Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Mai 2015 - 34 Wx 116/15

published on 18/05/2015 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Mai 2015 - 34 Wx 116/15
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Gründe

Oberlandesgericht München

34 Wx 116/15

Beschluss

vom 18.5.2015

AG Starnberg - Grundbuchamt

34. Zivilsenat

Leitsatz:

In der Grundbuchsache

Beteiligte:

1) ...

- Antragstellerin und Beschwerdeführerin

2) ...

- Antragsteller und Beschwerdeführer

- Verfahrensbevollmächtigte zu 1 und 2: ...

wegen Zwischenverfügung (Löschung von Nacherben- und Testamentsvollstreckervermerk)

erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lorbacher, den Richter am Oberlandesgericht Kramer und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwegler am 18. Mai 2015 folgenden Beschluss

I.

Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Starnberg - Grundbuchamt - vom 26. März 2015 wird, soweit sie sich gegen das dort unter Ziffer 2 aufgezeigte Eintragungshindernis des fehlenden Vertretungsnachweises für die Löschungsbewilligung und das aufgezeigte Mittel zur Hebung richtet, zurückgewiesen. Im Übrigen (Erbennachweis gemäß Ziffer 1) wird die Beschwerde als unzulässig verworfen.

II.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000,00 €.

Gründe:

I.

Im Grundbuch ist die Beteiligte zu 1 aufgrund Erbscheins vom 12.10.1990 als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen. Die Zweite Abteilung enthielt unter Nr. 4 einen Nacherben- sowie ein Testamentsvollstreckervermerk. Als Nacherbe ist unter anderem ein Gymnasium der Stadt M. bezeichnet. Laut Vermerk ist die Vorerbin von den gesetzlichen Beschränkungen befreit.

Mit notarieller Urkunde vom 5.8.2014 verkaufte die Beteiligte zu 1 eine Teilfläche aus dem Grundstück an den Beteiligten zu 2. Die Kaufpreisfälligkeit ist darin unter anderem von der Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch abhängig gemacht. Zudem enthält die Urkunde unter Bezugnahme auf die Nachlassakten des Amtsgerichts den Antrag, den Testamentsvollstreckervermerk im Grundbuch zu löschen. Die Testamentsvollstreckung sei aufgrund Ablebens des Testamentsvollstreckers beendet.

Nach Vermessung der Teilfläche erklärten die Beteiligten am 30.9.2014 die Messungsanerkennung und Auflassung des Grundstücks. Unter dem 26.2.2015 beantragte die beurkundende Notarin namens des jeweiligen Kostenschuldners den Vollzug - soweit hier relevant - in folgender Reihenfolge:

1. Löschung des Testamentsvollstreckervermerks 4. Löschung des Nacherbenvermerks

Dem Antrag beigefügt war die Löschungsbewilligung einer Mitarbeiterin des städtischen Sozialreferats, die sich auf eine (Unter-) Vollmacht der berufsmäßigen Stadträtin Brigitte M. vom 16.6.2014 stützte, welche ihrerseits vom Oberbürgermeister am 2.5.2014 gemäß Art. 39 Abs. 2 GO bevollmächtigt worden war, die laufenden Angelegenheiten (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO) zu erledigen, soweit sich dieser nicht die Bearbeitung bestimmter laufender Angelegenheiten allgemein oder im Einzelfall vorbehält. Die Erteilung von Untervollmachten ist gestattet.

Das Grundbuchamt hat am 26.3.2015 eine fristsetzende Zwischenverfügung folgenden Inhalts erlassen:

(1) Die Vorlage der Sterbeurkunde des Testamentsvollstreckers und einer gerichtlichen Entscheidung vom 18.2.2015 über die Aufhebung eines vorinstanzlichen Beschlusses über die Bestellung des Testamentsvollstreckers genüge zur Löschung des Testamentsvollstreckervermerks nicht. Es sei ein Erbschein ohne die Beschränkung der Testamentsvollstreckung vorzulegen oder auf die entsprechende Nachlassakte mit der entsprechenden Urkunde Bezug zu nehmen. Denn das privatschriftliche Testament könne auch im Zusammenhang mit dem Beschluss des Beschwerdegerichts nicht als Nachweis für das Nichtbestehen der Testamentsvollstreckung dienen.

(2) Die Löschungsbewilligung hinsichtlich des Nacherbenvermerks zugunsten des städtischen Gymnasiums in M. sei in (Unter-) Vertretung des Oberbürgermeisters abgegeben. Gemäß Art. 39 Abs. 2 GO könne der Oberbürgermeister seine Befugnisse aber nur in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung übertragen, wozu die Bewilligung zur Löschung eines Nacherbenvermerks als nicht routinemäßig anfallende Angelegenheit nicht gehöre. Auch habe der Stadtrat der Bevollmächtigung der Bediensteten nicht gemäß Art. 39 Abs. 2 GO zugestimmt. Daher seien die erforderliche Zustimmungen des Oberbürgermeisters und des Stadtrats vorzulegen.

Mit der am 27.3.2015 eingelegten Beschwerde hat die Notarin geltend gemacht, dass ein Erbschein ebenso wenig erforderlich sei wie die Zustimmung der Organe der Landeshauptstadt M.. Letzteres ergebe sich aus § 22 Nr. 7 der aktuellen Geschäftsordnung (GeschO) des Stadtrats.

Dieser Beschwerde hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.

Inzwischen sind die Beteiligten der Zwischenverfügung zu Ziff. 1 nachgekommen und haben mit Schreiben vom 8.4.2015 an das Grundbuchamt auf den nun im Nachlassverfahren erwirkten Erbschein ohne die Beschränkung der Testamentsvollstreckung Bezug genommen. Die Notarin hat zudem erklärt, den Antrag vom 26.2.2015 auf Löschung des Nacherbenvermerks wegen des anhängigen Beschwerdeverfahrens „vorerst zurückzunehmen“. Damit seien die übrigen Anträge vollziehbar, insoweit werde um kurzfristige Erledigung gebeten.

Das Grundbuchamt hat daraufhin am 21.4.2015 den Testamentsvollstreckervermerk gelöscht sowie andere - hier nicht erhebliche - Eintragungen vollzogen. Im anhängigen Beschwerdeverfahren ist weiter ausdrücklich Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks gestellt. Zu Ziff. 1 der Zwischenverfügung wird das Rechtsmittel nunmehr mit dem Feststellungsbegehren aufrechterhalten, dass die Vorlage eines Erbscheins für die beantragte Löschung nicht erforderlich gewesen sei und die Zwischenverfügung daher die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt habe.

II.

Die gegen die Zwischenverfügung vom 26.3.2015 gerichtete Beschwerde war zum Zeitpunkt ihrer Einlegung in vollem Umfang und ist zum maßgeblichen (vgl. Demharter GBO 29. Aufl. § 77 Rn. 10) Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch insoweit zulässig, als sie sich gegen Ziff. 2 der Zwischenverfügung mit dem Ziel wendet, eine Sachentscheidung herbeizuführen (§ 71 Abs. 1, § 73 i. V. m. § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 GBO).

1. Die Notarin hat zwar nicht angegeben, für wen sie die Beschwerde einlegt; ersichtlich sind dies aber die Antragsberechtigten als Veräußerer und Erwerber des belasteten Grundstücks, somit beide Urkundsbeteiligte (siehe Demharter § 15 Rn. 20), deren Beschwerdeberechtigung nicht zweifelhaft ist (Demharter § 71 Rn. 57 f.).

a) Soweit die Beschwerde in Bezug auf Ziff. 1 der Zwischenverfügung wegen Erledigung der Hauptsache mit dem Ziel aufrechterhalten wird, eine Rechtsverletzung festzustellen, erweist sie sich als unzulässig. Denn ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Feststellung, dass die Zwischenverfügung die Beteiligten insoweit in ihren Rechten verletzt hat (vgl. § 62 Abs. 1 FamFG), besteht nicht.

Nach § 62 Abs. 1 FamFG, dessen Anwendung für das Grundbuchverfahren nicht ausgeschlossen erscheint und der deshalb in Ermangelung einer eigenständigen Regelung im Grundbuchverfahren prinzipiell Anwendung finden kann (OLG Düsseldorf Rpfleger 2010, 261; OLG Hamm FGPrax 2011, 209; siehe auch Senat vom 17.12.2013, 34 Wx 454/12 = FGPrax 2013, 51; Demharter § 1 Rn. 83), spricht das Beschwerdegericht nach Erledigung der Hauptsache auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

§ 62 FamFG dient der Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung für das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wonach im Einzelfall trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzzieles ein Bedürfnis nach einer gerichtlichen Entscheidung fortbestehen kann, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage besonders geschützt ist (BVerfGE 104, 220, 232 f.; BT-Drucks. 16/6308 S. 205). Während im Regelfall ein Rechtsschutzinteresse des Beteiligten an einer solchen Feststellung nach Erledigung des Verfahrensgegenstandes nicht mehr gegeben ist, weil eine solche Entscheidung keine Regelungswirkung entfaltet, sondern lediglich das Informationsinteresse des Beteiligten befriedigt, kann sich in Ausnahmefällen eben dieses Informationsinteresse als besonders schutzwürdig erweisen.

Regelbeispiele wie in Abs. 2 der Norm aufgeführt, sind vorliegend nicht verwirklicht.

Ein schwerwiegender Grundrechtseingriff (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) ist angenommen worden bei Eingriffen in die Grundrechte der Freiheit der Person (BVerfGE 104, 220 ff.; BVerfG NJW 2013, 3228; BVerfG NJW 1999, 3773; BVerfG NJW 1998, 2432), der Unverletzlichkeit der Wohnung (BVerfG NJW 1997, 2163 ff.; BVerfG vom 5.7.2013 - 2 BvR 370/13, juris), bei gewichtigen Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Durchsuchung eines Strafgefangenen, die mit einer Entkleidung verbunden war: BVerfG vom 05.03.2015 - 2 BvR 746/13, juris) und - in Familiensachen - bei rechtswidrigen Eingriffen in das Umgangsrecht (BVerfG FamRZ 2008, 2258). Indessen hatte die gegenständliche Zwischenverfügung in ihrem erledigten Teil keinen grundrechtsverletzenden Gehalt. Es kann dahinstehen, ob Zwischenverfügungen überhaupt Grundrechtseingriffe bewirken können, weil ein tatsächlich vollzogener Eingriff in die Rechte des Beteiligten bei Erlass einer Zwischenverfügung nicht vorliegt (vgl. OLG Hamm FGPrax 2011, 209; Demharter § 1 Rn. 83). Die konkreten Umstände im Verfahren ergeben jedenfalls nichts, was als schwerwiegender Grundrechtseingriff in Betracht käme. Die Kosten für die Erteilung des Erbscheins oder die wirtschaftlichen Folgen der Verfahrensverzögerung sind jedenfalls nicht von solcher Erheblichkeit.

Eine konkrete Wiederholungsgefahr (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) besteht gleichfalls nicht, denn der Testamentsvollstreckervermerk ist gelöscht und ein Bedürfnis für weitere Einträge in diesem Zusammenhang besteht nicht. Wegen des höchstpersönlichen Charakters des geforderten Feststellungsinteresses reicht es aus, für die anzustellende Prognose allein auf die von der vorliegenden Zwischenverfügung konkret betroffenen Beteiligten abzustellen (OLG München FGPrax 2010, 269; OLG Düsseldorf Rpfleger 2010, 261).

Es fehlt ersichtlich auch an einem sonstigen, mit den gesetzlichen Regelbeispielen vergleichbaren und daher besonders schützenswerten Interesse an der begehrten Feststellung, welches geeignet wäre, die Zulässigkeit der Beschwerde mit dem geänderten Beschwerdeziel zu begründen. Dem zweifelsohne bestehenden verfahrensrechtlichen Kosteninteresse hätte durch eine Beschränkung des Beschwerdeantrags auf die Kosten Rechnung getragen werden können (Demharter § 77 Rn. 10; vgl. auch BGH FGPrax 2012, 91/92).

b) Die zu Ziff. 2 der Zwischenverfügung mit dem Ziel einer Sachentscheidung aufrecht erhaltene Beschwerde erweist sich als zulässig.

Zwar führt die formgerechte (vgl. Demharter § 31 Rn. 7) Rücknahme eines Eintragungsantrags zur Beendigung des Eintragungsverfahrens. Sie bewirkt eine Erledigung i. S. v. § 17 GBO und hat zur Folge, dass in Bezug auf den zunächst wirksam gestellten Antrag ergangene Entscheidungen ohne formelle Aufhebung wirkungslos werden (Demharter § 31 Rn. 12). Ein nachfolgender, wenn auch identischer Antrag ist in diesem Fall als neuer Antrag zu behandeln.

Vorliegend ist die angegriffene Zwischenverfügung jedoch nicht gegenstandslos geworden. Denn die im notariellen Schreiben vom 8.4.2015 abgegebene Erklärung ist trotz der vordergründigen Bestimmtheit ihres Wortlauts („nehme ich ... vorerst zurück“) wegen der vorgenommenen Einschränkung („vorerst“) und der Erläuterung des verfolgten Zwecks unklar und daher auslegungsbedürftig. Als verfahrensrechtliche Erklärungen sind Eintragungsantrag (Demharter § 13 Rn. 15) wie Zurücknahmeerklärung einer Auslegung zugänglich, wobei allerdings die Sicherheit des Grundbuchverkehrs grundsätzlich eine klare Ausdrucksweise verlangt (Demharter § 13 Rn. 16). Dabei gilt § 133 BGB entsprechend, ebenso die allgemeinen grundbuchrechtlichen Auslegungsgrundsätze (Demharter § 13 Rn. 15, § 19 Rn. 28).

Die Auslegung der Erklärung vom 8.4.2015 ergibt unter Berücksichtigung der weiteren in dem Schreiben gegebenen Erläuterung, dass der Eintragungsantrag vom 26.2.2015 nun vollzogen werden solle, und zwar unabhängig vom Vollzug des Antrags auf Löschung des Nacherbenvermerks (vgl. § 16 Abs. 2 GBO). Mit der Erklärung, den Löschungsantrag zum Nacherbenvermerk „vorerst“ zurückzunehmen, damit die übrigen vollziehbaren Eintragungen kurzfristig vorgenommen werden können, ist noch ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass die Weiterverfolgung dieses Löschungsantrags nicht aufgegeben, sondern lediglich an der im Eintragungsantrag zum Ausdruck gebrachten Bestimmung, die mehreren Eintragungen nicht ohne die andere zu erledigen, nicht festgehalten wird. Die in diesem Sinne nur teilweise Antragszurücknahme (Demharter § 31 Rn. 4) hat die Zwischenverfügung vom 26.3.2015 somit nicht gegenstandslos gemacht.

2. Soweit das Grundbuchamt die Löschung des Nacherbenvermerks von der Vorlage einer Zustimmung des Stadtrats zur Bevollmächtigung und Unterbevollmächtigung abhängig gemacht hat, ist die Beschwerde unbegründet.

a) Die vorgewiesene(n) Vollmacht(en) der handelnden Mitarbeiterin der Stadt M. genügt zur Löschungsbewilligung für den Nacherbenvermerk nicht.

Der Oberbürgermeister ist nach Art. 39 Abs. 2 GO zwar befugt, in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung einzelne seiner Befugnisse einem Gemeindebediensteten zu übertragen. Eine darüber hinausgehende Übertragung bedarf jedoch zusätzlich der Zustimmung des Gemeinde- (Stadt-) rats. Eine Vollmacht, die Löschungsbewilligung für einen Nacherbenvermerk zugunsten von Einrichtungen der Stadt abzugeben, überschreitet den Rahmen dieser Befugnisse.

Erteilt der erste Bürgermeister einer bayerischen Gemeinde eine Vollmacht, hat er gegenüber dem Grundbuchamt seine Rechtsmacht hierzu nachzuweisen. Art. 38 Abs. 1 GO begründet nach überkommener Auffassung lediglich das Vertretungsrecht des ersten Bürgermeisters, nicht jedoch seine Vertretungsmacht (vgl. Senat vom 18.6.2010 -34 Wx 065/10, bei juris m. w. N.). Hierzu gehört auch eine Bevollmächtigung in laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen (Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO) und die der erste Bürgermeister deshalb in eigener Zuständigkeit erledigen kann.

Die Abgabe der Löschungsbewilligung nach § 19 GBO für den Nacherbenvermerk zählt jedoch nicht ohne weiteres zu den laufenden Angelegenheiten. Das vormals zuständige Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG Rpfleger 1975, 95) hat hierzu ausgeführt, dass die in Art. 39 GO enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe im Einzelfall die Feststellung einer Reihe tatsächlicher Umstände voraussetzen, die noch dazu von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich gelagert sein können. Deshalb erfordere die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Geschäft eine laufende Angelegenheit der Gemeinde darstellt, eine genauere Kenntnis der Verhältnisse der jeweiligen Gemeinde über einen längeren Zeitraum hinweg. Dies gelte auch für die Entscheidung, ob eine Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung für die Gemeinde habe oder nicht. Auch hierfür bedürfe es, je nach Art der Angelegenheit, eines tieferen Einblicks in die wirtschaftlichen, sozialen, unter Umständen sogar gemeindepolitischen Verhältnisse. Handle es sich nun um ein Grundbuchgeschäft, liege es auf der Hand, dass der erste Bürgermeister in aller Regel außer Stande sei, dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO alle maßgeblichen Umstände nachzuweisen, aus denen sich ergebe, dass das Geschäft in seinen eigenen Zuständigkeitsbereich falle. Jedoch ist es nicht ausgeschlossen, auf vom Gemeinderat aufgestellte Richtlinien nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 GO zurückzugreifen, die beim Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt zu berücksichtigende Vermutung dafür begründen, dass bestimmte Geschäfte den laufenden Angelegenheiten zuzuordnen sind (vgl. zum Ganzen auch Senat vom 4.2.2009, 34 Wx 114/08 = MDR 2009, 405) und deshalb auch eine Übertragung von Befugnissen auf Bedienstete der Gemeinde nach Art. 39 Abs. 2 GO erlauben.

b) Die Abgabe der Löschungsbewilligung für den Nacherbenvermerk fällt auch hier nicht in den Bereich der laufenden Angelegenheiten des Oberbürgermeisters. Für deren Abgabe durch eine Gemeindebedienstete ist deshalb die Genehmigung des Oberbürgermeisters und die Zustimmung des Gemeinderats (Stadtrats) erforderlich.

Von der aktuellen GeschO des Stadtrats (Stand 21.5.2014) ist die Abgabe der Löschungsbewilligung nicht erfasst.

Eine ausdrückliche Zuordnung in § 22 Nr. 5 GeschO gestattet nur die Erteilung von Löschungsbewilligungen für dingliche Rechte. Der Nacherbenvermerk ist kein dingliches Recht, sondern ein bloßer Schutzvermerk.

Die Löschung des Nacherbenvermerks stellt sich weder als Ausschlagung noch als Verwendung einer Erbschaft i. S. v. § 22 Nr. 7 GeschO dar.

Auch Vollmachten können im Grundbuchverkehr zwar ausgelegt werden (§ 133 BGB). Jedoch ist der Grundbuchverkehr auf eindeutige und klare Rechtsverhältnisses angewiesen. Es ist daher erforderlich, Vollmachten eher enger als weiter gehend auszulegen (vgl. Demharter § 19 Rn. 75; aus der Rechtspr. BayObLG Rpfleger 1996, 331). Demnach ist hier nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut nur auf die in der Geschäftsordnung genannten Rechtsgeschäfte und Erklärungen abzustellen. Die aufgelisteten Beispielsfälle stehen zu dem hier inmitten stehenden Rechtsgeschäft nicht in einem quantitativen oder qualitativen Stufenverhältnis, so dass ein Schluss, etwa im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses, von den ausdrücklich benannten Fällen auf den hier vorliegenden Sachverhalt nicht möglich ist.

Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass Rechtsgeschäfte dieser Art und Größenordnung bei einer Stadt von entsprechender Größe und Einwohnerzahl laufend vorkommen würden.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Als Veranlasser haften die Beteiligten für die gerichtlichen Gebühren (§ 22 Abs. 1 GNotKG).

Den Geschäftswert bemisst der Senat mangels sonstiger genügender Anhaltspunkte mit dem Regelwert (§ 79 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 3 GNotKG).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

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Annotations

(1) Für die Eintragungsbewilligung und die sonstigen Erklärungen, die zu der Eintragung erforderlich sind und in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden, können sich die Beteiligten auch durch Personen vertreten lassen, die nicht nach § 10 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vertretungsbefugt sind. Dies gilt auch für die Entgegennahme von Eintragungsmitteilungen und Verfügungen des Grundbuchamtes nach § 18.

(2) Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen.

(3) Die zu einer Eintragung erforderlichen Erklärungen sind vor ihrer Einreichung für das Grundbuchamt von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen. Dies gilt nicht, wenn die Erklärung von einer öffentlichen Behörde abgegeben wird.

(1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Fall ist der Antrag nach dem Ablauf der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist.

(2) Wird vor der Erledigung des Antrags eine andere Eintragung beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so ist zugunsten des früher gestellten Antrags von Amts wegen eine Vormerkung oder ein Widerspruch einzutragen; die Eintragung gilt im Sinne des § 17 als Erledigung dieses Antrags. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amts wegen gelöscht, wenn der früher gestellte Antrag zurückgewiesen wird.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

Werden mehrere Eintragungen beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so darf die später beantragte Eintragung nicht vor der Erledigung des früher gestellten Antrags erfolgen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Einem Eintragungsantrag, dessen Erledigung an einen Vorbehalt geknüpft wird, soll nicht stattgegeben werden.

(2) Werden mehrere Eintragungen beantragt, so kann von dem Antragsteller bestimmt werden, daß die eine Eintragung nicht ohne die andere erfolgen soll.

Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

(2) (weggefallen)

(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.

(1) Soweit eine Entscheidung nach § 78 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in Euro ist,
2.
zumindest für den Regelfall ein fester Wert bestimmt ist oder
3.
sich der Wert nach den Vorschriften dieses Gesetzes unmittelbar aus einer öffentlichen Urkunde oder aus einer Mitteilung des Notars (§ 39) ergibt.
In den Fällen des Satzes 2 setzt das Gericht den Wert nur fest, wenn ein Zahlungspflichtiger oder die Staatskasse dies beantragt, oder wenn es eine Festsetzung für angemessen hält.

(2) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen des Hauptgegenstands oder wegen der Entscheidung über den Geschäftswert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung wegen des Hauptgegenstands Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.