Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Nov. 2017 - 2 L 120/15

bei uns veröffentlicht am22.11.2017

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Wasserentnahmeentgelt für das Jahr 2012 durch den Beklagten.

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Die Klägerin ist ein Landwirtschaftsunternehmen, das im östlichen Sachsen-Anhalt Feld- und Ökolandbau, Spargelanbau, Milchproduktion sowie Rinder- und Schweinezucht betreibt. Die Klägerin ist u. a. Rechtsnachfolgerin der LPG (T) "(...)" S-Stadt und verfügt über die beiden Unternehmensbereiche Landwirtschaft und Tierproduktion sowie etwa 8.000 ha Land. Die A. GmbH & Co.KG und die A. Rinderzucht GmbH & Co.KG sind Töchter des Mutterbetriebes der Klägerin.

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Mit Bescheid vom 10.10.1983 gestattete die Staatliche Gewässeraufsicht der LPG (T) "(...)" S-Stadt die Entnahme von Grundwasser u. a. in Seyda, Gadegast, Elster, Listerfehrda, Ruhlsdorf, Arnsdorf, Naundorf und Mellnitz.

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Mit Bescheid vom 25.03.1996 (Az: …) erteilte das damals zuständige Regierungspräsidium Dessau der A. GmbH & Co.KG auf der Grundlage des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 31.08.1993 in der Fassung der Änderung durch Gesetz vom 13.04.1994 befristet bis zum 31.12.2000 die wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser für Beregnungszwecke für die Standorte Morxdorf, Mellnitz II, Gadegast, Schadewalde, Wolfswinkel, Leipa/Jahnschke, Arnsdorf, Jessen, Ruhlsdorf, Listerfehrda, Meltendorf, Iserbegka, Gielsdorf und Zemnick.

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Mit weiterem Bescheid vom 25.03.1996 (Az: …) änderte das Regierungspräsidium Dessau eine wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung vom 28.09.1984 und erteilte der A. GmbH & Co.KG die wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser für Beregnungszwecke an den Standorten Naundorf, Mellnitz, Mark Friedersdorf und Seyda.

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Mit Bescheid vom 18.12.2000 widerrief das Regierungspräsidium Dessau die wasserrechtliche Erlaubnis vom 25.03.1996 (Az: …), soweit diese bis zum 31.12.2000 befristet war. Zudem wurden der Umfang der Gewässerbenutzung und die Beregnungszeiträume den veränderten Anbauverhältnissen angepasst und präzisiert. Des Weiteren legt der Bescheid die Entnahmemengen für die einzelnen Standorte (bezeichnet im streitgegenständlichen Bescheid als "Mark Zwuschen u.a.") fest und bestimmt, dass die jährliche Entnahmemenge von 2.135.000 m³ nicht überschritten werden dürfe. Der jährliche Zeitraum der Beregnung wurde für alle Entnahmestandorte auf die Zeit vom 1. Mai bis 30. September festgesetzt. Die der A. GmbH & Co.KG in dieser Form erteilte wasserrechtliche Erlaubnis ist befristet bis 30.04.2021.

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Mit Bescheid vom 19.12.2000 widerrief das Regierungspräsidium auch die der A. GmbH & Co.KG erteilte wasserrechtliche Erlaubnis vom 25.03.1996 (Az: …), soweit sie bis zum 31.12.2000 befristet war. Der Umfang der Gewässerbenutzung und die Beregnungszeiträume wurden ebenfalls den veränderten Anbauverhältnissen angepasst und präzisiert. Danach ist die A. GmbH & Co.KG berechtigt, befristet bis zum 30.04.2021 folgende Mengen Grundwasser pro Kalenderjahr zu entnehmen: für Naundorf 233.000 m³/a, für Mellnitz 296.400 m³/a, für Mark Friedersdorf 310.200 m³/a und für Seyda 686.400 m³/a. Der jährliche Zeitraum der Beregnung wurde festgelegt auf die Zeit vom 1. Mai bis 30. September.

8

Unter dem 21.04.2010 erließ der Landkreis Wittenberg zur ursprünglich der LPG (T) "(...)" S-Stadt erteilten wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigung vom 10.10.1983 einen Änderungsbescheid, wonach die Klägerin als Nutzerin berechtigt ist, in der Gemeinde Jessen (Elster) an verschiedenen Entnahmestandorten zur Viehversorgung und Brauchwasserversorgung Grundwasser zu fördern.

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Der Umfang der Gewässerbenutzung wurde dabei wie folgt festgelegt:

10

 Standort

 Entnahme m³/h

 Entnahme m³/d

 Entnahme m³/a

 Naundorf

 0,9   

 21,6 

 7.900

 Mellnitz

 5,2   

 123,3

 45.000

 Gadegast

 6,8   

 164,4

 60.000

 Seyda

 4,0   

 97,0 

 35.400

 Gentha

 5,0   

 121,0

 44.100

 Elster

 4,6   

 110,4

 40.300

 Listerfehrda

 1,5   

 35,0 

 12.800

 Arnsdorf

 0,1   

 1,0   

 100   

 Ruhlsdorf

 1,4   

 33,6 

 12.100

11

Mit Bescheid vom 08.07.2011 erteilte der Landkreis Wittenberg der A. Rinderzucht GmbH & Co. KG die wasserrechtliche Erlaubnis, 99.000 m³ Grundwasser pro Kalenderjahr in der Gemeinde Jessen (Elster), Ortsteil Battin, zum Zweck der Versorgung von ca. 1500 Rindern und für Reinigungsarbeiten der Milchviehanlage (B.) zu entnehmen.

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Mit Informationsschreiben vom 02.01.2013 kündigte der Beklagte der Klägerin ("Unternehmensgruppe A.") unter Bezugnahme auf die Verordnung über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern für das Land Sachsen-Anhalt (WasEE-VO LSA) an, dass beabsichtigt sei, für das Erhebungsjahr 2012 ein Wasserentnahmeentgelt von insgesamt 98.189,00 Euro zu erheben. Zugleich wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie bis zum 31.03.2013 einen Antrag auf Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts stellen könne, wenn ihre tatsächlich entnommene Wassermenge im Jahr 2012 geringer oder der tatsächliche Verwendungszweck ein anderer sei als die zugelassene Benutzung.

13

Mit Schreiben vom 14.02.2013 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ihr erlaubt sei, gemäß der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 08.07.2011 Grundwasser in Höhe von 99.000 m³ im Jahr für die Versorgung der Milchviehanlage (B.) und nach der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigung vom 10.10.1983, geändert mit Bescheid vom 21.04.2010, jährlich 257.700 m³ Grundwasser zur Vieh- und Brauchwasserversorgung zu entnehmen. Dies entspreche einer Gesamtentnahmemenge von 356.700 m³. Da die tatsächliche Wasserentnahme einer Höhe von gesamt 317.898 m² entspreche, bitte sie um eine Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts. Entsprechende Anträge auf Ermäßigung gemäß § 4 Abs. 1 WasEE VO LSA wurden von der Klägerin unter dem 15.02.2013 gestellt.

14

Mit weiterem Schreiben vom 14.02.2013 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ihr nach der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 25.03.1996 (Az: …), geändert mit Bescheid vom 19.12.2000, gestattet sei, jährlich bis zu 1.526.000 m³ Grundwasser zu Beregnungszwecken zu entnehmen. Gleicher Erstbescheid sei darüber hinaus mit Bescheid vom 18.12.2000 dahingehend geändert worden, dass es ihr erlaubt sei, jährlich weitere 2.135.000 m³ Grundwasser für Beregnungszwecke zu entnehmen. Dies entspreche einer Gesamtentnahmemenge von 3.661.000 m³. Da die tatsächliche Wasserentnahme einer Höhe von gesamt 1.671.541 m³ entspreche, bitte sie ebenfalls um eine Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts. Auch insoweit wurden entsprechende Anträge auf Ermäßigung gemäß § 4 Abs. 1 WasEE VO LSA von der Klägerin unter dem 15.02.2013 gestellt.

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Mit Bescheid vom 15.10.2013 setzte der Beklagte nach Anhörung der Klägerin für die Entnahme von Wasser für das Erhebungsjahr 2012 ein Wasserentnahmeentgelt in Höhe von insgesamt 74.000,10 Euro für nachfolgende Standorte fest:

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 lfd. Nummer

 Standort

 Entgelt/Euro

 1     

 Naundorf

 55,50

 2     

 Mellnitz

 1.496,46

 3     

 Gadegast

 3.721,90

 4     

 Seyda

 6.521,20

 5     

 Gentha

 1.665,86

 6     

 Elster

 7.252,84

 7     

 Listerfehrda

 89,60

 8     

 Arnsdorf

 0,70 

 9     

 Ruhlsdorf

 84,70

 10    

 Mark Zwuschen u.a.

 22.609,62

 11    

 Naundorf

 782,00

 12    

 Mellnitz

 4.555,04

 13    

 Mark Friedersdorf

 2.421,58

 14    

 Seyda

 5.903,40

 15    

 MVA Battin

 16.839,90

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Zur Begründung wurde ausgeführt, die Entnahmen auf der Grundlage der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigung vom 10.10.1983, geändert mit Bescheid vom 21.04.2010 (Nr. 1 bis 9), dienten dem Zweck der Vieh- und Brauchwasserversorgung, was dem Verwendungszweck Nr. 3.5 "zu sonstigen Zwecken" laut § 3 Abs. 2 WasEE-VO LSA entspreche. Die Entnahme auf der Grundlage der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 25.03.1996, geändert mit Bescheiden vom 18. und 19.12.2000 (Nr. 10 bis 14), dienten dem Zweck der Beregnung, was dem Verwendungszweck Nr. 3.2 "zur Beregnung und Berieselung" nach § 3 Abs. 2 WasEE-VO LSA entspreche. Die Entnahme auf der Grundlage der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 08.07.2011 diene der Versorgung der Tierbestände der Milchviehanlage (B.) (Nr. 15), was dem Verwendungszweck Nr. 3.5 "zu sonstigen Zwecken" gemäß § 3 Abs. 2 WasEE-VO LSA entspreche. Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts sei § 105 Abs. 1 WG LSA. Das Wasserentnahmeentgelt werde grundsätzlich aus der zulässigen Jahresmenge des die Wasserbenutzung zulassenden Bescheides und den Entgeltsätzen des § 3 Abs. 2 WasEE-VO LSA berechnet. Den Anträgen auf Ermäßigung nach § 4 Abs. 1 WasEE-VO LSA sei teilweise stattgegeben worden, da die tatsächlichen Entnahmemengen teilweise geringer als die erlaubten Entnahmen seien. Aus der von der Klägerin übersandten Übersicht zu den tatsächlichen Entnahmemengen sei aber zu entnehmen, dass sie für die Standorte Seyda und Elster die zulässigen Jahresmengen überschritten habe, so dass gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA die doppelte Menge der tatsächlich geförderten Menge zugrunde zu legen sei. An den Standorten Naundorf, Listerfehrda und Arnsdorf sei kein Grundwasser entnommen worden, am Standort Ruhlsdorf weniger als 10% der zulässigen Jahresmenge, so dass nach § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE VO LSA zehn vom Hundert der Gesamtentnahmemenge des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides zugrunde zu legen seien. Zu Nr. 10 habe die Klägerin einen Antrag auf Ermäßigung gestellt. Es sei jedoch im Monat April Wasser entnommen worden, obwohl der Bescheid nur eine Entnahme im Zeitraum Mai bis September gestatte. Aus diesem Grund sei gemäß § 3 Abs. 4 und 5 WasEE-VO LSA die doppelte Menge der tatsächlichen Monatsmenge bei der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts zugrunde zu legen. Gleiches gelte für die Standorte Nr. 11 bis 14, da die Klägerin auch dort im April Grundwasser entnommen habe. Zu Nr. 15 habe die Klägerin die genehmigte Entnahmemenge überschritten, so dass die doppelte Menge der tatsächlich geförderten Menge zugrunde zu legen sei.

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Am 15.11.2013 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, für den angefochtenen Bescheid fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage; insbesondere widerspreche die WasEE-VO LSA § 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA, wonach allein für das Entnehmen ein Entgelt erhoben werden könne. Die WasEE-VO LSA ermögliche hingegen die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts bereits dann, wenn die Möglichkeit der Entnahme bestehe. § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA sei ebenfalls nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Es sei nicht gerechtfertigt, sie zu einem Wasserentnahmeentgelt in Höhe von 10% der erlaubten Menge heranzuziehen, obwohl sie im Jahr 2012 an den Entnahmestellen Nr. 1, 7, 8 und 9 kein Wasser entnommen habe. Dies verstoße gegen die Vorteilsabschöpfung und wirke auch nicht verhaltenslenkend. Die 10%-Regelung sei Ausdruck einer Mindestabgabe, die ebenso nicht durch § 105 WG LSA und § 1 WasEE-VO LSA gedeckt sei. Auch die Sanktionierung der Entnahmen an den Wasserentnahmestellen gemäß Nr. 10-14 sei nicht nach § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA gerechtfertigt, weil darin nur der Fall der Gewässerbenutzung ohne einen entsprechend zulassenden Bescheid bzw. bei Jahresmengenüberschreitung geregelt sei. Beide Alternativen seien bei einer Entnahme im Monat April 2012 nicht einschlägig. Im Übrigen sei auch § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, weil das Land nicht ermächtigt sei, Sanktionen festzusetzen. Auch verstoße die Vorschrift gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil derjenige, der über einen Wasserentnahmebescheid verfüge, jedoch die Entnahmemenge nur geringfügig überschreite, genauso behandelt werde wie derjenige, der ohne jemals Inhaber eines Zulassungsbescheides gewesen zu sein, ein Gewässer im Sinne der Verordnung nutze. § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA könne daher nur dahin ausgelegt werden, dass die überentnommene Menge mit dem doppelten Entgeltsatz zu veranschlagen sei. Hinsichtlich der Entnahmestellen Nr. 4, 6 und 15 sei außerdem nicht ersichtlich, weshalb sie für die tatsächlichen Entnahmemengen durch Verdoppelung bestraft werden solle. Mit den Bewilligungsbescheiden vom 18. und 19.12.2000 seien Beregnungszeiträume und keine Entnahmezeiträume festgelegt worden. Es werde somit nicht die Entnahme von Grundwasser zeitlich begrenzt, vielmehr erfolge eine zeitliche Eingrenzung der Verwendung des einmal entnommenen Wassers. Die Zulässigkeit einer solchen Nebenbestimmung sei zweifelhaft.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 15.10.2013 insoweit aufzuheben, als er einen Betrag von 55.683,68 € überschreitet.

21

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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und erwidert, § 105 WG LSA bestimme lediglich die Grundsätze und das "Ob" der Abgabenerhebung, während das "Wie" der Erhebung eines Entgelts für die Entnahme davon zu unterscheiden sei und in seiner Ausgestaltung dem Verordnungsgeber obliege. Die WasEE-VO LSA sei als modifizierte Messlösung ausgestaltet. Das Tatbestandsmerkmal "Benutzung des Entnehmens" sei bereits erfüllt, wenn dem Entgeltpflichtigen eine wasserrechtliche Genehmigung von der zuständigen Behörde erteilt worden sei. Die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts für tatsächlich nicht entnommenes Wasser sei von § 105 WG LSA i.V.m. § 1 WasEE-VO LSA gedeckt. Durch das Innehaben des Entnahmerechts könne das Wasser nicht an andere Interessenten vergeben werden. Auch seien nicht alle Entnahmestellen in Sachsen-Anhalt mit Messeinrichtungen ausgestattet. Durch die Bescheidlösung entstehe ein geringerer Verwaltungs-/Messaufwand. Der Entgeltpflichtige könne aber eine Ermäßigung nach § 4 Abs. 1 WasEE-VO LSA beantragen, was durch Messungen oder in anderer geeigneter Form nachzuweisen sei und somit zwischen einer höheren Abgabenlast bei Veranlagung nach Bescheid und dem betrieblichen Mehraufwand einer Messlösung abwägen. Durch § 4 Abs. 1 WasEE-VO LSA solle erreicht werden, dass nicht mehr benötigte Rechte aufgehoben würden. Auch das Bundesverfassungsgericht habe ausgeführt, das Wasserentnahmeentgelt werde für die Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme erhoben.

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Für die Entnahmestellen Nr. 1, 7, 8 und 9 habe er die Ermäßigung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA angewendet. Die 10%-Regelung sei nicht Ausdruck einer Mindestabgabe und durch § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA als eine Regelung über die Höhe des Wasserentnahmeentgelts gedeckt. Sie trage der Stärkung des Wasserrechts Rechnung und solle erreichen, dass über einen bestimmten Zeitraum hinweg das jeweilige Wasserrecht an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werde. Die Klägerin habe es also selbst in der Hand, die wasserrechtlichen Erlaubnisse anpassen zu lassen. Auch die Doppelberechnung bei der Überschreitung des Wasserrechts hinsichtlich der Entnahmestellen Nr. 10 bis 14 sei gemäß § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA rechtmäßig, da die Klägerin Wasser zu Zeiten entnommen habe, in denen keine Entnahme erlaubt gewesen sei. Die Festsetzung der Beregnungszeiträume entspreche der hinreichenden Bestimmtheit des Wasserrechts hinsichtlich der Art und des Maßes der Gewässernutzung gemäß § 10 Abs. 1 WHG. Da sich die Klägerin für die Entnahme außerhalb des Beregnungszeitraums nicht auf die Erlaubnis berufen könne, verfüge sie außerhalb des festgelegten Beregnungszeitraums nicht über einen die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid. Für die Entnahmestellen Nr. 4, 6 und 15 habe die Klägerin die zugelassene Jahresmenge im Sinne des § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA überschritten, so dass bei der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts die doppelte Menge der tatsächlich geförderten Menge zugrunde gelegt worden sei. Eine unverhältnismäßige "Bestrafung" sei in der Doppelberechnung nicht zu erkennen. Dieser Sanktionsregelung wohne der Charakter inne, den Wasserrechtsinhaber dazu anzuhalten, sich um sein Wasserrecht zu kümmern und dieses jeweils den aktuellen und tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Die Verdoppelung der tatsächlich entnommenen Wasserentnahmen bei Überentnahmen verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, denn derjenige, der eine wasserrechtliche Erlaubnis habe, aber diese überschreite, entnehme Wasser ohne Erlaubnis und sei daher mit demjenigen vergleichbar, der keine wasserrechtliche Erlaubnis besitze.

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Mit Urteil vom 02.06.2015 hat das Verwaltungsgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts stehe im Einklang mit Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG. Der in § 3 WasEE-VO LSA vorgesehene Maßstab sei von der Ermächtigungsgrundlage in § 105 Abs. 1 WG LSA gedeckt. Der Wortlaut des § 105 Abs. 1 WG LSA - wie auch des § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA - schließe es bei verfassungskonformer Auslegung mit Blick auf das Vorteilsprinzip nicht aus, dass damit neben der tatsächlichen auch die potentielle Benutzung gemeint sei. Insoweit spreche auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93 -, juris) dafür, die Ermächtigungsgrundlage dahin auszulegen, dass das Land u. a. auch für die Möglichkeit des Entnehmens von Wasser aus oberirdischen Gewässern oder Grundwasser ein Entgelt erheben dürfe.

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Die WasEE-VO LSA scheide auch nicht deshalb als Rechtsgrundlage aus, weil § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA (teilweise) unwirksam sei. Die Sanktionsregelung des § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA sei noch von der landesrechtlichen Verordnungsermächtigung des § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA, wonach die Landesregierung ermächtigt werde, die Höhe des Wasserentnahmeentgelts festzulegen, gedeckt. Dass mit § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA auch ein bestimmtes Verhalten sanktioniert werde, stehe dem nicht entgegen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber mit dieser Vorschrift legitime (Lenkungs-)Zwecke verfolge, nämlich, dass Entnahmerechte nur in dem erforderlichen Umfang beantragt und bestehende Rechte auf das erforderliche Maß beschränkt würden. Ziel des Verordnungsgebers sei es, durch die Sanktionierung unerlaubter Gewässerbenutzungen den Benutzer anzuhalten, eine dem tatsächlichen Benutzungsverhalten entsprechende wasserrechtliche Erlaubnis erstmals zu beantragen oder die vorhandene Erlaubnis anpassen zu lassen. Hierdurch werde dem Gewässerschutz Rechnung getragen. Die Sanktionsregelung sei auch nicht unverhältnismäßig, soweit sie eine Verdoppelung der tatsächlich geförderten Menge vorsehe. Zwar werde derjenige, der eine genehmigte Entnahmemenge - etwa nur versehentlich - nur geringfügig überschreite, erheblich belastet. Dies sei aber rechtlich nicht zu beanstanden, weil derjenige, der mehr entnehme als ihm die wasserrechtliche Erlaubnis gestatte, ohne Genehmigung handele und deshalb auch zu einem höheren Entgelt herangezogen werden dürfe. Das Wasserentnahmeentgelt sei zudem auch bei einer Verdoppelung der tatsächlich entnommenen Menge mit Blick auf die in § 3 Abs. 2 WasEE-VO LSA geregelten Entgeltsätze bis maximal 0,07 €/m³ nicht unverhältnismäßig hoch. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass auf Antrag des Entgeltpflichtigen gemäß § 4 Abs. 1 WasEE-VO LSA die tatsächlich entnommene Menge zugrunde gelegt werde, wenn diese geringer als die genehmigte Menge gewesen sei. Der Beklagte weise insoweit zu Recht darauf hin, dass der Entgeltpflichtige individuell zwischen einer höheren Abgabenlast bei Veranlagung nach Bescheid oder dem betrieblichen Mehraufwand einer Messlösung in Verbindung mit einer reduzierten Abgabenast abwägen müsse. Die Sanktionierung sei auch nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil in § 103 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 WHG eine andere Möglichkeit der Sanktionierung bestehe, denn das Ordnungswidrigkeitenverfahren sei ein gesondertes Verfahren, das von zahlreichen weiteren Voraussetzungen abhänge. Auch sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht ersichtlich und ergebe sich insbesondere nicht aus einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung desjenigen, der über eine Erlaubnis zur Wasserentnahme verfüge, jedoch die Entnahmemenge geringfügig überschreite, mit demjenigen, der ohne Inhaber einer wasserrechtlichen Erlaubnis zu sein, Wasser entnehme. Soweit der Inhaber einer wasserrechtlichen Erlaubnis die gestattete Entnahmemenge überschreite, fehle es an einer wasserrechtlichen Erlaubnis, so dass schon keine ungleichen Sachverhalte bestünden.

27

Auch die Anwendung der Vorschrift durch den Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere sei die Sanktionsregelung des § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA auch auf die Fälle anwendbar, in denen die Klägerin im Monat April Grundwasser entnommen habe. Denn für diese Fälle sei kein die Gewässerbenutzung zulassender Bescheid vorhanden. Die Klägerin könne sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, mit den Bewilligungsbescheiden vom 18. und 19.12.2000 seien Beregnungszeiträume und keine Entnahmezeiträume festgelegt worden, so dass § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA von vornherein nicht anwendbar sei.

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Auch hinsichtlich der Entnahmestellen Nr. 1, 7, 8 und 9 liege tatbestandlich eine entsprechende Entgeltpflicht vor, obwohl die Klägerin an diesen Entnahmestellen im Jahr 2012 kein Wasser entnommen habe. Da es allein auf die Möglichkeit der Entnahme ankomme, könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, allein das Innehaben eines Wasserrechts löse die Entgeltpflicht nicht aus. Dass der Beklagte insoweit
§ 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA anwende, sei rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere sei die Vorschrift von der Verordnungsermächtigung des § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA gedeckt. Sie finde ihre Rechtfertigung in dem verfolgen Lenkungszweck, dass die Entnahmerechte nur im erforderlichen Umfang beantragt würden, um dadurch von vornherein die Abgabenlast zu reduzieren, die Rechteverteilung auf das erforderliche Maß zu beschränken und den Verwaltungsaufwand für eine Messlösung einzusparen.

29

Am 17.08.2015 hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass § 105 WG LSA als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Wasserentnahmeentgeltverordnung für das Land Sachsen-Anhalt eingreife. Vielmehr regelten diese Vorschrift und daran anknüpfend § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA eindeutig, dass allein für das Entnehmen oder Ableiten ein Wasserentnahmeentgelt erhoben werden könne. Das in § 4 der WasEE-VO LSA geregelte Mindestentgelt von 10% des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides sei daher nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Auch für die Sanktionsregelung in § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA existiere keine Ermächtigungsgrundlage. § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA regele lediglich die Möglichkeit des Verordnungsgebers, die Höhe des Wasserentnahmeentgelts festzulegen. Eine Ermächtigung zu einer Sanktionierung sei hierin nicht zu sehen. Zudem sei die in § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA vorgesehene Verdoppelung des Wasserentnahmeentgelts unverhältnismäßig hoch und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Ungleiche Sachverhalte würden durch jene Verordnungsregelung gleich behandelt, denn derjenige, der seine genehmigte Entnahmemenge nur geringfügig überschreite, werde gemäß § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA genauso behandelt wie derjenige, der bezüglich der gesamten geförderten Wassermenge über keine Erlaubnis verfüge. Dies sei auch nicht interessengerecht. Bis zur genehmigten Entnahmemenge sei daher eine Verdoppelung des Wasserentnahmeentgelts unzulässig.

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Die Sanktionierung der Entnahme außerhalb des festgesetzten Entnahmezeitraums sei ebenfalls rechtswidrig, da es für die Festlegung von Entnahmezeiträumen schon keine Ermächtigungsgrundlage, insbesondere gemäß § 105 WG LSA, gebe. Sofern die zeitliche Begrenzung der Beregnung bzw. Entnahme überhaupt zulässig gewesen sei, sei hierin allenfalls eine Auflage zum Bescheid zu sehen. Die Auflage zwinge, suspendiere aber nicht. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der zeitlichen Begrenzung lediglich um eine Bedingung handele, ließen sich aus den angegriffenen Bescheiden nicht entnehmen. Im Gegenteil werde an keiner Stelle ausgeführt, weshalb die Behörde eine zeitliche Begrenzung vorgenommen habe. Jene Tatsache spreche eher dafür, dass es der Behörde auf den festgesetzten Entnahmezeitpunkt überhaupt nicht ankomme. Jedenfalls könne sich die Sanktion gemäß § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA nur auf die Menge Wasser beziehen, die ohne Genehmigung entnommen worden sei; eine Verdoppelung der Entnahmemenge scheide aus.

31

Die Klägerin beantragt,

32

das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 02.06.2015 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 15.10.2013 insoweit aufzuheben, als er einen Betrag von 55.683,68 € überschreitet.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

35

Er führt ergänzend zum erstinstanzlichen Vortrag aus, der Verordnungsgeber sei gemäß § 105 WG LSA ermächtigt gewesen, auch bei einer "Nullentnahme" ein Wasserentnahmeentgelt zu erheben und festzusetzen. Im Übrigen ergebe sich aus der gesetzlichen Systematik eindeutig, dass der wasserrechtliche Bescheid sowohl in Bezug auf die Menge als auch hinsichtlich des Verwendungszwecks Grundlage der Berechnung des Wasserentnahmeentgelts sei. Nur nach Maßgabe des § 4 WasEE-VO könne von diesem Grundsatz abgewichen werden. Dies werde auch in der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA deutlich, nach der mindestens 10 % des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides zu berechnen seien. Auch sei § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA von der landesrechtlichen Ermächtigungsnorm des § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA gedeckt. Die Verdoppelung der tatsächlichen Entnahmemenge sei nicht unverhältnismäßig und verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Im Übrigen sei der Klägerin nicht gestattet gewesen, außerhalb der in den Bescheiden angegebenen Zeiträume Wasser zu entnehmen, so dass das Wasserentnahmeentgelt auch insoweit zu verdoppeln gewesen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen; die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Klägerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 15.10.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit der Beklagte Wasserentnahmeentgelte von mehr als 61.602,47 Euro festgesetzt hat; im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig.

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Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts ist § 105 Abs. 1 und 3 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA) vom 16.03.2011 (GVBl. LSA 492) i. V. m. den Regelungen der Verordnung über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern für das Land Sachsen-Anhalt (Wasserentnahmeentgeltverordnung für das Land Sachsen-Anhalt - WasEE-VO LSA) vom 22.12.2011 (GVBl. LSA S. 889). Nach der gesetzlichen Ermächtigung des § 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA kann das Land nach Maßgabe dieser Bestimmung und der Verordnung nach Absatz 3 für das Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern und das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser ein Entgelt (Wasserentnahmeentgelt) erheben. In § 105 Abs. 3 WG LSA wird die Landesregierung ermächtigt, durch Verordnung (1.) die entgeltpflichtigen Tat-bestände (Absatz 1 Satz 1), (2.) die näheren Voraussetzungen, bei deren Vorliegen von der Pflicht zur Entrichtung des Wasserentnahmeentgelts Befreiung erteilt werden kann (Absatz 1 Satz 3 und 4), (3.) die Höhe des Wasserentnahmeentgelts, bezogen auf die entgeltpflichtigen Tatbestände, (4.) den Veranlagungszeitraum und das Veranlagungsverfahren, (5.) die Erfassung der Wasserentnahmen, (6.) die Verwendung von Daten für Zwecke der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts, (7.) das Beitreibungs- und Vollstreckungsverfahren und (8.) den Zeitpunkt des Beginns der Entgeltpflicht festzulegen.

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Von dieser Ermächtigung hat die Landesregierung mit der WasEE-VO LSA Gebrauch gemacht. Nach § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA erhebt das Land für die Benutzungen des Entnehmens oder Ableitens von Wasser aus oberirdischen Gewässern und des Entnehmens, Zutageförderns, Zutageleitens oder Ableitens von Grundwasser ein Wasserentnahmeentgelt. Entgeltpflichtig ist gemäß § 1 Abs. 2 WasEE-VO LSA der jeweilige Benutzer nach Abs. 1.

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I. Bezogen auf die Grundwasserentnahmestellen Nr. 1 (Naundorf), Nr. 7 (Listerfehrda) und Nr. 8 (Arnsdorf) hat der Beklagte keinen Anspruch auf ein Wasserentnahmeentgelt im Sinne des § 1 WasEEVO-LSA, weil schon der Tatbestand des § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA nicht erfüllt ist. Denn die Klägerin hat im Kalenderjahr 2012 an diesen Standorten tatsächlich kein Grundwasser entnommen.

41

Wie der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 07.03.2017 - 2 L 118/15 -, zitiert nach juris, entschieden hat, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA und des § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA mit hinreichender Klarheit, dass die Entgeltpflicht nur bei tatsächlicher Benutzung des Gewässers, u.a. in Gestalt des Entnehmens von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer, und nicht schon durch die Einräumung der Möglichkeit der Gewässerbenutzung in einem wasserrechtlichen Bescheid besteht.

42

Im Einzelnen hat der Senat folgendes ausgeführt:

43

"Benutzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 WHG sind nur bestimmte, zur Ordnung des Wasserhaushalts einem Verbot mit Befreiungsvorbehalt unterworfene, zweckbestimmte Verhaltensweisen, die nach ihrer Eignung auf ein Gewässer gerichtet sind (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl., § 9 RdNr. 5, m.w.N.). Hätten der Gesetz- und der Verordnungsgeber zur Verwirklichung des abgabenpflichtigen Tatbestandes an die bloße Möglichkeit der Gewässerbenutzung anknüpfen wollen, hätte dies im Regelungswerk seinen Niederschlag finden müssen, wie es etwa in § 1 Abs. 1 des Hamburgischen Gesetzes über die Erhebung einer Gebühr für Grundwasserentnahmen vom 26.06.1989 (HmbGVBl 1989, 115) der Fall ist. In diesem Gesetz wird die Formulierung verwendet, dass für die Einräumung der Befugnis zum Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser (Grundwasserförderung), soweit die Grundwasserförderung der Wasserversorgung dient, eine Gebühr erhoben wird.

44

Einen Regelungswillen des Gesetz- oder Verordnungsgebers dahingehend, dass für eine Entgeltpflicht bereits die Möglichkeit der Wasserentnahme auf der Grundlage eines die Wasserentnahme in einem bestimmten Umfang zulassenden Bescheides genügen soll, lässt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des Beklagten nicht aus § 3 Abs. 1 WasEE-VO LSA ableiten. Danach richtet sich die Höhe des Wasserentnahmeentgelts nach der zulässigen Jahresmenge des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides. Der Senat teilt die Auffassung der Klägerin, dass diese Bestimmung allein die Bemessung der Höhe des Entgelts betrifft. Der Umstand, dass der Verordnungsgeber in Ausfüllung der Ermächtigungsnorm des § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA für die Höhe des Wasserentnahmeentgelts grundsätzlich an die Jahresmenge in dem die Benutzung zulassenden Bescheid anknüpft (Bescheidlösung), vermag daran nichts zu ändern. Gemäß § 38 AO, der nach § 7 WasEE-VO LSA entsprechend anzuwenden ist, entstehen "Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis", sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Damit entsteht der Anspruch des Landes auf ein Wasserentnahmeentgelt erst mit Verwirklichung des Tatbestandes, an den die Vorschriften des § 105 WG LSA und die WasEE-VO LSA die Entgeltpflicht knüpfen (vgl. zur Wasserentnahmegebühr in Niedersachsen: NdsOVG, Urt. v. 29.06.2006 – 13 LC 356/04 –, ZfW 2008, 33 [41], RdNr. 57 in juris). Sowohl § 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA als auch der ausdrücklich den Anwendungsbereich der WasEE-VO LSA und die Entgeltpflicht regelnde § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA knüpfen die Entgeltpflicht an die Benutzungstatbestände des Entnehmens oder Ableitens aus oberirdischen Gewässern sowie des Entnehmens, Zutageförderns, Zutageleitens oder Ableitens von Grundwasser und nicht an den Inhalt des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides.

45

Für dieses Verständnis spricht auch ein Vergleich mit dem Abwasserabgabenrecht. Auch für die Bemessung der Abwasserabgabe, die gemäß § 1 AbwAG für das "Einleiten" von Abwasser in ein Gewässer zu entrichten ist, sieht § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG eine "Bescheidlösung" dergestalt vor, dass die der Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten zugrunde zu legende Schadstofffracht sich außer bei Niederschlagswasser (§ 7) und bei Kleineinleitungen (§ 8) nach den Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides errechnet. Sofern eine Abwassereinleitung bescheidmäßig zugelassen ist, mag zwar eine Vermutung dafür sprechen, dass auch eingeleitet wird, so dass der Abgabepflichtige im Zweifel nachzuweisen hat, dass er die Einleitung erst später als im Bescheid zugelassen begonnen hat (vgl. Köhler/Meyer, AbwAG, 2. Aufl. § 1 RdNr. 100). Wenngleich auch für die zeitliche Berechnung der Abwasserabgabe in erster Linie der die Abwassereinleitung zulassende Bescheid maßgebend ist, kann das abstrakte wie konkrete Abgabenschuldverhältnis nicht vor dem (tatsächlichen) Einleiten entstehen (Köhler/Meyer, a.a.O.). Auch wenn § 4 Abs. 1 AbwAG hinsichtlich der Grundlagen für die Zahl der Schadeinheiten auf den Bescheid Bezug nimmt, ist für den Beginn der Abgabepflicht nicht der Zeitpunkt des Erlasses oder des Wirksamwerdens der Entscheidung über die Zulassung der Einleitung, sondern der erstmalige tatsächliche Beginn der Einleitung maßgebend (Zöllner, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG und AbwAG, § 1 AbwAG RdNr. 7). Das gesetzliche Abgabenschuldverhältnis entsteht mit der Einleitung; durch den Abwasserabgabenfestsetzungsbescheid wird das Schuldverhältnis lediglich konkretisiert, wobei Grundlage der Abgabenermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG zunächst die Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheids sind (BayVGH, Beschl. v. 17.03.2010 – 22 ZB 09.1047 –, juris, RdNr. 14, m.w.N.). § 4 Abs. 1 AbwAG misst der wasserrechtlichen Erlaubnis eine Bindungswirkung nur im Hinblick auf die Festlegung von Überwachungswerten und die Jahresschmutzwassermenge bei; die Feststellung der rechtlichen Voraussetzungen der Abgabenpflicht wird hierdurch weder gebunden noch ersetzt (BVerwG, Urt. v. 15.06.2005 - BVerwG 9 C 8.04 -, NVwZ-RR 2005, 739 [741], RdNr. 29 in juris).

46

Auch die Vorschrift über die Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts in § 4 Abs. 1 Satz 1 WasEE-VO LSA führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach kann das Wasserentnahmeentgelt auf Antrag des Entgeltpflichtigen ermäßigt werden, wenn die tatsächlich entnommene Menge im Erhebungszeitraum geringer oder der tatsächliche Verwendungszweck ein anderer ist. Die Bestimmung regelt nur den Fall, dass tatsächlich Wasser entnommen wurde, die entnommene Menge im Erhebungszeitraum aber geringer ist als die zugelassene Jahresmenge oder der tatsächliche Verwendungszweck ein anderer ist als in dem die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid vorgesehen.

47

Ein Indiz dafür, dass die WasEE-VO LSA das Entstehen der Abgabenpflicht an die erstmalige Gewässerbenutzung knüpft, ist zudem die Antwort der Landesregierung - mithin des Verordnungsgebers - auf die Kleine Anfrage eines Abgeordneten vom 19.11.2013 (LT-Drs. 6/2587, S. 2), nach der von der Pflicht zur Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts alle Unternehmen ausgenommen seien, die kein Wasser entnehmen.

48

Nicht zu überzeugen vermag der Einwand des Beklagten, der Begriff der "Entnahme" in § 105 WG LSA umfasse auch die bloße Möglichkeit der Entnahme, weil schon allein diese dem Nutzungsberechtigten einen Vorteil einräume. Zwar können Wasserentnahmeentgelte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 07.11.1995 – 2 BvR 1300/93 –, BVerfGE 93, 319 [346], RdNr. 165 in juris; Beschl. v. 20.01.2010 – 1 BvR 1801/07, 1 BvR 1878/07 –, NVwZ 2010, 831 [833 f.], RdNr. 30 in juris) für die bloße Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme erhoben werden. § 105 Abs. 1 WG LSA und § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA sehen dies aber nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht vor. Rechtliche Bedenken, die Entstehung des Abgabenpflicht an die tatsächliche Gewässerbenutzung zu knüpfen und damit den die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit liegende Vorteil nach seinem tatsächlichen Umfang abzuschöpfen, bestehen insoweit nicht (BVerfG, a.a.O.).

49

Nicht stichhaltig ist das weitere Argument des Beklagten, nach § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA solle aus dem Aufkommen des Wasserentnahmeentgelts vorab der Verwaltungsaufwand gedeckt werden, der bereits durch den Erlass "des Bescheides" entstehe. Soweit der Beklagte insoweit auf den die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid – hier den Planfeststellungsbeschluss des Landesamtes für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt vom 30.11.2005 – abstellen sollte, wäre dem entgegen zu halten, dass § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA ausdrücklich nur von der Deckung des Verwaltungsaufwandes spricht, der "durch den Vollzug der für das Wasserentnahmeentgelt geltenden Vorschriften" entstanden ist. Zudem dürfte der dem Land entstandene Verwaltungsaufwand für den Erlass der wasserrechtlichen Erlaubnisse im Planfeststellungsbeschluss bereits durch die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für den Rahmenbetriebsplan erhobene Verwaltungsgebühr abgegolten sein (vgl. Abschnitt 30, Anmerkung zu Tarifstelle Nr. 3.1.2 der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt – AllGO – vom 30.08.2004 [GVBl. S. 554]). Sofern der Beklagte auf den Verwaltungsaufwand abstellen sollte, der ihm für den Erlass des hier angefochtenen Bescheides über die Erhebung eines Wasserentgelts entstanden ist, könnte auch dies die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts nicht rechtfertigen. Solange der abgabepflichtige Tatbestand – hier die Entnahme von Wasser aus einem Gewässer – nicht verwirklicht ist und deshalb auch kein Abgabenbescheid erlassen werden durfte, kann der für den Erlass eines rechtswidrigen Bescheides entstandene Verwaltungsaufwand nicht (ergänzend) für die Rechtfertigung der Abgabenerhebung herangezogen werden. Mit der Regelung in § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA wollte der Gesetzgeber im Übrigen nur sicherstellen, dass mit dem Aufkommen aus den (rechtmäßig) erhobenen Wasserentnahmeentgelten der dabei entstandene Verwaltungsaufwand "vorab" zu decken ist, d.h. die insoweit erzielten Einnahmen erst dann für andere Zwecke verwendet werden dürfen, wenn der durch die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts entstandene Verwaltungsaufwand gedeckt ist."

50

An dieser Auffassung hält der Senat fest; insbesondere ist dem Beklagten nicht darin zu folgen, dass diese Rechtsprechung des Senats nur solche Fälle erfasse, in denen noch zu keinem Zeitpunkt erstmals auf der Grundlage einer wasserrechtlichen Genehmigung Grundwasser entnommen worden sei. Hier liege der Fall aber anders, weil die Klägerin zwar nicht im Jahr 2012, aber jedenfalls in den Vorjahren auf der Grundlage der ihr erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 21.04.2010 Grundwasser entnommen habe.

51

Zwar heißt es in dem Urteil des Senats vom 07.03.2017, "dass die WasEE-VO LSA das Entstehen der Abgabenpflicht an die erstmalige Gewässerbenutzung knüpft" (juris, RdNr. 39). Allerdings ist diese Formulierung ausschließlich dem konkreten Einzelfall in dem Verfahren 2 L 118/15 geschuldet, in dem der zu einem Wasserentnahmeentgelt Herangezogene die Gewässerbenutzung tatsächlich noch nicht aufgenommen hatte. Dass der Senat das Entstehen der Abgabenpflicht nicht allein von der erstmaligen Wasserentnahme abhängig machen wollte, ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen des Senats und dem daran anknüpfenden Leitsatz der Entscheidung, "dass eine Pflicht zur Zahlung eines Wasserentnahmeentgelts nach der WasEE-VO LSA nur bei tatsächlicher Benutzung des Gewässers besteht". Jede andere Auslegung würde zudem mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WasEE-VO LSA nicht in Einklang stehen, wonach Erhebungszeitraum das Kalenderjahr ist. Entsteht folglich nach dem Willen des Verordnungsgebers die Abgabenpflicht jährlich neu, so muss auch der Tatbestand der Entnahme von Grundwasser auch für jeden Erhebungszeitraum erfüllt sein.

52

Eine Entgeltpflicht der Klägerin lässt sich auch nicht mit der Erwägung begründen, dass ihr mit dem Änderungsbescheid vom 21.04.2010 die Entnahme von Grundwasser zur Viehversorgung und Brauchwasserversorgung an insgesamt neun Standorten genehmigt worden ist und sie zumindest an den Standorten 2. bis 6. und 9. Grundwasser entnommen hat. Denn der Bescheid des Beklagten vom 21.04.2010 weist ausweislich Ziffer 3 des Bescheides (Art, Zweck und Umfang der Gewässerbenutzung) den Umfang der Nutzung für jeden einzelnen Standort aus, so dass gemäß § 38 AO auch für jeden einzelnen Standort der Tatbestand (die Entnahme von Grundwasser) verwirklicht sein muss, um gemäß § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA eine Leistungspflicht zu begründen. Hiervon geht im Übrigen auch der angefochtene Bescheid des Beklagten aus, indem die Berechnung des Wasserentnahmeentgelts für jeden Standort gesondert erfolgt. Insoweit ist es auch unerheblich, dass die Klägerin mit Schreiben vom 15.02.2013 eine Ermäßigung für die Gesamtmenge aller Entnahmen aus dem Wasserrecht beantragt hat, denn auf eine Gesamtbetrachtung kommt es nach dem oben Ausgeführten gerade nicht an.

53

Folglich ist für die Entnahmestellen Nr. 1., 7. und 8. schon keine Entgeltpflicht entstanden, weil die Klägerin im Kalenderjahr 2012 an diesen Standorten kein Grundwasser entnommen hat, so dass von dem mit Bescheid vom 15.10.2013 festgesetzten Wasserentnahmeentgelt in Höhe von 74.000,10 Euro insgesamt 145,60 Euro (= 55,30 Euro für die Entnahmestelle Naundorf [Nr. 1], 89,60 Euro für die Entnahmestelle Listerfehrda [Nr. 8] und 0,70 Euro für die Entnahmestelle Arnsdorf [Nr. 8]) in Abzug zu bringen sind.

54

II. Im Übrigen ist die von dem Beklagten auf der Grundlage der §§ 3, 4 WasEE-VO LSA ermittelte Höhe des Wasserentnahmeentgelts rechtswidrig, soweit der angefochtene Bescheid vom 15.10.2015 einen Betrag von 61.602,47 Euro überschreitet.

55

1. Insoweit ist mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des § 105 WG LSA und der WasEE-VO LSA bei der Auslegung der §§ 3, 4 WasEE-VO LSA von Folgendem auszugehen: Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt hat bereits im Wassergesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 31.08.1993 (GVBl. LSA, S. 477) in § 47 die Möglichkeit geschaffen, nach Maßgabe dieser Bestimmung und einer Verordnung nach Absatz 3 (die allerdings erst 2011 in Kraft getreten ist) für das Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern und das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser ein Entgelt (Wasserentnahmeentgelt) zu erheben. Hintergrund der gesetzlichen Regelung war ausweislich der Beratungen im Landtag von Sachsen-Anhalt (vgl. Plenarprotokoll 1/50, S. 5840 ff.) neben haushälterischen Erwägungen auch die Intention, einen naturressourcenschonenden Umgang mit Wasser zu bewirken. Dazu heißt es in dem Plenarprotokoll auf S. 5842: "Dieser Weg wurde von uns gewählt, um bereits im Wassergesetz deutlich den Willen zu bekunden, daß für die Inanspruchnahme der gerade in unserem Lande knappen Ressource Wasser neben dem Verbraucherpreis eine Sonderabgabe als ökonomisches Lenkungsinstrument grundsätzlich für richtig und erforderlich gehalten wird." Mit der Erhebung des Entgelts verfolgt der Landesgesetzgeber mithin neben der Abschöpfung des Vorteils, der dem Erlaubnisinhaber durch die Nutzung des Grundwassers zukommt, einen verfassungsrechtlich legitimierten Lenkungszweck.

56

Das Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 12 BvR 1300/93 -, juris RdNr. 133) hat dazu ausgeführt:

57

"Die Erhebung von Wasserentnahmeentgelten ist gegenüber dem Prinzip des Steuerstaates sachlich legitimiert. Es kann dahinstehen, ob dies bereits aus der Lenkungsfunktion dieser Abgaben folgt. Jedenfalls ergibt sich die sachliche Legitimation aus ihrem Charakter als Vorteilsabschöpfungsabgaben im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsregelung. Knappe natürliche Ressourcen, wie etwa das Wasser, sind Güter der Allgemeinheit. Wird Einzelnen die Nutzung einer solchen, der Bewirtschaftung unterliegenden Ressource (vgl. oben 1.), eröffnet, wird ihnen die Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit verschafft (vgl. Murswiek, NuR 1994, 170 <175>). Sie erhalten einen Sondervorteil gegenüber all denen, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen. Es ist sachlich gerechtfertigt, diesen Vorteil ganz oder teilweise abzuschöpfen."

58

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die von dem Beklagten festgesetzte Höhe des Wasserentnahmeentgelts für die Standorte 2. bis 6. und 9. bis 15. jedenfalls insoweit rechtmäßig, als das Entgelt gemäß § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA für die tatsächliche Wasserentnahme erhoben und gemäß § 3 Abs. 1 und 2 WasEE-VO LSA nach der tatsächlich entnommenen Wassermenge berechnet worden ist: Abgeschöpft wird damit nämlich der in der durch den die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid eröffneten Wasserentnahmemöglichkeit liegende Vorteil nicht nach seinem rechtlichen, sondern (zugunsten der Entgeltpflichtigen nur) nach seinem tatsächlichen Umfang (vgl. hierzu: BVerfG, Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 12 BvR 1300/93 -, juris RdNr. 165; Nichtannahmebeschluss v. 20.01.2010 - 1 BvR 1801/07, 1 BvR 11 BvR 1878/07 -, juris RdNr. 30).

59

Die tatsächlich entnommene Menge zugrunde gelegt, hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.10.2013 zu Recht Wasserentnahmeentgelte für die einzelnen Standorte in Höhe von insgesamt 55.683,68 Euro gegenüber der Klägerin festgesetzt. Insoweit ist der angefochtene Bescheid auch bestandskräftig, da die Klägerin mit ihrem Klageantrag die Aufhebung des Bescheides lediglich in Höhe von 18.316,42 Euro begehrt.

60

2.2. Allerdings ist die festgesetzte Höhe des Wasserentnahmeentgelts für die Standorte Nr. 4., 6. und 15. rechtswidrig, soweit der Beklagte aufgrund einer Überschreitung der genehmigten Entnahmemenge gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA die doppelte Menge des tatsächlich insgesamt entnommenen Grundwassers zugrunde gelegt hat.

61

Nach dieser Vorschrift ist bei der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts die doppelte Menge der tatsächlich geförderten Menge zugrunde zu legen, die von der zuständigen Festsetzungsbehörde nach den Angaben des Entgeltpflichtigen durch die Vorlage eines entsprechenden Nachweises nach § 4 Abs. 1 Sätze 3 und 5 ermittelt wird, wenn kein die Gewässerbenutzung zulassender Bescheid vorhanden ist oder die in einem Bescheid festgesetzte Jahresmenge überschritten wird.

62

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm werden von der Klägerin erfüllt, da sie an den o. g. Standorten die mit Bescheiden vom 21.04.2010 und 08.07.2011 genehmigten Entnahmemengen unstreitig überschritten hat.

63

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass für die "Sanktionsregelung" in § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA keine Ermächtigungsgrundlage existiere, weil § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA lediglich die Möglichkeit des Verordnungsgebers regele, die Höhe des Wasserentnahmeentgelts festzulegen, ist dem nicht zu folgen. § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA betrifft - wie § 3 Abs. 1 WasEE-VO LSA - die Bemessung der Höhe des Entgelts und findet damit seine Ermächtigungsgrundlage in § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA, wonach die Landesregierung ermächtigt wird, die Höhe des Wasserentnahmeentgelts, bezogen auf die entgeltpflichtigen Tatbestände (§ 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA), durch Verordnung festzulegen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Verordnungsgeber mit § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA bei bestimmten Fallkonstellationen eine Verdoppelung der der Berechnung zugrunde zu legenden Entnahmemenge ermöglicht hat; denn auch eine Entgeltverdoppelung betrifft die Höhe des Wasserentnahmeentgelts und ist mithin von der Ermächtigungsnorm des § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA gedeckt.

64

Allerdings ist bei der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts die in § 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 WasEE-VO LSA vorgesehene Zugrundelegung der doppelten Menge der tatsächlich geförderten Menge im Falle der Überschreitung der genehmigten Entnahmemenge - wie hier durch den Beklagten - mit höherrangigem Recht, insbesondere dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, nicht vereinbar.

65

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1998 - 1 BvR 1554/89, u.a. -, BVerfGE 98, 365, 385; BVerfG, Beschl. v. 07.02.2012 - 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240, 252).

66

Durch die von dem Beklagten vorgenommene Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA auf sämtliche Fälle der Mengenüberschreitung werden entgegen Art. 3 Abs. 1 GG auch ungleiche Sachverhalte gleich behandelt. Diese Ungleichheit zeigt sich insbesondere darin, dass bei der Entgelterhebung derjenige, der von vornherein ohne Erlaubnis Grundwasser entnimmt, demjenigen gleichgesetzt wird, der die ihm genehmigte Entnahmemenge lediglich überschreitet, aber über eine Erlaubnis zur Entnahme jedenfalls einer Teilmenge des Grundwassers verfügt. Gerade das Vorhandensein einer wasserrechtlichen Erlaubnis unterscheidet folglich die o. g. Fälle signifikant voneinander, weil der Erlaubnisinhaber - anders als der Nichtinhaber einer wasserrechtlichen Erlaubnis - berechtigt ist, eine bestimmte Wassermenge zu entnehmen. Vor dem Hintergrund, dass der Erlaubnisinhaber jedenfalls teilweise rechtmäßig Grundwasser entnimmt, ist dessen rechtliche Gleichbehandlung mit einem Nichtinhaber einer Erlaubnis im Rahmen der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts auf der Grundlage des § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil für eine derartige Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte sachliche Gründe nicht ersichtlich und auch von dem Beklagten nicht aufgezeigt worden sind.

67

Allerdings führt dies nicht zu der Annahme einer grundsätzlichen Unvereinbarkeit des
§ 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA mit höherrangigem Recht, denn § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA eröffnet von seinem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der WasEE-VO LSA her einen gewissen Interpretationsspielraum, so dass den 'Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes im Wege einer verfassungskonformen Auslegung Rechnung getragen werden kann.

68

Die o. a. parlamentarische Erörterung bringt deutlich zum Ausdruck, dass es dem Normgeber darum ging, mit dem Wasserentnahmeentgelt die Nutzer des Wassers zum sparsamen Umgang mit dieser Ressource anzuhalten. Dadurch soll der wasserwirtschaftlich und ökologisch bedenklichen Übernutzung des Grundwasserschatzes entgegengewirkt und das nutzbare Grundwasserangebot so weit wie möglich und vertretbar der öffentlichen Wasserversorgung vorbehalten werden. Damit befindet er sich im Gleichklang mit der im Wasserhaushaltsrecht ausdrücklich normierten, jedermann treffenden allgemeinen Sorgfaltspflicht zur sparsamen Verwendung von Wasser (vgl. § 6 WHG). Gerade bei der Bemessung der Abgabenhöhe waren der umweltpolitische Ansatz der sparsamen Verwendung und speziell auch der Ressourcenschonung des Grundwassers ein tragendes Element.

69

Durch dieses Lenkungsziel ist unzweifelhaft eine Verdoppelung der tatsächlich geförderten Menge für alle Fälle der Entnahme von Grundwasser ohne einen die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid gerechtfertigt (§ 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 WasEE-VO LSA). Denn zum einen wird in allen Fällen der nicht genehmigten Entnahme von Grundwasser die Ressource Wasser gefährdet und führt Weg von dem Lenkungsziel des Verordnungsgebers, für eine am Gemeinwohl orientierte Grundwasserverwendung Sorge zu tragen. Zum anderen geht von jedem nennenswerten Entgelt eine gewisse Hemmungswirkung für den Entgeltschuldner auf die Inanspruchnahme der entgeltpflichtigen Staatsleistung aus (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.02.1979 - 2 BvL 5/76 -, juris RdNr. 47). Ausgehend von dem Lenkungsziel ist darüber hinaus eine Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA auf die Fälle notwendig, dass bei Vorliegen eines die Jahresmenge festsetzenden Bescheides (§ 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 WasEE-VO LSA) ausschließlich die unerlaubt entnommene Menge durch eine Verdoppelung dieser geförderten Menge zu sanktionieren ist. Eine Anwendung des § 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 WasEE-VO LSA auf sämtliche Fälle der Mengenüberschreitung bringt die Gefahr mit sich, dass einzelne Unternehmen, die die benötigte Grundwassermenge nicht vorab eindeutig festlegen können, von vornherein keine wasserrechtlichen Erlaubnisse mehr beantragen. Damit würde aber dem eigentlichen Anliegen dieser Vorschrift, Entnahmerechte nur in dem erforderlichen Umfang zu beantragen und erteilte wasserrechtliche Erlaubnisse ausschließlich in dem genehmigten Umfang auszuschöpfen, nicht mehr Rechnung getragen. Dass durch eine ungenehmigte Entnahme zudem die Ressource Wasser nicht geschont wird, liegt auf der Hand.

70

Auch lässt der Wortlaut des § 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 WasEE-VO LSA aufgrund seiner Formulierung Raum für eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend, dass bei der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts die doppelte Menge der tatsächlich (unerlaubt) geförderten Menge zugrunde zu legen ist, "soweit die in einem Bescheid festgesetzte Jahresmenge überschritten wird".

71

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen sind von dem mit Bescheid vom 15.10.2013 festgesetzten Wasserentnahmeentgelt in Höhe von 74.000,10 Euro weitere 12.229,00 Euro (= 2.478,00 Euro für die Entnahmestelle Seyda [Nr. 4], 2.821,00 Euro für die Entnahmestelle Elster [Nr. 6] und 6.930,00 Euro für die Entnahmestelle Battin [Nr. 15]) in Abzug zu bringen, indem lediglich die tatsächlich unerlaubt entnommene Menge doppelt berechnet wird.

72

2.3. Hingegen ist die von dem Beklagten gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 WasEE-VO LSA festgesetzte Höhe des Wasserentnahmeentgelts für die Entnahmestellen Nr. 10 bis 14 rechtmäßig, soweit er für den Monat April 2012 die doppelte Menge der tatsächlich geförderten Menge zugrunde gelegt hat.

73

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 WasEE-VO LSA sind erfüllt, denn die Klägerin verfügt für die Entnahme des Grundwassers im Monat April ausweislich der wasserrechtlichen Bescheide vom 18. und 19.12.2000 über keinen die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid.

74

Den wasserrechtlichen Bescheiden vom 18. und 19.12.2000 ist zunächst mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen, dass das damals zuständige Regierungspräsidium Dessau Beregnungszeiträume vom 1. Mai bis 30. September festgelegt hat. Dass der Beklagte eine solche Regelung treffen konnte, ergibt sich zwar nicht aus der Entgeltvorschrift des § 105 WG LSA, jedenfalls aber aus § 10 Abs. 1 WHG, wonach die Erlaubnis (§ 8 WHG) u. a. die Befugnis gewährt, ein Gewässer in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen. Die Festlegung von Beregnungszeiträumen ist auch nicht offensichtlich willkürlich, denn den o. g. Bescheiden lässt sich entnehmen, dass diese Festlegung offenbar der Regulierung des Grundwasserstandes diente: "Die Reduzierung des Grundwasserstandes wird aber in der Folgezeit, in der winterlichen Stagnationsphase, durch eine höhere Grundwasserneubildung bis zum Frühjahr ausgeglichen".

75

Soweit die Klägerin einwendet, die Sanktionierung der Entnahme außerhalb des festgesetzten Entnahmezeitraums sei rechtswidrig, wendet sie sich der Sache nach gegen die Festsetzungen in den wasserrechtlichen Bescheiden vom 18. und 19.12.2000. Diese Bescheide sind allerdings - auch mit den festgelegten Entnahme- bzw. Beregnungszeiträumen - bestandskräftig geworden, nachdem die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin keinen Widerspruch gegen die Bescheide erhoben hat. In dem hier streitgegenständlichen Verfahren, in dem es um die Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts geht, kann die Klägerin mit diesen Einwänden nicht mehr gehört werden. Soweit in diesen Bescheiden Beregnungszeiträume festgelegt werden, handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um Auflagen, sondern um zeitliche Begrenzungen der zulässigen Gewässerbenutzung.

76

Der Beklagte hat bei der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA für das im April 2012 entnommene Grundwasser auch zu Recht die doppelte Menge der tatsächlich geförderten Menge zugrunde gelegt; insbesondere ist § 3 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 WasEE-VO LSA in der vom Senat vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. oben Ziffer 2.2.).

77

2.4. Allerdings erweist sich der angefochtene Bescheid vom 15.10.2013 in Höhe von weiteren 23,03 Euro als rechtswidrig, soweit der Beklagte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA für die Entnahmestelle Ruhlsdorf (Nr. 9) 10% der erlaubten Entnahmemenge von Grundwasser berechnet hat.

78

Nach dieser Vorschrift beträgt im Fall einer Ermäßigung wegen tatsächlich geringerer Entnahmemengen das Wasserentnahmeentgelt mindestens zehn vom Hundert des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides.

79

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm sind zwar erfüllt, denn die Klägerin hat am Standort Nr. 9 im Kalenderjahr 2012 lediglich 881 m³ Grundwasser entnommen, obwohl ihr die Entnahme von 12.100 m³ mit Bescheid vom 21.04.2010 genehmigt worden war. Allerdings ist § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA nichtig, da die Vorschrift mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist, weil die pauschale Erhebung von mindestens 10 % des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides den dem Verordnungsgeber in Abgabenangelegenheiten - wie hier - zukommenden Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum nicht wahrt.

80

Der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verlangt, dass eine Entgelterhebung nur nach Gesichtspunkten erfolgen darf, die die Abgabenerhebung sachlich rechtfertigen. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt sein, so lange die durch jede Typisierung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung steht (vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 - BVerwG 11 C 8.99 -, juris, m. w. N.). Derartiges ist nicht erkennbar. Aus den Materialien des Gesetz- und Verordnungsgebers ergeben sich jedenfalls keine Hinweise darauf, welchen Zweck der Verordnungsgeber mit der Regelung verfolgt.

81

Der Beklagte trägt dazu lediglich vor, die Vorschrift solle der Stärkung des Wasserrechts Rechnung tragen und erreichen, dass über einen bestimmten Zeitraum hinweg das jeweilige Wasserrecht an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werde. Die Klägerin habe es also selbst in der Hand, die wasserrechtlichen Erlaubnisse anpassen zu lassen.

82

Dieser von dem Verordnungsgeber verfolgte Zweck rechtfertigt die in § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA bestimmte Pauschalierung indes nicht; denn der Verordnungsgeber verfolgt damit nicht mehr den Zweck einer Vorteilsabschöpfung oder Verhaltenslenkung im Sinne einer sparsamen Verwendung und speziell Ressourcenschonung des Grundwassers. Vielmehr steht die pauschale Erhebung von 10% dem Lenkungsziel der Ressourcenschonung diametral entgegen; denn sie veranlasst den Erlaubnisinhaber nicht zum sparsamen Umgang mit Grundwasser, sondern gerade zur Ausnutzung der wasserrechtlichen Erlaubnisse.

83

Auch ist § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA offensichtlich nicht aus Praktikabilitätsgründen zwingend erforderlich. Hierfür bliebe aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität dann Raum, wenn die Erfassung der tatsächlichen Entnahmemenge nur mit unvertretbarem Aufwand feststellbar wäre. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall, weil gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 WasEE-VO LSA der Entgeltpflichtige die tatsächlich entnommene Menge im Erhebungszeitraum durch die Vorlage eines entsprechenden Nachweises nach § 4 Abs. 1 Sätze 3 und 5 WasEE-VO LSA nachzuweisen hat.

84

Vor diesem Hintergrund ist die in § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA vorgenommene Pauschalierung und Typisierung zur Begrenzung des Verwaltungsaufwands, wie sie insbesondere im Abgabenrecht üblich ist, nicht gerechtfertigt.

85

Das im Bescheid vom 15.10.2013 ausgewiesene Wasserentnahmeentgelt in Höhe von insgesamt 74.000,10 Euro ist folglich insgesamt um 12.397,63 Euro auf 61.602,47 Euro zu reduzieren.

86

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

87

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Erlaubnis gewährt die Befugnis, die Bewilligung das Recht, ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen.

(2) Erlaubnis und Bewilligung geben keinen Anspruch auf Zufluss von Wasser in einer bestimmten Menge und Beschaffenheit.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
ohne Erlaubnis und ohne Bewilligung nach § 8 Absatz 1 ein Gewässer benutzt,
2.
einer vollziehbaren Auflage nach § 13 Absatz 1, auch in Verbindung mit
a)
§ 58 Absatz 4 Satz 1, auch in Verbindung mit § 59 Absatz 1, oder
b)
§ 63 Absatz 1 Satz 2,
zuwiderhandelt,
3.
einer Rechtsverordnung nach
a)
§ 23 Absatz 1 Nummer 1, 3 bis 8 oder Nummer 9 oder
b)
§ 23 Absatz 1 Nummer 10 oder Nummer 11 oder § 50 Absatz 4a Satz 1 Nummer 3
oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
4.
entgegen § 32 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2, § 45 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 oder § 48 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Stoffe lagert, ablagert oder befördert oder in ein oberirdisches Gewässer oder in ein Küstengewässer einbringt,
5.
entgegen § 37 Absatz 1 den natürlichen Ablauf wild abfließenden Wassers behindert, verstärkt oder sonst verändert,
6.
einer Vorschrift des § 38 Absatz 4 Satz 2 über eine dort genannte verbotene Handlung im Gewässerrandstreifen zuwiderhandelt,
7.
entgegen § 50 Absatz 4, § 60 Absatz 1 Satz 2 oder § 62 Absatz 2 eine dort genannte Anlage errichtet, betreibt, unterhält oder stilllegt,
7a.
einer Rechtsverordnung nach § 51 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit
a)
§ 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 Buchstabe a oder Buchstabe c oder Nummer 3 oder
b)
§ 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b
zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach
a)
§ 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 Buchstabe a oder Buchstabe c oder Nummer 3,
b)
§ 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b,
jeweils auch in Verbindung mit § 52 Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 oder § 53 Absatz 5, zuwiderhandelt,
8a.
einer Rechtsverordnung nach § 53 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit § 53 Absatz 5 in Verbindung mit
a)
§ 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 Buchstabe a oder Buchstabe c oder Nummer 3 oder
b)
§ 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b
zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
9.
ohne Genehmigung nach § 58 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 59 Absatz 1, Abwasser in eine Abwasseranlage einleitet,
10.
ohne Genehmigung nach § 60 Absatz 3 Satz 1 eine Abwasserbehandlungsanlage errichtet, betreibt oder wesentlich ändert,
11.
entgegen § 61 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 3 eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig anfertigt, nicht oder nicht mindestens fünf Jahre aufbewahrt oder nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt,
12.
entgegen § 63 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Anlage errichtet, betreibt oder wesentlich ändert,
13.
entgegen § 64 Absatz 1 nicht mindestens einen Gewässerschutzbeauftragten bestellt,
14.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 64 Absatz 2 zuwiderhandelt,
15.
ohne festgestellten und ohne genehmigten Plan nach § 68 Absatz 1 oder Absatz 2 ein Gewässer ausbaut,
16.
entgegen § 78 Absatz 4 Satz 1, auch in Verbindung mit Absatz 8, eine dort genannte Anlage errichtet oder erweitert,
16a.
einer Vorschrift des § 78a Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, über eine untersagte Handlung in einem dort genannten Gebiet zuwiderhandelt,
17.
entgegen § 78a Absatz 3 einen Gegenstand nicht oder nicht rechtzeitig entfernt,
18.
entgegen § 78c Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 eine Heizölverbraucheranlage errichtet,
19.
entgegen § 78c Absatz 3 eine Heizölverbraucheranlage nicht, nicht richtig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig nachrüstet,
20.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuwiderhandelt oder
21.
entgegen § 101 Absatz 2 das Betreten eines Grundstücks nicht gestattet oder eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 Buchstabe a, Nummer 4 bis 7, 7a Buchstabe a, Nummer 8 Buchstabe a, Nummer 8a Buchstabe a, Nummer 9, 10 und 12 bis 19 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Wasserentnahmeentgelt. Sie ist Inhaberin von im Rahmen eines bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens zur Eröffnung des Kiessandtagebaus (S.) erteilten wasserrechtlichen Erlaubnissen zur Entnahme von Brauchwasser aus dem entstehenden Kiessee. Der entsprechende Planfeststellungsbeschluss des Landesamtes für Geologie und Bergwesen vom 30.11.2005 enthält unter I. (Entscheidung) u.a. folgende Regelungen:

2

2. Die Entscheidung ergeht nach Maßgabe des § 75 Abs. 1 VwVfG LSA im Hinblick auf alle von diesem Vorhaben berührten öffentlichen Belange einschließlich der folgenden zu konzentrierenden Genehmigungen:

3

2.1 …

4

2.2 Genehmigung zur Herstellung von 4 Gewässern mit einer Gesamtgröße von ca. 91 ha durch Entnahme von Kiesen und Sanden aus dem Bereich des Grundwassers gemäß § 120 Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA).

5

2.3 Wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme und Wiedereinleitung von Oberflächenwasser aus dem Kiessee und Einleitung des Waschwassers aus der Kieswäsche in den Kiessee nach § 11 WG LSA.

6

2.4 Wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Oberflächenwasser aus dem Kiessee zur Staubbindung und zu sanitären Zwecken nach § 11 WG LSA. …

7

Nach den Auflagen Nr. 4.1.1 und 4.2.1 in Abschnitt III des Bescheides umfasst die Erlaubnis unter Punkt I. 2.3 die Entnahme von Wasser für die Aufbereitungsanlage aus dem Kiessee mit einer mittleren Jahresmenge von 599.940 m³/a und die Erlaubnis unter Punkt I. 2.4 die Entnahme von Wasser zu sanitären und sonstigen betrieblichen Zwecken (z. B. Staubbindung) mit einer mittleren Jahresmenge von 1.100 m³/a.

8

Nachdem der Beklagte der Klägerin in einem Informationsschreiben vom 06.12.2012 mitgeteilt hatte, dass auf Grund der Verordnung über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern im Land Sachsen-Anhalt vom 22.12.2011 (WasEE-VO LSA) ein Wasserentnahmeentgelt entsprechend der in wasserrechtlichen Erlaubnissen festgelegten Jahresentnahmemengen erhoben werde und bei geringeren tatsächlichen Entnahmemenge im Jahr 2012 ein Antrag auf Ermäßigung des Entgelts gestellt werden könne, gab die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2013 an, dass sich der Tagebau (S.) derzeit „im Aufschluss“ innerhalb des Kieswerks … befinde und an den Voraussetzungen für die Errichtung und Inbetriebnahme der stationären Aufbereitungsanlage gearbeitet werde. Mit dem Beginn der Aufbereitung und der tatsächlichen Wasserentnahme auf der Grundlage der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 30.11.2005 sei frühestens im Jahr 2014 zu rechnen. Im Jahr 2012 sei also im Kiessandtagebau (S.) kein Wasser gehoben worden.

9

In einem weiteren Schreiben vom 13.02.2013 führte die Klägerin aus, nach Erlangung der Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses vom 30.11.2005 und Zulassung eines entsprechenden Hauptbetriebsplanes hätten die bergbaulichen Arbeiten im Kiessandtagebau (S.) zunächst mit der Gewinnung des Rohstoffes im Trockenschnitt, der Errichtung der Zufahrt zum Tagebau, dem Herstellen eines Entnahmegewässers und dem Schaffen der Baufreiheit für die Errichtung der Tagesanlagen und der stationären Aufbereitungsanlage begonnen. Die Inbetriebnahme der stationären Aufbereitungsanlage am Standort (S.) sei planmäßig im ersten Halbjahr 2014 vorgesehen. Mit der Inbetriebnahme der stationären Aufbereitung beginne erst die Entnahme von Brauchwasser aus einem oberirdischen Gewässer. Da die WasEE-VO LSA an die tatsächliche Nutzung eines Gewässers und nicht an das Vorliegen einer wasserrechtlichen Erlaubnis gebunden sei, sei die Verordnung in den Jahren 2012 und 2013 nicht auf die im Planfeststellungsbeschluss erteilte wasserrechtliche Erlaubnis anzuwenden.

10

An 05.03.2013 stellte die Klägerin gleichwohl einen Antrag auf Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts für die im Bescheid vom 30.11.2005 erlaubte Wasserentnahme. Dabei gab sie eine genehmigte Entnahmemenge von 599.940 m³/a und eine tatsächliche Gesamtentnahmemenge von 0 m³/a an.

11

Mit Bescheid vom 16.06.2014 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für das Erhebungsjahr 2012 für den Kiessandtagebau (S.)ein Wasserentnahmeentgelt in Höhe von 304,37 EUR fest. Zur Begründung gab er an, das Entgelt werde grundsätzlich aus der zulässigen Jahresmenge des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides und den Entgeltsätzen des § 3 Abs. 2 WasEE-O LSA berechnet. Dem Antrag der Klägerin auf Ermäßigung nach § 4 Abs. 1 WasEE-VO LSA sei teilweise stattzugeben, weil die tatsächlichen Entnahmemengen geringer als die erlaubten Mengen seien. Da die beantragten Entnahmemengen unterhalb der 10%-Grenze des § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO lägen, würden Entnahmemengen von 59.940 m³/a für die Teilerlaubnis Nr. 1a und 110 m³/a für die Teilerlaubnis Nr. 1b berücksichtigt. Eine Befreiung für die Teilerlaubnis Nr. 1b nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 WasEE-VO LSA scheide jedoch aus, weil die bergrechtliche Planfeststellung eine Bündelungsfunktion habe und als ein Bescheid mit verschiedenen Entscheidungen ergehe. Daher sei eine Teilmenge in Höhe von 1.100 m³ pro Jahr entgeltpflichtig.

12

Am 11.07.2014 hat die Klägerin Klage erhoben und u.a. vorgetragen: Erst im Mai 2014 sei die Inbetriebnahme der stationären Aufbereitungsanlage am Standort (S.) erfolgt, für die Waschwasser für die Kieswäsche benötigt werde. Erst mit der Inbetriebnahme der stationären Aufbereitung des Rohkieses beginne für sie die Entnahme von Brauchwasser aus dem im Zuge des Kiessandabbaus zwischenzeitlich entstandenen oberirdischen Gewässer, für die die wasserrechtliche Erlaubnis nach Nr. 2.3 des Planfeststellungsbeschlusses erteilt worden sei. Vorher habe sie tatsächlich keine Möglichkeit gehabt, Wasser zu entnehmen. Nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA komme es auf die tatsächliche und nicht auf die rechtliche Möglichkeit der Wasserentnahme an. Da sie kein Wasser entnommen habe, sei sie zudem gemäß § 1 Abs. 2 WasEE-VO LSA nicht wasserentnahmeentgeltpflichtig. Auch aus § 3 Abs. 5 WasEE-VO LSA sei ersichtlich, dass die Verordnung an die tatsächlich entnommene Wassermenge anknüpfe. Aus § 4 WasEE-VO LSA folge nichts Gegenteiliges. Auf eine Kleine Anfrage, welche Unternehmen aktuell von einem Wasserentnahmeentgelt ausgenommen seien und mit welcher Begründung, habe die Landesregierung geantwortet, dass von der Pflicht zur Entrichtung eines Wasserentnahmeentgeltes alle Unternehmen ausgenommen seien, die kein Wasser entnehmen. Für den Fall also, dass ein Genehmigungsinhaber überhaupt kein Wasser nutze, falle dieser aus dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 WasEE-VO LSA heraus. Nur bei dieser Auslegung verstoße die Verordnung nicht gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Anderenfalls würde das Wasserentnahmeentgelt auch außerhalb der Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung nach Art. 104a ff. GG liegen. Soweit die Verordnung eine Entgeltpflicht ohne tatsächliche Entnahme vorsehen sollte, sei dies auch nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 105 WG LSA gedeckt und damit rechtswidrig.

13

Die Wasserentnahmeentgelte in den Bundesländern Baden-Württemberg und Hessen seien nur deshalb zulässig, weil diese auf die tatsächliche Entnahme abstellten. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar in seiner Entscheidung zum sog. "Wasserpfennig" vom 07.11.1995 zum Ausdruck gebracht, dass für die Höhe des Wasserentnahmeentgeltes nicht auf den tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzen der Wasserbenutzung durch den Benutzer abgestellt werden müsse, sondern bereits die eingeräumte Möglichkeit der Nutzung des Wassers in dem tatsächlichen Umfang einem Vorteil entspreche, der im Rahmen der vorgesehenen Wasserentnahmeentgelte auszugleichen sei. Im streitigen Jahr 2012 sei dies aber für den in Rede stehenden Tagebau (S.) nicht der Fall gewesen, weil sie gerade keine dem erhobenen Wasserentnahmeentgelt adäquate öffentliche Leistung benutzt habe. Die WasEE-VO LSA beinhalte zudem eine pönalisierende Regelung. Derjenige, der über keine Genehmigung zur Wasserbenutzung verfüge, habe Wasserentnahmeentgelte in Höhe der doppelten Menge der tatsächlich entnommenen Wassermenge zu entrichten. Deshalb habe sie sich gezwungen gesehen, eine entsprechende Genehmigung bereits im Vorhinein einzuholen.

14

Die Festsetzung eines Wasserentnahmeentgelts nach der Berechnung unter Nr. 1b des Bescheides mit der zugelassenen Jahresmenge von 1.100 m³ sei unabhängig davon, dass kein Wasser entnommen worden sei, auch deshalb rechtswidrig, weil § 1 Abs. 3 Nr. 3 WasEE-VO LSA eine Befreiung für Benutzungen vorsehe, wenn die insgesamt zugelassene Jahresmenge nicht mehr als 3.000 m³/a betrage.

15

Die Klägerin hat beantragt,

16

den Bescheid des Beklagten vom 16.06.2014 aufzuheben.

17

Der Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung hat er ausgeführt: Die WasEE-VO LSA sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 105 WG LSA gedeckt. Das Wasserentnahmeentgelt stelle eine Abgabe zur Vorteilsabschöpfung dar. Der Begriff der „Entnahme“ in § 105 WG LSA umfasse auch die reine Möglichkeit der Entnahme, denn diese allein räume dem Nutzungsberechtigten bereits den Vorteil ein. Diese Auslegung stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach verschaffe schon die Möglichkeit, das der Bewirtschaftung unterliegende Naturgut Wasser zu benutzen, dem Einzelnen einen Sondervorteil, der nach seinem tatsächlichen Umfang abgeschöpft werden könne. Die Landesregierung habe durch die Wahl der „Bescheidlösung“ von der Ermächtigung in § 105 Abs. 3 Nr. 1 WG LSA rechtmäßig Gebrauch gemacht. Zudem entstehe bereits durch den Erlass des Bescheides ein Verwaltungsaufwand, der nach § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA aus dem Aufkommen des Wasserentnahmeentgelts vorab der Verwaltungsaufwand gedeckt werden solle. Somit lasse sich aus der Systematik der Vorschrift schließen, dass der Begriff des Entnehmens weit auszulegen sei und auch eine reine Entnahmemöglichkeit umfasse. Die Bescheidlösung solle dazu beitragen, dass die Entnahmerechte nur im erforderlichen Umfang beantragt würden, um dadurch von vornherein die Abgabenlast zu reduzieren. Die Entnahme solle auf das notwendige Maß beschränkt werden, um damit einen Anreiz zur Reduzierung der Wasserrechte zu leisten. Mit der Regelung in § 4 Abs. 1 WasEE-VO LSA solle zudem erreicht werden, dass nicht mehr benötigte Rechte aufgehoben werden (Lenkungsfunktion). Dies stehe auch nicht im Widerspruch zu der Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage vom November 2013. Die Antwort sei so zu verstehen, dass der Unternehmer, der kein Wasserrecht für den Erhebungszeitraum innehabe, wenn er kein Wasser entnehme, nicht entgeltpflichtig sei.

20

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt:

21

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid seien die Vorschriften der §§ 1 bis 3 WasEE-VO LSA, die verfassungsgemäß seien und sich innerhalb des Inhaltes, Zwecks und Ausmaßes der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 105 WG LSA hielten. Die WasEE-VO LSA knüpfe bei der Erhebung dieser Abgabe grundsätzlich an die rechtlich zulässige Entnahme an, lasse aber die tatsächlich entnommene Wassermenge durch die Ermäßigungsmöglichkeit in § 4 WasEE-VO LSA nicht unberücksichtigt. Sie sei vom Grundsatz her erlaubnisgebunden. Dies folge aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 WasEE-VO LSA über die Bemessungsgrundlage, wonach sich die Höhe des Wasserentnahmeentgelts aus der zulässigen Jahresmenge des die Gewässerbenutzung „zulassenden Bescheides“ ergebe. Auch aus der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 WasEE-VO LSA werde deutlich, dass der Verordnungsgeber im Grundsatz die Bescheidlösung gewählt habe. Danach könne auf Antrag des Entgeltpflichtigen das Wasserentnahmeentgelt ermäßigt werden, wenn die tatsächlich entnommene Menge im Erhebungszeitraum geringer sei. Fallgestaltungen, in denen – wie hier – die tatsächliche Möglichkeit der Entnahme (noch) nicht gegeben sei, könne im wasserrechtlichen Bescheid – etwa durch eine aufschiebende Bedingung – angemessen begegnet werden. Aus der Antwort der Landesregierung auf die „Kleine Anfrage KA6/8080 zum Wasserentnahmeentgelt“ folge keine andere Wertung. Zwar stütze die Antwort, „von der Pflicht zur Errichtung eines Wasserentnahmeentgeltes ausgenommen sind alle Unternehmen, die kein Wasser entnehmen“, das Vorbringen der Klägerin. Maßgeblich für die Auslegung des "Wasserentnahmegesetzes" sei diese Wendung indes nicht. Als Vorteilsabschöpfungsabgabe sei das Abstellen auf das rechtlich Zulässige nicht zu beanstanden. Überdies rechtfertige der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität auch gewisse Ungleichbehandlungen oder Pauschalisierungen.

22

Die in diesem Sinne auszulegende WasEE-VO LSA sei wirksam. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seiner sog. „Wasserpfennig“-Entscheidung vom 07.11.1995 die Erhebung von Wasserentnahmeabgaben grundsätzlich als verfassungsgemäß angesehen. Darin sei auch eine Bescheidlösung legitimiert. Das Wasserentnahmeentgelt werde zudem durch seinen Lenkungszweck gerechtfertigt. Die Entnahme solle auf das notwendige Maß beschränkt werden, um damit einen Anreiz zur Reduzierung der Wasserrechte zu leisten. Es solle zudem erreicht werden, dass nicht mehr benötigte Rechte aufgehoben werden. Diese Lenkungsfunktion sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 105 WG LSA gedeckt und entspreche der Zielrichtung der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. Der Umstand, dass das Wasserentnahmeentgelt (auch) auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sei, stehe seiner Rechtmäßigkeit nicht entgegen.

23

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat die Klägerin u.a. wie folgt begründet: Aus § 105 Abs. 1 WG LSA ergebe sich nicht, dass ein Wasserentnahmeentgelts nach der zugelassenen Jahresmenge des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides unabhängig von einer tatsächlichen Benutzung von Wasser erhoben werden könne. Die Norm setze nach ihrem klaren Wortlaut voraus, dass eine aktive Benutzung des Wassers in Form des Entnehmens oder Ableitens erfolge. Soweit die WasEE-VO LSA gleichwohl eine Erhebung unabhängig von der tatsächlichen Benutzung ermöglichen sollte, sei sie wegen Verstoßes gegen § 105 Abs. 1 WG LSA unwirksam. Unabhängig davon ermögliche auch die WasEE-VO LSA nicht die Festsetzung des Entgelts allein wegen der Möglichkeit der Wasserentnahme. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 der Verordnung, wonach der jeweilige Benutzer nach § 1 Abs. 1 entgeltpflichtig sei. Ebenso eindeutig bestimme § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA, dass für das "Entnehmen" ein Entgelt zu zahlen sei. Eine Regelung, nach der für die bloße Befugnis zur Wasserentnahme ein Entgelt erhoben werden könne, bestehe in Sachsen-Anhalt nicht. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Vorschrift des § 3 Abs. 1 WasEE-VO LSA regele nur die Entgeltsätze. Soweit § 4 WasEE-VO LSA eine Ermäßigung des Entgelts für den Fall vorsehe, dass die tatsächlich entnommene Menge geringer sei als im Bescheid zugelassen, setze dieser Tatbestand ebenfalls voraus, dass Wasser tatsächlich entnommen werde. Dies entspreche auch dem Verständnis der Landesregierung, wie deren Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 19.11.2013 zeige.

24

Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung widerspreche dem eigentlichen Sinn und Zweck des Wasserentnahmeentgelts, das seine Grundlage in der EU-Wasserrahmenrichtlinie habe. Diese sehe vor, dass Kosten für Wasserdienstleistungen einschließlich umwelt- und unternehmensbezogener Kosten nach dem Verursacherprinzip zu entrichten seien. Im Falle einer "Nullentnahme" könne dieses Prinzip nicht zum Tragen kommen. Vor dem Hintergrund, dass letztlich die Ressource "Wasser" geschützt werden solle, könne allein die nicht genutzte rechtliche Möglichkeit der Wasserentnahme keine Gegenleistung für das zum Schutz des Wassers regulierende Wasserentnahmeentgelt darstellen. Die Erhebung einer "Grundpauschale" in Höhe von 10 % der erlaubten Menge verstoße gegen die in der EU-Wasserrahmenrichtlinie enthaltene Vorteilsabschöpfung. Sie wirke auch nicht verhaltenslenkend und schaffe keinen Anreiz zum sparsamen Umgang mit Wasser, weil sich jeder veranlasst sehe, mindestens 10 % der erlaubten Menge Wasser zu entnehmen, um diese mehr oder weniger sinnvoll zu verbrauchen.

25

Die Klägerin beantragt,

26

das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 16.06.2014 aufzuheben.

27

Der Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Er trägt ergänzend vor, aus der gesetzlichen Systematik ergebe sich eindeutig, dass der wasserrechtliche Bescheid sowohl in Bezug auf die Menge als auch hinsichtlich des Verwendungszwecks Grundlage der Berechnung des Wasserentnahmeentgelts sei. Nur nach Maßgabe des § 4 WasEE-VO könne von diesem Grundsatz abgewichen werden. Dies werde auch in der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 6 WasEE-VO LSA deutlich, nach der mindestens 10 % des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides zu berechnen seien.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

I. Der Senat entscheidet über die Berufung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO, weil er einstimmig zu dem in der Beschlussformel niedergelegten Ergebnis gelangt und bei geklärtem Sachverhalt keine mündliche Verhandlung für erforderlich hält. Die Anhörungsrechte der Beteiligten (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO) sind gewahrt.

32

II. Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 16.06.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

33

Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts ist § 105 Abs. 1 und 3 WG LSA i.V.m. den Regelungen der Verordnung über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern für das Land Sachsen-Anhalt (Wasserentnahmeentgeltverordnung für das Land Sachsen-Anhalt – WasEE-VO LSA) vom 22.12.2011 (GVBl. LSA S. 889). Nach der gesetzlichen Ermächtigung des § 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA kann das Land nach Maßgabe dieser Bestimmung und der Verordnung nach Absatz 3 für das Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern und das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser ein Entgelt (Wasserentnahmeentgelt) erheben. In § 105 Abs. 3 WG LSA wird die Landesregierung ermächtigt, durch Verordnung (1.) die entgeltpflichtigen Tatbestände (Absatz 1 Satz 1), (2.) die näheren Voraussetzungen, bei deren Vorliegen von der Pflicht zur Entrichtung des Wasserentnahmeentgelts Befreiung erteilt werden kann (Absatz 1 Satz 3 und 4), (3.) die Höhe des Wasserentnahmeentgelts, bezogen auf die entgeltpflichtigen Tatbestände, (4.) den Veranlagungszeitraum und das Veranlagungsverfahren, (5.) die Erfassung der Wasserentnahmen, (6.) die Verwendung von Daten für Zwecke der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts, (7.) das Beitreibungs- und Vollstreckungsverfahren und (8.) den Zeitpunkt des Beginns der Entgeltpflicht festzulegen.

34

Von dieser Ermächtigung hat die Landesregierung mit der WasEE-VO LSA Gebrauch gemacht. Nach § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA erhebt das Land für die Benutzungen des Entnehmens oder Ableitens von Wasser aus oberirdischen Gewässern und des Entnehmens, Zutageförderns, Zutageleitens oder Ableitens von Grundwasser ein Wasserentnahmeentgelt. Entgeltpflichtig ist gemäß § 1 Abs. 2 WasEE-VO LSA der jeweilige Benutzer nach Abs. 1.

35

Aus dem Wortlaut des § 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA und des § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA ergibt sich mit hinreichender Klarheit, dass die Entgeltpflicht nur bei tatsächlicher Benutzung des Gewässers, u.a. in Gestalt des Entnehmens von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer, und nicht schon durch die Einräumung der Möglichkeit der Gewässerbenutzung in einem wasserrechtlichen Bescheid besteht. Benutzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 WHG sind nur bestimmte, zur Ordnung des Wasserhaushalts einem Verbot mit Befreiungsvorbehalt unterworfene, zweckbestimmte Verhaltensweisen, die nach ihrer Eignung auf ein Gewässer gerichtet sind (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl., § 9 RdNr. 5, m.w.N.). Hätten der Gesetz- und der Verordnungsgeber zur Verwirklichung des abgabenpflichtigen Tatbestandes an die bloße Möglichkeit der Gewässerbenutzung anknüpfen wollen, hätte dies im Regelungswerk seinen Niederschlag finden müssen, wie es etwa in § 1 Abs. 1 des Hamburgischen Gesetzes über die Erhebung einer Gebühr für Grundwasserentnahmen vom 26.06.1989 (HmbGVBl 1989, 115) der Fall ist. In diesem Gesetz wird die Formulierung verwendet, dass für die Einräumung der Befugnis zum Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser (Grundwasserförderung), soweit die Grundwasserförderung der Wasserversorgung dient, eine Gebühr erhoben wird.

36

Einen Regelungswillen des Gesetz- oder Verordnungsgebers dahingehend, dass für eine Entgeltpflicht bereits die Möglichkeit der Wasserentnahme auf der Grundlage eines die Wasserentnahme in einem bestimmten Umfang zulassenden Bescheides genügen soll, lässt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des Beklagten nicht aus § 3 Abs. 1 WasEE-VO LSA ableiten. Danach richtet sich die Höhe des Wasserentnahmeentgelts nach der zulässigen Jahresmenge des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides. Der Senat teilt die Auffassung der Klägerin, dass diese Bestimmung allein die Bemessung der Höhe des Entgelts betrifft. Der Umstand, dass der Verordnungsgeber in Ausfüllung der Ermächtigungsnorm des § 105 Abs. 3 Nr. 3 WG LSA für die Höhe des Wasserentnahmeentgelts grundsätzlich an die Jahresmenge in dem die Benutzung zulassenden Bescheid anknüpft (Bescheidlösung), vermag daran nichts zu ändern. Gemäß § 38 AO, der nach § 7 WasEE-VO LSA entsprechend anzuwenden ist, entstehen "Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis", sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Damit entsteht der Anspruch des Landes auf ein Wasserentnahmeentgelt erst mit Verwirklichung des Tatbestandes, an den die Vorschriften des § 105 WG LSA und die Was-EE die Entgeltpflicht knüpfen (vgl. zur Wasserentnahmegebühr in Niedersachsen: NdsOVG, Urt. v. 29.06.2006 – 13 LC 356/04 –, ZfW 2008, 33 [41], RdNr. 57 in juris). Sowohl § 105 Abs. 1 Satz 1 WG LSA als auch der ausdrücklich den Anwendungsbereich der WasEE-VO LSA und die Entgeltpflicht regelnde § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA knüpfen die Entgeltpflicht an die Benutzungstatbestände des Entnehmens oder Ableitens aus oberirdischen Gewässern sowie des Entnehmens, Zutageförderns, Zutageleitens oder Ableitens von Grundwasser und nicht an den Inhalt des die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheides.

37

Für dieses Verständnis spricht auch ein Vergleich mit dem Abwasserabgabenrecht. Auch für die Bemessung der Abwasserabgabe, die gemäß § 1 AbwAG für das "Einleiten" von Abwasser in ein Gewässer zu entrichten ist, sieht § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG eine "Bescheidlösung" dergestalt vor, dass die der Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten zugrunde zu legende Schadstofffracht sich außer bei Niederschlagswasser (§ 7) und bei Kleineinleitungen (§ 8) nach den Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides errechnet. Sofern eine Abwassereinleitung bescheidmäßig zugelassen ist, mag zwar eine Vermutung dafür sprechen, dass auch eingeleitet wird, so dass der Abgabepflichtige im Zweifel nachzuweisen hat, dass er die Einleitung erst später als im Bescheid zugelassen begonnen hat (vgl. Köhler/Meyer, AbwAG, 2. Aufl. § 1 RdNr. 100). Wenngleich auch für die zeitliche Berechnung der Abwasserabgabe in erster Linie der die Abwassereinleitung zulassende Bescheid maßgebend ist, kann das abstrakte wie konkrete Abgabenschuldverhältnis nicht vor dem (tatsächlichen) Einleiten entstehen (Köhler/Meyer, a.a.O.). Auch wenn § 4 Abs. 1 AbwAG hinsichtlich der Grundlagen für die Zahl der Schadeinheiten auf den Bescheid Bezug nimmt, ist für den Beginn der Abgabepflicht nicht der Zeitpunkt des Erlasses oder des Wirksamwerdens der Entscheidung über die Zulassung der Einleitung, sondern der erstmalige tatsächliche Beginn der Einleitung maßgebend (Zöllner, in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG und AbwAG, § 1 AbwAG RdNr. 7). Das gesetzliche Abgabenschuldverhältnis entsteht mit der Einleitung; durch den Abwasserabgabenfestsetzungsbescheid wird das Schuldverhältnis lediglich konkretisiert, wobei Grundlage der Abgabenermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG zunächst die Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheids sind (BayVGH, Beschl. v. 17.03.2010 – 22 ZB 09.1047 –, juris, RdNr. 14, m.w.N.). § 4 Abs. 1 AbwAG misst der wasserrechtlichen Erlaubnis eine Bindungswirkung nur im Hinblick auf die Festlegung von Überwachungswerten und die Jahresschmutzwassermenge bei; die Feststellung der rechtlichen Voraussetzungen der Abgabenpflicht wird hierdurch weder gebunden noch ersetzt (BVerwG, Urt. v. 15.06.2005 – BVerwG 9 C 8.04 –, NVwZ-RR 2005, 739 [741], RdNr. 29 in juris).

38

Auch die Vorschrift über die Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts in § 4 Abs. 1 Satz 1 WasEE-VO LSA führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach kann das Wasserentnahmeentgelt auf Antrag des Entgeltpflichtigen ermäßigt werden, wenn die tatsächlich entnommene Menge im Erhebungszeitraum geringer oder der tatsächliche Verwendungszweck ein anderer ist. Die Bestimmung regelt nur den Fall, dass tatsächlich Wasser entnommen wurde, die entnommene Menge im Erhebungszeitraum aber geringer ist als die zugelassene Jahresmenge oder der tatsächliche Verwendungszweck ein anderer ist als in dem die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid vorgesehen.

39

Ein Indiz dafür, dass die WasEE-VO LSA das Entstehen der Abgabenpflicht an die erstmalige Gewässerbenutzung knüpft, ist zudem die Antwort der Landesregierung – mithin des Verordnungsgebers – auf die Kleine Anfrage eines Abgeordneten vom 19.11.2013 (LT-Drs. 6/2587, S. 2), nach der von der Pflicht zur Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts alle Unternehmen ausgenommen seien, die kein Wasser entnehmen.

40

Nicht zu überzeugen vermag der Einwand des Beklagten, der Begriff der "Entnahme" in § 105 WG LSA umfasse auch die bloße Möglichkeit der Entnahme, weil schon allein diese dem Nutzungsberechtigten einen Vorteil einräume. Zwar können Wasserentnahmeentgelte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 07.11.1995 – 2 BvR 1300/93 –, BVerfGE 93, 319 [346], RdNr. 165 in juris; Beschl. v. 20.01.2010 – 1 BvR 1801/07, 1 BvR 1878/07 –, NVwZ 2010, 831 [833 f.], RdNr. 30 in juris) für die bloße Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme erhoben werden. § 105 Abs. 1 WG LSA und § 1 Abs. 1 WasEE-VO LSA sehen dies aber – wie dargelegt – nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht vor. Rechtliche Bedenken, die Entstehung des Abgabenpflicht an die tatsächliche Gewässerbenutzung zu knüpfen und damit den die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit liegende Vorteil nach seinem tatsächlichen Umfang abzuschöpfen, bestehen insoweit nicht (BVerfG, a.a.O.).

41

Nicht stichhaltig ist das weitere Argument des Beklagten, nach § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA solle aus dem Aufkommen des Wasserentnahmeentgelts vorab der Verwaltungsaufwand gedeckt werden, der bereits durch den Erlass "des Bescheides" entstehe. Soweit der Beklagte insoweit auf den die Gewässerbenutzung zulassenden Bescheid – hier den Planfeststellungsbeschluss des Landesamtes für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt vom 30.11.2005 – abstellen sollte, wäre dem entgegen zu halten, dass § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA ausdrücklich nur von der Deckung des Verwaltungsaufwandes spricht, der "durch den Vollzug der für das Wasserentnahmeentgelt geltenden Vorschriften" entstanden ist. Zudem dürfte der dem Land entstandene Verwaltungsaufwand für den Erlass der wasserrechtlichen Erlaubnisse im Planfeststellungsbeschluss bereits durch die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für den Rahmenbetriebsplan erhobene Verwaltungsgebühr abgegolten sein (vgl. Abschnitt 30, Anmerkung zu Tarifstelle Nr. 3.1.2 der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt – AllGO – vom 30.08.2004 [GVBl. S. 554]). Sofern der Beklagte auf den Verwaltungsaufwand abstellen sollte, der ihm für den Erlass des hier angefochtenen Bescheides über die Erhebung eines Wasserentgelts entstanden ist, könnte auch dies die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts nicht rechtfertigen. Solange der abgabepflichtige Tatbestand – hier die Entnahme von Wasser aus einem Gewässer – nicht verwirklicht ist und deshalb auch kein Abgabenbescheid erlassen werden durfte, kann der für den Erlass eines rechtswidrigen Bescheides entstandene Verwaltungsaufwand nicht (ergänzend) für die Rechtfertigung der Abgabenerhebung herangezogen werden. Mit der Regelung in § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA wollte der Gesetzgeber im Übrigen nur sicherstellen, dass mit dem Aufkommen aus den (rechtmäßig) erhobenen Wasserentnahmeentgelten der dabei entstandene Verwaltungsaufwand "vorab" zu decken ist, d.h. die insoweit erzielten Einnahmen erst dann für andere Zwecke verwendet werden dürfen, wenn der durch die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts entstandene Verwaltungsaufwand gedeckt ist.

42

Soweit der Beklagte weiter vorträgt, die "Bescheidlösung" solle dazu beitragen, dass die Entnahmerechte nur im erforderlichen Umfang beantragt werden und nicht mehr benötigte Rechte aufgehoben werden, vermag auch dies nicht zu überzeugen. Ein solcher Sinn und Zweck lässt sich den Regelungen des § 105 WG LSA und der WasEE-VO nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass in den Fällen der vorliegenden Art, in denen die Wasserentnahme beabsichtigt ist, der Zeitpunkt der (erstmaligen) Entnahme aber noch nicht feststeht, dieser Gedanke nicht trägt.

43

Nach alldem ist die Klägerin für das in Rede stehende Kalenderjahr 2012 nicht entgeltpflichtig. Denn nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten hatte die Klägerin in diesem Zeitraum mit der im Planfeststellungsbeschluss vom 30.11.2005 durch entsprechende Erlaubnisse zugelassenen Entnahme von Oberflächenwasser aus dem Kiessee des Tagebaus (S.) zur Kieswäsche und Staubbindung noch nicht begonnen. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass sich der Tagebau (S.) in diesem Zeitraum noch "im Aufschluss" befand.

44

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

45

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

46

V.Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

47

IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.


(1) Benutzungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern,
2.
das Aufstauen und Absenken von oberirdischen Gewässern,
3.
das Entnehmen fester Stoffe aus oberirdischen Gewässern, soweit sich dies auf die Gewässereigenschaften auswirkt,
4.
das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer,
5.
das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.

(2) Soweit nicht bereits eine Benutzung nach Absatz 1 vorliegt, gelten als Benutzungen auch

1.
das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierfür bestimmt oder geeignet sind,
2.
Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen,
3.
das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen,
4.
die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser, das bei Maßnahmen nach Nummer 3 oder anderen Maßnahmen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl anfällt.

(3) Keine Benutzungen sind Maßnahmen, die dem Ausbau eines Gewässers im Sinne des § 67 Absatz 2 dienen. Das Gleiche gilt für Maßnahmen der Unterhaltung eines Gewässers, soweit hierbei keine chemischen Mittel verwendet werden.

Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

Für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer im Sinne von § 3 Nummer 1 bis 3 des Wasserhaushaltsgesetzes ist eine Abgabe zu entrichten (Abwasserabgabe). Sie wird durch die Länder erhoben.

(1) Die der Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten zugrunde zu legende Schadstofffracht errechnet sich außer bei Niederschlagswasser (§ 7) und bei Kleineinleitungen (§ 8) nach den Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides. Der Bescheid hat hierzu mindestens für die in der Anlage zu § 3 unter den Nummern 1 bis 5 genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen die in einem bestimmten Zeitraum im Abwasser einzuhaltende Konzentration und bei der Giftigkeit gegenüber Fischeiern den in einem bestimmten Zeitraum einzuhaltenden Verdünnungsfaktor zu begrenzen (Überwachungswerte) sowie die Jahresschmutzwassermenge festzulegen. Enthält der Bescheid für einen Schadstoff oder eine Schadstoffgruppe Überwachungswerte für verschiedene Zeiträume, ist der Abgabenberechnung der Überwachungswert für den längsten Zeitraum zugrunde zu legen; Jahres- und Monatsmittelwerte bleiben außer Betracht. Ist im Abwasser einer der in der Anlage zu § 3 genannten Schadstoffe oder Schadstoffgruppen nicht über den dort angegebenen Schwellenwerten zu erwarten, so kann insoweit von der Festlegung von Überwachungswerten abgesehen werden.

(2) In den Fällen des § 9 Abs. 3 (Flusskläranlagen) gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Weist das aus einem Gewässer unmittelbar entnommene Wasser vor seinem Gebrauch bereits eine Schädlichkeit nach § 3 Abs. 1 (Vorbelastung) auf, so ist auf Antrag des Abgabepflichtigen die Vorbelastung für die in § 3 Abs. 1 genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen zu schätzen und ihm die geschätzte Vorbelastung nicht zuzurechnen. Bei der Schätzung ist von der Schadstoffkonzentration im Mittel mehrerer Jahre auszugehen. Die Länder können für Gewässer oder Teile von ihnen die mittlere Schadstoffkonzentration einheitlich festlegen.

(4) Die Einhaltung des Bescheides ist im Rahmen der Gewässerüberwachung nach den wasserrechtlichen Vorschriften durch staatliche oder staatlich anerkannte Stellen zu überwachen; der staatlichen Anerkennung stehen gleichwertige Anerkennungen oder Anerkennungen, aus denen hervorgeht, dass die betreffenden Anforderungen erfüllt sind, aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gleich. Ergibt die Überwachung, dass ein der Abgabenrechnung zugrunde zu legender Überwachungswert im Veranlagungszeitraum nicht eingehalten ist und auch nicht als eingehalten gilt, wird die Zahl der Schadeinheiten erhöht. Die Erhöhung richtet sich nach dem Vomhundertsatz, um den der höchste gemessene Einzelwert den Überwachungswert überschreitet. Wird der Überwachungswert einmal nicht eingehalten, so bestimmt sich die Erhöhung nach der Hälfte des Vomhundertsatzes, wird der Überwachungswert mehrfach nicht eingehalten, nach dem vollen Vomhundertsatz. Legt der die Abwassereinleitung zulassende Bescheid nach Absatz 1 Satz 4 einen Überwachungswert nicht fest und ergibt die Überwachung, dass die in der Anlage zu § 3 als Schwellenwert angegebene Konzentration überschritten ist, wird die sich rechnerisch bei Zugrundelegung des Schwellenwertes ergebende Zahl der Schadeinheiten um den Vomhundertsatz erhöht, der sich aus den Sätzen 3 und 4 ergibt. Enthält der Bescheid über die nach Absatz 1 zugrunde zu legenden Überwachungswerte hinaus auch Überwachungswerte für kürzere Zeiträume oder Festlegungen für die in einem bestimmten Zeitraum einzuhaltende Abwassermenge oder Schadstofffracht, so wird die Zahl der Schadeinheiten auch bei Überschreitung dieser Werte erhöht. Wird die festgelegte Abwassermenge nicht eingehalten, so wird die Zahl der Schadeinheiten für alle im Bescheid nach Absatz 1 begrenzten Überwachungswerte erhöht. Werden sowohl ein Überwachungswert nach Absatz 1 als auch ein Überwachungswert oder eine Festlegung nach Satz 6 nicht eingehalten, so bestimmt sich die Erhöhung der Zahl der Schadeinheiten nach dem höchsten anzuwendenden Vomhundertsatz.

(5) Erklärt der Einleiter gegenüber der zuständigen Behörde, dass er im Veranlagungszeitraum während eines bestimmten Zeitraumes, der nicht kürzer als drei Monate sein darf, einen niedrigeren Wert als den im Bescheid nach Absatz 1 festgelegten Überwachungswert oder eine geringere als die im Bescheid festgelegte Abwassermenge einhalten wird, so ist die Zahl der Schadeinheiten für diesen Zeitraum nach dem erklärten Wert zu ermitteln. Die Abweichung muss mindestens 20 vom Hundert betragen. Die Erklärung, in der die Umstände darzulegen sind, auf denen sie beruht, ist mindestens zwei Wochen vor dem beantragten Zeitraum abzugeben. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Die Einhaltung des erklärten Wertes ist entsprechend den Festlegungen des Bescheides für den Überwachungswert durch ein behördlich zugelassenes Messprogramm nachzuweisen; die Messergebnisse der behördlichen Überwachung sind in die Auswertung des Messprogramms mit einzubeziehen. Wird die Einhaltung des erklärten Wertes nicht nachgewiesen oder ergibt die behördliche Überwachung, dass ein nach Absatz 1 der Abgabenberechnung zugrunde zu legender Überwachungswert oder eine Festlegung nach Absatz 4 Satz 6 nicht eingehalten ist oder nicht als eingehalten gilt, finden die Absätze 1 bis 4 Anwendung.

Für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer im Sinne von § 3 Nummer 1 bis 3 des Wasserhaushaltsgesetzes ist eine Abgabe zu entrichten (Abwasserabgabe). Sie wird durch die Länder erhoben.

(1) Die der Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten zugrunde zu legende Schadstofffracht errechnet sich außer bei Niederschlagswasser (§ 7) und bei Kleineinleitungen (§ 8) nach den Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides. Der Bescheid hat hierzu mindestens für die in der Anlage zu § 3 unter den Nummern 1 bis 5 genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen die in einem bestimmten Zeitraum im Abwasser einzuhaltende Konzentration und bei der Giftigkeit gegenüber Fischeiern den in einem bestimmten Zeitraum einzuhaltenden Verdünnungsfaktor zu begrenzen (Überwachungswerte) sowie die Jahresschmutzwassermenge festzulegen. Enthält der Bescheid für einen Schadstoff oder eine Schadstoffgruppe Überwachungswerte für verschiedene Zeiträume, ist der Abgabenberechnung der Überwachungswert für den längsten Zeitraum zugrunde zu legen; Jahres- und Monatsmittelwerte bleiben außer Betracht. Ist im Abwasser einer der in der Anlage zu § 3 genannten Schadstoffe oder Schadstoffgruppen nicht über den dort angegebenen Schwellenwerten zu erwarten, so kann insoweit von der Festlegung von Überwachungswerten abgesehen werden.

(2) In den Fällen des § 9 Abs. 3 (Flusskläranlagen) gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Weist das aus einem Gewässer unmittelbar entnommene Wasser vor seinem Gebrauch bereits eine Schädlichkeit nach § 3 Abs. 1 (Vorbelastung) auf, so ist auf Antrag des Abgabepflichtigen die Vorbelastung für die in § 3 Abs. 1 genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen zu schätzen und ihm die geschätzte Vorbelastung nicht zuzurechnen. Bei der Schätzung ist von der Schadstoffkonzentration im Mittel mehrerer Jahre auszugehen. Die Länder können für Gewässer oder Teile von ihnen die mittlere Schadstoffkonzentration einheitlich festlegen.

(4) Die Einhaltung des Bescheides ist im Rahmen der Gewässerüberwachung nach den wasserrechtlichen Vorschriften durch staatliche oder staatlich anerkannte Stellen zu überwachen; der staatlichen Anerkennung stehen gleichwertige Anerkennungen oder Anerkennungen, aus denen hervorgeht, dass die betreffenden Anforderungen erfüllt sind, aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gleich. Ergibt die Überwachung, dass ein der Abgabenrechnung zugrunde zu legender Überwachungswert im Veranlagungszeitraum nicht eingehalten ist und auch nicht als eingehalten gilt, wird die Zahl der Schadeinheiten erhöht. Die Erhöhung richtet sich nach dem Vomhundertsatz, um den der höchste gemessene Einzelwert den Überwachungswert überschreitet. Wird der Überwachungswert einmal nicht eingehalten, so bestimmt sich die Erhöhung nach der Hälfte des Vomhundertsatzes, wird der Überwachungswert mehrfach nicht eingehalten, nach dem vollen Vomhundertsatz. Legt der die Abwassereinleitung zulassende Bescheid nach Absatz 1 Satz 4 einen Überwachungswert nicht fest und ergibt die Überwachung, dass die in der Anlage zu § 3 als Schwellenwert angegebene Konzentration überschritten ist, wird die sich rechnerisch bei Zugrundelegung des Schwellenwertes ergebende Zahl der Schadeinheiten um den Vomhundertsatz erhöht, der sich aus den Sätzen 3 und 4 ergibt. Enthält der Bescheid über die nach Absatz 1 zugrunde zu legenden Überwachungswerte hinaus auch Überwachungswerte für kürzere Zeiträume oder Festlegungen für die in einem bestimmten Zeitraum einzuhaltende Abwassermenge oder Schadstofffracht, so wird die Zahl der Schadeinheiten auch bei Überschreitung dieser Werte erhöht. Wird die festgelegte Abwassermenge nicht eingehalten, so wird die Zahl der Schadeinheiten für alle im Bescheid nach Absatz 1 begrenzten Überwachungswerte erhöht. Werden sowohl ein Überwachungswert nach Absatz 1 als auch ein Überwachungswert oder eine Festlegung nach Satz 6 nicht eingehalten, so bestimmt sich die Erhöhung der Zahl der Schadeinheiten nach dem höchsten anzuwendenden Vomhundertsatz.

(5) Erklärt der Einleiter gegenüber der zuständigen Behörde, dass er im Veranlagungszeitraum während eines bestimmten Zeitraumes, der nicht kürzer als drei Monate sein darf, einen niedrigeren Wert als den im Bescheid nach Absatz 1 festgelegten Überwachungswert oder eine geringere als die im Bescheid festgelegte Abwassermenge einhalten wird, so ist die Zahl der Schadeinheiten für diesen Zeitraum nach dem erklärten Wert zu ermitteln. Die Abweichung muss mindestens 20 vom Hundert betragen. Die Erklärung, in der die Umstände darzulegen sind, auf denen sie beruht, ist mindestens zwei Wochen vor dem beantragten Zeitraum abzugeben. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Die Einhaltung des erklärten Wertes ist entsprechend den Festlegungen des Bescheides für den Überwachungswert durch ein behördlich zugelassenes Messprogramm nachzuweisen; die Messergebnisse der behördlichen Überwachung sind in die Auswertung des Messprogramms mit einzubeziehen. Wird die Einhaltung des erklärten Wertes nicht nachgewiesen oder ergibt die behördliche Überwachung, dass ein nach Absatz 1 der Abgabenberechnung zugrunde zu legender Überwachungswert oder eine Festlegung nach Absatz 4 Satz 6 nicht eingehalten ist oder nicht als eingehalten gilt, finden die Absätze 1 bis 4 Anwendung.

Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Gesetzes zur Gewährung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1995 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 818), Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 26. März 2001 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 76), Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 133) und Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Bayerischen Landeserziehungsgeldes vom 9. Juli 2007 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 442) sind mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Ersetzt der Gesetzgeber die verfassungswidrigen Regelungen nicht bis zum 31. August 2012 durch eine Neuregelung, tritt Nichtigkeit der beanstandeten Vorschriften ein.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG und mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Gewährung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz - BayLErzGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1995 (GVBl S. 818) die Gewährung von Landeserziehungsgeld auf Deutsche und andere Personen beschränkt, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen.

I.

2

Der Freistaat Bayern erließ 1989 ein Landeserziehungsgeldgesetz. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollten Leistungen nach diesem Gesetz zeitlich an den Bezug von Leistungen nach dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG) anschließen und es Eltern so ermöglichen, über einen längeren Zeitraum Elternzeit zu nehmen und ihre Kinder selbst zu betreuen. Erziehungsgeld wurde gemäß Art. 3 Abs. 1 BayLErzGG in der Fassung des Jahres 1995 ab dem Ende des Bezugs von Bundeserziehungsgeld für weitere zwölf Lebensmonate des Kindes, längstens bis zur Vollendung seines dritten Lebensjahres, gezahlt. Die Höhe des Landeserziehungsgeldes betrug nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayLErzGG 500 DM monatlich. Die Bezugsberechtigung war in Art. 1 Abs. 1 BayLErzGG geregelt. Berechtigt war nach der hier allein zur Prüfung gestellten Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nur, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besaß.

3

Art. 1 Abs. 1 BayLErzGG hatte in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 1995 folgenden Wortlaut:

4

(1) 1 Anspruch auf Landeserziehungsgeld hat, wer

5

1. seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit der Geburt des Kindes, mindestens jedoch fünfzehn Monate in Bayern hat,

6

2. mit einem nach dem 30. Juni 1989 geborenen Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt,

7

3. dieses Kind selbst betreut und erzieht,

8

4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt und

9

5. die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

10

2 Der Anspruch auf Landeserziehungsgeld setzt nicht voraus, dass der Berechtigte zuvor Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bezogen hat.

II.

11

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 11. April 1989 heißt es zur Einführung des Landeserziehungsgeldes, die Ergebnisse der Forschung und Praxis hätten in den letzten Jahren zu der allgemeinen Überzeugung geführt, dass die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung in den ersten drei Lebensjahren die Grundlage für die Entwicklung einer stabilen Persönlichkeit bilde, die Sicherheit und Lebenstüchtigkeit mit emotionaler Bindungsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und ausgeprägtem Gemeinschaftssinn verbinde. Die frühe soziale Prägung durch die Familie sei deshalb für Gesellschaft und Staat von besonderer Bedeutung. Die Einführung des Erziehungsgeldes und Erziehungsurlaubs für die ersten zwölf Lebensmonate durch das Bundeserziehungsgeldgesetz auf Bundesebene ab dem 1. Januar 1986 habe diese Erkenntnisse politisch umgesetzt. Der Landesgesetzgeber sei von der Richtigkeit des Erziehungsgeldgedankens zutiefst überzeugt. Angesichts einer anstehenden Verlängerung der Bezugsdauer des Bundeserziehungsgeldes habe sich die Bayerische Staatsregierung entschlossen, Landesleistungen der Familienförderung neu zu ordnen und ein Landeserziehungsgeld einzuführen. Das Landeserziehungsgeld verstehe sich als Anerkennung für die intensive Erziehungsleistung von Müttern und Vätern und solle zugleich die finanzielle Lage junger Familien verbessern (BayLTDrucks 11/11033, S. 4).

12

Um "Mitnahmeeffekte" zu verhindern, müsse der Antragsteller seit der Geburt, mindestens aber seit 15 Monaten in Bayern seinen Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Damit werde eine gezielte Förderung von "Landeskindern" gewährleistet (BayLTDrucks 11/11033, S. 5).

III.

13

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist polnische Staatsangehörige und begehrt Landeserziehungsgeld für die Betreuung ihres im Februar 2000, und damit vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union zum 1. Mai 2004 geborenen Kindes. Sie wohnt seit 1984 in M. und besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Seit 1988 hat sie wiederholt gearbeitet. So war sie längere Zeit als Fotolaborantin und kurzfristig in einem Textillager tätig. Seit 2002 arbeitete sie mit circa sieben Wochenstunden in der Gastronomie. Für das erste und zweite Lebensjahr ihres Kindes hatte sie Bundeserziehungsgeld in voller Höhe erhalten. Ihr Antrag auf Landeserziehungsgeld wurde zurückgewiesen, weil ihr aufgrund ihrer polnischen Staatsangehörigkeit Landeserziehungsgeld nicht zustehe. Nachdem auch ihr gegen die Ablehnung gerichteter Widerspruch erfolglos blieb, erhob sie Klage vor dem Sozialgericht München und begehrte die Gewährung von Landeserziehungsgeld unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids. Das Sozialgericht München setzte das Verfahren aus und legte zunächst dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof die Frage vor, ob Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz der Verfassung des Freistaats Bayern verstoße. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof entschied, die vorgelegte Regelung des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes sei mit der bayerischen Verfassung vereinbar (BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Juli 2007 - Vf. 6-V-06 -, juris).

14

2. Das Sozialgericht München hat das Verfahren sodann gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11, § 80 Abs. 1 BVerfGG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verstößt und nichtig ist.

15

Das vorlegende Gericht hält die zur Prüfung gestellte Norm für verfassungswidrig. Art. 3 Abs. 1 GG verlange eine umso strengere Kontrolle, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken könne. Der hier zu berücksichtigende Schutz von Ehe und Familie sei nicht nur gegenüber Deutschen gewährleistet. Aufgrund von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG erhielten Eltern bestimmter Staatsangehörigkeit unabhängig von der familiären Erziehungssituation und der Verfestigung ihres Aufenthalts in Bayern kein Landeserziehungsgeld. Es gebe keine Gründe, die diese Ungleichbehandlung nach Art und Gewicht rechtfertigen könnten.

16

Die sachliche Differenzierung müsse von den Zielen des Erziehungsgeldgesetzes im Lichte des Ehe- und Familienschutzes ausgehen. Im Vordergrund stehe dabei, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen. Der Gesetzgeber handle im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er diejenigen Antragsteller ausschließe, die aus Rechtsgründen einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen könnten. Diese könnten das Hauptziel des Erziehungsgeldes, Kinderbetreuung unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder unter deren Einschränkung zu leisten, nicht erreichen. Diesem Ziel diene die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit jedoch nicht, sie stehe dazu in keinem sachlichen Zusammenhang.

17

Verfassungsrechtlich sei auch legitim, wenn der Gesetzgeber nur denjenigen Erziehungsgeld zukommen lasse, von denen erwartet werden könne, dass sie dauerhaft in Bayern blieben. Bei Sukzessivleistungen wie dem Erziehungsgeld werde die Zielerreichung durch eine Aufenthaltskontinuität des Empfängers wesentlich befördert. Diese Voraussetzung werde aber für alle Leistungsempfänger - nicht nur für ausländische Staatsangehörige - bereits durch die Voraussetzung der Vorwohnzeit des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG erfüllt.

18

Die gewählte Unterscheidung diene lediglich Fiskalinteressen. Die Verhinderung fiskalischer Mehrbelastungen könne die vorgenommene Differenzierung jedoch nicht begründen. Zwar könne der Gesetzgeber ohne Verfassungsverstoß von der Gewährung "freiwilliger familienpolitischer Zusatzleistungen", die nicht zum Familienlastenausgleich beziehungsweise nicht zum Existenzminimum des Kindes beitragen, absehen. Verzichtete der Gesetzgeber generell auf die Gewährung von Landeserziehungsgeld, würde dies auch die problematischen Differenzierungen zwischen verschiedenen Personengruppen beenden. Entscheide er sich jedoch dafür, eine derartige Leistung zu gewähren, dürften trotz der Freiwilligkeit der Leistung die Differenzierungsregeln des Art. 3 Abs. 1 GG nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Fiskalischen Interessen könne der Freistaat Bayern auch im Wege von Leistungskürzungen Rechnung tragen, ohne ausländische Staatsangehörige vom Leistungsbezug auszuschließen.

19

Die Staatsangehörigkeit komme als Unterscheidungskriterium nicht in Betracht. Zwar könne sie nicht grundsätzlich als Differenzierungskriterium ausgeschlossen werden. Die Eignung als Differenzierungskriterium müsse jedoch konkret bezogen auf das zu regelnde Sachgebiet bestimmt werden. Sei durch die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit ein Grundrecht beeinträchtigt, bedürfe es einer an der Schwere der Beeinträchtigung ausgerichteten Rechtfertigung. Eine solche Rechtfertigung sei nicht ersichtlich. Keinesfalls dürfe die Staatsangehörigkeit zu einem isolierten Differenzierungskriterium degenerieren. In eine solche Richtung weise jedoch der Beschluss des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, der das "Motiv einer gezielten Förderung der Landeskinder" in diese Richtung aufwerte.

IV.

20

Zu der Vorlage haben die Bayerische Staatsregierung, der 10. Senat des Bundessozialgerichts, der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Familiengerichtstag sowie der Deutsche Juristinnenbund Stellung genommen.

21

1. Die Bayerische Staatsregierung hält die vorgelegte Regelung für verfassungsgemäß. Der Gleichheitssatz verlange keine schematische Gleichbehandlung, sondern lasse Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt seien. Bei einer rechtsgewährenden Regelung komme dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise eine besonders weitreichende Gestaltungsfreiheit zu. Der Gestaltungsspielraum im Bereich der Leistungsverwaltung ende erst dort, wo eine ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise vereinbar sei und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden müsse.

22

Der Gesetzgeber habe diese Grenze nicht überschritten. Die Regelung differenziere nach der Staatsangehörigkeit und nicht - wie die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 176) für mit der Verfassung unvereinbar erklärte Regelung über die Gewährung von Bundeserziehungsgeld - nach dem ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus. Das Kriterium der Staatsangehörigkeit ziele gerade nicht auf die Erwartung, dass der Ausländer dauerhaft in Bayern bleibe. Dieses Ziel werde durch die Vorwohndauer in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG erreicht und gelte für Antragsteller aller Herkunftsländer. Das Gesetz bezwecke auch keine Förderung der Integration von Ausländern. Zu einer solchen Förderung sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet.

23

Vielmehr könnten bereits bloße finanzpolitische Überlegungen sachliche Gründe für die vorgelegte Norm darstellen. Das gelte jedenfalls für Leistungen, zu deren Gewährung keine Verpflichtung bestehe. Der Gesetzgeber müsse allerdings den Kreis der Betroffenen sachgerecht abgrenzen. Das Ermessen des Gesetzgebers sei jedoch nicht durch die Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 160) zur Gewährung von Kindergeld eingeschränkt. Die dortige Argumentation stehe in engem Zusammenhang mit dem Charakter des Kindergeldes als Komponente des dualen Systems des Familienlastenausgleichs. Die wirtschaftliche Belastung der Eltern solle teilweise ausgeglichen werden und diene damit der Einhaltung der in Art. 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG vorgegebenen Mindestvoraussetzungen, das Existenzminimum von Kindern steuerlich frei zu halten. Zur Zahlung des Erziehungsgeldes sei der Staat demgegenüber nicht verpflichtet. Das Landeserziehungsgeld könne ersatzlos wegfallen.

24

Außerdem sei die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit auch unter dem Gesichtspunkt der Gegenseitigkeit gerechtfertigt. Die Gegenseitigkeitsverbürgung sei eine Erscheinungsform des völkerrechtlichen Gegenseitigkeitsprinzips, das der Wahrnehmung eigener staatlicher Belange gegenüber anderen Staaten und der Verbesserung der Rechtsstellung deutscher Staatsbürger im Ausland diene. Die Bevorzugung von Deutschen bei der Erteilung von Leistungen im Vergleich zu ausländischen Staatsangehörigen, in deren Heimatländern Deutschen entsprechende Leistungen verwehrt blieben, sei gerechtfertigt. Andernfalls bestehe kein Anreiz für andere Staaten, Gegenseitigkeitsabkommen abzuschließen. Die Orientierung am Gegenseitigkeitsprinzip zeige sich auch darin, dass neben deutschen Staatsangehörigen auch Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum privilegiert würden. Denn gegenüber diesen Ländern bestünden völkerrechtliche Differenzierungsverbote.

25

2. Der 10. Senat des Bundessozialgerichts teilt mit, er habe die Vorschrift noch nicht angewandt. Das Sozialgericht München habe beachtliche verfassungsrechtliche Argumente vorgebracht. Das Grundgesetz verbiete zwar nicht generell Ungleichbehandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Diese gehöre auch nicht zu den in Art. 3 Abs. 3 GG verbotenen Differenzierungskriterien. Prüfungsmaßstab sei daher allein der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Rechtsprechung stets betont, dass Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehre und ihm insbesondere im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme. Für den Gesetzgeber ergäben sich allerdings aus dem allgemeinen Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken könne. Der im vorliegenden Fall zu berücksichtigende Schutz von Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG enthalte keine Beschränkung auf Deutsche. Da es sich bei dem Differenzierungskriterium der Staatsangehörigkeit um ein personenbezogenes Merkmal handele, sei eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung angezeigt.

26

Nach der Rechtsprechung des 10. Senats des Bundessozialgerichts gebe es zwischen dem Bundeserziehungsgeldgesetz und dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz nach Voraussetzungen und Zweck keine Unterschiede von Gewicht. Es stelle sich deshalb vor allem die Frage, ob die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ein geeignetes Kriterium sei, um den mit dem Bundeserziehungsgeld und dem zeitlich nachfolgenden Landeserziehungsgeld verfolgten Zweck zu erreichen, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen. Auf diesen Punkt bezögen sich in erster Linie die verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts.

27

3. Der Deutsche Landkreistag hält die Argumentation des Sozialgerichts München für überzeugend. Fiskalische Ziele könnten die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen.

28

4. Auch der Deutsche Familiengerichtstag teilt die Bedenken des vorlegenden Gerichts. Zwar sei dem Gesetzgeber im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit ein weitreichender Gestaltungsspielraum zuzuerkennen. Staatlichem Handeln seien aber umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich eine Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken könne. Der gemäß Art. 6 GG gewährleistete Schutz von Ehe und Familie sei unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

29

Die Staatsangehörigkeit sei ein gleichheitswidriger Gegenstand der Differenzierung. Das Kriterium diene nicht der Verfolgung des Ziels des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes, Eltern im Anschluss an die Förderung durch das Bundeserziehungsgeldgesetz ein weiteres Jahr die eigene Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen, ohne einer Berufstätigkeit nachgehen zu müssen. Das legitime Interesse des dauerhaften Aufenthalts werde durch die Vorwohnzeit sichergestellt. Für eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit bestehe kein sachlicher Grund. Das Merkmal sei damit ausgrenzend und diskriminierend.

30

Bei freiwilligen Leistungen wie dem Erziehungsgeld dürften fiskalische Interessen berücksichtigt werden. Trotzdem dürften Berechtigte nicht durch sachfremde Erwägungen von der Leistung ausgeschlossen werden. Könne der Gesetzgeber nur beschränkte Mittel einsetzen, stehe es ihm frei, die Leistung einzustellen, das Leistungsniveau abzusenken oder nicht diskriminierende Kriterien einzuführen.

31

Die Staatsangehörigkeit stelle sich als ein familienfeindliches und Kinder ungleich behandelndes Abgrenzungskriterium dar. Das Ziel der Regelung, eine Betreuung kleiner Kinder in der gemäß Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Familie sicherzustellen beziehungsweise die ökonomische Grundlage für die Entscheidung zugunsten einer Betreuung in der Familie zu schaffen, würde vielmehr durch die Voraussetzung der privilegierten Staatsangehörigkeit konterkariert. Eltern mit nicht privilegierter Staatsangehörigkeit müssten einer Erwerbstätigkeit nachgehen und könnten sich im Gegensatz zu anderen Eltern nicht der Familienarbeit widmen, obwohl ihre Familien ebenso unter dem Schutz des Art. 6 GG ständen. Auch die Kinder von Eltern mit und ohne privilegierte Staatsangehörigkeit würden entgegen Art. 3 GG durch das Bayerische Landeserziehungsgeldgesetz ungleich behandelt.

32

5. Der Deutsche Juristinnenbund schließt sich in seiner Stellungnahme der Auffassung des vorlegenden Gerichts an. Das Bayerische Landeserziehungsgeldgesetz sei eine Leistung zur Förderung von Familien. Dabei komme dem Gesetzgeber ein weiter Ermessensspielraum zu. Bei der Abgrenzung der Leistungsberechtigten dürfe aber nicht sachwidrig differenziert werden. Dies müsse nach dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beurteilt werden. Prüfungsmaßstab bei Familienförderleistungen sei nicht das Willkürverbot, sondern das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es sei zu prüfen, ob Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorlägen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.

33

Der Deutsche Juristinnenbund erklärt, beim Landeserziehungsgeld handele es sich um eine unter dem Aspekt der Gestaltungsfreiheit von Familien und der Förderung von Gleichberechtigung insgesamt verfassungsrechtlich und rechtspolitisch fragwürdige Leistung. Der Gesetzgeber habe sich allerdings noch im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen gehalten. Mit der Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit habe der Freistaat Bayern diese Grenze jedoch überschritten. Eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit sei zwar nicht generell unzulässig. In Bezug auf die Einhaltung des Gleichheitssatzes im Rahmen der Gewährung von Erziehungsgeld sei jedoch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 176) zu beachten. Das Gericht habe zum Bundeserziehungsgeldgesetz Grundsätze formuliert, die bezogen auf die familienpolitischen Zwecke des Erziehungsgeldes auch beim Landeserziehungsgeld eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit sachwidrig erscheinen ließen. Die Förderung der Entscheidung für Kinder, die Abmilderung finanzieller Nachteile und die Anerkennung der Betreuungsleistung betreffe Eltern unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits entschieden, dass die Zwecke des Erziehungsgeldes bei Ausländern mit Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsberechtigung nicht weniger zur Geltung kommen als bei Deutschen oder Ausländern mit anderen Aufenthaltstiteln. Wenn das Bundesverfassungsgericht schon einen Ausschluss von Personen mit bestimmten Aufenthaltstiteln für unzulässig erachtet habe, müsse eine an der Staatsangehörigkeit orientierte Differenzierung erst recht unzulässig sein. Eine Bezugsberechtigung ausländischer Eltern sei sinnvoll und der Integration dienlich. Fiskalische Argumente könnten nicht überzeugen.

B.

34

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG verstößt nicht gegen Art. 6 GG, ist jedoch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar, weil er Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, generell vom Anspruch auf Landeserziehungsgeld ausschließt.

I.

35

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG verstößt nicht gegen Art. 6 GG.

36

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG statuiert eine gesetzliche Bedingung des Anspruchs auf Landeserziehungsgeld. Die Vorschrift regelt damit die Voraussetzungen staatlicher Leistungsgewährung im Bereich der Familienförderung, greift jedoch nicht in die abwehrrechtlichen Verbürgungen des Familiengrundrechts, insbesondere des durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG speziell (vgl. BVerfGE 24, 119 <135>; 31, 194 <204>) geschützten Elternrechts ein.

37

Ob das durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Recht der Eltern, ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen zu planen und zu verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung zu entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 <231>), dadurch beeinträchtigt ist, dass eine finanzielle Förderung nur für den Fall der eigenen Betreuung durch ein Elternteil, nicht aber für andere von den Eltern gewählte Formen der Kinderbetreuung vorgesehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Dass Anspruch auf Landeserziehungsgeld nur hat, wer sein Kind selbst betreut und erzieht, ist in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayLErzGG geregelt und folgt nicht aus dem hier allein zur Prüfung gestellten Staatsangehörigkeitserfordernis des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG.

38

Die Regelung verletzt keine aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG abzuleitende Schutz- und Förderpflicht des Staats zugunsten der Familie. Ein Verstoß gegen Schutz- und Förderpflichten aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG käme nur in Betracht, wenn eine verfassungsrechtliche Pflicht des Freistaats Bayern bestünde, Familien durch die Gewährung von Erziehungsgeld zu fördern. Zwar umfasst der besondere Gewährleistungsgehalt der ausdrücklichen Schutzverpflichtung des Art. 6 Abs. 1 GG eine über die allgemeine grundrechtliche Schutzpflicht noch hinausgehende Förder- und Schutzpflicht des Staats für die Familie (vgl. auch BVerfGE 43, 108 <121>; 110, 412 <436>; 111, 160 <172>; Burgi, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz , Art. 6 Rn. 51). Die Art. 6 Abs. 1 GG als Generalnorm des Familienschutzes eigene, nicht auf Deutsche beschränkte (vgl. BVerfGE 111, 176 <184>) Schutz- und Förderdimension erstreckt sich auf das speziellere elterliche Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Aus dieser Schutz- und Förderpflicht ergibt sich die Aufgabe des Staats, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern durch geeignete wirtschaftliche Maßnahmen zu unterstützen und zu fördern (vgl. Jestaedt, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz , Art. 6 Abs. 2 und 3 Rn. 21). Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen sich aus dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Gebot, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern zu unterstützen, jedoch nicht herleiten (vgl. BVerfGE 82, 60 <81 f.>; 87, 1 <36>; 107, 205 <213>; 110, 412 <445>). Insbesondere ist der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, eine familienfördernde Leistung in Form eines Erziehungsgeldes zu gewähren.

II.

39

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

40

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 76). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 77). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <97>; 93, 386 <397>; 99, 367 <389>; 105, 73 <110>; 107, 27 <46>; 110, 412 <432>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 77).

41

Diesen allgemeinen Grundsätzen folgt auch die verfassungsrechtliche Beurteilung einer Norm, die Ausländer im Vergleich zu Deutschen anders behandelt. Der allgemeine Gleichheitssatz garantiert "allen Menschen" die Gleichbehandlung vor dem Gesetz und steht damit auch Ausländern zu (BVerfGE 30, 409 <412>). Gleiches gilt für den hier angesichts des familienpolitischen Charakters des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes zu berücksichtigenden Schutz der Familie (vgl. BVerfGE 111, 160 <169>; 111, 176 <184> m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber indessen nicht jede Ungleichbehandlung von Deutschen und Ausländern. Es ist dem Gesetzgeber nicht generell untersagt, nach der Staatsangehörigkeit zu differenzieren (vgl. BVerfGE 116, 243 <259>). Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz bedarf es für die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit als Unterscheidungsmerkmal jedoch eines hinreichenden Sachgrundes. Dass die Staatsangehörigkeit kein generell unzulässiges Differenzierungsmerkmal ist, bedeutet nicht umgekehrt, dass eine grundlose Ungleichbehandlung von Ausländern und Deutschen vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben könnte (vgl. Gundel, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. IX, 3. Aufl. 2011, § 198 Rn. 86; Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, Bd. I , Art. 3 Abs. 1 Rn. 136; vgl. auch EGMR, Urteil vom 16. September 1996 - 17371/90 -, Rn. 42, Gaygusuz v. Österreich; Urteil vom 30. September 2003 - 40892/98 -, Rn. 46, Poirrez v. Frankreich). Die Entscheidung des Verfassungsgebers, den allgemeinen Gleichheitssatz als Menschenrecht auszugestalten, das nicht auf Deutsche beschränkt ist, liefe ansonsten ins Leere und verlöre damit ihren Sinn.

42

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 77). Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 99, 165 <178>; 106, 166 <175 f.>; 111, 176 <184>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich allerdings aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 78). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 78) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 78).

43

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen reichen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die vorgelegte Regelung über das bloße Willkürverbot hinaus.

44

aa) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen erschöpfen sich hier schon deshalb nicht im bloßen Willkürverbot, weil die Verwehrung von Erziehungsgeld das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte und nicht auf Deutsche beschränkte Elternrecht berührt (vgl. BVerfGE 111, 160 <169>; 111, 176 <184>). Auch wenn Art. 6 GG für sich genommen nicht verletzt ist (oben B. I.), ist das verfassungsrechtliche Elternrecht doch in seiner Schutz- und Förderdimension betroffen. Das Landeserziehungsgeld fördert eine bestimmte Form der Ausübung des Elternrechts, indem es die persönliche Betreuung des Kindes durch die Eltern unter Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit finanziell unterstützt. Mit der Verwehrung von Landeserziehungsgeld bleibt den Betroffenen dieses Element staatlicher Förderung des Elternrechts versagt. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Ungleichbehandlung ist dies zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 111, 160 <169>; 111, 176 <184>), auch wenn sich daraus angesichts des freiwilligen Charakters der staatlichen Leistung noch keine besonders strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. November 2011 - 1 BvR 1853/11 -, juris Rn. 11).

45

bb) Eine Verschärfung der verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenüber dem bloßen Willkürverbot folgt auch daraus, dass Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG mit der Staatsangehörigkeit an ein Merkmal anknüpft, das den antragstellenden Personen kaum verfügbar ist. Die Staatsangehörigkeit einer Person hängt grundsätzlich von der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern oder dem Ort ihrer Geburt und damit von Umständen ab, die sie nicht beeinflussen kann. Eine Änderung der Staatsangehörigkeit ist nur unter Voraussetzungen möglich, die wiederum nicht allein im Belieben der Betroffenen stehen (vgl. BVerfGE 111, 160 <169 f.>).

46

cc) Die Staatsangehörigkeit wird in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG trotz Ähnlichkeiten und Überschneidungen mit den dort genannten Merkmalen nicht als unzulässiges Differenzierungsmerkmal aufgeführt. Eine Unterscheidung anhand der Staatsangehörigkeit unterliegt darum nicht dem strengen Differenzierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 90, 27 <37>). Das schließt nicht aus, dass die Ungleichbehandlung ausländischer Staatsangehöriger in bestimmten Konstellationen hinsichtlich ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen einer Unterscheidung nach den in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Merkmalen nahe kommt, so dass strenge verfassungsrechtliche Anforderungen an die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zu stellen sind (vgl. Osterloh, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 297; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 127; Gundel, a.a.O. Rn. 86; König/Peters, in: Grote/Marauhn, EMRK/GG, 2006, Kap. 21 Rn. 138; vgl. auch EGMR, a.a.O.). Wie weit dies der Fall ist, bedarf keiner Entscheidung, da die vorgelegte Regelung bereits weniger strenge verfassungsrechtliche Anforderungen verfehlt.

47

2. Die durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG bewirkte Ungleichbehandlung von Personen, die nicht eine der dort genannten Staatsangehörigkeiten besitzen, ist nach den vorgenannten Grundsätzen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar, weil es der Regelung auch in Anerkennung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers an einem legitimen Zweck fehlt, der die Benachteiligung von ausländischen Staatsangehörigen tragen könnte und dem zu dienen die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG getroffene Unterscheidung geeignet wäre.

48

a) Der Ausschluss von Personen, die nicht über eine der in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG genannten Staatsangehörigkeiten verfügen, ist nicht durch die Zwecke des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes gerechtfertigt.

49

Die Gewährung von Erziehungsgeld zielt vor allem darauf, Eltern die eigene Betreuung ihres Kindes durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen und damit die frühkindliche Entwicklung zu fördern (BayLTDrucks 11/11033, S. 4). Zwar ist die wirtschaftliche Unterstützung der Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern angesichts des verfassungsrechtlichen Schutz- und Förderauftrags (Art. 6 Abs. 2 GG) ein legitimer Gesetzeszweck (oben B. I.), jedoch deckt dieser Zweck den in der vorgelegten Norm geregelten Leistungsausschluss nicht. Das Anliegen des Gesetzgebers, Eltern die persönliche Betreuung ihres Kindes zu ermöglichen und dadurch die frühkindliche Entwicklung zu fördern, kommt bei Ausländern und ihren Kindern auf gleiche Weise zum Tragen wie bei Deutschen. Der verfassungsrechtliche Schutz der Familie (Art. 6 GG) ist nicht auf Deutsche beschränkt.

50

Die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG vorgesehene Differenzierung dient auch nicht mittelbar der Verwirklichung des Gesetzeszwecks. Angesichts des Gesetzeszwecks wäre es verfassungsrechtlich zulässig, wenn der Leistungsbezug auf Personen beschränkt würde, die in Deutschland rechtmäßig erwerbstätig sein können. Der Gesetzgeber handelte im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er jene Ausländer vom Erziehungsgeldbezug ausschlösse, die aus Rechtsgründen einer Erwerbstätigkeit ohnehin nicht nachgehen dürften. Die Gewährung einer Sozialleistung, die Eltern einen Anreiz zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit geben will, verfehlt ihr Ziel, wenn eine solche Erwerbstätigkeit demjenigen Elternteil, der zur Betreuung des Kindes bereit ist, rechtlich nicht erlaubt ist (vgl. BVerfGE 111, 176 <185 f.>). Die vorgelegte Regelung ist jedoch zur Erreichung dieses Ziels nicht geeignet. Die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit lässt noch weniger als die vom Bundesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 160 <174 f.>; 111, 176 <185 ff.>) beanstandete Anknüpfung an den Aufenthaltstitel Rückschlüsse darauf zu, ob eine Arbeitserlaubnis besteht oder nicht. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens war in Bayern rechtmäßig berufstätig, so dass ihr der Bezug von Landeserziehungsgeld einen Anreiz zur Einschränkung ihrer Berufstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung hätte bieten können.

51

b) Der Ausschluss von Personen, die weder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union noch die eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, kann nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden, eine Förderung auf Personen zu begrenzen, die dauerhaft in Bayern leben werden. In bestimmten Konstellationen mag die voraussehbare Dauer des Aufenthalts von ausländischen Staatsangehörigen in Deutschland eine ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 111, 160 <174>; 111, 176 <184>), ohne dass allerdings das Fehlen eines dauerhaften Aufenthalts automatisch jede Differenzierung hinsichtlich der Gewährung von Sozialleistungen legitimieren könnte (vgl. BVerfGE 116, 229 <239 f.>). Das Kriterium der Staatsangehörigkeit ist hier jedoch weder darauf gerichtet noch ist es geeignet, den Personenkreis zu erfassen, der voraussichtlich dauerhaft in Bayern ansässig sein wird. Die Staatsangehörigkeit gibt noch weniger als die - vom Bundesverfassungsgericht auch insofern bereits für unzureichend erklärte (vgl. BVerfGE 111, 160 <174>; 111, 176 <185>) - Art des Aufenthaltstitels verlässlich Aufschluss darüber, ob eine Person dauerhaft in Bayern ansässig sein wird.

52

c) Der Ausschluss von Personen, die weder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union noch die eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzen, kann nicht mit dem Ziel der Begünstigung sogenannter "Landeskinder" (vgl. BayVerfGH, a.a.O. Rn. 33) gerechtfertigt werden. Inwiefern eine Begünstigung von "Landeskindern" nach dem Grundgesetz zulässig ist, bedarf hier keiner Erörterung, da die vorgelegte Regelung nicht nach der Herkunft aus anderen Bundesländern, sondern nach der Staatsangehörigkeit unterscheidet und darum von vornherein nicht unter dem Gesichtspunkt der Förderung von "Landeskindern" gerechtfertigt werden kann. Anderes mag für die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG getroffene Regelung zur Vorwohnzeit in Bayern gelten (vgl. BayLTDrucks 11/11033, S. 5), die jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

53

d) Sofern der Landesgesetzgeber "Mitnahmeeffekte" verhindern wollte, die daraus resultieren könnten, dass sich Personen kurzfristig in Bayern niederlassen, um in den Genuss der bayerischen Erziehungsgeldregelung zu gelangen, wird dieses Ziel ebenfalls mit der Regelung zur Vorwohndauer (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayLErzGG) erreicht (vgl. BayLTDrucks 11/11033, S. 5). Davon abgesehen wäre die Staatsangehörigkeit kein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels, da sie, wie dargelegt, weder über die der Geburt vorausgegangene Aufenthaltszeit noch über die künftige Aufenthaltszeit in Bayern zuverlässig Aufschluss gibt.

54

e) Fiskalische Interessen können die Schlechterstellung durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nicht rechtfertigen. Soweit der Gesetzgeber eine Leistung freiwillig gewährt, darf er zwar durchaus berücksichtigen, welche finanziellen Mittel er angesichts der sonstigen Staatsaufgaben einsetzen kann (vgl. BVerfGE 102, 254 <303>). Finanzpolitische Belange dürfen aber nur dergestalt zur Geltung kommen, dass Berechtigte, die die Voraussetzungen eines Leistungsbezugs gleichermaßen erfüllen wie andere, nicht aufgrund sachfremder Differenzierung von der Leistung ausgeschlossen werden. Die bloße Absicht, das Leistungsvolumen zum Zwecke der Reduzierung staatlicher Ausgaben zu verringern, genügt für sich genommen nicht, um eine differenzierende Behandlung verschiedener Personengruppen zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 87, 1 <46> m.w.N. sowie BVerfGE 19, 76 <84 f.>; 76, 256 <311>; 93, 386 <402>; 107, 218 <253>; 122, 210 <233>). Ansonsten liefe das allgemeine Gleichbehandlungsgebot im Bereich staatlicher Geldleistungen leer, da sich der Gesetzgeber zur Begründung von Ungleichheiten stets auf die Absicht berufen könnte, staatliche Ausgaben durch Teileinsparungen verringern zu wollen (vgl. BVerfGE 121, 241 <258>). Staatliche Ausgaben zu vermeiden, ist ein legitimer Zweck, der jedoch eine Ungleichbehandlung von Personengruppen nicht zu rechtfertigen vermag. Ist ein darüber hinausgehender sachlicher Differenzierungsgrund nicht vorhanden, muss der Gesetzgeber finanzpolitischen Belangen durch eine Beschränkung der Leistungshöhe oder der Bezugsdauer für alle Berechtigten Rechnung tragen.

55

f) Schließlich kann die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit nicht mit dem völkerrechtlichen Prinzip der Gegenseitigkeit gerechtfertigt werden. Danach müssen ausländischen Staatsangehörigen in einem Staat bestimmte Vorteile nur dann eingeräumt werden, wenn die Staatsangehörigen des Gaststaats im jeweiligen Heimatstaat ebensolche Vorteile beanspruchen könnten. Dass ausländischen Staatsangehörigen Leistungen vorenthalten werden, die den eigenen Staatsangehörigen gewährt werden, kann etwa dem Ziel dienen, andere Staaten zu beeinflussen, internationalen Verträgen beizutreten oder Gegenseitigkeitsabkommen abzuschließen, welche Deutschen im Ausland einen erhöhten Schutz gewähren. Die im Falle fehlender Gegenseitigkeit gezielt herbeigeführte Benachteiligung Angehöriger der betroffenen Staaten kann unter Umständen verfassungsrechtlich hinzunehmen sein (vgl. BVerfGE 51, 1 <24>; 81, 208 <224>). Näherer Überprüfung bedürfte allerdings die Frage, inwiefern sich angesichts der Bundeskompetenz für die auswärtigen Beziehungen nach Art. 32 Abs. 1 GG auch ein Landesgesetzgeber im Verhältnis zu anderen Staaten auf den Gesichtspunkt der Gegenseitigkeit berufen kann.

56

Die vorgelegte Regelung kann jedoch schon deshalb nicht mit dem Prinzip der Gegenseitigkeit gerechtfertigt werden, weil Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nicht anhand der gegenseitigen Verbürgung entsprechender Leistungen unterscheidet (vgl. BayVerfGH, a.a.O. Rn. 36). Die vorgelegte Regelung stellt nicht auf die konkrete Gegenseitigkeit ab, sondern verlangt die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Möglicherweise bestehende Abkommen mit anderen Ländern werden ebenso wenig berücksichtigt wie die von einem Abkommen unabhängige Gewährung entsprechender Leistungen durch andere Staaten. Damit ist eine Prüfung der konkreten Gegenseitigkeitsvoraussetzungen im jeweiligen Leistungsfall nicht möglich. Selbst für den Fall, dass zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen vor deren Beitritt zur Europäischen Union ein Gegenseitigkeitsabkommen bestanden oder Polen davon unabhängig entsprechende Leistungen an Deutsche gewährt haben sollte, hätte dies bei der Vergabe von Landeserziehungsgeld nicht berücksichtigt werden können. Lässt eine Regelung keinen Raum zur Prüfung der konkreten Gegenseitigkeitsvoraussetzungen, schließt dies aber von vornherein aus, dass sie unter dem Gesichtspunkt völkerrechtlicher Gegenseitigkeit vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben könnte (vgl. BVerfGE 51, 1 <25>; 81, 208 <224>).

57

g) Sonstige Zwecke, die die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG getroffene Unterscheidung tragen könnten, sind nicht ersichtlich.

C.

I.

58

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Satz 1 BVerfGG). Da dem Gesetzgeber hier aber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht (vgl. BVerfGE 84, 168 <186 f.>; 92, 158 <186>). So könnte der Gesetzgeber auf die Voraussetzung der Staatsangehörigkeit ersatzlos verzichten. Er könnte aber auch eine Regelung schaffen, die an die Berechtigung zur Erwerbstätigkeit anknüpft (vgl. BVerfGE 111, 176 <189>). Der Gesetzgeber kann sich zudem dafür entscheiden, künftig gar kein oder allgemein ein geringeres Landeserziehungsgeld zu gewähren. Hinsichtlich der vor Inkrafttreten einer solchen Neuregelung anhängig gemachten Verfahren ist ihm dieser Weg indes versperrt, da jene Eltern, die die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG erfüllen, Elterngeld bereits aufgrund bestands- beziehungsweise rechtskräftig abgeschlossener Verfahren erhalten haben oder haben werden, das ihnen nicht rückwirkend genommen werden kann. Die nachträgliche Abschaffung des Landeserziehungsgeldes benachteiligte damit erneut in gleichheitswidriger Weise diejenigen, die die mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nicht erfüllen.

II.

59

Entsprechend § 78 Satz 2 BVerfGG sind im Interesse der Rechtsklarheit auch die Nachfolgevorschriften in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 26. März 2001 (GVBl S. 76), in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bayerischen Gesetzes zur Zahlung eines Landeserziehungsgeldes und zur Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. April 2004 (GVBl S. 133) und in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Bayerischen Landeserziehungsgeldes vom 9. Juli 2007 (GVBl S. 442), die keine inhaltliche Änderung gegenüber Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG 1995 aufweisen, für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar zu erklären (vgl. BVerfGE 92, 53 <73>; 94, 241 <265 f.>, jeweils m.w.N.).

III.

60

Bescheide, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung bereits bestandskräftig sind, bleiben von ihr unberührt. Dies entspricht dem Grundgedanken des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, der auch zur Anwendung kommt, wenn das Bundesverfassungsgericht eine Vorschrift für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt (vgl. BVerfGE 81, 363 <384>). Es bleibt dem Gesetzgeber unbenommen, im Zusammenhang mit dem Gegenstand der vorliegenden Entscheidung eine andere Regelung zu treffen (vgl. BVerfGE 94, 241 <266 f.>; 111, 115 <146>).

IV.

61

Für den Erlass einer Neuregelung bleibt dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. August 2012. Kommt es bis zu diesem Zeitpunkt zu keiner verfassungsgemäßen Neuregelung, tritt Nichtigkeit der beanstandeten Vorschriften ein (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>).

V.

62

Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen der Gewährung von Landeserziehungsgeld lediglich die Staatsangehörigkeit der Antragstellenden entgegensteht, bleiben ausgesetzt oder sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>; 116, 96 <135>) bis der Gesetzgeber die verfassungswidrige Norm durch eine Neuregelung ersetzt hat (vgl. BVerfGE 28, 324 <363>; 111, 160 <176>), oder entsprechend C. IV. Nichtigkeit eintritt (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Gewässer sind nachhaltig zu bewirtschaften, insbesondere mit dem Ziel,

1.
ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten und zu verbessern, insbesondere durch Schutz vor nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften,
2.
Beeinträchtigungen auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt der direkt von den Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete zu vermeiden und unvermeidbare, nicht nur geringfügige Beeinträchtigungen so weit wie möglich auszugleichen,
3.
sie zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Interesse Einzelner zu nutzen,
4.
bestehende oder künftige Nutzungsmöglichkeiten insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung zu erhalten oder zu schaffen,
5.
möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen,
6.
an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten und insbesondere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen,
7.
zum Schutz der Meeresumwelt beizutragen.
Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerungen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen.

(2) Gewässer, die sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, sollen in diesem Zustand erhalten bleiben und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen.

(1) Die Erlaubnis gewährt die Befugnis, die Bewilligung das Recht, ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen.

(2) Erlaubnis und Bewilligung geben keinen Anspruch auf Zufluss von Wasser in einer bestimmten Menge und Beschaffenheit.

(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewässerbenutzungen, die der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit dienen, sofern der drohende Schaden schwerer wiegt als die mit der Benutzung verbundenen nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften. Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die Benutzung zu unterrichten.

(3) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen ferner bei Übungen und Erprobungen für Zwecke der Verteidigung oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit

1.
das vorübergehende Entnehmen von Wasser aus einem Gewässer,
2.
das Wiedereinleiten des Wassers in ein Gewässer mittels beweglicher Anlagen und
3.
das vorübergehende Einbringen von Stoffen in ein Gewässer,
wenn durch diese Benutzungen andere nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu erwarten ist. Die Gewässerbenutzung ist der zuständigen Behörde rechtzeitig vor Beginn der Übung oder der Erprobung anzuzeigen.

(4) Ist bei der Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung nichts anderes bestimmt worden, geht die Erlaubnis oder die Bewilligung mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt worden ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.