Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 11. Apr. 2018 - 1 MB 2/18

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2018:0411.1MB2.18.00
bei uns veröffentlicht am11.04.2018

Tenor

Das Beschwerdeverfahren der Beschwerdeführerin zu 2. wird eingestellt.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 22. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer zu 1. und 2. tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 31.08.2017. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des dagegen gerichteten Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22.12.2017 abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat die Beschwerdeführerin zu 2. zurückgenommen. Der Beschwerdeführer zu 1. begehrt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung anzuordnen.

II.

2

1. Das Beschwerdeverfahren der Beschwerdeführerin zu 2. ist einzustellen, nachdem sie ihre Beschwerde am 08.02.2018 zurückgenommen hat.

3

2. Die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Dezember 2017 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

4

2.1 Der Beschwerdeführer zu 1. wiederholt in der Begründung seiner Beschwerde im Wesentlichen seine Ansicht, die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung löse bodenrechtlich beachtliche Spannungen aus und sei rücksichtslos. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss bereits überzeugend begründet, dass auf diese Gründe eine Nachbarrechtsverletzung nicht gestützt werden kann und insbesondere von dem genehmigten Maß der Nutzung (GRZ) keine rücksichtslose oder „bedrängende“ Wirkung auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu 1. (…) ausgeht. Der Senat folgt den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung insoweit vollständig und sieht deshalb von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

5

2.2 Soweit der Beschwerdeführer zu 1. in seiner Beschwerdebegründung anführt, die Ausnutzung des Grundstücks der Beigeladenen (…) mit einer von ihm berechneten Grundflächenzahl von 0,31 sei infolge einer „willkürlichen Neuvermessung“ des „Stammgrundstücks …“ entstanden, führt auch dies nicht zur Annahme einer - der angefochtenen Baugenehmigung zuzuordnenden - Nachbarrechtsverletzung. Zwar dürfen nach § 7 Abs. 1 LBO SH durch die Teilung eines Grundstücks keine Verhältnisse geschaffen werden, die zu bauordnungswidrigen Zuständen führen, doch hätte die Beschwerdegegnerin insoweit - außerhalb des vorliegenden Verfahrens - allenfalls (auch zivilrechtlich erforderliche) Maßnahmen zur Vermeidung solcher Zustände anordnen können (§ 59 Abs. 2 S. 2 LBO SH; vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 04.04.2002, 2 S 6.02, BauR 2002, 1235). Die angefochtene Baugenehmigung vom 31.08.2017 enthält dazu keine Regelung und muss eine solche auch nicht enthalten. Die in der Genehmigung getroffene Entscheidung über das zugelassene Maß der baulichen Nutzung hat von dem im Bauantrag bezeichneten „Baugrundstück“ auszugehen (vgl. § 19 Abs. 2 BauNVO); Gleiches gilt auch für die Abstandsflächen (§ 6 Abs. 2 S. 1 LBO SH). Für eine „hypothetische“ Berechnung der Grundflächenzahl, wie sie dem Beschwerdeführer zu 1. vorschwebt, gibt es keine Rechtsgrundlage.

6

2.3 Der Beschwerdeführer zu 1. stützt seine Kritik an der „Höhe“ der von ihm berechneten Grundflächenzahl von 0,31 im Kern darauf, dass damit von der „seit Jahrzehnten“ von der Beschwerdegegnerin geforderten Grundflächenzahl (GRZ) von 0,20 gleichheitswidrig abgewichen worden sei. Das verhilft seiner Beschwerde nicht zum Erfolg.

7

Der Beschwerdeführer zu 1. übersieht, dass die Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht von einer „seit Jahrzehnten“ von der Beschwerdegegnerin geforderten GRZ von 0,20 abhängt, sondern allein davon, ob die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB eingehalten werden.

8

2.4 Dem Beschwerdeführer zu 1. mag darin gefolgt werden, dass das genehmigte Maß der baulichen Nutzung der Beigeladenen (mindestens) den von ihm errechneten Wert - oberhalb einer GRZ von 0,20 - erreicht. Das verhilft seiner (Nachbar-) Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg.

9

2.4.1 Auszugehen ist zunächst davon, dass es für das Einfügen des Vorhabens der Beigeladenen nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht auf die Verhältniszahlen (z. B. Grundflächenzahl) der Baunutzungsverordnung ankommt, entscheidend ist vielmehr, ob sich das Gebäude als solches in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.03.1994, 4 C 18.92, BVerwGE 95, 277/279).

10

Eine Überschreitung der aus der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks der Beigeladenen abzuleitenden zulässigen Grundfläche ist - unabhängig davon - nicht festzustellen.

11

Die bauliche Ausnutzung des Grundstücks der Beigeladenen (Flurstück …) ist unter Mitrechnung des Wohnhauses [83,27 m²], der Terrasse [18,00 m²] und des Stellplatzes [24,10 m²] zu ermitteln (§ 19 Abs. 4 S. 1 BauNVO). Die sich danach ergebende Gesamtfläche [125,37 m²] ist in Relation zu der „im Bauland“ liegenden Fläche des Baugrundstücks zu setzen. Dabei ist die Zufahrt nicht zu berücksichtigen, weil diese bei einem „Hammergrundstück“ der vorliegenden Art nicht zum „Bauland“ i. S. d. § 19 Abs. 3 S. 1 BauNVO gehört (vgl. König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2014, § 19 Rn. 21). Die (verbleibende) Fläche des Baugrundstücks beträgt danach [18 m x 20 m =] 360 m². Daraus ergibt sich eine Grundflächenzahl von 0,34825.

12

In der Umgebung sind sowohl geringere als auch höhere Werte festzustellen, wobei für das Einfügensmerkmal des Nutzungsmaßes auf die engere „nähere Umgebung“ abzustellen ist (vgl. Urt. des Senats vom 31.08.2016, 1 LB 4/14, Juris [Rn. 36] und vom 10.05.2017, 1 LB 15/15, Juris [Rn. 28, m.w.N.]). Dem entsprechend ist das weiter entfernte Grundstück …, das nach der Berechnung der Beschwerdegegnerin eine GRZ von 0,235 aufweist, nicht mehr zu berücksichtigen.

13

Zwar hat die Beschwerdegegnerin für das in der Nähe zum Vorhabengrundstück der Beigeladenen gelegene Grundstück … (Flurstück …) die bauliche Ausnutzung entsprechend einer GRZ von 0,186 errechnet. Für das sog. „Stammgrundstück …“ (Flurstück …) nimmt sie eine GRZ von 0,1865 an (s. Bl. 10 der Beiakte A). Es begegnet indes Zweifeln, ob dies korrekt ist, da die Werte - ersichtlich - nur aus dem Verhältnis der „Hauptnutzung“ (Wohnhaus) zur Grundstücksfläche abgeleitet worden sind, ohne Garagen, Stellplätze oder Nebenanlagen (§ 19 Abs. 4 S. 1 BauNVO) einzubeziehen. Bei deren Berücksichtigung ergibt sich insbesondere für das („Vorderlieger“-) Flurstück … eine deutlich höhere Ausnutzung, die nach der von den Beigeladenen vorgelegten Berechnung mit 0,64 GRZ anzusetzen ist (Bl. 22 der Beiakte A). Auch für das Grundstück … ist bei Einberechnung der dort vorhandenen Garage nebst Zufahrt von einer höheren Ausnutzung - etwa 0,46 GRZ - auszugehen. Der von der Beschwerdegegnerin angenommene Wert von 0,36 GRZ für das südöstlich angrenzende - ungeteilte - Flurstück … des Beschwerdeführers zu 1. mit den Anschriften „…“ bzw. „…“ dürfte bei mind. 0,3182 liegen.

14

Die Ausnutzung der - ebenfalls der „näheren“ Umgebung des Vorhabengrundstücks zuzurechnenden - Grundstücke „… (Flurstück …), „…“ (Flurstück …) und „…“ (Flurstück …) bzw. „…“ (Flurstück …), dürfte nach überschlägiger Berechnung des Senats zwischen GRZ 0,21 und 0,36 liegen.

15

Soweit die Beschwerdegegnerin anführt, die nähere Umgebung sei „nicht streng durch eine GRZ von 0,20 geprägt“ (vgl. Bescheid vom 28.09.2017, S. 3), ist dies nach den o. a. Ausführungen in dem Sinne richtig, dass die bauliche Ausnutzung der Grundstücke in der „näheren Umgebung“ in Bezug auf die GRZ durchweg höher als GRZ 0,20 ist.

16

2.4.2 Der Beschwerde ist dessen ungeachtet kein Erfolg beschieden, weil eine von der Beschwerdegegnerin genehmigte Überschreitung des Maßes der zulässigen baulichen Nutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht zugleich subjektive (Nachbar-)Rechte des Beschwerdeführers zu 1. verletzt. Das Maß der baulichen Nutzung ist nicht nachbarschützend (vgl. Beschl. des Senats v. 15.01.2013, 1 MB 46/12, Juris [Rn. 6]; BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995, 4 B 52.95, NVwZ 1996, 170).

17

Eine deutliche Überschreitung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt, so dass ein Missverhältnis zwischen benachbarten Nutzungen entsteht, könnte im Einzelfall allerdings unter dem Aspekt einer Rücksichtslosigkeit nachbarrechtsverletzend sein. Auch das ist vorliegend nicht der Fall.

18

Es ist schon fraglich, ob ein Missverhältnis der Nutzungen auf den hier betroffenen Nachbargrundstücken angenommen werden kann, zumal auch das - ungeteilte - Flurstück … des Beschwerdeführers zu 1. ähnlich „intensiv“ baulich genutzt ist wie das Grundstück der Beigeladenen.

19

Unabhängig davon wird das nachbarrechtliche Gebot der Rücksichtnahme im Falle einer Maßüberschreitung erst dann verletzt, wenn infolgedessen für den betroffenen Nachbarn eine unzumutbare Beeinträchtigung seiner schützenswerten Belange entsteht. Darauf hat auch das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt, indem es eine „erdrückende“ Wirkung des Bauvorhabens der Beigeladenen geprüft und diese - überzeugend - verneint hat (S. 5-6 des erstinstanzl. Beschl.-Abdr.; vgl. dazu auch Beschl. des Senats vom 08.01.2018, 1 MB 23/17, Juris [Rn. 8]).

20

Andere Ansatzpunkte für nachteilige Wirkungen des Vorhabens der Beigeladenen auf das Nachbargrundstück des Beschwerdeführers zu 1. sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Das Vorhaben wahrt „rundum“ alle erforderlichen Abstände (vgl. Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Mit Verschattungswirkungen ist für das südöstlich gelegene Grundstück des Beschwerdeführers zu 1. nicht zu rechnen. Soweit vom Vorhabengrundstück aus Einblickmöglichkeiten auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu 1. entstehen, sind diese in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken (Beschl. des Senats v. 25.10.2012, 1 MB 38/12, Juris [Rn. 27 m. w. N.).

21

Von einer rücksichtslosen Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen kann nach alledem nicht ausgegangen werden.

22

2.5 Soweit der Beschwerdeführer zu 1. meint, durch die angegriffene Genehmigung des Vorhabens der Beigeladenen entstünden „bodenrechtliche Spannungen“, führt er auch dies auf die „Erhöhung“ der GRZ zurück. Er verkennt insoweit bereits, dass solche „Spannungen“ - wenn sie vorliegen - einer „Bewältigung“ durch eine städtebauliche Planung bedürfen; sie vermitteln damit keinen Nachbarrechtsschutz. Unabhängig davon liegen „bodenrechtliche Spannungen“ nur vor, wenn ein Vorhaben den vorhandenen Rahmen des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung in unangemessener Weise überschreitet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.06.2007, 4 B 8.07, BauR 2007, 1691). Das ist auch im Hinblick auf die mit dem hier genehmigten Vorhaben verbundene „Nachverdichtung“ eines unbeplanten Bereichs nicht der Fall. Anzumerken bleibt, dass auch dann, wenn hier „bodenrechtliche Spannungen“ angenommen würden, daraus nicht zugleich ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme abzuleiten wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.2010, 4 C 7.10, NVwZ 2011, 436 [Rn. 23 a. E.]).

23

2.6 Der Versuch des Beschwerdeführers zu 1., aus dem „Rechtsgedanken“ des § 19 Abs. 2 BauGB einen Einwand gegen die angefochtene Baugenehmigung abzuleiten, muss schon deshalb scheitern, weil die genannte Vorschrift auf Grundstücksteilungen in unbeplanten Gebieten auch nicht entsprechend anwendbar ist (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 19 Rn. 22). Unabhängig davon besteht für einen Rückgriff auf den „Rechtsgedanken“ des § 19 Abs. 2 BauGB kein Bedarf, weil sowohl die Zulässigkeit von Bauvorhaben in unbeplanten Gebieten als auch der insoweit zu beachtende Nachbarschutz durch § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB und das davon umfasste Gebot der Rücksichtnahme ausreichend geregelt werden.

24

3. Die Beschwerde ist nach alledem zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 bzw. § 155 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

25

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil diese sich nicht am Beschwerdeverfahren beteiligt haben.

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. März 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt mit seiner Berufung die Aufhebung des klagabweisenden Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 03. März 2014, Az.: 2 A 225/12 hinsichtlich seines erstinstanzlichen Antrages zu 1., den Rücknahmebescheid vom 13.07.2012, den Versagungsbescheid vom 08.05.2012 sowie den Widerspruchsbescheid vom 01.10.2012 aufzuheben.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks … in …, das mit einem viergeschossigen Wohnhaus in geschlossener Bauweise mit einer Bebauungstiefe von ca. 12 m bebaut ist. Die Bebauung bis zur Einmündung Färberstraße und bis zur Augustastraße ist ein Teil eines 100 m breiten und 90 m langen Straßengevierts, bestehend aus den Straßen Färberstraße im Westen, Roonstraße im Norden, Augustastraße im Osten und der Moltkestraße im Süden. Bis auf die ebenfalls geschlossene, aber dreigeschossige Bebauung an der Augustastraße, weist das Straßengeviert eine überwiegend geschlossene viergeschossige Straßenrandbebauung mit einer Bebauungstiefe zwischen 10 und 15 m auf.

3

… (Karte)

4

Im Blockinneren des Straßengevierts sind auf den benachbarten Grundstücken Garagen und Lagergebäude errichtet worden; z. T. sind die Grundstücke begrünt. Aufenthaltsräume befinden sich dort nach den Feststellungen der Beklagten nicht. Im rückwärtigen Bereich des Grundstücks Moltkestr. 22 wurde 1899 ein zweigeschossiges Gebäude für eine Werkstatt und eine Wohnung genehmigt; im Jahr 1933 wurde der Umbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken (auf 10 Jahre begrenzt) genehmigt. Das Gebäude wird seither zu Wohnzwecken genutzt.

5

Ein Bebauungsplan besteht für das Straßengeviert nicht.

6

Im rückwärtigen Bereich des klägerischen Grundstücks wurde im Jahr 1899 zunächst ein Stall (5,86 x 3,85 m) errichtet. Am 17.08.1952 wurde ein eingeschossiges Werkstatt- und Lagergebäude für ein Baugeschäft mit einer Länge von 11,90 m und Breite von 3,65 m sowie einer 1,70 m breiten Überdachung genehmigt. Das Gebäude wurde später, ohne dass dafür eine Genehmigung erteilt worden wäre, zum Wohnen genutzt. 2009 wurde festgestellt, dass das Dach, der Schornstein und eine Innenwand entfernt, das Mauerwerk auf ganzer Länge abgetragen, eine Türöffnung hergestellt, der Fußboden um ca. 8 cm erhöht, zwei Außenwände neu aufgemauert, die Dachkonstruktion und ein Schornstein neu errichtet worden waren, so dass das Gebäude nun 12,19 m bzw. 14,27 m lang und 4,90 m breit ist und eine Grundfläche von 68,6 m² aufweist. Der Abstand der nordwestlichen Wand zur Moltkestraße beträgt ca. 28 m.

7

Am 31.12.2011 stellte der Kläger einen Bauantrag zur nachträglichen Genehmigung des Wohngebäudes im rückwärtigen Teil seines Grundstücks. Der Antrag ist am 13.01.2012 bei der Beklagten eingegangen.

8

Mit Bescheid vom 08.05.2012 versagte die Beklagte die Erteilung der begehrten Baugenehmigung.

9

Dagegen legte der Kläger am 04.06.2012 Widerspruch u. a. mit der Begründung ein, die beantragte Baugenehmigung gelte wegen Ablaufs der Frist des § 69 Abs. 6 LBO gem. § 69 Abs. 9 LBO als erteilt.

10

Mit Bescheid vom 13.07.2012 nahm die Beklagte die mit Ablauf des 12.04.2012 fiktiv erteilte Baugenehmigung mit Wirkung vom 13.04.2012 zurück.

11

Den dagegen vom Kläger am 14.08.2012 eingelegten Widerspruch und den Widerspruch vom 04.06.2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2012 zurück, da das Vorhaben wegen Überschreitung der prägend vorhandenen Bebauungstiefe bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Folglich sei auch die fiktiv erteilte Baugenehmigung rechtswidrig. Soweit im Blockinneren des Straßengevierts ungenehmigte bauliche Anlagen vorhanden seien, seien diese erst jetzt bekannt geworden. Die Bauaufsicht werde dagegen bzw. gegen ungenehmigte Nutzungsänderungen einschreiten.

12

Am 25.10.2012 hat der Kläger Klage erhoben und die Ansicht vertreten, sein Vorhaben füge sich gem. § 34 Abs. 1 BauGB auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werde, in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da sich dort bereits eine prägende Bebauung in zumindest gleicher Bebauungstiefe befinde, wobei auch sein bereits errichtetes Vorhaben oder jedenfalls die vorher dort vorhandene bauliche Nutzung zu berücksichtigen sei.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

1. den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 13.07.2012 und den Versagungsbescheid der Beklagten vom 08.05.2012 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 01.10.2012 aufzuheben;

15

2. festzustellen, dass sein Bauvorhaben auf dem Grundstück … entsprechend seinem Bauantrag vom 31.12.2011 als fiktiv genehmigt gilt;

16

3. hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, auf seinen unter 2. genannten Bauantrag die Genehmigung zu erteilen.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 03. März 2014 hinsichtlich der Anträge zu 1. und 3. als unbegründet, hinsichtlich des Antrags zu 2. mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das Bauvorhaben sei unzulässig, da es sich hinsichtlich der überbauten Grundfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Diese werde durch das Straßengeviert Roon-, Augusta-, Moltke- und Färberstraße begrenzt. Durch die rundum vorhandene Straßenrandbebauung dieses Gebiets mit drei- und viergeschossigen Wohnhäusern sei der innenliegende Bereich burgmauerartig von der Einsicht von außen abgeschirmt. Innerhalb des Straßengevierts sei nicht nur die rückwärtige Bebauung der … maßgeblich, zu berücksichtigen seien auch die anderen zu dem Straßengeviert gehörenden Grundstücke. Dabei sei eine Beschränkung auf das Wesentliche geboten. Die ungenehmigten Anlagen des Quartiers seien auszublenden, ebenso die streitbefangene Bebauung des Klägers. Die dafür erteilte Baugenehmigung sei mit Aufgabe der ursprünglich genehmigten Nutzung in den 1950er Jahren erloschen. Durch die Umbauten habe der Kläger einen etwaigen Bestandsschutz beseitigt. Mit der Wiederaufnahme der ursprünglich genehmigten Nutzung sei nicht mehr zu rechnen. Zwar dürften Nebenanlagen iSd § 14 BauNVO gemäß § 23 Abs. 5 BauNVO auf nicht überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden. Für die Prüfung des Einfügens nach § 34 BauGB seien die Nebenanlagen aber nicht zu berücksichtigen. Gleiches gelte auch für bauliche Anlagen, soweit diese nach Landesrecht in den Abstandsflächen zugelassen werden könnten. Das gelte für die rückwärtige Bebauung des Grundstücks …, die trotz der zweigeschossigen Bauweise nach ihrer Gesamtgröße dem Hauptgebäude, welches in dreigeschossiger Bauweise errichtet ist, untergeordnet sei. Die Garagen der Gebäude Moltkestraße 28 und Roonstraße 19 seien keine Nebenanlagen iSd § 14 Abs. 1 BauNVO; die Erleichterungen gem. § 23 Abs. 5 BauNVO seien insoweit nicht anwendbar, da die Höchstgrenzen des § 6 Abs. 7 LBO überschritten würden. Allerdings seien diese als Fremdkörper unbeachtlich. Denn die viergeschossige Straßenbebauung, welche das maßgeblich zu betrachtende Gebiet umschließe, sei zu übermächtig, als dass sich die Garagen und auch das dreigeschossige Wohngebäude im rückwärtigen Bereich des Grundstücks … gegen diese durchsetzen und das Gebiet dominieren könnte. Aufgrund dessen seien sämtliche bauliche Anlagen, welche eine vergleichbare Bebauungstiefe wie das streitbefangene Vorhaben aufweisen, als Fremdkörper auszublenden. Das klägerische Bauvorhaben sei als rahmenüberschreitend anzusehen. Ihm komme eine negative Vorbildwirkung für das Blockinnere zu. Es verursache bodenrechtliche Spannungen und füge sich hinsichtlich der Bebauungstiefe nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die - fristgerecht erfolgte - Rücknahme der fiktiv entstandenen Baugenehmigung sei rechtmäßig, insbesondere ermessensgerecht. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte insoweit das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände höher gewichtet habe als das gegenläufige Interesse des Klägers.

20

Der Kläger hat am 27.03.2014 die Zulassung der Berufung beantragt, diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 20.05.2014 stattgegeben.

21

Mit Schriftsatz vom 26.05.2014 hat der Kläger seine Berufung begründet. Er ist der Ansicht, das Vorhaben füge sich ein. Als „nähere Umgebung“ hinsichtlich des Einfügens nach dem Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche seien nur die an der … gelegenen Grundstücke zu betrachten, nicht auch die Grundstücke, die an den anderen das Straßenviereck umschließenden Straßen lägen. Die Bebauungstiefe könne immer nur von der jeweiligen Erschließungsstraße her bestimmt werden. Selbst wenn man die Bebauung innerhalb des Straßengevierts Moltke-/Augusta-/Roon-/Färberstraße betrachten wolle, seien die vier Eckgrundstücke auszuscheiden, denn diese hätten keine rückwärtigen Flächen. Zudem wiesen nur die Grundstücke an zwei der vier Straßen eine größere Tiefe auf; insoweit seien nur die Grundstücke der Moltke- und Roonstraße in einer vergleichbaren Situation. Die Grundstücke an der Augusta- bzw. Färberstraße hätten eine geringere Grundstückstiefe. Die Uneinheitlichkeit der Grundstückszuschnitte an der Augusta- bzw. Färberstraße zeige, dass deren Situation mit derjenigen des Grundstücks des Klägers nicht vergleichbar sei. Damit könnten sie nicht „rahmenbildend“ und prägend für eine faktische rückwärtige Baugrenze sein. Bestandteil der näheren Umgebung sei auch das genehmigte dreigeschossige Gebäude …; das Grundstück befinde sich in derselben Situation wie das nahegelegene Grundstück des Klägers. Insoweit liege weder ein „Fremdkörper“ noch ein „Ausreißer“ vor. Wenn nur die vier Grundstücke an der Moltkestraße (ohne Eckgrundstücke) berücksichtigt würden, präge die Bebauung auf einem dieser vier Grundstücke die anderen Grundstücke mit. Im Hinblick auf die - nicht abstandsprivilegierte - Garagenzeile auf dem Grundstück … sei auf zwei von vier Grundstücken rückwärtige Bebauung vorhanden. Bei Betrachtung aller vier Straßenseiten ergäben sich neun vergleichbare Grundstücke: vier an der Moltke-, zwei an der Augusta- und drei Grundstücke an der Roonstraße. Eckgrundstücke seien wegen fehlender „rückwärtiger“ Flächen nicht zu berücksichtigen, ebenso nicht die Grundstücke Augustastraße 13 sowie Färberstraße 34 und 36, da sie anders zugeschnitten seien und keinen vergleichbaren rückwärtigen Bereich hätten. Im Bereich der neun zu berücksichtigenden Grundstücke seien drei nicht abstandsprivilegierte Gebäude vorhanden, nämlich die Garagenzeilen auf dem Flurstück 53 (Roonstraße 19) und dem Grundstück Moltkestraße 28 [sowie das Gebäude …]. Die „Fremdkörper“-Rechtsprechung sei nicht anwendbar, da sich aus sechs Grundstücken keine so dominante Einheitlichkeit ergebe, dass die abweichende Bebauung auf drei Grundstücken als „Fremdkörper“ in den Hintergrund treten und auszublenden sein könnte. Indem das Verwaltungsgericht die „Dominanz“ der viergeschossigen Straßenrandbebauung des gesamten Vierecks betone, werde ein falscher Bezugspunkt gewählt. Das Einfügen oder Nicht-Einfügen rückwärtiger Bebauung könne sich nicht aus der vorhandenen vorderen Bebauung ergeben, sondern nur aus dem Nicht-Vorhandensein rückwärtiger Bebauung auf den vorhandenen Grundstücken. Die Dominanz der viergeschossigen Vorderbebauung habe mit der hier zu prüfenden Frage, welche Bebauungstiefe sich einfügt, nichts zu tun. Zudem seien im Bereich der Straßenrandbebauung Eckgrundstücke und Grundstücke ohne rückwärtige Flächen nicht zu berücksichtigen. Die nähere Umgebung werde noch von weiteren rückwärtigen Gebäuden mitgeprägt, so von dem im rückwärtigen Bereich des Grundstücks Augustastr. 15 vorhandenen zweigeschossigen Gebäude auf dem Flurstück 74, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild nicht den Eindruck einer untergeordneten Nebenanlage erwecke, und von dem auf dem eigenen Grundstück - des Klägers - seit Jahrzehnten vorhandenen Gebäude. Dessen nachprägende Wirkung sei nicht verloren gegangen.

22

Der Kläger beantragt,

23

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 03.03.2014 abzuändern und den Rücknahmebescheid vom 13.07.2012 und den Versagungsbescheid vom 08.05.2012 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 01.10.2012 aufzuheben.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Als maßgebliche „nähere Umgebung“ sei nur der Blockinnenbereich anzusehen. In den hinteren Grundstücksbereichen seien keine prägenden Nutzungen vorhanden. Das zweigeschossige, 30 m² große Abstellgebäude auf dem Grundstück Augustastr. 15 stelle eine untergeordnete Nebenanlage dar; es sei funktional dem Hauptgebäude untergeordnet und trete optisch deutlich hinter der dominierenden Blockrandbebauung zurück. Von den Garagenanlagen auf den Grundstücken Moltkestr. 28 und Roonstr. 19 gehe keine maßstabsbildende Prägung aus. Diese seien nach § 6 Abs. 7 S. 1 LBO SH ohne eigene Abstandsflächen und ohne Höhen- und Längenbegrenzung zulässig. Eine prägende Wirkung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche könnten die Garagen nicht entfalten. Das Gebäude … sei ein „Fremdkörper“; es könne sich als bloßes Anhängsel im Verhältnis zur übermächtigen viergeschossigen Straßenrandbebauung nicht behaupten. Anders als der Kläger, der auf ein „Anzahlverhältnis“ von Grundstücken mit und ohne Fremdkörperbebauung abstelle, sei auf den Anteil der von relevanten baulichen Anlagen überdeckten hinteren Grundstücksflächen abzustellen. Wenn man von einer gedachten Linie im Abstand von 15 m von der straßenseitigen Grundstücksgrenze ausgehe, ergebe sich im Blockinneren eine Fläche von 3.900 m². Die vom Verwaltungsgericht als Fremdkörper bewerteten baulichen Anlagen hätten eine Grundfläche von 390 m², also 1/10 der theoretisch zur Verfügung stehenden Fläche (davon 116 m² für …, entspr. 3 % der Bezugsfläche). Die rückwärtigen Anlagen seien damit in ihrer Gesamtheit nicht prägend. Das rahmenüberschreitende Vorhaben des Klägers werde im Blockinneren eine negative Vorbildwirkung haben und löse ein Planungsbedürfnis aus.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Die zugelassene Berufung ist unbegründet. Den erstinstanzlichen Klagantrag zu 2 („festzustellen, dass sein Bauvorhaben … als fiktiv genehmigt gilt“) hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr gestellt.

29

Der Ablehnungsbescheid vom 08.05.2012 nebst Widerspruchsbescheid vom 01.10.2012 ist rechtlich nicht zu beanstanden (1.); das Gleiche gilt auch für den Rücknahmebescheid vom 13.07.2012 nebst Widerspruchsbescheid (2.)

30

1. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Klägers nach § 34 BauGB zu beurteilen ist. Der maßgebliche Bereich ist unbeplant. Somit kommt es darauf an, ob sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

31

Vorliegend ist das Straßengeviert aus Roon-, Augusta-, Moltke- und Färberstraße als nähere Umgebung anzusehen (1.1). Das Vorhaben des Klägers fügt sich in diese Umgebung nicht ein (1.2).

32

1.1 Die Begrenzung der „näheren Umgebung“ i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB auf das Straßengeviert Roon-, Augusta-, Moltke- und Färberstraße ist schon aus tatsächlichen Gründen gerechtfertigt. Die Straßenrandbebauung und die umgebenden Straßen haben gegenüber benachbarten Bauflächen eine trennende Wirkung.

33

Dem Kläger ist nicht darin zu folgen, nur auf die an der Moltkestraße gelegenen (Nachbar-)Grundstücke abzustellen. Zur „näheren Umgebung“ gehört der Bereich, auf den sich das Vorhaben des Klägers auswirken kann und der seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369). Das umfasst hier sämtliche Grundstücke in dem genannten Straßengeviert. Die dort vorhandene Bebauung ist der Einfügensprüfung zugrundezulegen. Es mag Fälle geben, in denen die Grenzen der „näheren Umgebung“ enger zu ziehen sind (vgl. Urt. des Senats v. 10.01.1995, 1 L 113/94, Juris, Rn. 31 [dort offen gelassen]). Dies kommt insbesondere bei großflächigeren Straßengevierten mit unterschiedlichen baulichen Strukturen in Betracht. Im vorliegenden Fall eines - relativ - kleinen Gevierts, dessen Bebauung im Innenbereich überschaubar bleibt, ist dies nicht gerechtfertigt. Eine andere – davon zu unterscheidende – Frage ist, welche Relevanz die das Geviert begrenzenden Erschließungsstraßen für die einzelnen Einfügensmerkmale des § 34 Abs. 1 BauGB haben.

34

1.2 Die Frage, ob sich das Vorhaben des Klägers einfügt, ist hinsichtlich der (Einfügens-)Merkmale von Art und Maß der baulichen Nutzung sowie der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, jeweils gesondert zu prüfen (vgl. Mitschang/Reidt, in: Battis u. a., BauGB, § 34 Rn. 25). Die Prüfung ergibt, dass sich das Vorhaben des Klägers - jedenfalls - im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche nicht einfügt.

35

1.2.1 Bedenken gegen das Einfügen nach Art und Maß der baulichen Nutzung werden von der Beklagten nicht geltend gemacht; solche sind auch nicht ersichtlich. Auch in Bezug auf das Einfügen nach dem Kriterium der Bauweise erhebt die Beklagte keine Bedenken, obwohl das Vorhaben des Klägers „grenzständig“ errichtet worden ist.

36

1.2.2 Das Wohngebäude des Klägers fügt sich nach dem Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche nicht ein. Ausgehend davon, dass die nähere Umgebung für jedes der Merkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesondert zu ermitteln ist, weil die wechselseitige Prägung unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997, 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539), gilt für das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche ein engerer „Umgriff“ als - etwa - bei der Nutzungsart (VGH München, Beschl. v. 07.12.2015, 2 ZB 14.1965, Juris, Rn. 3 m. w. N.).

37

Insoweit ist die konkrete Grundfläche des Vorhabens und seine räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung maßgeblich (BVerwG, Beschl. v. 16.06. 2009, 4 B 50.08, juris Rn. 4 sowie Beschl. v. 17.09.1985, 4 B 167.85, juris Rn. 3; st. Rspr.). Dazu kann auf § 23 Abs. 1 BauNVO zurückgegriffen werden, soweit aus der maßstabbildenden Bebauung Baulinien, -grenzen oder Bebauungstiefen abgeleitet werden können. Grundstücksgrenzen sind - als solche - für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche unerheblich. Die maßgebliche Bebauungstiefe ist von der jeweiligen Erschließungsstraße her zu ermitteln (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.09.1985, 4 B 167.85, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 107 [bei Juris, Rn. 3-4]).

38

Die Hauptnutzungen im vorliegenden Straßengeviert befinden sich – abgesehen von dem (Hinter-)Gebäude … - ausnahmslos in den „Vorderhäusern“ am Straßenrand. Ausgehend von diesen Hauptnutzungen ist eine faktische hintere Baugrenze entlang der rückwärtigen Außenwände der „Vorderhäuser“ – vom Straßenrand aus betrachtet in etwa 15 m „Tiefe“ – festzustellen. Das Vorhaben des Klägers liegt dahinter, fügt sich folglich nicht ein.

39

Weder die anderen im Blockinnenbereich vorhandenen Gebäude noch das rückwärtige dreigeschossige Wohngebäude … führen zu einer anderen Beurteilung.

40

1.2.2.1 Die im Blockinnenbereich vorhandenen Garagen und Schuppen mögen eine größere Grundfläche und (ausgehend von den jeweiligen Erschließungsstraßen) auch eine größere Bebauungstiefe aufweisen, als es bei dem Vorhaben des Klägers der Fall ist, doch wird dadurch die überbaubare Fläche für ein Wohngebäude auf dem Grundstück des Klägers nicht determiniert. Der Umstand, dass das Gebäude des Klägers kleiner als (viele der) umgebende(n) Bauten ist, rechtfertigt es nicht, von dem Erfordernis des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche abzusehen.

41

Die Baulichkeiten in der Umgebung des Vorhabens des Klägers werden als Garagen, Lager-, Fahrradschuppen u. ä. genutzt. Das gilt auch für das „Hintergebäude“ auf dem Grundstück Augustastr. 15; dort befinden sich, wie die Beklagte belegt hat (Anlage B 1), keine Aufenthaltsräume, was auch durch die dazu vorgelegten Fotos belegt wird. Die Baulichkeiten sind ihrer Funktion nach dem primären Nutzungszweck - Wohnen - der in dem Straßengeviert gelegenen Grundstücke zu- und untergeordnet. Damit sind sie als Nebenanlagen i. S. d. § 14 Abs. 1 BauNVO anzusehen (vgl. zum Begriff der Nebenanlage: Stock, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB (Stand: Mai 2016), § 14 BauNVO Rn. 27 m. w. N.). Derartige Nebenanlagen sind für die Zulassung eines Wohnbauvorhabens nicht als „maßstabsbildend“ anzuerkennen. Für die vom Kläger erstrebte bauliche (Wohn-)Nutzung des - ehemals als Werkstatt errichteten - Gebäudes im rückwärtigen Teil seines Grundstücks vermitteln die genannten Nebenanlagen keinen Bezugspunkt für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche. Eine rückwärtige Bebauung für die Hauptnutzung „Wohnen“ fügt sich in die Eigenart der näheren Umgebung nicht ein (und ist deshalb unzulässig), wenn im hinteren Bereich der umliegenden Grundstücke - wie hier - nur Nebenanlagen vorhanden sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997, 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539, Juris, Rn. 5 f.).

42

1.2.2.2 Im Unterschied zu den genannten Nebenanlagen ist das rückwärtige Gebäude … zwar – von der Straße aus gesehen – als Fall „echter“ Hinterlandbebauung mit der Hauptnutzung „Wohnen“ einzuordnen. Gleichwohl kann der Kläger daraus für die Bestimmung der – (auch) für sein Vorhaben maßgeblichen – überbaubaren Grundstücksfläche nichts ableiten.

43

Die Beurteilung dessen, was für die „nähere Umgebung“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB prägend ist, muss auf das (dafür) Wesentliche zurückgeführt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.06.2009, 4 B 50.08, BauR 2009, 1564 [bei Juris Rn. 4]). Deshalb müssen nicht-prägende Gebäude außer Betracht bleiben, das Gleiche gilt für sog. „Fremdkörper“ oder „Ausreißer“. Der ersten Gruppe sind Gebäude zuzuordnen, die nach Lage, Ausdehnung, Höhe oder Anzahl ohne Einfluss auf die Eigenart der „näheren Umgebung“ bleiben; zur zweiten Gruppe gehören bauliche Anlagen, die völlig aus dem Rahmen der in der „näheren Umgebung“ anzutreffenden Bebauung herausfallen, weil sie nach ihrem Standort nicht der planungsrechtlichen Umgebung entsprechen und wegen ihrer Anders- und Einzigartigkeit den Charakter der „näheren Umgebung“ nicht beeinflussen können (vgl. dazu Urt. des Senats v. 23.02.1994, 1 L 172/92, Juris Rn. 28, Urt. v. 10.01.1995, 1 L 113/94, Juris Rn. 30 sowie Urt. v. 08.10.1998, 1 L 91/97, Juris Rn. 28; s. a. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990, 4 C 23.86, BRS 50 Nr. 75; zum Ganzen s. a. Söfker, in Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, a.a.O., § 34 BauGB Rn. 37 m. w. N.).

44

Nach diesen Maßstäben prägt das rückwärtige Gebäude … die Umgebung des Bauvorhabens des Klägers nicht.

45

Das ursprünglich zweigeschossig errichtete, vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Ortsbesichtigung als dreigeschossig eingestufte (s. S. 2 des Protokolls vom 06.02.2014, Bl. 59 R d. A.) Gebäude liegt am Rand des ca. 2.400 m² großen Blockinnenbereichs in der durch die Moltke- bzw. Augustastraße gebildeten „Ecke“. Schon aufgrund dieser Situation ist eine prägende („ausstrahlende“) Wirkung des rückwärtigen Gebäudes … für den übrigen Blockinnenbereich nicht festzustellen. Das belegen nicht nur die Katasterpläne, sondern auch die bei den Akten befindlichen Luftbilder (s. B. 16-18 der Beiakte B, Bl. 40, 61 der Gerichtsakte); danach wird der gesamte (übrige) Blockinnenbereich nicht für Wohnzwecke genutzt.

46

Das rückwärtige Gebäude … ist – unabhängig davon – auch als „Fremdkörper“ anzusehen, denn es steht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung des Blockinnenbereichs. Es stellt den einzigen Fall „echter“ Hinterlandbebauung für eine Hauptnutzung (Wohnen) dar, der die – für eine Wohnnutzung – ansonsten vorhandene Bebauungstiefe (deutlich) überschreitet. Nirgends sonst im Bauquartier wird die weitgehend homogene Straßenrandbebauung hinsichtlich der Bebauungstiefe für die Hauptnutzung Wohnen in ähnlicher Weise durchbrochen. Der Hinweis des Klägers darauf, dass bei der Prüfung des Einfügens nach dem Standort des Vorhabens (der überbaubaren Fläche) auch der bestehende Baukörper des Klägers einzubeziehen sei, um dessen Umbau und Umnutzung gestritten wird, trifft im Grundsatz zu (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2016, § 34 Rn. 35), doch ist daraus keine andere Beurteilung abzuleiten. Der streitbefangene Baukörper ist bisher als Nicht-Wohngebäude genehmigt worden. Als solches kann er allenfalls in dem Maße zur „näheren Umgebung“ beitragen, in dem dies auch die anderen im Blockinnenbereich vorhandenen Baulichkeiten vermögen (s. dazu oben 1.2.2.1).

47

1.2.2.3 Die Ansicht des Klägers, bei der Beurteilung der „einfügsamen“ überbaubaren Grundstücksfläche seien auch im Interesse einer Vergleichbarkeit nur die Grundstücke an der jeweiligen Erschließungsstraße - hier: der … - zu berücksichtigen, soweit diese einen rückwärtigen Grundstücksbereich aufweisen, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.

48

Das Vorhandensein eines „rückwärtigen“ Grundstücksbereichs hängt von den Zufälligkeiten des jeweiligen Grundstückszuschnitts und damit von den Grundstücksgrenzen ab. Gerade die Grundstücksgrenzen sind für die planungsrechtliche Beurteilung der (einfügsamen) überbaubaren Fläche aber unerheblich, da es um das Einfügen des Standorts eines Vorhabens geht und nicht darum, ob ein (bestimmtes) Grundstück bebaubar ist (BVerwG, Beschl. v. 28.09.1988, 4 B 175.88, NVwZ 1989, 354).

49

Selbst wenn – dem Ansatz des Klägers folgend - allein die … betrachtet wird und die Eckgrundstücke Färberstraße 32 und Moltkestraße 20 mangels (großer) rückwärtiger Fläche außer Betracht gelassen werden, blieben die Beurteilung des rückwärtigen Wohnhauses … als Fremdkörper (s. o. 1.2.2.2) und der Nicht-Maßgeblichkeit von Nebenanlagen (auf den Grundstücken Moltkestr. 24, 26 und 28) für die Zulässigkeit einer neuen Hauptnutzung „Wohnen“ in zweiter Baureihe (s. o. 1.2.2.1) unverändert. Dem Einwand des Klägers, ein „Fremdkörper“ könne bei nur vier Grundstücken an der Moltkestraße nicht angenommen werden, weil ein solcher eine „größere Zahl von Baugrundstücken“ voraussetze (Schriftsatz vom 26.05.2014, S. 5), folgt der Senat nicht. Die Beurteilung, ob ein vorhandenes Gebäude die Eigenart der „näheren Umgebung“ prägt, ist im Einzelfall nach den jeweils angetroffenen Verhältnissen der „näheren Umgebung“ vorzunehmen. Ein „numerisches“ Verhältnis von baulichen Nutzungen zueinander kann insoweit relevant sein, muss dies aber nicht. Auch wenn die „nähere Umgebung“ nach den örtlichen Verhältnissen nur wenige Grundstücke umfasst, kann die Nutzung eines Grundstücks aus der baulichen Umgebung herausfallen, wie das vorliegend - aus den o. g. (zu 1.2.2.2) genannten Gründen - für das rückwärtige Wohngebäude … der Fall ist..

50

1.2.3 Das Vorhaben des Klägers fügt sich somit nicht ein. Es könnte danach nur als ein sog. rahmenüberschreitendes Vorhaben zulässig sein, wenn es keine bodenrechtlich beachtlichen, erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen auslöst oder erhöht bzw. potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich zieht (Urt. des Senats v. 27.03.1996, a.a.O., Rn. 62).

51

Das Verwaltungsgericht hat diese Voraussetzungen in seinem Urteil vom 03.03.2014 geprüft und verneint, da dem Vorhaben des Klägers eine negative Vorbildwirkung zukomme, was zum Verlust „etwaiger noch bestehender Ruhezonen“ und zu Erschließungsproblemen führe, deren „Bewältigung nur durch eine Bauleitplanung möglich wäre (S. 11-12 des Urt.-Abdr.). Dieser Beurteilung folgt der Senat; der Kläger hat dagegen keine Einwände geltend gemacht.

52

Anzumerken ist, dass die vom Verwaltungsgericht benannten Probleme planungsrechtlich - durch Bauleitplanung - ohne Weiteres gelöst werden könnten, zumal eine Öffnung von Blockinnenbereichen für eine maßvolle Bebauung den gesetzgeberischen Zielen der Innenentwicklung (§ 1 Abs. 5 Satz 3, § 1a Abs. 2 Satz 1 und 3 BauGB) förderlich und - zudem – planungsrechtlich beschleunigt umsetzbar ist (§ 13a BauGB). Im Rahmen der „Planersatzfunktion des § 34 Abs. 1 BauGB kann einer solchen Umsetzung, die zugleich mit der Aufgabe der Abwägung der betroffenen Belange verbunden ist (§ 1 Abs. 7 BauGB), nicht vorgegriffen werden. Im Gegenteil: Die Zulassung einzelner Vorhaben im Wege des § 34 Abs. 1 BauGB würde die planerischen Umsetzungsmöglichkeiten vermindern.

53

1.3 Der Bescheid über die Rücknahme der fiktiv entstandenen Baugenehmigung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

54

Der Senat folgt insoweit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung (S. 12 des Urt.-Abdr.) und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 130a Satz 2 VwGO).

55

2. Die Berufung des Klägers ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

56

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

57

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Februar 2015 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. Februar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2013 verpflichtet, der Klägerin den am 03. Dezember 2012 beantragten positiven Bauvorbescheid zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zur Erweiterung eines (Discount-)Einzelhandelsbetriebes. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks … in … (Flurstücke …, …, …, … der Flur … …), auf dem bereits ein Discount-Lebensmittelmarkt besteht.

2

Die … Straße (ehemalige …) verläuft in Nord-Süd-Richtung von der Stadtgrenze zu A-Stadt (im Norden) über ca. 11 km bis zur Hamburger Straße (Ochsenzoll) im Süden. Sie fungiert als wichtige Verbindungsachse zwischen A-Stadt / BAB A7 im Norden und den südlich gelegenen Versorgungszentren von Norderstedt beziehungsweise Hamburg (Langenhorn). Die Straße weist ab dem A-Weg südwärts eine durchgehende beidseitige Bebauung auf.

3

Im - nördlichen - Abschnitt zwischen der A-Straße und der Straße H... (im Stadtteil Ha...) sind die Grundstücke westlich und östlich der … mit ein Ein- und Mehrfamilienhäusern bebaut. Entlang der … befinden sich diverse Einzelhandelsbetriebe (Tankstelle, Autohändler, Dienstleister). Nach einem von der Klägerin eingeholten Gutachten (Dr. L..., Oktober 2012) leben im Einzugsgebiet des Einzelhandelsbetriebes der Klägerin gut 27.940 Einwohner.

4

In etwa 600 m Entfernung von dem Einzelhandelsbetrieb der Klägerin befinden sich zwei weitere Lebensmittelmärkte: Zum einen ein - am 05.03.2009 genehmigter - „Penny“-Markt (Ecke … / …) mit einer Verkaufsfläche von 799 m² und zum anderen ein „Edeka“-Markt (… / Ecke …) mit einer Verkaufsfläche von 579,23 m².

5

Die westlich der B-Straße gelegenen Grundstücke - ab A-Straße südwärts bis (etwa) zum Grundstück B-Straße 529 [im Bereich des jetzigen Seniorenpflegeheims] - liegen im Durchführungsplan Nr. 1 der Gemeinde F... vom 13.09.1956. In dessen Geltungsbereich liegt auch der „Edeka“-Markt … / Ecke … . Für den Bereich westlich der B-Straße und nördlich der A-Straße gilt der Bebauungsplan Nr. 272 der Beklagten vom 11.08.2011.

6

Für die Eckbebauung im Bereich … /… - dem Standort des „Penny“-Marktes - gilt der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 273 der Beklagten vom 05.02.2009, der zur „Art der baulichen Nutzung“ ein Gebiet für einen „Lebensmittelmarkt zur Nahversorgung“ festsetzt und für den Markt Baugrenzen (Baufenster) und Vorgaben zum Maß der baulichen Nutzung (I, GRZ 0,6) ausweist. Die Bauflächen westlich der B-Straße und südlich des Eschenkamps liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 203 der Beklagten vom 23.01.1992, ebenso die Bauflächen östlich der B-Straße zwischen dem B-Weg und der Straße H.... Dort sind Wohngebiete (WA, WR) festgesetzt. Für Teilgebiete des genannten Bereichs gelten (spätere) vorhabenbezogene Bebauungspläne (Nr. 265) mit gleicher Nutzungsart.

7

Der Siedlungsbereich östlich der … zwischen der … Straße und den Straßen … / … ist nicht beplant. In diesem Bereich liegt das Grundstück der Klägerin.

8

Der Einzelhandelsbetrieb der Klägerin wurde am 20. Juli 2005 genehmigt. Der Genehmigung lagen eine Grundfläche von 1.174,25 m² und eine Verkaufsfläche von 799,10 m² zugrunde.

9

Auf der Grundlage der Baugenehmigung vom 23. Juni 2006 wurde der Eingangsbereich des Marktes umgestaltet; die Grundfläche erhöhte sich dadurch auf 1.181,18 m² und die Verkaufsfläche auf 800,80 m².

10

Am 03. Dezember 2012 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheides zu der Frage, ob die Erweiterung des bestehenden Lebensmittelmarktes - in südlicher Richtung - auf eine Verkaufsfläche von 1.003,60 m² zulässig ist (Erweiterung um rd. 200 m²). Die überbaute Grundstücksfläche sollte sich von 1.360 m² auf 1.600 m² erhöhen (Erweiterung um rd. 230 m²). In einem in der Voranfrage beigefügten Gutachten „zu den prospektiven Auswirkungen“ des Erweiterungsvorhabens (Dr. L...) von Oktober 2012 heißt es, das Erweiterungsvorhaben füge sich verträglich in die bestehenden Einzelhandelsstrukturen ein. Weiter wird ausgeführt:

11

„Der bestehende Lidl-Lebensmitteldiscounter in … ist bereits ein im Bewusstsein der Verbraucher verankerter Nahversorgungsbetrieb… Der Standort befindet sich zudem in der einzelhandelsseitig vorgeprägten Einzelhandelslage … Nord… Mit prospektiven Umsatzumverteilungswirkungen zu Lasten zentraler Versorgungsbereiche von maximal 1 % (NVZ Centrum Rhen) wird das Erweiterungsvorhaben im periodischen Bedarfsbereich… zu Umsatzrückgängen führen, von denen keine schädlichen Auswirkungen auf den bestehenden Einzelhandel zu erwarten sind. Auch die wohnortnahe Versorgung ist durch eine maximale Umsatzumverteilungsquote von 2 % nicht gefährdet. Darüber hinaus trägt das Erweiterungsvorhaben dazu bei, das mittelfristig zu entwickelnde B-Centrum an der nördlichen … Straße zu stabilisieren und zukunftsfähig abzusichern…“

12

Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 lehnte die Beklagte die Erteilung des beantragten Vorbescheides ab, da sich das beantragte Vorhaben hinsichtlich der Art und des Maßes der Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Die Erweiterung sei planungsrechtlich als Nutzungsänderung zu einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb zu beurteilen. In der näheren Umgebung - dem Bereich beidseitig der … Straße von der Einmündung der … Straße im Norden bis zur Kreuzung … im Süden - sei kein großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorhanden. Das Vorhaben füge sich auch hinsichtlich des Maßes der Nutzung nicht ein. Insoweit sei auf die östliche Seite der … Straße ab der … Straße bis … abzustellen. Dieser Bereich sei überwiegend durch bebaute Grundstücksflächen von ca. 140 m² bis zu 812 m² geprägt. Die geplante Grundfläche von ca. 1.600 m² füge sich nicht mehr ein. Eine Abweichung vom Erfordernis des Einfügens sei städtebaulich nicht vertretbar. Bei Zulassung des Vorhabens könne die Ansiedlung weiterer großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht mehr verhindert werden, was zu erheblichen bodenrechtlichen Spannungen führe. Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche entstünden Fakten, die für die kleinteilig strukturierte Nachbarbebauung eine negative Vorbildwirkung entfalte. Die vorgelegte Verträglichkeitsanalyse führe zu keinem anderen Ergebnis.

13

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2013 zurück.

14

Die Klägerin hat dagegen am 09. Juli 2013 Klage erhoben und zur Begründung die Ansicht vertreten, bereits der vorhandene Markt sei „großflächig“, so dass dessen Erweiterung (der „Art“ nach) kein rahmenüberschreitendes Vorhaben sei. Selbst wenn dies anders gesehen werde, würden keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder erhöht. Auch die Erhöhung der überbauten Grundstücksfläche füge sich ein, da das Grundstück bereits jetzt - einschließlich Stellplatzflächen - mit 2.630 m² überbaut sei. Daran ändere sich durch die geplante Gebäudeerweiterung nichts. Gemäß § 34 Abs. 3a BauGB könne eine Abweichung zugelassen werden; dies werde durch das Gutachten Dr. L... belegt.

15

Die Beklagte hat demgegenüber an ihren Ablehnungsgründen festgehalten.

16

Das Verwaltungsgericht hat - nach Durchführung eines Ortstermins - die Klage durch Urteil vom 26. Februar 2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das in einem unbeplanten Bereich gelegene Vorhaben der Klägerin füge sich zwar nach dem Maß der Nutzung ein. Der maßgebliche Bereich sei insoweit enger zu begrenzen. Zwar überschreite bereits die vorhandene Bebauung den Rahmen der näheren Umgebung, doch stehe dies dem Einfügen nicht entgegen, da es auf die - konkrete - Möglichkeit ankomme, ob bodenrechtliche Spannungen hervorgerufen würden. Solche seien vorliegend nicht zu befürchten, da es aufgrund der vorhandenen Grundstücksgrößen fernliegend erscheine, dass andere Grundstückseigentümer die Genehmigung der Erweiterung als Vorbild für eine eigene Planung in gleichem Ausmaß nehmen könnten. Demgegenüber füge sich das Vorhaben seiner Art nach nicht ein. Da die Umgebung keinem bestimmten Baugebietstyp zuzuordnen sei, sei insofern § 34 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 3a BauGB maßgeblich. Die nähere Umgebung sei von der Beklagten zutreffend auf den Bereich beiderseits der B-Straße zwischen der A-Straße im Norden und dem F...r Weg im Süden begrenzt worden. Es sei unerheblich, ob der Einzelhandelsbetrieb schon zuvor „großflächig“ gewesen sei. Nach der Erweiterung sei er es. Die in der näheren Umgebung vorhandenen Märkte („Penny“, „Edeka“) seien nicht großflächig. Damit sei das Vorhaben rahmenüberschreitend und würde zu bodenrechtlich relevanten Spannungen führen, da eine negative Vorbildwirkung für weitere Einzelhandelsbetriebe („Penny“, „Edeka“) sowie (erstmals) für das Grundstück B-Straße 444 entstehe. Damit werde eine Wandlung von bisherigen Nahversorger-Märkten in großflächige Märkte ermöglicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach § 34 Abs. 3a Satz 1 BauGB lägen nicht vor. Eine solche Abweichung sei nur „im Einzelfall“ möglich, scheide also aus, wenn zur gleichen Zeit oder in kurzen Abständen mehr als nur ein Vorhaben genehmigt werden beziehungsweise auf Umstände abgestellt werden solle, die auf mehr als ein Grundstück übertragen werden könnten. Hier komme eine Abweichung für mehrere gleichgelagerte Grundstückssituationen in Betracht, insbesondere seien Erweiterungen von bestehenden Einzelhandelsbetrieben zu befürchten. Ob die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 3a Satz 2 BauGB vorlägen, könne dahinstehen.

17

Gegen dieses, ihr am 03. März 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. März 2015 die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 23. Juli 2015 zugelassen.

18

Mit Schriftsatz vom 12. August 2015 hat die Klägerin die Berufung begründet. Sie ist der Ansicht, das Erweiterungsvorhaben füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung ein. Hinsichtlich der Art der Nutzung komme der B-Straße eine trennende Wirkung zu, so dass - abweichend vom erstinstanzlichen Urteil - nicht auf die Grundstücke beiderseits der B-Straße abzustellen sei. Die B-Straße gehöre zu den am stärksten belasteten Straßen in Norderstedt, so dass sie eindeutig eine städtebauliche Zäsur bilde. Der Einzelhandelsbetrieb sei bereits zur Zeit seiner erstmaligen Zulassung „großflächig“ gewesen. Seine Geschoßfläche habe mit 1.297 m² oberhalb der Vermutungsgrenze nach § 11 Abs. 3 BauNVO gelegen. Die Verkaufsfläche habe mit 802,82 m² ebenfalls oberhalb der Schwelle von 800 m² gelegen. Die auf die „Großflächigkeit“ bezogene Feststellungswirkung der ursprünglichen Baugenehmigung sei rechtlich bedeutsam. Für die „nähere Umgebung“ sei auch der großflächige Einzelhandelsbetrieb der Klägerin zu berücksichtigen. Das Vorhaben sei - anders, als im erstinstanzlichen Urteil angenommen - auch nicht rahmenüberschreitend. Es löse unabhängig davon auch keine bodenrechtlich relevanten Spannungen aus. Soweit das Verwaltungsgericht für das Grundstück B-Straße 444 die Entstehung eines gleichen Betriebes befürchte, sei dies unrealistisch, da dort ein neues Einfamilienhaus errichtet worden sei. Dessen Abriss und Ersatz durch einen Markt sei nicht anzunehmen. Einer Erweiterung des Edeka-Marktes seien bereits durch die Nachbarbebauung (vorhandene Mehrfamilienhäuser) und den Stellplatzbedarf Grenzen gesetzt. Zudem handele es sich insoweit um einen Vollsortimenter und nicht, wie im vorliegenden Fall, um einen Discounter. Die Möglichkeit einer Erweiterung auf dem Grundstück B-Straße 505 („Penny“) reiche für die Annahme bodenrechtlich relevanter Spannungen nicht aus. Ein „großflächiger“ Einzelhandelsbetrieb sei nicht automatisch in ein Kern- oder Sondergebiet zu verweisen. Das Erweiterungsvorhaben sei auch - im Sinne des § 34 Abs. 3a Satz 1 BauGB - städtebaulich vertretbar. Das Einzelfallerfordernis sei erfüllt. In Bezug auf das Grundstück B-Straße 585 („Edeka“) fehle für eine Verkaufsfläche der vorliegenden Größenordnung die erforderliche Grundstücksfläche. In Bezug auf das Grundstück B-Straße 444 sei eine entsprechende Verkaufsfläche ebenfalls nicht realisierbar, da eine entsprechende Bebauungstiefe – mangels Vorbild in der Umgebung – nicht erreicht werden könne. Zudem sei dort bisher kein Einzelhandelsbetrieb, um dessen Erweiterung gestritten werde, vorhanden. Im Rahmen des § 34 Abs. 3a Satz 1 BauGB könne dem Erweiterungsvorhaben nicht erneut entgegengehalten werden, dass es bodenrechtlich relevante Spannungen auslöse.

19

Die Klägerin beantragt,

20

das erstinstanzliche Urteil zu ändern, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 18. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr den beantragten positiven Bauvorbescheid zu erteilen.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie ist der Ansicht, der B-Straße komme hinsichtlich der Art der Nutzung keine trennende Wirkung zu. Die typischen Auswirkungen des Einzelvorhabens - erhöhter Kundenverkehr, Verkehrslärm - begründeten beziehungsweise erhöhten Spannungen zwischen den Grundstücken beiderseits der Straße. Deren Verkehrsbelastung erhöhe sich. Die geringfügige Überschreitung zur „Schwelle“ der Großflächigkeit von 800 m² um 0,8 m² präge vorliegend die nähere Umgebung nicht. Bei Zulassung des Vorhabens seien bodenrechtlich relevante Spannungen zu erwarten. Eine Erweiterung auf deutlich über 800 m² Verkaufsfläche könnten auch der „Penny“- und der „Edeka“- Markt anstreben. Gleiches gelte auch für das Grundstück B-Straße 444. Insoweit sei kein Nachweis konkreter Anhaltspunkte erforderlich. In Bezug auf § 34 Abs. 3a BauGB entstehe eine negative Vorbildwirkung auch dann, wenn in der näheren Umgebung weitere großflächige Einzelhandelsbetriebe mit über 800 m² genehmigt werden müssten. Im Fall des „Edeka“-Marktes sei auch die Errichtung von Verkaufsflächen über mehrere Geschosse denkbar, sodass nicht so viel Grundstücksfläche erforderlich sei. Eine rückwärtige Bebauung des Grundstücks B-Straße 444 sei entgegen der Ansicht der Klägerin „nicht so eindeutig“ auszuschließen. Unabhängig davon könne auch hier mehrgeschossig gebaut werden. Ein Vorhaben, das wegen seiner Vorbildwirkung – wie vorliegend – die planungsrechtlich relevante Umstrukturierung eines ganzen Gebiets einleite, sei unzulässig.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze (nebst Anlagen) sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, ohne dem Antrag der Beklagten, ihr wegen des Schriftsatzes der Klägerin vom 08.05.2017 „Schriftsatznachlass“ zu gewähren, entsprechen zu müssen. Der genannte Schriftsatz enthält kein neues Tatsachenvorbringen, sondern Rechtsausführungen, die auch bisher (erst- und zweitinstanzlich) schon vorgetragen worden und somit nicht „neu“ waren. Sie waren Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung, so dass die Beklagte sich damit hinreichend auseinandersetzen konnte (was auch geschehen ist). Es bestand damit kein Anlass, im Sinne des Antrags der Beklagten die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 S. 2 VwGO; vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.11.2001, 9 B 50.01, NVwZ-RR 2002, 217).

26

Die mit Beschluss vom 23. Juli 2015 zugelassene und von der Klägerin fristgerecht begründete Berufung hat Erfolg. Die Beklagte hat die Bauvoranfrage der Klägerin zu Unrecht abgelehnt; die Klägerin kann einen positiven Bauvorbescheid beanspruchen. Das - entgegenstehende klagabweisende - Urteil des Verwaltungsgerichts ist dementsprechend zu ändern.

27

1. Die Beteiligten gehen - dem erstinstanzlichen Urteil insoweit folgend - übereinstimmend davon aus, dass das Vorhaben der Klägerin in einem nicht überplanten Bereich liegt und dessen planungsrechtliche Zulässigkeit - somit - am Maßstab des § 34 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 3a BauGB zu messen ist. Der Senat stimmt dieser Beurteilung zu; sie entspricht der im Berufungsverfahren ermittelten und in der mündlichen Berufungsverhandlung erörterten planungsrechtlichen Situation im Bereich der B-Straße (s. Tatbestand). Die - für das „Einfügen“ maßgebliche - nähere Umgebung des Vorhabens ist nach der vorhandenen Bebauung keinem bestimmten Baugebietstyp i. S. d. BauNVO zuzuordnen.

28

2. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist für die Zulässigkeit eines Vorhaben die tatsächliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung maßgeblich. Diese begründet und begrenzt den Anspruch der Klägerin auf die Erteilung eines (positiven) Bauvorbescheides. Als „nähere Umgebung“ ist (einerseits) der Bereich zu berücksichtigen, auf den sich die Ausführung des geplanten Vorhabens auswirken kann und (andererseits) darauf abzustellen, inwieweit die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, NJW 1978, 2564). Dabei ist für die - maßgeblichen - Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs. 1 BauGB der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll die maßgebliche „nähere“ Umgebung jeweils gesondert zu prüfen; bei der Art der Nutzung ist sie tendenziell weiter, beim Maß der Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche kann sie - nach den Umständen des Einzelfalles - enger sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1994, 4 C 19.93 [NVwZ 1995, 897], und Beschl. v. 06.11.1997, 4 B 172.97 [NVwZ-RR 1998, 539]; Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, S. 144 m. w. N.).

29

2.1 Ausgehend von diesen Maßstäben ist dem erstinstanzlichen Urteil (S. 6 - 8 des Urt.-Abdr.) - zunächst - darin zu folgen, dass sich das Vorhaben der Klägerin nach dem Kriterium des Maßes der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügt. Die nähere Umgebung ist insoweit auf die Grundstücke östlich der … Straße zwischen der … Straße im Norden und der Straße … im Süden begrenzt worden. Im Hinblick auf den engeren „Umkreis“ der näheren Umgebung in Bezug auf das Maß der Nutzung (s. o.) ist dies sachgerecht und wird den örtlichen Verhältnissen gerecht.

30

Der Senat folgt insoweit den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dass es „dem Einfügen in Bezug auf das Merkmal des Ausmaßes der überbauten Grundstücksfläche“ nicht entgegensteht, dass die geplante Erweiterung „eine schon vorhandene rahmenüberschreitende Grundstücksgröße noch weiter erhöht“, da (allein) dadurch noch keine „bodenrechtlich beachtliche[n] Spannungen“ ausgelöst oder erhöht werden. Entscheidend ist darauf abzustellen, ob im Hinblick auf die Eigenart der näheren Umgebung - konkret - die Möglichkeit besteht, dass bodenrechtliche Spannungen entstehen. Die Erweiterung eines Verbrauchermarktes kann sich auch dann, wenn in der rahmenbildenden Umgebung eine entsprechendes „Vorbild“ fehlt, einfügen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, BauR 1994, 81). Das gilt – insbesondere – dann, wenn Folgewirkungen in Gestalt nachfolgender Vorhaben oder Bauwünsche nicht in Betracht kommen. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht aufgrund der in der näheren Umgebung anzutreffenden Grundstücksgrößen als „fernliegend“ angesehen, dass „andere Bauherren die Genehmigung der beantragten Erweiterung als Vorbild für eigene Planungen in gleichem Ausmaß nehmen könnten“ (S. 8 des Urt.-Abdr.); dieser Beurteilung folgt der Senat.

31

Soweit die Beklagte in Bezug auf das (im Widerspruchsbescheid vom 14.06.2013 [S. 4] angesprochene) südlich an das Vorhabengrundstück abgrenzende, „nur sehr gering“ bebaute Grundstück B-Str. 444 (Flurstück 727) befürchtet, dass (auch) dort ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht verhindert werden könne, trifft es zwar zu, dass dieses Grundstück eine erhebliche Flächengröße aufweist, doch liegt weit mehr als die Hälfte der Fläche dieses Grundstücks im planungsrechtlichen Außenbereich. Die planungsrechtliche Grenze zwischen dem planerischen Innenbereich und dem Außenbereich verläuft (jeweils) „hinter“ dem letzten, einem Bebauungszusammenhang zurechenbaren Bauwerk, vorliegend also an der rückwärtigen Wand des Bestandsgebäudes B-Str. 444. Die „dahinter“ liegende Fläche ist einer Bebauung nicht mehr in einer Weise zugänglich, dass sich dies als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung an der B-Straße bzw. am Schul- oder Mühlenweg aufdrängt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.09.2005, 4 BN 37.05, BauR 2006, 348). Als Außenbereichsfläche steht der Bereich von vornherein für ein großflächiges Einzelhandelsvorhaben (einschließlich Stellplätze) mit den von der Beklagten befürchteten Ausmaßen nicht zur Verfügung.

32

2.2 Hinsichtlich der Art der vorgesehenen Nutzung geht das erstinstanzliche Urteil - zutreffend - davon aus, dass die Frage des Einfügens nach dem „Ergebnis“ der von der Klägerin geplanten Baumaßnahme zu beurteilen ist (S. 9 des Urt.-Abdr.; BVerwG, Beschl. v. 29.11.2005, 4 B 72.05, NVwZ 2006, 340). Danach ist die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit 1.003,6 m² Verkaufsfläche beabsichtigt; die für die Großflächigkeit nach der Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 24.11.2005, 4 C 10.04, NVwZ 2006, 452) maßgebliche Verkaufsflächengrenze von 800 m² wird überschritten. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist im Zusammenhang mit dem Einfügen nach der „Art“ der baulichen Nutzung als eine besondere „Art“ der Nutzung anzusehen.

33

2.2.1 Das Verwaltungsgericht hat insoweit die für das „Einfügen“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB relevante „nähere Umgebung“ auf die Grundstückebeiderseits der … Straße zwischen der … Straße im Norden und dem … Weg im Süden erstreckt (S. 9 des Urt.-Abdr.). Dem ist beizupflichten; für das „Einfügen“ nach der Art der baulichen Nutzung ist der maßgebliche Bereich, wie oben ausgeführt, weiter zu ziehen. Insoweit ist unbeachtlich, dass die … Straße stark verkehrsbelastet ist; für die „Art“ der Nutzung begründet dies hier keine trennende Wirkung.

34

In dem genannten Bereich ist - abgesehen von dem Markt der Klägerin - kein vergleichbarer großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorhanden. Die nächsten, jeweils ca. 600 m vom Vorhabengrundstück entfernt liegenden Einzelhandelsbetriebe, der „Penny“-Markt mit 799 m² Verkaufsfläche und der „Edeka“-Markt mit knapp 580 m² Verkaufsfläche, dienen der Nahversorgung.

35

2.2.2 Das Vorhaben der Klägerin würde damit den Rahmen der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungsarten für Einzelhandelsbetriebe überschreiten.

36

Infolgedessen kommt es für dessen Zulässigkeit - entscheidend - darauf an, ob die Rahmenüberschreitung in der näheren Umgebung bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, NJW 1979, 2564, und Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, NVwZ 1994, 294). Das Verwaltungsgericht hat dies - und damit eine „negative Vorbildwirkung“ - angenommen, weil - konkret - der „Penny“-Markt wie auch der „Edeka“-Markt sich auf das Vorhaben der Klägerin berufen und eine Erweiterung zu einem großflächigen Einzelhandelsmarkt anstreben könnten; auch für das Grundstück B-Straße 444, das „über ausreichende überbaubare Flächen“ verfüge, könne die Zulassung des Vorhabens der Klägerin Anlass für das Bestreben sein, dort ebenfalls einen „solchen Betrieb“ zu errichten (S. 11 des Urt.-Abdr.). Dieser Beurteilung folgt der Senat nicht:

37

Für die Beantwortung der Frage, ob das Vorhaben der Klägerin eine - im o. g. Sinne - negative Vorbildwirkung für andere Vorhaben oder Bauwünsche auslöst, ist von einer konkreten Betrachtung der dafür in Frage kommenden Grundstücke auszugehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.02.1983, 4 C 18.81, NVwZ 1983, 739 [bei Juris Rn. 23]). Grundstücke, die nach ihrer Lage oder ihrem „Zuschnitt“ einer der befürchteten Vorbildwirkung entsprechenden baulichen (Aus-)Nutzung nicht zugänglich sind, können dem Bauvorhaben der Klägerin allein im Hinblick auf die „theoretische“ Möglichkeit entsprechender Bauabsichten nicht entgegengehalten werden. Für die Annahme einer negativen Vorbildwirkung genügt es nicht, dass nur eine abstrakte oder entfernte Möglichkeit besteht, dass das Vorhaben Konflikte im Hinblick auf die künftige Nutzung benachbarter - oder im Bereich der (relevanten) „näheren“ Umgebung gelegener – Grundstücke auslöst. Es kommt nach den Verhältnisse des jeweiligen Baugebiets darauf an, ob die gegebene Situation in Bewegung gebracht werden kann (BVerwG, Urt. v. 15.12.1994, 4 C 13.93, BauR 1995, 361 [bei Juris Rn. 21, m.w.N.]). Demzufolge kommt es - vorliegend - darauf an, ob „konkrete Anhaltspunkte“ für die Absicht bestehen, einen über 800 m² großen Einzelhandelsbetrieb zu errichten. Unabhängig davon ist zu entscheiden, ob nach der Lage und dem Zuschnitt der in Betracht zu ziehenden Grundstücke die nicht nur entfernte Möglichkeit gegeben ist, dass in der (relevanten) näheren Umgebung des Vorhabens der Klägerin vergleichbare Bauabsichten entstehen könnten und eine Genehmigung für einen (weiteren) großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Hinblick auf eine vom Vorhaben der Klägerin ausgehende negative Vorbildwirkung erteilt werden müsste.

38

Anhaltspunkte für konkrete Bauabsichten im genannten Sinne sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

39

Bei der Beantwortung der Frage, ob vergleichbare Bauabsichten in der relevanten näheren Umgebung zu erwarten bzw. zu befürchten sind, ist - zunächst - die dortige planungsrechtliche Situation zu berücksichtigen. Bauwünsche, die - einerlei, ob sie durch das Vorhaben der Klägerin ausgelöst werden oder nicht - schon für sich genommen planungsrechtlich unzulässig wären, so dass deren Genehmigung schon aus diesem Grund abzulehnen wäre, sind dem Vorhaben der Klägerin nicht als „Folgewirkung“ zuzurechnen und damit für eine (negative) Vorbildwirkung des Vorhabens der Klägerin unbeachtlich (BVerwG, Urt. v. 21.11.1980, 4 C 30.78, BauR 1981, 170). Die Beklagte hat dazu in der mündlichen Berufungsverhandlung die planungsrechtliche Situation im maßgeblichen Bereich nochmals erläutert, wie sie sich aus ihrer rechtswirksamen Bauleitplanung ergibt.

40

Danach scheiden die Grundstücke …/Ecke … („Penny“-Markt), B-Str. 585 („Edeka“-Markt ) und – auch – das Grundstück … für eine negative Vorbildwirkung im o. g. Sinne aus. Das folgt aus der planungsrechtlichen Situation, aber auch daraus, dass allenfalls die „theoretische“ Möglichkeit einer negativen Vorbildwirkung besteht.

41

2.2.2.1 Der „Penny“-Markt (…, Ecke …) ist mit derzeit 799 m² Verkaufsfläche neu errichtet worden (anstelle eines dort zuvor vorhandenen Resthofes, der abgerissen wurde). Eine (flächenmäßige) Erweiterung dieses Marktes ist nach der derzeit gegebenen planungsrechtlichen Situation rechtlich ausgeschlossen:

42

Für die planungsrechtliche Zulässigkeit dieses Marktes, insbesondere für die Art und das Maß der Nutzung gelten die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 273 der Beklagten vom 05.02.2009, der in seinem Geltungsbereich einen „Lebensmittelmarkt zur Nahversorgung“ in eingeschossiger Bauweise (GRZ 0,6) festsetzt. Auf der Grundlage dieser Festsetzungen ist eine Erweiterung des Marktes in den Bereich der „Großflächigkeit“ (> 800 m²) ausgeschlossen. Das (etwa) 20 x 35 m große, in dem Bebauungsplan festgesetzte „Baufenster“ ermöglicht nur 700 m² überbaute Grundfläche. Die Möglichkeit einer Verkaufsflächenerweiterung durch ein zweites Geschoss ist nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht zulässig.

43

Im Hinblick auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 273 ist die dortige Zulässigkeit eines Vorhabens nach Art und Maß planungsrechtlich entschieden, einschließlich der (Un-)Zulässigkeit eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes.

44

Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, es sei nicht ausgeschlossen, dass eine Änderung des Bebauungsplans Nr. 273 begehrt werde, ist dies - abgesehen davon, dass damit nur eine „theoretische“ Möglichkeit (s. o.) angesprochen wird – unerheblich, denn die Beklagte hätte in einem solchen Fall über den Änderungswunsch im Rahmen der gebotenen planerischen Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) nach den (dann) maßgeblichen öffentlichen und privaten Belangen zu entscheiden. Selbst wenn im Rahmen dieser Abwägung (auch) das Vorhaben der Klägerin bedeutsam sein sollte, wäre damit noch nicht entschieden, ob sich der Wunsch nach einer Erweiterung des „Penny“-Marktes gegenüber anderen öffentlichen und privaten Belangen und den städtebaulichen Zielen der Beklagten durchsetzen würde. Allein die Möglichkeit, dass das Vorhaben der Klägerin in eine (künftige) planerische Abwägung einzustellen sein könnte, ist diesem nach der - allein maßgeblichen - gegenwärtigen planungsrechtlichen Situation nicht als eine „negative Vorbildwirkung“ anzulasten.

45

2.2.2.2 Der „Edeka“-Markt (… / Ecke …) befindet sich in einem mehrgeschossigen Haus, dessen Erdgeschoss für den Markt genutzt wird; die Obergeschosse werden wohngenutzt. Für diesen Bereich gilt der Durchführungsplan Nr. 1 der (früheren) Gemeinde F... vom 13.09.1956, der für das betreffende Grundstück einen „Geschäftsbau mit Wohnungen“ vorsieht. Dem entspricht die derzeit vorhandene Bebauung.

46

Der genannte, von der Beklagten veröffentlichte Durchführungsplan gilt nach § 233 Abs. 3 BauGB und § 173 Abs. 3 BBauG als sog. „übergeleiteter“ Plan - und damit als Bebauungsplan - fort.

47

Eine Markterweiterung in den Bereich der Großflächigkeit ist - bei eingeschossiger Realisierung - ausgeschlossen, weil die Grundstücksfläche dafür nicht ausreicht und - zudem - die infolge einer Erweiterung zur „Großflächigkeit“ erforderlichen zusätzlichen Stellplätze auf dem Grundstück nicht untergebracht werden könnten. Hinzu käme, dass einer flächenmäßigen Erweiterung der (überbauten) Grundfläche auch die planungsrechtlich gebotene Rücksichtnahme auf die westlich und nördlich vorhandene Nachbarbebauung (Wohnhäuser) entgegenstünde.

48

Die von der Beklagten angesprochene Möglichkeit, eine Markterweiterung über mehrere Geschosse vorzunehmen, wäre allenfalls durch eine „Aufstockung“ des vorhandenen eingeschossigen „Anbaus“ und eine Nutzungsänderung der „Wohnetagen“ im vorhandenen Gebäude denkbar; dies würde allerdings die im o. g. Durchführungsplan bestimmte Nutzung „Wohn- und Geschäftshaus“ in Frage stellen. Abgesehen davon bliebe auch in diesem Fall die Stellplatzfrage ungelöst. Auch die planungsrechtlich gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarbebauung stünde der Zulassung einer solchen Markterweiterung entgegen.

49

Abgesehen davon erscheint eine Markterweiterung nach dem von der Beklagten befürchteten (mehrgeschossigen) „Konzept“ ausgesprochen fernliegend. Es ist gerichtsbekannt, dass mehrgeschossige Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte - zumal solche, die aus einer Umnutzung früherer Wohnungen hervorgehen - in der Praxis allenfalls in einer hochverdichteten (groß-)städtischen Situation realisiert werden, demgegenüber ist ein solches Projekt in der vorliegenden städtebaulichen Lage nicht mehr als eine nur theoretische Möglichkeit.

50

Eine negative Vorbildwirkung des Vorhabens der Klägerin kann damit in Bezug auf den „Edeka“-Markt ausgeschlossen werden.

51

2.2.2.3 Das - unbeplante - Grundstück B-Straße 444 (Flurstück 727) ist - mit Anbindung zur B-Straße - mit einem Wohnhaus sowie einem Nebengebäude bebaut.

52

Die Möglichkeiten einer (anderweitigen, neuen) Bebauung dieses Grundstücks sind, wie oben (zu 2.1) bereits ausgeführt, planungsrechtlich bereits dadurch begrenzt, dass das Grundstück (ab der rückwärtigen Wand des Bestandsgebäudes) im planungsrechtlichen Außenbereich liegt. Die „freie“ Fläche westlich des Wohnhauses weist eine Größe auf, die es ausschließt, dass sich deren (evtl.) Bebauung noch als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung darstellt und die deshalb keine Baulücke mehr darstellt (BVerwG, Beschl. v. 15.09.2005, 4 BN 37.05, BauR 2006, 348 [bei Juris Rn. 3]). Ob sich auf der „vorderen“, zur B-Straße gelegenen Teilfläche des Grundstücks ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb - einschließlich der erforderlichen Stellplätze - nach dem Maß der baulichen Nutzung einfügen würde, hat die Beklagte nicht geprüft; die von ihr (auch hier) angesprochene Möglichkeit einer mehrgeschossigen Bebauung würde sich nicht einfügen.

53

Unabhängig davon folgt der Senat der Klägerin auch insoweit in der Beurteilung, dass nach der Errichtung eines neuen Wohnhauses auf diesem Grundstück (mit einer parkähnlichen Gestaltung der im Außenbereich gelegenen Fläche) dessen Abriss und Ersatz durch einen (großflächigen) Markt nur als bloß theoretische Möglichkeit anzusehen ist. Sie bleibt deshalb nach den o. g. Maßstäben als lediglich abstrakte oder entfernte Möglichkeit für eine negative Vorbildwirkung des Vorhabens der Klägerin außer Betracht.

54

2.2.2.4 Andere Grundstücke, die für die Realisierung von großflächigen Vorhaben i. S. einer „negativen Vorbildwirkung“ in Betracht kommen, sind in der - relevanten - näheren Umgebung nicht ersichtlich.

55

Nach der planungsrechtlichen Situation (s. Tatbestand), der zufolge die westliche Seite der B-Straße (nahezu komplett) im Geltungsbereich von Durchführungs- bzw. Bebauungsplänen liegt, können Grundstücke im dortigen Bereich von vornherein keine Rolle für eine „negative Vorbildwirkung“ spielen.

56

Im unbeplanten Bereich östlich der B-Straße zwischen der A-Straße und den Straßen B-Weg / H... gibt es schon nach dem Zuschnitt der dort anliegenden Grundstücke kein weiteres Grundstück, auf dem ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb realisierbar wäre. Eine „negative Vorbildwirkung“ im genannten Sinne kann damit dort nicht entstehen.

57

3. Nach alledem ist die von der Beklagten befürchtete negative Vorbildwirkung des von der Klägerin vorangefragten Vorhabens auszuschließen. Damit ist es nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig.

58

Infolgedessen entfällt die Prüfung der Frage, ob eine Abweichung nach § 34 Abs. 3 a Satz 2 BauGB zugelassen werden kann. Es bedarf - insbesondere - keiner weiteren Ausführungen zum sog. Einzelfallkriterium (vgl. S. 12 des erstinstanzlichen Urt.-Abdr.).

59

4. Zur planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens der Klägerin könnte es allerdings führen, wenn infolgedessen schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten wären (§ 34 Abs. 3 BauGB).

60

Insoweit kann dahinstehen, ob über das Vorliegen oder die Entstehung schädlicher Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Beklagten im Rahmen einer planungsrechtlichen Voranfrage zu entscheiden wäre. Die Verneinung solcher Auswirkungen ist nicht Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer baulichen Anlage ihrer Art nach (OVG Münster, Urt. v. 31.10.2012, 10 A 912/11, Juris, Rn.55).

61

Schädliche Auswirkungen i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB sind hier - klar - zu verneinen. Solche Auswirkungen müssten städtebaulicher Art sein; Gesichtspunkte der Marktbeeinflussung oder (gar) eines „Konkurrentenschutzes“ spielen keine Rolle.

62

Insofern ist - zunächst - festzustellen, dass das Vorhaben innerhalb eines Siedlungsbereichs mit einer hohen Bevölkerungszahl realisiert werden soll. Der Einzelhandelsbetrieb führt damit - ersichtlich - zu keiner Überversorgung und bleibt seiner Lage nach in den Stadtteil Ha... integriert. Die angrenzenden Wohngebiete werden nicht gestört. Das Stellplatzangebot ist (und bleibt) ausreichend.

63

Die Klägerin hat durch das bereits mit ihrer Voranfrage vorgelegte Gutachten Dr. L... vom Oktober 2012 (Beiakte B) belegt, dass schädliche Auswirkungen im o.g. Sinne nicht entstehen. Bei den - nachvollziehbar berechneten – (sehr) geringfügigen Umsatzumverteilungseffekten des (auf eine Zusatz-Verkaufsfläche von ca. 200 qm begrenzten) Erweiterungsvorhabens der Klägerin sind gravierende städtebauliche Auswirkungen mit bodenrechtlicher Relevanz auszuschließen. Ansatzpunkte für eine „Zentrenschädlichkeit“ bestehen nicht. Das gilt auch unter Einbeziehung von sog. Stadtteil- oder Nebenzentren sowie im Hinblick auf Nachbargemeinden (A-Stadt).

64

Lediglich anzumerken bleibt, dass die Beklagte zu den städtebaulichen Auswirkungen von Einzelhandelsprojekten – jedenfalls im vorliegenden Verfahren – kein städtebauliches Konzept bzw. sonstige städtebauliche Planung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) vorgelegt hat. Selbst wenn - ungeachtet der gegebenen planungsrechtlichen Situation westlich bzw. östlich der B-Straße - durch das Vorhaben der Klägerin ungünstige städtebauliche Effekte ausgelöst würden, könnte die Beklagte dem künftig mit Mitteln des Planungsrechts bzw. einer (zuvor veranlassten) Planungssicherung (z. B. in Form einer Veränderungssperre) begegnen. Das Erweiterungsvorhaben der Klägerin wäre davon allerdings nicht (mehr) betroffen.

65

5. Der Berufung ist nach alledem stattzugeben. Das erstinstanzliche Urteil ist – dementsprechend – zu ändern und die Beklagte ist zu verpflichten, der Klägerin den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

66

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

67

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

68

Beschluss

69

Der Streitwert wird auf 30.030,00 EURO festgesetzt.


(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 14.11.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen ein Bauvorhaben des benachbarten Beigeladenen zur Errichtung eines Wohnhauses mit sieben Wohneinheiten. Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 61 der Gemeinde M.; der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 22.08.2012 die Genehmigungsfreistellung festgestellt.

2

Den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem Beigeladenen die Errichtung des Wohnhauses sofort vollziehbar zu untersagen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14.11.2012 abgelehnt. Das Bauwerk halte - so die Begründung - die Vorgaben des Bebauungsplans zur zulässigen Grundfläche und Geschosszahl ein und sei im Hinblick auf die Abstandsflächen, die Ausmaße, die Einsichtsmöglichkeiten von den Dachterrassen aus und die Stellplätze auch nicht rücksichtslos.

3

Zur Begründung ihrer dagegen erhobene Beschwerde beziehen sich die Antragsteller auf einen „grenzüberschreitenden Gebietserhaltungsanspruch“. Das Bauvorhaben überschreite die zulässige Grundfläche. Da der Bebauungsplan zu Staffelgeschossen keine Aussage enthalte, dürften keine Staffelgeschosse errichtet werden; solche Geschosse seien auch dann gegeben, wenn sie - wie hier - vergleichbare Auswirkungen wie Vollgeschosse hätten. Das Bauvorhaben sei seinem Volumen nach doppelt so groß wie die Nachbarbebauung. Es sei rücksichtslos, denn es zerstöre mit sieben Wohneinheiten in einem Einfamilienhaus-Gebiet und einer Firsthöhe von mehr als 11 m die Gleichartigkeit der Bebauung und führe zu einer verstärkten Verkehrsbelastung.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.11.2012 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung - fristgerecht - dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1) Einen Gebietserhaltungsanspruch können die Antragsteller dem Nachbarbau nicht entgegensetzen. Die Festsetzung von Baugebieten in einem Bebauungsplan hat nur zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet nachbarschützende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat die dazu vorliegende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend zusammengefasst (S. 3-4 des Beschl.-Abdr.; vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007, 4 B 55.07, NVwZ 2008, 437 m. w. N.) und festgestellt, dass das Vorhaben des Beigeladenen in einem anderen „Gebiet“ (im 2. Teilbereich des Bebauungsplans Nr. 61) liegt als das Grundstück der Antragsteller (im 1. Teilbereich des Bebauungsplans Nr. 61). Selbst wenn man - mit der Beschwerde - wegen der „kleinteiligen“ Aufteilung der Teilbereiche im Baugebiet und der miteinander „verwobenen“ Grundstücke von einem Plangebiet („Schicksalsgemeinschaft“) ausgehen wollte, wäre der Gebietserhaltungsanspruch nicht verletzt, denn der Beigeladene verwirklicht ein seiner Art nach gebietsverträgliches Wohnbauvorhaben. Der Umstand, dass dieses Vorhaben nach seinem Maß größer ausfällt, als es auf den Grundstücken im (benachbarten) 1. Teilbereich des Bebauungsplans bisher der Fall ist, begründet keinen Gebietserhaltungsanspruch. In einem beplanten Gebiet darf das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich vollständig ausgenutzt werden. Einen Gebietserhaltungsanspruch in dem Sinne, dass die festgesetzte überbaubare Fläche („Baufenster“) oder das im Bebauungsplan ausgewiesene Maß der baulichen Nutzung Grundstücks - etwa aus Gründen einer „Angleichung“ an vorhandene Bebauung - nicht ausgeschöpft werden darf, gibt es nicht.

6

2) Ob das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung durch das Vorhaben des Beigeladenen (exakt) eingehalten oder - wie die Antragsteller meinen - überschritten wird, bedarf keiner Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat bereits - zu Recht - darauf hingewiesen, dass die das Maß der baulichen Nutzung betreffenden Vorschriften in der Regel keinen Nachbarschutz vermitteln, weil sie den Gebietscharakter unberührt lassen. Sie begründen im Unterschied zu Festsetzungen zur Art der zulässigen Nutzungen kein nachbarliches Austauschverhältnis (BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995, 4 B 52.95, NVwZ 1996, 170). Läge eine Maßüberschreitung vor, würde damit objektives Baurecht verletzt, was nicht zugleich eine subjektive Verletzung in nachbarschützenden Rechten der Antragsteller bewirken würde.

7

Ansatzpunkte für eine Maßüberschreitung liegen i. ü. nicht vor. Die Grundflächenberechnung, wie sie den Bauvorlagen beigefügt ist (Bl. 27 der Beiakte A) und wie sie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss (S. 4-5 d. Abdr.) nachvollzogen hat, ist richtig. Die in der Beschwerdebegründung (S. 4) mit 13 m² angenommene Fläche eines Vorbaus ist aus den Bauvorlagen nicht zu entnehmen. Möglicherweise wollen die Antragsteller damit den Eingangsbereich ansprechen, der mit 6 m² Fläche bereits zutreffend berücksichtigt worden ist. Eine Fläche von (gut) 13 m² ergäbe sich insoweit, wenn man den dafür vorgesehenen Dachüberstand von 0,80 m in die Flächenberechnung einbezöge. Das fordert § 19 Abs. 4 BauNVO indes nicht; Dachüberstände sind bei der Berechnung der Grundfläche nicht mitzurechnen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 18.04.2012, 3 L 3/08, Juris [Rn. 67]). Anzumerken bleibt, dass die „Versiegelung“ durch das unter dem Dachüberstand liegende Podest zu einer GRZ-Überschreitung von allenfalls 0,0053 führen würde ([290 m² + 13 m² + 57 m² =] 360 m² ./. 1.179 m² = 0,3053).

8

3) Die - im Beschwerdeverfahren wiederholten - Einwände der Antragsteller gegen die Errichtung der Staffelgeschosse hat das Verwaltungsgericht zu Recht zurückgewiesen. Sie betreffen - erneut - das Maß der baulichen Nutzung (s. o. 2). Abgesehen davon ist die Ansicht der Antragsteller, Staffelgeschosse seien „mangels bauplanungsrechtlicher Vorgaben“ im Bebauungsplan unzulässig, unzutreffend. Der Bebauungsplan enthält Festsetzungen und damit Begrenzungen zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3, § 20 Abs. 1 BauNVO); Staffelgeschosse, die nach landesrechtlicher Regelung keine Vollgeschosse sind, sind danach ohne Begrenzung ihrer Zahl zulässig. Nach § 2 Abs. 7 Satz 2 LBO 2009 ist insoweit maßgeblich, ob ein Staffelgeschoss weniger als drei Viertel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses aufweist. Das ist - wie in den Bauvorlagen nachgewiesen worden ist (Bl. 26 der Beiakte A) - der Fall.

9

Die Annahme, Staffelgeschosse hätten zu ihrer planungsrechtlichen Zulässigkeit einer (ausdrücklichen) „Ausweisung“ im Bebauungsplan bedurft, findet im Gesetz keine Grundlage. Der Plangeber kann eine Begrenzung von Staffelgeschossen nur mittelbar erreichen, wenn er im Bebauungsplan - etwa - die maximal zulässige Höhe der baulichen Anlagen festsetzt (§ 16 Abs. 4 S. 2 BauNVO; vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Komm. [Stand Sept. 2012], § 16 BauNVO Rn. 39). Solche Festsetzungen finden sich im hier maßgeblichen Bebauungsplan nicht. Daraus folgt, dass Staffelgeschosse bei Einhaltung der Anforderungen des § 2 Abs. 7 Satz 2 LBO 2009 als „Nicht-Vollgeschosse“ zulässig sind. Der Hinweis der Antragsteller darauf, dass Staffelgeschosse und die mit „Balustraden“ versehenen Balkone eine „gleiche Wirkung wie Vollgeschosse“ haben (S. 5 der Beschwerdebegründung), ist für deren planungsrechtliche Zulässigkeit unergiebig.

10

4) Das Verwaltungsgericht hat - schließlich - auch eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens des Beigeladenen gegenüber den Antragstellern zu Recht verneint (S. 7-8 des Beschl.-Abdr.). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug.

11

Die Antragsteller mögen das Bauvorhaben des Beigeladenen als eine Zerstörung der „Gleichartigkeit der Bebauung des Baugebietes“ empfinden, doch folgt weder daraus noch aus dem „Volumen“ des vorgesehenen Mehrfamilienhauses eine Rücksichtslosigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 BauNVO. Das „Volumen“ und die Firsthöhe des Bauvorhabens sind bei 11 m Grenzabstand so weit vom Grundstück der Antragsteller abgerückt, dass von einer „bedrängenden“ oder sonstwie unzumutbaren Wirkung keine Rede sein kann. Die Antragsteller können auch unter dem Aspekt des Rücksichtnahmegebots weder eine Fortführung der bisher vorhandenen Einfamilienhausbebauung noch eine unterwertige bauliche Ausnutzung ihres Nachbargrundstücks beanspruchen.

12

5) Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil er im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt hat.

13

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

14

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 6, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 24. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen je zur Hälfte die Antragsteller zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner und die Antragsteller zu 3) und zu 4) als Gesamtschuldner.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Nachbarwidersprüchen gegen eine dem Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilte Baugenehmigung vom 31.08.2017 für die Errichtung von zwei zweigeschossigen und jeweils mit einem Staffelgeschoss ausgestatteten Wohnhäusern mit je acht Wohnungen und einer für beide Wohnhäuser ausgelegten Tiefgarage auf den Grundstücken mit der postalischen Anschrift …, … in … .

2

Das Verwaltungsgericht hat den auf § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO gestützten Antrag der Antragsteller mit Beschluss vom 24.11.2017 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei zulässig, wobei trotz geäußerter Zweifel hinsichtlich der Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2) für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu deren Gunsten unterstellt werde, dass auch sie Miteigentümerin des dem streitbefangenen Vorhaben benachbarten und mit einem „Zweifamilienhaus“ bebauten Grundstücks … sei. Der Antrag sei jedoch unbegründet; die angefochtene Baugenehmigung verletze mit hinreichender, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit keine Nachbarrechte der Antragsteller. Da nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts nicht Prüfungsgegenstand jener auf der Grundlage des § 69 LBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung seien, komme es auf die unter Rückgriff auf die Regelung des § 79 Abs. 3 Satz 1 LBO vorgebrachten Einwände der Antragsteller gegen die Tauglichkeit der Abwasserentsorgungsleitungen nicht an. Auch sei ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des insoweit allein maßgeblichen Bauplanungsrechts einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme nicht auszumachen. Die Antragsteller könnten sich nicht mit Erfolg auf einen sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, da mit den genehmigten Wohngebäuden kein der Art nach gebietsunverträgliches Vorhaben in der faktisch vorhandenen Gebietsart eines allgemeinen oder gar reinen Wohngebietes zugelassen worden sei. Einen darüber hinausgehenden Gebietsprägungserhaltungsanspruch des Inhalts, dass dieser unabhängig von der Art der Nutzung des geplanten Vorhabens einen Abwehranspruch vermittle, weil das Vorhaben einem für das Baugebiet charakteristischen harmonischen Erscheinungsbild nicht entspreche, erkenne die Kammer in ständiger Rechtsprechung nicht an. Jenes Erscheinungsbild der näheren Umgebung des Vorhabens resultiere allein aus Kriterien, die das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche beträfen. Bei diesen Kriterien handele es sich um solche, die nur in überplanten Gebieten und auch nur dann bei Feststellung eines entsprechenden ausdrücklichen planerischen Willens der Gemeinde Drittschutz vermittelten. Zum Schutz der Nachbarn sei in einem – wie streitgegenständlich – unbeplanten Gebiet daher das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichend. Dieses sei hier nach dem Sachstand im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht verletzt. Das Vorhaben halte zur Grundstücksgrenze der Antragsteller einen über den erforderlichen Mindestabstand von 3 m hinausgehenden Abstand von 3,37 bis 4,31 m ein, so dass hinsichtlich der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Nachbarbelange wie Belichtung, Belüftung und Besonnung eine Rücksichtslosigkeit bereits ausgeschlossen sei. Das Vorhaben sei auch nicht hinsichtlich seiner Ausmaße rücksichtslos. Es fehlten jegliche Ansatzpunkte für die Annahme einer „erdrückenden“ oder gar „erschlagenden“ Wirkung des die Abstandsflächen wahrenden und mit einer 10 cm geringeren Firsthöhe als das Wohnhaus der Antragsteller genehmigten Vorhabens. Geschaffene Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück der Antragsteller in einem zuvor nicht vorhandenen Maße seien ebenfalls nicht rücksichtslos. Einsichtsmöglichkeiten in Gärten, Terrassen, Balkone und Fenster seien in bebauten innerörtlichen Bereichen regelmäßig nicht zu vermeiden und müssten hingenommen werden. Auch die vorhabenbedingte Steigerung des Verkehrsaufkommens werde die Antragsteller nicht unzumutbar belasten, zumal die notwendigen Stellplätze in einer Tiefgarage hergestellt würden. Eine etwaige durch die Herstellung zweier Mehrfamilienhäuser eintretende Wertminderung des Grundstücks der Antragsteller begründe für sich genommen schließlich ebenso wenig eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes.

3

Gegen den ihnen am 27.11.2017 zugestellten Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 08.12.2017 eingelegten und am 21.12.2017 begründeten Beschwerde. Sie meinen, die erstinstanzliche Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO sei zu Unrecht zu ihren Lasten ausgegangen. Ihnen stehe ein Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung aus bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten zu. Dieser ergebe sich aus einem vom Verwaltungsgericht unzutreffend ausgeschlossenen Gebietsgewährleistungsanspruch. Hier schlage angesichts der räumlichen Ausprägung des Wohnbauvorhabens „Quantität in Qualität“ um und es werde eine Verfremdung des Gebietes zumindest eingeleitet. Dieses sei geprägt durch die Bebauung nördlich der Straße „…“ und diejenige im Geltungsbereich des an das streitgegenständliche unbeplante Gebiet angrenzenden Bebauungsplanes Nr. 4.4 der Gemeinde … mit den dortigen Parametern (eingeschossige Einzelhäuser, Sattel- und Walmdächer mit geringen Neigungen, Geschossflächenzahl von 0,3). Hieran gemessen sei das Vorhaben nicht einfügsam und verstoße, was Geschossigkeit, Gebäudehöhe, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe bzw. prägende Freiflächen im rückwärtigen Grundstücksbereich anbelange, jedenfalls gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

II.

4

Die Beschwerde der Antragsteller bleibt erfolglos. Ungeachtet des Umstandes, dass die bereits erstinstanzlich vorgetragenen Zweifel an der Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2) hinsichtlich ihrer bloß behaupteten Miteigentumsstellung am Grundstück .. auch im Beschwerdeverfahren nicht ausgeräumt worden sind und von dieser nach Aktenlage überdies gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 31.08.2017 bislang kein Widerspruch erhoben wurde – der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Widerspruch vom 22.11.2017 richtet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid vom 12 .01.2017 –, deren Begehren sich mithin in jeder Hinsicht als unzulässig erweist, rechtfertigen im Übrigen auch in der Sache die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

5

Das Verwaltungsgericht hat den sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch zutreffend hergeleitet und – ohne indes den Umgriff des Gebietes und seine Nutzung im Einzelnen genau zu bestimmen – im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die beiden genehmigten Wohnhäuser, gleich ob man allein den Bereich nördlich der Straße „…“ bis zum Kreuzungsbereich „…“ betrachtet oder den Gebietsumgriff weiter fasst und mindestens auch die Bebauung auf der Südseite der Straße „…“ mit in den zu betrachtenden Bereich einbezieht, der Art nach in einem (wohl allgemeinen) faktischen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB zulässig sind und keine „Verfremdung“ des Gebietes einleiten. Das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen ist in einem solchen Wohngebiet ebenso zulässig wie die ausgeübte Wohnnutzung auf dem Grundstück der Antragsteller, ohne dass es darauf ankommt, ob im fraglichen Gebiet auch bei weiter gefasstem Umgriff vorwiegend Einzelhäuser oder auch Geschosswohnungsbau anzutreffen sind. Das nachbarliche Austauschverhältnis, aus dem der Gebietserhaltungs- bzw. Gebietsbewahrungsanspruch abgeleitet ist, erfasst im unbeplanten Gebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB nur die Art der baulichen Nutzung, nicht dagegen die zulässige Zahl der Wohnungen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2016 – 10 B 1040/16 -, juris [Rn. 6] m.w.N.). Ob die beiden genehmigten Mehrfamilienhäuser in jenem Bereich einen eher singulären Charakter aufweisen, ist daher unerheblich (vgl. Schl.-H. OVG, Beschluss vom 18.09.2017 - 1 MB 15/17 -, juris [Rn. 15 f.]).

6

Einen von den Antragstellern geltend gemachten speziellen Anspruch auf Erhaltung der Gebietsprägung, von ihnen mit „Anspruch auf Gebietsgewährleistung“ umschrieben, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls mit zutreffender Begründung verneint. Eine Gebietsprägung lässt sich allenfalls aus der zulässigen Art der baulichen Nutzung im Sinne der Baunutzungsverordnung ableiten (vgl. jüngst Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 18.09.2017 - 1 MB 15/17 -, a.a.O., [Rn. 25 f.] m.w.N.); die von den Antragstellern für jenen Anspruch bemühten Parameter betreffen demgegenüber das Maß der baulichen Nutzung (Geschossigkeit, Geschossfläche) bzw. die überbaubare Grundstücksfläche oder in einem benachbarten Plangebiet festgesetzte Gestaltungsvorgaben, mithin ausschließlich Kriterien, die allein in einem – hier unstreitig nicht vorliegenden – überplanten Gebiet und dort auch nur bei entsprechendem ausdrücklichen Planungswillen der Gemeinde drittschützende Wirkung vermitteln können. Weder die Größe des genehmigten Bauvorhabens noch der Umstand, dass es – anders als es in der maßgeblichen Umgebung überwiegend der Fall sein mag – nicht nur eine Wohnung oder zwei Wohneinheiten, sondern vergleichbar dem Wohngrundstück … mit sieben Wohneinheiten mehrere (acht) Wohnungen je Gebäude aufweist, begründen einen Widerspruch zur Zweckbestimmung des Baugebiets. Ein Vorhaben, das wie dasjenige des Beigeladenen, in dem (faktischen) Wohngebiet allgemein zulässig ist, wahrt gerade die Zweckbestimmung des Baugebiets und kann deshalb in aller Regel auch nicht an einem Gebietsgewährleistungsanspruch scheitern (Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 21.07.2015 - 1 MB 16/15 -, n.v.).

7

Zwar ist, wie mit der Beschwerde geltend gemacht, denkbar, dass das in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannte Kriterium „Umfang“ aufgrund der Dimensionierung einer baulichen Anlage zu einem Umschlagen von „Quantität in Qualität“ führen kann; doch ist dies nicht unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung im nachbarschaftlichen Verhältnis feststellbar. Das hier insoweit mithin allein einschlägige, sich aus § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. aus § 34 Abs. 1 BauGB ergebende nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme ist nach den zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts indessen nach dem Sachstand im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht verletzt.

8

Von dem Vorhaben geht entgegen der Rüge der Antragsteller insbesondere keine erdrückende Wirkung aus. Eine solche Wirkung ist anzunehmen, wenn das neue Bauvorhaben etwa eine Abriegelungswirkung oder das Gefühl des „Eingemauertseins“ erzeugt. Vom Neubauvorhaben muss aufgrund der Massivität und Lage eine qualifizierte, handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück ausgehen. Davon kann nach den beigezogenen Unterlagen keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Störung mit zutreffendem Verweis auf den Abstand zwischen dem Bauvorhaben und der Grundstücksgrenze der Antragsteller verneint, weil die Einhaltung der landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften regelmäßig dazu führt, dass aus tatsächlichen Gründen das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128.98 -, juris [Rn. 3]). Es bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte hierfür. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der genehmigten Gebäudehöhe des Vorhabens, die mit jeweils 10 m sogar geringer ist als derjenige des Wohnhauses der Antragsteller (10,10 m) oder etwa des Wohnhauses … (10,40 m). Zwar ist das Vorhaben mit einer deutlich größeren Bebauungstiefe als das Nachbargebäude der Antragsteller genehmigt und nimmt damit auch mehr (rückwärtige) Grundstücksfläche in Anspruch als deren Wohnhaus oder die vorherige Grundstücksbebauung. Durch diese intensivere Grundstücksausnutzung als bislang mögen die Antragsteller einen – rechtlich allerdings nicht geschützten – Lagevorteil einbüßen. Indessen stellt die Möglichkeit der vermehrten Einsichtnahme oder der Erhalt einer Ruhezone kein Kriterium im Rahmen des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB dar, so dass auch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ausscheidet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.04.1989 - 4 B 72/89 -, juris [Rn. 7]). Es gibt keinen Rechtsanspruch des Nachbarn, dass Räume, Fenster, Terrassen, Balkone oder Dachgauben auf dem benachbarten Grundstück so angeordnet werden, dass sein Grundstück nicht oder nur eingeschränkt eingesehen werden kann (Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 14.07.2011 - 1 LA 31/11 -, juris [Rn. 2]). Auch wenn der abschließende Hinweis der Antragsteller zutreffen mag, dass sich der durch die Genehmigung des Vorhabens entstandene „nachbarliche Konflikt“ durch eine andere Anordnung der Baukörper, namentlich durch ein „Verrücken“ der genehmigten Wohnhäuser „nach vorn an die Straße“ entschärfen ließe, ist dieses Ansinnen weder unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Rücksichtnahme erforderlich, noch vermögen die Antragsteller dies mit ihren Rechtsbehelfen durchzusetzen.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

10

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO), da er keinen Sachantrag gestellt und sich somit am Kostenrisiko des Verfahrens nicht beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

11

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.

12

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Die Teilung eines Grundstücks ist die dem Grundbuchamt gegenüber abgegebene oder sonst wie erkennbar gemachte Erklärung des Eigentümers, dass ein Grundstücksteil grundbuchmäßig abgeschrieben und als selbständiges Grundstück oder als ein Grundstück zusammen mit anderen Grundstücken oder mit Teilen anderer Grundstücke eingetragen werden soll.

(2) Durch die Teilung eines Grundstücks im Geltungsbereich eines Bebauungsplans dürfen keine Verhältnisse entstehen, die den Festsetzungen des Bebauungsplans widersprechen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.