Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Nov. 2013 - 2 L 4/12

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2013:1114.2L4.12.0A
14.11.2013

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu Kosten für die Herstellung einer Grundstückszufahrt im Zuge eines Gehwegausbaus.

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Sie sind Eigentümer des Grundstücks mit der Straßenbezeichnung L-Straße 1e im Gemeindegebiet der Beklagten, das südlich der L-Straße im Abschnitt zwischen der H-Straße und der Bahnhofstraße liegt und mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist. Ursprünglich war der südlich der Fahrbahn verlaufende Gehweg in diesem Abschnitt als sandgeschlämmter Schotterweg ausgebildet. Zwischen der sandgeschlämmten Fläche und den Bordsteinen an der Fahrbahn befanden sich begrünte, teilweise mit Bäumen bewachsene Flächen. Die sandgeschlämmten Flächen und die Grünflächen waren durch mit Steinpflaster oder -platten befestigte Überfahrten zu verschiedenen Grundstücken unterbrochen, so auch zum Grundstück der Kläger.

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Am 13.12.2007 beschloss die Beklagte, den in diesem Straßenabschnitt auf der Südseite verlaufenden Gehweg grundhaft auszubauen. Nach Vorliegen einer Vergabeempfehlung des Ingenieurbüros L. fasste sie am 21.02.2008 den weiteren Beschluss, den Auftrag zur Baumaßnahme „Gehwegbau L-Straße in B-Stadt“ an die Fa. K. Tief- und Straßenbau (...) GmbH zu vergeben, die von insgesamt fünf Anbietern das günstigste Angebot vorgelegt hatte.

4

Mit einer 1. Abschlagsrechnung vom 17.04.2008 stellte die Fa. K. Tief- und Straßenbau (...) GmbH der Beklagten entsprechend einem Auftrag vom 08.02.2008 für den Gehwegausbau Kosten in Höhe von 23.996,04 € in Rechnung, die nach Prüfung und Berichtigung einzelner Positionen vom 22.04.2008 durch das mit der Planung beauftragte Ingenieurbüro auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 22.158,61 € herabgesetzt und von der Beklagten Anfang Mai 2008 an das Bauunternehmen ausgezahlt wurde.

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Am 22.05.2008 beschloss die Beklagte, für die Abrechnung der Straßenbaumaßnahmen in der L-Straße eine Kostenspaltung für die Teileinrichtung einseitiger Gehwegausbau sowie eine Abschnittsbildung (Bahnhofstraße bis H-Straße) vorzunehmen.

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Mit Schlussrechnung vom 06.05.2008 stellte das Bauunternehmen der Beklagten unter Anrechnung der 1. Abschlagszahlung weitere 10.149,37 € in Rechnung. Der nach Prüfung des Ingenieurbüros am 04.06.2008 auf 10.509,45 heraufgesetzte Betrag wurde Anfang Juli 2008 an das Bauunternehmen ausgezahlt.

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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 02.12.2008 zog die Beklagte die Kläger zur Erstattung der Kosten in Höhe von 998,16 € heran, die als Mehraufwand für die (Wieder-) Herstellung der Zufahrt zum Grundstück der Kläger angefallen seien.

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Hiergegen erhoben die Kläger am 17.12.2008 Widerspruch, den sie mit Schreiben vom 10.07.2009 u.a. wie folgt begründeten: Der Bescheid sei rechtswidrig, weil die für eine Herstellung der Grundstückszufahrt erforderliche Anhörung nicht durchgeführt worden sei. Des Weiteren bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Kostenerstattung. Auch sei die Herstellung einer Grundstückszufahrt nicht notwendig gewesen sei, weil eine solche bereits zuvor bestanden habe und auch keine optische Veränderung erfolgt sei. Dies gelte insbesondere für das Aufnehmen und Setzen von Bordsteinen. Ferner wären andere Bieter teilweise deutlich günstiger gewesen, so dass der Zuschlag nicht der bauausführenden Firma hätte erteilt werden dürfen. So liege etwa hinsichtlich der Ladung von Klein- und Großpflaster ein überteuertes Kostenangebot vor, das nicht wirtschaftlich gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

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Am 19.11.2009 haben die Kläger Klage erhoben und zur Begründung weiter ausgeführt: Die verschiedenen Einzelpositionen, wie etwa der Ansatz von 44,- €/m³ für das Laden von Groß- und Kleinpflaster sowie die Aufnahme und das Setzen von Bordsteinen, seien überhöht. Ein Aushub sei allenfalls in einer Tiefe von 15 cm erfolgt, und die maßgeblichen Flächen seien fehlerhaft berechnet worden.

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Die Kläger haben beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 02.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2009 aufzuheben

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sowie

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die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und im Wesentlichen Folgendes (ergänzend) vorgetragen: Gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit habe sie nicht verstoßen. Bei Betrachtung der Maßnahme insgesamt sei die bauausführende Firma der günstigste Bieter gewesen. Die Kostenansätze seien nicht überteuert. Eine Aufnahme der Bordsteine sei erforderlich gewesen. Die Ausbaumaßnahme sei in einer Tiefe von 30 cm bis 60 cm durchgeführt worden. Eine Abrechnung sei entsprechend den Aufmaßen des Bauunternehmens erfolgt. Sofern bei den Positionen Groß- und Kleinpflaster nur vom Laden und nicht auch vom Setzen der Steine die Rede sei, handele es sich um einen Schreibfehler.

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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Kostenerstattungsbescheid aufgehoben, soweit er den Betrag von 600,36 € übersteigt, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

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Auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 StrG LSA seien Mehraufwendungen für eine Gehwegüberfahrt des Anliegers dem Straßenbaulastträger auch dann zu erstatten, wenn ohne Anforderung des Anliegers die Erneuerung der Überfahrt durch einen verkehrsbedingten Ausbau erforderlich gewesen sei. Bei der Vergütung handele es sich um einen öffentlich rechtlichen Erstattungsanspruch, so dass die Grundsätze des KAG LSA nicht heranzuziehen seien und es keiner vorherigen Anhörung der Anlieger bedurft habe. Die Herstellung einer Grundstückszufahrt zu einem Grundstück zähle zum „gesteigerten Gemeingebrauch“ des Anliegers. Es bestehe insoweit nur ein Nutzen für die Anlieger, so dass die dadurch entstandenen Mehrkosten allein von diesen zu tragen und – wie hier geschehen – von der Gemeinde gesondert zu den sonst zu erhebenden Straßenbaubeiträgen bzw. Kosten des Straßenausbaus auszuweisen seien. Es sei von der Planungshoheit der Gemeinde umfasst, die Ausgestaltung des Straßenraumes, zu der auch die Zufahrten gehören, nach ihrem Ermessen zu gestalten. Dabei könnten – wie hier geschehen – neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch gestalterische bzw. ästhetische Gesichtspunkte berücksichtigt werden, und zwar auch gegen einen erklärten Bürgerwillen. Es sei in diesem Zusammenhang unerheblich, dass sich die Ausgestaltung der Straße einschließlich Zufahrten vom optischen Eindruck nur geringfügig von dem vorigen Zustand unterscheiden möge. Grobe Missverhältnisse bei der Ausgestaltung der Zufahrten seien nicht ersichtlich. Aus einem offenen Brief, der im Klageverfahren eingereicht worden sei, ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der frühere Zustand des südlichen Bürgersteiges der L-Straße nicht mehr tragbar gewesen sei. Dass die Überfahrt durch Kraftfahrzeuge einen stärkeren Untergrund und auch höhere Frostschutzsicherungen erfordere als dies bei Gehwegen der Fall sei, sei gerichtsbekannt und nicht ernsthaft zu bestreiten. Es sei eine Plattierung des gesamten Areals nebst Neusetzung z. B. der Bordsteine entsprechend der Kraftfahrzeugeinfahrten im Sinne einer einheitlichen Ausgestaltung erforderlich gewesen. Die Tatsache, dass die Art des Gebrauchs des Grundstücks der Kläger objektiv eine Zufahrt erforderlich mache, sei eindeutig und unumstritten.

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Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten geltend gemachten Positionen hinsichtlich des Mehraufwandes seien aber nur teilweise gerechtfertigt. Nicht zu folgen sei zwar der Auffassung der Kläger, dass das Aufnehmen der Bordsteine und das Wiedereinsetzen derselben unnötige Kosten verursacht habe. Nicht zu beanstanden sei ferner, dass die Beklagte von einer Ausschachtungstiefe von 30 bis 60 cm ausgegangen sei. Die Behauptung der Kläger, dass nur 15 cm tief aufgegraben worden sei, sei nicht durch irgendwie geartete Messungen unter Beweis gestellt worden. Ohne Erfolg bleibe ferner ihr Einwand, dass andere Bieter günstigere Angebote abgegeben hätten und zwischen den Baumaßnahmen bezüglich des Gehweges und der Zufahrt zu differenzieren sei. Die Vorschrift des § 16 StrG LSA gebe der Beklagten die Möglichkeit, die Maßnahmen einschließlich der Herstellung einer Zufahrt im Zusammenhang durchzuführen. Es sei daher auch nicht erforderlich, das Angebot in die Ausführung der Baumaßnahme „Gehweg“ und in die Aufnahme der Baumaßnahme "Zufahrt" aufzuspalten und zu differenzieren.

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Bezüglich der Positionen Großpflaster und Kleinpflaster sei die Abrechnung der Beklagten aber fehlerhaft. Im angefochtenen Bescheid sei lediglich von dem „Laden der Steine“ die Rede. Insoweit handele es sich weder um einen Schreibfehler noch um eine andere offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 1 VwVfG LSA i.V.m. § 42 VwVfG. Angesichts der Vielzahl der einzelnen Positionen in der Zusammenstellung könne von einer Offensichtlichkeit keine Rede sein. Allein die unterschiedlichen Maße, die angegeben seien, erschlössen sich dem Empfänger des Bescheides nicht ohne weiteres. Bei einer nach dem Vorbringen der Kläger anzusetzenden Fläche von 5,28 m² für das Großpflaster, einer Fläche von 0,68 m² für das Kleinpflaster und einem geschätzten Pauschalbetrag von jeweils 10,00 € pro m² für das Laden ergäben sich für die beiden Positionen Beträge von nur 52,80 € und 6,80 m² und mit den übrigen Positionen ein Gesamtbetrag von 424,42 € zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer in Höhe von aufgerundet 80,64 €. Rechne man zu dem Gesamtbruttobetrag von 505,06 € die anteiligen Planungskosten in Höhe von 95,30 € hinzu, sei die Beklagte hier nur zur Festsetzung eines Gesamtbetrages in Höhe von 606,36 € berechtigt gewesen.

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Mit Beschluss vom 16.11.2012 hat der Senat auf die Anträge beider Beteiligter die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassen.

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Die Kläger haben ihre Berufung wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht habe die gesamte neugestaltete Zufahrt, also von der Fahrbahn aus bis zur Grundstücksgrenze, zu Unrecht als eine Einheit betrachtet. Bis zur streitgegenständlichen Maßnahme habe der Gehweg vor ihrem Grundstück aus einer sandgeschlämmten Trag- und Deckschicht bestanden, während die Zufahrt von der Fahrbahn aus mit abgesenkten Bordsteinen bis zum Gehweg aus einer frostfreien Tragschicht mit hierauf verlegtem Natursteingroßpflaster bestanden habe, das trotz seines etwa hundertjährigen Alters nicht beeinträchtigt gewesen sei. Eine Erstattung könne zwar erfolgen, wenn die Erneuerung der Überfahrt durch einen verkehrsbedingten Ausbau erforderlich geworden sei, deren optische Gestaltung im Ermessen der Kommune liege, allerdings nur unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit, Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit.

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Im konkreten Fall sei der Fußweg lediglich etwas ausgekoffert worden und habe eine neue Tragschicht, eine Deckschicht aus gelben und anthrazitfarbenen Betonsteinen sowie einen Randabschluss zu den Grundstücksgrenzen hin aus Kleinpflaster erhalten, und zwar auf der gesamten Länge des südlichen Fußweges der L-Straße von der Einmündung in die H-Straße bis zur Bahnhofstraße ohne jegliche Unterbrechung. Über den Bürgersteig sei keine der Zufahrten gesondert gestaltet worden. Ob sich die von der Beklagten abgerechneten Positionen „Laden von Kleinpflaster, Bodenlösen in einer Tiefe von 30 bis 60 cm, Herstellen eines Planums, Verdichten des Bodens und Herstellen einer Frostschutz- und Schottertragschicht“ nur auf den Bereich der Zufahrt zwischen der Fahrbahn und dem Gehweg oder aber auf die gesamte Zufahrt bezogen habe, ergebe sich aus dem Bescheid nicht, der insoweit den Bestimmtheitsanforderungen nicht genüge. Sollten sich die insoweit abgerechneten Positionen auch auf den Unterbau des Gehweges beziehen, läge kein „gesteigerter Gemeingebrauch“ vor, weil der Gehweg mit dem sich an die Grundstücksgrenze anschließenden Kleinpflaster nicht lediglich einen Nutzen für sie, die Kläger, als Anlieger biete und der Vorteil damit nicht allein grundstücksbezogen sei. Sofern durch die Zufahrt Mehrkosten entstanden sein sollten, habe sich dies aus dem Bescheid gerade nicht ergeben; die Beklagte habe sie auch nicht dargelegt. Deshalb sei der gesamte Gehweg (inklusive des Kleinpflasters entlang der Grundstücksgrenzen) im Wege von Straßenausbaubeitragsbescheiden auf sämtliche Anlieger dieses Teiles der L-Straße umgelegt und festgesetzt worden und damit bereits bezahlt. Die Beklagte habe für den gesamten Gehweg eine 30 cm tiefe Auskofferung mit einer Frostschutzschotterschicht von 15 bis 30 cm ausgeschrieben und derartig auch mit den Straßenausbaubeitragsbescheiden abgerechnet. Dass die Beklagte darüber hinaus im Bereich der Einfahrt tiefer ausgehoben und mehr Material eingebracht habe, habe sich weder aus dem streitgegenständlichen Bescheid noch aus der dieser zugrunde liegenden Rechnung ergeben. Tatsächlich sei dies auch nicht geschehen. Die Beklagte sei insoweit beweispflichtig. Auch diesbezüglich entspreche der angefochtene Bescheid nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG, weil ihm der vermeintliche Mehraufwand nicht ansatzweise nachvollziehbar entnommen werden könne. Da die Beklagte – wie auf der gesamten Länge des Bürgersteiges – bei den Zufahrten nur 15 cm hoch Schotter eingebracht haben wolle, ergebe sich schon hieraus, dass eine tiefere Auskofferung im Bereich der Zufahrten gar nicht erfolgt sein könne.

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Hinsichtlich des Teils der Zufahrt zwischen der Fahrbahn und dem Gehweg sei nicht erkennbar, welche der vermeintlichen Kosten auf den Unterbau dieses Teilstück fielen, so dass der Bescheid auch insoweit zu unbestimmt sei. Auch für diesen Teil der Zufahrt könne § 16 Abs. 1 StrG LSA keine Anspruchsgrundlage sein, weil dieser tatsächlich nicht den Gemeingebrauch betreffe, sondern ausschließlich grundstücksbezogen sei und somit nicht „wegen der Art des Gemeingebrauchs“ aufwendiger habe hergestellt werden müssen. Vielmehr ergebe sich die Anspruchsgrundlage aus § 683 BGB. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass die Beklagte das Geschäft nach § 677 BGB so geführt hätte, wie es dem Interesse der Kläger mit Rücksicht auf deren wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert hätte. Die Beseitigung einer völlig intakten gepflasterten Zufahrt von der Straße bis zum Bürgersteig und deren Wiederherstellung ohne funktionelle und optische Veränderung hätten weder etwas mit dem Straßenausbau des Bürgersteiges zu tun, noch habe dies ihrem Interesse und wirklichen Willen entsprochen. Im Übrigen habe auch insoweit nach der Art des Gemeingebrauchs dieser Teil der Auffahrt nicht aufwendiger hergestellt oder ausgebaut werden müssen. Dieser hätte vielmehr so belassen werden können wie zuvor. Eine Verbesserung sei durch die Maßnahme nicht erfolgt. Geringfügige optische Veränderungen rechtfertigten es nicht, die Kosten für eine völlige Neuherstellung erstattet zu verlangen. Möglicherweise habe die ausführende Firma für die gesamten Zufahrten Großpflaster geladen und zur Baustelle gebracht und bemerkt, dass dieser Teil der Zufahrt aus gleichem Großpflaster bereits bestanden habe und deswegen auch gar nicht erst verlegt; deshalb seien die diesbezüglichen Kosten für das Legen von Pflastersteinen auch nicht im streitgegenständlichen Bescheid enthalten. Insofern sei es auch nicht erforderlich gewesen, die bereits abgesenkten Bordsteine aus Naturstein herauszunehmen und genauso wie vorher wieder einzusetzen

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Selbst bei Annahme der Erstattungsfähigkeit der Kosten sei rechnerisch ein Vergleich anzustellen zwischen den Kosten, die durch die Herstellung der Straße ohne Zufahrt entstanden wären und den Kosten, die mit der Herstellung der Zufahrt entstanden seinen. Diese vergleichende Betrachtungsweise führe hier dazu, dass der Aufwand, der für die Herstellung des Bürgersteiges und des Begleitgrüns im Bereich der Zufahrt entstanden wäre, wenn diese nicht angelegt worden wäre, in Abzug gebracht werden müsse.

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Die Kläger beantragen,

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das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 02.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2009 insgesamt aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

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Hierzu trägt sie vor: Dem Bescheid fehle es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit. In der Behördenakte fänden sich genaue Angaben zu den in der Zufahrt verbauten Materialien sowie exakte Aufmaße, insbesondere zum Großpflaster, zur Schottertragschicht und zur Tiefe des Aushubs. Diese belegten auch, dass Gehwege und Zufahrten nicht doppelt berechnet worden seien. Gleiches gelte für die Herstellung der Frostschutzschicht, die als Mehraufwand abrechnungsfähig sei, weil die Überfahrt eine höhere Tragfestigkeit erfordere. Bei der Herstellung der Schottertragschicht sei demgegenüber zwischen Gehweg und Überfahrt getrennt worden, mit der Folge, dass diese Position den Klägern nicht in Rechnung gestellt worden sei.

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Zur Begründung ihrer Berufung macht die Beklagte geltend: Der angefochtene Erstattungsbescheid in Bezug auf die Kosten für das Laden von Groß- und Kleinpflaster sei nicht schon deshalb teilweise rechtswidrig, weil sie den im Aufmaßblatt des Unternehmens für das Holen und Setzen von Groß- und Kleinpflaster angegebenen Preis von 36,00 €/m² bzw. 44,00 €/m² angesetzt habe, nach der Kostenaufstellung im Erstattungsbescheid aber nur Kosten für das Laden des Pflasters erhoben werden. Nach dem Wortlaut des § 16 StrG LSA seien die tatsächlichen Kosten geschuldet. Es komme nicht darauf an, ob in dem betreffenden Bescheid in der Begründung eine Rechnungsposition des beauftragten Unternehmens richtig bzw. vollständig übertragen werde, sondern allein darauf, ob die Mehrkosten angefallen und in dieser Höhe auch umlagefähig seien.

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Die Beklagte beantragt,

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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

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Die Kläger beantragen,

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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

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Insoweit halten sie das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und führen ergänzend aus: Die Bestimmtheitsanforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG bezögen sich nicht nur auf den verfügenden Teil eines Verwaltungsakts. Allein die Angabe des zu zahlenden Betrages lasse nicht erkennen, weshalb der Empfänger des Verwaltungsakts in dieser Höhe eine Zahlung leisten solle. Für sie als Adressaten sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Beklagte die Preise für das Setzen und Laden von Groß- und Kleinpflaster gemeint habe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Berufung der Kläger ist im Ergebnis unbegründet. Die zulässige Berufung der Beklagten hat dagegen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben, soweit er den Betrag von 600,36 € übersteigt. Der Bescheid ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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1. Der Erstattungsbescheid der Beklagten ist formell rechtmäßig. Er genügt insbesondere den Anforderungen des § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG an die inhaltliche Bestimmtheit von Verwaltungsakten.

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Hinreichende inhaltliche Bestimmtheit setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.10.2012 – 7 VR 10.12 –, NVwZ 2013, 78 [79], RdNr. 10; Urt. v. 27.06.2012 – 9 C 7.11 –, BVerwGE 143, 222 [227], RdNr. 15, m.w.N.). Im Beitragsrecht setzt das Bestimmtheitserfordernis voraus, dass ein Bescheid in seinem verfügenden Teil, d.h. dem Entscheidungssatz oder Spruch, dem die Regelungswirkung zukommt, hinreichend deutlich erkennen lässt, von wem was für welche Maßnahme und für welches Grundstück gefordert wird; den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots ist genügt, wenn der Betroffene aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den ihm bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit über den Inhalt des Spruchs gewinnen kann (vgl. OVG LSA, Urt. v. 11.09.2012 – 4 L 155/09 –, Juris, RdNr. 89, m.w.N.). Diese Grundsätze gelten für Bescheide, mit denen auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 Satz 1 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 06.07.1993 (GVBl. S. 334) – StrG LSA – von einem „anderen“ Kosten für die aufwendigere Herstellung einer Straße angefordert werden, entsprechend.

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Gemessen daran ist der angefochtene Erstattungsbescheid hinreichend bestimmt. Ihm kann – auch in Verbindung mit dem Widerspruchsbescheid – entnommen werden, für welchen Sachverhalt von den Klägern Kosten angefordert werden, nämlich für den Mehraufwand, der der Beklagten über die Kosten für die Herstellung des Gehweges hinaus für die (Wieder-)Herstellung der Zufahrt zum Grundstück der Kläger entstand. Im verfügenden Teil wird insbesondere der zu zahlende Betrag ausgesprochen. Demgegenüber sind die für die Berechnung des Erstattungsbetrages erheblichen Daten, die die Beklagte hier in der Anlage zum Bescheid aufgeführt hat, nur Teil der Begründung des Bescheides, die, selbst wenn sie mangelhaft bzw. unvollständig ist, nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führt (vgl. OVG NW, Beschl. v. 07.12.2007 – 15 B 1837/07 –, Juris, RdNr. 4). Dem entsprechend wird die Bestimmtheit des Bescheides nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich ihm einschließlich der beigefügten Anlage nicht ohne Weiteres, sondern nur unter Heranziehung der Aufmaßblätter des Bauunternehmens und ggf. der Unternehmerrechnung entnehmen lässt, ob sich einzelne Kostenpositionen nur auf den Bereich der Zufahrt zwischen der Fahrbahn und dem Gehweg oder aber auf die gesamte Zufahrt beziehen.

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2. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

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Rechtsgrundlage für die Anforderung der Kosten für die in Rede stehende Grundstückszufahrt ist § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA. Danach hat, wenn eine Straße wegen der Art des Gemeingebrauchs durch einen anderen aufwendiger hergestellt oder ausgebaut werden muss, als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht, der andere dem Träger der Straßenbaulast die Mehrkosten für den Bau und die Unterhaltung zu vergüten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

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Die Beklagte hat den südlichen Gehweg der L-Straße, der sich nach ihrer Einschätzung in einem schlechten Zustand befand, erneuern lassen. Es obliegt der Entscheidungsfreiheit der Gemeinde, ob sie es bei einer bloßen Instandsetzung einer beschädigten (abgenutzten) Anlage belässt oder ob sie sich zu Maßnahmen entschließt, mit der eine nicht mehr funktionstüchtige oder abgenutzte Anlage erneuert oder verbessert werden soll (vgl. OVG LSA, Urt. v. 17.10.2002 – 2 L 119/01 –, JMBl LSA 2003, 50 [58], RdNr. 82 in Juris). Die Beklagte hat für diese Gehwegerneuerung von den Anliegern auf der Grundlage von § 6 KAG LSA Straßenbaubeiträge erhoben.

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Die Erstattung von Mehrkosten hingegen, die durch die Anlegung einer Überfahrt im Rahmen des Ausbaus von Bürgersteigen entstanden sind, kann die Gemeinde nur nach § 16 Abs 1 Satz 1 StrG LSA verlangen; gegenüber den kommunalabgabenrechtlichen Vorschriften stellt dies die speziellere Grundlage dar, weil sie nicht nur einen Beitrag zu den Gesamtkosten, sondern die Erstattung der im Einzelfall tatsächlich entstandenen Mehrkosten vorsieht (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 9. Aufl., § 3 RdNr. 2, m.w.N.). Daher ist die Vorschrift des § 6d KAG LSA, die eine Beteiligung der später Beitragspflichtigen vor Durchführung der beitragsauslösenden Maßnahme vorsieht, nicht anwendbar. Neben der Beteiligung der Anlieger im Zusammenhang mit dem Gehwegausbau bedurfte es daher keiner weitern, auf die (Wieder-)Herstellung der Grundstückszufahrten bezogenen Anhörung der betroffenen Grundstückseigentümer. Wenden sich diese – wie hier – nicht dagegen, dass die Zufahrtsmöglichkeiten zu ihren Grundstücken erhalten bleiben, sondern nur dagegen, dass sie hierfür finanziell belastet werden, ist es im Übrigen rechtlich unerheblich, sie ob wegen des Ausbaus vorher angehört werden mussten (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.08.1987 – 4 C 54.83 u. 4 C 55.4 C 55.83 –, BVerwGE 78, 79 [83], RdNr. 17 in Juris)

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Um von § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA erfasste Kosten handelt es sich u.a. bei Mehrkosten für die aufwendigere Gestaltung von Gehwegüberfahrten, soweit die besondere Gestaltung ihren Grund darin hat, dass die Gehwege in diesem Bereich einer verstärkten Belastung durch überfahrende Kraftfahrzeuge ausgesetzt sind bzw. eine befriedigende konstruktive Gestaltung der notwendigen Gehwegabsenkungen mit dem ansonsten verwendeten Baumaterial nicht möglich ist; diese Mehrkosten tragen ausschließlich die durch die aufwendigere Herstellung begünstigten Grundeigentümer (Driehaus, a.a.O.). Voraussetzung für das Entstehen eines Erstattungsanspruchs nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA ist allerdings eine Kausalität zwischen dem aufwendigeren Ausbau der Straße einerseits und dem Einwirken des Dritten auf die Straße andererseits, welches insbesondere im Hervorrufen einer vom Regelfall abweichenden höheren Verkehrsbelastung liegen kann (Driehaus, a.a.O., RdNr. 3).

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Die Pflicht zur Vergütung von Mehraufwendungen soll zwar in erster Linie denjenigen treffen, der anlässlich des Straßenbaus oder auch später aus eigener Initiative bestimmte zusätzliche Aufwendungen (z.B. für eine Gehwegüberfahrt) ausdrücklich begehrt; die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA regeln aber nicht nur diesen Fall, sondern zielt allgemein darauf ab, die während der Dauer des Bestehens der Straße durch Sonderwünsche insbesondere des Anliegers erschwerte Straßenbaulast in jedem Fall finanziell auszugleichen (vgl. zu § 7a FStrG: BVerwG, Urt. v. 28.08.1987, a.a.O., S. 82, RdNr. 15 in Juris). Eine solche Erschwernis ist nicht nur dann gegeben, wenn der Anlieger die erstmalige Herstellung einer Zufahrt begehrt, sondern auch dann, wenn er nach der Umgestaltung der Straße den Fortbestand seiner bisherigen Zufahrtsmöglichkeit (ausdrücklich oder stillschweigend) beansprucht und insofern dafür Aufwendungen veranlasst; auch in dem letzteren Fall wird die Straße „wegen der Art des Gebrauchs durch einen anderen" aufwendiger hergestellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.08.1987, a.a.O.).

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2.1. Hiernach besteht gegenüber den Klägern dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten, die der Beklagten für die Wiederherstellung der Zufahrt zum Grundstück der Kläger im Zuge des Gehwegausbaus entstanden sind. Die Wiederherstellung der bereits bestehenden Überfahrt stellt gegenüber dem Ausbau des südlichen Gehweges der L-Straße eine aufwendigere Herstellung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA dar. Auch ist davon auszugehen, dass die Kläger weiterhin den Fortbestand der bisherigen Grundstückszufahrt wünschen. Gegenteiliges haben sie nicht vorgetragen.

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Eine aufwendigere Herstellung liegt insbesondere auch in dem Bereich vor, der sich vor der Grundstückseinfahrt der Kläger zwischen Fahrbahn und dem Betonverbundpflaster befindet, wo ein stärker belastbares Großpflaster verlegt ist. In den Abschnitten, wo keine Grundstückszufahrten bestehen, befinden sich begrünte bzw. mit Bäumen bewachsene Flächen. Auch diese begrünten Flächen sind Bestandteil der Straße, die überfahren werden sollen und deshalb im Interesse der Grundstückseigentümer wieder eine Befestigung mit Großpflaster einschließlich Unterbau erhalten sollen. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA gehören zu den öffentlichen Straßen u.a. auch Trenn-, Seiten, Rand- und Sicherheitsstreifen. Trennstreifen dienen der Freihaltung eines zur Sicherheit des Verkehrs oder zur Straßengestaltung erforderlichen Zwischenraums zwischen mehreren Fahrbahnen, zwischen Fahrbahn und Seitenwegen (Radwege, Gehwege), ggf. auch der Aufnahme einer aus gestalterischen Gründen gewünschten oder zur Sicherheit des Verkehrs erforderlichen Bepflanzung; sie stehen in der Regel dem Gemeingebrauch nicht offen (vgl. Herber, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl., Kap. 7, Abschnitt IV, RdNr. 18). Die Kosten für die Verlegung eines solchen Pflasters einschließlich Unterbau sind damit erstattungsfähig.

50

Der Erstattungspflicht können die Kläger nicht entgegenhalten, dass die vor Durchführung der Baumaßnahme bereits bestehende und nicht beschädigte gepflasterte Überfahrt zu ihrem Grundstück hätte belassen werden können und nicht identisch hätte neu hergestellt werden müssen.

51

Bei Herstellung einer Gehwegüberfahrt kommt es nicht darauf an, ob nach dem alten Zustand eine Erneuerung von Gehwegen erforderlich war; maßgeblich ist vielmehr, ob die bestehende Zufahrt trotz der Veränderung der Straßenanlage zumindest teilweise hätte beibehalten werden können oder ob dies aus sachlichen Gründen unterbleiben durfte. Zwar können „optische Gründe" allein die Vergütungspflicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA nicht auslösen, weil insofern der Mehraufwand weder „wegen des Gemeingebrauchs durch einen anderen" noch „aus anderen Gründen auf Veranlassung eines anderen“ entstanden ist. Solche Gründe liegen etwa dann vor, wenn eine alte Pflasterung nur beseitigt wurde, um einen für alle Zufahrten einheitlichen Belag zu schaffen. Flickwerk oder eine für Gehwege unübliche unansehnliche Befestigung braucht die Straßenbauverwaltung aber nicht bestehen zu lassen. Im Allgemeinen können also technische oder wirtschaftliche Gründe die einheitliche Herstellung der Straße (z.B. auch hinsichtlich des Unterbaues der Gehwege) rechtfertigen, wobei es allerdings auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 28.08.1987, a.a.O., RdNr. 21 in Juris).

52

Gemessen daran war die Beklagte berechtigt, im Zuge des Ausbaus des südlichen Gehweges in der L-Straße die dort bereits vorhandenen Gehwegüberfahrten zu den anliegenden Grundstücken zu beseitigen und nach Herstellung des Gehweges wieder herzustellen. Sie war nicht gehalten, die bereits bestehenden Zufahrten zu belassen, insbesondere auch im Bereich zwischen der Fahrbahn und dem Bereich der erstmaligen Pflasterung mit gelbem und anthrazitfarbenem Betonverbundpflaster. Nach den im Verwaltungsvorgang vorhandenen Lichtbildern (Bl. 52 bis 54) waren zwar in der L-Straße Grundstückszufahrten aus Großpflaster vorhanden, nach den Angaben der Kläger auch vor ihrem Grundstück. Diese Befestigungen mögen auch – wie die Kläger geltend machen – noch funktionstüchtig gewesen sein. Die Beklagte durfte sich jedoch im Rahmen ihres Ermessens für eine durchgängige Pflasterung des Gehweges mit gelbem und anthrazitfarbenem Betonverbundpflaster entscheiden. Dies hatte zwangsläufig zur Folge, dass die Zufahrt nicht in der bisherigen Form bestehen bleiben konnte. Wie sich aus einem von den Klägern im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Lichtbild (Anlage K 3 zum Schriftsatz vom 25.08.2011) ergibt, ist die dort ursprünglich vorhandene Zufahrt nicht (völlig) mit derjenigen identisch, die die Beklagte im Zuge des Gehwegausbaus hat herstellen lassen. Die Entscheidung der Beklagten, die Zufahrt auch im Abschnitt zwischen Fahrbahn und Betonsteinpflasterung bis zur Betonsteinpflasterung neu herzustellen und nicht im vorhandenen Zustand zu belassen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie durfte sich für diese Lösung entscheiden, um – wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – eine exakte Höhengleichheit des mit Betonsteinen gepflasterten Gehwegs und des mit Großpflaster versehenen Teils der Überfahrt zu gewährleisten und so insbesondere auch das Entstehen von Stolperfallen zu vermeiden.

53

Es ist auch davon auszugehen, dass das Bauunternehmen die bereits vorhandene Grundstückzufahrt bis zum neu hergestellten Gehweg nicht – wie die Kläger in der Berufungsbegründung gemutmaßt haben – in ihrem ursprünglichen Zustand beließ. Zwar enthalten die Aufmaßblätter und die Schlussrechnung bezüglich der Grundstückszufahrten keine Kostenposition „Pflastersteine aufnehmen“. Die Beseitigung des schon vorhandenen Pflasters im Bereich der Zufahrten ist aber, soweit ersichtlich, von der Position 03.01.0056 „Boden/Fels lösen und verwerten“, erfasst.

54

2.2. Der angefochtene Bescheid ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

55

Anlieger können als Begünstigte der Gehwegüberfahrt zu den Kosten herangezogen werden, die auf die stärkere Befestigung des Gehweges zurückzuführen sind; Kosten, die bei dem Ausbau des Gehweges ohnehin entstanden wären, sind dagegen nicht von § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA erfasst (vgl. OVG NW, Beschl. v. 24.07.2000 – 11 A 3897/96 –, Juris, RdNr. 25). Der Umfang des Ausgleichs ist auf die Erstattung der zusätzlichen Herstellungs- oder Ausbaukosten gerichtet, die gerade den Vorteil des Pflichtigen herbeiführen (Sauthoff, in: Müller/Schulz, FStrG, § 7a RdNr. 4, m.w.N.).

56

2.2.1. Die Beklagte kann insbesondere die Kosten erstattet verlangen, die im Zusammenhang mit der (Neu-)Verlegung des Groß- und Kleinpflasters entstanden sind.

57

a) Nach der im Berufungsverfahren vollständig vorgelegten Schlussrechnung der Fa. K. Tief- und Industriebau (...) GmbH vom 06.05.2008 stellte das beauftragte Bauunternehmen der Beklagten unter der Position N1 „Großpflaster des AG vom Lagerplatz des AG laden und transportieren, Großpflaster sortieren, säubern und versetzen, Restmaterial entsorgen“ Kosten in Höhe von insgesamt 2.350,80 € für eine Gesamtfläche von 65,30 m² (36,00 €/m²) in Rechnung. Nach dem Aufmaßblatt des Bauunternehmens vom 04.06.2008 (Bl. 27 des Verwaltungsvorgangs) entfällt von dieser Fläche auf die Zufahrt zum Grundstück der Kläger ein Anteil von 10,11 m² und damit ein Kostenanteil von 363,96 €, der auch in der Anlage zum angefochtenen Erstattungsbescheid ausgewiesen wurde.

58

b) Auch die Kosten für den Einbau von Kleinpflaster in Höhe von 29,92 € für eine Fläche von 0,680 m², das im Bereich der Grundstückszufahrten zwischen dem Betonverbundpflaster des Gehweges und der Grundstücksgrenze verlegt wurde, sind erstattungsfähig. Die Verlegung dieses Pflasters stellt ebenfalls eine aufwendigere Herstellung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA dar. Zwar wurde bei den übrigen Abschnitten des Gehweges außerhalb der Grundstückszufahrten zwischen dem Betonverbundpflaster und den Grundstücksgrenzen der Anlieger ebenfalls Pflaster, nämlich Mosaikpflaster verlegt. § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA stellt indes allein darauf ab, ob die Straße aufwendiger hergestellt werden muss, „als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht“. Vergleichsmaßstab ist also nicht, wie die Gemeinde die Straße voraussichtlich gestaltet hätte, wenn keine Grundstückszufahrt zum Anliegergrundstück hergestellt worden wäre, sondern allein das „regelmäßige Verkehrsbedürfnis“. Dieses erfordert aber regelmäßig nicht, dass ein zwischen dem Betonverbundpflaster und der Grundstücksgrenze vorhandener Zwischenraum, der hier zwischen 22 und 26 cm betrug, aufwendig mit Mosaikpflaster ausgefüllt wird. Hingegen erscheint es geboten, die zwischen der Gehwegpflasterung und der Grundstücksgrenze im Bereich der Grundstückszufahrten vorhandenen Zwischenräume durch – gegenüber Mosaikpflaster stabileres – Kleinpflaster zu befestigen, um zu verhindern, dass sich die Gehwegpflasterung aufgrund der stärkeren Beanspruchung durch überfahrende Kraftfahrzeuge löst oder lockert.

59

Nach der Schlussrechnung stellte das beauftragte Bauunternehmen der Beklagten unter der Position N2 „Kleinpflaster des AG vom Lagerplatz des AG laden und transportieren, Kleinpflaster sortieren, säubern und versetzen, Restmaterial entsorgen“ Kosten in Höhe von insgesamt 285,12 € für eine Gesamtfläche von 6,48 m² (44,00 €/m²) in Rechnung. Nach dem Aufmaßblatt des Bauunternehmens vom 04.06.2008 entfällt von dieser Fläche auf die Zufahrt zum Grundstück der Kläger ein Anteil von 0,68 m² und damit ein Kostenanteil von 29,92 €, der auch in der Anlage zum angefochtenen Erstattungsbescheid ausgewiesen wurde.

60

c) Der Erstattungsbescheid ist in Bezug auf die beiden Positionen Groß- und Kleinpflaster entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht deshalb (teilweise) rechtswidrig, weil in der Kostenaufstellung der Anlage zum Erstattungsbescheid nur von Kosten für das „Laden“ des Pflasters die Rede ist. Es kommt allein darauf an, welche Arbeiten das beauftragte Bauunternehmen tatsächlich ausgeführt und der Beklagten in Rechnung gestellt hat und ob die darauf entfallenden Kosten wegen einer aufwendigeren Herstellung entstanden sind. Die dem angefochtenen Bescheid als Anlage beigefügte Kostenaufstellung diente der Aufschlüsselung des Erstattungsbetrages und ist damit lediglich als Teil der Begründung des Bescheides anzusehen. Eine sachlich unzutreffende oder unvollständige Begründung macht einen Verwaltungsakt, wenn er – wie hier nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA – im Rahmen gebundener Verwaltungsakte ergeht, grundsätzlich nicht materiell rechtswidrig (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 RdNr. 46, m.w.N.).

61

2.2.2. Ebenfalls erstattungsfähig sind die Kosten für die Arbeiten „Bordsteine aufnehmen Tief/Hochb.“ und „Bordsteine setzen“ (Positionen 02.01.0042 und 04.01.0079 der Schlussrechnung), weil sie bei Fehlen einer Grundstückszufahrt nicht entstanden wären. Die Bordsteine in den Gehwegabschnitten, wo sich keine Zufahrten befinden, wurden offensichtlich nicht aufgenommen und neu gesetzt. Nach dem Aufmaßblatt vom 04.06.2008 (Bl. 21 des Verwaltungsvorgangs) entfällt auf das Grundstück der Kläger eine Länge von 3,1 m und damit bei einem Preis für das Aufnehmen von 6,65 €/m ein Betrag von 20,62 € und bei einem Preis für das Setzen von 13,90 €/m² ein Betrag von 43,09 €.

62

2.2.3. Entsprechendes gilt für die Kostenposition 02.01.0056 der Schlussrechnung „Boden bzw. Fels lösen“. Im Bereich der (sieben) Zufahrten, wo die Pflasterung mit Großpflaster erfolgte, wurden – wie im Bereich des Betonverbundpflasters – laut Aufmaßblatt in Höhe der Zufahrten diese Arbeiten bis in eine Tiefe von 0,60 m vorgenommen. Ausgehend von einer mittleren Länge der Zufahrt von 4,93, einer Breite von 2,05 m und einer Tiefe von 0,60 m sowie einem Preis je m³ von 14,50 € ergeben sich Kosten in Höhe von 87,93 €, wie sie in der Anlage zum Erstattungsbescheid aufgeführt sind.

63

2.2.4. Für die die groß gepflasterten Zufahrtsbereiche sind ebenfalls – wie für den Gehwegbereich – die Kostenpositionen 03.01.0059 „Planum herstellen“, 03.01.0060 „Boden verdichten / Einschnitte“ und 03.02.0066 „Schottertragschicht herstellen“ angefallen und damit erstattungsfähig. Für die ersten beiden Positionen sind im Aufmaßblatt wiederum eine mittlere Länge von 4,93 m und eine Breite von 2,05 m angegeben (= 10,11 m²). Unter Berücksichtigung eines Preises von 0,95 bzw. 0,45 €/m² ergeben sich weitere Kosten von 9,60 € und 4,55 €. Bezüglich des Einbaus einer ca. 30 cm starken Schottertragschicht legt das Aufmaßblatt eine Länge von 4,63 m und eine Breite von 2,05 m zugrunde. Daraus ergibt sich ein Volumen von 9,49 m³ und bei einem Preis von 5,90 €/m³ der in der Anlage zum Erstattungsbescheid angegebene Betrag von 55,99 €.

64

2.2.5. Die Kosten für den Einbau einer Frostschutzschicht (Position 03.02.0064 der Schlussrechnung) in Höhe von 70,50 € für eine Menge von 4,273 m³ sind ebenfalls erstattungsfähig, weil mit diesem Einbau die Gehwegüberfahrt aufwendiger hergestellt wurde.

65

Im Aufmaßblatt wird unterschieden zwischen der „Zufahrt“, also dem Bereich, in dem das Großpflaster verlegt ist (2,373 m³), und dem Bereich „Stat. 53,20“, der einen Abschnitt des mit Betonpflaster versehenen (eigentlichen) Gehwegs betrifft (1,9 m³). Die übrigen Gehwegabschnitte, die im Bereich der Grundstückszufahrten nicht überfahren werden, haben eine solche ca. 0,25 m starke Frostschutzschicht nicht erhalten. Die Beklagte hat dies damit begründet, dass mit dem Einbau einer Frostschutzschicht eine höhere Tragfähigkeit verbunden sei. Dies begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

66

Die Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen, Ausgabe 2001 (RStO 01) unterscheiden zwar zwischen einem ausreichenden Tragverhalten einerseits und einer ausreichenden Frostsicherheit andererseits (vgl. Abschnitt 2.3 der Richtlinie). Aufgabe einer Frostschutzschicht ist es, zumindest in erster Linie, Frostschäden am Straßenaufbau zu verhindern oder zu minimieren. Die Frostunempfindlichkeit wird durch entsprechend abgestufte Gesteinskörnungen (geringer Feinkornanteil) und durch ausreichende Wasserdurchlässigkeit sichergestellt; wichtigste Eigenschaft ist die Fähigkeit „kapillar brechend" zu wirken; so wird das Aufsteigen von Wasser im Straßenkörper verhindert (vgl. die Internet-Enzyklopädie wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Frostschutzschicht). Allerdings handelt es sich bei der Frostschutzschicht ebenfalls um eine Tragschicht, nämlich die unterste. Kies- und Schottertragschichten unterscheiden sich nur unwesentlich von den Frostschutzschichten; Hauptunterschied sind die Sieblinienbänder, die nur geringe Schwankungen der Korngrößenverteilung zulassen (vgl. nochmals die Internet-Enzyklopädie wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Tragschicht). Insofern lässt sich der Einbau der Frostschutzschicht damit begründen, dass (auch) dadurch eine höhere Tragfähigkeit der Gehwegüberfahrt erreicht wird.

67

2.2.6. Im Bereich der gepflasterten Zufahrten sind zudem die Kostenpositionen 04.01.0085 „Einfassungssteine aus Beton setzen“ und 04.01.0086 „Einfassungssteine trennen“ angefallen. Ausgehend von einer Länge von 2 x 2,3 m im Aufmaßblatt ergibt sich hinsichtlich der ersten Kostenposition bei einem Preis von 12,90 €/m ein Betrag von 59,34 €, wie er in der Anlage zum Erstattungsbescheid angegeben ist. Bezüglich der zweiten Kostenposition werden im Aufmaßblatt 4 Stück genannt. Ausgehend von einem Preis von 3,30 € je Stück ergeben sich Kosten von 13,20 €.

68

2.2.7. Die Kläger können die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten nicht mit dem Einwand in Frage stellen, dass die in der Anlage zum Bescheid angegebenen Mengen und Größen (teilweise) unrichtig seien. Diese Angaben beruhen auf den geprüften Rechnungen und Aufmaßen des mit der Baumaßnahme beauftragten Unternehmens.

69

Erstattungsfähig sind grundsätzlich solche Kosten, die der Gemeinde für die Herstellung der Grundstücksüberfahrt tatsächlich in der abgerechneten Höhe entstanden sind (vgl. zum Erschließungsaufwand: VGH BW, Urt. v. 25.11.1993 – 2 S 2623/89 –, Juris, RdNr. 28, m.w.N.). Die Beklagte hat die Unternehmerrechnungen bezahlt, ihr sind dadurch Kosten für die Herstellung des Gehweges und der Grundstücksüberfahrt entstanden. Der Vortrag eines Anliegers, die Unternehmerrechnungen seien überhöht, weil der Unternehmer nicht erbrachte Leistungen berechnet sowie seinen Rechnungen erhöhte Aufmaße bzw. Mengen zugrunde gelegt habe, zielt darauf ab, die Gemeinde habe Aufwendungen erbracht, zu denen sie auf Grund der abgeschlossenen Verträge nicht verpflichtet gewesen sei; damit rügt der Betreffende die Erforderlichkeit bzw. Angemessenheit der entstandenen Kosten (vgl. VGH BW, Urt. v. 25.11.1993, a.a.O.). Zwar müssen auch im Rahmen des Erstattungsanspruchs nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA die entstandenen Kosten „erforderlich", nämlich „angemessen" sein. Mit dem Begriff der „Erforderlichkeit" wird aber nur eine äußerste Grenze festgelegt, die erst dann überschritten wird, wenn die Herstellungskosten für die Gemeinde erkennbar eine grob unangemessene Höhe erreichen, d.h. sachlich schlechthin unvertretbar sind (vgl. VGH BW, Urt. v. 25.11.1993, a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 18.07.2001 – 9 B 23.01 –, NVwZ-RR 2001, 711 [712], RdNr. 17 in Juris).

70

Deshalb wird der Einwand, die vom Bauunternehmen abgerechneten Leistungen seien tatsächlich nicht erbracht, insbesondere das abgerechnete Material sei tatsächlich nicht eingebaut worden, in der Rechtsprechung nur als dann erheblich angesehen, wenn erstens die beauftragte Baufirma tatsächlich nicht erbrachte Leistungen abgerechnet hatte, zweitens dies für die Gemeinde seinerzeit erkennbar war und drittens die dadurch verursachten Zahlungen eine grob unangemessene Höhe erreicht haben (vgl. VGH BW, Urt. v. 25.11.1993, a.a.O., RdNr. 29). Jedenfalls können – ebenso wie bei Erschließungsbeiträgen (vgl. hierzu OVG NW, Urt. v. 23.01.2001 – 3 A 2373/93 –, NVwZ-RR 2002, 717, RdNr. 5 in Juris) – auch solche Aufwendungen erstattungsfähig sein, die für tatsächlich technisch nicht erforderliche, nicht mängelfrei hergestellte, auf der Grundlage der Vertragsbeziehungen zwischen der Gemeinde und dem Bauunternehmer nicht abrechnungsfähige oder überhaupt nicht erbrachte Leistungen getätigt worden sind. Auf derartige Umstände kann sich der Erstattungspflichtige jedenfalls dann nicht mit Erfolg berufen, wenn sich die Gemeinde bei ihrer Entscheidung, vom Bauunternehmer in Rechnung gestellte Einzelleistungen anzuerkennen und zu bezahlen, auch wenn möglicherweise vorhandene Minder- und Mängelleistungen zur Rechnungskürzung berechtigen könnten, innerhalb jenes Entscheidungsspielraums bewegt hat, der ihr im Rahmen der Pflicht zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zur Verfügung steht (vgl. OVG NW, Urt. v. 23.01.2001, a.a.O.; OVG LSA, Urt. v. 07.07.2011 – 4 L 401/08 –, Juris, RdNr. 83). Es ist nicht Aufgabe des Erstattungspflichtigen, im Rahmen des Heranziehungsverfahrens die ordnungsgemäße Erfüllung des Werkvertrags zwischen Gemeinde und Auftragnehmer in allen Einzelheiten zu überprüfen und damit eine Kontrollfunktion zu übernehmen, die im Verhältnis zur Gemeinde so allenfalls der Aufsichtsbehörde zukommt. Nur gröbliche Verletzungen des Gebots der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung sind danach durch Herabsetzung des Aufwands zu korrigieren (vgl. VGH BW, Urt. v. 25.11.1993, a.a.O., RdNr. 29). Den Gemeinden ist für die Beurteilung der Angemessenheit der vom Bauunternehmer in Rechnung gestellten Einzelleistungen ein weiter Spielraum eingeräumt; dieser Spielraum kann die Anerkennung und Zahlung einer Rechnungsposition selbst dann erlauben, wenn die Gemeinde zur Rechnungskürzung berechtigt wäre (BayVGH, Beschl. v. 18.02.2013 – 6 ZB 11.864 –, Juris, RdNr. 12).

71

Eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes ohne rechtfertigende Gründe liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn die Gemeinde die relevanten Sachverhalte hinreichend ermittelt und sodann im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums eine vertretbare Entscheidung darüber getroffen hat, ob und inwieweit sie Preisanpassungs- bzw. Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauunternehmer geltend macht. Soweit die Berechtigung derartiger Ansprüche auf Grundlage der Ergebnisse der Bauüberwachung und einer gegebenenfalls erfolgten Abnahme nicht hinreichend beurteilbar ist, kann die Gemeinde verpflichtet sein, weitere Aufklärungsmaßnahmen, etwa die Hinzuziehung eines Sachverständigen, zu ergreifen. Der Umfang dieser Ermittlungspflicht steht seinerseits unter dem Vorbehalt der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung mit der Folge, dass die Gemeinde auch insoweit einen Entscheidungsspielraum besitzt, in dessen Rahmen sie namentlich die Angemessenheit weiterer Aufklärungsversuche zu beurteilen hat. Die Vertretbarkeit der Entscheidung darüber, ob und inwieweit Rechnungskürzungen gegenüber dem Bauunternehmer vorgenommen werden, ist grundsätzlich anhand derjenigen Erkenntnisse zu beurteilen, die der Gemeinde zur Verfügung stehen, nachdem sie die von ihr als geboten erachtete und im zuvor beschriebenen Sinne hinreichende Sachverhaltsaufklärung zum Abschluss gebracht hat. Die auf dieser Erkenntnisgrundlage von der Gemeinde anzustellende Prognose, ob und inwieweit Preisanpassungs- bzw. Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauunternehmer mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden können, wird dadurch, dass später womöglich weitere Umstände zu Tage treten, die eine andere Beurteilung gebieten könnten, weder fehlerhaft noch ist sie unter Einbeziehung dieser Umstände zu aktualisieren und ggf. zu ändern (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 23.01.2001, a.a.O., RdNr. 8 in Juris).

72

a) Gemessen daran können die Kläger insbesondere nicht mit dem Einwand durchdringen, die Angaben im Bescheid zur Aushubtiefe von 30 bis 60 cm und zum Einbau einer Frostschutzschicht könnten nicht zutreffen, weil nach ihren Beobachtung und der weiterer Personen sowie ausweislich eines vorgelegten Lichtbildes lediglich eine Aushubtiefe von etwa 20 bis 21 cm zu erkennen (gewesen) sei.

73

Es ist bereits zweifelhaft, ob dieses Vorbringen überhaupt hinreichend substantiiert ist, um die Richtigkeit der dem Erstattungsbescheid zugrunde liegenden Unternehmerrechnung in Frage zu stellen. Wie sich aus dem Aufmaßblatt ergibt, wurde das Erdreich nicht auf der gesamten Länge des südlichen Gehwegs der L-Straße in einer Tiefe von 60 cm ausgehoben, sondern nur dort, wo neben der 15 cm starken Schottertragschicht auch eine ca. 25 cm starke Frostschutzschicht eingebracht wurde. Dies ist der Bereich, in dem die Grundstückszufahrten wieder hergestellt wurden (vgl. zur Überfahrt zum Grundstück der Kläger: Aufmaß Nr. 4, Position 03.02.0064 [Stat. 53,20 sowie Zufahrt 1e]). In den übrigen Abschnitten des Gehweges wurde eine solche Frostschutzschicht nicht eingebaut, so dass dort laut Aufmaßblatt der Boden nur bis in eine Tiefe von ca. 30 cm ausgehoben wurde. Die von den Klägern vorgelegten Lichtbilder K 8 (Bl. 159 f. GA) zeigen lediglich, dass sich unter dem Betonverbundpflaster eine ca. 15 bis 20 cm starke Schottertragschicht befindet. Das dritte Lichtbild (Bl. 161 GA) legt den Schluss nahe, dass die fotografierte Grabung nicht im Bereich einer Grundstücksüberfahrt sondern in einem anderen Gehwegabschnitt stattfand. Die zuvor vorgelegten Lichtbilder K 5 (Bl. 139 f. GA) zeigen zwar eine nur geringe Aushubtiefe. Dies belegt aber nicht, dass zu einem späteren Zeitpunkt nicht tiefer gegraben wurde.

74

Selbst wenn auch im Bereich der Zufahrt zum Grundstück der Kläger tatsächlich nur bis zu einer Tiefe von etwa 20 cm Boden ausgehoben worden sein sollte, könnte dies allein nicht zu einer Reduzierung des Erstattungsanspruchs führen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte hätte erkennen können, dass das Bauunternehmen die von den Klägern in Frage gestellten Leistungen möglicherweise vertragswidrig nicht vollständig erbrachte. Das von der Beklagten beauftragte Ingenieurbüro L. prüfte die in der Schlussrechnung angegebenen Mengen und Beträge und nahm einzelne Korrekturen vor. Bis zur Auszahlung des nach der Schlussrechnung noch offenen Betrages Anfang Juli 2008 ergaben sich für die Beklagte keine Anhaltspunkte dafür, dass das beauftragte Bauunternehmen weniger Leistungen als im Aufmaßblatt und in der geprüften Schlussrechnung angegeben erbracht hatte. Auch die Kläger trugen in der Widerspruchsbegründung vom 10.07.2009 nicht vor, dass Boden in geringerer Tiefe ausgehoben worden sei als in der Anlage zum Erstattungsbescheid angegeben.

75

Von der Beklagten kann auch nicht verlangt werden, dass sie aufgrund der Einwände der Kläger im gerichtlichen Verfahren einen Sachverständigen damit betraut, den Gehwegaufbau zu untersuchen, um gegenüber dem Bauunternehmen ggf. Rückerstattungsansprüche geltend machen zu können. Dies würde dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung widersprechen. Die dafür voraussichtlich anfallenden Kosten stünden in keinem angemessenen Verhältnis zu den der Beklagten möglicherweise überhöht in Rechnung gestellten Kosten für den Bodenaushub. Der Umfang des Bodenaushubs insgesamt ist in der Schlussrechnung (Pos. 03.01.0056) mit 166,603 m³ angegeben. Bei Annahme, dass auf der gesamten Länge des Gehweges von ca. 140 m in der angegebenen Breite von 2,00 m ein Aushub nur bis zur Tiefe von 20 cm erfolgte, ergäbe sich ein Volumen von ca. 56 m³. Hinzu kämen die Zufahrten mit einer Gesamtfläche von ca. 65 m² und einem entsprechenden Volumen von 13 m³. Für die acht Pflanztaschen mit einer Gesamtfläche von ca. 245 m², die nach dem Aufmaßblatt bis in eine Tiefe von 0,15 m ausgehoben wurden, ist ein Volumen von 37 m² anzusetzen. Bei Zugrundelegung des daraus folgenden Gesamtvolumens von ca. 106 m³ und des für diese Position angegebenen Preises von 14,50 €/m³ errechneten sich Kosten in Höhe von (nur) ca. 1.537 €, so dass das Bauunternehmen für den Bodenaushub Kosten in Höhe von 878,74 € zuviel erhoben hätte. Rechnet man die Kosten für den – von den Klägern ebenfalls in Zweifel gezogenen – Einbau einer Frostschutzschicht hinzu, hätte das Bauunternehmen weitere 443,29 €, insgesamt also ca. 1.322,00 € zuviel berechnet. In Anbetracht der Gesamtsumme der Unternehmerrechnung von 27.452,15 € erscheint es nicht sachwidrig, wenn die Beklagte davon absieht, wegen in diesem Umfang möglicherweise zuviel abgerechneter Leistungen einen Sachverständigen zu beauftragen, um ggf. gegenüber dem Bauunternehmen Rückerstattungsansprüche geltend machen zu können.

76

Daraus wird zudem ersichtlich, dass die durch eine ggf. überhöhte Unternehmerrechnung verursachte Zahlung für die Kläger keine grob unangemessene Höhe erreichte. Bei einer Aushubtiefe von nur 20 cm hätten sich das Aushubvolumen im Bereich der Zufahrt um ca. 4 m³ und in der Folge die Kosten für diese Position nur um etwa 58,00 € vermindert. Bei Wegfall der Kosten für den Einbau einer Frostschutzschicht ergäbe sich eine weitere Reduzierung um 70,50 €.

77

b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Kläger, weitere Größenangaben im Erstattungsbescheid seien falsch. Dies gilt insbesondere für ihren Einwand, ihre Auffahrt sei nur ca. 1,65 m breit und ca. 3,20 m lang und habe damit eine Fläche von nur 5,28 m² und nicht – wie in den Aufmaßblättern und im Erstattungsbescheid angegeben – 10,11 m². Unabhängig davon, dass die Kläger diesbezüglich keine Nachweise vorgelegt haben, die die Richtigkeit der Aufmaße des Bauunternehmens in Frage stellen könnten, gilt auch insoweit, dass die Beklagte keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass die vom Ingenieurbüro bestätigten Maße unrichtig sein könnten.

78

2.2.8. Von dem im Erstattungsbescheid festgesetzten Betrag sind auch nicht diejenigen Kosten in Abzug zu bringen, die aufgrund der Wiederherstellung der Grundstückszufahrt für die Herstellung einer Grünfläche in diesem Bereich (möglicherweise) eingespart wurden. Wie oben unter 2.2.1. b) dargelegt, stellt § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA allein darauf ab, ob die Straße aufwendiger hergestellt werden muss, „als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht“. Vergleichsmaßstab ist damit nicht, wie die Beklagte die Flächen zwischen Gehweg und Fahrbahn voraussichtlich gestaltet hätte, wenn keine Grundstückszufahrt zum Grundstück der Kläger hergestellt worden wäre, sondern allein das „regelmäßige Verkehrsbedürfnis“. Dieses verlangt nicht die Herstellung einer Grünfläche zwischen Fahrbahn und Gehweg.

79

2.2.9. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, können die Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass andere Bieter günstigere Angebote abgegeben hätten. Diesem Einwand ist die Beklagte zu Recht mit der Begründung entgegengetreten, dass sie den Auftrag demjenigen Bieter habe erteilen dürfen, der die Baumaßnahmen insgesamt (Gehweg einschließlich Zufahrten) am günstigsten angeboten habe, und es nicht darauf ankomme, ob Mitbieter Einzelpositionen günstiger anboten. Im Übrigen können auch Fehler im Vergabeverfahren nur dann zur Reduzierung der Kostenforderung führen, wenn die Mehrkosten dadurch in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen, also sachlich schlechthin unvertretbar sind (vgl. zum Erschließungsbeitrag: BVerwG, Urt. v. 30.01.2013 – 9 C 11.11 –, BVerwGE 145, 354, RdNr. 24, m.w.N.). Dafür ist hier nichts ersichtlich.

80

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Sätze 1 und 2, 711 ZPO.

81

III. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 11. Sept. 2012 - 4 L 155/09

bei uns veröffentlicht am 11.09.2012

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Beklagten. 2 Die 1991 gegründete Klägerin, die bis zum 28. März 2003 als Chemiewerke
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Nov. 2013 - 2 L 4/12.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 12. Okt. 2017 - 2 L 55/15

bei uns veröffentlicht am 12.10.2017

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten geltend gemachte Erstattung von Mehrkosten für die Herstellung einer Grundstückszufahrt. 2 Der Kläger ist Miteigentümer eines im Stadtgebiet der Beklagten gelegenen, nicht bebau

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 01. März 2017 - 2 L 117/16

bei uns veröffentlicht am 01.03.2017

Gründe 1 I. Die Anhörungsrüge des Klägers ist gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO teilweise unzulässig (1.) und im Übrigen unbegründet (2.), weil der Senat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör mit seinem Beschluss vom 17.11.2016 - 2 L 23/15

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 15. Sept. 2015 - 2 L 90/13

bei uns veröffentlicht am 15.09.2015

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Kosten für die Herstellung einer Zufahrt und eines Zugangs zu seinem Grundstück. 2 Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks B-Straße im Gemeindegebiet d

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 10. März 2015 - 2 L 2/14

bei uns veröffentlicht am 10.03.2015

Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für die Anpassung von Aus- und Einfädelspuren zu einer Tankstelle. 2 Die Klägerin führte im Jahr 2009 im Rahmen des Bauvorhabens Bundesstraße B 100 H-Stadt – BAB 9 die Erneueru

Referenzen

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Beklagten.

2

Die 1991 gegründete Klägerin, die bis zum 28. März 2003 als Chemiewerke A-Stadt GmbH firmierte, übernahm Flächen eines ehemaligen Betriebsteils der VEB Sprengstoffwerk A-Stadt, die durch jahrzehntelange Sprengstoffherstellung kontaminiert worden waren. Nachdem die Produktion eingestellt worden war, begann die Klägerin mit der Altlastensanierung und der Vorbereitung der Flächen für eine Neubesiedlung, u.a. durch Dekontaminierung der Sprengstoffanlagen und die Demontage von Gebäuden. Ihr Unternehmensgegenstand wurde die Vermietung und Verpachtung von gewerblich nutzbaren Flächen. In dem Areal des ehemaligen Sprengstoffwerks befinden sich weitere ehemalige Industriegrundstücke anderer Eigentümer. Die Bebauung ist aufgelockert, es befinden sich dort Grünflächen und alter Baumbestand. Die Altlasten aus der Zeit der Nutzung des Geländes als Sprengstoffwerk führten zur Errichtung eines Sicherheitszaunes. Es besteht für das Areal ein Flächennutzungsplan sowie eine Innenbereichs- und Arrondierungssatzung der Beklagten.

3

Mit Bescheid vom 14. August 2002, gefertigt von der Abwasserentsorgung A-Stadt - (...) - GmbH namens und im Auftrag der Beklagten, wurde gegenüber der Klägerin nach Anhörung für eine aus den Flurstücken 137, 138, 139, 412/48, 418/48 und 48/5 bestehende 420.174 m2 große Fläche ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 581.940,99 € festgesetzt. Ein Betrag in Höhe von 20.387,20 € wurde gestundet. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in einer Höhe von 568.710,78 € zurück (Nr. 1 des Tenors). Weiterhin wurde die bislang gewährte Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Teilbetrages in Höhe von 407.140,75 € aufgehoben (Nr. 2 des Tenors), eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Klägerin getroffen (Nr. 3 des Tenors) und darauf hingewiesen, dass für den Widerspruchsbescheid eine Verwaltungsgebühr erhoben werde, wozu ein gesonderter Bescheid ergehe (Nr. 4 des Tenors).

4

Am 23. Januar 2004 entrichtete die Klägerin einen Betrag in Höhe von 20.000,- €.

5

Am 13. Februar 2004 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben (9 A 39/04 MD) und einstweiligen Rechtsschutz begehrt. In dem Eilverfahren hat die Beklagte eine Berichtigung gem. § 129 AO vorgenommen und erklärt, unter Heranziehung einer beitragsrechtlich relevanten Fläche von 415.766 m2 ergebe sich für die Klägerin ein Kanalbaubeitrag in Höhe von 575.835,91 €.

6

Mit Beschluss vom 1. Juni 2004 (9 B 81/04 MD) hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet: Bei den herangezogenen Flurstücken handele es sich jeweils um eigene Grundstücke.

7

Die Beklagte hat daraufhin unter Bezugnahme auf diesen Beschluss einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Darin hat sie unter Nr. 1 des Tenors jeweils für die als eigene Grundstücke anzusehenden Flurstücke 137, 138, 139, 48/5, 412/48, 414/48, 38/1 und 48/7 unter Zugrundelegung eines Nutzungsfaktors von 0,25 für zwei Geschosse gesonderte Anschlussbeiträge festgesetzt. Weiter heißt es in dem Tenor unter Nr. 1: „Im Übrigen wird der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid 0-1604 zum Beitrag für die öffentliche Schmutzwasserkanalisation vom 14.08.2002 aufgehoben. Der Widerspruchsbescheid vom 23.01.2004 bleibt in den übrigen Punkten unberührt.“ In der Nr. 2 des Tenors des Bescheides ist eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Beklagten erfolgt und unter Nr. 3 eine Entscheidung zur Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes. Unter Berücksichtigung von 20.000,- €, welche die Klägerin bereits bezahlt hatte, hat die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von 561.990,86 € aufgefordert.

8

Am 1. November 2004 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben und ausgeführt, ihre Klage richte sich allein gegen die belastenden Regelungen des Bescheides vom 27. September 2004.

9

In einem Schriftsatz vom 3. November 2008 hat die Beklagte “klarstellend und unter gleichzeitiger Berichtigung der Beitragsfestsetzungen im geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004“ erklären lassen:

10

 - Der Beitrag für das Flurstück 10059 (früher 137) werde auf 291.726,70 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10078 bis 10081 (früher 414/48) werde auf 199.499,55 € festgesetzt, aber in der Höhe auf den bisherigen Beitrag von 199.370,75 € beschränkt.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10084 und 10085 (früher 412/48) betrage an sich 42.480,72 €, solle aber bei 42.412,85 € verbleiben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10082 und 10083 (früher 48/7) werde auf 4.398,76 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Flurstück 38/1 verbleibe unverändert bei 8.827,99 €.

11

In einem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte erklären lassen, sie halte trotz eines Bestehens von drei Vollgeschossen auf dem Flurstück 10146 an dem für das Ausgangsflurstück 10059 festgesetzten Beitrag ebenso fest wie an dem Beitrag für die Flurstücke 10078, 10079, 10080, 10081. Hinsichtlich des Flurstücks 139 halte sie gleichfalls an dem festgesetzten Beitrag fest, da sie das Grundstück nicht habe betreten können. Für die übrigen Flurstücke hat sie den Beitrag unter Herabsetzung auf insgesamt 552.258,36 € im Einzelnen wie folgt abändern und Teilrücknahmen in Höhe von insgesamt 29.732,50 € erklären lassen:

12

 - Flurstücke 10082 und 10083 auf 2.199,38 € unter Zugrundlegung einer Bebauung mit einem Vollgeschoss,

 - Flurstücke 10084 und 10085 auf 21.240,36 €,

 - Flurstück 38/1 auf 4.413,99 €,

 - Flurstück 138 auf 968,12 €,

 - Flurstück 48/5 auf 755,52 €

13

jeweils unter Zugrundlegung einer Umgebungsbebauung mit einem Vollgeschoss.

14

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 hat die Klägerin hilfsweise mit einem Rückforderungsanspruch von 115.752,50 € aufgerechnet. Ihr stehe ein „gegenwärtig nicht bezifferbarer Rückforderungsanspruch“ gegen die Beklagte in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösungsvertrag nach dem BauGB zu, außerdem sei der von ihr bereits geleistete Betrag von 20.000,- € zurückzuzahlen.

15

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 aufzuheben, hilfsweise den Bescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 und des geänderten Widerspruchsbescheides vom 27. September 2004 aufzuheben, hat sie mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 beantragt, den als „geänderten Widerspruchsbescheid“ bezeichneten Bescheid vom 27. September 2004 in der ggfs. durch den Schriftsatz der Beklagten vom 3. November 2008 gefundenen Fassung aufzuheben, sowie „klageerweiternd im Wege der Untätigkeitsklage“ die Beklagte zu verpflichten, die auf Erlass und Stundung gerichteten Anträge zu bescheiden.

16

In einer mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2008 hat das Verwaltungsgericht Beweis über die Altlastenproblematik durch Vernehmung einer Mitarbeiterin der Landesanstalt für Altlastenfreistellung erhoben. In einer mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2009 haben die Beteiligten einen Vergleich geschlossen und auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Die Klägerin hat den Vergleich widerrufen, weil sie davon ausging, erhebliche Teilflächen der streitbefangenen Grundstücke lägen außerhalb des Bereiches der Innenbereichs - und Arrondierungssatzung der Beklagten.

17

Mit Urteil vom 24. Juni 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren teilweise eingestellt. Weiterhin hat es das Verfahren hinsichtlich der Verpflichtung zur Bescheidung der Billigkeitsanträge abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 9 A 174/09 MD fortgeführt. Schließlich hat das Gericht den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 in der Gestalt der Änderungen durch die Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und vom 28. Januar 2009 aufgehoben, soweit die Beklagte für das Flurstück 139 einen Beitrag von 31.583,54 € und für das Flurstück 138 einen Beitrag von 968,12 € festgesetzt hat. Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen:

18

Das Verfahren sei einzustellen gewesen, soweit die Klägerin ihre Klage durch Änderung ihres Klageantrages im Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 inzident zurückgenommen habe. Soweit sie auf die Änderung des Bescheides durch Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 ihre Klage nicht geändert habe, sei die Klage unzulässig, da der Klägerin insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle.

19

Die Klage sei im Übrigen zulässig. Zwar klage die Klägerin isoliert gegen einen als Widerspruchsbescheid bezeichneten Bescheid und der Ausgangsbescheid sei auch nicht etwa nichtig. Dennoch sei sie ausnahmsweise befugt, nur den Widerspruchsbescheid anzugreifen, weil dieser sich auf Grund der darin enthaltenen neuen Berechnungen und Festsetzungen wie ein erstmaliger Beitragsbescheid darstelle.

20

Der Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Abwasserabgabensatzung vom 14. Dezember 2006, bei der es sich um die erste wirksame Beitragssatzung der Beklagten handele. Formale Bedenken bestünden weder hinsichtlich der Satzung noch hinsichtlich des Bescheides in der Gestalt der letzten Änderung durch Schriftsatz der Beklagten. Die Satzung verstoße auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

21

Die vom Beitragsbescheid in der nunmehrigen Fassung betroffenen Grundstücke der Klägerin seien grundsätzlich bebaubar. Sie befänden sich unfraglich jedenfalls im unbeplanten Innenbereich. Denn der Industriepark West bilde, unabhängig von der Wirksamkeit und rechtlichen Wirkung der von der Beklagten erlassenen Innenbereichs- und Arrondierungssatzung, selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Er stelle sich nach seinem äußeren Eindruck als typisches Gewerbegebiet dar. Auch hinderten die auf dem Grundstück befindlichen Altlasten weder die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch minderten sie die der Beitragsbemessung zugrunde liegende Vorteilsfläche. Die Grundstücke seien nicht Unland gleichzusetzen, weil sie nicht auf unabsehbare Zeit unsanierbar seien. Dabei sei zu beachten, dass jeweils nur Teilflächen betroffen seien und die Klägerin von dem Vorteil der Anschlussmöglichkeit in der Vergangenheit durch Verkauf oder Vermietung sanierter Flächen auch Gebrauch gemacht habe. Die sachliche Beitragspflicht sei für die Flurstücke 48/5, 10078 - 10081, 10059, 10084/10085, 10082/10083 und 38/1 am 1. Januar 2006 entstanden, weil diese Flurstücke zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Klägerin gestanden und jeweils über eine gesicherte Anschlussmöglichkeit verfügt hätten. Auch die Billigkeitsregelungen nach § 8 Abs. 2 der Satzung führten nicht zur Kürzung des Beitragsanspruches. Denn danach werde lediglich die Vollgeschosszahl derjenigen Gebäude nicht berücksichtigt, die keinen Bedarf nach Anschluss hätten, nicht etwa werde die Grundstücksfläche um die Grundfläche der Gebäude gekürzt. Soweit die Klägerin mit einem angeblichen Gegenanspruch hilfsweise aufrechne, sei eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen möglich.

22

Nur für die als Hinterliegergrundstücke anzusehenden Flurstücke 138 und 139 sei die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, weil die mit einer Grundstücksentwässerungsanlage zu überwindende Strecke ca. 400 m betrage und der damit einhergehende wirtschaftliche Aufwand unzumutbar sei.

23

Mit Bescheid vom 7. Juni 2010, gegen den die Klägerin - einen bislang noch nicht beschiedenen - Widerspruch erhoben hat, hat die Beklagte die Fälligkeit für mehrere Grundstücke und Teilflächen auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und folgende Billigkeitsmaßnahmen vorgenommen:

24

Erlass des festgesetzten Beitrages für folgende Grundstücke.

25

 - 10059 (vormals 137) in einer Höhe von 173.457,40 €,

 - 38/1 vollständig (4.414,- €),

 - 414/48 (neues Flurstück 10124) in einer Höhe von 677,27 €.

26

Stundung des Beitrages bis zum 29. Juni 2025 mit einem Zinssatz von 1% p.a. für folgende Grundstücke:

27

 - 10146 (alt 137)

 113.257,- €,

 - 10147 (alt 414/48)

 123.285,78 €,

 - 10085 (alt 412/48)

  16.912,32 €,

 - 10083 (alt 48/7)

  1.334,45 €,

 - 48/5

  755,52 €.

28

In Schriftsätzen vom 3. August sowie 10. September 2010 und vom 30. August sowie 23. September 2010 haben die Beteiligten den Rechtsstreit in dem Verfahren teilweise für erledigt erklärt, soweit die Beitragsforderungen erlassen worden sind.

29

Mit Beschluss vom 27. September 2011 hat der erkennende Senat auf den Antrag der Klägerin die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

30

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

31

Hinsichtlich der von Restitutions- und Vermögenszuordnungsbescheiden erfassten Flurstücke 48/5 und 48/7 sei noch vor dem 1. Januar 2006 ein Eigentumsübergang auf einen Dritten eingetreten. Die Eigentumsänderung nach dem VermG trete durch den Restitutionsbescheid selbst ein. Auch habe die Beklagte für Teilflächen durch notariellen Kaufvertrag die öffentlichen Lasten für leitungsgebundene Anlagen ab Besitzübergang übernommen, der vor dem 1. Januar 2006 gelegen habe.

32

In der Beitragssatzung vom 14. Dezember 2006 sei das Datum der Ausfertigung durch den Oberbürgermeister nicht angegeben und zwar sowohl in der Bekanntmachung als auch in der lediglich paraphierten Originalfassung. Sie habe durchgehend bestritten, dass die Satzung am Sonntag, dem 24. Dezember 2006, ortsüblich bekannt gegeben worden sei. Eine gemäß § 10 Abs. 1 KAG LSA zulässige satzungsmäßige Ermächtigung für die Beauftragung Dritter fehle in der Satzung.

33

Die rückwirkende Schaffung einer Satzungsgrundlage für den als Neufestsetzung anzusehenden, sogenannten geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 durch die Satzung vom 14. Dezember 2006 verstoße gegen die verfassungsrechtlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA. Es sei vorliegend eine sogenannte echte Rückwirkung gegeben, die mit dem Vertrauensschutz unvereinbar sei. Selbst wenn man eine lediglich unechte Rückwirkung annehmen wolle, scheitere sie bereits an der erforderlichen Abwägung, denn durch die neue Satzung seien die Unklarheiten nicht beseitigt, sondern verstärkt worden. Die landesgesetzlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG LSA seien ebenfalls nicht gewahrt. Die Satzung verstoße auch gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA.

34

Weiterhin seien durch die neue Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 die abweichenden Bestimmungen der Vorgängersatzung aufgehoben worden, wozu auch die Rückwirkungsanordnung in der Satzung vom 14. Dezember 2006 gehöre. Allerdings sei die Festsetzungsverjährung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits abgelaufen und die ohne Rückwirkung erlassene Satzung vom 30. Mai 2012 könne den vor acht Jahren erlassenen Bescheiden nicht nachträglich die erforderliche Satzungsgrundlage verschaffen. Es werde beantragt, der Beklagten aufzugeben, mehrere der von ihr genannten Gerichtsurteile vorzulegen, und ihr - der Klägerin - für die Prüfung dieser Satzung eine Frist einzuräumen. Im Übrigen werde ausdrücklich gerügt, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juni 2012 eingereicht worden sei, als die neue Satzung bereits veröffentlicht gewesen sei, was offenbar ihrer Irreführung und Desinformation habe dienen sollen.

35

Die Unrichtigkeit des Urteils ergebe sich aus der mangelnden Bestimmtheit des Bescheides vom 27. September 2004 in Verbindung mit diversen Änderungserklärungen in den Beklagtenschriftsätzen und mit dem auf diese verweisenden Urteilstenor. Selbst wenn durch die Bezeichnung der Buchgrundstücke zum 1. Januar 2006 in den Schriftsätzen dem Bestimmtheitserfordernis als solchem Genüge getan sein sollte, so werde verkannt, dass die sachliche Beitragspflicht neben einer wirksamen Satzung die konkrete Bevorteilung bei sonstiger, insbesondere straßenseitiger Erschließung und eine tatsächlich und rechtlich dauerhafte Sicherung der Anschlussmöglichkeit voraussetze. Es sei also nicht am 1. Januar 2006 zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gekommen, sondern - wenn überhaupt - später zu unterschiedlichen Zeitpunkten, in denen wiederum überdies ganz andere Buchgrundstücke bestanden hätten. Die vermeintlich klarstellenden Schriftsätze hätten in Wirklichkeit zur Unklarheit und Unbestimmtheit geführt.

36

Die verkehrliche Erschließung der herangezogenen Grundflächen sei im maßgeblichen Zeitraum bis 2006 einschließlich ausdrücklich gerade nicht über die W-Straße und den M-Ring vorgenommen worden. Auch eine verkehrliche Erschließung über die Verlängerung der Hohendorfer Straße habe am 1. Januar 2006 nicht vorgelegen.

37

Weiterhin läge auf den noch streitgegenständlichen Flurstücken eine erhebliche Verunreinigung mit ökologischen Altlasten und mit Sprengstoffen vor, die die Flächen jedenfalls teilweise zu Unland mache. Mit Ausnahme des tatsächlich genutzten Verwaltungsgebäudes und der wenigen sanierten Flächen könne in keiner der ihr verbliebenen Teilflächen innerhalb des früheren eingefriedeten Sprengstoffwerkgeländes von einer selbständigen baulichen Nutzbarkeit ausgegangen werden. Gäbe es auf dem Gelände nachweislich nennenswerte unbelastete Flächen, hätte das Landesamt sie aus der Störerverantwortlichkeit entlassen müssen. In den vorliegenden Berichten seien einige hochgradig kontaminierte Flächen nicht erwähnt, insbesondere in Altkanälen. Daneben gebe es Bereiche, die bis heute nicht untersucht seien, in denen aber hohe Bodenbelastungen zu erwarten seien, so insbesondere im Bereich ehemaliger Tanklager. Auf Grund der Sanierungskosten könne für keines der verbleibenden, für den Beitrag herangezogenen Buchgrundstücke innerhalb der Umfriedung des früheren Sprengstoffwerks ein nach Abzug der Kosten der Altlastenbeseitigung noch verbleibender positiver Verkehrswert angenommen werden. Es fehle überdies an einer Beitragspflicht nach § 3 der Satzung vom 14. Dezember 2006, da große, großflächig kontaminierte Altlasten- und Altlastenverdachtsflächen nach der Verkehrsauffassung gerade kein Bauland seien. Ihr gesamtes Gelände sei im Altlastenkataster des Landes als Altlastenfläche ausgewiesen. Eine Beplanung von Altlastenflächen durch Bebauungsplan sei rechtswidrig und würde zu Amtshaftungsansprüchen gegen die Gemeinde führen. Daher könne selbst in Bereichen, in denen eine Bebauung im Zusammenhang oder ein Ortsteil als Planersatz vorläge, eine Nutzbarkeit von Altlastenflächen nicht angenommen werden.

38

Es handele sich bei den streitgegenständlichen Flächen insgesamt um Grundstücke im Außenbereich, mindestens gingen die meisten und insbesondere die größeren unter ihnen unmittelbar in den Außenbereich über. Es bleibe nach dem angefochtenen Urteil unklar, was das Verwaltungsgericht überhaupt als „Gebiet“ und was es als „Industriepark West“ ansehe und wo nach seiner Auffassung der Bebauungszusammenhang anfange und aufhöre. Die wenigen, am 1. Januar 2006 aufstehenden Gebäude, von denen ein Großteil Ruinen und durch Kontaminationen nicht nutzbar seien, hätten keinen Ortsteil und keinen Bebauungszusammenhang gebildet. Sie sei nicht auf eine gesonderte Anfechtung der lediglich deklaratorisch wirkenden Innenbereichs- und Arrondierungssatzung vom 28. November 2002 zu verweisen. Die Satzung enthalte mit der das gesamte umfriedete Werksgelände umfassenden „Klarstellungslinie“ eine Klarstellungsfestsetzung i.S.d. § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB a.F. Einzelne herangezogene Flächen lägen indessen außerhalb dieser Linie und der Umfriedung des früheren Werks. Die Beklagte habe selbst mittelbar bestätigt, dass sie bestimmte Flächen in der Satzung selbst dem Außenbereich zugeordnet habe. Die Festsetzung sei auch im Übrigen unwirksam. Durch eine Klarstellungssatzung könnten allenfalls die Grenzen eines schon vorhandenen Ortsteils festgelegt werden, nicht aber eine Industriebrache im Außenbereich zum Ortsteil erhoben werden. Auch eine Festsetzung durch eine Abrundungs-, Einbeziehungs- oder Ergänzungssatzung wäre unwirksam und rechtswidrig.

39

Es habe keine Anschlüsse und Anschlussmöglichkeiten vor dem Jahr 2006 gegeben, da die Übergabeschächte nicht vor den von der Beklagten genannten Grundstücken, sondern hinter dazwischen liegenden Fremdgrundstücken bzw. hinter Außenbereichsflächen gelegen hätten. Am 1. Januar 2006 bis heute lägen zwischen den erst viel später hergestellten Abwasserleitungen in der M-Allee und in der W-Straße jeweils Fremdgrundstücke. Von dem damaligen Endpunkt der Abwasseranlage in der Hohendorfer Straße habe sie gerade nicht angeschlossen werden können. Ob irgendeiner der von der Beklagten angegebenen Kanalabschnitte an der sogenannten Grenzlinie ende oder ob eine rechtliche Anschlussmöglichkeit der Hinterliegergrundstücke über ein Leitungsrecht oder eine Dienstbarkeit zu den Straßen vorgelegen habe, sei nicht festgestellt. Diese Voraussetzungen lägen auch erkennbar nicht vor. Die maßgebliche Formulierung in der Satzung, dass die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entstehe, sei mehr als unklar und unbestimmt. Die sachliche Beitragspflicht sei auch nicht bereits mit der betriebsfertigen Herstellung des Hauptsammlers entstanden, zu der - und deren Zeitpunkt - die Beklagte nichts weiter vortrage. Denn es habe mangels wirksamer Satzung keinen Erstattungsanspruch nach § 8 KAG LSA gegeben. Daneben seien die Hausanschlüsse, wie die Beklagte selbst vortrage, ausschließlich von dieser selbst herzustellen, so dass durchweg nicht die betriebsbereite Herstellung der Hauptsammler irgendwo vor den herangezogenen Grundstücken genüge.

40

Es fehle weiterhin auf Grund der Entfernungen von Hunderten von Metern und dazwischen liegenden Hindernisse (Altlasten, Ruinen, Betonfundamente, Altleitungen) jedenfalls an der Zumutbarkeit einer Anschlussnahme. Die durchschnittliche Leitungslänge habe über 200 m betragen. Fehlerhaft sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass es keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursacht hätte, über das Flurstück 10085 und das Flurstück 10059 jeweils Anschlussleitungen zu den Hinterliegergrundstücken zu legen.

41

Bei der Ermittlung der Vollgeschosszahlen sei § 8 Abs. 2 Satz 1 der Satzung zu Unrecht nicht angewandt worden und zwar weder auf die zahlreichen Ruinen noch die denkmalgeschützten Baulichkeiten und Bunker noch die kontaminierten und deswegen nicht nutzbaren Baulichkeiten. Die Ermittlung sei weiterhin offenkundig fehlerhaft gewesen. Das Verwaltungsgericht beziehe sich auf die Durchschnittsbetrachtungen durch die (...) bzw. die ... aus dem Jahr 2002. Dabei seien die 25 einstöckigen und überwiegend denkmalgeschützten Bunker nicht berücksichtigt worden und es fehle eine Ermächtigung zur Beauftragung Dritter in der Satzung. Auch auf Grund der Änderungen in den maßgeblichen Satzungsregelungen und der Bebauung sei es unzulässig, auf diese Durchschnittszahlen zurückzugreifen. Zahlreiche Gebäude seien abgerissen worden. Weiterhin habe das Verwaltungsgericht einen methodischen Fehler begangen. Auch sei die Bezugnahme auf die „nähere Umgebung“ in der Beitragssatzung zu unbestimmt und die vorgenommene Ermittlung einer näheren Umgebung der streitbefangenen Grundstücke entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Schließlich sei die flächendeckende Heranziehung mit zwei Vollgeschossen wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz unzulässig, weil die benachbarte L... GmbH mit nur einem Vollgeschoss herangezogen worden sei.

42

Die vorgenommenen Aufrechnungen seien zu Unrecht nicht anerkannt worden. Die Zahlung und die Verrechnung eines Betrages in Höhe von 20.000,- € seien unstreitig. Sie habe die Hilfsaufrechnung allein deswegen nochmals erklärt, weil die verschiedenen Verrechnungen der Beklagten sich widersprochen hätten und die Beweislage ungewiss gewesen sei. Die weitergehende Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 95.752,50 € wegen des Ablösebetrages für den Straßenausbau sei nicht unzulässig. Diese Forderung sei nicht bestritten worden. Eine solche Feststellung ergebe sich weder aus einem Protokoll noch aus dem Tatbestand des Urteils oder einem Beklagtenschriftsatz. Die Anrechnung im angefochtenen Bescheid sei durch den Billigkeitsbescheid auch aufgehoben worden.

43

Ihr Eigentum werde durch diverse Zugriffe der öffentlichen Stellen des Landes gänzlich ausgehöhlt. Die Sanierungskosten gemeinsam mit den geforderten Beiträgen und den Kosten der behördlicherseits auferlegten Bewachung der Altlast hätten eine mit Art. 14 GG nicht zu vereinbarende erdrosselnde Wirkung.

44

Die Klägerin beantragt,

45

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 24. Juni 2009 abzuändern und den Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 aufzuheben, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist,

46

hilfsweise,

47

zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, und zur Widerlegung der gegenteiligen Behauptung der Beklagten

48

die Einholung eines Sachverständigengutachtens,
die Einholung einer Auskunft der Landesanstalt für Altlastenfreistellung,
zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es liege in der näheren Umgebung der streitgegenständlichen Grundstücke eine eingeschossige Bebauung vor,
die Einholung eines Sachverständigengutachtens,

49

weiter hilfsweise,

50

Beweis zu folgenden Fragen zu erheben:

51

welche Grundstücke der Klägerin sind von Altlasten betroffen, welche Altlasten lagern dort ?

52

Beeinträchtigten die Altlasten die Bebaubarkeit/Nutzung der Grundstücke und können die Altlasten beseitigt werden ?

53

In welchem Zeitraum und mit welchem Kostenaufwand können die Altlasten für die jeweiligen Grundstücke beseitigt werden ?

54

Die Beklagte beantragt,

55

die Berufung zurückzuweisen.

56

Sie trägt vor, die der Satzung vom 14. Dezember 2006 vorgehenden Abwasserbeseitigungsabgabensatzungen seien mit ihrem Beitragsteil jeweils nichtig, da sie einen unvollständigen und damit fehlerhaften Beitragsmaßstab enthielten.

57

Die Klägerin sei ausweislich einer Stellungnahme des Liegenschaftsamtes am 1. Januar 2006 Eigentümerin des Flurstücks 48/5 gewesen und ausweislich eines Schreibens des Amtsgerichts Schönebeck zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Eigentümerin des Flurstücks 48/7.

58

Eine Kontamination durch Altlasten habe keinen Einfluss auf die Beitragshöhe. Alle Grundstücke seien schon allein wegen ihrer Bebauung und der auf ihr ausgeübten gewerblichen Nutzung fähig, aus der Anschlussmöglichkeit bevorteilt zu werden. Nur wenn durch die Kontamination für die Gesamtfläche eines Grundstücks jede Art einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit ausgeschlossen sei, bleibe ein solches Grundstück bis zur Beseitigung des der Nutzbarkeit entgegen stehenden Hindernisses beitragsfrei. Derartige Gegebenheiten gebe es bei den streitbefangenen Grundstücken nicht. Ein Baugrundstück sei - mit Ausnahme von Grundstücken in Kerngebieten - nie vollständig überbaubar. Eine andere Frage sei, ob bei der Großflächigkeit der Altlastenbelastung nicht möglicherweise die uneingeschränkte Beitragsbelastung eine sachliche Härte darstelle. Der jetzt behaupteten „Schwerstkontamination“ müsse im Rahmen des Widerspruchs gegen den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 nachgegangen werden. Eine künftige Nutzung von Teilflächen sei in den Berichten der von der Landesanstalt für Altlastenfreistellung beauftragten Firma nicht ausgeschlossen. Es sei auch relevant, dass auf Antrag der Klägerin die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Errichtung eines Solarparks beschlossen worden sei, der teilweise streitbefangene Flächen erfasse. Bei den noch streitigen Grundstücksflächen, die von der Klägerin als „schwerst kontaminiert“ bezeichnet würden, handele es sich wohl um eine Fläche von 14.785 m2 südlich des sog. Sicherheitszaunes. Die Flurstücksbezeichnungen dieser „schwerst kontaminierten Flächen“ könnten nicht nachvollzogen werden.

59

Die Innenbereichs- und Arrondierungssatzung sei seit dem Jahre 2002 nicht überarbeitet worden. Nach dem aktuellen Flächennutzungsplan lägen Teilflächen der von der Beitragserhebung erfassten Grundstücke nicht im Geltungsbereich der Satzung. Durch den Neubau der im Oktober 2003 gewidmeten „W-Straße“ sei allerdings fraglich, ob die Annahme des Außenbereichs noch zutreffend sei. Auch das Verwaltungsgericht habe angenommen, der Industriepark West bilde selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil.

60

Es komme nach der Satzungslage für das Entstehen der Vorteilslage jeweils nur auf die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers an. Aus den bereits erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen ergebe sich die betriebsfertige Herstellung der Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung im Jahre 1999 in dem östlichen Teil der „Hohendorfer Straße“ bis westlich des heutigen Abzweigs der „W-Straße“. Von dem Endpunkt in der „Hohendorfer Straße“ habe die Klägerin mit dem früheren Flurstück 137 angeschlossen werden können. Von der „W-Straße“ aus seien zwei Grundstücksanschlüsse vom Flurstück 412/48 bereits im Jahre 2003 hergestellt worden. Darüber hinaus habe wegen der Eigentümeridentität auch für das aus den Flurstücken 10078, 10079, 10080 und 10081 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück und für das aus den Flurstücken 10082 und 10083 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück die tatsächlich und rechtlich gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit zur „W-Straße“ bestanden, da die Klägerin es allein in der Hand gehabt habe, ihre Anschlussrechte für das Flurstück 10085 wahrzunehmen. Dieser Anschluss wäre mit verhältnismäßig geringen Kosten möglich gewesen.

61

Die Widmung der Straßen im Industriepark West als öffentliche Straßen sei mit Eintritt der Bestandskraft der ortsüblichen Bekanntgabe am 10. Oktober 2003 erfolgt. Die „Hohendorfer Straße“ habe zunächst aus dem östlich des Flurstücks 38/1 verlaufenden Straßenteil bestanden, der seit Oktober 2003 straßenrechtlich öffentlich sei. Die auf dem Flurstück 38/1 verlaufende Teillänge der „Hohendorfer Straße“ sei u.a. einschließlich der Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2006 endgültig hergestellt worden. Gewidmet worden sei diese Teillänge durch die nach dem 26. März 2007 bestandskräftig gewordene Widmungsverfügung. Da bereits Ende 1999 die Anschlussmöglichkeit gesichert gewesen sei, komme es auf die Verlegung der Einrichtung in der Verlängerung der „Hohendorfer Straße“ nicht an.

62

Die von der Klägerin geltend gemachten Gegenforderungen seien von ihr bestritten worden und würden weiterhin bestritten.

63

In ihrem Amtsblatt vom 10. Juni 2012 hat die Beklagte eine Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012 bekannt gemacht, die am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft treten sollte.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten - jeweils dieses Verfahrens und des Streitverfahrens 4 L 160/09 - Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

65

Das Verfahren ist zunächst einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Dies betrifft zum einen auf Grund des in dem Billigkeitsbescheid vorgenommenen Erlasses die Festsetzung von Beiträgen in Höhe von 173.457,40 € für das (ehemalige) Flurstück 137, in Höhe von 4.414,- € für das Flurstück 38/1 und in Höhe von 677,27 € für das (ehemalige) Flurstück 414/48. Zum anderen ist der Rechtsstreit auch für erledigt erklärt worden, soweit in dem Billigkeitsbescheid für verschiedene Beitragsforderungen der Fälligkeitszeitraum nachträglich verringert worden ist. Auch wenn sich die Erledigungserklärungen teilweise nach ihrem Wortlaut nur auf die erlassenen Beiträge bezogen haben, ergab sich doch aus den Gesamtumständen, dass die Beteiligten der Erledigungswirkung des Billigkeitsbescheides Rechnung tragen wollten.

66

Die Berufung ist weiterhin ausweislich ihrer Begründung dahingehend auszulegen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO), dass sie sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet, soweit darin die Klage als unbegründet abgewiesen worden ist. Soweit in dem Urteil die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen worden ist, weil die Klägerin nicht auf die teilweise Bescheidaufhebung durch den Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 reagiert habe, ist damit das Urteil und insbesondere die damit verbundene Kostenentscheidung nicht Gegenstand der Berufung.

67

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

68

Der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 ist - soweit er im Berufungsverfahren noch streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

69

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) der Klägerin ist zulässig.

70

Die Klage hat insbesondere den richtigen Verwaltungsakt zum Klagegegenstand gemacht. Nach Erlass des Ausgangsbescheides vom 14. August 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 sowie einer Berichtigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 129 AO in einem Schriftsatz vom 13. April 2004 hat die Beklagte einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Es handelte sich dabei nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont trotz der missverständlichen Bezeichnung nicht um die Ersetzung, sondern die Abänderung (vgl. dazu auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 1375 m.w.N., Rdnr. 1510) des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004. Wie sich aus der mehrfachen Bezugnahme auf den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts in der Einleitung und der Begründung des Bescheides vom 27. September 2004 ergibt, trug die Beklagte mit diesem Bescheid lediglich der Beanstandung der Veranlagung mehrerer selbständiger Grundstücke als ein Grundstück Rechnung. Der Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 sollte nach der Nr. 1 des Tenors des Bescheides vom 27. September 2004 ausdrücklich „in den übrigen Punkten unberührt“, d.h. bestehen, bleiben. Auch wenn Beiträge und Leistungsgebot neu festgesetzt worden sind, entfaltete danach zumindest die Aufhebung der gewährten Aussetzung der Vollziehung (Nr. 2 des Tenors des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004) weiter eine Regelungswirkung. Daneben sollte ersichtlich ansonsten die in dem Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 enthaltene Begründung für die Zurückweisung des Widerspruchs fortgelten. Eine zumindest der Sache nach vollständige Ersetzung (vgl. dazu OVG Sachsen, Beschl. v. 10. Februar 2012 - 5 A 12/09 -; OVG Thüringen, Beschl. v. 9. November 2011 - 4 EO 39/11 -, m.w.N. jeweils zit. nach JURIS) des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 liegt im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts danach ebenfalls nicht vor. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 27. September 2004, in der auf die Klagemöglichkeit verwiesen wird, ist für die Unterscheidung zwischen Ersetzung und Abänderung von vornherein nicht maßgeblich, weil in beiden Fällen eine Anfechtungsklage zumindest statthaft wäre. Es macht auch keinen Unterschied, dass nur der Widerspruchsbescheid und nicht ausdrücklich der Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides abgeändert worden ist (vgl. auch OVG Niedersachsen, Urt. v. 12. Dezember 1989 - 9 A 62/88 -, NVwZ 1990, 590). Denn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde sind vorliegend identisch und der Widerspruchsbescheid gab gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dem Ausgangsbescheid seine endgültige Gestalt. Dass in dem Bescheid vom 27. September 2004 der Ausgangsbescheid „im Übrigen“ aufgehoben worden ist, sollte daher auch lediglich klarstellen, dass die dem Bescheid vom 27. September 2004 entgegenstehenden Regelungsbestandteile des Ausgangsbescheides keine Rechtswirkung mehr entfalten sollten.

71

Durch die im Klageverfahren vorgelegten Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 erfolgte ausdrücklich eine weitere Abänderung durch teilweise Aufhebung der Beitragsfestsetzungen. Schließlich wurde durch den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 der Fälligkeitszeitpunkt für bestimmte Grundstücke und Teilflächen abweichend von der bisherigen Zahlungsanforderung auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und damit eine teilweise Aufhebung des Bescheides vorgenommen.

72

Die im Klageverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 3. November 2008 und die erst im Berufungsverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 28. Januar 2009 und des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 waren jeweils nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klagebeschränkungen. Soweit die Klägerin erst im Berufungsverfahren den Ausgangsbescheid vom 14. August 2002, die Berichtigung in dem Schriftsatz vom 13. April 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in ihren Klageantrag einbezogen hat, stellte dies eine nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageerweiterung dar.

73

2. Die Klage ist auch begründet.

74

Als erste wirksame Beitragssatzung kommt allein die im Juni 2012 in Kraft getretene Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 - AAS 2012 - in Betracht (a). Deshalb kann die sachliche Beitragspflicht - bei unterstellter Wirksamkeit dieser Satzung - jeweils erst im Juni 2012 entstanden sein und die Klägerin für die zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke nicht herangezogen werden (b). Die zu diesem Zeitpunkt in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke werden in dem streitbefangenen Beitragsbescheid nicht hinreichend benannt (c). Ob sonstige Einwendungen der Klägerin gegen die Beitragserhebung durchgreifen, muss danach nicht abschließend entschieden werden (d).

75

a) (1) Die vor der Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006 erlassenen Abwasserabgabensatzungen der Beklagten waren sämtlich wegen Unvollständigkeit des jeweiligen Verteilungsmaßstabs zumindest in ihrem Beitragsteil nichtig. Grundsätzlich muss im Anschlussbeitragsrecht der Verteilungsmaßstab alle im Versorgungsgebiet in Betracht kommenden Anwendungsfälle regeln (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30. Juni 2004 - 4 K 34/02 -; OVG Thüringen, Urt. v. 21. Juni 2006 - 4 N 574/98 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12. August 2003 - 9 LA 36/03 -; OVG Sachsen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -; jeweils zit. nach JURIS; BVerwG, Urt. v. 19. August 1994 - 8 C 23/92 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Inwieweit auf eine Maßstabsregelung ausnahmsweise verzichtet werden kann, weil Anwendungsfälle tatsächlich nicht entstehen und auch nicht entstehen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27. Juni 2012 - OVG 9 B 20.11 -; jeweils zit. nach JURIS) oder die Unvollständigkeit ohne Auswirkung auf die im Beitragssatz zum Ausdruck kommende vorteilsgerechte Verteilung des Aufwandes bleibt (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 15. Dezember 2011 - 9 A 272/10 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2200 m.w.N.) bzw. nur wenige atypische Fälle nicht geregelt werden (vgl. VGH Hessen, Urt. v. 17. März 1994 - 5 UE 2001/91 -, zit. nach JURIS; Rosenzweig/Freese, KAG Nds, § 6 Rdnr. 192), muss dabei angesichts des Umfanges der vorliegend jeweils nicht geregelten Anwendungsfälle nicht abschließend entschieden werden.

76

Die Abwasserabgabensatzung vom 27. Januar 1994 enthielt schon keine ausdrückliche Regelung zu Grundstücken im Außenbereich, sondern nur eine einheitliche Bestimmung bei Nichtbestehen eines Bebauungsplans. In der Abwasserabgabensatzung vom 3. April 1997 waren - auch in der Gestalt der Änderungssatzung vom 26. März 1998 - keine Regelungen für Grundstücke enthalten, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen. In den Abwasserabgabensatzungen vom 27. Februar 2001 und vom 20. Juni 2002 fehlten Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse bei Außenbereichsgrundstücken. Die Bestimmungen in § 4 Abs. 3 Buchst. d dieser Satzungen bezogen sich ersichtlich nur auf Innenbereichsgrundstücke. Zudem wäre es bei bebauten Außenbereichsgrundstücken nicht erlaubt, auf die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse der Baulichkeiten auf einem Grundstück abzustellen, da es nur auf die angeschlossenen Baulichkeiten des Grundstücks ankommt.

77

(2) Die Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006, die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft treten sollte, ist nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, da in dem veröffentlichten Satzungstext das Datum der bei der Ausfertigung geleisteten Unterschrift des zuständigen Amtsträgers fehlt und die Veröffentlichung des Datums auch nicht nachgeholt worden ist.

78

§ 6 Abs. 2 Satz 2 GO LSA bestimmt, dass Satzungen von dem Bürgermeister zu unterzeichnen und bekanntzumachen sind. Die Angabe des Datums der Unterschriftsleistung ist für die Wirksamkeit der Ausfertigung zwingend notwendig, weil nur so die Einhaltung der notwendigen zeitlichen Reihenfolge von Normerlass, Ausfertigung und Bekanntmachung gewährleistet werden kann (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, NVwZ-RR 2001, 426; OVG Niedersachsen, Urt. v. 5. September 2007 - 1 KN 204/05 -; zit. nach JURIS m.w.N.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. A., Rdnr. 279; Lübking/Beck, GO LSA, § 6 Rdnr. 40; Ziegler, DVBl. 1987, 280, 283; a.M.: Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 GO LSA, Nr. 7, S. 9). Da mit der Ausfertigung bezeugt wird, dass der Inhalt der Urkunde mit dem Beschluss des zuständigen Organs übereinstimmt, ist es weiterhin nicht nur unverzichtbar, dass die Unterschrift als nach der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt notwendiges Element des Rechtsetzungsverfahrens mit der Satzung veröffentlicht wird (so schon OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24. November 2010 - 4 K 368/08 -, zit. nach JURIS), sondern auch das Datum der Unterschriftsleistung. Die Veröffentlichung der Ausfertigung bzw. des Ausfertigungsvermerks dient der Sicherung des Rechtsetzungsverfahrens, insbesondere der Gewährleistung der Übereinstimmung von Urkundeninhalt und Beschlussinhalt, und erfüllt darüber hinaus auch die Verlautbarungsfunktion der Bekanntmachung, die zum Ausdruck bringen muss, dass Gegenstand der Publikation eine Rechtsnorm ist, und als amtliche Verlautbarung im Sinne eines zum Rechtsetzungsverfahren gehörigen Formalakts erkennbar sein muss. Unterbleibt diese Veröffentlichung gemeinsam mit der Satzung, ist dies nur dann unbeachtlich, wenn die Satzung bei der Bekanntmachung tatsächlich ausgefertigt war und die Ausfertigung der Satzung in der üblichen Form jedenfalls nachträglich bestätigt wird.

79

(3) Durchgreifende Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der im Amtsblatt der Beklagten vom 10. Juni 2012 (einem Sonntag) veröffentlichten Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012, insbesondere gegen die ordnungsgemäße Ausfertigung und Bekanntmachung dieser Satzung sind weder substanziiert geltend gemacht noch ersichtlich. Ein Bekanntmachungsnachweis für diese Satzung liegt vor. Der von der Klägerin gegen die Satzung vom 14. Dezember 2006 erhobene Einwand, eine ortsübliche Bekanntmachung einer Satzung in einem an einem Sonntag erscheinenden Amtsblatt sei nicht zulässig, verfängt nicht. Es gibt keinerlei rechtliche Begründung dafür, dass ein Amtsblatt nicht an einem Sonntag erscheinen darf.

80

Auch materiell-rechtliche Fehler der Satzung sind bislang nicht vorgetragen. Dass in der Satzung eine Regelung nach § 10 Abs. 1 KAG LSA für die Ermächtigung Dritter (vgl. dazu Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2248; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20. August 2009 - 4 L 173/07 -, zit. nach JURIS) fehlt, stellt keinen Mangel der Satzung dar, sondern führt allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides, falls ein Dritter bei der Beitragserhebung eingeschaltet worden ist.

81

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2012 anscheinend geltend macht, sie habe erst nachträglich von der Bekanntmachung dieser Satzung erfahren, und um eine „auskömmliche Prüfungs- und Erklärungsfrist von 8 Wochen“ bittet, war dem nicht nachzukommen. Es erscheint schon eher fernliegend, dass ein mit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken im Gemeindegebiet befasstes Unternehmen nicht über die Veröffentlichung einer neuen Abwasserabgabensatzung dieser Gemeinde informiert sein soll. Auch obliegt es der Klägerin selbst, sich die vom Prozessgegner benannten Gerichtsurteile zu beschaffen. Jedenfalls aber kommt es die Wirksamkeit der Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 nicht entscheidungserheblich an.

82

b) Denn die sachliche Beitragspflicht kann danach (frühestens) auf Grund dieser Abwasserabgabensatzung entstanden sein.

83

Werden in satzungsloser Zeit oder unter Geltung einer formell oder materiell unwirksamen Satzung die Anschlussvoraussetzungen für Grundstücke geschaffen, so entsteht für diese Grundstücke die sachliche Beitragspflicht erst mit Inkrafttreten der ersten - wirksamen - Abgabensatzung (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012, a.a.O. m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2202 m.w.N.). Eine solche nachträglich erlassene Beitragssatzung kann auch dann als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen, wenn sie sich keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe oder der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides beimisst. Eine auf Grund fehlender Satzungsgrundlage bestehende Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides wird durch die neue Satzung ex nunc geheilt; der Betroffene ist prozessrechtlich dadurch geschützt, dass er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklären kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 173 m.w.N.).

84

Ohne Erfolg macht die Klägerin daher geltend, eine ohne Rückwirkung erlassene Satzung könne nicht als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen. Ebenfalls von vornherein nicht begründet ist ihr Vorbringen, die Festsetzungsverjährungsfrist des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. §§ 169 ff. AO sei abgelaufen. Dabei verkennt sie, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Abgabe entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO).

85

Da die sachliche Beitragspflicht erstmalig im Juni 2012 entstanden sein konnte, waren nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Grundbuchsituation allenfalls die noch im Eigentum der Klägerin befindlichen Flurstücke 10192, 10199 und 10203 beitragspflichtig, bei denen es sich jeweils um eigene Grundstücke handelt bzw. gehandelt hat. Die in der mit der Berufungserwiderung vorgelegten Aufstellung zusätzlich genannten Flurstücke 10202, 10197 und 10198 standen seit der am 5. April 2012 im Grundbuch erfolgten Eintragung im Eigentum der (...) C. GmbH.

86

Soweit in dem streitbefangenen Bescheid Grundstücke herangezogen werden, die im Juni 2012 im Eigentum von Dritten standen, ist der Bescheid schon deshalb rechtswidrig. Auch wenn § 6 Abs. 8 KAG LSA für die Entstehung der persönlichen Beitragspflicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides abstellt, kann die persönliche Beitragspflicht nicht vor der sachlichen Beitragspflicht entstehen. Entstehen die sachlichen Beitragspflichten (ausnahmsweise) erst nach der Bekanntgabe des Bescheides, ist zwar grundsätzlich derjenige persönlich beitragspflichtig, dem der Bescheid bereits bekannt gegeben worden ist. Dies gilt allerdings nur, sofern er im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten noch Eigentümer bzw. Erbbau- oder Nutzungsberechtigter ist (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012 - 4 L 226/11 -; Beschl. v. 5. November 2009 - 4 M 94/09 - jeweils zit. nach JURIS).

87

c) Einem Entstehen der persönlichen Beitragspflicht und damit der Heranziehung der Flurstücke 10192, 10199 und 10203 steht entgegen, dass sie in dem streitbefangenen Bescheid nicht mit ihrer jeweiligen Flurstücksbezeichnung benannt werden.

88

Für eine Heilung eines Beitragsbescheids durch eine die sachliche Beitragspflicht an sich erst herbeiführende Beitragssatzung ist kein Raum, wenn das in diesem Bescheid benannte Grundstück vor Inkrafttreten der Satzung durch Vereinigung mit anderen Grundstücken bzw. Aufteilung in neue Grundstücke seine rechtliche Existenz verloren hat (so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9. April 1992 - 2 S 1958/90 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Insoweit besteht eine Vergleichbarkeit mit dem erstmaligen Erlass eines Beitragsbescheides. Dass einer später wirksam gewordenen Beitragssatzung eine Heilungswirkung für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid zugebilligt wird, beruht vor allem darauf, dass dieser Bescheid bei einer Aufhebung mit demselben Inhalt sofort wieder erlassen werden müsste (vgl. BVerwG, Urt. v. 27. April 1990 - 8 C 87/88 -, zit. nach JURIS). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Weiterhin zwingt die Tatsache, dass ab Entstehen der sachlichen Beitragspflicht die öffentliche Last (§ 6 Abs. 9 KAG LSA) auf dem (Buch)Grundstück ruht, zu einer formalen Auslegung hinsichtlich der Benennung der von der Beitragspflicht erfassten Grundstücke.

89

Die im Juni 2012 bestehenden Buchgrundstücke der Klägerin waren auf Grund der abweichenden Flurstücksbezeichnungen nicht Gegenstand des streitbefangenen Beitragsbescheides, auch nicht in Gestalt der vorgenommenen Änderungen. Der Beitragsbescheid bezieht sich allein auf Grundstücke, die entweder nicht mehr im Eigentum der Klägerin stehen oder durch Trennungen rechtlich untergegangen sind. Auch können die Flächen der untergegangenen Grundstücke nicht auf die Flächen der neu gebildeten Grundstücke der Klägerin reduziert werden. Denn Gegenstand der Beitragserhebung ist das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn. Eine Auslegung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass sich die Veranlagung der untergegangenen Grundstücke auf inzwischen neu gebildete Grundstücke beziehen soll, wäre mit dem Bestimmtheitserfordernis des § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 119 Abs. 1 AO nicht vereinbar. Dieses Erfordernis setzt voraus, dass ein Beitragsbescheid in seinem verfügenden Teil, d.h. dem Entscheidungssatz oder Spruch, dem die Regelungswirkung zukommt, hinreichend deutlich erkennen lässt, von wem was für welche Maßnahme und für welches Grundstück gefordert wird (vgl. auch § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots ist genügt, wenn der Betroffene aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus der von dem Beklagten gegebenen Begründung oder aus den ihm bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit über den Inhalt des Spruchs gewinnen kann (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26. Oktober 2010 - 4 L 55/09 - und v. 13. Oktober 2008 - 4 L 408/06 -, m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 76, Rdnr. 1505). Danach muss der Beitragsbescheid das der sachlichen Beitragspflicht unterliegende (Buch-)Grundstück, für das der Beitrag festgesetzt wird, auch konkret benennen. Die bloße Erwähnung der zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht noch existenten Grundstücke der Klägerin in dem Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 oder in Berufungsschriftsätzen der Beklagten ist nicht ausreichend,

90

d) Zu den sonstigen Einwendungen der Klägerin weist der Senat - ohne insoweit eine abschließende Prüfung vorgenommen zu haben - auf folgendes hin:

91

Auf den von der Klägerin behaupteten Eigentumsübergang der Flurstücke 48/5 und 48/7 schon vor dem 1. Januar 2006 - dem die Beklagte allerdings substanziiert widersprochen hat - kommt es auf Grund der Nichtigkeit der Satzung vom 14. Dezember 2006 ebenso wenig an wie auf ihren Vortrag, die Beklagte habe mit einem notariellen Vertrag einer Übernahme öffentlicher Lasten schon ab Besitzübergang zugestimmt.

92

Ebenfalls nicht entschieden werden muss, ob die Rückwirkungsanordnung in dieser Satzung fehlerhaft ist. Allerdings liegt nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Anschlussbeitragsrecht ein Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA oder gegen § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA nicht vor, wenn die Beitragssatzung mit ihrer Rückwirkungsanordnung Zeiträume erfasst, in denen nichtige Beitragssatzungen eigentlich gelten sollten. Einer Rückwirkung steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Bekanntgabe des Beitragsbescheides und dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht durch die rückwirkend in Kraft getretene Satzung Eigentumsveränderungen stattfanden. Dabei handelt es sich - wie oben dargelegt - um Fragen der persönlichen Beitragspflicht nach § 6 Abs. 8 KAG LSA.

93

Soweit streitig ist, ob die herangezogenen Grundstücke im Innenbereich oder (teilweise) im Außenbereich liegen, spricht Überwiegendes dafür, dass eine Innenbereichsabgrenzung durch eine nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB erlassene Satzung der Gemeinde für das Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Anschlussbeitrags maßgeblich und verbindlich ist (VG Cottbus, Urt. v. 19. Mai 2011 - 6 K 198/08 -, zit. nach JURIS m.w.N.; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1031, 1465; a.M.: OVG Sachsen, Beschl. v. 2. März 2010 - 5 D 149/09 -; VG Dessau, Urt. v. 28. April 2006 - 1 A 466/05 -, jeweils zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 550). Denn für die Beitragserhebung ist grundsätzlich von der Rechtsverbindlichkeit bauplanerischer Satzungen auszugehen, solange diese nicht aufgehoben oder durch (allgemein-)verbindlichen Ausspruch in einer gerichtlichen Entscheidung, ggf. in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO für nichtig bzw. unwirksam erklärt worden sind (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13. September 2011 - 4 L 196/10 -, zit. nach JURIS zu einem Bebauungsplan; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29. Juni 2005 - 1 L 411/04 -). Zwar ist die Gemeinde bei der Aufstellung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB an die Grenzen des tatsächlich vorhandenen Innenbereichs gebunden; sie ist nicht ermächtigt, planerisch über die Zugehörigkeit von Flächen zum Innenbereich zu entscheiden. In diesem Sinne hat eine Klarstellungssatzung lediglich deklaratorische Wirkung (so BVerwG, Urt. v. 22. September 2010 - 4 CN 2/10 -, zit. nach JURIS). Entscheidend im Rahmen der Prüfung einer beitragsrechtlichen Vorteilslage dürfte aber sein, dass der Klarstellungssatzung gegenüber öffentlichen Planungsträgern und sonstigen öffentlichen Stellen - ähnlich dem § 7 BauGB - Bindungswirkung zukommt. Insbesondere ist die Baugenehmigungsbehörde an die Festlegung der Grenzen gebunden (so OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, zit. nach JURIS; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rdnr. 99; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 414). Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung anscheinend die Rechtsauffassung vertreten hat, die Klägerin könne im beitragsrechtlichen Verfahren mit Erfolg die Innenbereichslage ihrer Grundstücke negieren und gleichzeitig im bau(planungs)rechtlichen Verfahren einen Anspruch auf Bebauung dieser Grundstücke auf der Grundlage einer Innenbereichssatzung durchsetzen, trifft dies nicht zu.

94

Falls Grundstücke nur teilweise von der Geltungswirkung einer Innenbereichssatzung erfasst werden, dürfte allerdings nach den Vorgaben der Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 von vornherein nur die von der Innenbereichssatzung erfasste Fläche herangezogen werden dürfen. Denn nach § 4 Abs. 3 Buchst. Nr. 3 AAS 2012 gilt bei Grundstücken, die im Bereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB liegen sowie bei Grundstücken, die über die Grenzen einer solchen Satzung hinausreichen, - sofern sie nicht unter Nr. 6 oder Nr. 7 fallen - die Fläche im Satzungsbereich, wenn diese baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Damit dürfte eine Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a AAS 2012 auf die Grundstücksteile, die nicht von der Innenbereichssatzung erfasst werden, ausgeschlossen sein.

95

Sollte es darauf ankommen, wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und damit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht verläuft, lässt sich dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern bedarf einer Beurteilung aufgrund einer „echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts". Bei dieser Wertung und Bewertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen. Grundlage und Ausgangspunkt dieser bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie darüber hinaus auch andere topographische Verhältnisse und Straßen. Zu berücksichtigen sind indes nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse. Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt danach eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus (Bebauungszusammenhang), die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 - und v. 19. Dezember 2011 - 4 L 75/11 -, jeweils zit. nach JURIS m.w.N.). Danach unterbricht ein tatsächlich bebautes Grundstück grundsätzlich nicht den Bebauungszusammenhang. Insoweit kann auch eine aufgegebene oder dem Verfall preisgegebene Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten. Unter den Begriff „Bebauung“ fallen allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Bauwerke, die maßstabsbildend, also optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt sind. Eine ursprünglich vorhandene Prägung der näheren Umgebung kann zwar auch noch für eine gewisse Zeit nach Aufgabe einer Nutzung nachwirken. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert indes ihre maßstabsbildende Wirkung, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet werden kann (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 -, zit. nach JURIS m.w.N.).

96

Ein Vorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 5. Mai 2011 - 4 L 175/09 -, zit. nach JURIS m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2152) entsteht nur bei baulich oder zumindest abwasserrechtlich vergleichbar nutzbaren Grundstücken. Dementsprechend macht § 3 Abs. 1 Nr. 2 AAS 2012 bei Grundstücken, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, die Beitragspflicht davon abhängig, ob sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung in der Stadt zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen und es gilt gem. § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 bei der Flächenermittlung von Grundstücken im Bereich von § 34 BauGB-Satzungen eine Einschränkung hinsichtlich ihrer baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit.

97

Die Vorteilslage besteht nicht oder nicht in vollem Umfang, wenn die Bebaubarkeit bzw. Nutzbarkeit eines Grundstücks durch darauf lagernde Altlasten (wie hier durch Munition, Munitionsteile und andere chemische Stoffe) im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht vollständig ausgeschlossen ist. Dies ist voraussichtlich erst dann der Fall, wenn auch eine Räumung bzw. Sanierung des Grundstücks tatsächlich nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen objektiv nicht vertretbar ist. Dann ist es sog. Unland gleichzusetzen, zu dem gem. § 45 Abs. 1 BewG die Betriebsflächen von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen gehören, die auch bei geordneter Wirtschaftsweise keinen Ertrag abwerfen können. Die Eintragung im Altlastenregister an sich bzw. die fehlende Entlassung der Klägerin aus der Störerverantwortlichkeit führt danach allerdings noch nicht zu einer fehlenden Vorteilslage, weil eine Sanierbarkeit gegeben sein könnte. Die Sanierungspflichten des Eigentümers nach § 4 Abs. 3 BBodSchG wiederum sind allein nicht ausreichend, eine Vorteilslage anzunehmen. Denn diese Pflichten sollen nach der Regelung lediglich Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für Einzelne oder die Allgemeinheit ausschließen (Satz 1) und es wird ausdrücklich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgestellt (Satz 3).

98

Es spricht Überwiegendes dafür, dass im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten nicht die Gesamtfläche eines Grundstücks durch Kontamination einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit entzogen sein muss, um von einer fehlenden Bevorteilung auszugehen. Selbst wenn nur Teilflächen dieses Grundstücks derart betroffen sind, dürfte ein Vorteil für diese Teilflächen nicht gegeben sein. Dass bau(planungs)rechtlich nicht immer die gesamte Grundstücksfläche nutzbar ist, dürfte bei der Betroffenheit durch Altlasten weder dazu führen, dass diese Einschränkungen erst im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen zu berücksichtigen sind, noch, dass hinsichtlich derart betroffener Flächen eine Gleichbehandlung mit den einen Verminderungszwang auslösenden öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 10. März 2006 - 4 L 250/05 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2178, 2181) vorzunehmen ist (a.M.: VGH Hessen, Urt. v. 17. Dezember 2003 - 5 UE 1734/02 -, zit. nach JURIS). Abgesehen davon, dass bei Anwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 schon auf Grund der ausdrücklichen Anordnung zur baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit der heranzuziehenden Grundstücksfläche eine solche Nutzbarkeit Voraussetzung für die Grundstücksflächenermittlung ist, besteht zwischen öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen und dem Ausschluss jeglicher Nutzbarkeit durch Altlasten ein substanzieller und auch rechtlich erheblicher Unterschied (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. August 2006 - 4 L 255/06 -, zit. nach JURIS).

99

Die Ermittlung derart unsanierbarer Grundstücksflächen obliegt nach dem im Abgabenrecht geltenden Untersuchungsgrundsatz (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 88 AO) der Behörde, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 99 AO dazu Betretungsrechte hat. Sie kann dazu auch sachverständige Aussagen anderer Behörden, etwa der Landesanstalt für Altlastenfreistellung, verwenden. Jedoch hat der Grundstückseigentümer nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 90 Abs. 1 AO umfassende Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung von Art und Umfang der Kontaminierungen. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin zu den bestehenden Altlasten ohne eine nähere Substanziierung wären daher keinesfalls ausreichend. Dies gilt umso mehr, weil die Klägerin einen Großteil der streitbefangenen Flächen zum Verkauf anbietet oder angeboten hat bzw. solche Flächen tatsächlich verkauft worden sind und schon deshalb zumindest eine erhebliche Indizwirkung dafür besteht, dass es sich dabei um baulich nutzbare Flächen handelt bzw. eine Sanierung wirtschaftlich vertretbar ist. Auf das Vorbringen der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, kommt es schon deshalb nicht an, weil auch sanierungsfähige Flächen aus der Anschlussmöglichkeit einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen können. Es kann daher offen bleiben, ob diese Behauptung zudem nicht schon durch ihren sonstigen Vortrag und die dargestellten tatsächlichen Umstände zu dem Verkauf von Teilflächen widerlegt wird.

100

Zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht muss - falls das herangezogene Grundstück nicht schon tatsächlich an die zentrale Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossen ist - jedenfalls die gesicherte Möglichkeit der Anschlussnahme an die Einrichtung gegeben sein. In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 6 Abs. 1 AAS 2012, wonach die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entsteht, dahingehend auszulegen, dass dazu die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers vor dem zu entwässernden Grundstück ausreicht. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist diese Regelung nicht zu unbestimmt. Die betriebsfertige Herstellung i.S.d. § 6 Abs. 1 AAS 2012 umfasst weiterhin nicht die Herstellung des Grundstücksanschlusses. Zwar gehören nach § 2 Abs. 8 Buchst. a Satz 2 der Abwassersatzung der Beklagten in der Fassung der 4. Novellierung vom 20. Juni 2002 in der Gestalt der 2. Änderungssatzung vom 10. März 2005 - AbwS - zur öffentlichen Einrichtung der zentralen Abwasseranlage auch die Grundstücksanschlüsse. Bei einer Erhebung von gesonderten Kosten für die Grundstücksanschlüsse, wie sie in den §§ 17 ff. AAS 2012 vorgesehen ist, genügt es für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, dass der Hauptsammler betriebsfertig hergestellt ist. Die in § 8 Satz 2 KAG LSA ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, für die Herstellung von Grundstücksanschlüssen auch dann Kostenerstattungen nach § 8 Satz 1 KAG LSA geltend zu machen, wenn der Grundstücksanschluss durch Satzung zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung bestimmt wurde, bewirkt eine Aufwandspaltung (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8. September 2006 - 4 M 44/06 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1068, Rdnr. 2204). Daher ist es auch unbeachtlich, dass die Herstellung der Grundstücksanschlüsse als Teil der öffentlichen Einrichtung gem. § 11 Abs. 3 AbwS der (...) GmbH oder einem von ihr beauftragten Unternehmen obliegt.

101

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Größe der Grundstücke und Hindernisse auf den Grundstücken die Zumutbarkeit der Anschlussmöglichkeit bestreitet, fehlt sowohl hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit der Vorderliegergrundstücke (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 542, Rdnr. 1050, Rdnr. 2205 jeweils m.w.N.) als auch hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit von Hinterliegergrundstücken (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1050b, Rdnr. 2211 jeweils m.w.N.; Rosenzweig/Freese, a.a.O., § 6 Rdnr. 243 m.w.N.) schon eine hinreichende Substanziierung. Die pauschale Auflistung von tatsächlichen Hindernissen ohne Anknüpfung an die konkrete Grundstückssituation und der bloße Hinweis auf eine „durchschnittliche Leitungslänge“ von „über 200 m“ und die bloße Rüge, das Verwaltungsgericht habe insbesondere verschiedene Kostenpositionen nicht ermittelt, ist nicht ausreichend. Darüber hinaus dürfte auch hier zu berücksichtigen sein, dass die Klägerin diese Flächen bzw. erhebliche Teile davon als Gewerbeflächen zum Verkauf anbietet und angeboten hat.

102

Soweit die Klägerin geltend macht, die Ermittlung der Vollgeschosszahlen, die sich bei Innenbereichsgrundstücken i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 AAS 2012 gem. § 4 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a und b AAS 2012 nach der höchsten Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken und der Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse bei unbebauten Grundstücken richtet, sei auf Grund von Ermittlungsfehlern im Einzelfall und auf Grund von mehreren methodischen Fehlern offenkundig verfehlt, lässt ihr Vorbringen nicht einmal ansatzweise erkennen, von welchen Vollgeschosszahlen stattdessen auszugehen sei. Ihr Einwand, der Begriff „nähere Umgebung“ sei zu unbestimmt, ist angesichts der gleichlautenden Formulierung in § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BauGB offensichtlich unbegründet (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16. Januar 2004 - 1 L 146/03 -, zit. nach JURIS). Der weiterhin geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich der benachbarten L... GmbH läuft auf eine unzulässige (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 2. September 2009 - 4 L 467/08 - und Beschl. v. 25. Juli 2006 - 4 M 293/06 -, jeweils zit. nach JURIS) Gleichbehandlung im Unrecht hinaus. Im Übrigen geht die Klägerin zu Unrecht von einer „flächendeckenden Heranziehung mit zwei Vollgeschossen“ aus. In dem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte für mehrere Grundstücke nur noch eine (Umgebungs)Bebauung von einem Vollgeschoss angenommen und die Beiträge entsprechend festgesetzt.

103

Eine Aufrechnung mit dem von der Klägerin schon gezahlten Betrag in Höhe von 20.000,- € ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um einen Gegenanspruch i.S.d. § 13a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 226 Abs. 3 AO handelt.

104

Hinsichtlich der Aufrechnung mit einer Rückforderung in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösevertrag nach dem Baugesetzbuch müsste für die Frage, ob diese Forderung i.S.d. § 226 Abs. 3 AO unbestritten ist, im Einzelnen geprüft werden, wann die Beklagte den Anspruch bestritten hat und ob diese Erklärung nicht als verspätet angesehen werden muss (vgl. dazu Pahlke, AO, 2. A., § 226 Rdnr. 32; Klein, AO, 11. A., § 226 Rdnr. 40; vgl. auch BFH, Urt. v. 5. Februar 1985 - VII R 124/80 -, zit. nach JURIS).

105

Eine fehlerhafte Anwendung der satzungsrechtlichen Billigkeitsregelungen nach § 6c Abs. 3 KAG LSA hat die Klägerin lediglich behauptet, ohne substanziiert darzustellen, für welche Grundstücke eine abweichende Berechnung des Beitrages geboten gewesen wäre.

106

Der bloße Einwand, ihr Eigentum werde „gänzlich ausgehöhlt“ und die Belastungen durch staatliche Forderungen überstiegen den jeweiligen Grundstückswert, ist schließlich - unabhängig von der fehlenden Konkretisierung und Substanziierung dieser Behauptung - von vornherein nicht geeignet, im Rahmen einer Anfechtungsklage Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung zu wecken. Insoweit müsste die Klägerin mit einer Verpflichtungsklage Billigkeitsmaßnahmen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 163 Abs. 1 AO oder nach § 13a Abs. 1 KAG LSA i.V.m. § 227 AO verfolgen.

107

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin voll obsiegt, für das erstinstanzliche Verfahren ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Klage unzulässig war. Im Rahmen der Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO über den durch die Erledigungserklärungen erfassten Teil des Rechtsstreits entspricht es billigem Ermessen, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens trägt. Denn die Klage hätte auch hinsichtlich der insoweit betroffenen Grundstücke Erfolg gehabt.


Wenn eine Bundesfernstraße wegen der Art des Gebrauchs durch einen anderen aufwändiger hergestellt oder ausgebaut werden muss, als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht, hat der andere dem Träger der Straßenbaulast die Mehrkosten für den Bau und die Unterhaltung zu vergüten. Das gilt nicht für Haltestellenbuchten für den Linienverkehr. Der Träger der Straßenbaulast kann angemessene Vorschüsse oder Sicherheiten verlangen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.