Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 13. Feb. 2015 - 20 U 169/14

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2015:0213.20U169.14.00
bei uns veröffentlicht am13.02.2015

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.


Die Berufung ist aufgrund des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden. 

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 13. Feb. 2015 - 20 U 169/14 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 28 Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit


(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Ke

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 19 Anzeigepflicht


(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 22 Arglistige Täuschung


Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2013 - IV ZR 197/11

bei uns veröffentlicht am 09.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 197/11 Verkündet am: 9. Januar 2013 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 28

Oberlandesgericht Hamm Urteil, 20. Aug. 2014 - 20 U 267/13

bei uns veröffentlicht am 20.08.2014

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. November 2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten für den Kläger unterhaltene Kranken

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 13. März 2014 - 7 U 216/13

bei uns veröffentlicht am 13.03.2014

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 182/13 - vom 18.09.2013 abgeändert und neu gefasst: a) Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Krankenversicherun
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 22. Okt. 2015 - 12 U 53/15

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18.03.2015 - 5 O 92/14 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: Es wird festgestellt, dass die private Krankenversicherung

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 197/11 Verkündet am:
9. Januar 2013
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
1. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform i.S. von § 28 Abs. 4
VVG genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers
in einen Schadenmeldungsfragebogen oder ein sonstiges Schreiben
aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des
Versicherungsfalls gestellt werden.
2. In diesen Fällen muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische
Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den
Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2013 - IV ZR 197/11 - OLG Bremen
LG Bremen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom9. Januar 2013

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 10. Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Firmenschutzversicherung, welche auch den Schutz vor Einbruchsdiebstahl umfasst, ferner die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Nach seiner Behauptung wurde in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 2009 in die Räume seines Fliesenlegerbetriebes eingebrochen und eine Reihe von Werkzeugen und Maschinen entwendet , deren Wert der Kläger auf jedenfalls 31.000 € beziffert. Im Zuge von Verhandlungen mit dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten unterzeichnete der Kläger ein ihm unterbreitetes Formular, welches mit "Vergleich und Abfindungserklärung" überschrieben war. Darin heißt es unter anderem: "Mit Bewilligung einer Vergütung von 31.000 € erkläre ich mich hinsichtlich aller Entschädigungsansprüche, die ich anläßlich meines Versicherungsfalles vom 29.05.09 (…) er- hebe, für abgefunden. (…) An diesen Vergleichsvorschlag halte ich mich nur dann gebunden , wenn die oben genannte Gesellschaft innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt dieser Erklärung ihre Annahme durch Zahlung erklärt."
2
Zu einer Zahlung des genannten Betrages kam es nicht. Stattdessen forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. September 2009 auf, zahlreiche weitere Fragen zur Sachverhaltsaufklärung zu beantworten. Der Text des zweiseitigen Schreibens lautet am Ende: "Abschließend erteilen wir Ihnen folgende Belehrung: (Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunftsund Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall

)

Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen haben Sie uns nach Eintritt des Versicherungsfalles alle Angaben zu machen , die der Aufklärung des Tatbestandes dienlich sind (sogenannte Aufklärungsobliegenheit) oder zur Feststellung des Versicherungsfalls bzw. des Umfanges unserer Leistungspflicht erforderlich sind (sogenannte Auskunftsobliegenheit

).

Verletzen Sie arglistig oder vorsätzlich die Obliegenheit zur Auskunft oder zur Aufklärung, werden wir von der Verpflichtung zur Leistung frei. Verstoßen Sie hingegen grob fahrlässig gegen eine dieser Obliegenheiten, können wir unsere Leistung im Verhältnis zur Schwere Ihres Verschuldens kürzen. Die Kürzung wird
unterbleiben, wenn Sie nachweisen, dass die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt wurde. Trotz Verletzung Ihrer Obliegenheit zur Auskunft oder Aufklärung bleiben wir jedoch insoweit zur Leistung verpflichtet , als Sie nachweisen, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war."
3
Dieser Text unterscheidet sich nicht von dem sonstigen Schriftbild des Schreibens, lediglich das einleitende Wort "Belehrung" ist fett, der nachfolgende in Klammern stehende Zusatz kursiv gedruckt.
4
Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe vorsätzlich die in dem Schreiben gestellten Fragen - und ebenso weitere Fragen aus nachfolgenden zwei Schreiben - nicht ausreichend, teilweise auch unzutreffend beantwortet. Sie hält sich schon deshalb für leistungsfrei, bestreitet aber auch das Vorliegen eines Versicherungsfalls mit Nichtwissen und zieht dabei insbesondere das Vorhandensein der vom Kläger als gestohlen gemeldeten Geräte am Versicherungsort und deren angegebenen Wert in Zweifel.
5
Der Kläger meint, die Beklagte sei bereits infolge eines wirksam abgeschlossenen Vergleichs zur Leistung verpflichtet; auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung könne sie sich unter anderem deshalb nicht berufen, weil ihre Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
6
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.


Entscheidungsgründe:


7
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Dieses hat ausgeführt:
9
Ein Vergleich über die Versicherungsleistung sei nicht zustande gekommen.
10
Auf den Versicherungsvertrag könne der Kläger sein Begehren ebenfalls nicht mit Erfolg stützen, weil die Beklagte infolge der vorsätzlichen Verletzung seiner Auskunftsobliegenheit leistungsfrei sei. Dabei sei zugrunde zu legen, dass der Kläger die Frage nach einer Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und dem Vorliegen von Vollstreckungstiteln nicht bzw. nicht zutreffend beantwortet habe. Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils stelle bindend fest, der Kläger habe unstreitig zum fraglichen Zeitpunkt die eidesstattliche Versicherung abgegeben gehabt und ein vollstreckbarer Titel gegen ihn habe vorgelegen. Dem Bestreiten dieser Umstände in zweiter Instanz stehe § 314 ZPO entgegen, nachdem ein Tatbestandberichtigungsantrag des Klägers erfolglos geblieben sei. Als neues Vorbringen könne dieses Bestreiten nicht zugelassen werden, da die Voraussetzungen des § 531 ZPO nicht vorlägen. Angesichts der im Schriftverkehr der Parteien wiederholten Hinweise der Beklagten auf die Folgen unzureichender Auskünfte sei davon auszugehen, dass der Kläger zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Einen Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG habe er nicht geführt.
11
Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit genüge den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG. Für eine "gesonderte Mitteilung" reiche ein drucktechnisch hervorgehobener Absatz am Ende eines Fragebogens aus. Die drucktechnische Hervorhebung der Belehrung erscheine noch ausreichend.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
13
1. Offen bleiben kann, ob der Kläger seine Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit verletzt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das Berufungsgericht nach § 314 ZPO an die Feststellung des Landgerichts gebunden war, der Kläger habe unstreitig früher einmal die eidesstattliche Versicherung abgegeben und es liege ein vollstreckbarer Titel gegen ihn vor.
14
2. Vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 28 Abs. 2 VVG kann schon deshalb nicht eintreten, weil die dem Kläger erteilte Belehrung über diese Rechtsfolgen den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG nicht genügt.
15
a) Allerdings trifft die Annahme des Berufungsgerichts zu, dass eine schriftliche Belehrung des Versicherungsnehmers auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder - wie hier - in einem individuellen Schrei- ben des Versicherers, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung eines behaupteten Versicherungsfalls gestellt werden, das Erfordernis einer "gesonderten Mitteilung in Textform" i.S. des § 28 Abs. 4 VVG erfüllt.
16
aa) Der Wortlaut des vom Versicherungsvertragsgesetz jeweils mit Blick auf Belehrungs- oder Hinweispflichten des Versicherers aufgestellten Formerfordernisses (vgl. neben § 28 Abs. 4 auch die §§ 19 Abs. 5, 37 Abs. 2 Satz 2, 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 VVG) macht für sich genommen nicht hinreichend deutlich, ob "gesondert" eine absolute Trennung der Mitteilung von jeglichen anderen Texten oder lediglich von bestimmten Dokumenten fordert. Auch die Gesetzgebungsmaterialien geben darüber keinen Aufschluss (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Dort wird nur für die gesonderte schriftliche Informations-Verzichtserklärung des Versicherungsnehmers nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG erläutert , deren Zweck, formularmäßige Verzichte zu vermeiden, erfordere eine ausdrückliche Erklärung in einem "gesonderten" Schriftstück (BTDrucks. 16/3945 S. 60). Teilweise wird deshalb in der Literatur angenommen , es sei auch nach § 28 Abs. 4 VVG stets eine absolute Trennung in der Weise geboten, dass die Belehrung nur mittels einer eigens verfassten Urkunde, die als "Extrablatt" neben der Belehrung keine weiteren Informationen enthalten dürfe, wirksam erfolgen könne (Funck, VersR 2008, 163, 166; Neuhaus, r+s 2008, 45, 52 - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Präve, VersR 2007, 1046; Reusch, VersR 2007, 1313, 1319 f. - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Rolfs in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 19 Rn. 115 m.w.N.; Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 114).

17
bb) Dem ist nicht zuzustimmen. Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung nimmt stattdessen zutreffend an, die von § 28 Abs. 4 VVG geforderte Belehrung könne zusammen mit schriftlichen Fragen des Versicherers innerhalb eines Dokuments erteilt werden (Grote /Schneider, BB 2007, 2689; Heiss in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl.; § 28 Rn. 177; Knappmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts -Handbuch, 2. Aufl. § 14 Rn. 8; Leverenz, VersR 2008, 709, 710; Marlow/Spuhl, Das Neue Versicherungsrecht kompakt, 4. Aufl. S. 89; Marlow, VersR 2010, 468; Pohlmann in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 130; Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 28 Rn. 154; Schimikowski in HK-VVG, 2. Aufl. zu § 19 Rn. 42; Schimikowski , r+s 2009, 353, 356; Wandt in MünchKomm, VVG § 28 Rn. 340; OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Nürnberg-Fürth r+s 2010, 412, 415; LG Dortmund VersR 2010, 465, 466 - zu § 19 Abs. 5 VVG). Das folgt aus dem Gesetzeszweck. Danach ist eine gesonderte Mitteilung in Textform im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG als eine anlassbezogene , lediglich von den allgemeinen Vertragsunterlagen, insbesondere dem Versicherungsschein aber auch den Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt, getrennte Form des Hinweises zu verstehen.
18
(1) Die nach § 28 Abs. 4 VVG gebotene Belehrung über die im Falle der Verletzung einer Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit drohenden Rechtsfolgen soll dem Versicherungsnehmer vor der Beantwortung entsprechender Fragen des Versicherers eindringlich vor Augen führen, welche Bedeutung die vollständige, rechtzeitige und wahrheitsgemäße Information des Versicherers für dessen Leistungsverpflichtung hat. Der Versicherungsnehmer soll damit zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheiten angehalten, aus Grün- den der Fairness zugleich aber auch vor den ihm anderenfalls drohenden Rechtsnachteilen gewarnt werden (vgl. dazu auch Rixecker in Römer /Langheid, VVG 3. Aufl. § 28 Rn. 104). Aus dieser Zielsetzung ergibt sich die Notwendigkeit, erst dann zu belehren, wenn von dem Versicherungsnehmer Angaben zu einem konkreten Versicherungsfall erwartet werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es zweckmäßig, dass ihm die Belehrung vor Augen steht (vgl. zum ähnlichen Regelungszweck des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG auch BT-Drucks. 16/3945 S. 65, 66). Das wäre nicht gewährleistet, wenn die Belehrung bereits vorsorglich für künftige Versicherungsfälle im Versichersicherungsschein, den Versicherungsbedingungen , sonstigen Vertragsunterlagen oder Vertragsinformationen im Sinne des § 7 VVG wirksam erteilt werden könnte. Diese Belehrung muss von den letztgenannten Dokumenten getrennt und erst dann erfolgen , wenn die Erfüllung eines Aufklärungs- oder Auskunftsverlangens des Versicherers ansteht.
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(2) Diesem Zweck der Belehrung kann einerseits mittels eines - vom Wortlaut des § 28 Abs. 4 VVG jedenfalls auch gedeckten - eigens für die Belehrung erstellten Dokuments ("Extrablattes") Rechnung getragen werden; andererseits lässt es sich mit dem Gesetzeszweck ebenso vereinbaren, die anlassbezogene Belehrung auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder in einem Schreiben zu erteilen, in welchem der Versicherer Fragen zur Aufklärung eines Versicherungsfalles stellt. Ein Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers, die Belehrung nicht im Kontext mit solchen Fragen zu erhalten, ist nicht erkennbar. Denn sie wird ihrer vom Gesetz bezweckten Warnfunktion gerade dann gerecht, wenn sie dem Versicherungsnehmer im unmittelbaren zeitlichen und auch räumlichen Zusammenhang mit den an ihn gerichteten Fragen zur Kenntnis gebracht wird.

20
(3) Diese am Geschehenszweck orientierte Auslegung des Begriffs der "gesonderten Mitteilung in Textform" im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG steht nicht im Widerspruch dazu, dass die in § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG vorausgesetzte "gesonderte schriftliche Erklärung" des Versicherungsnehmers (über einen Verzicht auf Vertragsinformationen) eine von sonstigen Erklärungen getrennte Urkunde verlangt. Die Gefahr vorschneller, weil formularmäßig vorbereiteter Verzichtserklärungen von Versicherungsnehmern , welcher § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG entgegenwirken will (vgl. dazu BT-Drucks. 16/3945 S. 60), besteht im Falle der von § 28 Abs. 4 VVG geforderten Belehrung, bei der es sich um eine einseitige, nicht unmittelbar auf die Begründung von Rechten oder Pflichten gerichtete Informationserklärung des Versicherers handelt, nicht (vgl. Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Vielmehr kann es gemessen an ihrer Warnfunktion durchaus sinnvoll sein, wenn sie in demjenigen Formular enthalten ist, dessen unvollständige oder unrichtige Beantwortung für den Versicherungsnehmer Gefahren bergen kann.
21
b) Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung ist aber zu beanstanden, weil ihre drucktechnische Gestaltung nicht den Anforderungen genügt, die an eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG zu stellen sind.
22
aa) Mit dem Belehrungserfordernis hat der Gesetzgeber in § 28 Abs. 4 VVG ein wesentliches Element der vom Senat zu § 6 Abs. 3 VVG a.F. allein für Fälle vorsätzlicher, folgenloser Obliegenheitsverletzungen entwickelten Relevanzrechtsprechung (vgl. unter anderem Senatsurteile vom 16. Januar 1970 - IV ZR 645/68, BGHZ 53, 160, 164; vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80, VersR 1982, 182 m.w.N.; vgl. im Übrigen zur Ent- wicklung der Relevanzrechtsprechung: Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rn. 51-55; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rn. 101) übernommen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 69). Die Beschränkung der Belehrungspflicht auf vorsätzliche, folgenlose Obliegenheiten ist dabei entfallen, weil letztere infolge des in § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG erweiterten Kausalitätserfordernisses ohnehin keine Leistungskürzung mehr zur Folge haben. Die Belehrungspflicht betrifft nunmehr alle nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten.
23
bb) Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt , dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war (Römer aaO Rn. 64; BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 - II ZR 17/65, BGHZ 48, 7, 9), sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung (OLG Köln VersR 2009, 251, 252; OLG Nürnberg ZfSch 1995, 338) abhob.
24
cc) Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem ähnlichen Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte (vgl. insoweit Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d zu § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.) besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes - Fragen des Versicherers enthaltendes - Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Dortmund, Urteil vom 10. März 2011 - 2 O 105/10, juris Rn. 20; VersR 2010, 465, 467 jeweils zu § 19 Abs. 5 VVG; Wandt in MünchKomm-VVG § 28 Rn. 340; vgl. zu § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG: OLG Naumburg VersR 2012, 973, 974).
25
dd) Dem genügt die hier in Rede stehende Belehrung nicht. Ihr Text hebt sich weder in Schriftart oder -größe noch in Bezug auf Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge oder Schriftfarbe ausreichend vom übrigen Text des Schreibens vom 3. September 2009 ab. Andere graphische Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung werden ebenfalls nicht eingesetzt. Allein das fett gedruckte Wort "Belehrung" und die Kursivstellung des nachfolgenden Klammerzusatzes "(Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall)", die beide im Fließtext integriert und nicht nach Art einer Überschrift hervorgehoben sind, reichen nicht aus, um die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderem Maße auf den nachfolgenden, normal gedruckten Belehrungstext zu lenken, der sich über vier Absätze erstreckt, ohne dass aufgrund deren äußerer Gestaltung erkennbar wäre, dass es sich insoweit um eine vom sonsti- gen Inhalt des Schreibens gesondert erteilte rechtliche Information handelt.
26
Es kommt hinzu, dass die Fristsetzung zur Beantwortung der Fragen bis zum "30.09.2009" unmittelbar über dem Wort "Belehrung" ebenfalls fett gedruckt und zudem zentriert gesetzt ist, so dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderer Weise auf sich zieht und von der Bedeutung des nachfolgenden Textes ablenkt.
27
Auch der abschließende nahtlose Übergang von der Belehrung zur Grußformel lässt die rechtliche Bedeutung des Belehrungstextes nicht hinreichend erkennen.
28
III. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil nunmehr geprüft werden muss, ob ein Versicherungsfall vorliegt und in welchem Umfang der Kläger gegebenenfalls Schäden erlitten hat.
29
Anders als der Kläger meint, ist seiner Klage nicht bereits aufgrund eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs stattzugeben. Die darauf zielenden Revisionsrügen erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die tatrichterliche Auslegung des Formulars "Vergleich und Abfindungserklärung" sowie die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage, ob ein Vergleich mündlich abgeschlos- sen worden ist, durch eigene, vermeintlich bessere Erwägungen zu ersetzen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 564 ZPO abgesehen.

Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 31.03.2011- 6 O 2019/09 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 10.10.2011- 3 U 13/11 -

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. November 2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten für den Kläger unterhaltene Krankenversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ############# fortbesteht und nicht durch Anfechtung und Rücktritt seitens der Beklagten beendet wurde.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 182/13 - vom 18.09.2013

abgeändert und neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Krankenversicherungsvertrag, Versicherungs-Nummer: ..., betreffend die versicherte Person U. M., nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 angepasst worden ist.

b) Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Krankenversicherungsvertrag, Versicherungs-Nummer: ..., betreffend die versicherte Person M. M., nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 angepasst worden ist.

c) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.209,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.06.2013 zu zahlen.

d) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.176,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit 08.06.2013 zu zahlen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 182/13 - vom 18.09.2013 wird

zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 19.634,28 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Stuttgart, mit dem ihre Klage teilweise abgewiesen wurde, soweit die von der Beklagten vorgenommene Vertragsanpassung hinsichtlich des zwischen ihr und der Beklagten abgeschlossenen Krankenversicherungsvertrages, die Rückforderung von unter Vorbehalt geleisteten erhöhten Prämien in Höhe von 8.600,64 EUR nebst Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.176,91 EUR geltend gemacht wurden.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Anschlussberufung gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart, soweit sie zur Zahlung von unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen der Klägerin in Höhe von 1.608,84 EUR hinsichtlich des Krankenversicherungsvertrags betreffend die versicherte Person M. M., der Sohn der Klägerin, verurteilt und festgestellt wurde, dass der Krankenversicherungsvertrag betreffend die versicherte Person M. M. nicht wirksam durch die Vertragsänderung der Beklagten vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 angepasst worden ist.
Die Klägerin beantragte Ende 2009 bei der Beklagten den Abschluss einer Krankheitskosten-, Krankentagegeld- und einer privaten Pflegeversicherung für sich selbst und - mit Ausnahme der Krankentagegeldversicherung - für ihre beiden minderjährigen Kinder M. (geboren 06.01.2006) und H. (geboren 18.10.2003) (vgl. Anlagen K 1 und K 2, Bl. 19 ff.).
Die Beklagte verwendete unter anderem für die hier streitgegenständlichen Versicherungsverträge mit der Versicherungs-Nummer ... betreffend die versicherte Person U. M. und für die identische Versicherungs-Nummer ... betreffend die versicherte Person M. M. den „Antrag auf Krankenversicherung“, den die Beklagte als Blanko-Formular vorgelegt hat (Anlage B 2, Bl. 67 ff.).
Das Blanko-Krankenversicherungsantragsformular der Beklagten, das auch bei der Klägerin und deren Sohn M. M. als versicherte Personen Verwendung fand, ist wie folgt aufgebaut:
- Deckblatt
        
- 2. Seite:
„Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“
- 3. und 4. Seite:  
„Antrag auf Krankenversicherung“ u.a. mit Antragsfragen und Unterschriftszeilen
- 5. Seite:
„Wichtige Hinweise und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Person“
- 6. Seite:
„Empfangsbestätigung“
- 7. Seite:
Eigenbewerbung/„Testurteile“
Das von der Beklagten verwendete Blanko-Krankenversicherungsantragsformular (Anlage B 2, Bl. 67 ff.) lautet auszugsweise wie folgt:
Seite 2:
Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung
10 
Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
...
11 
Welche Folgen können eintreten, wenn eine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wird?
12 
1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes
...
13 
2. Kündigung
...
14 
3. Vertragsänderung
15 
Können wir nicht zurücktreten oder kündigen, weil wir den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätten, werden die anderen Bedingungen auf unser Verlangen Vertragsbestandteil. Haben Sie die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt, werden die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil. Wenn Sie die Anzeigepflicht schuldlos verletzt haben, steht uns das Recht zur Vertragsänderung nicht zu.
16 
Erhöht sich durch die Vertragsänderung der Beitrag um mehr als 10 % oder schließen wir die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, können Sie den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang unserer Mitteilung über die Vertragsänderung fristlos kündigen. Auf dieses Recht werden wir Sie in unserer Mitteilung hinweisen.
17 
4. Ausübung unserer Rechte
...
18 
Angaben zum
Gesundheits- 
zustand
 
Die Angaben zu den Gesundheitsverhältnissen werden
nicht auf diesem Antrag, sondern in der »Erklärung
vor dem Arzt
« (VG 152) gemacht.
Hinweis: Der Antrag ist nur gültig, wenn die »Erklärungen
vor dem Arzt« für die Personen Nr. vorliegen!
Ihr Versicherungsvermittler berät Sie in Versicherungsfragen.
Medizinische Wertungen kann er als Laie aber nicht vornehmen.
Bitte beachten Sie daher die Hinweise auf der Rückseite
und machen Sie umfassende Angaben.
Fehlende, falsche oder bagatellisierte Angaben gefährden
Ihren Versicherungsschutz.
...“
19 
Seite 5 (nach der Unterschriftszeile auf Seite 4):
20 
„Wichtige Hinweise und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Person
Allgemeine Vertragsbedingungen/Verbraucherinformation
21 
Die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die gesetzliche Information nach § 7 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und der Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung und der Nichtzahlung der Erstprämie für die Pflege-Pflichtversicherung sowie der Hinweis auf das Widerrufsrecht müssen Ihnen von Ihrem Vermittler rechtzeitig vor Ihrer Vertragserklärung vollständig ausgehändigt werden.
22 
Falls Sie auf die Aushändigung dieser Unterlagen zu diesem Zeitpunkt nicht ausdrücklich verzichtet haben, dann bestätigen Sie bitte den Erhalt der genannten Unterlagen auf der Empfangsbestätigung und senden Sie uns diese mit Ihrem Antrag zu.
23 
Anwendbares Recht
24 
Auf den Vertrag findet deutsches Recht Anwendung.
25 
Anzeigepflicht (vorvertraglich)
26 
Alle gestellten Fragen habe ich nach bestem Wissen sorgfältig und vollständig beantwortet und dabei auch von mir für unwesentlich, alters- oder geschlechtstypisch gehaltene Erkrankungen, Beschwerden oder Untersuchungen angegeben. Ich habe alle Fragen umfassend, vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet. Liegen mir ärztliche Berichte, Atteste oder ähnliche Unterlagen vor, die meine Angaben ergänzen können, habe ich diese beigefügt. Dies erleichtert die Antragsprüfung und beschleunigt die Bearbeitung meines Antrags.
27 
Die Anzeigepflicht gilt auch nach Abgabe meiner Vertragserklärung, wenn mich die H… Krankenversicherung in Textform nach Gefahrumständen fragt, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer gefragt hat. Dies gilt auch für eine zwischenzeitlich festgestellte Schwangerschaft.
28 
Bitte beachten Sie auch den gesonderten Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung.
29 
Bestätigung zur Einkommenshöhe/Lohnfortzahlungsdauer
30 
Ich bestätige ausdrücklich, sofern ich eine Krankentagegeldversicherung beantragt habe, dass das gewünschte Tagegeld (ggf. zusammen mit anderweitig bestehenden oder beantragten Ansprüchen gegenüber gesetzlichen oder privaten Krankentagegeldträgern) mein versicherbares Nettoeinkommen (siehe unter »Einkommensberechnung für Krankentagegeld«) der letzten 12 Monate nicht übersteigt. Sofern ich Arbeitnehmer bin, bestätige ich außerdem, dass die gewählte Karenzzeit nicht kürzer ist als die Dauer meines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
31 
...“
32 
Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe für sich als versicherte Person und für M. M., ihrem Sohn, als versicherte Person im Krankenversicherungsantrag jeweils unzutreffende Angaben gemacht. Es liege deshalb jeweils eine Anzeigepflichtverletzung gem. § 19 Abs. 1 VVG n.F. vor, weshalb die Beklagte die Versicherungsverträge nicht zu den Konditionen vom 15.12.2009 (Klägerin) und vom 22.12.2009 (M. M.) geschlossen hätte. Die Beklagte sei deshalb berechtigt gewesen, eine rückwirkende Vertragsanpassung zum 01.01.2010 gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n. F. durchzuführen, weshalb die Klägerin für sich und für die versicherte Person M. M. rückwirkend zusätzlich einen zu zahlenden „Risikozuschlag“ zu entrichten habe (Anlage K 5, Bl. 28 ff.: Schreiben vom 19.03.2012; Anlage K 6, Bl. 33 ff.: Schreiben vom 19.03.2012 bezüglich M. M.).
33 
Die Klägerin hat für beide Versicherungsverträge die von der Beklagten gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. begehrte Vertragsanpassung in Form eines rückwirkend zu zahlenden Risikozuschlages und eines in der weiteren Folge zu entrichtenden Risikozuschlags „unter Vorbehalt“ an die Beklagte geleistet.
34 
Die Klägerin hat auf den Versicherungsvertrag mit ihr als versicherte Person folgende Beiträge („mit Vertragsanpassung“) bis 31.12.2013 geleistet:
35 
Klägerin
Jahresbeiträge ohne
Vertragsanpassung
Jahresbeiträge mit
Vertragsanpassung
01.01.2010 - 31.12.2010
6.219,60 EUR
(12 x 518,30 EUR)
8.298,60 EUR
(12 x 691,55 EUR)
01.01.2011 - 31.12.2011
6.242,88 EUR
(12 x 520,24 EUR)
8.325,36 EUR
(12 x 693,78 EUR)
01.01.2012 - 31.12.2012
6.625,44 EUR
(12 x 552,12 EUR)
8.842,68 EUR
(12 x 736,89 EUR)
01.01.2013 - 31.12.2013
6.669,48 EUR
(12 x 555,79 EUR)
8.891,40 EUR
(12 x 740,95 EUR)
Gesamt
25.757,40 EUR
34.358,04 EUR
36 
Die Klägerin hat für ihren Sohn, die versicherte Person M. M., bis 31.05.2013 nach der von der Beklagten geforderten Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 VVG n.F. folgende Beträge („mit Vertragsanpassung“) geleistet:
37 
M.
Jahresbeiträge ohne
Vertragsanpassung
Jahresbeiträge mit
Vertragsanpassung
01.01.2010 - 31.12.2010
1.531,20 EUR
(12 x 127,60 EUR)
2.002,08 EUR
(12 x 166,84 EUR)
01.01.2011 - 31.12.2011
1.531,20 EUR
(12 x 127,60 EUR)
2.002,08 EUR
(12 x 166,84 EUR)
01.01.2012 - 31.12.2012
1.531,20 EUR
(12 x 127,60 EUR)
2.002,08 EUR
(12 x 166,84 EUR)
01.01.2013 - 31.05.2013
638,00 EUR
(5 x 127,60 EUR)
834,20 EUR
(5 x 166,84 EUR)
Gesamt
5.231,60 EUR
6.840,44 EUR
38 
Die Klägerin berechnet für den Versicherungsvertrag mit ihr als versicherte Person folgende Überzahlung in Höhe von 8.600,64 EUR wie folgt:
=
39 
8.600,64 EUR
Jahresbeiträge mit Vertragsanpassung
34.348,04 EUR
abzgl. Jahresbeiträge ohne Vertragsanpassung  
25.757,40 EUR
40 
Die Klägerin berechnet für den Versicherungsvertrag mit der versicherten Person M. M. die Überzahlung in Höhe von 1.608,84 EUR wie folgt:
=
41 
1.608,84 EUR
Jahresbeiträge mit Vertragsanpassung
6.840,44 EUR
abzgl. Jahresbeiträge ohne Vertragsanpassung  
5.231,60 EUR
42 
Die Klägerin begehrt insgesamt somit eine Rückzahlung von unter Vorbehalt geleisteten Prämien für die oben jeweils genannten Zeiträume in Höhe von 10.209,48 EUR.
43 
Im Übrigen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
44 
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der versicherten Person M. M. stattgegeben. Es hat festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Krankenversicherungsvertrag betreffend die versicherte Person M. M. nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 angepasst worden ist und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.608,84 EUR nebst gesetzlicher Zinsen für überzahlte Prämien zurückzubezahlen. Im Übrigen hat das Landgericht betreffend der Ansprüche der Klägerin als versicherte Person die Klage abgewiesen.
45 
Die Berufung der Klägerin verfolgt die negative Feststellungsklage bezüglich des Versicherungsvertrags mit ihr als versicherte Person weiter und verlangt die Rückzahlung von 8.600,64 EUR überzahlter Prämien nebst Zinsen und ferner die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.176,91 EUR. Die Vertragsanpassung gem. §§ 194 Abs. 1 S. 3, 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. sei unwirksam, weil die Beklagte mit Verwendung des Antragsformulars, welches dem von der Beklagten vorgelegten Blanko-Krankenversicherungsantragsformular (Anlage B 2, Bl. 67 ff.) entspricht, entgegen den Anforderungen in § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. weder formell noch inhaltlich ausreichend über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehrt habe.
46 
Die Klägerin habe für ihren Versicherungsvertrag die Zahlung über den 31.05.2013 hinaus bis heute unter Vorbehalt fortgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin Bezug genommen (Bl. 146 ff.).
47 
Die Klägerin beantragt:
48 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18.09.2013 wird teilweise abgeändert:
49 
1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Krankenversicherungsvertrag, Versicherungs-Nr.: ... betreffend die versicherte Person U. M., nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 angepasst worden ist.
50 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.600,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
51 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.176,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
52 
Die Beklagte beantragt:
53 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
54 
Die Beklagte beantragt zu ihrer Anschlussberufung:
55 
1. Das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18.09.2013, Az. 18 O 182/13, wird abgeändert.
56 
2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
57 
Die Klägerin beantragt:
58 
Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
59 
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Anschlussberufung ihren Klagabweisungsantrag insgesamt weiter. Das Landgericht habe bezüglich des Versicherungsvertrags mit der versicherten Person M. M. die negative Feststellungsklage und die für die versicherte Person M. M. zugesprochene Rückforderung der unter Vorbehalt bezahlten angepassten Versicherungsprämien zu Unrecht zugesprochen. Die Beklagte habe entgegen der Auffassung des Landgerichts die Frist des § 21 Abs. 1 VVG für die Geltendmachung der Rechte gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. eingehalten. Die Rechte der Beklagten wegen der behaupteten Anzeigepflichtverletzung aus beiden Versicherungsverträgen seien nicht verfristet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung und die Anschlussberufung der Beklagten Bezug genommen (Bl. 171 ff.).
II.
60 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
61 
Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet.
62 
A Berufung der Klägerin
63 
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf negative Feststellung gem. § 256 Abs. 1 ZPO, weil die Beklagte den Krankenversicherungsvertrag betreffend die Klägerin als versicherte Person nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 anpassen durfte. Die Belehrung zu den Anzeigepflichten gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. ist formell unwirksam, weshalb der Beklagten sämtliche Rechte aus einer behaupteten Anzeigepflichtverletzung, insbesondere das Recht einer Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F., nicht zustehen.
64 
a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Belehrung gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. nur dann formell ausreichend, wenn sie durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung in drucktechnisch ausreichendem Maße hervorgehoben hinweist.
65 
Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform im Sinne von § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einen Antragsformularbogen aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Gesundheitszustandes gestellt werden. Die Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text muss sich derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist. Bereits nach altem Versicherungsvertragsrecht war allgemein anerkannt, dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war, sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung ausreichend abhob. Nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG n.F. - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (BGHZ 196, 67 ff., Rn. 24 mit Nachw.; Leverenz, VersR 2008, 709 f.). Lässt man die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes - Fragen des Versicherers enthaltendes - Schreiben zu, ist im Gegenzug weiterhin und vermehrt zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGHZ 196, 67 ff, Rn. 24; Senat, Beschluss vom 09.07.2012 - 7 U 23/12; NZB-Beschluss des BGH vom 11.09.2013 - IV ZR 253/12; Senat, Urteil vom 26.09.2013 - 7 U 101/13; OLG Karlsruhe, VersR 2010, 507 ff.; OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448 f.; OLG Hamm, VersR 2011, 469 ff., Rn. 72 ff.; OLG Naumburg VersR 2012, 973 f.; LG Dortmund, VersR 2010, 465, 467 jeweils zu § 19 Abs. 5 VVG; MünchKomm, VVG, § 28, Rn. 340).
66 
b) Gemessen an diesen Grundsätzen genügt die hier in Rede stehende Belehrung der Beklagten nicht.
67 
Das von der Beklagten vorgelegte Blanko-Krankenversicherungsantragsformular (Anlage B 2, Bl. 67 ff.) verfügt zwar auf der zweiten Seite über einen ganzseitigen Hinweis bezüglich der Folgen einer Anzeigepflichtverletzung und ist mit Fettschrift als „Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“ überschrieben. Der Krankenversicherungsantrag beginnt mit den einzelnen Fragen erst auf der dritten Seite und ist dort auch mit „Antrag auf Krankenversicherung“ überschrieben (Anlage B 2, Bl. 69). Bei den für den Krankenversicherungsantragstellenden wichtigen „Angaben zum Gesundheitszustand“ auf Seite 3 hat die Beklagte in ihrem Antragsformular zwar einen mit Rot und zusätzlich mit Fettdruck enthaltenen Hinweis formuliert:
68 
„Fehlende, falsche oder bagatellisierte Angaben gefährden Ihren Versicherungsschutz.“
69 
Dieser Hinweis ist, wie die Beklagte zu Recht ausführt, nicht zu übersehen bei den Gesundheitsfragen, jedoch nicht ausreichend, weil er alleine auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung nicht ausreichend hinweist und belehrt.
70 
Der weitere Hinweis bei den Angaben zum Gesundheitszustand, der ebenfalls fettgedruckt ist, reicht ebenfalls nicht aus. Der fettgedruckte Hinweis:
71 
„Bitte beachten Sie daher die Hinweise auf der Rückseite ...“
72 
ist für eine formell ausreichende Belehrung gem. § 19 Abs. 4 S. 1 VVG n.F. alleine ebenfalls nicht ausreichend. Auf der Rückseite, damit ist richtigerweise und offensichtlich die Folgeseite gemeint, sind ganzseitig „Wichtige Hinweise und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Person“ (S. 5 des Antragsformulars = Bl. 71) enthalten. Eine materiell und inhaltlich ausreichende Belehrung zu vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzungen ist auf der verwiesenen fünfte Seite des Antragsformulars nicht enthalten. Nach Hinweisen zu „Allgemeinen Vertragsbedingungen/Verbraucherinformation“, zum „Anwendbaren Recht“, zur „Bestätigung zur Einkommenshöhe/Lohnfortzahlungsdauer“, zur „Kundengeldsicherung“, „Einkommensberechnung für Krankentagegeld“, „Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz“ und einer Vielzahl weiterer Hinweise findet sich nur ein beachtlicher Hinweis (Weiterverweisung) bezüglich der Anzeigepflichtverletzung im ersten Drittel der ganzseitigen Hinweise wie folgt:
73 
„Bitte beachten Sie auch den gesonderten Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“.
74 
Dieser Hinweis auf den gesonderten Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung auf der Seite 5, der wohl den „Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“ auf der Seite 2 meint, ist nicht im Geringsten ausreichend, einen Krankenversicherungsantragsteller auf den richtigen Fundort der „Hinweise auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“ zu verweisen. Der „Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“ auf der Seite 2 des Antrags wäre für sich genommen ausreichend, wenn auf ihn hinreichend deutlich im Bereich der Gesundheitsfragen oder an sonst einer hinreichend exponierten Stelle im Antrag hingewiesen worden wäre.
75 
Hinzu kommt zur nicht ausreichenden (Weiter-) Verweisung, dass der Hinweis bei den „Angaben zum Gesundheitszustand“ auf Seite 4 („Bitte beachten Sie daher die Hinweise auf der Rückseite“) in die Irre führt, weil auf der Rückseite, richtigerweise der Folgeseite, keine Hinweise zur Anzeigepflichtverletzung in ausreichendem Umfang stehen, sondern im Fließtext integriert sich nur ein Weiterverweisungshinweis auf die „Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“, wohl auf die drei Seiten zuvor stehenden „Hinweise auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“, das heißt auf Seite 2, findet.
76 
Dieser Weiterverweisungshinweis, der nicht hervorgehoben ist, reicht nicht ansatzweise aus, um die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderem Maße auf den drei Seiten zuvor stehenden Belehrungstext zu lenken, der sich dort über die ganze Seite erstreckt. Die Weiterverweisung auf der Seite 5 des Antragsformulars ist aufgrund seiner äußeren Gestaltung kaum erkennbar und kann insoweit nicht auf den sonstigen Inhalt des ganzseitigen Hinweises drei Seiten zuvor als gesondert erteilte rechtliche Information ausreichen. Fraglich erscheint zudem, weshalb die Beklagte solch unübersichtliche und im Hinblick auf eine formell wirksame Belehrung gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n. F. ohnehin zweifelhafte Weiterverweisungshinweise in ihren Antrag einfügt. Hinzu kommt, dass die „Wichtigen Hinweise und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Person“ auf der Seite 5 des Antragsformulars eine Vielzahl von Hinweisen, auch minderer Bedeutung, enthält, weshalb von einer, wenn überhaupt zulässigen, mehrfachen Weiterverweisung in ausreichender drucktechnischer Form in keinem Fall auszugehen ist.
77 
An eine Belehrung zu den für einen Versicherungsnehmer zentralen und rechtlich bedeutsamen Belehrung wegen der einschneidenden Rechtsfolgen bei Verletzung von Anzeigepflichten sind bei „Weiterverweisungshinweisen“ äußerst strenge Anforderungen zu stellen. Der Versicherungsnehmer hat in einem für ihn unbekannten und im Regelfall das erste Mal zu Gesicht bekommenden Krankenversicherungs- oder sonstigen Versicherungsantrag kein Suchspiel zu bewältigen, bevor er wichtige Hinweise auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung gefunden und als solche enttarnt hat.
78 
Nach der zutreffenden ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Belehrung nach § 19 Abs. 4 S. 1 VVG n.F. - wie auch bei § 28 Abs. 4 VVG n.F. - so zu platzieren und drucktechnisch zu gestalten und vom übrigen Text hervorzuheben, dass sie für den Versicherungsnehmer „nicht zu übersehen ist“. Dies kann bei einer Weiterverweisung auf sonstige Hinweise nicht gewährleistet werden.
79 
2. Der Klägerin steht gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 8.600,64 EUR aus unter Vorbehalt und überzahlten Versicherungsprämien für die Zeit 01.01.2010 bis 31.12.2013 zu.
80 
a) Die Klägerin hat auf die unwirksame Vertragsanpassung in Form der erhöhten Risikozuschläge gem. § 19 Abs. 1 S. 2 VVG n.F. sich zunächst der unwirksamen „Vertragsanpassung“ der Beklagten gebeugt und die erhöhten Prämien „unter Vorbehalt“ an die Beklagte geleistet.
81 
Die Klägerin hat für den Versicherungsvertrag, bei der sie als versicherte Person geführt wird, in der Zeit von 01.01.2010 bis 31.12.2013 unstreitig insgesamt Jahresbeiträge in Höhe von 34.358,04 EUR geleistet. Der Beklagten standen ohne Vertragsanpassung für die Zeit 01.01.2010 bis 31.12.2013 nur Versicherungsprämien für den Versicherungsvertrag der Klägerin in Höhe von 25.757,40 EUR unstreitig zu, weshalb die Klägerin für den genannten Zeitraum unstreitig 8.600,64 EUR zu viel an Prämie geleistet hat.
82 
Die Klägerin hat den genannten Betrag in Einzelbeträgen an die Beklagte geleistet. Die Beklagte hat 8.600,64 EUR als bereicherungsrechtliches Etwas erlangt.
83 
b) Die Beklagte hat den Betrag von 8.600,64 EUR ohne Rechtsgrund erlangt.
84 
Die Beklagte war zur Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. nicht berechtigt, weil die Beklagte in ihrem Antragsformular zur Krankenversicherung (Anlage B 2, Bl. 67 ff.) formell nicht wirksam auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen und belehrt hat. Die Belehrung der Beklagten in ihren Krankenversicherungsanträgen verstößt gegen § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F., weshalb sie keine Rechte wegen Verletzung von vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzungen geltend machen kann.
85 
c) Der Rückforderung der geleisteten 8.600,64 EUR steht nicht die Kenntnis der Nichtschuld gem. § 814 BGB der Klägerin entgegen.
86 
Die Klägerin hat die Beträge wegen des Streits über die von der Beklagten vorgenommen rückwirkenden Vertragsanpassung ausdrücklich „unter Vorbehalt“ geleistet.
87 
3. Der Klägerin stehen die mit der Klage geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von der Höhe nach angemessenen und zutreffend berechneten Kosten in Höhe von 1.176,91 EUR gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu. Die Klage wurde der Beklagten am 07.06.2013 zugestellt (Bl. 55 R).
88 
Die Klägerin hat die zunächst von der Beklagten bestrittene Erfüllung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten durch Vorlage des Überweisungsbeleges inzwischen belegt und bewiesen (Bl. 190).
89 
B Anschlussberufung der Beklagten
90 
1. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet.
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Der Klägerin steht für den Krankenversicherungsvertrag betreffend die versicherte Person M. M., dem Sohn der Klägerin, ein negativer Feststellungsanspruch gem. § 256 Abs. 1 ZPO zu.
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Die Beklagte hat auch bei dem Versicherungsvertrag betreffend die versicherte Person M. M. das identische und formell gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. unzureichende Krankenversicherungsantragsformular verwendet (Anlage B 2, Bl. 67 ff.).
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Der Beklagten steht kein Vertragsanpassungsrecht gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. zu, weil die auf Seite 4 (Bl. 70) enthaltenen Hinweise und Weiterverweisungen auf Seite 5 und letztlich auf Seite 2 (Hinweis auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung) in formeller Hinsicht nicht ausreichend sind. Die Beklagte schickt einen Versicherungsantragsteller mit der konkreten Gestaltung auf die Suche nach den „Hinweisen auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung“. Von einer Belehrung durch die Platzierung oder drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text mit ausreichender Abhebung dergestalt, dass die Belehrung „nicht zu übersehen ist“, wie sie von der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert wird, kann keine Rede sein. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen zu § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. Bezug genommen.
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2. Der Klägerin steht für den Versicherungsvertrag betreffend die versicherte Person M. M. auch ein Bereicherungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Höhe von 1.608,84 EUR zu.
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a) Die Klägerin hat für den Versicherungsvertrag für die versicherte Person M. M. für die Zeit 01.01.2010 bis 31.05.2013 unstreitig Prämien unter Berücksichtigung der von der Beklagten verlangten „Vertragsanpassung“ in Höhe von 6.840,44 EUR bezahlt. Die Versicherungsbeiträge für die Zeit 01.01.2010 bis 31.05.2013 hätten ohne Vertragsanpassung unstreitig nur 5.231,60 EUR betragen. Für M. M. hat die Klägerin folglich eine Überzahlung in Höhe von 1.608,84 EUR geleistet.
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b) Die Beklagte hat den Betrag in Höhe von 1.608,84 EUR durch Leistung der Klägerin als bereicherungsrechtliches Etwas erlangt.
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c) Die Beklagte hat den Betrag in Höhe von 1.608,84 EUR ohne Rechtsgrund erlangt.
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Die Beklagte war zur Vertragsanpassung durch einen rückwirkend erhöhten Risikozuschlag für die Zeit ab 01.01.2010 gem. § 19 Abs. 4 S. 2 VVG n.F. nicht berechtigt, weil ihr keinerlei Rechte wegen behaupteter vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung zugestanden haben. Die Beklagte hat formell unwirksam über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung unter Missachtung von § 19 Abs. 5 S. 1 VVG n.F. belehrt. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die unter der Berufung der Klägerin vorgenommenen Ausführungen Bezug genommen werden.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt für die Berufung aus § 91 ZPO und für die Anschlussberufung aus § 97 Abs. 1 ZPO.
100 
Der Gesamtberufungsstreitwert von 19.634,28 EUR ergibt sich aus der Summe des Berufungsstreitwerts in Höhe von 16.377,36 EUR und des Anschlussberufungsstreitwerts in Höhe von 3.256,92 EUR.
101 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
102 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts. Aus dem Hinweisbeschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 15.10.2013 (Bl. 194 ff.) ist entgegen der Auffassung der Berufung bereits nicht zu entnehmen, ob es sich bei der dort von der Versicherung verwendeten Belehrung auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung um einen, auch im Aufbau, identischen oder etwa ähnlichen Formularsatz mit versteckten beziehungsweise in die Irre leitenden Verweisungen handelte.

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.