Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 01. November 2012 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg, Az.: 11 O 2008/11, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 46.431,27 € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit den §§ 2, 6 Satz 1 ZPO).

Gründe

I.

1

Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Versicherungsleistung in Höhe von 46.431,27 € wegen eines Sturmschadens, der an Scheune und Wohnhaus des Klägers am 01. Juli 2009 entstanden sein soll.

2

Der Kläger schloss bei der Beklagten eine im Versicherungsschein vom 12. November 2007 (Bl. 10 - 12 d. A.) dokumentierte Landwirtschaftliche Versicherung für den Versicherungsort F. Straße 14 in L. ab, die auch eine Sturm- und Hagelversicherung umfasst. Die zerstörte Scheune war zum gleitenden Neuwert auf der Basis einer Versicherungssumme von 9.000 Mark im Jahre 1914 und zum Zeitwert von 50.000 € versichert. Hinsichtlich des Wohnhauses betrugen die entsprechenden Werte 31.000 Mark 1914 als Basis für den gleitenden Neuwert bzw. 150.000 € für den Zeitwert. Dem Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe - Wohngebäude, Wirtschaftsgebäude und Inventar - (ABL 2002 S. ) zugrunde (Bl. 13 - 22 d. A.). Der Versicherungsvertrag sieht für Sturm- und Hagelschäden einen Selbstbehalt in Höhe von 1.000 Euro vor.

3

Die für die Entschädigung eines Sturmschadens maßgebliche Regelung des § 3 in den ABL 2002 S. (im Folgenden nur noch abgekürzt:ABL) lautet wie folgt:

4

§ 3 Sturm- und Hagelversicherung

5

1. Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Sturm oder Hagel zerstört oder beschädigt werden oder infolgedessen abhanden kommen.

6

2. Sturm ist eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/h). Ist diese Windstärke für das im Versicherungsschein bezeichnete Grundstück nicht feststellbar, so wird ein versichertes Sturmereignis unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass

7

a) die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an anderen Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder

8

b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann.

9

Der Kläger hat behauptet, am 01. Juli 2009 gegen 15.30 Uhr habe über seinem Grundstück in der Ortschaft L. ein Sturm mit Windspitzen von über 8 Beaufort geherrscht, der Sturm habe seine Scheune vollständig zerstört und das Dach des versicherten Wohngebäudes beschädigt. Im Umfeld des Versicherungsortes seien Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand der benachbarten Familien A., R., H. und Sch. eingetreten, die deren Gebäudeversicherer anstandslos reguliert hätten.

10

Der Kläger nimmt Bezug auf eine von ihm eingeholte Expertise Wind der M. GmbH vom 22. November 2011 (Bl. 27 - 30 d. A.), in der ausgeführt wird, dass in den Nachmittagsstunden des 01. Juli 2009 zwischen 14.30 und 17.00 Uhr, bezogen auf die Wetterstation T., bei dem Durchzug kräftiger Gewitterzellen mit extremem Niederschlag im Schadensbereich Windböen der Beaufort-Stärke 8 (stürmische Böen) wahrscheinlich seien, aber auch noch etwas stärkere Böen könnten nicht ausgeschlossen werden.

11

Er berechnet die verlangte Entschädigung einerseits auf der Basis des von der Beklagten in Auftrag gegebenen Schadengutachtens des Sachverständigen Dr. Ing. R. vom 12. August 2009 (Bl. 31 - 50 d. A.). Danach beträgt der Zeitwert der zerstörten Scheune 44.646,52 Euro einschließlich Mehrwertsteuer (Bl. 32 d. A.). Für das beschädigte Dach seines Wohnhauses begehrt der Kläger andererseits die Reparaturkosten in Höhe von 2.766,75 Euro gemäß der Rechnung der Z. GmbH vom 24. November 2009 (Bl. 51 - 52 d. A.). Von dem so berechneten Gesamtschaden hat er den vereinbarten Selbstbehalt von 1.000 Euro abgezogen.

12

Der Kläger hat dementsprechend beantragt,

13
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 46.431,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. August 2009 zu zahlen,
14
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.641,96 Euro außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15

Die Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie hat bestritten, dass am 01. Juli 2009 in der vom Kläger angegebenen Zeit ein Sturm der Windstärke von mindestens 8 Beaufort in L. geherrscht habe oder wetterbedingte Luftbewegungen in der Umgebung wesentliche Schäden in größerer Zahl an anderen Gebäuden in einwandfreiem Bauzustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hätten. Die Betrachtung der umliegenden Gebäude durch den Sachverständigen R. habe gerade keine diesbezüglichen Hinweise ergeben. Dieser habe bei der Besichtigung der Gebäude vielmehr festgestellt, dass für den Totaleinsturz der Scheune eine Schwächung der Tragkraft der Dachsparren durch Schädlingsbefall, Nässebelastung und Ankohlung der Balken durch ein Brandereignis vorrangig auf der Nordwestseite ursächlich gewesen sei.

18

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes vom 01. Juni 2012 (Bl. 98 - 111 d. A.) und die Sachverständige L. in der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2012 ergänzend angehört (Bl. 136 - 138 d. A.).

19

Der Klage wurde sodann vollen Umfanges durch Urteil vom 01. November 2012 (Bl. 148 - 153 d. A.) stattgegeben, dessen wesentliche Begründung wie folgt lautet:

20

Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe aus dem Versicherungsvertrag sowie auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Gemäß den §§ 3 Nr. 1, 6 Nr. 4.1 und 4.2 ABL sei die Beklagte ihm zur Zahlung des Zeitwertes der zerstörten bzw. beschädigten Gebäude verpflichtet.

21

Die Kammer sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass über dem Grundstück des Klägers ein Sturm mit der Windstärke 8 Beaufort geherrscht habe. Die Sachverständige habe bei ihrer Anhörung klargestellt, dass der Sturm nach der Wahrscheinlichkeitssystematik von Bayerlein auf der dritten Stufe von oben einer insgesamt zehnstufigen Skala einzuordnen sei und demnach eine Windstärke von 8 Beaufort mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorgelegen habe. Sie habe somit mit der dritthöchsten Wahrscheinlichkeitsstufe ein bedingungsgemäßes Sturmereignis festgestellt.

22

Der Höhe nach schulde die Beklagte die Zahlung des von ihrem Sachverständigen festgestellten Zeitwertes für die zerstörte Scheune. Diesen Schaden könne der Kläger einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer verlangen. Zu ersetzen habe die Beklagte zudem die Kosten der vom Kläger bereits vorgenommenen Dachreparatur seines Wohngebäudes in Höhe von weiteren 2.766,75 Euro brutto.

23

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

24

Sie rügt, das Landgericht habe sich bei der Beweiswürdigung nur auf die Äußerungen der Sachverständigen L. in der Sitzung vom 11. Oktober 2012 beschränkt, ohne sich mit deren schriftlichem Gutachten vom 01. Juni 2012 auseinanderzusetzen. Dieses stütze die angefochtene Entscheidung nämlich nicht. Die Sachverständige habe dort ausgeführt, dass am 01. Juli 2009 zwischen 14.40 und 15.30 Uhr starke Windböen aus nordöstlichen Richtungen mit maximalen Windspitzen der Stärke 6 - 7 Beaufort sehr wahrscheinlich seien und das Auftreten von Windgeschwindigkeiten mit mindestens der Windstärke 8 Beaufort gegen 15.30 Uhr wegen der Entfernung des Gewitterzentrums zu diesem Zeitpunkt jedoch kaum mehr anzunehmen sei.

25

Auch der Privatsachverständige Dr. Ing. R. sei in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass kein versichertes Sturmereignis zu dem Schaden geführt habe, sondern wegen des extrem schlechten Bauzustandes der Scheune bereits eine geringe Belastung durch Winddruck und/oder Windsog zu deren komplettem Einsturz geführt habe. Der Zusammenbruch der Scheune lasse nur den Schluss zu, dass die Tragwirkung der Holzverbindungen durch die festgestellten Holzschäden nicht mehr gewährleistet gewesen sei, sodass auch eine Windböe geringer Stärke ausgereicht habe, das Gebäude in sich zusammenstürzen zu lassen.

26

Die Beklagte beantragt,

27
1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 01. November 2012, Az.: 11 O 2008/11, die Klage abzuweisen,
28
2. hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des vorbezeichneten Urteils des Landgerichts Magdeburg nebst dem zugrunde liegenden Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen.
29

Der Kläger beantragt,

30

die Berufung als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen.

31

Er rügt eine nicht auf den Einzelfall zugeschnittene Berufungsbegründung, was die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge habe. Unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung im Übrigen vertritt er die Auffassung, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden sei. Das Landgericht habe eine ausführliche Würdigung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme vorgenommen und im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen es den Nachweis einer Windstärke von 8 Beaufort als geführt ansehe. Dabei habe es sich sowohl mit den schriftlichen als auch mit den mündlichen Äußerungen der Sachverständigen auseinandergesetzt. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Sachverständige nicht festgestellt, dass eine Windstärke 8 nicht möglich gewesen sei. Vielmehr habe sie von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit gesprochen.

II.

32

Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

33

Dem Kläger steht aus der Sturmversicherung kein nach der Entschädigungsregelung des § 6 Nr. 4.1 lit. a und b ABL sich bemessender Entschädigungsanspruch nach § 3 Nr. 1 ABL wegen der behauptetermaßen am 01. Juli 2009 durch einen Sturm zerstörten Scheune und des angeblich gleichermaßen beschädigten Dachs am Wohngebäude gegen die Beklagte zu, weil er

34
 erstens die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nach § 3 Nr. 2 Satz 1 ABL, das heißt eines dafür nötigen Sturms von mindestens der Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/h), am 01. Juli 2009 gegen 15.30 Uhr nicht nachgewiesen hat (1),
35
 zweitens einen stattdessen in Betracht kommenden Versicherungsfall nach § 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a ABL, wonach ein versichertes Sturmereignis bei sturmbedingten Schäden in der Umgebung an anderen Gebäuden in einwandfreiem Zustand unterstellt wird, nicht substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt hat (2) und schließlich
36
 drittens einen Versicherungsfall nach § 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe b ABL, wonach ein durch Sturm entstandener Schaden wegen des zuvor einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes unterstellt wird, weder vorgetragen hat noch dieser sonst irgendwie festgestellt werden kann (3).
37

1. Ein Anspruch des Klägers auf Entschädigung wegen eines durch Sturm an den versicherten Objekten entstandenen Schadens nach § 3 Nr. 1 ABL ist nicht gegeben, weil ein für einen derartigen Versicherungsfall notwendigerSturm, bestimmt in § 3 Nr. 2 Satz 1ABL als wetterbedingte Luftbewegung von mindestens der Windstärke 8, entgegen der Auffassung des Landgerichts nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht festgestellt werden kann.

38

Soweit das Landgericht gleichwohl nach jener Vorschrift dem Kläger wegen des Sturmschadens einen vertraglichen Leistungsanspruch zuerkannt hat, leidet die angefochtene Entscheidung an einem erheblichen Verfahrensfehler in Form der Verkennung des im vorliegenden Fall anzuwendenden und berufungsrechtlich überprüfbaren Beweismaßes, was einen Verstoß gegen den Grundsatz der zwar freien, aber dennoch gesetzessystematisch gebundenen und inhaltlich vollauf überzeugend sein müssenden Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO darstellt. Diesen Verfahrensfehler kann der Senat ohne erneute Beweiserhebung korrigieren und hat deswegen gemäß § 538 Abs. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.

39

Das Landgericht hat seine Überzeugung, es habe am Schadentag zur angegebenen Tageszeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine wetterbedingte Luftbewegung (Sturm) von teilweise mindestens Windstärke 8 (62 - 74 km/h) geherrscht, auf die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen L. in der mündlichen Anhörung vom 11. Oktober 2012 (Bl. 136/137 d. A.) gestützt, in der diese Folgendes bemerkt hat:

40

Wenn ich ausgeführt habe, dass Windspitzen über 7 Beaufort nicht völlig auszuschließen sind, so lässt sich dies schwierig in Prozentsätzen ausdrücken. Wenn ich aber hierzu befragt werde, ist aber eine Wahrscheinlichkeit von sicherlich über 50 % anzunehmen. Wenn ich von über 50 % gesprochen habe, dann meine ich etwas über 50 %. Die Wahrscheinlichkeiten werden nach dem System von Beierlein [recte: Bayerlein] berechnet. Diese Skala umfasst 10 Stufen von „äußerst unwahrscheinlich“ bis „äußerst wahrscheinlich“. Ich würde im vorliegenden Fall von der Stufe „wahrscheinlich“ ausgehen, bei der es sich um die 3. Stufe von oben und damit die dritthöchste Wahrscheinlichkeit handelt.

41

Nach der Systematik von Beierlein [recte: Bayerlein] heißt „wahrscheinlich“, dass dieses Ereignis mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.

42

In ihrem schriftlichen Gutachten vom 01. Juni 2012 (Bl. 106 d. A.) hatte die Sachverständige demgegenüber u. a. ausgeführt:

43

Aufgrund der unberechenbaren Böigkeit in Gewitternähe bis kurz nach 15:00 Uhr in L. ist auch das Auftreten von Windspitzen über 7 Beaufort nicht völlig auszuschließen.

44

Abgesehen davon, dass sich die Sachverständige bei der Beurteilung der wetterbedingten Luftbewegungen zur Schadenszeit selbst widerspricht, indem sie in ihrem schriftlichen Gutachten das Auftreten von Windspitzen von über 7 Beaufort mit einem geringeren Wahrscheinlichkeitsgrad belegt (… nicht völlig auszuschließen …) als in der mündlichen Verhandlung (… mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eingetreten …), hat das Landgericht mit der Übernahme dieses Wahrscheinlichkeitsgrades für das sicher feststehen müssende Vorliegen eines Sturmereignisses an das Beweismaß als Grad der richterlichen Erkenntnis unter Verstoß gegen die Regelung des § 286 ZPO zu geringe Anforderungen gestellt und somit das Regelbeweismaß für den vom Kläger als Versicherungsnehmer zu erbringenden Vollbeweis eines Sturmereignisses (vgl. dazu Rüffer, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 2. Aufl. 2011, § 4 VGB 2008/2010 Rdnr. 8; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 8 VHB 2000 Rdnr. 1 und 2) verkannt.

45

§ 286 Abs. 1 ZPO verlangt im Unterschied zu Verfahren, die, wie etwa das zum Arrest oder zum Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß den §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO, eine bloße Glaubhaftmachung im Sinne von § 294 Abs. 1 ZPO – und das heißt eben anerkanntermaßen: eineüberwiegende Wahrscheinlichkeit (so statt aller, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, beispielhaft: Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Bd. 1, 4. Aufl., 2013, § 294 Rdnr. 24; BGH, NJW 2003, 3558) – zulassen und genügen lassen, von einem Richter gerade die volle Überzeugung, dass er eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr oder für nicht wahr erachtet. Damit stellt das Gesetz unmissverständlich klar, dass für den Beweis grundsätzlich nicht schon ein bloßes mehr oder minder Für-Wahrscheinlich-Halten genügt, sondern die eben darüber hinaus gehende volle Gewissheit des Richters erforderlich ist, die indes keine absolute Gewissheit im Sinne einer mathematischen Stringenz erreichen muss (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 286 Rdnr. 18; Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 286 Rdnr. 35 f.; Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 286 Rdnr. 5; Foerste, in: Musielak, ZPO, 10. Auflage 2013, § 286 Rdnr. 17 ff.). Die volle Überzeugung, eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr oder unwahr zu erachten, kann der Richter allerdings nicht gewinnen, wenn für die streitige Behauptung nur eine – lediglich und gerade nur die Glaubhaftmachung gemäß § 294 ZPO rechtfertigende – überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht. Mit einem derartigen, nur in speziellen gesetzlichen Ausnahmefällen möglichen Beweismaß geringerer Qualität kann und darf sich der Richter im Rahmen eines gewöhnlichen Zivilverfahrens nicht bescheiden und zufrieden geben.

46

Das vom Kläger eingeholte Gutachten der M. GmbH vom 22. November 2011, das Windstärken von 8 Beaufort nur für wahrscheinlich hält und noch etwas stärkere Böen lediglich nicht ausschließt, erfüllt die Kriterien für das Bewiesensein eines bedingungsgemäßen Sturmereignisses wegen des darin festgestellten geringeren Wahrscheinlichkeitsgrades erst recht nicht.

47

2. Einen Entschädigungsanspruch kann der Kläger auch nicht mit Erfolg auf die Regelung des § 3 Nr. 2 Satz 2lit. a ABL stützen, wonach bei Nichtfeststellbarkeit einer Luftbewegung von mindestens der Windstärke 8 ein versichertes Sturmereignis unterstellt wird, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Luftbewegung in der Umgebung ebenfalls Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen Sachen angerichtet hat.

48

Der Kläger ist bereits der ihm als Gläubiger des Anspruchs obliegenden Pflicht, die Voraussetzungen eines solchen Versicherungsfalls im Einzelnen substantiiert darzulegen, trotz ausdrücklichen Hinweises vonseiten des Senats und Einräumung einer hierzu großzügig bemessenen Einlassungsfrist nicht nachgekommen.

49

Der Kläger hatte erstinstanzlich zunächst pauschal behauptet, dass im Umfeld des Versicherungsortes Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand der benachbarten Familien A., R., H. und Sch. zu verzeichnen gewesen seien, die von den jeweiligen Gebäudeversicherern anstandslos reguliert worden seien (Bl. 6 d. A.).

50

Diesem Vortrag stehen bereits die Feststellungen des von der Beklagten eingeschalteten Sachverständigen Dr. Ing. R. in seinem Schadengutachten vom 12. August 2009 entgegen, der den Schadensort am 02. Juli 2009, mithin einen Tag nach dem Schadenfall, besichtigt und ausgeführt hat (Bl. 35 d. A.):

51

An weiteren Gebäuden im Ort und in der Umgebung waren jedoch keine Schäden erkennbar, die auf Windeinwirkung oder Hagel hinweisen. In der unmittelbaren Umgebung befinden sich Gebäude, insbesondere Nebengebäude (…), die einen erheblichen Instandhaltungsrückstau aufweisen und trotzdem keine typischen Sturmschäden zeigen.

52

Da ein Versicherungsfall nach § 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a ABL dennoch in Betracht gekommen wäre, ist der Kläger laut Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2013 (Bl. 199 d. A.) speziell auf seinen hierzu bislang nicht zureichend ausführlichen, vielmehr einer weiteren Substantiierung im Detail wie auch der Angabe zweckdienlicher Beweismittel bedürftigen Vortrag hingewiesen worden, und ihm ist – nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens im beiderseits erklärten Einverständnis der Parteien mit einem Ende der Schriftsatzfrist gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO zum 04. Juli 2013 – eine Frist zur abschließenden Ergänzung namentlich seines diesbezüglichen Vorbringens bis zum 31. Mai 2013 eingeräumt worden (Bl. 200 d. A.).

53

Im folgenden Schriftsatz vom 30. Mai 2013 (Bl. 206 - 208 d. A.) hat der Kläger indes wiederum nur auf seinen bisherigen, bereits als unzulänglich monierten Vortrag in der Klageschrift (Bl. 6 d. A.) pauschal Bezug genommen und lediglich ergänzend – zudem ohne ordnungsgemäßen Beweisantritt durch Individualisierung der Zeugen und Angabe ihrer ladungsfähigen Anschriften – in aller Kürze vortragen lassen, dass an dem in einwandfreiem Zustand befindlichen Gebäude der benachbarten Familie P. sturmbedingte Schäden zu verzeichnen gewesen seien. Allein mit diesem jeglichen notwendigen Vortrag im Detail zu den rechtsbegründenden Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nach § 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a ABL vermissen lassenden Vorbringen hat der Kläger nach wie vor einen schlüssigen Anspruch nicht darzulegen vermocht.

54

Sein Antrag laut Schriftsatz vom 04. Juli 2013 (Bl. 212 d. A.), die ihm gesetzte und seit Langem abgelaufene Erklärungsfrist nochmals zu verlängern, ist durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 08. Juli 2013, auf die zwecks Meidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen sei (Bl. 213 d. A.), als unbegründet zurückgewiesen worden.

55

3. Einen Versicherungsfall gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2lit. b ABL, wonach ein versichertes Sturmereignis abweichend von Satz 1 der Vorschrift auch dann noch unterstellt wird, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann, hat der Kläger bereits selbst nicht vorgetragen, noch ist ein derartiger Fall sonst wo anhand der Akte feststellbar.

56

Vielmehr hat diese Alternative gerade der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Dr. Ing. R. ausgeschlossen, der nämlich den stark sanierungsbedürftigen Zustand der Scheune und deren Vorschäden in seinem Schadengutachten vom 12. August 2009 im Einzelnen beschrieben hat (Bl. 31 - 38 d. A., insbesondere Bl. 33 u. 35 d. A.).

III.

57

Die Kostenentscheidung zulasten des vollen Umfanges mit seiner Klage unterliegenden Klägers folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

58

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils entspricht den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

IV.

59

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder hat die maßgeblich von den Besonderheiten des Einzelfalles geprägte Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


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Landgericht Magdeburg Urteil, 01. Nov. 2012 - 11 O 2008/11

bei uns veröffentlicht am 01.11.2012

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 46.431,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 14. August 2009 zu zahlen. 2. Die Beklagte wird ferner verur
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Landgericht München I Endurteil, 19. Dez. 2014 - 23 O 22263/12

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Gründe Landgericht München I Az.: 23 O 22263/12 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 19.12.2014 In dem Rechtsstreit ... - Kläger - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... gegen ... - Beklagte

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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 46.431,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 14. August 2009 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.641,96 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18. Januar 2012 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Gebäude-Sturm-Versicherung in Anspruch.

2

Der Kläger ist als Landwirt tätig und ist Eigentümer des Grundstücks „Straße der F 14 in ... L“. Die Parteien sind über eine mit Wirkung vom 01. November 2007 abgeschlossene „Landwirtschaftliche Versicherung“ miteinander verbunden, zu der ausweislich des Versicherungsscheins vom 12. November 2007 neben einer Gebäude-Feuer-Versicherung auch eine Gebäude-Sturm-Versicherung vereinbart wurde, und zwar zum gleitenden Neuwert. Versichert sollten sein der auf dem Grundstück aufstehende Stall, die Scheune und das Wohnhaus, wobei im Hinblick auf die Scheune eine Versicherungssumme 1914 in Höhe von 9.000,00 M und hinsichtlich des Wohngebäudes eine Versicherungssumme von 31.000,00 M vereinbart wurde. Schließlich vereinbarten die Parteien einen Selbstbehalt in Höhe von 1.000,00 € und sie legten ihrem Vertragsverhältnis die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe (ABL 2002 ÖSA) zugrunde.

3

Der Kläger behauptet, dass am 01. Juli 2009, gegen 15.30 Uhr, über seinem Grundstück ein starker Sturm mit Windspitzen von über Windstärke 8 Beaufort zu verzeichnen gewesen sei. Aufgrund dieses Sturmes sei die Scheune vollständig zerstört und das Dach des versicherten Wohngebäudes beschädigt worden. Durch eindringendes Wasser sei zudem die Wohnzimmerdecke beschädigt worden. Er könne daher von der Beklagten den von ihrem eigenen Sachverständigen geschätzten Zeitwert in Höhe von 44.664,52 € sowie die Kosten für die Reparatur des Daches in Höhe von 2.766,75 € verlangen. Hiervon müsse er sich lediglich die vereinbarte Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,00 € anrechnen lassen. Da die Beklagte ihre Einstandspflicht verweigert habe, befände sie sich im Verzug, so dass er auch außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von ihr ersetzt verlangen könne.

4

Der Kläger beantragt,

5
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 46.431,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 14. August 2009 zu zahlen;
6
2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.641,96 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dem Kläger stehe die verlangte Versicherungssumme weder dem Grunde noch der Höhe nach zu. Ausweislich des von ihr eingeholten Gutachtens könne er lediglich den Nettozeitwert ersetzt verlangen in Höhe von 37.533,21 €. Umsatzsteuer könne der Kläger auf der Basis einer fiktiven Abrechnung nicht verlangen. Unabhängig davon habe es auch an dem vom Kläger geschilderten Sturmereignis gefehlt. Hierfür hätten keinerlei Anzeichen gesprochen. Insbesondere habe sich ein Sturm der Windstärke 8 Beaufort nicht ereignet. Die am Gebäude des Klägers eingetretenen Schäden seien offensichtlich bei einer sehr viel niedrigeren Windstärke entstanden. Die sich ihrem Sachverständigen darstellende Situation am Schadensort sei physikalisch durch einen Sturm nicht erklärbar.

10

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten der Sachverständigen A vom 01.06.2012 wird Bezug genommen. Die Kammer hat die Sachverständige darüber hinaus auch mündlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Sachverständigenanhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. Oktober 2012 Bezug genommen. Bezug genommen wird im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Auch diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage hat insgesamt Erfolg.

12

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 46.431,21 € aus dem zwischen ihnen geschlossenen Versicherungsvertrag. Darüber hinaus kann er von der Beklagten außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.641,96 € gemäß §§ 280, 286 BGB verlangen.

13

Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag und § 3 Nr. 1 ABL 2002 ÖSA hatte die Beklagte sich zur Entschädigung solcher versicherten Sachen verpflichtet, die durch Sturm oder Hagel zerstört oder beschädigt werden. Gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 ABL 2002 ÖSA handelt es sich bei einem Sturm um eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/h). Ist die Windstärke nicht feststellbar, so wird ein versicherten Ereignis unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass

14
a) die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an anderen Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder
15
b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch den Sturm entstanden sein kann.
16

Nach § 6 Nr. 4.1 der ABL 2002 ÖSA werden bei zerstörten Sachen der Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles bzw. bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten ersetzt. Nach § 6 Nr. 4.2 der genannten ABL 2002 ÖSA kann der Versicherungsnehmer den Anspruch auf die Versicherungsleistung nur zum Zeitwert geltend machen, wenn er nicht die Wiederherstellung innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren sicherstellt.

17

Nach Maßgabe dieser Vorschriften kann der Kläger von der Beklagten Sturmschäden in einer Gesamthöhe von 46.431,27 € ersetzt verlangen.

18

Zunächst ist die Kammer infolge der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass über dem Grundstück des Klägers in L ein Sturm mit der Windstärke 8 Beaufort geherrscht hat. Dem Kläger ist der ihm obliegenden Nachweis gelungen, dass ein Sturm im Sinne der Bedingungen vorgelegen hat.

19

Die Sachverständige hat insbesondere in ihrer Anhörung am 11. Oktober 2012 klargestellt, dass der hier in Rede stehende Sturm nach der von ihr zugrunde zu legenden Wahrscheinlichkeitssystematik von Bayerlein auf der dritten Stufe von oben von einer 10-stufigen Skala einzuordnen sei und eine Windstärke von 8 Beaufort demnach mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ stattgefunden habe. Die Sachverständige hat demnach mit der „dritthöchsten Wahrscheinlichkeitsstufe“ ein bedingungsgemäßes Sturmereignis festgestellt.

20

An der Sachkunde der Sachverständigen hatte die Kammer keinen Anlass zu Zweifeln. Die Sachverständige war sowohl in ihrem schriftlichen Gutachten als auch im Rahmen ihrer mündlichen Erläuterung erkennbar darum bemüht, der Kammer sowohl ihre tatsächlichen Ergebnisse, aber auch ihre wissenschaftlichen Schlussfolgerungen nahe zu bringen. Insbesondere die hier streitentscheidenden Wahrscheinlichkeitseinstufungen nach Beyerlein wurden erst durch die mündlichen Ausführungen der Sachverständigen deutlich.

21

Steht damit fest, dass über dem Grundstück des Klägers ein Sturm mit der Windstärke 8 Beaufort geherrscht hat, so steht nach der Systematik des § 3 Nr. 2 Satz 2 ABL 2002 ÖSA ein Sturmereignis fest. Auf den sonst dem Versicherungsnehmer möglichen Indizienbeweis kommt es in diesem Fall nicht mehr an.

22

Zu Unrecht beruft die Beklagte sich zudem auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers, und zwar der ihn gemäß § 12 der ABL 2002 ÖSA treffenden Instandhaltungsobliegenheit. Gemäß § 12 Nr. 1 b) ABL 2002 ÖSA hat der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen, insbesondere wasserführende Anlagen und Einrichtungen, Dächer und außen angebrachte Sachen stets in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten und Mängel oder Schäden unverzüglich beseitigen zu lassen. Nach Nr. 2. der genannten Vorschrift hat der Versicherungsnehmer keinen Versicherungsschutz, wenn diese Sicherheitsvorschrift verletzt wird und der Versicherer von seinem Recht Gebrauch macht, den Vertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Verletzung der Sicherheitsvorschrift fristlos zu kündigen. Nach Satz 2 der Ziffer 2. des § 12 ABL 2002 ÖSA hat der Versicherer kein Kündigungsrecht und der Versicherungsschutz bleibt bestehen, wenn die Verletzung der Sicherheitsvorschrift weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

23

Nach Maßgabe dieser Vorschriften entfällt der Versicherungsschutz des Klägers nicht wegen der Verletzung von Instandsetzungsobliegenheiten. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte das Versicherungsverhältnis zum Kläger nicht binnen eines Monats fristlos gekündigt hat, nachdem sie von der von ihr behaupteten Obliegenheitsverletzung Kenntnis erlangt hat. Die Vorschrift will eindeutig sicherstellen, dass der Versicherer nicht über längere Zeit weiter in den Genuss von Prämienzahlzungen gelangt, ohne aber Versicherungsschutz bieten zu müssen. Er soll sich daher endgültig innerhalb einer eindeutigen Frist entscheiden, ob er das Versicherungsverhältnis fortsetzen möchte, obwohl ihm (angebliche) Obliegenheitsverletzungen bekannt geworden sind. Der Beklagten sind die angeblichen Obliegenheitsverletzungen des Klägers durch ihren eigenen Gutachter bekannt geworden. Innerhalb eines Monats hätte die Beklagte kündigen müssen. Dies hat sie nicht getan, so dass der Kläger den Versicherungsschutz nicht verloren hat.

24

Unabhängig davon hat die Beklagte nichts dazu vorgetragen, dass der Kläger die von ihr behaupteten Instandhaltungsobliegenheiten vorsätzlich oder grobfahrlässig missachtet hat. Hierfür fehlt jeglicher Vortrag, so dass es auch an Anknüpfungstatsachen fehlte, die ggf. einem Sachverständigen zur Überprüfung hätten vorgelegt werden können.

25

Der Höhe nach schuldet die Beklagte zum einen den von ihrem eigenen Sachverständigen festgestellten Zeitwert. Der Versicherungssachverständige Riedel hat einen Bruttozeitwertschaden in Höhe von 44.664,52 € festgestellt. Diesen Schaden kann der Kläger incl. Mehrwertsteuer ersetzt verlangen.

26

Zu ersetzen hat die Beklagte auch die Kosten der vom Kläger bereits veranlassten Reparatur des beschädigten Daches des Wohngebäudes sowie die Beseitigung des Wasserschadens an der Wohnzimmerdecke in Höhe von 2.766,75 €. Abzüglich der zwischen den Parteien vereinbarten Selbstbeteiligung ergibt sich der tenorierte Gesamtbetrag in Höhe von 46.431,27 €.

27

Die Pflicht zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ergibt sich aus §§ 280, 286 BGB. Die Beklagte hat innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Entschädigungsleistungen gezahlt, so dass sie sich in Verzug befand und daher auf die nicht anrechenbare Kosten der Rechtsverfolgung zu begleichen hat.

28

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

29

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 46.431,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 14. August 2009 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.641,96 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18. Januar 2012 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Gebäude-Sturm-Versicherung in Anspruch.

2

Der Kläger ist als Landwirt tätig und ist Eigentümer des Grundstücks „Straße der F 14 in ... L“. Die Parteien sind über eine mit Wirkung vom 01. November 2007 abgeschlossene „Landwirtschaftliche Versicherung“ miteinander verbunden, zu der ausweislich des Versicherungsscheins vom 12. November 2007 neben einer Gebäude-Feuer-Versicherung auch eine Gebäude-Sturm-Versicherung vereinbart wurde, und zwar zum gleitenden Neuwert. Versichert sollten sein der auf dem Grundstück aufstehende Stall, die Scheune und das Wohnhaus, wobei im Hinblick auf die Scheune eine Versicherungssumme 1914 in Höhe von 9.000,00 M und hinsichtlich des Wohngebäudes eine Versicherungssumme von 31.000,00 M vereinbart wurde. Schließlich vereinbarten die Parteien einen Selbstbehalt in Höhe von 1.000,00 € und sie legten ihrem Vertragsverhältnis die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe (ABL 2002 ÖSA) zugrunde.

3

Der Kläger behauptet, dass am 01. Juli 2009, gegen 15.30 Uhr, über seinem Grundstück ein starker Sturm mit Windspitzen von über Windstärke 8 Beaufort zu verzeichnen gewesen sei. Aufgrund dieses Sturmes sei die Scheune vollständig zerstört und das Dach des versicherten Wohngebäudes beschädigt worden. Durch eindringendes Wasser sei zudem die Wohnzimmerdecke beschädigt worden. Er könne daher von der Beklagten den von ihrem eigenen Sachverständigen geschätzten Zeitwert in Höhe von 44.664,52 € sowie die Kosten für die Reparatur des Daches in Höhe von 2.766,75 € verlangen. Hiervon müsse er sich lediglich die vereinbarte Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,00 € anrechnen lassen. Da die Beklagte ihre Einstandspflicht verweigert habe, befände sie sich im Verzug, so dass er auch außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von ihr ersetzt verlangen könne.

4

Der Kläger beantragt,

5
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 46.431,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 14. August 2009 zu zahlen;
6
2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.641,96 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dem Kläger stehe die verlangte Versicherungssumme weder dem Grunde noch der Höhe nach zu. Ausweislich des von ihr eingeholten Gutachtens könne er lediglich den Nettozeitwert ersetzt verlangen in Höhe von 37.533,21 €. Umsatzsteuer könne der Kläger auf der Basis einer fiktiven Abrechnung nicht verlangen. Unabhängig davon habe es auch an dem vom Kläger geschilderten Sturmereignis gefehlt. Hierfür hätten keinerlei Anzeichen gesprochen. Insbesondere habe sich ein Sturm der Windstärke 8 Beaufort nicht ereignet. Die am Gebäude des Klägers eingetretenen Schäden seien offensichtlich bei einer sehr viel niedrigeren Windstärke entstanden. Die sich ihrem Sachverständigen darstellende Situation am Schadensort sei physikalisch durch einen Sturm nicht erklärbar.

10

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten der Sachverständigen A vom 01.06.2012 wird Bezug genommen. Die Kammer hat die Sachverständige darüber hinaus auch mündlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Sachverständigenanhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. Oktober 2012 Bezug genommen. Bezug genommen wird im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Auch diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage hat insgesamt Erfolg.

12

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 46.431,21 € aus dem zwischen ihnen geschlossenen Versicherungsvertrag. Darüber hinaus kann er von der Beklagten außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.641,96 € gemäß §§ 280, 286 BGB verlangen.

13

Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag und § 3 Nr. 1 ABL 2002 ÖSA hatte die Beklagte sich zur Entschädigung solcher versicherten Sachen verpflichtet, die durch Sturm oder Hagel zerstört oder beschädigt werden. Gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 ABL 2002 ÖSA handelt es sich bei einem Sturm um eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/h). Ist die Windstärke nicht feststellbar, so wird ein versicherten Ereignis unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass

14
a) die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an anderen Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder
15
b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch den Sturm entstanden sein kann.
16

Nach § 6 Nr. 4.1 der ABL 2002 ÖSA werden bei zerstörten Sachen der Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles bzw. bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten ersetzt. Nach § 6 Nr. 4.2 der genannten ABL 2002 ÖSA kann der Versicherungsnehmer den Anspruch auf die Versicherungsleistung nur zum Zeitwert geltend machen, wenn er nicht die Wiederherstellung innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren sicherstellt.

17

Nach Maßgabe dieser Vorschriften kann der Kläger von der Beklagten Sturmschäden in einer Gesamthöhe von 46.431,27 € ersetzt verlangen.

18

Zunächst ist die Kammer infolge der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass über dem Grundstück des Klägers in L ein Sturm mit der Windstärke 8 Beaufort geherrscht hat. Dem Kläger ist der ihm obliegenden Nachweis gelungen, dass ein Sturm im Sinne der Bedingungen vorgelegen hat.

19

Die Sachverständige hat insbesondere in ihrer Anhörung am 11. Oktober 2012 klargestellt, dass der hier in Rede stehende Sturm nach der von ihr zugrunde zu legenden Wahrscheinlichkeitssystematik von Bayerlein auf der dritten Stufe von oben von einer 10-stufigen Skala einzuordnen sei und eine Windstärke von 8 Beaufort demnach mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ stattgefunden habe. Die Sachverständige hat demnach mit der „dritthöchsten Wahrscheinlichkeitsstufe“ ein bedingungsgemäßes Sturmereignis festgestellt.

20

An der Sachkunde der Sachverständigen hatte die Kammer keinen Anlass zu Zweifeln. Die Sachverständige war sowohl in ihrem schriftlichen Gutachten als auch im Rahmen ihrer mündlichen Erläuterung erkennbar darum bemüht, der Kammer sowohl ihre tatsächlichen Ergebnisse, aber auch ihre wissenschaftlichen Schlussfolgerungen nahe zu bringen. Insbesondere die hier streitentscheidenden Wahrscheinlichkeitseinstufungen nach Beyerlein wurden erst durch die mündlichen Ausführungen der Sachverständigen deutlich.

21

Steht damit fest, dass über dem Grundstück des Klägers ein Sturm mit der Windstärke 8 Beaufort geherrscht hat, so steht nach der Systematik des § 3 Nr. 2 Satz 2 ABL 2002 ÖSA ein Sturmereignis fest. Auf den sonst dem Versicherungsnehmer möglichen Indizienbeweis kommt es in diesem Fall nicht mehr an.

22

Zu Unrecht beruft die Beklagte sich zudem auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers, und zwar der ihn gemäß § 12 der ABL 2002 ÖSA treffenden Instandhaltungsobliegenheit. Gemäß § 12 Nr. 1 b) ABL 2002 ÖSA hat der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen, insbesondere wasserführende Anlagen und Einrichtungen, Dächer und außen angebrachte Sachen stets in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten und Mängel oder Schäden unverzüglich beseitigen zu lassen. Nach Nr. 2. der genannten Vorschrift hat der Versicherungsnehmer keinen Versicherungsschutz, wenn diese Sicherheitsvorschrift verletzt wird und der Versicherer von seinem Recht Gebrauch macht, den Vertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Verletzung der Sicherheitsvorschrift fristlos zu kündigen. Nach Satz 2 der Ziffer 2. des § 12 ABL 2002 ÖSA hat der Versicherer kein Kündigungsrecht und der Versicherungsschutz bleibt bestehen, wenn die Verletzung der Sicherheitsvorschrift weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

23

Nach Maßgabe dieser Vorschriften entfällt der Versicherungsschutz des Klägers nicht wegen der Verletzung von Instandsetzungsobliegenheiten. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte das Versicherungsverhältnis zum Kläger nicht binnen eines Monats fristlos gekündigt hat, nachdem sie von der von ihr behaupteten Obliegenheitsverletzung Kenntnis erlangt hat. Die Vorschrift will eindeutig sicherstellen, dass der Versicherer nicht über längere Zeit weiter in den Genuss von Prämienzahlzungen gelangt, ohne aber Versicherungsschutz bieten zu müssen. Er soll sich daher endgültig innerhalb einer eindeutigen Frist entscheiden, ob er das Versicherungsverhältnis fortsetzen möchte, obwohl ihm (angebliche) Obliegenheitsverletzungen bekannt geworden sind. Der Beklagten sind die angeblichen Obliegenheitsverletzungen des Klägers durch ihren eigenen Gutachter bekannt geworden. Innerhalb eines Monats hätte die Beklagte kündigen müssen. Dies hat sie nicht getan, so dass der Kläger den Versicherungsschutz nicht verloren hat.

24

Unabhängig davon hat die Beklagte nichts dazu vorgetragen, dass der Kläger die von ihr behaupteten Instandhaltungsobliegenheiten vorsätzlich oder grobfahrlässig missachtet hat. Hierfür fehlt jeglicher Vortrag, so dass es auch an Anknüpfungstatsachen fehlte, die ggf. einem Sachverständigen zur Überprüfung hätten vorgelegt werden können.

25

Der Höhe nach schuldet die Beklagte zum einen den von ihrem eigenen Sachverständigen festgestellten Zeitwert. Der Versicherungssachverständige Riedel hat einen Bruttozeitwertschaden in Höhe von 44.664,52 € festgestellt. Diesen Schaden kann der Kläger incl. Mehrwertsteuer ersetzt verlangen.

26

Zu ersetzen hat die Beklagte auch die Kosten der vom Kläger bereits veranlassten Reparatur des beschädigten Daches des Wohngebäudes sowie die Beseitigung des Wasserschadens an der Wohnzimmerdecke in Höhe von 2.766,75 €. Abzüglich der zwischen den Parteien vereinbarten Selbstbeteiligung ergibt sich der tenorierte Gesamtbetrag in Höhe von 46.431,27 €.

27

Die Pflicht zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ergibt sich aus §§ 280, 286 BGB. Die Beklagte hat innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Entschädigungsleistungen gezahlt, so dass sie sich in Verzug befand und daher auf die nicht anrechenbare Kosten der Rechtsverfolgung zu begleichen hat.

28

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

29

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.