Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Dez. 2011 - 6 A 10857/11

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2011:1213.6A10857.11.0A
bei uns veröffentlicht am13.12.2011

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 14. Februar 2011 abgeändert und die Klage gegen den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 4. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2011 abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des bebauten Grundstücks Flur 3, Parzelle 56/35 in der Gemarkung K… gegen seine Heranziehung zu Vorausleistungen auf einen einmaligen Ausbaubeitrag für den 1. Bauabschnitt der Nebenanlagen des B… Wegs, einer Kreisstraße.

2

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu eigen macht.

3

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, der B… Weg sei zwar in voller Länge eine einheitliche öffentliche Straße. Bei den ausgebauten Nebenanlagen an dem Teilstück im unteren Bereich des B… Weges handele es sich aber um einen rechtmäßig gebildeten Abschnitt einer Verkehrsanlage mit der Folge, dass der beitragsfähige Aufwand allein auf die unmittelbaren Anlieger umzulegen sei. Da das Grundstück des Klägers an den nunmehr ausgebauten Abschnitt der Verkehrsanlage nicht angrenze und davon nicht erschlossen sei, bestehe insoweit keine Beitragspflicht. Dass der Ortsgemeinderat der Beklagten im Jahre 1987 einen Abschnitt für den Ausbau der Nebenanlagen (Gehweg und Straßenbeleuchtung) von der Einmündung des B… Wegs in die K… Straße bis zur Straße A… S… konkludent durch den Beschluss über den Beitragssatz zu dieser Ausbaumaßnahme gebildet habe, begegne keinen rechtlichen Bedenken. Der Annahme einer wirksamen Abschnittsbildung könne nicht entgegenhalten werden, diese sei unzulässig gewesen, weil die Beklagte nicht die Absicht gehabt habe, auch den anderen Abschnitt vom S… bis zur Einmündung des B… Wegs in die H… Straße auszubauen. Denn eine solche Absicht habe bestanden.

4

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Beklagte vorgetragen, eine wirksame Abschnittsbildung sei nicht erfolgt. Es fehle schon an einem diesbezüglichen ausdrücklichen Ratsbeschluss. Außerdem habe sie im Jahr 1987 die Nebenanlagen des oberen Teils des B… Wegs aufgrund eines seinerzeit festgelegten Ausbauprogramms errichtet bzw. erneuert, ohne dass damals bereits ein konkretes Ausbauprogramm auch für den nunmehr ausgebauten unteren Teil des B… Wegs vorhanden gewesen sei. Es handele sich also um zwei voneinander unabhängige Ausbaumaßnahmen an einer einheitlichen Verkehrsanlage, so dass sämtliche Eigentümer von Anliegergrundstücken des B… Wegs beitragspflichtig seien. Daran änderten auch die im Jahr 1987 geschlossenen Ablösungsverträge nichts, die sich nur auf den damaligen Ausbau des oberen Teils des B… Wegs bezögen und keine Auswirkungen auf die Vorausleistungserhebung für die nunmehr ausgebauten Nebenanlagen des unteren Teils des B… Wegs hätten.

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Die Beklagte beantragt,

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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

9

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen, es müsse von einer bereits im Jahr 1987 vorliegenden Planung ausgegangen werden, die Gehwege auf der gesamten Länge des B… Wegs auszubauen. Dafür spreche der Beschluss des Bau- und Liegenschaftsausschusses und des Rats der Beklagten aus dem Jahr 1979, künftig Bürgersteige, die wegen der Verlegung einer Versorgungsleitung wiederhergestellt werden müssten, mit Verbundsteinpflaster zu befestigen. Auch die Ende der 80er Jahre im Rahmen des Ausbaus des oberen B… Wegs abgeschlossenen Ablösungsverträge indizierten, dass eine spätere Weiterführung der Baumaßnahme schon damals beabsichtigt gewesen sei. Deshalb könne die Abschnittsbildung auch nicht als willkürlich bezeichnet werden, zumal die wesentlichen Einzelheiten des Bauprogramms festgelegt gewesen seien. Es sei nicht erforderlich, dass schon im Zeitpunkt der Abschnittsbildung feststehe, wann die Arbeiten zum Ausbau des zweiten Abschnitts in Angriff genommen würden. Im Übrigen regelten diese Ablösungsverträge, dass für die Gehwege im (gesamten) B… Weg keine weiteren Beiträge mehr erhoben würden. Die Ablösungsverträge enthielten keine ausdrückliche Beschränkung auf den oberen Teil des B… Wegs und schlössen daher eine erneute Beitragserhebung aus. Sollte keine wirksame Abschnittsbildung erfolgt sein, müssten die Verträge in dieser Weise ausgelegt werden. Andernfalls wären die Verträge nichtig, weil ihnen unter diesen Umständen nicht das maßgebliche Abrechnungsgebiet zugrunde gelegt worden wäre.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Pläne Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der angefochtene Vorausleistungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Das verwaltungsgerichtliche Urteil muss dementsprechend abgeändert und die Klage abgewiesen werden.

12

Rechtsgrundlage der Heranziehung des Klägers zu einer Vorausleistung sind §§ 10 Abs. 8, 7 Abs. 5 KAG i. V. m. § 9 der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 3. April 1996 in der Fassung vom 19. November 2003 - ABS -. Danach können ab Beginn einer Maßnahme Vorausleistungen bis zur Höhe des voraussichtlichen Beitrags verlangt werden. Die Vorausleistungserhebung scheitert weder an einer Abschnittsbildung (1.) noch an vertraglichen Vereinbarungen der Beklagten mit den früheren Eigentümern des Grundstücks des Klägers (2.).

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1. Das veranlagte Grundstück des Klägers unterliegt gemäß § 4 ABS der Beitragspflicht für die in der Baulast der Beklagten stehenden Nebenanlagen des B… Wegs, weil es qualifiziert nutzbar ist und die Möglichkeit besteht, von diesem Grundstück Zufahrt und Zugang zu der ausgebauten Verkehrsanlage zu nehmen. Der B… Weg stellt nach der übereinstimmenden Beurteilung der Beteiligten und der insoweit überzeugenden Begründung des Verwaltungsgerichts von der Einmündung in die H… Straße bis zur Einmündung in die K… Straße eine einheitliche Verkehrsanlage dar.

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Zwar liegt das Grundstück des Klägers im oberen Teil des B… Wegs, dessen Nebenanlagen zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße bereits im Jahr 1987 auf Kosten der Anlieger dieses Teilstücks ausgebaut wurden. Dies ändert jedoch nichts an der Beitragspflicht des Klägers für die Ausbaumaßnahmen, die sich auf den unteren Bereich des B… Wegs beziehen und für die nunmehr Vorausleistungen erhoben werden.

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Unabhängig davon, ob Straßenausbaumaßnahmen über die gesamte Straßenlänge oder lediglich in einem Teilbereich durchgeführt werden, bildet grundsätzlich die gesamte einheitliche Verkehrsanlage das Abrechnungsgebiet für die Heranziehung zu einmaligen Ausbaubeiträgen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gemeinde die einheitliche Verkehrsanlage formell ordnungsgemäß und in materiellrechtlich zulässiger Weise in mehrere Abrechnungsabschnitte aufteilt (vgl. OVG RP, 6 A 10723/01.OVG). In einem solchen Fall werden die in einem bestimmten Abschnitt tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen nur auf die Anliegergrundstücke des betreffenden Abrechnungsabschnitts verteilt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 KAG), während die Anlieger des bzw. der übrigen Abschnitte insoweit nicht beitragspflichtig sind. So liegen die Dinge hier nicht.

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a) Die Bildung eines Abrechnungsabschnitts in einer Gemeinde wie der Beklagten setzt einen Ratsbeschluss voraus, dem ausdrücklich (OVG RP, 6 A 10269/09.OVG) oder nach seinem objektiven Erklärungsinhalt anderweitig zweifelsfrei entnommen werden kann, dass eine Abschnittsbildung erfolgt (OVG RP, 6 A 68/80, AS 17, 60 [63]; 6 B 11693/92.OVG, ESOVGRP). Auf die Eindeutigkeit einer solchen Beschlussfassung kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht verzichtet werden, weil die Abschnittsbildung für die Entstehung und die Höhe der Beitragspflicht konstitutiv ist. Auch wenn der Senat (OVG RP, 6 A 68/80, AS 17, 60 [63]) es nicht für zwingend erforderlich gehalten hat, dass die Begriffe „Abschnittsbildung“ bzw. „Abrechnungsgebiet“ in einem Beschluss zur Abschnittsbildung erwähnt werden, muss allein die erkennbare Absicht des Stadtrats, den Ausbauaufwand lediglich auf die Anlieger des ausgebauten Teilstücks einer einheitlichen Verkehrsanlage zu verteilen, für eine wirksame Abschnittsbildung nicht ausreichen. Sie kann nämlich auch auf einer bloßen Verkennung der rechtlich zulässigen Möglichkeiten, ausnahmsweise nicht sämtliche Anlieger der einheitlichen Verkehrsanlage heranzuziehen, beruhen. Sofern die Absicht zur Abschnittsbildung nicht durch die Verwendung eindeutiger Begriffe in dem Ratsbeschluss zum Ausdruck kommt, muss sich aber aus anderen Umständen zweifelsfrei ergeben, dass der Rat mit seinem Beschluss eine einheitliche Verkehrsanlage in mehrere Abrechnungsabschnitte aufteilt.

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Nach diesem Maßstab stellt der Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 20. Oktober 1987 keine hinreichend deutliche Entscheidung zur Abschnittsbildung dar. In diesem Beschluss wurden die Eilentscheidung des Bürgermeisters zur Auftragsvergabe bestätigt und der Beitragssatz für die Erhebung von Vorausleistungen für den Ausbau der Bürgersteige an der K 97, also des oberen Teils des B… Wegs zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße, festgelegt. Zwar beruht die Berechnung des Beitragssatzes offensichtlich auf einer Verteilung der aufgrund des Bauprogramms für das obere Teilstück des B… Wegs entstandenen Kosten ausschließlich auf die Anlieger dieses oberen Teilstücks. Dass damit die gesamte Verkehrsanlage in mehrere Abrechnungsabschnitte aufgeteilt werden sollte, ist jedoch nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht die Bestätigung der Eilentscheidung des Bürgermeisters zur Vergabe des Bauauftrags für das obere Teilstück dafür, dass nur der Ausbau dieses Teils des B… Wegs zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße Gegenstand des Ratsbeschlusses war und im Übrigen keine verbindlichen Vorstellungen hinsichtlich des Ausbaus weiterer Teilstücke bestanden. Bestätigt wird dies durch die Bezugnahme der Sitzungsniederschrift auf die Vereinbarung zwischen der Kreisverwaltung Altenkirchen, vertreten durch das Straßenbauamt, und der Beklagten sowie den Verbandsgemeindewerken vom 18. Dezember 1986, die sich ausdrücklich auf den „Straßenabschnitt von Prof. 1 bis Prof. 23“ beschränkt. Dies ist, wie dem in den Akten befindlichen Grunderwerbsplan entnommen werden kann, die Teilstrecke des B… Wegs zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße. Demgegenüber wird in dem Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 20. Oktober 1987 und den in Bezug genommenen Unterlagen weder der gesamte B… Weg als die maßgebliche einheitliche Verkehrsanlage erwähnt noch ist von konkretisierten Ausbauplänen oder gar einem Bauprogramm auch für den oder die übrigen Teilstücke des B… Wegs die Rede.

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Von eindeutigen Umständen, wonach der Stadtrat mit seinem Beschluss vom 20. Oktober 1987 eine einheitliche Verkehrsanlage in mehrere Abrechnungsabschnitte aufgeteilt hat, kann auch angesichts des vom Verwaltungsgericht erwähnten Bauentwurfs aus dem Jahr 1974, des Ankaufs von Grundstücken zur späteren Anlage von Gehwegen im unteren Bereich des B… Wegs und der Überplanung eines Teils dieses Bereichs im Jahre 1984 nicht die Rede sein. Denn darin zum Ausdruck kommende Ausbauabsichten der Beklagten waren so lange unmaßgeblich, wie der Landkreis als Baulastträger der Fahrbahn des B… Wegs, einer Kreisstraße, ihnen nicht zugestimmt hatte. Ein separater Ausbau der Nebenanlagen am B… Weg war der Beklagten nicht möglich. Der Bau der Gehwege konnte nur zusammen mit der Erneuerung der in der Baulast des Landkreises stehenden Fahrbahn des B… Wegs konkret geplant und durchgeführt werden. Der Landkreis hatte jedoch mit der Beklagten unter dem 18. Dezember 1986 lediglich eine Vereinbarung zum Ausbau der K 97 im oberen Bereich geschlossen, also zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße. Dass der Landkreis nur zum Ausbau dieses oberen Teilstücks der K 97 bereit war, hinsichtlich des unteren Bereichs die Beklagte aber lediglich um einen verkehrsgerechten Ausbau „bemüht“ war, lässt sich der Niederschrift über die Anliegerversammlung vom 22. Mai 1980 entnehmen. Die Bemühungen der Beklagten um einen Ausbau des gesamten B… Wegs schon vor dem Jahr 1987, die sich im Schriftverkehr mit der Kreisverwaltung niedergeschlagen haben, konnten mithin ohne Zustimmung des Landkreises nicht zum Ausbau der Nebenanlagen am B… Weg führen.

19

Wie wenig konkret damals die Absicht der Herstellung von Bürgersteigen im unteren Bereich des B… Wegs war, wird im Protokoll der Anliegerversammlung vom 1. Oktober 1988 deutlich, wonach der untere Teil nur nach einem förmlichen Planfeststellungsverfahren ausgebaut werden könne, das sich u.U. bis zu zehn Jahren hinziehen könne. Die abgeschlossenen und umgesetzten Grundstückskaufverträge zur Herstellung von Gehwegen im unteren Bereich des B… Wegs waren ebenso wie Abbrucharbeiten auf diesen Grundstücken lediglich vorsorgliche Maßnahmen der Beklagten, ersetzten aber kein einvernehmlich mit dem Straßenbaulastträger der Fahrbahn festzulegendes Bauprogramm. Gleiches gilt für die gemeindliche Bauleitplanung aus dem Jahr 1984. Mit dem Bebauungsplan „H… Straße“ wurde zwar auch der Teil des B… Wegs zwischen der Einmündung in die H… Straße und der Abzweigung der Wiesenstraße überplant und die einheitlich festgesetzte „Straßenverkehrsfläche“ zeichnerisch in Gehwege und Fahrbahn unterteilt. Ohne Einigung mit dem Landkreis auf ein konkretes Bauprogramm zur Errichtung von Gehwegen vermochte die Beklagte ihre Ausbauabsichten aber nicht umzusetzen.

20

Außerdem bestätigt die weitere Entwicklung, dass keine Abschnittsbildung vorgenommen werden sollte. Sonst hätte sich der Rat aus Anlass der Verlängerung des Ausbaus des oberen Teils des B… Wegs im Jahre 1988 über die Abzweigung „A… S…“ hinaus bis zum Grundstück 50/18 mit der Frage beschäftigt, ob dadurch der zuvor gebildete zweite Abschnitt bis zur Einmündung in die H… Straße wiederum in zwei Abschnitte aufgeteilt wird mit der Folge, dass insgesamt drei Abschnitte zu unterscheiden wären.

21

b) Im Übrigen wäre eine Abschnittsbildung durch den Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 20. Oktober 1987 unzulässig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht, die insoweit schon damals auf das Ausbaubeitragsrecht zu übertragen war, findet die Abschnittsbildung ihre Schranke im Willkürverbot (vgl. OVG RP, 6 A 151/89.OVG, ESOVGRP; 6 A 10319/92.OVG, ESOVGRP). Diese Grenze ist dann überschritten, wenn bei im Wesentlichen gleicher Vorteilssituation die berücksichtigungsfähigen Kosten des Ausbaus einer Teilstrecke je Quadratmeter Straßenfläche um mehr als ein Drittel höher liegen als die entsprechenden Kosten für den Ausbau der anderen Teilstrecke der gleichen Anlage (vgl. BVerwG, 8 C 9/96, KStZ 1998, 70, juris). Dieser Kostenvergleich ist auf der Grundlage der für die Gemeinde bei ihrer Entscheidung über die Abschnittsbildung ermittelbaren Daten anzustellen. Sieht das Bauprogramm in diesem Zeitpunkt an einem Straßenteilstück keinerlei Maßnahmen vor, hat die Bildung eines aus diesem Straßenteilstück bestehenden Abschnitts zur Folge, dass dort auf absehbare Zeit keinerlei Kosten entstehen, während die in dem anderen Abschnitt angefallenen Kosten allein auf die Anlieger dieses Abschnitts verteilt werden. Unter solchen Umständen ist die Umlegung des Aufwandes auf lediglich einen Teil der Anlieger einer einheitlichen Verkehrsanlage unter Schonung der übrigen Anlieger rechtswidrig, weil nicht absehbar ist, wann und in welcher Höhe Aufwand in dem Teil der Anlage mit der Folge der Beitragsbelastung der dortigen Anlieger entstehen wird, an dem konkret keine Maßnahme geplant ist (vgl. OVG RP, 6 A 11478/99, ESOVGRP, juris; 6 A 10723/01.OVG; 6 A 10269/09.OVG). Ohne Zustimmung des Landkreises zum Ausbau der Nebenanlagen auch am unteren B… Weg wäre deshalb eine von der Beklagten vorgenommene Abschnittsbildung von vornherein unzulässig gewesen.

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2. Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Beklagten mit den früheren Eigentümern des Grundstücks des Klägers ergeben sich keine Bedenken gegen die Vorausleistungserhebung. Zwar liegt es nahe anzunehmen, der Ablösungsvertrag vom 4. Dezember 1987 wirke auch zugunsten der Rechtsnachfolger im Grundstückseigentum. Dieser Vertrag ist jedoch nichtig.

23

Die Nichtigkeit dieses Ablösungsvertrages ergibt sich aus den Bestimmungen der §§ 54 bis 62 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - i.V.m. § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes über öffentlich-rechtliche Verträge, die gemäß § 3 Abs. 4 KAG ausdrücklich auch für Kommunalabgaben gelten. Sie waren schon zuvor als Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken (vgl. BVerwG, IV C 22.72, BVerwGE 42, 331 [335]; juris) auf Kommunalabgaben anzuwenden. Ein subordinationsrechtlicher Vertrag i.S.d. § 54 Satz 2 VwVfG – wie beispielsweise ein Vertrag zur Ablösung einer Beitragspflicht - ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG nichtig, wenn sich die Behörde eine nach § 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG bestimmt, dass die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde gegenüber verpflichtet, den gesamten Umständen nach angemessen sein muss. Daran fehlte es, weil die Höhe des Ablösungsbetrags, mit dem der einmalige Ausbaubeitrag für den Ausbau der Gehwege des B… Wegs abgelöst werden sollte, nur durch die Verteilung des im Jahre 1987 entstandenen Ausbauaufwands auf die Anlieger des oberen Teils des B… Wegs ermittelt wurde. Mangels wirksamer Abschnittsbildung hätten auch die Anlieger des unteren Teils des B… Wegs einbezogen werden müssen, was zu einer erheblichen Verminderung des Ablösungsbetrages geführt hätte. Deshalb war der mit den damaligen Grundstückseigentümern vertraglich vereinbarte Ablösungsbetrag unangemessen hoch.

24

Die Nichtigkeit des Ablösungsvertrages ist aber auch dann anzunehmen, wenn man diese Vereinbarung auf den gesamten B… Weg bezieht, sie also so versteht, dass eine künftige Heranziehung für den Ausbau anderer Teile des B… Wegs abgegolten sein sollte. Unter diesen Umständen wäre der Ablösungsbetrag zwar nicht ohne Weiteres unangemessen. Ohne wirksame Abschnittsbildung durfte eine solche Vereinbarung jedoch nicht geschlossen werden. Sonst wäre eine vertragliche Umgehung der dargestellten Voraussetzungen einer Abschnittsbildung möglich. Eine solche Erweiterung der rechtlich zugelassenen Möglichkeiten, ausnahmsweise nicht sämtliche Anlieger der einheitlichen Verkehrsanlage heranzuziehen, wäre unvereinbar mit der strikten Bindung an das Gesetz (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG), die im Abgabenrecht von besonderer und gesteigerter Bedeutung ist und die ausschließt, dass Abgabengläubiger und Abgabenschuldner von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen, sofern nicht das Gesetz dies ausnahmsweise gestattet (vgl. BVerwG, 8 C 24/81, BVerwGE 64, 361, juris). Der Grundsatz, dass die Abgabenerhebung nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen aufgrund von Vereinbarungen zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner erfolgen kann, "ist für einen Rechtsstaat so fundamental und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, daß seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten ist, das Nichtigkeit zur Folge hat" (BVerwG, VII C 83.57, BVerwGE 8, 329 [330]; BVerwG, IV C 7.73, BVerwGE 49, 125 [128]; BVerwG, 8 C 24/81, BVerwGE 64, 361, juris; vgl. auch OVG RP, 12 B 50/85, KStZ 1985, 233, juris; 6 A 10558/05.OVG, ESOVGRP).

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Eine Vereinbarung, wonach mit der Zahlung des Ablösungsbetrages eine künftige Heranziehung für den Ausbau anderer Teile als des oberen Teils des B… Wegs abgegolten sein sollte, wäre auch als Vergleichsvertrag nichtig. Nach § 55 VwVfG kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Nichtig ist ein solcher Vertrag gemäß § 59 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG, wenn die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 VwVfG rechtswidrig wäre. Davon muss unter den vorliegenden Umständen ausgegangen werden, weil ein Beitragsbescheid in Höhe des vereinbarten Ablösungsbetrags ohne wirksame Abschnittsbildung mit dem materiellen Recht unvereinbar gewesen wäre und außerdem keine Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen war. Sowohl die Kosten der Ausbaumaßnahme am oberen B… Weg als auch die beitragspflichtigen Grundstücke der gesamten Verkehrsanlage waren damals bekannt. Die bestehende Ungewissheit über den Ausbau der Nebenanlagen des unteren B… Wegs durfte – wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt – nicht durch gegenseitiges Nachgeben in Form des Ablösungsvertrags vom 4. Dezember 1987 überwunden werden. Ungeachtet dessen spricht nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen und dem Vorbringen der Beteiligten nichts dafür, dass eine solche Ungewissheit mit dem Ablösungsvertrag beseitigt werden sollte.

26

3. Da der Kläger weitere Einwände gegen seine Heranziehung nicht geltend gemacht hat und solche auch nicht ersichtlich sind, ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

27

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

28

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

29

Beschluss

30

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 305,69 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).

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Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre;
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war;
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre;
4.
sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.

(2) Besteht auf die Leistung der Behörde ein Anspruch, so kann nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 36 sein könnte.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält.

Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre;
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war;
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre;
4.
sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.