Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Mai 2018 - 8 A 10034/18

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2018:0530.8A10034.18.00
bei uns veröffentlicht am30.05.2018

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 10. August 2017 die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zur Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Neubaus sowie der Aufstockung eines bereits bestehenden Gebäudes zu Wohn- bzw. gewerblichen Zwecken.

2

Er ist Eigentümer des ca. 120 m langen und ca. 20 m breiten Grundstücks Flurstück-Nr. 533/15 (A. 51) in L. Das Grundstück wurde ursprünglich als Gärtnereigrundstück genutzt. Seit 2005 betreibt der Kläger dort ein Bestattungsunternehmen. Das Grundstück grenzt nördlich an den Friedhof O., südlich an mit dreistöckigen Wohnblocks bebaute Grundstücke. Es ist derzeit im östlichen Grundstücksbereich mit einem an der südlichen Grundstücksgrenze errichteten eingeschossigen und als Büro genutzten Flachdachgebäude sowie im westlichen Grundstücksbereich mit zwei ebenfalls entlang der südlichen Grundstücksgrenze errichteten eingeschossigen Flachdachgebäuden bebaut, in dem sich eine Werkhalle und eine Garage befinden. Die Gebäude stehen in einem Abstand von 10 m zur Friedhofsgrenze.

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Das klägerische Grundstück befand sich ursprünglich im Geltungsbereich des 1967 aufgestellten Bebauungsplans Nr. 192 „Friedhofserweiterung O.“ (nachfolgend: Bebauungsplan Nr. 192) der Beklagten, der am 23. Dezember 1992 ausgefertigt und am 15. Januar 1993 rechtsverbindlich wurde. Dieser sieht für das ehemals für einen Gärtnereibetrieb genutzte klägerische Grundstück, das dort als Mischgebiet mit der Nutzungsart „Gartenbaubetriebe“ ausgewiesen ist, im östlichen Bereich ein Baufenster von ca. 225 qm mit zweigeschossiger Bebauung vor. Sonstige Bebauung auf dem klägerischen Grundstück ist nach Ziff. 2 der textlichen Festsetzungen außerhalb der festgesetzten überbaubaren Fläche nur einstöckig bis zu 40 % der Grundstücksfläche zulässig, die jedoch nur für die dem Betrieb dienenden Anlagen (Gewächshäuser u.ä.) bestimmt ist.

4

Einen Antrag des Klägers vom 17. Juni 2014 auf Einleitung eines Verfahrens für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zwecks Erweiterung seines Bestattungsunternehmens lehnte der Stadtrat der Beklagten in seiner Sitzung vom 28. September 2015 ab und beschloss zugleich die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 192a „Am Friedhof O. – Teiländerung“ (nachfolgend: Bebauungsplan Nr. 192a), der einen insbesondere das klägerische Vorhabengrundstück umfassenden Teilbereich des Bebauungsplanes Nr. 192 „Friedhofserweiterung O.“ ändern sollte. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vorgelegte Erweiterungsplanung des Klägers sei von Anfang an kritisch bewertet worden (hohe Bebauungsdichte bzw. Gesamtversiegelung des Grundstücks, Höhenentwicklung im rückwärtigen Grundstücksteil, zu erwartende Verkehrsproblematik). Durch die Planung solle eine Nutzung ermöglicht werden, die der besonderen Situation zwischen der südlich angrenzenden reinen Wohnnutzung und der nördlichen Friedhofsnutzung Rechnung trage. Dies solle insbesondere unter dem Aspekt geschehen, dass potentielle Störungen, die vom Planbereich ausgehen könnten (z.B. Lärm, Licht, unmittelbare Einsichtnahme in den Friedhof), eingeschränkt werden und die angespannte Park- und Verkehrssituation im öffentlichen Straßenraum nicht zusätzlich belastet werde. Weiterhin solle eine Rechtsgrundlage für die sinnvolle bauliche Weiterentwicklung der betroffenen Grundstücke geschaffen werden.

5

Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 192a wurde am 7. Oktober 2015 ortsüblich bekannt gemacht.

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Unter dem 16. Juni 2016 stellte der Kläger die streitgegenständliche Bauvoranfrage für den Neubau eines Bürogebäudes (EG) mit Wohnung (OG und DG) und Aufstockung der bestehenden Werkhalle zur Errichtung einer Wohnung im Obergeschoss auf seinem Grundstück.

7

Im Rahmen der Offenlage des Bebauungsplans machte der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni und 15. September 2016 im Wesentlichen geltend, die im Bebauungsplanentwurf vorgesehene Planung lasse erkennen, dass man lediglich an einer Verhinderung seines Vorhabens interessiert sei. Trotz des seit vielen Jahren auf seinem Grundstück nicht mehr vorhandenen Gartenbaubetriebes habe es aufgrund des bisherigen Bebauungsplanes Nr. 192 keine Probleme gegeben. Vielmehr habe die Beklagte von ihm beantragte Baugenehmigungen auf dessen Grundlage positiv verbeschieden. Auch habe es in der Vergangenheit keinerlei Probleme zwischen den Nutzungen nördlich und südlich seines Grundstücks in Bezug auf Lärm, Licht oder unmittelbare Einsichtnahme gegeben. Die vorgesehene Zahl der Vollgeschosse im Plangebiet sei nicht nachvollziehbar, zumal die Beklagte der ebenfalls im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 192 gelegenen Gärtnerei E. (A. 40) entgegen den Festsetzungen einen Neubau mit zwei Vollgeschossen genehmigt habe. Für den westlichen Bereich seines Grundstücks werde keine weitere bauliche Nutzung eingeräumt, obwohl entlang der gesamten südlichen Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks dreigeschossige Wohnblockbebauung vorhanden sei. Sein Bestattungsunternehmen sei auch nicht störend, es handele sich vielmehr um ein friedhofsnahes Unternehmen, das mit dem Friedhof problemlos in Einklang stehe. Insoweit sei es ohne Probleme möglich, die Nutzungsmöglichkeiten derart auszudehnen, dass auch im hinteren Grundstücksbereich, in dem sich bereits die eingezeichneten Bestandsgebäude befänden, die gewünschte Aufstockung auf zwei Geschosse zugelassen werde. Die Verhinderung einer Einsichtnahme in Richtung Friedhof von seinem Grundstück aus sei kein städtebaulicher Aspekt, der durch eine Geschossbegrenzung einer entsprechenden Festsetzung zugänglich sei, zumal südlich seines Grundstücks bereits dreigeschossige Wohnblocks mit entsprechend ausgerichteten Balkonen vorhanden seien, von denen ebenfalls Einblick auf den Friedhof genommen werden könne.

8

Mit Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2016 wurde der Antrag des Klägers auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides abgelehnt. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Stadtrechtsausschuss bei der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2017, dem Kläger am 18. März 2017 zugestellt, zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorhaben des Klägers widerspreche den textlichen Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans Nr. 192, der im rückwärtigen Bereich des klägerischen Grundstücks nur eingeschossige Bebauung zulasse. Außerdem liege das vom Kläger geplante zweistöckige Gebäude außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 192 scheide aus, da andernfalls die Grundzüge der Planung berührt würden.

9

Der Bebauungsplan Nr. 192a wurde am 13. Februar 2017 durch den Stadtrat als Satzung beschlossen, am 7. März 2017 ausgefertigt und am 24. März 2017 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht. Sein Geltungsbereich umfasst außer dem klägerischen Grundstück das im Eigentum der Beklagten stehende unbebaute ca. 125 qm große Grundstück Flurstück-Nr. 532/19, das ebenfalls mit seiner nördlichen Grenze an den Friedhof angrenzt. Er setzt für den östlichen Bereich des klägerischen Grundstücks, der an die Straße „A.“ angrenzt, ein Mischgebiet fest. Als Maß der baulichen Nutzung ist für diesen Grundstücksbereich entlang der südlichen Grundstücksgrenze auf einer Länge von ca. 10 m eingeschossige Bebauung, daran anschließend auf einer Länge von ca. 20 m zweigeschossige Bebauung und daran anschließend auf einer Länge von ca. 10 m wiederum eingeschossige Bebauung festgesetzt. Die im westlichen Grundstücksteil vorhandenen beiden eingeschossigen Gebäude (Werkhalle und Garage) sind in der Planurkunde zeichnerisch dargestellt und liegen außerhalb des festgesetzten Mischgebietes. Nach Ziff. 1.3. der textlichen Festsetzungen sind außerhalb des Mischgebietes nur die den Betrieben des Mischgebietes dienenden Nebenanlagen (Garagen, Stellplätze und deren Zufahrten, Lagerflächen) zulässig. Als absolute Gebäudehöhe sind für das Baufenster, in dem sich die bereits vorhandenen Nebenanlagen befinden, im zeichnerischen Teil der Planurkunde 4,0 m festgesetzt.

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In der Begründung des Bebauungsplans heißt es, Ziel der Planung sei es, eine Rechtsgrundlage für die sinnvolle weitere bauliche Weiterentwicklung der betroffenen Grundstücke zu schaffen, die der besonderen Situation zwischen zwei sensiblen Nutzungen Rechnung trage. Dies soll unter der Maßgabe geschehen, dass potentielle Störungen, die vom Planbereich ausgehen könnten (z.B. durch Lärm, Licht, unmittelbarer Einsichtnahme in den Friedhof), eingeschränkt werden und die angespannte Park- und Verkehrssituation im öffentlichen Straßenraum nicht zusätzlich belastet werde. Zum Maß der baulichen Nutzung heißt es: „Eine gestufte Festsetzung der höchstzulässigen Zahl von Vollgeschossen in Verbindung mit maximalen Gebäudehöhen soll gewährleisten, dass sich die Bebauung des Plangebiets in die Bestandssituation einfügt und nachteilige Auswirkungen auf die sensible Umgebung vermieden werden. So sehen die Festsetzungen grundsätzlich eine eingeschossige Bebauung des Plangebiets vor, denn gerade im hinteren Grundstücksbereich würde bereits eine zweigeschossige Bebauung eine unmittelbare Einsichtnahme in Richtung Friedhof ermöglichen.“ Zum Punkt „Baulinien und Baugrenzen“ wird ausgeführt: „Abgeleitet von den derzeit vorhandenen Gebäuden werden Baufenster festgelegt, die zu einer Legalisierung des aktuellen Bestandes führen und die baulichen Anlagen ihrer Nutzung entsprechend in der Fläche anordnen. (...). Da im rückwärtigen Grundstücksbereich lediglich den Betrieben des Mischgebietes dienende Nebenanlagen zulässig sein sollen, wird die überbaubare Grundstücksfläche dort auf den genehmigten Bestand begrenzt. Aus Rücksicht auf den Friedhof sollen hier keine zusätzlichen Erweiterungsmöglichkeiten geschaffen werden.“ In der Zusammenfassung der Abwägung heißt es u.a.: „Die festgesetzte Staffelung von Grundstücksdichte und Geschossigkeiten bzw. absoluten Gebäudehöhen gewährleistet eine pietätvolle Grundstücksbebauung in direkter Nachbarschaft zum O. Friedhof.“

11

Zur Begründung seiner am 18. April 2017 erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, der Änderungsplan sei bereits städtebaulich nicht erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und damit unwirksam. Die Verhinderung einer Einsichtnahme in den Friedhof sei nicht von städtebaulicher Relevanz, zumal bereits schon von den südlich vorhandenen dreigeschossigen Wohnblocks Einblick in den Friedhof genommen werden könne. Derzeit plane die Beklagte sogar, eine Wohnbaufläche und eine Gemeinbedarfsfläche für eine Kindertagesstätte unmittelbar an der Nordseite des Friedhofs auszuweisen. In diesem Bebauungsplan seien jedoch keine Einschränkungen von Einsichtnahmemöglichkeiten oder Vorkehrungen gegenüber potentiellen Lärmeinwirkungen auf den Friedhof vorgesehen. Die Beklagte habe mit dem Bebauungsplan Nr. 192a sein geplantes Vorhaben verhindern wollen. Dafür spreche, dass der Beklagten im Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Nr. 192a seine Planung bereits bekannt gewesen sei. Sie habe sich entschlossen, den ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 192 zu ändern, wohl in der Erkenntnis, dass dieser keine ausreichende Rechtsgrundlage geboten hätte, seine Bauvoranfrage abzulehnen.

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Der Kläger hat beantragt,

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unter Aufhebung des Bauvorbescheides vom 27. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2017 die Beklagte zu verpflichten, ihm den beantragten Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Neubaus eines Bürogebäudes (EG) mit Wohnung im OG und DG sowie Aufstockung der bestehenden Werkshalle zur Errichtung einer Wohnung im OG zu erteilen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

16

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens sei auf der Grundlage des zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 192 beurteilt worden. Mit dem nun in Kraft gesetzten Bebauungsplan Nr. 192a werde sichergestellt, dass sich die Ausnutzung des überplanten Bereichs nach Art und Umfang harmonisch in das Gesamtgefüge einpasse und bodenrechtliche Spannungen vermieden werden. Soweit der Kläger vortrage, südlich seines Grundstücks befinde sich dreigeschossige Wohnbebauung, von der aus die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Friedhof bereits gegeben sei, sei anzumerken, dass diese dreigeschossigen Gebäude fast ausschließlich mit der schmalen Giebelseite in Richtung Friedhof ausgerichtet seien und einen Abstand von etwa 23 m zum Gräberfeld einhielten. Die gleichen Voraussetzungen sollten auch für die nördlich des Friedhofs vorgesehene Wohnbebauung zum Tragen kommen.

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Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 10. August 2017 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens stünde weder der Bebauungsplan Nr. 192a noch der Bebauungsplan Nr. 192 entgegen. Beide Pläne seien unwirksam. Der Bebauungsplan Nr. 192a sei mangels einer von städtebaulich legitimen Zielen getragenen positiven Planungskonzeption nicht i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB gerechtfertigt. Zwar liege hier keine reine Verhinderungsplanung vor, da die Beklagte grundsätzlich eine positive planerische Zielsetzung verfolge. Allerdings habe die Beklagte von ihrem weiten Planungsermessen in fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht. Die von ihr für das Erfordernis zur Bebauungsplanung im Rahmen der städtebaulichen Konzeption berücksichtigten Gründe, nämlich die Einschränkung von Lärm, Licht und unmittelbarer Einsichtnahme in den Friedhof u.a. vom Vorhabengrundstück aus, stünden weder mit den in § 1 Abs. 5 BauGB genannten allgemeinen Zielen der Bauleitplanung noch mit den in § 1 Abs. 6 BauGB beispielhaft konkret aufgeführten Planungsleitlinien noch mit dem abschließenden Festsetzungskatalog des § 9 BauGB in Einklang und entbehrten damit einer städtebaulich legitimen Zielsetzung. Pietätsgründe spielten im Rahmen der Bauleitplanung keine Rolle. Es sei vielmehr ausschließlich Aufgabe des jeweiligen Friedhofträgers, einen Bestattungsplatz gegenüber Wohngrundstücken gegen Einsichtnahme abzuschirmen, wie sich aus § 1 Satz 2 der Landesverordnung zur Durchführung des rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetzes ergebe. Die Bebauungsplanung Nr. 192a fände auch keine städtebauliche Rechtfertigung in den weiteren von der Beklagten für die konkrete Bebauungsplanung herangezogenen Gründen der Einschränkung von Lärm- und Lichtbeeinträchtigungen. Was in einem – wie hier festgesetzten – Mischgebiet an Lärm zulässigerweise zumutbar ist, bestimme sich nach der TA-Lärm. Anhaltspunkte dafür, dass im Planbereich tatsächlich die zulässigen Immissionsrichtwerte überschritten würden, bestünden nicht. Auch sei nicht ansatzweise ersichtlich, dass vom Planbereich potentielle Störungen durch Licht auf die angrenzenden Nutzungen ausgehen könnten. Aus den gleichen Gründen leide der Bebauungsplan Nr. 192a auch an einem zu dessen Unwirksamkeit führenden Abwägungsmangel. Der Bebauungsplan Nr. 192 sei in Bezug auf das Vorhabengrundstück teilnichtig, da die dort getroffene Festsetzung „Gartenbaubetriebe“ obsolet sei. Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig. Insbesondere erweise es sich gegenüber dem unmittelbar angrenzenden Friedhof nicht als rücksichtslos. Zwar gehöre zur Ermöglichung einer ordnungsgemäßen Nutzung eines Friedhofs auch die gesellschaftlich anerkannte würdevolle Ausübung der verfassungsrechtlich geschützten Totenfürsorge. Da bereits gegenwärtig Wohnnutzung sowie das Wohnen nicht wesentlich störende gewerbliche Nutzung in unmittelbarer Friedhofsnähe vorhanden und von dem Bauvorhaben des Klägers keine die Totenwürde oder das sittliche Empfinden der Allgemeinheit hervorrufende Störungen zu erwarten seien, würden das Totengedenken und die Pietätsgefühle der Trauernden auf dem Friedhof durch das Bauvorhaben des Klägers nicht negativ beeinflusst.

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Mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 9. Januar 2018 zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, der Bebauungsplan Nr. 192a sei wirksam. Sie habe ihr Planungsermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Es sei unzutreffend, dass sie sich bei der Planung ausschließlich oder in ganz maßgeblicher Weise von Pietätsgründen, insbesondere dem Motiv der weitgehenden Verhinderung der unmittelbaren Einsichtnahme in den Friedhof habe leiten lassen. Pietätsgründe seien lediglich vereinzelt betrachtet und allenfalls als unterstützende Argumente herangezogen worden. Das Verwaltungsgericht habe die Leitmotive und Planungsziele für die Aufstellung des Bebauungsplans, wie die Festlegung der Art der baulichen Nutzung, die Ausweisung eines Mischgebietes, die Regelung der überbaubaren Grundstücksfläche und der Grenzbebauung, der Begrünung, die Regelung der Stellplatzproblematik und der Festschreibung zulässiger Versiegelungen unbeachtet gelassen. Im Übrigen sei das Vorhaben auch nicht nach § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 10. August 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

23

Er verteidigt das angefochtene Urteil und verweist im Übrigen auf seine bisherigen Ausführungen. Darüber hinaus ist er der Auffassung, dass die Bauleitplanung wesentlich von Pietätsgründen getragen gewesen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsakten und Planunterlagen verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, weil sie unbegründet ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den beantragten Bauvorbescheid. Das geplante Vorhaben ist nämlich bauplanungsrechtlich unzulässig, da es gegen wirksame Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 192a verstößt (1.) und kein Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BaugesetzbuchBauGB – von diesen Festsetzungen besteht (2.).

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1. Das Vorhaben ist mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 192a nicht vereinbar. So ist der Bereich, in dem der Kläger ein zweigeschossiges Gebäude mit Büronutzung im Erdgeschoss sowie Wohnnutzung im Ober- und Dachgeschoss errichten möchte, nicht als überbaubare Grundstücksfläche festgesetzt. Die Aufstockung der bereits bestehenden Werkhalle zu Wohnzwecken ist nach den Festsetzungen des Bebauungsplans ebenfalls unzulässig, da sie die absolute Gebäudehöhe von 4,0 m überschreiten würde. Diese Festsetzungen sind wirksam.

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a) Der Bebauungsplan genügt zunächst entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts insbesondere den Anforderungen an das Planerfordernis im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

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aa) Danach dürfen die Gemeinden Bauleitpläne nur aufstellen, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Diese Vorschrift setzt der Bauleitplanung eine erste Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle städtebauliche Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 – 4 C 13.11 –, BauR 2013, 1399, LS; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5.14 –, BauR 2015, 968 und juris Rn. 16). Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB „erforderlich“ ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinde, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Dies eröffnet der Gemeinde ein sehr weites planerisches Ermessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 BN 15.99 –, BRS 62 Nr. 19 und juris Rn. 4 f.; Beschluss vom 17. Mai 1995 – 4 NB 30.94 –, BRS 57 Nr. 2 und juris Rn. 11). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 BN 15/99 –, NVwZ 1999, 1338 und juris Rn. 5). Davon ist u.a. auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um einen bestimmten Bauwunsch zu durchkreuzen (BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 BN 15/99 –, NVwZ 1999, 1338 und juris Rn. 5, m.w.N.; Beschluss vom 15. März 2012 – 4 BN 9/12 –, juris Rn. 3). Ein solcher Fall ist allerdings nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Festsetzungen in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Eine Gemeinde darf mit der Bauleitplanung grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind nur dann als "Negativplanung" unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (BVerwG, Beschluss vom 15. März 2012 – 4 BN 9/12 –, ZfBR 2012, 477 und juris Rn. 3; Beschluss vom 18. Dezember 1990 – 4 NB 8.90 –, BauR 1991, 165 und juris Rn. 12).

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bb) Nach diesen Maßstäben erweist sich die Planung der Beklagten als erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB.

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Die von der Beklagten mit dem Bebauungsplan Nr. 192a verfolgten Ziele lassen nicht erkennen, dass es sich vorliegend um eine unzulässige Negativ- bzw. Verhinderungsplanung handelt. Hiervon kann nicht bereits deswegen ausgegangen werden, weil die Beklagte erst aus Anlass der konkreten Planung des Klägers zur Erweiterung seines Bestattungsunternehmens mit der Aufstellung des Bebauungsplans reagiert hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1992 – 4 B 55/92 –, juris Rn. 3). Vielmehr hat die Beklagte in der Planbegründung hinreichend deutlich gemacht, dass sie mit der Aufstellung des Bebauungsplans eine positive Planungskonzeption verfolgt. Die Änderung des ursprünglichen Bebauungsplans Nr. 192 wurde ausweislich der Begründung des Bebauungsplans Nr. 192a in Anbetracht des Bauwunsches des Klägers deswegen als erforderlich angesehen, weil – was zwischen den Beteiligten unbestritten ist – die ursprünglich festgesetzte Nutzungsart (Gartenbaubetrieb) nicht mehr mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang steht. Des Weiteren beinhalte das bisherige Planwerk Festsetzungen, welche einer baulichen Ausnutzung der Grundstücke teilweise entgegenstünden. Ziel der Planung sei es daher, eine Rechtsgrundlage für die sinnvolle weitere bauliche Weiterentwicklung der betroffenen Grundstücke zu schaffen, die der besonderen Situation zwischen zwei sensiblen Nutzungen – nämlich der nördlich an das Plangebiet angrenzenden Friedhofsnutzung und der südlich angrenzenden Wohnbebauung – Rechnung trage. Dies solle unter der Maßgabe geschehen, dass potentielle Störungen, die vom Planbereich ausgehen könnten (z.B. durch Lärm, Licht, unmittelbarer Einsichtnahme in den Friedhof), eingeschränkt werden und die angespannte Park- und Verkehrssituation im öffentlichen Straßenraum nicht zusätzlich belastet werde (Planbegründung, S. 6).

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Vor dem Hintergrund dieser von der Beklagten entwickelten, nachvollziehbaren und von städtebaulich legitimen Zielen getragenen positiven Planungskonzeption ist nicht erkennbar, dass die Planung nur vorgeschoben wäre, um allein das Vorhaben des Klägers zu verhindern. Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, als der Bebauungsplan Nr. 192a dem Kläger durchaus die Möglichkeit zur weiteren Bebauung auf seinem Grundstück bietet, wenn auch nicht in dem von ihm gewünschten Umfang.

32

b) Der Bebauungsplan Nr. 192a verstößt allerdings insoweit gegen zwingende gesetzliche Planungsschranken, als er für den westlichen Bereich eine Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung vornimmt, die von den gesetzlichen Festsetzungsermächtigungen nicht gedeckt ist. Dieser Rechtsverstoß führt indes nur zur Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans.

33

aa) Nach Ziff. 1.3. der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 192a sollen außerhalb des Mischgebietes nur die den Betrieben des Mischgebietes dienenden Nebenanlagen zulässig sein. Diese Festsetzung verstößt gegen den Typenzwang der BaunutzungsverordnungBauNVO – als Ausfluss einer sachgerechten Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG –. Die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO geregelten Zusammenfassungen von Nutzungen, Anlagen und Einrichtungen sind in vielfältiger Beziehung Ausdruck einer den Grundsätzen von § 1 und § 1a BauGB entsprechenden Bauleitplanung und deshalb grundsätzlich als abschließende Regelung der Baugebiete zu verstehen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Dezember 2017 – 10 D 84/15.NE –, juris Rn. 26; BayVGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 – 15 N 17.574 –, juris Rn. 22). Nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 BauNVO ist die Art der baulichen Nutzung in einem Bebauungsplan dadurch festzusetzen, dass die Gemeinde sich für einen der vorgesehenen Baugebietstypen entscheidet und in diesem Rahmen allenfalls Feinsteuerungen nach § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO vornimmt. Gegen diesen Typenzwang hat die Beklagte hier verstoßen. Dies ergibt sich daraus, dass Ziff. 1.3. für den Bereich des Bebauungsplans gilt, für den gerade kein Mischgebiet festgesetzt worden ist, dort allerdings Nebenanlagen, die einem Mischgebiet dienen, für zulässig erklärt werden. Damit sind nach Ziff. 1.3. im westlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Anlagen zulässig, die grundsätzlich in einem Mischgebiet zulässig wären (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO), ohne dass eine entsprechende Festsetzung nach der Art der baulichen Nutzung erfolgt ist. Somit wird im westlichen Planbereich eine Art der baulichen Nutzung festgelegt, die in der Baunutzungsverordnung so nicht vorgesehen ist.

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bb) Dieser Rechtsverstoß des Bebauungsplans führt allerdings nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit.

35

Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen bloß zu einer Teilunwirksamkeit und nicht zu dessen Gesamtnichtigkeit, wenn erstens die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und zweitens die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989 – 4 N 3.87 –, BVerwGE 82, 225 [230]; Urteil vom 19. September 2002 – 4 CN 1.02 –, BVerwGE 117, 58 [61]; stRspr.). Beides ist vorliegend zu bejahen. Zum einen bieten die verbleibenden Festsetzungen zum Nutzungsmaß und zur überbaubaren Grundstücksfläche sowie zur Art der baulichen Nutzung im östlichen Planbereich für sich genommen eine Grundlage für eine sinnvolle städtebauliche Ordnung. Denn auch diese Regelungen dienen dazu, den sich aus Sicht der Beklagten ergebenden Nutzungskonflikt zwischen der Friedhofsnutzung einerseits und der angrenzenden Wohn- und gewerblichen Nutzung andererseits zu lösen. Hierzu tragen etwa die Festsetzung der überwiegend eingeschossigen Bauweise im östlichen Grundstücksbereich und die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen bei. Zum anderen ist davon auszugehen, dass die Beklagte den Bebauungsplan auch ohne die unwirksame Festsetzung zur Art der Nutzung im westlichen Planbereich erlassen hätte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Höhe der im westlichen Bereich möglichen baulichen Anlagen angesichts der Festsetzung einer maximalen Höhe im zeichnerischen Teil der Planurkunde ohnehin auf 4 m beschränkt ist. Damit wird aber dem von der Beklagten verfolgten vorrangigen Ziel, das Maß der baulichen Nutzung im Planbereich zu beschränken, Rechnung getragen.

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c) Schließlich genügt der Bebauungsplan Nr. 192a auch den Anforderungen des Abwägungsgebots. Dies gilt auch hinsichtlich der – vom Verwaltungsgericht beim Planerfordernis thematisierten – Frage, ob und inwieweit die Beklagte im Rahmen in ihrer Planung Pietätserwägungen einstellen durfte.

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aa) Der Bebauungsplan muss das Ergebnis einer sachgerechten Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange sein. Ein möglicher Abwägungsfehler kann dabei sowohl in einer Verletzung des nunmehr als Verfahrensnorm ausgestalteten Gebots zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) gesehen werden, als auch in einer Nichtbeachtung der inhaltlichen Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB. Über die Forderung zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials hinaus erweist sich die Abwägung aus materiell-rechtlichen Gründen dann als fehlerhaft, wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1974 – IV C 21.74 –, BVerwGE 48, 56 und juris Rn. 37 m.w.N.; Urteil vom 5. Mai 2015 – 4 CN 4/14 –, NVwZ 2015, 1537 und juris Rn. 14).

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bb) Danach ist die Abwägung nicht zu beanstanden.

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(1) Es erweist sich zunächst nicht als abwägungsfehlerhaft, dass die Beklagte in ihre Planung Pietätserwägungen angestellt hat, insbesondere eine Einsichtnahme oder Lärmemissionen vom Plangebiet in den angrenzenden Friedhof vermeiden wollte.

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Dem steht nicht entgegen, dass Aspekte der Pietät nicht ausdrücklich in den Zielen und Grundsätzen des § 1 Abs. 5 BauGB bzw. in den Planungsleitlinien nach § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführt sind. Wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, ist die in § 1 Abs. 6 BauGB enthaltene Aufzählung lediglich beispielhaft. In der Abwägung zu beachten sind hingegen alle im jeweiligen Planungsfall abwägungsbeachtlichen Belange. Abwägungsbeachtlich können alle öffentlichen Belange und Interessen sein, die in Bezug auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung von Bedeutung sind (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 108, 188 [Stand: Februar 2018]). Städtebauliche Bedeutung kann aber grundsätzlich jeder nur denkbare Gesichtspunkt erhalten, sobald er die Bodennutzung betrifft oder sich auf diese auswirkt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn vorhandene oder durch eine Planung entstehende Probleme oder Konflikte dadurch bewältigt werden sollen, dass für Grundstücke bestimmte Nutzungen zugewiesen, eingeschränkt oder untersagt werden oder dass eine räumliche Zuordnung oder Trennung von Nutzungen erfolgt (BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2011 – 4 BN 20.11 –, BauR 2012, 621 und juris Rn. 5; Beschluss vom 30. November 2016 – 4 BN 16.16 –, NVwZ 2017, 563 und juris Rn. 10).

41

Nutzungskonflikte und bodenrechtliche Spannungen können hier durch die bereits vorhandene und beabsichtigte unterschiedliche Nutzung, nämlich die Friedhofsnutzung einerseits sowie die Wohnnutzung und gewerbliche Nutzung im Plangebiet andererseits entstehen. Die Friedhofsnutzung zeichnet sich durch eine besondere Störempfindlichkeit aus. Der Schutz der Bestattung und des Totengedenkens erfordert daher eine Rücksichtnahme durch die Nachbarschaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2012 – 4 C 14.10 –, BVerwGE 142, 1 und juris Rn. 23; Beschluss vom 30. November 2016 – 4 BN 16.16 –, NVwZ 2017, 563 und juris Rn. 10; VGH BW, Beschluss vom 19. Mai 2011 – 8 S 507/11 –, juris Rn. 6), etwa in Form eines Schutzes vor mit der Wohn- oder gewerblichen Nutzung einhergehenden Alltagsbeschäftigungen der Grundstücksnachbarn – z.B. in Form von Kinderspiel, Lachen, Rasenmähen, Feiern –, die das Totengedenken und das Pietätsgefühl der Trauernden beeinträchtigen können (vgl. VGH BW, Beschluss vom 19. Mai 2011 – 8 S 507/11 –, juris Rn. 7; VG Neustadt, Urteil vom 21. Juni 2017 – 4 K 271/17.NW –, juris Rn. 28). Zugleich ist Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft gefordert. Nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat vorliegend folgt, lässt sich eine Koordination dieser widerstreitenden Belange sachgerecht im Wege der Abwägung unter Würdigung der öffentlichen und nachbarlichen Interessen sicherstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2012 – 4 C 14.10 –, BVerwGE 142, 1 und juris Rn. 23; Beschluss vom 30. November 2016 – 4 BN 16.16 –, NVwZ 2017, 563 und juris Rn. 10).

42

Dass Pietätserwägungen im Rahmen der Bauleitplanung keine Berücksichtigung finden dürften, ergibt sich im Übrigen entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch nicht aus dem zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. März 1983 – 10 C 13/82 –. In dessen Leitsatz heißt es, dass die Einhaltung eines Mindestabstandes zwischen einem Wohngebiet und einem Friedhof aus „hygienischen und psychohygienischen Gründen“ bei der Aufstellung eines Bebauungsplans grundsätzlich nicht geboten ist. In dem zugrundeliegenden Fall wandte sich die Antragstellerin des Normenkontrollverfahrens gegen einen Bebauungsplan, der in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihren zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken die Erweiterung eines Friedhofs vorsah. Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gemeinde mögliche psychohygienische Beeinträchtigungen durch einen an eine Wohnbebauung angrenzenden Friedhof im Rahmen ihrer Bauleitplanung nicht berücksichtigen muss (ähnlich BVerwG, Beschluss vom 30. November 2016 – 4 BN 16/16 –, NVwZ 2017, 563 und juris Rn. 14: kein abwägungserheblicher Belang, von jeglicher Konfrontation mit der Endlichkeit menschlichen Lebens freigestellt zu werden). Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass Pietätserwägungen, insbesondere im gleichsam umgekehrten Fall, in dem es um eine mögliche Störung der Friedhofsnutzung durch die Nachbarschaft geht, bei der Bauleitplanung im Rahmen der Abwägung keine Berücksichtigung finden dürfen.

43

(2) Dies vorausgeschickt hat die Beklagte unter Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen abwägungsfehlerfrei festgesetzt.

44

Sie hat die Festsetzung der eingeschossigen Bebauung bzw. der maximalen Gebäudehöhe sowie die Begrenzung der überbaubaren Grundstücksfläche im rückwärtigen Grundstücksbereich auf den vorhandenen Baubestand damit begründet, dass nachteilige Auswirkungen auf die sensible Umgebung vermieden werden sollen. Gerade im hinteren Grundstücksbereich würde eine zweigeschossige Bebauung eine unmittelbare Einsichtnahme in Richtung Friedhof ermöglichen (S. 9). Dies solle aus Pietätsgründen vermieden werden (S. 17). Die baulichen Nutzungen des Plangebiets sollten einen größtmöglichen Abstand einhalten, um Beeinträchtigungen der sensiblen Friedhofsnutzung zu vermeiden (S. 17). Aus Rücksicht auf den Friedhof sollten (im rückwärtigen Bereich) keine Erweiterungsmöglichkeiten geschaffen werden (S. 10). Diese Erwägungen lassen keine Abwägungsfehler erkennen.

45

(a) Nicht stichhaltig ist zunächst die Rüge des Klägers, es habe in der Vergangenheit keinerlei Probleme zwischen den benachbarten Nutzungen ergeben. Denn die vom Kläger begehrte Erhöhung der zulässigen Geschosszahl bzw. Erweiterung der überbaubaren Grundstücksfläche bringt gerade die Möglichkeit der Einsichtnahme vom Grundstück des Klägers auf den Friedhof bzw. eines Zuwachses an Lärmimmissionen mit sich. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz sind die getroffenen Festsetzungen auch nicht wegen der Festsetzung als Mischgebiet obsolet oder ungeeignet. Zwar kommen zur Beschränkung von Lärmimmissionen in erster Linie Festsetzungen zur Art der Nutzung in Betracht. Dies schließt es jedoch nicht aus, die Höhe baulicher Anlagen mit dem Ziel zu beschränken, hoch liegende und dadurch leicht wahrnehmbare Lärmquellen auszuschließen, zumal das Verhalten von Personen, soweit es nicht im bestimmungsgemäßen Betrieb einer Anlage besteht, vom Anwendungsbereich der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – nicht unmittelbar erfasst wird (vgl. Nr. 1 TA Lärm; ferner Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, TA Lärm Nr. 1 Rn. 7 [Stand: Dez. 2017]; HessVGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 4 B 403/16 –, juris Rn. 34; BayVGH, Urteil vom 13. September 2012 – 2 B 12.109 –, juris Rn. 37). Dieses Lärmminderungsziel hat die Beklagte hier verfolgt, zusammen mit dem Zweck, zum Schutz einer würdevollen Bestattung und des Totengedenkens mit den Mitteln des Bauplanungsrechts dafür Sorge zu tragen, dass eine direkte Einsichtnahme von der in nur geringer Entfernung vorhandenen Nachbarbebauung auf den Friedhof und insbesondere auf das Gräberfeld weitgehend unterbleibt.

46

(b) Der Beklagten kann auch keine Fehlgewichtung der privaten Eigentumsbelange des Klägers vorgeworfen werden. Sie hat diese vielmehr mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt und gerecht gegenüber den widerstreitenden öffentlichen Belangen abgewogen.

47

Der Satzungsgeber ist insoweit verpflichtet, die schutzwürdigen Interessen der Eigentümer bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Dabei ist er insbesondere an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erfordert, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 – 1 BvR 1402/01 –, juris Rn. 17; Beschluss vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 –, BVerfGE 100, 226 und juris Rn. 94).

48

Es begegnet im Ergebnis keinen Bedenken, dass die Beklagte die Bebaubarkeit des klägerischen Grundstücks eingeschränkt hat, um eine Störung der Friedhofsnutzung, etwa durch Einsichtnahme oder Lärmimmissionen, zu vermeiden. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass aufgrund des Zuschnitts des klägerischen Grundstücks bei Realisierung des geplanten Bauvorhabens ein nur sehr geringer Abstand zum Gräberfeld im Süden des Friedhofs von nur etwa 10 m bestehen würde, wodurch sich angesichts der vorgesehenen zweigeschossigen Bebauung zweifelsfrei Nutzungskonflikte zwischen der Wohn- bzw. gewerblichen Nutzung und der Friedhofsnutzung ergeben können, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt hat, dass eine Aufgabe des Gräberfeldes im Süden des Friedhofs in unmittelbarer Nachbarschaft zum Grundstück des Klägers zukünftig nicht zu erwarten sei. Soweit § 1 Satz 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Bestattungsgesetzes bestimmt, dass Bestattungsplätze gegenüber Garten- und Hofflächen angrenzender Wohngrundstücke durch Anpflanzungen oder Einfriedigungen gegen Sicht abzuschirmen sind, kann diese Pflicht des Friedhofsträgers ersichtlich nur bei der Errichtung von Friedhöfen bzw. Bestattungsplätzen bestehen, nicht jedoch, wenn – wie hier – der Friedhof bereits seit langer Zeit existiert und die Möglichkeit zur Sichtabschirmung gegenüber der angrenzenden und später hinzugekommenen Wohnbebauung nicht besteht. Hinzu kommt, dass ein derartiger Sichtschutz nicht automatisch zu einer merklichen Reduzierung von Lärmimmissionen führen würde.

49

Schließlich ist zu bedenken, dass für den Kläger auch nach Inkrafttreten des Bebauungsplans die Möglichkeit zur weiteren Bebauung seines Grundstücks insbesondere im östlichen Bereich und dort zum Teil auch in zweigeschossiger Bauweise besteht. Wie die Beklagte zudem in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat und sich aus der Begründung des Bebauungsplans Nr. 192a ergibt, wurde von einem durchgängigen Baufenster entlang der südlichen Grundstücksgrenze zudem auch aus Rücksicht auf die bereits südlich des klägerischen Grundstücks vorhandene Bebauung abgesehen (vgl. Planbegründung, S. 18). Vor diesem Hintergrund und angesichts der festgesetzten Grundflächenzahl von 0,6 nach Ziff. 2.1. der textlichen Festsetzungen, die nach Maßgabe der Ziff. 2.3. um 0,1 überschritten werden kann, wird die Bebaubarkeit des klägerischen Grundstücks nicht unangemessen eingeschränkt.

50

Die getroffenen Festsetzungen erweisen sich letztlich auch nicht mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz als abwägungsfehlerhaft. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die südlich des klägerischen Grundstücks vorhandene dreigeschossige Wohnbebauung in deutlich weiterer Entfernung zum Friedhof liegt und zudem überwiegend mit der Giebelseite zum Friedhof ausgerichtet sind, so dass sich hier Nutzungskonflikte nicht bzw. nicht in gleicher Schärfe wie vorliegend stellen. Entsprechendes gilt für die im Norden des Friedhofs (geplanten) Baugebiete. Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sich zum einen derzeit im nördlichen Bereich des Friedhofs teilweise noch kein Gräberfeld befindet und zum anderen ein breiter Grüngürtel vorgesehen sei, der für einen Abstand von 20 m zwischen der geplanten Bebauung und dem (vorhandenen) Gräberfeld sorgt. Soweit der Kläger darauf verwiesen hat, dass der Gärtnerei E., A. 40 entgegen den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 192 ein Neubau mit zwei Vollgeschossen genehmigt worden sei, vermag dies ebenfalls keinen Abwägungsfehler zu begründen. Das Anwesen befindet sich ebenfalls in deutlich größerem Abstand zum Friedhof und dem Gräberfeld als das Grundstück des Klägers.

51

2. Ein Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche und der höchst zulässigen Gebäudehöhe im westlichen Grundstücksbereich scheidet aus, da dies die Grundzüge der Planung im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB berühren würde. Dieses Ausschlusskriterium beruht darauf, dass ein Bebauungsplan Ausdruck der Planungshoheit der Gemeinde ist, die durch eine bauaufsichtsbehördliche Abweichungsentscheidung nicht unterlaufen werden darf. Eine Befreiung soll bei Vorliegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann erwogen werden, wenn ein Vorhaben zwar den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht, sich jedoch gleichwohl mit den planerischen Vorstellungen in Einklang bringen lässt. Hat sich eine Gemeinde indes nach Abwägung der maßgeblichen Belange bewusst und für die Planung tragend für eine bestimmte Festsetzung entschieden, dann obliegt die Änderung dieser bauplanerischen Festsetzung auch der Gemeinde, und zwar in dem dafür vorgesehenen Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange (vgl. § 1 Abs. 8 BauGB; zum Vorstehenden insgesamt: BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 – 4 B 5.99 –, NVwZ 1999, 1110 und juris Rn. 5).

52

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, sind die Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche sowie zur absoluten Höhe der baulichen Anlagen im westlichen Grundstücksbereich aus Sicht der Beklagten ein wesentliches Mittel zur Lösung des Nutzungskonflikts zwischen der Friedhofsnutzung einerseits und der Wohn- und gewerblichen Nutzung. Damit waren sie ein tragender Teil der bauleitplanerischen Festsetzungen und damit Grundzug der Planung.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

54

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

55

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 21.700,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, Abs. 2 § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziff. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [LKRZ 2014, 196]).

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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.

2

1. Als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet die Beschwerde die Frage, wann von einer Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 BauGB ausgegangen werden kann, wenn nur der "Bestand gesichert" werden soll.

3

Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. In der Rechtsprechung des Senats ist bereits geklärt, dass nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB nur solche Bebauungspläne sind, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist u.a. auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (Beschluss vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27 m.w.N.). Ein solcher Fall ist nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Festsetzungen in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Eine Gemeinde darf mit der Bauleitplanung grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind nur dann als "Negativplanung" unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (Beschluss vom 18. Dezember 1990 - BVerwG 4 NB 8.90 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 47).

4

Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof die Erforderlichkeit des Bebauungsplans einschließlich der für das Grundstück des Antragstellers festgesetzten Baugrenzen bejaht und zur Begründung ausgeführt: Nach der städtebaulichen Konzeption der Antragsgegnerin sollten im Plangebiet aus Gründen der Klimaverträglichkeit, der Durchgrünung der Hänge, der Einfügung in das Stadtbild, der Sicherung des charakteristischen Stadt- und Landschaftsbilds sowie des Erhalts der für die Halbhöhenlagen typischen Biotop- und Nutzungstypen die vorhandenen privat genutzten Grünflächen in ihrem Bestand gesichert werden; zusätzliche Neubauten oder die Kaltluftströme behindernde bauliche Erweiterungen sollten nicht zugelassen werden. Dies stelle eine rechtlich nicht zu beanstandende städtebauliche Konzeption dar (UA S. 11 f.). Inwieweit diese Begründung Anlass geben sollte, die dargelegte Rechtsprechung zur Erforderlichkeit von Bauleitplänen zu konkretisieren oder zu modifizieren, legt die Beschwerde nicht dar.

5

2. Die Beschwerde möchte weiter geklärt wissen, inwieweit sich die Antragsgegnerin durch den Rahmenplan Halbhöhenlagen für das konkrete Bebauungsplangebiet leiten lassen durfte und ob insoweit nicht eine unzulässige Vorabbindung erfolgte, die gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstößt.

6

Diese Frage ist auf die Würdigung des Sachverhalts und die Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall gerichtet. Inwieweit ihr eine allgemeine, über den vorliegenden Fall hinausgehende und damit rechtsgrundsätzliche Bedeutung zukommen sollte, legt die Beschwerde nicht dar.

7

3. Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde schließlich folgende Frage:

Kann eine Bebauungsplanung erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sein, wenn sie sich (ausschließlich) an Vorgaben einer Untersuchung (hier: des Rahmenplans Halbhöhenlagen in Stuttgart) orientiert, ohne dass dazu die erforderliche rechtliche Legitimation durch einen Abwägungsprozess mit den betroffenen Grundstückseigentümern stattgefunden hat?

8

Die Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich die Antragsgegnerin nicht allein an den Vorgaben des Rahmenplans Halbhöhenlagen orientiert; sie hat darüber hinaus die Belange der betroffenen Grundeigentümer fehlerfrei abgewogen (UA S. 12 - 17). Einen Hinweis darauf, dass sich die Antragsgegnerin hierbei rechtlich an die Vorgaben des Rahmenplans gebunden glaubte, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht gefunden (UA S. 18).

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die nachfolgenden Vorschriften zum Umweltschutz anzuwenden.

(2) Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden. Die Grundsätze nach den Sätzen 1 und 2 sind in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen soll begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.

(3) Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) sind in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. § 15 Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes gilt entsprechend. Ein Ausgleich ist nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.

(4) Soweit ein Gebiet im Sinne des § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(5) Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden. Der Grundsatz nach Satz 1 ist in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen.

Tenor

I. Die am 20. September 2016 bekannt gemachte „Satzung der Gemeinde N****** ** *** vom 20.09.2016 über eine Veränderungssperre im Ortsteil P*********** für den Bereich des Grundstückes Fl.-Nr. ***** der Gemarkung N********* ** ***, im Geltungsbereich des Bebauungsplanes ‚** **********‘ “ ist unwirksam.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht der Antragsteller vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen. 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Veränderungssperre.

Der Antragsteller beabsichtigt den Umbau und die Nutzungsänderung des auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung N. (Baugrundstück) stehenden ehemaligen Sportgeschäfts in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit 102 Wohnplätzen. Die Baugenehmigung hierfür hatte er im Januar 2016 beantragt. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 23. November 1993 bekannt gemachten und zwischenzeitlich mehrfach geänderten Bebauungsplans „…“, der für den Bereich des Baugrundstücks in der Ursprungsfassung ein Mischgebiet festsetzte. Seit der am 24. Juni 1997 bekannt gemachten 2. Änderung des Bebauungsplans ist für den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans ein allgemeines Wohngebiet ausgewiesen.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin erließ in seiner Sitzung vom 19. September 2016 unter dem Tagesordnungspunkt Nr. 4 einen Planaufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans „…“ und zwar begrenzt auf das Baugrundstück „für die Errichtung eines Einheimischen Modells (Wohnen für junge Leute und Studierende)“. Unter dem Tagesordnungspunkt Nr. 5 beschloss der Gemeinderat sodann in derselben Sitzung die streitgegenständliche „Satzung der Gemeinde N. vom 20.09.2016 über eine Veränderungssperre im Ortsteil P. für den Bereich des Grundstückes Fl.-Nr. … der Gemarkung N., im Geltungsbereich des Bebauungsplanes, …“. Der Geltungsbereich dieser Veränderungssperre, die am 20. September 2016 vom ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt wurde, begrenzt sich nach § 2 der Satzungsregelung in Verbindung mit dem beigefügten Lageplan auf das Baugrundstück. Gemäß § 1 der Satzung dient der Erlass der Veränderungssperre der Sicherung der mit Aufstellungsbeschluss vom 19. September 2016 eingeleiteten und auf das Baugrundstück bezogenen Änderungsplanung. Gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung dürfen u.a. Vorhaben i.S. von § 29 BauGB nicht durchgeführt werden. Als Zeitpunkt des Inkrafttretens der Veränderungssperre wurde der Tag der öffentlichen Bekanntmachung bestimmt (§ 4). Sowohl der Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans als auch der Satzungsbeschluss über die Veränderungssperre wurden am 20. September 2016 durch Aushang öffentlich bekannt gemacht. In der Bekanntmachung über den Beschluss zur Änderung des Bebauungsplans heißt es:

„Für das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes, … gelegene Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung n., soll die Nutzung Wohnen,Einheimischenmodell für junge Leute und Studenten' festgesetzt werden.“

Das Landratsamt P. erteilte mit Bescheid vom 25. Januar 2017 dem Antragsteller die beantragte Baugenehmigung unter Erteilung einer Abweichung von den Vorschriften über innere Brandwände, unter Befreiungen von Festsetzungen des Bebauungsplans (hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche, der Geschossflächenzahl sowie bezüglich Dachgaupen und Dachform) sowie gestützt auf § 246 Abs. 14 BauGB unter Abweichung von der Satzung über die Veränderungssperre. Mit Bescheid vom 30. Januar 2017 beanstandete das Landratsamt Passau die Veränderungssperre rechtsaufsichtlich. Über die gegen Bescheide vom 25. und 30. Januar 2017 erhobenen Anfechtungsklagen der Antragsgegnerin hat das Verwaltungsgericht Regensburg bislang nicht entschieden.

Der Antragsteller macht mit seinem am 17. März 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag die Unwirksamkeit der am 19. September 2016 beschlossenen Veränderungssperre geltend. Die zu sichernde Änderungsplanung leide an nicht ausräumbaren Mängeln. Aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass die Antragsgegnerin keine originären und rechtmäßigen städtebaulichen Ziele verfolge, sondern dass es ihr ausschließlich um die Verhinderung der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber gehe. Der Veränderungssperre fehle der Sicherungszweck, weil die angeblichen Planungsziele durch die Änderung des Bebauungsplans nicht erreicht werden könnten. Ein über § 9 BauGB hinausgehendes „Festsetzungserfindungsrecht“ stehe einer Gemeinde nicht zu. Eine Festsetzung „Wohnen für junge Leute“ sei schon grundsätzlich ungeeignet, da die Zulässigkeit des Wohnens hierbei mit Zeitablauf (Überschreitung einer Altersgrenze) unzulässig werden könne. Die Änderungsplanung widerspreche hinsichtlich der angedachten Regelung „für junge Leute“ zudem dem Bestimmtheitsgebot. Bei Studierenden müsse es sich auch nicht zwingend um junge Leute handeln. Einer Regelung für junge Leute und Studierende bedürfe es nicht, da eventuelle Wohnungen für junge Leute und Studierende bereits aufgrund des geltenden Bebauungsplans zulässig wären.

Der Antragsteller beantragt,

die am 20. September 2016 bekanntgemachte Satzung der Antragsgegnerin über eine Veränderungssperre im Ortsteil P. für den Bereich des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung N. im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die beabsichtigte Planung sei mit den bauplanungsrechtlichen Vorschriften vereinbar sowie hinreichend konkretisiert und bestimmt. Aus dem Aufstellungsbeschluss vom 19. September 2016 gehe hervor, dass die Änderung des Bebauungsplans auf die Errichtung eines Einheimischenmodells (Wohnen für junge Leute und Studierende) auf dem Grundstück … gerichtet sei. Das gem. § 1 Abs. 6 Nr. 2 und Nr. 4 BauGB legitime Planungsziel könne über Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB i.V. mit §§ 1 ff. BauNVO, insbesondere über § 4 und § 1 Abs. 9 BauNVO („Feingliederung“), erreicht werden, zumal das Einheimischenmodell in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB gesetzlich verankert sei. Es handele sich nicht um eine reine Verhinderungsbzw. Negativplanung. Die Festsetzung eines Einheimischenmodells sei bereits früher in der Gemeinde diskutiert worden, auch wenn keine rechtlichen Schritte eingeleitet oder diesbezügliche Entscheidungen getroffen worden seien. In der Gemeinde bestehe ein erheblicher Wohnraumbedarf für Ortsansässige, was durch laufende weitere Verfahren der Bauleitplanung belegt werde. In anderen Baugebieten in der Umgebung gebe es nur noch einige wenige unbebaute Flächen, die sich zudem in Privatbesitz befänden. Es gebe laufend Anfragen von Einheimischen nach bezahlbarem Wohnraum. Oft handele es sich dabei um junge Leute, die den Weg in die Selbständigkeit nehmen und ortsansässig bleiben wollten. Das gesamte Ortsbild sei von Ein-, Zweifamilien- und Doppelhäusern geprägt. Wohnungen als solche seien kaum vorhanden. Somit wäre die auf dem Antragstellergrundstück bereits vorhandene, leerstehende Bausubstanz bestens geeignet, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Aufgrund der abnehmenden Flüchtlingszahlen stünden im Raum Passau bereits viele Unterkünfte leer. Es sei zu erwarten, dass es in absehbarer Zeit auch im Interesse des Antragstellers liege, das Grundstück einer anderen wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen.

Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses unterstützt ohne eigene Antragstellung den Normenkontrollantrag des Antragstellers.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Regensburg (Az. RN 6 S. 17.579, RN 6 K 17.313, RN 6RN 6 K 17.313) mit Beiakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 17. Oktober 2017 verwiesen.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag des Antragstellers, der als Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich des Plangebiets gem. § 47 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) antragsbefugt ist (BayVGH, U.v. 20.9.2016 - 15 N 15.1092 - juris Rn. 13 m.w.N.), ist begründet.

1. Die streitgegenständliche, am 20. September 2016 bekannt gemachte Veränderungssperre ist aufgrund eines materiellen Mangels unwirksam, § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

Die in § 14 Abs. 1 BauGB genannte Voraussetzung, wonach eine Veränderungssperre „zur Sicherung der Planung“ beschlossen werden kann, ist auch mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nur gegeben, wenn die mit dem Aufstellungsbeschluss eingeleitete Planung im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll, und wenn diese Planung nicht an schon zu diesem frühen Zeitpunkt des Verfahrens erkennbaren, nicht behebbaren Mängeln leidet (vgl. BayVGH, U.v. 20.9.2016 -15 N 15.1092 - juris Rn. 15; U.v. 27.1.2017 - 15 B 16.1834 - juris Rn. 22 m.w.N.).

a) Auch wenn eine Gemeinde grundsätzlich ein legitimes Planungsziel verfolgt, wenn sie unter Berufung auf die öffentlichen Belange der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB) sowie der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und des Umbaus vorhandener Ortsteile (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB) plant, um Wohnraum auch für Ortsansässige zu erschwinglichen Kosten zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 - Vf. 5-VII-14 - BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 42), ist das Ziel einer Wohnnutzungsbegrenzung auf einheimische „junge Leute“ und einheimische Studierende mittels einer Festsetzung in einem Bebauungsplan nicht erreichbar. Die auf Ausweisung einer Wohnnutzung „Einheimischenmodell für junge Leute und Studenten“ gerichtete Planung leidet mithin an einem anfänglichen, im weiteren Planungsverlauf nicht behebbaren Mangel.

Für bauplanungsrechtliche Festsetzungen besteht ein Typenzwang. Durch den Bebauungsplan bestimmt der Plangeber Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf er gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Solche finden sich in § 9 BauGB, in Art. 81 BayBOsowie in den Vorschriften der in Ergänzung zu § 9 BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung (BauNVO). Dort sind die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan jeweils abschließend geregelt, ein darüber hinausgehendes Festsetzungsfindungsrecht steht dem Plangeber - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Fall des § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB - nicht zu. Festsetzungen im Bebauungsplan, zu denen weder § 9 BauGB i.V. mit den Regelungen der BauNVO noch Art. 81 BayBO ermächtigt, sind der Gemeinde daher verboten und mithin von vornherein unwirksam (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1993 - 4 C 18.91 - BVerwGE 92, 56 = Leitsatz 2 sowie juris Rn. 29 ff.; U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris, Rn. 10; B.v. 23.12.1997 - 4 BN 23.97 - NVwZ-RR 1998, 538 = juris Rn. 8; U.v. 30.8.2001 - 4 CN 9.00 - BVerwGE 115, 77 = juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 4.8.2015 - 15 N 12.2124 - juris Rn. 17; U.v. 28.7.2016 - 1 N 13.2678 - juris Rn. 38).

Ebenso wie es die Möglichkeit der Festsetzung „Wohnen für Einheimische“ nach Maßgabe des § 9 BauGB und der BauNVO nicht gibt, ist auch die hier laut Angaben der Antragsgegnerin anvisierte Ausweisung einer Wohnnutzung „Einheimischenmodell für junge Leute und Studenten“ rechtlich nicht zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seiner grundlegenden Entscheidung zum „Weilheimer Modell“ ausgeführt, dass der bauplanerischen Festsetzung eines „Wohngebiets für Einheimische“ der insoweit abschließende Katalog des § 9 BauGB entgegensteht (BVerwG, U.v. 11.2.1993 - 4 C 18.91 - BVerwGE 92, 56 = juris Rn. 30). Ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass Einheimischenmodelle allein im Wege der Bauleitplanung nicht reglementiert werden können, sondern dass es zur Umsetzung vertraglicher Modelle bedarf (vgl. BayVGH, U.v. 22.12.1998 - 1 B 94.3288 - BayVBl. 1999, 399 = juris Rn. 93).

Eine besondere Möglichkeit der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung im Sinne einer Wohnnutzung, die Einheimischen bzw. (wie hier) einheimischen jungen Leuten und einheimischen Studierenden vorbehalten bleibt, ist in § 9 BauGB und in §§ 2 ff. BauNVO nicht vorgesehen. Zwar können in einem Bebauungsplan gem. § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB einzelne Flächen festgesetzt werden, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind. Der „besondere Wohnbedarf“ von Personengruppen im Sinne dieser Vorschrift muss allerdings in ba ul ic he n Besonderheiten der Wohngebäude zum Ausdruck kommen (BVerwG, B.v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 20 BVerwGE 91, 318 = juris Rn. 24, 30; U.v. 11.2.1993 - 4 C 18.91 - BVerwGE 92, 56 = juris Rn. 30). So können etwa besondere Wohnbedürfnisse bei alten und behinderten Menschen vorliegen (z.B. rollstuhlgerechte Türen, Fahrstühle usw.). Hingegen beinhaltet § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB keine rein sozialpolitisch motivierte Festsetzungsbefugnis (BVerwG, B.v. 17.12.1992 a.a.O. am Beispiel von kinderreichen und jungen Familien, alleinerziehenden Müttern und Vätern oder sonstigen Personengruppen mit niedrigem Einkommen). Deshalb vermag allein die Eigenschaft als einheimischer junger Mensch oder sonst Einheimischer mit z.B. geringem Einkommen dieser Personengruppe keinen besonderen Wohnbedarf in diesem Sinn zu vermitteln. Soweit in der Rechtsprechung ein besonderer Wohnbedarf für die Gruppe der Studenten als denkbar angesehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 17.12.1992 a.a.O. juris Rn. 30: „z.B. Einzelräume und Gemeinschaftseinrichtungen“), ist jedenfalls nicht ersichtlich, inwiefern dies speziell für einheimische Studierende der Fall sein könnte.

Das Planungsziel kann auch nicht dadurch erreicht werden, dass auf dem Grundstück des Antragstellers die Ausweisung eines Wohngebiets (§ 3 oder § 4 BauNVO) mit Nutzungsausschlüssen gem. § 1 Abs. 9 BauNVO flankiert wird, sodass als legale Art der baulichen Nutzung nur noch eine Nutzung als Wohngebäude ausschließlich für (wie auch immer zu definierende) einheimische „junge Leute“ und einheimische Studenten übrig bleibt. Diese Vorgehensweise ist nicht von den in § 1 Abs. 9 BauN-VO enthaltenen Festsetzungsmöglichkeiten gedeckt. § 1 Abs. 9 BauNVO gestattet es - über § 1 Abs. 5 BauNVO hinausgehend - der Gemeinde einzelne Unterarten von Nutzungen, welche die Baunutzungsverordnung selbst nicht angeführt hat, mit planerischen Festsetzungen zu erfassen, also etwa auszuschließen. Die Planungsfreiheit der Gemeinden ist im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 9 BauNVO aber dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierungen auf bestimmte Anlagentypen beziehen müssen, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt (BVerwG, B.v. 27.7.1998 - 4 BN 31.98 - ZfBR 1998, 317 = juris Rn. 6 f.; B.v. 5.6.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m.w.N.; BayVGH, U.v. 30.10.2014 - 1 N 13.2273 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 15.6.2016 - 15 N 15.1583 -juris Rn. 21). Zudem ist entsprechend dem abstrakten Normcharakter des Bebauungsplans die Planung konkreter Einzelprojekte von § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO nicht gedeckt (BVerwG, U.v. 22.5.1987 - 4 C 77.84 - BVerwGE 77, 317 - juris Rn. 22; B.v. 6.5.1993 - 4 NB 32.92 - NVwZ 1994, 292 = juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 30.1.2014 - 4 BN 46.13 - ZfBR 2014, 374 = juris Rn. 6; vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2017, § 1 BauNVO Rn. 103 m.w.N.). Auch § 1 Abs. 9 BauNVO eröffnet der Gemeinde keine Befugnis, neue Nutzungsarten zu „erfinden“. Vorliegend fehlt es insoweit an der Beschreibbar-keit einer bestimmten, in der sozialen und ökonomischen Realität existenten Art von baulichen Anlagen mit der Zweckbestimmung „Wohngebäude für einheimische junge Leute und Studenten“. Bei Wohnanlagen wird hinsichtlich der Art der Nutzung grundsätzlich oder typischerweise nicht danach unterschieden, ob darin ausschließlich (wie auch immer zu definierende) Einheimische bzw. speziell „einheimische junge Leute“ oder „einheimische Studierende“ wohnen (können). Der Umstand, dass sich heute in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zum Einheimischenmodell findet, ändert darin nichts. In dieser Norm wird lediglich klargestellt, dass u.a. der Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwächere und weniger begüterte Personen der örtlichen Bevölkerung als ein mit der Bauleitplanung verfolgtes Ziel Gegenstand eines städtebaulichen Ve rt ra gs sein kann, was die ältere verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung schon vor der Schaffung dieser Regelung anerkannt hatte (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1993 - 4 C 18.91 - BVerwGE 92, 56 ff.; vgl. auch BayVGH, U.v. 22.12.1998 - 1 B 94.3288 -BayVBl. 1999, 399 = juris Rn. 93). § 11 Abs. 1 BauGB schafft aber keine über § 9 BauGB i.V. mit §§ 1 ff. BauNVO hinausgehenden Festsetzungsmöglichkeiten (zur Klarstellungsfunktion des § 11 BauGB vgl. Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 11 Rn. 1 ff.). Insbesondere sog. Planungsverträge gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB stellen in der Regel bebauungsplanbegleitende bzw. festsetzungsergänzende Verträge dar, die über den Weg der Vereinbarung Lösungsmöglichkeiten schaffen sollen, die über Planfestsetzungen nach § 9 BauGB nicht machbar wären (Reidt a.a.O. § 11 Rn. 45; zum denkbaren Inhalt entsprechender vertraglicher Regelungen mit dem Ziel der Deckung des Wohnbedarfs für die ortsansässige Bevölkerung vgl. zusammenfassend Reidt a.a.O. § 11 Rn. 51).

Die Zielrichtung einer Planung Wohnnutzung „Einheimischenmodell für junge Leute und Studierende“ lässt sich auch nicht über ein „sonstiges Sondergebiet“ gem. § 11 BauNVO festsetzen. Nach § 11 Abs. 1 BauNVO sind als sonstige Sondergebiete solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Ein wesentlicher Unterschied liegt vor, wenn ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. BauNVO geregelten Gebietstypen zuordnen und deshalb sachgerecht mit einer auf sie gestützten Festsetzung nicht erreichen lässt. Die allgemeine Zwecksetzung des Baugebiets ist das entscheidende Kriterium dafür, ob sich das festgesetzte Sonder gebiet wesentlich von einem Baugebietstyp im Sinne der §§ 2 bis 10 BauNVO unterscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138 = juris Rn. 12; B.v. 9.6.2016 - 4 B 8.16 - ZfBR 2016, 699 = juris Rn. 4 m.w.N.; Decker in Jäde, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 11 BauNVO Rn. 3; Stock in König/Roeser/ Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 11 Rn. 4). Sondergebietsfestsetzungen dürfen daher nicht zu einer Umgehung des grundsätzlichen Typenzwangs der BauNVO als Ausfluss einer sachgerechten Inhaltsbestimmung des Eigentums i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG führen. Die in den Baugebieten gem. §§ 2 bis 10 BauNVO geregelten Zusammenfassungen von Nutzungen, Anlagen und Einrichtungen sind in vielfältiger Beziehung Ausdruck einer den Grundsätzen von § 1 und § 1a BauGB entsprechenden Bauleitplanung und deshalb grundsätzlich als abschließende Regelung der Baugebiete zu verstehen. § 11 Abs. 1 und Abs. 2 BauNVO ist daher auch kein Auffangtatbestand für Fälle, in denen - wie hier (s.o.) - Differenzierungen im Nutzungskatalog gem. § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO unzulässig wären. Die Nutzung „Wohnen“ als solche ist den Baugebieten nach §§ 2 bis § 4a BauNVO (als Nutzungsschwerpunkt) und, wenn in den Baugebieten auch gewerbliche Nutzungen und andere nicht Wohnzwecken dienende Nutzungen vorgesehen sind, den Baugebieten nach § 5 bis § 7 BauNVO vorbehalten (allgemein zu den Grenzen, in Abweichung von §§ 2 ff. BauNVO durch Festsetzung eines Sondergebiets einen neuen Gebietstyp mit Wohnnutzung zu entwickeln vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand: Mai 2017, zu § 11 BauNVO Rn. 19). Sondergebiete für Wohngebiete in Abweichung von § 2 ff. BauNVO sind daher grundsätzlich nicht zulässig (Söfker a.a.O. Rn. 37 - Stichwort „Sondergebiete für Wohngebiete“). Das gilt maßgeblich dann, wenn es nicht um die Festsetzung einer Nutzung mit besonderen baulichen Merkmalen, sondern schlicht darum geht, die Wohnnutzung einem bestimmten Bevölkerungsteil - hier etwa einheimischen jungen Leute - vorzubehalten. Es ist nicht ersichtlich, dass sich unter dem Gesichtspunkt des Wohnens ein Wohngebiet speziell für die vorgenannte Bevölkerungsgruppe wesentlich von den Baugebieten nach §§ 2 - 7 BauNVO unterscheidet (für ein Sondergebiet „betreute Seniorenwohnungen“ vgl. auch VGH BW, U.v. 11.10.1994 - 5 S 3142/93 - NVwZ-RR 1995, 154 = juris Rn. 26; Decker in Jäde, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 11 BauNVO Rn. 4).

b) Auch wenn eine Veränderungssperre für ein einziges Grundstück erlassen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.1976 - IV C 39.74 - BVerwGE 51, 121 = juris Ls. 2 und Rn. 33; BayVGH, U.v. 13.12.2016 - 15 N 14.1019 - juris Rn. 23) und auch wenn es einer Gemeinde grundsätzlich nicht verwehrt ist, auf einen Bauantrag mit einer Bauleitplanung zu reagieren, die diesem die materielle Rechtsgrundlage entziehen soll, bestehen vorliegend jedenfalls gewichtige Hinweise dafür, dass die streitgegenständliche Veränderungssperre auch deshalb unwirksam ist, weil die zu sichernde Änderungsplanung als sog. (reine) Verhinderungsbzw. Negativplanung von vornherein gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstößt. Eine solche Planung ist dadurch gekennzeichnet, dass die planerische Ausweisung in Wirklichkeit nicht gewollt ist, sondern die Regelung nur und ausschließlich vorgeschoben wird, um eine andere Nutzung zu verhindern (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - BayVBl. 1991, 280 = 13 ff.; B.v. 15.3.2012 - 4 BN 9.12 - BauR 2012, 1067 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 27.1.2017 - 15 B 16.1834 - juris Rn. 28 m.w.N.).

Ein Indiz hierfür ist im vorliegenden Fall, dass im Aufstellungsverfahren seit dem Aufstellungsbeschluss vom 19. September 2016 und damit über einen Zeitraum von 13 Monaten bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof seitens der Antragsgegnerin nichts weiter geschehen ist, um die Planung voranzubringen (vgl. auch BayVGH, B.v. 15.6.2016 - 15 N 15.1583 - juris Rn. 18). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin mit laufenden Verfahren der Bauleitplanung an einem anderen Ort im Gemeindegebiet speziell und ausschließlich Wohnraum für einheimische junge Leute und einheimische Studierende schafft oder ansonsten eine vom vorliegenden Einzelfall unabhängige Strategie zur Schaffung von Wohnraum speziell für diesen Bevölkerungskreis verfolgt. Schließlich erscheint die Ernsthaftigkeit einer Festsetzung in einem Bebauungsplan, die darauf hinauslaufen soll, die Wohnnutzung auf den Personenkreis „einheimische junge Leute“ und „einheimische Studenten“ zu begrenzen, fraglich, weil die Folgen eines konsequenten Baurechtsvollzug auf Basis einer diesbezüglichen Festsetzung - wäre eine solche entgegen den vorherigen Ausführungen zu a) rechtlich wirksam - nicht ernstlich gewollt sein dürften: Setzt man bei einem Einheimischenmodell nicht auf eine Vertragslösung, sondern ausschließlich auf eine (als möglich unterstellte) begrenzende Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung, hätte das zur Folge, dass eine speziell hierauf genehmigte Nutzung formell und materiell illegal werden würde, wenn die Wohnungsnutzer nicht mehr die festgesetzten Merkmale aufweisen, also zu alt würden oder ihr Studium beenden bzw. aufgeben. Zudem hat die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren den schriftsätzlich geäußerten Argumenten des Vertreters des öffentlichen Interesses, wonach der Bedarf einer entsprechenden planerischen Ausweisung fraglich sei, weil einheimische Studenten mit Wohnsitz im Gemeindege biet in der Regel entweder direkt an den Studienort (* …*) zögen oder am bisherigen Wohnort (etwa bei den Eltern) blieben, im gerichtlichen Verfahren nichts entgegengesetzt.

Ob aufgrund dieser Indizien tatsächlich von einer gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßenden Verhinderungsplanung auszugehen ist, kann vorliegend letztlich dahingestellt bleiben, weil die Satzung über die Veränderungssperre schon deshalb unwirksam ist, weil das Planungsziel der Festsetzung eines Einheimischenmodells für junge Leute und Studenten aufgrund fehlender rechtlicher Möglichkeit einer Regelung in einem Bebauungsplan nicht erreicht werden kann, s.o. a).

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

3. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft ebenso veröffentlichen wie die Veränderungssperre (§ 16 Abs. 2 BauGB).

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des am 7. Dezember 2011 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. V 18 "Holtkamp" der Antragsgegnerin (im Folgenden "Bebauungsplan").

2

Der Bebauungsplan überplant ein ca. 10,1 ha großes, bisher unbebautes Areal südlich der He. Straße (Landesstraße L 778) und westlich der Ho. Straße. Er setzt hierzu vier sich von Osten nach Westen erstreckende Gewerbegebiete mit den Bezeichnungen GE 1 bis GE 4 fest. Er setzt zudem Straßenverkehrsflächen fest, und zwar teilweise auf der Ho. Straße, von der aus die Gewerbegebiete über das Gewerbegebiet GE 1 von Osten her an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden werden, und teilweise entlang der Grenze des Plangebiets (im Norden) zur Verbreiterung der He. Straße jenseits eines Flächenstreifens zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen. Eine innere Erschließung der Baugebiete sieht der Bebauungsplan nicht vor. Nach der Begründung des Plans ist Anlass der Planung eine private, betriebsbezogene Projektentwicklung, die der Standortsicherung eines vorhandenen arbeitsplatzintensiven Gewerbebetriebs (im folgenden "Projektträger") dient und die nachhaltige Entwicklung des Betriebs an dem gewachsenen Standort vorsieht.

3

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das teilweise im GE 3, teilweise im GE 4 liegt. Es ist an einen Landwirt verpachtet, der es bewirtschaftet. Es wird derzeit über eine landwirtschaftliche Zu-/Ausfahrt zur He. Straße erschlossen. Die übrigen Grundstücke im Plangebiet gehören dem Projektträger, dessen betriebliche Anlagen auf benachbarten Grundstücken stehen und der seine Grundstücke im Plangebiet als Erweiterungsflächen vorhält.

4

Die Antragstellerin erhob gegen den Bebauungsplan fristgerecht Normenkontrollantrag, der in der Vorinstanz erfolglos blieb.

5

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Antragstellerin, der Bebauungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bzw. § 1 Abs. 7 BauGB, weil es diesem an einem schlüssigen Erschließungskonzept fehle. Der Bebauungsplan liefere keine Rechtsgrundlage dafür, das Grundstück der Antragstellerin gegen deren Willen einer Nutzung durch den Projektträger zum Zweck der Werkserweiterung zuzuführen.

6

Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Antragstellerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. §§ 141, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet. Das angefochtene Urteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

8

Das Normenkontrollgericht hat angenommen, der Bebauungsplan sei in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere leide der Bebauungsplan trotz fehlender Festsetzungen zur Innenerschließung an keinen Abwägungsfehlern. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die fehlende Innenerschließung im Wege eines Umlegungsverfahrens nach §§ 45 ff. BauGB herbei geführt werden könne. Diese Annahme verletzt Bundesrecht.

9

1. Mit Bundesrecht im Einklang steht allerdings die vorinstanzliche Ansicht, dass der Bebauungsplan nicht gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstößt.

10

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB dürfen Bauleitpläne nur aufgestellt werden, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt nach der Rechtsprechung des Senats dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <60> m.w.N.). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 4 CN 4.13 - BVerwGE 150, 101 Rn. 14 m.w.N.). In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1971 - 4 C 64.70 - BVerwGE 38, 152 <157>). Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 <147>), das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bebauungsplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden (zusammenfassend: BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 9).

11

Das Oberverwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil zur städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung ausgeführt, vor dem Hintergrund des Planungsanlasses, wie er in der Planbegründung zum Ausdruck komme, verfolge die Antragsgegnerin mit der Planung die städtebaulich legitimen Belange der Wirtschaft nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a und c BauGB, indem sie infrastrukturelle Standortpolitik zugunsten des Projektträgers betreibe, damit dieser seinen Standort im Gebiet der Gemeinde sichern könne. Es handele sich hierbei weder um eine sog. Gefälligkeitsplanung noch um eine unzulässige Vorratsplanung (UA S. 10, 13 und 14). Da der Bebauungsplan eine realistische Vollzugsperspektive aufweise, sei er auch nicht dauerhaft vollzugsunfähig (UA S. 12). Der Bebauungsplan sei daher als "konkret projektbezogener Angebotsbebauungsplan" zur Ermöglichung einer Werkserweiterung durch den Projektträger städtebaulich gerechtfertigt (UA S. 11).

12

An diese Wertungen ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Er ist nicht befugt, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts durch eine eigene Wertung zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - 4 CN 6.01 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 111 S. 36). Hieran ändert die Rüge der Antragstellerin nichts, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verstoß gegen die gerichtliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, wie sie die Revision mit Verweis auf die Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geltend macht, sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel grundsätzlich nicht begründen (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 1999 - 9 B 407.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz setzt deswegen voraus, dass das Gericht Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. Denn erst in diesem Fall fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts sowie für die Überprüfung seiner Entscheidung darauf, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist (BVerwG, Urteile vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <208 f.> m.w.N. und vom 6. Februar 1975 - 2 C 68.73 - BVerwGE 47, 330 <361>; Beschluss vom 18. Mai 1999 - 7 B 11.99 - juris Rn. 4). Solche Mängel macht die Revision der Sache nach aber nicht geltend. Sie liegen auch nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil sowohl mit der Frage befasst, ob der Bebauungsplan gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstößt, weil er eine unzulässige Vorratsplanung darstelle, als auch mit der Frage nach etwaigen Erweiterungsabsichten des Projektträgers (UA S. 13). Dass es dabei der Meinung der Antragstellerin nicht gefolgt ist, führt auf keinen Verfahrensfehler.

13

2. Die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Bebauungsplan leide auch nicht an beachtlichen Abwägungsfehlern (§ 1 Abs. 7 BauGB), steht dagegen mit Bundesrecht nicht im Einklang.

14

a) Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <308 f.>). In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben (BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 4 C 8.12 - BVerwGE 147, 379 Rn. 17 m.w.N.). Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bebauungsplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus; Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer "planerischen Zurückhaltung" sein (BVerwG, Urteil vom 5. August 1983 - 4 C 96.79 - BVerwGE 67, 334 <338> m.w.N.). Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen (BVerwG, Urteile vom 11. März 1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30 S. 4 ff. und vom 12. September 2013 a.a.O.). Ein Konflikttransfer ist mithin nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist. Ob eine Konfliktbewältigung durch späteres Verwaltungshandeln gesichert oder wenigstens wahrscheinlich ist, hat die Gemeinde prognostisch zu beurteilen, da es um den Eintritt zukünftiger Ereignisse geht. Ist insoweit bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung die künftige Entwicklung hinreichend sicher abschätzbar, so darf sie dem bei ihrer Abwägung Rechnung tragen (BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 1994 - 4 NB 25.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75 S. 11 f.).

15

Löst der Bebauungsplan von ihm aufgeworfene Konflikte nicht, obwohl ein Konfliktlösungstransfer unzulässig ist, so führt dies zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung (BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 a.a.O. Rn. 17, 21). Lässt sich die planerische Lösung der Gemeinde unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen, fehlt es mithin an der Begründbarkeit der gemeindlichen Planung, dann führt dies zudem zu einem Fehler (auch) im Abwägungsergebnis. Denn ein solcher Fehler ist dann anzunehmen, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägungsentscheidung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht, mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten würden (BVerwG, Urteil vom 22. September 2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 22). Anders als Mängel im Abwägungsvorgang (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB) ist ein Mangel im Abwägungsergebnis stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Abwägung zur (Teil-)Unwirksamkeit des Bebauungsplans (BVerwG, Beschluss vom 16. März 2010 - 4 BN 66.09 - BauR 2010, 1034 Rn. 31).

16

b) Nach den (bindenden) Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts weist der Bebauungsplan die Besonderheit auf, dass die Erschließung der vier Gewerbegebiete ausschließlich von Osten von der Ho. Straße aus über das Grundstück des Projektträgers erfolgen soll. Das Grundstück der Antragstellerin liegt in der Mitte des Plangebiets; es wird derzeit landwirtschaftlich genutzt und ist über eine landwirtschaftliche Ausfahrt zur He. Straße erschlossen. Nach Anlegung des Grüngürtels entfällt die Anbindung an die He. Straße und wird das Grundstück der Antragstellerin von jeglicher Erschließung abgeschnitten. Nicht nur, dass die Antragstellerin schon jetzt die im Bebauungsplan festgesetzte gewerbliche Nutzung mangels Erschließung nicht aufnehmen kann (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB), ginge ihr dann auch die landwirtschaftliche Nutzbarkeit verloren, weil eine Zu-/Abfahrt auch über die He. Straße nicht mehr möglich wäre. Es entstünde eine nicht nutzbare "Gewerbegebietsinsel", weil dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Eine solche Planung ist mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar; sie vernachlässigt in nicht zu vertretender Weise die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerinteressen der Antragstellerin, überschreitet mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit.

17

Die Lösung des Problems der fehlenden Innenerschließung konnte - anders als das Oberverwaltungsgericht meint - nicht im Wege eines Konflikttransfers einem nachfolgenden Umlegungsverfahren vorbehalten werden. Die Durchführung eines Umlegungsverfahrens ist rechtlich nicht zulässig, weil der Bebauungsplan selbst keine Festsetzungen zur Innenerschließung enthält. Diese sind aber erforderlich, weil die amtliche Umlegung nach §§ 45 ff. BauGB - das gilt in gleicher Weise für eine vereinfachte Umlegung nach §§ 80 ff. BauGB (vgl. Burmeister/Aderhold, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2014, zu § 80 Rn. 25) - im Bereich qualifizierter Bebauungspläne (§ 30 Abs. 1 BauGB) nur zur Verwirklichung der darin getroffenen Festsetzungen zulässig ist. Das Umlegungsverfahren ist kein Verfahren, in dem Konflikte, die im Bebauungsplan unbewältigt geblieben sind, gelöst werden können. Die Umlegung ist, wie § 46 Abs. 1 BauGB ("zur Verwirklichung eines Bebauungsplans") belegt, eine dem Vollzug des Bebauungsplans dienende Maßnahme (BGH, Urteil vom 12. März 1987 - III ZR 29/86 - BGHZ 100, 148 <150>), ein Instrument zur Planverwirklichung. Die Umlegung ist somit von der Planung abhängig; sie ist - im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans - ein planakzessorisches Instrument (Breuer, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 45 Rn. 33; Dieterich, Baulandumlegung, 5. Aufl. 2006, Rn. 28) und dient dazu, den Grund und Boden entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans so zu gestalten, dass dessen Verwirklichung möglich ist (siehe auch Begründung des Entwurfs eines Bundesbaugesetzes, BT-Drs. 3/336 S. 73). Im Wege des Tauschs sollen Grundstücke, deren Lage, Form und Größe sich für eine Bebauung oder sonstige Nutzung nach Maßgabe des Bebauungsplans als ungeeignet oder unzweckmäßig erweisen, in der Weise neu gestaltet werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzte Nutzung durchführbar ist. Eine Umlegung zur Bereitstellung von Verkehrsflächen kann danach nur unter der Voraussetzung zulässig sein, dass die Flächen im Bebauungsplan ausgewiesen sind (Dieterich a.a.O. Rn. 31). Auch § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB zeigt, dass eine Umlegung entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan voraussetzt. Nur dann ist es überhaupt i.S.v. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB möglich, vorweg Flächen für Straßen, Wege etc. aus der Umlegungsmasse auszuscheiden. Ohne solche Festsetzungen ist aber (auch) eine Erschließungsumlegung ausgeschlossen.

18

3. Dieser Abwägungsergebnisfehler führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.

19

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen - nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) - dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans führt, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58 <61>; Beschlüsse vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230>, vom 20. August 1991 - 4 NB 3.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59, vom 25. Februar 1997 - 4 NB 30.96 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 116 S. 77, vom 6. November 2007 - 4 BN 44.07 - juris Rn. 3, vom 22. Januar 2008 - 4 B 5.08 - BRS 73 Nr. 22 Rn. 8 und vom 24. April 2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77 S. 463). Dieser Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass die Teilunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme zur Gesamtunwirksamkeit darstellt (stRspr, z.B. BVerwG, Beschluss vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 75 S. 128).

20

Gemessen an diesen Grundsätzen ist von der Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen. Eine bloße Teilunwirksamkeit scheidet bereits deshalb aus, weil dann ein Planungstorso zurückbliebe. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ging es der Antragsgegnerin darum, ein ca. 10 ha großes Gebiet als Erweiterungsfläche für den Projektträger auszuweisen und damit - auf lange Sicht - zu sichern. Es handelt sich also um ein einheitliches planerisches Gesamtkonzept. Dieses lässt sich nicht in zwei selbständige Teile (GE 1 und 2 sowie GE 3 und 4) aufspalten, ohne die Gesamtplanung in Frage zu stellen.

21

Da sich die Revision der Antragstellerin danach bereits aus materiellen Gründen als begründet erweist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der von ihr auch insofern geltend gemachte Verstoß des Oberverwaltungsgerichts gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegeben ist.

22

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 7. März 2017 verpflichtet, die von der Klägerin am 14. Juni 2016 beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbeanlage an dem Anwesen Friedhofstraße ... in Elmstein zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die bauaufsichtliche Genehmigung zur Aufstellung einer Plakatanschlagtafel vor dem Gebäude auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … in Elmstein, Friedhofstraße ... .

2

Das genannte Grundstück, das mit einem Versorgungsgebäude der Telekom AG bebaut ist, liegt im unbeplanten Innenbereich von Elmstein. Es grenzt im Süden an die Hauptstraße und im Osten an die Friedhofstraße an. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Friedhofstraße befindet sich etwa 20 m vom Versorgungsgebäude der Telekom AG entfernt der Haupteingang zum Friedhof von Elmstein. Dieser ist rund 200 m lang und bis zu 40 m breit; neben Gräbern befinden sich darauf eine Friedhofshalle und ein Ehrenmal. Vor dem Friedhof steht ein neugotisches Friedhofskreuz aus dem Jahre 1896, das ebenso wie das Ehrenmal in der Denkmaltopographie des Landkreises Bad Dürkheim als Kulturdenkmal eingetragen ist. Westlich der Friedhofstraße stehen ausschließlich Wohngebäude. Auf der Hauptstraße östlich des Anwesens Friedhofstraße ... befinden sich beidseits der Straße Wohngebäude und gewerbliche Betriebe (Gärtnerei mit Blumengeschäft, Backhaus, Installateurbetrieb, Kosmetikstudio). In westlicher Richtung verschwenkt die Hauptstraße nach rechts; die Bebauung beidseits der Straße besteht aus Wohngebäuden und Gewerbebetrieben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Lageplan sowie die Niederschrift über den Ortstermin am 21. Juni 2017 mit den dort angefertigten Lichtbildern verwiesen.

3

Die Klägerin stellte am 14. Juni 2016 einen Antrag auf Genehmigung einer unbeleuchteten Plakatanschlagtafel im Euroformat (ca. 3,8 m x 2,8 m) auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … in Elmstein, Friedhofstraße ..., dessen Eigentümer mit der Errichtung der Werbetafel einverstanden ist. Die Werbeanlage soll unmittelbar an der Wand des Versorgungsgebäudes der Telekom AG angebracht werden, so dass sie insbesondere von den aus Osten kommenden Kraftfahrzeugführern wahrgenommen werden kann.

4

Der Beklagte beteiligte die Beigeladene an dem Baugenehmigungsverfahren, die am 23. Juni 2016 ihr Einvernehmen zu dem Bauvorhaben versagte. Daraufhin lehnte der Beklagte den Bauantrag der Klägerin mit Bescheid vom 7. März 2017 unter Bezugnahme auf die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene ab. Es handele sich bei der näheren Umgebung um ein faktisches allgemeines Wohngebiet, in das sich die Anlage zur gewerblichen Fremdwerbung nicht einfüge. Im allgemeinen Wohngebiet seien Werbeanlagen nur an der Stätte der Leistung zulässig.

5

Bereits zuvor hatte die Klägerin am 6. März 2016 Untätigkeitsklage erhoben. Sie führt aus, sie habe einen durch Art. 14 Grundgesetz – GG – geschützten Anspruch auf Erteilung einer Bauerlaubnis, wenn dem Vorhaben keine von der Behörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstünden. Vorliegend seien Versagungsgründe nicht ersichtlich.

6

Die Klägerin beantragt,

7

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 7. März 2017 zu verpflichten, die am 14. Juni 2016 beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbeanlage an dem Anwesen Friedhofstraße … in Elmstein zu erteilen.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er bezieht sich zur Begründung auf den ergangenen Bescheid und weist darauf hin, dass sich vor und auf dem Friedhof der Beigeladenen zwei Kulturdenkmäler befänden.

11

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

12

Sie trägt vor, der geplante Standort der Werbeanlage befinde sich wegen der Nähe zum Friedhof in einem sensiblen Bereich. Die Besucher des Friedhofs würden durch den Anblick der Werbetafel in ihrem Pietätsempfinden gestört.

13

Der Einzelrichter hat über die bauplanungsrechtliche Einordnung des Grundstücks Beweis erhoben durch Vornahme einer Ortsbesichtigung. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 21. Juni 2017 Bezug genommen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze des Beklagten sowie die Verwaltungsakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

16

I. Die gemäß § 42 Abs. 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthafte Verpflichtungsklage ist auch ansonsten zulässig.

17

Sie war ursprünglich als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben worden, nachdem der Beklagte mehr als drei Monate nach dem Antrag der Klägerin vom 14. Juni 2016 auf Erteilung einer Baugenehmigung untätig geblieben war. Gemäß § 75 Satz 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten u.a. seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Hier war die Frist von drei Monaten bereits seit Mitte September 2017 abgelaufen, ohne dass es einen sachlichen Grund für die Nichtbescheidung des Antrags gab.

18

Die somit zulässigerweise erhobene Klage blieb auch zulässig ungeachtet dessen, dass der Beklagte die Klägerin nach Klageerhebung am 7. März 2017 ablehnend beschieden und die Klägerin insoweit Widerspruch nicht erhoben hat. Denn das angerufene Gericht hat dem Beklagten keine Frist nach § 75 Satz 3 VwGO wegen eines zureichenden Grundes gesetzt und das Verfahren auch nicht ausgesetzt. Nur bei einer ablehnenden Bescheidung innerhalb einer vom Gericht nach § 75 Satz 3 VwGO bestimmten Frist wäre die gerichtliche Sachentscheidung erst nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens zulässig gewesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 1995 – 3 C 24/94 –, NVwZ 1997, 179 m.w.N.). Die Klägerin konnte somit den nachträglich ergangenen ablehnenden Bescheid vom 7. März 2017 ohne Durchführung eines Vorverfahrens in das anhängige Klageverfahren einbeziehen (vgl. Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 75 Rn. 72 m.w.N.).

19

II. Die Verpflichtungsklage ist auch in der Sache begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung nach §§ 70 Abs. 1 Satz 1 und 66 Abs. 4 Satz 1 Landesbauordnung – LBauO –, da die geplante Werbeanlage sowohl bauplanungsrechtlich (1.) als auch bauordnungsrechtlich (2.) zulässig ist.

20

1. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich nach § 34 BaugesetzbuchBauGB –, weil sich das in Aussicht genommene Grundstück nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindet.

21

1.1. Bezüglich der Art der baulichen Nutzung ist das Vorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BaunutzungsverordnungBauNVO – zu beurteilen. Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht nach den beim Augenscheinstermin gewonnenen Erkenntnissen einem Mischgebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung. Als zur planungsrechtlichen Beurteilung des Vorhabens maßgeblicher näherer Umgebung ist dabei die beiderseitige Bebauung der Hauptstraße im Bereich zwischen dem Ortseingang und der Verschwenkung der Hauptstraße heranzuziehen. Dagegen hat mit Ausnahme des Grundstücks Flurstück-Nr. … und des Friedhofgrundstücks Flurstück-Nr. …, die beide auch der Hauptstraße zugewandt sind, die beiderseitige Bebauung entlang der Friedhofstraße außer Betracht zu bleiben.

22

Die so bestimmte nähere Umgebung weist Wohnnutzung, aber auch einen nicht unerheblichen Grad sonstiger nach § 6 Abs. 2 BauNVO zulässiger Nutzung auf (Gärtnerei und Blumengeschäft, Bäckerei, Haustechnikgeschäft, Massage- und Kosmetikstudio, momentan aufgegebenes Schuhgeschäft). Hier stehen Wohnen und Gewerbe in einem § 6 BauNVO entsprechendem Mischverhältnis, ohne dass eine Nutzung die andere Nutzung mischgebietsunverträglich überwiegt. Insoweit ist es ausreichend, dass im jeweiligen Gebiet eine der beiden Hauptnutzungsarten nicht nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne „übergewichtig“ in Erscheinung tritt (BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 – 4 C 34/86 –, NJW 1988, 3168).

23

Eine Werbeanlage, die – wie hier – Fremdwerbung zum Gegenstand hat, stellt bauplanungsrechtlich eine eigenständige Hauptnutzung in Form einer nicht störenden gewerblichen Nutzung dar (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1992 – 4 C 27/91 –, NVwZ 1993, 983). Insoweit hält sich die beantragte geplante Werbetafel im Euroformat innerhalb des vorgegebenen Rahmens der näheren Umgebung. Angesichts der sich dort ebenfalls befindlichen gewerblichen Nutzungen ist nicht erkennbar, dass die Errichtung des Bauvorhabens unzulässige bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründen würde. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die fehlende Beleuchtung der Plakatwand. Gerade deswegen kommt der Werbeanlage keine Störwirkung auf die in der Umgebung vorhandene Bebauung zu.

24

Bei der Werbetafel handelt es sich um einen im innerstädtischen Bereich typischen Anblick, so dass auch eine Ortsbeeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB nicht zu befürchten ist. Für das Gericht ist nicht erkennbar, dass das Ortsbild in dem betreffenden Bereich der Hauptstraße eine besondere Wertigkeit für die Allgemeinheit hätte. Einer solchen stehen bereits die gewerblichen Nutzungen, mit denen die Wohnnutzung in Konkurrenz tritt, entgegen. Davon abgesehen stellt die das Ortsbild schützende bundesrechtliche Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB auf einen größeren maßstabsbildenden Bereich als auf die für das Einfügungsgebot maßgebliche nähere Umgebung ab. Es kommt insoweit auf das Ortsbild als auch auf das Erscheinungsbild – zumindest eines größeren Bereichs der jeweiligen Gemeinde bzw. deren Ortsteil – an (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2000 – 4 C 14/98 –, NVwZ 2000, 1169; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Oktober 2008 – 8 A 10942/08 –, DVBl 2009, 67). Das sog. „große Ortsbild“ wird durch das Bauvorhaben nicht berührt. Zu berücksichtigen gilt es insoweit auch, dass die Zweckbestimmung von Werbeanlagen gerade darin liegt, auf ihre Werbebotschaft aufmerksam zu machen. Werbeanlagen liegen mithin regelmäßig der Tendenz zugrunde, aus ihrer Umgebung in gewisser Weise hervorzustechen. Hieraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass sie deshalb per se in einem auffälligen Kontrast zu ihrer Umgebung stehen. Dass die unbeleuchtete Werbeanlage im Euroformat insoweit einen auffälligen Fremdkörper zu ihrer Umgebung darstellen würde, ist für das Gericht – auch nach den beim Augenscheinstermin gewonnenen Erkenntnissen – nicht erkennbar.

25

1.2. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung fügt sich die geplante Werbeanlage in die Eigenart ihrer näheren Umgebung ein. Großflächige Werbetafeln für wechselnde Plakatwerbung der üblichen Art liegen allgemein von der Flächengröße durchweg in dem Rahmen, der sich aus dem in der Umgebung verwirklichten Maß der baulichen Nutzung ergibt. Sie fügen sich deshalb vom Maß der baulichen Nutzung regelmäßig in die Eigenart der näheren Umgebung ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 4 C 19/93 –, NVwZ 1995, 897).

26

1.3. Die Werbetafel verstößt auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil sie in räumlicher Nähe zum örtlichen Friedhof errichtet werden soll.

27

Das Rücksichtnahmegebot ist bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB der von der in dieser Bestimmung enthaltenen Verweisung mit umfassten Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO zu entnehmen und ist ansonsten in dem Einfügenserfordernis des § 34 Abs. 1 BauGB verankert. Um rücksichtslos zu sein, müsste die Werbetafel nach Nutzungsart, Größe, Lage und Umfang die Nutzung des angrenzenden Friedhofs durch die Friedhofsbesucher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unzumutbar beeinträchtigen. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden.

28

Zwar gehört zur Ermöglichung einer ordnungsgemäßen und ihrer Bestimmung entsprechenden Nutzung eines Friedhofs auch die gesellschaftlich anerkannte würdevolle Ausübung des Totengedenkens (s. VG Neustadt, Beschluss vom 9. Februar 2017 – 3 L 121/17.NW –, juris). Das Recht auf Totenfürsorge der Hinterbliebenen, das u.a. Grabpflege und Totengedenken umfasst, ist verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt (s. BVerfG, Beschluss vom 25. Dezember 2016 – 1 BvR 1380/11 –, juris). Gemäß § 8 Abs. 1 Bestattungsgesetz RhPf – BestG – sind die Würde des Toten und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit zu achten. Der Schutz des Totengedenkens fordert daher Rücksichtnahme durch die Nachbarschaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2012 – 4 C 14/10 –, NVwZ 2012, 825). Da Friedhöfe üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen sind, bedarf es gegenüber der unmittelbaren Nachbarschaft eines Friedhofs eines besonderen Schutzes vor mit der Wohn- oder gewerblichen Nutzung einhergehenden Alltagsbeschäftigungen der Grundstücksnachbarn, die mit dem Totengedenken und dem Pietätsgefühlen der Trauernden nicht im Einklang stehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Mai 2011 – 8 S 507/11 –, juris).

29

Soweit die Beigeladene befürchtet, der Schutz des Totengedenkens und des Pietätsgefühls der Hinterbliebenen sei infolge der Errichtung einer Werbetafel an der besagten Stelle in Gefahr, kann dem nicht gefolgt werden. Die Friedhofsbesucher sind, wie die Ortsbesichtigung gezeigt hat, während ihres Aufenthalts auf dem Friedhof der Werbeanlage der Klägerin gerade nicht unmittelbar ausgesetzt. Auf dem gesamten Friedhofsgelände ist die Werbeanlage nicht wahrnehmbar. Dass die Friedhofsbesucher auf dem Weg zum Friedhof an der Werbeanlage vorbeikommen, stellt keine Beeinträchtigung von einigem Gewicht dar, die es rechtfertigen könnte, von einer besonderen Rücksichtslosigkeit auszugehen.

30

2. Die Werbeanlage verstößt auch nicht gegen die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 52 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 oder 2 LBauO. Danach sind Werbeanlagen mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie benachbarte bauliche Anlagen sowie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten und deren beabsichtigte Gestaltung nicht stören. Auf Kultur- und Naturdenkmäler und auf andere erhaltenswerte Eigenarten der Umgebung ist besondere Rücksicht zu nehmen.

31

2.1. Die genannten bauordnungsrechtlichen Vorschriften sind hier anwendbar. Zwar wird für Werbeanlagen gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 9 LBauO lediglich ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchgeführt mit der Folge, dass gemäß § 66 Abs. 4 LBauO bauordnungsrechtliche Vorschriften grundsätzlich nicht zu prüfen sind. § 66 Abs. 4 Satz 1 LBauO bestimmt aber ausdrücklich, dass die Vorschrift des § 52 LBauO Gegenstand der Prüfung im vereinfachten Genehmigungsverfahren ist.

32

2.2. Die Beigeladene hat auch diesbezüglich moniert, der geplante Standort der Werbeanlage befinde sich wegen der Nähe zum Friedhof von Elmstein in einem sensiblen Bereich; die Besucher des Friedhofs würden durch den Anblick der Werbetafel in ihrem Pietätsempfinden gestört. Nach Auffassung der Kammer greift dieser Einwand jedoch ebenso wenig durch wie bei der Prüfung des Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot.

33

Verunstaltung im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 LBauO bedeutet nicht bereits jede Störung der architektonischen Harmonie, also nicht jede Unschönheit, sondern nur einen hässlichen, das ästhetische Empfinden des Beschauers nicht nur beeinträchtigenden, sondern verletzenden Zustand. Maßgeblich ist dabei, ob der Anblick bei einem nicht unbeträchtlichen, in durchschnittlichem Maße für ästhetische Eindrücke aufgeschlossenen Teil der Betrachter nachhaltigen Protest auslöst und als belastend sowie Unlust erregend empfunden wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. April 1995 – 4 B 70/95 –, NJW 1995, 2648; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 1988 – 1 A 82.86.OVG –, BRS 48 Nr. 111; Jeromin in Jeromion, Landesbauordnung RhPf, 4. Auflage 2016, § 5 Rn. 24). Das Verunstaltungsverbot bezweckt, krasse Gegensätzlichkeiten und Widersprüche im Erscheinungsbild bebauter Gebiete durch das Hinzutreten störender baulicher Anlagen abzuwehren. Ob eine Werbeanlage in diesem Sinne verunstaltend wirkt und welcher Umgriff dabei mit einzubeziehen ist, ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere des Standorts der Anlage, der Art und Struktur der in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude, Straßenzüge und Landschaftsteile zu beurteilen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Oktober 2008 – 8 A 10942/08 –, BauR 2009, 799; vgl. auch OVG Saarland, Urteil vom 12. Mai 2016 – 2 A 202/15 –, juris).

34

Gemessen an diesen Grundsätzen ist nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche Werbeanlage an ihrem vorgesehenen Aufstellungsort das Straßen- Orts- und Landschaftsbild in diesem Bereich verunstalten könnte. Nach Einnahme des Augenscheins ist das Gericht vielmehr zur Überzeugung gelangt, dass von der geplanten Werbeanlage keine Wirkung ausgehen wird, die das ästhetische Empfinden eines maßgeblichen Teils der Passanten und Friedhofsbesucher – und damit des sog. gebildeten Durchschnittsbetrachters – beeinträchtigen oder verletzen wird.

35

Zwar befindet sich der Aufstellungsort der Werbeanlage in räumlicher Nähe zum Haupteingang des örtlichen Friedhofs und somit nicht an einem für eine Werbeanlage – zumal solcher Größe – prädestinierten Aufstellungsort. Allerdings wird aufgrund der Entfernung von ca. 20 m zum Friedhofszugang der Bezug zum Friedhof in einer eine pietätlose Wirkung ausschließenden Weise relativiert. Die zwischen dem Friedhofszugang und der streitgegenständlichen Werbeanlage befindliche Friedhofstraße bewirkt, dass die Werbeanlage aus den wesentlichen Blickwinkeln für die Mehrzahl der Betrachter tendenziell der Hauptstraße zugeordnet erscheint, einem für solche Werbeanlagen im innerstädtischen Bereich nicht unüblichem Standort. Soweit der Betrachter den Friedhofszugang auf einer Sichtachse von 180° und somit direkt vor sich hat, tritt die Werbeanlage kaum noch in Erscheinung. Folglich verstößt die streitgegenständliche Werbeanlage trotz ihrer mittelbaren Friedhofsnähe nicht gegen das Verunstaltungsverbot des § 5 Abs. 2 Satz 1 LBauO.

36

2.3. Dem Vorhaben steht nach Auffassung der Kammer auch nicht § 5 Abs. 2 Satz 2 LBauO entgegen. Hiernach ist auf Kulturdenkmäler – worunter auch das Ehrenmal auf dem Friedhofsgelände sowie das neugotische Friedhofskreuz aus dem Jahre 1896 vor dem Friedhof fallen – besondere Rücksicht zu nehmen. Bei der Beurteilung, ob die geforderte „besondere Rücksichtnahme“ vorliegt, ist nicht von dem Urteil eines geschulten Betrachters, sondern von dem Empfinden des sog. gebildeten Durchschnittsmenschen auszugehen. Denn anders als bei der Frage der Denkmaleigenschaft eines Bauwerks, deren Beantwortung ein gewisses Vertrautsein mit dem Beurteilungsgegenstand voraussetzt, kommt es bei der bauordnungsrechtlichen Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 2 LBauO mehr auf die Bewertung der möglichen ästhetischen Beeinträchtigung eines Denkmals an. Von einer relevanten Beeinträchtigung des Denkmalschutzes im Sinne dieser Vorschrift und damit von einer Verletzung der besonderen Rücksichtnahme wird man indessen nicht ausgehen können, wenn der freie Blick auf das Denkmal oder dessen optisches Gewicht durch das betreffende Vorhaben lediglich unwesentlich verändert werden (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Oktober 1993 – 1 A 12520/92.OVG –).

37

Die Ortsbesichtigung hat nicht ergeben, dass das Vorhaben der Klägerin die in § 5 Abs. 2 Satz 2 LBauO geforderte besondere Rücksichtnahme auf die in Rede stehenden Kulturdenkmäler vermissen lässt. Während das Ehrenmal auf dem Friedhof vom Standort der Werbeanlage nicht zu sehen ist, wird der freie Blick auf das vor dem Friedhof stehende neugotische Friedhofskreuz nicht beeinträchtigt.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

39

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

40

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Gründe

1

Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bebauungsplan, der für ein rund 40 ha großes Waldgebiet ein Sondergebiet "Friedhof" festsetzt. Dort sollen in einem Ruheforst jährlich etwa 200 Urnenbestattungen durchgeführt werden. Die Errichtung von Gebäuden oder anderen baulichen Anlagen ist mit Ausnahme der Anlage einer Zufahrt, der Errichtung von 15 bis 20 Stellplätzen auf einer Parkfläche, Hinweistafeln, Andachtsplätzen und künstlerischen Objekten unzulässig.

2

Der Antragsteller befürchtet einen Nutzungskonflikt. Er ist (Mit-) Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Plangebiets. Nach den bauplanerischen Festsetzungen sind dort in einem Sondergebiet Hotel- und Wellnesseinrichtungen sowie Wochenend- und Ferienhäuser zulässig. Verwirklicht sind diese Festsetzungen bisher nicht; die Geltungsdauer einer vormals erteilten Baugenehmigung ist abgelaufen. Das Grundeigentum grenzt in südöstlicher Richtung an die vom angegriffenen Bebauungsplan festgesetzte Zuwegung zu dem Ruheforst, die Ecke eines Grundstücks stößt, getrennt durch diese Zuwegung, an das Gebiet des Ruheforstes an.

3

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag wegen fehlender Antragsbefugnis abgewiesen. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde bleibt erfolglos.

4

I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde zumisst.

5

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 4. August 2016 - 4 BN 12.16 - NVwZ 2016, 1646 Rn. 4).

6

1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob sich ein Eigentümer von Grundstücken gegen die benachbarte Festsetzung eines Bebauungsplans für einen Friedhof oder jedenfalls für einen Friedhof in Form eines Ruheforstes wegen Nutzungskonflikten zu einer geplanten Hotelanlage oder einem geplanten Gewerbebetrieb wehren kann.

7

Die allgemein gehaltene Frage, ob sich ein Eigentümer wehren könne, zielt unter Berücksichtigung der angegriffenen Entscheidung auf die Anforderungen an die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, führt indes nicht auf grundsätzlichen Klärungsbedarf. Sie ist in der Rechtsprechung bereits beantwortet. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Ist ein Bebauungsplan Gegenstand der Normenkontrolle und der Betroffene nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen (stRspr seit BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <220 ff.>). Abwägungserheblich sind dabei aber nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015 - 4 CN 5.14 - NVwZ 2015, 1457 Rn. 14 m.w.N.). Dies gilt auch für die verschiedenen von der Beschwerde in den Blick genommenen Situationen.

8

2. Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich klären lassen,

ob sich ein Eigentümer von Grundstücken im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegen die benachbarte Festsetzung eines Bebauungsplans für einen Friedhof oder jedenfalls für einen Friedhof in Form eines Ruheforstes wegen Nutzungskonflikten zu einer geplanten Hotelanlage oder einen geplanten Gewerbebetrieb auf einen abwägungserheblichen Belang, also ein mehr als nur geringfügiges, schutzwürdiges Interesse berufen kann.

9

Die Beschwerde geht zutreffend davon aus, dass antragsbefugt nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann. Denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 S. 137 und Beschluss vom 17. Dezember 2012 - 4 BN 19.12 - BRS 79 Nr. 65 Rn. 3).

10

Die aufgeworfene Frage ist indes einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Städtebauliche Bedeutung kann grundsätzlich jeder nur denkbare Gesichtspunkt erhalten, sobald er die Bodennutzung betrifft oder sich auf diese auswirkt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn vorhandene oder durch eine Planung entstehende Probleme oder Konflikte dadurch bewältigt werden sollen, dass für Grundstücke bestimmte Nutzungen zugewiesen, eingeschränkt oder untersagt werden oder dass eine räumliche Zuordnung oder Trennung von Nutzungen erfolgt (BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 4 BN 20.11 - BauR 2012, 621 Rn. 5). So fordert der Schutz der Bestattung und des Totengedenkens Rücksichtnahme durch die Nachbarschaft; zugleich ist Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft gefordert. Eine Koordination dieser widerstreitenden Belange lässt sich sachgerecht nur im Wege der Abwägung unter Würdigung der öffentlichen und nachbarlichen Interessen sicherstellen (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 23). Ungeachtet der Anerkennung privater nachbarlicher Belange können diese im Einzelfall geringfügig und damit nicht abwägungserheblich sein. Die insoweit zu beachtenden Umstände, namentlich die örtlichen Verhältnisse, etwa Blickbeziehungen oder Entfernungen, und die konkrete Gestaltung der benachbarten Nutzungen sind so vielgestaltig, dass die Grenze der Geringfügigkeit sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht.

11

II. Die Verfahrensrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bleibt erfolglos. Allerdings liegt ein Verfahrensfehler vor, wenn das Normenkontrollgericht die Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt und damit die prozessuale Bedeutung dieser Vorschrift verkennt (BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juli 2013 - 4 BN 13.13 - BRS 81 Nr. 64 Rn. 6 und vom 11. November 2015 - 4 BN 39.15 - ZfBR 2016, 156 Rn. 4). Daran fehlt es.

12

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine reale Grundlage für die Befürchtung des Antragstellers nicht erkennen können, mögliche Gäste des Hotels würden von einer Buchung Abstand nehmen oder Hotelgäste abreisen, wenn sie von der Existenz des Ruheforstes erführen.

13

Die hieran geübte Kritik der Beschwerde greift nicht durch. Sie erwartet, dass sich Hotelgäste an der Nähe eines Friedhofs störten, sie wollten nicht in ihrem Urlaub mit dem Tod konfrontiert werden, weil sie auf einen Friedhof blickten und das Gefühl hätten, von einem Friedhof umgeben zu sein. Diese Kritik verfehlt die örtlichen Verhältnisse: Die Grundstücke des Antragstellers grenzen nicht an den Ruheforst an, sondern an die festgesetzte Zuwegung. Von ihnen aus erscheint das Gebiet weiterhin als Waldgebiet, ungeachtet der vom Bebauungsplan zugelassenen Hinweistafeln, Andachtsplätze und künstlerischen Objekte. Diese Anlagen können von den Grundstücken des Antragstellers nicht wahrgenommen werden, weil der Ruheforst inmitten eines forstwirtschaftlich genutzten Waldgebietes liegt. Auch der am nächsten liegende, nach Nordwesten verlaufende Grenzabschnitt des Plangebiets ist von den Grundstücken des Antragstellers aus nicht wahrnehmbar, noch weniger die innerhalb des Waldes zulässigen baulichen Anlagen auf dem insgesamt zur S. hin abfallenden Gelände. Gleiches gilt für die innerhalb des Ruheforstes stattfindenden Trauerfeiern. Schließlich sind die Grundstücke des Antragstellers nicht von dem Ruheforst umgeben, vielmehr liegt dieser nördlich, überwiegend in erheblichem Abstand und erstreckt sich in westlicher Richtung weit in einen Bereich, der städtebaulich Bezüge zu der geplanten Hotelanlage nicht erkennen lässt.

14

Allerdings werden Gäste des Hotels den Verkehr auf der Zuwegung zu dem Ruheforst wahrnehmen können. Dies überschreitet indes nicht die Schwelle der Geringfügigkeit. Dass Betrachter gelegentlich das Fahrzeug eines Bestattungsunternehmens als solches erkennen und damit der Endlichkeit menschlichen Lebens gewahr werden, mag zutreffen, führt aber nicht auf einen schutzwürdigen Belang. Denn ein von solchen Gedanken völlig unbeschwertes Gemüt ist kein Belang, der in die städtebauliche Abwägung einzugehen hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 BvR 1762/95 u.a. - BVerfGE 102, 347 <364>). Dies gilt auch, wenn die Wahrnehmung während eines Urlaubs oder durch ältere Menschen geschieht. Ebenso wenig führt der Anblick von Fahrzeugen der Trauergäste auf einen mehr als geringfügigen Belang. Bei Fehlen eines äußeren Kennzeichens, etwa eines Trauerflors, wird in der Regel nicht erkennbar sein, dass sich das jeweilige Fahrzeug auf dem Weg zu einer Trauerfeier befindet. Selbst wenn dieser Anlass der Fahrt aber erkennbar wäre oder von einem Betrachter vermutet würde, handelte es sich um einen Anblick, der als Ausdruck des Totengedenkens Teil menschlichen Lebens ist und dessen Verhinderung kein mehr als geringfügiger Belang ist.

15

2. Der Antragsteller sieht indes eine Abwägungserheblichkeit, weil die Bestattung in einem Ruheforst aus religiösen Gründen auf Widerstand stoße und insbesondere von der katholischen Kirche kritisch gesehen werde. Dies führt indes nicht auf einen bauleitplanerischen Belang. Zwar sind die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge nach § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB bei der Aufstellung von Bauleitplänen und damit etwa bei der Planung von kirchlichen Friedhöfen zu berücksichtigen (Schrödter/Wahlhäuser, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015 § 1 Rn. 383). Ein solcher Friedhof steht hier indes nicht in Rede. Hiervon unabhängig handelt es sich nicht um einen Belang des Antragstellers. Schließlich bietet die Beschwerde auch keinen greifbaren Anhaltspunkt für die Befürchtung, mögliche Gäste könnten von einem Hotelaufenthalt Abstand nehmen, weil in der Nähe ein Waldgebiet für eine Form der Bestattung genutzt wird, die sie aus religiösen Gründen für sich und ihre Angehörigen ablehnen.

16

3. Schließlich führt die Befürchtung des Antragstellers, Einschränkungen des Hotelbetriebs hinnehmen zu müssen, nicht auf einen mehr als geringfügigen abwägungserheblichen Belang.

17

Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht - hier aus § 1 Abs. 7 BauGB - verletzt wird (BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 S. 137). Der Antragsteller macht indes selbst nicht geltend, er habe dem Verwaltungsgerichtshof derartige Tatsachen vorgetragen, sondern beruft sich erst in seiner Beschwerde auf diesen Belang. Schon deshalb kann dem Verwaltungsgerichtshof ein Verfahrensfehler nicht vorgeworfen werden.

18

Hiervon unabhängig legt auch die Beschwerde die notwendigen Tatsachen nicht substantiiert dar, die auf einen städtebaulichen Belang führen könnten. Der Antragsteller verweist pauschal auf Auflagen hinsichtlich der "Lautstärke von Außenveranstaltungen (z.B. Sommerfesten in der Parkanlage, Hochzeiten mit Musikdarbietungen, Jazz-Konzerte im Park etc.)", ohne dies näher zu konkretisieren. Dies reicht angesichts der konkreten Örtlichkeiten nicht aus. Die geplante Hotelanlage ist nach Süden hin ausgerichtet und damit dem Ruheforst abgewandt; sie soll auch von dort erschlossen werden. Der weit überwiegende Teil des Ruheforstes erstreckt sich, abgeschirmt von dem umliegenden Waldgebiet, in einer Entfernung, welche die Befürchtung des Antragstellers als fernliegend erscheinen lässt. Schließlich ist angesichts der Zahl von etwa 200 erwarteten Urnenbestattungen im Jahr, der gewöhnlichen Dauer von Bestattungsfeiern und der zu erwartenden Durchführung am Vor- oder Nachmittag nicht erkennbar, dass die Befürchtung des Antragstellers mehr als eine Spekulation ist.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

VGH Hessen, Urteil vom 3.3.2016, (Az.: 4 B 403/16).

Die Unterbringung von 17 Flüchtlingen in zwei in sich abgeschlossenen Wohnungen in einer Doppelhaushälfte stellt nach den konkreten Umständen des Falles eine Wohnnutzung dar.

Für eine Wohnnutzung ist es rechtlich unerheblich, ob und ggfs. in welchem Grad die Bewohner der beiden Wohnungen miteinander verwandt sind.

Der Dauerhaftigkeit der Wohnnutzung steht angesichts der zu erwartenden längeren Dauer von Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigte, als Flüchtlinge oder als subsidiär Schutzberechtigte nicht entgegen, dass die Bewohner voraussichtlich nur für die Dauer ihres Anerkennungsverfahrens in den beiden Wohnungen verbleiben werden.

Dem Kriterium der Freiwilligkeit des Aufenthalts in den beiden Wohnungen steht nicht entgegen, dass der Einzug auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Zuweisung gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylG erfolgt ist. Allein die durch eine Rechtsnorm begründete Verpflichtung zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen führt nicht zu einem unfreiwilligen Verhalten, wenn der Betreffende seiner Rechtspflicht selbsttätig nachkommt.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch fristgerecht begründet worden.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Das Verfahren ist hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin auf Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlass einer Stilllegungsverfügung in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Denn der Antragsgegner hat sich im Beschwerdeverfahren der von der Antragstellerin schon im erstinstanzlichen Verfahren insoweit abgegebenen Erledigungserklärung angeschlossen.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat auch hinsichtlich des zweiten Antrags der Antragstellerin Erfolg. Dieser Antrag hat zum Ziel, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verpflichten, mit einer Verfügung gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 HBO die Nutzung des Anwesens des Beigeladenen zu 1 für die Unterbringung von Flüchtlingen zu untersagen. Auf dem Grundstück A-Straße G des Beigeladenen zu 1 in der Stadt Taunusstein, der Beigeladene zu 2, steht die Hälfte eines Doppelhauses. Hieran grenzt die benachbarte Doppelhaushälfte der Antragstellerin an. In einem Vertrag vom 22. Juni 2015 und einer Vertragsergänzung vom 17. November 2015 hatte die Beigeladene zu 2 mit dem Beigeladenen zu 1 vereinbart, dass dieser vom 1. November 2015 bis zum 31. Oktober 2020 in seinen Räumlichkeiten bis zu 17 Flüchtlingen gegen Zahlung eines monatlichen Mietzinses aufnimmt. Der Beigeladene zu 1 begann Mitte September 2015 mit Umbauarbeiten innerhalb der Doppelhaushälfte. Am 25. November 2015 zogen dort 15 Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien ein.

Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 14. Januar 2016 verpflichtet, den beiden Beigeladenen die Nutzung des Anwesens A-Straße G durch mehr als 10 Personen mit einer für sofort vollziehbar zu erklärenden Anordnung zu untersagen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen darauf gestützt, dass die Unterbringung der Flüchtlinge keine Wohnnutzung darstelle. Deshalb werde die Antragstellerin in ihren Nachbarrechten verletzt.

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung des Sach- und Streitstandes erweist sich die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als fehlerhaft. Der Senat ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die von dem Antragsgegner in der Beschwerde dargelegten Gründe beschränkt. Denn der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdebegründung die maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts erfolgreich in Frage gestellt.

Das Verwaltungsgericht hat bei der Prüfung der notwendigen Anforderungen für den Erlass der hier beantragten einstweiligen Anordnung § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO verkannt, dass der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt und die erhöhten Anforderungen für eine solche gerichtliche Entscheidung nicht erfüllt sind.

Die mit dem Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO erstrebte endgültige Vorwegnahme der Hauptsache ergibt sich daraus, dass die gewünschte gerichtliche Anordnung mit dem Klageantrag übereinstimmt, der im späteren Hauptsacheverfahren zu stellen wären. Das Ziel des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens bleibt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht hinter dem Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens zurück. Das Verwaltungsgericht hat zwar ihrem Begehren nur teilweise stattgegeben und den Antragsgegner nur zur Untersagung einer Unterbringung von mehr als 10 Flüchtlingen in der Doppelhaushälfte verpflichtet. Für die Beurteilung, ob mit dem Verfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Hauptsache vorweggenommen wird, ist jedoch allein der durch den Antrag des Rechtsschutzsuchenden bestimmte Streitgegenstand maßgeblich.

Der Antrag der Antragstellerin kann auch nicht dahin verstanden werden, dass er als Minus ein Begehren enthält, welches auf eine lediglich vorläufige Anordnung gerichtet ist. Selbst wenn die von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtsposition im Falle des Obsiegens nur für einen befristeten Zeitraum - etwa bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens - zugesprochen würde, hätte dies zur Folge, dass sie vorübergehend schon so gestellt würde, als ob sie mit einer Verpflichtungsklage in der Hauptsache obsiegt hätte. Auch für eine solche vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache bestehen die genannten erhöhten Anforderungen an die Darlegung, die hier nicht erfüllt sind.

Die Verwaltungsgerichte können in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO entsprechend dem Zweck dieses Rechtsbehelfs grundsätzlich nur vorläufige Anordnungen bzw. vorläufige Regelungen treffen. Sie dürfen einem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang eine Rechtsposition einräumen, die er erst im Klageverfahren erreichen kann. Im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG gilt dieses grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache allerdings nicht uneingeschränkt. Es greift dann nicht ein, wenn die beantragte faktische Vorwegnahme schlechterdings notwendig ist, um unzumutbare Nachteile abzuwenden, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnten und wenn zugleich ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht. Eine entsprechende gerichtliche Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergeht somit nur dann, wenn diese erhöhten Anforderungen sowohl an den Anordnungsgrund als auch an den Anordnungsanspruch erfüllt sind.

Diese erhöhten Anforderungen an den Erlass der von der Antragstellerin erstrebten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat insbesondere einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Der Senat vermag bei seiner Prüfung des Sach- und Streitstands im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht zu erkennen, dass mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Erlass der erstrebten Nutzungsuntersagung gegenüber dem Vorhaben des beigeladenen Nachbarn gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 HBO besteht.

Nach § 72 Abs. 1 Satz 2 HBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Benutzung einer baulichen Anlage untersagen, die in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften benutzt wird. Eine Nutzungsuntersagung kann bereits dann ausgesprochen werden, wenn für das Bauvorhaben die erforderliche Genehmigung fehlt. Ein Dritter besitzt einen Rechtsanspruch auf ein behördliches Einschreiten allerdings nur, wenn weitere Voraussetzungen hinzukommen. Das Vorhaben muss auch gegen materielle Regelungen verstoßen. Des Weiteren muss das der Bauaufsichtsbehörde obliegende Ermessen im konkreten Einzelfall auf Null reduziert sein, so dass sich die Befugnis zum Einschreiten zu einer entsprechenden Verpflichtung verdichtet. Der Rechtsanspruch eines Dritten auf eine Nutzungsuntersagung setzt ferner voraus, dass die beanstandete Nutzung nicht ausschließlich gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, die lediglich den Allgemeininteressen zu dienen bestimmt ist. Der Verstoß muss vielmehr eine Norm betreffen, die eine nachbarschützende Funktion aufweist und damit ein Abwehrrecht vermitteln kann. Schließlich muss das baurechtswidrige Vorhaben den Nachbarn auch tatsächlich in seinen geschützten Belangen mehr als nur geringfügig beeinträchtigen. Diese kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf ein baupolizeiliches Einschreiten liegen hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht

Die Unterbringung von Flüchtlingen in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts mit dem Charakter der näheren Umgebung vereinbar, weil eine Wohnnutzung gegeben ist. Durch das Vorhaben wird die Antragstellerin nicht in ihrem Gebietserhaltungsanspruch verletzt.

Der Einzug der 15 Flüchtlinge in die Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 ist nach den konkreten Gegebenheiten als Wohnnutzung zu bewerten, die mit dem Charakter der umliegenden Bebauung vereinbar ist. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die nähre Umgebung im Sinne von § 34 BauGB als faktisches reines Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO oder als faktisches allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO einzustufen ist. Denn in beiden Fällen würde sich die Wohnnutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen.

Der Begriff des Wohnens ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie durch die Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Bei der Aufnahme einer größeren Zahl von Flüchtlingen in die Räumlichkeiten eines Gebäudes kommt insbesondere die Einrichtung einer Anlage für soziale Zwecke im Sinne von §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 4 Abs. 2 Nr. Nr. 3 BauNVO in Betracht. Solche Anlagen dienen der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt. Sie gewährleisten regelmäßig eine Betreuung der Bewohner oder andere fürsorgliche Maßnahmen. Eine Anlage für soziale Zwecke wird im Gegensatz zur Wohnung gerade durch die Beschränkung der Eigenverantwortlichkeit der Lebensführung charakterisiert. Anhand dieser Gesichtspunkte ist die Abgrenzung zwischen der Nutzung eines Gebäudes zum Wohnen und der Nutzung zu einer der verschiedenen Formen der Unterbringung von Personen vorzunehmen.

Die Unterbringung der insgesamt 15 Flüchtlinge in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit als Wohnnutzung zu qualifizieren. Die Grundrisse der beiden in sich abgeschlossenen Wohneinheiten in dieser Haushälfte lassen erkennen, dass sowohl die Drei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss als auch die weitere Drei-Zimmer-Wohnung, die das Obergeschoss und das Dachgeschoss umfasst, aufgrund der in beiden Wohnungen vorhandenen Küchen und Badezimmer die Möglichkeit einer eigengestalteten Haushaltsführung der Bewohner ermöglicht. Nach dem Konzept der Beigeladenen zu 2, die den Wohnbedarf der ihr zugewiesen Flüchtlinge zu decken hat, ist eine externe Versorgung der sieben Flüchtlinge in der Erdgeschosswohnung und der acht Flüchtlinge in der darüber liegenden Wohnung nicht vorgesehen. Für die zeitgleiche Einnahme von Mahlzeiten in einem gemeinsamen Speisesaal, wie es in Wohnheimen für Flüchtlinge typisch ist, fehlt es in dem Gebäude des Beigeladenen zu 1 auch an den entsprechenden Räumlichkeiten.

Der Senat erachtet es als rechtlich unerheblich, ob und gegebenenfalls in welchem Grad die Bewohner in den beiden Wohnungen miteinander verwandt sind. Eine Wohnnutzung kann nämlich auch bei einer Gemeinschaft von Personen vorliegen, die in einer in sich abgeschlossenen Wohnung leben und die lediglich die Zielsetzung der Reduzierung ihrer Mietkosten verbindet. Nach §§ 3 und 4 BauNVO ist jede Form der Wohnnutzung zulässig, die mit der baulichen Ausgestaltung des Gebäudes in Einklang steht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Anzahl der Wohnung lebenden Personen sich nicht als Überbelegung darstellt. Eine Wohnnutzung ist daher bei klassischen Wohnformen wie studentischen Wohngemeinschaften ebenso zu bejahen wie bei den neueren Formen von Wohngemeinschaften mit mehreren Arbeitnehmern oder mit älteren Menschen. Entsprechendes gilt auch hier für das Zusammenleben von einzelnen Flüchtlingen oder von Flüchtlingsfamilien in derselben Wohnung.

Die Wohnnutzung in der Doppelhaushälfte ist auch auf Dauer angelegt. Diesem Kriterium steht nicht entgegen, dass die Asylbewerber oder Flüchtlingen voraussichtlich nur für die Dauer ihres Anerkennungsverfahrens auf der Grundlage von § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylG in den beiden Wohnungen verbleiben werden.

Das Kriterium der Dauerhaftigkeit bildet keine enge Grenze bildet, sondern ist eher flexibel zu handhaben. Dem Begriff des Wohnens unterfällt auch die Lebensführung in einer Wohnung, in der sich eine Person für einen nicht unerheblichen Zeitraum aufhalten wird, auch wenn die Dauer des Verbleibs von vornherein begrenzt ist. Nicht zu fordern ist, dass der Lebensmittelpunkt in den Räumlichkeiten auf unabsehbare Zeit gewählt wird. Die hier angesichts der Vielzahl der Flüchtlinge zu erwartende längere Dauer von Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigte, als Flüchtlinge oder als subsidiär Schutzberechtigte reicht aus, um eine erhebliche Verweilzeit und daher einen Daueraufenthalt zu bejahen.

Dem Kriterium der Freiwilligkeit des Aufenthalts steht nicht entgegen, dass die Flüchtlinge auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Zuweisung nach § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylG in die Doppelhaushälfte eingezogen sind. Allein die durch eine Rechtsnorm begründete Verpflichtung zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen führt nicht zu einem unfreiwilligen Verhalten, wenn der Betreffende seiner Rechtspflicht selbsttätig nachkommt. An der Freiwilligkeit fehlt es erst dann, wenn die Befolgung einer Rechtspflicht durch Maßnahmen der Vollstreckung erzwungen wird. Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die 15 Flüchtlinge die ihnen zur Verfügung gestellten beiden Wohnungen nicht aus freien Stücken bezogen haben

Im Hinblick auf die auf Dauer angelegte, freiwillige und eigengestaltete Lebensführung der 15 Flüchtlinge in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 liegt eine Wohnnutzung vor. Für die Bestimmung der Art der baulichen Nutzung ist es dagegen rechtlich unerheblich, wie das Benutzungsverhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 1 als Hauseigentümer und der Beigeladene zu 2 ausgestaltet ist. Insbesondere spielt es keine Rolle, dass die Flüchtlinge die Wohnungen durch die öffentliche Hand erhalten haben. Deshalb steht der Annahme einer Wohnnutzung nicht entgegen, dass die Flüchtlinge nicht selbst Vertragsparteien sind und der vorgelegte „Mietvertrag“ mit der Beigeladenen zu 2 zeitlich befristet ist.

Für die Bewertung des Charakters der aktuellen Nutzung der Doppelhaushälfte ist des Weiteren rechtlich unerheblich, ob die Raumbezeichnung in den Grundrissen von 1983 darauf schließen lassen, dass die beiden Wohnungen zuletzt nur von einer Familie bewohnt worden sind. Bei dem mit Bauschein vom 28. September 1949 errichteten Siedlungshaus handelt es sich um eine bauliche Anlage, die - soweit erkennbar - durchweg dem Wohnen gedient hat und auch weiterhin zum Wohnen genutzt wird. Vor der Errichtung des Hauses waren für jede Doppelhaushälfte zwei Wohnungen genehmigt worden. In den Folgejahren sind die beiden Erweiterungen der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 genehmigt worden, nämlich ein Anbau mit Bescheid vom 15. April 1975 und die Aufstockung des Anbaus mit Bescheid vom 25. Mai 1983. Selbst wenn beide Wohnungen zuletzt nur von einer Familie bewohnt gewesen sein sollten, hätte dies keine rechtserhebliche Änderung der Nutzung bewirkt.

Denn die Nutzung mehrerer Wohnungen in einem Haus durch eine Gruppe von Personen stellt nach wie vor eine Wohnnutzung dar.

Eine Aufgabe der Wohnnutzung zugunsten einer Gemeinschaftsunterkunft liegt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht deshalb vor, weil sich durch den Einzug der 15 Flüchtlinge im November 2015 die Zahl der in der Doppelhaushälfte lebenden Personen gegenüber der früheren Situation wesentlich erhöht hat.

Die Nutzung eines Anwesens durch mehrere Familien in zwei Wohnungen stellt gegenüber der anscheinend zuvor vorhanden gewesenen Nutzung der gesamten Doppelhaushälfte durch eine Familie keine rechtserhebliche Änderung dar. Durch die hohe Anzahl der Bewohner wird zwar die Wohnqualität in den Wohnungen deutlich gemindert. Eine Änderung der Art der baulichen Nutzung ist damit indes nicht verbunden. Dies gilt zumindest dann, wenn - wie hier - durch eine vertragliche Regelung die Höchstzahl der in dem Anwesen wohnenden Flüchtlinge beschränkt wird und auf diese Weise gesichert ist, dass es entsprechend den Vorgaben in § 7 Abs. 1 und 2 HessWoAufG nicht zu einer Überbelegung kommt. Die Antragstellerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung des erforderlichen Mindestbedarfs an Wohnfläche pro Person zunächst in nicht nachvollziehbarer Weise zwischen Erwachsenen und Kindern differenziert hat. Dieser Einwand führt gleichwohl nicht zum Erfolg. Den sieben Personen in der oberen Wohnung steht nämlich jeweils die nach § 7 Abs. 1 HessWoAufG notwendige Fläche von mindestens 9 m2 zur Verfügung, weil auch der dritte Raum im Dachgeschoss, der derzeit ungenutzt ist, mit zu berücksichtigen ist. Im Erdgeschoss wird das Mindestmaß von 9 m2 zwar durch die Belegung des 16 m2 großen Raums 2 mit zwei Personen des ca. 15 m2 großen Raums 3 ebenfalls mit zwei Personen unterschritten. Dies begründet gleichwohl mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Überbelegung. Nach § 7 Abs. 2 HessWoAufG darf nämlich ein einzelner Wohnraum überlassen werden, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 6 m2 vorhanden ist und Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen. Dies dürfte hier im Hinblick auf die 12,5 m2 große Küche anzunehmen sein. Somit besteht aller Voraussicht nach auch kein Abwehranspruch der Antragstellerin im Hinblick auf die von ihr befürchtete Überbelegung. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner dargelegt hat, der Beigeladene zu 1 habe seinen Bauantrag für die Genehmigung einer Nutzung der Kellerräume seiner Doppelhaushälfte zur Unterbringung von Flüchtlingen zurückgezogen.

Das Vorhaben des Beigeladenen zu 1 bedarf entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Baugenehmigung im Hinblick auf die innerhalb der Doppelhaushälfte vorgenommenen Bauarbeiten. Für die Befürchtung der Antragstellerin, es könnte möglicherweise die Standsicherheit auch ihres Gebäudeteils gefährdet sein, fehlt es an einer hinreichenden Darlegung und Glaubhaftmachung eines entsprechenden Sachverhalts.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 HBO dürfen die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks nicht gefährdet werden. Diese Regelung begründet einen öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz gegen Einwirkungen, die vornehmlich durch die Gründung neu errichteter baulicher Anlagen verursacht werden können. Für eine Gefährdung im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 HBO reicht aber nicht jede entfernte Möglichkeit eines Schadens aus. Vielmehr muss im Einzelfall eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit gegeben sein, also eine konkrete Gefahr vorliegen. Dafür sind hier keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgetragen worden. Der Antragsgegner hat die durchgeführten Bauarbeiten innerhalb der Gebäudehälfte des Beigeladenen zu 1 mit der Erklärung des Dipl.-Ing. F. vom 11. Dezember 2015 beschrieben. In dieser fachlichen Stellungnahme zur statischen Unbedenklichkeit sind die durchgeführten Arbeiten im Einzelnen benannt und ihre Auswirkungen auf die Statik erläutert worden. Eine Veränderung an tragenden Teilen ist ausschließlich mit der Entfernung der im 1. Obergeschoss zwischen dem Esszimmer und der Küche vorhandenen Wandscheibe vorgenommen worden. Ausweislich der Stellungnahme ist die Wand an dieser Stelle durch einen Abfangträger ersetzt worden, der die hinreichende Standsicherheit gewährleistet. Dem ist die Antragstellerin nicht mit einem konkreten Vortrag entgegengetreten. Aus welchen Gründen die vorgelegte statische Unbedenklichkeitserklärung des Herrn F., der als Sachverständiger für die Bewertung von Gebäude-Sachschäden tätig ist, inhaltlich zweifelhaft sein könnte, erschließt sich dem Senat nicht. Daher kann dahinstehen, ob der Dipl.-Ing. F. eine Nachweisberechtigung im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 HBO besitzt.

Die vom Verwaltungsgericht angenommene formelle Illegalität der Nutzung und der Umbaumaßnahmen würde im Übrigen für die Antragstellerin als Nachbarin auch keinen Abwehranspruch begründen. Der Vortrag der Antragstellerin, der Beigeladene zu 1 benötige für sein Vorhaben eine Baugenehmigung, weil die größere Anzahl von Personen, die sich in der Doppelhaushälfte aufhalten, zu einer Erhöhung der öffentlich-rechtlichen Pflichten - wie etwa der Anzahl der vorzuhaltenden Stellplätze - geführt habe und deshalb eine Nutzungsänderung vorliege, lässt keine subjektive Rechtsposition der Antragstellerin erkennen, die verletzt sein könnte.

Lediglich ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Einzug der Flüchtlinge in die Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch keine Neubewertung der Stellplatzpflicht gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 HBO auslöst. Wie sich aus der vorstehenden Begründung des Senats ergibt, dienen die beiden in sich abgeschlossenen Wohnungen des Beigeladenen zu 1 weiterhin dem Wohnen. Damit liegt keine Nutzungsänderung vor.

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Unrecht angenommen, die Antragstellerin könne sich mit Erfolg auf die Verletzung der nachbarschützenden Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 HBO berufen.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 HBO müssen Gebäude einen ihrer Nutzung und Lage entsprechenden Schallschutz haben. Ziel dieser Regelung ist es, die Bewohner des Gebäudes vor übermäßigem Lärm zu schützen. Die Konkretisierung der Anforderung ergibt sich entsprechend den Ausführungen der Antragstellerin für Bauvorhaben aus der DIN 4109, Ausgabe 1989-11 , die mit Erlass des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 27. Juni 2003 eingeführt worden ist. Werden diese technischen Baubestimmungen beachtet, liegt für die bauliche Maßnahme ein ausreichender Schallschutz vor. Jedoch ist im vorliegenden Fall der in der DIN 4109 festgelegte technische Standard nicht für das am 28. September 1949 auf der Grundlage der Baupolizeiverordnung vom 15. August 1932 genehmigte Siedlungshaus maßgeblich. Das Gebäude genießt aufgrund dieser Baugenehmigung Bestandsschutz. Auch für den später vorgenommenen Anbau sowie die nachfolgende Aufstockung des Anbaus wurden die jeweils erforderlichen Baugenehmigungen mit Verfügungen vom 15. April 1975 und 25. Mai 1983 erteilt. Daher kann die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass für die gemeinsame Trennwand der beiden Doppelhaushälften keine schallschutztechnischen Maßnahmen ergriffen worden sind. Hieraus folgt, dass auch die schalltechnische Stellungnahme Dipl.-Ing. G. vom 16. November 2015, der als Beurteilungsgrundlage die DIN 4109 zugrunde liegt, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt.

Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich nicht daraus, dass möglicherweise zu irgendeinem Zeitpunkt nach 1975 im Obergeschoss des Bestandsgebäudes die Innenwand zwischen der Küche und dem Esszimmer entfernt worden sein könnte. Diese offene Gestaltung ist den Bauvorlagen von Mai 1983 als Bestand eingezeichnet. Andererseits war zwischen diesen beiden Räumen im September 2015 eine Wandscheibe vorhanden, die entfernt worden ist. Selbst wenn innerhalb der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 eine Wand entfernt worden sein sollte, würde diese geringfügige Veränderung nicht die Bestandskraft der im September 1949 erteilten Baugenehmigung für das Doppelhaus beseitigen.

Sollte aufgrund des fehlenden Schallschutzes an der Trennwand des Bestandsgebäudes eine konkrete Gesundheitsgefahr durch erhebliche Lärmbelästigungen für die Antragstellerin bestehen, eröffnet § 53 Abs. 3 HBO die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde, gegebenenfalls nachträgliche Anforderungen für die gemeinsame Trennwand der Doppelhaushälften zu stellen. Eine nachträgliche Anordnung nach § 53 Abs. 3 HBO greift entschädigungslos in den legalen Bestand ein. Deshalb sind an die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme hohe Anforderungen zu stellen. Da eine solche nachträgliche Anordnung jedoch bislang nicht ergangen ist, steht dem geltend gemachten Anspruch der Antragstellerin auf ausreichenden Schallschutz der Bestandsschutz des Gebäudes entgegen.

Die weiteren Darlegungen der Antragstellerin, die das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung einer mangelnden Wohnnutzung nicht geprüft hat, führen ebenfalls nicht zum Erfolg des Rechtsschutzgesuchs der Antragstellerin

Fehl geht der Einwand der Antragstellerin, die Flüchtlingsunterkunft in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen begründe höhere Brandschutzanforderungen nach § 13 Abs. 1 HBO, die nicht eingehalten worden seien. Denn wie oben bereits ausgeführt worden ist, sind die beiden in sich abgeschlossenen Wohnungen in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 rechtlich nicht als Gemeinschaftsunterkunft zu bewerten.

Schließlich begründet auch das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme aus § 15 BauNVO keinen Anspruch der Antragstellerin auf die von ihr erstrebte Nutzungsuntersagung.

Der in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO normierte Schutz vor unzumutbaren Belästigungen und Störungen ist als Ausprägung des allgemeinen Gebots der Rücksichtnahme drittschützend. Er verleiht dem betroffenen Nachbarn ein Abwehrrecht gegen ein konkretes Bauvorhaben des Nachbarn, wenn das Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird. Die Anforderungen, die das Gebot begründet, hängen von den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen des Bauherrn sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Vorhabenträger und andererseits dem Nachbarn nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Entscheidend ist letztlich, ob eine für den Nachbarn des Bauherrn unzumutbare Beeinträchtigung entsteht.

Diese Grundsätze des nachbarlichen Rücksichtnahmegebots sind hier jedoch nicht anwendbar. Der Verletzung des von der Antragstellerin angeführten Gebots der nachbarlichen Rücksichtnahme steht nämlich entgegen, dass die behaupteten Lärmimmissionen nicht mit Mitteln des Baurechts unterbunden werden können. Als unzumutbar können im nachbarschaftlichen Verhältnis nur solche Einwirkungen angesehen werden, die bei der bestimmungsgemäßen Nutzung einer baulichen Anlage typischerweise auftreten. Dann sind sie von bodenrechtlicher Relevanz und können als städtebaulicher Gesichtspunkt bei der Prüfung des Nachbarschutzes nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO Beachtung finden. Störungen, die allein durch ein Fehlverhalten einzelner Bewohner in einem benachbarten Anwesen ausgehen, können nur mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts beseitigt werden. Entsprechendes gilt für sonstige Belästigungen durch soziale Konflikte.

Ungeachtet des fehlenden Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergäbe sich nach den dargestellten Maßstäben im vorliegenden Fall keine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Rechtsverletzung. Die von den 15 Bewohnern der benachbarten Doppelhaushälfte verursachten Lärmimmissionen in dem Gebäude der Antragstellerin wären nach den konkreten Umständen nicht als unzumutbar zu bewerten.

Der Senat verkennt bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen der Verfahrensbeteiligten nicht, dass der von den 15 Bewohnern in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 verursachte Lärm wegen des Fehlens technischer Lärmschutzmaßnahmen an der gemeinsamen Trennwand des Siedlungshauses zu einem erheblichen Teil in die Gebäudehälfte der Antragstellerin übertragen wird. Eine besondere Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin ergibt sich daraus, dass nach den Grundrissen ihr Schlafzimmer unmittelbar an diese Trennwand angrenzt.

Unabhängig von diesen Gesichtspunkten ist die Behauptung der Antragstellerin rechtlich unerheblich, die Lärmimmissionen würden die nach § 48 Abs. 1 BImSchG i. V. m der TA-Lärm vom 26. August 1998 für ein reines Wohngebiet genannten Richtwerte übersteigen. Die Maßstäbe der TA-Lärm können nämlich nach dem in Nr. 1 genannten Anwendungsbereich nur herangezogen werden, wenn Geräusche zu bewerten sind, die von technischen Anlagen ausgehen. Bei den von der Antragstellerin gerügten Beeinträchtigungen handelt es sich jedoch um verhaltensbedingte Lärmimmissionen. Sie sind mit dem Lärm von Anlagen nicht vergleichbar.

Ungeachtet des mangelnden Anwendungsbereichs des Rücksichtnahmegebots fällt bei der Bewertung der widerstreitenden nachbarlichen Interessen zu Ungunsten der Antragstellerin ins Gewicht, dass sich aus ihren Darlegungen keine Hinweise auf einen nachträglichen Einbau von lärmschützenden Baumaterialien auf ihrer Seite der gemeinsamen Trennwand ergibt. Ihr ist es aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, von dem Beigeladenen zu 1 Maßnahmen zu verlangen, die sie selbst nicht durchgeführt hat, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hat.

Zugunsten des Beigeladenen zu 1 ist zu berücksichtigen, dass das Gebäude Bestandsschutz genießt. Es hat auch keine Nutzungsänderung stattgefunden. Die in dem Anwesen untergekommenen 15 Flüchtlinge wohnen in den beiden in sich abgeschlossenen Wohnungen. Ihre Wohnnutzung unterscheidet sich nicht grundlegend von sonstigen Formen des Zusammenwohnens von Großfamilien oder Wohngemeinschaften. Eine Beschränkung der Personenzahl, die in eine Wohnung aufgenommen werden darf, ergibt sich weder aus dem Bauplanungsrecht noch aus dem Bauordnungsrecht. Allein die Regelungen in § 7 HessWoAufG enthalten Grenzen für die Belegung von Wohnungen. Der dort genannte Flächenbedarf pro Person ist hier indes erfüllt. Im Hinblick auf diese Rechtslage muss ein Nachbar es grundsätzlich hinnehmen, wenn eine aus sieben oder acht Personen bestehende Familie oder eine entsprechend große Wohngemeinschaft in eine Drei-Zimmer-Wohnung einzieht.

Als weiterer Gesichtspunkt für die Zumutbarkeit der gerügten Beeinträchtigungen tritt hinzu, dass gegenwärtig ein enormer Bedarf an Wohnraum für Flüchtlinge besteht. Dieser Sachverhalt hat auch in den zwei Novellierungen des Baugesetzbuches vom 20. November 2014 und vom 20. Oktober 2015 Eingang in das Bauplanungsrecht gefunden. Im Anwendungsbereich der geänderten Normen ist dieser Wohnbedarf als Grund des Allgemeinwohls zu berücksichtigen. Das damit ausdrücklich normierte öffentliche Interesse an der Schaffung ausreichenden Wohnraums für Flüchtlinge ist bei der Bewertung der nachbarlichen Interessenlage zugunsten des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 2 einzustellen.

Nach alledem ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §161 Abs. 2 Satz 1 VwGO und § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden. Sie sind der Antragstellerin aufzuerlegen, weil ihr Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlass einer Baueinstellungsverfügung aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt hätte. Im Übrigen hat die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der beiden Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig. Es entspricht nämlich nicht der Billigkeit, ihre Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen. Denn die Beigeladenen haben im Verfahren keine Anträge gestellt.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat bringt für jeden der beiden Anträge der Antragstellerin einen Teilstreitwert in Höhe von 2.500,00 € in Ansatz. Hieraus errechnet sich der festgesetzte Gesamtstreitwert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.