Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Apr. 2018 - 6 A 11905/17

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2018:0417.6A11905.17.00
bei uns veröffentlicht am17.04.2018

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Rückerstattung einer von ihm entrichteten Vorausleistung auf einen einmaligen Beitrag für den Ausbau der Ortsstraße im Bereich des ... in ....

2

Nachdem der Kläger als Eigentümer eines Anliegergrundstücks der ausgebauten Verkehrsanlage mit Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 1999 zu einer Vorausleistung in Höhe von umgerechnet 7.095,71 € auf den Ausbaubeitrag herangezogen worden war, diesen Betrag gezahlt und Widerspruch eingelegt hatte, erging der endgültige Beitragsbescheid (erst) unter dem Datum vom 9. Oktober 2008. Mit diesem und den weiteren Bescheiden vom 8. Dezember 2010, vom 28. März 2011 und vom 30. September 2014 wurde die Beitragsschuld – gegenüber dem Vorausleistungsbetrag – um insgesamt 1.868,78 € ermäßigt; dieser Betrag wurde dem Kläger zwischenzeitlich erstattet.

3

Diesen endgültigen Ausbaubeitragsbescheid vom 9. Oktober 2008 sowie die Änderungsbescheide vom 8. Dezember 2010, vom 28. März 2011 und vom 30. September 2014 hob die Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 auf.

4

Daraufhin forderte der Kläger die Beklagte zur Erstattung des von ihm entrichteten und noch nicht zurückgezahlten Betrags auf. Mit Schreiben vom 5. November 2015 lehnte die Beklagte eine Erstattung über die bereits erfolgte hinaus ab.

5

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

6

Nach Zurückweisung seines gegen die Entscheidung vom 5. November 2015 eingelegten Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 27. April 2016 hat der Kläger Klage erhoben, der das Verwaltungsgericht in ganz überwiegendem Umfang stattgegeben hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagten stehe kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Vorausleistung in Höhe von (noch) 5.227,01 € zu; sämtliche endgültigen Beitragsbescheide habe die Beklagte aufgehoben; ferner sei der endgültige Beitragsanspruch festsetzungsverjährt. Auch der Vorausleistungsbescheid vom 4. Oktober 1999 stelle nach Erlass des endgültigen Beitragsbescheids und Eintritt der Festsetzungsverjährung keinen Behaltensgrund dar. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Tilgungswirkung gezahlter Erschließungsbeitragsvorausleistungen hinsichtlich des endgültigen Beitragsanspruch im Zeitpunkt seiner Entstehung sei auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar. Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Vorausleistung könne nur ein wirksamer endgültiger Heranziehungsbescheid sein.

7

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor, die Zahlung des Vorausleistungsbetrags habe zur Folge, dass die endgültige Beitragspflicht im Zeitpunkt ihrer Entstehung erlösche, ohne dass es eines endgültigen Beitragsbescheids bedürfe. Der Vorausleistungsbescheid habe sich außerdem mit Ablauf der Festsetzungsfrist in einen endgültigen Beitragsbescheid umgewandelt. Festsetzungsverjährung sei daher nicht eingetreten. Nach Aufhebung der endgültigen Beitragsbescheide sei der Vorausleistungsbescheid als Behaltensgrund für die geleistete Zahlung wieder aufgelebt. Ungeachtet dessen sei ein Erstattungsanspruch des Klägers durch Zahlungsverjährung erloschen, weil der Rückzahlungsanspruch im Jahr 2002 entstanden sei.

8

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. Januar 2017 die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

10

Er verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil und bekräftigt seine Auffassung, der Vorausleistungsbescheid stelle keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der streitigen Zahlung dar, weil dieser Bescheid nicht auf einer konkreten Aufwandsermittlung beruhe. Die Beitragsforderung sei zudem verjährt, so dass auch eine Umdeutung des Vorausleistungsbescheids in einen endgültigen Beitragsbescheid nicht möglich sei. Da sich der Vorausleistungsbescheid durch den Erlass des Heranziehungsbescheids vom 9. Oktober 2008 erledigt habe, der später – wie die Änderungsbescheide – aufgehoben worden sei, bestehe kein Rechtsgrund mehr für die Beklagte, die streitbefangene Zahlung zu behalten. Selbst wenn man von einer Umwandlung des Vorausleistungsbescheids ausgehe, sei dieser durch die nachfolgenden endgültigen Beitragsbescheide und schließlich durch den Aufhebungsbescheid vom 19. Oktober 2015 in seiner "umgewandelten Gestalt" unwirksam worden.

11

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen, aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen sowie aus den Gerichtsakten der Verfahren 1 K 111/15.NW, 4 K 1029/11.NW, 4 K 1019/11.NW und 4 K 614/13.NW, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

13

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zutreffend zum Erlass eines Abrechnungsbescheids (1.) des Inhalts verpflichtet, dass sie dem Kläger einen weiteren Betrag von 5.227,01 € zu erstatten hat (2.).

14

1. Nach der Rechtsprechung des Senats (OVG RP, Beschluss vom 11. Oktober 2017 – 6 A 11201/16.OVG –, esovgrp) ist ein Anspruch auf Erstattung einer gezahlten Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag zunächst nach § 3 Abs. 1 Nrn. 2 und 5 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – i. V. m. §§ 218 Abs. 2 Satz 2, 37 Abs. 2 der AbgabenordnungAO − durch einen „Abrechnungsbescheid“ festzusetzen. Dies gilt auch für die Erstattung einer auf einen einmaligen Ausbaubeitrag gezahlten Vorausleistung. Das Verwaltungsgericht hat dementsprechend zu Recht die Verpflichtungsklage des Klägers für zulässig erachtet.

15

2. Mit dem angefochtenen Urteil wurde diesem Begehren des Klägers unter Abänderung der Entscheidung der Beklagten vom 5. November 2015 und des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2016 zutreffend im Umfang von (weiteren) 5.227,01 € stattgegeben. In dieser Höhe kann der Kläger die Rückzahlung der von ihm entrichteten Ausbaubeitragsvorausleistung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG i.V.m. § 37 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO verlangen. Danach hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung einer Abgabe bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags, wenn dieser ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde oder wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt. So liegen die Dinge hier.

16

Denn die Beklagte hat keinen Rechtsgrund (mehr), die vom Kläger entrichtete Vorausleistung im Umfang von 5.227,01 € zu behalten. Ein solcher kann sich – wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat – grundsätzlich nur aus einem wirksamen Beitragsbescheid ergeben. Sowohl der Vorausleistungsbescheid vom 4. Oktober 1999 (a) als auch der endgültige Beitragsbescheid (b) mit seinen Änderungen scheiden als Behaltensgrund aus. Die Beklagte darf die Vorausleistung in Höhe von 5.227,01 € ferner nicht mit Rücksicht auf die von ihr angenommene Tilgungswirkung der Zahlung in Bezug auf die endgültige Beitragsschuld behalten (c). Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist auch nicht verjährt (d).

17

a) Die vom Kläger entrichtete Vorausleistung beruhte zunächst auf dem Vorausleistungsbescheid vom 4. Oktober 1999, der jedoch mittlerweile nicht mehr wirksam ist. Das gilt unabhängig davon, ob er sich gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO mit Ablauf der Festsetzungsfrist in einen endgültigen Beitragsbescheid umgewandelt hat oder ob eine solche Umwandlung nicht stattgefunden hat. Dass die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2006 endete, ist in dem angefochtenen Urteil ausführlich und zutreffend begründet worden. Darauf wird verwiesen.

18

aa) Ist der Vorausleistungsbescheid nicht zu einem endgültigen Beitragsbescheid geworden, erledigte er sich spätestens mit dem Erlass des Heranziehungsbescheids vom 9. Oktober 2008. Denn von einem Vorausleistungsbescheid, dessen Leistungsgebot bzw. Zahlungsanforderung durch Zahlung erloschen ist, gehen keine Rechtswirkungen mehr aus, sobald der endgültige Heranziehungsbescheid auch dessen zweiten Regelungsinhalt, nämlich die Festsetzung der Abgabe, ersetzt und damit gegenstandslos werden lässt. Der endgültige Heranziehungsbescheid löst den Vorausleistungsbescheid ab, weil er nunmehr grundsätzlich den Rechtsgrund für das (endgültige) Behaltendürfen der Vorausleistung darstellt, soweit sie den endgültig festgesetzten Beitrag nicht übersteigt (vgl. OVG RP, Urteil vom 18. Oktober 2017 – 6 A 11862/16.OVG –, juris; OVG RP, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 6 A 10853/14.OVG –, AS 43, 139 = KStZ 2015, 75; OVG RP, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 6 A 11236/08.OVG –; ähnlich BayVGH, Urteil vom 3. Februar 2000 – 6 B 95.2367 –, juris; OVG NW, Urteil vom 16. März 1977 – II A 588/74 –, juris; HessVGH, Urteil vom 7. Dezember 1978 – V OE 95/77 –, juris; vgl.hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1997 – 8 B 244.97 –, NVwZ-RR 1998, 577; BFH, Beschlüsse vom 3. Juli 1995 – GrS 3/93 – BFHE 178, 11 <14 f.> und vom 23. Juni 1993 – X B 134/91 – BFHE 172, 9 <14 f.>).

19

Mit dem Erlass des endgültigen Beitragsbescheids bringt die Gemeinde zum Ausdruck, dass sie vom Entstehen der (endgültigen) Beitragspflicht in einer bestimmten Höhe ausgeht und die Vorfinanzierung im Umfang einer lediglich prognostizierten Beitragslast beendet (vgl. OVG RP, Urteil vom 18. Oktober 2017 – 6 A 11862/16.OVG –, juris ; OVG NW, Beschluss vom 30. Juni 2009 – 15 B 524/09 –, KStZ 2009, 154). Der endgültige Bescheid hat (auch) die Funktion, die nur vorläufig gezahlte Vorausleistung auf eine neue endgültige Rechtsgrundlage zu stellen (vgl. VGH BW, Urteil vom 27. April 1989 – 2 S 2043/87 –, juris). Rechtsgrund für das weitere Behaltendürfen einer bereits erfolgten Vorausleistung soll der endgültige Beitragsbescheid sein (OVG NW, Beschluss vom 30. Juni 2009 – 15 B 524/09 –, KStZ 2009, 154). Damit erledigt sich der Vorausleistungsbescheid durch den Erlass des endgültigen Beitragsbescheids gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 KAG i. V. m. § 124 Abs. 2 AO „auf andere Weise“ (so im Ergebnis bereits OVG RP, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 6 A 10853/14.OVG –, AS 43, 139 = KStZ 2015, 75).

20

bb) Wenn man den Vorausleistungsbescheid als eine Beitragserhebung unter Vorbehalt der Nachprüfung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i. V. m. § 164 Abs. 1 Satz 2 AO betrachtet (vgl. OVG RP, Beschluss vom 17. Dezember 2008 – 6 A 10941/08.OVG –, esovgrp; OVG RP, Beschluss vom 14. Mai 2007 – 6 A 11494/06.OVG –, KStZ 2008, 32), entfällt dieser Vorbehalt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO). Unter dieser Voraussetzung hat mit Ablauf der Festsetzungsfrist (31. Dezember 2006) eine Umwandlung des Vorausleistungsbescheids vom 4. Oktober 1999 in einen endgültigen Beitragsbescheid stattgefunden. Ein in dieser Weise umgewandelter Bescheid hätte sich aber ebenfalls durch Erlass des Ausbaubeitragsbescheids vom 9. Oktober 2008 nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 KAG i. V. m. § 124 Abs. 2 AO erledigt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 17. Dezember 2008 – 6 A 10941/08.OVG –, esovgrp). In aller Regel ersetzt nämlich ein zeitlich später ergehender Beitragsbescheid einen früher erlassenen. Das gilt insbesondere, wenn − wie hier − der spätere Bescheid auf einer neuen Berechnung beruht und einen von dem älteren Bescheid abweichenden Betrag festsetzt.

21

cc) Durch die Aufhebung des Heranziehungsbescheids vom 9. Oktober 2008 lebte der Vorausleistungsbescheid nicht wieder auf, und zwar weder als solcher (vgl. OVG RP, Urteil vom 18. Oktober 2017 – 6 A 11862/16.OVG –, juris) noch als zu einem endgültigen Beitragsbescheid umgewandelter Bescheid (vgl. OVG RP, Beschluss vom 17. Dezember 2008 – 6 A 10941/08.OVG –, esovgrp).

22

Wie der Senat in seinem Urteil vom 18. Oktober 2017 (– 6 A 11862/16.OVG –, juris) bereits ausgeführt hat, beendet die Gemeinde mit der Festsetzung der (endgültigen) Beitragsschuld in einer bestimmten Höhe die Vorfinanzierung durch den Vorausleistungsbescheid. Sie behält sich mit dem Erlass des endgültigen Beitragsbescheids nicht stillschweigend vor, für den Fall, dass dieser rechtskräftig aufgehoben wird, zu der lediglich auf einer Prognose beruhenden vorläufigen Beitragsfestsetzung zurückzukehren und an dieser trotz der mittlerweile endgültig berechneten Beitragslast festzuhalten (vgl. hierzu VGH BW, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 2 S 2555/09 –, KStZ 2011, 117). Vielmehr steht der Vorausleistungsbescheid hinsichtlich der Abgabenfestsetzung (und auch als Rechtsgrund für das Behaltendürfen einer gezahlten Vorausleistung) von vornherein gleichsam unter der auflösenden Bedingung des Erlasses des endgültigen Heranziehungsbescheids.

23

Eine hiervon abweichende Betrachtung ist nach Auffassung des Senats (Urteil vom 18. Oktober 2017 – 6 A 11862/16.OVG –, juris, mit klarstellendem Hinweis zu dem Senatsbeschluss vom 10. März 2010 − 6 B 11298/09.OVG −) auch dann nicht mit Rücksicht auf den Vorfinanzierungszweck der Vorausleistung gerechtfertigt, wenn dem Vorausleistungsbescheid die Mängel, derentwegen der endgültige Bescheid aufgehoben wird, nicht anhaften. Erweist sich nämlich ein endgültiger Beitragsbescheid rechtskräftig als rechtswidrig, besteht im Allgemeinen keine sachliche Rechtfertigung mehr für das Behaltendürfen der nicht mehr von einer Beitragsschuld gedeckten Vorausleistung. Die Rückzahlung des entrichteten Betrags führt nicht zu einer Verfehlung des mit der Vorausleistungserhebung verfolgten Zwecks der Vorfinanzierung, der darin besteht, der Gemeinde schon vor dem Entstehen der (endgültigen) Beitragspflicht die für den Ausbau notwendigen finanziellen Mittel zu verschaffen. Dieser Vorfinanzierungszweck reicht nach Grund und Höhe nicht weiter als der voraussichtliche Beitragsanspruch. Er wird damit begrenzt durch den eine Vorausleistung ebenfalls charakterisierenden Zweck, zur Anrechnung auf die endgültige Beitragsschuld zu dienen. Kann aber diese Zweckbestimmung nicht mehr erreicht werden, entfällt der Rechtsgrund für eine gezahlte Vorausleistung.

24

b) Als Rechtsgrund, die gezahlte Vorausleistung behalten zu dürfen, kommt auch der endgültige Beitragsbescheid mit seinen Änderungen nicht in Betracht. Der Ausbaubeitragsbescheid vom 9. Oktober 2008 sowie die Änderungsbescheide vom 8. Dezember 2010, vom 28. März 2011 und vom 30. September 2014 wurden nämlich von der Beklagten mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 aufgehoben.

25

Da die Festsetzungsfrist für den Erlass eines endgültigen Beitragsbescheids mit Ablauf des 31. Dezember 2006 endete (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i. V. m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO), kann – worauf das Verwaltungsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat – eine neue Heranziehung des Klägers nicht mehr erfolgen.

26

c) Die Beklagte darf die geforderte Erstattung der Vorausleistung in Höhe von 5.227,01 € auch nicht mit Rücksicht auf die von ihr angenommene Tilgungswirkung der Zahlung in Bezug auf die endgültige Beitragsschuld ablehnen. Rechtsgrund für das Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung auf Dauer kann nur ein wirksamer (endgültiger) Beitragsbescheid in entsprechender Höhe sein.

27

aa) Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht für das Erschließungsbeitragsrecht wiederholt entschieden, dass eine tatsächlich erbrachte Vorausleistung die Beitragsschuld ipso facto, also ohne dass es hierzu eines Verwaltungsakts bedarf, in dem Zeitpunkt tilgt, in dem die endgültige sachliche Beitragspflicht für das betreffende Grundstück entsteht (BVerwG, Urteil vom 5. September 1975 – IV CB 75.73 –, NJW 1976, 818; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 – 8 C 14.94 – Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 125 S. 17; BVerwG, Urteil vom 19. März 2009 – 9 C 10.08 –, NVwZ 2009, 848). Diese Tilgungswirkung ergibt sich danach aus dem Wesen der Vorausleistung und aus ihrem Verhältnis zur endgültigen Beitragspflicht, wie sie in § 133 Abs. 3 des BaugesetzbuchsBauGB – ihre gesetzliche Regelung gefunden haben, insbesondere aus § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB, wonach die Vorausleistung mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen ist. Das bedeutet nach dieser Rechtsprechung, dass die Vorausleistung dazu bestimmt ist, die spätere Beitragsforderung der Gemeinde in dem Umfange des Vorausleistungsbetrags zu tilgen. Da die Beitragsforderung bereits im Zeitpunkt ihres Entstehens – schon vor Erlass des Erschließungsbeitragsbescheids – derartig voll als Anspruch ausgestaltet sei, dass sie das Beitragsschuldverhältnis in Bezug auf das jeweilige Grundstück und gegenüber dem Beitragspflichtigen begründe, sei sie auch geeignet, durch die Vorausleistung in deren Umfange getilgt zu werden, so dass damit die der Vorausleistung gesetzlich wesenseigene und von vornherein zugedachte Erfüllungswirkung eintrete. Die Tatsache der Vorausleistung wirke sich im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht nicht anders aus, als es für eine in diesem Zeitpunkt erfolgende Leistung zuträfe: Ihre Erfüllungswirkung sei nur so lange aufgeschoben gewesen, wie es noch an dem Beitragsanspruch gefehlt habe, zu dessen Erfüllung sie letztlich dienen sollte (BVerwG, Urteil vom 5. September 1975 – IV CB 75.73 –, NJW 1976, 818).

28

Wie erwähnt, beruht diese Rechtsprechung neben dem Wesen der Vorausleistung auf der Regelung des § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Danach ist die Vorausleistung mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. In ähnlicher Weise ist § 11 Abs. 10 Satz 2 des Hessischen Gesetzes über kommunale Abgaben formuliert. Nach dieser Bestimmung ist die Vorausleistung auf die endgültige Beitragsschuld anzurechnen, auch wenn der oder die Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Dem entsprechend geht der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 8. September 2011 – 5 A 1197/11.Z –, juris) von einer Tilgungswirkung der gezahlten Vorausleistung hinsichtlich der endgültigen Ausbaubeitragsschuld ipso facto aus (so auch Driehaus in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Stand 03/2018, § 8 Rn. 145).

29

bb) Auf das rheinland-pfälzische Ausbaubeitragsrecht ist diese Rechtsprechung indessen nicht anzuwenden. Nach dem gemäß § 10 Abs. 8 KAG für einmalige Ausbaubeiträge entsprechend geltenden § 7 Abs. 5 Satz 3 KAG werden die Vorausleistungen der Person angerechnet, an die der Bescheid über den endgültigen Beitrag ergeht; dies gilt auch, wenn überschüssige Vorausleistungen zu erstatten sind. Dieser von der Bestimmung des § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB abweichende Wortlaut erwähnt das Ergehen des endgültigen Beitragsbescheids im Zusammenhang mit der Anrechnung einer gezahlten Vorausleistung. Damit spricht diese Formulierung für die Auslegung, eine gezahlte Vorausleistung bewirke eine Tilgung der endgültigen Beitragsschuld durch Anrechnung erst mit dem Ergehen des endgültigen Heranziehungsbescheids, nicht aber bereits mit dem Entstehen der Beitragsschuld. Auch aus § 155 Abs. 1 AO, der gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG entsprechend anzuwenden ist, ergibt sich, dass grundsätzlich ein (endgültiger) Beitragsbescheid zu erlassen ist. Im Regelfall bewirkt daher erst ein solcher Bescheid die Tilgung der Beitragsschuld in der durch ihn festgesetzten Höhe aufgrund der gezahlten Vorausleistung (ebenso OVG NW, Beschluss vom 30. Juni 2009 – 15 B 524/09 –, KStZ 2009, 154) und stellt den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Vorausleistung in Höhe der endgültig entstandenen Beitragsschuld dar (so auch OVG SH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 2 LB 14/11 –, juris).

30

Gestützt wird diese Auffassung durch den Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 5. September 1975 (– IV CB 75.73 –, NJW 1976, 818) auf die Notwendigkeit, den Erschließungsbeitrag durch einen Beitragsbescheid festzusetzen. Unabhängig von einer zuvor bereits eingetretenen Tilgung durch Verrechnung mit der Vorausleistung ist danach die Festsetzung des (endgültigen) Erschließungsbeitrags erforderlich, um mit der dem Bescheid eigenen Unanfechtbarkeitswirkung und Bestandskraftwirkung zu bestimmen, in welcher Höhe die Beitragsforderung der Gemeinde noch nicht befriedigt oder durch eine zu hohe Vorausleistung etwa übererfüllt ist. Der Beitragspflichtige müsse durch den Bescheid die Möglichkeit erhalten, die Berechnung des Beitrages nachzuprüfen und erforderlichenfalls durch Anfechtung gerichtlich nachprüfen zu lassen. Diese Erwägungen sind überzeugend, zumal das Entstehen der Beitragspflicht und ihr gleichzeitiges Erlöschen durch eine auf der Grundlage einer Schätzung festgesetzte Vorausleistung häufig zu Unklarheiten über den Umfang einer eingetretenen Tilgung führen dürften, die der Betroffene nur durch Klage auf Erlass eines Erstattungsbescheids in Höhe eines von ihm selbst berechneten Betrags beseitigen könnte.

31

d) Der Anspruch des Klägers auf Festsetzung der Erstattung ist nicht verjährt. Die für einen Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids i. S. d. § 3 Abs. 1 Nrn. 2 und 5 KAG i. V. m. §§ 218 Abs. 2 Satz 2, 37 Abs. 2 AO geltende vierjährige Festsetzungsfrist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 11. Oktober 2017 – 6 A 11201/16.OVG –, esovgrp) begann mit dem Ablauf des 31. Dezember 2006 zu laufen, als die Festsetzungsverjährung für den Erlass eines endgültigen Beitragsbescheids eintrat. Der damit ausgelöste Fristenlauf endete jedoch mit dem Erlass des Ausbaubeitragsbescheids vom 9. Oktober 2008. Denn mit diesem entstand ein neuer Rechtsgrund für die Beklagte, die gezahlte Vorausleistung in Höhe des (endgültig) festgesetzten Beitrags behalten zu dürfen. Auch wenn dieser Bescheid nach Ablauf der für ihn geltenden Festsetzungsfrist erging, war er nicht etwa nichtig, sondern wirksam. Ein Anspruch auf Erstattung der Vorausleistung bestand für den Zeitraum der Wirksamkeit des Ausbaubeitragsbescheids vom 9. Oktober 2008 nicht, der erst mit dessen Aufhebung durch Bescheid vom 19. Oktober 2015 endete. In diesem Zeitraum konnte der Kläger deshalb auch den Erlass eines Abrechnungsbescheids über einen Erstattungsbetrag nicht verlangen. Mit dem Aufhebungsbescheid vom 19. Oktober 2015 entfiel dieser Behaltensgrund; gleichzeitig erlangte der Kläger erneut einen Erstattungs- und Abrechnungsanspruch, den er unmittelbar danach, also innerhalb der Festsetzungsfrist, geltend machte.

32

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

34

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Beschluss

35

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.227,01 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. Okt. 2010 - 2 S 2555/09

bei uns veröffentlicht am 12.10.2010

Tenor Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. März 2009 - 1 K 1237/07 - werden zurückgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.Die Revision wird nicht zugelassen. Ta

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Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. März 2009 - 1 K 1237/07 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen einen Vorauszahlungsbescheid.
Die Kläger sind Eigentümer des im Gebiet der Beklagten gelegenen Grundstücks ... …. Mit Bescheid vom 12.1.2007 setzte die Beklagte die von ihnen für das Jahr 2006 zu bezahlenden Abwassergebühren auf 581,21 EUR fest und verlangte ferner zum 15.3., 15.5., 15.7., 15.9. und 15.11.2007 fällig werdende Abschlagszahlungen auf die Abwassergebühren für das Jahr 2007 in Höhe von jeweils 97 EUR. Nachdem die Beklagte mit Satzung vom 25.9.2007 den Abwassergebührensatz rückwirkend zum 1.1.2007 von 3,61 EUR/m³ auf 3,35 EUR/m³ reduziert hatte, ermäßigte sie mit Bescheid vom 29.10.2007 die am 15.11.2007 fällig werdende Abschlagszahlung auf 90 EUR.
Gegen beide Bescheide legten die Kläger Widerspruch ein, über den bisher nicht entschieden wurde.
Die Kläger haben am 8.6.2007 beim Verwaltungsgericht Freiburg (Untätigkeits-) Klage erhoben und zuletzt beantragt, den Bescheid vom 12.1.2007 aufzuheben, soweit er die zum 15.3., 15.5., 15.7. und 15.9.2007 fällig gewordenen Abschlagszahlungen betrifft. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens setzte die Beklagte mit Bescheid vom 8.2.2008 die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren auf 542,70 EUR fest und forderte die Kläger zur Zahlung des die geforderten Abschläge von insgesamt 478 EUR übersteigenden Betrags auf. Der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage gab das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25.3.2009 statt. Es begründete seine Entscheidung damit, dem Bescheid fehle es an der erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage, da der von der Beklagten verwendete einheitliche Frischwassermaßstab keine gültige Maßstabsregelung zur Ermittlung der Abwassergebühren sei.
Die gegen den Bescheid vom 12.1.2007 gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom gleichen Tag als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Rechtsschutzinteresse der Kläger sei mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 entfallen. Die sich aus dem Bescheid vom 12.1.2007 ergebende Zahlungsaufforderung habe sich bereits mit der Bezahlung der geforderten Abschläge erledigt. Mit dem Erlass des Gebührenbescheids habe sich auch der übrige Regelungsgegenstand des Bescheids erledigt, da mit der Festsetzung der Gebühr der Vorausleistungsbescheid als Rechtsgrund für das Behaltendürfen der geleisteten Zahlungen abgelöst worden sei. Dies gelte auch dann, wenn der endgültige Bescheid noch nicht bestandskräftig sei. Bei einer Aufhebung des endgültigen Bescheids entfalle der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der geleisteten Zahlungen. Der Vorausleistungsbescheid könne auch in diesem Fall nicht mehr als Rechtsgrundlage herangezogen werden, da er sich bereits durch den Erlass des endgültigen Bescheids erledigt habe.
Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat mit Beschluss vom 23.11.2009 zugelassene Berufung der Kläger. Die Kläger machen geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe sich der angefochtene Vorausleistungsbescheid nicht erledigt. Das Verwaltungsgericht lasse unberücksichtigt, dass die endgültige Abwassergebührenschuld des Jahres 2007 noch entstehen könne, da die Beklagte die vom Verwaltungsgericht für nichtig erklärte Satzung durch eine rückwirkend in Kraft tretende neue Satzung ersetzen könne. Die Gemeinde habe in einem solchen Fall ein legitimes Interesse, den gezahlten Betrag trotz der Aufhebung des endgültigen Bescheids behalten zu dürfen. Die Erledigung des Vorausleistungsbescheids trete daher erst mit der Bestandskraft des endgültigen Bescheids ein. Da sich der Bescheid auf eine nichtige Satzung stütze, sei er rechtswidrig und müsse aufgehoben werden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.3.2009 - 1 K 1237/07 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 12.1.2007 aufzuheben, soweit er die zum 15.3., 15.5., 15.7. und 15.9.2007 fällig gewordenen Abschlagszahlungen auf die Abwassergebühr für das Jahr 2007 betrifft.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufungen zurückzuweisen.
12 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die Berufungen der Kläger sind unbegründet. Mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008, mit dem die Beklagte die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren endgültig festgesetzt hat, hat der angefochtene Vorausleistungsbescheid seine Wirkung verloren und sich damit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 b KAG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen danach zu Recht als unzulässig abgewiesen, da den Klägern für die begehrte Aufhebung des Vorausleistungsbescheids das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt.
16 
Vorausleistungsbescheide enthalten ebenso wie endgültige Abgabenbescheide regelmäßig zwei rechtlich selbständige Regelungen, nämlich zum einen die - vorläufige - Festsetzung des geschuldeten Betrags und zum anderen ein an den Adressaten des Bescheids gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrags. Um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Abgabenbescheid zu beantworten, müssen dementsprechend beide Regelungsgegenstände in die Betrachtung einbezogen werden. Nach dem Erlass eines Vorausleistungsbescheids erfolgte Zahlungen lassen das in dem Bescheid enthaltene Leistungsgebot entfallen. Da die Kläger die geforderten Abschlagszahlungen erbracht haben, kommt deshalb dem angefochtenen Bescheid jedenfalls insoweit keine die Kläger belastende Regelungswirkung mehr zu. Was die in dem Bescheid ferner enthaltene Festsetzung betrifft, ist der Bescheid durch den später erlassenen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst worden, der nunmehr den Rechtsgrund für das (endgültige) Behaltendürfen der - zunächst vorläufig erbrachten - Gebühr darstellt. Der angefochtene Bescheid hat sich damit auch insoweit erledigt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist diese Wirkung nicht von dem Fortbestand des endgültigen Gebührenbescheids abhängig. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daher nichts dem Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Kläger und der daraus folgenden Unzulässigkeit ihrer Klagen.
17 
1. Die Frage, ob die einen Vorausleistungsbescheid ablösende Wirkung des endgültigen Abgabenbescheids von dessen Bestandskraft abhängt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Für das Beitragsrecht wird überwiegend angenommen, dass sich das Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung vom Zeitpunkt des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheids allein nach diesem Bescheid beurteile und weder von seiner sofortigen Vollziehbarkeit noch von seiner Fortexistenz abhängig sei (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.6.2009 - 15 B 524/09 - KStZ 2009, 154; BayVGH, Urt. v. 3.7.2006 - 03.2544 - BayVBl 2007, 533; OVG Sachsen, Beschl. v. 20.8.2009 - 5 B 265/09 - Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 21 Rn. 39). Das Gleiche wird vom OVG Thüringen (Beschl. v. 29.6.2001 - 4 ZEO 917/97 - Juris) für das Gebührenrecht vertreten. Diese Auffassung entspricht der des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 3.7.1995 - GrS 3/93 - BFHE 178, 11; Vorlagebeschl. v. 23.6.1993 - X B 134/91 - BFHE 143, 101) über das Verhältnis zwischen dem endgültigen Einkommensteuerbescheid und einem Vorauszahlungsbescheid. Danach verliert der Vorauszahlungsbescheid seine Wirkung spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Steuerbescheid für den entsprechenden Veranlagungszeitraum wirksam bekanntgegeben worden ist, da ab diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Steuerfestsetzung allein der Einkommensteuerbescheid maßgebend sei. Der Jahressteuerbescheid könne zwar geändert oder aufgehoben werden. Er könne aber nicht mit der Wirkung aufgehoben werden, dass an seine Stelle wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden.
18 
Demgegenüber hat der Senat in seinem die Erhebung eines Anschlussbeitrags betreffenden Urteil vom 27.4.1989 - 2 S 2043/87 - (Juris) entschieden, dass der Vorauszahlungsbescheid als Rechtsgrundlage für die geleistete Zahlung wieder Rechtswirksamkeit erlange, wenn der endgültige Beitragsbescheid mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werde, da in Folge der Rücknahme der ursprüngliche Rechtszustand in vollem Umfang wiederhergestellt werde. Er hat dementsprechend angenommen, die mit dem Erlass des den endgültigen Beitragsbescheids eintretende Ablösung des Vorauszahlungsbescheids als Rechtsgrundlage für die geleisteten Zahlungen sei von der Fortexistenz des endgültigen Beitragsbescheids abhängig. In Übereinstimmung damit vertritt das OVG Schleswig (Urt. v. 27.1.2009 - 2 LB 43/08 - NVwZ-RR 2009, 627) für das Straßenausbaubeitragsrecht die Meinung, der Rechtsstreit über die Anfechtung eines Vorauszahlungsbescheids erledige sich nicht durch das Wirksamwerden des Bescheids über den endgültigen Beitrag. Denn werde der endgültige Bescheid in einem Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben, wirke dies auf den Zeitpunkt seines Erlasses zurück und sei der Bescheid als nicht erlassen zu behandeln. Damit entfalle rückwirkend die Ablösungswirkung und wirke die Festsetzung des Vorauszahlungsbescheids fort.
19 
2. Die genannte Frage bedarf anlässlich des vorliegenden Verfahrens nur insoweit einer Beantwortung, als sie sich auf das Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigen Gebührenbescheid im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses (§ 15 KAG) bezieht. Jedenfalls was dieses Verhältnis betrifft, schließt sich der Senat der auch vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung an, wonach ein Vorausleistungsbescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird, ohne dass es auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit ankommt.
20 
Nach § 15 KAG kann durch Satzung bestimmt werden, dass auf die Gebührenschuld im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses angemessene Vorauszahlungen zu leisten sind. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um vorläufige Leistungen auf die künftige Gebührenschuld, die mit der später nach dem Entstehen der Gebührenschuld festzusetzenden Gebühr zu verrechnen sind. Aus dem Wesen der Vorauszahlung ergibt sich, dass bei ihrer Festsetzung das voraussichtliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung durch den Pflichtigen zugrunde zu legen ist, das seinerseits unter Berücksichtigung des bisherigen Umfangs der Benutzung festzulegen ist (HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 - Juris; Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 Rn. 694). Die Vorauszahlungen können danach nur aufgrund einer regelmäßig auf dem Ergebnis der letzten Veranlagung beruhenden Prognose festgesetzt werden. Das steht der Annahme entgegen, dass mit der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids, mit dem auf der Grundlage des nunmehr feststehenden Umfangs der Benutzung die Gebührenschuld bestimmt wird, wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden. Der nur vorläufige Charakter der in einem Vorausleistungsbescheid prognostisch bestimmten Höhe der Gebührenschuld rechtfertigt vielmehr den Schluss, dass ein solcher Bescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird. Darauf, ob der endgültige Heranziehungsbescheid bereits Bestandskraft erlangt hat, kommt es somit nicht an.
21 
Der angefochtene Bescheid hat sich danach mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 erledigt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daran nichts. Der Hinweis der Kläger, dass die nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts mangels einer wirksamen Satzung bisher nicht entstandene Gebührenschuld in Zukunft noch entstehen könne, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat zwar im Hinblick auf das noch mögliche Entstehen der Gebührenschuld ein Interesse, den als Vorausleistung gezahlten Betrag auch nach der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids behalten zu dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung könnte sie dieses Ergebnis jedoch nur durch den Erlass eines neuen Vorausleistungsbescheids erreichen.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2, 159 S. 2 VwGO.
23 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
24 
Beschluss
25 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
26 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
15 
Die Berufungen der Kläger sind unbegründet. Mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008, mit dem die Beklagte die von den Klägern für das Jahr 2007 zu bezahlenden Abwassergebühren endgültig festgesetzt hat, hat der angefochtene Vorausleistungsbescheid seine Wirkung verloren und sich damit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 b KAG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen danach zu Recht als unzulässig abgewiesen, da den Klägern für die begehrte Aufhebung des Vorausleistungsbescheids das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt.
16 
Vorausleistungsbescheide enthalten ebenso wie endgültige Abgabenbescheide regelmäßig zwei rechtlich selbständige Regelungen, nämlich zum einen die - vorläufige - Festsetzung des geschuldeten Betrags und zum anderen ein an den Adressaten des Bescheids gerichtetes Leistungsgebot, d.h. die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Betrags. Um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Abgabenbescheid zu beantworten, müssen dementsprechend beide Regelungsgegenstände in die Betrachtung einbezogen werden. Nach dem Erlass eines Vorausleistungsbescheids erfolgte Zahlungen lassen das in dem Bescheid enthaltene Leistungsgebot entfallen. Da die Kläger die geforderten Abschlagszahlungen erbracht haben, kommt deshalb dem angefochtenen Bescheid jedenfalls insoweit keine die Kläger belastende Regelungswirkung mehr zu. Was die in dem Bescheid ferner enthaltene Festsetzung betrifft, ist der Bescheid durch den später erlassenen endgültigen Gebührenbescheid abgelöst worden, der nunmehr den Rechtsgrund für das (endgültige) Behaltendürfen der - zunächst vorläufig erbrachten - Gebühr darstellt. Der angefochtene Bescheid hat sich damit auch insoweit erledigt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist diese Wirkung nicht von dem Fortbestand des endgültigen Gebührenbescheids abhängig. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daher nichts dem Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Kläger und der daraus folgenden Unzulässigkeit ihrer Klagen.
17 
1. Die Frage, ob die einen Vorausleistungsbescheid ablösende Wirkung des endgültigen Abgabenbescheids von dessen Bestandskraft abhängt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Für das Beitragsrecht wird überwiegend angenommen, dass sich das Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung vom Zeitpunkt des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheids allein nach diesem Bescheid beurteile und weder von seiner sofortigen Vollziehbarkeit noch von seiner Fortexistenz abhängig sei (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.6.2009 - 15 B 524/09 - KStZ 2009, 154; BayVGH, Urt. v. 3.7.2006 - 03.2544 - BayVBl 2007, 533; OVG Sachsen, Beschl. v. 20.8.2009 - 5 B 265/09 - Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 21 Rn. 39). Das Gleiche wird vom OVG Thüringen (Beschl. v. 29.6.2001 - 4 ZEO 917/97 - Juris) für das Gebührenrecht vertreten. Diese Auffassung entspricht der des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 3.7.1995 - GrS 3/93 - BFHE 178, 11; Vorlagebeschl. v. 23.6.1993 - X B 134/91 - BFHE 143, 101) über das Verhältnis zwischen dem endgültigen Einkommensteuerbescheid und einem Vorauszahlungsbescheid. Danach verliert der Vorauszahlungsbescheid seine Wirkung spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Steuerbescheid für den entsprechenden Veranlagungszeitraum wirksam bekanntgegeben worden ist, da ab diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Steuerfestsetzung allein der Einkommensteuerbescheid maßgebend sei. Der Jahressteuerbescheid könne zwar geändert oder aufgehoben werden. Er könne aber nicht mit der Wirkung aufgehoben werden, dass an seine Stelle wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden.
18 
Demgegenüber hat der Senat in seinem die Erhebung eines Anschlussbeitrags betreffenden Urteil vom 27.4.1989 - 2 S 2043/87 - (Juris) entschieden, dass der Vorauszahlungsbescheid als Rechtsgrundlage für die geleistete Zahlung wieder Rechtswirksamkeit erlange, wenn der endgültige Beitragsbescheid mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werde, da in Folge der Rücknahme der ursprüngliche Rechtszustand in vollem Umfang wiederhergestellt werde. Er hat dementsprechend angenommen, die mit dem Erlass des den endgültigen Beitragsbescheids eintretende Ablösung des Vorauszahlungsbescheids als Rechtsgrundlage für die geleisteten Zahlungen sei von der Fortexistenz des endgültigen Beitragsbescheids abhängig. In Übereinstimmung damit vertritt das OVG Schleswig (Urt. v. 27.1.2009 - 2 LB 43/08 - NVwZ-RR 2009, 627) für das Straßenausbaubeitragsrecht die Meinung, der Rechtsstreit über die Anfechtung eines Vorauszahlungsbescheids erledige sich nicht durch das Wirksamwerden des Bescheids über den endgültigen Beitrag. Denn werde der endgültige Bescheid in einem Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben, wirke dies auf den Zeitpunkt seines Erlasses zurück und sei der Bescheid als nicht erlassen zu behandeln. Damit entfalle rückwirkend die Ablösungswirkung und wirke die Festsetzung des Vorauszahlungsbescheids fort.
19 
2. Die genannte Frage bedarf anlässlich des vorliegenden Verfahrens nur insoweit einer Beantwortung, als sie sich auf das Verhältnis zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigen Gebührenbescheid im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses (§ 15 KAG) bezieht. Jedenfalls was dieses Verhältnis betrifft, schließt sich der Senat der auch vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung an, wonach ein Vorausleistungsbescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird, ohne dass es auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit ankommt.
20 
Nach § 15 KAG kann durch Satzung bestimmt werden, dass auf die Gebührenschuld im Rahmen eines Dauerbenutzungsverhältnisses angemessene Vorauszahlungen zu leisten sind. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um vorläufige Leistungen auf die künftige Gebührenschuld, die mit der später nach dem Entstehen der Gebührenschuld festzusetzenden Gebühr zu verrechnen sind. Aus dem Wesen der Vorauszahlung ergibt sich, dass bei ihrer Festsetzung das voraussichtliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung durch den Pflichtigen zugrunde zu legen ist, das seinerseits unter Berücksichtigung des bisherigen Umfangs der Benutzung festzulegen ist (HessVGH, Beschl. v. 28.8.1986 - 5 TH 1870/86 - Juris; Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 Rn. 694). Die Vorauszahlungen können danach nur aufgrund einer regelmäßig auf dem Ergebnis der letzten Veranlagung beruhenden Prognose festgesetzt werden. Das steht der Annahme entgegen, dass mit der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids, mit dem auf der Grundlage des nunmehr feststehenden Umfangs der Benutzung die Gebührenschuld bestimmt wird, wieder die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheids maßgeblich würden. Der nur vorläufige Charakter der in einem Vorausleistungsbescheid prognostisch bestimmten Höhe der Gebührenschuld rechtfertigt vielmehr den Schluss, dass ein solcher Bescheid in seinem festsetzenden Teil durch den endgültigen Heranziehungsbescheid bereits mit dem wirksamen Erlass dieses Bescheids abgelöst wird. Darauf, ob der endgültige Heranziehungsbescheid bereits Bestandskraft erlangt hat, kommt es somit nicht an.
21 
Der angefochtene Bescheid hat sich danach mit dem Erlass des Bescheids vom 8.2.2008 erledigt. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 8.2.2008 aufgehoben hat, ändert daran nichts. Der Hinweis der Kläger, dass die nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts mangels einer wirksamen Satzung bisher nicht entstandene Gebührenschuld in Zukunft noch entstehen könne, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat zwar im Hinblick auf das noch mögliche Entstehen der Gebührenschuld ein Interesse, den als Vorausleistung gezahlten Betrag auch nach der Aufhebung des endgültigen Gebührenbescheids behalten zu dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung könnte sie dieses Ergebnis jedoch nur durch den Erlass eines neuen Vorausleistungsbescheids erreichen.
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2, 159 S. 2 VwGO.
23 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
24 
Beschluss
25 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
26 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer und für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.

(2) Ein Steuerbescheid kann erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Mit zusammengefassten Steuerbescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist, gegen einen oder mehrere der Steuerpflichtigen verbunden werden. Das gilt auch dann, wenn festgesetzte Steuern, steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche nach dem zwischen den Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnis nicht von allen Beteiligten zu tragen sind.

(4) Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, berichtigen, zurücknehmen, widerrufen, aufheben oder ändern, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Das gilt auch

1.
für den Erlass, die Berichtigung, die Rücknahme, den Widerruf, die Aufhebung und die Änderung von mit den Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbundenen Verwaltungsakten sowie,
2.
wenn die Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen mit Nebenbestimmungen nach § 120 versehen oder verbunden werden, soweit dies durch eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen oder der obersten Landesfinanzbehörden allgemein angeordnet ist.
Ein Anlass zur Bearbeitung durch Amtsträger liegt insbesondere vor, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben im Sinne des § 150 Absatz 7 gemacht hat. Bei vollständig automationsgestütztem Erlass eines Verwaltungsakts gilt die Willensbildung über seinen Erlass und über seine Bekanntgabe im Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen.

(5) Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 4. Kammer – vom 26. Januar 2011 geändert:

Der Bescheid des Beklagten vom 28.07.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 15.06.2010 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 3.789,01 € zzgl. Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wehren sich gegen die Festsetzung eines Anschlussbeitrages und begehren die Rückzahlung der auf vertraglicher Grundlage geleisteten Vorauszahlung auf den Anschlussbeitrag.

2

Sie erwarben am 21.02.2000 durch notariellen Kaufvertrag von der beklagten Gemeinde ein Baugrundstück mit einer Größe von 845 qm zu einem Preis von 27 DM/qm, insgesamt 22.815 DM.

3

Dieser notarielle Vertrag enthält hinsichtlich kommunaler Abgaben folgende Regelungen:

4

§ 2 Abs. 2 des Vertrages:
„Neben dem Kaufpreis haben die Käufer eine Schmutzwasseranschlußbeitragsvorauszahlung von 8,77 DM/qm […], bei 845 qm also 7.410,65 DM […] zu zahlen.“

5

§ 2 Abs. 3 des Vertrages:
„Außerdem haben die Kläger eine Erschließungskostenbeitragsvorauszahlung […] in Höhe von 35,23 DM/qm; bei einer Größe von 845 qm 29.769,35 DM […] zu zahlen.

6

§ 2 Abs. 4 Satz 4 des Vertrages:
„Die endgültige Abrechnung des Schmutzwasseranschluß- und Erschließungskostenbeitrages erfolgt nach Abschluß der Erschließung.“

7

Der in § 2 Abs. 2 des Vertrages genannte Betrag von 8,77 DM/qm entspricht dem in § 5 lit. b) der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die leitungsgebundene Abwasserbeseitigung des Amtes Kirchspielslandgemeinde Marne-Land vom 28.11.1996 (im Folgenden: Beitragssatzung 1996) in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 04.03.1999 als Beitragssatz für die Herstellung der Schmutzwasserbeseitigungsanlagen in der Gemeinde ... festgelegten Betrag.

8

Die Kläger bebauten das erworbene Grundstück und zogen im August 2001 in das Haus ein. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt war es an die öffentliche Kanalisation angeschlossen.

9

Die Kläger forderten in der Folgezeit von dem Beklagten eine Abrechnung der Beiträge in der Annahme, dass ihnen eine Erstattung zustehe, letztlich mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 05.09.2008. Der Beklagte hielt die darin gesetzte Frist von zwei Wochen zur Vorlage einer endgültigen Abrechnung nicht ein. Er habe keine Mitarbeiter mit den notwendigen Kenntnissen des Erschließungsbeitragsrechts und deshalb ein externes Unternehmen mit der Bearbeitung beauftragt.

10

Die daraufhin erhobene Untätigkeitsklage wurde nach Erlass der Festsetzungsbescheide vom 14.04.2009 (Erschließungsbeitrag) und vom 28.07.2009 (Anschlussbeitrag) übereinstimmend für erledigt erklärt.

11

In dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28.07.2009 wurde der Anschlussbeitrag auf 845 qm x 4,48 €/qm = 3.785,60 € festgesetzt. Zur Anwendung ist nach der Begründung hinsichtlich der Höhe des Beitragssatzes die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die leitungsgebundene Abwasserbeseitigung des Amtes Marne-Nordsee für den Bereich der Gemeinde ... gekommen. Diese Satzung vom 14.03.2002 wurde ursprünglich als Satzung des Amtes Kirchspielslandgemeinde Marne-Land (im Folgenden Beitragssatzung 2002) erlassen. Die vertraglich vereinbarte Vorauszahlung in Höhe von umgerechnet 3.789,01 € wurde damit verrechnet, so dass den Klägern der Differenzbetrag von 3,41 € erstattet werden sollte.

12

Hiergegen legten die Kläger am 19.08.2009 Widerspruch ein. Eine Festsetzung nach Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist sei nicht mehr zulässig. Der Anspruch sei bereits im Jahr 2001 entstanden. Die Kläger baten ferner um Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlung.

13

Unter dem 31.05.2010 haben die Kläger zunächst Untätigkeitsklage gerichtet auf Aufhebung des Festsetzungsbescheides und auf Rückzahlung der Vorausleistungen erhoben. Den Widerspruchsbescheid vom 15.06.2010, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde, haben die Kläger in ihr Klageverfahren einbezogen.

14

Sie haben beantragt,

15

1) den Bescheid der Beklagten vom 28.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. Juni 2010 über die Zahlung eines einmaligen Anschlussbeitrages aufzuheben und

16

2) den Beklagten zu verurteilen, an sie Vorauszahlungen in Höhe von 3.789,01 € zuzüglich 2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2006 zurückzuzahlen.

17

Der Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er hält den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig. Darüber hinaus hätten die Kläger keinen Erstattungsanspruch hinsichtlich der geleisteten Vorauszahlung.

20

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.01.2011 als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. Die Kläger seien gem. § 8 KAG in Verbindung mit § 2 der Beitragssatzung 1996 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 21.09.2000 zu Recht zu einem Anschlussbeitrag für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen herangezogen worden. Das neu bebaute Grundstück der Kläger sei im Sommer 2001 an die Kanalisation angeschlossen worden. Bedenken gegen die grundsätzliche Beitragspflicht und gegen die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Satzung hätten die Kläger nicht erhoben.

21

Die im angegriffenen Bescheid vom 28.07.2009 erfolgte Festsetzung und die erfolgte Verrechnung der aufgrund des notariellen Vertrages gezahlten Vorauszahlung entspreche der vertraglichen Regelung im notariellen Vertrag. Entgegen der Auffassung der Kläger sei der festgesetzte Anschlussbeitrag auch noch nicht verjährt gewesen. Gem. § 164 Abs. 1 Satz 2 AO sei die Festsetzung einer Vorauszahlung stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung. Dadurch werde die Bestandskraft einer Entscheidung in der Schwebe gehalten, so dass die Beteiligten während der Wirkung des Vorbehalts die Möglichkeit hätten, die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung zu beantragen. Gemäß Absatz 4 der Vorschrift entfalle der Vorbehalt mit Ablauf der Festsetzungsfrist. Die (vorläufige) Festsetzung zur Vorauszahlung wandele sich dann zur endgültigen Heranziehung. Diese Vorschrift werde von der gegenteiligen Ansicht verkannt, nach der einer Vorauszahlung eine endgültige Veranlagung zu folgen habe und anderenfalls die Vorausleistung wieder zu erstatten sei.

22

Die Kläger, die nicht zu Vorauszahlungen herangezogen worden seien, sondern sich im notariellen Vertrag hierzu verpflichtet hätten, seien genauso zu behandeln. § 121 Satz 2 LVwG sehe gerade den Fall vor, dass eine Behörde statt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen dürfe. Die Regelung im notariellen Vertrag zur Vorauszahlung entspreche in ihrer Höhe dem Beitragssatz nach der Beitragssatzung 1996 in der damals gültigen Fassung der 1. Änderungssatzung. Schließlich werde durch die Abrede, dass nach Abschluss der Erschließung die endgültige Abrechnung erfolgen werde, deutlich, dass es sich um keine Ablöseregelung handeln soll.

23

Zwar bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des seinerzeit in § 4 der Satzung geregelten Beitragsmaßstabes, der je Vollgeschoss von 100 % der Grundstücksfläche ausging, obwohl dieser Beitragsmaßstab nicht vorteilsgerecht war (unter Verweis auf OVG Schleswig, Urteil vom 26.05.1999 – 2 K 23/97, NordÖR 1999, 304). Daraus folge zwar eine Rechtswidrigkeit, aber mangels Offensichtlichkeit des Fehlers keine Nichtigkeit des Vertrages gem. §§ 113, 126 Abs. 2 Nr. 1 LVwG. Zudem bedürfe es bei vertraglich geregelten Vorausleistungen nicht einmal einer wirksamen Satzung.

24

Die Festsetzungsfrist für die Veranlagung zu Anschlussbeiträgen betrage gem. §§ 15 KAG, 170 Abs. 1 AO vier Jahre, die mit Beginn des Ablaufs des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist, zu laufen beginne. Die sachliche Beitragspflicht für den Anschlussbeitrag sei im Sommer 2001 entstanden, so dass die Festsetzungsfrist am 31.12.2005 geendet habe. Mangels Antrages auf Aufhebung oder Änderung der Vorauszahlung gem. §§ 11 KAG, 164 Abs. 2 AO habe sich die Vorauszahlung zum endgültigen Beitrag gewandelt. Der Beklagte sei aber nicht gehindert gewesen, im Rahmen des Wiederaufgreifens des Verfahrens gem. §§ 11 Abs. 1 KAG, 118a LVwG den Anschlussbeitrag zugunsten der Kläger zu überprüfen. Jedenfalls sei aber in der Überprüfung und der erfolgten Erstattung von 3,41 € eine Begünstigung und somit keine Rechtsverletzung zu erblicken.

25

Hilfsweise hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass selbst wenn das von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben vom 06.08.2005 dem Beklagten zugegangen und als Abänderungsantrag auszulegen wäre, die Klage unbegründet wäre. Es wäre dann gem. § 171 Abs. 3 AO der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt worden, so dass der Beitrag mit dem angefochtenen Bescheid noch habe festgesetzt werden können.

26

Den Klägern stehe somit in keinem Fall ein Erstattungsanspruch aus §§ 11 KAG, 37 Abs. 2 AO zu, da entweder mit dem Wegfall des Vorbehalts gem. § 164 Abs. 4 AO die getroffene vertragliche Regelung zur Vorauszahlung rechtlicher Grund für das endgültige Behaltendürfen der gezahlten Vorausleistung geworden sei oder aber jedenfalls der angefochtene Bescheid vom 28.07.2009.

27

Die Kläger haben die vom Senat auf ihren Antrag zugelassene Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 20.05.2011 begründet.

28

An einem Vorausleistungsbescheid für die Vorausleistungszahlung der Kläger, der quasi „automatisch“ nach Ablauf der Festsetzungsfrist für den Festsetzungsbescheid bestandskräftig werden könnte, fehle es, weil vertraglich vereinbart worden sei, dass die endgültige Abrechnung des Schmutzwasseranschluss- und Erschließungskostenbeitrages nach Abschluss der Erschließung erfolgen werde. Nur ein endgültiger Beitragsbescheid könne Rechtsgrund für die streitbefangene Abgabe sein, aber infolge Verjährung nicht mehr erlassen werden.

29

Das Verwaltungsgericht begründe nicht, warum die Kläger angesichts der vertraglichen Regelung genauso zu behandeln wären, als wenn ein Vorauszahlungsbescheid erlassen worden wäre. Auch ein subordinationsrechtlicher Vertrag sei kein „Surrogat-VA“. Insbesondere sei nicht auf die Satzung Bezug genommen worden oder die Besonderheiten der Festsetzung einer Vorauszahlung nach § 164 Abs. 1, 2 AO und schon gar nicht auf den Umstand, dass nach Ablauf einer Frist von vier Jahren nach Durchführung der Erschließungsmaßnahme die Vorauszahlung endgültigen Charakter haben werde. Selbst wenn die Vertragsklausel aber einen Vorausleistungsbescheid ersetzen würde, erschließe sich nicht, warum sie nach Ablauf der Festsetzungsfrist aufgrund des Wegfalls des Vorbehalts der Nachprüfung „automatisch“ zu einem endgültigen Bescheid werde. § 164 Abs. 4 AO sei nicht anzuwenden. § 155 Abs. 1 AO verpflichte die Behörde zur Festsetzung von Beiträgen, was grundsätzlich nur innerhalb der Festsetzungsfrist erlaubt sei, § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Mit dem Fortfall des Rechtsgrundes für eine vorläufige Leistung habe der Leistende einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen die Körperschaft, in deren Vermögen der Betrag geflossen sei.

30

Die Kläger beantragen,

31

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Schleswig den Bescheid der Beklagten vom 28.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2010 über die Zahlung eines einmaligen Anschlussbeitrages aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger Vorauszahlungen in Höhe von 3.789,01 € zzgl. 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zurückzuzahlen.

32

Der Beklagte beantragt,

33

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

34

Er verteidigt das angefochtene Urteil, dass in seiner Begründung, zumindest aber im Ergebnis richtig sei. Das Regelungsmodell des § 164 AO sei gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 KAG auch auf den vorliegenden Fall eines Anschlussbeitrags anwendbar, so dass davon auszugehen sei, dass sich die entrichtete Vorauszahlung als ursprüngliche Steuerfestsetzung unter Vorbehalt mit Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist zu einer endgültigen vorbehaltlosen Heranziehung gewandelt habe. Dies gelte auch angesichts des Umstandes, dass die Kläger die Vorauszahlung nicht aufgrund eines Bescheides, sondern aufgrund der vertraglichen Abrede erbracht haben. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht auf die Regelung des § 121 Satz 2 LVwG abgestellt, nach der der Behörde gerade die Möglichkeit eröffnet sei, statt dem Erlass eines Verwaltungsakts einen in der Summe einem hypothetischen Verwaltungsakt entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrag zu schließen. Der Beklagte habe so den von den Klägern angefochtenen Anschlussbeitragsbescheid streng genommen gar nicht mehr erlassen müssen. Der gleichwohl erlassene Bescheid könne mit dem Verwaltungsgericht schon deshalb nicht die Rechte der Kläger verletzt haben, weil er durch den festgesetzten Erstattungsbetrag von 3,41 € diese lediglich begünstigte.

35

Auch die für den Fall alternativ gegebene Urteilsbegründung, dass das klägerische Schreiben vom 06.08.2005 dem Beklagten zugegangen und als Abänderungsantrag im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 KAG i.V.m. § 164 Abs. 2 AO auszulegen sei, sei zutreffend. Nach § 171 Abs. 3 AO hätte das Schreiben dann die Festsetzungsverjährung gehemmt, so dass bei Erlass des von den Klägern angefochtenen Anschlussbeitragsbescheids die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten wäre.

36

Selbst wenn man das Regelungsmodell des § 164 AO für Vorauszahlungen auf den Anschlussbeitrag für unanwendbar hielte, erwiese sich das angegriffene Urteil im Ergebnis als richtig. Denn es liege ein Fall der Hemmung der Festsetzungsverjährung nach § 171 Abs. 14 AO vor. Die Beitragspflicht sei im Jahr 2001 entstanden und damit nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO die Festsetzungsverjährung an sich mit Ablauf des Jahres 2005 eingetreten. Nach § 171 Abs. 14 AO ende die Festsetzungsfrist für einen Abgabenanspruch aber nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt sei. Diese Vorschrift erfasse über die in der Gesetzesbegründung genannten Fälle hinaus alle Fälle rechtsgrundlos gezahlter Steuern und sei auch dann anwendbar, wenn die Zahlungen auf Vorauszahlungsbescheiden beruhten.

37

Ein klägerischer Anspruch auf Erstattung der Vorauszahlungen scheitere darüber hinaus jedenfalls an der den Vorauszahlungen zukommenden materiellen Tilgungswirkung. Die vom Bundesverwaltungsgericht für das Erschließungsbeitragsrecht anerkannte (unter Verweis auf Urteil vom 05.09.1975 – IV CB 75/73, NJW 1976, 818 und Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 14/94, NVwZ-RR, 465) Tilgungswirkung der Vorausleistungen „ipso facto“ auch ohne Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht sei auch außerhalb des Erschließungsbeitragsrechts und auch für Fälle anzuerkennen, in denen die Vorausleistungen auf einer vertraglichen Regelung beruhten. Die vertraglich vereinbarte Vorauszahlung entspreche genau der mit Bezug des neu errichteten Einfamilienhauses im Jahr 2001 entstandenen sachlichen Beitragspflicht nach der Beitragssatzung 1996 i.d.F. der 1. Änderungssatzung. Der im angefochtenen Anschlussbeitragsbescheid zu Grunde gelegte Quadratmetersatz von 4,48 € bewirke insofern eine Rundungsdifferenz von 3,41 € zu Gunsten der Kläger.

38

Schließlich hätten die Kläger einen etwaigen Erstattungsanspruch auch verwirkt. Die Kläger hätten die Vorauszahlungen für den Abwasseranschlussbeitrag aufgrund des notariellen Kaufvertrags gezahlt und mit dem Anschluss an die gemeindliche Abwasserbeseitigung auch tatsächlich „etwas für ihr Geld“ erhalten. Während der nachfolgenden Jahre hätten die Kläger eine Rückzahlung ihrer Vorauszahlung nicht geltend gemacht. Der Beklagte habe sich somit darauf verlassen können, dass eine Rückforderung auch in Zukunft unterbleiben würde. Später hätten die Kläger allein eine endgültige Abrechnung der Beitragsvorauszahlungen verlangt, damit aber bis zum Jahr 2007 abgewartet. Die Erstattung der gesamten von ihnen entrichteten Vorauszahlungen hätten sie gerade nicht geltend gemacht. Sie hätten vielmehr eine Abrechnung gewünscht, die naturgemäß zur Folge habe, dass die Vorauszahlungen in der Höhe, in welcher auch die Beiträge entstanden seien, dauerhaft einbehalten würden. Das Vorgehen der Kläger, zunächst eine beitragsrechtliche Abrechnung nur deshalb zu verlangen, um dieser anschließend Verjährung entgegenzuhalten und die Erstattung der gesamten Vorauszahlungen zu verlangen, sei treuwidrig.

39

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Senat bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Ihnen steht ferner der geltend gemachte Erstattungsanspruch zu, so dass der Klage im Wesentlichen stattzugeben war.

41

Der Anfechtungsantrag ist begründet. Der Beklagte war im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheids nicht mehr berechtigt, einen Anschlussbeitrag festzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt war Festsetzungsverjährung eingetreten. Im Sinne einer Festsetzung kann der Bescheid verstanden werden. Denn obwohl er eher ausweichend formuliert ist, insbesondere keinen eindeutigen Tenor enthält, verwendet zumindest der Ausgangsbescheid die Formulierung „Sie werden hiermit […] veranlagt“ und sowohl Ausgangs- wie Widerspruchsbescheid nutzen in ihrem Berechnungsteil das Wort „Festsetzung“. Auch die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass jedenfalls an sich die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2005 eintrat.

42

Entgegen den Ausführungen des Beklagten war die Verjährung auch nicht nach § 171 Abs. 14 AO gehemmt, denn der sich erst aus einer Verrechnung der Vorauszahlung mit der endgültigen Beitragsschuld ergebende Erstattungsanspruch ist kein mit der endgültigen Festsetzung „zusammenhängender“ Erstattungsanspruch. Der nach dem Gesetzeswortlaut erforderliche Zusammenhang ist eng zu verstehen. Der Gesetzgeber hatte ausweislich der Begründung der Vorschrift einen besonderen Fall von vornherein rechtsgrundloser Zahlungen im Auge, in dem die Festsetzungsverjährung gehemmt werden sollte:

43

„An die Bekanntgabe von Steuerbescheiden werden besondere formelle Anforderungen gestellt. Das hat zur Folge, daß Steuerbescheide durch Bekanntgabefehler nicht wirksam werden. Macht der Steuerpflichtige die unwirksame Bekanntgabe geltend, sind die aufgrund des Steuerbescheids geleisteten Zahlungen innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist zu erstatten. Dieser Erstattungsanspruch erlischt nach §§ 228, 232 AO durch Zahlungsverjährung erst fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch durch die rechtsgrundlose Zahlung entstanden ist (§§ 229 Abs. 1, 220 Abs. 2 AO). Dagegen kann die Finanzbehörde die Bekanntgabe der Steuerfestsetzung nur innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist (§§ 169 ff. AO) nachholen.

44

Um zu vermeiden, dass Steuerpflichtige mit der Begründung, der Steuerbescheid sei unwirksam bekanntgegeben worden, Erstattung des rechtsgrundlos gezahlten Betrags verlangen können, ohne daß das Finanzamt die Steuerfestsetzung durch wirksame Bekanntgabe des Steuerbescheids nachholen kann, ist vorgesehen, den Ablauf der Festsetzungsfrist bis zum Ablauf der Zahlungsverjährungsfrist hinauszuschieben. Dadurch wird sichergestellt, daß innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist notwendige Steuerfestsetzungen nachgeholt werden können.“

45

(BT-Drucksache 10/1636, S. 44)

46

Die vom Beklagten reklamierte Auslegung, nach der die Vorschrift über den in der Begründung genannten Fall hinaus alle Fälle rechtsgrundlos gezahlter Abgaben und daher auch Zahlungen auf Vorauszahlungsbescheide erfasse, ist weder nach dem Gesetzeswortlaut geboten, noch wird sie dem aus ihrer Begründung ersichtlichen Ausnahmecharakter der Vorschrift und den Besonderheiten des Anschlussbeitragsrechts gerecht.

47

Der Senat verkennt nicht, dass ein gewisser Lebenszusammenhang zwischen Vorauszahlung und endgültiger Beitragsfestsetzung besteht. Aus der Gesetzesbegründung und auch aus der Formulierung „Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch […] noch nicht verjährt ist […].“ ergibt sich jedoch, dass sich der mit § 171 Abs. 14 AO adressierte Erstattungsanspruch gerade aus der unwirksamen Nichtfestsetzung eines bestimmten Steueranspruchs ergeben, also eine von vornherein rechtsgrundlose Zahlung erfolgt sein muss. Der Senat hat dagegen bereits in seinem Urteil vom 27.01.2009 – 2 LB 43/08 – ausgeführt, dass den Vorauszahlungen nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG die Funktion eines besonderen Vorfinanzierungsinstruments zukommt. Die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheides wirken deshalb solange fort, bis sie durch einen bestandskräftigen endgültigen Bescheid abgelöst werden. Von einer unwirksamen Festsetzung kann mithin nicht ausgegangen werden, erst Recht nicht, da eine vertragliche Abrede Grundlage der Zahlung der Vorausleistung war. Eine rechtsgrundlose Zahlung, wie sie für § 171 Abs. 14 AO Voraussetzung ist, hat also nicht vorgelegen, ein entsprechender Rückzahlungsanspruch kann sich im Normalfall erst nach Ablösung oder Aufhebung des Vorauszahlungsgrundes ergeben (vgl. Habermann in: Dewenter/Habermann/Riehl/Steenbock/Arndt/Mücke, KAG SH, Stand November 2010, § 8 Rn. 375b). Für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall, in dem sich die Frage einer Rückzahlung erst in Folge vollständiger Untätigkeit der Behörde stellt, besteht kein Anlass. Jedenfalls besteht keine planwidrige Regelungslücke, da die gesetzliche Normalfolge für den Fall behördlicher Untätigkeit nicht in der Hemmung der Verjährung, sondern in deren Ablauf besteht.

48

Eine Hemmung des Ablaufs der Verjährung konnte sich auch nicht, wie vom Verwaltungsgericht zur hilfsweisen Begründung ausgeführt, aus § 171 Abs. 3 AO ergeben. Das in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht überreichte Schreiben vom 06.08.2005, mit dem der Kläger zu 2.) ausschließlich darum bat, ihm zur Vervollständigung seiner Unterlagen mitzuteilen, zu welchem Datum die Erschließungsmaßnahmen im Bereich des B-Plans Nr. ... der Gemeinde als abgeschlossen festgestellt worden seien, kann bereits seinem Wortlaut nach nicht als Antrag auf Änderung einer Abgabenfestsetzung aufgefasst werden. Abgesehen davon, dass unklar geblieben ist, ob der Beklagte dieses Schreiben überhaupt erhalten hat und er jedenfalls in keiner Weise darauf reagiert hat, wäre eine solche Auslegung auch nicht vom erkennbaren Willen des Klägers zu 2.) getragen gewesen. Denn hätte er die ihm vom Beklagten unterstellte, ebenfalls unterstellt treuwidrige Absicht, sich zum geeigneten Zeitpunkt auf Verjährung zu berufen, tatsächlich gehabt, wäre ein solcher Abänderungsantrag seinen Interessen zuwider gelaufen.

49

Auch kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Abrede in § 2 Abs. 2 des Vertrages i.V.m. der entsprechenden getätigten Vorauszahlung nicht als eine endgültige Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag angesehen werden.

50

Diese Vereinbarung ist zunächst als wirksam anzusehen. Insofern geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass in dem notariellen Vertrag gem. § 121 Abs. 1 Satz 2 LVwG auch hinsichtlich der Vorauszahlungen eine öffentlich-rechtliche vertragliche Vereinbarung in Gestalt eines Austauschvertrages i.S.d. § 123 LVwG getroffen werden konnte (vgl. Thiem/Böttcher, KAG SH, Stand der 17. Lieferung (Jan. 2010), zu § 8 KAG Rn. 1101).

51

Diese Vereinbarung ist mit dem Verwaltungsgericht auch nicht als Ablösungsvereinbarung zu verstehen. Eine solche Vereinbarung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragsparteien vor Entstehen der sachlichen Beitragspflichten einen im Wege der Prognose geschätzten Betrag vereinbaren, den der Schuldner „zur Ablösung“ der Beitragsschuld zu zahlen hat und der später, abgesehen vom Eintritt einer jenseits der ablösungstypischen Risiken liegenden Entwicklung oder bei deutlichem Überschreiten der Prognose (sog. absolute Missbilligungsgrenze), nicht mehr in Frage gestellt werden soll (BVerwG, Urteil vom 10.08.2011 – 9 C 6/10). Dass eine in dieser Weise abschließende Regelung nicht getroffen werden sollte, ergibt sich im vorliegenden Fall aus der Formulierung in § 2 Abs. 4 Satz 4 des Vertrages, nach der die endgültige Abrechnung nach Abschluss der Erschließung erfolgen werde.

52

Die Vereinbarung ist ferner nicht als nichtig gem. § 126 LVwG anzusehen. Aus § 126 Abs. 2 S. 4 LVwG ergibt sich eine Nichtigkeit von Verträgen, in denen sich die Behörde eine nach § 123 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. Im vorliegenden Fall ist indes davon auszugehen, dass die öffentlich-rechtlichen Abreden in dem notariellen Vertrag keine unzulässige Gegenleistung enthalten. Zwar hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass der in der Beitragssatzung 1996 ursprünglich verwendete Beitragsmaßstab (nach § 4 Abs. 2 wurden je Vollgeschoß 100 % der Grundstücksfläche in Ansatz gebracht) im Urteil des Senats vom 26.05.1999 – 2 K 23/97, NordÖR 1999, 304 beanstandet wurde. Dieser Maßstab ist indes durch die 2. Änderungssatzung vom 21.09.2000 mit Rückwirkung zum 18.12.1996 geändert worden. Die vertragliche Vereinbarung wird zudem selbst durch eine mögliche Nichtigkeit der Satzung im Zeitpunkt ihres Abschlusses nicht beeinträchtigt, da jedenfalls nach § 129 S. 2 LVwG i.V.m. § 140 BGB davon auszugehen ist, dass eine Vereinbarung über eine Vorauszahlung in der vereinbarten Höhe auch dann gewollt gewesen wäre, wenn die Beteiligten die Nichtigkeit der Satzung gekannt hätten. Die Forderung einer Vorauszahlung ist nämlich – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat – auch dann zulässig, wenn entsprechendes Satzungsrecht überhaupt noch nicht besteht (vgl. für das Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urteil vom 22.08.1975 – IV C 7.73, BVerwGE 49, 125), nämlich nach § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG, „sobald mit der Ausführung der Maßnahme begonnen wird“. Ist wie im vorliegenden Fall ein rückwirkender Erlass einer Satzung möglich und auch konkret zu erwarten, besteht kein Anlass, diesen Fall anders zu bewerten, als wenn überhaupt noch kein Satzungstext vorgelegen hätte.

53

Soweit die rückwirkende Änderung des Beitragsmaßstabs ohne Auswirkungen auf den Beitragssatz geblieben ist – er entsprach auch noch in der Beitragssatzung 2002 mit 4,48 € dem nach der Beitragssatzung 1996 i.d.F. der 1. Änderungssatzung vom 04.03.1999 geltenden Betrag von 8,77 DM – erscheint es zwar als denkbar, dass die Änderung des Beitragsmaßstabs kalkulatorisch nicht nachvollzogen wurde. Allerdings hätte der Betrag durch die vorgenommene Änderung des Maßstabes allenfalls steigen können, so dass sich durch einen gegenüber dem kalkulatorisch Möglichen niedriger angesetzten Betrag jedenfalls kein Nachteil für die Kläger ergeben konnte. Da sich weitere Bedenken hinsichtlich des Beitrags nicht aufdrängen und von den Beteiligten auch nicht problematisiert wurden, sieht sich der Senat nicht veranlasst, diesbezüglich gleichsam ungefragt eine weitere Prüfung des Satzungsrechts der Beklagten vorzunehmen.

54

Auch der Umstand, dass nach § 8 der Beitragssatzung 1996 Vorauszahlungen nur in Höhe bis zu 80 % des Anschlussbeitrages verlangt werden durften, macht die insoweit überschießende vertragliche Regelung nicht nichtig, da sich der vertraglich vereinbarte Betrag gleichwohl in den durch § 123 LVwG gezogenen Grenzen hält. Danach muss die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart werden und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienen, dabei den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen. Hiervon kann vorliegend ausgegangen werden, da die Vorausleistung unzweifelhaft dem vertraglich bezeichneten Zweck dient und letztlich ohnehin der volle Beitrag zu zahlen ist. Eine dauerhafte Überzahlung auf den Anschlussbeitrag ist somit nicht vereinbart, sondern als vertragliche Mehrleistung gegenüber einer Vorausleistung durch Verwaltungsakt lediglich das Zinsrisiko hinsichtlich weiterer 20 % des voraussichtlichen Endbetrags von den Klägern übernommen worden.

55

Auf die zwischen den Beteiligten wirksam vereinbarte Regelung zur Leistung einer Vorauszahlung kann das Regelungsmodell des § 164 AO nicht angewendet werden.

56

Dabei kann offen bleiben, ob es über die Verweisung in § 11 Abs. 1 Satz 1 KAG überhaupt für das Anschlussbeitragsrecht Anwendung finden kann. Zur vom Verwaltungsgericht und auch dem Beklagten dafür angeführten Rechtsprechung des OVG Koblenz ist anzumerken, dass das dort seinerzeit zu Grunde liegende Landesrecht eine ausdrückliche Anwendung dieser Vorschrift anordnete. Das Kommunalabgabengesetz für das Land Rheinland-Pfalz vom 05.05.1986 (GVBl. 1986, S. 103 ff.) enthielt folgende Regelung:

57

§ 30 Vorausleistungen

58

(1) Ab Beginn einer Maßnahme können Vorausleistungen auf einmalige Beiträge bis zur voraussichtlichen Höhe des Beitrags festgesetzt werden. […]
[…]

59

(3) Vorausleistungen sind Vorauszahlungen im Sinne von § 164 AO 1977.

60

Eine solche ausdrückliche Regelung enthält das vorliegend anzuwendende Landesrecht nicht. Auch erscheint es zweifelhaft, ob das Regelungsmodell des § 164 AO im Falle seiner Anwendung im Rahmen des schleswig-holsteinischen Anschlussbeitragsrechts zu angemessenen Ergebnissen führen würde. Denn anders als z.B. nach der o.g. Regelung oder auch den sonstigen Vorauszahlungstatbeständen im KAG (§§ 3 Abs. 5, 6 Abs. 4 Satz 4, 10 Abs. 5 Satz 4) dürfen nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG Vorauszahlungen nicht in voraussichtlich endgültiger, sondern nur in „angemessener“ Höhe gefordert werden. Dies ist schon begrifflich weniger als die volle Höhe der nach der Satzung vorgeschriebenen Beiträge (vgl. Thiem/Böttcher, KAG SH, Stand der 17. Lieferung (Jan. 2010), zu § 8 KAG Rn. 1088). Infolgedessen sind für den vorliegenden Fall in § 8 Beitragssatzung 1996 Vorauszahlungen an sich auch nur in Höhe bis zu 80 % des Anschlussbeitrages vorgesehen. Bei einer solchen Rechtslage führte eine systematische „Anwendung“ des Regelungsmodells des § 164 AO beim Erlass von Vorauszahlungsbescheiden durch den Beklagten – etwa weil er wie vorgetragen gar nicht über entsprechend qualifiziertes Personal verfügt – dazu, regelmäßig den Differenzbetrag zwischen „angemessener Vorauszahlung“ und vollem Beitrag nicht zu realisieren – im vorliegenden Fall also 20 % bei unterstellt sonst zutreffender Berechnung der Vorauszahlung. Hinzu kommt, dass über das Regelungsmodell des § 164 AO auch Vorauszahlungen zu endgültigen Festsetzungen würden, die – etwa weil sie noch zu satzungsloser Zeit veranschlagt wurden – u.U. weit von dem an sich korrekten Betrag abweichen.

61

Ungeachtet der möglicherweise trotz dieser Bedenken zulässigen ausdrücklichen Anwendung in sonstigen Vorauszahlungskonstellationen hält der Senat es aber jedenfalls für ausgeschlossen, dass dieses Regelungsmodell auf die vorliegende vertragliche Regelung anzuwenden ist.

62

Grundsätzlich ist der Vorbehalt der Nachprüfung eine Nebenbestimmung, die im Bescheid anzugeben ist (so ausdrücklich für das Bundesrecht der Anwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen zur Abgabenordnung 1977 in der gültigen Fassung vom 02.01.2008, zu § 164 Nr. 1). Die vom Bundesgesetzgeber in § 164 Abs. 1 S. 2 AO vorgesehene Ausnahme in Gestalt einer Fiktion, nach der die Festsetzung einer Vorauszahlung stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung ist, ist deshalb eng auszulegen. In diesen Fällen enthält der Betroffene aus dem Bescheid heraus nämlich keinen Hinweis auf den Vorbehalt der Nachprüfung und die daraus resultierenden Folgen eigener und behördlicher Untätigkeit. Die Hauptanwendungsfälle im Bundesrecht sind wiederkehrende Steuerfälle z.B. nach § 37 EStG oder § 19 GewStG. In diesen Fällen trifft den Betroffenen i.d.R. neben der Pflicht zur Vorauszahlung aber auch eine entsprechende Erklärungspflicht nach Abschluss des Veranlagungszeitraums (vgl. § 25 Abs. 3 EStG bzw. § 14a GewStG), so dass schon deshalb der Fall, dass es durch Ablauf der Festsetzungsfrist zum Entfall des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 4 AO kommt, eher selten vorkommen wird. Die zur endgültigen Festsetzung erstarkte Festsetzung unter Vorbehalt beruhte dann zudem auf den vom Betroffenen selbst gemachten Angaben und nicht wie im vorliegenden Fall auf Vorgaben und Annahmen der Behörde.

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Der Senat hat zudem bereits in seinem Urteil vom 27.01.2009 – 2 LB 43/08 – ausgeführt, dass die im Steuerrecht hinsichtlich des Verhältnisses der Festsetzungen von Vorauszahlungen und endgültigen Festsetzungen geltenden Grundsätze nicht ohne Weiteres auf das Beitragsrecht nach § 8 KAG übertragen werden können. Während die Festsetzungen des Vorauszahlungsbescheides im Steuerrecht lediglich ein geschätztes Steuersoll für einen zeitlich eingegrenzten Veranlagungszeitraum betreffen, kommt den Vorauszahlungen nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG die besondere Funktion eines Vorfinanzierungsinstruments für eine einzelne, bereits begonnene Maßnahme zu. Es kann deshalb auch in der Zwischenzeit zu einem Auseinanderfallen der Person des Vorauszahlungspflichtigen und derjenigen des endgültig Beitragspflichtigen kommen, ohne dass eine Rückabwicklung der Vorauszahlung erfolgen müsste. Vielmehr ist nach § 8 Abs. 5 Satz 4 KAG „eine geleistete Vorauszahlung […] bei Erhebung des endgültigen Beitrags gegenüber der Schuldnerin oder dem Schuldner des endgültigen Beitrags zu verrechnen“. Ein etwaiger Ausgleich zwischen Vorausleistendem und endgültig Beitragspflichtigem ist damit nicht Gegenstand des Beitragsrechts, sondern muss ggf. unmittelbar zwischen diesen erfolgen.

64

Daneben trifft anders als in den zuvor genannten Konstellationen des Steuerrechts nicht den Betroffenen eine Erklärungspflicht, sondern – nahezu im Gegenteil – den Beitragserhebungsberechtigten eine Abrechnungspflicht, die im Normalfall durch entsprechende Festsetzung des endgültigen Beitrags erfüllt wird. Schon für den Fall, dass eine Vorauszahlung auf einen Anschlussbeitrag nach KAG durch Bescheid erhoben wird, wäre daher zu verlangen, dass auf eine Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Sinne des § 164 AO ausdrücklich hingewiesen wird. Nur dann hat der Betroffene Gelegenheit, sich bewusst zu machen, dass der Inhalt des erhaltenen Vorauszahlungsbescheids – mit Ausnahme des Vorbehalts – bereits den endgültigen Maßstab seiner endgültigen Heranziehung umreißt, und kann für sich prüfen, ob er bereits den Vorauszahlungsbescheid anfechten oder aber jedenfalls innerhalb der Verjährungsfrist eine Überprüfung beantragen will. Die für diesen Verwaltungsakt geltenden Begründungsanforderungen stellten überdies sicher, dass er die grundlegenden Hinweise auf die für die Rechtmäßigkeit der Vorauszahlung maßgeblichen Umstände (z.B. bezüglich des bereits geltenden oder u.U. noch zu schaffenden Satzungsrechts) erhält. Er ist sich dann zudem über die Folgen eigenen und behördlichen Schweigens in der Zukunft bewusst.

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Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, nach der die vorliegende vertragliche Regelung genauso zu behandeln sei, wie es ein Vorauszahlungsbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung wäre, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht. Denn in der vorliegend an Bescheides statt getroffenen Vereinbarung im notariellen Vertrag sind Hinweise auf den rechtlichen Rahmen oder die Folgen einer Untätigkeit der Kläger gerade nicht enthalten. Der Vertrag sah im Gegenteil vor, dass eine endgültige Abrechnung nach Abschluss der Erschließung erfolgen würde. Die Kläger konnten mithin davon ausgehen, dass sie nach Erhalt derselben noch Gelegenheit zu einer Überprüfung haben würden, und mussten nicht davon ausgehen, dass sie auch durch den Nichterhalt endgültig belastet werden. Diese Berechtigung der besonderen Arglosigkeit des auf vertraglicher Grundlage Vorleistenden hat das Bundesverwaltungsgericht bereits früher im Erschließungsbeitragsrecht anerkannt (Urteil vom 22.08.1975 – IV C 7.73, BVerwGE 49, 125):

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„Dagegen erwartet der Bürger, der in satzungsloser Zeit eine Vorauszahlung auf den künftigen öffentlich-rechtlichen Beitrag vereinbart, nicht die Möglichkeit einer rechtlichen Kontrolle der Vorauszahlungsvereinbarung an Hand von Maßstäben, die sich aus Gesetz oder Satzung ergeben. Er erklärt sich zu dieser Vorauszahlung in dem Bewusstsein bereit, dass durch die nachfolgende Abrechnung nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes und der einschlägigen Ortssatzung etwaige den Vorschriften nicht entsprechende Über- oder Minderzahlungen ausgeglichen werden, dem Grundsatz der Abgabengleichheit also (spätestens) bei Erlass des endgültigen Beitragsbescheides Rechnung getragen wird.“

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Zugleich ist davon auszugehen, dass hinsichtlich der Folgen einer Festsetzung unter Vorbehalt keine entsprechende notarielle Belehrung erfolgt ist. Es dürfte für die in erster Linie am Erwerb des Grundstücks interessierten Kläger auch kein Verhandlungsspielraum bestanden haben, hinsichtlich kommunaler Abgaben alternativ auf eine Heranziehung durch Bescheid zu optieren. Es erscheint damit mangels ausdrücklicher Ankündigung oder entsprechender Vereinbarung nicht vertretbar, gem. § 164 AO von einer Umwandlung der vorliegenden vertraglichen Vorauszahlungsabrede in eine unanfechtbare endgültige Regelung auszugehen.

68

Es kommt auch keine Umdeutung des angefochtenen Bescheids in Betracht, etwa im Sinne einer Feststellung eines Saldos. Denn der im angefochtenen Bescheid festgestellte Saldo ist unzutreffend, da die geleistete Vorauszahlung auch nicht – wie vom Beklagten hilfsweise vorgetragen – materiell zur Tilgung des geschuldeten Anschlussbeitrags geführt hat.

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Eine solche materielle Tilgungswirkung von Vorauszahlungen „ipso facto“ ist für das Erschließungsbeitragsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt (vgl. Urteil vom 05.09.1975 – IV CB 75.73, Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 55 = NJW 1976, 818; Urteil vom 26.01.1996 – 8 C 14/94, Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 125 = DVBl. 1996, 1046; Urteil vom 19.03.2009 – 9 C 10/08, Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 135, KStZ 2009, 99). Die Anwendung dieser Rechtskonstruktion auch im Anschlussbeitragsrecht wird in der Literatur z.T. befürwortet (vgl. Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand der 44. Erg.Lfg. (März 2011), § 8 Rn. 145). Allerdings ist dagegen mit den Vertretern der Gegenmeinung (OVG Münster, Beschluss vom 30.06.2009 – 15 B 524/09, KStZ 2009, 154; Habermann in: Dewenter/Habermann/Riehl/Steenbock/Arndt/Mücke, KAG SH, Stand November 2010, § 8 Rn. 375, 377) darauf zu verweisen, dass die Beitragspflicht mit Eintritt der Festsetzungsverjährung gem. § 47 AO (i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG) erlischt. Rechtsgrund für das endgültige Behaltendürfen der Vorauszahlung kann unter Anwendung der Grundprinzipien von KAG und AO 1977 weder ein Vorauszahlungsbescheid noch die sachliche Beitragspflicht sein, sondern nur die endgültige Ablösung des Vorauszahlungsgrundes durch den notwendig zu erlassenden Beitragsbescheid. Kann dieser wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist endgültig nicht mehr ergehen, ist daher der vorausgezahlte Betrag zu erstatten.

70

Es liegt in der Natur der Sache einer jeden beitragsrechtlichen Vorauszahlungsvereinbarung, dass sie als Rechtsgrund für das Behaltendürfen des vorausgezahlten Betrags als auf den Zeitpunkt des Nichtmehreintretenkönnens einer endgültigen Beitragspflicht auflösend bedingt anzusehen ist. Insofern bedarf es auch nicht etwa einer Festsetzung auf null, bzw. einer entsprechenden vertraglichen Aufhebung der Vorauszahlungsvereinbarung.

71

Mangels einer Umdeutungsmöglichkeit waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

72

Nach den vorstehenden Ausführungen ist auch der Zahlungsantrag der Kläger begründet, da ihnen ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zusteht. Die vertragliche Regelung kommt über die vorstehenden Ausführungen hinaus als Rechtsgrund für ein endgültiges Behaltendürfen der geleisteten Vorauszahlung auch dann nicht in Betracht, wenn man davon ausginge, dass die Beteiligten mit der nach § 2 Abs. 4 Satz 4 des Vertrages geschuldeten „endgültigen Abrechnung“ keine Festsetzung nach KAG gemeint hätten, sondern eine schlichte Abrechnung auf vertraglicher Grundlage. Denn selbst eine solche Vertragsauslegung würde nicht zu der Annahme führen, dass die grundsätzlichen Verjährungsregelungen des KAG außer Anwendung gesetzt werden sollten. Zum Einen könnte Maßstab einer Auslegung der sich dann hinsichtlich der streitgegenständlichen subordinationsrechtlichen Vertragsbestandteile stellenden Verjährungsfrage mangels konkreter anderer Abreden wiederum nur das KAG sein. Zum Anderen wäre aber auch eine vertragliche Verlängerung der für die endgültige Beitragsforderung geltenden Verjährungsfristen über diejenigen des KAG auf unbestimmte Zeit hinaus als eine im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 LVwG unangemessene Gegenleistung zu betrachten. Denn eine solche Abrede diente nicht im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 LVwG der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Behörde, sondern würde im Gegenteil gerade deren Nichterfüllung vertraglich absichern. Eine derart auszulegende Regelung wäre gem. § 126 Abs. 2 Nr. 4 LVwG nichtig.

73

Der Erstattungsanspruch ist auch nicht verjährt. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 27.04.2007 – 2 LB 25/06 – entschieden hat, gilt die fünfjährige Verjährungsfrist gemäß § 228 AO nicht nur für den abgabenrechtlichen Anspruch selbst, sondern auch für einen Anspruch auf Erstattung eines ohne Rechtsgrund gezahlten Beitrags (BFH, Urteil vom 07.02.2002 – VII R 33/01, BFHE 197, 569 = AgrarR 2002, 325), da dieser lediglich die Kehrseite des abgabenrechtlichen Anspruches bildet. Diese über den Verweis in § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG geltende Frist wird durch die Modifikation in § 15 KAG nicht erfasst und hat im vorliegenden Fall mit dem 01.01.2006 zu laufen begonnen. Denn erst mit Ablauf des Jahres 2005 ist der Rückzahlungsanspruch entstanden, da zu diesem Zeitpunkt kein Rechtsgrund für das endgültige Behaltendürfen der Vorauszahlung mehr geschaffen werden konnte und die Vorauszahlungsvereinbarung dadurch ihre das Behalten legitimierende Funktion verloren hat. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung des Zahlungsanspruchs war die fünfjährige Verjährungsfrist mithin noch nicht verstrichen.

74

Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Erstattungsanspruchs vermag der Senat im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.

75

Der tenorierte Zinsanspruch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt von Prozesszinsen – in der Höhe begrenzt durch den Antrag der Kläger – aus § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Für einen darüber in zeitlicher Hinsicht hinausgehenden Zinsanspruch ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

76

Nach alledem war auf die Berufung der Kläger hin das angefochtene Urteil zu ihren Gunsten zu ändern und der Klage ganz überwiegend mit der Kostenfolge des §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO stattzugeben. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

77

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht ersichtlich sind.

78

Beschluss

79

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf3.789,01 Euro festgesetzt.

80

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.