Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 13. Feb. 2015 - 20 U 169/14
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Die Berufung ist aufgrund des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden.
1Gründe
2Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.
3I.
4Der Kläger wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen den von der Beklagten ausgesprochenen Rücktritt des mit Versicherungsschein vom 24.01.2012 policierten Krankenversicherungsvertrag bzw. gegen die in erster Instanz erklärte Anfechtung dieses Vertrages wegen arglistiger Täuschung.
5Der Kläger hat den Antrag vom 19.11.2011 über den als Versicherungsmakler tätigen Streitverkündeten eingereicht und dabei zu den Gesundheitsfragen lediglich die Frage „Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren“ bejaht und insoweit auf eine Mandelentzündung im Jahr 2009 verwiesen. Vorangestellt war den Gesundheitsfragen auf der letzten Seite des Antragsformulars folgender Hinweis:
6„Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen.“
7Außerdem fand sich unter der Rubrik „Schlusserklärungen und Unterschriften“ folgender
8„Hinweis: Bevor Sie den Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auch die Erklärungen auf den letzten Seiten. Sie enthalten unter anderem Ihre Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht (siehe Ziffer 8 a und c), Ihre Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (siehe Ziffer 9) und die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (s. Ziffer 12). Mit Ihrer Unterschrift machen Sie die Erklärungen zum Inhalt des Antrags.“
9Diese dem Antragformular beigefügten Erklärungen enthielten unter Ziffer 12 eine „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“.
10Außerdem ließ sich die Beklagte eine „Erklärung zum Antrag“ unterzeichnen, in der sich u. a. folgender „Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht“ befand:
11„Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrages. Sie enthalten u.a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht.“
12Wegen der formalen Gestaltung und der weiteren inhaltlichen Einzelheiten der Antragsunterlagen und Erklärungen wird auf die Anlagen K 1 (Bl. 13 ff GA), sowie BLD 1 und BLD 2 (Bl. 55 – 57 GA) verwiesen.
13Unstreitig hatte sich der Kläger im relevanten Zeitraum auch wegen eines atopischen Ekzems bzw. Psoriasis vulgaris Salben verschreiben und wegen Blockierungen im BWS- und HWS-Bereich chiropraktisch behandeln lassen. Im Hinblick darauf erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2013 den Rücktritt vom Krankenversicherungsvertrag (Bl. 25 GA).
14Der Kläger hat dazu behauptet, dass der Versicherungsmakler ihm bei Schilderung dieser Vorbehandlungen, die sich aus seiner Sicht als trockene Hautstellen hinter den Ohren und gelegentliche Rückenbeschwerden darstellten, erklärt habe, es handele sich insoweit nicht um anzeigepflichtige Umstände, weil nur tatsächliche Erkrankungen bzw. dauerhafte medizinische Beschwerden anzugeben seien. Dies habe ihm eingeleuchtet.
15Er sei über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zudem nicht hinreichend belehrt worden. Die in den „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ enthaltene Belehrung entspreche weder formal noch inhaltlich den Anforderungen aus § 19 Abs. 5 VVG.
16Die Beklagte hat dies in Abrede gestellt und sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Kläger auf die Gesundheitsfragen auch die Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden hätte angeben müssen, welche die Beklagte zur Ablehnung des Versicherungsschutzes veranlasst hätten. Deshalb sei sie auch zur Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt.
17Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
18Das Landgericht hat der Klage nach zeugenschaftlicher Vernehmung des Streitverkündeten stattgegeben. Der Versicherungsvertrag habe ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen Bestand. Zwar habe der Kläger die im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen nicht richtig beantwortet, indem er seine Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden nicht angab, jedoch habe er bewiesen, dass dies nicht vorsätzlich erfolgt sei. Insoweit habe der Streitverkündete im Rahmen seiner Zeugenvernehmung glaubhaft bestätigt, dass er die vom Kläger berichteten Behandlungen wegen Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden in dem von ihm ausgefüllten Antragsformular nicht eingetragen habe, weil er diese für unerheblich gehalten habe. Damit hätten sowohl der Kläger als auch der für ihn tätige Versicherungsmakler im Hinblick auf die Falschangaben unvorsätzlich gehandelt.
19Soweit der Streitverkündete wegen seines unzutreffenden Verständnisses vom Umfang der Gesundheitsfragen grob fahrlässig gehandelt habe, berechtige dies die Beklagte nicht zum Rücktritt, weil sie den Vertrag bei richtiger Information über den Gesundheitszustand des Klägers trotzdem, wenn auch zu anderen Bedingungen, abgeschlossen hätte.
20Wegen der Argumentation im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
21Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung zieht die Beklagte zunächst das Feststellungsinteresse des Klägers in Frage, weil dieser mittlerweile unstreitig anderweitig krankenversichert ist.
22In der Sache sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Vertrag auch bei zutreffender Beantwortung der Gesundheitsfragen abgeschlossen worden wäre. Insoweit sei allein auf die Risikoprüfungsgrundsätze des Versicherers und nicht auf die laienhafte Wertung des Gerichts abzustellen. Dazu trägt die Beklagte im einzelnen näher vor.
23Im Übrigen habe das Landgericht den Täuschungsvorsatz des Klägers zu Unrecht verneint. Diesem hätte sich die Gefahrerheblichkeit seiner Vorerkrankungen aufdrängen müssen.
24II.
25Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag hat ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen der Beklagten Bestand.
261.
27Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Anzeigepflichten bei Antragstellung verletzt hat. Der Beklagten stand schon deshalb kein Rücktrittsrecht zu, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß durch „gesonderte Mitteilung in Textform“ iSd § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.
28Dies ergibt sich aus formalen Mängeln der erteilten Hinweise. Bereits in der zum alten Versicherungsvertragsrecht entwickelten Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die gebotene Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien – insbesondere zu dem Belehrungserfordernis in § 19 Abs. 5 VVG – aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer „gesonderten Mitteilung“ im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten. Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGH, Urteil vom 09.01.2013, Az. IV ZR 197/11, VersR 2013, 297, Juris-Rn. 24, m.w.N., zu § 28 Abs. 4 VVG; ebenso Senat, Urteil vom 20.08.2014 zu Az. 20 U 267/13, n. v.; OLG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2014 zu Az. 7 U 216/13, Juris-Rn. 65; VuR 2014, 985, Juris. Rn. 47).
29Diesen formalen Anforderungen werden die im Antragsformular sowie den beigefügten Unterlagen enthaltenen Hinweise nicht gerecht.
30Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG nicht in einem gesonderten Dokument erteilt, sondern sich dazu entschieden hat, im Antragsformular bzw. in den diesem beigefügten „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ bzw. in der gesondert unterschriebenen „Erklärung zum Antrag vom 19.12.2011“ (neben sonstigen Erklärungen und Hinweisen) Hinweise zu den Rechtsfolgen von Anzeigepflichtverletzungen unterzubringen. Maßgeblich ist danach, ob sich diese Hinweise so deutlich vom übrigen Text abheben, dass sie vom Versicherungsnehmer nicht zu übersehen waren.
31a)
32Dies ist im Hinblick auf die unter Ziffer 12 der dem Antragsformular beigefügten „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ erteilte Belehrung nicht der Fall.
33Die Beklagte hat den Belehrungstext erst auf der zweiten Seite als letzte von 12 Ziffern der „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ untergebracht und diese lediglich mit einem dünnen schwarzen Rahmen umrandet, der die Belehrung schon deshalb nicht besonders hervorhebt, weil diese sich ohnehin über nahezu die gesamte Seite 2 erstreckt. Im Übrigen unterscheidet sich der Belehrungstext weder in der (durchweg kleinen) Schriftgröße oder Schriftart noch im Hinblick auf die fettgedruckten Überschriften vom übrigen Text. Das einheitliche Textbild sowie die Vielzahl an Hinweisen in den „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ (u. a. zu Wartezeiten, Tarifvarianten, Datenschutz etc.) bieten so keinerlei Gewähr dafür, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer gerade die in der letzten Ziffer über anderthalb Spalten ausgebreitete Belehrung zur Kenntnis nimmt. Diese geht im übrigen Text vielmehr vollständig unter.
34b)
35Die Beklagte hat die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers auch nicht dadurch hinreichend deutlich auf die in Ziffer 12 enthaltene Belehrung gelenkt, indem sie auf der letzten Seite des Antragsformulars entsprechend hervorgehobene Hinweise erteilt hat. Weder die oben auf der Seite zu den Gesundheitsfragen formulierte Aufforderung zur Beachtung der „Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ noch der im unteren Drittel der Seite zu den „Schlusserklärungen und Unterschriften“ erteilte Hinweis auf die „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (siehe Ziffer 12)“ sind drucktechnisch so gestaltet, dass sie vom Versicherungsnehmer nicht zu übersehen sind. Aufgrund des durchgehend kleinen Schriftbildes und des auch in anderen Textpassagen verwendeten Fettdrucks gehen diese Hinweise für den Versicherungsnehmer im dichtbedruckten Text des Antragsformulars vielmehr weitgehend unter, zumal andere Textpassagen nicht nur fett gedruckt, sondern zusätzlich mit einem Rahmen hervorgehoben sind. Die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers wird bei der Lektüre des Antragsformulars und insbesondere bei der erst am unteren Seitenrand und somit gerade nicht im unmittelbaren Anschluss an die Hinweise zu leistenden Unterschrift so nicht zuverlässig auf die gebotenen Hinweise auf die in Ziffer 12 enthaltene Belehrung gelenkt.
36Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, dass die im Antragsformular erteilten Hinweise zu den Rechtsfolgen von Anzeigepflichtverletzungen auch inhaltlich keine hinreichende Mitteilung iSd § 19 Abs. 5 VVG enthalten, weil sie nur allgemein auf die möglichen Rechtsfolgen verweisen, ohne über die Voraussetzungen dieser Rechtsfolgen im einzelnen aufzuklären (vgl. Prölss/Martin/Prölss, VVG 28. Aufl. 2010, § 19, Rn. 75).
37c)
38Schließlich ist auch mit der gesondert unterzeichneten „Erklärung zum Antrag vom 19.11.2011“ nicht hinreichend gewährleistet, dass der Versicherungsnehmer die Belehrung zu Ziffer 12 der „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ zur Kenntnis nimmt. Zwar ist auch in dieser Erklärung die mittig angebrachte Überschrift „Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht“ fettgedruckt. Ebenso fettgedruckt sind aber der in großen Lettern gedruckte Titel „Erklärung zum Antrag vom“ sowie die Unterzeile „auf Krankheitskostenvollversicherung bei der C, C2“. Ansonsten hebt sich der im Übrigen im Fließtext gestaltete Hinweis nicht vom übrigen Text der zu unterzeichnenden Erklärung ab, die sich inhaltlich auf Zahlungsrückstände bei anderen Krankenversicherern bezieht und so die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers primär auf die handschriftlich per Kreuzchen zu erteilende Bestätigung richtet. Zudem enthält die Erklärung auch inhaltlich keinen konkreten Hinweis auf Ziffer 12, sondern verweist allgemein auf die „Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrags“ und überlässt es so dem Versicherungsnehmer, sich entweder aus den unzureichend hervorgehobenen Hinweisen im Antragsformular selbst (s. o.) oder aus den umfangreichen „Erklärungen des Antragstellers“ aus den Ziffer 1 bis 12 die Informationen zu den Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzungen herauszusuchen. Mit einem solch allgemeinen Verweis wird der Versicherer seiner Pflicht zur „gesonderten Mitteilung in Textform“ indes nicht gerecht (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2014 aaO, Juris-Rn. 77).
39Ebenso wenig wie die Hinweise im Antragsformular enthält der „Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht“ in der „Erklärung zum Antrag“ zudem eine inhaltlich ausreichende Belehrung iSd § 19 Abs. 5 VVG, weil sie nur allgemein auf mögliche Rechtsfolgen verweist und sich im Übrigen in einem (unzureichenden) Verweis erschöpft.
402.
41Die Erteilung einer iSd § 19 Abs. 5 VVG ordnungsgemäßen Belehrung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger seine Anzeigepflichten arglistig verletzt hat und die Beklagte so zur Anfechtung des streitgegenständlichen Vertrages berechtigte. Für die Annahme von Arglist genügt nicht bereits eine vorsätzlich unrichtige Angabe, wie sie das Landgericht im Übrigen mit überzeugender Begründung verneint hat. Die arglistige Täuschung im Sinne von § 22 VVG, § 123 BGB setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versichererzum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Auf eine solche Absicht lässt sich nicht allein aufgrund von Falschangaben im Versicherungsantrag schließen. In subjektiver Hinsicht setzt die Annahme von Arglist vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde. Dabei kann der vom Versicherer zu führende Beweis im Wege von Indizien geführt werden, die etwa im Falle schwerwiegender Erkrankungen anzunehmen sein können. Insoweit ist der Versicherungsnehmer gehalten, eine plausible Erklärung für das Verschweigen gefahrerheblicher Erkrankungen vorzubringen (vgl. nur Senatsurteil vom 17. August 2007 – 20 U 26/07 –, Juris-Rn. 50 m. w. N.).
42Den ihr obliegenden Arglistnachweis kann die Beklagte hier nicht führen. Aus der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat sich vielmehr ergeben, dass der Kläger bzw. sein für ihn tätiger Versicherungsmakler aus plausiblen Gründen auf die Mitteilung der – für sich betrachtet schon nicht schwerwiegenden - Wirbelsäulen- und Hautbeschwerden verzichteten. Beide gingen angesichts der unproblematischen Behandlung der nicht mitgeteilten Beschwerden davon aus, dass diese für die Vertragsentscheidung der Beklagten keine Rolle spielen würden. Dies ist nachvollziehbar, weil der Kläger sich nur in größeren zeitlichen Abständen einrenken bzw. eine Salbe wegen seiner trockenen Haut verschreiben ließ. Dass die Beschwerden umfassender waren, so dass sich die Gefahrerheblichkeit dem Kläger aufdrängen musste, trägt die Beklagte nicht vor. Selbst wenn der für den Kläger tätige Versicherungsmakler nach Wertung des Landgerichts hätte erkennen können, dass die Beklagte auch Mitteilungen über solche eher geringfügigeren Beschwerden verlangt hatte, lässt dies allenfalls den Schluss auf ein fahrlässiges Verhalten des Maklers zu, nicht aber auf den Vorsatz im Hinblick auf die damit bewirkte Versicherungszusage der Beklagten. Erst recht ist so nicht bewiesen, dass dem Kläger selbst bewusst war, eine für die Beklagte relevante Information zurückzuhalten.
43Das Landgericht hat die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Vertrages damit zu Recht bejaht.
443.
45Soweit die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung das Feststellungsinteresse des Klägers deshalb in Frage gestellt hat, weil dieser nach Mitteilung seines Prozessbevollmächtigten mittlerweile anderweitig krankenversichert ist, übersieht sie, dass die begehrte Feststellung ihrer vertraglichen Bindung u. a. für die Frage von Schadensersatzansprüchen des Klägers wegen des unberechtigten Rücktritts (doppelte Prämienbelastung) von Belang ist.
46Die Berufung hat nach alledem keine Aussicht auf Erfolg.
47III.
48Auf die Kostenreduzierung im Falle einer Berufungsrücknahme (KV-Nr. 1222) wird hingewiesen.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Firmenschutzversicherung, welche auch den Schutz vor Einbruchsdiebstahl umfasst, ferner die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Nach seiner Behauptung wurde in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 2009 in die Räume seines Fliesenlegerbetriebes eingebrochen und eine Reihe von Werkzeugen und Maschinen entwendet , deren Wert der Kläger auf jedenfalls 31.000 € beziffert. Im Zuge von Verhandlungen mit dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten unterzeichnete der Kläger ein ihm unterbreitetes Formular, welches mit "Vergleich und Abfindungserklärung" überschrieben war. Darin heißt es unter anderem: "Mit Bewilligung einer Vergütung von 31.000 € erkläre ich mich hinsichtlich aller Entschädigungsansprüche, die ich anläßlich meines Versicherungsfalles vom 29.05.09 (…) er- hebe, für abgefunden. (…) An diesen Vergleichsvorschlag halte ich mich nur dann gebunden , wenn die oben genannte Gesellschaft innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt dieser Erklärung ihre Annahme durch Zahlung erklärt."
- 2
- Zu einer Zahlung des genannten Betrages kam es nicht. Stattdessen forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. September 2009 auf, zahlreiche weitere Fragen zur Sachverhaltsaufklärung zu beantworten. Der Text des zweiseitigen Schreibens lautet am Ende: "Abschließend erteilen wir Ihnen folgende Belehrung: (Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunftsund Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall
)
Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen haben Sie uns nach Eintritt des Versicherungsfalles alle Angaben zu machen , die der Aufklärung des Tatbestandes dienlich sind (sogenannte Aufklärungsobliegenheit) oder zur Feststellung des Versicherungsfalls bzw. des Umfanges unserer Leistungspflicht erforderlich sind (sogenannte Auskunftsobliegenheit).
Verletzen Sie arglistig oder vorsätzlich die Obliegenheit zur Auskunft oder zur Aufklärung, werden wir von der Verpflichtung zur Leistung frei. Verstoßen Sie hingegen grob fahrlässig gegen eine dieser Obliegenheiten, können wir unsere Leistung im Verhältnis zur Schwere Ihres Verschuldens kürzen. Die Kürzung wirdunterbleiben, wenn Sie nachweisen, dass die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt wurde. Trotz Verletzung Ihrer Obliegenheit zur Auskunft oder Aufklärung bleiben wir jedoch insoweit zur Leistung verpflichtet , als Sie nachweisen, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war."
- 3
- Dieser Text unterscheidet sich nicht von dem sonstigen Schriftbild des Schreibens, lediglich das einleitende Wort "Belehrung" ist fett, der nachfolgende in Klammern stehende Zusatz kursiv gedruckt.
- 4
- Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe vorsätzlich die in dem Schreiben gestellten Fragen - und ebenso weitere Fragen aus nachfolgenden zwei Schreiben - nicht ausreichend, teilweise auch unzutreffend beantwortet. Sie hält sich schon deshalb für leistungsfrei, bestreitet aber auch das Vorliegen eines Versicherungsfalls mit Nichtwissen und zieht dabei insbesondere das Vorhandensein der vom Kläger als gestohlen gemeldeten Geräte am Versicherungsort und deren angegebenen Wert in Zweifel.
- 5
- Der Kläger meint, die Beklagte sei bereits infolge eines wirksam abgeschlossenen Vergleichs zur Leistung verpflichtet; auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung könne sie sich unter anderem deshalb nicht berufen, weil ihre Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
- 6
- Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- I. Dieses hat ausgeführt:
- 9
- Ein Vergleich über die Versicherungsleistung sei nicht zustande gekommen.
- 10
- Auf den Versicherungsvertrag könne der Kläger sein Begehren ebenfalls nicht mit Erfolg stützen, weil die Beklagte infolge der vorsätzlichen Verletzung seiner Auskunftsobliegenheit leistungsfrei sei. Dabei sei zugrunde zu legen, dass der Kläger die Frage nach einer Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und dem Vorliegen von Vollstreckungstiteln nicht bzw. nicht zutreffend beantwortet habe. Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils stelle bindend fest, der Kläger habe unstreitig zum fraglichen Zeitpunkt die eidesstattliche Versicherung abgegeben gehabt und ein vollstreckbarer Titel gegen ihn habe vorgelegen. Dem Bestreiten dieser Umstände in zweiter Instanz stehe § 314 ZPO entgegen, nachdem ein Tatbestandberichtigungsantrag des Klägers erfolglos geblieben sei. Als neues Vorbringen könne dieses Bestreiten nicht zugelassen werden, da die Voraussetzungen des § 531 ZPO nicht vorlägen. Angesichts der im Schriftverkehr der Parteien wiederholten Hinweise der Beklagten auf die Folgen unzureichender Auskünfte sei davon auszugehen, dass der Kläger zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Einen Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG habe er nicht geführt.
- 11
- Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit genüge den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG. Für eine "gesonderte Mitteilung" reiche ein drucktechnisch hervorgehobener Absatz am Ende eines Fragebogens aus. Die drucktechnische Hervorhebung der Belehrung erscheine noch ausreichend.
- 12
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
- 13
- 1. Offen bleiben kann, ob der Kläger seine Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit verletzt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das Berufungsgericht nach § 314 ZPO an die Feststellung des Landgerichts gebunden war, der Kläger habe unstreitig früher einmal die eidesstattliche Versicherung abgegeben und es liege ein vollstreckbarer Titel gegen ihn vor.
- 14
- 2. Vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 28 Abs. 2 VVG kann schon deshalb nicht eintreten, weil die dem Kläger erteilte Belehrung über diese Rechtsfolgen den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG nicht genügt.
- 15
- a) Allerdings trifft die Annahme des Berufungsgerichts zu, dass eine schriftliche Belehrung des Versicherungsnehmers auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder - wie hier - in einem individuellen Schrei- ben des Versicherers, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung eines behaupteten Versicherungsfalls gestellt werden, das Erfordernis einer "gesonderten Mitteilung in Textform" i.S. des § 28 Abs. 4 VVG erfüllt.
- 16
- aa) Der Wortlaut des vom Versicherungsvertragsgesetz jeweils mit Blick auf Belehrungs- oder Hinweispflichten des Versicherers aufgestellten Formerfordernisses (vgl. neben § 28 Abs. 4 auch die §§ 19 Abs. 5, 37 Abs. 2 Satz 2, 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 VVG) macht für sich genommen nicht hinreichend deutlich, ob "gesondert" eine absolute Trennung der Mitteilung von jeglichen anderen Texten oder lediglich von bestimmten Dokumenten fordert. Auch die Gesetzgebungsmaterialien geben darüber keinen Aufschluss (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Dort wird nur für die gesonderte schriftliche Informations-Verzichtserklärung des Versicherungsnehmers nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG erläutert , deren Zweck, formularmäßige Verzichte zu vermeiden, erfordere eine ausdrückliche Erklärung in einem "gesonderten" Schriftstück (BTDrucks. 16/3945 S. 60). Teilweise wird deshalb in der Literatur angenommen , es sei auch nach § 28 Abs. 4 VVG stets eine absolute Trennung in der Weise geboten, dass die Belehrung nur mittels einer eigens verfassten Urkunde, die als "Extrablatt" neben der Belehrung keine weiteren Informationen enthalten dürfe, wirksam erfolgen könne (Funck, VersR 2008, 163, 166; Neuhaus, r+s 2008, 45, 52 - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Präve, VersR 2007, 1046; Reusch, VersR 2007, 1313, 1319 f. - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Rolfs in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 19 Rn. 115 m.w.N.; Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 114).
- 17
- bb) Dem ist nicht zuzustimmen. Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung nimmt stattdessen zutreffend an, die von § 28 Abs. 4 VVG geforderte Belehrung könne zusammen mit schriftlichen Fragen des Versicherers innerhalb eines Dokuments erteilt werden (Grote /Schneider, BB 2007, 2689; Heiss in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl.; § 28 Rn. 177; Knappmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts -Handbuch, 2. Aufl. § 14 Rn. 8; Leverenz, VersR 2008, 709, 710; Marlow/Spuhl, Das Neue Versicherungsrecht kompakt, 4. Aufl. S. 89; Marlow, VersR 2010, 468; Pohlmann in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 130; Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 28 Rn. 154; Schimikowski in HK-VVG, 2. Aufl. zu § 19 Rn. 42; Schimikowski , r+s 2009, 353, 356; Wandt in MünchKomm, VVG § 28 Rn. 340; OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Nürnberg-Fürth r+s 2010, 412, 415; LG Dortmund VersR 2010, 465, 466 - zu § 19 Abs. 5 VVG). Das folgt aus dem Gesetzeszweck. Danach ist eine gesonderte Mitteilung in Textform im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG als eine anlassbezogene , lediglich von den allgemeinen Vertragsunterlagen, insbesondere dem Versicherungsschein aber auch den Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt, getrennte Form des Hinweises zu verstehen.
- 18
- (1) Die nach § 28 Abs. 4 VVG gebotene Belehrung über die im Falle der Verletzung einer Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit drohenden Rechtsfolgen soll dem Versicherungsnehmer vor der Beantwortung entsprechender Fragen des Versicherers eindringlich vor Augen führen, welche Bedeutung die vollständige, rechtzeitige und wahrheitsgemäße Information des Versicherers für dessen Leistungsverpflichtung hat. Der Versicherungsnehmer soll damit zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheiten angehalten, aus Grün- den der Fairness zugleich aber auch vor den ihm anderenfalls drohenden Rechtsnachteilen gewarnt werden (vgl. dazu auch Rixecker in Römer /Langheid, VVG 3. Aufl. § 28 Rn. 104). Aus dieser Zielsetzung ergibt sich die Notwendigkeit, erst dann zu belehren, wenn von dem Versicherungsnehmer Angaben zu einem konkreten Versicherungsfall erwartet werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es zweckmäßig, dass ihm die Belehrung vor Augen steht (vgl. zum ähnlichen Regelungszweck des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG auch BT-Drucks. 16/3945 S. 65, 66). Das wäre nicht gewährleistet, wenn die Belehrung bereits vorsorglich für künftige Versicherungsfälle im Versichersicherungsschein, den Versicherungsbedingungen , sonstigen Vertragsunterlagen oder Vertragsinformationen im Sinne des § 7 VVG wirksam erteilt werden könnte. Diese Belehrung muss von den letztgenannten Dokumenten getrennt und erst dann erfolgen , wenn die Erfüllung eines Aufklärungs- oder Auskunftsverlangens des Versicherers ansteht.
- 19
- (2) Diesem Zweck der Belehrung kann einerseits mittels eines - vom Wortlaut des § 28 Abs. 4 VVG jedenfalls auch gedeckten - eigens für die Belehrung erstellten Dokuments ("Extrablattes") Rechnung getragen werden; andererseits lässt es sich mit dem Gesetzeszweck ebenso vereinbaren, die anlassbezogene Belehrung auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder in einem Schreiben zu erteilen, in welchem der Versicherer Fragen zur Aufklärung eines Versicherungsfalles stellt. Ein Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers, die Belehrung nicht im Kontext mit solchen Fragen zu erhalten, ist nicht erkennbar. Denn sie wird ihrer vom Gesetz bezweckten Warnfunktion gerade dann gerecht, wenn sie dem Versicherungsnehmer im unmittelbaren zeitlichen und auch räumlichen Zusammenhang mit den an ihn gerichteten Fragen zur Kenntnis gebracht wird.
- 20
- (3) Diese am Geschehenszweck orientierte Auslegung des Begriffs der "gesonderten Mitteilung in Textform" im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG steht nicht im Widerspruch dazu, dass die in § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG vorausgesetzte "gesonderte schriftliche Erklärung" des Versicherungsnehmers (über einen Verzicht auf Vertragsinformationen) eine von sonstigen Erklärungen getrennte Urkunde verlangt. Die Gefahr vorschneller, weil formularmäßig vorbereiteter Verzichtserklärungen von Versicherungsnehmern , welcher § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG entgegenwirken will (vgl. dazu BT-Drucks. 16/3945 S. 60), besteht im Falle der von § 28 Abs. 4 VVG geforderten Belehrung, bei der es sich um eine einseitige, nicht unmittelbar auf die Begründung von Rechten oder Pflichten gerichtete Informationserklärung des Versicherers handelt, nicht (vgl. Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Vielmehr kann es gemessen an ihrer Warnfunktion durchaus sinnvoll sein, wenn sie in demjenigen Formular enthalten ist, dessen unvollständige oder unrichtige Beantwortung für den Versicherungsnehmer Gefahren bergen kann.
- 21
- b) Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung ist aber zu beanstanden, weil ihre drucktechnische Gestaltung nicht den Anforderungen genügt, die an eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG zu stellen sind.
- 22
- aa) Mit dem Belehrungserfordernis hat der Gesetzgeber in § 28 Abs. 4 VVG ein wesentliches Element der vom Senat zu § 6 Abs. 3 VVG a.F. allein für Fälle vorsätzlicher, folgenloser Obliegenheitsverletzungen entwickelten Relevanzrechtsprechung (vgl. unter anderem Senatsurteile vom 16. Januar 1970 - IV ZR 645/68, BGHZ 53, 160, 164; vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80, VersR 1982, 182 m.w.N.; vgl. im Übrigen zur Ent- wicklung der Relevanzrechtsprechung: Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rn. 51-55; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rn. 101) übernommen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 69). Die Beschränkung der Belehrungspflicht auf vorsätzliche, folgenlose Obliegenheiten ist dabei entfallen, weil letztere infolge des in § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG erweiterten Kausalitätserfordernisses ohnehin keine Leistungskürzung mehr zur Folge haben. Die Belehrungspflicht betrifft nunmehr alle nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten.
- 23
- bb) Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt , dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war (Römer aaO Rn. 64; BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 - II ZR 17/65, BGHZ 48, 7, 9), sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung (OLG Köln VersR 2009, 251, 252; OLG Nürnberg ZfSch 1995, 338) abhob.
- 24
- cc) Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem ähnlichen Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte (vgl. insoweit Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d zu § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.) besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes - Fragen des Versicherers enthaltendes - Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Dortmund, Urteil vom 10. März 2011 - 2 O 105/10, juris Rn. 20; VersR 2010, 465, 467 jeweils zu § 19 Abs. 5 VVG; Wandt in MünchKomm-VVG § 28 Rn. 340; vgl. zu § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG: OLG Naumburg VersR 2012, 973, 974).
- 25
- dd) Dem genügt die hier in Rede stehende Belehrung nicht. Ihr Text hebt sich weder in Schriftart oder -größe noch in Bezug auf Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge oder Schriftfarbe ausreichend vom übrigen Text des Schreibens vom 3. September 2009 ab. Andere graphische Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung werden ebenfalls nicht eingesetzt. Allein das fett gedruckte Wort "Belehrung" und die Kursivstellung des nachfolgenden Klammerzusatzes "(Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall)", die beide im Fließtext integriert und nicht nach Art einer Überschrift hervorgehoben sind, reichen nicht aus, um die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderem Maße auf den nachfolgenden, normal gedruckten Belehrungstext zu lenken, der sich über vier Absätze erstreckt, ohne dass aufgrund deren äußerer Gestaltung erkennbar wäre, dass es sich insoweit um eine vom sonsti- gen Inhalt des Schreibens gesondert erteilte rechtliche Information handelt.
- 26
- Es kommt hinzu, dass die Fristsetzung zur Beantwortung der Fragen bis zum "30.09.2009" unmittelbar über dem Wort "Belehrung" ebenfalls fett gedruckt und zudem zentriert gesetzt ist, so dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderer Weise auf sich zieht und von der Bedeutung des nachfolgenden Textes ablenkt.
- 27
- Auch der abschließende nahtlose Übergang von der Belehrung zur Grußformel lässt die rechtliche Bedeutung des Belehrungstextes nicht hinreichend erkennen.
- 28
- III. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil nunmehr geprüft werden muss, ob ein Versicherungsfall vorliegt und in welchem Umfang der Kläger gegebenenfalls Schäden erlitten hat.
- 29
- Anders als der Kläger meint, ist seiner Klage nicht bereits aufgrund eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs stattzugeben. Die darauf zielenden Revisionsrügen erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die tatrichterliche Auslegung des Formulars "Vergleich und Abfindungserklärung" sowie die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage, ob ein Vergleich mündlich abgeschlos- sen worden ist, durch eigene, vermeintlich bessere Erwägungen zu ersetzen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 564 ZPO abgesehen.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 31.03.2011- 6 O 2019/09 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 10.10.2011- 3 U 13/11 -
(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.
(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.
(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. November 2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten für den Kläger unterhaltene Krankenversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ############# fortbesteht und nicht durch Anfechtung und Rücktritt seitens der Beklagten beendet wurde.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger begehrt die Feststellung, dass sein bei der Beklagten geführter Krankenversicherungsvertrag fortbesteht und nicht durch eine Anfechtungs- und Rücktrittserklärungen der Beklagten erloschen ist.
4Anlässlich eines Beratungstermins des Klägers Anfang Dezember 2009 in den Räumlichkeiten der Sparkasse C in C2 stellte sein Bankberater, der Zeuge K, den Kontakt zur Versicherungsvertreterin der Beklagten, der Zeugin T (damaliger Name: T2), her. Nach diesem ersten Gespräch fand am 10.12.2009 ein weiterer Termin mit der Versicherungsvertreterin statt, in dem der Versicherungsantrag (Bl. 16 ff. GA) von der Versicherungsvertreterin ausgefüllt und vom Kläger unterzeichnet wurde. Dieser schriftliche Antrag enthält diverse frühere Erkrankungen und Behandlungen des Klägers nicht, wobei streitig ist, welche Erklärungen der Kläger mündlich abgegeben hat. Die Beklagte nahm den Versicherungsantrag des Klägers an.
5Im Rahmen von Leistungsprüfungen stellte die Beklagte im Jahr 2012 Nachfragen beim Kläger und recherchierte bei behandelnden Ärzten. Nach Eingang der Auskunft Praxis D vom 30.04.2012 (Bl. 123 GA), der Auskünfte der Praxis D2 vom 07.05.2012 (Bl. 118 GA) und vom 16.05.2012 (Bl. 119 GA) sowie einer Auskunft Dr. Q vom 14.05.2012 (Bl. 117 GA) erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 22.05.2012 (Bl. 13 GA) die Anfechtung des Krankenversicherungsvertrages und hilfsweise den Rücktritt vom Vertrag.
6Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angegriffenen Entscheidung und die genannten Schriftstücke Bezug genommen.
7Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen K und T die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe eine arglistige Täuschung durch den Kläger bewiesen. Dies ergebe sich aus den Angaben der Zeugin T. Diese habe zwar keine konkrete Erinnerung an das Vermittlungsgespräch gehabt. Sie habe jedoch überzeugend ausgeführt, dass sie im Rahmen einer Antragsaufnahme Frage für Frage durchgehe und die Antworten des Kunden entsprechend im Formular aufnehme. Der Zeuge K habe die Angaben der Zeugin T teilweise bestätige. Soweit Widersprüche zwischen den Angaben beider Zeugen vorhanden seien, sei dem Zeugen K nicht zu folgen, weil er teilweise weitergehende Angaben des Klägers bestätigt habe, obwohl der Kläger selbst entsprechende Angaben gar nicht behauptet habe.
8Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Da der Zeuge K den Vortrag des Klägers zumindest hinsichtlich der Rückenerkrankung und der Prostatitis bestätigt habe, sei die Beweiswürdigung des Landgerichts falsch. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Versicherungsvertreterin keinerlei Erinnerung an das konkrete Vermittlungsgespräch gehabt habe.
9Der Kläger beantragt,
10das am 07.11.2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster, Az. 115 O 153/12, abzuändern und festzustellen, dass der bei der Beklagten für den Kläger unterhaltene Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ############# fortbesteht und nicht durch Anfechtung und Rücktritt der Beklagten erloschen ist.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung zurückzuweisen.
13Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Argumentation.
14Der Senat hat den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugen K und T. Wegen des Ergebnisses wird auf den Vermerk des Berichterstatters vom 20.08.2014 Bezug genommen.
15II.
16Die zulässige Berufung des Klägers, der ein berechtigtes Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der Feststellung des Fortbestehens seines privaten Krankenversicherungsvertrages hat, hat auch in der Sache Erfolg. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Krankenversicherungsvertrag ist weder durch die mit Schreiben der Beklagten vom 22.05.2012 erklärte Anfechtung als nichtig anzusehen noch hat der in diesem Schreiben hilfsweise erklärte Rücktritt zur Beendigung des Krankenversicherungsvertrages geführt.
171.
18Der Krankenversicherungsvertrag ist nicht gem. §§ 22 VVG, 142, 143, 123 BGB nichtig. Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger sie bei Antragstellung arglistig getäuscht hat.
19a)
20Soweit die Beklagte die Anfechtung des Versicherungsvertrages auf die im schriftlichen Antragsformular unvollständige und falsche Beantwortung der Fragen 6.5 und 6.6 hinsichtlich der massiven Rückenbeschwerden des Klägers stützt, steht bereits nicht fest, dass der Kläger objektiv falsche Angaben gemacht hat. Nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen K und T steht nicht mit der für die Beweisführung erforderlichen Sicherheit fest, dass der Kläger gegenüber der Zeugin T nicht angegeben hat, durchgehend wegen seiner Rückenbeschwerden in Behandlung gewesen zu sein. Die Kenntnis des Versicherungsvertreters steht der Kenntnis des Versicherers gleich (§§ 73, 70 S. 1, 69 Abs. 3 VVG). Den Versicherer trifft die Last des Negativbeweises dafür, dass der Versicherungsnehmer die Fragen gegenüber dem Versicherungsvertreter nicht zutreffend beantwortet hat, wenn der Versicherungsnehmer – wie hier – substantiiert, glaubhaft und in sich schlüssig behauptet, den Vertreter mündlich richtig informiert zu haben (sog. Auge- und Ohr-Rechtsprechung, zusammenfassend Römer-Langheid, VVG, 4. Auflage 2014, § 19 Rn. 36 ff. m.w.N.).
21Die Zeugin T hatte bereits keinerlei Erinnerung an den Kläger und an den Inhalt des streitigen Vermittlungsgespräches. Dieser Umstand, der unter Berücksichtigung des Zeitablaufes und der Vielzahl der zu führenden Vermittlungsgespräche nachvollziehbar ist, steht zwar der der Beklagten obliegenden Beweisführung nicht zwingend entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 14.07.2004, Az. 20 U 20/04, Tz. 48, zitiert nach juris). Im konkreten Fall war die Aussage der Zeugin T jedoch nicht geeignet, den Senat davon zu überzeugen, dass der Kläger die von ihm substantiiert behaupteten Angaben zu seinen Rückenbeschwerden im Rahmen des Vermittlungsgespräches nicht gemacht hat.
22Die Zeugin konnte – mangels Erinnerung an das konkrete Gespräch – nur den üblichen Ablauf der von ihr geführten Vermittlungsgespräche schildern. Hierbei war die Aussage von einem ausweichenden Verhalten der Zeugin geprägt. Sie hat wiederholt auf übliche Abläufe in der Versicherungswirtschaft zurückgegriffen, statt entsprechend der gestellten Fragen ihre persönliche Praxis zu schildern. Zudem hat die Zeugin konkrete Fragen trotz Nachfragen nicht beantwortet. So wurde ihr wiederholt die Frage gestellt, ob sie im Rahmen der von ihr geschilderten Rücksprachen mit Sachbearbeitern der Risikoprüfungsabteilung Anträge vorab unterschreiben lasse. Die Zeugin gab jeweils ausweichende Antworten.
23Auch die Angaben der Zeugin T in der Sache lassen eine Überzeugungsbildung von der Richtigkeit des durch die Beklagte behaupteten Inhalts des Vermittlungsgespräches nicht zu. Denn soweit die Zeugin T ihre persönliche Vorgehensweise geschildert hat, ist es durchaus möglich, dass der Kläger tatsächlich entsprechend seiner Behauptung erklärt hat, unter Rückenbeschwerden zu leiden und regelmäßig behandelt zu werden. Die Zeugin hat geschildert, dass die beim Kläger bereits zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Rückenbeschwerden normalerweise dazu führen, dass eine Zusatzerklärung ausgefüllt werde. Im Rahmen ihrer weiteren Vernehmung hat sie dann erklärt, in Terminen keine Zusatzfragebögen griffbereit zu haben. Zudem hat die Zeugin T erklärt, dass sie vor Stellung eines Antrages, bei dem das Risiko der Ablehnung bestehe, häufig vorab mit dem Sachbearbeiter der Risikoprüfungsabteilung telefoniere. In einem solchen Fall, so die Zeugin weiter, halte man den Antrag zunächst zurück. Die Frage, ob der Antrag, der zurückgehalten werde, dann bereits unterzeichnet sei, hat die Zeugin trotz Nachfragen nicht beantwortet. Sie hat jedoch erklärt, keine Durchschriften des Antrages auszuhändigen, wenn sie noch etwas zu klären habe. Zudem hat die Zeugin auf Vorhalt der Angaben des Zeugen K geschildert, dass hier möglicherweise ein Fehler nicht auszuschließen sei.
24Danach ist es möglich, dass der Kläger entsprechend seiner eigenen Schilderung und den Angaben des Zeugen K die Rückenbeschwerden benannt hat und die Zeugin T zunächst entsprechend ihrer teilweisen Praxis vor Weiterleitung des Antrages an die Beklagte eine Klärung mit der Risikoprüfungsabteilung herbeiführen wollte, die dann, aus welchen Gründen auch immer, unterblieben ist. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger die Rückenbeschwerden geschildert hat, weil ihm daran gelegen war, dass die Kosten der wöchentlich erforderlichen Physiotherapien auch von der neuen Krankenversicherung getragen werden. Zudem ist nachvollziehbar, dass sich der Zeuge K an die Thematisierung der Rückenbeschwerden erinnern konnte. Denn er hat es nach seiner Schilderung als ungewöhnlich empfunden, dass ein aktiver Triathlet wie der Kläger an Rückenbeschwerden leide. Schließlich hat der Kläger durchgehend behauptet, keine Durchschriften seines Antrages erhalten zu haben. Auch dieser eher ungewöhnliche Ablauf lässt sich mit der beabsichtigten weiteren Abklärung des Antrages durch die Zeugin T erklären.
25Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis objektiv falscher Angaben nicht geführt.
26b)
27Soweit der Kläger wegen einer Prostatitis behandelt worden ist, hat die Beklagte ebenfalls nicht bewiesen, dass der Kläger diese Behandlung im Rahmen des Vermittlungsgespräches nicht angegeben hat. Hinsichtlich der Unzuverlässigkeit der Aussage der Zeugin T wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Zudem haben sowohl der Kläger als auch der Zeuge K erklärt, im Rahmen des Gespräches vom 10.12.2009 habe der Kläger eine „Männersache“ angesprochen.
28c)
29Hinsichtlich der weiteren Behandlungen des Klägers, die er unstreitig nicht angegeben hat, hat die Beklagte nicht bewiesen, dass der Kläger arglistig gehandelt hat. Allein mit dem Beweis vorsätzlich falscher oder vorsätzlich nicht angezeigter Umstände steht der Täuschungsvorsatz noch nicht fest. Er setzt neben der Kenntnis der Gefahrerheblichkeit des bestreffenden Umstandes die billigende Erkenntnis voraus, die Versicherung könne durch das Vorgehen über einen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden (BGH, Urteil vom 14.07.2004, AZ. IV ZR 161/03, zitiert nach juris).
30Der Kläger hat eingeräumt, die Darmdivertikel-Behandlung im Oktober 2009 nicht angegeben zu haben. Er sei 2 Wochen lang mit Antibiotika behandelt worden, dabei sei nach zwei oder drei Tagen alles wieder in Ordnung gewesen. Es sei für ihn letztlich so etwas wie ein Schnupfen gewesen. Die weiteren unstreitig nicht angegebenen Behandlungen durch Dr. Q stehen in dessen Auskunft jeweils unter dem Stichwort „Check up“, so dass wegen der Angabe „Kontrolluntersuchungen“ im schriftlichen Antrag vom 10.12.2009 bereits eine Falschangabe zweifelhaft ist. Der Kläger hat aber insoweit ebenso wie hinsichtlich der Darmdivertikel-Behandlung jedenfalls nicht arglistig gehandelt.
31Da der Kläger nachvollziehbar und überzeugend geschildert hat, dass kleinere Beschwerden bei ihm als Triathlet normal seien, kann die Kenntnis der Gefahrerheblichkeit nicht festgestellt werden. Vor dem Hintergrund der Art der Vertragsanbahnung lässt sich ebenfalls nicht feststellen, dass der Kläger die billigende Erkenntnis hatte, die Versicherung könne durch das Vorgehen über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden. Der Kläger war bereits bei einem anderen Unternehmen privat krankenversichert und wurde anlässlich eines Beratungsgespräches in seiner Hausbank zu einem Wechsel des Versicherers veranlasst. Er hat das Gespräch überzeugend als in freundlicher Atmosphäre geführt geschildert und erklärt, er habe sich sicher gefühlt, schließlich sei er in seiner Sparkasse gewesen. Allein die mit dem Wechsel des privaten Krankenversicherers verbundene Beitragseinsparung genügt nicht für die Annahme einer Arglist des Klägers. Dies insbesondere, weil der Kläger nicht aktiv nach dieser Einsparungsmöglichkeit gesucht hat, sondern es sich hierbei um das Argument handelte, mit dem der Zeuge K und die Versicherungsvertreterin der Beklagten den Kläger zum Wechsel veranlasst haben.
322.
33Der zwischen den Parteien geschlossene Krankenversicherungsvertrag ist auch nicht durch die hilfsweise Rücktrittserklärung der Beklagten gem. § 19 Abs. 2 VVG beendet worden. Ein Rücktrittsrecht steht der Beklagten nicht zu, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat, § 19 Abs. 5 S. 1 VVG.
34Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war, sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung abhob. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien – insbesondere zu dem Belehrungserfordernis in § 19 Absatz 5 VVG – aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten. Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes – Fragen des Versicherers enthaltendes – Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGH, Urteil vom 09.01.2013, Az. IV ZR 197/11, NJW 2013, 873, m.w.N., zu § 28 Abs. 4 VVG).
35a)
36Die auf der ersten Seite des Antragsformulars (Bl. 16 GA) enthaltene Belehrung genügt diesen Anforderungen an die Gestaltung nicht. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten hat im Rahmen des Verhandlungstermins einen besser als die vorgelegten Kopien lesbaren, nicht ausgefüllten Antragsausdruck vorgelegt. Hieraus ergibt sich zwar, dass der Belehrungstext im Fettdruck gestaltet ist. Gleichwohl wird diese Passage nicht ausreichend wahrgenommen. Hierzu führt die sehr kleine Schriftgröße. Zudem befindet sich oberhalb der Belehrung eine Passage in derselben Schriftgröße, die teilweise ebenfalls im Fettdruck gestaltet ist. Zur Wahrnehmung der Belehrung als Fließtext trägt weiter bei, dass das Formular auf dieser Seite verschiedene Gliederungsüberschriften enthält, die ebenfalls im Fettdruck und einer größeren Schriftgröße als die Belehrung gestaltet sind. Soweit sich oberhalb und unterhalb des Belehrungstextes Striche befinden, führen diese ebenfalls nicht zu einer deutlichen Hervorhebung. Denn das Formular enthält wiederholt entsprechende Gestaltungen. Schließlich wird die Aufmerksamkeit auf die oberhalb und unterhalb der Belehrung vorhandenen auszufüllenden Felder gelenkt. Die Belehrung befindet sich am Ende des Abschnittes „1. Antragsteller/Versicherungsnehmer“. Nachdem die oberhalb der Belehrung vorhandenen Felder ausgefüllt sind, wird die Aufmerksamkeit sogleich auf die etwa doppelt so groß wie der Belehrungstext gestaltete Überschrift „2. Zu versichernde Person(en)“ gelenkt.
37b)
38Soweit diese Belehrung auf einen „Hinweis nach § 19 Absatz 5 VVG auf die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“ auf der Rückseite des Antragsformulars verweist, von dem der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten im Senatstermin einen Ausdruck überreicht hat, genügt dies ebenfalls nicht. Ob und ggf. in welcher Form es möglich ist, durch eine Verweisung eine ausreichende Belehrung sicherzustellen (zu dieser Frage OLG Stuttgart, Urteil vom 17.04.2014, Az. 7 U 253/13, zitiert nach juris), bedarf keiner Entscheidung. Der Hinweis in der Belehrung auf der ersten Seite des Antragsformulars ist – wie bereits ausgeführt – nicht hinreichend hervorgehoben. Weitere Verweisungen enthält das Formular nicht. Insbesondere die „Zusatzerklärung“ vor dem Unterschriftenfeld verweist lediglich auf die „Vertragsgrundlagen und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Person“ und nicht auf den „Hinweis nach § 19 Absatz 5 VVG auf die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“.
39Da der Krankenversicherungsvertrag der Parteien danach durch die im Schreiben der Beklagten vom 22.05.2012 enthaltenen Willenserklärungen nicht beendet worden ist, hat die Berufung des Klägers Erfolg.
40III.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
43Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 182/13 - vom 18.09.2013
abgeändert und neu gefasst:
a) Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Krankenversicherungsvertrag, Versicherungs-Nummer: ..., betreffend die versicherte Person U. M., nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 angepasst worden ist.
b) Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Krankenversicherungsvertrag, Versicherungs-Nummer: ..., betreffend die versicherte Person M. M., nicht wirksam durch die Vertragsänderung vom 19.03.2012 rückwirkend zum 01.01.2010 angepasst worden ist.
c) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.209,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.06.2013 zu zahlen.
d) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.176,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit 08.06.2013 zu zahlen.
2. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 182/13 - vom 18.09.2013 wird
zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 19.634,28 EUR
Gründe
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(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.