Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 12. Okt. 2017 - 2 L 55/15
Gericht
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten geltend gemachte Erstattung von Mehrkosten für die Herstellung einer Grundstückszufahrt.
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Der Kläger ist Miteigentümer eines im Stadtgebiet der Beklagten gelegenen, nicht bebauten Grundstücks (Flur A, Flurstück 673/50, Gemarkung T.), das im Norden an die Landesstraße 220 (L 220) und im Süden an die A-Straße angrenzt und an beiden Seiten über jeweils eine Toranlage verfügt, von der die eine die Zufahrt zur A-Straße und die andere die Zufahrt zur L 220 ermöglicht. Bis Ende des Jahres 2010 war die Zuwegung auf beiden Seiten über eine mit Gras bewachsene Einfahrt und die Zuwegung über die L 220 zusätzlich über einen mittels Betonrohren befestigten Graben möglich.
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Mit Schreiben vom 14.02.2011 informierte die Beklagte den Kläger über die in den Jahren 2011 und 2012 beabsichtigte Erneuerung der Verkehrsanlagen (einschließlich ihrer Teileinrichtungen) der Ortsdurchfahrt L 220 in der Ortslage T.. Gleichzeitig wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass für sein Grundstück Straßenausbaubeiträge erhoben werden. Zum Stichwort "Zufahrten" enthält das Schreiben den Hinweis, dass der Mehraufwand für die Erneuerung von Grundstückszufahrten oder -zuwegungen gemäß § 16 Straßengesetz des Landes Sachsen-Anhalt zu 100% durch die jeweiligen Grundstückseigentümer zu erstatten sei.
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In der Folgezeit veranlasste die Beklagte im Zuge der Erneuerung der L 220 auch den grundhaften Ausbau der Zuwegung von der L 220 zum klägerischen Grundstück, indem eine befestigte Zufahrt, bestehend aus einer 19 m² großen Asphaltdeckschicht und einer darunter liegenden Schotterschicht, hergestellt wurde.
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Für die Herstellung dieser Zufahrt setzte die Beklagte mit Bescheid vom 03.09.2013 gegenüber dem Kläger einen Erstattungsbetrag in Höhe von 1.233,66 Euro fest und forderte den Kläger auf, diesen Betrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides zu entrichten. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kosten für Grundstückszufahrten bzw. -zuwegungen seien Mehrkosten der Baumaßnahme, die nach § 16 Abs. 1 des Straßengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in vollem Umfang durch den Grundstückseigentümer zu tragen seien. Bei der Ermittlung der Kosten sei dabei auf die tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen für die Herstellung der Zuwegung abzustellen.
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Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Klägers vom 05.09.2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013 zurück.
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Am 28.11.2013 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, aus dem Schreiben der Beklagten vom 14.02.2011 sei an keiner Stelle erkennbar gewesen, dass eine befestigte Zufahrt habe geschaffen werden sollen. Dort werde lediglich auf ein Berechnungsbeispiel für ein Wohngrundstück Bezug genommen. Auch eine sonstige Mitteilung über eine konkrete Baumaßnahme in Bezug auf sein Grundstück habe er zu keinem Zeitpunkt erhalten. Ebenso wenig habe er gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er eine Befestigung der Grundstückszufahrt zur L 220 wünsche. Diese Zufahrt, für deren Anlegung die Beklagte nunmehr eine Erstattung der Kosten begehre, begründe für ihn keinerlei Vorteil. Denn er befahre das ausschließlich als Pferdekoppel genutzte Grundstück nur über die Zuwegung in der kaum befahrbaren A-Straße. Die Zuwegung zur "dicht befahrene(n) Hauptverkehrsstraße" werde von ihm nicht genutzt. Allein aus dem Vorhandensein einer Toranlage habe die Beklagte nicht schließen dürfen, dass eine Befestigung der grasbewachsenen Zuwegung zur L 220 seinem mutmaßlichen Willen entspreche.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 03.09.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013 aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und erwidert, der von ihr durch das Schreiben vom 14.02.2011 über die entsprechende Baumaßnahme unterrichtete Kläger habe sich weder nach Erhalt des Schreibens noch während der Baumaßnahme bei ihr gemeldet. Aus dem Vorhandensein einer verschließbaren Toranlage habe sie nach allgemeiner Lebenserfahrung ohne weiteres ableiten dürfen, dass der Kläger die Zuwegung zur L 220 auch zur Erreichung seines Grundstücks nutze. Die Absicht des Klägers, das Grundstück ausschließlich als Pferdekoppel nutzen zu wollen, sei nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, zumal seine Tochter noch im Jahr 2013 für das Grundstück eine allerdings abschlägig beschiedene Bauvoranfrage gestellt habe.
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Mit Urteil vom 13.04.2015 hat das Verwaltungsgericht Halle den Bescheid der Beklagten vom 03.09.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 1 StrG LSA keinen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten für die Herstellung der Zufahrt zum klägerischen Grundstück. Im zugrunde liegenden Fall sei zumindest fraglich, ob die gesamte 19 m² Fläche als Bestandteil der öffentlichen Straße im Sinne von § 2 Abs. 2 StrG LSA anzusehen und damit der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA eröffnet sei. Insoweit bedürfe es aber keiner Vertiefung, denn auch wenn die betreffende Grundstückszufahrt in Gänze als Bestandteil der L 220 anzusehen sein sollte, wären die Voraussetzungen nicht erfüllt, da der Kläger den Ausbau der Zufahrt ersichtlich in keiner Weise veranlasst habe. Die Pflicht zur Vergütung von Mehraufwendungen solle in erster Linie denjenigen treffen, der anlässlich des Straßenbaus oder auch später aus eigener Initiative bestimmte zusätzliche Aufwendungen ausdrücklich begehre. Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA regele aber nicht nur diesen Fall, sondern ziele allgemein darauf ab, die während der Dauer des Bestehens der Straße durch Sonderwünsche insbesondere des Anliegers erschwerte Straßenbaulast in jedem Fall finanziell auszugleichen. Eine solche Erschwernis sei nicht nur dann gegeben, wenn der Anlieger die erstmalige Herstellung einer Zufahrt begehre, sondern auch dann, wenn er nach der Umgestaltung der Straße den Fortbestand seiner bisherigen Zufahrtsmöglichkeit (ausdrücklich oder stillschweigend) beanspruche und insofern dafür Aufwendungen veranlasse; auch in dem letzteren Fall werde die Straße "wegen der Art des Gebrauchs durch einen Anderen" aufwändiger hergestellt. Hier fehle es allerdings an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Kläger im Zeitpunkt des Ausbaus der L 220 den Fortbestand seiner Grundstückszufahrt zu dieser Straße beansprucht habe. Vielmehr habe er dies im Widerspruchsverfahren sowie im zugrunde liegenden gerichtlichen Verfahren nachvollziehbar damit in Abrede gestellt, dass er das von ihm ausschließlich als Pferdekoppel genutzte Grundstück ausschließlich über die Zufahrt zur A-Straße anfahre, auf der erheblich weniger Verkehr herrsche. Ob der Grundstückseigentümer in einem solchen Fall, in dem sein Grundstück bereits über eine Zufahrt zu einer anderen öffentlichen Straße verfüge, die Aufrechterhaltung einer weiteren Zufahrt wünsche, obliege aber seiner freien Entscheidung. Auch aus dem Umstand, dass der Kläger weder auf das Informationsschreiben der Beklagten vom 14.02.2011 reagiert noch gegen die in Rede stehende Ausbaumaßnahme eingeschritten sei, habe die Beklagte nicht auf sein Einverständnis mit der Maßnahme schließen dürfen.
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Auf den Antrag der Beklagten vom 11.05.2015 hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 21.02.2017 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 13.04.2015 wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.
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Zur Begründung der Berufung führt die Beklagte aus, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe nachvollziehbar dargelegt, dass er das von ihm als Pferdekoppel genutzte Grundstück ausschließlich über die Zufahrt zur A-Straße anfahre, sei rechtlich nicht haltbar. Vielmehr lasse sich der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Fotodokumentation entnehmen, dass der Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger im Zufahrtsbereich ein funktionsfähiges Tor in einer Breite von 4 m errichtet und dieses nicht nur in der Vergangenheit als Zufahrt zur P-Straße genutzt habe, sondern auch aktuell als Zufahrt zur L 220 nutze. Diese Nutzung habe ein Mitarbeiter der Beklagten am 29.05.2015 festgestellt: Am besagten Tag sei das Tor geöffnet gewesen und auf dem klägerischen Grundstück habe sich ein Traktor befunden. Inzwischen sei das Heu durch die in Streit stehende Zufahrt abtransportiert worden und zwar zum Grundstück P-Straße 9 in C-Stadt. Die Neuherstellung des Zufahrtsbereichs habe der Erhaltung einer bereits eingerichteten Überfahrt in dem bestehenden Zustand gedient, so dass auch eine Anpassung an das durch die Straßenbaumaßnahme veränderte Niveau und die Lage der Straße erforderlich gewesen sei. Der Kläger habe der Durchführung im Übrigen weder während der Vorbereitungsphase noch während der Ausführung der Baumaßnahme widersprochen.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 13.04.2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er führt aus, die Beklagte mache hier die Herstellungskosten für die geschaffene Zufahrt zu seinem Grundstück geltend. Diese würden allerdings von § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA nicht erfasst, denn diese Vorschrift erfasse nur die Mehrkosten für eine aufwändigere Gestaltung von Überfahrten, soweit die besondere Gestaltung ihren Grund darin habe, dass die Zufahrt in diesem Bereich einer verstärkten Belastung durch überfahrende Kraftfahrzeuge ausgesetzt bzw. eine befriedigende konstruktive Gestaltung der Baumaterialien nicht möglich sei. So liege der Fall hier aber nicht. Mit der vorgelegten Fotodokumentation habe die Beklagte zudem keine Nutzung der Zufahrt durch den Kläger nachgewiesen; insbesondere könne diese Nutzung nicht allein aus den auf dem Grundstück befindlichen Fahrspuren hergeleitet werden. Das Heu werde ausschließlich über den A-Weg in die Scheune in der R-Straße transportiert. Ungeachtet dessen komme es auf eine dem üblichen Gemeingebrauch entsprechende Nutzung nicht an, sondern vielmehr auf eine Nutzung, die über den allgemeinen Gebrauch hinausgehe. Im Übrigen sei der Kläger im Vorfeld der eigentlichen Ausbaumaßnahme auch nicht hinreichend über das Vorhaben informiert worden. Insoweit sei höchstrichterlich geklärt, dass gerade im Falle einer Mehrfachzuwegung zu einem Grundstück die Aufrechterhaltung einer weiteren Zufahrt mit dem Grundstückseigentümer abzustimmen sei, da es allein seiner freien Entscheidung obliege, ob eine zweite Zufahrt überhaupt erforderlich sei. Derartige Absprachen habe die Beklagte im Vorfeld ihrer Maßnahme mit dem Kläger nicht getroffen.
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Der Senat hat zu der Frage, auf welche Weise der Kläger vor der Herstellung der befestigten Zufahrt zur L 220 sein Grundstück (Gemarkung T., Flur A, Flurstück 673/50) angefahren hat, Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 12.10.2017 verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen; die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
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Zu Recht hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass der Bescheid der Beklagten vom 03.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2013 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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I. Zwar ist der angefochtene Kostenerstattungsbescheid der Beklagten entgegen der Auffassung des Klägers formell rechtmäßig; insbesondere bedurfte es vor der Herstellung der Grundstückszufahrt und dem Erlass des Bescheides vom 03.09.2013 keiner über das Informationsschreiben der Beklagten vom 14.02.2011 hinausgehenden Information oder Anhörung des Klägers.
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1. Eine Informations- oder Unterrichtungspflicht der Beklagten hätte sich aufgrund des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs der streitgegenständlichen Mehrkostenerstattung mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen allenfalls aus § 6d Abs. 1 Satz 1 KAG LSA ergeben können, wonach die Gemeinden die später Beitragspflichtigen spätestens einen Monat vor der Entscheidung über die beitragsauslösende Maßnahme über das beabsichtigte Vorhaben sowie über die zu erwartende Kostenbelastung zu unterrichten haben, damit ihnen Gelegenheit bleibt, sich in angemessener Weise gegenüber der Gemeinde zu äußern.
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Die Beklagte hat auch vor der Erneuerung der vor dem Grundstück des Klägers verlaufenden Verkehrsanlage (Neue Straße) der Ortsdurchfahrt L 220 in der Ortslage T. in den Jahren 2011 und 2012 die Beitragspflichtigen mit Schreiben vom 14.02.2011 gemäß § 6d Abs. 1 KAG LSA beteiligt und sodann von den Anliegern auf der Grundlage des § 6 KAG LSA Straßenausbaubeiträge erhoben. Ob allerdings auch der in diesem Schreiben enthaltene pauschale Hinweis der Beklagten auf die Erstattungspflicht des Mehraufwands für die Erneuerung von Grundstückszufahrten oder -zuwegungen durch die jeweiligen Grundstückseigentümer den Anforderungen des § 6d Abs. 1 KAG LSA gerecht wird, kann hier dahinstehen. Denn die Erstattung von Mehrkosten, die durch die Anlegung einer Zufahrt zu den Anliegergrundstücken, u. a. auch zum Grundstück des Klägers, entstanden sind, erfolgt auf der Grundlage des § 16 StrG LSA. Diese Vorschrift stellt gegenüber den kommunalabgabenrechtlichen Vorschriften die speziellere Grundlage dar, weil sie nicht nur einen Beitrag zu den Gesamtkosten, sondern die Erstattung der im Einzelfall tatsächlich entstandenen Mehrkosten vorsieht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 3 RdNr. 2, m.w.N.). Daher ist die Vorschrift des § 6d KAG LSA, die eine Beteiligung der später Beitragspflichtigen vor Durchführung der beitragsauslösenden Maßnahme vorsieht, auf die straßenrechtliche Mehrkostenerstattung (§ 16 StrG LSA) nicht anwendbar (so schon OVG LSA, Urt. v. 14.11.2013 - 2 L 4/12 -, juris RdNr. 45), so dass es neben der Beteiligung der Anlieger im Zusammenhang mit der Erneuerung der Ortsdurchfahrt - auch mangels einer entsprechenden straßenrechtlichen Rechtsgrundlage - keiner weiteren, auf die (Wieder-)Herstellung der Grundstückszufahrten bezogenen Information oder Anhörung der betroffenen Grundstückseigentümer bedurfte.
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2. Auch hat die Beklagte nicht gegen das in § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 VwVfG normierte Anhörungsgebot verstoßen, weil sie den Kläger vor Erlass des angefochtenen Kostenerstattungsbescheides nicht angehört hat; denn diese Anhörung ist im Verlauf des Widerspruchsverfahrens und durch Erlass des Widerspruchsbescheids vom 29.10.2013 gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nachgeholt worden.
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Eine Verletzung der Anhörungspflicht ist gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG unbeachtlich, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 24.06.2010 - BVerwG 3 C 14.09 -, BVerwGE 137, 199; OVG LSA, Beschl. v. 06.09.2002 - 2 M 291/02 -, juris RdNr. 6). Das setzt voraus, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., 2016, § 45 RdNr. 26). Eine Heilung in diesem Sinne ist hier gegeben; denn der Kläger hat im Widerspruchsverfahren eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und die Beklagte hat die vorgebrachten Argumente im Rahmen ihres Widerspruchsbescheides gewürdigt.
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II. Der angefochtene Kostenerstattungsbescheid ist aber materiell rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Vergütung der durch die Herstellung der Grundstückszufahrt entstandenen Mehrkosten nicht vorliegen.
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Rechtsgrundlage für die Anforderung der Kosten für die in Rede stehende Grundstückszufahrt ist § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA. Danach hat, wenn eine Straße wegen der Art des Gemeingebrauchs durch einen anderen aufwändiger hergestellt oder ausgebaut werden muss, als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht, der andere dem Träger der Straßenbaulast die Mehrkosten für den Bau und die Unterhaltung zu vergüten. Dabei gilt Absatz 1 gemäß § 16 Abs. 2 StrG LSA entsprechend, wenn eine Straße aus anderen Gründen auf Veranlassung eines anderen aufwändiger hergestellt oder ausgebaut wird, oder wenn Anlagen errichtet oder umgestaltet werden müssen, ohne dass der Träger der Straßenbaulast in Erfüllung seiner Aufgaben dazu verpflichtet ist.
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1. § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA setzt zunächst die Benutzung der Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs voraus. Gemeingebrauch ist nach der gesetzlichen Definition des § 14 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA der Gebrauch der Straße im Rahmen der Widmung und der Vorschriften des Straßenverkehrsrechts. Hierzu zählt auch der Anliegergebrauch im Sinne des § 14 Abs. 4 StrG LSA, also die Benutzung der innerhalb der geschlossenen Ortslage an die Grundstücke angrenzenden Straßenteile über den Gemeingebrauch hinaus für die Zwecke der Grundstücke durch die Straßenanlieger (vgl. zum Ganzen OVG LSA, Urt. v. 15.09.2015 - 2 L 90/13 -, juris RdNr. 26; BVerwG, Urt. v. 28.09.1979 - BVerwG 7 C 22.78 -, juris RdNr. 16 zu § 7a FStrG; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, RdNr. 332).
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Als Verwirklichung des Gemeingebrauchs in der besonderen Form des Anliegergebrauchs wird traditionell die Anlage von Zufahrten von privaten Grundstücken zur öffentlichen Straße angesehen (NdsOVG, Urt. v. 18.07.2012 - 7 LB 29/11 -, juris RdNr. 26; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl., Kapitel 25, Anmerkung 32 ff.; zum Begriff der Zufahrt vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA). Diese Maßnahme dient in der Regel - wie auch hier - nicht den regelmäßigen Verkehrsbedürfnissen. Für die übrigen Nutzer der Straße im Rahmen ihres Gemeingebrauchs gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA führt die Anlegung oder Erneuerung einer Zufahrt zu einem anliegenden Grundstück zu keinem Vorteil. Dieser ist vielmehr allein grundstücksbezogen (vgl. dazu OVG NW, Beschl. v. 24.07.2000 - 11 A 3897/96 -, juris). Die Maßnahme ist ausschließlich durch das Anliegergrundstück veranlasst und unterscheidet sich damit von der Erneuerung der öffentlichen Straße im Übrigen. Der Gesetzgeber hat dafür in Abweichung von der in § 6 KAG LSA vorgesehenen Verteilung des Aufwands zwischen den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke und der Allgemeinheit nach Maßgabe des jeweiligen Vorteils die Anlieger durch spezialgesetzliche Regelung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA) zur Tragung der gesamten Mehrkosten für die Zufahrten zu ihren Grundstücken verpflichtet.
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Dabei ist es unerheblich, ob es sich um die erstmalige Herstellung der Zufahrt oder deren Veränderung handelt. Wird eine Straße ausgebaut, um sie geänderten Verkehrsbedürfnissen anzupassen, und kann eine Zufahrt dabei in ihrer bisherigen Form nicht bestehen bleiben, hat der Anlieger dieses hinzunehmen und muss, weil wegen der Art der Benutzung seines Grundstücks diese Zufahrt angelegt worden ist, die hierfür erforderlichen Mehrkosten tragen (BVerwG, Urt. v. 28.08.1987 - BVerwG 4 C 54.83 u. 4 C 55.83 -, juris RdNr.15). Die Kostentragungspflicht besteht dabei unabhängig davon, ob der Anlieger ausdrücklich oder ggf. stillschweigend die Herstellung der Zufahrt beansprucht (OVG LSA, Urt. v. 14.11.2013 - 2 L 4/12 -, juris RdNr. 47). Auch kann die Art des Gebrauchs eines Grundstücks objektiv, z. B. nach landesrechtlichen Vorschriften, eine Zufahrt erfordern (BVerwG, a. a. O., RdNr. 17).
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Zudem ist abgesehen von den Fällen, in denen der Eigentümer des anliegenden Grundstücks den Bau einer Zufahrt verlangt oder die Gemeinde die Maßnahme in Abstimmung mit dem Eigentümer und mit dessen ausdrücklicher oder stillschweigender Billigung durchführt, eine Vergütungspflicht des Grundstückseigentümers für die Herstellung einer Grundstückszufahrt in der Regel anzunehmen, wenn die Gemeinde anhand objektiver Kriterien, insbesondere aufgrund der tatsächlichen oder konkret geplanten Grundstücksnutzung, davon ausgehen konnte, dass die Herstellung der Zufahrt dem mutmaßlichen Willen des Grundstückseigentümers entspricht. Auch in einem solchen Fall ist die Annahme der Gemeinde berechtigt, dass die Straße wegen der Art des Gemeingebrauchs durch den Grundstückseigentümer im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA aufwändiger hergestellt werden muss als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht.
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Diese Voraussetzungen für die in § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA normierte Kostenerstattungspflicht sind vorliegend nicht erfüllt.
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Der Kläger hat weder ausdrücklich noch stillschweigend die Erstellung der Zufahrt beansprucht; insbesondere konnte die Beklagte entgegen ihrer Auffassung aus dem Umstand, dass der Kläger der Anlegung der Zufahrt weder während der Vorbereitungsphase noch während der Baumaßnahme widersprochen hat, nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass er stillschweigend der Herstellung der Zufahrt zustimme. Von einer stillschweigenden Beanspruchung bzw. Zustimmung könnte allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Beklagte den Kläger vor Beginn der Baumaßnahme ausdrücklich auf die beabsichtigte Baumaßnahme vor seinem Grundstück hingewiesen hätte und dieser Hinweis ohne Reaktion seitens des Klägers geblieben wäre. Einen derart konkreten Hinweis enthält das allgemeine Informationsschreiben vom 14.02.2011 allerdings nicht.
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Auch war die Zufahrt nicht aus Rechtsgründen (vgl. dazu §§ 4 und 5 BauO LSA) geboten. Schließlich konnte die Beklagte aufgrund der tatsächlich vorgefundenen Grundstücksverhältnisse auch nicht davon ausgehen, dass die Anlegung der Zufahrt dem mutmaßlichen Willen des Klägers entspricht.
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Die Entscheidung der Beklagten, von der L 220 eine befestigte Zuwegung für das Grundstück des Klägers zu schaffen, beruhte nach dem Bekunden der Beklagten maßgeblich auf dem Umstand, dass sich auf dem klägerischen Grundstück eine verschließbare Toranlage befindet. Allein aus dem Vorhandensein einer Toranlage kann allerdings dann nicht ohne Weiteres auf den mutmaßlichen Willen des Grundstückseigentümers, eine befestigte Zuwegung zu erhalten, geschlossen werden, wenn das Grundstück über eine weitere Zuwegung - wie hier über die A-Straße - verfügt, die von dem Grundstückseigentümer zum Befahren des Grundstücks genutzt wird. Vielmehr hat die Gemeinde im Falle einer Mehrfacherschließung im Einzelnen nachzuweisen, dass die Anlegung der weiteren Zufahrt wegen der Art der Benutzung des Grundstücks objektiv erforderlich ist; denn erst in einem solchen Fall ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Anlegung der befestigten Zufahrt dem mutmaßlichen Willen des Grundstückseigentümers entspricht.
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Zur Art der Benutzung seines Grundstücks hat der Kläger in sich stimmig und anhand der örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar ausgeführt, dass er aufgrund der räumlichen Nähe zum Unterstand des für Mäharbeiten auf dem Grundstück eingesetzten Traktors in der B-Straße 10 sein Grundstück ausschließlich über die Zufahrt über die weniger befahrene A-Straße anfahre. Die Zuwegung über die L 220 sei hingegen nur genutzt worden, um sein ursprünglich auf einem in der Nähe befindlichen Grundstück untergebrachtes Pferd über die L 220 auf die Pferdekoppel zu führen. Diese Angaben des Klägers werden im Übrigen bestätigt durch die schriftliche Aussage der Eheleute H. und C. F. vom 07.10.2017.
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Vor diesem Hintergrund war die Anlegung einer befestigten Zufahrtsmöglichkeit von der L 220 auf das klägerische Grundstück nur dann objektiv erforderlich, wenn der Kläger entgegen seinen Angaben das Grundstück bereits vor der Anlegung der befestigten Zufahrt über den verrohrten und mit Gras bewachsenen Graben und die dort befindliche Toranlage befahren hat. Insoweit obliegt der Beklagten die Beweislast dafür, dass sie einen Anspruch auf die von ihr geltend gemachten Mehrkosten für die Anlegung einer Grundstückszufahrt gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA hat.
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Dieser Nachweis ist der Beklagten nicht gelungen. Soweit die Beklagte zum Beweis einer Nutzung der Zufahrt über die L 220 auf ein vor dem Ausbau der L 220 gefertigtes Lichtbild vom 13.03.2008 (Bl. 153 der Gerichtsakte) verweist, lässt sich diesem Foto nicht, z. B. anhand von erkennbaren Fahr- oder sonstigen Nutzungsspuren, entnehmen, dass die Zuwegung vor dem Ausbau auch tatsächlich von dem Kläger genutzt worden ist. Auch der Umstand, dass sich vor der Toranlage eine Fläche befindet, die im Grabenbereich verrohrt und mit Gras überwachsen ist, lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass der Kläger sein Grundstück über diese Zufahrt auch befahren hat, die Anlegung einer befestigten Zufahrt mithin objektiv erforderlich war.
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Auch die Zeugenvernehmung des erkennenden Senats in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2017 hat nicht ergeben, dass der Kläger vor der Herstellung der befestigten Zufahrt zur L 220 sein Grundstück (Gemarkung T., Flur A, Flurstück 673/50) von der L 220 aus befahren hat.
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Der Zeuge H. hat erklärt, dass er lediglich beauftragt worden sei, am 29.05.2015 am Grundstück des Klägers vorbeizufahren und ein Foto von der Einfahrt zu machen. Darüber, wie das Grundstück des Klägers in den Jahren 2011 und 2012 angefahren worden sei, könne er keine Angaben machen.
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Der Zeuge I. hat bei seiner Vernehmung erklärt, er habe gesehen, dass vor dem Ausbau eine Zufahrt über einen verrohrten Graben vorhanden gewesen sei. Dass sich dort eine Zufahrt befunden habe, habe er daraus geschlossen, dass sich dort ein Tor befunden habe und eine Überfahrt über den Graben vorhanden gewesen sei. Nach seinem Eindruck habe es sich seinerzeit um eine nutzbare Zufahrt gehandelt, da nichts eingebrochen gewesen sei; die Zufahrt sei sowohl begehbar als auch befahrbar gewesen. Wie oben bereits ausgeführt, lässt allerdings das Vorhandensein einer Toranlage und einer befahrbaren und bewachsenen Grünfläche vor dem Tor mit Blick auf die Mehrfacherschließung des klägerischen Grundstücks allein nicht den Schluss zu, dass der Kläger vor der Herstellung der befestigten Zufahrt sein Grundstück von der L 220 aus angefahren hat. Hierzu hätte es vielmehr der Feststellung einer tatsächlichen Nutzung der Zufahrt durch den Kläger bedurft, wozu der Zeuge I. allerdings keine Angaben machen konnte, sondern vielmehr erklärt hat, dass er nicht gesehen habe, ob ein Fahrzeug auf das Grundstück des Klägers gefahren sei.
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Schließlich hat auch die Zeugin E. nach ihren Angaben im Rahmen der Zeugenvernehmung nicht gesehen, ob das Grundstück des Klägers vor der Ausbaumaßnahme von der L 220 durch das Tor mit einem Fahrzeug befahren worden ist. Sie hat lediglich erklärt, dass zum Grundstück des Klägers von der L 220 eine Zufahrt vorhanden gewesen sei und es sich dabei um eine geschotterte Fläche gehandelt habe, die im Grabenbereich verrohrt und mit Gras zugewachsen gewesen sei. Soweit die Zeugin ausführt, sie habe sich, nachdem der Kläger Widerspruch erhoben habe, die Zufahrt angesehen und gesehen, dass sich auf dem Grundstück des Klägers direkt hinter dem Tor geradezu Fahrspuren befunden hätten, ist hiermit nicht bewiesen, dass der Kläger die Zufahrt auch vor deren Anlegung genutzt hat. Unabhängig davon enden die Spuren vor der Toranlage auf dem Grundstück des Klägers, so dass die Zeugenaussage auch nicht den Schluss rechtfertigt, der Kläger habe die Zuwegung zur L 220 als Zufahrt genutzt.
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War mithin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Anlegung der befestigten Zufahrt nach der Art der Benutzung des klägerischen Grundstücks objektiv nicht erforderlich, konnte die Beklagte auch nicht davon ausgehen, dass deren Anlegung dem mutmaßlichen Willen des Klägers entspricht. Insoweit besteht auch kein Anspruch der Beklagten auf Erstattung der Mehrkosten gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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Annotations
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden
- 1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, - 2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.
(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.
(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Wenn eine Bundesfernstraße wegen der Art des Gebrauchs durch einen anderen aufwändiger hergestellt oder ausgebaut werden muss, als es dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entspricht, hat der andere dem Träger der Straßenbaulast die Mehrkosten für den Bau und die Unterhaltung zu vergüten. Das gilt nicht für Haltestellenbuchten für den Linienverkehr. Der Träger der Straßenbaulast kann angemessene Vorschüsse oder Sicherheiten verlangen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.