Bundesverwaltungsgericht Urteil, 21. Jan. 2015 - 9 C 3/14

bei uns veröffentlicht am21.01.2015

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 28. November 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen.

2

Er ist gemeinsam mit seiner Ehefrau zu je 1/2 Eigentümer des Grundstücks Gemarkung M., Flur ..., Flurstücke 164..., 165..., 165... und 165..., welches an die M.straße angrenzt. Diese besteht aus einem Hauptzug sowie einer hiervon abgehenden Stichstraße. In den Jahren 1970/71 wurde sie als Baustraße angelegt. Die M.straße und das Grundstück des Klägers liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 19 aus dem Jahr 1969. Im Zuge eines vom Rechtsvorgänger des Klägers eingeleiteten Baugenehmigungsverfahrens zur Errichtung eines Wohngebäudes übersandte die Beklagte diesem den Entwurf eines Ablösungsvertrags mit dem Hinweis, er werde im Falle des Vertragsabschlusses nach der endgültigen Herstellung der Straße nicht zu einem weiteren Erschließungsbeitrag oder zur Nachzahlung etwaiger Mehrkosten herangezogen. Die Vertragsparteien unterzeichneten den Vertrag unter dem 24. Juni 1971. Darin verpflichtete sich der Rechtsvorgänger des Klägers, die auf das Grundstück anfallenden anteiligen Kosten des Ausbaus der Erschließungsanlagen als Vorausleistung auf den später entstehenden Erschließungsbeitrag zu zahlen. Die Höhe der Vorausleistung sollte die Beklagte nach Vorliegen der Beitragssätze für das Abrechnungsgebiet der M.straße errechnen. Darüber hinaus enthielt der Vertrag die Vereinbarung, die Vorausleistung solle gemäß § 133 Abs. 3 Satz 2 BBauG den für das Grundstück nach der Herstellung der Erschließungsanlagen zu zahlenden Erschließungsbeitrag endgültig tilgen. Ein Anspruch des Rechtsvorgängers des Klägers, den Ausbau der Erschließungsanlage zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verlangen, wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Unter Zugrundelegung des in der damaligen Erschließungsbeitragssatzung festgelegten Einheitssatzes sowie unter Berücksichtigung weiterer Kosten veranschlagte die Beklagte den beitrags- und umlagefähigen Gesamtaufwand auf 261 272,47 DM und verteilte diesen auf die zu erschließenden Grundstücke anhand deren Flächen und Frontlängen. Den danach auf den Rechtsvorgänger des Klägers entfallenden Betrag i.H.v. 4 143,85 DM zahlte dieser nachfolgend.

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Die M.straße wurde im Jahr 2007 endgültig hergestellt und im Februar 2012 dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Den umlegungsfähigen Erschließungsaufwand ermittelte die Beklagte mit 277 939,35 € (Hauptzug) und 129 232,80 € (Stichstraße). Nach Anhörung des Klägers begründete die Beklagte die beabsichtigte Nacherhebung von Erschließungsbeiträgen mit dem Überschreiten der sogenannten Missbilligungsgrenze, da der auf das Grundstück des Klägers entfallende Erschließungsbeitrag den von seinem Rechtsvorgänger gezahlten Ablösungsbetrag um mehr als das Doppelte übersteige. Mit Bescheiden vom 23. August 2012 zog die Beklagte den Kläger als Gesamtschuldner für beide Miteigentumsanteile zu einem Erschließungsbeitrag i.H.v. jeweils 4 272,51 € heran und setzte die jeweils noch zu erbringende Zahlung unter Anrechnung der Ablösungssumme i.H.v. umgerechnet jeweils 1 059,36 € auf jeweils 3 213,15 € fest.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide mit Urteil vom 28. November 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung aus dem Ablösungsvertrag sei die Erschließungsbeitragspflicht des Klägers erloschen. Der preissteigerungsbedingte Wertverlust der Ablösungssumme sei der Risikosphäre der Beklagten zuzurechnen. Eine Anpassung des Vertrags nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage scheide deshalb aus. Aufgrund der vorliegenden Besonderheiten sei dessen Wirksamkeit auch nicht durch Anwendung der Missbilligungsgrenze entfallen. Mit der Regelung, dass allein die Beklagte den Zeitpunkt des Stra-ßenausbaus bestimme, habe sie die mit einem späteren Ausbau verbundenen Risiken übernommen. Eine Zeitdauer von fast 40 Jahren zwischen der Ablösungsvereinbarung und der Herstellung der Erschließungsanlage führe zudem regelmäßig zu einem Überschreiten der Missbilligungsgrenze. Bei deren ausnahmsloser Geltung könne die Gemeinde dem Ablösungsvertrag durch einen verzögerten Ausbau die vereinbarten Rechtswirkungen nehmen. Aus § 133 Abs. 3 BauGB folge, dass die Gemeinde nach der Vereinnahmung von Vorausleistungen Erschließungsanlagen zeitnah herstellen müsse. Auch deshalb dürften Nachteile einer verspäteten Herstellung nicht dem Beitragspflichtigen aufgebürdet werden.

5

Die Beklagte macht mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision, deren Einlegung der Kläger vorab in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zugestimmt hat, geltend, der Ablösungsvertrag habe seine Wirksamkeit verloren. Die Missbilligungsgrenze gelte ausnahmslos und damit auch dann, wenn die Differenz zwischen dem Ablösungsbetrag und dem Erschließungsbeitrag auf einem langen Zeitraum zwischen dem Vertragsschluss und der Entstehung der Beitragspflicht beruhe. Es widerspreche der Beitragsgerechtigkeit, den Grundstückseigentümer, der keinen Ablösungsvertrag geschlossen habe, trotz vergleichbarem Erschließungsvorteil mit höheren Erschließungskosten als denjenigen zu belasten, der einen Vertrag geschlossen habe. Aufgrund der gesetzlichen Beitragserhebungspflicht könne die Differenz zwischen der Ablösungssumme und dem Erschließungsbeitrag nicht der Gemeinde aufgebürdet werden.

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Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 28. November 2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte aufgrund des mit dem Rechtsvorgänger des Klägers wirksam geschlossenen Vertrags vom 24. Juni 1971 (1.) kein Recht zur Nacherhebung der Differenz zwischen dem damaligen Ablösungsbetrag und dem nunmehr auf das Grundstück des Klägers entfallenden Erschließungsbeitrag hat. Soweit im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 1990 (8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77) eine absolute Missbilligungsgrenze entwickelt worden ist, hält der Senat daran nicht fest (2.). Auch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kann die Beklagte weder die Anpassung des Vertrags verlangen noch von ihm zurücktreten (3.).

9

1. Der Rechtsvorgänger des Klägers und die Beklagte haben im Vertrag vom 24. Juni 1971, der auch zugunsten des Klägers als Rechtsnachfolger des Grundstückseigentümers wirkt (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 13. Dezember 2011 - 6 A 10857/11 - AS RP-SL 40, 355 <361 >), wirksam die Ablösung des künftigen Erschließungsbeitrags des Klägers vereinbart.

10

Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB entsteht die Beitragspflicht des Eigentümers oder Erbbauberechtigten eines Grundstücks für den darauf entfallenden Anteil am beitragsfähigen Erschließungsaufwand mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Ist die Erschließung demnach grundsätzlich von der Gemeinde vorzufinanzieren, so kann diese gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB schon vor Entstehung der Beitragspflicht Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag erheben. Alternativ hierzu eröffnet § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB - wie auch die bei Abschluss des vorliegenden Ablösungsvertrags geltende Vorgängerregelung des § 133 Abs. 3 Satz 2 BBauG - den Gemeinden als Ausnahme von dem gesetzlichen Verbot vertraglicher Vereinbarungen über Erschließungskosten die Möglichkeit, mit dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten eines Grundstücks vor Entstehung der Beitragspflicht einen öffentlichrechtlichen Vertrag über die Ablösung des gesamten Erschließungsbeitrags zu schließen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1982 - 8 C 24.81 - BVerwGE 64, 361 <363 f.> und vom 1. Dezember 1989 - 8 C 44.88 - BVerwGE 84, 183 <188>). Ein solcher Ablösungsvertrag bewirkt, dass ein anderenfalls mit Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflicht begründetes abstraktes Schuldverhältnis zwischen der Gemeinde und dem Grundeigentümer gar nicht erst entsteht, indem schon in einem Zeitpunkt, in dem die Anlage noch nicht endgültig hergestellt und folglich die Höhe des dafür anfallenden Aufwands nicht bekannt ist, eine abschließende vertragliche Regelung über die Belastung eines Grundstücks mit Erschließungskosten getroffen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <79>).

11

Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen eines solchen Vertrags ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 2 BBauG, § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB, dass eine Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen und vor Entstehen der Beitragspflicht für ein später der Beitragspflicht unterliegendes Grundstück erfolgt. Darüber hinaus müssen der Vereinbarung Ablösungsbestimmungen der Gemeinde zugrunde liegen, die festlegen, wie der mutmaßliche Erschließungsaufwand ermittelt und verteilt werden soll. Dabei ist die Gemeinde nicht verpflichtet, den Ablösungsbestimmungen und der Erschließungsbeitragssatzung einen identischen Verteilungsmaßstab zugrunde zu legen. Der in den Ablösungsbestimmungen enthaltene Verteilungsmaßstab muss jedoch geeignet sein, den für eine bestimmte Erschließungsanlage mutmaßlich entstehenden beitragsfähigen Aufwand angemessen vorteilsgerecht den Grundstücken zuzuordnen. Maßgebend ist insoweit, dass die Vertragsparteien von der Eignung des Verteilungsmaßstabs ausgegangen sind und ausgehen konnten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1982 - 8 C 24.81 - BVerwGE 64, 361 <365 ff.>). Dies schließt die missbräuchliche Vereinbarung eines von Anfang an offenkundig zu geringen oder überhöhten Ablösungsbetrags aus.

12

Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Vertrag. Ihm liegen mit der Anknüpfung an die seinerzeit geltende Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten insbesondere hinreichende Ablösungsbestimmungen zugrunde (vgl. § 12 der Erschließungsbeitragssatzung vom 22. Dezember 1969 i.d.F. der Änderungssatzung vom 22. März 1971). Dies gilt auch insofern, als der Ablösungsbetrag im Vertrag nicht bestimmt, sondern einer künftigen - sodann unter dem 12. März 1973 erfolgten - Berechnung vorbehalten wurde, da er durch die Bezugnahme auf die Erschließungsbeitragssatzung jedenfalls bestimmbar war.

13

2. Erlaubt das Gesetz mithin eine abschließende Ablösungsvereinbarung zu einem Zeitpunkt, in dem regelmäßig noch (erhebliche) Unsicherheiten über den weiteren Geschehensablauf bis zur endgültigen Herstellung der beitragsfähigen Erschließungsanlage einschließlich der Höhe des dafür entstehenden Aufwands bestehen, so sind Ablösungsverträgen beträchtliche Risiken - insbesondere die Gefahr einer Abweichung des Erschließungsbeitrags von der Ablösungssumme - immanent (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <79 f.>). Die Realisierung eines solchen ablösungstypischen Risikos allein lässt daher die Wirksamkeit des Vertrags unberührt.

14

a) Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings im vorgenannten Urteil ausgeführt, die geltende Rechtsordnung lasse keine uneingeschränkte Verwirklichung dieser Risiken zu. Vielmehr setze das Erschließungsbeitragsrecht dem Ausmaß einer von den Vertragspartnern hinzunehmenden Differenz zwischen der Höhe eines Ablösungsbetrags und der Höhe eines (ohne die Ablösung) auf ein Grundstück entfallenden Erschließungsbeitrags eine absolute Grenze ohne Rücksicht darauf, ob diese Differenz auf ablösungstypische Risiken zurückgehe. Der Ablösungsbetrag sei als ein vorgezogener Erschließungsbeitrag in das Regelungssystem des gesetzlichen Erschließungsbeitragsrechts eingebettet. Aus der gesetzlichen Beitragserhebungspflicht sowie dem Gebot der Abgabengerechtigkeit folge eine Missbilligungsgrenze, welche überschritten werde, wenn der Betrag, der dem Grundstück als Erschließungsbeitrag zuzuordnen sei, mindestens das Doppelte oder höchstens die Hälfte des vereinbarten Ablösungsbetrags ausmache. Im ersten Fall stehe der Gemeinde ein Nacherhebungsrecht, im zweiten dem Grundeigentümer ein Rückzahlungsanspruch zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <82 ff.>).

15

b) Hieran hält der erkennende Senat nicht fest. Eine absolute, von der Ursache des Auseinanderfallens von Ablösungsbetrag und Erschließungsbeitrag unabhängige, allein an die Höhe der Differenz anknüpfende Grenze ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sie lässt sich nicht mit dem "Wesen" des Ablösungsbetrages als "vorgezogener" Erschließungsbeitrag und der Einbettung des Ablösungsvertrags in das Regelungssystem des gesetzlichen Erschließungsbeitragsrechts begründen (so BVerwG, Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <82 f.>). Die Annahme, die aus § 127 Abs. 1 BauGB ableitbare Pflicht zur möglichst umfassenden Abwälzung der für die Herstellung von beitragsfähigen Erschließungsanlagen entstandenen Kosten auf die Grundstückseigentümer zwinge zur Annahme einer absoluten Missbilligungsgrenze, berücksichtigt nicht hinreichend, dass der Gesetzgeber selbst mit § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB eine Ausnahme von der Pflicht zur Beitragserhebung ermöglicht, und zwar in Kenntnis des mit dieser Vertragsgestaltung geradezu typischerweise verbundenen Risikos einer - auch erheblichen - Abweichung der vertraglich vereinbarten Beträge von den ohne die Ablösung auf das Grundstück entfallenden Erschließungsbeiträgen. Hätte der Gesetzgeber der Fortgeltung eines Ablösungsvertrags eine spezifisch erschließungsbeitragsrechtliche und dazu noch "absolute" Grenze setzen wollen, hätte er dies durch eine entsprechende Regelung zum Ausdruck bringen müssen. Das Fehlen einer solchen gesetzlichen Regelung kann nach Überzeugung des Senats nicht durch eine aus dem allgemeinen Regelungssystem des gesetzlichen Erschließungsbeitragsrechts abgeleitete und zudem noch gegriffene richterrechtliche Missbilligungsgrenze überspielt werden. Dies gilt umso mehr, als die gesetzliche Konzeption des Ablösungsvertrags dazu führt, dass mit Abschluss eines solchen Vertrags und der Entrichtung des Ablösungsbetrags durch den Grundeigentümer für das betroffene Grundstück das beitragsrechtliche Rechtsregime erst gar nicht zum Entstehen gelangt. Hinzu kommt, dass die Pflicht der Gemeinde zur Beitragserhebung nach § 127 Abs. 1, § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB für die gemeindliche Beteiligung an den Erschließungskosten nur eine Mindest-, nicht jedoch eine Höchstgrenze festsetzt; der gemeindliche Anteil kann daher mehr als 10 v.H. des beitragsfähigen Erschließungsaufwands betragen (vgl. VGH München, Urteil vom 12. März 1971 - 290 VI 70 - VGHE 24, 64 <67>; Ernst/Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2014, § 129 Rn. 19; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 129 Rn. 30).

16

Das durch Art. 3 Abs. 1 GG unterstützte Gebot der Abgabengerechtigkeit trägt eine absolute Missbilligungsgrenze ebenfalls nicht. Zum einen liegen schon keine vergleichbaren Sachverhalte vor, wenn im einen Fall der Grundstückseigentümer im Wege der Ablösungsvereinbarung den Bau der Anlage unter Umständen über viele Jahre oder - wie hier - sogar Jahrzehnte hinweg vorfinanziert, während sich im anderen Fall der Eigentümer eines vergleichbar großen Grundstücks erst im Nachhinein im Beitragswege an der Finanzierung beteiligt. Zum anderen würde eine absolute Missbilligungsgrenze auch dann Anwendung finden, wenn - wie es durchaus nicht selten der Fall sein wird - alle oder die Mehrzahl der Grundstückseigentümer eines Baugebiets Ablösungsverträge abgeschlossen haben, es also nicht oder nicht in großem Umfang dazu käme, dass gleich große Grundstücke eines Abrechnungsgebiets trotz gleich großen Erschließungsvorteils unterschiedlich belastet würden. Die Freiwilligkeit der vertraglichen Regelung unterscheidet die Ablösungsvereinbarung schließlich auch von dem Vorfinanzierungsinstitut der Vorausleistung, das zudem in § 133 Abs. 3 Satz 1 bis 4 BauGB eine Reihe von Schutzregelungen zugunsten des Vorausleistungspflichtigen kennt.

17

c) Gerade das vorliegende Verfahren zeigt, dass die Annahme einer absoluten Wirksamkeitsgrenze zu unbilligen Ergebnissen führen kann. Mit ihr soll Fällen Rechnung getragen werden, in denen der vereinbarte Ablösungsbetrag den durch ihn ersetzten Erschließungsbeitrag mehr oder weniger total verfehlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <79, 82>). Von einer solchen totalen Verfehlung kann jedoch keine Rede sein, wenn das erhebliche Auseinanderfallen - wie hier - allein oder weit überwiegend auf einer durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigten Verzögerung der Herstellung der Erschließungsanlage und der dadurch eingetretenen Preissteigerung beruht. Der Rechtsvorgänger des Klägers hat als Ablösungssumme einen Betrag gezahlt, der bei einer zeitnahen Herstellung der Erschließungsanlagen in keinem Missverhältnis zu dem Erschließungsbeitrag gestanden hätte. Nur dadurch, dass die Beklagte die Ablösungsbeträge anderweitig verwendet und mit der Fertigstellung der M.straße fast 40 Jahre zugewartet hat, konnte es zu einer Differenz der Beträge in diesem Ausmaß kommen. Inflationsbedingt hat sich der Wert des damals gezahlten Ablösungsbetrags unter Zugrundelegung des Verbraucherpreisindex bereits nach rund 20 Jahren halbiert (vgl. Statistisches Bundesamt, Verbraucherpreisindizes für Deutschland, Lange Reihen ab 1948, Stand November 2014, S. 2 ff.), während sich die Straßenbaukosten innerhalb dieses Zeitraums verdoppelt haben (vgl. Statistisches Bundesamt, Preisindizes für die Bauwirtschaft, Stand November 2014, S. 27 f.). Daher wäre es nicht zu rechtfertigen, mit dem Unterschiedsbetrag nicht die Gemeinde, welche die Ursache hierfür gesetzt und zudem von der frühzeitigen Überlassung des Ablösungsbetrags profitiert hat, sondern einseitig den Bürger zu belasten.

18

3. Fallgestaltungen, in denen der Ablösungsbetrag außer Verhältnis zum mit der Fertigstellung der Anlagen vermittelten Erschließungsvorteil steht, ist daher nicht durch eine absolute Grenze Rechnung zu tragen, welche darüber hinaus zu dem von Zufällen nicht freien und mit Blick auf den Gleichheitssatz problematischen Ergebnis führt, dass der betroffene Grundeigentümer entweder nichts oder den vollen Differenzbetrag nachzahlen muss. Die Grenze der notwendigen Tolerierung eines derartigen Missverhältnisses bestimmt sich vielmehr im Einzelfall nach den bundesrechtlich in § 60 VwVfG verankerten, im öffentlichen Recht darüber hinaus seit langem allgemein anerkannten Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anhand einer Abwägung aller sich im Zusammenhang mit Ablösungsverträgen ergebenden Umstände und gegenläufigen Interessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 8 C 4.11 -BVerwGE 143, 335 Rn. 65; s. - in anderem Zusammenhang - auch Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <83 f.>). Diese Grundsätze finden nicht nur auf Dauerschuldverhältnisse, sondern auch auf öffentlichrechtliche Verträge Anwendung, die - wie hier - eine einmalige Leistungspflicht begründen; dies gilt auch dann, wenn die vertraglich geschuldete Leistung schon erbracht wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 8 C 4.11 - BVerwGE 143, 335 Rn. 46 f.). Damit ermöglicht die Rechtsordnung auch ohne Heranziehung einer absoluten Missbilligungsgrenze, Abweichungen zwischen dem Erschließungsbeitrag und der vereinbarten Ablösung eine Grenze zu ziehen, bei deren Bestimmung zudem den Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen werden kann. Ein sich danach möglicherweise ergebendes Nacherhebungsrecht kann die Gemeinde indes nicht unmittelbar durch Erschließungsbeitragsbescheid durchsetzen. Vielmehr bedarf es der Geltendmachung des Anpassungsverlangens - ggf. im Wege der auf Vertragsanpassung gerichteten Leistungsklage (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1995 - 3 C 21.93 - BVerwGE 97, 331 <340 f.>) - oder des Rücktritts vom Ablösungsvertrag (vgl. § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB; s. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 8 C 4.1 - BVerwGE 143, 335 Rn. 46 f. zur Abgrenzung von der Kündigung gem. § 60 VwVfG bei Dauerschuldverhältnissen).

19

Voraussetzung für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage ist allerdings ein - zudem unzumutbares - Überschreiten des Risikorahmens, den die Partei, die eine Anpassung des Vertrags begehrt oder von ihm zurücktreten will, mit dem Vertragsschluss übernommen hat. Eine bloße Realisierung des vertraglich übernommenen Risikos hingegen lässt die Wirksamkeit des Vertrags ebenso unberührt wie der Umstand, dass eine Vertragspartei nach ihrer gegenwärtigen Interessenlage in den Vertragsschluss vernünftigerweise jetzt nicht mehr einwilligen würde. Vielmehr muss die Änderung der für den Vertragsinhalt maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zu schwerwiegenden, bei Vertragsschluss nicht absehbaren Nachteilen für die Vertragspartei geführt haben, denen die Vertragspartner bei Kenntnis der Entwicklung billigerweise Rechnung getragen hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 8 C 4.11 - BVerwGE 143, 335 Rn. 57, 64). Mehrkosten der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage, die - wie vorliegend - allein oder weit überwiegend inflationsbedingt sind, lassen danach als ablösungstypische Risiken die Geschäftsgrundlage eines Ablösungsvertrags grundsätzlich unberührt. Sie unterfallen einseitig dem Risikobereich der Gemeinde, welche es zudem in der Hand hat, mit dem Zeitpunkt der Fertigstellung auch darüber zu entscheiden, inwiefern die eingenommenen Ablösungsbeträge die Erschließungskosten abdecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <79 f.>).

20

Auch soweit aus anderen, nicht preissteigerungsbedingten Gründen in Einzelfällen ein nicht mehr tolerierbares Missverhältnis zwischen der Belastung eines Grundstücks mit Erschließungskosten und dem ihm vermittelten Vorteil bestehen sollte, bedarf es keiner absoluten Grenze. Ob sich derartige Mehrkosten innerhalb des Rahmens der ablösungstypischen Risiken halten oder die Geschäftsgrundlage des Ablösungsvertrags berühren, ist ebenfalls anhand einer Abwägung aller Umstände und Interessen des Einzelfalls festzustellen. Auch insoweit ist allerdings die dem Ablösungsvertrag immanente Unsicherheit über die Höhe des Erschließungsaufwands und das damit einhergehende Risiko eines Auseinanderfallens von Ablösungsbetrag und Erschließungsbeitrag zu berücksichtigen. Eine Kostensteigerung, die den Betrag, der dem betroffenen Grundstück als Erschließungsbeitrag zuzuordnen ist, auf weniger als das Doppelte des vereinbarten Ablösungsbetrags anhebt, vermag sich daher auch dann, wenn sie ausstattungsbedingt ist, in der Regel nicht auf die vertragliche Bindung auszuwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 - BVerwGE 87, 77 <83 f.>).

21

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6 426,30 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG).

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Dez. 2011 - 6 A 10857/11

bei uns veröffentlicht am 13.12.2011

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 14. Februar 2011 abgeändert und die Klage gegen den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 4. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2011..

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(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 14. Februar 2011 abgeändert und die Klage gegen den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 4. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2011 abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des bebauten Grundstücks Flur 3, Parzelle 56/35 in der Gemarkung K… gegen seine Heranziehung zu Vorausleistungen auf einen einmaligen Ausbaubeitrag für den 1. Bauabschnitt der Nebenanlagen des B… Wegs, einer Kreisstraße.

2

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu eigen macht.

3

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, der B… Weg sei zwar in voller Länge eine einheitliche öffentliche Straße. Bei den ausgebauten Nebenanlagen an dem Teilstück im unteren Bereich des B… Weges handele es sich aber um einen rechtmäßig gebildeten Abschnitt einer Verkehrsanlage mit der Folge, dass der beitragsfähige Aufwand allein auf die unmittelbaren Anlieger umzulegen sei. Da das Grundstück des Klägers an den nunmehr ausgebauten Abschnitt der Verkehrsanlage nicht angrenze und davon nicht erschlossen sei, bestehe insoweit keine Beitragspflicht. Dass der Ortsgemeinderat der Beklagten im Jahre 1987 einen Abschnitt für den Ausbau der Nebenanlagen (Gehweg und Straßenbeleuchtung) von der Einmündung des B… Wegs in die K… Straße bis zur Straße A… S… konkludent durch den Beschluss über den Beitragssatz zu dieser Ausbaumaßnahme gebildet habe, begegne keinen rechtlichen Bedenken. Der Annahme einer wirksamen Abschnittsbildung könne nicht entgegenhalten werden, diese sei unzulässig gewesen, weil die Beklagte nicht die Absicht gehabt habe, auch den anderen Abschnitt vom S… bis zur Einmündung des B… Wegs in die H… Straße auszubauen. Denn eine solche Absicht habe bestanden.

4

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Beklagte vorgetragen, eine wirksame Abschnittsbildung sei nicht erfolgt. Es fehle schon an einem diesbezüglichen ausdrücklichen Ratsbeschluss. Außerdem habe sie im Jahr 1987 die Nebenanlagen des oberen Teils des B… Wegs aufgrund eines seinerzeit festgelegten Ausbauprogramms errichtet bzw. erneuert, ohne dass damals bereits ein konkretes Ausbauprogramm auch für den nunmehr ausgebauten unteren Teil des B… Wegs vorhanden gewesen sei. Es handele sich also um zwei voneinander unabhängige Ausbaumaßnahmen an einer einheitlichen Verkehrsanlage, so dass sämtliche Eigentümer von Anliegergrundstücken des B… Wegs beitragspflichtig seien. Daran änderten auch die im Jahr 1987 geschlossenen Ablösungsverträge nichts, die sich nur auf den damaligen Ausbau des oberen Teils des B… Wegs bezögen und keine Auswirkungen auf die Vorausleistungserhebung für die nunmehr ausgebauten Nebenanlagen des unteren Teils des B… Wegs hätten.

5

Die Beklagte beantragt,

6

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

8

die Berufung zurückzuweisen.

9

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen, es müsse von einer bereits im Jahr 1987 vorliegenden Planung ausgegangen werden, die Gehwege auf der gesamten Länge des B… Wegs auszubauen. Dafür spreche der Beschluss des Bau- und Liegenschaftsausschusses und des Rats der Beklagten aus dem Jahr 1979, künftig Bürgersteige, die wegen der Verlegung einer Versorgungsleitung wiederhergestellt werden müssten, mit Verbundsteinpflaster zu befestigen. Auch die Ende der 80er Jahre im Rahmen des Ausbaus des oberen B… Wegs abgeschlossenen Ablösungsverträge indizierten, dass eine spätere Weiterführung der Baumaßnahme schon damals beabsichtigt gewesen sei. Deshalb könne die Abschnittsbildung auch nicht als willkürlich bezeichnet werden, zumal die wesentlichen Einzelheiten des Bauprogramms festgelegt gewesen seien. Es sei nicht erforderlich, dass schon im Zeitpunkt der Abschnittsbildung feststehe, wann die Arbeiten zum Ausbau des zweiten Abschnitts in Angriff genommen würden. Im Übrigen regelten diese Ablösungsverträge, dass für die Gehwege im (gesamten) B… Weg keine weiteren Beiträge mehr erhoben würden. Die Ablösungsverträge enthielten keine ausdrückliche Beschränkung auf den oberen Teil des B… Wegs und schlössen daher eine erneute Beitragserhebung aus. Sollte keine wirksame Abschnittsbildung erfolgt sein, müssten die Verträge in dieser Weise ausgelegt werden. Andernfalls wären die Verträge nichtig, weil ihnen unter diesen Umständen nicht das maßgebliche Abrechnungsgebiet zugrunde gelegt worden wäre.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Pläne Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

11

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der angefochtene Vorausleistungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Das verwaltungsgerichtliche Urteil muss dementsprechend abgeändert und die Klage abgewiesen werden.

12

Rechtsgrundlage der Heranziehung des Klägers zu einer Vorausleistung sind §§ 10 Abs. 8, 7 Abs. 5 KAG i. V. m. § 9 der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 3. April 1996 in der Fassung vom 19. November 2003 - ABS -. Danach können ab Beginn einer Maßnahme Vorausleistungen bis zur Höhe des voraussichtlichen Beitrags verlangt werden. Die Vorausleistungserhebung scheitert weder an einer Abschnittsbildung (1.) noch an vertraglichen Vereinbarungen der Beklagten mit den früheren Eigentümern des Grundstücks des Klägers (2.).

13

1. Das veranlagte Grundstück des Klägers unterliegt gemäß § 4 ABS der Beitragspflicht für die in der Baulast der Beklagten stehenden Nebenanlagen des B… Wegs, weil es qualifiziert nutzbar ist und die Möglichkeit besteht, von diesem Grundstück Zufahrt und Zugang zu der ausgebauten Verkehrsanlage zu nehmen. Der B… Weg stellt nach der übereinstimmenden Beurteilung der Beteiligten und der insoweit überzeugenden Begründung des Verwaltungsgerichts von der Einmündung in die H… Straße bis zur Einmündung in die K… Straße eine einheitliche Verkehrsanlage dar.

14

Zwar liegt das Grundstück des Klägers im oberen Teil des B… Wegs, dessen Nebenanlagen zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße bereits im Jahr 1987 auf Kosten der Anlieger dieses Teilstücks ausgebaut wurden. Dies ändert jedoch nichts an der Beitragspflicht des Klägers für die Ausbaumaßnahmen, die sich auf den unteren Bereich des B… Wegs beziehen und für die nunmehr Vorausleistungen erhoben werden.

15

Unabhängig davon, ob Straßenausbaumaßnahmen über die gesamte Straßenlänge oder lediglich in einem Teilbereich durchgeführt werden, bildet grundsätzlich die gesamte einheitliche Verkehrsanlage das Abrechnungsgebiet für die Heranziehung zu einmaligen Ausbaubeiträgen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gemeinde die einheitliche Verkehrsanlage formell ordnungsgemäß und in materiellrechtlich zulässiger Weise in mehrere Abrechnungsabschnitte aufteilt (vgl. OVG RP, 6 A 10723/01.OVG). In einem solchen Fall werden die in einem bestimmten Abschnitt tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen nur auf die Anliegergrundstücke des betreffenden Abrechnungsabschnitts verteilt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 KAG), während die Anlieger des bzw. der übrigen Abschnitte insoweit nicht beitragspflichtig sind. So liegen die Dinge hier nicht.

16

a) Die Bildung eines Abrechnungsabschnitts in einer Gemeinde wie der Beklagten setzt einen Ratsbeschluss voraus, dem ausdrücklich (OVG RP, 6 A 10269/09.OVG) oder nach seinem objektiven Erklärungsinhalt anderweitig zweifelsfrei entnommen werden kann, dass eine Abschnittsbildung erfolgt (OVG RP, 6 A 68/80, AS 17, 60 [63]; 6 B 11693/92.OVG, ESOVGRP). Auf die Eindeutigkeit einer solchen Beschlussfassung kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht verzichtet werden, weil die Abschnittsbildung für die Entstehung und die Höhe der Beitragspflicht konstitutiv ist. Auch wenn der Senat (OVG RP, 6 A 68/80, AS 17, 60 [63]) es nicht für zwingend erforderlich gehalten hat, dass die Begriffe „Abschnittsbildung“ bzw. „Abrechnungsgebiet“ in einem Beschluss zur Abschnittsbildung erwähnt werden, muss allein die erkennbare Absicht des Stadtrats, den Ausbauaufwand lediglich auf die Anlieger des ausgebauten Teilstücks einer einheitlichen Verkehrsanlage zu verteilen, für eine wirksame Abschnittsbildung nicht ausreichen. Sie kann nämlich auch auf einer bloßen Verkennung der rechtlich zulässigen Möglichkeiten, ausnahmsweise nicht sämtliche Anlieger der einheitlichen Verkehrsanlage heranzuziehen, beruhen. Sofern die Absicht zur Abschnittsbildung nicht durch die Verwendung eindeutiger Begriffe in dem Ratsbeschluss zum Ausdruck kommt, muss sich aber aus anderen Umständen zweifelsfrei ergeben, dass der Rat mit seinem Beschluss eine einheitliche Verkehrsanlage in mehrere Abrechnungsabschnitte aufteilt.

17

Nach diesem Maßstab stellt der Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 20. Oktober 1987 keine hinreichend deutliche Entscheidung zur Abschnittsbildung dar. In diesem Beschluss wurden die Eilentscheidung des Bürgermeisters zur Auftragsvergabe bestätigt und der Beitragssatz für die Erhebung von Vorausleistungen für den Ausbau der Bürgersteige an der K 97, also des oberen Teils des B… Wegs zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße, festgelegt. Zwar beruht die Berechnung des Beitragssatzes offensichtlich auf einer Verteilung der aufgrund des Bauprogramms für das obere Teilstück des B… Wegs entstandenen Kosten ausschließlich auf die Anlieger dieses oberen Teilstücks. Dass damit die gesamte Verkehrsanlage in mehrere Abrechnungsabschnitte aufgeteilt werden sollte, ist jedoch nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht die Bestätigung der Eilentscheidung des Bürgermeisters zur Vergabe des Bauauftrags für das obere Teilstück dafür, dass nur der Ausbau dieses Teils des B… Wegs zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße Gegenstand des Ratsbeschlusses war und im Übrigen keine verbindlichen Vorstellungen hinsichtlich des Ausbaus weiterer Teilstücke bestanden. Bestätigt wird dies durch die Bezugnahme der Sitzungsniederschrift auf die Vereinbarung zwischen der Kreisverwaltung Altenkirchen, vertreten durch das Straßenbauamt, und der Beklagten sowie den Verbandsgemeindewerken vom 18. Dezember 1986, die sich ausdrücklich auf den „Straßenabschnitt von Prof. 1 bis Prof. 23“ beschränkt. Dies ist, wie dem in den Akten befindlichen Grunderwerbsplan entnommen werden kann, die Teilstrecke des B… Wegs zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße. Demgegenüber wird in dem Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 20. Oktober 1987 und den in Bezug genommenen Unterlagen weder der gesamte B… Weg als die maßgebliche einheitliche Verkehrsanlage erwähnt noch ist von konkretisierten Ausbauplänen oder gar einem Bauprogramm auch für den oder die übrigen Teilstücke des B… Wegs die Rede.

18

Von eindeutigen Umständen, wonach der Stadtrat mit seinem Beschluss vom 20. Oktober 1987 eine einheitliche Verkehrsanlage in mehrere Abrechnungsabschnitte aufgeteilt hat, kann auch angesichts des vom Verwaltungsgericht erwähnten Bauentwurfs aus dem Jahr 1974, des Ankaufs von Grundstücken zur späteren Anlage von Gehwegen im unteren Bereich des B… Wegs und der Überplanung eines Teils dieses Bereichs im Jahre 1984 nicht die Rede sein. Denn darin zum Ausdruck kommende Ausbauabsichten der Beklagten waren so lange unmaßgeblich, wie der Landkreis als Baulastträger der Fahrbahn des B… Wegs, einer Kreisstraße, ihnen nicht zugestimmt hatte. Ein separater Ausbau der Nebenanlagen am B… Weg war der Beklagten nicht möglich. Der Bau der Gehwege konnte nur zusammen mit der Erneuerung der in der Baulast des Landkreises stehenden Fahrbahn des B… Wegs konkret geplant und durchgeführt werden. Der Landkreis hatte jedoch mit der Beklagten unter dem 18. Dezember 1986 lediglich eine Vereinbarung zum Ausbau der K 97 im oberen Bereich geschlossen, also zwischen der Abzweigung „A… S…“ und der Einmündung in die K… Straße. Dass der Landkreis nur zum Ausbau dieses oberen Teilstücks der K 97 bereit war, hinsichtlich des unteren Bereichs die Beklagte aber lediglich um einen verkehrsgerechten Ausbau „bemüht“ war, lässt sich der Niederschrift über die Anliegerversammlung vom 22. Mai 1980 entnehmen. Die Bemühungen der Beklagten um einen Ausbau des gesamten B… Wegs schon vor dem Jahr 1987, die sich im Schriftverkehr mit der Kreisverwaltung niedergeschlagen haben, konnten mithin ohne Zustimmung des Landkreises nicht zum Ausbau der Nebenanlagen am B… Weg führen.

19

Wie wenig konkret damals die Absicht der Herstellung von Bürgersteigen im unteren Bereich des B… Wegs war, wird im Protokoll der Anliegerversammlung vom 1. Oktober 1988 deutlich, wonach der untere Teil nur nach einem förmlichen Planfeststellungsverfahren ausgebaut werden könne, das sich u.U. bis zu zehn Jahren hinziehen könne. Die abgeschlossenen und umgesetzten Grundstückskaufverträge zur Herstellung von Gehwegen im unteren Bereich des B… Wegs waren ebenso wie Abbrucharbeiten auf diesen Grundstücken lediglich vorsorgliche Maßnahmen der Beklagten, ersetzten aber kein einvernehmlich mit dem Straßenbaulastträger der Fahrbahn festzulegendes Bauprogramm. Gleiches gilt für die gemeindliche Bauleitplanung aus dem Jahr 1984. Mit dem Bebauungsplan „H… Straße“ wurde zwar auch der Teil des B… Wegs zwischen der Einmündung in die H… Straße und der Abzweigung der Wiesenstraße überplant und die einheitlich festgesetzte „Straßenverkehrsfläche“ zeichnerisch in Gehwege und Fahrbahn unterteilt. Ohne Einigung mit dem Landkreis auf ein konkretes Bauprogramm zur Errichtung von Gehwegen vermochte die Beklagte ihre Ausbauabsichten aber nicht umzusetzen.

20

Außerdem bestätigt die weitere Entwicklung, dass keine Abschnittsbildung vorgenommen werden sollte. Sonst hätte sich der Rat aus Anlass der Verlängerung des Ausbaus des oberen Teils des B… Wegs im Jahre 1988 über die Abzweigung „A… S…“ hinaus bis zum Grundstück 50/18 mit der Frage beschäftigt, ob dadurch der zuvor gebildete zweite Abschnitt bis zur Einmündung in die H… Straße wiederum in zwei Abschnitte aufgeteilt wird mit der Folge, dass insgesamt drei Abschnitte zu unterscheiden wären.

21

b) Im Übrigen wäre eine Abschnittsbildung durch den Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 20. Oktober 1987 unzulässig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht, die insoweit schon damals auf das Ausbaubeitragsrecht zu übertragen war, findet die Abschnittsbildung ihre Schranke im Willkürverbot (vgl. OVG RP, 6 A 151/89.OVG, ESOVGRP; 6 A 10319/92.OVG, ESOVGRP). Diese Grenze ist dann überschritten, wenn bei im Wesentlichen gleicher Vorteilssituation die berücksichtigungsfähigen Kosten des Ausbaus einer Teilstrecke je Quadratmeter Straßenfläche um mehr als ein Drittel höher liegen als die entsprechenden Kosten für den Ausbau der anderen Teilstrecke der gleichen Anlage (vgl. BVerwG, 8 C 9/96, KStZ 1998, 70, juris). Dieser Kostenvergleich ist auf der Grundlage der für die Gemeinde bei ihrer Entscheidung über die Abschnittsbildung ermittelbaren Daten anzustellen. Sieht das Bauprogramm in diesem Zeitpunkt an einem Straßenteilstück keinerlei Maßnahmen vor, hat die Bildung eines aus diesem Straßenteilstück bestehenden Abschnitts zur Folge, dass dort auf absehbare Zeit keinerlei Kosten entstehen, während die in dem anderen Abschnitt angefallenen Kosten allein auf die Anlieger dieses Abschnitts verteilt werden. Unter solchen Umständen ist die Umlegung des Aufwandes auf lediglich einen Teil der Anlieger einer einheitlichen Verkehrsanlage unter Schonung der übrigen Anlieger rechtswidrig, weil nicht absehbar ist, wann und in welcher Höhe Aufwand in dem Teil der Anlage mit der Folge der Beitragsbelastung der dortigen Anlieger entstehen wird, an dem konkret keine Maßnahme geplant ist (vgl. OVG RP, 6 A 11478/99, ESOVGRP, juris; 6 A 10723/01.OVG; 6 A 10269/09.OVG). Ohne Zustimmung des Landkreises zum Ausbau der Nebenanlagen auch am unteren B… Weg wäre deshalb eine von der Beklagten vorgenommene Abschnittsbildung von vornherein unzulässig gewesen.

22

2. Aus den vertraglichen Vereinbarungen der Beklagten mit den früheren Eigentümern des Grundstücks des Klägers ergeben sich keine Bedenken gegen die Vorausleistungserhebung. Zwar liegt es nahe anzunehmen, der Ablösungsvertrag vom 4. Dezember 1987 wirke auch zugunsten der Rechtsnachfolger im Grundstückseigentum. Dieser Vertrag ist jedoch nichtig.

23

Die Nichtigkeit dieses Ablösungsvertrages ergibt sich aus den Bestimmungen der §§ 54 bis 62 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - i.V.m. § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes über öffentlich-rechtliche Verträge, die gemäß § 3 Abs. 4 KAG ausdrücklich auch für Kommunalabgaben gelten. Sie waren schon zuvor als Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken (vgl. BVerwG, IV C 22.72, BVerwGE 42, 331 [335]; juris) auf Kommunalabgaben anzuwenden. Ein subordinationsrechtlicher Vertrag i.S.d. § 54 Satz 2 VwVfG – wie beispielsweise ein Vertrag zur Ablösung einer Beitragspflicht - ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG nichtig, wenn sich die Behörde eine nach § 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG bestimmt, dass die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde gegenüber verpflichtet, den gesamten Umständen nach angemessen sein muss. Daran fehlte es, weil die Höhe des Ablösungsbetrags, mit dem der einmalige Ausbaubeitrag für den Ausbau der Gehwege des B… Wegs abgelöst werden sollte, nur durch die Verteilung des im Jahre 1987 entstandenen Ausbauaufwands auf die Anlieger des oberen Teils des B… Wegs ermittelt wurde. Mangels wirksamer Abschnittsbildung hätten auch die Anlieger des unteren Teils des B… Wegs einbezogen werden müssen, was zu einer erheblichen Verminderung des Ablösungsbetrages geführt hätte. Deshalb war der mit den damaligen Grundstückseigentümern vertraglich vereinbarte Ablösungsbetrag unangemessen hoch.

24

Die Nichtigkeit des Ablösungsvertrages ist aber auch dann anzunehmen, wenn man diese Vereinbarung auf den gesamten B… Weg bezieht, sie also so versteht, dass eine künftige Heranziehung für den Ausbau anderer Teile des B… Wegs abgegolten sein sollte. Unter diesen Umständen wäre der Ablösungsbetrag zwar nicht ohne Weiteres unangemessen. Ohne wirksame Abschnittsbildung durfte eine solche Vereinbarung jedoch nicht geschlossen werden. Sonst wäre eine vertragliche Umgehung der dargestellten Voraussetzungen einer Abschnittsbildung möglich. Eine solche Erweiterung der rechtlich zugelassenen Möglichkeiten, ausnahmsweise nicht sämtliche Anlieger der einheitlichen Verkehrsanlage heranzuziehen, wäre unvereinbar mit der strikten Bindung an das Gesetz (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG), die im Abgabenrecht von besonderer und gesteigerter Bedeutung ist und die ausschließt, dass Abgabengläubiger und Abgabenschuldner von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen, sofern nicht das Gesetz dies ausnahmsweise gestattet (vgl. BVerwG, 8 C 24/81, BVerwGE 64, 361, juris). Der Grundsatz, dass die Abgabenerhebung nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen aufgrund von Vereinbarungen zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner erfolgen kann, "ist für einen Rechtsstaat so fundamental und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, daß seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten ist, das Nichtigkeit zur Folge hat" (BVerwG, VII C 83.57, BVerwGE 8, 329 [330]; BVerwG, IV C 7.73, BVerwGE 49, 125 [128]; BVerwG, 8 C 24/81, BVerwGE 64, 361, juris; vgl. auch OVG RP, 12 B 50/85, KStZ 1985, 233, juris; 6 A 10558/05.OVG, ESOVGRP).

25

Eine Vereinbarung, wonach mit der Zahlung des Ablösungsbetrages eine künftige Heranziehung für den Ausbau anderer Teile als des oberen Teils des B… Wegs abgegolten sein sollte, wäre auch als Vergleichsvertrag nichtig. Nach § 55 VwVfG kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Nichtig ist ein solcher Vertrag gemäß § 59 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG, wenn die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 VwVfG rechtswidrig wäre. Davon muss unter den vorliegenden Umständen ausgegangen werden, weil ein Beitragsbescheid in Höhe des vereinbarten Ablösungsbetrags ohne wirksame Abschnittsbildung mit dem materiellen Recht unvereinbar gewesen wäre und außerdem keine Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen war. Sowohl die Kosten der Ausbaumaßnahme am oberen B… Weg als auch die beitragspflichtigen Grundstücke der gesamten Verkehrsanlage waren damals bekannt. Die bestehende Ungewissheit über den Ausbau der Nebenanlagen des unteren B… Wegs durfte – wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt – nicht durch gegenseitiges Nachgeben in Form des Ablösungsvertrags vom 4. Dezember 1987 überwunden werden. Ungeachtet dessen spricht nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen und dem Vorbringen der Beteiligten nichts dafür, dass eine solche Ungewissheit mit dem Ablösungsvertrag beseitigt werden sollte.

26

3. Da der Kläger weitere Einwände gegen seine Heranziehung nicht geltend gemacht hat und solche auch nicht ersichtlich sind, ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

27

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

28

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

29

Beschluss

30

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 305,69 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Die Behörde kann den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

(2) Die Kündigung bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Sie soll begründet werden.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Die Behörde kann den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

(2) Die Kündigung bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Sie soll begründet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.