Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu einem Drittel.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller, die jeweils als Studienbewerber die Zulassung auf einen Studienplatz im Studiengang Humanmedizin anstreben, begehren vorliegend einstweiligen Rechtsschutz gegen Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung vom 10. Mai 2013. Die angegriffene Bestimmung hat die Neufassung des § 23 Satz 2 Vergabeverordnung zum Gegenstand.

2

Unter dem 30. Mai 2008 erließ das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen (ZVS-Vergabeverordnung – ZVSVergVO M-V; GVOBl. M-V, S. 159). Mit Art. 1 Nr. 3 Buchst. b) der Zweiten Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung vom 20. Mai 2010 (GVOBl. M-V, S. 263) wurde – neben anderen Änderungen – der § 23 mit folgendem Inhalt in die ZVS-Vergabeverordnung eingefügt:

3

§ 23
Zulassungsverfahren außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen

4

Ein Antrag, mit dem ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird, muss

5

1. für das Sommersemester bis zum 15. Januar,
 2. für das Wintersemester bis zum 15. Juli

6

bei der Hochschule eingegangen sein (Ausschlussfristen). Voraussetzung für die Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen ist ferner ein Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren in dem betreffenden Studiengang für den betreffenden Studienort. Sind Zulassungen außerhalb der festgesetzten Kapazität auszusprechen, hat sich die Vergabe an den Vergabekriterien nach § 4 Absatz 3 Satz 1 des Hochschulzulassungsgesetzes zu orientieren, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt.

7

Die Zweite Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung ist nach ihrem Art. 2 (Satz 1) am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft getreten; die Verkündung erfolgte im Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern am 28. Mai 2010. Die Verordnung galt erstmals für das Vergabeverfahren im Wintersemester 2010/2011 (Satz 2).

8

Mit Art. 1 der dritten Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung vom 09. Mai 2011 (GVOBl. M-V, S. 307) wurde u. a. die Überschrift – bzw. ihr Titel – in „Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen (Vergabeverordnung – VergVO M-V)“ geändert. Weder die Dritte noch die Vierte (GVOBl. M-V 2012, S. 77) oder Fünfte (GVOBl. M-V 2012, S. 103) Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung hatten in der Folgezeit Änderungen des § 23 VergVO M-V zum Gegenstand.

9

Mit dem streitgegenständlichen Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung vom 10. Mai 2013 (GVOBl. M-V, S. 317) wurde § 23 Satz 2 „wie folgt gefasst“:

10

Voraussetzung für die Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen ist ferner ein Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Verfahren oder in einer der in § 6 genannten Vorabquoten in dem jeweiligen Studiengang für den betreffenden Studienort.

11

Die Sechste Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung ist nach ihrem Art. 2 (Satz 1) am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft getreten; die Verkündung erfolgte im Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern am 17. Mai 2013. Die Verordnung galt erstmals für das Vergabeverfahren im Wintersemester 2013/2014 (Satz 2).

12

§ 6 der Satzung für das hochschuleigene Auswahlverfahren in den Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin sowie Pharmazie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald i. d. F. der Fünften Änderungssatzung vom 25. April 2012 bestimmt, dass in das Auswahlverfahren nur Bewerber/innen einbezogen werden, die in ihrem Antrag bei der Stiftung für Hochschulzulassung die Universität Greifswald mit der Ortspräferenz 1 angegeben und einen Abiturdurchschnitt von 2,5 oder besser erreicht haben. Für den Studiengang Humanmedizin ist seit dem Inkrafttreten der Ersten Änderungssatzung vom 08. Januar 2007 die Angabe der Universität Greifswald mit der 1. Ortspräferenz erforderlich.

13

Mit der Ersten Satzung zur Änderung der Ordnung zur Vergabe von Studienplätzen in den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin (Zulassungsordnung – ZulO) vom 04. März 2012 sieht auch die Universität Rostock vor, dass Voraussetzung für die Teilnahme eines Bewerbers / einer Bewerberin am Auswahlverfahren ist, dass er / sie gegenüber der Stiftung für Hochschulzulassung für den Studienort Rostock einen Grad der Ortspräferenz von 1 für die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin angegeben hat (§ 2 Abs. 2 Buchst. b ZulO). Zuvor war ein Grad der Ortspräferenz von 1 bis 3 ausreichend.

14

Am 11. Juli 2013 haben die Antragsteller ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt; ein Hauptsacheverfahren ist noch nicht anhängig.

15

Die Antragsteller tragen vor,

16

jeweils als sog. „Altabiturienten“ ihre Hochschulzugangsberechtigung vor dem Jahr 2013 erworben zu haben. Sie hätten sich bis zum 31. Mai 2013 bei der Stiftung für Hochschulzulassung auch im Auswahlverfahren der Hochschulen beworben, dabei allerdings nicht die Universität Rostock oder die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald benannt. Nach den Auswahlsatzungen dieser beiden Universitäten sei eine Bewerbung nur mit 1. Ortspräferenz möglich. Sie beabsichtigten im Wege der Studienplatzklage einen Studienplatz einzuklagen, auch in Verfahren gegen die Universität Rostock und die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Dies sei ihnen jedoch aufgrund der nicht erfolgten Bewerbung im Auswahlverfahren der Hochschulen für diese beiden Universitäten nicht mehr möglich. Der Verordnungsgeber habe dies mit Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung ausgeschlossen. Die Antragsteller möchten Humanmedizin studieren. Aufgrund ihrer Abiturnote hätten sie jedoch keine Chance, im zentralen Vergabeverfahren bei der Stiftung für Hochschulzulassung oder im Auswahlverfahren der Hochschule eine Zulassung zu erhalten. Gleiches gelte für die Studienplatzvergabe im Rahmen der Wartezeitquote. Zwar verstoße nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 23.03.2011 – 6 CN 3.10 –) die landesrechtliche Bindung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität an die Kriterien des für die innerkapazitäre Vergabe vorgesehenen Auswahlverfahrens der Hochschulen nicht gegen Bundesrecht. Eine derartige Bindung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität an die Auswahl der Hochschulen im innerkapazitären Vergabeverfahren habe aber bislang für das Land Mecklenburg-Vorpommern noch nicht gegolten. Mit der Sechsten Änderungsverordnung, die am 18. Mai 2013 in Kraft getreten sei, sei deshalb schwerwiegend das bisher geltende Recht geändert worden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe keine Universität aus Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der Ortspräferenz benannt werden müssen. Als „Altabiturienten“ hätten sich die Antragsteller bis zum 31. Mai 2013 bei der Stiftung für Hochschulzulassung bewerben müssen. Das Bewerbungsportal werde üblicherweise sechs Wochen vor Fristablauf frei geschaltet. Im Hinblick auf das Verkündungsdatum der Sechsten Änderungsverordnung hätten die Antragsteller diese bei ihrer Bewerbung bei der Stiftung für Hochschulzulassung nicht mehr berücksichtigen können. Erst recht sei zu berücksichtigen, dass die Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen an der Universität Rostock und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald vom 31. Mai 2013 datiere und im Gesetz- und Verordnungsblatt M-V vom 28. Juni 2013 veröffentlicht worden sei. Die Kenntnis der Zulassungszahlen für das Wintersemester 2013/2014 sei jedoch Voraussetzung für eine sinnvolle Bewerbung um einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität. Die Antragsteller seien somit von der Entwicklung des Zulassungsverfahrens außerhalb der festgesetzten Kapazität aufgrund neuer verordnungsrechtlicher Bestimmungen überrascht worden. Dies sei im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG unzulässig. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes sei verletzt. Insoweit verweisen die Antragsteller auf obergerichtliche Rechtsprechung, auch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 06. September 2011 – 1 M 115/11 –.

17

Wenn man – so die Antragsteller weiter – davon ausgehe, dass eine Studienplatzklage nach derzeitiger Rechtslage auch gegen die Universität Rostock und die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald betreffend den Studiengang Medizin geführt werden könne, ohne dass insoweit eine Bewerbung bei der Stiftung für Hochschulzulassung erfolgt sei, so bedürfe die Einführung des § 23 Satz 2 VergVO M-V einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die Verordnungsermächtigung in § 7 HZG beziehe sich ausschließlich auf die Verteilung der Studienplätze nach Wartezeit und Auswahlverfahren gemäß § 4 Abs. 2 HZG. Damit sei eine Rechtsgrundlage für das Erfordernis einer innerkapazitären Bewerbung als Voraussetzung für spätere Verfahren auf Zulassung der festgesetzten Kapazität nicht ersichtlich und deshalb § 23 Satz 2 VergVO M-V unwirksam.

18

Die Rechtslage habe sich durch die angegriffene Änderung des § 23 VergVO M-V nicht nur geringfügig geändert. Es gehe den Antragstellern nicht so sehr um die Ergänzung des § 23 VergVO M-V in Bezug auf die in § 6 VergVO M-V aufgeführten Vorabquoten. Vorliegend sei aber zu berücksichtigen, dass auch die Universität Rostock sich im Jahr 2012 entschieden habe, dass sie für das Auswahlverfahren der Hochschulen im Studiengang Humanmedizin an 1. Ortspräferenz genannt werden müsse. Unter Zugrundelegung der Vergabeverordnung 2010 habe hingegen ein Studienbewerber die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald an 1. Ortspräferenz und die Universität Rostock an 2. Ortspräferenz benennen können. Folglich habe gegen beide Universitäten ein Kapazitätsprozess geführt werden können. Diese Möglichkeit sei nunmehr genommen, weil nur noch eine von beiden Hochschulen an 1. Ortspräferenz benannt und deshalb die weitere Hochschule im Land nicht mehr verklagt werden könne. Durch die Neufassung von § 23 Satz 2 VergVO M-V habe sich die Rechtslage entscheidend geändert.

19

Mit Blick auf § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setze im Übrigen eine Neufassung der Vorschrift den Fristlauf erneut in Gang, wenn die frühere Fassung denselben gerügten Fehler aufgewiesen habe, es sei denn es habe sich um eine definitorische Klarstellung gehandelt. Davon könne jedoch nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen nicht ausgegangen werden.

20

Die Folgenabwägung müsse zu Gunsten der Antragsteller ausfallen, da diese – ergehe die einstweilige Anordnung nicht, hätte jedoch der Normenkontrollantrag in der Hauptsache Erfolg – für zwei Semester die Chance verlören, an den Universitäten des Landes Mecklenburg-Vorpommern eine Zulassung zum Studium der Humanmedizin außerhalb der festgesetzten Kapazitäten zu erstreiten. Demgegenüber müssten die Universitäten nur Antragsteller im Rahmen ihrer Kapazität nach gegenüber § 23 Satz 2 VergVO M-V veränderten Kriterien zulassen. Die Interessen anderer Studienbewerber, die sich ebenfalls in dem betreffenden Studiengang um eine außerkapazitäre Zulassung bemühten und deren Chance auf einen Studienplatz höher wäre, käme das neu eingeführte Auswahlsystem zur Anwendung, stünden den Interessen der Antragsteller gleichrangig gegenüber und könnten deshalb bei der Abwägung nicht den Ausschlag geben.

21

Die Antragsteller haben zunächst beantragt,

22

Art. 1 Nr. 1 der 6. Verordnung zur Änderung der VergabeVO von Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Mai 2013 vorläufig für das Studienjahr 2013/2014 außer Kraft zu setzen.

23

Entsprechend der „Wegen“-Zeile ihrer Antragsschrift haben sie mit Schriftsatz vom 14. August 2013 klargestellt, dass sich ihr Antrag gegen Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung richte.

24

Der Antragsgegner beantragt,

25

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

26

Er tritt dem Vorbringen der Antragsteller entgegen.

27

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

28

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

29

Einstweiliger Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung wird im Normenkontrollverfahren gem. § 47 Abs. 6 VwGO auf Antrag gewährt, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Dabei sind an den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren entsprechend § 32 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG – hohe Anforderungen zu stellen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 17.10.2000 – 4 M 74/00 – u. v. 29.12.2005 – 3 M 165/05 –). Wegen der weit reichenden Folgen, die die Aussetzung des Vollzugs einer Rechtsnorm für eine unbestimmte Anzahl von Personen und Behörden hat, ist an die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (so schon OVG Greifswald, Beschl. v. 30.12.1993 – 4 M 5/93 – m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass der in § 47 Abs. 6 VwGO verwendete Begriff des "schweren Nachteils" strenger ist als der Begriff "wesentliche Nachteile" in § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO. Schon der abweichende Wortlaut der Norm verlangt die Anwendung eines strengeren Maßstabs als im Bereich von § 123 VwGO. In Anlehnung an § 32 BVerfGG ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung, da er zumindest teilweise die begehrte Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt, daher nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zulässig, etwa wenn Rechte oder rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder den Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden. Die für den Erlass sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass die einstweilige Anordnung gleichsam unabweisbar erscheint. Diejenigen Nachteile, die sich regelmäßig aus dem Vollzug der angefochtenen Rechtsnorm ergeben, falls sich der Normenkontrollantrag in der Hauptsache als begründet erweist, müssen dabei außer Betracht bleiben. Sie können nicht als "besondere" und damit schwere Nachteile angesehen werden. Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrages in der Hauptsache sind hierbei insofern von Bedeutung, als jedenfalls bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrags in der Hauptsache der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Regel schon deshalb abzulehnen ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 14.10.2003 – 4 M 66/03 – u. 29.12.2005 – 4 M 165/05 –, unter Hinweis auf OVG Greifswald, Beschl. v. 20.11.1997 – 3 M 145/97 –, NuR 1999, 237; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 47 Rn. 153). Erweist sich der Normenkontrollantrag weder als offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet bzw. begründet, ist zu prüfen, ob die Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschrift in der Zeit bis zur Entscheidung des Normenkontrollantrages in der Hauptsache für den Antragsteller einen schweren Nachteil bedeutet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 22.12.2004 – 4 M 301/04 –, NordÖR 2005, 161, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschl. v. 29.04.1969 – 1 BvR 47/69 –, BVerfGE 25, 367 <370>).

30

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist der Antrag, Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der VergVO von Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Mai 2013 vorläufig für das Studienjahr 2013/2014 außer Kraft zu setzen, abzulehnen. Ein noch zu stellender Normenkontrollantrag in der Hauptsache erwiese sich als offensichtlich unzulässig; insoweit bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob die Antragsteller ihre Angaben in tatsächlicher Hinsicht überhaupt hinreichend glaubhaft gemacht haben.

31

Vorab ist mit Blick auf den Angriffsgegenstand eines Normenkontrollantrages anzumerken, dass die Antragsteller bei Antragstellung zunächst offensichtlich dem Irrtum unterlegen waren, bei der in Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung von Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Mai 2013 normierten Fassung des § 23 Satz 2 VergVO handele es sich um eine vollständige Neuregelung, die im bis dahin geltenden Landesrecht kein Vorbild gehabt habe. Nur so kann ihr Vortrag verstanden werden, eine an sich zulässige Bindung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität an die Auswahl der Hochschulen im innerkapazitären Vergabeverfahren habe bislang für das Land Mecklenburg-Vorpommern noch nicht gegolten, mit der Sechsten Änderungsverordnung sei schwerwiegend das bisher geltende Recht geändert worden, bisher habe keine Universität aus Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der Ortspräferenz benannt werden müssen, die Antragsteller seien somit von der Entwicklung des Zulassungsverfahrens aufgrund neuer verordnungsrechtlicher Bestimmungen überrascht worden. Dass diese Ausführungen die seit dem Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung vom 20. Mai 2010 bestehende Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern verkennen bzw. die darin enthaltene Regelung des § 23 Satz 2 ZVSVergVO M-V übersehen haben, ist offensichtlich. Die an diesen Irrtum anknüpfenden tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen gehen folglich von vornherein ins Leere.

32

Vergleicht man im Weiteren die beiden Normfassungen des § 23 Satz 2 (ZVS)VergVO M-V nach Maßgabe von Art. 1 Nr. 3 Buchst. b) der Zweiten Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung vom 20. Mai 2010 einerseits und Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung vom 10. Mai 2013 andererseits, so sind zunächst zwei unwesentliche redaktionelle Korrekturen festzustellen: Zum einen heißt es in der neuen Fassung statt wie zuvor „im zentralen Vergabeverfahren“ nunmehr „im zentralen Verfahren“, zum anderen statt wie zuvor „in dem betreffenden Studiengang“ jetzt „in dem jeweiligen Studiengang“. Zur letztgenannten Umformulierung findet sich im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners (Bl. 15 d. A.) ein Hinweis darauf, dass lediglich die Dopplung des Wortes „betreffend“ vermieden werden sollte, also eine lediglich sprachlich-stilistische Begründung. Die Änderung durch die Sechste im Vergleich zur Zweiten Änderungsverordnung besteht folglich ausschließlich darin, dass mit der Neufassung Voraussetzung für die Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen nunmehr für die davon betroffenen Personengruppen ein Antrag auf Zulassung „in einer der in § 6 genannten Vorabquoten“ in dem jeweiligen Studiengang für den betreffenden Studienort ist.

33

Die Antragsteller sind in Ansehung dieser Normänderung, die ausschließlicher Regelungsgegenstand des Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung ist, nicht antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift kann den Antrag insbesondere jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Mit dieser an § 42 Abs. 2 VwGO angelehnten Fassung hat der Gesetzgeber eine im Vergleich zur früheren, die die Antragsbefugnis an die bloße Geltendmachung von Nachteilen knüpfte, engere Fassung der Antragsbefugnis eingeführt. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind grundsätzlich dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten. Ausreichend, aber auch erforderlich ist daher, dass die Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt werden. Die Antragsbefugnis fehlt danach, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragsteller verletzt sein können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.11.2007 – 7 BN 4.07 –, juris; Urt. v. 24.09.1998 – 4 CN 2.98 –, BVerwGE 107, 215, 217; Urt. v. 17.12.1998 – 1 CN 1.98 –, BVerwGE 108, 182, 184; Urt. v. 17.05.2000 – 6 CN 3.99 –, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 141; Beschl. v. 22.08.2005 – 6 BN 1.05 –, Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 263; vgl. auch OVG Greifswald, Beschl. v. 03.12.2008 – 4 M 158/08 –).

34

Die Antragsteller können nicht geltend machen, durch die vorstehend näher umrissene Änderung des § 23 Satz 2 VergVO M-V oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Nach Maßgabe ihrer Antragsbegründung sind sie nicht zu denjenigen Gruppen von Studienbewerbern zu zählen, für die § 6 VergVO M-V sogenannte Vorabquoten festlegt. Sie machen vielmehr selbst deutlich, es gehe ihnen „nicht so sehr um die Ergänzung des § 23 VergVO M-V in Bezug auf die in § 6 VergVO M-V aufgeführten Vorabquoten“. Folglich sind sie nicht von dem Erfordernis betroffen, einen Antrag auf Zulassung „in einer der in § 6 genannten Vorabquoten“ zu stellen, und können deshalb durch die angegriffene Regelung oder ihre Anwendung insoweit nicht in eigenen Rechten verletzt sein oder in absehbarer Zeit verletzt werden.

35

Von der Regelung des § 23 Satz 2 VergVO im Übrigen, wie sie auch mit der Neufassung durch Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung vorliegt, sind die Antragsteller zwar in einem Sinne betroffen, der ihre Antragsbefugnis nicht zweifelhaft erscheinen ließe. Dabei kann in diesem Kontext dahin stehen, ob sich die nach den entsprechenden Satzungsregelungen der Universitäten Greifswald und Rostock für das von ihnen durchzuführende Auswahlverfahren jeweils vorgeschriebene Angabe der 1. Ortspräferenz in der von den Antragstellern dargestellten Art im Regelungsbereich des § 23 VergVO auswirkt (vgl. insoweit VGH Mannheim, Urt. v. 29.10.2009 – 9 S 1611/09 –, juris) oder – wie der Antragsgegner meint – nicht. Soweit sie jedoch danach für eine Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen einen Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Verfahren in dem jeweiligen Studiengang für den betreffenden Studienort gestellt haben müssen, könnten sie einen Normenkontrollantrag nicht mehr in der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO stellen.

36

Der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen. Da die Sechste Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung nach ihrem Art. 2 (Satz 1) am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft getreten und die Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern am 17. Mai 2013 erfolgt ist, könnte an sich ein gegen sie gerichteter Normenkontrollantrag in der Hauptsache noch fristgemäß gestellt werden. Die Fassung des § 23 Satz 2 VergVO M-V nach Maßgabe der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung ist jedoch abgesehen von den erwähnten unwesentlichen redaktionellen Änderungen und der vorstehend erörterten Normergänzung, durch die die Antragsteller jedoch nicht beschwert sind, wortlaut- und inhaltsgleich mit der Normfassung des § 23 Satz 2 ZVSVergVO M-V, die die Bestimmung durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. b) der Zweiten Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung vom 20. Mai 2010 gefunden hat. Da die Antragsteller schon mit deren Inkrafttreten am 29. Mai 2010 bzw. seit ihrer erstmaligen Anwendung zum Wintersemester 2010/2011 durch diese beschwert worden sind, entfaltet folglich der angegriffene Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeordnung für sie insgesamt keine neue Beschwer und hat die Bekanntgabe dieser Änderungsverordnung die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Ansehung der übereinstimmenden Normfassungen nicht erneut in Gang gesetzt. Hinsichtlich der durch die Antragsteller an sich ohne Weiteres angreifbar gewesenen ursprünglichen Fassung des § 23 Satz 2 ZVSVergVO M-V gemäß der Zweiten Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung ist die Antragsfrist bereits seit längerem abgelaufen.

37

In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt, dass Änderungen oder Neuregelungen einer Rechtsvorschrift die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (nur) erneut in Lauf setzen, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen. Dies trifft insbesondere für lediglich redaktionelle Änderungen, die keine neue oder zusätzliche Beschwer des Antragstellers zur Folge haben, nicht zu (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Beschl. v. 13.02.2013 – 4 K 16/10 –; Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 14; Beschl. v. 16.01.2004 – 4 K 16/03 –, juris; vgl. auch OVG Bautzen, Urt. v. 20.08.2008 – 5 D 24/06 – juris, Rn. 18; VGH München, Urt. v. 02.10.2001 – 23 N 01.723 – BayVBl. 2002, 531 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 21.01.2004 – 8 CN 1.02 – BVerwGE 120, 82 – zitiert nach juris ). Soweit nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch klarstellende Änderungen einer Vorschrift, die eine Rechtslage eindeutiger zum Ausdruck bringen und damit präzisieren, die Antragsfrist neu beginnen lassen können, ist jedenfalls in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung erforderlich, dass die Normänderung auch eine neue Beschwer der Antragsteller begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.09.2009 – 8 CN 1.08 –, NVwZ-RR 2010, 578 – zitiert nach juris ); aus den von den Antragstellern zitierten Entscheidungen des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.1993 – P.St. 1158 e.V. – (juris) und des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 22.11.2001 – 9 S 2714/00 – (NVwZ-RR 2002, 438 – zitiert nach juris) folgt nichts Abweichendes. An dieser erforderlichen neuen bzw. zusätzlichen Beschwer fehlt es nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen in Ansehung von Art. 1 Nr. 2 der Sechsten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung und im Verhältnis zur schon zuvor geltenden Rechtslage.

38

Eine andere Bewertung ist auch nicht geboten, soweit die Antragsteller geltend machen, vorliegend sei zu berücksichtigen, dass auch die Universität Rostock sich im Jahr 2012 entschieden habe, dass sie für das Auswahlverfahren der Hochschulen im Studiengang Humanmedizin an 1. Ortspräferenz genannt werden müsse, und ihnen damit die unter der Geltung des § 23 Satz 2 ZVSVergVO M-V i. d. F. der Zweiten Änderungsverordnung bestehende Möglichkeit, gegen beide Universitäten des Landes einen Kapazitätsprozess zu führen, nunmehr genommen worden sei, es könne nur noch eine von beiden Hochschulen an 1. Ortspräferenz benannt und deshalb die weitere Hochschule im Land nicht mehr verklagt werden. Entgegen dem Antragsvorbringen kann insoweit jedenfalls keine Rede davon sein, durch die Neufassung von § 23 Satz 2 VergVO M-V habe sich „damit“ die Sach- und Rechtslage entscheidend geändert. Offensichtlich hätte sich die Sach- und Rechtslage im Sinne einer neuen oder zusätzlichen Beschwer für die Antragsteller gerade nicht – unmittelbar – durch die Neufassung von § 23 Satz 2 VergVO M-V geändert, sondern durch die in Bezug genommene Entscheidung der Universität Rostock. Auch in diesem Zusammenhang bedarf es vorliegend folglich keiner Entscheidung, ob sich die nach den entsprechenden Satzungsregelungen der Universitäten Greifswald und Rostock für das von ihnen durchzuführende Auswahlverfahren jeweils vorgeschriebene Angabe der 1. Ortspräferenz in der von den Antragstellern dargestellten Art im Regelungsbereich des § 23 VergVO auswirkt oder nicht.

39

Auf die materiellen Rügen der Antragsteller kommt es nach alledem nicht mehr an.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

41

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

42

Hinweis:

43

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 26. Nov. 2013 - 4 M 149/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 26. Nov. 2013 - 4 M 149/13

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 26. Nov. 2013 - 4 M 149/13 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 32


(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dring

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 23 Betrieb eines dynamischen Beschaffungssystems


(1) Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung an, dass er ein dynamisches Beschaffungssystem nutzt und für welchen Zeitraum es betrieben wird. (2) Der öffentliche Auftraggeber informiert die Europäische Kommission wie folgt

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 26. Nov. 2013 - 4 M 149/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 26. Nov. 2013 - 4 M 149/13 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 13. Feb. 2013 - 4 K 16/10

bei uns veröffentlicht am 13.02.2013

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstre

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 16. Sept. 2011 - 1 M 115/11

bei uns veröffentlicht am 16.09.2011

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. Juni 2011 – 3 B 744/10 u. a. – wird betreffend das Verfahren Az. 3 B 863/10 zu Ziffer 1. des Tenors aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Sept. 2010 - 4 K 12/07

bei uns veröffentlicht am 14.09.2010

Tenor Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 2

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Okt. 2009 - 9 S 1611/09

bei uns veröffentlicht am 29.10.2009

Tenor Artikel 2 Satz 2 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29. Juni 2009 (GBl. S. 309) wird für unwirksam erklärt, soweit darin die Geltung von § 24 Satz 2 und Satz 3 Vergabeverordnung Z

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 03. Dez. 2008 - 4 M 158/08

bei uns veröffentlicht am 03.12.2008

Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 15.000,00 festgesetzt. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten i
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 26. Nov. 2013 - 4 M 149/13.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 27. Nov. 2013 - 4 M 167/13

bei uns veröffentlicht am 27.11.2013

Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gründe I. 1 Die Antragstellerin, die als Studienbewer

Referenzen

(1) Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung an, dass er ein dynamisches Beschaffungssystem nutzt und für welchen Zeitraum es betrieben wird.

(2) Der öffentliche Auftraggeber informiert die Europäische Kommission wie folgt über eine Änderung der Gültigkeitsdauer:

1.
Wird die Gültigkeitsdauer ohne Einstellung des dynamischen Beschaffungssystems geändert, erfolgt dies nach den Vorgaben der Spalte 38 in Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 in Verbindung mit § 10a.
2.
Wird das dynamische Beschaffungssystem eingestellt, erfolgt dies nach den Vorgaben der Spalte 29 in Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 in Verbindung mit § 10a.

(3) In den Vergabeunterlagen sind mindestens die Art und die geschätzte Menge der zu beschaffenden Leistung sowie alle erforderlichen Daten des dynamischen Beschaffungssystems anzugeben.

(4) In den Vergabeunterlagen ist anzugeben, ob ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien von Leistungen untergliedert wurde. Gegebenenfalls sind die objektiven Merkmale jeder Kategorie anzugeben.

(5) Hat ein öffentlicher Auftraggeber ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien von Leistungen untergliedert, legt er für jede Kategorie die Eignungskriterien gesondert fest.

(6) § 16 Absatz 4 und § 51 Absatz 1 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass die zugelassenen Bewerber für jede einzelne, über ein dynamisches Beschaffungssystem stattfindende Auftragsvergabe gesondert zur Angebotsabgabe aufzufordern sind. Wurde ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien von Leistungen untergliedert, werden jeweils alle für die einem konkreten Auftrag entsprechende Kategorie zugelassenen Bewerber aufgefordert, ein Angebot zu unterbreiten.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. Juni 2011 – 3 B 744/10 u. a. – wird betreffend das Verfahren Az. 3 B 863/10 zu Ziffer 1. des Tenors aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung vorbehalten.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragstellerin verfolgt unter Beantragung der Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren das Begehren (weiter), den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2010/2011 vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester zuzulassen. Sie macht einen Zulassungsanspruch außerhalb der gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen an der Universität C-Stadt und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, der Hochschule Wismar, der Hochschule Neubrandenburg und der Fachhochschule Stralsund für das Wintersemester 2010/2011 und das Sommersemester 2011 (Zulassungszahlenverordnung - ZulZVO M-V) vom 19. Juli 2010 (GVOBl. M-V, S. 414) für das 1. Fachsemester und den Studiengang Humanmedizin an der Universität C-Stadt festgesetzten Zulassungszahl von 201 geltend.

2

Das Verwaltungsgericht hat die erstinstanzlich beantragte einstweilige Anordnung u. a. betreffend die Antragstellerin ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, es fehle an einem Anordnungsanspruch, weil die Antragstellerin sich erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist nach Maßgabe von § 23 Satz 1 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen (ZVS-Vergabeverordnung – ZVSVergVO M-V) – eingefügt durch die Zweite Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung vom 20. Mai 2010 (GVOBl. M-V, S. 263) – zum 15. Juli 2010 mit Schreiben vom 24. September 2010 auf einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität bei der Hochschule beworben habe. Gegen die Regelung der betreffenden Ausschlussfrist bestünden – was näher ausgeführt wird – keine durchgreifenden Bedenken.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde, die nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juli 2011 am 23. Juli 2001 fristgemäß eingelegt und mit am 10. August 2011 eingegangenem Schriftsatz ebenso fristgemäß begründet worden ist, hat Erfolg und führt antragsgemäß zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Verwaltungsgericht (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; vgl. zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift Blanke, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 130 Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 130 Rn. 3).

4

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zwar grundsätzlich darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Die dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO im Übrigen noch genügende Beschwerdebegründung der Antragstellerin geht zwar nicht auf den für die Anwendung des § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V im Einzelfall bedeutsamen Umstand ein, dass die Zulassungszahlenverordnung für das Wintersemester 2010/2011 und das Sommersemester 2011 vom 19. Juli 2010 datiert und erst am 28. Juli 2010 im Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 2010 (GVOBl. M-V, S. 414) verkündet bzw. bekannt gemacht worden ist. Unter Berücksichtigung der unmittelbaren Grundrechtsrelevanz des von der Antragstellerin geltend gemachten Zulassungs- bzw. Teilhabeanspruchs und der Offensichtlichkeit des vorstehend bezeichneten Umstandes folgt aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Maßgabe von Art. 19 Abs. 4 GGausnahmsweise (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 110 m. w. N.; vgl. auch zur ausnahmsweisen Berücksichtigung veränderter Umstände nach Ablauf der Begründungsfrist im Zulassungsverfahren, soweit diese offensichtlich sind, Beschl. des Senats v. 11.05.2009 – 1 L 167/08 –), dass der Senat den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts auch mit Blick auf Datum der Zulassungszahlenverordnung bzw. deren Bekanntmachungsdatum überprüft.

5

Diese Überprüfung führt im Ergebnis dazu, dass der Antragstellerin die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V im vorliegenden Einzelfall nicht entgegen gehalten werden kann.

6

Ein Antrag, mit dem ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird, muss gemäß § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V für das Wintersemester bis zum 15. Juli bei der Hochschule eingegangen sein. Diese Frist wird in der Bestimmung durch einen Klammerzusatz ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnet. Die durch die Zweite Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung vom 20. Mai 2010 (GVOBl. M-V, S. 263) eingefügte und am 29. Mai 2010 in Kraft getretene Bestimmung gilt nach Maßgabe von Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung erstmals für das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2010/2011 und folglich grundsätzlich auch für den Zulassungsantrag der Antragstellerin bei der Universität C-Stadt.

7

Diese Antragsfrist setzt jedoch schon nach dem insoweit klaren Wortlaut – „außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl“ – voraus, dass jedenfalls vor ihrem Ablauf eine Zulassungszahl für den betreffenden Studiengang in dem Sinne tatsächlich festgesetzt worden ist, dass diese Zulassungszahl auch vor dem Fristablauf bekannt gemacht worden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall gewesen: Die Zulassungszahlenverordnung für das Wintersemester 2010/2011 und das Sommersemester 2011 datiert vom 19. Juli 2010 und ist erst am 28. Juli 2010 im Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 2010 (GVOBl. M-V, S. 414) verkündet bzw. bekannt gemacht worden. Im Zeitpunkt des Fristablaufs am 15. Juli 2010 war demnach eine Zulassungszahl für den Studiengang Humanmedizin noch nicht im Sinne von § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V festgesetzt gewesen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Zulassungszahlenverordnung gemäß ihrem § 4 mit Wirkung vom 15. Juli 2010, also rückwirkend, in Kraft getreten ist. Mit der in § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V geregelten Frist wird dem Bewerber um einen Studienplatz in der Sache nichts anderes aufgegeben, als einen von ihm in der Zulassungszahlenverordnung erkannten Rechtsfehler hinsichtlich der Ermittlung der Ausbildungskapazität in dem von ihm angestrebten Studiengang innerhalb einer bestimmten Frist eingekleidet in einen bei der jeweiligen Hochschule zu stellenden Antrag zu rügen. Grundsätzlich liegt dem die Vorstellung zugrunde, dass ein rational handelnder Studienbewerber die betreffende Zulassungszahl und die ihr zugrunde liegende Kapazitätsberechnung einer Überprüfung unterzieht, um im Ergebnis derselben eine Entscheidung darüber zu treffen, einen Zulassungsantrag außerhalb der festgesetzten Kapazitäten zu stellen oder eben nicht. Notwendig ist hierfür allerdings, dass zwischen Erlass bzw. Bekanntmachung der Zulassungszahlenverordnung und dem Fristablauf eine ausreichende – welchen Umfang diese haben muss, kann vorliegend offen bleiben - Zeitspanne liegen muss, die dem Studienplatzbewerber für die Kapazitätsprüfungen und Überlegungen Raum lässt. Da die Bekanntmachung der Zulassungszahlenverordnung erst nach dem Ablauf der Frist des § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V erfolgte, war eine Rüge der Rechtsfehlerhaftigkeit der Zulassungszahlenverordnung vor dem Tag der Bekanntmachung nicht möglich. Es versteht sich von selbst, dass diese Feststellung durch die Regelung des § 4 ZulZVO M-V zum Inkrafttreten der Zulassungszahlenverordnung nicht berührt wird. Die Rüge der Rechtswidrigkeit einer noch nicht bekannt gemachten Zulassungszahlenverordnung war ungeachtet des § 4 ZulZVO M-V im Zeitpunkt des Ablaufs der Frist des § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V am 15. Juli 2010 unmöglich und hätte allenfalls „ins Blaue hinein“ erfolgen können. Die Stellung derartig unsinniger Anträge kann vom Studienbewerber nicht erwartet werden und wird vom Verordnungsgeber bei Würdigung des Wortlauts des § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V – „festgesetzte“ Zulassungszahl – auch nicht verlangt. Ebensowenig kann angenommen werden, der Verordnungsgeber habe es von vornherein in Kauf nehmen wollen, dass jeder Bewerber völlig unabhängig von der Sach- und Rechtslage Anträge innerhalb und außerhalb der Kapazität stellt; dann hätte nämlich auf die Differenzierung gänzlich verzichtet werden können. Der Umstand, dass ein nicht anwaltlich vertretener Studienbewerber wohl regelmäßig faktisch nicht in der Lage sein wird, selbst im Detail zu überprüfen, ob die festgesetzte Zulassungszahl die Kapazität erschöpft, ist im Übrigen in diesem rechtlichen Zusammenhang unerheblich (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 22.02.2006 – NC 9 S 23/06 –). Die auf entsprechendes Beschwerdevorbringen zielende Erwiderung des Antragsgegners in einem Parallelverfahren vermag die vorstehenden Erwägungen nicht zu erschüttern. Das Verwaltungsgericht hat sich in der angefochtenen Entscheidung nicht mit den vorstehend erörterten Umständen auseinander gesetzt.

8

Der Umstand, dass die Zulassungszahl erst nach Fristablauf im Sinne von § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V festgesetzt bzw. bekannt gemacht worden ist, berührt insoweit zwar nicht die allgemeine Gültigkeit des § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V, betrifft jedoch mit Blick auf das Gebot der erschöpfenden Kapazitätsausnutzung die Frage seiner zulässigen Anwendung im Einzelfall (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 22.02.2006 – NC 9 S 23/06 –). Infolgedessen kann der Antragstellerin die Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 23 Satz 1 ZVSVergVO M-V im vorliegenden Einzelfall nicht entgegen gehalten werden.

9

Dies gilt unabhängig von der Frage, ob nicht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwischen den – anders als in Baden-Württemberg – gemeinsam eingefügten Regelungen des § 23 ZVSVergVO M-V ein Zusammenhang besteht, der jedenfalls für Altbewerber – wie die Antragstellerin – mit Blick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungsverordnung und die Frist nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZVSVergVO nahe legt, dass ihnen die Antragstellung nach dem 15. Juli 2010 gleichermaßen nicht entgegengehalten werden kann.

10

Die Antragstellerin begehrt effektiven Rechtsschutz durch eine möglichst rasche Entscheidung über ihre Beschwerde, um ggf. an einem vom Verwaltungsgericht im Falle einer möglicherweise erfolgenden Aufdeckung zusätzlicher Studienplätze angeordneten Losverfahren teilnehmen zu können; sie begehrt deshalb – in Übereinstimmung mit dem Antragsgegner – die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht. Beim Verwaltungsgericht sind insoweit noch weitere Anträge anhängig, über die noch nicht entschieden worden ist.

11

Die Voraussetzungen für die beantragte Zurückverweisung gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen vor.

12

In Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern insbesondere auch dann nicht "in der Sache selbst" (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) entschieden, wenn es zum Anordnungsanspruch deshalb nicht vorgedrungen ist, weil es den Anordnungsgrund verneint hat (vgl. allgemein zur Zurückverweisung: OVG Greifswald, Beschl. v. 18.12.1998 – 2 N 1/98 –, DÖV 1999, 525 = NVwZ-RR 1999, 42; vgl. auch Beschl. v. 06.09.2005 - 2 N 5/05 - und v. 01.10.2008 – 1 M 125/08 –). Nichts anderes kann in Ausübung des durch § 130 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermessens gelten, wenn der Umstand einer vermeintlich verspäteten Antragstellung nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines fehlenden Anordnungsgrundes, sondern unter dem Blickwinkel des Anordnungsanspruchs erstinstanzlich zu einer Antragsablehnung geführt hat, ohne dass das Verwaltungsgericht zur Prüfung des geltend gemachten Teilhabeanspruchs unter dem Aspekt nicht ausgeschöpfter Ausbildungskapazitäten und damit zum eigentlichen Streitgegenstand vorgedrungen wäre (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 17.12.2002 – 11 S 1442/02 –, NVwZ-RR 2003, 532 – zitiert nach juris). Dies erscheint auch deshalb sachgerecht, weil es im Falle der gerichtlichen Aufdeckung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten sicher stellte, dass neben der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren auch alle Antragsteller in den noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren in gleicher Weise die Chance auf die Zuweisung eines Studienplatzes erhielten. Dies könnte im Verfahren beim OVG wohl nicht sichergestellt werden, da der Senat die noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nicht in seine Entscheidung einbeziehen können dürfte. Die Antragstellerin erfährt – abgesehen davon, dass sie sie selbst beantragt hat – durch die Zurückverweisung auch unter dem Gesichtspunkt, dass es sich vorliegend um ein Eilverfahren nach § 123 VwGO handelt, keine Beeinträchtigung ihres durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz. Müsste der Senat selbst über den geltend gemachten Zulassungsanspruch – mangels erstinstanzlicher Entscheidung hierzu – erstmalig entscheiden, wären eine eingehende Überprüfung der Kapazitätsberechnungen und ggf. eine weitere Sachaufklärung – parallel zum Verwaltungsgericht – notwendig. Im Hinblick darauf, dass die Antragsverfahren beim Verwaltungsgericht schon länger als beim Oberverwaltungsgericht anhängig sind, liegt die Annahme nahe, dass die dortigen Verfahren schon weiter gediehen sind als vorliegend, die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht voraussichtlich also sogar schneller mit einer Entscheidung rechnen kann (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Beschl. v. 22.04.2009 – 1 M 22/09 –, juris; Beschl. v. 20.07.2011 – 1 M 104/11 –).

13

Die Antragstellerin hat die Zurückverweisung beantragt; die weitere Prüfung des Anordnungsanspruchs bzw. der Frage nicht ausgeschöpfter Ausbildungskapazitäten durch das Verwaltungsgericht ist – auch prozessökonomisch (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 17.12.2002 – 11 S 1442/02 –, NVwZ-RR 2003, 532 – zitiert nach juris) – erforderlich (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 22.04.2009 – 1 M 22/09 –, juris; Beschl. v. 20.07.2011 – 1 M 104/11 –).

14

Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung vorbehalten.

15

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG (vgl. zum Streitwert OVG Greifswald, Beschl. v. 24.06.2008 – 1 O 75/08 –).

16

Hinweis:

17

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren (Az. 4 K 31/08) um die Rechtmäßigkeit verschiedener Satzungen des Antragsgegners im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung.

2

Die Antragstellerin ist Mitglied des Antragsgegners, der die der kommunalen Selbstverwaltung (§ 2 Abs. 2 KV M-V) zuzuordnenden öffentlichen Aufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung für seine Mitgliedsgemeinden erfüllt.

3

Der Antragsgegner erhob in der Vergangenheit auf der Grundlage der Satzung des Zweckverbandes Radegast über die Erhebung von Beiträgen und Kostenersatz für die Wasserversorgung (Wasserbeitragssatzung) vom 29. April 2002, zuletzt geändert durch die 4. Änderungssatzung zur Wasserbeitragssatzung vom 15. Dezember 2006, sowie der Satzung des Zweckverbandes Radegast über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung (Wassergebührensatzung) in der Fassung der 1. Änderungssatzung zur Wassergebührensatzung vom 29. Dezember 2003 zur Refinanzierung seines Aufwandes bzw. seiner Kosten Anschlussbeiträge und Gebühren. Die entsprechenden Satzungen sind bislang in gerichtlichen Verfahren nicht in einer ihre Wirksamkeit berührenden Weise beanstandet worden. Der Antragsgegner hat in der Vergangenheit Beiträge in Höhe von ca. 2 Mio. vereinnahmt; demgegenüber steht ein nicht durch entsprechende Beitragsfestsetzungen ausgeschöpftes Beitragsvolumen von ca. 10 Mio. .

4

Im Ergebnis eines mehrere Monate in Anspruch nehmenden Normsetzungsverfahrens, das insbesondere von Unstimmigkeiten zwischen Mitgliedern des Antragsgegners und der Verbandsvorsteherin geprägt war und in dem der Antragsgegner anwaltlichen Sachverstand zu Rate gezogen hatte, der verschiedene Risiken des Vorhabens benannte, beschloss die Verbandsversammlung am 22. Oktober 2008 mehrheitlich - u.a. gegen die Stimme der Antragstellerin - jeweils die streitgegenständliche, am 23. Oktober 2008 ausgefertigte und am 05. November 2008 bekannt gemachte

5

Satzung zur Aufhebung der Satzung des Zweckverbandes Radegast über die Erhebung von Beiträgen und Kostenersatz für die Wasserversorgung (Aufhebungssatzung zur Wasserbeitragssatzung), die rückwirkend zum 04. Mai 2002 in Kraft getreten ist (Art. 2),

6

die Satzung zur Aufhebung der Satzung des Zweckverbandes Radegast über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung (Aufhebungssatzung zur Wassergebührensatzung), die am 01. Januar 2009 in Kraft tritt, und

7

die Satzung des Zweckverbandes Radegast über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung), die am 01. Januar 2009 in Kraft tritt; gleichzeitig tritt die Wasserversorgungssatzung vom 29. April 2002 außer Kraft.

8

§ 1 Abs. 4 Wasserversorgungssatzung bestimmt dabei, dass der Anschluss an die öffentliche Einrichtung und Wasserlieferung durch den ZV Radegast - zukünftig - privatrechtlich nach Maßgabe der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 684) in der jeweils geltenden Fassung sowie der Ergänzenden Bedingungen des ZV Radegast zur AVBWasserV, die als Anlagen 1 und 2 Bestandteil der Satzung sind, erfolgen.

9

Die Antragstellerin hat am 12. November 2008 sowohl den Normenkontrollantrag in der Hauptsache als auch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

10

Sie befürchtet als Grundstückseigentümerin im Verbandsgebiet belegener Grundstücke, zukünftig wegen des zusätzlichen Kreditbedarfs des Antragsgegners dauerhaft nach ihrer Auffassung überhöhte Verbrauchsentgelte entrichten zu müssen. Darüber hinaus seien diese Entgelte nicht kostendeckend, was zur Konsequenz haben werde, dass die Antragstellerin zukünftig zu höheren Verbandsumlagen herangezogen werde. Sie trägt zudem umfänglich vor, warum die Systemumstellung bei der Refinanzierung des Aufwandes und der Kosten rechtswidrig sei.

11

Die Antragstellerin beantragt,

12

durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin folgende, jeweils am 23.10.2008 ausgefertigten und am 05.11.2008 in der SVZ (Gadebusch-Rhenaer Zeitung) bekannt gegebenen Satzungen außer Vollzug zu setzen:

13

a) Aufhebungssatzung zur Wasserbeitragssatzung (rückwirkend zum 04.05.2002 in Kraft getreten),

14

b) Aufhebungssatzung zur Wassergebührensatzung (zum 01.01.2009 in Kraft tretend)

15

c) Wasserversorgungssatzung nebst AVBWasserV (Anlage 1), Ergänzende Bestimmungen zur AVBWasserV (Anlage 2) (zum 01.01.2009 in Kraft tretend).

16

Der Antragsgegner beantragt,

17

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

18

Der Antragsgegner verteidigt die angegriffenen Satzungen und trägt vor, die Entgelte für den Wasserverbrauch seien - unter Mitfinanzierung des Bereichs Trinkwasser durch den Bereich Schmutzwasser - für die Jahre 2009 bis 2012 dergestalt kostendeckend, dass Unterdeckungen im Bereich Trinkwasser nicht durch Umlagen zu decken seien.

19

Die Antragstellerin hat zwischenzeitlich erfolglos beim Verwaltungsgericht Schwerin um einstweiligen Rechtsschutz mit dem Begehren nachgesucht, dass die Landrätin des Landkreises Nordwestmecklenburg im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werden solle, bestimmte näher umschriebene rechtsaufsichtliche Maßnahmen gegen den Antragsgegner zu erlassen (Az. 1 B 923/08); die gegen den ablehnenden Beschluss vom 21. November 2008 gerichtete Beschwerde hat das OVG Mecklenburg-Vorpommern mit Beschluss vom 27. November 2008 zurückgewiesen (Az. 2 M 166/08).

20

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Gerichtsakten verwiesen.

II.

21

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

22

Einstweiliger Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung wird im Normenkontrollverfahren gem. § 47 Abs. 6 VwGO auf Antrag gewährt, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen Gründen dringend geboten ist. Dabei sind an den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren entsprechend § 32 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG - hohe Anforderungen zu stellen (OVG M-V, Beschl. v. 17.10.2000 - 4 M 74/00 - u. v. 29.12.2005 - 3 M 165/05 -). Wegen der weit reichenden Folgen, die die Aussetzung des Vollzugs einer Rechtsnorm für eine unbestimmte Anzahl von Personen und Behörden hat, ist an die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (so schon OVG M-V, Beschl. v. 30.12.1993 - 4 M 5/93 - m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass der in § 47 Abs. 6 VwGO verwendete Begriff des "schweren Nachteils" strenger ist als der Begriff "wesentliche Nachteile" in § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO. Schon der abweichende Wortlaut der Norm verlangt die Anwendung eines strengeren Maßstabs als im Anwendungsbereich von § 123 VwGO. In Anlehnung an § 32 BVerfGG ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung, da er zumindest teilweise die begehrte Entscheidung in der Hauptsache vorweg nimmt, daher nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zulässig, etwa wenn Rechte oder rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder den Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden. Die für den Erlass sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass die einstweilige Anordnung gleichsam unabweisbar erscheint. Diejenigen Nachteile, die sich regelmäßig aus dem Vollzug der angefochtenen Rechtsnorm ergeben, falls sich der Normenkontrollantrag in der Hauptsache als begründet erweist, müssen dabei außer Betracht bleiben. Sie können nicht als "besondere" und damit schwere Nachteile angesehen werden. Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrages in der Hauptsache sind hierbei insofern von Bedeutung, als jedenfalls bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrags in der Hauptsache der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Regel schon deshalb abzulehnen ist (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 14.10.2003 - 4 M 66/03 - u. 29.12.2005 - 4 M 165/05 -, unter Hinweis auf OVG M-V, Beschl. v. 20.11.1997 - 3 M 145/97 -, NuR 1999, 237; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, §47 Rn. 153). Erweist sich der Normenkontrollantrag weder als offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet bzw. begründet, ist zu prüfen, ob die Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschrift in der Zeit bis zur Entscheidung des Normenkontrollantrages in der Hauptsache für den Antragsteller einen schweren Nachteil bedeutet (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 22.12.2004 - 4 M 301/04 -, NordÖR 2005, 161, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschl. v. 29.04.1969 - 1 BvR 47/69 -, BVerfGE 25, 367 <370>).

23

Hiervon ausgehend erweist sich der auf die Feststellung der Unwirksamkeit der vorbezeichneten Satzungen gerichtete Normenkontrollantrag in der Hauptsache weder als offensichtlich unzulässig (1.) noch als offensichtlich unbegründet oder begründet (2.). Die danach zu treffende Folgenabwägung ergibt, dass die Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschriften bis zur Entscheidung in der Hauptsache für die Antragstellerin keinen schweren Nachteil begründet und der Erlass der einstweiligen Anordnung auch nicht aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten erscheint (3.).

24

1. Der in der Hauptsache gestellte Normenkontrollantrag ist nicht offensichtlich unzulässig. Er ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG statthaft und fristgerecht im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden.

25

Die Antragstellerin ist insbesondere auch antragsbefugt nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

26

An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind grundsätzlich dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten. Ausreichend, aber auch erforderlich ist daher, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt danach, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.11.2007 - 7 BN 4.07 -, juris; Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215, 217; Urt. v. 17.12.1998 - 1 CN 1.98 -, BVerwGE 108, 182, 184; Urt. v. 17.05.2000 - 6 CN 3.99 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 141; Beschl. v. 22.08.2005 - 6 BN 1.05 -, Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 263).

27

Die Antragstellerin beruft sich im Hinblick auf die von ihr zukünftig infolge des Systemwechsels in der (Re-) Finanzierung der Trinkwasserversorgung durch die angegriffenen Satzungen befürchtete zusätzliche Belastung durch eine Erhöhung der Verbandsumlage nach § 162 Abs. 1 Satz 1 KV M-V jedenfalls sinngemäß auf ihre aus dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrecht folgende Finanzhoheit und die damit einhergehende Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens (vgl. Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 72 Abs. 1 Verf M-V; vgl. dazu Meyer, in: Litten/Wallerath, LVerf M-V, Art. 73 Rn. 1 ff. und Art. 72 Rn. 31, 50 ff.) und ihr daraus folgendes Recht, sich gegen für sie finanziell nachteilige Regelungen zur Wehr setzen zu können (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 08.06.2005 - 4 M 16/05 - zur Erhöhung der Amtsumlage).

28

2. Der Normenkontrollantrag ist auch nicht offensichtlich unbegründet oder begründet.

29

Eine "offensichtliche" Unbegründetheit oder Begründetheit liegt jedenfalls nicht vor, wenn im Hauptsacheverfahren schwierige Rechtsfragen zu prüfen sind (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 08.06.2005 - 4 M 16/05 -; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. § 47 Rn. 153; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 47 Rn. 139 m.w.N.). Nichts anderes kann für den Fall dort zu untersuchender komplexer Tatsachenfragen oder eine noch erforderliche Sachverhaltsaufklärung gelten.

30

Derartig schwierige Rechtsfragen stellen sich im Hauptsacheverfahren: Dort wird mit Blick auf den vom Antragsgegner mit den angegriffenen Satzungen vorgenommenen Systemwechsel in der (Re-) Finanzierung der Trinkwasserversorgung und den einhergehenden vollständigen Verzicht auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen insbesondere die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V im Mittelpunkt der rechtlichen Überlegungen stehen. Nach dieser Vorschrift sollen zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wasser oder Wärme oder zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung Anschlussbeiträge erhoben werden.

31

Das Verwaltungsgericht Greifswald, auf dessen Rechtsprechung sich die Antragstellerin beruft, hat aus dieser Soll-Vorschrift einen Grundsatz der Nachrangigkeit der Gebührenfinanzierung bzw. die Unzulässigkeit eines "reinen Gebührenmodells" - übertragbar auf das vorliegend in Rede stehende "reine Entgeltsystem" - abgeleitet. Für die Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bzw. für die Frage, wann eine atypische Situation ein Abweichen von der grundsätzlichen Beitragserhebungspflicht erlauben kann, seien - ausschließlich - systematische Erwägungen maßgebend. Vor allem werde diese Auslegung durch § 44 Abs. 3 KV M-V determiniert, da es sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Greifswald bei § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V um eine "bereichsspezifische Ausprägung" des in § 44 Abs. 3 KV M-V normierten allgemeinen Grundsatzes handele. Daraus folge, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V eine Reduzierung des Kreditbedarfs zur Refinanzierung der Investitionen in die öffentliche Trinkwasserversorgungseinrichtung bezwecke. Eine Ausnahme von dieser Zwecksetzung sei nur zulässig, wenn die Eigenkapitalausstattung des Einrichtungsträgers so gut sei, dass der Kreditbedarf des Aufgabenträgers bei einer überwiegenden Gebührenfinanzierung der Anlage ein Maß von etwa 1/3 der Herstellungskosten nicht deutlich übersteige (vgl. zum Ganzen VG Greifswald, Urt. v. 02.04.2008 - 3 A 1395/05 -, NordÖR 2008, 357; Beschl. v. 27.10.2008 - 3 B 1161/08 -). Schon vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erscheint der Normenkontrollantrag in der Hauptsache auf der einen Seite nicht als offensichtlich unbegründet.

32

Dieser rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichts Greifswald beruht allerdings wesentlich auf auch der Annahme, dass die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V im Ergebnis außer Betracht bleiben könne. Ob die hierfür angeführten Gründe sich letztlich als tragfähig erweisen, erscheint dabei nicht zwingend; der Normenkontrollantrag ist daher unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts auf der anderen Seite auch nicht offensichtlich begründet. Der Umstand, dass es im Gesetzgebungsverfahren eine "Vielzahl unterschiedlicher Ansätze für die Definition einer atypischen Situation" gegeben hat, macht einen eindeutigen Rückschluss auf den Willen des Gesetzgebers nicht unbedingt unmöglich. Ebenso erschließt sich nicht ohne Weiteres, warum nicht nach dem Willen des Gesetzgebers einerseits die Bebauungsstruktur im Gebiet des Aufgabenträgers oder seine finanzielle Situation maßgeblich sein können, andererseits - ggfs. infolge der Erfüllung eben solcher Kriterien - aber auch eine bisher rechtswidrige Verwaltungspraxis bestimmter Aufgabenträger nachträglich legalisiert werden sollte. Der Umstand, dass dabei mit "offenen Rechtsbegriffen" zu arbeiten wäre, erscheint eher unproblematisch. Dass die Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, das gesetzlich angelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis sei bei Zulassung aller im Gesetzgebungsverfahren angesprochenen Möglichkeiten für eine atypische Situation weitgehend aufgehoben, erscheint zweifelhaft. Schließlich kann nicht außer Betracht gelassen werden, dass der Gesetzgeber an die Stelle der Vorläuferbestimmung, derzufolge Beiträge "zu erheben sind", mit § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V eine "Soll"-Vorschrift gesetzt hat. Eine Auslegung von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, die im Ergebnis diese Gesetzesänderung letztlich rückgängig machte bzw. nicht beachtete, erscheint unzulässig.

33

Demgegenüber können der Entstehungsgeschichte auch Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass der Gesetzgeber in einem Fall wie dem vorliegenden insbesondere im Hinblick auf Rückabwicklungsprobleme einen Systemwechsel gerade nicht erlauben wollte (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, LT-Drs. 4/1576, S. 75). In diese Richtung zielt auch das Vorbringen der Antragstellerin, wonach vom Gesetzgeber ggfs. in den Blick genommene Ausnahmekriterien im Falle des Antragsgegners nicht vorlägen. Selbst wenn die Antragstellerin damit durchaus ernst zu nehmende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Satzungen aufwirft, lässt sich hieraus nicht ableiten, der Normenkontrollantrag sei offensichtlich begründet.

34

Die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts, bei § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V handele es sich um eine "bereichsspezifische Ausprägung" des in § 44 Abs. 3 KV M-V normierten allgemeinen Grundsatzes der eingeschränkten Zulässigkeit von Kreditaufnahmen, erscheint jedenfalls diskussionswürdig. Möglicherweise ebenso naheliegen könnte unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte die Auslegung, § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V stelle als lex posterior in gewissem Umfang eine gegenüber § 44 Abs. 3 KV M-V speziellere Vorschrift dar.

35

Darüber hinaus - auch damit ist die besondere Schwierigkeit des Verfahrens in der Hauptsache angesprochen - führt die Entscheidung des Antragsgegners für den angesprochenen Systemwechsel in vielerlei Hinsicht auf "rechtliches Neuland". So stellen sich z.B. vielfältige, bislang weitgehend ungeklärte Fragen der Rückabwicklung bereits erhobener Anschlussbeiträge, der Zulässigkeit "rückwirkender" Baukostenzuschüsse (vgl. Nr. 5 der Anlage 2 zur Wasserversorgungssatzung vom 23.10.2008; vgl. dazu OVG Weimar, Beschl. v. 07.12.2006 - 4 EO 534/06 -, DÖV 2007, 141; OVG Bautzen, Urt. v. 12.09.2007 - 5 B 191/05 -, LKV 2008, 429 - jeweils zitiert nach juris), der Gleichbehandlung von Anschlussnehmern, die bereits zu Anschlussbeiträgen veranlagt und tatsächlich angeschlossen worden sind und ggfs. nunmehr einen Rückerstattungsanspruch erhalten, hinsichtlich der Erhebung von Baukostenzuschüssen mit solchen Anschlussnehmern, für die erst zukünftig ein Anschluss hergestellt wird, die aber noch keinen Beitrag gezahlt haben, etc.

36

Schließlich dürfte jedenfalls angesichts des Vorbringens der Antragstellerin in den Blick zu nehmen sein, ob und inwieweit die Wasserversorgungssatzung Fragen im Kontext einer - an sich rechtswegfremden - Überprüfung an Hand des Billigkeitsmaßstabes des § 315 Abs. 2 BGB aufwirft (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 -, BGHZ 172, 315 - zitiert nach juris).

37

Auch mit Blick auf die von den Beteiligten gestellten Prognosen zur zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Antragsgegners und das Vorbringen der Antragstellerin zu einer unzulässigen Quersubventionierung der Trinkwassersparte durch die Schmutzwassersparte erweist sich das Verfahren hinsichtlich der maßgeblichen Tatsachen und Rechtsfragen als komplex.

38

Jedenfalls unter Berücksichtigung der von den Beteiligten reklamierten Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und des daraus folgenden stark begrenzten Prüfungszeitraumes ist auch unter bzw. gerade wegen der Beachtung von Art. 19 Abs. 4 GG eine mehr als summarische Betrachtung der Frage der Erfolgsaussichten der Hauptsache im vorstehenden Sinne nicht möglich (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., Rn. 602).

39

3. Ist der Normenkontrollantrag danach weder offensichtlich unbegründet noch begründet, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Anwendung der angegriffenen Regelung der Verordnung in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache für die Antragstellerin einen schweren Nachteil begründet. Ein schwerer Nachteil liegt dann vor, wenn durch die Folgen der gerichtlichen Entscheidung Rechte oder rechtlich geschützte Interessen in besonderem Maße beeinträchtigt oder von dem Antragsteller außergewöhnliche Opfer abverlangt werden. Es muss sich um einen endgültigen und nicht wieder gut zu machenden Schaden handeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.04.1969 - 1 BvR 47/69 -, BVerfGE 25, 367 <370>). Dies ist zunächst anhand der Folgen zu ermitteln, die voraussichtlich eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte. Ergibt sich danach ein schwerer Nachteil, sind dem die Nachteile gegenüber zu stellen, die entstünden, wenn die einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag in der Hauptsache aber ohne Erfolg bliebe. Fragen der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Rechtsvorschrift haben dabei außer Betracht zu bleiben (vgl. zum Ganzen OVG M-V, Beschl. v. 08.06.2005 - 4 M 16/05 -). Eine einstweilige Anordnung kann nur ergehen, wenn in dieser Abwägung die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe deutlich überwiegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.11.2006 - 2 BvQ 63/06 -, juris) bzw. die einstweilige Anordnung als unabweisbar erscheinen lassen.

40

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass sie durch die angefochtenen Satzungen für die Grundstücke, die in ihrem Eigentum stehen, zukünftig nach ihrer Auffassung überhöhte Entgelte zu entrichten hätte, ist dieses Vorbringen nicht ansatzweise geeignet, einen schweren Nachteil im vorstehenden Sinne zu begründen. Damit ist schon nicht gesagt, dass sie überhaupt Verbrauchsentgelte zu entrichten hätte. Unterbliebe im Übrigen der Erlass einer einstweiligen Anordnung, wäre die Antragstellerin zunächst im Grundsatz verpflichtet, den gegenüber der Mengengebühr von bisher 1,35 /qm (brutto) erhöhten Verbrauchspreis von 1,82 /qm (brutto) und den gegenüber der bisherigen Grundgebühr erhöhten Grundpreis zu entrichten. Hätte später der Normenkontrollantrag in der Hauptsache Erfolg, stünde ihr hinsichtlich der Differenz ein Anspruch auf Rückzahlung des Entgelts zu.

41

Auch wenn man dieses Vorbringen der Antragstellerin dahin verstünde, dass sie im Hinblick auf den befürchteten Eintritt der Festsetzungsverjährung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V für die noch nicht erfolgte Beitragserhebung eine zukünftige Gebührenerhöhung befürchtete, ergäbe sich kein schwerer Nachteil. Aus der Liste der mit Schriftsatz vom 14. November 2008 mitgeteilten, im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücke ist schon nicht ersichtlich, ob und inwieweit sie hier tatsächlich als Verbraucher von Trinkwasser mit der Erhebung von entsprechenden Entgelten/Gebühren rechnen müsste. Zudem würde sie selbst bei sieben von acht Grundstücken, hinsichtlich derer sie auf eine noch nicht erfolgte Veranlagung verweist, von der befürchteten Festsetzungsverjährung - in unbekannter Höhe - profitieren. Ob es dann per Saldo überhaupt und wenn ja in welcher Höhe zu einer zusätzlichen Belastung kommen könnte, ist offen.

42

Die von der Antragstellerin nach ihrer Auffassung zu befürchtende Erhöhung der Verbandsumlage in Höhe von jährlich 37.700,00 EUR und insgesamt 418.910,00 EUR basiert im Wesentlichen auf einem Risiko-Szenario nach Maßgabe der Erläuterungen zu den verschiedenen Beschlussvorlagen als Grundlagen der angefochtenen Satzungen (vgl. jeweils unter "Kosten der Rückzahlung"). Diese Zahlen sind aber im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung so nicht berücksichtigungsfähig. Unterbliebe der Erlass einer einstweiligen Anordnung, hätte dies zunächst jedenfalls keine unmittelbaren Konsequenzen.

43

In seinem Risiko-Szenario hat der Antragsgegner dargestellt, dass offen sei bzw. nicht mit abschließender Gewissheit zu klären sei, ob die Kosten der für die Rückzahlung der bereits gezahlten Beiträge erforderlichen Kreditaufnahme durch laufende Wasserentgelte refinanziert werden können. Insoweit wird auf das Risiko verwiesen, dass eine solche Refinanzierung auf die Klage eines Kunden hin von der Rechtsprechung für unzulässig erklärt werden könnte. Dies hätte eine Finanzierung der Kreditkosten über Umlagen zur Folge. Ob und inwieweit sich dieses Risiko verwirklicht, ist nach heutigem Stand - auch unter Berücksichtigung des Schreibens des Landesrechnungshofes vom 25. November 2008 und der darin enthaltenen relativ pauschalen Ausführungen - offen. Der Antragsgegner verweist jenseits dieses Risikos darauf, dass nach seiner Kalkulation die in den Jahren 2010 bis 2012 zu erwartenden Unterdeckungen keine Deckung durch Umlagen erfordern. Derzeit ist jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, dass der Antragstellerin die Erhebung einer erhöhten Umlage drohte.

44

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass im Hinblick auf im erheblichen Umfang noch nicht erlassene Beitragsbescheide bei Unterbleiben der einstweiligen Anordnung der Eintritt von Festsetzungsverjährung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V drohe, hat dies aktuell für sie noch keine unmittelbaren Auswirkungen. Eine vom Gericht durch Erlass einer einstweiligen Anordnung wieder in Kraft gesetzte Wasserbeitragssatzung müsste demgegenüber grundsätzlich vom Antragsgegner bzw. der Verbandsvorsteherin vollzogen werden, so dass zumindest theoretisch der Eintritt der Festsetzungsverjährung verhindert werden könnte.

45

Hat die Normenkontrolle in der Hauptsache später Erfolg, wäre voraussichtlich wegen einer zwischenzeitlich zum 31. Dezember 2008 (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) eingetretenen Festsetzungsverjährung eine Beitragserhebung nicht mehr möglich. Dieser Beitragsausfall könnte nach Lage der Dinge auch im Erfolgsfall nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die erforderliche Refinanzierung der Investitionen des Antragsgegners in die Trinkwasserversorgungsanlage müsste dann anderweitig erfolgen. Insoweit käme zum einen eine Umlage in der von der Antragstellerin befürchteten Höhe in Betracht. Zum anderen wäre jedoch - ohne dass der Senat die Frage einer solchen Option abschließend erwogen hätte - möglicherweise auch eine vollständige oder anteilige Gebührenfinanzierung denkbar, weil aus Rechtsgründen eine andere Art der öffentlich-rechtlichen Refinanzierung schlicht nicht mehr möglich wäre und die Kosten der Trinkwasserversorgung im Bereich des Antragsgegners sonst entgegen den Bestimmungen des KAG M-V der Allgemeinheit aufgeladen würden. Nach dieser Überlegung wäre der von der Antragstellerin erwartete Nachteil nicht zwangsläufig.

46

Den der Antragstellerin drohenden Nachteilen sind die Folgen gegenüberzustellen, die eintreten, falls die einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Dabei sind insbesondere auch Folgen für Dritte zu berücksichtigen (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., Rn. 596).

47

Würde die einstweilige Anordnung wie beantragt erlassen, wäre damit die Wasserbeitragssatzung des Antragsgegners wieder in Kraft gesetzt. Folglich müssten zur Vermeidung des Eintritts der Festsetzungsverjährung auf der Grundlage der Gesetzesbindung der Verwaltung grundsätzlich noch bis zum 31. Dezember 2008 (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) zahlreiche Beitragsbescheide (offenbar ca. 7.000, vgl. das Schreiben des Landesrechnungshofes vom 25.11.2008) erlassen und rechtzeitig bekannt gegeben werden. Damit könnte der Eintritt der Festsetzungsverjährung theoretisch vermieden werden. Diese Bescheide würden sich im Falle der späteren Erfolglosigkeit der Normenkontrolle mangels wirksamer Rechtsgrundlage aber sämtlich als rechtswidrig erweisen und mit entsprechenden Bescheiden zurückgenommen werden müssen. Jenseits der Ausgestaltungsmöglichkeiten solcher Beitragsbescheide würde damit ein erheblicher Verwaltungsaufwand einhergehend mit entsprechenden Kosten ausgelöst, der sich dann im Nachhinein als obsolet erwiese. Hinzukommt, dass von den zu erlassenden Beitragsbescheiden zunächst zahlreiche vermeintliche Beitragsschuldner als Dritte betroffen wären, die sich zur Rechtswahrung voraussichtlich - angesichts der Situation im Verbandsgebiet - nahezu durchgängig mit Widersprüchen zur Wehr setzen würden. Dies würde erheblichen weiteren, unnötigen Verwaltungsaufwand auslösen, abgesehen davon, dass sich voraussichtlich viele vermeintliche Beitragsschuldner rechtsanwaltlichen Beistands mit den sich daraus ergebenden Kostenfolgen versichern würden. Schließlich würden diejenigen Beitragsschuldner, die in der Vergangenheit bereits zu Beiträgen herangezogen worden sind, für die Dauer des Hauptsacheverfahrens keine Rückerstattung ihrer Beitragszahlungen erlangen können. Hinzu kommt eine möglicherweise wegen der voraussichtlichen Dauer des Hauptsacheverfahrens geraume Zeit bestehende Rechtsunsicherheit im Bereich des Antragsgegners, sowohl für die normunterworfenen Bürger als auch für die Aufgabenwahrnehmung des Antragsgegners. Würde zudem die Wassergebührensatzung durch den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung wieder in Kraft gesetzt, könnte der Antragsgegner von allen Verbrauchern im Verbandsgebiet nur die gegenüber den nunmehr beschlossenen privatrechtlichen Entgelten niedrigeren Gebühren erheben. Wird dann der Normenkontrollantrag abgelehnt, dürfte eine Erhebung privatrechtlicher Entgelte erst für die Zukunft zulässig sein (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 12.09.2007 - 5 B 191/05 -, LKV 2008, 429 - zitiert nach juris). Folglich wäre eine Nacherhebung der Differenz zwischen den eingezogenen Gebühren und den höheren privatrechtlichen Entgelten für den zeitlichen Geltungsbereich der einstweiligen Anordnung bzw. wegen des während dessen fortgeltenden öffentlich-rechtlichen Regelungsregimes voraussichtlich ausgeschlossen. Hieraus würden dann unwiederbringlich erhebliche Einnahmeausfälle des Antragsgegners resultieren.

48

Zu beachten ist zudem, dass die vorstehenden Ausführungen für den Erfolgsfall des Erlasses einer einstweiligen Anordnung auf der Annahme beruhen, der Antragsgegner bzw. die Verbandsvorsteherin werde auf der Basis einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung bzw. der dadurch wieder in Geltung gesetzten Wasserbeitragssatzung von sich aus den Erlass von Beitragsbescheiden umgehend ins Werk setzen. Eine ausdrückliche entsprechende Verpflichtung durch den entsprechenden Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch von der Antragstellerin nicht beantragt und könnte vom Gericht wegen § 88 i.V.m. § 122 VwGO auch nicht ausgesprochen werden. Unabhängig von der Frage des damit möglicherweise auch berührten Rechtsschutzbedürfnisses ist damit selbst im Falle einer dem Antrag stattgebenden gerichtlichen Entscheidung nicht garantiert, dass auf Seiten des Antragsgegners tatsächlich mit einem entsprechenden umgehenden Tätigwerden gerechnet werden kann. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass auch zuvor jahrelang trotz entsprechender rechtlicher Grundlagen eine Beitragserhebung nicht erfolgt ist, und ein die Beitragserhebung verzögerndes Verhalten einer Mehrheit der Verbandsversammlung jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus erscheint zumindest fraglich, ob rein tatsächlich bis zum 31. Dezember 2008 eine Beitragserhebung in allen noch offenen Fällen (wohl bis zu 7.000, s.o.) möglich wäre. Aus diesen Erwägungen folgt, dass ausgehend von der Antragstellung selbst durch den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nicht sicher gestellt würde, dass der Eintritt der Festsetzungsverjährung verhindert würde. Dies spricht dagegen, dass ihr Erlass dringend geboten im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO wäre.

49

Die Notwendigkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO wird ferner dadurch relativiert, dass die mittelbare Gefahr des Eintritts der Festsetzungsverjährung bei Antragstellung im vorliegenden Verfahren bzw. im jetzigen Zeitpunkt zwar auch auf die angegriffenen Satzungen zurückzuführen sein mag. Der Antragsgegner verfügt jedoch bereits seit dem Jahr 2002 über eine wohl wirksame Beitragssatzung. Insoweit ist zu unterstreichen, dass die derzeitige Situation und die Gefahr des Eintritts der Festsetzungsverjährung im Wesentlichen darauf beruhen, dass es auf Seiten des Antragsgegners - ohne ein Tätigwerden der Rechtsaufsicht -zum ganz überwiegenden Teil jahrelang versäumt wurde, die Beitragsfestsetzungen entsprechend den rechtlichen Vorgaben durchzuführen. Man näherte sich dabei sehenden Auges immer weiter der zeitlichen Grenze des § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Diese offensichtlichen und langjährigen Versäumnisse haben sich durch den Erlass der streitgegenständlichen Satzungen also "nur" zugespitzt. Für diese jahrelange Untätigkeit des Antragsgegners ist die Antragstellerin als sein Mitglied jedoch mitverantwortlich. Von der Antragstellerin wird weder geltend gemacht noch ist ersichtlich, dass sie sich konsequent in Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte (vgl. etwa § 154 i.V.m. § 23 Abs. 3, 4 oder § 29 Abs. 1 Satz 2 KV M-V, § 157 Abs. 2 KV M-V) und ggfs. unter Zuhilfenahme gerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. zum insoweit in Betracht zu ziehenden Kommunalverfassungsstreit etwa OVG Schleswig, Beschl. v. 18.07.2007 - 2 MB 14/07 -, NordÖR 2007, 471 - zitiert nach juris; OVG Magdeburg, Beschl. v. 30.06.2005 - 4 L 115/05 -, juris; VG Leipzig, Beschl. v. 05.01.2001 - 6 K 1527/00 -, juris; vgl. auch OVG M-V, Beschl. v. 30.07.1997 - 1 M 55/97 -, LKV 1998, 112) gegen diese Praxis des Antragsgegners gewandt oder darauf hingewirkt hätte, dass rechtzeitig vor dem 31. Dezember 2008 die erforderliche und von den eigenen Rechtsnormen des Antragsgegners vorgeschriebene Beitragserhebung vollständig ins Werk gesetzt worden wäre. Die bloße Äußerung von Bedenken im Rechtsetzungsverfahren zu den streitgegenständlichen Satzungen war insoweit jedenfalls unzureichend. Wenn die Antragstellerin selbst unter dem Eindruck des Normsetzungsprozesses hinsichtlich der angegriffenen Regelungen, der spätestens im Frühjahr ausdrücklich auch das nunmehr gewählte Finanzierungssystem als mögliche Variante thematisierte, ihrerseits zu einem Tätigwerden im vorstehenden Sinne zur Vermeidung von Nachteilen aus dem zum Ende des Jahres hin drohenden Eintritt der Festsetzungsverjährung für noch nicht festgesetzte Anschlussbeiträge keine Notwendigkeit gesehen hat, kann eine Dringlichkeit im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO bei wertender Betrachtung kaum angenommen werden; jedenfalls sind deshalb die mittelbar zu befürchtenden Nachteile für die Antragstellerin deutlich relativiert in die Abwägung einzustellen.

50

In Zusammenfassung all dessen gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die auf Seiten der Antragstellerin möglicherweise zum Tragen kommenden Nachteile im Falle der Ablehnung des vorliegend gestellten Antrags und des späteren Erfolgs des Normenkontrollantrages nicht das Gewicht besitzen, um den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen; jedenfalls überwiegen die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe nicht deutlich. Auch aus anderen Gründen erscheint der Erlass der einstweiligen Anordnung nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen nicht als dringend geboten oder gar unabweisbar.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

52

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat hat dabei für jede der drei angegriffenen Satzungen den sogenannten Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR in Ansatz gebracht. Eine Ermäßigung kam nicht in Betracht, da der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO auf eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache zielt.

53

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Tenor

Artikel 2 Satz 2 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29. Juni 2009 (GBl. S. 309) wird für unwirksam erklärt, soweit darin die Geltung von § 24 Satz 2 und Satz 3 Vergabeverordnung ZVS bereits zum Wintersemester 2009/2010 angeordnet worden ist. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgewiesen.

Der Antragsteller trägt 2/3 und der Antragsgegner 1/3 der Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob und inwieweit der Landesverordnungsgeber das Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität normativ bestimmen und vorgeben darf. Der Antragsteller bezweifelt insbesondere die Rechtmäßigkeit des angeordneten Erfordernisses einer vorangegangenen ZVS-Bewerbung für den betreffenden Studienort sowie die Anwendbarkeit der Novellierungen schon im Wintersemester 2009/2010.
Die Vergabe eines Studienplatzes in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang - wie etwa das vom Antragsteller begehrte Fach Medizin - setzt einen Zulassungsantrag bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) voraus. Bewerbungsvoraussetzungen und Auswahlkriterien für diese Studienplatzvergabe sind in einer Reihe von Rechtsnormen geregelt. Einbezogen in dieses Auswahlverfahren sind indes nur diejenigen Plätze, die als Aufnahmekapazität der Hochschule berechnet und in Gestalt einer „Zulassungszahl“ festgesetzt worden sind. Neben diesen „ordnungsgemäß“ vergebenen Studienplätzen werden in der Praxis weitere Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität aufgrund gerichtlicher Anordnung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vergeben. Hierbei handelt es sich um zusätzliche Ausbildungskapazitäten, deren Vorhandensein erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckt worden ist. Diese „außerkapazitären“ Studienplätze beruhen mithin auf einer fehlerhaften Kapazitätsberechnung und darauf aufbauend einer zu niedrigen Festsetzung der Zahl der von der entsprechenden Hochschule aufzunehmenden Bewerber. Um dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot der vollständigen Kapazitätsauslastung Genüge zu tun, werden auch diese Reststudienplätze durch die Verwaltungsgerichte zugewiesen.
Normative Vorgaben zu inhaltlichen Kriterien oder Verfahrensmodalitäten für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze sind indes kaum vorhanden. § 24 Satz 1 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen - Vergabeverordnung ZVS - in der Fassung vom 27.01.2005 (GBl. S. 167) enthielt insoweit lediglich eine Fristenregelung. Anträge, mit denen ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird, waren danach innerhalb der für den „regulären“ ZVS-Zulassungsantrag geltenden Fristen zu stellen. Die Vorschrift wurde in der Neufassung der Vergabeverordnung ZVS vom 23.04.2006 (GBl. S. 114) ohne wesentliche Änderung übernommen.
Durch die am 08.07.2009 im Gesetzblatt (GBl. S. 309) bekannt gemachte Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29.06.2009 wurde § 24 Vergabeverordnung ZVS geändert (Art. 1 Nr. 4 der Änderungsverordnung) und um die streitgegenständlichen Sätze 2 und 3 erweitert. Die Vorschrift lautet nun:
§ 24
Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen
        
Ein Antrag, mit dem ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl geltend gemacht wird, muss
1. für das Sommersemester bis zum 15. Januar,
2. für das Wintersemester bis zum 15. Juli
bei der Hochschule eingegangen sein (Ausschlussfristen).
Voraussetzung für die Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen ist ferner ein Antrag auf Zulassung nach § 3 im zentralen Vergabeverfahren in dem betreffenden Studiengang für den betreffenden Studienort. Sind Zulassungen außerhalb der festgesetzten Kapazität auszusprechen, hat sich die Vergabe an den Vergabekriterien im zentralen Vergabeverfahren zu orientieren, wenn die Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt.
Das Inkrafttreten der Änderungsverordnung ist in deren Art. 2 ausdrücklich geregelt und sieht vor:
Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie gilt erstmals für das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010.
Der Antragsteller hat am 27.06.2009 die Allgemeine Hochschulreife in Nordrhein-Westfalen mit einer Durchschnittsnote von 2,4 erworben. Er bewarb sich am 03.07.2009 erfolglos bei der ZVS im Studiengang Medizin und benannte für das Auswahlverfahren der Hochschulen die Universitäten Greifswald, Jena, Halle, Magdeburg, Saarbrücken und Ulm. Mit Schriftsätzen vom 10.07.2009 ließ der Antragsteller seinen Bevollmächtigten überdies Anträge auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festen Kapazität an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Tübingen stellen. Insoweit sind jeweils Eilanträge beim Verwaltungsgericht anhängig.
Am 20.07.2009 erhob der Antragsteller Normenkontrollantrag (und zugleich Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO) zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen die Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS. Zur Begründung trägt er vor, die Neuregelung verletze seine Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 GG; jedenfalls könne das novellierte Verfahren im Wintersemester 2009/2010 keine Anwendung finden. § 24 Vergabeverordnung ZVS n.F. bewirke, dass der Antragsteller nicht mehr in der Lage sei, alle Hochschulen des Landes Baden-Württemberg auf die Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität in Anspruch zu nehmen. Diese Einschränkung verstoße gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG verbürgte Recht der Ausbildungsfreiheit, das nach den Grundsätzen des Grundrechtsschutzes durch Verfahren auch Gewährleistungen gegen eine restriktive, den effektiven Grundrechtsschutz beeinträchtigende Verfahrensgestaltung beinhalte. Die Rechtsänderung bewirke auch eine Verletzung der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG, weil ihm die Möglichkeit genommen werde, im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren einen Studienplatz zu erstreiten, sofern er sich für die jeweilige Universität im Rahmen seines ZVS-Zulassungsantrages nicht beworben habe. Insoweit verstoße die Neubestimmung auch gegen das vom Bundesverfassungsgericht betonte Gebot der vollständigen Kapazitätsausschöpfung, weil es dem Antragsteller unmöglich gemacht werde, alle Universitäten des Bundeslandes parallel auf eine Zulassung außerhalb der festen Kapazität in Anspruch zu nehmen. Der Regelung fehle eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung, weil sie nicht einer effizienten Durchführung des gerichtlichen Verfahrens, sondern der zielgerichteten Beschränkung der Bewerbungsmöglichkeiten für Studienplätze außerhalb der festen Kapazität diene. Jedenfalls müsse die Regelung insoweit als unverhältnismäßig betrachtet werden. Es sei dem Antragsteller unzumutbar, bereits im Rahmen der ZVS-Bewerbung diejenigen Universitäten auszuwählen, die später im Wege der außerkapazitären Klage in Anspruch genommen werden sollen. Die Eingrenzung auf die sechs, im Rahmen der ZVS-Bewerbung angegebenen Studienorte widerspreche auch dem verfassungsrechtlichen Prinzip, dass Ortswünsche für die Wahrnehmung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG bedeutungslos seien. Dementsprechend sei bislang für die Zuweisung außerkapazitärer Studienplätze auf die Ortswahlentscheidung im Rahmen des ZVS-Antrags auch nicht abgestellt worden. Die Neufassung verstoße schließlich gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil eine Berücksichtigung des Antragstellers bei der Vergabe von Studienplätzen an im ZVS-Zulassungsantrag nicht benannten Hochschulen danach selbst dann ausscheide, wenn er eine bessere Abiturnote oder eine längere Wartezeit als die anderen Antragsteller aufweise. Schließlich bestünden auch Zweifel an der Zuständigkeit des Verordnungsgebers, da mit der Neufassung Sachurteilsvoraussetzungen eines gerichtlichen Verfahrens und damit Fragen des Prozessrechts geregelt würden. Jedenfalls könne die Novellierung für das Vergabeverfahren im Wintersemester 2009/2010 noch nicht zur Anwendung kommen, weil eine angemessene Übergangsfrist nicht gewährt worden sei. Für Altabiturienten liege angesichts des bereits vor Bekanntmachung der Änderungsverordnung eingetretenen Fristablaufs für eine ZVS-Bewerbung bereits eine echte Rückwirkung vor. Auch der Antragsteller indes habe bis zum Fristablauf vom 15.07.2009 von der Rechtsänderung nichts erfahren. Insoweit treffe ihn jedoch keine Obliegenheit, sich im laufenden Bewerbungsverfahren über etwaige Rechtsänderungen kundig zu machen.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
§ 24 Satz 2 und Satz 3 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen vom 23.04.2006 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 für unwirksam zu erklären,
12 
hilfsweise,
13 
Art. 2 Satz 2 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Vergabeverordnung ZVS vom 29.06.2009 für unwirksam zu erklären, soweit darin die Geltung von § 24 Satz 2 und Satz 3 Vergabeverordnung ZVS bereits zum Wintersemester 2009/2010 angeordnet worden ist.
14 
Der Antragsgegner beantragt,
15 
die Anträge abzuweisen.
16 
Er hält die Normenkontrolle hinsichtlich der in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS getroffenen Regelung bereits für unzulässig. Da die Vergabe nachträglich festgestellter Studienplätze auch bereits zuvor in Orientierung an die ZVS-Auswahlkriterien hätten vergeben werden können und dies auch praktiziert worden sei, regle die Vorschrift nichts Neues. Mit einer Nichtigkeitserklärung könne der Antragsteller seine Rechtsposition daher in keiner Weise verbessern. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass das vom Antragsteller behauptete Recht, alle Hochschulen auf die Vergabe eines außerkapazitären Studienplatzes verklagen zu dürfen, nicht bestehe. Vielmehr sei Studienbewerbern auch im ordnungsgemäßen ZVS-Verfahren grundsätzlich nur die Befugnis eingeräumt, sich für sechs Hochschulen zu bewerben. Das aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Teilhaberecht könne hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität aber nicht weiter reichen als im ordentlichen Verfahren. Tatsächlich realisiere sich die grundgesetzlich gewährleistete Berufsfreiheit in erster Linie im ordnungsgemäßen ZVS-Verfahren. Wenn der Gesetzgeber für dieses - grundsätzlich abschließend gedachte - Verfahren Auswahlkriterien festlege, sei damit jedoch grundsätzlich auch die gesetzgeberische Erwartung verbunden, dass auch etwaige weitere Studienplätze nach diesen Maßstäben vergeben würden. Ziel der Neuregelung sei es daher gewesen, für die Vergabe von Studienplätzen, die nachträglich durch ein Gericht festgestellt worden sind, eine sach- und chancengerechtere Verteilung zu ermöglichen. § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS orientiere sich daher an den Vorgaben der ordnungsgemäßen Vergabe. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgestellt habe, sei für eine Vergabe nach Ranglisten indes erforderlich, dass sich die jeweiligen Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz im betreffenden Studiengang beworben hätten. Nur so könnten die zur Ranglistenbildung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden.
17 
Soweit der Antragsteller vorgetragen habe, Ortswünsche dürften für die Wahrnehmung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG keine Bedeutung haben, werde die Neuordnung des Hochschulzulassungsrechts verkannt. Denn seit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes und dem Erlass des neuen Staatsvertrages stünden im Interesse der nationalen und internationalen Konkurrenzfähigkeit Wettbewerbsorientierung, Profilbildung und Differenzierung im Vordergrund. Während es früher ein weitgehend homogenes Lehrangebot gegeben habe, sei zwischenzeitlich eine stärkere Vielfalt und Schwerpunktbildung bei der Gestaltung der Hochschul- und Ausbildungskonzepte vorhanden. Im Bereich der medizinischen Lehre etwa gebe es das „Tübinger Programm zur Förderung Innovativer Lehre“, die Studienkonzepte „Heicumed“ und „Marecum“ der medizinischen Fakultäten Heidelberg und Heidelberg/Mannheim sowie eine besondere Praxisorientierung an der Universität Ulm. Dieser Profilbildung entsprechend sei Leitgedanke im Hochschulzulassungsrecht gewesen, hochqualifizierten Bewerbern die Auswahl „ihrer“ Hochschule zu ermöglichen, sowie umgekehrt den Hochschulen die Möglichkeit zu verschaffen, die dem hochschuleigenen Anforderungsprofil am besten entsprechenden Bewerber selbst auszuwählen. Die Wahl des Studienortes spiele daher gegenwärtig bei der Vergabe von Studienplätzen eine zentrale Rolle. Mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS sei die gesetzgeberische Entscheidung zur stärkeren Betonung des Ortsbezugs auf die außerkapazitäre Vergabe von Studienplätzen nachvollzogen worden; überdies stelle die Neuregelung sicher, dass die zeitnahe Erstellung von Ranglisten nach ZVS-Kriterien überhaupt möglich sei. Die angegriffene Verordnung entspreche deshalb den Vorgaben aus Art. 12 Abs. 1 GG. Eine Verletzung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG scheide schon deshalb aus, weil diese Grundgesetznorm nicht selbst Rechte gewähre, sondern zu schützende Positionen voraussetze. Im Übrigen stehe der Rechtsschutz auch bei Anwendung des § 24 Vergabeverordnung ZVS n.F. offen; die Erfolgsaussicht einer etwaigen Klage werde sogar besser kalkulierbar.
18 
Schließlich bewirke die Rechtsänderung auch keine unzulässige Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liege auch für Altabiturienten nicht vor, weil das in Rede stehende Verfahren zur Vergabe außerkapazitärer Studienplätze im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Novellierung noch gar nicht begonnen habe. Gemäß § 24 Satz 1 Nr. 2 Vergabeverordnung ZVS sei Stichtag insoweit vielmehr der 15.07.2009. Die mit der Änderungsverordnung bewirkte unechte Rückwirkung sei indes zulässig, weil der Antragsteller vor Veränderung des § 24 Vergabeverordnung ZVS keine Dispositionen auf ein medizinisches Studium getroffen habe, die gegenüber der Gesamtheit der Bewerber schützenswert seien. Denn er habe sich - wie im ordnungsgemäßen Verfahrensablauf auch vorgesehen - bei der ZVS für sechs Studienorte beworben. Soweit sich der Antragsteller nun auf prozesstaktische Erwägungen beziehe, seien diese gegenüber der Allgemeinheit nicht schützenswert. Im Übrigen habe der Antragsteller auch nicht auf die dauerhafte Beibehaltung des Losverfahrens vertrauen dürfen. Denn die bisherige, nicht auf einer gesetzlichen Regelung fußende Verfahrensweise der Losvergabe sei spätestens seit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2008 in Frage gestellt. Darüber hinaus seien alle mit Kapazitätsklagen befassten Rechtsanwälte - darunter auch der Bevollmächtigte des Antragstellers - von der Universität Ulm mit Schreiben vom 08.07.2009 über die neue Rechtslage informiert worden.
19 
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Normenkontrollanträge des Antragstellers sind zulässig (I.), aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet (II.). Die angegriffene Neufassung zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität in § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 ist mit höherrangigem Recht vereinbar und verstößt nicht gegen die geltend gemachten Rechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 oder Art. 3 Abs. 1 GG. Die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung angeordnete Geltung für das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 dagegen verstößt gegen den durch das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Vertrauensschutz.
I.
21 
Die vom Antragsteller erhobenen Anträge sind zulässig.
22 
Die Normenkontrolle betrifft die Gültigkeit des § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung vom 29.06.2009 und damit im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, deren Vollzug zu verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten führt. Der Antrag ist damit gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch innerhalb der in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Jahresfrist gestellt. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift in seinem Recht auf Berufs- und Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu werden, denn die angegriffene Verordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Studienplatz erworben werden kann.
23 
Dem Antragsteller kommt auch ein rechtlich schützenswertes Interesse an der begehrten Normenkontrollentscheidung zu. Soweit der Antragsgegner vorgetragen hat, § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS beinhalte keine Neuregelung, so dass der Antragsteller auch aus einer etwaigen Nichtigkeitsfeststellung keinen Vorteil ziehen könne, trifft dies nicht zu. Denn nach bisheriger Rechtslage waren die Hochschulen nicht daran gehindert, im Falle der gerichtlichen Verpflichtung zur Vergabe weiterer Studienplätze auf das Losverfahren als Auswahlkriterium zurückzugreifen. Vielmehr hat auch der erkennende Senat im Beschluss vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) die betroffene Hochschule nur verpflichtet, „eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. Dementsprechend ist die nachfolgende Vergabe auf Grundlage eines auf Grundlage der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt worden (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -). Unter Geltung des § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS kommt den Hochschulen ein entsprechender Spielraum jedenfalls dann nicht mehr zu, wenn sie entsprechende Ranglisten erstellt haben. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, der die Vergabe im Wege des Losverfahrens erstrebt, seine Rechtsstellung mit der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit verbessert.
II.
24 
Die Normenkontrollanträge sind aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet.
25 
Das beklagte Land durfte die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens für die in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze durch eine Änderung der Vergabeverordnung ZVS regeln (1.) und dabei das Erfordernis einer vorherigen Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren statuieren (2.); dies gilt auch im Hinblick auf die in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordnete Beschränkung der „außerkapazitären“ Platzzuweisung auf diejenigen Studienorte, bei denen eine Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren stattgefunden hat (3.). Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen das Rückwirkungsverbot und ist unwirksam (4.).
26 
1. Die mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen in Art. 1 Nr. 4b der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 sind einer normativen Regelung zugänglich (a). Sie unterfallen der Verbandskompetenz des Landes (b), konnten in Gestalt einer Rechtsverordnung geregelt werden (c) und sind in der Vergabeverordnung ZVS auch nicht an falscher Stelle verortet (d).
27 
a) Die Tatsache, dass Bestimmungen über die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität einen Fall betreffen, der bei ordnungsgemäßem Verfahrensablauf nicht eintreten darf, steht einer normativen Regelung nicht entgegen (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406).
28 
Es ist für eine Rechtsvorschrift vielmehr nicht ungewöhnlich, Vorkehrungen und Vorgaben für die „Reparatur“ fehlerhafter Entscheidungen vorzusehen, wie in den Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte in § 48 LVwVfG exemplarisch deutlich wird. Hierfür besteht auch ein Bedürfnis, denn gerade im Falle vorangegangener Fehler erscheint es nicht angezeigt, die Entscheidung über das ob und wie der Korrektur sowie das zugehörige Verfahren der situativen Einzelfallbewältigung der Behörden zu überlassen. Mit normativen Vorgaben zur Bewältigung von Fehlerfolgen übernimmt die Legislative vielmehr die ihr zustehende Aufgabe, Verfahren und Kriterien eines Verwaltungsverfahrens in geordnete und vorgegebene Bahnen zu lenken.
29 
Jedenfalls im Falle grundrechtsrelevanter Tätigkeitsfelder - wie hier der Vergabe von Studienplätzen und der damit verbundenen Zuteilung von „Lebenschancen“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [332]) - erscheinen normative Vorgaben zur Verfahrensweise im Fehlerfalle dringend geboten. Dabei kann es im Hinblick auf die grundrechtliche Schutzwirkung nicht von Belang sein, ob die Studienplätze ordnungsgemäß in der Zulassungszahlenverordnung erfasst worden sind oder nicht. Die fehlerhafte Berechnung der Aufnahmekapazität nimmt den gleichwohl bestehenden Restplätzen nicht deren grundrechtliche Relevanz. Vielmehr besteht auch hinsichtlich dieser Studienplätze eine rechtlich geschützte Zuweisungschance (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [272]; Beschluss vom 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, BVerfGK 3, 135), so dass es auch im Hinblick auf diese Restkapazitäten bei der grundsätzlich dem Gesetzgeber obliegenden Pflicht verbleibt, für die Erfüllung des verfassungsmäßigen Zulassungsrechts der hochschulreifen Bewerber zu sorgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u.a. -, BVerfGE 66, 155 [178]). Es liegt daher sogar nahe, den für die Festsetzung der Zulassungszahl und die Vergabekriterien unstreitig geltenden Gesetzesvorbehalt jedenfalls insoweit auch auf „außerkapazitäre“ Studienplätze zu erstrecken, als nicht nur Verfahrensfragen (vgl. zur Erstreckung auf die Bestimmung des Klagegegners BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 -, BVerfGE 39, 276 [295]), sondern inhaltliche Vorgaben in Rede stehen. Jedenfalls bestehen keine Bedenken dagegen, dass diese Fragen von der Legislative mit normativen Regelungen bestimmt und konturiert werden.
30 
b) Die angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze unterfallen auch der Regelungskompetenz des Landes.
31 
Allerdings hat der Antragsteller zutreffend darauf verwiesen, dass dem Landesverordnungsgeber keine Kompetenz zukommt, prozessrechtliche Fragen zu regeln. Denn mit Erlass der Verwaltungsgerichtsordnung hat der Bundesgesetzgeber das verwaltungsgerichtliche Verfahren grundsätzlich erschöpfend geregelt (vgl. dazu bereits BVerfG, Beschluss vom 11.10.1966 - 2 BvL 15/64 -, BVerfGE 20, 238 [248]), so dass für entsprechende Vorgaben, auch in Gestalt von Sachurteilsvoraussetzungen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15.07.1980 - I C 54/75 -, DVBl 1980, 960), kein Gestaltungsraum der Länder mehr verbleibt. Insoweit gingen Ansätze, mit der Bestimmung die Verfahrensweise der Gerichte lenken oder einschränken zu wollen (vgl. dazu die Stellungnahme des Bevollmächtigten der Universitäten Freiburg, Heidelberg und Ulm vom 22.06.2009 zum Verordnungsentwurf, Bl. 100 der Behördenakten), fehl. Die in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS enthaltene Anordnung ist aber - jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung - nicht als Regelung des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zu verstehen. Vielmehr knüpft die Bestimmung ersichtlich an den vom erkennenden Senat beschlossenen Tenor vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) an, mit dem den Hochschulen die Wahl überlassen worden war, welches der zulässigen Auswahlkriterien für die Vergabe der im Gerichtsverfahren aufgedeckten Reststudienplätze angewendet werden soll. Mit der vom Antragsgegner erlassenen Bestimmung wird dieses Ermessen konturiert und gelenkt. Die angegriffene Norm findet also Anwendung, wenn sich die der festgestellten Zulassungszahl zugrunde liegende Kapazitätsberechnung an einer der Hochschulen des Landes als unzutreffend erweist und daraufhin durch ein Verwaltungsgericht erneut die Verpflichtung zur vorläufigen Studienzulassung ausgesprochen werden muss. Sie wendet sich damit an die Hochschulen und regelt die Verfahrensweise, soweit konkrete Vorgaben nicht bereits in der gerichtlichen Anordnung getroffen sind oder die Vergabe entsprechender Studienplätze nach Abschluss des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens in Rede steht. § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS betrifft damit keine der konkurrierenden (Bundes-)Gesetzgebung unterfallende Frage des Prozessrechts. In dieser Auslegung sind überdies auch die angesprochenen Bestimmtheitszweifel im Hinblick auf den Normadressaten ausgeräumt.
32 
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Landesverordnungsgeber innerhalb seines Kompetenzbereichs grundsätzlich auch nicht daran gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen. Art. 3 Abs. 1 GG ist insoweit bereits nicht berührt, weil sich der Anspruch auf Gleichbehandlung nur auf den Geltungsbereich des jeweiligen Normgebers erstrecken kann. Es ist aber gerade Sinn der föderalistischen Kompetenzstruktur des Grundgesetzes, den Ländern Raum für eigenständige Gestaltungen zu belassen und die Länder in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht zur Uniformität zu zwingen. Allerdings stellt die Studienplatzvergabe in den ins zentrale ZVS-Vergabeverfahren einbezogenen Studiengängen ein zusammenhängendes System dar, das nicht in Gänze der Regelungsmacht des Landes unterstellt ist. Dies wird bereits daran deutlich, dass die Materie sowohl in § 29 Abs. 1 Satz 1 HRG als auch im Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 (GBl. 2007 S. 510) geregelt und unter die Zielsetzung „einheitlicher Maßstäbe“ (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsvertrags) gestellt worden ist. Bei derartig übergreifenden Lebenssachverhalten hat der Landesgesetzgeber daher sorgsam zu prüfen, ob sich die innerhalb seines Kompetenzbereiches getroffene Regelung im Rahmen der Wertentscheidung des Grundgesetzes hält „und ob sie nicht zur Entwertung von Grundrechten führen würde, wenn andere Länder ebenso verfahren“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [352 f.]). Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages ordnet insoweit ausdrücklich an, dass die in der Regelungsmacht der Länder verbliebenen Rechtsverordnungen nach Absatz 1 übereinstimmen müssen, soweit dies für eine zentrale Vergabe der Studienplätze notwendig ist.
33 
Die angefochtene Bestimmung in § 24 Vergabeverordnung ZVS verweist indes gerade auf die Regelungen des zentralen Vergabeverfahrens, so dass - unbeschadet möglicher inhaltlicher Zweifel - jedenfalls im Hinblick auf die gebotene Einheitlichkeit Bedenken nicht bestehen. Zweifel hinsichtlich der Verbandskompetenz des Landes bestehen mithin nicht.
34 
Dies gilt um so mehr, als für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze, die ja gerade nicht ins zentrale Vergabeverfahren einbezogen worden sind, Anforderungen aus dem Gebot der Bundeseinheitlichkeit jedenfalls nur in untergeordnetem Maße zur Geltung gebracht werden können (vgl. auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455) und insoweit daher grundsätzlich ein weitreichender Gestaltungsraum der Länder anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.08.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb bereits ausdrücklich ausgesprochen, dass die Regelung der Auswahlmodalitäten für „außerkapazitäre“ Studienplätze dem Landesrecht unterfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl 1990, 531).
35 
c) Die Regelung kann auch auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage gestützt werden.
36 
Allerdings kommt § 2a Abs. 2 des Gesetzes über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg in der Fassung vom 15.09.2005 (GBl. S. 629, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 511 - HZG -) als Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht, weil die von der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS umfassten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität gerade nicht „innerhalb der Quote nach Artikel 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages“ berücksichtigt sind und der Anwendungsbereich aus Absatz 1 der Vorschrift damit nicht eröffnet ist.
37 
Gleiches gilt im Ergebnis für die Ermächtigungsgrundlagen in § 11 Abs. 1 HZG, denn bei der Zuweisung „außerkapazitärer“ Plätze handelt es sich nicht um eine „Studienplatzvergabe nach §§ 6 bis 10“ des Gesetzes. Im Übrigen wäre dann gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 HZG auch das Einvernehmen des Kultusministeriums für den Erlass der Rechtsverordnung erforderlich gewesen.
38 
Die angefochtenen Bestimmungen können aber auf die Ermächtigung in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 gestützt werden, die - in Übereinstimmung mit Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung - auch in der Änderungsverordnung angegeben worden ist. Denn bei den getroffenen Anordnungen zur Obliegenheit einer vorangegangenen ZVS-Bewerbung und zum Auswahlkriterium handelt es sich um Vorschriften über die Vergabe „aus anderen Gründen frei gebliebener Plätze“.
39 
Der Vorschrift kann weder von ihrem Wortlaut noch im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung entnommen werden, dass sie für „außerkapazitäre“ Studienplätze keine Anwendung finden soll. Im Gegenteil sind sowohl die gesetzlichen Regelungen des Hochschulrahmengesetzes als auch der Staatsvertrag auf die vollständige Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet (vgl. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Staatsvertrags) und erstrecken sich daher auch auf die Vergabe von Restplätzen, die bei der Festsetzung der Zulassungszahl zunächst unberücksichtigt geblieben sind (vgl. dazu bereits ausführlich Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 - zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung in Art. 16 Abs. 1 des Staatsvertrags vom 24.06.1999). Auch insoweit handelt es sich um die im Staatsvertrag geregelte Zuweisung von Studienplätzen in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags). Anhaltspunkte dafür, dass von den Regelungen des Staatsvertrags die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze nicht umfasst sein soll, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ordnet Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages (in Übereinstimmung mit §§ 32 Abs. 3 Nr. 3, 31 Abs. 3 Satz 2 HRG) an, dass die Studienplätze „im Übrigen“ von den Hochschulen nach dem Ergebnis eines Auswahlverfahrens zu vergeben sind. Dies deutet bereits begrifflich auf eine abschließende Regelung hin. Denn auch Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität werden außerhalb des in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Staatsvertrags vorgesehenen Verfahrens und damit „im Übrigen“ vergeben. Schließlich spricht auch die offen gehaltene Formulierung der „aus anderen Gründen frei gebliebenen Plätze“ in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags für eine weite Interpretation. Warum diejenigen Plätze, die aus Gründen einer fehlerhaften Kapazitätsberechnung frei geblieben sind, hierzu nicht gehören sollten, erschließt sich dem Senat nicht. Schließlich legt auch die Anordnung in Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages nahe, dass die Ermächtigung umfassend für die Vergabe aller grundsätzlich in das zentrale Vergabeverfahren einbezogener Studienplätze gedacht war und das Erfordernis der Bundeseinheitlichkeit weit gezogen werden sollte. Andernfalls wäre das bei Erlass des Staatsvertrages hinreichend bekannte Problem der Zuweisung „außerkapazitärer“ Studienplätze der alleinigen Regelungsmacht der Länder unterstellt, was den Anforderungen der bundesweit geregelten Materie offenkundig nicht entspricht.
40 
Die Tatsache, dass „außerkapazitäre“ Plätze nicht durch die ZVS, sondern die Hochschulen selbst vergeben werden, steht diesem Ergebnis nicht entgegen (a.A. offenbar Nds. OVG, Beschluss vom 22.12.2005 – 2 NB 466/05 -, NVwZ-RR 2006, 330). Denn der Staatsvertrag regelt nicht nur die Vergabe durch die Zentralstelle, sondern enthält auch die Vorgaben für das von den Hochschulen durchzuführende Auswahlverfahren (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3) und die durch die Hochschulen auszusprechende Zulassung (Art. 14). Der Staatsvertrag erstreckt sich damit in sachlicher Hinsicht auch auf die Studienplatzvergabe durch die Hochschulen. Aus § 1 Satz 1 HZG ergibt sich nichts anderes; der dort gegebene Hinweis auf „ergänzende“ Vorschriften zum Staatsvertrag belegt vielmehr, dass auch der Staatsvertrag Regelungen über die Vergabe von Studienplätzen durch die Hochschulen enthalten muss.
41 
Die Regelungen des Staatsvertrages umfassen daher grundsätzlich alle in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze und weisen den Ländern in Art. 15 Abs. 1 die Regelungsmacht für ergänzende Vorschriften zu. Da diese Interpretation den Vorgaben des Gesetzesvorbehalts aus Art. 12 Abs. 1 GG gerecht wird, ist ihr auch im Hinblick auf die Erzielung eines verfassungsgemäßen Zustandes der Vorzug zu geben. Diese Verordnungsermächtigung ist aber, wie ihr eindeutiger Wortlaut zeigt, nicht nur auf Verfahrensvorschriften beschränkt, sondern umfasst auch die „dabei anzuwendenden inhaltlichen Kriterien“. Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrages enthält somit eine hinreichende und den Maßgaben aus Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung entsprechende Ermächtigungsgrundlage, die sich auch auf die „aus anderen Gründen“ - nämlich der Nichtberücksichtigung in der Zulassungszahlenverordnung - frei gebliebenen Plätze bezieht. Die Zuständigkeit des Wissenschaftsministeriums schließlich ist in § 2 Abs. 1 HZG ausdrücklich bestimmt und damit nicht zu beanstanden.
42 
Damit ist auch den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts Genüge getan. Dies folgt in formeller Hinsicht bereits daraus, dass auch der Staatsvertrag selbst den Rang eines Landesgesetzes genießt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 214/08 - m.w.N.) und die Anordnung damit auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Im Übrigen liegt mit dem Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007 (GBl. S. 505) auch die unmittelbare Parlamentsentscheidung vor. Insbesondere aber übernimmt § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung für die Kriterien zur Vergabe von Studienplätzen und überträgt sie auch auf die Zuweisung von nachträglich festgestellten Restkapazitäten außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl. Die inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers werden deshalb gerade gewahrt, so dass nicht ersichtlich ist, warum es für diese Verfahrensweise einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers bedürfte. Insoweit liegt sogar nahe, in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages bereits eine unmittelbare Vorgabe des Gesetzgebers zu sehen. Denn der Staatsvertrag ist von seinem Selbstverständnis auf die Ausschöpfung der tatsächlich vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet und betrifft daher die Vergabe aller Studienplätze (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
43 
d) Die vom Antragsteller angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, wurden in der Vergabeverordnung ZVS auch an systematisch zutreffender Stelle geregelt. Auf die Frage, welche Rechtsfolge sich aus einem etwaigen Verstoß hiergegen ergeben könnte, kommt es daher nicht an.
44 
Entgegen der mit dem Normenkontrollantrag vorgebrachten Auffassung wäre eine Regelung in der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen vom 13.01.2003 (GBl. S. 53, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 505 - HVVO -) nicht im Interesse der Normenklarheit und -wahrheit vorzugswürdig gewesen. Dies folgt bereits daraus, dass die HVVO auf der Ermächtigung des § 11 HZG beruht, die - wie bereits ausgeführt - für die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge keine Anwendung finden kann (vgl. dazu auch bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Eine Regelung an dieser Stelle scheidet daher bereits mangels entsprechender Rechtsgrundlage aus (vgl. Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung). Die Nichtanwendbarkeit der HVVO wird überdies an deren Regelungsbereich deutlich, der sich materiell auf die Vergabe von zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen und die Vergabe von Studienplätzen für höhere Fachsemester beschränkt. Auch in tatsächlicher Hinsicht sind damit Regelungen über Studiengänge, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, in der HVVO nicht enthalten, so dass sich die mit der Normenkontrolle angegriffenen Bestimmungen hier als Fremdkörper erweisen würden.
45 
Zutreffender systematischer Regelungsort für Bestimmungen zu Verfahren und Auswahlkriterien für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang ist daher die Vergabeverordnung ZVS. Diese beruht auf der insoweit zutreffenden Ermächtigungsgrundlage aus Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags und trifft auch inhaltlich die hierfür maßgeblichen Anordnungen.
46 
2. Die Vergabe von Studienplätzen innerhalb der festgesetzten Kapazität und die Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze sind zwar unterschiedliche Verfahren (a) und bedürfen daher nicht zwingend einer exakten Gleichführung (b), sie sind aber materiell auf dasselbe Ziel gerichtet und verfahrensmäßig aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann (c).
47 
a) Zu Recht hat der Antragsteller indes darauf verwiesen, dass es sich bei der Vergabe von Studienplätzen im zentralen ZVS-Vergabeverfahren und bei dem Begehren um Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der in der Zulassungszahlenverordnung festgesetzten Kapazität um unterschiedliche Verfahrens- und Streitgegenstände handelt (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 27.04.2006 - NC 9 S 45/06 -).
48 
Hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens sind bereits unterschiedliche - und eigenständige - Zulassungsanträge erforderlich, die im Falle der „regulären“ Bewerbung an die ZVS, für „außerkapazitäre“ Anträge aber an die jeweilige Hochschule zu richten sind. Insoweit gelten nicht nur unterschiedliche Regelungen zu Form- und Fristanforderungen, mit denen bereits normativ vorgegeben ist, dass es sich um unterschiedliche Verwaltungsgegenstände handelt (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 22.06.1993 - NC 9 S 59/93 -). Die Unabhängigkeit der Verfahren wird vielmehr auch dadurch deutlich, dass für die Geltendmachung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität der Ablehnungsbescheid der ZVS im innerkapazitären Verfahren nicht angefochten werden muss (vgl. Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 313). Die Bestandskraft des ZVS-Bescheides steht dem Begehren auf Zuweisung eines „außerkapazitären“ Studienplatzes nicht entgegen, weil der Ablehnungsbescheid zu dieser Frage keine Regelung enthält. Inhaltlich bezieht sich der ZVS-Bescheid nur auf die ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze, so dass die im „Kapazitätsstreit“ relevante Frage, ob die Hochschule weitere Studienplätze über die festgesetzte Kapazität hinaus zur Verfügung stellen kann, nicht betroffen ist. Auch vom materiellen Streitgegenstand her betreffen die Verfahren daher „gänzlich andere Kriterien“ (vgl. bereits Senatsurteil vom 10.09.1986 - NC 9 S 2342/85 -; dazu auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455). Die hinsichtlich der „außerkapazitären“ Studienplätze im Vordergrund stehende Kapazitätsberechnung ist für die „reguläre“ Studienplatzvergabe ohne Bedeutung.
49 
Schließlich ergibt sich die Unterschiedlichkeit der Verfahren auch aus der jeweiligen Gerichtszuständigkeit. Denn Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Vergabe von Studienplätzen durch die ZVS sind vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auszutragen (vgl. § 52 Nr. 3 Satz 4 VwGO), während sich die Gerichtszuständigkeit für das Begehren auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität nach dem Sitz der jeweiligen Hochschule richtet. Die Differenzierung und Trennung der Beanspruchung eines Studienplatzes innerhalb der festgesetzten Kapazität von der Geltendmachung weiterer Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität ist daher in der Senatsrechtsprechung stets betont (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 16.03.1977 - IX 929/76 -) und die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität als selbständiges Verfahren qualifiziert worden, das neben dem gesetzlich normierten ZVS-Vergabeverfahren steht (vgl. Senatsbeschluss vom 17.09.2008 - NC 9 S 1792/08 -).
50 
Unterschiede ergeben sich aber nicht nur hinsichtlich des Streitgegenstandes, vielmehr ist auch die tatsächliche Konkurrenzsituation in den beiden Vergabeverfahren nicht identisch. Denn bei der Zuweisung von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität, deren Existenz erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgedeckt worden ist, stehen nur diejenigen Bewerber zur Auswahl, die eine entsprechende Vergabe beantragt und gerichtlich verfolgt haben. Die Wettbewerbssituation unterscheidet sich daher nicht unerheblich von derjenigen im ZVS-Vergabeverfahren, weil regelmäßig gerade diejenigen Studienbewerber, die eine Zulassung nur knapp verpasst und daher gute Chancen auf einen Platz im Nachrückverfahren oder im nächsten Semester haben, von den Mühen und finanziellen Risiken einer gerichtlichen Studienplatzklage absehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [269]).
51 
Schließlich ist auch nicht zu verkennen, dass das zentrale Vergabeverfahren der ZVS den Gesetzlichkeiten eines Masseverfahrens folgt, die auf die meist nur wenige Plätze betreffende Verteilung „außerkapazitärer“ Studienplätze nur eingeschränkt passen. Dies wird etwa an der Anordnung in § 12 Abs. 1 der Vergabeverordnung ZVS deutlich, die für die Erstellung von Landesquoten einen Anwendungsbereich von mehr als 15 Studienplätzen voraussetzt, manifestiert sich aber insbesondere in dem in § 6 Vergabeverordnung ZVS geregelten Quotensystem. Denn die Verteilung im Verhältnis 20 : 20 : 60 setzt eine hinreichende Mindestzahl voraus und wirft im Falle der Zuweisung nur einzelner oder einiger weniger Plätze erhebliche Aufteilungsschwierigkeiten auf.
52 
b) Angesichts dieser Unterschiede ist eine strikte Gleichführung der Vergabemodalitäten nicht zwingend geboten.
53 
Um den Besonderheiten des „außerkapazitären“ Vergabeverfahrens sowie der besonderen Eilbedürftigkeit der Zuweisung dieser Plätze (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.07.2005 - 1 BvR 584/05 -) Rechnung zu tragen, hat der Senat bislang auch keine strikte Anwendung der ZVS-Vergabekriterien, sondern lediglich eine an diesen Maßstäben „orientierte“ Zuteilung verlangt (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -). Er hat demnach etwa die Vergabe anhand eines an Hand der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt und ausgeführt (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -):
54 
„Durch Beschluss vom 12.05.2009 hat der erkennende Senat der Vollstreckungsschuldnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung auferlegt, 23 weitere Studienbewerber vorläufig zum Teilstudium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 zuzulassen. Abweichend von der früheren Praxis und in Anknüpfung an die zum Wintersemester 2007/2008 vom Senat gegebenen Hinweise (vgl. Beschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -) hat der Senat die Hochschule dabei nicht verpflichtet, die erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität durch Losentscheid zu vergeben. Für die Auswahl unter denjenigen Studienbewerbern, deren Anspruch noch im Beschwerdeverfahren anhängig ist, ist der Hochschule vielmehr aufgegeben worden, „bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. […]
55 
Normative Vorgaben zu der Frage, wie und an wen Studienplätze zu vergeben sind, deren Vorhandensein erst in einem Rechtsstreit als Folge unzureichender Kapazitätsausnutzung nachgewiesen worden sind, bestehen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [268]). Auch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen vom 23.04.2006 (GBl. S. 114; zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.05.2008, GBl. S. 164 - Vergabeverordnung ZVS -) regelt hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nur Bewerbungsfristen. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese Regelungslücke sowohl durch eine analoge Anwendung der ZVS-Auswahlkriterien als auch durch eine Vergabe nach Losverfahren geschlossen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25; Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl. 1990, 531). […]
56 
Dieser Maßgabe ist der erkennende Senat mit der Tenorfassung des Beschlusses vom 12.05.2009 gefolgt. Er hat dabei die Entscheidung über die Auswahl des Vergabekriteriums nicht selbst getroffen, sondern der Hochschule die Wahl belassen, welche der im Tenor benannten zulässigen Auswahlverfahren zur Anwendung kommen sollen. Mit der Formulierung, dass die Rangliste „an den Vergabekriterien der ZVS orientiert“ sein muss, ist dabei klargestellt, dass die Vollstreckungsschuldnerin nicht verpflichtet ist, das System der Vergabeverordnung ZVS unmittelbar und deckungsgleich zu übernehmen, insbesondere also auch nicht das dort normierte Verhältnis von Abiturbestenquote, Wartezeit und Hochschulauswahlverfahren. Vielmehr ist eine Rangliste auch dann an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, wenn sie nur einer der geltenden und für das zentrale Vergabeverfahren normierten Auswahlregelungen entspricht (vgl. dazu ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [32]). Eine exakte Nachzeichnung des ZVS-Vergabesystems mit dem dort geltenden Quotensystem ist daher im Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses nicht vorgeschrieben. […]
57 
Der Senat hält es indes im Hinblick auf die zu gewährende Chancengleichheit für vorzugswürdig, die im gerichtlichen Verfahren nachträglich aufgedeckten Restkapazitäten nach denselben Auswahlkriterien zu vergeben, die für die ordnungsgemäß festgesetzten Studienplätze gelten (vgl. zur diesbezüglichen Entscheidungskompetenz des Senats auch BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Nur so kann ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). […]
58 
Hierfür ist indes erforderlich, dass sich - wie vorliegend auch durch fast alle Bewerber geschehen - der jeweilige Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz in dem betreffenden Studiengang beworben hat (vgl. dazu auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -). Nur so können die zur Ranglistenerstellung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden. Diese Verfahrensweise liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil das von einem Studienplatzbewerber verfolgte Ziel der Vergabe eines Studienplatzes im Studiengang Medizin vorrangig eine ordnungsgemäße Verfahrensbewerbung erfordert.“
59 
Diese Erwägungen hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS aufgegriffen.
60 
c) Die Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im zentralen Auswahlverfahren ist auch in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Ungeachtet der beschriebenen Unterschiede sind sowohl das „innerkapazitäre“ als auch das „außerkapazitäre“ Verfahren der Studienplatzvergabe auf dasselbe Ziel gerichtet und in verfahrenstechnischer Hinsicht aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann
61 
Sowohl die Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren als auch das Begehren auf Zuweisung eines in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesenen Studienplatzes zielen auf das Begehren, in dem entsprechenden Semester einen Studienplatz des gewählten Studiengangs zu erhalten. In tatsächlicher Hinsicht ist das Anliegen daher identisch; denn ob der in Anspruch genommene Studienplatz in der Zulassungszahlenverordnung berücksichtigt war oder nicht, ist für denjenigen, der im Ergebnis eine Zulassung erreicht, nicht von Belang. Dementsprechend ist das angestrebte Ziel auch nur einmal erreichbar, denn § 60 Abs. 4 Satz 2 LHG lässt grundsätzlich nur die Zulassung an einer Hochschule zu. „Unabhängig“ voneinander sind die Verfahrenswege daher nicht.
62 
Überdies sind die beiden Verfahrenswege auch in rechtlicher Hinsicht aufeinander bezogen und in wechselseitigem Abhängigkeitsverhältnis verwoben. Dies folgt bereits daraus, dass Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität nur als Folge einer fehlerhaften Bestimmung der im „innerkapazitären“ Verfahren zu vergebenden Plätze entstehen und daher bereits von ihrem Wesen her nachrangig sind. Restkapazitäten sind ausschließlich denkbar, wenn die Aufnahmekapazität in der Zulassungszahlenverordnung unzutreffend berechnet worden ist; sie sind damit eine Form der Fehlerkorrektur. Die vom Antragsteller erstrebte Vergabe im Wege gerichtlicher Anordnung ist indes nicht die einzig denkbare Möglichkeit, eine vollständige Ausschöpfung der Ausbildungskapazitäten zu erreichen. Insoweit besteht auch kein Anspruch auf Beibehaltung gerade dieses – normativ nicht vorgegebenen – Systems. Dementsprechend ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass „außerkapazitäre“ Studienplätze nicht ausschließlich für diejenigen Bewerber „reserviert“ oder vorbehalten sind, die derartige Studienplätze im Wege eines gegen die Hochschule gerichteten Gerichtsverfahrens geltend gemacht haben. Eine derartige Kontingentierung findet im geltenden Recht keine Stütze. Vielmehr tritt die im Hochschulrahmengesetz, im Staatsvertrag, in den einschlägigen Landesgesetzen und Rechtsverordnungen vorgesehene Normierung für die Vergabe von Studienplätzen nur für den Fall zurück, dass ein vorhandener Studienplatz infolge unzureichender Kapazitätsermittlung nicht ins Vergabeverfahren einbezogen wird und daher ungenutzt bliebe (ebenso Brehm/Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 [1308]). Ein derartiger Fall muss im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der vollständigen Kapazitätsauslastung vermieden werden.
63 
Führen jedoch auch andere Wege zur Verhinderung des von Verfassungs wegen zu vermeidenden Zustandes einer Nichtausschöpfung vorhandener Ausbildungskapazitäten, sind hiergegen grundsätzliche Einwände nicht zu erheben. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebieten nicht, in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesene Studienplätze gerade oder ausschließlich im Wege der „Studienplatzklage“ zu vergeben. Vielmehr können entsprechende Restplätze auch durch Nachmeldung (vgl. Senatsbeschluss vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. -), Überbuchung (vgl. Senatsbeschluss vom 02.10.1995 – NC 9 S 19/95 –; Hess. VGH, Beschluss vom 18.01.2001 – 8 GM 3131/00.SO.T -, NVwZ-RR 2001, 448) oder andere Korrektursysteme (vgl. zur „Auffüllung“ etwa Senatsbeschluss vom 17.09.2008 – NC 9 S 1792/08 -) vergeben und eine Kapazitätsausschöpfung damit gewährleistet werden. Hierdurch werden subjektive Rechte etwaiger Studienplatzkläger jedenfalls dann nicht berührt, wenn sie nicht nachträglich und ohne sachlichen Grund um die Früchte des bereits beschrittenen Gerichtsverfahrens gebracht werden - was vorliegend nicht in Rede steht (vgl. zur Begrenzung der Rechtsschutzmöglichkeiten von Studienbewerbern auf eigene Rechtspositionen auch BVerfG, Beschluss vom 03.07.1980 - 1 BvR 967/78 u.a. -, BVerfGE 54, 173 [194]). Die Zulässigkeit anderer Vergabewege gilt aber erst recht, wenn diese Verfahren dichter an den normativen Vorgaben des „regulären“ Vergabeverfahrens liegen oder sogar – wie hier - vom zuständigen Normgeber angeordnet worden sind.
64 
Um eine entsprechende Vergabe ermöglichen zu können, ist der Normgeber auch befugt, die Obliegenheit eines „regulären“ Zulassungsantrags im zentralen Vergabeverfahren zu statuieren. Denn die Rechtsordnung verbietet es nicht, die Durchsetzung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 GG mit zumutbaren formellen Anforderungen zu verbinden (so bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406). Diese Einschätzung steht nicht in Widerspruch zu dem Umstand, dass der Senat die vorangegangene ZVS-Bewerbung bislang nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Kapazitätsklage angesehen hat. Denn Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Forderung durch das Gericht wäre die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses. Dies aber ist jedenfalls dann nicht ganz frei von Zweifeln, wenn ein etwaiger Bewerber angesichts seiner Abiturnote und fehlender Wartezeiten keine realistische Chance auf Zulassung im zentralen Bewerbungsverfahren besitzt (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 08.08.2006 - 7 CE 06.10020 u.a. -, NVwZ-RR 2007, 175). Denn dann könnte nicht ohne weiteres von einem einfacheren und schnelleren Weg gesprochen werden, der die Inanspruchnahme der Gerichte als überflüssig erscheinen lässt. Ob anderes im Hinblick auf die Möglichkeit der Bewerbung für das Hochschulauswahlverfahren gilt, bei dem – jedenfalls im Falle geschickter Ortswahl – eine Zulassungschance wohl nie mit Sicherheit verneint werden kann (vgl. dazu Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -), muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn durch die vom Verordnungsgeber in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierte Vergabevoraussetzung steht nicht der Fall eines von der Judikative angenommenen Fehlens des Rechtsschutzinteresses im Streit – das grundsätzlich nicht restriktiv gehandhabt werden darf (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 20.02.2003 - 8 MM 3953/02.W2 -, NVwZ-RR 2003, 756) –, sondern die Anordnung durch die Legislative im Wege der Rechtsverordnung. Insoweit sind die Maßstäbe nicht identisch, es besteht vielmehr grundsätzlich ein legislativer Gestaltungsraum des zuständigen Normgebers.
65 
Die dargestellte Verfahrensabhängigkeit der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom zentralen Vergabeverfahren ist aber ein hinreichend sachlicher Grund und rechtfertigt die vorliegend eingeführte Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren jedenfalls dann, wenn dies für eine an den Kriterien des zentralen Verfahrens orientierte Vergabe der Restplätze erforderlich ist (vgl. dazu auch Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 351). Anders als im Falle der Losvergabe ist hier ein unmittelbarer Verfahrenskonnex gegeben, weil die nachträgliche Einordnung etwaiger Bewerber in eine nach ZVS-Kriterien zu erstellende Rangliste ohne entsprechende Bewerbung unmöglich oder jedenfalls erheblich erschwert würde. Das Erfordernis einer „regulären“ Bewerbung muss auch als zumutbar bewertet werden, weil mit der Obliegenheit nur eine geringfügige Beeinträchtigung für den Bewerber verbunden ist. Selbst wenn seine Auswahlchancen im zentralen Vergabeverfahren möglicherweise gering sein mögen und die Bewerbung daher letztlich nur der Offenhaltung einer „außerkapazitären“ Vergabe dienen sollte, liegt darin keine unerträgliche oder unangemessene Belastung.
66 
3. Der Verordnungsgeber durfte die Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes auch an die Voraussetzung einer vorherigen Bewerbung gerade an der betreffenden Hochschule knüpfen. Die Regelung entspricht der Struktur der Bestimmungen zur Vergabe zusätzlicher Plätze (a) sowie der Bedeutung der Ortswahlentscheidung im Verfahren der Studienplatzvergabe (b) und führt auch nicht zu unverhältnismäßigen Beschränkungen des Zulassungsrechts studierwilliger Bewerber (c).
67 
a) Systematisch betrachtet handelt es sich bei der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität um eine Sonderform des Nachrückverfahrens. Denn die im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Restkapazitäten hätten, wenn ihr Vorhandensein früher bemerkt worden wäre, nachgemeldet und so im Nachrückverfahren berücksichtigt werden können (vgl. § 5 Abs. 3 KapVO VII, § 10 Abs. 10 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS; zum Vorrang der Vergabe nach dem System der Vergabeverordnung ZVS auch Senatsbeschlüsse vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 - und vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. - sowie Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Um die Systemgerechtigkeit zu wahren und die durch die fehlerhafte Kapazitätsfestsetzung entstehenden Folgen und Verzerrungen möglichst gering zu halten, liegt es daher nahe, die Vergabe dieser in einem besonderen „Nachrückverfahren“ zu vergebenden Plätze möglichst in gleicher Weise zu handhaben wie die Vergabe „regulärer“ Nachrückplätze. Genau dies aber hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS getan.
68 
Nach Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 und dem folgend § 9 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS werden nicht in Anspruch genommene Studienplätze, die von der ZVS nach dem Grad der Qualifikation und der Wartezeit zuzuweisen gewesen wären, von den Hochschulen nach dem Ergebnis ihres Auswahlverfahrens vergeben. Ein Nachrückverfahren für das zentral durch die ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der Abiturbesten- und der Wartezeitquote findet folglich nicht statt, diese Plätze werden vielmehr dem Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen. Das Nachrückverfahren berücksichtigt somit das Quotensystem von 20 : 20 : 60 nicht, sondern bringt ausschließlich das Vergabesystem der jeweiligen Hochschule zur Anwendung. Im Auswahlverfahren der Hochschulen aber sind gemäß § 10 Abs. 9 Vergabeverordnung ZVS „Ranglisten“ zu erstellen, auf die § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS ersichtlich Bezug genommen hat. Unbeschadet des insoweit unklaren Vortrags des Antragsgegners im vorliegenden Gerichtsverfahren lässt der objektive Regelungsgehalt der Norm daher den Schluss zu, dass mit den in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten diejenigen des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint und benannt sind. Dieses Ergebnis wird durch den systematischen Bezug der in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten auf die in Satz 2 angeordnete Bewerbung für den betreffenden Studienort bestätigt. Denn das Erfordernis einer Bewerbung gerade am jeweiligen Studienort besteht nur für eine Vergabe auf Grundlage der Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens. Das Gesamtregelungssystem macht daher hinreichend deutlich, dass mit der Bewerbung für den betreffenden Studienort diejenige für das Auswahlverfahren der Hochschulen in Bezug genommen ist und mit den entsprechenden Ranglisten somit die Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens angesprochen sind. Nur die im Hochschulauswahlverfahren gewählten Studienorte werden im Übrigen auch im ZVS-Ablehnungsbescheid ausgewiesen. Die Ortsangaben in der Abiturbestenquote und nach Wartezeit können dagegen den Bescheiden nicht entnommen werden, so dass die Bezugnahme auf die für das Hochschulauswahlverfahren benannten Studienorte auch schon aus Praktikabilitätsgründen nahe liegt. Dies gilt um so mehr, als die Ranglisten des Hochschulauswahlverfahrens ohnehin im zentralen Vergabeverfahren erstellt werden müssen und die Bezugnahme hierauf damit eine zeitnahe Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze erleichtert. Die in § 24 Satz 3 letzter Satzteil Vergabeverordnung ZVS angelegte Alternativvariante ist damit indes ohne Anwendungsfall, denn entsprechende Ranglisten hat die Hochschule stets zu erstellen. Im Ergebnis werden damit „außerkapazitäre“ Studienplätze nach denselben Kriterien vergeben wie Nachrückplätze.
69 
Für eine Berücksichtigung im Rahmen des Nachrückverfahrens ist aber - sogar im Falle der nachrangigen Vergabe durch Los nach § 10 Abs. 12 Vergabeverordnung ZVS (deren Vereinbarkeit mit Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags nicht frei von Zweifeln ist) - Voraussetzung, dass eine Zulassung bei der jeweiligen Hochschule beantragt worden ist. Das Nachrückverfahren, das in seiner Ausgestaltung dem Auswahlverfahren der Hochschule zugeordnet ist, findet daher stets nur unter denjenigen Bewerberinnen und Bewerbern statt, die sich zuvor bei der entsprechenden Hochschule um einen Studienplatz in dem jeweiligen Studiengang beworben haben. Die mit dem Zulassungsantrag getroffene Ortswahlentscheidung behält damit auch für das weitere (Nachrück-)Verfahren Geltung.
70 
b) Die Verknüpfung des Nachrückverfahrens mit der gewählten Hochschule entspricht auch der besonderen Bedeutung, die der Ortswahl im Verfahren der Studienplatzvergabe generell zukommt. Der besondere Stellenwert, den der Gesetzgeber der Ortswahlentscheidung zugemessen hat, wird zunächst bereits daran deutlich, dass die Bindung an die Ortspräferenz selbst für einen unter die „Abiturbestenquote“ fallenden Bewerber zum Verlust des Studienplatzes führen kann. Denn der Verteilungswettbewerb findet gemäß § 20 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS nur zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern statt, die den betreffenden Studienort an gleicher Stelle genannt haben. Wenn sich also für eine besonders beliebte Hochschule unter den Abiturbesten mehr Bewerber in gleicher Ortspräferenz gemeldet haben, als die ZVS dort unterbringen kann, werden die nachrangigen Antragsteller an diesem Studienort nicht zugelassen. Für den an nächster Stelle benannten Studienort kommen sie indes (unabhängig von ihrem Rangplatz) erst zum Zuge, wenn die Bewerber mit besserer Ortspräferenz vollständig ausgeschöpft worden sind, so dass die Zulassungschance mit nachrangiger Ortspräferenz deutlich fällt. Durch die Beschränkung auf maximal sechs Ortswünsche indes kann es so dazu kommen, dass ein im Rahmen der Abiturbestenquote ausgewählter Bewerber keiner von ihm benannten Hochschule zugeteilt werden kann und damit in der Bestenquote doch keine Zulassung erhält (vgl. dazu auch ZVS-info, S. 10). Eine Ausdehnung auf andere Studienorte oder ein Nachrückverfahren findet insoweit nicht statt, die übrig gebliebenen Plätze werden vielmehr der Quote für das Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen.
71 
Gleiches gilt für das Auswahlverfahren der Hochschulen, in dem der jeweiligen Ortswahl noch größere Bedeutung für die Zulassungsentscheidung zukommt. Denn die Hochschule darf die Zahl der Teilnehmenden am Auswahlverfahren „nach dem Grad der Ortspräferenz“ begrenzen (vgl. § 32 Abs. 3 HRG, Art. 13 Abs. 1 des Staatsvertrages sowie § 10 Abs. 5 Vergabeverordnung ZVS), was im Ergebnis zu einer gravierenden Verengung der grundsätzlich vorgesehenen sechs Ortswünsche führen kann. In Baden-Württemberg etwa haben für den Studiengang Humanmedizin mit Ausnahme der Universität Ulm alle Hochschulen das Vorauswahlkriterium der ersten (so die Maßgabe der Universität Tübingen) oder jedenfalls zweiten Ortspräferenz (so die Voraussetzung für eine Teilnahme an den Studienorten Freiburg, Heidelberg und Mannheim) aufgestellt, sodass im Ergebnis allenfalls drei der fünf möglichen Studienorte des Landes „angewählt“ werden können. Der Ortswahl wird daher im Vergabeverfahren eine dominierende Rolle eingeräumt, die durchaus zum Verlust einer grundsätzlich bestehenden Zulassungschance führen kann.
72 
Diese Entscheidung hat der Hochschulgesetzgeber auch bewusst getroffen. Denn das insoweit maßgebliche Siebte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes verfolgte gerade den Zweck, die „Profilbildung“ der Hochschulen durch eine Ausdehnung des eigenen Auswahlrechts zu stärken (vgl. BT-Drs. 15/1498 S. 7; vgl. zur Stärkung der hochschulpolitischen Eigenständigkeit durch Freistellung von den Bindungen des ZVS-Beispielstudienplans auch Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -, ESVGH 59, 12). Durch die eigene Mitwirkung sollte es den Hochschulen ermöglicht werden, die Qualifikationsprofile von Studienbewerbern besser mit den Anforderungen ihres Studienganges abzustimmen und sich auf Bewerber mit einer besonderen Identifikation für die Hochschule konzentrieren zu können (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 7 und 10; dazu auch bereits Bode/Weber, Hochschulzulassung, in: Flämig (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 673 [709]). Die damit verbundenen Einschränkungen für die Studienplatzbewerber sind dabei durchaus gesehen und diskutiert, im Hinblick auf die Entlastung der Hochschulen aber als erforderlich und zulässig bewertet worden (vgl. dazu auch LT-Drs. 14/5 S. 18 f.).
73 
Die Betonung der Ortswahlentscheidung entspricht schließlich auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Denn Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert nicht nur die freie Wahl des Berufes, sondern erwähnt ausdrücklich auch die „Ausbildungsstätte“. Insoweit wurde bei den Beratungen im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates betont, es müsse unter allen Umständen die Freiheit gesichert werden, zwischen den verschiedenen Universitäten wählen und bei besonders hervorragenden Lehrern hören zu können (vgl. StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19.01.1949, S. 575 ff.; vgl. zur aktuellen Bedeutung im Hinblick auf die Herausbildung von „Eliteuniversitäten“ auch Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschluss vom 16.09.2008 - 81/08 u.a. -). Das Recht zur freien Wahl der Hochschule korrespondiert daher mit dem durch Wissenschaftspluralismus charakterisierten Lernangebot in einer für verschiedene Auffassungen und Schulrichtungen offenen freiheitlichen Gesellschaft. Auch das Bundesverfassungsgericht hat deshalb klargestellt, dass Auswahl und Verteilung der Studienbewerber „unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen“ muss (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [338]). Diesem Ansatz entspricht es aber durchaus, die jeweilige Ortswahlentscheidung des Studienbewerbers ernst zu nehmen und ihr auch im Rahmen des Vergabeverfahrens maßgebliche Bedeutung zukommen zu lassen. Die Orientierung an der getroffenen Wahl hat als Kehrseite aber auch deren Verbindlichkeit zur Folge. Nicht gewählte Studienorte unterfallen insoweit nicht demselben Schutz.
74 
c) Warum eine dem „regulären“ Zulassungsverfahren entsprechende Regelung für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze unzulässig sein und ein etwaiger Antragsteller Anspruch auf Beteiligung am Vergabeverfahren jeder beliebigen Hochschule haben sollte, ist nicht ersichtlich. Für das vom Antragsteller behauptete Recht (und damit auch das Substrat der behaupteten Verletzung in Art. 19 Abs. 4 GG), alle Hochschulen verklagen zu können, ist eine Grundlage nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint es sachgerecht und entspricht dem Anliegen stimmiger Systembildung, die von Staatsvertrag und Gesetzgeber (vgl. Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007, GBl. S. 505) vorgesehene Beschränkung der Ortswahl auch in diesem Verfahrensstadium aufrecht zu erhalten. Der Senat hat insoweit auch bereits bekräftigt, dass das Teilhaberecht in Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht weiter reichen kann als im ordentlichen Vergabeverfahren (vgl. Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
75 
Nur so kann im Übrigen ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). An diesem Befund vermag ein etwaiges „Unbehagen“ an den bestehenden Auswahlkriterien – und dabei insbesondere der Bezugnahme auf die Abiturdurchschnittsnote – nichts zu ändern. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil sich derartige Angriffe primär gegen das normativ angeordnete und auch zahlenmäßig viel bedeutsamere „reguläre“ Auswahlverfahren richten müssten. Hinsichtlich der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze gehen die Rügen daher am Kern der Sache vorbei. Überdies soll aber gerade das so gestärkte Auswahlverfahren der Hochschulen gewährleisten, dass die Vergabe der Studienplätze nicht alleine nach Maßgabe der Abiturdurchschnittsnote erfolgt und damit auch Studienbewerbern mit schlechteren Schulnoten die Chance verbleibt, den gewünschten Beruf zu ergreifen (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [350]). Mit einer Umstellung der Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze wird daher der Fokus auf das rechtlich relevante Problem der Zulassungskriterien im Hochschulauswahlverfahren gerückt. Darüber hinaus ermöglicht die Abkehr vom Losverfahren auch „gerechtere“ Kostenentscheidungen und trägt dazu bei, prozessuale Schwierigkeiten hinsichtlich der zutreffenden und sachdienlichen Antragstellung zu vermeiden (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -).
76 
Überdies ist im Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes wiederholt betont worden, dass es dringend vermieden werden müsse, den Hochschulen im eigenen Auswahlverfahren abgelehnte Bewerber durch andere Zulassungswege doch noch zuzuweisen (vgl. etwa BT-Drs. 15/3475 S. 7 f.). Auch dieses Anliegen würde mit einer Abkoppelung der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom Hochschulauswahlverfahren konterkariert. Der durch die Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS hergestellte Gleichlauf bei der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze und deren Einbeziehung ins Auswahlverfahren der Hochschulen dagegen trägt der vom Gesetzgeber gewollten Eigenständigkeit und Profilbildung der Hochschulen Rechnung und respektiert die vom jeweiligen Bewerber getroffene Ortswahlentscheidung.
77 
Soweit der Antragsteller schließlich die Auffassung vertreten hat, es verletze den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein „außerkapazitärer“ Studienplatz an einen hinsichtlich Abiturnote oder Wartezeit nachrangigen Bewerber vergeben würde, weil sich der Antragsteller mangels Benennung des Studienortes bereits nicht um die Vergabe habe bewerben können, wird übersehen, dass eine hinreichend vergleichbare Gruppe nur im Hinblick auf denjenigen Personenkreis angenommen werden kann, der sich im Bewerbungsverfahren befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat zu diesem Einwand ausdrücklich klargestellt, dass „nichtklagende Bewerber mit besseren Rangstellen am Prozess gar nicht beteiligt sind“ (BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [273]).
78 
Durchgreifende Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Regelung bestehen ebenfalls nicht. Richtig ist indes, dass die vorgesehene Eingrenzung der Bewerbungsmöglichkeit für „außerkapazitäre“ Plätze auf die bereits im Rahmen der ZVS-Bewerbung angegebenen Studienorte eine beschränkende Wirkung entfaltet. Diese folgt zwar nicht unmittelbar aus § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS, denn diese Vorschrift selbst begrenzt die Zahl der möglichen Studienorte nicht. Sie ergibt sich aber aus den eingeschränkten Ortswahlmöglichkeiten des in Bezug genommenen zentralen Vergabeverfahrens. Im Zusammenspiel könnten diese Vorschriften im Endeffekt, wenn sie auch in anderen Bundesländern eingeführt würden, die Möglichkeit der Bewerbung um einen bei der Festsetzung der Zulassungszahlen nicht berücksichtigten Studienplatz auf wenige Hochschulen begrenzen. Die bislang vielfach praktizierte Verfahrensweise des „Rundumschlages“ gegen alle oder jedenfalls zahlreiche Hochschulen wäre damit vereitelt. Damit wird indes kein anderes Ergebnis erreicht als das vom Gesetzgeber im zentralen Vergabeverfahren gewollte und vorgeschriebene System, das angesichts der Tatsache, dass eine Bewerbung bei mindestens sechs Hochschulen verbleibt, nicht unangemessen erscheint. Insoweit ist im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Zulassungschance durch die Wahl eines weniger nachgefragten Standortes verbessert werden kann (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 8) und die Prognoseentscheidung, wo sich Bewerber hinreichende Aussicht auf Erfolg beimessen, mit einer Begrenzung auf sechs Studienorte nicht zu sehr erschwert wird (S. 9).
79 
Eine abweichende Regelung für die außerhalb der festgesetzten Kapazität zu vergebenen Studienplätze ist von Rechts wegen nicht geboten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsgemäßen Rechts auch seine Durchsetzbarkeit gehört. Insoweit ist auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]). Da die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze aber nur erfolgen kann, wenn ihr Vorhandensein in einem Rechtsstreit aufgedeckt und festgestellt wird, darf die Ausgestaltung des Verfahrens nicht dazu führen, dass die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Kapazitätsfeststellungen überhaupt unterbleibt. Dies könnte zu befürchten sein, wenn sich durch restriktive Ortspräferenzregelungen keine oder jedenfalls nicht ausreichend viele Kläger für entsprechende Verfahren finden würden.
80 
Hiervon kann indes nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht ausgegangen werden; jedenfalls sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die ihm insoweit zustehende Prognoseprärogative überschritten hätte. Vielmehr steht angesichts des bestehenden Bewerberüberhangs an allen medizinischen Fakultäten des Landes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass auch künftig eine hinreichende Zahl von Interessenten bei der Studienplatzvergabe durch die Hochschulen nicht berücksichtigt werden kann, und damit potentielle Kläger zur Ausschöpfung etwaiger Restkapazitäten vorhanden sein werden. Ob diese nachfolgend tatsächlich auch den Rechtsweg beschreiten und eine Kapazitätskontrolle durch die Gerichte herbeiführen, ist dagegen auch im gegenwärtigen - vom Antragsteller nicht beanstandeten - Verfahren nicht gesichert. Vielmehr hat etwa für die Berechnungen der Universität Tübingen seit vielen Jahren eine entsprechende Überprüfung nicht mehr stattgefunden, weil etwaige Gerichtsverfahren durch Vergleich beendet worden sind.
81 
Im Übrigen trifft den Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Vergabe von Studienplätzen unter den Bedingungen einer absoluten Zulassungsschranke ohnehin eine verfassungsrechtlich bedingte Beobachtungspflicht, so dass bei etwaigen Entwicklungen, die zu einem Brachliegen vorhandener Restkapazitäten führen würden, angemessen zu reagieren und die Verfahrensgestaltung zu überdenken wäre.
82 
4. Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen den aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Vertrauensschutz. Die hiervon betroffenen Antragsteller konnten sich auf die mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS verbundenen Änderungen nicht mehr einrichten und durften auf den Fortbestand der bestehenden Regelungen für das Wintersemester 2009/2010 vertrauen.
83 
a) Hinsichtlich der sog. Altabiturienten, die ihre Hochschulzugangsberechtigung schon zuvor erworben haben und sich daher bereits zu einem früheren Semester um einen Studienplatz hätten bewerben können, handelt es sich bei der in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffenen Regelung bereits um eine Anordnung mit echter Rückwirkung. Denn mit der in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordneten Verpflichtung, sich für eine Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz zuvor im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz an dem betreffenden Studienort beworben zu haben, ist hinsichtlich des Wintersemesters 2009/2010 eine Änderung statuiert, deren neue Rechtsfolgen in der Vergangenheit beginnen. Die Bewerbungsfrist für den Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren lief für Altabiturienten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 Vergabeverordnung ZVS am 31.05.2009 ab. Im Zeitpunkt der Verkündung der Neubestimmung vom 08.07.2009 war das Bewerbungsverfahren daher bereits beendet, so dass die mit der Novelle neu begründeten Voraussetzungen nachträglich einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt betreffen. Änderungen des Zulassungsantrages sind nach Ablauf der Bewerbungsfrist nicht mehr möglich (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 5 Vergabeverordnung ZVS).
84 
Anders als im Falle der „Rückanknüpfung“ entfalten die neuen Regelungen ihre Wirkung somit nicht erst in der Gegenwart. Vielmehr bewirkt die veränderte Bedingung für einen ordnungsgemäßen Antrag auf Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes, dass an die Stelle der für einen vergangenen Zeitraum geltenden rechtlichen Ordnung nachträglich eine andere tritt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvR 2/60 -, BVerfGE 13, 279 [282]). Um den in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierten Obliegenheiten bereits für das Wintersemester 2009/2010 Genüge zu tun, hätte ein entsprechender Antragsteller sein Verhalten bereits in einem vor Inkrafttreten der Verordnung liegenden Zeitraum ändern müssen.
85 
Derartig echte Rückwirkungen sind angesichts des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes indes grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [181]). Ausreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Ausnahmekonstellation sind nicht ersichtlich. Das Vertrauen etwaiger Antragsteller in den Fortbestand der Bewerbungsmodalitäten war vielmehr schutzwürdig und musste auch nicht im Hinblick auf unabweisbare Gemeinwohlinteressen zurückweichen. Dies gilt auch in Anbetracht der vom erkennenden Senat seit dem Beschluss vom 13.06.2008 (- NC 9 S 241/08 -) gegebenen Hinweise auf die Vorzugswürdigkeit einer Vergabe an Hand der ZVS-Kriterien. Denn aus diesen Anregungen konnte allenfalls auf die mögliche Obliegenheit einer ZVS-Bewerbung an sich geschlossen werden, die der Antragsteller auch vorgenommen hat. Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität auf die im ZVS-Zulassungsantrag benannten Studienorte dagegen waren der Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
86 
Auch der Antragsgegner selbst hat die Problematik im Rahmen des Normgebungsverfahrens im Übrigen erkannt. In den hierzu gefertigten Aktenvermerken wird die Geltung für das Wintersemester 2009/2010 im Hinblick auf die bereits vorher ablaufende Bewerbungsfrist für Altabiturienten zutreffend als „besonders kritisch“ eingestuft und darauf hingewiesen, dass „die Vorschrift für das Wintersemester 2009/2010 beanstandet werden könnte“ (Aktenvermerk vom 23.06.2009, Bl. 119 ff. der Behördenakte). Sachliche Gründe für die gleichwohl aufgenommene Bestimmung finden sich indes auch in den Behördenakten nicht. Danach wird vielmehr deutlich, dass mit der Regelung nur eine befürchtete Kostenlast der Hochschulen wegen der vom erkennenden Senat geänderten Kostenrechtsprechung im Falle der Vergabe von Studienplätzen durch Losentscheid (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -) vermieden werden sollte. Dieses Anliegen ist zwar legitim, rechtfertigt indes nicht den beschrittenen Weg. Um Kostenbeteiligungen im Kapazitätsprozess zu vermeiden, wäre es vielmehr sachgerecht, eine zutreffende Berechnung der Ausbildungskapazitäten sicherzustellen.
87 
b) Auch die anderen Bewerber, deren Bewerbungsfrist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 Vergabeverordnung ZVS am 15.07.2009 – und damit nach dem Inkrafttreten der Novelle – ablief, wurden indes nicht in hinreichender Weise in die Lage versetzt, ihr Verhalten an den Neuregelungen zu orientieren.
88 
Allerdings kommt der Bestimmung für den Kreis der „Neuabiturienten“ keine Rückwirkung im „echten“ Sinne zu. Denn die am 08.07.2009 im Gesetzblatt verkündete und damit gemäß Art. 2 Satz 1 der Änderungsverordnung am 09.07.2009 in Kraft getretene Regelung wirkt auch hinsichtlich des Vergabeverfahrens zum Wintersemester 2009/2010 nicht „zurück“. Vielmehr endete die Bewerbungsfrist für einen Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren insoweit am 15.07.2009 und damit zeitlich nach dem Inkrafttreten der Änderungsbestimmungen.
89 
Allein diese Einordnung hat indes nicht die Zulässigkeit des in Art. 2 Satz 2 geregelten Inkrafttretens der Novelle zur Folge. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist vielmehr auch für diejenigen Fallkonstellationen von Bedeutung, bei denen die geänderte Rechtsfolge zwar erst in der Zukunft eintritt und daher nicht im eigentlichen Sinne „zurück“ wirkt, gleichwohl aber an der Vergangenheit anknüpft, weil eine bestehende Rechtslage abgeändert wird. Vertrauensschutz in diesen Fällen sog. „unechter“ Rückwirkung ist daher auf die in einem Rechtsstaat grundsätzlich schutzwürdige Erwartung gerichtet, dass die bestehende Rechtsordnung auch in Zukunft Beachtung finden wird (vgl. dazu Maurer, Kontinuitätsgewähr und Vertrauensschutz, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 79 Rn. 12). Die Stoßrichtung dieser Kontinuitätsgewähr ist folglich nicht gegen den materiellen Gehalt einer Änderung gerichtet, sondern bezieht sich auf den Zeitpunkt der Verbindlichkeit einer Kursänderung. Abrupte Änderungen, die dem Rechtsunterworfenen nicht die Möglichkeit einer angemessenen Reaktion belassen, sind daher zu vermeiden, um das Vertrauen in die Beständigkeit und Verbindlichkeit des Rechts sowie die Dispositionsfähigkeit der Rechtsunterworfenen nicht unnötig zu beeinträchtigen. Die Zulässigkeit derartig „unechter“ Rückwirkungen wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deshalb an dem betroffenen Grundrecht und dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange gemessen (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [182]).
90 
Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffene Anordnung der Gültigkeit bereits für das Vergabeverfahren 2009/2010 keinen Bestand haben. Dies ergibt sich zunächst bereits in Ansehung der grundrechtlichen Schutzdimension. Denn die vom Verordnungsgeber getroffene Entscheidung hat zur Folge, dass alle Antragsteller, die von der Rechtsänderung nicht innerhalb der verbliebenen Frist von einer Woche Kenntnis erlangt und zutreffend reagiert haben, von der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze im Anwendungsbereich der Vergabeverordnung ZVS des Landes ausgeschlossen sind. Der grundrechtlich verbürgte und vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die absolute Zulassungsschranke einer Numerus-Clausus-Regelung strikt betonte Teilhabeanspruch an der Vergabe vorhandener Studienplätze wird damit für einen Großteil potentieller Bewerber vereitelt. Die Vorwirkung der Grundrechte auf das Verfahren gebietet im Hinblick auf eine effektive Rechtsgewährleistung jedoch, auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]).
91 
Diesem „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 [65]) wird die Regelung zum Inkrafttreten nicht gerecht. Anhaltspunkte dafür, dass das Vertrauen in den Fortbestand der in § 24 Satz 1 Vergabeverordnung ZVS getroffenen Regelung für die Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz nicht schutzwürdig gewesen sein könnte, liegen nicht vor. Dies gilt in besonderer Weise, weil die vom Antragsgegner beabsichtigte Änderung des Bewerbungsverfahrens in keiner Weise kommuniziert worden ist und daher auch für Interessierte selbst bei Durchsicht der Presse- und Internetmitteilungen nicht erkennbar war. Hinsichtlich des Zeitpunktes hatte der erkennende Senat im Beschluss vom 29.06.2009 (- NC 9 S 1462/09 -) vielmehr noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von der Statuierung der Obliegenheit einer vorangegangen ZVS-Bewerbung „schon im Hinblick darauf, dass die entsprechenden Fristen bereits abgelaufen sind, vorläufig bewusst abgesehen“ worden war. Klargestellt hat der Senat in dieser Entscheidung im Übrigen auch bereits, dass es nicht zu rechtfertigen wäre, „Antragsteller, die sich nicht bei der ZVS beworben haben, ohne vorherigen Hinweis von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen“.
92 
Die vom Antragsgegner insoweit ins Feld geführte Benachrichtigung der mit Kapazitätsklagen befassten Rechtsanwälte stellt schon deshalb keine hinreichende Kompensationsmaßnahme dar, weil ein Großteil der Antragsteller jedenfalls zunächst auf die Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe verzichtet. Die aufgeworfene Frage, ob die erstellte Rechtsanwaltsliste vollständig ist und ob der Bevollmächtigte des Antragstellers hierauf noch im laufenden Bewerbungsverfahren hätte reagieren müssen, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Hieran dürften indes bereits deshalb Zweifel bestehen, weil in dem Informationsschreiben vom 08.07.2009 nur die materiellen Änderungen des § 24 Vergabeverordnung ZVS zitiert worden sind, auf einen Hinweis, dass die Neuregelung bereits auf das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 Anwendung finden soll, jedoch verzichtet worden ist.
III.
93 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
94 
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht. Die Rechtssache weist zwar grundsätzliche Bedeutung auf, diese bezieht sich indes auf Fragen des Landesrechts und ist damit der Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.
95 
Beschluss vom 29. Oktober 2009
96 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
97 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
20 
Die Normenkontrollanträge des Antragstellers sind zulässig (I.), aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet (II.). Die angegriffene Neufassung zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität in § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 ist mit höherrangigem Recht vereinbar und verstößt nicht gegen die geltend gemachten Rechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 oder Art. 3 Abs. 1 GG. Die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung angeordnete Geltung für das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 dagegen verstößt gegen den durch das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Vertrauensschutz.
I.
21 
Die vom Antragsteller erhobenen Anträge sind zulässig.
22 
Die Normenkontrolle betrifft die Gültigkeit des § 24 Satz 2 und 3 Vergabeverordnung ZVS in der Fassung vom 29.06.2009 und damit im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, deren Vollzug zu verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten führt. Der Antrag ist damit gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch innerhalb der in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Jahresfrist gestellt. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift in seinem Recht auf Berufs- und Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu werden, denn die angegriffene Verordnung regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Studienplatz erworben werden kann.
23 
Dem Antragsteller kommt auch ein rechtlich schützenswertes Interesse an der begehrten Normenkontrollentscheidung zu. Soweit der Antragsgegner vorgetragen hat, § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS beinhalte keine Neuregelung, so dass der Antragsteller auch aus einer etwaigen Nichtigkeitsfeststellung keinen Vorteil ziehen könne, trifft dies nicht zu. Denn nach bisheriger Rechtslage waren die Hochschulen nicht daran gehindert, im Falle der gerichtlichen Verpflichtung zur Vergabe weiterer Studienplätze auf das Losverfahren als Auswahlkriterium zurückzugreifen. Vielmehr hat auch der erkennende Senat im Beschluss vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) die betroffene Hochschule nur verpflichtet, „eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. Dementsprechend ist die nachfolgende Vergabe auf Grundlage eines auf Grundlage der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt worden (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -). Unter Geltung des § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS kommt den Hochschulen ein entsprechender Spielraum jedenfalls dann nicht mehr zu, wenn sie entsprechende Ranglisten erstellt haben. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, der die Vergabe im Wege des Losverfahrens erstrebt, seine Rechtsstellung mit der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit verbessert.
II.
24 
Die Normenkontrollanträge sind aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet.
25 
Das beklagte Land durfte die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens für die in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze durch eine Änderung der Vergabeverordnung ZVS regeln (1.) und dabei das Erfordernis einer vorherigen Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren statuieren (2.); dies gilt auch im Hinblick auf die in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordnete Beschränkung der „außerkapazitären“ Platzzuweisung auf diejenigen Studienorte, bei denen eine Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren stattgefunden hat (3.). Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen das Rückwirkungsverbot und ist unwirksam (4.).
26 
1. Die mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen in Art. 1 Nr. 4b der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 sind einer normativen Regelung zugänglich (a). Sie unterfallen der Verbandskompetenz des Landes (b), konnten in Gestalt einer Rechtsverordnung geregelt werden (c) und sind in der Vergabeverordnung ZVS auch nicht an falscher Stelle verortet (d).
27 
a) Die Tatsache, dass Bestimmungen über die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität einen Fall betreffen, der bei ordnungsgemäßem Verfahrensablauf nicht eintreten darf, steht einer normativen Regelung nicht entgegen (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406).
28 
Es ist für eine Rechtsvorschrift vielmehr nicht ungewöhnlich, Vorkehrungen und Vorgaben für die „Reparatur“ fehlerhafter Entscheidungen vorzusehen, wie in den Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte in § 48 LVwVfG exemplarisch deutlich wird. Hierfür besteht auch ein Bedürfnis, denn gerade im Falle vorangegangener Fehler erscheint es nicht angezeigt, die Entscheidung über das ob und wie der Korrektur sowie das zugehörige Verfahren der situativen Einzelfallbewältigung der Behörden zu überlassen. Mit normativen Vorgaben zur Bewältigung von Fehlerfolgen übernimmt die Legislative vielmehr die ihr zustehende Aufgabe, Verfahren und Kriterien eines Verwaltungsverfahrens in geordnete und vorgegebene Bahnen zu lenken.
29 
Jedenfalls im Falle grundrechtsrelevanter Tätigkeitsfelder - wie hier der Vergabe von Studienplätzen und der damit verbundenen Zuteilung von „Lebenschancen“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [332]) - erscheinen normative Vorgaben zur Verfahrensweise im Fehlerfalle dringend geboten. Dabei kann es im Hinblick auf die grundrechtliche Schutzwirkung nicht von Belang sein, ob die Studienplätze ordnungsgemäß in der Zulassungszahlenverordnung erfasst worden sind oder nicht. Die fehlerhafte Berechnung der Aufnahmekapazität nimmt den gleichwohl bestehenden Restplätzen nicht deren grundrechtliche Relevanz. Vielmehr besteht auch hinsichtlich dieser Studienplätze eine rechtlich geschützte Zuweisungschance (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [272]; Beschluss vom 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, BVerfGK 3, 135), so dass es auch im Hinblick auf diese Restkapazitäten bei der grundsätzlich dem Gesetzgeber obliegenden Pflicht verbleibt, für die Erfüllung des verfassungsmäßigen Zulassungsrechts der hochschulreifen Bewerber zu sorgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u.a. -, BVerfGE 66, 155 [178]). Es liegt daher sogar nahe, den für die Festsetzung der Zulassungszahl und die Vergabekriterien unstreitig geltenden Gesetzesvorbehalt jedenfalls insoweit auch auf „außerkapazitäre“ Studienplätze zu erstrecken, als nicht nur Verfahrensfragen (vgl. zur Erstreckung auf die Bestimmung des Klagegegners BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 -, BVerfGE 39, 276 [295]), sondern inhaltliche Vorgaben in Rede stehen. Jedenfalls bestehen keine Bedenken dagegen, dass diese Fragen von der Legislative mit normativen Regelungen bestimmt und konturiert werden.
30 
b) Die angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze unterfallen auch der Regelungskompetenz des Landes.
31 
Allerdings hat der Antragsteller zutreffend darauf verwiesen, dass dem Landesverordnungsgeber keine Kompetenz zukommt, prozessrechtliche Fragen zu regeln. Denn mit Erlass der Verwaltungsgerichtsordnung hat der Bundesgesetzgeber das verwaltungsgerichtliche Verfahren grundsätzlich erschöpfend geregelt (vgl. dazu bereits BVerfG, Beschluss vom 11.10.1966 - 2 BvL 15/64 -, BVerfGE 20, 238 [248]), so dass für entsprechende Vorgaben, auch in Gestalt von Sachurteilsvoraussetzungen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15.07.1980 - I C 54/75 -, DVBl 1980, 960), kein Gestaltungsraum der Länder mehr verbleibt. Insoweit gingen Ansätze, mit der Bestimmung die Verfahrensweise der Gerichte lenken oder einschränken zu wollen (vgl. dazu die Stellungnahme des Bevollmächtigten der Universitäten Freiburg, Heidelberg und Ulm vom 22.06.2009 zum Verordnungsentwurf, Bl. 100 der Behördenakten), fehl. Die in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS enthaltene Anordnung ist aber - jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung - nicht als Regelung des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zu verstehen. Vielmehr knüpft die Bestimmung ersichtlich an den vom erkennenden Senat beschlossenen Tenor vom 12.05.2009 (- NC 9 S 240/09 -) an, mit dem den Hochschulen die Wahl überlassen worden war, welches der zulässigen Auswahlkriterien für die Vergabe der im Gerichtsverfahren aufgedeckten Reststudienplätze angewendet werden soll. Mit der vom Antragsgegner erlassenen Bestimmung wird dieses Ermessen konturiert und gelenkt. Die angegriffene Norm findet also Anwendung, wenn sich die der festgestellten Zulassungszahl zugrunde liegende Kapazitätsberechnung an einer der Hochschulen des Landes als unzutreffend erweist und daraufhin durch ein Verwaltungsgericht erneut die Verpflichtung zur vorläufigen Studienzulassung ausgesprochen werden muss. Sie wendet sich damit an die Hochschulen und regelt die Verfahrensweise, soweit konkrete Vorgaben nicht bereits in der gerichtlichen Anordnung getroffen sind oder die Vergabe entsprechender Studienplätze nach Abschluss des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens in Rede steht. § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS betrifft damit keine der konkurrierenden (Bundes-)Gesetzgebung unterfallende Frage des Prozessrechts. In dieser Auslegung sind überdies auch die angesprochenen Bestimmtheitszweifel im Hinblick auf den Normadressaten ausgeräumt.
32 
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Landesverordnungsgeber innerhalb seines Kompetenzbereichs grundsätzlich auch nicht daran gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen. Art. 3 Abs. 1 GG ist insoweit bereits nicht berührt, weil sich der Anspruch auf Gleichbehandlung nur auf den Geltungsbereich des jeweiligen Normgebers erstrecken kann. Es ist aber gerade Sinn der föderalistischen Kompetenzstruktur des Grundgesetzes, den Ländern Raum für eigenständige Gestaltungen zu belassen und die Länder in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht zur Uniformität zu zwingen. Allerdings stellt die Studienplatzvergabe in den ins zentrale ZVS-Vergabeverfahren einbezogenen Studiengängen ein zusammenhängendes System dar, das nicht in Gänze der Regelungsmacht des Landes unterstellt ist. Dies wird bereits daran deutlich, dass die Materie sowohl in § 29 Abs. 1 Satz 1 HRG als auch im Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 (GBl. 2007 S. 510) geregelt und unter die Zielsetzung „einheitlicher Maßstäbe“ (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsvertrags) gestellt worden ist. Bei derartig übergreifenden Lebenssachverhalten hat der Landesgesetzgeber daher sorgsam zu prüfen, ob sich die innerhalb seines Kompetenzbereiches getroffene Regelung im Rahmen der Wertentscheidung des Grundgesetzes hält „und ob sie nicht zur Entwertung von Grundrechten führen würde, wenn andere Länder ebenso verfahren“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [352 f.]). Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages ordnet insoweit ausdrücklich an, dass die in der Regelungsmacht der Länder verbliebenen Rechtsverordnungen nach Absatz 1 übereinstimmen müssen, soweit dies für eine zentrale Vergabe der Studienplätze notwendig ist.
33 
Die angefochtene Bestimmung in § 24 Vergabeverordnung ZVS verweist indes gerade auf die Regelungen des zentralen Vergabeverfahrens, so dass - unbeschadet möglicher inhaltlicher Zweifel - jedenfalls im Hinblick auf die gebotene Einheitlichkeit Bedenken nicht bestehen. Zweifel hinsichtlich der Verbandskompetenz des Landes bestehen mithin nicht.
34 
Dies gilt um so mehr, als für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze, die ja gerade nicht ins zentrale Vergabeverfahren einbezogen worden sind, Anforderungen aus dem Gebot der Bundeseinheitlichkeit jedenfalls nur in untergeordnetem Maße zur Geltung gebracht werden können (vgl. auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455) und insoweit daher grundsätzlich ein weitreichender Gestaltungsraum der Länder anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.08.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb bereits ausdrücklich ausgesprochen, dass die Regelung der Auswahlmodalitäten für „außerkapazitäre“ Studienplätze dem Landesrecht unterfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl 1990, 531).
35 
c) Die Regelung kann auch auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage gestützt werden.
36 
Allerdings kommt § 2a Abs. 2 des Gesetzes über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg in der Fassung vom 15.09.2005 (GBl. S. 629, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 511 - HZG -) als Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht, weil die von der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS umfassten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität gerade nicht „innerhalb der Quote nach Artikel 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages“ berücksichtigt sind und der Anwendungsbereich aus Absatz 1 der Vorschrift damit nicht eröffnet ist.
37 
Gleiches gilt im Ergebnis für die Ermächtigungsgrundlagen in § 11 Abs. 1 HZG, denn bei der Zuweisung „außerkapazitärer“ Plätze handelt es sich nicht um eine „Studienplatzvergabe nach §§ 6 bis 10“ des Gesetzes. Im Übrigen wäre dann gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 HZG auch das Einvernehmen des Kultusministeriums für den Erlass der Rechtsverordnung erforderlich gewesen.
38 
Die angefochtenen Bestimmungen können aber auf die Ermächtigung in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 gestützt werden, die - in Übereinstimmung mit Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung - auch in der Änderungsverordnung angegeben worden ist. Denn bei den getroffenen Anordnungen zur Obliegenheit einer vorangegangenen ZVS-Bewerbung und zum Auswahlkriterium handelt es sich um Vorschriften über die Vergabe „aus anderen Gründen frei gebliebener Plätze“.
39 
Der Vorschrift kann weder von ihrem Wortlaut noch im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung entnommen werden, dass sie für „außerkapazitäre“ Studienplätze keine Anwendung finden soll. Im Gegenteil sind sowohl die gesetzlichen Regelungen des Hochschulrahmengesetzes als auch der Staatsvertrag auf die vollständige Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet (vgl. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Staatsvertrags) und erstrecken sich daher auch auf die Vergabe von Restplätzen, die bei der Festsetzung der Zulassungszahl zunächst unberücksichtigt geblieben sind (vgl. dazu bereits ausführlich Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 - zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung in Art. 16 Abs. 1 des Staatsvertrags vom 24.06.1999). Auch insoweit handelt es sich um die im Staatsvertrag geregelte Zuweisung von Studienplätzen in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags). Anhaltspunkte dafür, dass von den Regelungen des Staatsvertrags die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze nicht umfasst sein soll, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ordnet Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages (in Übereinstimmung mit §§ 32 Abs. 3 Nr. 3, 31 Abs. 3 Satz 2 HRG) an, dass die Studienplätze „im Übrigen“ von den Hochschulen nach dem Ergebnis eines Auswahlverfahrens zu vergeben sind. Dies deutet bereits begrifflich auf eine abschließende Regelung hin. Denn auch Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität werden außerhalb des in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Staatsvertrags vorgesehenen Verfahrens und damit „im Übrigen“ vergeben. Schließlich spricht auch die offen gehaltene Formulierung der „aus anderen Gründen frei gebliebenen Plätze“ in Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags für eine weite Interpretation. Warum diejenigen Plätze, die aus Gründen einer fehlerhaften Kapazitätsberechnung frei geblieben sind, hierzu nicht gehören sollten, erschließt sich dem Senat nicht. Schließlich legt auch die Anordnung in Art. 15 Abs. 2 des Staatsvertrages nahe, dass die Ermächtigung umfassend für die Vergabe aller grundsätzlich in das zentrale Vergabeverfahren einbezogener Studienplätze gedacht war und das Erfordernis der Bundeseinheitlichkeit weit gezogen werden sollte. Andernfalls wäre das bei Erlass des Staatsvertrages hinreichend bekannte Problem der Zuweisung „außerkapazitärer“ Studienplätze der alleinigen Regelungsmacht der Länder unterstellt, was den Anforderungen der bundesweit geregelten Materie offenkundig nicht entspricht.
40 
Die Tatsache, dass „außerkapazitäre“ Plätze nicht durch die ZVS, sondern die Hochschulen selbst vergeben werden, steht diesem Ergebnis nicht entgegen (a.A. offenbar Nds. OVG, Beschluss vom 22.12.2005 – 2 NB 466/05 -, NVwZ-RR 2006, 330). Denn der Staatsvertrag regelt nicht nur die Vergabe durch die Zentralstelle, sondern enthält auch die Vorgaben für das von den Hochschulen durchzuführende Auswahlverfahren (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3) und die durch die Hochschulen auszusprechende Zulassung (Art. 14). Der Staatsvertrag erstreckt sich damit in sachlicher Hinsicht auch auf die Studienplatzvergabe durch die Hochschulen. Aus § 1 Satz 1 HZG ergibt sich nichts anderes; der dort gegebene Hinweis auf „ergänzende“ Vorschriften zum Staatsvertrag belegt vielmehr, dass auch der Staatsvertrag Regelungen über die Vergabe von Studienplätzen durch die Hochschulen enthalten muss.
41 
Die Regelungen des Staatsvertrages umfassen daher grundsätzlich alle in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze und weisen den Ländern in Art. 15 Abs. 1 die Regelungsmacht für ergänzende Vorschriften zu. Da diese Interpretation den Vorgaben des Gesetzesvorbehalts aus Art. 12 Abs. 1 GG gerecht wird, ist ihr auch im Hinblick auf die Erzielung eines verfassungsgemäßen Zustandes der Vorzug zu geben. Diese Verordnungsermächtigung ist aber, wie ihr eindeutiger Wortlaut zeigt, nicht nur auf Verfahrensvorschriften beschränkt, sondern umfasst auch die „dabei anzuwendenden inhaltlichen Kriterien“. Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrages enthält somit eine hinreichende und den Maßgaben aus Art. 61 Abs. 1 der Landesverfassung entsprechende Ermächtigungsgrundlage, die sich auch auf die „aus anderen Gründen“ - nämlich der Nichtberücksichtigung in der Zulassungszahlenverordnung - frei gebliebenen Plätze bezieht. Die Zuständigkeit des Wissenschaftsministeriums schließlich ist in § 2 Abs. 1 HZG ausdrücklich bestimmt und damit nicht zu beanstanden.
42 
Damit ist auch den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts Genüge getan. Dies folgt in formeller Hinsicht bereits daraus, dass auch der Staatsvertrag selbst den Rang eines Landesgesetzes genießt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 214/08 - m.w.N.) und die Anordnung damit auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Im Übrigen liegt mit dem Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007 (GBl. S. 505) auch die unmittelbare Parlamentsentscheidung vor. Insbesondere aber übernimmt § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung für die Kriterien zur Vergabe von Studienplätzen und überträgt sie auch auf die Zuweisung von nachträglich festgestellten Restkapazitäten außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl. Die inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers werden deshalb gerade gewahrt, so dass nicht ersichtlich ist, warum es für diese Verfahrensweise einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers bedürfte. Insoweit liegt sogar nahe, in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages bereits eine unmittelbare Vorgabe des Gesetzgebers zu sehen. Denn der Staatsvertrag ist von seinem Selbstverständnis auf die Ausschöpfung der tatsächlich vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet und betrifft daher die Vergabe aller Studienplätze (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
43 
d) Die vom Antragsteller angegriffenen Bestimmungen zur Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, wurden in der Vergabeverordnung ZVS auch an systematisch zutreffender Stelle geregelt. Auf die Frage, welche Rechtsfolge sich aus einem etwaigen Verstoß hiergegen ergeben könnte, kommt es daher nicht an.
44 
Entgegen der mit dem Normenkontrollantrag vorgebrachten Auffassung wäre eine Regelung in der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen vom 13.01.2003 (GBl. S. 53, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.2007, GBl. S. 505 - HVVO -) nicht im Interesse der Normenklarheit und -wahrheit vorzugswürdig gewesen. Dies folgt bereits daraus, dass die HVVO auf der Ermächtigung des § 11 HZG beruht, die - wie bereits ausgeführt - für die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge keine Anwendung finden kann (vgl. dazu auch bereits Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Eine Regelung an dieser Stelle scheidet daher bereits mangels entsprechender Rechtsgrundlage aus (vgl. Art. 61 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung). Die Nichtanwendbarkeit der HVVO wird überdies an deren Regelungsbereich deutlich, der sich materiell auf die Vergabe von zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen und die Vergabe von Studienplätzen für höhere Fachsemester beschränkt. Auch in tatsächlicher Hinsicht sind damit Regelungen über Studiengänge, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, in der HVVO nicht enthalten, so dass sich die mit der Normenkontrolle angegriffenen Bestimmungen hier als Fremdkörper erweisen würden.
45 
Zutreffender systematischer Regelungsort für Bestimmungen zu Verfahren und Auswahlkriterien für die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze in einem ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengang ist daher die Vergabeverordnung ZVS. Diese beruht auf der insoweit zutreffenden Ermächtigungsgrundlage aus Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags und trifft auch inhaltlich die hierfür maßgeblichen Anordnungen.
46 
2. Die Vergabe von Studienplätzen innerhalb der festgesetzten Kapazität und die Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze sind zwar unterschiedliche Verfahren (a) und bedürfen daher nicht zwingend einer exakten Gleichführung (b), sie sind aber materiell auf dasselbe Ziel gerichtet und verfahrensmäßig aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann (c).
47 
a) Zu Recht hat der Antragsteller indes darauf verwiesen, dass es sich bei der Vergabe von Studienplätzen im zentralen ZVS-Vergabeverfahren und bei dem Begehren um Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der in der Zulassungszahlenverordnung festgesetzten Kapazität um unterschiedliche Verfahrens- und Streitgegenstände handelt (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 27.04.2006 - NC 9 S 45/06 -).
48 
Hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens sind bereits unterschiedliche - und eigenständige - Zulassungsanträge erforderlich, die im Falle der „regulären“ Bewerbung an die ZVS, für „außerkapazitäre“ Anträge aber an die jeweilige Hochschule zu richten sind. Insoweit gelten nicht nur unterschiedliche Regelungen zu Form- und Fristanforderungen, mit denen bereits normativ vorgegeben ist, dass es sich um unterschiedliche Verwaltungsgegenstände handelt (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 22.06.1993 - NC 9 S 59/93 -). Die Unabhängigkeit der Verfahren wird vielmehr auch dadurch deutlich, dass für die Geltendmachung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität der Ablehnungsbescheid der ZVS im innerkapazitären Verfahren nicht angefochten werden muss (vgl. Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 313). Die Bestandskraft des ZVS-Bescheides steht dem Begehren auf Zuweisung eines „außerkapazitären“ Studienplatzes nicht entgegen, weil der Ablehnungsbescheid zu dieser Frage keine Regelung enthält. Inhaltlich bezieht sich der ZVS-Bescheid nur auf die ins zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studienplätze, so dass die im „Kapazitätsstreit“ relevante Frage, ob die Hochschule weitere Studienplätze über die festgesetzte Kapazität hinaus zur Verfügung stellen kann, nicht betroffen ist. Auch vom materiellen Streitgegenstand her betreffen die Verfahren daher „gänzlich andere Kriterien“ (vgl. bereits Senatsurteil vom 10.09.1986 - NC 9 S 2342/85 -; dazu auch Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, S. 455). Die hinsichtlich der „außerkapazitären“ Studienplätze im Vordergrund stehende Kapazitätsberechnung ist für die „reguläre“ Studienplatzvergabe ohne Bedeutung.
49 
Schließlich ergibt sich die Unterschiedlichkeit der Verfahren auch aus der jeweiligen Gerichtszuständigkeit. Denn Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Vergabe von Studienplätzen durch die ZVS sind vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auszutragen (vgl. § 52 Nr. 3 Satz 4 VwGO), während sich die Gerichtszuständigkeit für das Begehren auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität nach dem Sitz der jeweiligen Hochschule richtet. Die Differenzierung und Trennung der Beanspruchung eines Studienplatzes innerhalb der festgesetzten Kapazität von der Geltendmachung weiterer Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität ist daher in der Senatsrechtsprechung stets betont (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 16.03.1977 - IX 929/76 -) und die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität als selbständiges Verfahren qualifiziert worden, das neben dem gesetzlich normierten ZVS-Vergabeverfahren steht (vgl. Senatsbeschluss vom 17.09.2008 - NC 9 S 1792/08 -).
50 
Unterschiede ergeben sich aber nicht nur hinsichtlich des Streitgegenstandes, vielmehr ist auch die tatsächliche Konkurrenzsituation in den beiden Vergabeverfahren nicht identisch. Denn bei der Zuweisung von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität, deren Existenz erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgedeckt worden ist, stehen nur diejenigen Bewerber zur Auswahl, die eine entsprechende Vergabe beantragt und gerichtlich verfolgt haben. Die Wettbewerbssituation unterscheidet sich daher nicht unerheblich von derjenigen im ZVS-Vergabeverfahren, weil regelmäßig gerade diejenigen Studienbewerber, die eine Zulassung nur knapp verpasst und daher gute Chancen auf einen Platz im Nachrückverfahren oder im nächsten Semester haben, von den Mühen und finanziellen Risiken einer gerichtlichen Studienplatzklage absehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [269]).
51 
Schließlich ist auch nicht zu verkennen, dass das zentrale Vergabeverfahren der ZVS den Gesetzlichkeiten eines Masseverfahrens folgt, die auf die meist nur wenige Plätze betreffende Verteilung „außerkapazitärer“ Studienplätze nur eingeschränkt passen. Dies wird etwa an der Anordnung in § 12 Abs. 1 der Vergabeverordnung ZVS deutlich, die für die Erstellung von Landesquoten einen Anwendungsbereich von mehr als 15 Studienplätzen voraussetzt, manifestiert sich aber insbesondere in dem in § 6 Vergabeverordnung ZVS geregelten Quotensystem. Denn die Verteilung im Verhältnis 20 : 20 : 60 setzt eine hinreichende Mindestzahl voraus und wirft im Falle der Zuweisung nur einzelner oder einiger weniger Plätze erhebliche Aufteilungsschwierigkeiten auf.
52 
b) Angesichts dieser Unterschiede ist eine strikte Gleichführung der Vergabemodalitäten nicht zwingend geboten.
53 
Um den Besonderheiten des „außerkapazitären“ Vergabeverfahrens sowie der besonderen Eilbedürftigkeit der Zuweisung dieser Plätze (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.07.2005 - 1 BvR 584/05 -) Rechnung zu tragen, hat der Senat bislang auch keine strikte Anwendung der ZVS-Vergabekriterien, sondern lediglich eine an diesen Maßstäben „orientierte“ Zuteilung verlangt (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -). Er hat demnach etwa die Vergabe anhand eines an Hand der Abiturnote gebildeten „Zulassungsnähequotienten“ gebilligt und ausgeführt (Senatsbeschluss vom 12.06.2009 - NC 9 S 1329/09 -):
54 
„Durch Beschluss vom 12.05.2009 hat der erkennende Senat der Vollstreckungsschuldnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung auferlegt, 23 weitere Studienbewerber vorläufig zum Teilstudium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 zuzulassen. Abweichend von der früheren Praxis und in Anknüpfung an die zum Wintersemester 2007/2008 vom Senat gegebenen Hinweise (vgl. Beschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -) hat der Senat die Hochschule dabei nicht verpflichtet, die erst im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität durch Losentscheid zu vergeben. Für die Auswahl unter denjenigen Studienbewerbern, deren Anspruch noch im Beschwerdeverfahren anhängig ist, ist der Hochschule vielmehr aufgegeben worden, „bis zum 15.06.2009 eine an den Vergabekriterien der ZVS orientierte Rangliste aufzustellen oder ein Losverfahren durchzuführen“. […]
55 
Normative Vorgaben zu der Frage, wie und an wen Studienplätze zu vergeben sind, deren Vorhandensein erst in einem Rechtsstreit als Folge unzureichender Kapazitätsausnutzung nachgewiesen worden sind, bestehen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [268]). Auch die Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen vom 23.04.2006 (GBl. S. 114; zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.05.2008, GBl. S. 164 - Vergabeverordnung ZVS -) regelt hinsichtlich der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nur Bewerbungsfristen. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese Regelungslücke sowohl durch eine analoge Anwendung der ZVS-Auswahlkriterien als auch durch eine Vergabe nach Losverfahren geschlossen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25; Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 17/89 -, DVBl. 1990, 531). […]
56 
Dieser Maßgabe ist der erkennende Senat mit der Tenorfassung des Beschlusses vom 12.05.2009 gefolgt. Er hat dabei die Entscheidung über die Auswahl des Vergabekriteriums nicht selbst getroffen, sondern der Hochschule die Wahl belassen, welche der im Tenor benannten zulässigen Auswahlverfahren zur Anwendung kommen sollen. Mit der Formulierung, dass die Rangliste „an den Vergabekriterien der ZVS orientiert“ sein muss, ist dabei klargestellt, dass die Vollstreckungsschuldnerin nicht verpflichtet ist, das System der Vergabeverordnung ZVS unmittelbar und deckungsgleich zu übernehmen, insbesondere also auch nicht das dort normierte Verhältnis von Abiturbestenquote, Wartezeit und Hochschulauswahlverfahren. Vielmehr ist eine Rangliste auch dann an den Vergabekriterien der ZVS orientiert, wenn sie nur einer der geltenden und für das zentrale Vergabeverfahren normierten Auswahlregelungen entspricht (vgl. dazu ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [32]). Eine exakte Nachzeichnung des ZVS-Vergabesystems mit dem dort geltenden Quotensystem ist daher im Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses nicht vorgeschrieben. […]
57 
Der Senat hält es indes im Hinblick auf die zu gewährende Chancengleichheit für vorzugswürdig, die im gerichtlichen Verfahren nachträglich aufgedeckten Restkapazitäten nach denselben Auswahlkriterien zu vergeben, die für die ordnungsgemäß festgesetzten Studienplätze gelten (vgl. zur diesbezüglichen Entscheidungskompetenz des Senats auch BVerwG, Urteil vom 08.02.1980 - 7 C 93/77 -, BVerwGE 60, 25 [35]). Nur so kann ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). […]
58 
Hierfür ist indes erforderlich, dass sich - wie vorliegend auch durch fast alle Bewerber geschehen - der jeweilige Studienbewerber auch bei der ZVS im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz in dem betreffenden Studiengang beworben hat (vgl. dazu auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -). Nur so können die zur Ranglistenerstellung erforderlichen Daten zeitnah bereitgestellt werden. Diese Verfahrensweise liegt im Übrigen auch deshalb nahe, weil das von einem Studienplatzbewerber verfolgte Ziel der Vergabe eines Studienplatzes im Studiengang Medizin vorrangig eine ordnungsgemäße Verfahrensbewerbung erfordert.“
59 
Diese Erwägungen hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS aufgegriffen.
60 
c) Die Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im zentralen Auswahlverfahren ist auch in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Ungeachtet der beschriebenen Unterschiede sind sowohl das „innerkapazitäre“ als auch das „außerkapazitäre“ Verfahren der Studienplatzvergabe auf dasselbe Ziel gerichtet und in verfahrenstechnischer Hinsicht aufeinander bezogen, so dass die vom Verordnungsgeber angeordnete Obliegenheit einer „regulären“ Bewerbung nicht als unzumutbar bewertet werden kann
61 
Sowohl die Bewerbung im zentralen Vergabeverfahren als auch das Begehren auf Zuweisung eines in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesenen Studienplatzes zielen auf das Begehren, in dem entsprechenden Semester einen Studienplatz des gewählten Studiengangs zu erhalten. In tatsächlicher Hinsicht ist das Anliegen daher identisch; denn ob der in Anspruch genommene Studienplatz in der Zulassungszahlenverordnung berücksichtigt war oder nicht, ist für denjenigen, der im Ergebnis eine Zulassung erreicht, nicht von Belang. Dementsprechend ist das angestrebte Ziel auch nur einmal erreichbar, denn § 60 Abs. 4 Satz 2 LHG lässt grundsätzlich nur die Zulassung an einer Hochschule zu. „Unabhängig“ voneinander sind die Verfahrenswege daher nicht.
62 
Überdies sind die beiden Verfahrenswege auch in rechtlicher Hinsicht aufeinander bezogen und in wechselseitigem Abhängigkeitsverhältnis verwoben. Dies folgt bereits daraus, dass Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität nur als Folge einer fehlerhaften Bestimmung der im „innerkapazitären“ Verfahren zu vergebenden Plätze entstehen und daher bereits von ihrem Wesen her nachrangig sind. Restkapazitäten sind ausschließlich denkbar, wenn die Aufnahmekapazität in der Zulassungszahlenverordnung unzutreffend berechnet worden ist; sie sind damit eine Form der Fehlerkorrektur. Die vom Antragsteller erstrebte Vergabe im Wege gerichtlicher Anordnung ist indes nicht die einzig denkbare Möglichkeit, eine vollständige Ausschöpfung der Ausbildungskapazitäten zu erreichen. Insoweit besteht auch kein Anspruch auf Beibehaltung gerade dieses – normativ nicht vorgegebenen – Systems. Dementsprechend ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass „außerkapazitäre“ Studienplätze nicht ausschließlich für diejenigen Bewerber „reserviert“ oder vorbehalten sind, die derartige Studienplätze im Wege eines gegen die Hochschule gerichteten Gerichtsverfahrens geltend gemacht haben. Eine derartige Kontingentierung findet im geltenden Recht keine Stütze. Vielmehr tritt die im Hochschulrahmengesetz, im Staatsvertrag, in den einschlägigen Landesgesetzen und Rechtsverordnungen vorgesehene Normierung für die Vergabe von Studienplätzen nur für den Fall zurück, dass ein vorhandener Studienplatz infolge unzureichender Kapazitätsermittlung nicht ins Vergabeverfahren einbezogen wird und daher ungenutzt bliebe (ebenso Brehm/Zimmerling, NVwZ 2008, 1303 [1308]). Ein derartiger Fall muss im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der vollständigen Kapazitätsauslastung vermieden werden.
63 
Führen jedoch auch andere Wege zur Verhinderung des von Verfassungs wegen zu vermeidenden Zustandes einer Nichtausschöpfung vorhandener Ausbildungskapazitäten, sind hiergegen grundsätzliche Einwände nicht zu erheben. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebieten nicht, in der Zulassungszahlenverordnung nicht ausgewiesene Studienplätze gerade oder ausschließlich im Wege der „Studienplatzklage“ zu vergeben. Vielmehr können entsprechende Restplätze auch durch Nachmeldung (vgl. Senatsbeschluss vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. -), Überbuchung (vgl. Senatsbeschluss vom 02.10.1995 – NC 9 S 19/95 –; Hess. VGH, Beschluss vom 18.01.2001 – 8 GM 3131/00.SO.T -, NVwZ-RR 2001, 448) oder andere Korrektursysteme (vgl. zur „Auffüllung“ etwa Senatsbeschluss vom 17.09.2008 – NC 9 S 1792/08 -) vergeben und eine Kapazitätsausschöpfung damit gewährleistet werden. Hierdurch werden subjektive Rechte etwaiger Studienplatzkläger jedenfalls dann nicht berührt, wenn sie nicht nachträglich und ohne sachlichen Grund um die Früchte des bereits beschrittenen Gerichtsverfahrens gebracht werden - was vorliegend nicht in Rede steht (vgl. zur Begrenzung der Rechtsschutzmöglichkeiten von Studienbewerbern auf eigene Rechtspositionen auch BVerfG, Beschluss vom 03.07.1980 - 1 BvR 967/78 u.a. -, BVerfGE 54, 173 [194]). Die Zulässigkeit anderer Vergabewege gilt aber erst recht, wenn diese Verfahren dichter an den normativen Vorgaben des „regulären“ Vergabeverfahrens liegen oder sogar – wie hier - vom zuständigen Normgeber angeordnet worden sind.
64 
Um eine entsprechende Vergabe ermöglichen zu können, ist der Normgeber auch befugt, die Obliegenheit eines „regulären“ Zulassungsantrags im zentralen Vergabeverfahren zu statuieren. Denn die Rechtsordnung verbietet es nicht, die Durchsetzung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 GG mit zumutbaren formellen Anforderungen zu verbinden (so bereits Senatsurteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, DVBl 1988, 406). Diese Einschätzung steht nicht in Widerspruch zu dem Umstand, dass der Senat die vorangegangene ZVS-Bewerbung bislang nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Kapazitätsklage angesehen hat. Denn Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Forderung durch das Gericht wäre die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses. Dies aber ist jedenfalls dann nicht ganz frei von Zweifeln, wenn ein etwaiger Bewerber angesichts seiner Abiturnote und fehlender Wartezeiten keine realistische Chance auf Zulassung im zentralen Bewerbungsverfahren besitzt (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 08.08.2006 - 7 CE 06.10020 u.a. -, NVwZ-RR 2007, 175). Denn dann könnte nicht ohne weiteres von einem einfacheren und schnelleren Weg gesprochen werden, der die Inanspruchnahme der Gerichte als überflüssig erscheinen lässt. Ob anderes im Hinblick auf die Möglichkeit der Bewerbung für das Hochschulauswahlverfahren gilt, bei dem – jedenfalls im Falle geschickter Ortswahl – eine Zulassungschance wohl nie mit Sicherheit verneint werden kann (vgl. dazu Hamburgisches OVG, Beschluss vom 23.04.2008 - 3 NC 216/07 -), muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn durch die vom Verordnungsgeber in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierte Vergabevoraussetzung steht nicht der Fall eines von der Judikative angenommenen Fehlens des Rechtsschutzinteresses im Streit – das grundsätzlich nicht restriktiv gehandhabt werden darf (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 20.02.2003 - 8 MM 3953/02.W2 -, NVwZ-RR 2003, 756) –, sondern die Anordnung durch die Legislative im Wege der Rechtsverordnung. Insoweit sind die Maßstäbe nicht identisch, es besteht vielmehr grundsätzlich ein legislativer Gestaltungsraum des zuständigen Normgebers.
65 
Die dargestellte Verfahrensabhängigkeit der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom zentralen Vergabeverfahren ist aber ein hinreichend sachlicher Grund und rechtfertigt die vorliegend eingeführte Obliegenheit einer vorangegangenen Bewerbung im „regulären“ Auswahlverfahren jedenfalls dann, wenn dies für eine an den Kriterien des zentralen Verfahrens orientierte Vergabe der Restplätze erforderlich ist (vgl. dazu auch Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 351). Anders als im Falle der Losvergabe ist hier ein unmittelbarer Verfahrenskonnex gegeben, weil die nachträgliche Einordnung etwaiger Bewerber in eine nach ZVS-Kriterien zu erstellende Rangliste ohne entsprechende Bewerbung unmöglich oder jedenfalls erheblich erschwert würde. Das Erfordernis einer „regulären“ Bewerbung muss auch als zumutbar bewertet werden, weil mit der Obliegenheit nur eine geringfügige Beeinträchtigung für den Bewerber verbunden ist. Selbst wenn seine Auswahlchancen im zentralen Vergabeverfahren möglicherweise gering sein mögen und die Bewerbung daher letztlich nur der Offenhaltung einer „außerkapazitären“ Vergabe dienen sollte, liegt darin keine unerträgliche oder unangemessene Belastung.
66 
3. Der Verordnungsgeber durfte die Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes auch an die Voraussetzung einer vorherigen Bewerbung gerade an der betreffenden Hochschule knüpfen. Die Regelung entspricht der Struktur der Bestimmungen zur Vergabe zusätzlicher Plätze (a) sowie der Bedeutung der Ortswahlentscheidung im Verfahren der Studienplatzvergabe (b) und führt auch nicht zu unverhältnismäßigen Beschränkungen des Zulassungsrechts studierwilliger Bewerber (c).
67 
a) Systematisch betrachtet handelt es sich bei der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität um eine Sonderform des Nachrückverfahrens. Denn die im gerichtlichen Verfahren aufgedeckten Restkapazitäten hätten, wenn ihr Vorhandensein früher bemerkt worden wäre, nachgemeldet und so im Nachrückverfahren berücksichtigt werden können (vgl. § 5 Abs. 3 KapVO VII, § 10 Abs. 10 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS; zum Vorrang der Vergabe nach dem System der Vergabeverordnung ZVS auch Senatsbeschlüsse vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 - und vom 31.01.2003 - NC 9 S 45/02 u.a. - sowie Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -). Um die Systemgerechtigkeit zu wahren und die durch die fehlerhafte Kapazitätsfestsetzung entstehenden Folgen und Verzerrungen möglichst gering zu halten, liegt es daher nahe, die Vergabe dieser in einem besonderen „Nachrückverfahren“ zu vergebenden Plätze möglichst in gleicher Weise zu handhaben wie die Vergabe „regulärer“ Nachrückplätze. Genau dies aber hat der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS getan.
68 
Nach Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.06.2006 und dem folgend § 9 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS werden nicht in Anspruch genommene Studienplätze, die von der ZVS nach dem Grad der Qualifikation und der Wartezeit zuzuweisen gewesen wären, von den Hochschulen nach dem Ergebnis ihres Auswahlverfahrens vergeben. Ein Nachrückverfahren für das zentral durch die ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der Abiturbesten- und der Wartezeitquote findet folglich nicht statt, diese Plätze werden vielmehr dem Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen. Das Nachrückverfahren berücksichtigt somit das Quotensystem von 20 : 20 : 60 nicht, sondern bringt ausschließlich das Vergabesystem der jeweiligen Hochschule zur Anwendung. Im Auswahlverfahren der Hochschulen aber sind gemäß § 10 Abs. 9 Vergabeverordnung ZVS „Ranglisten“ zu erstellen, auf die § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS ersichtlich Bezug genommen hat. Unbeschadet des insoweit unklaren Vortrags des Antragsgegners im vorliegenden Gerichtsverfahren lässt der objektive Regelungsgehalt der Norm daher den Schluss zu, dass mit den in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten diejenigen des Auswahlverfahrens der Hochschulen gemeint und benannt sind. Dieses Ergebnis wird durch den systematischen Bezug der in § 24 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS benannten Ranglisten auf die in Satz 2 angeordnete Bewerbung für den betreffenden Studienort bestätigt. Denn das Erfordernis einer Bewerbung gerade am jeweiligen Studienort besteht nur für eine Vergabe auf Grundlage der Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens. Das Gesamtregelungssystem macht daher hinreichend deutlich, dass mit der Bewerbung für den betreffenden Studienort diejenige für das Auswahlverfahren der Hochschulen in Bezug genommen ist und mit den entsprechenden Ranglisten somit die Ergebnisse des Hochschulauswahlverfahrens angesprochen sind. Nur die im Hochschulauswahlverfahren gewählten Studienorte werden im Übrigen auch im ZVS-Ablehnungsbescheid ausgewiesen. Die Ortsangaben in der Abiturbestenquote und nach Wartezeit können dagegen den Bescheiden nicht entnommen werden, so dass die Bezugnahme auf die für das Hochschulauswahlverfahren benannten Studienorte auch schon aus Praktikabilitätsgründen nahe liegt. Dies gilt um so mehr, als die Ranglisten des Hochschulauswahlverfahrens ohnehin im zentralen Vergabeverfahren erstellt werden müssen und die Bezugnahme hierauf damit eine zeitnahe Vergabe der „außerkapazitären“ Studienplätze erleichtert. Die in § 24 Satz 3 letzter Satzteil Vergabeverordnung ZVS angelegte Alternativvariante ist damit indes ohne Anwendungsfall, denn entsprechende Ranglisten hat die Hochschule stets zu erstellen. Im Ergebnis werden damit „außerkapazitäre“ Studienplätze nach denselben Kriterien vergeben wie Nachrückplätze.
69 
Für eine Berücksichtigung im Rahmen des Nachrückverfahrens ist aber - sogar im Falle der nachrangigen Vergabe durch Los nach § 10 Abs. 12 Vergabeverordnung ZVS (deren Vereinbarkeit mit Art. 13 Abs. 4 des Staatsvertrags nicht frei von Zweifeln ist) - Voraussetzung, dass eine Zulassung bei der jeweiligen Hochschule beantragt worden ist. Das Nachrückverfahren, das in seiner Ausgestaltung dem Auswahlverfahren der Hochschule zugeordnet ist, findet daher stets nur unter denjenigen Bewerberinnen und Bewerbern statt, die sich zuvor bei der entsprechenden Hochschule um einen Studienplatz in dem jeweiligen Studiengang beworben haben. Die mit dem Zulassungsantrag getroffene Ortswahlentscheidung behält damit auch für das weitere (Nachrück-)Verfahren Geltung.
70 
b) Die Verknüpfung des Nachrückverfahrens mit der gewählten Hochschule entspricht auch der besonderen Bedeutung, die der Ortswahl im Verfahren der Studienplatzvergabe generell zukommt. Der besondere Stellenwert, den der Gesetzgeber der Ortswahlentscheidung zugemessen hat, wird zunächst bereits daran deutlich, dass die Bindung an die Ortspräferenz selbst für einen unter die „Abiturbestenquote“ fallenden Bewerber zum Verlust des Studienplatzes führen kann. Denn der Verteilungswettbewerb findet gemäß § 20 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS nur zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern statt, die den betreffenden Studienort an gleicher Stelle genannt haben. Wenn sich also für eine besonders beliebte Hochschule unter den Abiturbesten mehr Bewerber in gleicher Ortspräferenz gemeldet haben, als die ZVS dort unterbringen kann, werden die nachrangigen Antragsteller an diesem Studienort nicht zugelassen. Für den an nächster Stelle benannten Studienort kommen sie indes (unabhängig von ihrem Rangplatz) erst zum Zuge, wenn die Bewerber mit besserer Ortspräferenz vollständig ausgeschöpft worden sind, so dass die Zulassungschance mit nachrangiger Ortspräferenz deutlich fällt. Durch die Beschränkung auf maximal sechs Ortswünsche indes kann es so dazu kommen, dass ein im Rahmen der Abiturbestenquote ausgewählter Bewerber keiner von ihm benannten Hochschule zugeteilt werden kann und damit in der Bestenquote doch keine Zulassung erhält (vgl. dazu auch ZVS-info, S. 10). Eine Ausdehnung auf andere Studienorte oder ein Nachrückverfahren findet insoweit nicht statt, die übrig gebliebenen Plätze werden vielmehr der Quote für das Auswahlverfahren der Hochschulen zugeschlagen.
71 
Gleiches gilt für das Auswahlverfahren der Hochschulen, in dem der jeweiligen Ortswahl noch größere Bedeutung für die Zulassungsentscheidung zukommt. Denn die Hochschule darf die Zahl der Teilnehmenden am Auswahlverfahren „nach dem Grad der Ortspräferenz“ begrenzen (vgl. § 32 Abs. 3 HRG, Art. 13 Abs. 1 des Staatsvertrages sowie § 10 Abs. 5 Vergabeverordnung ZVS), was im Ergebnis zu einer gravierenden Verengung der grundsätzlich vorgesehenen sechs Ortswünsche führen kann. In Baden-Württemberg etwa haben für den Studiengang Humanmedizin mit Ausnahme der Universität Ulm alle Hochschulen das Vorauswahlkriterium der ersten (so die Maßgabe der Universität Tübingen) oder jedenfalls zweiten Ortspräferenz (so die Voraussetzung für eine Teilnahme an den Studienorten Freiburg, Heidelberg und Mannheim) aufgestellt, sodass im Ergebnis allenfalls drei der fünf möglichen Studienorte des Landes „angewählt“ werden können. Der Ortswahl wird daher im Vergabeverfahren eine dominierende Rolle eingeräumt, die durchaus zum Verlust einer grundsätzlich bestehenden Zulassungschance führen kann.
72 
Diese Entscheidung hat der Hochschulgesetzgeber auch bewusst getroffen. Denn das insoweit maßgebliche Siebte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes verfolgte gerade den Zweck, die „Profilbildung“ der Hochschulen durch eine Ausdehnung des eigenen Auswahlrechts zu stärken (vgl. BT-Drs. 15/1498 S. 7; vgl. zur Stärkung der hochschulpolitischen Eigenständigkeit durch Freistellung von den Bindungen des ZVS-Beispielstudienplans auch Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -, ESVGH 59, 12). Durch die eigene Mitwirkung sollte es den Hochschulen ermöglicht werden, die Qualifikationsprofile von Studienbewerbern besser mit den Anforderungen ihres Studienganges abzustimmen und sich auf Bewerber mit einer besonderen Identifikation für die Hochschule konzentrieren zu können (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 7 und 10; dazu auch bereits Bode/Weber, Hochschulzulassung, in: Flämig (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 673 [709]). Die damit verbundenen Einschränkungen für die Studienplatzbewerber sind dabei durchaus gesehen und diskutiert, im Hinblick auf die Entlastung der Hochschulen aber als erforderlich und zulässig bewertet worden (vgl. dazu auch LT-Drs. 14/5 S. 18 f.).
73 
Die Betonung der Ortswahlentscheidung entspricht schließlich auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Denn Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert nicht nur die freie Wahl des Berufes, sondern erwähnt ausdrücklich auch die „Ausbildungsstätte“. Insoweit wurde bei den Beratungen im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates betont, es müsse unter allen Umständen die Freiheit gesichert werden, zwischen den verschiedenen Universitäten wählen und bei besonders hervorragenden Lehrern hören zu können (vgl. StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19.01.1949, S. 575 ff.; vgl. zur aktuellen Bedeutung im Hinblick auf die Herausbildung von „Eliteuniversitäten“ auch Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschluss vom 16.09.2008 - 81/08 u.a. -). Das Recht zur freien Wahl der Hochschule korrespondiert daher mit dem durch Wissenschaftspluralismus charakterisierten Lernangebot in einer für verschiedene Auffassungen und Schulrichtungen offenen freiheitlichen Gesellschaft. Auch das Bundesverfassungsgericht hat deshalb klargestellt, dass Auswahl und Verteilung der Studienbewerber „unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen“ muss (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [338]). Diesem Ansatz entspricht es aber durchaus, die jeweilige Ortswahlentscheidung des Studienbewerbers ernst zu nehmen und ihr auch im Rahmen des Vergabeverfahrens maßgebliche Bedeutung zukommen zu lassen. Die Orientierung an der getroffenen Wahl hat als Kehrseite aber auch deren Verbindlichkeit zur Folge. Nicht gewählte Studienorte unterfallen insoweit nicht demselben Schutz.
74 
c) Warum eine dem „regulären“ Zulassungsverfahren entsprechende Regelung für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung nicht berücksichtigten Studienplätze unzulässig sein und ein etwaiger Antragsteller Anspruch auf Beteiligung am Vergabeverfahren jeder beliebigen Hochschule haben sollte, ist nicht ersichtlich. Für das vom Antragsteller behauptete Recht (und damit auch das Substrat der behaupteten Verletzung in Art. 19 Abs. 4 GG), alle Hochschulen verklagen zu können, ist eine Grundlage nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint es sachgerecht und entspricht dem Anliegen stimmiger Systembildung, die von Staatsvertrag und Gesetzgeber (vgl. Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.11.2007, GBl. S. 505) vorgesehene Beschränkung der Ortswahl auch in diesem Verfahrensstadium aufrecht zu erhalten. Der Senat hat insoweit auch bereits bekräftigt, dass das Teilhaberecht in Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht weiter reichen kann als im ordentlichen Vergabeverfahren (vgl. Senatsurteil vom 22.02.2006 - 9 S 1840/05 -).
75 
Nur so kann im Übrigen ein Auseinanderfallen der Auswahlmaßstäbe für die Vergabe der in der Zulassungszahlenverordnung ausgewiesenen Studienplätze und der erst nachträglich aufgedeckten Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität vermieden werden, die der auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten Verteilung aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [357]) nicht entspricht und im Ergebnis dazu führt, dass die nachträglich festgestellten Studienplätze solchen Bewerbern zufallen, denen sie bei ordnungsgemäßer Kapazitätsfeststellung nicht zugestanden hätten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [296]; Beschluss vom 29.09.2008 - 1 BvR 1464/07 -). An diesem Befund vermag ein etwaiges „Unbehagen“ an den bestehenden Auswahlkriterien – und dabei insbesondere der Bezugnahme auf die Abiturdurchschnittsnote – nichts zu ändern. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil sich derartige Angriffe primär gegen das normativ angeordnete und auch zahlenmäßig viel bedeutsamere „reguläre“ Auswahlverfahren richten müssten. Hinsichtlich der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze gehen die Rügen daher am Kern der Sache vorbei. Überdies soll aber gerade das so gestärkte Auswahlverfahren der Hochschulen gewährleisten, dass die Vergabe der Studienplätze nicht alleine nach Maßgabe der Abiturdurchschnittsnote erfolgt und damit auch Studienbewerbern mit schlechteren Schulnoten die Chance verbleibt, den gewünschten Beruf zu ergreifen (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, BVerfGE 33, 303 [350]). Mit einer Umstellung der Zuweisung „außerkapazitärer“ Restplätze wird daher der Fokus auf das rechtlich relevante Problem der Zulassungskriterien im Hochschulauswahlverfahren gerückt. Darüber hinaus ermöglicht die Abkehr vom Losverfahren auch „gerechtere“ Kostenentscheidungen und trägt dazu bei, prozessuale Schwierigkeiten hinsichtlich der zutreffenden und sachdienlichen Antragstellung zu vermeiden (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -).
76 
Überdies ist im Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes wiederholt betont worden, dass es dringend vermieden werden müsse, den Hochschulen im eigenen Auswahlverfahren abgelehnte Bewerber durch andere Zulassungswege doch noch zuzuweisen (vgl. etwa BT-Drs. 15/3475 S. 7 f.). Auch dieses Anliegen würde mit einer Abkoppelung der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze vom Hochschulauswahlverfahren konterkariert. Der durch die Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS hergestellte Gleichlauf bei der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze und deren Einbeziehung ins Auswahlverfahren der Hochschulen dagegen trägt der vom Gesetzgeber gewollten Eigenständigkeit und Profilbildung der Hochschulen Rechnung und respektiert die vom jeweiligen Bewerber getroffene Ortswahlentscheidung.
77 
Soweit der Antragsteller schließlich die Auffassung vertreten hat, es verletze den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein „außerkapazitärer“ Studienplatz an einen hinsichtlich Abiturnote oder Wartezeit nachrangigen Bewerber vergeben würde, weil sich der Antragsteller mangels Benennung des Studienortes bereits nicht um die Vergabe habe bewerben können, wird übersehen, dass eine hinreichend vergleichbare Gruppe nur im Hinblick auf denjenigen Personenkreis angenommen werden kann, der sich im Bewerbungsverfahren befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat zu diesem Einwand ausdrücklich klargestellt, dass „nichtklagende Bewerber mit besseren Rangstellen am Prozess gar nicht beteiligt sind“ (BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258 [273]).
78 
Durchgreifende Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Regelung bestehen ebenfalls nicht. Richtig ist indes, dass die vorgesehene Eingrenzung der Bewerbungsmöglichkeit für „außerkapazitäre“ Plätze auf die bereits im Rahmen der ZVS-Bewerbung angegebenen Studienorte eine beschränkende Wirkung entfaltet. Diese folgt zwar nicht unmittelbar aus § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS, denn diese Vorschrift selbst begrenzt die Zahl der möglichen Studienorte nicht. Sie ergibt sich aber aus den eingeschränkten Ortswahlmöglichkeiten des in Bezug genommenen zentralen Vergabeverfahrens. Im Zusammenspiel könnten diese Vorschriften im Endeffekt, wenn sie auch in anderen Bundesländern eingeführt würden, die Möglichkeit der Bewerbung um einen bei der Festsetzung der Zulassungszahlen nicht berücksichtigten Studienplatz auf wenige Hochschulen begrenzen. Die bislang vielfach praktizierte Verfahrensweise des „Rundumschlages“ gegen alle oder jedenfalls zahlreiche Hochschulen wäre damit vereitelt. Damit wird indes kein anderes Ergebnis erreicht als das vom Gesetzgeber im zentralen Vergabeverfahren gewollte und vorgeschriebene System, das angesichts der Tatsache, dass eine Bewerbung bei mindestens sechs Hochschulen verbleibt, nicht unangemessen erscheint. Insoweit ist im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Zulassungschance durch die Wahl eines weniger nachgefragten Standortes verbessert werden kann (vgl. BT-Drs. 15/3475 S. 8) und die Prognoseentscheidung, wo sich Bewerber hinreichende Aussicht auf Erfolg beimessen, mit einer Begrenzung auf sechs Studienorte nicht zu sehr erschwert wird (S. 9).
79 
Eine abweichende Regelung für die außerhalb der festgesetzten Kapazität zu vergebenen Studienplätze ist von Rechts wegen nicht geboten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsgemäßen Rechts auch seine Durchsetzbarkeit gehört. Insoweit ist auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]). Da die Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze aber nur erfolgen kann, wenn ihr Vorhandensein in einem Rechtsstreit aufgedeckt und festgestellt wird, darf die Ausgestaltung des Verfahrens nicht dazu führen, dass die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Kapazitätsfeststellungen überhaupt unterbleibt. Dies könnte zu befürchten sein, wenn sich durch restriktive Ortspräferenzregelungen keine oder jedenfalls nicht ausreichend viele Kläger für entsprechende Verfahren finden würden.
80 
Hiervon kann indes nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht ausgegangen werden; jedenfalls sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die ihm insoweit zustehende Prognoseprärogative überschritten hätte. Vielmehr steht angesichts des bestehenden Bewerberüberhangs an allen medizinischen Fakultäten des Landes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass auch künftig eine hinreichende Zahl von Interessenten bei der Studienplatzvergabe durch die Hochschulen nicht berücksichtigt werden kann, und damit potentielle Kläger zur Ausschöpfung etwaiger Restkapazitäten vorhanden sein werden. Ob diese nachfolgend tatsächlich auch den Rechtsweg beschreiten und eine Kapazitätskontrolle durch die Gerichte herbeiführen, ist dagegen auch im gegenwärtigen - vom Antragsteller nicht beanstandeten - Verfahren nicht gesichert. Vielmehr hat etwa für die Berechnungen der Universität Tübingen seit vielen Jahren eine entsprechende Überprüfung nicht mehr stattgefunden, weil etwaige Gerichtsverfahren durch Vergleich beendet worden sind.
81 
Im Übrigen trifft den Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Vergabe von Studienplätzen unter den Bedingungen einer absoluten Zulassungsschranke ohnehin eine verfassungsrechtlich bedingte Beobachtungspflicht, so dass bei etwaigen Entwicklungen, die zu einem Brachliegen vorhandener Restkapazitäten führen würden, angemessen zu reagieren und die Verfahrensgestaltung zu überdenken wäre.
82 
4. Das in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 geregelte Inkrafttreten der Novellierung dagegen verstößt gegen den aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Vertrauensschutz. Die hiervon betroffenen Antragsteller konnten sich auf die mit der Neufassung des § 24 Vergabeverordnung ZVS verbundenen Änderungen nicht mehr einrichten und durften auf den Fortbestand der bestehenden Regelungen für das Wintersemester 2009/2010 vertrauen.
83 
a) Hinsichtlich der sog. Altabiturienten, die ihre Hochschulzugangsberechtigung schon zuvor erworben haben und sich daher bereits zu einem früheren Semester um einen Studienplatz hätten bewerben können, handelt es sich bei der in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffenen Regelung bereits um eine Anordnung mit echter Rückwirkung. Denn mit der in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS angeordneten Verpflichtung, sich für eine Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz zuvor im zentralen Vergabeverfahren um einen Studienplatz an dem betreffenden Studienort beworben zu haben, ist hinsichtlich des Wintersemesters 2009/2010 eine Änderung statuiert, deren neue Rechtsfolgen in der Vergangenheit beginnen. Die Bewerbungsfrist für den Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren lief für Altabiturienten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 Vergabeverordnung ZVS am 31.05.2009 ab. Im Zeitpunkt der Verkündung der Neubestimmung vom 08.07.2009 war das Bewerbungsverfahren daher bereits beendet, so dass die mit der Novelle neu begründeten Voraussetzungen nachträglich einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt betreffen. Änderungen des Zulassungsantrages sind nach Ablauf der Bewerbungsfrist nicht mehr möglich (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 5 Vergabeverordnung ZVS).
84 
Anders als im Falle der „Rückanknüpfung“ entfalten die neuen Regelungen ihre Wirkung somit nicht erst in der Gegenwart. Vielmehr bewirkt die veränderte Bedingung für einen ordnungsgemäßen Antrag auf Vergabe eines „außerkapazitären“ Studienplatzes, dass an die Stelle der für einen vergangenen Zeitraum geltenden rechtlichen Ordnung nachträglich eine andere tritt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvR 2/60 -, BVerfGE 13, 279 [282]). Um den in § 24 Satz 2 Vergabeverordnung ZVS statuierten Obliegenheiten bereits für das Wintersemester 2009/2010 Genüge zu tun, hätte ein entsprechender Antragsteller sein Verhalten bereits in einem vor Inkrafttreten der Verordnung liegenden Zeitraum ändern müssen.
85 
Derartig echte Rückwirkungen sind angesichts des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes indes grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [181]). Ausreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Ausnahmekonstellation sind nicht ersichtlich. Das Vertrauen etwaiger Antragsteller in den Fortbestand der Bewerbungsmodalitäten war vielmehr schutzwürdig und musste auch nicht im Hinblick auf unabweisbare Gemeinwohlinteressen zurückweichen. Dies gilt auch in Anbetracht der vom erkennenden Senat seit dem Beschluss vom 13.06.2008 (- NC 9 S 241/08 -) gegebenen Hinweise auf die Vorzugswürdigkeit einer Vergabe an Hand der ZVS-Kriterien. Denn aus diesen Anregungen konnte allenfalls auf die mögliche Obliegenheit einer ZVS-Bewerbung an sich geschlossen werden, die der Antragsteller auch vorgenommen hat. Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität auf die im ZVS-Zulassungsantrag benannten Studienorte dagegen waren der Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
86 
Auch der Antragsgegner selbst hat die Problematik im Rahmen des Normgebungsverfahrens im Übrigen erkannt. In den hierzu gefertigten Aktenvermerken wird die Geltung für das Wintersemester 2009/2010 im Hinblick auf die bereits vorher ablaufende Bewerbungsfrist für Altabiturienten zutreffend als „besonders kritisch“ eingestuft und darauf hingewiesen, dass „die Vorschrift für das Wintersemester 2009/2010 beanstandet werden könnte“ (Aktenvermerk vom 23.06.2009, Bl. 119 ff. der Behördenakte). Sachliche Gründe für die gleichwohl aufgenommene Bestimmung finden sich indes auch in den Behördenakten nicht. Danach wird vielmehr deutlich, dass mit der Regelung nur eine befürchtete Kostenlast der Hochschulen wegen der vom erkennenden Senat geänderten Kostenrechtsprechung im Falle der Vergabe von Studienplätzen durch Losentscheid (vgl. Senatsbeschluss vom 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -) vermieden werden sollte. Dieses Anliegen ist zwar legitim, rechtfertigt indes nicht den beschrittenen Weg. Um Kostenbeteiligungen im Kapazitätsprozess zu vermeiden, wäre es vielmehr sachgerecht, eine zutreffende Berechnung der Ausbildungskapazitäten sicherzustellen.
87 
b) Auch die anderen Bewerber, deren Bewerbungsfrist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 Vergabeverordnung ZVS am 15.07.2009 – und damit nach dem Inkrafttreten der Novelle – ablief, wurden indes nicht in hinreichender Weise in die Lage versetzt, ihr Verhalten an den Neuregelungen zu orientieren.
88 
Allerdings kommt der Bestimmung für den Kreis der „Neuabiturienten“ keine Rückwirkung im „echten“ Sinne zu. Denn die am 08.07.2009 im Gesetzblatt verkündete und damit gemäß Art. 2 Satz 1 der Änderungsverordnung am 09.07.2009 in Kraft getretene Regelung wirkt auch hinsichtlich des Vergabeverfahrens zum Wintersemester 2009/2010 nicht „zurück“. Vielmehr endete die Bewerbungsfrist für einen Zulassungsantrag auf Teilnahme am zentralen Vergabeverfahren insoweit am 15.07.2009 und damit zeitlich nach dem Inkrafttreten der Änderungsbestimmungen.
89 
Allein diese Einordnung hat indes nicht die Zulässigkeit des in Art. 2 Satz 2 geregelten Inkrafttretens der Novelle zur Folge. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist vielmehr auch für diejenigen Fallkonstellationen von Bedeutung, bei denen die geänderte Rechtsfolge zwar erst in der Zukunft eintritt und daher nicht im eigentlichen Sinne „zurück“ wirkt, gleichwohl aber an der Vergangenheit anknüpft, weil eine bestehende Rechtslage abgeändert wird. Vertrauensschutz in diesen Fällen sog. „unechter“ Rückwirkung ist daher auf die in einem Rechtsstaat grundsätzlich schutzwürdige Erwartung gerichtet, dass die bestehende Rechtsordnung auch in Zukunft Beachtung finden wird (vgl. dazu Maurer, Kontinuitätsgewähr und Vertrauensschutz, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 79 Rn. 12). Die Stoßrichtung dieser Kontinuitätsgewähr ist folglich nicht gegen den materiellen Gehalt einer Änderung gerichtet, sondern bezieht sich auf den Zeitpunkt der Verbindlichkeit einer Kursänderung. Abrupte Änderungen, die dem Rechtsunterworfenen nicht die Möglichkeit einer angemessenen Reaktion belassen, sind daher zu vermeiden, um das Vertrauen in die Beständigkeit und Verbindlichkeit des Rechts sowie die Dispositionsfähigkeit der Rechtsunterworfenen nicht unnötig zu beeinträchtigen. Die Zulässigkeit derartig „unechter“ Rückwirkungen wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deshalb an dem betroffenen Grundrecht und dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange gemessen (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 [182]).
90 
Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die in Art. 2 Satz 2 der Änderungsverordnung vom 29.06.2009 getroffene Anordnung der Gültigkeit bereits für das Vergabeverfahren 2009/2010 keinen Bestand haben. Dies ergibt sich zunächst bereits in Ansehung der grundrechtlichen Schutzdimension. Denn die vom Verordnungsgeber getroffene Entscheidung hat zur Folge, dass alle Antragsteller, die von der Rechtsänderung nicht innerhalb der verbliebenen Frist von einer Woche Kenntnis erlangt und zutreffend reagiert haben, von der Vergabe „außerkapazitärer“ Studienplätze im Anwendungsbereich der Vergabeverordnung ZVS des Landes ausgeschlossen sind. Der grundrechtlich verbürgte und vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die absolute Zulassungsschranke einer Numerus-Clausus-Regelung strikt betonte Teilhabeanspruch an der Vergabe vorhandener Studienplätze wird damit für einen Großteil potentieller Bewerber vereitelt. Die Vorwirkung der Grundrechte auf das Verfahren gebietet im Hinblick auf eine effektive Rechtsgewährleistung jedoch, auch bei Regelungen zur Ausgestaltung des Verfahrens darauf zu achten, welche Rückwirkungen dies auf die Erfüllung des Zulassungsrechts haben kann und dass dabei das verfassungsrechtlich vorrangige Ziel einer vollen Kapazitätsnutzung nicht verfehlt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276 [295]).
91 
Diesem „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 [65]) wird die Regelung zum Inkrafttreten nicht gerecht. Anhaltspunkte dafür, dass das Vertrauen in den Fortbestand der in § 24 Satz 1 Vergabeverordnung ZVS getroffenen Regelung für die Bewerbung um einen „außerkapazitären“ Studienplatz nicht schutzwürdig gewesen sein könnte, liegen nicht vor. Dies gilt in besonderer Weise, weil die vom Antragsgegner beabsichtigte Änderung des Bewerbungsverfahrens in keiner Weise kommuniziert worden ist und daher auch für Interessierte selbst bei Durchsicht der Presse- und Internetmitteilungen nicht erkennbar war. Hinsichtlich des Zeitpunktes hatte der erkennende Senat im Beschluss vom 29.06.2009 (- NC 9 S 1462/09 -) vielmehr noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von der Statuierung der Obliegenheit einer vorangegangen ZVS-Bewerbung „schon im Hinblick darauf, dass die entsprechenden Fristen bereits abgelaufen sind, vorläufig bewusst abgesehen“ worden war. Klargestellt hat der Senat in dieser Entscheidung im Übrigen auch bereits, dass es nicht zu rechtfertigen wäre, „Antragsteller, die sich nicht bei der ZVS beworben haben, ohne vorherigen Hinweis von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze auszuschließen“.
92 
Die vom Antragsgegner insoweit ins Feld geführte Benachrichtigung der mit Kapazitätsklagen befassten Rechtsanwälte stellt schon deshalb keine hinreichende Kompensationsmaßnahme dar, weil ein Großteil der Antragsteller jedenfalls zunächst auf die Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe verzichtet. Die aufgeworfene Frage, ob die erstellte Rechtsanwaltsliste vollständig ist und ob der Bevollmächtigte des Antragstellers hierauf noch im laufenden Bewerbungsverfahren hätte reagieren müssen, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Hieran dürften indes bereits deshalb Zweifel bestehen, weil in dem Informationsschreiben vom 08.07.2009 nur die materiellen Änderungen des § 24 Vergabeverordnung ZVS zitiert worden sind, auf einen Hinweis, dass die Neuregelung bereits auf das Vergabeverfahren zum Wintersemester 2009/2010 Anwendung finden soll, jedoch verzichtet worden ist.
III.
93 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
94 
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht. Die Rechtssache weist zwar grundsätzliche Bedeutung auf, diese bezieht sich indes auf Fragen des Landesrechts und ist damit der Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.
95 
Beschluss vom 29. Oktober 2009
96 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
97 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Kostenersatz für Maßnahmen an den Abwasserbeseitigungsanlagen der Stadt Güstrow (Anschlussbeitragssatzung – ABS) vom 08. November 2000 i.d.F. der ersten Änderung vom 04. November 2002 und der zweiten Änderung vom 15. Februar 2010.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des im Gebiet der Stadt Güstrow gelegenen Grundstücks Flurstück ##, Flur #, Gemarkung A-Stadt. Mit Duldungsbescheid vom 27. Dezember 2004 forderte der Bürgermeister der Antragsgegnerin den Antragsteller auf, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück wegen eines Anschlussbeitrages zu dulden. Die hiergegen gerichtete Klage wies das VG Schwerin mit Urteil vom 18.11.2010 (4 A 975/06) ab. Über den Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Berufung (1 L 235/10) ist noch nicht entschieden.

3

Bereits am 18. Mai 2010 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Er ist der Auffassung, der Antrag sei zulässig. Er werde durch die Erhebung von Anschlussbeiträgen auf Grundlage der genannten Satzung in seinen Rechten verletzt, weil die Satzung einen Eingriff in das durch Art. 14 Grundgesetz (GG) geschützte Eigentum gestatte.

4

Der Antrag sei auch begründet. Die Anschlussbeitragssatzung sei bereits formell rechtswidrig, weil die Hauptsatzung der Stadt Güstrow nichtig sei. Als Folge davon verfüge der Antragsgegner nicht über wirksame Vorschriften zur Bekanntmachung von Satzungsrecht. § 1 Abs. 2 ABS definiere das Stadtgebiet anhand einer als Anlage beigefügten Karte. In dieser Karte werde das Stadtgebiet aber nicht mit hinreichender Deutlichkeit vom nicht zur Stadt Güstrow gehörenden Umland abgegrenzt.

5

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Anschlussbeitragssatzung wegen einer fehlerhaften Regelung des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht unwirksam. Das Kommunalabgabengesetz vom 01. Juni 1993 (KAG 1993) sei ohne die erforderliche Gesetzesbegründung erlassen worden und scheide daher als Rechtsgrundlage der Anschlussbeitragssatzung von vornherein aus. Entsprechendes gelte für die KAG-Novelle 2005. Diese leide zudem daran, dass ein damals am OEufach0000000005 tätiger Richter an der Ausarbeitung der Novelle mitgewirkt habe. Darin liege eine unzulässige Verquickung von Legislative, Exekutive und Judikative. Die Anschlussbeitragssatzung könne lediglich auf das Kommunalabgabengesetz vom 11. April 1991 (KAG 1991) gestützt werden. Während aber § 8 Abs. 7 KAG 1991 vorsehe, dass die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der Satzung entstehe, stelle § 7 Abs. 3 ABS auf das Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung ab. Damit werde der Entstehenszeitpunkt der Beitragspflicht und auch der Ablauf der Festsetzungsfrist unzulässig hinausgezögert. Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man von der Wirksamkeit des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Novelle 2005 (KAG M-V) ausgehe. Zwar stelle nunmehr auch § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V für das Entstehen der Beitragspflicht auf das Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung ab. Allerdings könne dies keine Auswirkung auf Festsetzungsfristen haben, die nach Maßgabe des KAG 1991 angelaufen und zwischenzeitlich abgelaufen seien. Auch die Beitragskalkulation sei fehlerhaft. Der Antragsgegner habe bereits im Rahmen der Kalkulation der Benutzungsgebühr Herstellungskosten berücksichtigt. Fehlerhaft sei schließlich die Fälligkeitsregelung in § 9 ABS.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Kostenersatz für Maßnahmen an den Abwasserbeseitigungsanlagen der Stadt Güstrow (Anschlussbeitragssatzung – ABS) vom 08. November 2000 i.d.F. ersten Änderung vom 04. November 2002 und der zweiten Änderung vom 15. Februar 2010 für unwirksam zu erklären.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Sie ist der Auffassung, der Antrag sei bereits unzulässig, da der Antragsteller die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht beachtet habe.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat haben bei der Entscheidung die bei der Antragsgegnerin entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

II.

12

1. Über den Normenkontrollantrag wird gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch Beschluss entschieden, weil der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die in § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO genannten Entscheidungsformen sind gleichwertig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.09.1988 – 4 NB 15/88 – juris Rn. 2; Beschl. v. 03.04.1992 – 7 NB 1/92 – juris Rn. 3). Gründe, die eine mündliche Verhandlung erfordern könnten, sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller tritt einer Entscheidung im Beschlusswege zwar entgegen, nennt hierfür aber keine Gründe. Insbesondere hat er sich weder weiteren Sachvortrag vorbehalten, noch einen – in der mündlichen Verhandlung zu stellenden – Beweisantrag angekündigt.

13

Auch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht der Entscheidung im Beschlusswege nicht entgegen, da abgabenrechtliche Normenkontrollverfahren keine „zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen“ i.S.d. genannten Vorschrift zum Gegenstand haben (eingehend: VGH Mannheim, Beschl. v. 07.10.2002 – 2 S 2634/01 – juris Rn. 15).

14

2. Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 Ausführungsgesetz zum Gerichtsstrukturgesetz (AGGerStrG) statthafte Normenkontrollantrag ist unzulässig, soweit er sich auf die Anschlussbeitragssatzung vom 08. November 2000, die erste Änderungssatzung vom 04. November 2002 und Art. 1 Nr. 1 zweite Variante (Herstellung) sowie Nrn 2. bis 4. der zweiten Änderungssatzung vom 15. Februar 2010 bezieht (a.). Im Übrigen, d.h. in Bezug auf Art. 1 Nr. 1 erste Variante der zweiten Änderungssatzung (Anschaffung) ist der Antrag zwar zulässig, aber unbegründet (b.).

15

a) Der Antrag ist entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht innerhalb der – damals noch geltenden - zwei Jahre (§ 195 Abs. 7 VwGO) nach Bekanntmachung der Anschlussbeitragssatzung vom 08. November 2000 gestellt worden und daher verfristet. Der Normenkontrollantrag ist am 18. Mai 2010 beim OEufach0000000005 eingegangen. Die Anschlussbeitragssatzung ist jedoch bereits entsprechend der Maßgabe in § 12 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt Güstrow vom 02. Juni 1999 (Hauptsatzung 1999 – HS 1999) im Güstrower Stadtanzeiger, dem amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt Güstrow vom 01. Dezember 2000 bekannt gemacht worden. Damit liegt zwischen dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Anschlussbeitragssatzung und der Stellung des Normenkontrollantrages ein Zeitraum von fast 10 Jahren.

16

Dabei kann dahin stehen, ob die Hauptsatzung vom 02. Juni 1999 wirksam ist und eine taugliche Rechtsgrundlage für die Bekanntmachung des Ortsrechts der Antragsgegnerin bildet. Denn der Lauf der Frist hängt nicht davon ab, dass die Bekanntmachung nach dem Maßstab der einschlägigen Bestimmungen fehlerfrei erfolgt ist (Ziekow in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2010, § 47 Rn. 289). Die Frage der ordnungsgemäßen Bekanntmachung betrifft die formelle Rechtmäßigkeit der Rechtsvorschrift und damit die Begründetheit des Normenkontrollantrages. Für den Lauf der im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages zu prüfenden Antragsfrist ist daher der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Vorschrift als Rechtsnorm mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden ist (BVerwG, Beschl. v. 10.04.1996 – 4 NB 8/96 – juris Rn. 6; OVG Münster, Urt. v. 02.03.2007 – 7 D 53/06.NE – juris Rn. 18). Dies ist vorliegend der 01. Dezember 2000.

17

Die vorstehenden Ausführungen gelten für die erste Änderungssatzung vom 04. November 2002 entsprechend. Die Satzung ist im Güstrower Stadtanzeiger vom 01. Dezember 2002 bekannt gemacht worden. Zwischen der Bekanntmachung und der Stellung des Normenkontrollantrages liegt ein Zeitraum von mehr als sieben Jahren.

18

Auch in Ansehung des Art. 1 Nr. 1 zweite Variante (Herstellung) sowie Nrn. 2. bis 4. der zweiten Änderungssatzung vom 15. Februar 2010 ist der Normenkontrollantrag nicht fristgerecht gestellt worden, denn in Bezug auf die genannte Vorschrift hat die Bekanntmachung keinen erneuten Fristenlauf in Gang gesetzt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats setzen Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (nur) in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 – juris Rn. 14; vgl. auch OVG Bautzen, Urt. v. 20.08.2008 – 5 D 24/06 – juris Rn. 18). Dies trifft vorliegend nicht zu, denn bei den in Art. 1 Nr. 1 zweite Variante sowie Nrn. 2. bis 4. der zweiten Änderungssatzung enthaltenen Neuregelungen handelt es sich lediglich um redaktionelle Änderungen, die keine neue oder zusätzliche Beschwer des Antragstellers zur Folge haben.

19

Durch die Regelungen des Art. 1 Nr. 1 der zweiten Änderungssatzung werden die Beitragstatbestände der Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V in der Fassung der KAG-Novelle 2005 angepasst. Während § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 noch die Tatbestände „Herstellung“, „Aus- und Umbau“, „Verbesserung“, „Erweiterung“ und „Erneuerung“ normierte, beschränkt sich § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V auf die Tatbestände „Anschaffung“ und „Herstellung“.

20

Das in Art. 1 Nr. 1 zweite Variante der zweiten Änderungssatzung normierte Merkmal „Herstellung“ entspricht dem bereits in der Ursprungsfassung der Satzung enthaltenen gleichlautenden Merkmal. Sowohl unter Geltung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 als auch unter Geltung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V war bzw. ist die Erhebung von Anschlussbeiträgen in der Regel nur unter dem Gesichtspunkt der Herstellung möglich. Der Anwendungsbereich der übrigen Beitragstatbestände des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 beschränkte sich auf den Bereich des Straßenbaubeitragsrechts. Dem entspricht die Neuregelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Für die Erhebung von Anschlussbeiträgen gilt: Maßgeblich ist nicht die Qualität einer bestimmten Einzelmaßnahme. Mit Blick auf das im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen geltende Gesamtanlagenprinzip kommt es für die Erhebung eines Herstellungsbeitrages nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V lediglich darauf an, ob sich die Einrichtung (noch) in der Herstellungsphase befindet, weil sie ihre Endausbaustufe nicht erreicht hat. Hat sie ihre Endausbaustufe dagegen erreicht, kommt eine Erneuerung i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in Betracht. Innerhalb dieser beiden Phasen ist die Einordnung einer bestimmten Einzelmaßnahme entbehrlich. So ist es in Fällen, in denen die Anlage ihre Endausbaustufe noch nicht erreicht hat, ohne Belang, ob die Umgestaltung eines vorhandenen Mischwasserkanals in einen Schmutz- und einen Niederschlagswasserkanal einen „Umbau“ darstellt, ob die Anbindung eines neu entstandenen Wohngebiets eine „Erweiterung“ oder ob der Austausch einzelner Komponenten eines Klärwerks eine „Verbesserung“ darstellt. Denn bei den genannten Maßnahmen handelt sich jeweils um unselbstständige Kostenfaktoren des Merkmals „Herstellung“. Diese Betrachtungsweise entspricht der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifwald zu § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993. So hat es zur Beitragsfähigkeit der Sanierung vorhandener Kanäle ausgeführt, sie bewirke keine belegbare Verbesserung im beitragsrechtlichen Sinne und sei damit lediglich ein unselbstständiger Kostenfaktor, der in die Beitragskalkulation einfließe und über den Herstellungsbeitrag bzw. über Kanalbenutzungsgebühren abgegolten werde (Beschl. v. 21.04.1999 – 1 M 12/99 – juris Rn. 22). In dem Beschluss vom 04. April 2001 (– 1 M 21/00 – juris Rn. 19) hat es ausgeführt, dass die Umstellung eines vorhandenen Mischwassersystems in ein Trennsystem beitragsrechtlich als erstmalige Herstellung anzusehen sei.

21

Art. 1 Nr. 2 der zweiten Änderungssatzung enthält hinsichtlich der Definition des Vollgeschosses statt der bisher normierten Verweisung auf die Landesbauordnung eine mit § 87 Abs. 2 LBauO M-V inhaltsgleiche Vollregelung. Eine materielle Veränderung der Rechtslage ist damit nicht eingetreten.

22

Die in Art. 1 Nr. 3 der zweiten Änderungssatzung enthaltene Regelung, wonach die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entsteht (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V), enthält ebenfalls keine neue oder zusätzliche Beschwer. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des OEufach0000000005 konnte die sachliche Beitragspflicht auch unter Geltung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1993 frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehen (Beschl. v. 03.03.2005 – 1 L 56/04 – S. 4 ff. des Entscheidungsumdrucks, weitere Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 09/2012, § 9 Anm. 7.2). Entsprechendes gilt für die Entstehensregelung in § 8 Abs. 7 KAG 1991. Damit konnte eine unwirksame Satzung entgegen der Auffassung des Antragstellers den Lauf der Festsetzungsfrist nicht auslösen. Seine Ausführungen zur Umgehung abgelaufener Festsetzungsfristen können folglich auf sich beruhen.

23

Die Regelung in Art. 1 Nr. 4 der zweiten Änderungssatzung über die Entstehung eines Anspruchs auf Rückzahlung der Vorausleistung und seiner Verzinsung hat eine lediglich begünstigende Wirkung, so dass die Annahme eines Nachteils oder einer Beschwer von vornherein ausscheidet. Zudem entspricht sie der unmittelbar geltenden Regelung des § 7 Abs. 4 Sätze 4 und 5 KAG M-V. Ihr kommt daher eine lediglich deklaratorische Bedeutung zu.

24

b) In Ansehung des Art. 1 Nr. 1 erste Variante der zweiten Änderungssatzung (Anschaffung) ist der Antrag zwar zulässig. Insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden. Mit der Bekanntmachung der genannten Vorschrift im Güstrower Stadtanzeiger, Ausgabe März 2010 wurde die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf gesetzt, da mit ihr eine zusätzliche Beschwer verbunden ist. Das in § 2 Abs. 1 ABS neu eingefügte Merkmal „Anschaffung“ war in der Anschlussbeitragssatzung in der Fassung der ersten Änderungssatzung nicht enthalten. Mit dem Merkmal wird der Kreis der beitragsfähigen Maßnahmen erweitert (dazu sogleich). Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Beitragsbelastung für den Antragsteller erhöht.

25

Dem Merkmal „Anschaffung“ kommt gegenüber dem Merkmal „Herstellung“ eine eigenständige Bedeutung zu. Zwar bildet auch der Aufwand für die Anschaffung von Ausrüstungsgegenständen eines Klärwerks oder von für den Bau einer Anlage erforderlichen Grundstücksflächen nach dem oben Gesagten lediglich einen unselbstständigen Kostenfaktor im Zuge der erstmaligen Herstellung der Gesamtanlage und wird bereits von dem Merkmal „Herstellung“ erfasst. Mit der Einfügung des Merkmals „Anschaffung“ in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V (und § 2 Abs. 1 ABS) wird darüber hinaus aber der Aufwand für die Übernahme bereits vorhandener privater Anlagen der Wasserversorgung oder Abwasserbehandlung in die öffentliche Einrichtung beitragsfähig gemacht (Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O. Anm. 2.5.3). Bestätigt wird diese Auslegung durch die Gesetzgebungsmaterialien (RegE, LT-Drs. 4/1307, S. 45). Die dort zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gemachten Ausführungen in Bezug auf die Anschaffung einer vorhandenen Einrichtung (Privatstraße) sind auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen übertragbar.

26

Allerdings ist der Antrag insoweit unbegründet. Die Bestimmung ist ersichtlich mit höherrangigem Recht vereinbar und damit rechtmäßig. Die Einfügung des Merkmals „Anschaffung“ in § 2 Abs. 1 ABS entspricht den Maßgaben des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Zweifel an der Wirksamkeit des Kommunalabgabengesetzes und damit auch der Bestimmung des § 9 Abs. 1 KAG M-V bestehen nicht. Sie folgen weder aus dem Umstand, dass das Gesetz „nicht begründet“ ist – ein solches Begründungserfordernis besteht weder nach nationalen Recht noch nach Gemeinschaftsrecht (eingehend: VG Schwerin, Urt. v. 29.08.2011 – 8 A 384/10 – S. 14 f. des Entscheidungsumdrucks), noch aus dem Umstand, dass ein früher am OEufach0000000005 tätiger Richter an der Ausarbeitung der KAG-Novelle 2005 „mitgewirkt“ hat (Senatsurteil v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 – juris Rn. 21).

27

Art. 1 Nr. 1 erste Variante der zweiten Änderungssatzung leidet schließlich auch nicht an einem formell-rechtlichen Fehler. Insbesondere ist die zweite Änderungssatzung entsprechend den Maßgaben in § 11 der Hauptsatzung der Barlachstadt A-Stadt vom 02. August 2006 (Hauptsatzung 2006 – HS 2006) ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Die Bekanntmachung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Hauptsatzung ihrerseits fehlerhaft und damit nichtig wäre. Insbesondere ist das Stadtgebiet in § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HS 2006 i.Vm. der als Anlage beigefügten Karte ordnungsgemäß bezeichnet. Die Hauptsatzung 2006 weist damit den vom Antragsteller in Bezug auf die Hauptsatzung 1999 gerügten Fehler nicht auf. Da Gegenteiliges vom Antragsteller nicht geltend gemacht wird, sieht der Senat von weiteren Darlegungen ab.

28

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) bestehen nicht. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).

29

Hinweis:

30

Die Festsetzung des Streitwerts ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 Gerichtskostengesetz (GKG) unanfechtbar.

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.