Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.08.2017 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.08.2017 dahingehend abgeändert, dass der Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 24.08.2016 und 18.01.2018 verurteilt wird, der Klägerin für Juni bis August 2016 monatlich jeweils weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 109,20 € zu zahlen.

III. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Minderung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs für die Zeit von Juni bis August 2016.

Die Klägerin bezieht zusammen mit ihrem Ehemann Alg II vom Beklagten. Am 01.02.2016 nahm sie eine Beschäftigung in der Pension F. als Zimmermädchen und Frühstückskraft mit einem Bruttomonatslohn von 510 € auf. Im Hinblick darauf bewilligte der Beklagte nach einem Weiterbewilligungsantrag mit Bescheid vom 18.02.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2016 vorläufig Alg II für die Zeit von Februar bis Juli 2016. Mit Aufhebungsvertrag vom 04.04.2016 wurde der mündliche Arbeitsvertrag bezüglich des Beschäftigungsverhältnisses rückwirkend zum 31.03.2016 aufgehoben. Mit Schreiben vom 07.04.2016, welches die Klägerin nach eigenen Angaben (zunächst) nicht erhalten haben will, hörte der Beklagte die Klägerin zu einer Minderung des Alg II wegen der Arbeitsaufgabe an. Ab 01.05.2016 nahm die Klägerin einen Minijob mit maximal 330 € Bruttomonatslohn als Reinigungskraft in der Pension A. auf. Mit Bescheid vom 23.05.2016 stellte der Beklagte die Minderung des Alg II der Klägerin für die Zeit von Juni bis August 2016 um 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs - 109,20 € monatlich - fest und hob insoweit auch die Leistungsbewilligung für Juni und Juli 2016 nach § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Die Klägerin habe trotz Kenntnis der Rechtsfolgen ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Pension F. einvernehmlich mit Aufhebungsvertrag beendet. Einen wichtigen Grund hierfür habe sie nicht mitgeteilt. Die Sanktion folge aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II. Entsprechend dem Sanktionsbescheid wurde unter Berücksichtigung der Minderung um 109,20 € monatlich mit Bescheid vom 24.08.2016 endgültig Alg II iHv 477,17 € für Juni 2016 und iHv 203,23 € für Juli 2016 sowie mit Bescheid vom 18.01.2018 endgültig Alg II iHv 268,80 € für August 2016 bewilligt. Einen Sanktionsbescheid vom 29.06.2016, mit dem für den Zeitraum August bis Oktober 2016 das Alg II der Klägerin ebenfalls gemindert werden sollte, hielt der Beklagte nach seinem Schreiben vom 09.11.2016 nicht weiter aufrecht.

Gegen den Bescheid vom 23.05.2016 legte die Klägerin Widerspruch ein. Das Beschäftigungsverhältnis sei aufgehoben worden, weil die Ehefrau des Inhabers sie nicht mehr habe beschäftigen wollen. Ab 01.05.2016 habe sie eine neue Beschäftigung aufgenommen und sei auch sonst ständig um eine Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung bemüht. Zur Sanktion sei sie nicht angehört worden und habe das Anhörungsschreiben erst im Widerspruchsverfahren erhalten. Zwar sei es zutreffend, dass das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag gelöst worden sei, sie sei aber bereits zuvor mündlich gekündigt worden. Zwar sei diese Kündigung nicht wirksam, es komme darin aber der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck, an dem Arbeitsverhältnis nicht mehr festhalten zu wollen. Es hätte eine ordentliche Kündigung unproblematisch ausgesprochen werden können. Das Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung, da beim Arbeitgeber weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. So sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unvermeidbar gewesen. Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien ihr unbekannt. Vermutlich sei nicht genug Arbeit gewesen, um sie sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen. So habe sie teilweise auch im Privathaushalt der Inhaber gearbeitet oder eher sinnlose Arbeiten im Malergeschäft verrichten müssen. Sie habe weder einen schriftlichen Arbeitsvertrag erhalten, noch habe der Arbeitgeber seine Pflichten aus den Nachweisgesetz erfüllt. Trotz einer mündlichen Zusage, dass sie jeden zweiten Sonntag frei habe, habe sie tatsächlich jeden Sonntag arbeiten müssen. Sie habe sich umgehend wieder eine Beschäftigung gesucht und arbeite wieder. Auch wenn das neue Arbeitsverhältnis nicht sozialversicherungspflichtig sei, liege das Einkommen nur unwesentlich unter dem bisherigen.

Auf weitere Nachfrage des Beklagten teilte der Arbeitgeber mit, es sei zutreffend, dass der Klägerin bereits eine Kündigung ausgestellt worden bzw ihr bereits gekündigt worden sei. Die Klägerin sei den Anforderungen der Arbeiten in der Pension nicht gewachsen gewesen. Die Probezeit habe drei Monate betragen. Hinsichtlich eines Arbeitseinsatzes an Sonntagen sei vereinbart gewesen, dass gearbeitet werden müsse, wenn Gäste da seien. Hierfür sollte es dann an anderen Tagen frei geben. Die Klägerin habe in den zwei Monaten ihres Arbeitsverhältnisses an einem Sonntag gearbeitet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Es liege der Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II vor, da die Klägerin die im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllt habe, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründe. Durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages habe die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt. Weder habe sie einen Anschlussarbeitsvertrag noch eine konkrete Aussicht hierauf gehabt. Zwar habe der Arbeitgeber eine Kündigung in Aussicht gestellt bzw zuvor rechtsunwirksam mündlich gekündigt. Mit Abschluss des Aufhebungsvertrags sei jedoch eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist erfolgt. Während einer Probezeit gelte eine zweiwöchige Kündigungsfrist, so dass die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 31.03.2016 kausal für die früher eintretende Arbeitslosigkeit gewesen sei. Dies sei für die Klägerin auch absehbar gewesen. Ein wichtiger Grund für die vorzeitige Arbeitsaufgabe sei nicht gegeben gewesen. Auch habe die Klägerin nicht jeden Sonntag arbeiten müssen, sondern nach Angaben des Arbeitgebers vielmehr lediglich an einem Sonntag im gesamten Beschäftigungszeitraum.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Sie habe nicht gewusst, dass ihr eine Sanktion drohe. Hätte sie dies gewusst, hätte sie sich nicht auf den Aufhebungsvertrag eingelassen. Der Beklagte hat ausgeführt, es gebe anders als im Sperrzeitenrecht nach dem SGB III keine Härtefallregelung im Sinne von § 159 Abs. 3 SGB III. Im SGB II dauere die Absenkung und der Wegfall des Alg II grundsätzlich drei Monate, während Sperrzeiten nach § 159 SGB III für Zeiträume von 1, 3, 6 oder 12 Wochen eintreten könnten. Insofern betreffe eine Sperrzeit nach dem SGB III auch eine Versicherungsleistung, die ein eigentumsähnliches Recht im Sinne von Art. 14 Grundgesetz (GG) darstelle. Im Bereich staatlicher Fürsorgeleistungen sei der Gesetzgeber wesentlich freier und es könnten unterschiedliche Rechtsfolgen gerechtfertigt sein. Auch gebe es weitere Unterschiede zum Sperrzeitenrecht, wo für die Dauer der Sperrzeit der Anspruch auf die Versicherungsleistung insgesamt entfalle und es zu einer Minderung des durch die Anwartschaft erworbenen Sozialleistungsanspruchs komme. Eine Belehrung der Klägerin über mögliche Rechtsfolgen vor Abschluss des Aufhebungsvertrages sei nicht erforderlich gewesen.

Das SG hat den Arbeitgeber der Klägerin schriftlich als Zeugen einvernommen. Dieser hat angegeben, der mündliche Arbeitsvertrag sei in beiderseitigem Einvernehmen zum 31.03.2016 aufgehoben worden. Die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses von der Klägerin erbrachten Leistungen seien nicht ausreichend und der Umfang der auszuführenden Arbeiten sei zu reichlich gewesen, so dass die Klägerin diese nicht habe überschauen können. Körperlich habe es keine Probleme gegeben. Die Klägerin sei oft wegen persönlicher Termine „verhindert zur Arbeit gekommen“.

Die Klägerin hat dazu ausgeführt, ihr sei nicht bekannt, dass sie wegen persönlicher Termine nicht habe zur Arbeit kommen können. Sie habe mitgeteilt, dass eine dreimonatige Einarbeitungszeit wie bei jedem Arbeitgeber sinnvoll gewesen wäre. Bei ihrem jetzigen Teilzeitjob habe sie sich auch schnell eingearbeitet und es habe keinerlei Probleme gegeben. Von einer älteren Mitarbeiterin sei sie vor Gästen in lautem Ton angewiesen und von ihr auch angeschrien worden. Nach diesem Vorfall sei sie weinend nach Hause gegangen. Die Auswirkungen des Aufhebungsvertrages, den die Ehefrau des Arbeitgebers unbedingt gewollt habe, seien ihr nicht bewusst gewesen. Der Beklagte hat ergänzend ausgeführt, ein Fall des § 31 Abs. 1 SGB II sei nicht gegeben, da es sich um ein Arbeitsverhältnis handle, das nicht auf seine Initiative zustande gekommen sei. Ein erforderlicher Bezug der Klägerin zum SGB III sei gegeben, da es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt habe. Für eine Sanktion sei es unerheblich, ob eine Beschäftigungsaufnahme vor oder während des Alg II-Bezuges erfolge.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2017 hat das SG den Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 hinsichtlich der Feststellung einer Minderung des Alg II der Klägerin für Juni bis August 2016 aufgehoben und den Beklagten unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 zur Zahlung von weiterem Alg II iHv 109,20 € monatlich für die Zeit von Juni bis Juli 2016 verurteilt. Die Klägerin habe sich zwar geweigert, eine zumutbare Arbeit im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II fortzuführen, sie sei aber weder schriftlich über die Rechtsfolgen ihres Handelns belehrt worden, noch habe sie nach ihrer glaubhaften Darlegung Kenntnis über entsprechende Rechtsfolgen gehabt. Somit fehle es tatbestandlich an einer Pflichtverletzung. Auch ein Tatbestand nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II liege nicht vor. Dieser sei nicht anwendbar, weil der Abschluss des Aufhebungsvertrages bereits durch § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II sanktionsbewährt sei. Voraussetzung für eine Anwendung sei, dass das „abverlangte Verhalten“ nicht von § 31 Abs. 1 SGB II erfasst werde und eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB II bestehe. Eine solche enge Auslegung der Sanktionsvorschriften des SGB II sei im Hinblick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum geboten. Es werde damit gewährleistet, dass vor dem Eintritt einer ggf für den Leistungsberechtigten einschneidenden Sanktion eine Warnung über die ihn möglicherweise treffenden Konsequenzen in Form einer Belehrung erfolgen müsse. Nur dann, wenn ein Fall vorliege, in dem keine in § 31 Abs. 1 SGB II spezifisch für den Rechtskreis des SGB II geregelte Pflicht verletzt werde, könne eine Sanktion ohne vorherige Rechtsfolgenbelehrung auf den Rechtsgrundverweis des § 31 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 SGB II gestützt werden, soweit die Leistungsberechtigten durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zugleich dem Rechtskreis des SGB III zuzuordnen seien. Damit werde auch einer möglichen Ungleichbehandlung der Fälle vorgebeugt, in denen sich ein Leistungsberechtigter aus dem Alg II-Bezug selbst eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung suche. Andernfalls würde dieser ohne die Notwendigkeit einer vorherigen Rechtsfolgenbelehrung, wie diese bei einer Beschäftigungsaufnahme aufgrund eines Vermittlungsvorschlages des Jobcenters notwendig sei, sanktioniert. Zwar sei die Klägerin durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in einer Beziehung zum Rechtskreis des SGB III gestanden, die Anwendung des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II scheitere aber daran, dass das der Klägerin abverlangte Verhalten bereits durch § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erfasst werde. Der Änderungsbescheid sei wegen der Rechtswidrigkeit der Sanktion ebenfalls selbst rechtswidrig. Das SG hat die Berufung zugelassen.

Der Beklagte hat dagegen Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Anwendungsbereich des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II sei vorliegend eröffnet. Ein Ausschluss widerspräche gerade dem Zweck der an die Voraussetzungen des SGB III anknüpfenden Sanktionstatbestände, der darin läge, dass eine Sperrzeit nach dem SGB III nicht folgenlos bleibe, auch wenn keine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld vorliege. Dementsprechend sei auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auszulegen, wie es auch in der einschlägigen Kommentarliteratur getan werde. Eine entsprechende Abgrenzung finde sich zudem in den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit. Die Klägerin habe unstreitig eine insofern maßgebliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, welche sie sich selbst gesucht habe, womit der erforderliche Bezug zum Rechtskreis des SGB III und der Anwendungsbereich für eine Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II eröffnet sei. Auch könne im vorliegenden Fall die Sanktion nicht auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gestützt werden, da bereits fraglich sei, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer Fortführungsverweigerung überhaupt gegeben sei, da der Arbeitgeber bereits vor Abschluss des Aufhebungsvertrages eine mündliche Kündigung ausgesprochen und damit zum Ausdruck gebracht habe, dass er an dem Arbeitsverhältnis nicht länger festhalten wolle. Auch könne § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II Anwendung finden, wenn eine Sanktionierung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II aufgrund fehlender Rechtsfolgenbelehrung bzw Kenntnis der Rechtsfolge ausscheide. Für den vorliegenden Fall bedürfe es keiner vorherigen Rechtsfolgenbelehrung. Auch für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II gelte die Erwartung, dass ein Arbeitsplatz nicht ohne leistungsrechtliche Konsequenzen aufgegeben werden könne. Trotz der angeblich zuvor erklärten, rechtsunwirksamen mündlichen Kündigung durch den Arbeitgeber sei durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist - im Rahmen der Probezeit von zwei Wochen - aufgelöst worden. Es bestehe daher eine Kausalität für die früher eintretende Arbeitslosigkeit. Ein wichtiger Grund für die vorzeitige Arbeitsaufgabe sei nicht gegeben gewesen. Insbesondere die Angabe der Klägerin, sie habe jeden Sonntag arbeiten müssen, sei nicht zutreffend.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth 16.08.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt und beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.08.2017 zurückzuweisen und den Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 24.08.2016 und 18.01.2018 zu verurteilen, weiteres Alg II in Höhe von 109,20 € monatlich für die Zeit von Juni bis August 2016 zu zahlen.

Nach ihrer Erinnerung habe es keine ausdrückliche mündliche Kündigung gegeben. Die Frau des Inhabers habe aber einen Aufhebungsvertrag bereits vorbereitet gehabt. Diese habe gesagt, dass es für beide Beteiligten besser sei, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Auf ihre Frage, ob dies einer Kündigung entspräche, habe die Frau des Inhabers geantwortet, dass man dies so sehen könne. Mangels einer Belehrung bzw Kenntnis über die Rechtsfolgen sei § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II nicht einschlägig. Eine Sanktion könne auch nicht auf § 31 Abs 2 Nr 4 SGB II gestützt werden, da es an einer Anwendbarkeit fehle. Der Abschluss des Aufhebungsvertrages sei bereits durch § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II sanktionsbewehrt. Eine enge Auslegung der Sanktionsvorschriften sei im Hinblick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gerechtfertigt.   

Der Beklagte hat weiter beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Beklagten unter Aufhebung des Sanktionsbescheides vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 verurteilt, der Klägerin für Juni und Juli 2016 weiteres Alg II zu zahlen. Der Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Dies gilt auch, soweit der Beklagte mit Bescheid vom 23.05.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.05.2016 (Juni und Juli 2016) ein um 109,20 € gemindertes Alg II gezahlt hat. Die (unselbständige) Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig und dahingehend begründet, dass der Beklagte auch zur Zahlung von 109,20 € für August 2016 zu verurteilen war.

Streitgegenstand ist vorliegend der Sanktionsbescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2016, mit dem der Beklagte die Minderung des Alg II der Klägerin für Juni bis August 2016 um monatlich 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs festgestellt und in diesem Umfang die Bewilligung von Alg II für die Monate Juni und Juli 2016 aufgehoben hat. Der Bescheid vom 24.08.2016, mit dem ua Alg II endgültig für Juni und Juli 2016 bewilligt worden ist, ist ebenso wie der Bescheid vom 18.01.2018 in Bezug auf die endgültige Bewilligung von Alg II für August 2018 Gegenstand des Verfahrens, da sie jeweils leistungsrechtlich den Sanktionsbescheid umgesetzt haben. Die Bescheide bilden mit dem Sanktionsbescheid eine rechtliche Einheit (vgl dazu BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 68/09 R -; Urteil des Senats vom 06.02.2014 - L 11 AS 535/12 - alle zitiert nach juris). Darüber hinaus ist im Hinblick auf die Anschlussberufung der Klägerin auch der Anspruch auf Zahlung von weiteren 109,20 € für August 2016 Streitgegenstand, da der Beklagte eine entsprechende Bewilligung nicht vorgenommen hat.

Die Feststellung des Beklagten, es sei eine Minderung des Alg II der Klägerin um 30 Prozent des für sie maßgeblichen Regelbedarfs für die Monate Juni bis August 2016 eingetreten und die daraus folgende Aufhebung der Leistungsbewilligung von Juni bis Juli 2016 bzw nur um monatlich 109,20 € gekürzte endgültige Bewilligung von Alg II für Juni bis August 2016 ist rechtswidrig.

Nach § 40 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB II iVm mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Hinblick auf die Beschäftigungsaufgabe bei der Pension F. liegt keine Pflichtverletzung der Klägerin iSv § 31 SGB II vor, so dass im Hinblick auf den Leistungsanspruch für Juni und Juli 2016 keine wesentliche Änderung eingetreten war.

Sofern die Klägerin tatsächlich das Anhörungsschreiben vom 07.04.2016 vor Erlass des Sanktionsbescheides vom 23.05.2016 nicht erhalten haben sollte, wäre eine möglicherweise fehlende Anhörung iSv § 24 Abs. 1 SGB X im Rahmen der Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Die Klägerin hatte hier Gelegenheit, sich hinsichtlich der für die Entscheidung über einen möglichen Eintritt einer Minderung ihres Alg II erheblichen Tatsaschen zu äußern und hat hiervon Gebrauch gemacht, so dass sich der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016 mit dem Vorbringen auch auseinander gesetzt hat (zur Heilung eines Anhörungsmangels im Rahmen des Widerspruchsverfahrens: BSG, Urteil vom 26.07.2016 - B 4 AS 47/15 R - und Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R - beide zitiert nach juris).

Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II mindert sich bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II das Alg II in einer ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Vorliegend fehlt es jedoch an einer solchen Pflichtverletzung.

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II ua ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, eine zumutbare Arbeit fortzuführen, sofern sie nicht einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen (§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Nicht erforderlich ist es dabei, dass es sich um eine vom Beklagten angebotene Arbeit handelt (vgl dazu auch Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 03/2018, § 31 Rn 91; anders ohne weitere Begründung: BayLSG, Urteil vom 21.07.2011 - L 7 AS 565/09 - juris). Auch stellt der Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine Weigerung der Fortführung einer Arbeit dar (so auch BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 68/09 R - juris; Valgolio aaO Rn 135). Damit wurde das Arbeitsverhältnis in jedem Fall vor einem Zeitpunkt beendet, zu dem eine Kündigung hätte erfolgen können. Die mündlich erklärte Kündigung durch den Arbeitgeber war in jedem Fall formunwirksam (§ 623 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Soweit in der Literatur eine Fortführungsverweigerung angezweifelt wird, wenn das Beschäftigungsverhältnis ohnehin in Kürze beendet worden wäre (so offenbar Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 31 Rn 71) - was vorliegend hinsichtlich der kurzen Kündigungsfrist innerhalb der Probezeit ggf angenommen werden könnte -, gibt es hierfür nach dem klaren Wortlaut der Norm keinen Anhaltspunkt. Vielmehr kommt es entsprechend der Rechtsprechung zur Arbeitsaufgabe im SGB III (so zB BSG, Urteil vom 12.07.2006 - B 11a AL 47/05 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 13; BayLSG, Urteil vom 09.03.2017 - L 10 AL 214/15 - juris) grds alleine darauf an, ob die Arbeitslosigkeit zu einem früheren Zeitpunkt als eine konkret drohende Kündigung herbeigeführt wird. Das von der Klägerin abverlangte Verhalten, ihre (zumutbare) Arbeit fortzuführen, wird damit von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erfasst.

Allerdings fehlt es für die Annahme einer Pflichtverletzung an der hierfür erforderlichen schriftlichen Belehrung über die Rechtsfolgen oder einer entsprechenden Kenntnis bei der Klägerin. Eine schriftliche Belehrung über den möglichen Eintritt einer Minderung des Alg II bei einer Weigerung der Fortführung der Arbeit ist den Akten nicht zu entnehmen und vom Beklagten auch nicht behauptet. Der Beklagte hätte jedenfalls die Möglichkeit gehabt, die Klägerin zu belehren, da sie spätestens am 11.02.2016 im Rahmen der Folgeantragstellung die Beschäftigungsaufnahme angezeigt hatte. Dass der Klägerin die möglichen Rechtsfolgen aus anderen Gründen bekannt gewesen sein sollen, ist nicht ersichtlich. Sie hat auch selbst glaubhaft angegeben, vom drohenden Eintritt einer Sanktion nichts gewusst zu haben. Dies wird vom Beklagten nicht bestritten, sondern vielmehr von ihm selbst in der Berufungsbegründung vorgebracht, eine Sanktionierung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II scheitere an der fehlenden Rechtsfolgenbelehrung bzw Kenntnis der Klägerin.

Auch eine Pflichtverletzung der Klägerin nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II kann nicht festgestellt werden. Danach liegt eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten vor, wenn sie die im SGB III genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen. Die Anwendbarkeit des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II ist vorliegend jedoch ausgeschlossen, da das von der Klägerin abverlangte Verhalten bereits von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erfasst wird. Letzterer stellt eine spezielle gesetzliche Normierung des Tatbestandes einer Arbeitsaufgabe dar. In der Konsequenz führt dabei eine Arbeitsaufgabe nur dann zu einer Sanktion, wenn auch eine schriftliche Rechtsfolgenbelehrung zuvor erteilt worden ist oder der Leistungsberechtigte von diesen Folgen weiß. Ein Bedürfnis für eine erweiternde Auslegung des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II auf solche Fälle besteht nicht (so insgesamt: Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 03/2018, § 31 Rn 134; weniger klar dagegen in Rn 202; offenbar für eine Anwendung des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in vorliegenden Fallgestaltungen, wenn nur ein Bezug zum SGB III besteht: Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 31 Rn 160 f; Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 31 Rn 104). Insbesondere kann § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II nicht als Auffangbecken herangezogen werden, wenn eine Sanktion nach § 31 Abs. 1 SGB II insbesondere wegen der dort erforderlichen Rechtsfolgenbelehrung bzw der Kenntnis der Rechtsfolgen scheitert (Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 31 Rn 87; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 03/2018, § 31 Rn 70). Dies folgt letztlich auch aus der Rechtsprechung des BSG. Zunächst wurde in der Entscheidung vom 17.12.2009 (B 4 AS 20/09 R - juris - zur vorhergehenden Rechtslage bei § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II aF) ausgeführt, die Anwendung von § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II sei ausgeschlossen, wenn das vom Leistungsberechtigten abverlangte Verhalten bereits von § 31 Abs. 1 SGB II erfasst ist und keine Beziehung des Leistungsberechtigten zum Rechtskreis des SGB III besteht. In der späteren Entscheidung vom 22.03.2010 (B 4 AS 68/09 R - Rn 14 aE - juris) wird in Fortführung dieser Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass eine Heranziehung von § 31 Abs. 4 Nr. 3 b aF (jetzt: § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB III) im Sinne einer einschränkenden Anwendungsvoraussetzung voraussetze, dass das vom Leistungsberechtigten abverlangte Verhalten nicht bereits von § 31 Abs. 1 SGB II erfasst ist und das sperrzeitrelevante Ereignis zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem eine Beziehung des Leistungsberechtigten zum Rechtskreis des SGB III vorliegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Für den Ausschluss des § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II genügt damit, dass die Arbeitsaufgabe der Klägerin als sanktionsbewehrtes Verhalten vom Tatbestand des § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II erfasst wird (so auch Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 03/2018, § 31 Rn 71; Burkiczak in BeckOK SozR/SGB II, Stand 03/2018, § 31 Rn 35). Ergänzend wird insofern auch auf die Ausführungen des SG hierzu Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nach alledem kann dahinstehen, ob der Sanktionszeitraum Juni bis August 2016 zutreffend ist. Der Beklagte hat seine Entscheidung im Bescheid vom 23.05.2016 zunächst auf § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II und später im Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016 auf § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II gestützt. Sollte damit im Widerspruchsbescheid nicht nur ein (unschädlicher) Austausch der Rechtsgrundlagen, sondern eine erstmalige Feststellung einer Pflichtverletzung nunmehr nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II gesehen werden, so wäre unter Berücksichtigung des Eintritts der Minderung im Folgemonat nach Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Pflichtverletzung feststellt (§ 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II), eine teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung für Juni und Juli 2016 schon deshalb nicht möglich.

Mangels des Eintritts einer Minderung des Alg II der Klägerin für die Monate Juni bis August 2016 stehen ihr für diesen Zeitraum monatlich weitere 109,20 € zu.

Die Berufung des Beklagten hat nach alledem keinen Erfolg war daher zurückzuweisen. Auf die Anschlussberufung der Klägerin war der Beklagte auch zur Zahlung von weiterem Alg II iHv 109,20 € für August 2016 zu verurteilen. Unter Berücksichtigung des Umstandes der endgültigen Festsetzungen des Alg II mit den Bescheiden vom 24.08.2016 (Juni und Juli 2016) und 18.01.2018 (August 2016) waren diese entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften


(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass1.rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 24 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn 1. eine sof

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 330 Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten


(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 41 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,2. die erforderliche Be

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31 Pflichtverletzungen


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis1.sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,2.sich weigern, eine zu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31a Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen


(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebe

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 31b Beginn und Dauer der Minderung


(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tri

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 31 Grundsätze der Berufsberatung


Bei der Berufsberatung sind Neigung, Eignung, berufliche Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit der Ratsuchenden sowie aktuelle und zu erwartende Beschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die Durchführung einer Potenzialanalyse entsprechend § 37 Ab

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 14. Juni 2018 - L 11 AS 652/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 14. Juni 2018 - L 11 AS 652/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 06. Feb. 2014 - L 11 AS 535/12

bei uns veröffentlicht am 06.02.2014

Tatbestand Streitig ist eine Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 30% der Regelleistung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.201

Bundessozialgericht Urteil, 26. Juli 2016 - B 4 AS 47/15 R

bei uns veröffentlicht am 26.07.2016

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2015 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 29. Nov. 2012 - B 14 AS 196/11 R

bei uns veröffentlicht am 29.11.2012

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. November 2011 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Bescheids vom 5. Fe

Bundessozialgericht Urteil, 22. März 2010 - B 4 AS 68/09 R

bei uns veröffentlicht am 22.03.2010

Tatbestand 1 Streitig ist die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 zustehenden Arbeitslosengeldes II (Alg II).

Referenzen

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 zustehenden Arbeitslosengeldes II (Alg II).

2

Der 1953 geborene Kläger bezog bis zum 2.7.2006 Arbeitslosengeld (Alg) nach dem SGB III. Seit dem 23.1.2006 erhält er Alg II, welches die Beklagte vom 1.8.2006 bis 31.1.2007 in Höhe von 692,20 Euro monatlich (Regelleistung in Höhe von 345 Euro; Kosten der Unterkunft in Höhe von 347,20 Euro monatlich) bewilligte (Bescheid vom 3.8.2006).

3

Am 19.12.2006 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger seit dem 1.12.2006 bei der Firma M als Thekenkraft in Vollzeit arbeitete. Er wurde zum 23.1.2007 fristlos gekündigt. Für Dezember 2006 zahlte der Arbeitgeber dem Kläger im selben Monat einen Betrag in Höhe von 1 400 Euro. Als Entlohnung für Januar 2007 erhielt er am 12.3.2007 einen Betrag in Höhe von 636,68 Euro. Zu den Gründen der Kündigung führte die Arbeitgeberin gegenüber der Beklagten aus, der Kläger habe die Gäste unfreundlich behandelt, die Arbeit nach einer Erkrankung nicht mehr aufgenommen und eine AU-Bescheinigung erst nach zweiwöchiger Fehlzeit vorgelegt. Die Beklagte senkte das Alg II daraufhin für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 monatlich um 30 vH der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm "zustehenden Gesamtauszahlungsbetrags", ab. Hieraus ergebe sich eine Absenkung in Höhe von maximal 104 Euro monatlich. Die "ursprüngliche Bewilligungsentscheidung" werde für den Zeitraum der dreimonatigen Absenkung der Leistungen gemäß § 48 Abs 1 SGB X aufgehoben (Bescheid vom 9.5.2007; Widerspruchsbescheid vom 16.7.2007). Mit weiterem Bescheid vom 9.5.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger gleichzeitig entsprechend abgesenkte SGB-II-Leistungen vom 1.6. bis 31.7.2007 in Höhe von 587,30 Euro monatlich. Nach Eingang einer Lohnabrechnung für den Monat Mai 2007 bewilligte sie ihm unter Aufhebung der "in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen" für den Monat Juli 2007 SGB-II-Leistungen in Höhe von 541,90 Euro (Bescheid vom 19.6.2007). Im weiteren Verlauf hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1.6. bis 30.6.2007 wegen anzurechnenden Nebeneinkommens in Höhe von 48 Euro teilweise auf und forderte die Erstattung dieses Betrags (Bescheid vom 15.8.2007). Für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.8.2007 bewilligte sie dem Kläger SGB-II-Leistungen in Höhe von 541,90 Euro (Bescheid vom 15.8.2007).

4

Das SG Freiburg hat entsprechend dem Klageantrag den Bescheid der Beklagten vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 aufgehoben. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil die Beklagte das Alg II zu Unrecht abgesenkt habe. Mangels Rechtsfolgenbelehrung vor der Weigerung der Aufnahme bzw Fortführung einer zumutbaren Arbeit seien die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II nicht erfüllt. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer Sperrzeit nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB III gegeben seien. Jedenfalls sei diese Vorschrift nicht für Zeiträume anwendbar, in denen ein Sperrzeittatbestand während des Bezugs von Alg II verwirklicht werde (Urteil vom 16.10.2008). Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei nur der Sanktionsbescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007. Nachdem die Beklagte zu Protokoll erklärt habe, dass sie dem Kläger für den Fall, dass der Bescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 durch formell rechtskräftige Entscheidung aufgehoben sei, den gekürzten Sanktionsbetrag gewähren werde, sei eine zusätzliche Leistungs- und Anfechtungsklage bezüglich der SGB II-Bewilligungsbescheide nicht erforderlich. Im Übrigen habe der Kläger den Streitgegenstand insoweit wirksam beschränkt, als er die Verfügungen über Unterkunfts- und Heizkosten für den gesamten Zeitraum in diesem Verfahren nicht angefochten habe, sondern "nur" nicht um den Sanktionsbetrag gekürzte Regelleistungen begehre. Gegen eine gleichzeitige Anwendbarkeit des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II und des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II spreche, dass die Beklagte immer dann auf die Sperrzeitenregelung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II zurückgreifen könne, wenn die in Abs 1 genannten Voraussetzungen, zB mangels Rechtsfolgenbelehrung, nicht vorlägen. Dies könne - wie hier - der Fall sein, wenn eine Absenkung nach Absatz 1 an einer fehlenden Rechtsfolgenbelehrung, die § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II nicht vorsehe, scheitere. Stehe ein Bedürftiger zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Tätigkeit und während der Obliegenheitsverletzung im Leistungsbezug nach dem SGB II, sei dem Leistungsträger die Vornahme einer ordnungsgemäßen Belehrung iS des § 31 Abs 1 SGB II möglich und zumutbar. Dies gelte insbesondere deshalb, weil es sich um Leistungen handele, die das Existenzminimum beträfen (Urteil vom 16.9.2009).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II. Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine neben § 31 Abs 1 SGB II anwendbare Rechtsvorschrift. Ein Rückgriff auf § 144 Abs 1 SGB III, der die Sanktionierung bei Verlust des Beschäftigungsverhältnisses durch arbeitsvertragswidriges Verhalten regele, sei daher möglich.

6

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. September 2009 und des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2008 die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Ob die Beklagte das Alg II in der Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 in zutreffender Höhe geleistet hat, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Zwar liegen die Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II nicht vor. Jedoch fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG dazu, ob der Kläger im Sinne der weiteren Ermächtigungsgrundlage für eine Absenkung nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II iVm § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist diese Sperrzeitregelung des SGB III hier heranzuziehen.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.7.2007, mit dem die Beklagte das Alg II des Klägers für den Zeitraum vom 1.6. bis 31.8.2007 um monatlich 30 vH der Regelleistung abgesenkt hat. Der am gleichen Tag erlassene Bewilligungsbescheid vom 9.5.2007 ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens, weil er mit dem Absenkungsbescheid vom 9.5.2007 eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Alg II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum darstellt (vgl BSG, Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - BSGE 95, 8 ff = SozR 4-4300 § 140 Nr 1, jeweils RdNr 6; BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 5; BSG, Urteil vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R, BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 78). Die Verfügungssätze der beiden am 9.5.2007 erlassenen Bescheide korrespondieren miteinander. Auch der Widerspruchsbescheid vom 16.7.2007 stellt einen Bezug zur Bewilligung des Alg II her. Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen diese auch die Höhe der SGB II-Leistungen bewilligenden Bescheide vom 9.5.2007 idF des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 gewandt, deren Inhalt zugleich Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitgegenstandes ("das von dem Kläger Gewollte") ist.

10

Das LSG hat das Begehren des Klägers insofern zu Unrecht einschränkend dahingehend ausgelegt (§ 123 SGG), dass er eine gerichtliche Entscheidung lediglich hinsichtlich der Absenkungsentscheidung, nicht jedoch auch hinsichtlich des im streitigen Zeitraum zu zahlenden Alg II begehrt. Der unvertretene Kläger hat weder schriftsätzlich noch in anderer Weise den Streitgegenstand beschränkt. Schon mangels Anwesenheit des Klägers in den Terminen beim SG und LSG hat auch keine Erörterung der Konsequenzen einer Beschränkung des Streitgegenstandes stattfinden können (vgl zu diesem Erfordernis: BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 8). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren ist über das Begehren des Klägers daher im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG) zu entscheiden. Dabei wird das LSG auch die weiteren Bewilligungsbescheide vom 19.6.2007 und 15.8.2007 berücksichtigen müssen, welche die Höhe des Alg II in dem hier streitigen Zeitraum vom 1.6 bis 31.8.2007 regeln und nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind.

11

2.a) Die Vorinstanzen haben zu Recht die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nicht als erfüllt angesehen. Nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn er sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Es fehlt hier schon an einer Rechtsfolgenbelehrung iS des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II.

12

Unabhängig hiervon fällt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Arbeitgeberkündigung nicht unter den Begriff des "Fortführens" einer Arbeit durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne dieses Sanktionstatbestandes (Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 31 SGB II RdNr 57, Stand Dezember 2006; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 78; aA Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 39). Eine Weigerung, eine Arbeit fortzuführen, liegt nur vor, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst kündigt, einen Aufhebungsvertrag schließt oder die abhängige oder selbständige Tätigkeit einfach aufgibt. Dass der Gesetzgeber zwischen einer (aktiven) Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Hilfebedürftigen und dessen Beendigung durch den Arbeitgeber wegen des Verhaltens des Hilfebedürftigen unterscheidet, ergibt sich auch aus dem weiteren Absenkungstatbestand des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II, der bei Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme eine Absenkung des Alg II ausdrücklich auch dann vorsieht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige "Anlass für den Abbruch" gegeben hat. Auch im Sperrzeitenrecht des SGB III (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1) hat der Gesetzgeber für die Fallgestaltungen der Arbeitsaufgabe gesondert den Sachverhalt aufgenommen, dass der Arbeitslose "durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat" (vgl auch BSG, Urteil vom 19.3.1986 - 7 RAr 64/85 - BSGE 60, 50, 52 = SozR 4100 § 119 Nr 27 S 123 sowie BSG, Urteil vom 16.9.1999 - B 7 AL 32/98 R - BSGE 84, 270, 273 = SozR 3-4100 § 119 Nr 19 S 95).

13

b) Die hier vorliegende Arbeitgeberkündigung kann aber nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II einen Kürzungstatbestand begründen, weil diese Regelung auf die vorliegende Konstellation anwendbar ist. Nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die in dem Dritten Buch genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Alg begründen. Damit ist Bezug genommen ua auf § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III, demzufolge eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe eintritt, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Im Unterschied zu § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II erfordert § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II für den Eintritt der Sperrzeit keine vorherige Rechtsfolgenbelehrung.

14

c) Das Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB II und § 31 Abs 4 Nr 3 SGB II ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht so zu verstehen, dass § 31 Abs 4 Nr 3 SGB II im Sinne einer speziellen Gesamtregelung nur für pflichtwidrige Handlungen Anwendung finden kann, die zeitlich vor einer Antragstellung oder dem Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB II liegen. Zwar hat sich der Gesetzgeber in vielen Fallgestaltungen der Absätze 1, 2 und 4 des SGB II bei der Ausdifferenzierung der Absenkungs- und Wegfallgründe bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe konkret auf die für SGB-II-Bezieher im Grundsicherungsrecht neu geschaffenen Obliegenheiten bezogen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist bei den in § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II in Bezug genommenen Sperrzeitregelungen des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 bis 7 SGB III grundsätzlich unabhängig von einem Leistungsbezug nach dem SGB II im Einzelfall zu prüfen, ob die Pflichtverletzung von dem Sanktionstatbestand erfasst wird. Die Heranziehung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II setzt allerdings im Sinne von einschränkenden Anwendungsvoraussetzungen voraus, dass das von dem Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten nicht bereits von § 31 Abs 1 SGB II erfasst ist und das sperrzeitrelevante Ereignis zum einem Zeitpunkt eintritt, in dem eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III vorliegt(BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

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4. Diese Anwendungsvoraussetzungen des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II ergeben sich nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, sondern aus der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung, insbesondere der bis zum 31.12.2004 geltenden Vorgängervorschrift des § 25 Abs 2 Nr 3 Buchst b Bundessozialhilfegesetz (BSHG), zuletzt idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848). In der Begründung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) vom 23.6.1993 (BGBl I 944), auf das diese Regelung wesentlich zurückgeht (vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 20, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) wird hierzu ausgeführt, dass § 25 Abs 2 Nr 3 BSHG nunmehr Hilfeempfänger erfassen sollte, bei denen das Arbeitsamt den Eintritt einer Sperrzeit nach § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgestellt hat und der Anspruch auf Leistungen nach dem AFG ruht oder erloschen ist. Ihnen gleichgestellt wurden diejenigen Hilfeempfänger, die ihre Arbeit aufgegeben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AFG hatten (BT-Drucks 12/4401 S 81).

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Vor diesem Hintergrund will § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst a SGB II - wie zuvor § 25 Abs 2 Nr 3 Buchst a BSHG - sicherstellen, dass der Ruhens- oder Erlöschenstatbestand wegen einer im Geltungsbereich des SGB III eingetretenen Sperrzeit nicht folgenlos bleibt, wenn zwischenzeitlich ein Anspruch auf Alg II dem Grunde nach entstanden ist(Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 31 RdNr 128, Stand Juli 2007). Ergänzend hierzu ordnet § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II die entsprechende Geltung des § 144 SGB III für Personen an, die einen Anspruch auf Alg noch nicht erworben haben, aber die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllen. Die übereinstimmende Rechtfertigung für die Einbeziehung beider Personengruppen liegt darin, dass sie aufgrund der zurückgelegten Versicherungszeiten zur Arbeitslosenversicherung in einem Sozialversicherungsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit (BA) als SGB III-Trägerin stehen, die sich ihrerseits typisierend gegen den Risikofall der Arbeitslosigkeit zur Wehr setzt, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er nicht in der gebotenen Weise mitwirkt (vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 24 f mwN). Es werden daher diejenigen Beschäftigen erfasst, die in einem für die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg nach § 123 SGB III zu berücksichtigenden Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigte gegen Arbeitsentgelt nach § 25 Abs 1 SGB III stehen und nicht als Personen in einer geringfügigen Beschäftigung versicherungsfrei sind(§ 27 Abs 2 SGB III iVm § 8 Abs 1 SGB IV). Besteht lediglich eine versicherungsfreie Beschäftigung, fehlt es an einem durch Beitragszahlung bzw den Aufbau einer Anwartschaft auf Alg vermittelten Sozialversicherungsverhältnis zur BA und damit an einer Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III (vgl auch zur teleologischen Reduktion der Sperrzeitenregelung des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III auf versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse Henke/Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 108a, Stand November 2009; Curkovic in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 144 RdNr 16; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 144 RdNr 31, Stand März 2007).

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5. Wie bereits oben dargelegt, wird die hier vorliegende Arbeitgeberkündigung nicht vom Sanktionstatbestand des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB III erfasst. Auch der erforderliche Bezug des Klägers zum Rechtskreis des SGB III ist gegeben, weil die von ihm ab 1.12.2006 aufgenommene Vollzeittätigkeit eine Versicherungspflicht als Beschäftigter begründete und es sich auch nicht um eine geringfügige Beschäftigung handelte. Eine solche liegt nach § 8 Abs 1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt (Nr 1) oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt (Nr 2). Ob in einer bestimmten Beschäftigung Versicherungspflicht oder wegen Entgelt- oder Zeitgeringfügigkeit Versicherungsfreiheit besteht, ist bei Aufnahme der Beschäftigung vorausschauend zu beurteilen (Schlegel in: jurisPK-SGB IV, 1. Aufl 2006, § 8 RdNr 41, 49). Vorliegend konnte bei prognostischer Betrachtung der von dem Kläger am 1.12.2006 aufgenommenen Vollzeitbeschäftigung als Thekenkraft und des dabei zu erzielenden Verdienstes weder von einer entgeltgeringfügigen noch eine zeitgeringfügige Beschäftigung angenommen werden. Dabei ist es für die Anwendbarkeit des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II in dem vorgenannten eingeschränkten Sinn unerheblich, ob die von dem Kläger aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II geführt hat oder ein geringes Entgelt aus einer Beschäftigung mit SGB-II-Leistungen aufgestockt werden muss.

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6. Von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend hat das LSG keine Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Sanktion nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II iVm § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III getroffen. Neben der Frage, ob ein arbeitsvertragswidriges Verhalten vorliegt, wird es ua zu prüfen haben, ob ein solches Verhalten dem Kläger subjektiv vorwerfbar ist und die auf ein arbeitsvertragswidriges Verhalten zurückzuführende Lösung des Beschäftigungsverhältnisses für ihn vorhersehbar war. Dies kann regelmäßig nur bei vorheriger Abmahnung bejaht werden (vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 251, Stand September 2006 mwN). Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tatbestand

Streitig ist eine Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 30% der Regelleistung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.2011.

Der Kläger bezog Alg II von der Beklagten. Mit Bescheid vom 27.09.2010 wurden ihm Leistungen für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 i. H. v. monatlich 674,13 EUR (359 EUR Regelleistung und 315,13 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) bewilligt. Unter Aufhebung dieser Bewilligungsentscheidung ab 01.01.2011 gewährte die Beklagte mit den Änderungsbescheiden vom 23.12.2010 und 23.05.2011 u. a. für Januar 2011 Alg II i. H. v. 682,13 EUR (364 EUR Regelleistung und 427,33 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung, abzüglich 109,20 EUR bzgl. einer Sanktion).

Im Rahmen eines Beratungsgespräches am 14.09.2010 um 8:30 Uhr wurde dem Kläger neben einem sofortigen Vermittlungsvorschlag bezüglich der Firma i. GmbH, K., ein weiteres Stellenangebot bei der Firma C. Personalmanagement (C.), A-Stadt, zur unverzüglichen Eingliederung in Arbeit übergeben. Er wurde darin jeweils aufgefordert, sich „jetzt unverzüglich“ zur Vorstellung zu den jeweiligen Firmen zu begeben. Darüber hinaus wurde in dem jeweiligen Vermittlungsvorschlag auf die Rechtsfolgen bei der Nichtbefolgung der Verpflichtung hingewiesen. Die Kenntnisnahme des Vermittlungsvorschlages und der Rechtsfolgenbelehrung sowie eine ausreichende Erläuterung und deren Verstehen bestätigte der Kläger unterschriftlich. Nach einem Aktenvermerk vom 14.09.2010 sei dem Kläger gesagt worden, er habe sich noch am selben Tag bei C. persönlich zu melden.

Der Kläger sprach am 14.09.2010 nicht bei C. vor. Die Beklagte „kürzte“ daraufhin mit Bescheid vom 08.10.2010 das Alg II des Klägers für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.2011 um 30% der Regelleistung. Entgegen der Aufforderung, sich noch am 14.09.2010 persönlich bei C. vorzustellen, habe er dies erst am 22.09.2010 getan, weshalb ein Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Da kein wichtiger Grund für sein Verhalten gegeben sei, sei die Regelleistung zwingend für drei Monate abzusenken. Die Berechnung könne der Anlage entnommen werden. Dem Bescheid war ein Berechnungsbogen für November 2010 beigefügt.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe bei seiner Vorsprache bei der Beklagten auf seinen Operationstermin am 23.09.2010 in E. mit einem Klinikaufenthalt von neun Tagen hingewiesen. Die Beklagte sei über seinen Gesundheitszustand - er habe Atembeschwerden und dürfe sich körperlich nicht anstrengen - informiert gewesen. Er habe sich - wie besprochen - zuerst schriftlich beworben (Bewerbung vom 15.09.2010). Am 22.09.2010 habe er sich dann persönlich bei C. vorgestellt. Die Rechtsfolgenbelehrung habe er am 14.09.2010 am Ende unterschreiben müssen. Den Sinn, unverzüglich zu C. gehen zu müssen, habe er bis heute nicht verstanden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2011 zurück. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde der Kläger darauf hingewiesen, eine Klage könne innerhalb eines Monats nach „Zustellung“ erhoben werde.

Der Kläger hat am 04.08.2011 u. a. gegen den Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben (S 9 AS 528/11). Mit Beschluss vom 24.10.2011 hat das SG dieses Begehren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 9 AS 774/11 fortgeführt. Der Kläger hat ausgeführt, er sei am 14.09.2010 wegen einer Behinderung der Nasenatmung körperlich nicht in der Lage gewesen, sich bei C. unverzüglich zu melden. Wegen der chronischen Nasenatmungsbehinderung habe er im Zeitraum vom 18.10.2010 bis 18.01.2011 keine körperlichen und schweren Arbeiten verrichten dürfen. Mit Urteil vom 12.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die am 04.08.2011 erhobene Klage sei verfristet. Der Widerspruchsbescheid sei am 22.03.2011 zur Post gegeben worden und gelte damit am 25.03.2011 als bekanntgegeben. Die Klagefrist sei somit am 25.04.2011 abgelaufen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung hat der Kläger vorgetragen, er habe den Satz, er müsse sich unverzüglich zu C. begeben, nicht verstanden. Sein deutsch-persisches Wörterbuch kenne den Begriff „begeben“ nicht. Er habe gedacht, er müsse sofort seine Bewerbungsunterlagen an C. verschicken. Er habe sich am 15.09.2010 bei C. beworben und am 22.09.2010 dort ein persönliches Vorstellungsgespräch gehabt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 12.04.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 und unter Abänderung des Bescheides vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 zu verurteilen, weiteres Arbeitslosengeld II für die Monate November und Dezember 2010 in Höhe von jeweils 107,70 EUR und für Januar 2011 in Höhe von 109,20 EUR an ihn zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auf Anfrage des Gerichts hat C. mitgeteilt, es könne von dort nicht mehr festgestellt werden, ob der spätere Zeitpunkt der Bewerbung Einfluss auf die Einstellungschancen gehabt haben könnte.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dies gilt auch für den Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011, soweit damit für Januar 2011 die Leistungen um 109,20 EUR gemindert wird. Der Kläger hat Anspruch auf weiteres Alg II für die Monate November und Dezember 2010 i. H. v. jeweils 107,70 EUR und für Januar 2011 in i. H. v. 109,20 EUR

Streitgegenstand ist vorliegend der Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2010, mit dem die Beklagte das Alg II des Klägers für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis 31.01.2011 um monatlich 30% der Regelleistung „gekürzt“, d. h. die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung festgestellt hat. Der Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens, soweit damit die ursprüngliche Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 27.09.2010 für den Monat Januar 2011 aufgehoben und u. a. unter Berücksichtigung der Leistungskürzung wegen der Sanktion die Höhe des Alg II neu geregelt worden ist. Im Hinblick auf die leistungsrechtliche Umsetzung der Sanktion bildet er mit dem Absenkungsbescheid vom 08.10.2010 eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Alg II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 68/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr. 4 - m. w. N.).

Statthafte Klage ist unter Berücksichtigung des klägerischen Begehrens zunächst die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), mit der der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2010 begehrt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194-201). Darüber hinaus hat der Kläger aber auch eine Leistungsklage (§ 54 Abs. SGG i. V. m. § 56 SGG) erhoben. Ihm geht es unabhängig von einer Aufhebung des Sanktionsbescheides (auch) um die Nachzahlung des mit Bescheid vom 27.09.2010 bewilligten, teilweise einbehaltenen Alg II. Dies bringt er in seiner Klageschrift an das SG zum Ausdruck, worin er u. a. die „ungekürzten Zahlungen“ für November 2010 bis Januar 2011 fordert. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitgegenstandes ist das vom Kläger Gewollte. Insofern hätte das SG nicht an dem vom Kläger formulierten Anfechtungsbegehren alleine hinsichtlich des Bescheides vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 festhalten dürfen; eine Erörterung der Konsequenzen einer solchen Beschränkung des Streitgegenstandes mit dem Kläger ist nicht ersichtlich, so dass über das gesamte klägerische Begehren zu befinden ist (vgl. dazu auch BSG a. a. O.). Der Leistungsklage kommt auch - neben der reinen Anfechtungsklage - Bedeutung für den Fall zu, dass der Sanktionbescheid zwar rechtmäßig ist, mangels Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligung aber weiterhin ein Zahlungsanspruch aus dem Bescheid vom 27.09.2010 besteht, dem die Beklagte gegebenenfalls zu Unrecht allein den Sanktionsbescheid entgegen hält.

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie nicht verfristet (vgl. Beschluss des Senates vom 10.07.2012).

Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 und den Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 ist begründet. Es fehlt zur Überzeugung des Senats an einer Pflichtverletzung.

Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. d. F. des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl I 1706 ) wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 v. H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen u. a. weigert, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten. Die Aufnahme einer Tätigkeit kann mithin auch durch konkludentes Verhalten verweigert werden (BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - juris - m. w. N.; S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 31 Rn. 40). Ein vorwerfbares Fehlverhalten bezieht sich auf die Aufnahme einer Tätigkeit, worin sämtliches Verhalten bis zu dem eine Tätigkeit etwa durch Abschluss eines Arbeitsvertrages verfestigt wird, mithin auch vorbereitende Handlungen wie etwa im Hinblick auf Bewerbungen und Vorstellungsgespräche (vgl. S.Knickrehm/Hahn a. a. O. Rn. 42).

Ein solches vorwerfbares Verhalten kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Unstreitig hat sich der Kläger am 15.09.2010 schriftlich bei C. beworben und am 22.09.2010 dort ein Vorstellungsgespräch. Seiner Verpflichtung zur Bewerbung und Vorsprache ist er damit nachgekommen. Eine Obliegenheit, sich schon am 14.09.2010 persönlich bei C. vorzustellen, bestand nicht. Es ist in der Verwaltungsakte der Beklagten in keinster Weise hinreichend dokumentiert worden, ob und dass eine sofortige Vorstellung am 14.09.2010 zwingend notwendig sei, um die Arbeitsstelle zu bekommen. Zwar mag es sein, dass im Bereich der Zeitarbeit eine zeitnahe Bewerbung vorteilhaft und teilweise erforderlich ist. Ob dies in Bezug auf die konkrete Stelle der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. So konnte auch C. auf Anfrage des Gerichts nicht mehr mitteilen, ob sich die Einstellungschancen des Klägers durch die schriftliche Bewerbung am 15.09.2010 und die persönliche Vorstellung am 22.09.2010 verschlechtert haben. Dagegen spricht aber schon, dass er der Kläger zu einem persönlichen Vorstellungstermin wohl nicht mehr eingeladen worden wäre, wenn seine schriftliche Bewerbung am 15.09.2010 aussichtslos gewesen wäre.

Hinzu kommt, dass der Kläger sich auch am 14.09.2010 unverzüglich zur Firma i. GmbH nach K. hätte begeben sollen. Dass auch bei der dortigen Firma zufälligerweise nur eine Bewerbung am selben Tage Sinn gemacht hätte, erscheint nicht nachvollziehbar, so dass der Eindruck entsteht, die Beklagte hat in ihrem Bewerbungsaufforderungen vom 14.09.2010 generell auf eine Bewerbung am selben Tage ohne notwendigen Anlass bestanden. Schließlich erscheint es ungewiss, ob der Kläger, der über kein eigenes Fahrzeug verfügt hat, in der Lage gewesen wäre, tatsächlich beide persönlichen Vorstellungstermine am 14.09.2010 erfüllen zu können. Sofern die Beklagte in ihrem Aktenvermerk vom 14.09.2010 festgehalten hat, dem Kläger sei gesagt worden, er habe sich noch am selben Tag bei C. persönlich zu melden, bleibt unklar, ob er dies auch so verstanden hat. Dies weicht zudem vom Wortlaut des schriftlichen Vermittlungsvorschlages ab, wonach die Vorstellung „jetzt unverzüglich“, mithin zeitlich weitaus weniger konkret, erfolgen sollte. Die nachgewiesene schriftliche Rechtsfolgenbelehrung bezog sich insofern auch nur auf den schriftlichen Vermittlungsvorschlag.

Eine Weigerung des Klägers, die Arbeit bei C. aufzunehmen, liegt damit nicht vor. Er hat sich „unverzüglich“ schriftlich bei C. beworben. Eine Leistungsabsenkung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.2011 scheidet folglich aus. Die Leistungsklage auf Auszahlung der mit Bescheid vom 27.09.2010 für November und Dezember 2010 ist daher begründet. Dieser Bescheid ist für den genannten Zeitraum nicht teilweise nach § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben worden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr. 3) und mangels Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 08.10.2010 auch nicht aufhebbar gewesen.

Im Hinblick auf die Gewährung von ungekürzten Leistungen für Januar 2011 war der Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 abzuändern. Die dort berücksichtigte Leistungsabsenkung infolge der Sanktion durfte - wie oben ausgeführt - nicht erfolgen, eine wesentliche Änderung ist insoweit nicht eingetreten. Eine bloße Aufhebung dieses Bescheides war allerdings nicht möglich, da darin über die Berücksichtigung der Leistungsabsenkung hinaus dem Kläger im Hinblick auf die Erhöhung der Regelleistung ab 01.01.2011 und den Wegfall des Abzuges für Warmwasser sowie die Berücksichtigung einer im Januar 2011 fälligen Nebenkostenabrechnung höhere Leistungen bewilligt worden sind.

Die Berufung war damit hinsichtlich der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage erfolgreich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird,
6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

2

Auf den Antrag der 1955 geborenen Klägerin auf aufstockende Leistungen nach dem SGB II, dem sie den Bescheid der Agentur für Arbeit Reutlingen vom 22.8.2011 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom September 2011 bis Februar 2013 iHv 20,85 Euro kalendertäglich beifügte, erkannte der Beklagte Arbeitslosengeld II (Alg II) für den Zeitraum vom Januar 2012 bis Juli 2012 zu (Bescheid vom 9.2.2012). Nur für die Monate Januar/Februar 2012 rechnete er Alg in unterschiedlicher Höhe an; ab März 2012 berücksichtigte er kein Einkommen.

3

Nachdem der Beklagte bemerkt hatte, dass die Klägerin über den Februar 2012 hinaus weiterhin Alg bezogen hatte, hörte er sie mit Fristsetzung bis 26.7.2012 zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung von überzahlten SGB II-Leistungen an (Schreiben vom 9.7.2012). Die Klägerin führte ua aus, sich keiner Schuld bewusst zu sein, weil sie im Leistungsantrag den Alg-Bezug angegeben habe; im SGB II-Bescheid sei dies auch angerechnet worden (Schreiben vom 27.7.2012). Bereits am letzten Tag der Anhörungsfrist hob der Beklagte die SGB II-Leistungen - gestützt auf § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X - teilweise in Höhe von 2393,70 Euro auf und forderte diese zurück(Bescheid vom 26.7.2012; für Februar 2012 in Höhe von 11,70 Euro, für März bis Juli 2012 in Höhe von monatlich 595,50 Euro). Dem hiergegen gerichteten Widerspruch, mit welchem die Klägerin das Verschulden des Beklagten an der Überzahlung geltend machte, gab der Beklagte nur zu einem geringen Teil statt (Reduzierung der Erstattungsforderung auf insgesamt 2329,01 Euro) und wies den Widerspruch im Übrigen - nunmehr gestützt auf § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X - als unbegründet zurück. Die Klägerin habe erkennen können und müssen, dass eine erhebliche Differenz der Leistungshöhe in den einzelnen Monaten bestehe (Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012).

4

Im sozialgerichtlichen Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, ihr sei der Grund für die geänderte Leistungshöhe ab März 2012 mangels Kenntnis der Verrechnungsmodalitäten zwischen dem Beklagten und der Agentur für Arbeit nicht klar gewesen. Der Bewilligungsbescheid sei höchst kompliziert. Sie habe alle Umstände mitgeteilt und davon ausgehen dürfen, dass die Berechnung richtig durchführt werde. Mit ihrer gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG (vom 30.9.2013) eingelegten Berufung hat sie eingeschränkte Sprachkenntnisse und eine starke psychische Beeinträchtigung geltend gemacht und die fehlende Nachvollziehbarkeit der komplexen und unübersichtlichen Darstellungen im Leistungsbescheid des Beklagten beanstandet. Nach Hinweis des Berichterstatters des LSG an den Beklagten, dass die Anhörung zu den Voraussetzungen des § 45 SGB X, auf den der Beklagte seinen Widerspruchsbescheid erstmals gestützt habe, problematisch sei(Verfügung vom 13.3.2015), hat der Beklagte der Klägerin mit Frist bis 25.3.2015 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten teilweisen Rücknahme der Leistungen und zu dem Vorwurf gegeben, ihr sei die fehlerhafte Bewilligung bekannt gewesen bzw sie habe erkennen können, dass ihr die Leistungen in dieser Höhe nicht zugestanden hätten. Nehme sie die Gelegenheit zur Stellungnahme nicht wahr, könnten für sie positive Umstände nicht berücksichtigt werden; nach Ablauf der Anhörungsfrist müsse sie mit einer Entscheidung rechnen, die ihr durch Bescheid mitgeteilt werde (Schreiben des Beklagten vom 18.3.2015).

5

Das LSG hat der Berufung der Klägerin in vollem Umfang stattgegeben (Urteil vom 26.3.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der angefochtene Bescheid leide an einem Anhörungsmangel, weil die Klägerin zu der erstmals im Widerspruchsbescheid angeführten inneren Tatsache der grob fahrlässigen Unkenntnis nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Erst im gerichtlichen Verfahren habe sie umfassender zum Vorwurf der groben Fahrlässigkeit sowie zu ihrer Urteils-, Kritik- und Einsichtsfähigkeit vorgetragen. Im Gerichtsverfahren habe der Beklagte die fehlende Anhörung nicht nachgeholt. Die mit Schreiben vom 18.3.2015 gesetzte Äußerungsfrist bis zum 25.3.2015 - unter Berücksichtigung von Brieflaufzeiten von nur 4 Tagen einschließlich Samstag/Sonntag - sei für die Abfassung einer Stellungnahme, ggf nach Rücksprache mit dem Bevollmächtigten der Klägerin, der seinen Sitz nicht an ihrem Wohnsitz habe, selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Klägerin aus dem Widerspruchsbescheid und dem gerichtlichen Verfahren die Gründe des Beklagten für die Annahme grober Fahrlässigkeit bekannt seien, zu kurz gewesen. Die von dem Beklagten hilfsweise beantragte Aussetzung des Verfahrens sei als nicht sachdienlich abzulehnen.

6

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 24 Abs 1 SGB X und § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X, von § 114 Abs 2 S 1 SGG sowie des Gebots rechtlichen Gehörs. Eine Verletzung des § 24 SGB X liege vor, weil das LSG die Besonderheiten des Einzelfalls nicht berücksichtigt habe. Der Wechsel der Rechtsgrundlage von § 48 SGB X zu § 45 SGB X erfordere nicht stets eine erneute Anhörung. Bereits im Widerspruchsbescheid habe er Äußerungen der Klägerin zum Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung umfassend gewürdigt. § 41 SGB X sei verletzt, weil das Berufungsgericht eine Anhörungsfrist von zwingend mehr als 4 Tagen ohne Beachtung von Einzelfallumständen verlangt habe. Anders als bei einer erstmaligen Anhörung sei zu erwarten gewesen, dass sich die Klägerin bzw ihr Prozessbevollmächtigter eine Woche vor der mündlichen Verhandlung in dem bereits lange andauernden Gerichtsverfahren mit der Sache befasst hätten. Ein Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör sei darin zu sehen, dass in dem Hinweis des Berichterstatters - mit zu kurzer Frist zur Stellungnahme - allein auf die Anhörungsproblematik, nicht aber auch auf die Heilungsmöglichkeit hingewiesen worden sei, weshalb eine unzulässige Überraschungsentscheidung vorliege. Das LSG habe auch gegen § 114 Abs 2 S 1 SGG verstoßen, indem es seinen Aussetzungsantrag abgelehnt habe. Wegen des Verstoßes gegen das rechtliche Gehör sei das Aussetzungsermessen auf Null reduziert und das Gericht zur Aussetzung verpflichtet gewesen.

7

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26.03.2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.09.2013 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie führt aus, eine erneute Anhörung durch den Beklagten sei stets erforderlich und ein gerichtlicher Hinweis nicht notwendig gewesen. Es fehle an einer ordnungsgemäß nachgeholten Anhörung im Berufungsverfahren, weil das Schreiben an sie und nicht an ihren Bevollmächtigten gerichtet gewesen sei. Eine Pflicht des Gerichts, dem Beklagten "auf die Sprünge zu helfen", habe nicht bestanden. Nach dem Hinweis des LSG habe dieser ausreichend Zeit für eine Stellungnahme gehabt und eine solche in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auch abgegeben. Das Berufungsgericht sei nicht zur Aussetzung der Verhandlung zur Heilung des Anhörungsmangels verpflichtet gewesen. Eine Fristeinräumung zur Ermöglichung der Heilung wäre mit der verfassungsrechtlichen Position der Klägerin auch nicht vereinbar.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.7.2012 idF des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2012 wegen eines Anhörungsmangels formell rechtswidrig und daher aufzuheben war (1). Das LSG hat weder § 114 Abs 2 S 2 SGG(2) noch den Anspruch auf rechtliches Gehör des Beklagten verletzt (3).

11

1. Das LSG hat den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.7.2012 idF des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2012 zu Recht ungeachtet der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit wegen formeller Rechtswidrigkeit aufgehoben, weil der Beklagte die Klägerin vor Erlass des Bescheides nicht ordnungsgemäß angehört hat (a) und dieser Anhörungsmangel auch weder im Widerspruchsverfahren (b) noch im Gerichtsverfahren (c) geheilt worden ist.

12

a) Der Aufhebungsanspruch der Klägerin folgt aus § 42 Abs 1 S 1 und 2 SGB X, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes allein deshalb beansprucht werden kann, weil die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt worden ist. Nach § 24 Abs 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nach Abs 2 der Vorschrift kann davon unter bestimmten - hier nicht einschlägigen - Voraussetzungen abgesehen werden.

13

Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass es an einer ordnungsgemäßen Anhörung der Klägerin schon deshalb fehlte, weil der Beklagte den Aufhebungsbescheid auf § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X und sodann den Widerspruchsbescheid auf § 45 Abs 1, Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X gestützt hat. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für den Fall, dass sich eine Behörde erstmals im Widerspruchsbescheid auf die innere Tatsache, dass die betroffene Person die Rechtswidrigkeit des Bescheids zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat, bezieht, weil sie den Ausgangsbescheid noch auf § 48 SGB X gestützt hat, erneut Gelegenheit zu einer vorherigen Stellungnahme einzuräumen(BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2, RdNr 12 f). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil der Beklagte in seinem Anhörungsschreiben vom 9.7.2012 vor Erlass des angefochtenen Bescheides ausdrücklich nur auf den Aufhebungsgrund der Einkommenserzielung, nicht jedoch auf die subjektiven Gesichtspunkte einer Rücknahme wegen grob fahrlässigem Verhalten bzw grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung hingewiesen hat.

14

b) Das Vorbringen der Revision, das LSG habe die Rechtsprechung des BSG unzutreffend angewandt und damit § 24 SGB X verletzt, weil es trotz vom Beklagten substantiiert dargelegter Indizien isoliert nur auf rein formale Kriterien abstelle und damit unabhängig vom Einzelfall in der vorliegenden Konstellation generell eine erneute formalisierte Anhörung auch im Vorverfahren für erforderlich erachte, geht ins Leere.

15

Es bedarf keiner Entscheidung des Senats darüber, ob eine erneute (§ 24 SGB X)oder nachzuholende Anhörung (§ 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X) im Widerspruchsverfahren im Einzelfall entbehrlich sein kann, wenn der Betroffene die von der Behörde (bewusst oder unbewusst) unterlassene Verfahrenshandlung der Anhörung selbst vornimmt, die im Ergebnis das bewirkt, was herbeizuführen der Behörde oblag (offen gelassen von BSG Urteil vom 26.9.1991 - 4 RK 4/91 - BSGE 69, 247, 253 f = SozR 3-1300 § 24 Nr 4 S 10 f - juris RdNr 32, 35). Eine Heilung des Anhörungsmangels allein durch die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens setzt zumindest voraus, dass der Ausgangsbescheid alle wesentlichen (Haupt-)Tatsachen, dh alle Tatsachen, die die Behörde ausgehend von ihrer materiell-rechtlichen Rechtsansicht berücksichtigen muss und kann (BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1, RdNr 35; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - BSGE 112, 221 ff = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 21 mwN), nennt. Hier fehlte es schon an der Bezeichnung der Umstände, aus denen der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin abgeleitet hat.

16

Unbesehen des Umstandes, dass der Klägerin die erheblichen Tatsachen iS des § 24 Abs 1 SGB X mit dem Ausgangsbescheid nicht vollständig bekannt gegeben waren, hat sie sich nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG, die der Beklagte nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat(§ 163 SGG), im Widerspruchsverfahren auch nicht sachgerecht und vollständig zur erforderlichen grob fahrlässigen Unkenntnis der Rechtswidrigkeit äußern können. Sie hat insbesondere erst im Gerichtsverfahren zu ihren Sprachschwierigkeiten, ihrer psychischen Beeinträchtigung und ihrer Unkenntnis von der Berechnungsgrundlage sowie zur Kompliziertheit der Berechnungen vorgetragen. Es ist daher - entgegen der Ansicht des Beklagten - revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Rahmen seiner nur in engen Grenzen überprüfbaren Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Klägerin vor Erlass des Widerspruchsbescheids Äußerungsmöglichkeiten versagt geblieben sind, weil sie sich zwar allgemein zum "Verschulden" geäußert, jedoch erst im Gerichtsverfahren umfassender zum Vorwurf der groben Fahrlässigkeit und zu ihrer Urteils-, Kritik- und Einsichtsfähigkeit vorgetragen habe. Durch ein Teilvorbringen - wie hier - kann die fehlende Anhörung nicht ordnungsgemäß nachgeholt und der Verfahrensfehler nicht geheilt werden.

17

c) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Anhörungsmangel auch im gerichtlichen Verfahren vor dem SG und dem LSG nicht geheilt worden ist.

18

Zwar ist nach § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X idF des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl I 1983) eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die den Verwaltungsakt nach § 40 SGB X nicht nichtig macht, unbeachtlich, wenn ua die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird.

19

Nach der Rechtsprechung des Senats, zu deren Aufgabe kein Anlass besteht, setzt die Nachholung der fehlenden Anhörung während des Gerichtsverfahrens aber voraus, dass die Behörde dem Betroffenen in einem mehr oder minder förmlichen Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und im Anschluss zu erkennen gibt, ob sie nach erneuter Prüfung dieser Tatsachen am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält. Dieses formalisierte Verfahren erfordert regelmäßig ein gesondertes Anhörungsschreiben, eine angemessene Äußerungsfrist, die Kenntnisnahme des Vorbringens durch die Behörde und deren abschließende Äußerung zum Ergebnis der Überprüfung (BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2, RdNr 15; zustimmend hierzu Vogelgesang, SGb 2011, 483, 484; BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1, RdNr 39; für die Notwendigkeit des durch die Behörde selbst durchzuführenden Anhörungsverfahrens mit zumindest formloser Entscheidung über das Festhalten an ihrer Entscheidung bereits BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R - juris RdNr 15).

20

Nach diesen Maßstäben für eine ordnungsgemäße Anhörung begegnet die von dem Beklagten während des Berufungsverfahrens mit Schreiben vom 18.3.2015 eingeleitete Anhörung in mehrfacher Hinsicht Bedenken. Es ist fraglich, ob - wie der Beklagte meint - die mit diesem Schreiben für die Klägerin bestimmte Anhörungsfrist bis 25.3.2015 nach den Umständen des Einzelfalls noch als angemessen anzusehen ist (zur "Regelanhörungszeit" von 2 Wochen vgl BSG Urteil vom 23.8.2005 - B 4 RA 29/04 R - SozR 4-2600 § 313 Nr 4 RdNr 18; zur gerichtlichen Überprüfbarkeit und Berücksichtigung der Einzelfallumstände vgl BSG Urteil vom 24.7.1980 - 5 RKnU 1/79 - SozR 1200 § 34 Nr 12 S 53). Eine unangemessen kurze Frist steht dabei der unterlassenen Anhörung gleich (vgl zu einer nur einwöchigen Frist: BSG Urteil vom 14.11.1984 - 1 RA 3/84 - juris RdNr 14; BSG Urteil vom 24.7.1980 - 5 RKnU 1/79 - SozR 1200 § 34 Nr 12 S 54)ohne dass zu prüfen ist, ob der Betroffene sich auch tatsächlich zu dem Verwaltungsakt geäußert hatte oder hätte äußern wollen (Mutschler in Kasseler Kommentar, § 24 SGB X RdNr 18 f mwN, Stand September 2015). Der Heilung des Anhörungsmangels könnte auch entgegenstehen, dass der Beklagte auch für den Fall der Nichtäußerung im nachgeholten Anhörungsverfahren eine Entscheidung durch Bescheid angekündigt, eine Mitteilung an die Klägerin jedoch unterlassen hat. Für eine abschließende Stellungnahme im Sinne eines vom Senat geforderten formalisierten Verfahrens genügt jedenfalls nicht eine Äußerung der Behörde gegenüber dem Gericht bzw eine Klageerwiderung oder der Austausch von Schriftsätzen unter Wiedergabe der Standpunkte (BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1 RdNr 39; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 144/10 R, juris RdNr 21; BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R - juris RdNr 15).

21

Die Heilung des Anhörungsmangels durch deren Nachholung in einem ordnungsgemäßen förmlichen Verfahren scheitert aber jedenfalls daran, dass der Beklagte sich mit dem Schreiben vom 18.3.2015 nicht an den bereits im Widerspruchsverfahren beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerin, sondern direkt an diese gewandt hat. Denn nach § 13 Abs 3 S 1 SGB X, der hier für die Nachholung des formalisierten Anhörungsverfahrens Anwendung findet, muss sich eine Behörde an den für das Verfahren bestellten Bevollmächtigten wenden; dies steht nicht in ihrem Ermessen (Mutschler in Kasseler Kommentar, § 13 SGB X RdNr 14, Stand September 2013). Diese "Kommunikationsverpflichtung" bezweckt neben einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung den Schutz des Verfahrensbeteiligten, der durch die Bevollmächtigung zu erkennen gegeben hat, dass dieser das Verfahren für ihn betreiben soll (Pitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand 5.1.2016, § 13 RdNr 13).

22

Auf Grund der erteilten Prozessvollmacht konnte die Klägerin darauf vertrauen, dass alle prozessrelevanten Erklärungen und Verfügungen an ihren Bevollmächtigten gerichtet werden und von ihr keine Kenntnis bzw Reaktion erwartet werden konnte. Der Beklagte durfte das Anhörungsschreiben auch nicht nach § 13 Abs 3 S 2 SGB X an die Klägerin adressieren, wonach sich eine Behörde, soweit ein Beteiligter zur Mitwirkung verpflichtet ist, an diesen selbst wenden kann, weil schon keine Mitwirkungspflicht der Klägerin bestand. Auch kann nicht mit Bezug auf § 37 Abs 1 S 2 SGB X von einem Ermessen des Beklagten hinsichtlich einer möglichen Bekanntgabe an die Klägerin ausgegangen werden. Zwar bestimmt § 37 Abs 1 S 2 SGB X für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten, dass die Bekanntgabe dem Bevollmächtigten gegenüber vorgenommen werden kann, wenn ein solcher bestellt ist. Abgesehen davon, dass während eines bei Gericht anhängigen Rechtsstreits das Ermessen der Behörde hinsichtlich der Bekanntgabe von Verwaltungsakten, die den Klagegegenstand betreffen, ohnehin dahingehend auf Null reduziert ist, dass eine Bekanntgabe gegenüber dem Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hat (Pattar in jurisPK-SGB X, 2013, § 37 SGB X RdNr 87; vgl zur Bekanntgabe gegenüber dem aktuellen Prozessbevollmächtigten BFH vom 24.2.2005 - IV R 28/00, juris RdNr 10; vgl BFH vom 5.5.1994 - VI R 98/93 - BFHE 174, 208, 211 f, BStBl II 1994, 806, 807 f - juris RdNr 14 ff), ist § 37 SGB X hier schon mangels Verwaltungsaktqualität des Anhörungsschreibens vom 18.3.2015 nicht anwendbar.

23

2. a) Die von dem Beklagten gerügte Verletzung des § 114 Abs 2 S 2 SGG, eingefügt durch Art 21 und 68 des Gesetzes zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften vom 21.12.2000 (BGBl I 1983), liegt nicht vor. Auch wenn der Beklagte in der Revisionsbegründung fehlerhaft die Vorschrift des § 114 Abs 2 S 1 SGG genannt hat, ist die Verletzung des § 114 Abs 2 S 2 SGG nach dem Inhalt und Zusammenhang seiner Darlegungen in der Revisionsbegründung trotz versehentlich ungenauer Bezeichnung ordnungsgemäß gerügt.

24

Die in der Berufungszurückweisung und damit Entscheidung in der Sache enthaltene Ablehnung der Aussetzung durch das LSG (vgl zur Zulässigkeit der Ablehnung des Aussetzungsantrags im Urteil: Hauck in Zeihe, SGG, § 114 RdNr 6a, Stand April 2016)ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es lagen schon die tatbestandlichen Voraussetzungen der Aussetzung gemäß § 114 Abs 2 S 2 SGG, wonach das Gericht auf Antrag die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern aussetzen kann, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist, nicht vor.

25

Eine Sachdienlichkeit der Aussetzung im Sinne der Verfahrenskonzentration kann nur dann bejaht werden, wenn durch eine Heilung von Verfahrens- und Formmängeln im Gerichtsverfahren eine Verkürzung der Dauer des gesamten Verfahrens unter Berücksichtigung eines zu erwartenden neuen Verwaltungs- und anschließenden Gerichtsverfahrens zur erneuten Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit erreicht werden kann (vgl zur Verkürzung der Gesamtdauer sowohl des Verwaltungs- als auch des Gerichtsverfahrens: BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 37/00 R - SozR 3-2600 § 243 Nr 9 S 38). Nur dann ist für eine Ermessensentscheidung Raum (so auch Hauck in Zeihe, SGG, § 114 SGG RdNr 23, Stand April 2016). Allein die noch mögliche Heilung eines Form- oder Verfahrensfehlers genügt dagegen nicht. Dies ergibt sich aus einer am Wortlaut des § 114 Abs 2 S 2 SGG, der Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten engen Auslegung.

26

b) Schon aus dem Wortlaut des § 114 Abs 2 S 2 SGG ("soweit") ist darauf zu schließen, dass die Sachdienlichkeit im Sinne der Verfahrenskonzentration Voraussetzung der Aussetzung und nicht nur - so offenbar das LSG - Ermessensgesichtspunkt ist; eine allgemeine Sachdienlichkeit genügt hierfür allerdings nicht (vgl zur Auslegung der Verfahrenskonzentration in Bezug auf das gerichtliche Verfahren: BSG Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 15/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 22, S 75).

27

Dass die Aussetzung nach § 114 Abs 2 S 2 SGG voraussetzt, dass ein weiteres, unnötiges Verfahren vermieden wird und dass durch die Aussetzung die Gesamtdauer des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens verkürzt wird, wird durch Sinn und Zweck der Vorschrift, wie sie der Gesetzeshistorie zu entnehmen sind, bestätigt. Der Gesetzgeber hat die Übernahme der seit 1.1.1997 geltenden Regelung des § 94 S 2 VwGO(idF des 6. VwGOÄndG vom 1.11.1996, BGBl I 1626, aufgehoben durch das Rechtsmittelbereinigungsgesetz vom 20.12.2001 ), der eine Aussetzung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ermöglichte und der Verfahrensbeschleunigung diente, in das SGG damit begründet, dass auch im sozialgerichtlichen Verfahren unnötige Verzögerungen vermieden werden sollten (BT-Drucks 14/4375, S 63; vgl zur Ergänzung der Voraussetzung "sachdienlich" durch die Wörter "im Sinne der Verfahrenskonzentration" in der zwischenzeitlich aufgehobenen Parallelregelung in § 94 S 2 VwGO aF die Ausführungen zur Entstehungsgeschichte bei Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 94 VwGO RdNr 4,Stand Februar 2016). § 94 S 2 VwGO diente der Prozessökonomie durch Vermeidung eines unnötigen zweiten Prozesses in derselben Sache bzw der Vermeidung der Fortsetzung in höherer Instanz. Auch § 114 Abs 2 S 2 SGG verfolgt diesen Zweck(Lowe in Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 114 SGG RdNr 3; Hauck in Zeihe, SGG, § 114 SGG RdNr 4, Stand April 2016). Entsprechend ging der Gesetzgeber hinsichtlich des inzwischen aufgehobenen § 94 S 2 VwGO davon aus, dass die Sachdienlichkeit im Sinne der Verfahrenskonzentration Tatbestandsvoraussetzung der Aussetzung ist und nicht nur im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen ist. Gleiches gilt für § 114 SGG(vgl zur Entstehungsgeschichte des § 94 S 2 VwGO auch BT-Drucks 13/3993 S 5, 12, 20 sowie die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses im Hinblick auf eine Reduzierung der Vorschrift auf eine Ermessensregelung und Anknüpfung an die Sachdienlichkeit im Sinne der Verfahrenskonzentration; dagegen wohl allgemein von einem reduzierten Ermessen im Rahmen des § 114 Abs 2 S 2 SGG ausgehend Wehrhahn in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 114 SGG RdNr 11).

28

§ 114 Abs 2 S 2 SGG bezweckt daher nicht, der Behörde allgemein die Möglichkeit einzuräumen, einen bereits bestehenden Anspruch des Bürgers auf Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nachträglich wieder zu beseitigen(Knittel in Hennig, SGG, § 114 RdNr 15b, Stand September 2010, im Sinne einer generell abzulehnenden Aussetzung des Verfahrens zur Beseitigung eines Anhörungsmangels; vgl zur Kritik an einer nachträglichen Anhörung mit Blick auf die Gefahr einer "Indienstnahme der Gerichte für die Effizienz der Verwaltung" Köhler in WzS 2010, 296, 301).

29

In systematischer Hinsicht steht § 114 Abs 2 S 2 SGG zwar in Zusammenhang mit § 41 SGB X(vgl zur funktionalen Einheit der Vorschriften, die einander ergänzen sollen mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 37/00 R - SozR 3-2600 § 243 Nr 9 S 38; siehe auch Knittel in Hennig, SGG, § 114 RdNr 15a, Stand September 2010). Daraus folgt jedoch nicht, dass § 114 Abs 2 S 2 SGG generell die Heilung von Verfahrensfehlern durch das Gericht ermöglichen soll. § 41 Abs 2 SGB X dehnt die Heilungsmöglichkeit vielmehr rein zeitlich aus, ohne aber das Gericht gleichzeitig zwingend und unbesehen der Voraussetzung der Sachdienlichkeit im Sinne einer Verfahrenskonzentration zur Ermöglichung der Heilung zu verpflichten(vgl Knittel in Hennig, SGG, Stand September 2010, § 114 SGG RdNr 15b).

30

c) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das LSG die Aussetzung mangels Sachdienlichkeit im Sinne der Verfahrenskonzentration im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie das LSG meint - diese Voraussetzung schon deshalb nicht vorliegt, weil mit einer weiteren Verzögerung des Verfahrens zu rechnen sei. Bei der vom Senat für erforderlich gehaltenen engen Interpretation der tatbestandlichen Voraussetzungen der Aussetzung nach § 114 Abs 2 S 2 SGG aus den vorstehenden Gründen ist eine Sachdienlichkeit im Sinne einer Verfahrenskonzentration jedenfalls schon deshalb zu verneinen, weil kein weiteres Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in der gleichen Sache drohte, welches durch die Aussetzung zur Heilung des Anhörungsmangels überflüssig würde. Dem steht die Jahresfrist des § 45 Abs 4 S 2 SGB X entgegen, wonach die Behörde eine Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen vornehmen muss, welche dies rechtfertigen.

31

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG waren dem Beklagten zum Zeitpunkt seines Aussetzungsantrags vom 26.3.2015 auch diejenigen (weiteren) Tatsachen, die § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X für die Rücknahme für die Vergangenheit voraussetzt, länger als ein Jahr bekannt. Die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis ist nach der Rechtsprechung des BSG dann anzunehmen, wenn mangels vernünftiger objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen besteht (BSG Urteil vom 27.7.2000 - B 7 AL 88/99 R - SozR 3-1300 § 45 Nr 42, S 139). Der Einjahreszeitraum beginnt in jedem Fall schon dann, wenn die Behörde der Ansicht ist, dass ihr die vorliegenden Tatsachen für eine Rücknahme bzw Aufhebung der Bewilligung genügen (BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R - juris RdNr 13 mwN), denn es ist insoweit vorrangig auf den Standpunkt der Behörde abzustellen (Padé in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2013, § 45 RdNr 108 mwN). Vor diesem Hintergrund kann die Aussetzung zur Durchführung eines förmlichen Anhörungsverfahrens auf den erst am 26.3.2015 gestellten Antrag des Beklagten jedenfalls nicht mehr als im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich angesehen werden, weil dies im Ergebnis zu einer Umgehung der Rücknahmefrist des § 45 Abs 4 S 2 SGB X führen würde.

32

Da demnach bereits die Tatbestandsvoraussetzung der Sachdienlichkeit im Sinne der Verfahrenskonzentration für die Aussetzung nach § 114 Abs 2 S 2 SGG nicht vorlag, kommt es auf das weitere Vorbringen des Beklagten nicht mehr an, dass sich das Aussetzungsermessen auf Null reduziert habe, weil der Hinweis auf die Anhörungsproblematik verspätet gewesen sei.

33

3. Die Rüge des Beklagten, das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es 17 Monate versäumt habe, auf die Anhörungsproblematik einzugehen und Heilungsmöglichkeiten - auch durch Aussetzung des Verfahrens nach § 114 SGG - aufzuzeigen, greift nicht durch.

34

Gemäß § 62 Halbs 1 SGG, der dem schon in Art 103 Abs 1 GG verankerten prozessualen Grundrecht entspricht(zur verfassungsrechtlichen Verankerung und den Dimensionen des rechtlichen Gehörs: Neumann in Hennig, SGG, § 62 RdNr 6 ff, Stand Juni 2015), ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts das rechtliche Gehör zu gewähren. Die richterliche Hinweispflicht (§ 106 Abs 1 SGG) konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Hauck in Hennig, SGG, § 106 RdNr 10, Stand September 2010) und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Eine den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung liegt jedoch nur vor, wenn das Urteil auf Gesichtspunkte gestützt wird, die bisher nicht erörtert worden sind, und dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt (BSG Urteil vom 12.12.1990 - 11 RAr 137/89 - SozR 3-4100 § 103 Nr 4 S 23 mwN; vgl auch Beschluss des Senats vom 27.9.2011 - B 4 AS 42/11 B).

35

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, wie schon der Aussetzungsantrag des Beklagten zeigt. Eine allgemeine Pflicht des Gerichts, auf die Beseitigung von Verfahrens- und Formfehlern des Verwaltungsverfahrens einer Behörde hinzuwirken, besteht nicht (vgl zu gesteigerten Hinweispflichten auf prozessuale Rechte nur bei erkennbar nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten: Neumann in Hennig, SGG, § 62 RdNr 65, Stand Juni 2015; vgl zur Gefahr der Annahme einer Parteilichkeit: Hauck in Hennig, SGG, § 106 RdNr 9, Stand September 2010). Die von dem Beklagten geltend gemachte Hinweispflicht des LSG setzte zudem eine tatsächliche und rechtliche Würdigung voraus, die sich regelmäßig erst auf Grund einer abschließenden Beratung des Gerichts ergeben kann (vgl hierzu BVerwG Beschluss vom 21.9.2011 - 5 B 11/11, RdNr 3). Auch war das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Anhörung den Beteiligten als zu berücksichtigender Umstand bekannt, sodass richterliche Hinweispflicht zur Beantragung einer Aussetzung nach § 114 SGG zum Zweck der Nachholung der fehlenden Handlung ebenfalls nicht bestand(vgl auch Wehrhahn in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 114 RdNr 11).

36

In gleicher Weise liegt die vom Beklagten gerügte Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch einen mit zu kurzer Frist vor der mündlichen Verhandlung erfolgten Hinweis des Berichterstatters des LSG im Schreiben vom 13.3.2015 nicht vor. Die erfolgreiche Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass der Betroffene alles getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Dazu gehört es regelmäßig auch, ggf einen Verlegungs- bzw Vertagungsantrag zu stellen (vgl BVerwG Beschluss vom 21.9.2011 - 5 B 11/11 - Juris RdNr 7; vgl BSG Beschluss vom 1.6.2011 - B 4 AS 82/11 B, RdNr 14). Einen solchen Verlegungs- bzw Vertagungsantrag oder einen Antrag auf Einräumung einer Frist für eine weitere schriftsätzliche Stellungnahme hat der Beklagte jedoch weder nach dem gerichtlichen Hinweis im Vorfeld zur mündlichen Verhandlung noch in der Verhandlung vor dem LSG gestellt. Die gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs wegen einer zu kurzen Frist zwischen dem gerichtlichen Hinweis vom 13.3.2015 auf die Anhörungsproblematik des § 24 SGB X und der anberaumten mündlichen Verhandlung des LSG am 26.3.2015 greift daher nicht durch.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. November 2011 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Bescheids vom 5. Februar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2008 für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober 2005 sowie vom 1. Februar bis 30. April 2006 wendet.

Im Übrigen wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. November 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Landessozialgerichts vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeit-raum von Juni 2005 bis November 2006 aufgehoben und die Erstattung von insgesamt 11 771,66 Euro gefordert hat.

2

Die im Juli 1950 geborene Klägerin war im streitigen Zeitraum alleinstehend und bezog von der Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters (im Folgenden nur noch Beklagter) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte gewährte der Klägerin Leistungen für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2005 (Bescheid vom 8.4.2005) und änderte in der Folge diese Bewilligung für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.10.2005 (Bescheid vom 22.6.2005). Für den Bewilligungsabschnitt vom 1.11.2005 bis 30.4.2006 bewilligte der Beklagte wiederum Leistungen in wechselnder Höhe (Bescheid vom 11.10.2005) und änderte diese für die Zeit vom 1.2. bis 30.4.2006 (Bescheid vom 13.12.2005). Für den Bewilligungsabschnitt vom 1.5.2006 bis 31.10.2006 bewilligte er Leistungen mit Bescheid vom 18.4.2006 und schließlich für die Zeit vom 1.11.2006 bis 30.4.2007 mit Bewilligungsbescheid vom 10.10.2006.

3

Der Beklagte erhielt in der Folge Kenntnis davon, dass der Klägerin im Jahr 2005 mehrere kleinere Geldbeträge sowie am 14.12.2005 ein Betrag von 9693,48 Euro aus einer Erbschaft zugeflossen seien. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 5.2.2008 hob der Beklagte "die Entscheidungen" vom "8.4.2005, 11.10.2005, 18.4.2006 und 11.10.2006" über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 1.6.2005 bis 31.7.2005 und vom 1.10.2005 bis 30.11.2005 teilweise sowie vom 1.9.2005 bis 30.9.2005 und vom 1.12.2005 bis 30.11.2006 vollständig auf. Es folgte die Bezifferung der Aufhebungsbeträge getrennt nach Regelleistung, Beiträgen für Kranken- und Pflegeversicherung sowie für Leistungen für Unterkunft und Heizung, insgesamt ergab sich eine Gesamterstattungsforderung in Höhe von 11 771,66 Euro.

4

Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.6.2008 zurückgewiesen. Der Klägerin seien im Jahr 2005 insgesamt 10 793,48 Euro aus einer Erbschaft im Zeitraum von Juni 2005 bis Dezember 2005 zugeflossen. Es ergebe sich, ausgehend von der Aufschlüsselung im Einzelnen, ein monatlich anzurechnender Betrag von 869,46 Euro. Unter Berücksichtigung der im streitbefangenen Zeitraum ausgezahlten Leistungen und der abgeführten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folge daraus ein Rückforderungsbetrag in Höhe von 11 771,66 Euro. Nicht berücksichtigt werden könnten die Darlehensverpflichtungen der Klägerin. Der Widerspruchsbescheid enthielt darüber hinaus eine Übersicht, von welchen zugeflossenen Beträgen der Beklagte im streitigen Zeitraum jeweils monatlich ausgegangen ist sowie ferner eine nach Monaten differenzierte Übersicht, wie sich der Rückforderungsbetrag nach Auffassung des Beklagten errechnet (insoweit aber ohne Aufschlüsselung nach Regelleistung und Kosten der Unterkunft).

5

Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat auf die daraufhin erhobene Klage mit Urteil vom 23.6.2010 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 5.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2008 aufgehoben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben (Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1.11.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Erbschaft vorliegend um Einkommen oder Vermögen gehandelt habe; ebenso könne offenbleiben, ob der Beklagte die Jahresfrist des § 48 Abs 4 Satz 1 iVm § 45 Abs 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eingehalten habe, denn der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 5.2.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.6.2008 sei bereits deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil er den Anforderungen des § 33 SGB X an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten nicht genüge. Es müsse die Kennzeichnung des Regelungsgegenstands nach dem bewilligten Betrag, den begünstigten Personen und dem Bewilligungszeitraum erfolgen. Zudem müsse die Aufhebung erkennbar machen, ob sie alle von dem jeweiligen Bewilligungsbescheid und seinen Änderungen geregelten Bezugsmonate betreffe oder sich auf einzelne Teilzeiträume beschränke, die dann zu benennen seien. Entsprechendes gelte hinsichtlich einer betragsmäßig vollständigen oder lediglich anteiligen Rücknahme. Vorliegend ergebe sich die mangelnde Bestimmtheit schon deshalb, weil gleich drei aufzuhebende Bescheide nicht benannt worden seien.

6

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend, die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen seien hinreichend bestimmt. Durch die ausdrückliche Benennung des Aufhebungszeitraums und unter Heranziehung der Begründung sowie ggf vorhandener Anlagen und früher ergangener Bescheide sei der Regelungsgehalt des Verwaltungsakts jedenfalls einer widerspruchsfreien Auslegung zugänglich. Zudem seien die Aufhebungszeiträume dahingehend konkretisiert worden, ob eine teilweise oder eine vollständige Aufhebung der Bewilligung erfolgt sei. Die Regelung habe nur dahingehend verstanden werden können, dass im Hinblick auf die benannten Zeiträume die Leistungen unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Bewilligungsentscheidungen in ihrer jeweils gültigen Fassung aufgehoben werden sollten. Die Benennung der fehlenden Änderungsbescheide sei schriftsätzlich im Klageverfahren nachgeholt worden. Im Übrigen genüge die angegriffene Entscheidung auch im Hinblick auf die Aufhebungssumme den Bestimmtheitsanforderungen, da jedenfalls im Widerspruchsbescheid eine ausführliche und detaillierte Darstellung der monatlichen Einzelbeträge erfolgt sei.

7

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 1. November 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 23. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die vorinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend und führt ergänzend aus, bei fehlender Aufhebung von Bescheiden komme auch keine Erstattung in Betracht.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Beklagten (§ 160 Abs 1, § 164 Sozialgerichtsgesetz) ist nur teilweise im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Für die Zeiträume vom 1.7. bis 31.10.2005 sowie vom 1.2. bis 30.4.2006 war die Revision dagegen zurückzuweisen, denn insoweit fehlte es an der Aufhebung der auf diese Zeiträume entfallenden Leistungsbescheide (Änderungsbescheide), sodass das LSG insoweit die Berufung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.

11

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 5.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.6.2008. Gegen die in diesem Bescheid enthaltenen Verfügungen, die zuvor ergangenen Bewilligungsentscheidungen vom 8.4.2005, 11.10.2005, 18.4.2006 und 10.10.2006 über Leistungen nach dem SGB II vom 1.6. bis 31.7.2005 und vom 1.10. bis 30.11.2005 teilweise sowie vom 1.9. bis 30.9.2005 und vom 1.12.2005 bis 30.11.2006 ganz aufzuheben, und für den Gesamtzeitraum vom 1.6.2005 bis 30.11.2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von insgesamt 7286,56 Euro (Regelleistung 5557,51 Euro, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge 1729,05 Euro) und Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4485,10 Euro, also insgesamt 11 771,66 Euro zurückzufordern, wendet sich die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG).

12

2. Es kann vorliegend über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der vorangegangenen Verwaltungsakte nicht abschließend entschieden werden, weil das LSG im Hinblick auf die von ihm angenommene fehlende Bestimmtheit dieser angefochtenen Verwaltungsakte die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligungsbescheide nicht weiter geprüft hat.

13

a) Der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid insoweit auf § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch und § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X gestützt. Ob er die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen vom 8.4.2005, 11.10.2005, 18.4.2006 und 10.10.2006 durchgehend auf § 48 SGB X stützen konnte, kann mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG nicht entschieden werden. Eine Anwendung des § 48 SGB X kommt in Betracht, wenn nach Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten ist. § 45 SGB X, der weitergehenden Vertrauensschutz bietet(vgl § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X), findet dagegen Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deshalb geändert werden soll. Beide Normen grenzen sich folglich nach dem Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der aufgehoben werden soll, ab (vgl BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr 4, RdNr 13; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R).

14

Das LSG hat es bereits offen gelassen, ob es sich bei "der Erbschaft", die nach der Aufstellung im Widerspruchsbescheid in mehreren Etappen zugeflossen ist, um zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gehandelt hat; der für die Abgrenzung maßgebliche Zeitpunkt des jeweiligen Einkommenszuflusses (bzw Vermögenserwerbs) ist nicht geprüft worden. Schließlich fehlen auch Feststellungen zur Höhe ggf zu berücksichtigenden Einkommens. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, ob sämtliche Leistungsbewilligungen gemäß § 48 SGB X aufgehoben werden konnten, oder - wofür hier viel spricht - nicht jedenfalls die Bescheide betreffend die Leistungszeiträume ab dem Jahr 2006 nach dem Zufluss des Betrags von 9693,48 Euro im Dezember 2005 bereits anfänglich rechtswidrig waren und eine Aufhebung deshalb nur unter den Voraussetzungen von § 45 SGB X hätte erfolgen dürfen. Erst im Anschluss an diese Prüfung können abschließende Aussagen zur Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung getroffen werden. Allein der Umstand, dass der Beklagte seine Aufhebungsentscheidung vorliegend ausschließlich auf § 48 SGB X gestützt hat, führt allerdings nicht zum Erfolg der Klage, denn die §§ 45, 48 SGB X haben dasselbe Ziel, weshalb das Auswechseln der genannten Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig ist(vgl BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 36 RdNr 17 mwN).

15

Je nachdem, welche Rechtsgrundlage einschlägig ist, wird das LSG die weiteren Voraussetzungen der jeweiligen Norm zu prüfen haben. Dabei werden auch Feststellungen zur formellen Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids nachzuholen sein, insbesondere zur Durchführung der Anhörung, wobei ungeachtet der in den Verwaltungsakten befindlichen Unterlagen dazu das Erfordernis einer eigenständigen, nicht notwendigerweise förmlichen Anhörung jedenfalls durch das Widerspruchsverfahren gewahrt wäre (vgl BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2 RdNr 17; Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 144/10 R).

16

b) Die vom LSG angenommene Rechtswidrigkeit der Aufhebungsverfügung ergibt sich aber nicht aus der mangelnden Bestimmtheit iS von § 33 Abs 1 SGB X. Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2; Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R). Maßstab für die Bestimmtheitsprüfung ist also der Empfängerhorizont, für die Beteiligten muss sich aus dem Verfügungssatz vollständig, klar und unzweideutig ergeben, was die Behörde will. Unschädlich ist es dabei, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl auch BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Auslegungsmöglichkeiten finden allerdings ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (so BSG vom 30.3.2004 - B 4 RA 36/02 R - SozR 4-2600 § 149 Nr 1 RdNr 14 unter Hinweis auf BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 6 S 14 sowie BSG vom 29.4.1997 - 4 RA 25/96 - und vom 16.12.1997 - 4 RA 56/96).

17

Der Aufhebungsverwaltungsakt des Beklagten genügt den dargelegten Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis. Es geht aus dem Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides klar und unzweideutig hervor, dass der Beklagte als handelnde Behörde bestimmte, näher bezeichnete Leistungsbescheide, die allein die Klägerin betreffen, ganz oder teilweise aufhebt. Die Aufhebungsverfügungen sind auch nicht deshalb zu unbestimmt, weil sie nicht monatsweise zwischen der bewilligten Regelleistung und den Leistungen für Unterkunft und Heizung unterschieden hätten. Soweit teilweise vertreten wird, ein Aufhebungsverwaltungsakt sei nur dann hinreichend bestimmt, wenn er - spiegelbildlich zur Bewilligung - die aufgehobenen Leistungen monatsweise nach Leistungsarten unterscheide, insbesondere also deutlich machte, ob es sich um Leistungen für Unterkunft und Heizung oder um die Regelleistung handele (so LSG Rheinland-Pfalz vom 30.3.2010 - L 3 AS 138/08 - Juris RdNr 54 ff), folgt der Senat dem nicht (ablehnend für die Festsetzung der Erstattungsforderung nach § 50 Abs 1 SGB X bereits Urteil des Senats vom 7.7.2011 - B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2 RdNr 37). Für den Leistungsberechtigten muss nur erkennbar sein, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verbleiben, um sein Verhalten daran ausrichten zu können. Jedenfalls mit dem Widerspruchsbescheid hat der Beklagte aber im Einzelnen erkennbar gemacht, welche Bezugsmonate in welchem Umfang von der Aufhebung betroffen sind.

18

Auch die Tatsache, dass der Beklagte im Aufhebungsverwaltungsakt einen Bewilligungsbescheid statt mit "10.10.2006" mit "11.10.2006" bezeichnet hat, hat nicht zur Folge, dass der Verwaltungsakt insgesamt wegen mangelnder Bestimmtheit rechtswidrig ist. Es handelte sich bei der fehlerhaften Datumsangabe - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt - um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die jederzeit beseitigt werden kann (vgl § 38 SGB X). Die fehlende Aufzählung sämtlicher für die betreffenden Leistungszeiträume relevanter Bewilligungsbescheide ist keine Frage der Bestimmtheit, denn dies wirkt sich lediglich auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung aus (dazu unter 3). Die Bestimmtheit des Verwaltungsakts ist deshalb nicht in Frage gestellt.

19

3. Der Erstattungsverwaltungsakt ist teilweise rechtswidrig und war insoweit aufzuheben. Eine Erstattung zu Unrecht erbrachter Geldleistungen kann auf § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X nur gestützt werden, soweit ein Verwaltungsakt (mithin die entsprechende Leistungsbewilligung) aufgehoben worden ist. Dies hat der Beklagte vorliegend hinsichtlich der Änderungsbescheide vom 22.6.2005 und vom 13.12.2005 versäumt. Zwar ist für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2005 einerseits und den Zeitraum vom 1.11.2005 bis 30.4.2006 andererseits der zunächst maßgebliche Bewilligungsbescheid (vom 8.4.2005 bzw vom 11.10.2005) von der Aufhebung erfasst. Im laufenden Bewilligungszeitraum vom 1.5. bis 31.10.2005 hat der Beklagte aber ab dem 1.7.2005 aufgrund einer Änderung der Verhältnisse eine vollständig neue Leistungsbewilligung erlassen, nämlich den Änderungsbescheid vom 22.6.2005. Ebenso hat er für den Bewilligungszeitraum vom 1.11.2005 bis 30.4.2006 mit Änderungsbescheid vom 13.12.2005 vom 1.2.2006 bis 30.4.2006 eine neue Leistungsbewilligung vorgenommen. Diese beiden Änderungsbescheide sind im Aufhebungsbescheid nicht genannt. Damit ist eine Aufhebung dieser Bescheide nicht verfügt; die Bewilligungsbescheide vom 22.6.2005 und vom 13.12.2005 sind bestandskräftig. Die Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 8.4.2005 und vom 11.10.2005 geht insoweit ins Leere. Eine Erstattung der Leistungen für die Zeiträume vom 1.7. bis 31.10.2005 und vom 1.2.2006 bis 30.4.2006 auf Grundlage von § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X scheidet aus.

20

Wegen des Erstattungsverwaltungsakts im Übrigen ist eine abschließende Entscheidung nicht möglich, solange nicht feststeht, inwieweit die Aufhebung der übrigen Bewilligungen Bestand hat. Auch für den Erstattungsverwaltungsakt gilt, dass seine mangelnde Bestimmtheit nicht erkennbar ist. Die übrige Prüfung, ob die Erstattungsverfügung in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig ist, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben. Ggf ist die gesamte Erstattungssumme im Hinblick auf die fehlende Aufhebung für einzelne Leistungszeiträume neu zu bestimmen.

21

Das LSG wird ggf über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 zustehenden Arbeitslosengeldes II (Alg II).

2

Der 1953 geborene Kläger bezog bis zum 2.7.2006 Arbeitslosengeld (Alg) nach dem SGB III. Seit dem 23.1.2006 erhält er Alg II, welches die Beklagte vom 1.8.2006 bis 31.1.2007 in Höhe von 692,20 Euro monatlich (Regelleistung in Höhe von 345 Euro; Kosten der Unterkunft in Höhe von 347,20 Euro monatlich) bewilligte (Bescheid vom 3.8.2006).

3

Am 19.12.2006 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger seit dem 1.12.2006 bei der Firma M als Thekenkraft in Vollzeit arbeitete. Er wurde zum 23.1.2007 fristlos gekündigt. Für Dezember 2006 zahlte der Arbeitgeber dem Kläger im selben Monat einen Betrag in Höhe von 1 400 Euro. Als Entlohnung für Januar 2007 erhielt er am 12.3.2007 einen Betrag in Höhe von 636,68 Euro. Zu den Gründen der Kündigung führte die Arbeitgeberin gegenüber der Beklagten aus, der Kläger habe die Gäste unfreundlich behandelt, die Arbeit nach einer Erkrankung nicht mehr aufgenommen und eine AU-Bescheinigung erst nach zweiwöchiger Fehlzeit vorgelegt. Die Beklagte senkte das Alg II daraufhin für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 monatlich um 30 vH der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm "zustehenden Gesamtauszahlungsbetrags", ab. Hieraus ergebe sich eine Absenkung in Höhe von maximal 104 Euro monatlich. Die "ursprüngliche Bewilligungsentscheidung" werde für den Zeitraum der dreimonatigen Absenkung der Leistungen gemäß § 48 Abs 1 SGB X aufgehoben (Bescheid vom 9.5.2007; Widerspruchsbescheid vom 16.7.2007). Mit weiterem Bescheid vom 9.5.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger gleichzeitig entsprechend abgesenkte SGB-II-Leistungen vom 1.6. bis 31.7.2007 in Höhe von 587,30 Euro monatlich. Nach Eingang einer Lohnabrechnung für den Monat Mai 2007 bewilligte sie ihm unter Aufhebung der "in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen" für den Monat Juli 2007 SGB-II-Leistungen in Höhe von 541,90 Euro (Bescheid vom 19.6.2007). Im weiteren Verlauf hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1.6. bis 30.6.2007 wegen anzurechnenden Nebeneinkommens in Höhe von 48 Euro teilweise auf und forderte die Erstattung dieses Betrags (Bescheid vom 15.8.2007). Für den Zeitraum vom 1.8.2007 bis 31.8.2007 bewilligte sie dem Kläger SGB-II-Leistungen in Höhe von 541,90 Euro (Bescheid vom 15.8.2007).

4

Das SG Freiburg hat entsprechend dem Klageantrag den Bescheid der Beklagten vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 aufgehoben. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil die Beklagte das Alg II zu Unrecht abgesenkt habe. Mangels Rechtsfolgenbelehrung vor der Weigerung der Aufnahme bzw Fortführung einer zumutbaren Arbeit seien die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II nicht erfüllt. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer Sperrzeit nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB III gegeben seien. Jedenfalls sei diese Vorschrift nicht für Zeiträume anwendbar, in denen ein Sperrzeittatbestand während des Bezugs von Alg II verwirklicht werde (Urteil vom 16.10.2008). Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei nur der Sanktionsbescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007. Nachdem die Beklagte zu Protokoll erklärt habe, dass sie dem Kläger für den Fall, dass der Bescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 durch formell rechtskräftige Entscheidung aufgehoben sei, den gekürzten Sanktionsbetrag gewähren werde, sei eine zusätzliche Leistungs- und Anfechtungsklage bezüglich der SGB II-Bewilligungsbescheide nicht erforderlich. Im Übrigen habe der Kläger den Streitgegenstand insoweit wirksam beschränkt, als er die Verfügungen über Unterkunfts- und Heizkosten für den gesamten Zeitraum in diesem Verfahren nicht angefochten habe, sondern "nur" nicht um den Sanktionsbetrag gekürzte Regelleistungen begehre. Gegen eine gleichzeitige Anwendbarkeit des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II und des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II spreche, dass die Beklagte immer dann auf die Sperrzeitenregelung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II zurückgreifen könne, wenn die in Abs 1 genannten Voraussetzungen, zB mangels Rechtsfolgenbelehrung, nicht vorlägen. Dies könne - wie hier - der Fall sein, wenn eine Absenkung nach Absatz 1 an einer fehlenden Rechtsfolgenbelehrung, die § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II nicht vorsehe, scheitere. Stehe ein Bedürftiger zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Tätigkeit und während der Obliegenheitsverletzung im Leistungsbezug nach dem SGB II, sei dem Leistungsträger die Vornahme einer ordnungsgemäßen Belehrung iS des § 31 Abs 1 SGB II möglich und zumutbar. Dies gelte insbesondere deshalb, weil es sich um Leistungen handele, die das Existenzminimum beträfen (Urteil vom 16.9.2009).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II. Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine neben § 31 Abs 1 SGB II anwendbare Rechtsvorschrift. Ein Rückgriff auf § 144 Abs 1 SGB III, der die Sanktionierung bei Verlust des Beschäftigungsverhältnisses durch arbeitsvertragswidriges Verhalten regele, sei daher möglich.

6

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. September 2009 und des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2008 die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Ob die Beklagte das Alg II in der Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 in zutreffender Höhe geleistet hat, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Zwar liegen die Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II nicht vor. Jedoch fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG dazu, ob der Kläger im Sinne der weiteren Ermächtigungsgrundlage für eine Absenkung nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II iVm § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist diese Sperrzeitregelung des SGB III hier heranzuziehen.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bescheid vom 9.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.7.2007, mit dem die Beklagte das Alg II des Klägers für den Zeitraum vom 1.6. bis 31.8.2007 um monatlich 30 vH der Regelleistung abgesenkt hat. Der am gleichen Tag erlassene Bewilligungsbescheid vom 9.5.2007 ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens, weil er mit dem Absenkungsbescheid vom 9.5.2007 eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Alg II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum darstellt (vgl BSG, Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - BSGE 95, 8 ff = SozR 4-4300 § 140 Nr 1, jeweils RdNr 6; BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 5; BSG, Urteil vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R, BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 78). Die Verfügungssätze der beiden am 9.5.2007 erlassenen Bescheide korrespondieren miteinander. Auch der Widerspruchsbescheid vom 16.7.2007 stellt einen Bezug zur Bewilligung des Alg II her. Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen diese auch die Höhe der SGB II-Leistungen bewilligenden Bescheide vom 9.5.2007 idF des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2007 gewandt, deren Inhalt zugleich Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitgegenstandes ("das von dem Kläger Gewollte") ist.

10

Das LSG hat das Begehren des Klägers insofern zu Unrecht einschränkend dahingehend ausgelegt (§ 123 SGG), dass er eine gerichtliche Entscheidung lediglich hinsichtlich der Absenkungsentscheidung, nicht jedoch auch hinsichtlich des im streitigen Zeitraum zu zahlenden Alg II begehrt. Der unvertretene Kläger hat weder schriftsätzlich noch in anderer Weise den Streitgegenstand beschränkt. Schon mangels Anwesenheit des Klägers in den Terminen beim SG und LSG hat auch keine Erörterung der Konsequenzen einer Beschränkung des Streitgegenstandes stattfinden können (vgl zu diesem Erfordernis: BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 8). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren ist über das Begehren des Klägers daher im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG) zu entscheiden. Dabei wird das LSG auch die weiteren Bewilligungsbescheide vom 19.6.2007 und 15.8.2007 berücksichtigen müssen, welche die Höhe des Alg II in dem hier streitigen Zeitraum vom 1.6 bis 31.8.2007 regeln und nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind.

11

2.a) Die Vorinstanzen haben zu Recht die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) nicht als erfüllt angesehen. Nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn er sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Es fehlt hier schon an einer Rechtsfolgenbelehrung iS des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II.

12

Unabhängig hiervon fällt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Arbeitgeberkündigung nicht unter den Begriff des "Fortführens" einer Arbeit durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne dieses Sanktionstatbestandes (Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 31 SGB II RdNr 57, Stand Dezember 2006; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 78; aA Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 39). Eine Weigerung, eine Arbeit fortzuführen, liegt nur vor, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst kündigt, einen Aufhebungsvertrag schließt oder die abhängige oder selbständige Tätigkeit einfach aufgibt. Dass der Gesetzgeber zwischen einer (aktiven) Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Hilfebedürftigen und dessen Beendigung durch den Arbeitgeber wegen des Verhaltens des Hilfebedürftigen unterscheidet, ergibt sich auch aus dem weiteren Absenkungstatbestand des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II, der bei Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme eine Absenkung des Alg II ausdrücklich auch dann vorsieht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige "Anlass für den Abbruch" gegeben hat. Auch im Sperrzeitenrecht des SGB III (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1) hat der Gesetzgeber für die Fallgestaltungen der Arbeitsaufgabe gesondert den Sachverhalt aufgenommen, dass der Arbeitslose "durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat" (vgl auch BSG, Urteil vom 19.3.1986 - 7 RAr 64/85 - BSGE 60, 50, 52 = SozR 4100 § 119 Nr 27 S 123 sowie BSG, Urteil vom 16.9.1999 - B 7 AL 32/98 R - BSGE 84, 270, 273 = SozR 3-4100 § 119 Nr 19 S 95).

13

b) Die hier vorliegende Arbeitgeberkündigung kann aber nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II einen Kürzungstatbestand begründen, weil diese Regelung auf die vorliegende Konstellation anwendbar ist. Nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die in dem Dritten Buch genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Alg begründen. Damit ist Bezug genommen ua auf § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III, demzufolge eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe eintritt, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Im Unterschied zu § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB II erfordert § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II für den Eintritt der Sperrzeit keine vorherige Rechtsfolgenbelehrung.

14

c) Das Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB II und § 31 Abs 4 Nr 3 SGB II ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht so zu verstehen, dass § 31 Abs 4 Nr 3 SGB II im Sinne einer speziellen Gesamtregelung nur für pflichtwidrige Handlungen Anwendung finden kann, die zeitlich vor einer Antragstellung oder dem Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB II liegen. Zwar hat sich der Gesetzgeber in vielen Fallgestaltungen der Absätze 1, 2 und 4 des SGB II bei der Ausdifferenzierung der Absenkungs- und Wegfallgründe bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe konkret auf die für SGB-II-Bezieher im Grundsicherungsrecht neu geschaffenen Obliegenheiten bezogen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist bei den in § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II in Bezug genommenen Sperrzeitregelungen des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 bis 7 SGB III grundsätzlich unabhängig von einem Leistungsbezug nach dem SGB II im Einzelfall zu prüfen, ob die Pflichtverletzung von dem Sanktionstatbestand erfasst wird. Die Heranziehung des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II setzt allerdings im Sinne von einschränkenden Anwendungsvoraussetzungen voraus, dass das von dem Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten nicht bereits von § 31 Abs 1 SGB II erfasst ist und das sperrzeitrelevante Ereignis zum einem Zeitpunkt eintritt, in dem eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III vorliegt(BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

15

4. Diese Anwendungsvoraussetzungen des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II ergeben sich nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, sondern aus der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung, insbesondere der bis zum 31.12.2004 geltenden Vorgängervorschrift des § 25 Abs 2 Nr 3 Buchst b Bundessozialhilfegesetz (BSHG), zuletzt idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848). In der Begründung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) vom 23.6.1993 (BGBl I 944), auf das diese Regelung wesentlich zurückgeht (vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 20, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) wird hierzu ausgeführt, dass § 25 Abs 2 Nr 3 BSHG nunmehr Hilfeempfänger erfassen sollte, bei denen das Arbeitsamt den Eintritt einer Sperrzeit nach § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgestellt hat und der Anspruch auf Leistungen nach dem AFG ruht oder erloschen ist. Ihnen gleichgestellt wurden diejenigen Hilfeempfänger, die ihre Arbeit aufgegeben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AFG hatten (BT-Drucks 12/4401 S 81).

16

Vor diesem Hintergrund will § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst a SGB II - wie zuvor § 25 Abs 2 Nr 3 Buchst a BSHG - sicherstellen, dass der Ruhens- oder Erlöschenstatbestand wegen einer im Geltungsbereich des SGB III eingetretenen Sperrzeit nicht folgenlos bleibt, wenn zwischenzeitlich ein Anspruch auf Alg II dem Grunde nach entstanden ist(Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 31 RdNr 128, Stand Juli 2007). Ergänzend hierzu ordnet § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II die entsprechende Geltung des § 144 SGB III für Personen an, die einen Anspruch auf Alg noch nicht erworben haben, aber die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllen. Die übereinstimmende Rechtfertigung für die Einbeziehung beider Personengruppen liegt darin, dass sie aufgrund der zurückgelegten Versicherungszeiten zur Arbeitslosenversicherung in einem Sozialversicherungsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit (BA) als SGB III-Trägerin stehen, die sich ihrerseits typisierend gegen den Risikofall der Arbeitslosigkeit zur Wehr setzt, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er nicht in der gebotenen Weise mitwirkt (vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 24 f mwN). Es werden daher diejenigen Beschäftigen erfasst, die in einem für die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg nach § 123 SGB III zu berücksichtigenden Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigte gegen Arbeitsentgelt nach § 25 Abs 1 SGB III stehen und nicht als Personen in einer geringfügigen Beschäftigung versicherungsfrei sind(§ 27 Abs 2 SGB III iVm § 8 Abs 1 SGB IV). Besteht lediglich eine versicherungsfreie Beschäftigung, fehlt es an einem durch Beitragszahlung bzw den Aufbau einer Anwartschaft auf Alg vermittelten Sozialversicherungsverhältnis zur BA und damit an einer Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III (vgl auch zur teleologischen Reduktion der Sperrzeitenregelung des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III auf versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse Henke/Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 108a, Stand November 2009; Curkovic in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 144 RdNr 16; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 144 RdNr 31, Stand März 2007).

17

5. Wie bereits oben dargelegt, wird die hier vorliegende Arbeitgeberkündigung nicht vom Sanktionstatbestand des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst c SGB III erfasst. Auch der erforderliche Bezug des Klägers zum Rechtskreis des SGB III ist gegeben, weil die von ihm ab 1.12.2006 aufgenommene Vollzeittätigkeit eine Versicherungspflicht als Beschäftigter begründete und es sich auch nicht um eine geringfügige Beschäftigung handelte. Eine solche liegt nach § 8 Abs 1 SGB IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt (Nr 1) oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt (Nr 2). Ob in einer bestimmten Beschäftigung Versicherungspflicht oder wegen Entgelt- oder Zeitgeringfügigkeit Versicherungsfreiheit besteht, ist bei Aufnahme der Beschäftigung vorausschauend zu beurteilen (Schlegel in: jurisPK-SGB IV, 1. Aufl 2006, § 8 RdNr 41, 49). Vorliegend konnte bei prognostischer Betrachtung der von dem Kläger am 1.12.2006 aufgenommenen Vollzeitbeschäftigung als Thekenkraft und des dabei zu erzielenden Verdienstes weder von einer entgeltgeringfügigen noch eine zeitgeringfügige Beschäftigung angenommen werden. Dabei ist es für die Anwendbarkeit des § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II in dem vorgenannten eingeschränkten Sinn unerheblich, ob die von dem Kläger aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II geführt hat oder ein geringes Entgelt aus einer Beschäftigung mit SGB-II-Leistungen aufgestockt werden muss.

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6. Von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend hat das LSG keine Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Sanktion nach § 31 Abs 4 Nr 3 Buchst b SGB II iVm § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III getroffen. Neben der Frage, ob ein arbeitsvertragswidriges Verhalten vorliegt, wird es ua zu prüfen haben, ob ein solches Verhalten dem Kläger subjektiv vorwerfbar ist und die auf ein arbeitsvertragswidriges Verhalten zurückzuführende Lösung des Beschäftigungsverhältnisses für ihn vorhersehbar war. Dies kann regelmäßig nur bei vorheriger Abmahnung bejaht werden (vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 251, Stand September 2006 mwN). Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

Bei der Berufsberatung sind Neigung, Eignung, berufliche Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit der Ratsuchenden sowie aktuelle und zu erwartende Beschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die Durchführung einer Potenzialanalyse entsprechend § 37 Absatz 1 kann angeboten werden.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. In den Fällen des § 31 Absatz 2 Nummer 3 tritt die Minderung mit Beginn der Sperrzeit oder mit dem Erlöschen des Anspruchs nach dem Dritten Buch ein. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.

(2) Der Minderungszeitraum beträgt

1.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 1 einen Monat,
2.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 2 zwei Monate und
3.
in den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 3 jeweils drei Monate.
In den Fällen des § 31a Absatz 1 Satz 6 ist die Minderung ab dem Zeitpunkt der Pflichterfüllung oder der Erklärung der Bereitschaft zur Pflichterfüllung aufzuheben, soweit der Minderungszeitraum mindestens einen Monat betragen hat, andernfalls nach Ablauf dieses Monats.

(3) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.