2. die erforderliche Be

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31 Pflichtverletzungen


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis1.sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,2.sich weigern, eine zu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 87


(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 144 Anspruchsvoraussetzungen bei beruflicher Weiterbildung


(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt. (2) Bei einer Arbeitnehmerin oder e

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31a Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen


(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebe

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 90


Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31b Beginn und Dauer der Minderung


(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tri

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Tatbestand 1 Streitig ist die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 zustehenden Arbeitslosengeldes II (Alg II).

Referenzen

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tritt die Minderung mit Beginn der Sperrzeit oder mit dem Erlöschen des Anspruchs nach dem Dritten Buch ein. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.

(2) Der Minderungszeitraum beträgt

1.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 1 einen Monat,
2.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 2 zwei Monate und
3.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 3 jeweils drei Monate.
In den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 6 ist die Minderung ab dem Zeitpunkt der Pflichterfüllung oder der Erklärung der Bereitschaft zur Pflichterfüllung aufzuheben, soweit der Minderungszeitraum mindestens einen Monat betragen hat, andernfalls nach Ablauf dieses Monats.

(3) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Oktober 2012 - L 16 AS 167/12, L 16 AS 199/12, L 16 AS 389/12 - geändert. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Februar 2012 - S 11 AS 1294/11 - wird zurückgewiesen, soweit dieses den Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2012 - W 366/11 - aufgehoben hat.

Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Februar 2012 - S 11 AS 114/12 - wird geändert und der Bescheid des Beklagten vom 2. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2012 und der Bescheid vom 3. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2012 aufgehoben.

Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 9. Mai 2012 - S 11 AS 209/12 - wird geändert und der Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2012 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin zwei Drittel der Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist nur noch die Rechtmäßigkeit von sieben Bescheiden über Meldeversäumnisse und Minderungen von Ansprüchen auf Arbeitslosengeld II (Alg II) in sich teilweise überschneidenden Zeiträumen.

2

Die im Jahr 1981 geborene Klägerin, die mit ihrem Ehemann zusammenlebt, bezieht vom beklagten Jobcenter seit dem Jahr 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Im Laufe der Zeit war die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zwischen den Beteiligten umstritten, und die Klägerin übersandte einen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 17.7.2009, in dem abgelehnt wurde, einen Grad der Behinderung (GdB) festzustellen; eine seitens des Beklagten beabsichtigte ärztliche Untersuchung der Klägerin kam nicht zustande. Im Laufe des Jahres 2011 erfolgten wiederholte Absenkungen der Leistungen wegen Meldeversäumnissen der Klägerin. Zuletzt bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann Leistungen vom 1.9.2011 bis zum 29.2.2012 in nicht geminderter Höhe, aber unter zeitweiser Berücksichtigung eines Einkommens (Bescheid vom 21.7.2011, Änderungsbescheid vom 16.9.2011).

3

Nachdem die Klägerin zu einem Termin am 10.10.2011 bei dem Beklagten nicht gekommen war, lud der Beklagte sie durch ein Schreiben mit Rechtsfolgenbelehrung für den 24.10.2011 erneut zu einer Besprechung ihres "Bewerberangebots bzw ihrer beruflichen Situation" in seine Dienststelle. Aufgrund des Nichterscheinens der Klägerin hörte der Beklagte sie an und stellte ein Meldeversäumnis sowie eine Minderung ihres Alg II-Anspruchs um 10 vH ihres Regelbedarfs vom 1.12.2011 bis zum 29.2.2012 nach §§ 32, 31b Abs 1 SGB II mit Bescheid fest. In sechs weiteren solchen Schreiben wurde die Klägerin zu sechs weiteren Terminen vom 4.11. bis zum 12.12.2011 eingeladen, denen sie nicht nachkam. Anschließend erfolgten jeweils eine Anhörung sowie ein Bescheid über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und eine Minderung des Alg II-Anspruchs für Zeiträume vom 1.12.2011 bis zum 30.4.2012. Gegen alle Bescheide wurden Widersprüche eingelegt und nach deren Zurückweisung wurden Klagen erhoben, die vom Sozialgericht (SG) zu drei Verfahren verbunden wurden, in denen zum Teil noch weitere Punkte umstritten waren und der Ehemann der Klägerin beteiligt war (Meldetermin vom 24.10.2011, Bescheid vom 17.11.2011, Widerspruchsbescheid vom 7.12.2011, SG-Verfahren mit dem Aktenzeichen S 11 AS 1294/11; Meldetermin vom 4.11.2011, Bescheid vom 29.11.2011, Widerspruchsbescheid vom 2.1.2012, SG-Verfahren mit dem Aktenzeichen S 11 AS 32/12, verbunden zu S 11 AS 1294/11; Meldetermin vom 11.11.2011, Bescheid vom 9.12.2011, Widerspruchsbescheid vom 10.1.2012 - W 365/11, SG-Verfahren mit dem Aktenzeichen S 11 AS 53/12, verbunden zu S 11 AS 1294/11; Meldetermin vom 21.11.2011, Bescheid vom 14.12.2011, Widerspruchsbescheid vom 26.1.2012, SG-Verfahren mit dem Aktenzeichen S 11 AS 209/12; Meldetermin vom 25.11.2011, Bescheid vom 15.12.2011, Widerspruchsbescheid vom 10.1.2012 - W 366/11, SG-Verfahren ebenfalls mit dem Aktenzeichen S 11 AS 53/12, verbunden zu S 11 AS 1294/11; Meldetermin vom 7.12.2011, Bescheid vom 2.1.2012, Widerspruchsbescheid vom 7.2.2012, SG-Verfahren mit dem Aktenzeichen S 11 AS 114/12; Meldetermin vom 12.12.2011, Bescheid vom 3.1.2012, Widerspruchsbescheid vom 9.2.2012, SG-Verfahren mit dem Aktenzeichen S 11 AS 122/12, verbunden zu S 11 AS 114/12).

4

In dem Verfahren S 11 AS 1294/11 hat das SG durch Urteil vom 13.2.2012 die Bescheide vom 29.11.2011, 9.12.2011 und 15.12.2011 in Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides aufgehoben und im Übrigen wegen des Bescheides vom 17.11.2011 die Klage abgewiesen, weil die Klägerin hinsichtlich der aufgehobenen Bescheide vor dem jeweiligen Meldetermin nicht den erforderlichen ersten Bescheid über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung erhalten habe. In den beiden anderen Verfahren hat das SG durch Urteile vom 27.2.2012 - S 11 AS 114/12 - und vom 9.5.2012 - S 11 AS 209/12 - die Klagen der Klägerin abgewiesen, weil die Klägerin vor dem jeweiligen Meldetermin den erforderlichen Bescheid über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung erhalten habe.

5

Auf die Berufungen der Klägerin gegen alle drei Urteile und der des Beklagten gegen das Urteil vom 13.2.2012 hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteile vom 24.10.2012 - L 16 AS 167/12, L 16 AS 199/12, L 16 AS 389/12 - die Berufungen der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG vom 13.2.2012 geändert und die Klagen insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Die angeführten Bescheide über die Feststellung von Meldeversäumnissen und Minderungen seien rechtmäßig. Die Klägerin sei zu allen Terminen ordnungsgemäß eingeladen worden, aber ohne wichtigen Grund nicht erschienen. Die Meldetermine hätten einen zulässigen Zweck gehabt, und die "Einladungsdichte" sei nicht unverhältnismäßig gewesen. Die Addition von Minderungen aufgrund von Meldeversäumnissen sehe § 32 SGB II in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung ausdrücklich vor. Nach dieser Rechtslage müsse vor Eintritt eines zweiten Meldeversäumnisses kein erstes Meldeversäumnis durch Bescheid festgestellt worden sein. Wegen der Höhe der Minderungen habe der Beklagte die Klägerin auf die Möglichkeit hingewiesen, ergänzende sach- oder geldwerte Leistungen zu beantragen.

6

In ihren vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen und zu einem Verfahren verbundenen Revisionen rügt die Klägerin eine Verletzung von §§ 31b, 32 SGB II. Nach wie vor setze eine zweite Sanktion innerhalb eines Sanktionszeitraums voraus, dass die erste Sanktion bereits vor dem zweiten Meldeversäumnis durch Bescheid festgestellt worden sei.

7

Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Oktober 2012 - L 16 AS 167/12 - zu ändern, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Februar 2012 - S 11 AS 1294/11 - zurückzuweisen, dieses Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2011 aufzuheben,
2. das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Oktober 2012 - L 16 AS 199/12 - und das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Februar 2012 - S 11 AS 114/12 - zu ändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 2. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2012 und den Bescheid vom 3. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2012 aufzuheben,
3. das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Oktober 2012 - L 16 AS 389/12 - und das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 9. Mai 2012 - S 11 AS 209/12 - zu ändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2012 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er meint, § 32 SGB II schreibe beim Vorliegen seiner Voraussetzungen die Verhängung einer Sanktion zwingend vor, zudem führe nun jedes Meldeversäumnis zu einer Minderung des Alg II-Anspruchs um 10 vH des maßgebenden Regelbedarfs, sodass eine Addition während überlappender Zeiten erfolge.

Entscheidungsgründe

10

1. Die zulässige Revision der Klägerin ist zum Teil begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz), und die Urteile des LSG vom 24.10.2012 sind zu ändern. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG vom 13.2.2012 ist zurückzuweisen, soweit dieses den Bescheid des Beklagten vom 15.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.1.2012 - W 366/11 - wegen des Meldetermins am 25.11.2011 aufgehoben hat. Auf die Berufung der Klägerin ist das Urteil des SG vom 27.2.2012 zu ändern und sind der Bescheid des Beklagten vom 2.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.2.2012 wegen des Meldetermins am 7.12.2011 und der Bescheid des Beklagten vom 3.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.2.2012 wegen des Meldetermins am 12.12.2011 aufzuheben. Auf die weitere Berufung der Klägerin ist das Urteil des SG vom 9.5.2012 zu ändern und der Bescheid des Beklagten vom 14.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2012 wegen des Meldetermins am 21.11.2011 aufzuheben.

11

Im Übrigen ist die Revision unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 SGG). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG zu Recht das Urteil des SG vom 13.2.2012 geändert und die Klagen gegen den Bescheid des Beklagten vom 29.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.1.2012 wegen des Meldetermins vom 4.11.2011 und den Bescheid des Beklagten vom 9.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.1.2012 - W 365/11 - wegen des Meldetermins am 11.11.2011 abgewiesen sowie die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Klageabweisung hinsichtlich des Bescheides vom 17.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2011 wegen des Meldetermins am 24.10.2011 gewandt hat.

12

2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile des LSG und SG nur noch hinsichtlich der genannten Bescheide in der Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides, soweit der Beklagte in ihnen jeweils ein Meldeversäumnis der Klägerin und (allgemein) den Eintritt einer Minderung ihres Alg II-Anspruchs um 10 vH des maßgebenden Regelbedarfs für drei Monate, die sich zum Teil überlappen, nach §§ 32, 31b Abs 1 Satz 1, 3 SGB II idF der ab 1.4.2011 geltenden Neubekanntmachung vom 13.5.2011 (BGBl I 850) festgestellt hat, nicht aber mangels einer entsprechenden Regelung des Beklagten in den genannten Bescheiden (dazu sogleich unter 3.) die konkrete Höhe des Alg II-Anspruchs der Klägerin für die strittige Zeit vom 1.12.2011 bis zum 30.4.2012.

13

3. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Die Berufungen der Beteiligten sind zulässig gewesen (§§ 143 f SGG), weil das SG sie in den Urteilen vom 13.2.2012 und 27.2.2012 zugelassen hat und die Berufung gegen das Urteil vom 9.5.2012 die Berufungssumme erreichte, da ursprünglich nicht nur die Feststellung der Meldeversäumnisse und der Minderung umstritten war (vgl zum Zeitpunkt für die Beurteilung der Statthaftigkeit der Berufung § 202 Satz 1 SGG iVm § 4 Abs 1 Zivilprozessordnung). Richtige Klageart ist die von der Klägerin erhobene reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG.

14

a) Regelungsgegenstand der streitbefangenen Bescheide ist allein die Feststellung von Meldeversäumnissen und der sich daraus ergebenden prozentualen Alg II-Minderungen, nicht aber die Höhe des Leistungsanspruchs für Zeiten, für die der Klägerin bereits existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II zuerkannt worden waren. Aufgegriffen mit der Formulierung "Sie sind trotz Kenntnis ... zu dem Meldetermin am … ohne wichtigen Grund nicht erschienen" und "für die Zeit vom … bis … wird eine Minderung ihres Arbeitslosengelds II monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs … festgestellt" ist allein der Wortlaut des § 31b Abs 1 Satz 1 SGB II, mit dem nach der Begründung des Gesetzentwurfs(BT-Drucks 17/3404 S 112) "klargestellt" werden soll, "dass sich der Auszahlungsanspruch der Betroffenen bei pflichtwidrigem Verhalten kraft Gesetzes mindert". In der Sache beinhaltet das die Feststellungen, dass ein Meldeversäumnis vorliegt und dieses eine Minderung des Alg II-Anspruchs der Klägerin in Höhe von 10 vH für eine bestimmte Zeit nach sich zieht.

15

Nicht bestimmt ist hierdurch indes die Höhe des von der Klägerin im betroffenen Zeitraum konkret zu beanspruchenden Alg II. Schon im Ansatz ist das nicht möglich für die Zeit, die über den hier streitbefangenen Bewilligungsabschnitt vom 1.9.2011 bis 29.2.2012 hinausreicht. Ändernde Wirkungen entfalten die Feststellungsbescheide aber auch nicht im Hinblick auf die mit Bescheid vom 21.7.2011 sowie Änderungsbescheid vom 16.9.2011 zuerkannten Leistungen für diesen Bewilligungsabschnitt selbst. Solche Wirkungen kamen entsprechenden Bescheiden schon zur alten Rechtslage nicht zu (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 14 zu § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Hieran hat sich weiterhin nichts geändert. Soweit nunmehr gilt "Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt" (§ 31b Abs 1 Satz 1 iVm § 32 Abs 2 Satz 2 SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung) berührt das die Geltung bereits erlassener Bewilligungen nicht unmittelbar. Wie bis dahin ist damit vielmehr nur zum Ausdruck gebracht, ab welchem Zeitpunkt und um welchen Minderungsbetrag der Anspruch auf Leistungen ua bei Meldeversäumnissen abgesenkt ist. Nicht bestimmt ist hierdurch aber, dass es zu ihrer Umsetzung abweichend von § 48 Abs 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) einer förmlichen Änderung bereits ergangener Bewilligungen nicht bedarf.

16

Daran ändert nichts, dass durch die Regelung nach den Materialien "klargestellt" werden soll, "dass sich der Auszahlungsanspruch der Betroffenen bei pflichtwidrigem Verhalten kraft Gesetzes mindert" (BT-Drucks 17/3404 S 112). Soweit dadurch zum Ausdruck gebracht sein sollte, dass die Durchbrechung der Bindungswirkung bereits ergangener Bewilligungen (vgl § 77 SGG) ausnahmsweise nicht eine förmliche Änderungsentscheidung nach § 48 SGB X, erfordert, sondern unmittelbar durch Gesetz angeordnet ist, findet das in dem Gesetzeswortlaut(vgl zur bis dahin geltenden Rechtslage BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 14) keine Stütze. Mindert sich kraft Gesetzes der "Auszahlungsanspruch" einer zuerkannten Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt, so bedeutet das nicht, dass die zugrunde liegende Bewilligung selbst abweichend von § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X ohne ausdrückliche (Teil-)Aufhebung partiell ihre Regelungswirkung verlieren könnte. Solche Wirkungen könnten nur einer Vorschrift beigemessen werden, die die Geltung von § 48 SGB X, ungeachtet des erheblichen Interesses insbesondere leistungsberechtigter Personen, "einfach"(vgl § 9 SGB X) erkennen zu können, in welcher Höhe (noch) Ansprüche nach dem SGB II zuerkannt sind, ausdrücklich ausschließt und die Absenkung zuerkannter Ansprüche nach dem SGB II einem abweichenden Sonderregime (vgl § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil) unterstellt, woran es hier fehlt (ebenso Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 31b RdNr 7 f mwN; Valgolio in: Hauck/Noftz, Stand: März 2015, K § 31b SGB II, RdNr 13; Treichel, SGb 2014, 664 ff; aA Groth in Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, § 13 RdNr 421; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: Dezember 2014, K § 31b SGB II RdNr 2; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 31b RdNr 4).

17

b) Hat der Beklagte in unzutreffender Einschätzung dieser Rechtslage oder aus anderem Grund von einer formellen Umsetzung der Feststellungsbescheide über die Minderung abgesehen, kann sich die Klägerin ohne Verstoß gegen Rechtsprechung des BSG hiergegen mit der isolierten Anfechtungsklage wenden (zur prozessualen Lage bei jeweils am gleichen Tag erlassenem Feststellungs- und Änderungsbescheid vgl dagegen BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 68/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 4 RdNr 9).

18

Dies folgt aus dem Wortlaut und der darin deutlich werdenden Regelungskonzeption des SGB II in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung, nach dessen § 31b Abs 1 Satz 1 ausdrücklich von einem eigenständigen Verwaltungsakt ausgegangen wird, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung feststellt, sowie § 39 Nr 1 SGB II, der die sofortige Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes anordnet(in diesem Sinne auch die Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drucks 17/3404 S 114 zu § 39). Entsprechend kommt den in den angefochtenen Bescheiden gebrauchten Wendungen "für die Zeit vom … bis … wird eine Minderung ihres Arbeitslosengelds II monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs … festgestellt" und "Sie sind trotz Kenntnis ... zu dem Meldetermin am … ohne wichtigen Grund nicht erschienen" durch gesonderte Verwaltungsakte iS des § 31 SGB X die Feststellung zu, dass ein Meldeversäumnis vorliegt und dieses eine Minderung des Alg II-Anspruchs der Klägerin in bestimmter Höhe für eine bestimmte Zeit nach sich zieht.

19

Jedenfalls solange es an der Umsetzung dieser Verwaltungsakte durch Änderung vorher ergangener Bewilligungen nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X im dargelegten Sinne oder durch Berücksichtigung bei der Bewilligung für einen neuen Bewilligungsabschnitt fehlt, steht ihrer isolierten Anfechtung die zur vorherigen Rechtslage ergangenen Aussage des Senats nicht entgegen, ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II aF stelle keinen abtrennbaren Streitgegenstand dar, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden könne(BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - RdNr 13; ähnlich der 4. Senat des BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 14 f). Bereits zur Feststellung von Meldeversäumnissen mit dem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) hat das BSG es als gerechtfertigt angesehen, die Überprüfung auf die Minderung als solche zu beschränken, wenn eine solche Beschränkung vom Kläger ausdrücklich gewollt ist und keinerlei Zweifel an einer Klagebeschränkung oder Klagerücknahme bestehen (BSG Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 8; BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - RdNr 12). Umso mehr muss diese Möglichkeit offenstehen, wenn ein Jobcenter ausschließlich über das Meldeversäumnis und den Eintritt der Minderung entscheidet und nicht zugleich oder in engem zeitlichen Zusammenhang damit auch über die Änderung einer zuvor ergangenen Leistungsbewilligung (zur prozessualen Lage in einer solchen Konstellation vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 68/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 4 RdNr 9).

20

Ergeht der vom SGB II nun vorgesehene eigenständige Verwaltungsakt über die Feststellung einer Pflichtverletzung und Minderung sowie der Umsetzungsverwaltungsakt in getrennten Bescheiden - was nicht zwingend ist - und wird ggf nur der zeitlich spätere Umsetzungsverwaltungsakt angefochten, während der zeitlich frühere Verwaltungsakt über die Feststellung einer Pflichtverletzung und Minderung bestandskräftig wird, ist zu beachten, dass für einen möglichen Antrag nach § 44 SGB X hinsichtlich dieses Feststellungsverwaltungsakts mangels Streit um die rückwirkende Erbringung von Sozialleistungen die Rückwirkungsregelung in dessen Abs 4 unbeachtlich ist(vgl BSG Urteil vom 21.3.2002 - B 7 AL 44/01 R - SozR 3-4100 § 119 Nr 23 S 119). Wird umgekehrt nur die Feststellung einer Pflichtverletzung und Minderung angefochten und nicht ein nachfolgender Umsetzungsbescheid, so steht dessen nachträglicher Korrektur bei einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Minderungsbescheid nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X die Zeitgrenze des § 48 Abs 4 Satz 1 iVm § 44 Abs 4 SGB X sowie § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht entgegen. Denn die Feststellung der Obliegenheitsverletzung und die Änderung der Leistungsbewilligung sind materiell so aufeinander bezogen, dass die rechtzeitige Anfechtung des Minderungsbescheides ein Aufhebungsbegehren im Hinblick auf den Umsetzungsverwaltungsakt einschließt, um einer effektiven Rechtsschutzgewährung im Lichte des Art 19 Abs 4 Grundgesetz (GG) Rechnung zu tragen (vgl insoweit zur Rechtslage nach dem SGB III: BSG Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1, RdNr 9; BSG Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 5 ff).

21

4. Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind § 32 SGB II über Meldeversäumnisse sowie § 31a Abs 3 und § 31b SGB II über Rechtsfolgen, Beginn und Dauer der Minderung, die gemäß § 32 Abs 2 Satz 2 SGB II entsprechend gelten.

22

Keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die angefochtenen Bescheide ist vorliegend § 48 SGB X iVm § 40 Abs 1 SGB II, auf die das LSG ua abgestellt hat, weil die angefochtenen Bescheide nur die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung enthalten, nicht hingegen Regelungen über Änderungen der erfolgten Bewilligungsbescheide hinsichtlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Klägerin(zur Unterscheidung zwischen dem Verwaltungsakt über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung sowie dem Umsetzungsverwaltungsakt hinsichtlich ggf notwendiger Änderungen einer schon erfolgten Bewilligung und der Herabsetzung des Alg II-Anspruches siehe zuvor unter 3.).

23

Die Voraussetzungen für die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, insbesondere das Vorliegen einer Anhörung nach § 24 SGB X, sind erfüllt.

24

Die materielle Rechtmäßigkeit ist nur hinsichtlich der Bescheide vom 17.11.2011, 29.11.2011 und 9.12.2011 erfüllt, denen die Meldeversäumnisse vom 24.10.2011, 4.11.2011 und 11.11.2011 zugrunde lagen, nicht aber hinsichtlich der Bescheide vom 14.12.2011, 15.12.2011, 2.1.2012 und 3.1.2012, die sich auf die Meldeversäumnisse vom 21.11.2011, 25.11.2011, 7.12.2011 und 12.12.2011 bezogen.

25

Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Meldeversäumnisses sind zumindest hinsichtlich der Meldetermine am 24.10.2011, 4.11.2011 und 11.11.2011 gegeben (dazu 5.), nicht jedoch angesichts der Abfolge der zugrunde liegenden sieben Meldeaufforderungen innerhalb von acht Wochen für den vierten und die weiteren Meldetermine (dazu 6.). Soweit der Beklagte rechtmäßigerweise ein Meldeversäumnis festgestellt hat, führt das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen gemäß der gesetzlichen Anordnung in § 32 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 2, § 31b Abs 1 Satz 1, 3 SGB II jeweils als Rechtsfolge zu einer Minderung des Alg II-Anspruchs der Klägerin um 10 vH des maßgebenden Regelbedarfs für drei Monate kraft Gesetzes(so auch die Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drucks 17/3404 S 112). Eine Ausübung von Ermessen hinsichtlich der Rechtsfolge Minderung oder gar die "Verhängung einer Sanktion" ähnlich dem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht seitens des zuständigen Jobcenters sieht das Gesetz nicht vor. Einer Erörterung des im Wortlaut des § 31b SGB II verwandten Begriffs "Auszahlungsanspruch" bedarf es nicht, weil durch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Minderung der Anspruch selbst ua auf Alg II sich entsprechend verringert(vgl zum Begriff "Anspruch" nur § 194 Abs 1 BGB). Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Minderungen bestehen nicht (dazu 7.).

26

5. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Meldeversäumnisses nach § 32 Abs 1 SGB II sind: Eine leistungsberechtigte Person muss eine Aufforderung des zuständigen Jobcenters, sich bei ihm zu melden oder bei einem Untersuchungstermin zu erscheinen, erhalten haben (Meldeaufforderung), mit der ein zulässiger Meldezweck verfolgt wurde(§ 59 SGB II, § 309 Abs 2 SGB III); die Person muss eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen erhalten oder von diesen Kenntnis haben und ohne wichtigen Grund der Meldeaufforderung schuldhaft nicht nachgekommen sein.

27

Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG), hinsichtlich deren insbesondere die Klägerin keine Rügen erhoben hat, sind für die Bescheide vom 17.11.2011, 29.11.2011 und 9.12.2011 wegen der Meldetermine am 24.10.2011, 4.11.2011 und 11.11.2011 diese aufgeführten Voraussetzungen, einschließlich einer rechtmäßigen Meldeaufforderung (dazu a) und des Fehlens eines wichtigen Grundes (dazu b), erfüllt. Die Klägerin war eine leistungsberechtigte Person nach § 7 SGB II, wie sich aus ihrem Alter von 29 bzw 30 Jahren in der strittigen Zeit, ihrer Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit sowie gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland und dem Fehlen von Ausschlusstatbeständen(vgl zB § 7 Abs 4 SGB II)ergibt. Ihre Erwerbsfähigkeit war im Laufe des Leistungsbezugs zwar zwischen den Beteiligten strittig, aufgrund der Feststellungen des LSG ist aber von der Erwerbsfähigkeit der Klägerin auszugehen, wie sich insbesondere aus dem vorgelegten Bescheid über die Ablehnung der Feststellung eines GdB und dem Fehlen anderer Feststellung hinsichtlich gesundheitlicher Einschränkungen sowie entsprechender Rügen der Klägerin ergibt. Die Klägerin hat jeweils eine Meldeaufforderung mit Datum und Uhrzeit und Ort erhalten, die mit einer schriftlichen und ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung versehen war und der sie ohne wichtigen Grund schuldhaft nicht nachgekommen ist.

28

Zudem muss der Verwaltungsakt über die Feststellung des Meldeversäumnisses und der Minderung innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt des Meldeversäumnisses ergangen sein (§ 32 Abs 2 iVm § 31b Abs 1 Satz 5 SGB II). Die Wahrung dieser Fristen folgt aus den mitgeteilten Daten. Keine Voraussetzung aufgrund der neuen Rechtslage ist, dass ein Verwaltungsakt über die erste Feststellung eines Meldeversäumnisses und der eingetretenen Minderung ergangen ist, ehe ein zweites Meldeversäumnis eintreten konnte (dazu c).

29

a) Die Meldeaufforderungen zum 24.10.2011, 4.11.2011 und 11.11.2011 waren im Hinblick auf die mit ihnen verfolgten Meldezwecke (dazu aa) und die erforderliche Ermessensausübung (dazu bb) rechtmäßig.

30

Eine Meldeaufforderung ist nach weitgehend einhelliger Meinung ein Verwaltungsakt (vgl nur BSG Beschluss vom 19.12.2011 - B 14 AS 146/11 B - juris - mit zahlreichen weiteren Nachweisen) und die Verfügung einer solchen steht im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten (vgl nur Siefert in Eicher/Schlegel, SGB III nF, Stand: Januar 2015, § 309 RdNr 18; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, 2. Aufl, Stand: März 2015, K § 309 RdNr 27; Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: Dezember 2014, § 309 SGB III RdNr 25), wie sich zudem aus der Entstehungsgeschichte und dem heutigen Zweck der Meldepflicht ergibt (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 11 AL 8/13 R - SozR 4-4300 § 309 Nr 2 RdNr 21 f; Winkler, aaO, RdNr 1, 4 ff). Die Rechtmäßigkeit der Meldeaufforderung ist als Vorfrage für die Feststellung eines Meldeversäumnisses inzident zu überprüfen, weil sich die Meldeaufforderung als solche durch Zeitablauf erledigt hat (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl zur Sperrzeit nach § 159 SGB III: Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, 2. Aufl, Stand: März 2015, K § 159 RdNr 372; zu § 31 SGB II aF: BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6 RdNr 25 f).

31

aa) Den Meldeaufforderungen lagen rechtmäßige Meldezwecke zugrunde, die auch in ihnen zutreffend benannt wurden.

32

Dass eine rechtmäßige Meldeaufforderung einen Meldezweck voraussetzt, folgt aus § 59 SGB II, der ua die Vorschrift über die allgemeine Meldepflicht in § 309 SGB III für entsprechend anwendbar erklärt. Nach dessen Absatz 2 kann die Aufforderung zur Meldung "zum Zwecke der 1. Berufsberatung, 2. Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, 3. Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen, 4. Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und 5. Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfolgen". Diese Aufzählung der Meldezwecke ist abschließend und orientiert sich an den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zur aktiven Arbeitsförderung in §§ 29 ff SGB III. Mit jedem der Zwecke verbinden sich zahlreiche Beratungsgegenstände (vgl nur die Darstellung von Siefert in Eicher/Schlegel, SGB III nF, Stand: Januar 2015, § 309 RdNr 24 ff; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, 2. Aufl, Stand: März 2015, K § 309 RdNr 28 ff; Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: Dezember 2014, § 309 SGB III RdNr 14 ff). Wie konkret der Meldezweck benannt werden muss, kann nicht für alle Einzelfälle generell festgelegt werden, weil dafür die jeweilige Beratungssituation maßgebend ist; eine stichwortartige Konkretisierung ist aber im Regelfall ausreichend (vgl Siefert, aaO, RdNr 20; Winkler, aaO, RdNr 12). Dementsprechend ist die Angabe "Gespräch über das Bewerberangebot/die berufliche Situation" eine grundsätzlich zulässige und ausreichende Konkretisierung des Meldezwecks (ebenso BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6 RdNr 25).

33

Dem wird der vorliegend als Meldezweck seitens des Beklagten in den Meldeaufforderungen jeweils angegebene Grund "Ihr Bewerberangebot bzw Ihre berufliche Situation" bezogen auf die einzelnen Meldeaufforderungen gerecht, zumal es keine weiteren Feststellungen des LSG oder Rügen der Klägerin gibt, die Zweifel an einer ausreichenden Konkretisierung wecken.

34

bb) Die als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Meldeaufforderungen zum 24.10.2011, 4.11.2011 und 11.11.2011 notwendige Ermessensausübung des Beklagten ist nicht zu beanstanden.

35

Zu deren Überprüfung ist von Folgendem auszugehen: Soweit ein Leistungsträger ermächtigt ist, nach seinem Ermessen zu handeln, ist sein Handeln nur rechtswidrig, wenn die gesetzlichen Grundlagen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG sowie § 39 Abs 1 Satz 1 SGB I zu Ermessensleistungen). Umgekehrt hat der Versicherte Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I), nicht hingegen einen Rechtsanspruch auf einen bestimmten Betrag zB bei einem Leistungsbegehren, sofern nicht eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist. Abgesehen von einer solchen Ermessensreduzierung auf Null hat der Gesetzgeber dem Leistungsträger mit der Einräumung von Ermessen eine Auswahlbefugnis hinsichtlich mehrerer gleichermaßen rechtmäßiger Entscheidungsmöglichkeiten auf der Rechtsfolgenseite eröffnet. Zur Sicherung der Funktionentrennung (Art 20 Abs 2 Satz 2 GG) und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt ("Rechtmäßigkeits-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle"). Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG; vgl auch zum Nachfolgenden jeweils mwN nur: BSG Urteil vom 18.3.2008 - B 2 U 1/07 R - BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr 1, RdNr 13 ff und BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 2 U 10/10 R - SozR 4-2700 § 76 Nr 2 RdNr 12 ff).

36

Ein Ermessensnichtgebrauch, bei dem überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt werden und so gehandelt wird, als ob eine gebundene Entscheidung zu treffen ist, ist nicht festzustellen, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG die Meldeaufforderung ausgesprochen hatte, um die berufliche Situation der Klägerin mit ihr zu erörtern, was angesichts der Länge ihres Leistungsbezugs naheliegend war. Eine Ermessensüberschreitung, bei der eine Rechtsfolge gesetzt wird, die in der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehen ist, scheidet aus. Denn die vom Beklagten ausgesprochene Meldeaufforderung ist ein vom Gesetz vorgesehenes Ergebnis seiner Ermessensausübung.

37

Die Voraussetzungen für eine Ermessensunterschreitung oder einen Ermessensmangel, bei denen zwar Ermessenserwägungen angestellt werden, diese indes unzureichend sind, weil sie zB nur aus formelhaften Wendungen bestehen oder relevante Ermessensgesichtspunkte nicht berücksichtigt werden, oder für einen Ermessensfehlgebrauch oder Ermessensmissbrauch, bei denen sachfremde Erwägungen angestellt werden, sind für die drei ersten Meldeaufforderungen ebenfalls nicht erfüllt. Denn ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Beklagten über ihre Bewerbungssituation bzw berufliche Situation war angesichts ihrer Arbeitslosigkeit praktisch geboten. Zudem waren nach den Feststellungen des LSG Vermittlungshemmnisse und gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin zu besprechen und zu klären, welche Tätigkeiten sie noch ausüben konnte und ob zunächst Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung durchzuführen waren. Ob es geboten war, diese weiteren Zwecke ausdrücklich zu benennen, zB zur Klärung der gesundheitlichen Situation der Klägerin, die zwischen den Beteiligten zumindest zeitweise umstritten war, kann angesichts der genannten zulässigen Zwecke - bezogen auf die einzelne Meldeaufforderung - dahingestellt bleiben. Die in den Meldeaufforderungen genannten Zwecke dienten dem zentralen Ziel des SGB II, die arbeitsuchende, leistungsberechtigte Person bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen und im Zusammenwirken mit ihr Wege zu entwickeln und ihr aufzuzeigen, wie sie eine solche Erwerbstätigkeit erlangen kann (vgl § 1 Abs 2 SGB II).

38

Dass der Beklagte sich von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen, hat das LSG nicht festgestellt, die Klägerin hat insofern keine Rügen erhoben und bezogen auf die drei Meldeaufforderungen ist Derartiges aus den vom LSG festgestellten Tatsachen auch nicht ableitbar.

39

b) Umstände, die für einen wichtigen Grund bei nur einem der drei Meldeversäumnisse sprechen, so zB dass die Klägerin krankheitsbedingt verhindert war, einen der Termine wahrzunehmen, sind den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen.

40

c) Entgegen der Ansicht des SG musste die Klägerin nicht vor einem weiteren Meldeversäumnis einen ersten Bescheid über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung als Warnung erhalten, damit der zweite Bescheid über dieses weitere Meldeversäumnis und die Minderung in rechtmäßiger Weise ergehen durfte.

41

Die dahingehende frühere Rechtsprechung (zB BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6 RdNr 22 f)ist durch die Neufassung der §§ 31 ff SGB II ab 1.4.2011, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, überholt. § 32 SGB II über Meldeversäumnisse verweist in seinem Absatz 2 lediglich auf die Vorschriften des § 31a Abs 3 und § 31b SGB II. Die Vorschrift des § 31a Abs 1 Satz 4 SGB II, nach der eine wiederholte Pflichtverletzung nur "vorliegt", wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde, ist ausdrücklich nicht in Bezug genommen. Stattdessen heißt es in § 32 Abs 1 Satz 1 SGB II, dass sich das Alg II jeweils um 10 vH des maßgebenden Regelbedarfs mindert. Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber einerseits entsprechend dem genannten Urteil vom 9.11.2010 das Erfordernis der vorherigen bescheidmäßigen Feststellung der vorangegangenen Pflichtverletzung vor dem Eintritt der nächsten Pflichtverletzung in das Gesetz übernommen. Andererseits hat er durch seine differenzierende Verweisungsvorschrift zum Ausdruck gebracht, dass dies nicht bei Meldeversäumnissen gelten soll. Er hat damit die Möglichkeit nebeneinander stehender Bescheide über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung für identische Zeiträume, die im Ergebnis zu einer Addition der Minderungsbeträge führen, geschaffen, ohne dass es eines ersten Bescheides über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung bedarf (vgl dazu Begründung des Gesetzentwurfs: BT-Drucks 17/3404 S 112 zu § 32; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 32 RdNr 11; Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 32 RdNr 30; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 32 RdNr 46).

42

6. Aufgrund der Abfolge der den Meldeversäumnissen zugrunde liegenden sieben Meldeaufforderungen nach § 59 SGB II, § 309 SGB III innerhalb von acht Wochen sind die Bescheide vom 14.12.2011, 15.12.2011, 2.1.2012 und 3.1.2012 rechtswidrig, die auf der vierten und den weiteren Meldeaufforderungen und den Meldeversäumnissen am 21.11.2011, 25.11.2011, 7.12.2011 und 12.12.2011 beruhen.

43

Die Rechtswidrigkeit der genannten Bescheide folgt nicht aus der "Einladungsdichte" als solche (dazu a), sondern aus der als Vorfrage für die Feststellung eines Meldeversäumnisses inzident zu prüfenden (vgl dazu 5. a) und vorliegend fehlerhaften Ermessensausübung des Beklagten in der Abfolge und Ausgestaltung der Meldeaufforderungen (dazu b).

44

a) Die "Einladungsdichte" selbst von nahezu einer Meldeaufforderung pro Woche ist nicht zu beanstanden, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, weil es Gründe für einen solchen engmaschigen Kontakt zwischen der leistungsberechtigten Person und dem Jobcenter geben kann und eine Meldeaufforderung ferner - die meldepflichtige Person begünstigend - zu einem Anspruch auf Übernahme der Reisekosten (vgl § 59 SGB II, § 309 Abs 4 SGB III) und zu Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zum und vom Jobcenter (§ 2 Abs 1 Nr 14a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung) führt.

45

b) Die Abfolge von siebenmal derselben Meldeaufforderung mit denselben Zwecken in nahezu wöchentlichem Abstand an die Klägerin verstößt jedoch gegen die vor einer Meldeaufforderung notwendige Ermessensausübung wegen einer Ermessensunterschreitung, weil relevante Ermessensgesichtspunkte nicht berücksichtigt worden sind (zu den Voraussetzungen für die gerichtliche Überprüfung von Ermessen vgl 5. a) bb).

46

Zumindest nach der dritten gleichlautenden Meldeaufforderung mit dem Ergebnis der Nichtwahrnehmung des Termins hätte der Beklagte nicht in der bisherigen Weise fortfahren dürfen. Vielmehr hätte er aufgrund der vom Gesetzgeber selbst im Rahmen des § 31a SGB II eingefügten Abstufungen zwischen den Rechtsfolgen eines Meldeversäumnisses mit einer Minderung um 10 vH und den Rechtsfolgen bei einer Pflichtverletzung mit einer Minderung um 30 vH sowie der Erbringung ergänzender Sachleistungen bei einer Minderung um mehr als 30 vH seine bisherige Ermessensausübung überprüfen müssen. Neben dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen qualitativen Schwelle hätte dabei insbesondere in die Erwägungen eingestellt und deutlich gemacht werden müssen, dass sich der Beklagte trotz der festgestellten sieben gleichen Meldeaufforderungen mit denselben Zwecken innerhalb von acht Wochen nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen.

47

Denn der Zweck der Meldeaufforderungen muss entsprechend dem Grundgedanken des "Förderns und Forderns" im SGB II und nach § 1 Abs 2 SGB II sein, die arbeitsuchende, leistungsberechtigte Person bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Trotz der Überschrift "Sanktionen" vor §§ 31 bis 32 SGB II ist es nicht Ziel der Meldeaufforderungen, durch eine hohe Anzahl von Meldeversäumnissen den Anspruch der Meldepflichtigen auf Alg II zu mindern oder gar zu beseitigen. Denn es handelt sich nach dem Wortlaut und der Konzeption der §§ 31 bis 32 SGB II bei ihnen nicht um Strafvorschriften, nach denen aufgrund eines bestimmten schuldhaften Verhaltens bestimmte Strafen "verhängt" werden, sondern um die gesetzlichen Folgen von Obliegenheitsverletzungen, weil die Durchsetzung zB einer Meldeaufforderung nicht mit Mitteln des Verwaltungszwangs vollstreckt werden darf.

48

Neben den in den Meldeaufforderungen genannten Zwecken "Ihr Bewerberangebot bzw Ihre berufliche Situation" drängten sich vor diesem Hintergrund angesichts des Verhaltens der Klägerin und insbesondere der Vorgeschichte mit den Zweifeln an ihrer Erwerbsfähigkeit und den früheren Meldeversäumnissen als weitere Zwecke die Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch auf (vgl § 309 Abs 2 Nr 4, 5 SGB III). Der Beklagte hätte auch von weiteren Meldeaufforderungen Abstand nehmen und die Klägerin zu einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung auffordern können (vgl § 32 Abs 1 Satz 1 Alt 2 SGB II).

49

In Ermangelung von dahingehenden Ausführungen in den Meldeaufforderungen ist von einer Ermessensunterschreitung des Beklagten auszugehen. Das LSG hat keine Ermessenserwägung des Beklagten in den angeführten Bescheiden oder den zugrunde liegenden Meldeaufforderungen, die der vorliegenden besonderen Situation Rechnung tragen, oder andere spezifische Gründe seitens des Beklagten festgestellt, die für eine wörtliche Wiederholung der bisherigen Meldeaufforderungen und gegen eine Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte sprachen. Den festgestellten Tatsachen im Übrigen sind ebenfalls keine dahingehenden Ermessenerwägungen des Beklagten oder andere Gründe zu entnehmen.

50

7. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Minderung des Alg II-Anspruchs der Klägerin nach §§ 32, 31a Abs 3, § 31b SGB II bestehen nicht. Obwohl der Senat sich der mit einer Minderung des Alg II-Anspruchs einhergehenden Auswirkungen, bei einer Minderung um 10 vH waren es damals 33,70 Euro pro Monat, bewusst ist, kann er sich die notwendige Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Regelungen nicht bilden (vgl zu den Voraussetzungen einer Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG nur zB Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 4.6.2012 - 2 BvL 9/08 ua - BVerfGE 131, 88 RdNr 90 f mwN).

51

a) Das durch Art 1 Abs 1 GG begründete und nach dem Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG auf Konkretisierung durch den Gesetzgeber angelegte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verpflichtet den Staat dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen zur Verfügung stehen, wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 134). Das bedingt jedoch nicht, dass diese Mittel voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssten (ebenso zur Berücksichtigung von Einkommen BVerfG Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom 7.7.2010 - 1 BvR 2556/09 - SozR 4-4200 § 11 Nr 33 = BVerfGK 17, 375 RdNr 13; Berlit, Sanktionen im SGB II - nur problematisch oder verfassungswidrig?, info also 2013, 195, 200 ff; Lauterbach, Verfassungsrechtliche Probleme der Sanktionen im Grundsicherungsrecht, ZFSH/SGB 2011, 584 ff). Bei der Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist dem Gesetzgeber vielmehr ein Gestaltungsspielraum zugewiesen, innerhalb dessen er die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat (BVerfG Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 138 ff).

52

Dass der Gesetzgeber dabei von Verfassungs wegen schlechterdings gehindert wäre, die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II an (Mitwirkungs-)Obliegenheiten zu knüpfen und bei deren Verletzung leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen, vermag der Senat nicht zu erkennen (so aber Neskovic/Erdem, Zur Verfassungswidrigkeit von Sanktionen bei Hartz IV, SGb 2012, 134 ff; ähnlich Drohsel, Sanktionen nach dem SGB II und das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, NZS 2014, 96 ff; wie hier dagegen etwa: Berlit, Sanktionen im SGB II - nur problematisch oder verfassungswidrig?, info also 2013, 195 ff; ders in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 31 RdNr 13 f; Burkiczak, Zur Verfassungswidrigkeit von Sanktionen bei Hartz IV, SGb 2012, 324 ff; Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 31 RdNr 7; Lauterbach, Verfassungsrechtliche Probleme der Sanktionen im Grundsicherungsrecht, ZFSH/SGB 2011, 584 ff; ders in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: Dezember 2014, K § 31 SGB II RdNr 2; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, 2. Aufl, Stand: März 2015, § 31 RdNr 39; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Sanktionen im Arbeitsförderungsrecht: BVerfG Beschluss vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - BVerfGE 74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2). Zudem ist zu bedenken, dass es sich bei den sog "Sanktionen" grundrechtsdogmatisch nicht um einen Eingriff, sondern um eine abgesenkte Form der Leistungsgewährung handelt (vgl Berlit, info also 2013, 195 ff; Burkiczak, SGb 2012, 324 ff).

53

Eine andere Auslegung würde mittels des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums die Grundsicherung für Arbeitsuchende in Richtung auf ein bedingungsloses Grundeinkommen weiterentwickeln (vgl dazu zB Eicker-Wolf, Money for nothing? - Das bedingungslose Grundeinkommen, SF 2013, 172 ff; Opielka, Grundeinkommensversicherung, SF 2004, 114 ff); eine solche Entscheidung muss jedoch dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.

54

Hat der Gesetzgeber von einer solchen Wertung abgesehen, darf er sich bei der Ausgestaltung der Leistungen nach dem SGB II vor diesem Hintergrund von der Erwartung leiten lassen, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (vgl § 2 Abs 2 Satz 1 SGB II) und demzufolge die zum Lebensunterhalt notwendigen Mittel womöglich ua durch zumutbare Erwerbsarbeit selbst erwirtschaften (ebenso Berlit, info also 2013, 195, 201 ff). Soweit der Gesetzgeber als Folge dessen negative Konsequenzen an die fehlende Bereitschaft knüpft, mit den für die Leistungsgewährung zuständigen Stellen (auch nur) in Gespräche über Möglichkeiten zur Überwindung von Erwerbslosigkeit einzutreten, ist ihm das verfassungsrechtlich jedenfalls solange nicht verwehrt, wie sichergestellt ist, dass den Betroffenen die auch in dieser Lage unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (vgl Schmidt-De Caluwe in Estelmann, SGB II, Stand: Dezember 2014, § 31 RdNr 15).

55

b) Dass diese Grenze nicht eingehalten ist, vermag der Senat jedenfalls vorliegend nicht zu erkennen.

56

Überschreitet die Minderung infolge mehrerer Meldeversäumnisse den Wert von 30 vH, hat das Jobcenter gemäß § 32 Abs 2 Satz 2 iVm § 31a Abs 3 Satz 1 SGB II nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob und inwieweit in angemessenem Umfang Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen sind(vgl dazu Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 31a RdNr 36 ff; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 31a RdNr 40 ff). Soweit auf dieser Grundlage Sachleistungen erbracht werden, genügt das den verfassungsrechtlichen Anforderungen jedenfalls grundsätzlich (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12), ohne dass über Voraussetzungen und etwaige Grenzen eines solchen Ausgleichs im Einzelnen hier abschließend zu entscheiden wäre.

57

Erreicht die Minderung diesen Wert nicht, ist ausgehend von den in die Ermittlung des Regelbedarfs gemäß § 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz eingeflossenen Abteilungen der Verbrauchsausgaben zu beachten, dass nicht dem physischen Existenzminimum, sondern der sozialen Teilhabe zuzuordnen sind etwa die Abteilungen 7(Verkehr mit 22,78 Euro), 8 (Nachrichtenübermittlung mit 31,96 Euro), 9 (Freizeit usw mit 39,96 Euro) und 11 (Beherbergung ua 7,16 Euro). Zudem beziehen sich die Abteilungen 3 (Bekleidung, Schuhe mit 30,40 Euro) oder 5 (Innenausstattung usw mit 27,41 Euro) auf Bedarfe, die aktuell nicht jeden Monat anfallen, sondern von der sog Anschaffungsrücklage nach § 12 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB II umfasst sind(vgl Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 12 RdNr 34; Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 73). Die im Regelbedarf enthaltenen Beträge für soziokulturelle Bedarfe sind zwar - obwohl dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Grundrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt, soweit es um Art und Umfang der Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 152; BVerfG Urteil vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 67) - keine freiverfügbare Ausgleichsmasse (BVerfG Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 11 BvR 1691/13 - NJW 2014, 3425, RdNr 117 f). Deshalb mag nicht auszuschließen sein, dass sich der Verweis auf Einsparungen in diesem Bereich in besonders gelagerten Fällen als verfassungsrechtlich bedenklich erweist. Eine solche Lage ist indes zumindest hier nicht erkennbar.

58

Dabei ist zunächst zu beachten, dass wegen Deckungslücken im Bereich einmaliger, nicht dauerhafter bzw laufender Bedarfe die Erbringung von Leistungen als Darlehen nach § 24 Abs 1 SGB II in Betracht kommt(vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 23 zur Vorläuferbestimmung; BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - RdNr 17). Soweit darüber hinaus weitere, von Verfassungs wegen nicht hinnehmbare Deckungslücken bestünden, müsste das nicht notwendig die Minderungsbestimmung des § 32 Abs 1 Satz 1 SGB II selbst betreffen. Zu fragen wäre aufgrund der gesetzlichen Konzeption von Minderungsregel und Ausgleichsmechanismus nach § 31a Abs 3 Satz 1 SGB II vielmehr zuerst, ob der uneingeschränkte Ausschluss von Sachleistungen bei Minderungsbeträgen von bis zu 30 vH des Regelbedarfs ohne Ausnahme bei besonderen Härtefällen verfassungsrechtlich unbedenklich ist(vgl BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6 RdNr 34 f). Zu einer solchen Prüfung besteht indes hier kein Anlass, weil weder erkennbar noch von der Klägerin im Rahmen einer Rüge vorgetragen worden ist, dass sie sich erfolglos um die Gewährung von Sachleistungen bemüht habe.

59

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tritt die Minderung mit Beginn der Sperrzeit oder mit dem Erlöschen des Anspruchs nach dem Dritten Buch ein. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.

(2) Der Minderungszeitraum beträgt

1.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 1 einen Monat,
2.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 2 zwei Monate und
3.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 3 jeweils drei Monate.
In den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 6 ist die Minderung ab dem Zeitpunkt der Pflichterfüllung oder der Erklärung der Bereitschaft zur Pflichterfüllung aufzuheben, soweit der Minderungszeitraum mindestens einen Monat betragen hat, andernfalls nach Ablauf dieses Monats.

(3) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird,
6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 zustehenden Arbeitslosengeldes II (Alg II).

2

Der 1953 geborene Kläger bezog bis zum 2.7.2006 Arbeitslosengeld (Alg) nach dem SGB III. Seit dem 23.1.2006 erhält er Alg II, welches die Beklagte vom 1.8.2006 bis 31.1.2007 in Höhe von 692,20 Euro monatlich (Regelleistung in Höhe von 345 Euro; Kosten der Unterkunft in Höhe von 347,20 Euro monatlich) bewilligte (Bescheid vom 3.8.2006).

3

Am 19.12.2006 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger seit dem 1.12.2006 bei der Firma M als Thekenkraft in Vollzeit arbeitete. Er wurde zum 23.1.2007 fristlos gekündigt. Für Dezember 2006 zahlte der Arbeitgeber dem Kläger im selben Monat einen Betrag in Höhe von 1 400 Euro. Als Entlohnung für Januar 2007 erhielt er am 12.3.2007 einen Betrag in Höhe von 636,68 Euro. Zu den Gründen der Kündigung führte die Arbeitgeberin gegenüber der Beklagten aus, der Kläger habe die Gäste unfreundlich behandelt, die Arbeit nach einer Erkrankung nicht mehr aufgenommen und eine AU-Bescheinigung erst nach zweiwöchiger Fehlzeit vorgelegt. Die Beklagte senkte das Alg II daraufhin für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 monatlich um 30 vH der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm "zustehenden Gesamtauszahlungsbetrags", ab. Hieraus ergebe sich eine Absenkung in Höhe von maximal 104 Euro monatlich. Die "ursprüngliche Bewilligungsentscheidung" werde für den Zeitraum der dreimonatigen Absenkung der Leistungen gemäß § 48 Abs 1 SGB X aufgehoben (Bescheid vom 9.5.2007; Widerspruchsbescheid vom 16.7.2007). Mit weiterem Bescheid vom 9.5.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger gleichzeitig entsprechend abgesenkte SGB-II-Leistungen vom 1.6. bis 31.7.2007 in Höhe von 587,30 Euro monatlich. Nach Eingang einer Lohnabrechnung für den Monat Mai 2007 bewilligte sie ihm unter Aufhebung der "in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen" für den Monat Juli 2007 SGB-II-Leistungen in Höhe von 541,90 Euro (Bescheid vom 19.6.2007). Im weiteren Verlauf hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1.6. bis 30.6.2007 wegen anzurechnenden Nebeneinkommens in Höhe von 48 Euro teilweise auf und forderte die Erstattung dieses Betrags (Bescheid vom 15.8.2007). Für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.8.2007 bewilligte sie dem Kläger SGB-II-Leistungen in Höhe von 541,90 Euro (Bescheid vom 15.8.2007).

4

Das SG Freiburg hat entsprechend dem Klageantrag den Bescheid der Beklagten vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 aufgehoben. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil die Beklagte das Alg II zu Unrecht abgesenkt habe. Mangels Rechtsfolgenbelehrung vor der Weigerung der Aufnahme bzw Fortführung einer zumutbaren Arbeit seien die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II nicht erfüllt. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer Sperrzeit nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB III gegeben seien. Jedenfalls sei diese Vorschrift nicht für Zeiträume anwendbar, in denen ein Sperrzeittatbestand während des Bezugs von Alg II verwirklicht werde (Urteil vom 16.10.2008). Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei nur der Sanktionsbescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007. Nachdem die Beklagte zu Protokoll erklärt habe, dass sie dem Kläger für den Fall, dass der Bescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 durch formell rechtskräftige Entscheidung aufgehoben sei, den gekürzten Sanktionsbetrag gewähren werde, sei eine zusätzliche Leistungs- und Anfechtungsklage bezüglich der SGB II-Bewilligungsbescheide nicht erforderlich. Im Übrigen habe der Kläger den Streitgegenstand insoweit wirksam beschränkt, als er die Verfügungen über Unterkunfts- und Heizkosten für den gesamten Zeitraum in diesem Verfahren nicht angefochten habe, sondern "nur" nicht um den Sanktionsbetrag gekürzte Regelleistungen begehre. Gegen eine gleichzeitige Anwendbarkeit des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II und des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II spreche, dass die Beklagte immer dann auf die Sperrzeitenregelung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II zurückgreifen könne, wenn die in Abs 1 genannten Voraussetzungen, zB mangels Rechtsfolgenbelehrung, nicht vorlägen. Dies könne - wie hier - der Fall sein, wenn eine Absenkung nach Absatz 1 an einer fehlenden Rechtsfolgenbelehrung, die § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II nicht vorsehe, scheitere. Stehe ein Bedürftiger zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Tätigkeit und während der Obliegenheitsverletzung im Leistungsbezug nach dem SGB II, sei dem Leistungsträger die Vornahme einer ordnungsgemäßen Belehrung iS des § 31 Abs 1 SGB II möglich und zumutbar. Dies gelte insbesondere deshalb, weil es sich um Leistungen handele, die das Existenzminimum beträfen (Urteil vom 16.9.2009).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II. Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine neben § 31 Abs 1 SGB II anwendbare Rechtsvorschrift. Ein Rückgriff auf § 144 Abs 1 SGB III, der die Sanktionierung bei Verlust des Beschäftigungsverhältnisses durch arbeitsvertragswidriges Verhalten regele, sei daher möglich.

6

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. September 2009 und des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2008 die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Ob die Beklagte das Alg II in der Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 in zutreffender Höhe geleistet hat, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Zwar liegen die Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II nicht vor. Jedoch fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG dazu, ob der Kläger im Sinne der weiteren Ermächtigungsgrundlage für eine Absenkung nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II iVm § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist diese Sperrzeitregelung des SGB III hier heranzuziehen.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.7.2007, mit dem die Beklagte das Alg II des Klägers für den Zeitraum vom 1.6. bis 31.8.2007 um monatlich 30 vH der Regelleistung abgesenkt hat. Der am gleichen Tag erlassene Bewilligungsbescheid vom 9.5.2007 ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens, weil er mit dem Absenkungsbescheid vom 9.5.2007 eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Alg II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum darstellt (vgl BSG, Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - BSGE 95, 8 ff = SozR 4-4300 § 140 Nr 1, jeweils RdNr 6; BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 5; BSG, Urteil vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R, BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 78). Die Verfügungssätze der beiden am 9.5.2007 erlassenen Bescheide korrespondieren miteinander. Auch der Widerspruchsbescheid vom 16.7.2007 stellt einen Bezug zur Bewilligung des Alg II her. Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen diese auch die Höhe der SGB II-Leistungen bewilligenden Bescheide vom 9.5.2007 idF des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 gewandt, deren Inhalt zugleich Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitgegenstandes ("das von dem Kläger Gewollte") ist.

10

Das LSG hat das Begehren des Klägers insofern zu Unrecht einschränkend dahingehend ausgelegt (§ 123 SGG), dass er eine gerichtliche Entscheidung lediglich hinsichtlich der Absenkungsentscheidung, nicht jedoch auch hinsichtlich des im streitigen Zeitraum zu zahlenden Alg II begehrt. Der unvertretene Kläger hat weder schriftsätzlich noch in anderer Weise den Streitgegenstand beschränkt. Schon mangels Anwesenheit des Klägers in den Terminen beim SG und LSG hat auch keine Erörterung der Konsequenzen einer Beschränkung des Streitgegenstandes stattfinden können (vgl zu diesem Erfordernis: BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 8). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren ist über das Begehren des Klägers daher im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG) zu entscheiden. Dabei wird das LSG auch die weiteren Bewilligungsbescheide vom 19.6.2007 und 15.8.2007 berücksichtigen müssen, welche die Höhe des Alg II in dem hier streitigen Zeitraum vom 1.6 bis 31.8.2007 regeln und nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind.

11

2.a) Die Vorinstanzen haben zu Recht die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nicht als erfüllt angesehen. Nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn er sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Es fehlt hier schon an einer Rechtsfolgenbelehrung iS des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II.

12

Unabhängig hiervon fällt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Arbeitgeberkündigung nicht unter den Begriff des "Fortführens" einer Arbeit durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne dieses Sanktionstatbestandes (Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 31 SGB II RdNr 57, Stand Dezember 2006; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 78; aA Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 39). Eine Weigerung, eine Arbeit fortzuführen, liegt nur vor, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst kündigt, einen Aufhebungsvertrag schließt oder die abhängige oder selbständige Tätigkeit einfach aufgibt. Dass der Gesetzgeber zwischen einer (aktiven) Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Hilfebedürftigen und dessen Beendigung durch den Arbeitgeber wegen des Verhaltens des Hilfebedürftigen unterscheidet, ergibt sich auch aus dem weiteren Absenkungstatbestand des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II, der bei Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme eine Absenkung des Alg II ausdrücklich auch dann vorsieht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige "Anlass für den Abbruch" gegeben hat. Auch im Sperrzeitenrecht des SGB III (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1) hat der Gesetzgeber für die Fallgestaltungen der Arbeitsaufgabe gesondert den Sachverhalt aufgenommen, dass der Arbeitslose "durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat" (vgl auch BSG, Urteil vom 19.3.1986 - 7 RAr 64/85 - BSGE 60, 50, 52 = SozR 4100 § 119 Nr 27 S 123 sowie BSG, Urteil vom 16.9.1999 - B 7 AL 32/98 R - BSGE 84, 270, 273 = SozR 3-4100 § 119 Nr 19 S 95).

13

b) Die hier vorliegende Arbeitgeberkündigung kann aber nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II einen Kürzungstatbestand begründen, weil diese Regelung auf die vorliegende Konstellation anwendbar ist. Nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die in dem Dritten Buch genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Alg begründen. Damit ist Bezug genommen ua auf § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III, demzufolge eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe eintritt, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Im Unterschied zu § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II erfordert § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II für den Eintritt der Sperrzeit keine vorherige Rechtsfolgenbelehrung.

14

c) Das Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB II und § 31 Abs 4 Nr 3 SGB II ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht so zu verstehen, dass § 31 Abs 4 Nr 3 SGB II im Sinne einer speziellen Gesamtregelung nur für pflichtwidrige Handlungen Anwendung finden kann, die zeitlich vor einer Antragstellung oder dem Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB II liegen. Zwar hat sich der Gesetzgeber in vielen Fallgestaltungen der Absätze 1, 2 und 4 des SGB II bei der Ausdifferenzierung der Absenkungs- und Wegfallgründe bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe konkret auf die für SGB-II-Bezieher im Grundsicherungsrecht neu geschaffenen Obliegenheiten bezogen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist bei den in § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II in Bezug genommenen Sperrzeitregelungen des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 bis 7 SGB III grundsätzlich unabhängig von einem Leistungsbezug nach dem SGB II im Einzelfall zu prüfen, ob die Pflichtverletzung von dem Sanktionstatbestand erfasst wird. Die Heranziehung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II setzt allerdings im Sinne von einschränkenden Anwendungsvoraussetzungen voraus, dass das von dem Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten nicht bereits von § 31 Abs 1 SGB II erfasst ist und das sperrzeitrelevante Ereignis zum einem Zeitpunkt eintritt, in dem eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III vorliegt(BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

15

4. Diese Anwendungsvoraussetzungen des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II ergeben sich nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, sondern aus der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung, insbesondere der bis zum 31.12.2004 geltenden Vorgängervorschrift des § 25 Abs 2 Nr 3 Buchst b Bundessozialhilfegesetz (BSHG), zuletzt idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848). In der Begründung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) vom 23.6.1993 (BGBl I 944), auf das diese Regelung wesentlich zurückgeht (vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 20, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) wird hierzu ausgeführt, dass § 25 Abs 2 Nr 3 BSHG nunmehr Hilfeempfänger erfassen sollte, bei denen das Arbeitsamt den Eintritt einer Sperrzeit nach § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgestellt hat und der Anspruch auf Leistungen nach dem AFG ruht oder erloschen ist. Ihnen gleichgestellt wurden diejenigen Hilfeempfänger, die ihre Arbeit aufgegeben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AFG hatten (BT-Drucks 12/4401 S 81).

16

Vor diesem Hintergrund will § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst a SGB II - wie zuvor § 25 Abs 2 Nr 3 Buchst a BSHG - sicherstellen, dass der Ruhens- oder Erlöschenstatbestand wegen einer im Geltungsbereich des SGB III eingetretenen Sperrzeit nicht folgenlos bleibt, wenn zwischenzeitlich ein Anspruch auf Alg II dem Grunde nach entstanden ist(Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 31 RdNr 128, Stand Juli 2007). Ergänzend hierzu ordnet § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II die entsprechende Geltung des § 144 SGB III für Personen an, die einen Anspruch auf Alg noch nicht erworben haben, aber die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllen. Die übereinstimmende Rechtfertigung für die Einbeziehung beider Personengruppen liegt darin, dass sie aufgrund der zurückgelegten Versicherungszeiten zur Arbeitslosenversicherung in einem Sozialversicherungsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit (BA) als SGB III-Trägerin stehen, die sich ihrerseits typisierend gegen den Risikofall der Arbeitslosigkeit zur Wehr setzt, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er nicht in der gebotenen Weise mitwirkt (vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 24 f mwN). Es werden daher diejenigen Beschäftigen erfasst, die in einem für die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg nach § 123 SGB III zu berücksichtigenden Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigte gegen Arbeitsentgelt nach § 25 Abs 1 SGB III stehen und nicht als Personen in einer geringfügigen Beschäftigung versicherungsfrei sind(§ 27 Abs 2 SGB III iVm § 8 Abs 1 SGB IV). Besteht lediglich eine versicherungsfreie Beschäftigung, fehlt es an einem durch Beitragszahlung bzw den Aufbau einer Anwartschaft auf Alg vermittelten Sozialversicherungsverhältnis zur BA und damit an einer Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III (vgl auch zur teleologischen Reduktion der Sperrzeitenregelung des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III auf versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse Henke/Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 108a, Stand November 2009; Curkovic in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 144 RdNr 16; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 144 RdNr 31, Stand März 2007).

17

5. Wie bereits oben dargelegt, wird die hier vorliegende Arbeitgeberkündigung nicht vom Sanktionstatbestand des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB III erfasst. Auch der erforderliche Bezug des Klägers zum Rechtskreis des SGB III ist gegeben, weil die von ihm ab 1.12.2006 aufgenommene Vollzeittätigkeit eine Versicherungspflicht als Beschäftigter begründete und es sich auch nicht um eine geringfügige Beschäftigung handelte. Eine solche liegt nach § 8 Abs 1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt (Nr 1) oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt (Nr 2). Ob in einer bestimmten Beschäftigung Versicherungspflicht oder wegen Entgelt- oder Zeitgeringfügigkeit Versicherungsfreiheit besteht, ist bei Aufnahme der Beschäftigung vorausschauend zu beurteilen (Schlegel in: jurisPK-SGB IV, 1. Aufl 2006, § 8 RdNr 41, 49). Vorliegend konnte bei prognostischer Betrachtung der von dem Kläger am 1.12.2006 aufgenommenen Vollzeitbeschäftigung als Thekenkraft und des dabei zu erzielenden Verdienstes weder von einer entgeltgeringfügigen noch eine zeitgeringfügige Beschäftigung angenommen werden. Dabei ist es für die Anwendbarkeit des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II in dem vorgenannten eingeschränkten Sinn unerheblich, ob die von dem Kläger aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II geführt hat oder ein geringes Entgelt aus einer Beschäftigung mit SGB-II-Leistungen aufgestockt werden muss.

18

6. Von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend hat das LSG keine Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Sanktion nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II iVm § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III getroffen. Neben der Frage, ob ein arbeitsvertragswidriges Verhalten vorliegt, wird es ua zu prüfen haben, ob ein solches Verhalten dem Kläger subjektiv vorwerfbar ist und die auf ein arbeitsvertragswidriges Verhalten zurückzuführende Lösung des Beschäftigungsverhältnisses für ihn vorhersehbar war. Dies kann regelmäßig nur bei vorheriger Abmahnung bejaht werden (vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 251, Stand September 2006 mwN). Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.