Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 22. Okt. 2015 - 12 U 53/15

bei uns veröffentlicht am22.10.2015

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18.03.2015 - 5 O 92/14 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die private Krankenversicherung der Klägerin bei der Beklagten mit der Versicherungs-Nr. ... nicht durch die Rücktritts- und Kündigungserklärung der Beklagten vom 14.10.2013 beendet worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Fortbestehens eines privaten Krankenversicherungsvertrags.
Am 10.08.2012 beantragte die Klägerin - die zuvor anderweitig privat krankenversichert war - bei der Beklagten den Abschluss eines Krankenversicherungsvertrags. Der Antrag wurde dabei von Herrn H M, der Versicherungsagent der Beklagten war, ausgefüllt.
Der Antrag enthielt unter Ziffer 3 der Erklärung über die Gesundheitsverhältnisse der zu versichernden Person die folgende Gesundheitsfrage:
„Fanden in den letzten 3 Jahren ambulante Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen durch einen Behandler (Ärzte, Heilpraktiker, Psychologen) statt?“
Die Antwort wurde wie folgt aufgenommen:
„[    ] Nein
[X] Ja
Grund?
Erkältung
Befund?
Ohne
Dauer, vorbei?
        
        
        
Durch wen?
Hausarzt
Ausgeheilt:
[    ] Nein
[X] Ja“
        
        
        
Die Klägerin unterzeichnete den Versicherungsantrag.
Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 15.08.2012 den Abschluss der Krankenversicherung und stellte einen Versicherungsschein aus. In diesem ist als Versicherungsbeginn der 01.11.2012 aufgeführt. Am 13.02.2013 stellte die Beklagte einen Versicherungsschein aus, der hiervon abweichend einen Versicherungsbeginn zum 01.03.2013 und geringere Prämienzahlungen ausweist.
Mit Schreiben vom 14.10.2013 erklärte die Beklagte gemäß § 19 Abs. 2 VVG den Rücktritt vom Versicherungsvertrag, hilfsweise die Kündigung desselben. Die Beklagte begründete dies damit, dass die Klägerin wichtige gefahrerhebliche Umstände im Versicherungsantrag verschwiegen habe, nämlich Behandlungen wegen einer Steatosis hepatis (Fettleber) und einer Kalkschulter links. Trotz dieser Erklärung wurden vom Konto der Klägerin noch drei weitere Prämienzahlungen abgebucht.
10 
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, Rücktritt und Kündigung seien nicht wirksam. Sie habe bei der Antragstellung keine Gelegenheit gehabt, das ausgefüllte Formular vollständig zu lesen. Sie hat zunächst vorgetragen, die Fettleber sei am 28.06.2011 bei einer Routineuntersuchung diagnostiziert worden. Dabei handele es sich um eine häufige Erkrankung der Leber mit in der Regel reversibler Einlagerung von Fett, die keine Gefahrneigung aufweise und als reine Bagatellerkrankung einzustufen sei.Weitere Behandlungen hätten dementsprechend auch nicht stattgefunden. Den Vortrag zur Fettleber hat sie dann im weiteren Verlauf unter Bezugnahme auf eine schriftliche Stellungnahme ihres Hausarztes vom 28.11.2014 dahingehend korrigiert, dass zu keinem Zeitpunkt ein Befund von Krankheitswert erhoben worden sei. Die Kalkschulter sei erstmals am 17.10.2012 und damit nach dem Versicherungsantrag diagnostiziert worden.
11 
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
12 
festzustellen, dass die private Krankenversicherung der Klägerin bei der Beklagten mit der Versicherungs-Nr. ... nicht durch den Rücktritt der Beklagten vom 14.10.2013 beendet worden ist, sondern darüber hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
13 
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
15 
Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe ihre Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt. Sie sei bereits vorvertraglich wegen der genannten Erkrankungen in ärztlicher Behandlung gewesen. Die Schmerzen in der linken Schulter seien im Juli 2012 und damit in engem zeitlichen Zusammenhang zur Antragstellung besonders stark gewesen, weswegen sie einen Arzt aufgesucht habe. Bei Kenntnis dieser Erkrankungen beziehungsweise Beschwerden hätte die Beklagte den Versicherungsantrag nicht angenommen. Herr M habe der Klägerin die Antragsfragen einzeln und nacheinander vorgelesen und die Antworten der Klägerin aufgenommen. Die Klägerin habe vor der Unterschriftsleistung ausreichend Gelegenheit gehabt, das ausgefüllte Antragsformular durchzulesen.
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Mit Urteil vom 18.03.2015 hat das Landgericht Mannheim die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe umfassend nach Behandlungen, Beratungen und Untersuchungen gefragt. Diese Frage habe die Klägerin mit „ja“ zunächst zutreffend beantwortet, durch die weitere Angabe „Erkältung“ die Fettleber aber verschwiegen. Es handele sich damit um eine vorsätzliche Anzeigepflichtverletzung. Jedenfalls falle der Klägerin aber grobe Fahrlässigkeit zur Last. Auch die Kalkschulter habe bereits im Juli 2012 vorgelegen. Da die Beschwerden ausweislich des Berichts der A-Klinik vom 17.10.2012 zeitnah vor der Antragstellung am 10.08.2012 „besonders stark“ gewesen seien, liege hier eine vorsätzliche Anzeigepflichtverletzung auf der Hand. Die Eintragungen im Fragebogen beruhten jedenfalls auf den Angaben der Klägerin. Anders sei nicht erklärbar, dass eine Erkältung im Antragsformular aufgenommen worden sei. Auf die beantragte Vernehmung des benannten Vermittlers komme es daher nicht an. Aus der erfolgten Abbuchung weiterer Folgebeiträge lasse sich nicht auf einen Wen der Beklagten schließen, den Versicherungsvertrag fortzusetzen.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die mit ihrem Antrag ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiter verfolgt. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass der Vermittler M ihr gegenüber mitgeteilt habe, dass nur solche Erkrankungen anzugeben seien, die eine längere Behandlung erfordert hätten. Sie sei abschließend von ihm zur Unterschrift aufgefordert worden. Sie habe weder Gelegenheit gehabt, das ausgefüllte Formular im Einzelnen durchzulesen, noch habe sie hierfür Anlass gehabt, nachdem Herr M sie in den vorangegangenen Jahren beanstandungsfrei beraten und betreut habe. Die ursprüngliche Kündigung zum 01.11.2012 bei der vorherigen Krankenversicherung sei zurückgewiesen worden. Nach einer Beschwerde sei die Kündigung zum 01.03.2013 akzeptiert worden. Hiervon habe sie am 18.10.2012 Kenntnis erhalten und deswegen Herrn M getroffen. Dabei habe sie ihm von der am Vortag gestellten Diagnose einer Kalkschulter berichtet. Herr M habe erklärt, dass dies kein Problem darstelle. Wegen einer Verschiebung des Beginns des Krankenversicherungsschutzes bei der Beklagten habe Herr M mit dem Leiter der Krankenabteilung der Beklagten, Herrn W, am 06.12.2012 ein Gespräch geführt. Dabei sei eine Aufhebung des ursprünglichen Vertrages und dessen Neuabschluss zum 01.03.2013 vereinbart worden. Herr W habe gegenüber Herrn M auf Nachfrage mitgeteilt, dass eine Nachmeldung von Erkrankungen nicht erforderlich sei. Dementsprechend habe Herr M eine Mitteilung der ihm bekannten Diagnose einer Kalkschulter unterlassen. Unabhängig davon handele es sich sowohl bei der Fettleber als auch der Kalkschulter nicht um gefahrerhöhende, anzeigepflichtige Erkrankungen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Das Landgericht sei zutreffend von einer vorsätzlichen Anzeigepflichtverletzung ausgegangen. Die Klägerin habe nicht plausibel zu erklären vermocht, wie es zu den objektiven Falschangaben im Versicherungsantrag gekommen ist. Das in der Berufungsbegründung enthaltene neue Vorbringen werde bestritten und sei zurückzuweisen.
19 
Der Klägerin wurde mit Beschluss vom 07.07.2015 Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt. Die Krankenunterlagen des Hausarztes der Klägerin wurden beigezogen. Der Senat hat die Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen M. Wegen der Ergebnisse wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.10.2015 Bezug genommen.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung, die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
A.
21 
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist die Berufung rechtzeitig begründet worden, nachdem der Klägerin mit Beschluss vom 07.07.2015 Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt wurde.
B.
22 
Die Berufung der Klägerin ist auch begründet.
23 
Die Klage ist zulässig, insbesondere hat die Klägerin nach § 256 Abs. 1 ZPO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Fortbestands des Versicherungsvertrags.
24 
Soweit die Berufung neues Vorbringen enthält, ist dieses gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Der Klägerin fällt insoweit keine Nachlässigkeit zur Last, nachdem das Landgericht die Klage ohne protokollierte Anhörung der Klägerin und ohne die gebotene Beweisaufnahme abgewiesen hat. Unter Berücksichtigung dieses Vorbringens erweist sich die Klage als begründet. Aufgrund einer unzureichenden Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 VVG (dazu 1.) kann sich die Beklagte nur bei Arglist der Klägerin vom Versicherungsvertrag lösen. Diese ist aber nicht nachgewiesen (dazu 2.).
25 
1. Die Klägerin wurde nicht ordnungsgemäß nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG auf die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen.
26 
Eine wirksame Belehrung setzt voraus, dass diese in unmittelbarer Nähe zu den gestellten Gesundheitsfragen erfolgt und dabei in einer Art und Weise drucktechnisch hervorgehoben ist, dass sie vom Versicherungsnehmer schlechterdings nicht übersehen werden kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 17.04.2014, 7 U 253/13, juris, Ls. und Tz. 46ff; OLG Hamm, Beschluss vom 13.02.2015, 20 U 169/14, juris, Tz. 24; zu den Anforderungen an eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG siehe auch Senat, Urteil vom 03.08.2010, 12 U 86/10, juris). Bereits nach altem Versicherungsvertragsrecht war nämlich allgemein anerkannt, dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war, sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung ausreichend abhob. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG n.F. - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (BGHZ 196, 67 ff., Tz. 24 m.w.N.; OLG Stuttgart und OLG Hamm jeweils aaO; Leverenz, VersR 2008, 709f.).
27 
Diesen Anforderungen wird die hier vorliegende Belehrung nicht gerecht. Der erste Hinweis auf die vorvertragliche Anzeigepflicht befindet sich auf der ersten Seite des Antragsformulars, unmittelbar nach der Kästchenauswahl zum maßgeblichen Betreff (Neuabschluss, Vertragsänderung oder Anforderung eines Vorschlags für eine Krankenversicherung). Die Hervorhebung erfolgt durch Fettdruck und Markierung am Seitenrand (Balken). Nach den Angaben zu Antragsteller, zu versichernder Person sowie Versicherungsbeginn und -dauer folgt sodann auf der Rückseite die gesonderte Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG , wobei die dortigen Überschriften in Fettdruck ausgeführt sind. Der Vordruck sieht danach Angaben zu den Tarifmerkmalen vor (gewünschter Tarif, Selbstbehalt etc.). Erst danach folgen auf der vierten Seite des Antragsformulars die Gesundheitsfragen. Es fehlt daher sowohl hinsichtlich des Hinweises auf der ersten Seite des Antrags als auch hinsichtlich der gesonderten Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG bereits am erforderlichen räumlichen Zusammenhang zu den Gesundheitsfragen. Auch die drucktechnische Hervorhebung entspricht nicht den Anforderungen. Die Hervorhebungsfunktion entfällt nämlich, wenn der hervorgehobene Text aufgrund mehrerer in ähnlicher oder deutlicherer Weise hervorgehobener Textpassagen nahezu „untergeht“ (Senat, Urteil vom 15.01.2015, 12 U 78/13, juris). So liegt der Fall hier. Hervorhebungen der gleichen Art finden sich bei allen anderen Rubriken des Antrags. Hierdurch wird die aufgrund der durchgängig verwendeten kleinen Schriftgröße ohnehin geringe Hervorhebung quasi entwertet. Von einer Unübersehbarkeit der Belehrung kann keine Rede sein.
28 
Der Senat hat im Übrigen auch aus anderen Gründen Bedenken an der Wirksamkeit der Belehrung. Die Eintragungen erfolgten hier durch den Versicherungsvertreter, der der Klägerin die Gesundheitsfragen stellte. Den Antrag in Gänze hat er aber nach seinen Angaben nicht vorgelesen. Er hat erklärt, dass er davon ausgehe, dass ein Kunde die Wahrheit sage. Es kann daher also nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin vom Versicherungsvertreter auf die Anzeigepflicht gesondert hingewiesen worden ist. Das Gespräch fand nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und des Zeugen im Ladengeschäft der Klägerin statt und war von mehrfachen Unterbrechungen wegen Kundenbesuch und eingehenden Telefonanrufen geprägt. Eine gründliche Durchsicht des ausgefüllten Antrags fand - für den Versicherungsvertreter erkennbar - ebenfalls nicht statt. Es ist zumindest zweifelhaft, ob in dieser Situation eine Belehrung den Warnzweck erfüllen kann. Hierauf kommt es nach den obigen Ausführungen indes nicht entscheidungserheblich an, sodass diese Frage nicht abschließend entschieden werden muss.
29 
2. Aufgrund der fehlenden Erfüllung der Hinweispflicht ist die Beklagte mit der hilfsweise erklärten Kündigung ausgeschlossen (§ 19 Abs. 5 Satz 2 VVG). Der erklärte Rücktritt ist nur bei arglistiger Verletzung der Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2014, IV ZR 306/13, juris). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erwiesen.
30 
a) Dabei kommt es für die Beurteilung auf den Antrag vom 10.08.2012 an. Soweit es zu Änderungen hinsichtlich des Tarifs und des Versicherungsbeginns kam, vermag der Senat nicht festzustellen, dass der ursprüngliche Vertrag aufgehoben und ein neuer Vertrag abgeschlossen wurde. Für die Beurteilung, ob es sich um den Abschluss eines neuen Vertrages oder die Änderung eines bestehenden Vertrages handelt, kommt es zunächst auf den erkennbaren Partei Wen an. Ist ein solcher nicht erkennbar, kommt es insbesondere auf Art und Gewicht der Änderungen an (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 29. A., § 1 Rn. 153 m.w.N.). Die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins spielt dabei für sich genommen keine Rolle (Prölls/Martin/Armbrüster, aaO). Hier wurde der Antrag der Klägerin vom 10.08.2012 von der Beklagten angenommen und am 15.08.2012 policiert. Eine ausdrückliche Aufhebung ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin am 06.02.2013 eine Erklärung abgegeben hat, wonach der Tarif zum 01.03.2013 umgestellt werden sollte , deutet dies auf eine bloße Änderung des bereits geschlossenen Vertrags hin. Auch aus der Aussage des Zeugen M ergibt sich nicht, dass der ursprüngliche geschlossene Vertrag aufgehoben worden wäre.
31 
Erneute Gesundheitsfragen wurden nicht gestellt. Bei dieser Sachlage gilt konkludent der Zeitpunkt der ursprünglich gestellten Fragen für die Erfüllung der Anzeigepflicht als maßgeblich vereinbart (Prölss/Martin/Armbrüster, aaO, § 19 Rn. 100).
32 
b) Hinsichtlich der Steatosis hepatis (Fettleber) bestand schon keine Anzeigepflicht im Sinne des § 19 Abs. 1 VVG fest. Es ist bereits unklar, ob eine derartige Diagnose überhaupt gestellt wurde. Eine solche Diagnose ist zwar in den Behandlungsunterlagen des Herrn Dr. med. W angegeben, aber als diskret bezeichnet. Im Schreiben vom 28.11.2014 hat er dagegen eine derartige Diagnose verneint. Selbst wenn bei der Klägerin eine Steatosis hepatis vorgelegen haben und ihr eine diesbezügliche Diagnose mitgeteilt worden sein sollte, hat dies ausweislich der vorgelegten Krankenunterlagen nicht zu weiteren Behandlungsmaßnahmen geführt. Bei einer nicht weiter behandlungsbedürftigen Steatosis hepatis fehlt es aber an der Gefahrerheblichkeit (vgl. OLG Koblenz, r+s 2001, 339).
33 
c) Dagegen bestand hinsichtlich der Kalkschulter eine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG. Dabei handelt es sich um Kalkablagerungen im Bereich der Rotatorenmanschette, die zu Entzündungsvorgängen an den betroffenen Stellen und ggfls. auch zu einem Sehnenriss führen können. Dass hierdurch die Gefahr des Eintritts eines Versicherungsfalls erhöht wird, liegt für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer auf der Hand.
34 
Die Klägerin hat in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat auch eingeräumt, bereits im Juli 2011 Schulterbeschwerden gehabt zu haben und im Juli 2012 deshalb bei einem Orthopäden vorstellig gewesen zu sein. Die Diagnose einer Kalkschulter war ihr damit im Nahbereich der Antragstellung bekannt.
35 
Gleichwohl lässt sich hier - eine Nichtangabe bei der Antragsaufnahme unterstellt - eine Arglist der Klägerin nicht im Sinne des § 286 ZPO feststellen.
36 
(1) Von einem arglistigen Verhalten ist dann auszugehen, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend im Kauf nimmt, dass er unzutreffende Angaben macht und dass dadurch bei dem Erklärungsempfänger eine falsche Vorstellung entsteht und diese ihn zu einer Erklärung veranlasst, die er bei Kenntnis der maßgeblichen Umstände nicht oder nicht in dieser Form abgegeben hätte (Senat, NJW-RR 2013, 869). Voraussetzung einer arglistigen Täuschung ist somit, dass der Versicherungsnehmer (oder die versicherte Person) mit wissentlich falschen Angaben von Tatsachen beziehungsweise dem Verschweigen offenbarungspflichtiger Umstände auf die Entschließung des Versicherers, den Versicherungsantrag anzunehmen, Einfluss nehmen W und sich bewusst ist, dass der Versicherer bei wahrheitsgemäßen Angaben den Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde. Arglistig im Sinne des § 123 BGB handelt demnach nur derjenige, der sich bei der Beantwortung der Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen auch bewusst ist, dass die Nichterwähnung der nachgefragten Umstände geeignet ist, Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers zu nehmen (Senat, aaO). Arglist umfasst dabei auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (vgl. Senat, aaO und NJW-RR 2006, 463). Dabei gibt es keinen Erfahrungssatz, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder nach früheren Behandlungen stets in der Absicht oder auch nur mit dem bedingten Vorsatz erfolgt, auf die Willensbildung des Versicherers Einfluss zu nehmen. Der Versicherer muss daher entsprechend den allgemeinen Beweislastregeln nachweisen, dass der Versicherungsnehmer durch Angabe einer unzutreffenden Erklärung auf die Entschließung des Versicherers wollte (Senat, NJW-RR 2013, 869).
37 
(2) Bei Anwendung dieser Grundsätze lässt sich hier nicht feststellen, dass die Klägerin auf die Entscheidung der Beklagten über die Annahme des Antrags in diesem Sinne einwirken wollte. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Angabe einer harmlosen Erkältung bei gleichzeitiger Nichtangabe schwerer wiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen den Anschein einer Bagatellisierung erweckt. Allerdings stellt sich die Aufnahme der Erkältung nach der Vernehmung des Zeugen M als plausibel dar. Denn er hat angegeben, dass er bei der Gesundheitsfrage 3 abfrage, ob der Antragsteller beim Arzt gewesen sei. Wird dies bejaht, so frage er nach seinen Angaben weiter: „warst Du wegen einer Erkältung dort ?“. Es liegt daher nahe, dass die Aufnahme der Erkältung darauf beruht, dass der Zeuge M dies explizit abgefragt hat. Eine Bagatellisierung anderer Beschwerden kann daher daraus nicht abgeleitet werden.
38 
Die Nichtangabe erkennbar gefahrrelevanter Umstände stellt zwar ein Indiz für arglistiges Verhalten dar. Hier muss aber einerseits die besondere Gesprächssituation berücksichtigt werden, die durch mehrfache Unterbrechungen geprägt war. Dies legt nahe, dass die Gesundheitsfragen von der Klägerin - für den Versicherungsvertreter erkennbar - nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Konzentration beantwortet wurden. Der Senat hält es jedenfalls für möglich, dass die Angabe der Kalkschulter von der Klägerin vergessen wurde. Dann liegt aber lediglich (grob) fahrlässiges, aber kein (bedingt) vorsätzliches Verhalten vor. Hierfür spricht insbesondere auch der Umstand, dass die Klägerin nach ihren durch den Zeugen M bestätigten Angaben diesem gegenüber die Diagnose der Kalkschulter zu einem Zeitpunkt offenbart hat, als die wechselseitige Vertragserfüllung noch in der Schwebe war. Die Versicherung wurde zunächst mit Versicherungsbeginn 01.11.2012 policiert, jedoch gelang es der Klägerin nicht, zu diesem Zeitpunkt eine Kündigung ihres vorherigen privaten Krankenversicherungsvertrags zu bewirken. Der Versicherungsbeginn wurde - neben einer Änderung des Tarifs - schließlich auf den 01.03.2013 verlegt. Wenn man einen Einwirkungswillen der Klägerin bei der Antragstellung am 10.08.2012 annehmen wollte, so wäre die „Nachmeldung“ der Kalkschulter gegenüber dem Versicherungsvertreter hiermit nicht kompatibel. Denn damit hätte sich die Beklagte dem Risiko ausgesetzt, dass ihre Arglist bei Antragsaufnahme aufgedeckt wird und sie im Ergebnis ganz ohne Versicherungsschutz dastehen könnte, nämlich wenn der frühere Versicherer die Kündigung akzeptiert und der neue Versicherer die Mitteilung zum Anlass nimmt, Rechte nach §§ 19 Abs. 2-4, 22 VVG, 123 BGB geltend zu machen. Bei unterstellter Arglist am 10.08.2012 wäre vielmehr zu erwarten gewesen, dass die Klägerin die Schulterbeschwerden und die Diagnose der Kalkschulter weiter geheim hält.
39 
Hinsichtlich der behaupteten Arglist verbleiben daher jedenfalls vernünftige Zweifel, die einer Überzeugungsbildung im Sinne der Beklagten (§ 286 ZPO) entgegenstehen.
40 
d) Soweit die Beklagte mit Schriftsätzen vom 21.09.2015 und 14.10.2015 den Arglistvorwurf auf die Nichtangabe weiterer Behandlungen stützt, greift dies nicht durch. Zum einen trägt die Beklagte nicht explizit vor, dass der Klägerin die in den Behandlungsunterlagen aufgeführten weiteren Diagnosen (insbesondere Verdacht auf Burn Out, Nierenzyste, Schilddrüsenknoten) bekannt waren, was indes Voraussetzung für Arglist wäre. Zum anderen handelt es sich hinsichtlich der Nierenzyste und des Schilddrüsenknotens um neuen Vortrag, der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte und daher gemäß §§ 525, 296a ZPO unbeachtlich ist. Im Schriftsatz vom 21.09.2015 sind diese Umstände nicht erwähnt. Soweit der Beklagten Schriftsatznachlass bis zum 15.10.2015 eingeräumt wurde, bezog sich dies ausweislich des Beschlusses vom 01.10.2015 ausschließlich auf etwaiges neues Tatsachenvorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 25.09.2015. Die Möglichkeit zu eigenem, neuem Tatsachenvortrag war damit nicht eröffnet.
C.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
42 
Grundsätzliche oder einer Rechtsfortbildung bedürftige Fragen wirft der Rechtstreit nicht auf. Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) war daher nicht geboten.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

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Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


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(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Tübingen - 4 O 290/12 - vom 26.11.2013

abgeändert und neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass der Versicherungsvertrag der Klägerin bei der Beklagten mit der Nr. ... 848-01 durch die Anfechtungserklärung vom 11.06.2012 nicht beendet wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

b) Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Versicherungsvertrag mit der Nr. ... 848-01 nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 03.08.2011 rückwirkend zum 01.11.2010 angepasst worden ist.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird

zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 6.300 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Tübingen, mit dem ihre Klage teilweise abgewiesen wurde, soweit die von der Beklagten vorgenommene Vertragsanpassung hinsichtlich der zwischen ihr und der Beklagten abgeschlossenen „Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit zusätzlicher Risikoversicherung und Dynamik“ als wirksam erkannt sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR nebst Zinsen geltend gemacht wurden.
Die Klägerin beantragte Ende 2010 bei der Beklagten den Abschluss einer Risikolebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Anlage K 3, Bl. 21 ff.: Antrag vom 10.10.2010). Die Beklagte policierte die beantragte Versicherung mit der Versicherungsscheinnummer ... 848-01 mit Versicherungsschein vom 01.11.2010 (Anlage K 1, Bl. 8 ff.). Für die „Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung BR-Plus BG1“ ist eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsrente von 18.000,00 EUR/Jahr vereinbart (Anlage K 1, Bl. 8). Die Jahresprämie für die Risikoversicherung und für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) betrug 812,67 EUR (Anlage K 1, Bl. 8 f.).
Die Beklagte verwendete unter anderem für den hier streitgegenständlichen Versicherungsvertrag mit der Versicherungs-Nr. ... 848-01 den „Antrag“, den die Klägerin, insbesondere die „Risiko- und Gesundheitserklärung der zu versichernden Person“, ausgefüllt und unterschrieben hat (Anlage K 3, Bl. 21 ff.). Der 8-seitige Antrag enthält auf Seite 2 unter der Rubrik „Risiko- und Gesundheitserklärung der zu versichernden Person“ vor den Gesundheitsfragen folgenden Hinweis (Anlage K 3, Bl. 21 ff., 22):
Wichtiger Hinweis für die versicherte Person zur Anzeigepflicht: Im Rahmen der Antragsprüfung bitten wir Sie, uns einige Fragen zu beantworten. Wichtig dabei ist, dass Sie uns alle Ihnen bekannten Gefahrumstände vollständig und richtig angeben, auch wenn Sie ihnen keine oder nur eine geringe Bedeutung beimessen. Um Ihnen einen bedarfsgerechten Versicherungsschutz bieten zu können, fragen wir Sie daher nachfolgend nach Umständen, die Einfluss auf einen möglichen Eintritt des versicherten Risikos haben könnten. Wenn wir Sie nach Ihrer Vertragserklärung, aber vor Vertragsannahme in Textform nach Gefahrumständen fragen, sind auch diese Fragen vollständig und richtig zu beantworten. Falls Sie die gestellten Fragen falsch oder unvollständig beantworten, kann die H. Leben vom Vertrag zurücktreten, ihn anfechten, ihn kündigen, ihn anpassen oder die Leistung verweigern (bitte beachten Sie dazu die ausführlichen Hinweise in der Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht). Wir möchten dies gerne vermeiden, müssten aber bei Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht im Interesse der anderen Versicherungsnehmer davon Gebrauch machen. Bitte tragen Sie durch Ihre Antworten zu einem für Sie dauerhaft wirksamen Versicherungsschutz bei.
...“
Seite 3:
„Bitte lesen Sie unbedingt die Schlusserklärung sowie die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht, die wichtiger Bestandteil dieses Vertrages ist. Sie machen sie mit Ihrer Unterschrift zum Inhalt dieses Antrages.“
Seite 7 und 8:
„Schlusserklärung, wichtig für die Antragstellung
Diese Erklärungen gelten für alle Versicherungen:
Datenschutz
...“
10 
In den Versicherungsvertrag sind die „Bedingungen und Informationen BED10A“ einbezogen (Bl. 166 ff.).
11 
Das Blanko-Lebensversicherungsbedingungsheft der Beklagten („BEDINGUNGEN UND INFORMATIONEN BED10A - LEBENSVERSICHERUNG - Bedingungen / Steuerinformationen / Lexikon / Information Anzeigepflicht-Verletzung - Stand 07/2010“, Bl. 166 ff.), das auch bei der Klägerin Verwendung fand, ist wie folgt aufgebaut:
12 
- Deckblatt
„BEDINGUNGEN UND INFORMATIONEN BED10A“
13 
- 2. Seite:
„INHALTSVERZEICHNIS“
14 
- 3. Seite:
„KLEINES LEXIKON DER VERSICHERUNGSBEGRIFFE“
15 
- Seite 4 bis 9:
„ALLGEMEINE BEDINGUNGEN FÜR DIE LEBENSVERSICHERUNG / ALB10A“
...
16 
- Seite 67:
„MITTEILUNG NACH § 19 ABS. 5 VVG ÜBER DIE FOLGEN EINER VERLETZUNG DER GESETZLICHEN ANZEIGEPFLICHT“
17 
Das von der Beklagten verwendete Blanko-Bedingungsheft (Bl. 166 ff.) lautet auf Seite 67 auszugsweise wie folgt:
18 
Seite 67:
19 
MITTEILUNG NACH § 19 ABS. 5 VVG ÜBER DIE FOLGEN EINER VERLETZUNG DER GESETZLICHEN ANZEIGEPFLICHT
20 
Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
...
21 
Welche Folgen können eintreten, wenn eine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wird?
22 
1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes
...
23 
2. Kündigung
...
24 
3. Vertragsänderung
25 
Können wir nicht zurücktreten oder kündigen, weil wir den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumstände, wenn auch zu anderen Bedingungen (Risikoausschluss oder Beitragszuschlag), geschlossen hätten, werden diese auf unser Verlangen Vertragsbestandteil. Haben Sie die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt, werden die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil. Ein Risikoausschluss des nicht angezeigten Umstands führt insoweit zum Verlust des Versicherungsschutzes. Bei einer schuldlosen Verletzung der Anzeigepflicht verzichten wir auf unser Recht zur Vertragsänderung.
26 
Erhöht sich durch die Vertragsänderung der Beitrag um mehr als 10 % oder schließen wir die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, können Sie den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang unserer Mitteilung über die Vertragsänderung fristlos kündigen. Auf dieses Recht werden wir Sie in unserer Mitteilung hinweisen.
27 
4. Ausübung unserer Rechte
...“
28 
Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe im Risikolebensversicherungsvertrag mit BUZ unzutreffende Angaben gemacht. Es liege deshalb eine Anzeigepflichtverletzung gem. § 19 Abs. 1 VVG n.F. vor, weshalb die Beklagte den Versicherungsvertrag nicht zu den Konditionen vom 01.11.2010 (Anlage K 1, Bl. 8 ff.: Versicherungsschein) geschlossen hätte. Die Beklagte sei deshalb berechtigt gewesen, mit Schreiben vom 03.08.2011 eine rückwirkende Vertragsanpassung zum 01.11.2010 gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. durchzuführen (Anlage K 6, Bl. 31).
29 
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 23.05.2012 (Anlage K 7, Bl. 37 ff.) die Vertragsanpassung der Beklagten vom 03.08.2011 (Anlage K 6, Bl. 31) zurückgewiesen hatte, focht die Beklagte mit Schreiben vom 17.07.2012 (Anlage K 8, Bl. 36 f.) den Versicherungsvertrag zusätzlich wegen behaupteter arglistiger Täuschung gem. § 22 VVG n.F. i.V.m. § 123 BGB an, weil die Klägerin hinsichtlich ihres psychischen Zustands falsche Angaben gemacht habe, obwohl die Klägerin die unterlassene Angabe aus freien Stücken nachträglich mit Schreiben vom 26.05.2011 (Anlage K 4, Bl. 29) richtiggestellt habe.
30 
Im Übrigen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
31 
Das Landgericht hat der Klage auf Feststellung des Fortbestands der Versicherung wegen unwirksamer arglistiger Anfechtungserklärung der Beklagten stattgegeben. Es hat - ohne Antrag der Beklagten im Wege einer Widerklage o. ä. - weiter festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende BUZ-Versicherungsschutz wirksam durch die Vertragsänderung vom 03.08.2011 rückwirkend zum 01.11.2010 angepasst worden ist und die Klage, auch wegen der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, abgewiesen.
32 
Die Berufung der Klägerin verfolgt die negative Feststellungsklage bezüglich des Versicherungsvertrags hinsichtlich der von der Beklagten erklärten Vertragsanpassung vom 03.08.2011 (Anlage K 6, Bl. 31) weiter, verlangt folglich die Feststellung der unwirksamen Vertragsanpassung und ferner die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR nebst Zinsen. Die Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. sei unwirksam, weil die Beklagte mit Verwendung des Antragsformulars und dem Bedingungsheft „Bedingungen und Informationen BED10A“, welches dem von der Beklagten vorgelegten Blanko-Bedingungs- und Informationsheft (Bl. 166 ff.) entspricht, entgegen den Anforderungen in § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. weder formell noch inhaltlich ausreichend über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehrt habe.
33 
Die Klägerin beantragt:
34 
Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 26. November 2013 (4 O 290/12) wird - soweit es die Klage abgewiesen hat - abgeändert:
35 
1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Versicherungsvertrag mit der Nr. ... 848-01 nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 03.08.2011 rückwirkend zum 01.11.2010 angepasst worden ist.
36 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
37 
Die Beklagte beantragt:
38 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
39 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung der Beklagten Bezug genommen (Bl. 223 ff.).
II.
40 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet, mit Ausnahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen.
41 
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung gem. § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich des Fortbestands des Versicherungsvertrags mit der Nr.... 848-01, weil dieser nicht durch die Anfechtungserklärung vom 11.06.2012 wirksam beendet wurde.
42 
Der Beklagten stand kein Anfechtungsrecht gem. § 22 VVG n.F. i.V.m. § 123 BGB zu, weshalb der Versicherungsvertrag nicht aufgrund der Anfechtungserklärung der Beklagten vom 11.06.2012 von Anfang an als nichtig anzusehen ist, § 142 Abs. 1 BGB.
43 
Der negative Feststellungstenor des Landgerichts ist hinsichtlich des Fortbestands der Versicherung - der Beklagten stand kein Anfechtungsrecht zu - in Rechtskraft erwachsen; die Beklagte hat gegen ihre teilweise Verurteilung keine Berufung eingelegt. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im landgerichtlichen Urteil zur nicht bestehenden Arglist Bezug genommen.
44 
2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf negative Feststellung gem. § 256 Abs. 1 ZPO, weil die Beklagte den Risikolebensversicherungsvertrag mit BUZ-Versicherung nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 03.08.2011 (Anlage K 6, Bl. 31) rückwirkend zum 01.11.2010 anpassen durfte. Die Belehrung zu den Anzeigepflichten gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. ist formell unwirksam, weshalb der Beklagten sämtliche Rechte aus einer behaupteten Anzeigepflichtverletzung, insbesondere das Recht einer Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F., nicht zustehen.
45 
a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Belehrung gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. nur dann formell ausreichend, wenn sie durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung in drucktechnisch ausreichendem Maße hervorgehoben hinweist.
46 
Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform im Sinne von § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einen Antragsformularbogen aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Gesundheitszustandes gestellt werden. Die Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text muss sich derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist.
47 
Bereits nach altem Versicherungsvertragsrecht war allgemein anerkannt, dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war, sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung ausreichend abhob. Nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG n.F. - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (BGHZ 196, 67 ff., Rn. 24 mit Nachw.; Leverenz, VersR 2008, 709 f.). Lässt man die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes - Fragen des Versicherers enthaltendes - Schreiben oder Ähnliches zu, ist im Gegenzug weiterhin und vermehrt zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGHZ 196, 67 ff., Rn. 24; Senat, Urteil vom 13.03.2014 - 7 U 216/13; Senat, Beschluss vom 09.07.2012 - 7 U 23/12 mit NZB-Beschluss des BGH vom 11.09.2013 - IV ZR 253/12; Senat, Urteil vom 26.09.2013 - 7 U 101/13; OLG Naumburg, VersR 2012, 973 f.; OLG Karlsruhe, VersR 2010, 507 ff.; OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448 f.; OLG Hamm VersR 2011, 469 ff., Rn. 72 ff.; LG Dortmund, VersR 2010, 465, 467, jeweils zu § 19 Abs. 5 VVG; MünchKomm, VVG, § 28, Rn. 340).
48 
b) Gemessen an diesen Grundsätzen genügt die hier in Rede stehende Belehrung der Beklagten nicht.
49 
Das von der Beklagten verwendete Antragsformular (Anlage K 3, Bl. 21 ff.) verfügt zwar auf der zweiten Seite über einen Hinweis bezüglich der Folgen einer Anzeigepflichtverletzung und ist mit Fettdruck hervorgehoben. Sie stehen auch im notwendig räumlichen Zusammenhang mit der „Risiko- und Gesundheitserklärung der zu versichernden Person“ auf der gleichen Seite.
50 
Insbesondere ist der Hinweis im Antrag auf der zweiten Seite (Bl. 22) nicht zu übersehen:
51 
Falls Sie die gestellten Fragen falsch oder unvollständig beantworten, kann die H. Leben vom Vertrag zurücktreten, ihn anfechten, ihn kündigen, ihn anpassen oder die Leistung verweigern (bitte beachten Sie dazu die ausführlichen Hinweise in der Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht).
...“
52 
Jedoch ist dieser bei den Gesundheitsfragen nicht zu übersehende Hinweis gem. § 19 Abs. 5 VVG nicht ausreichend, weil er für sich genommen inhaltlich auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung nicht ausreichend hinweist und belehrt.
53 
Der weitere Hinweis vor der Unterschriftsleiste (Seite 3), der ebenfalls fettgedruckt ist, reicht inhaltlich ebenfalls nicht aus:
54 
„Bitte lesen Sie unbedingt die Schlusserklärung sowie die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht, die wichtiger Bestandteil dieses Vertrages ist. Sie machen sie mit Ihrer Unterschrift zum Inhalt dieses Antrages.“
55 
Eine materiell und inhaltlich ausreichende Belehrung gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. zur vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung ist auf der dritten Seite des Antragsformulars nicht zu finden.
56 
Der inhaltlich unzureichende Hinweis auf der dritten Seite des Antrags, der wohl auf die „Bedingungen und Informationen BED10A“ (Bl. 166 ff.) verweisen soll, ist als Weiterverweisungshinweis jedoch auch in formeller Hinsicht nicht ausreichend. Dieser Weiterverweisungshinweis in Fettdruck ist in keiner Weise geeignet, einen Antragsteller zum Fundort der „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ zu führen. Die „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ auf der S. 67 des umfangreichen Bedingungswerks „Bedingungen und Informationen BED10A“ könnte zwar noch inhaltlich ausreichend sein. Unverzichtbar ist jedoch, dass deutlich im räumlichen Bereich und Zusammenhang der Gesundheitsfragen oder an einer hinreichend exponierten Stelle im Antrag mit genauem Fundort hingewiesen wird.
57 
Die (Weiter-)Verweisungen im Antragsformular sind nicht ausreichend, weil sie den Fundort nicht konkret nennen. Die Verweisung auf der 3. Seite des Antragsformulars, unmittelbar über der Unterschriftszeile für alle Vertragserklärungen des Antragstellers, enthält darüber hinaus zusätzlich weitere Informationen zu anderen wichtigen Erklärungen, hier der „Schlusserklärung“ (vgl. im Antrag Seite 7 und 8). Der Weiterverweisungshinweis auf der dritten Seite des Antragsformulars reicht nicht ansatzweise aus, um die Aufmerksamkeit des Lesers in gebotenem Maße auf die 67. Seite des Bedingungswerks „Bedingungen und Informationen BED10A“ zu lenken. Diese Weiterverweisung ist aufgrund ihrer äußeren Gestaltung und aufgrund der fehlenden konkreten Benennung des Fundortes nicht einer gesonderten Mitteilung, wie sie das Gesetz fordert, gleichzusetzen.
58 
Auch die Aufführung im „Inhaltsverzeichnis“ der „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ im Bedingungswerk „Bedingungen und Informationen BED10A“ führt zu keiner formellen ausreichenden Belehrung, weil dieser Hinweis ebenfalls nicht hinreichend ist, den ohnehin zweifelhaften und unklaren Weiterverweisungshinweis im Antrag, dort auf S. 3, zu kompensieren. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die „Bedingungen und Informationen BED10A“ eine Vielzahl von Versicherungsbedingungen und sonstiger Informationen enthält, weshalb von einer, wenn überhaupt zulässigen, Weiterverweisung in ausreichend drucktechnischer Form keinesfalls auszugehen ist.
59 
An eine Belehrung zu der für einen Versicherungsnehmer zentralen und rechtlich bedeutsamen Belehrung wegen der einschneidenden Rechtsfolgen bei Verletzung von Anzeigepflichten sind bei „Weiterverweisungshinweisen“ gesteigerte Anforderungen zu stellen. Der Versicherungsnehmer muss in einem für ihn unbekannten Versicherungsantrag die für ihn wichtigen Hinweise nicht selbst mühsam suchen.
60 
Nach der einhelligen ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Belehrung nach § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n. F. - wie auch bei § 28 Abs. 4 VVG n. F. - so zu platzieren, drucktechnisch zu gestalten und vom übrigen Text hervorzuheben, dass sie für den Versicherungsnehmer „nicht zu übersehen ist“. Dies kann bei einer Weiterverweisung auf sonstige Hinweise, wie von der Beklagten gestaltet, nicht ansatzweise gewährleistet werden.
61 
3. Der Klägerin stehen die mit der Klage geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB beziehungsweise gem. § 280 Abs. 1 BGB nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, nicht zu.
62 
a) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist unstreitig nach dem unwirksamen Vertragsanpassungsschreiben der Beklagten vom 03.08.2011 (Anlage K 6, Bl. 31) beauftragt worden. Verzugsvoraussetzungen für einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB zugunsten der Klägerin lagen zur Zeit der Mandatierung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin unstreitig nicht vor, weshalb die Klägerin Ansprüche aus Verzug gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB nicht mit Erfolg geltend machen kann. Die Klägerin hätte als Fachkundige das verzugsbegründende Schreiben an die Beklagte selbst fertigen können.
63 
b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen eines durch die Beklagte ausgeübten und nicht bestehenden Gestaltungsrechts zu.
64 
Hinreichendes für einen Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen einer unwirksamen und nicht vertretbaren Ausübung eines Gestaltungsrechts ist im ersten Rechtszug nicht dargetan. Ferner ergeben sich aus der Berufungsbegründung insoweit keine hinreichenden Darlegungen und Angriffe.
65 
Im Übrigen besteht in der Sache keine schadensersatzauslösende und unwirksame Ausübung eines nicht existierenden Gestaltungsrechts. Ein Versicherer hat die Pflichtwidrigkeit gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu vertreten, wenn er die Ausübung des Gestaltungsrechts und damit seine Rechtsposition als plausibel ansehen durfte (vgl. BGHZ 179, 238 f. Rn. 20 ff.). Gemessen an den genannten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung durfte die Beklagte die Ausübung ihrer Gestaltungsrechte als plausibel ansehen. Auf die Ausführungen im landgerichtliche Urteil wird - für die bestehende Plausibilität der geltend gemachten Gestaltungsrechte - Bezug genommen.
III.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.
67 
Der Berufungsstreitwert in Höhe von 6.300,-- EUR ergibt sich aus einem auf die Hälfte geschätzten Anteil eines 20 %-igen 3,5-fachen Jahresbetrags der Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsrente in Höhe von 63.000,-- EUR (18.000,-- EUR/Jahr x 3,5 Jahre = 63.000,-- EUR; hieraus 20 % x ½ = 6.300,-- EUR).
68 
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bemisst sich die Beschwer und hier dieser folgend der Gebührenstreitwert bei einer Klage auf Feststellung des Bestehens eines angefochtenen Vertrages über eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, wenn der Versicherungsnehmer keine Ansprüche aus einem Versicherungsfall zur Berufsunfähigkeit geltend macht, in Höhe von 20 % des für eine Klage auf Leistung aus der Versicherung maßgeblichen Werts (BGH VersR 2001, 601 f., Rn. 10 a. E.). Die Klägerin macht mit ihrer Berufung jedoch weniger als den Fortbestand der ganzen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen unwirksamer Anfechtungserklärung der Beklagten mit der Berufung geltend, weil sie insoweit im ersten Rechtszug bereits obsiegt hat, sondern nur noch einen geringfügigeren Teil wegen der unwirksamen Vertragsanpassung durch die Beklagte. Der Senat bemisst den Streitwert auf Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dort bei einer Klage auf Feststellung des Bestehens eines angefochtenen Vertrags über Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, auf die Hälfte des der sonst angemessenen 20 % aus der Versicherungssumme bzw. des 3,5-fachen Rentenjahresbetrags (vgl. BGH VersR 2001, 601 f. unter Fortführung BGH NJW-RR 1997, 1562).
69 
Der auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR nebst Zinsen gerichtete Berufungsantrag erhöht als Nebenforderung den Streitwert nicht.
70 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
71 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Rechtsgrundsätze, insbesondere zu drucktechnisch ausreichenden Hinweisen gem. § 19 Abs. 5 und § 28 Abs. 4 VVG n.F., sind durch die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats ausreichend geklärt.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.


Die Berufung ist aufgrund des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden. 

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(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 13.04.2010 - 3 O 405/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
Der Kläger begehrt vom beklagten Hausratsversicherer Leistungen wegen eines angeblich am 22.05.2009 entwendeten Fahrrads. Die Beklagte bestreitet den Diebstahl und hält sich wegen arglistig falscher Angaben in der Schadensanzeige für leistungsfrei.
Die Ehefrau des Klägers unterhielt bei der Beklagten eine Hausratsversicherung, durch den auch die Diebstahl von Fahrrädern versichert war. Ihren Leistungsanspruch aus dem streitigen Versicherungsfall hat sie an den mitversicherten Kläger abgetreten. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (AHR 2004) zugrunde. Diese bestimmen:
§ 23 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall
1. Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalls
d) dem Versicherer - soweit möglich - jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft - auf Verlangen in Textform zu erteilen und die erforderlichen Belege, soweit ihm das billigerweise zugemutet werden kann, beizubringen, .... Die Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit kann zur Leistungsfreiheit des Versicherers, das heißt zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.
§ 24 Besondere Verwirkungsgründe
2 . Versucht der Versicherungsnehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei.
10 
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten am 22.05.2009 einen Fahrraddiebstahl schriftlich angezeigt. In der Schadensanzeige hat er auf die Frage, wie viel das entwendete Fahrrad gekostet habe, einen Betrag von 5.700,00 EUR angegeben und der Anzeige eine Rechnung vom 03.02.2009 des Radhauses K beigefügt, in der zahlreiche Einzelteile aufgeführt und ein Warenwert i. H. v. 5.757,55 EUR abzüglich eines Nachlasses i. H. v. 57,55 EUR ausgewiesen waren, so dass sich nach der Rechnung ein Rechnungsbetrag i. H. v. 5.700,00 EUR ergab. In der Rechnung wurde auch aufgeführt, dass in dem Betrag 19 % Mehrwertsteuer enthalten sind und der Kläger durch Klaus K bedient wurde.
11 
Der Kläger behauptet, er habe am 22.05.2009 sein hochwertiges Mountainbike in dem Fahrradgeschäft B in Karlsruhe abgeschlossen neben der Kasse abgestellt, während er sich im Geschäft umgeschaut habe. Von dort sei das Fahrrad gestohlen worden. Er habe für das streitgegenständliche Fahrrad 5.769,00 EUR bezahlt. Die wesentlichen Teile habe er beim Radhaus K käuflich erworben. Er habe aber auch Ersatzteile in anderen Geschäften gekauft und teilweise im Internet ersteigert. Diese zusätzlichen Teile seien bei der Firma K auf Weisung des Klägers in das neu gekaufte Fahrrad eingebaut worden. Alle Teile seien neu gewesen. Um der Beklagten den Wert des Fahrrads zu belegen, habe er sich an das Radhaus K gewendet, das ihm die genannte Rechnung als Wertermittlung erstellt habe. Die Bezeichnung „Rechnung“ erkläre sich daraus, dass das Computerprogramm des Radhauses K eine Wertermittlung nicht ermögliche. Die in der Rechnung ausgewiesenen Werte seien richtig.
12 
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.769,00 EUR nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie den Kläger von den außergerichtlichen Anwaltskosten i. H. v. 546,69 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
13 
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
14 
Die Beklagte bestreitet den behaupteten Diebstahl mit Nichtwissen. Weiterhin habe der Kläger seinen Entschädigungsanspruch verwirkt, da er versucht habe, mit irreführenden Angaben auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten in Bezug auf die Entschädigungshöhe Einfluss zu nehmen.
15 
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Es könne offen bleiben, ob hier ein versicherter Diebstahl vorliege. Jedenfalls wäre ein entsprechender Entschädigungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten gemäß § 24 Nr. 2 AHR 2004 verwirkt.
16 
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm allenfalls Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Arglistig habe er schon deshalb nicht handeln können, weil die Offenbarung der wahren Sachlage ihm keinerlei Nachteil gebracht hätte. Eine Täuschung habe er nicht im Sinn gehabt.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
18 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
19 
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger seiner Schadensanzeige vom 22.05.2009 die Rechnung des Radhauses K mit Datum 03.02.2009 beigelegt und bei den Angaben zur Schadenshöhe und zum Schadensnachweis ausdrücklich aufgeführt: „siehe Beschreibung mit Rechnung und Prospekt“. Er hat zum Nachweis des Schadens auf die Rechnung vom 03.02.2009 Bezug genommen, ohne klarzustellen, dass er die dort aufgeführten Teile überwiegend gar nicht beim Radhaus K erworben, sondern sie in Wirklichkeit in anderen Geschäften oder im Internet gekauft hat.
20 
Der Begriff „Rechnung“ beinhaltet - wie das Landgericht zutreffend gesehen hat - nach gewöhnlichem Verständnis die Aussage, dass die dort aufgeführten Gegenstände die Leistung des Rechnungsstellers darstellen und von ihm stammen. Handelt es sich um die Rechnung eines Fachgeschäfts, so wird mit ihr das Verständnis verbunden, dass der Rechnungssteller dem Rechnungsempfänger die genannten Gegenstände verkauft hat. Dies gilt umso mehr, wenn die Rechnung - wie hier - zusätzlich die Mehrwertsteuer gesondert ausweist und auch noch einen Nachlass von 1% der Rechnungssumme. Zutreffend hat das Landgericht auch festgestellt, dass damit der Beklagten bei ihrer Leistungsprüfung suggeriert werden konnte, dass alle in der Rechnung aufgeführten Teile beim Radhaus K neu erworben worden waren, und dass diese unzutreffende Schilderung des Erwerbsvorgangs die Beklagte von weiteren Nachforschungen abhalten konnte, die ansonsten zur gebotenen weiteren Aufklärung angestanden hätten.
21 
Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Kläger mit der Vorlage der Rechnung auch arglistig handelte. Arglist verlangt bewusstes Einwirken auf die Entscheidungen des Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben. Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht ist nicht Voraussetzung der Arglist. Ausreichend ist das Bestreben, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden oder die Regulierung zu beschleunigen oder allgemein auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu wollen (vgl. OLG Köln NJW-RR 88, 1114, OLG Düsseldorf VersR 96, 706, OLG Saarbrücken VersR 97, 826, OLG Frankfurt NVersZ 99, 392, 01, 37). Der Versicherer muss Täuschung und Arglist beweisen. Steht - wie hier - die Unrichtigkeit der Angaben des Versicherungsnehmers fest, muss dieser seinen Fehler plausibel erklären (Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl., VHB 2000 § 31 Rdn. 1). Das ist dem Kläger nicht gelungen.
22 
Der Kläger war nach eigenem Vortrag nach dem behaupteten Diebstahl im Besitz der richtigen Rechnung des Radhauses K über 1.950 EUR und der Rechnungsnachweise für die anderweitig erworbenen Teile in einem Gesamtwert von 3.790,45 EUR. Es ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb er der Schadensmeldung nicht diese angeblich vorhandenen - auf Aufforderung des Senats allerdings nur zu geringen Teil vorgelegten - Unterlagen beifügte, sondern beim Radhaus K einen Gesamtwertnachweis anfertigen ließ, der nach seinem Vortrag nur aus einer Addition der bereits belegbaren Werte bestand. Dass der Kläger in der Schadensanzeige zweimal ohne erläuternden Zusatz auf die anliegende Rechnung verweist, obwohl diese den Erwerbsvorgang in keiner Weise richtig dokumentiert und insbesondere einen Kauf aus einer Hand vorspiegelt, kann nur dahingehend verstanden werden, dass er vermeiden wollte, sich den Wertnachweis durch Aufdeckung der wahren Sachlage zu erschweren, indem er den Anlass zu lästigen Rückfragen der Beklagten nach Herkunft und Zustand der zugekauften Teile und zu möglichen Zweifeln an der Werthaltigkeit des montierten Fahrrades in seine Schadensmeldung erst gar nicht einfließen ließ.
23 
Das Landgericht hat die Leistungsfreiheit der Beklagten auf § 24 Nr. 2 AHR 2004 gestützt. Ob dieser Verwirkungsvorschrift mit Strafcharakter (BGH VersR 2001, 1020) überhaupt (noch) eine selbständige Bedeutung zukommt, ist allerdings zweifelhaft (vgl. Bruck/Möller/Johannsen, VVG, 8.Aufl., Bd. III, Anm. G 136; s.a. Langheid/Wandt, MünchKomm zum VVG, Vor § 28 Rdn. 27). Sie bezieht sich auf die Verletzung der Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit, die den Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfall trifft. Daher liegt es nahe, dass die Leistungsfreiheit nicht über die gesetzlichen Grenzen ausgedehnt werden kann, die sich aus § 28 VVG ergeben (vgl. Prölss/Martin/Knappmann a.a.O. Rdn. 6). Die Frage kann offen bleiben, da hier die - von der Beklagten auch geltend gemachten - Voraussetzungen einer Leistungsfreiheit nach § 23 Nr. 1d AHR 2004 i.V.m. § 28 VVG vorliegen.
24 
Insbesondere steht der Leistungsfreiheit nicht entgegen, dass nicht die Versicherungsnehmerin, sondern der Kläger als deren mitversicherter Ehemann eine arglistige Täuschung unternommen hat (§ 47 Abs. 1 VVG). Darüber hinaus ist der Kläger hinsichtlich des konkreten Risikos auch als Repräsentant der Versicherungsnehmerin anzusehen, da er insoweit ersichtlich die gesamte Risikoverwaltung übernommen hat. Ferner ist er bei der Abwicklung auch als Wissenserklärungsvertreter eingeschaltet, so dass zwei weitere eigenständige Zurechnungsgründe vorliegen.
25 
Nach § 22 Abs. 4 VVG hat die Leistungsfreiheit des Versicherers bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit nach § 22 Abs. 2 VVG zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat. Ob dieser Hinweis auch bei arglistigem Verhalten vorausgesetzt wird (so Prölss/Martin/Knappmann a.a.O. Rdn. 6), ist umstritten. Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 4 VVG ist der entsprechende Hinweis Voraussetzung jeder Leistungsfreiheit. Allerdings findet sich - worauf auch die Beklagte abhebt - in der Gesetzesbegründung (Begr RegE, BT-Drucks. 16/3945) die Aussage, dass es im Fall der Arglist keiner Belehrung bedürfe. Überwiegend wird daher die Auffassung vertreten, dass die Leistungsfreiheit bei Arglist nicht an einen vorangegangenen Hinweis auf die Rechtsfolgen geknüpft ist (vgl. Langheid/Wandt, VVG, Vor § 28 Rdn. 27 m.w.N.; Prölss/Martin a.a.O. § 28 Rdn. 152). Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Beantwortung, weil der Kläger nach Auffassung des Senats formgerecht auf die Rechtsfolge Leistungsfreiheit bei bewusst unwahren und unvollständigen Behauptungen hingewiesen worden ist. Einer weitergehenden Belehrung über die einzelnen Voraussetzungen der Leistungsfreiheit bedarf es nach § 28 Abs. 4 VVG nicht (Langheid//Wandt a.a.O. Rdn. 333; Prölss/Martin a.a.O. Rdn. 155).
26 
Allerdings erfolgte die Belehrung nicht - wie teilweise gefordert (Neuhaus/Kloth, Praxis des neuen VVG 2. Aufl.,2008, S. 69) - auf einem gesondertem Schriftstück. Sie findet sich vielmehr auf der letzten Seite des Formulars „Schadensanzeige Fahrraddiebstahl“ und zwar hervorgehoben durch Fettdruck und versehen mit einem besonderen optischen Hinweis durch einen schwarzen Keil unter der Überschrift „Belehrung über die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers“. Der hervorgehobene Erklärungstext befindet sich als vorletzter Absatz über dem Unterschriftenfeld und ist von diesem lediglich durch die ebenfalls drucktechnisch hervorgehobene „Schlusserklärung“ getrennt. Damit ist dem Formerfordernis nach Auffassung des Senats genüge getan (so auch Langheid//Wandt a.a.O. Rdn. 340; Prölss/Martin a.a.O. Rdn. 154). Ein Mehr an Warnfunktion erscheint kaum erzielbar, auch nicht mit einem gesonderten Formular. Mehr als Textform verlangt das Gesetz nicht. Dass Formulare im Rechtsverkehr vielfach nur flüchtig oder auch gar nicht gelesen werden, muss als Tatsache hingenommen werden, die selbst bei sorgfältigster Gestaltung der Vordrucke nicht aus der Welt zu schaffen ist.
III.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
28 
Die Revision ist zuzulassen, denn hinsichtlich der Fragen einer Belehrungspflicht als Voraussetzung der Leistungsfreiheit bei Arglist und der Form einer Belehrung werden unterschiedliche Auffassungen in der Literatur vertreten. Sollte eine Belehrung erforderlich sein und müsste sie auf einem gesonderten Schriftstück erfolgen, könnte hier eine Leistungsfreiheit nach Maßgabe von § 28 VVG nicht angenommen werden. Der Bundesgerichtshof hat - soweit dem Senat ersichtlich - diese grundsätzlichen Fragen im Zusammenhang mit § 28 VVG auch noch nicht entschieden.

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR306/13 Verkündet am:
12. März 2014
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG
arglistig, so kann der Versicherer auch dann vom Vertrag zurücktreten, wenn er
den Versicherungsnehmer nicht entsprechend den Anforderungen des § 19 Abs.
5 VVG belehrt hat.
BGH, Urteil vom 12. März 2014 - IV ZR 306/13 - OLG Köln
LG Bonn
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 12. März 2014

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt die Feststellung des Fortbestandes eines Krankenversicherungsvertrages. Nachdem er am 23. September 2010 mit dem als Versicherungsvermittler tätigen Streithelfer einen Maklervertrag geschlossen hatte, unterzeichnete er am 27. Oktober 2010 einen Antrag auf Kranken- und Pflegeversicherung. In diesem beantwortete er bei den Gesundheitsangaben die Frage 1 nach Krankheiten, Beschwerden etc. in den letzten drei Jahren mit "ja". Das Feld für nähere Angaben füllte er nicht aus, sondern gab für ärztliche Auskünfte lediglich Dr. S. an, bei dem er sich zuletzt im April 2010 wegen "Allgemeine Untersuchung/ohne Befund" in Behandlung befunden habe. Die Frage 10 nach psychotherapeutischen Behandlungen wurde nicht beantwortet. Der Beklagten ging später ein weiteres modifiziertes Antragsformular zu, welches auf den ersten beiden Seiten jeweils an der Seite am 8. No- vember 2010 unterschrieben worden war. In diesem waren nunmehr die Fragen 1 und 10 jeweils verneint. Die Beklagte stellte einen Versicherungsschein mit Versicherungsbeginn ab dem 1. Januar 2011 aus. Mit Schreiben vom 22. September 2011 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag , da der Kläger ihr verschiedene Erkrankungen (Hypercholesterinämie , Myalgie, Lumbago, Rheuma, depressive Episode, Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich), derentwegen er in ärztlicher Behandlung gewesen sei, verschwiegen habe. Mit außergerichtlichen Schreiben vom 23. August 2012 erklärte die Beklagte ferner die Anfechtung ihrer Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung.
2
Der Kläger beantragt festzustellen, dass sein Versicherungsvertrag bei der Beklagten fortbesteht und weder durch den mit Schreiben vom 22. September 2011 erklärten Rücktritt noch durch die mit Schreiben vom 23. August 2012 erklärte Anfechtung beendet wurde. Ferner verlangt er Freistellung von seinen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
3
Das Landgericht hat die Klage ab-, das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
5
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Versicherungsvertrag nicht infolge der durch die Beklagte erklärten Anfechtung nichtig geworden, weil diese die Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 BGB nicht gewahrt habe. Die Beklagte sei jedoch wirksam vom Versicherungsvertrag zurückgetreten. Der Kläger habe seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG verletzt, weil er falsche Angaben über das Bestehen von Vorerkrankungen gemacht habe. Zwar habe der Antrag vom 27. Oktober 2010 noch keine falschen Angaben enthalten, wohl aber der Antrag vom 8. November 2010, weil der Kläger dort ärztliche Behandlungen wegen verschiedener gefahrerheblicher Erkrankungen verschwiegen habe, die für die Risikoprüfung der Beklagten relevant gewesen seien. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Beklagten dieser modifizierte Antrag bei der Policierung vorgelegen habe. Ob die Angaben in diesem Antrag vom Kläger selbst oder vom Streithelfer stammten, könne dahinstehen. Der Kläger müsse sich jedenfalls ein entsprechendes Handeln des Streithelfers zurechnen lassen, da dieser für ihn als Versicherungsmakler und damit als sein Vertreter tätig geworden sei. Ohne Erfolg mache der Kläger insoweit geltend, dass der Streithelfer bei der nachträglichen Änderung der Gesundheitsangaben nicht für ihn, sondern für die Beklagte tätig geworden sei. Die sie treffende Nachfrageobliegenheit habe die Beklagte bereits dadurch erfüllt, dass sie die entsprechende Nachfrage an den Streithelfer als Vertreter des Klägers gerichtet habe. Die an den Makler gerichtete Anfrage könne nicht dahingehend verstanden werden, dass der Streithelfer nunmehr als Vertreter der Beklagten in deren Interessenkreis tätig werden sollte.
6
Auch ein Ausschluss des Rücktrittsrechts nach § 19 Abs. 5 VVG wegen einer Verletzung der Hinweispflicht sei nicht gegeben. Dabei könne dahinstehen, ob ein den Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG genügender Hinweis der Beklagten auf die Folgen einer Verletzung der Anzeigepflicht vorliege. Denn auf die Verletzung der Hinweispflicht könne sich der arglistig Handelnde mangels Schutzwürdigkeit nicht berufen. Bei einem unterstellten Handeln des Streithelfers habe dieser arglistig gehandelt , was sich der Kläger nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen müsse. Arglist liege aber auch dann vor, wenn die unrichtigen Angaben im Antragsformular nicht vom Streithelfer, sondern vom Kläger selbst stammten. Die Beklagte habe ihr Rücktrittsrecht fristgerecht ausgeübt, ohne dass sie gegen ihre Nachfrageobliegenheit verstoßen habe.
7
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
Die Beklagte war berechtigt, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 VVG vom Krankenversicherungsvertrag zurückzutreten.
9
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass es auf die Frage, ob ein den Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG genügender Hinweis der Beklagten auf die Folgen einer Verletzung der Pflichten nach § 19 Abs. 1 VVG vorlag, nicht ankomme, da sich der arglistig Handelnde jedenfalls nicht auf eine Verletzung der Hinweispflicht berufen könne.
10
Diese Frage wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
11
a) Die überwiegende Auffassung geht davon aus, dass es auf die Erfüllung der Hinweispflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG nicht ankommt, wenn der Versicherungsnehmer arglistig getäuscht hat (Langheid in Römer /Langheid, VVG 4. Aufl. § 19 Rn. 118; MünchKomm-VVG/Langheid, § 19 Rn. 157; Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 19 Rn. 75; HK- VVG/Schimikowski, 2. Aufl. § 19 Rn. 45; Looschelders in Looschelders/ Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 19 Rn. 72; FA-Komm-VersR/Pilz/Gramse, § 19 Rn. 167; Reusch, VersR 2007, 1313, 1320; Schimikowski, r+s 2009, 353,

356).


12
Eine Minderheitsauffassung im Schrifttum vertritt demgegenüber die Meinung, auch gegenüber einem arglistig täuschenden Versicherungsnehmer bestehe Leistungsfreiheit des Versicherers nur, wenn er eine den Erfordernissen des § 19 Abs. 5 VVG entsprechende Belehrung erteilt habe (so insbesondere Knappmann in Beckmann/Matusche-Beckmann , Versicherungsrechtshandbuch 2. Aufl. § 14 Rn. 12; PK-VVG/ Härle, 2. Aufl. § 19 Rn. 131).
13
In der Rechtsprechung ist diese Frage bisher offen gelassen worden (vgl. LG Dortmund VersR 2010, 465, 468).
14
b) Die erstgenannte Auffassung trifft zu.
15
Hierfür sprechen zunächst systematische Erwägungen des Gesetzes. So schreibt § 19 Abs. 5 VVG die Belehrungspflicht des Versicherers lediglich für die Fälle des § 19 Abs. 2 bis 4 VVG vor, also für Rücktritt, Kündigung und Vertragsanpassung. Im Falle der Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG i.V.m. § 123 BGB ist eine derartige Belehrung im Gesetz von vornherein nicht vorgesehen. Es kann für die Belehrungspflicht indessen keinen Unterschied machen, ob der Versicherer im Falle des Vorliegens einer arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer gemäß § 22 VVG anficht oder nach § 19 VVG vom Vertrag zurücktritt. Dies kann etwa von Fragen der Rechtzeitigkeit der Anfechtungserklärung oder des Rücktritts abhängen, ohne dass ersichtlich ist, warum sich dies auf die Frage der Belehrungspflicht auswirken sollte. Auch an anderen Stellen, etwa in § 21 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 oder § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG zeigt das Gesetz, dass es den arglistig handelnden Versicherungsnehmer grundsätzlich für weniger schutzbedürftig erachtet.
16
Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers für den vergleichbaren Fall des § 28 Abs. 4 VVG. Bei Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung kann sich der Versicherer gemäß § 28 Abs. 4 VVG auf Leistungsfreiheit nur berufen, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat. Der Gesetzgeber hat aber betont, dass es in Fällen der Arglist des Versicherungsnehmers einer solchen Belehrung nicht bedarf (BT-Drucks. 16/3945 S. 69 zu Abs. 4).
17
Im Rahmen von § 28 Abs. 4 VVG ist daher überwiegend anerkannt , dass im Falle der Arglist eine gesonderte Belehrung nicht erforderlich ist (vgl. hierzu nur OLG Köln VersR 2013, 1428 f.; HK-VVG/ Felsch, 2. Aufl. § 28 Rn. 214 m.w.N.).
18
Der Verzicht auf das Belehrungserfordernis im Falle der Arglist entspricht ferner der früheren Relevanzrechtsprechung des Senats. Hiernach war im Rahmen von § 6 Abs. 3 VVG a.F. im Falle einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung ein Hinweis des Versicherers an den Versicherungsnehmer erforderlich, dass ihm bei vorsätzlich falschen Angaben der Verlust des Versicherungsschutzes selbst dann droht, wenn ein Nachteil für den Versicherer nicht eintritt (vgl. etwa Senatsurteil vom 12. März 1976 - IV ZR 79/73, VersR 1976, 383 unter II 2). Eine derartige Belehrungspflicht hat der Senat allerdings dann nicht für erforderlich ge- halten, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht arglistig verletzt hat (Senat aaO). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des Gesetzes hiervon hat abweichen wollen, bestehen nicht. Für eine unterschiedliche Behandlung der Belehrungspflicht des arglistig handelnden Versicherungsnehmers in § 19 Abs. 5 VVG einerseits und in § 28 Abs. 4 VVG andererseits besteht keine Veranlassung.
19
Gegen ein Belehrungserfordernis nach § 19 Abs. 5 VVG spricht außerdem, dass die Belehrungspflichten ausdrücklich zum Schutz des Versicherungsnehmers angeordnet sind (BT-Drucks. 16/3945 S. 65 f.), der arglistig handelnde Versicherungsnehmer aber nicht gleichermaßen schutzbedürftig ist (vgl. Senatsurteil vom 12. März 1976 aaO). Die von § 19 Abs. 5 VVG bezweckte Information des Versicherungsnehmers über die Folgen seines Verstoßes gegen die Anzeigepflicht verfehlt für den arglistig handelnden Versicherungsnehmer ihr Ziel, weil dieser selbst weiß, dass er vertragswidrig Falschangaben macht, um den Versicherer zum Abschluss eines Vertrages zu veranlassen, den dieser bei wahrheitsgemäßer Unterrichtung in dieser Form nicht geschlossen hätte.
20
Entgegen der Auffassung der Revision folgt nichts anderes aus dem Senatsbeschluss vom 11. Januar 2006 (IV ZR 297/03, VersR 2006, 533 Rn. 3). Mit der speziellen Frage der Arglist befasst sich diese Entscheidung nicht.
21
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger müsse sich ein arglistiges Verhalten des Streitverkündeten gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Dem Berufungsgericht sind diesbezüglich keine revisionsrechtlich erheblichen Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts unterlaufen. Die Revision setzt lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
22
a) Dieses hat zunächst zutreffend angenommen, dass sich der Versicherungsnehmer das Handeln eines von ihm eingeschalteten Maklers über § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss (Senatsbeschluss vom 12. März 2008 - IV ZR 330/06, VersR 2008, 809 Rn. 8). Hier hat der Kläger mit dem Streitverkündeten am 23. September 2010 einen entsprechenden Maklervertrag geschlossen. Zwar kann es Ausnahmen, die zu einer Zurechnung des Maklerverhaltens beim Versicherer führen würden , geben. Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner - in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten (Senatsurteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 51; BGH, Urteil vom 14. November 2000 - XI ZR 336/99, VersR 2001, 188 unter II 2). Das Berufungsgericht hat aber auf der Grundlage der von ihm zutreffend erkannten rechtlichen Grundsätze das Eingreifen eines derartigen Ausnahmefalles in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Artund Weise verneint.
23
b) Zu Unrecht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe das Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme nicht hinreichend in seine Erwägungen einbezogen. Hierzu beruft sie sich auf die Vernehmung des Zeugen P. , der als Teamleiter bei der Beklagten tätig war, und unter anderem bekundete, in dem ersten Antrag sei die Gesundheitsfrage 1 mit "ja" und die Frage 10 gar nicht beantwortet worden. Nach dem Erhalt des ersten Antrags sei eine Nachricht an den Ver- triebspartner gegangen, der wiederum den Makler beauftragt habe, die noch offenen Fragen zu beantworten.
24
Hieraus will die Revision schließen, dass sich die Beklagte im Rahmen der sie wegen der Unvollständigkeit des ersten Versicherungsantrags treffenden Nachfrageobliegenheit des Streithelfers bedient habe, um die Gesundheitsfragen nochmals an den Kläger heranzutragen. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Frage indessen ausdrücklich befasst und ausgeführt, die Beklagte habe ihre Nachfrageobliegenheit bereits dadurch erfüllt, dass sie die entsprechende Nachfrage an den Streithelfer als Vertreter des Klägers gerichtet habe. Keinesfalls sei sie gehalten gewesen, den Kläger unmittelbar zu kontaktieren. Die an den Streithelfer gerichtete Anfrage könne daher nicht dahingehend verstanden werden, dass der Streithelfer nunmehr als Vertreter der Beklagten in deren Interessenkreis tätig werden sollte. Das muss die Revision als tatrichterliche Würdigung, die keine revisionsrechtlich beachtlichen Fehler aufweist, hinnehmen.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 12.11.2012 - 9 O 150/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.07.2013 - 20 U 238/12 -

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.