Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 29. Nov. 2017 - 1 M 499/17


Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.266,68 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Durch Bescheid vom 16. März 2015 (15-5011) zog der Antragsgegner den Antragsteller zu Anschlussbeiträgen (Schmutz- und Niederschlagswasser) in Höhe von 31.248,63 € für sein Grundstück Gemarkung A-Stadt, Flur A (heute Flurstücke 221 und 222), eingetragen im Grundbuchblatt A, heute Nummer 2, heran. Durch weiteren Bescheid vom gleichen Tage (15-5012) veranlagte der Antragsgegner den Antragsteller zu weiteren Beiträgen in Höhe von 29.818,06 € für das Grundstück Gemarkung A-Stadt, Flur B, heute Flurstücke B/1 und B/2, eingetragen im Grundbuchblatt B, laufende Nummer 3.
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Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und die Aussetzung der Vollziehung beantragt.
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Durch Beschluss vom 27. Juni 2017 hat das Verwaltungsgericht den Antrag als unbegründet abgelehnt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide beständen nicht. Die Abwasserbeitragssatzung des Antragsgegners vom 24. Oktober 2013, in der Fassung der Änderungssatzung vom 26. März 2015, sei nach dem im Eilverfahren geltenden Prüfungsumfang wirksam. Die Rechtsanwendung durch den Antragsgegner begegne keinen Bedenken. Der Antragsteller sei persönlich beitragspflichtig. Der Beitragsanspruch sei nicht infolge von Festsetzungsverjährung (§ 47 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V) erloschen. Erst mit Inkrafttreten der Abwasserbeitragssatzung vom 24. Oktober 2013 sei die sachliche Beitragspflicht entstanden, da diese Satzung die erste wirksame Satzung des Antragsgegners sei. Die Beitragserhebungsmöglichkeit habe sich zudem weder verflüchtigt noch verstoße die Beitragserhebung gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das Verwaltungsgericht hat sich in diesen Rechtsfragen der Rechtsprechung des erkennenden Senates angeschlossen, siehe u. a. das Urt. vom 6. September 2016 – 1 L 212/13 -, rechtskräftig durch BVerwG, Beschl. vom 18. Mai 2017 – 9 B 71.16 –. Der Senat hat in dieser Entscheidung seinerseits die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts sowie die gesetzliche Neufassung des § 12 Abs. 2 KAG M-V (i. d. F. vom 14. Juli 2016) ausgewertet. Soweit der Antragsteller gemeint habe – so führt das Verwaltungsrecht weiter aus –, den mit dem Antragsgegner geschlossenen Kaufverträgen sei klar zu entnehmen, dass der vereinbarte Kaufpreis auch die Kosten für die Herstellung der Schmutz- und Niederschlagswasseranlagen umfasse, könne dies im Rahmen des Eilverfahren nicht geprüft werden, weil der Antragsteller die Verträge dem Gericht nicht vorgelegt habe.
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Mit seiner am 21. Juli 2017 erhobenen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Aussetzungsbegehren weiter. Im Beschwerdeverfahren legt er insbesondere die vier notariellen Verträge vom 14. Mai 1997, 27. Mai 1999, 28. Mai 2001 und vom 16. Dezember 2010 vor, mit denen er Grundstücke bzw. Erbbaurechte von dem Antragsgegner erworben hat. Der Antragsteller verweist im Wesentlichen darauf, in den § 7 der Verträge vom 14. Mai 1997 und 27. Mai 1999 sei vereinbart worden, der Kaufpreis beinhalte auch die Kosten für die Herstellung der Schmutz- und Niederschlagswasseranlagen. Zudem verweist er auf § 16 des Erbbaurechtsvertrages vom 28. Mai 2001, aus dem der Antragsteller gleichfalls eine Freistellung von den hier streitigen Beiträgen herleitet. Die vom Antragsgegner zu erhebenden Preise seien seinerzeit durch die Stadtverordnetenversammlung bereits in den Jahren 1991/92 festgesetzt worden (siehe Sitzungsprotokoll vom 14. November 1991). Daher sei nicht zwingend vorausgesetzt, dass bei der Beschlussfassung bereits eine Satzung zur Beitragserhebung vorhanden gewesen sei oder dass sich zumindest aufgrund durchgeführter Kalkulationen die künftige Beitragshöhe schon habe bestimmen lassen (analog BVerwG, Urt. vom 30. Mai 2012 – 9 C 5.11 -). Die Stadt A-Stadt habe die Flächen mit den günstigen Preisen zum Zwecke der Ansiedlung von Gewerbebetrieben beworben. Der Erhebung von Beiträgen nach Jahrzehnten stehe der Einwand der arglistigen Täuschung entgegen. Schließlich seien die Beiträge verwirkt.
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Der Antragsgegner ist dem Beschwerdevorbringen entgegengetreten.
II.
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Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache unbegründet. Die mit der Beschwerde dargelegten und nach § 146 Abs. 4 VwGO nur zu prüfenden Gründe wecken beim Senat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit den streitigen Abgabenfestsetzungen (§ 80 Abs. 4 VwGO), sodass das Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt hat (§ 80 Abs. 5 VwGO).
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird lediglich kurz darauf verwiesen, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung den rechtlichen Ansatz des Verwaltungsrechts teilt, dass die sachliche Beitragspflicht erst mit Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung des Antragsgegners, hier vom 24. Oktober 2013, hat entstehen können. Daher scheidet, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, eine Verjährung der abgabenrechtlichen Ansprüche aus. Im Hinblick auf die sogenannte Verflüchtigung von abgabenrechtlichen Ansprüchen kann auf die bereits vom Verwaltungsgericht zitierte Urteile des Senates vom 6. September 2016 verwiesen werden. Durch den rechtskräftigen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 2017 ist die Rechtslage geklärt. Nach § 12 Abs. 2 KAG M-V, in der hier anzuwendenden Fassung 2016, sind die hier streitigen Ansprüche noch nicht verjährt.
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Wesentlicher Vortrag des Beschwerdeverfahrens ist, dass durch die oben genannten vier Verträge die Erhebung der hier streitigen Beiträge ausgeschlossen sei. Dem folgt der Senat nicht.
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Die Regelungen des jeweiligen § 7 der Kaufverträge vom 14. Mai 1997 und 27. Mai 1999 sind nach Lage der Akten nichtig. Zum einen sind die einzelnen Regelungen des § 7 in sich nicht kongruent, d. h., der Wille der Vertragsparteien müsste gegebenenfalls noch durch Auslegung im Hauptsacheverfahren ermittelt werden. Da die hier streitigen Beiträge nicht unter § 127 Abs. 1 BauGB, sondern unter § 127 Abs. 4 BauGB fallen, könnte die Auslegung ergeben, dass der Kaufpreis die diesbezüglichen Kosten gerade nicht umfasst, siehe den letzten Absatz des § 7.
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Zum anderen führte auch die für den Antragsteller günstigste Auslegung zu keinem anderen Ergebnis. Im vorangegangen Absatz heißt es zwar, dass der Kaufpreis auch die Kosten der Schmutz- und Regenwasseranlagen „bis zum hergestellten Anschluss“ beinhalte. Wird zugunsten des Antragstellers diese Passage des § 7 als maßgeblich angesehen, so ist der § 7 insoweit aber nichtig, da er gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Seit Inkrafttreten des KAG M-V 1993 besteht im Bereich der leitungsgebundenen Anlagen eine Beitragserhebungspflicht. Ein Abgabenverzicht verstößt gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) und ist daher nichtig. Lediglich eine Ablösungsvereinbarung auf der Basis von wirksamen Ablösungsbedingungen kann anstelle einer Beitragserhebung getroffen werden. Dieses im vorliegenden Fall aber gerade nicht geschehen.
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Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2012 – 9 C 5.11 - berufen. Diese Entscheidung befasst sich mit der Sondersituation in den neuen Bundesländern in den Jahren 1991 und 1992. Für diesen Zeitraum hat das Bundesverwaltungsgericht aus § 246a Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BauGB 1990 i. V. m. § 54 Abs. 2 Satz 1 BauZVO (GBl. DDR 1990 S. 739 ff.) eine Ermächtigungsgrundlage zum Abschluss eines vertraglichen Beitragsvorausverzichts hergeleitet. Diese Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall aber nicht mehr einschlägig. § 246a Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BauGB 1990 ist am 30. April 1993 außer Kraft getreten. Die hier streitigen Verträge sind erst ab 1997 geschlossen worden. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses galt bereits das KAG M-V 1993, das in § 8 Abs. 1 eine Beitragserhebungspflicht normiert hat.
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Eine Beitragserhebungspflicht besteht zwar dann nicht, wenn der Aufgabenträger die gesamten Investitionskosten der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage durch Gebühren refinanziert. Diese Konstellation ist im Bereich des Antragsgegners aber nicht gewählt worden.
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Damit verbleibt es bei dem Ergebnis, dass jedenfalls die Passage des § 7 der Verträge, auf die der Antragsteller sich beruft, nichtig ist. Ob sich darüber hinaus der gesamte Vertrag als nichtig darstellt, weil eine Teilbarkeitsklausel (sogenannte salvatorische Klausel) fehlt, ist eine Frage, die im Rahmen des vorliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsstreites nicht zu entscheiden ist.
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Im Ergebnis nichts anderes gilt im Hinblick auf den zweiten Abgabenbescheid, der auf den Erbbaurechtskäufen nach den Verträgen vom 28. Mai 2001 und 16. Dezember 2010 basiert. Zum einen ist der Vertrag vom 28. Mai 2001 durch § 16 des Vertrages vom 16. Dezember 2010 aufgehoben worden. Der insoweit allein noch maßgebliche Vertrag vom 16. Dezember 2010 enthält in seinem § 10 die vertragliche Vereinbarung, dass alle ab Vertragsschluss zugegangenen Bescheide vom Erwerber zu bezahlen sind. Dies gilt damit auch für die (erst) am 16. März 2015 erlassenen und hier streitigen Beitragsbescheide.
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Soweit der Antragsteller geltend macht, die Erhebung der Beiträge beruhe auf einer arglistigen Täuschung des Antragstellers bei Vertragsschluss der vier genannten Verträge, ist diese Frage nicht im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreites zu klären. Im Übrigen ist anzumerken, dass jedenfalls § 10 des Vertrages vom 16. Dezember 2010 eine nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßende Regelung dahingehend beinhaltet, dass künftige Beiträge vom Erwerber (des Erbbaurechts) zu bezahlen sind.
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Soweit der Antragsteller meint, die Beitragsansprüche seien verwirkt, kann dies zur Überzeugung des Senates nach dem Prüfungsmaßstab des vorliegenden Eilverfahrens nicht festgestellt werden. Für den Senat ist zum einen nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner erst mit großem Zeitverzug die Beiträge erhoben hat. Die Festsetzungen erfolgten nach ca. zwei Jahren, nachdem die erste wirksame Beitragssatzung erlassen worden ist. Für den Senat ist ferner nicht ersichtlich, dass durch die zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Verträge ein Vertrauenstatbestand, es würden künftig keine Beiträge mehr erhoben, beim Antragsteller begründet worden ist. Wie die Einreichung des Protokolls der Stadtverordnetenversammlung vom 14. November 1991 zeigt, ist der Antragsteller mit den internen Vorgängen im Bereich des Antragsgegners durchaus vertraut gewesen. Dabei ist ihm sicherlich bekannt geworden, dass politische, aber rechtsferne Vorstellungen dahin gingen, z. B. „Einheimischen-Preise“ zu vereinbaren, und dass die 1991 ins Auge gefassten Grundstückspreise - trotz der zwischenzeitlich erfolgt Wertsteigerungen - auch noch in den Jahren 1997 ff. mit dem Antragsteller vereinbart wurden.
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Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung auch des Senates für Verträge z. B. aus den Jahren 1996 und 2001, d. h. nach Abschluss der unmittelbaren Umbruchsituation nach der Wende, zu dem Grundsatz zurückgekehrt ist, dass eine Vereinbarung über eine sogenannte verdeckte Ablösung von Beiträgen in einem Kaufvertrag unzulässig ist (OVG Greifswald, Beschl. vom 23. Februar 2004 – 1 M 10/04 –, Rn. 12, m. w. N.).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
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Hinweis:
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.
(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind
- 1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze; - 2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege); - 3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind; - 4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind; - 5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.
(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).
(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Anlässlich der Neubekanntmachung eines Flächennutzungsplans nach § 6 Absatz 6 sollen die in § 5 Absatz 4a bezeichneten Gebiete nach Maßgabe dieser Bestimmung nachrichtlich übernommen und vermerkt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.