Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 104/04 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 89 % und das beklagte Land 11 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land „Schmerzensgeld“, da er während seiner Untersuchungshaft rechtswidrig unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in einer doppelt belegten Zelle untergebracht gewesen sei.
Der Kläger befand sich auf Grund Haftbefehls des Amtsgerichts K vom 18.12.2002 bis 06.06.2003 (171 Tage) in Untersuchungshaft in der JVA K. Er war dort bis zum 23.05.2003 (157 Tage) in einer Gemeinschaftszelle mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Die Zelle hatte nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts eine Grundfläche von 8,89 m² und einen Rauminhalt von etwa 25 m3. Sie war mit einem Etagenbett (ca. 2,00 m x 1,00 m), zwei Stühlen und zwei Arbeitstischen (ca. 0,35 m x 1,2 m) ausgestattet. Außerdem befanden sich in der Zelle Kartons, die der Kläger benötigte, um der von ihm beantragten Arbeitstätigkeit in der JVA Karlsruhe nachzugehen. Die nicht gesondert entlüftete Toilette und das Waschbecken waren lediglich durch einen Vorhang abgetrennt. An Freizeitveranstaltungen nahm der Kläger nicht teil, so dass er regelmäßig 23 Stunden pro Tag in seiner Zelle verbrachte.
Einen schriftlichen Antrag auf Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle hatte der Kläger nicht gestellt. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.02.2003 hatte die Unterbringung in einer Einzelzelle beantragt. Hilfsweise hatte er sich auch mit der Zusammenlegung mit seinem damaligen Mitbeschuldigten einverstanden erklärt. Dieser Antrag wurde durch die JVA K abgelehnt, da die Belegungssituation der Anstalt eine Einzelunterbringung derzeit nicht zulassen würde. In ihrem Bescheid wies die Vollzugsanstalt den Kläger aber darauf hin, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die benachbarte JVA B umgebaut. Ein kompletter Flügel dieser Anstalt stand nicht zur Verfügung, so dass 100 Haftplätze fehlten. Die Gefangenen mussten daher in anderen Anstalten untergebracht werden, u.a. auch in der JVA K. Es kam dort zu einer Überbelegung, auf 111 Haftplätze kamen ca. 180 Gefangene.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines „Schmerzensgeldes“ von EUR 17.100,00 gerichteten Klage unter Klagabweisung im Übrigen in Höhe von EUR 650,00 stattgegeben. Wegen § 839 Abs. 3 BGB hat es lediglich die erste Haftwoche und die zwei auf den Antrag vom 14.02.2003 folgenden Wochen als entschädigungspflichtige Zeiträume angesetzt. Für die erste Woche hat es ein Schmerzensgeld von EUR 250,00 für die beiden anderen Wochen von je EUR 200,00 zugebilligt. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Mit ihren Berufungen verfolgen die Parteien ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe gegenüber den Bediensteten von Anfang an auf eine Einzelunterbringung gedrängt. Nachdem mündliche Proteste nichts gebracht hätten, habe er mit „Rapportzetteln“ darum gebeten. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm pro Tag EUR 100,00 als Entschädigung zustünden. Der vom Landgericht festgesetzte „symbolische“ Betrag sei dem Ausmaß der Rechtsgutsverletzung und den schwerwiegenden Folgen nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, das Beklagte Land zur Zahlung von EUR 17.100,00 zu verurteilen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
10 
das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2004 - 2 O 1/04 - abzuändern, die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
11 
Das Land ist der Auffassung, dass bereits eine Amtspflichtverletzung nicht vorliege. Der Kläger habe in seinem Anwaltsschreiben einer Unterbringung in einer Zelle mit seinem Mitbeschuldigten zugestimmt und damit konkludent erklärt, dass er mit der Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle einverstanden sei. Der Kläger habe auch gewusst, dass nur in einer Doppelzelle die Möglichkeit zur Arbeit bestanden habe. Er habe daher auch durch seinen Antrag auf „Arbeit“ konkludent seine Bereitschaft hierfür erklärt. Außer dem Anwaltsschreiben habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt um die Unterbringung in einer Einzelzelle nachgesucht. Hätte er dies getan, so hätte man es auch ermöglichen können. Angesichts der engen Vollzugssituation sei das Verschulden des Landes auch gering. Im Übrigen sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Menschenwürde durch das Landgericht nicht festgestellt worden. Dass die Zivilkammer eine schwerwiegende Beeinträchtigung nicht angenommen habe, ergebe sich auch aus der sehr niedrigen Entschädigung.
12 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, G, Ki, Wi, R, P, We und He und Einholung eines amtlichen Auskunft der RinAG H. Die Strafakten 8 Ns 14 Js 30871/99 waren beigezogen. Die Gefangenenpersonalakte des Klägers lag in der mündlichen Verhandlung zur Durchsicht vor.
13 
II.
14 
Die Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Berufung des beklagten Landes ist hingegen unbegründet.
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1. Die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle war rechtswidrig, da er sich in Untersuchungshaft befand und die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle nicht ausdrücklich beantragt hatte, § 119 StPO, § 23 Abs. 1 UVollzO. Dass er gleichwohl in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtspflichtverletzung, § 839 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist die ohnehin rechtswidrige Unterbringung aufgrund der konkreten Gegebenheiten dem aus Art. 1 GG folgenden Gebot der Achtung der Menschenwürde nicht mehr gerecht geworden. Die doppelt - und auch wechselnd - belegte Zelle hatte eine Grundfläche von 8,83 m². Die Toilette war lediglich mit einem Vorhang abgetrennt und nicht mit einer separaten Entlüftung versehen. Innerhalb der Gemeinschaftszelle konnte der Kläger somit nicht einmal ein Mindestmaß an Intimsphäre wahren. Darüber hinaus war der zur Verfügung stehende Raum durch Arbeitsmaterialien und Arbeitsprodukte weiter eingeschränkt.
16 
Allerdings wurde durch die Unterbringung des Klägers in einer Gemeinschaftszelle die Haft nicht als solche unzulässig. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Umstände des Vollzugs die Rechtmäßigkeit der Haft als solcher in Frage stellen können (vgl. BGHZ 122, 268 = NJW 1993, 2927, zu Art. 5 EMRK). Dies bedeutet aber nicht, dass bei jeder rechtswidrigen Unterbringung auch der Vollzug der Haft rechtswidrig ist. Mit der in der angesprochenen Entscheidung des BGH behandelten Fallgestaltung (Gefahr einer lebensgefährlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes) ist der vorliegende Sachverhalt nicht zu vergleichen. Hier gehen die Unannehmlichkeiten der Haft zwar über das hinaus, was einem Untersuchungsgefangenen zuzumuten ist, jedoch bestand für den Kläger aus der Art der Unterbringung keine Gefahr nachhaltiger, über die Beschwernisse der konkreten Situation hinausgehender Schäden.
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2. Eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Sie ergibt sich weder aus dem Schreiben des Verteidigers vom 14.02.03, noch aus seinem Antrag auf Zuweisung einer Arbeit. In dem Schreiben vom 14.02.03 verlangt der Kläger ausdrücklich die Unterbringung in einer Einzelzelle. Dass er „hilfsweise“ auch damit einverstanden gewesen wäre, wenn er mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt würde, ändert hieran nichts. Es liegt auf der Hand, dass das Zusammenleben auf engem Raum mit einem bekannten Menschen, mit dem man sich versteht und mit dem man auch schon längere Zeit zusammen gelebt hat, weniger belastend ist, als die Einweisung in eine Gemeinschaftszelle mit mehrfach wechselnden, unbekannten Männern unterschiedlicher Herkunft.
18 
Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kann auch im Antrag auf Zuweisung einer Arbeitsstelle keine konkludent erklärte Einwilligung gesehen werden. Als der Kläger am 07.01.03 um Zuweisung einer Arbeit nachsuchte, war er in einer Doppelzelle untergebracht. Ihm war zu diesem Zeitpunkt eine Einzelunterbringung nicht in Aussicht gestellt worden. Solange der Kläger aber nicht mit einer Einzelzelle rechnen konnte, kann sein Antrag auf Zuweisung einer Arbeit auch nicht als Verzicht auf die Einzelunterbringung ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Behauptung des beklagten Landes, Arbeiten könnten in der JVA K nur in bzw. aus einer doppelt belegten Zelle durchgeführt werden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Gegebenheiten entspricht. Der Zeuge G hat bekundet, dass es in der Vollzugsanstalt Karlsruhe durchaus Arbeitstätigkeiten gibt, die auch bei einer Einzelunterbringung ausgeübt werden können. Zu beachten ist ferner, dass einerseits der Zeuge K nach eigenem Bekunden dem Kläger lediglich eine Arbeit in einer Doppelzelle angeboten hat und andererseits der Zeuge Wi ihm bedeutet hat, er werde seinen Taschengeldanspruch verlieren, wenn er die angebotene Arbeit nicht annehme. Angesichts dieser Gesamtumstände kann von einer schlüssig erklärten Einwilligung in eine rechtswidrige und menschenunwürdige Unterbringung nicht ausgegangen werde.
19 
3. Die Amtspflicht wurde auch schuldhaft verletzt. Dabei ist nicht nur auf die an Ort und Stelle zuständigen Justizbediensteten abzustellen. Die Durchführung von Bauarbeiten in der JVA B war seit langem absehbar. Es war auch vorherzusehen, dass während der Durchführung der Bauarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Einzelzellen für Untersuchungsgefangene zur Verfügung stehen werden. Auch die sonstigen Belegungsverhältnisse in den Haftanstalten des Landes waren bekannt und hätten hinreichenden Anlass zu vorsorglicher Abhilfe geboten. Um gleichwohl der sich aus § 119 StPO ergebenden Verpflichtung gerecht zu werden, hätte das Land geeignete Vorkehrungen treffen können und müssen. Insoweit ist zumindest der Vorwurf eines Organisationsverschuldens begründet, das dem beklagten Land auch dann zuzurechnen ist, wenn die „vor Ort“ tätig gewordenen Beamten selbst subjektiv nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben (BGH NJW 2005, 58 ff). Ein solches Organisationsverschulden kann sich auch darauf erstrecken, dass bei - will man den Angaben des Zeugen We folgen - landesweit bestehender Möglichkeit, Einzelunterbringungen zu bewerkstelligen, den Haftanstalten keine zentrale Zuweisungsstelle angeboten wird bzw. sie nicht nachdrücklich auf eine solche zur Vermeidung menschenunwürdiger Unterbringungen aufmerksam gemacht werden.
20 
4. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf ein (bloßes) Schmerzensgeld. Es geht vielmehr um den Ausgleich einer Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und des aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund (BGH aaO).
21 
Zwischen der Feststellung einer Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG einerseits und der Zuerkennung einer Geldentschädigung andererseits besteht allerdings kein zwingendes Junktim. Zwar trifft es zu, dass dem Recht auf Achtung der Menschenwürde in der Verfassung ein Höchstwert zukommt; es ist das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Die solchermaßen festgestellte Menschenrechtsverletzung fordert indessen nicht in jedem Fall eine zusätzliche Wiedergutmachung durch Geldentschädigung. Ein Anspruch auf Geldentschädigung steht unter dem weiteren Erfordernis, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies hängt - insoweit nicht anders als beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, auch wenn die Erheblichkeitsschwelle bei Verletzungen der Menschenwürde generell niedriger anzusetzen ist - insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Auch im Anwendungsbereich der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ist anerkannt, dass eine - eine Wiedergutmachung durch Geldersatz nach Art. 41 EMRK fordernde - unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nur und erst vorliegt, wenn sie ein Mindestmaß an Schwere erreicht. Ob eine solche dieses Mindestmaß überschreitende schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise der Dauer der Behandlung, ihren physischen oder psychischen Folgen oder von Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand des Opfers, somit insbesondere auch von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, hier also von der konkreten Ausgestaltung der Zelle, der Dauer der Unterbringung, der Intensität der Beeinträchtigung, die durch Freizeitprogramme oder Arbeitstätigkeit tagsüber gemildert, sowie durch zusätzliche Beeinträchtigungen (z.B. Nichtraucher in der Zelle eines Rauchers) verstärkt werden kann.
22 
Da eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung ist, trägt der Geschädigte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch die Darlegungs- und Beweislast. Da sich einerseits eine pauschale Abgeltung verbietet, andererseits gerade der Nachweis innerer Sachverhalte erheblichen Schwierigkeiten begegnet, kommt der Senat nicht umhin, bei der Feststellung einer eine Geldentschädigung erfordernden Beeinträchtigung der Menschenwürde des Klägers auf gewisse objektive Beweisanzeichen zurück zu greifen.
23 
Zutreffend weist in diesem Zusammenhang schon das Landgericht darauf hin, dass nicht wenige Gefangene die Unterbringung in einer - auch schlecht ausgestatteten - Gemeinschaftszelle einer Einzelzelle vorziehen. Bereits die rechtmäßige Inhaftierung als solche bringt für den einzelnen Gefangenen erhebliche Beeinträchtigungen mit sich. Gerade die Isolation von der Außenwelt und die fehlenden Möglichkeiten einer Kommunikation und eines zwischenmenschlichen Austausches veranlassen viele Betroffene, die Erschwernisse einer Gemeinschaftszelle - selbst in dem hier in Rede stehenden Zuschnitt - in Kauf zu nehmen, schon um den ihnen gemäßen gesellschaftlichen Kontakt pflegen zu können. Darüber hinaus empfinden die Betroffenen je nach Herkunft und Persönlichkeit die objektiv menschenunwürdigen Umstände ganz unterschiedlich.
24 
Bei seiner Gesamtbetrachtung berücksichtigt der Senat hier insbesondere, dass die objektiven Umstände der Unterbringung (Zellengröße, fehlende Entlüftung, ungenügende Wahrung der Intimsphäre durch die lediglich mit einem Vorhang abgetrennte Toilette, wechselnde Mitgefangene, nicht unerheblicher Zeitraum) für sich genommen sehr stark belastend waren, vom Kläger jedoch in erster Linie nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstanden werden konnten, sondern als auch die Mehrzahl seiner Mitgefangenen treffende Folge baulicher und räumlicher Zustände in einer voll - bzw. überbelegten Anstalt. Dass er mit diesen Zuständen gleichwohl nicht einverstanden war und er sich nicht wohl fühlte, kann durchaus unterstellt werden. Ebenfalls kann unterstellt werden, dass der Kläger seinen Mitgefangenen gegenüber gesprächsweise seine Unzufriedenheit mit der Situation zum Ausdruck brachte. Damit kann gleichwohl noch nicht festgestellt werden, dass der Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine derartige Intensität erreichte, dass hierfür eine Geldentschädigung zu leisten ist.
25 
Als objektives Anzeichen dafür, dass der Kläger bei dem gegebenen Gemisch aus unterschiedlichsten persönlichen Motiven, objektiv und subjektiv empfundenen Vorteilen und Nachteilen der konkreten Situation dies als nicht weiter hinnehmbar empfand, bedarf es nach Auffassung des Senats einer entsprechenden Äußerung des Klägers gegenüber dem Personal der JVA, also einer gezielten Erklärung gegenüber dem Personenkreis, von dem eine Abhilfe erwartet werden konnte, zumal auch erst durch die Fruchtlosigkeit eines derartigen Ansinnens auf Abhilfe dem Kläger sich aufdrängen kann, dass seine individuellen und konkreten Rechte hinsichtlich seiner menschenwürdigen Behandlung von den für seine Unterbringung Verantwortlichen nicht in dem gebotenen Maße gewahrt werden.
26 
Die Beweisaufnahme hat die Behauptung des Klägers, er habe bereits vor dem 14.02.2003 seine Unzufriedenheit mit der Unterbringung in einer doppelt belegten Zelle gegenüber dem Personal der JVA zum Ausdruck gebracht bzw. den Wunsch nach einer Einzelzelle geäußert, nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Der Zeuge He, der Mitbeschuldigte des Klägers, hat zwar bekundet, er habe für den Kläger mehrfach Eingaben, die eine Unterbringung des Klägers in einer Einzelzelle zum Gegenstand hatten, verfertigt, die dieser dann weitergeleitet habe. Zum Nachweis reicht diese Bekundung jedoch nicht aus, auch wenn der Senat sie angesichts des in der Verhandlung und in den Strafakten ersichtlichen werdenden Engagements des Zeugen nicht für gänzlich unglaubhaft hält. Keiner der vom Senat gehörten Bediensteten der JVA hat aber bestätigt, entsprechende Eingaben bzw. Rapportzettel zu Gesicht bekommen zu haben. Auch mündlich habe sich der Kläger ihnen gegenüber nie unzufrieden über seine Unterbringung geäußert. In den Personalakten des Klägers finden sich entsprechende Dokumente nicht, wie auch die vom Zeugen He erwähnte Eingabe an das Amtsgericht nebst angeblicher Entscheidung und Rechtsmittel sich in der Strafakte nicht finden. Die vom Zeugen He behauptete Praxis der Vollzugsanstalt, „Rapportzettel“ nicht zu der Akte zu nehmen, bestätigte sich ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge He drei ihm zurückgegebene Rapportzettel vorgelegt, diese enthielten jedoch keine „Beschwerden“ oder „Anträge zum Vollzugsablauf“, sondern Bitten an die Anstalt, ihm diverse Anschriften mitzuteilen. In der Personalakte des Klägers befanden sich durchaus Rapportzettel, die sich allerdings nicht mit seiner Unterbringung beschäftigten. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm Rapportzettel auch nie zurückgegeben worden seien.
27 
Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 14.02.2003 bis zum 23.05.2003 sich auch subjektiv so nachhaltig in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung verletzt sah, dass hierfür eine Wiedergutmachung durch Geldentschädigung geboten ist.
28 
5. Bei der Bemessung der Entschädigung ging der Senat daher von den konkreten Verhältnissen in der Gemeinschaftszelle und einer entschädigungspflichtigen Dauer vom 14.02.2003 - 23.05.2003 aus. Da in jedem Fall einer entschädigungspflichtigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe, NJW - RR 2003, 410, 411), verbietet sich im konkreten Fall jede schematische Festlegung oder Aufspaltung in zeitliche Abschnitte. Der Senat kann sich insbesondere nicht an der Wertung des Gesetzgebers in § 7 Abs. 3 StrEG orientieren, die für die „üblichen Unzuträglichkeiten“ (BGH NJW 1993, 2927, 2930) der Untersuchungshaft einen Entschädigungsbetrag von EUR 11,00 pro Tag vorsieht. Dieser Betrag wurde für eine sehr einschneidende, aber rechtmäßige staatliche Handlung festgesetzt, die grundsätzlich der im Allgemeininteresse liegenden Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung dient. Anhaltspunkte für die Bemessung einer Entschädigung für eine menschenrechtswidrige Unterbringung lassen sich hieraus nicht ableiten.
29 
Insgesamt hält der Senat aufgrund der bereits dargelegten Umstände eine Entschädigung von insgesamt EUR 2.000,00 für angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei ferner, dass der Kläger mit seiner Klage nicht nur auf eine Geldentschädigung abzielt, sondern sich mit ihr auch in den Dienst der Bestrebungen seines Mitbeschuldigten - und wohl väterlichen Freundes -, des Zeugen He, stellt, deren Ziel die Anprangerung der gegenwärtigen Verhältnisse in den Vollzugsanstalten und deren Verbesserungen ist. Allein der vorliegende Rechtsstreit, die damit verbundene Publizität und auch die eindeutige Beurteilung der objektiven Umstände als rechtswidrig und menschenunwürdig, verschafft dem Kläger eine Teilentschädigung, die für einen höheren Geldausgleich keinen Raum lässt.
30 
6. Da der Kläger nach dem Schreiben seines Verteidigers vom 14.02.2003 auf die Zusage der Vollzugsanstalt, dass ihm „unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen (werde)... falls sich die Belegungssituation ändern sollte“, vertrauen durfte, und er nicht annehmen musste, mit weiteren Eingaben und Beschwerden bis zum Ende seiner Haftzeit mehr zu erreichen, scheitert der Anspruch hier auch nicht an 839 Abs. 3 BGB. Es kann daher dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt zur Anwendung gelangt, wenn eine Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung begehrt wird.
31 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Gefangenen ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen menschenunwürdiger Unterbringung erwachsen kann, ist seit der Entscheidung des BGH vom 04.11.2004 (aaO) im Grundsatz geklärt.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

Strafprozeßordnung - StPO | § 119 Haftgrundbezogene Beschränkungen während der Untersuchungshaft


(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass 1. der Empfang von B

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen - StrEG | § 7 Umfang des Entschädigungsanspruchs


(1) Gegenstand der Entschädigung ist der durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden, im Falle der Freiheitsentziehung auf Grund gerichtlicher Entscheidung auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist. (2) Entschädigung fü

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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Tenor

1. Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 650,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.02.2004 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 96 %, das beklagte Land 4 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für das beklagte Land jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Vollstreckung durch den Kläger kann vom beklagten Land durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abgewendet werden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

 
Der Kläger macht als Amtshaftungsanspruch ein Schmerzensgeld wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen geltend.
Der Kläger befand sich auf Grund eines Haftbefehls des Amtsgerichts K. von 18.12.2002 bis 06.06.2003 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) K. Zuvor hatte er sich bereits etwa drei Monate in Untersuchungshaft in der JVA N. befunden.
Mit Schreiben vom 14.02.2003 (AS.179), bei der JVA eingegangen an demselben Tag, beantragte der Verteidiger des Klägers
„die Unterbringung in einer Einzelzelle, hilfsweise Unterbringung zusammen mit dem Untersuchungsgefangenen M. in einer Zweimannzelle.“
Mit Schreiben vom 17.02.2003 antwortete die JVA:
„Eine Einzelunterbringung ist derzeit aufgrund der Belegungssituation nicht möglich.
Falls sich die Belegungssituation ändern sollte, wird Ihrem Mandanten unverzüglich ein Einzelhaftraum zugewiesen.
Eine Zusammenlegung mit dem Untersuchungsgefangenen M. wird abgelehnt, da es sich bei diesem um den Mittäter ... handelt und dieser auf einem Einzelhaftraum besteht.“
Der Kläger behauptet, er sei in dem gesamten Zeitraum 18.12.2002 bis 06.06.2003 zusammen mit einem weiteren Gefangenen in einer Zelle mit einer Grundfläche von lediglich 8,2 qm und einem Rauminhalt von ca. 20 m3 untergebracht worden, nämlich zunächst in Zelle Nr. 153, dann in Zelle Nr. 136. Beide Hafträume seien jeweils mit einem Etagenbett (ca. 2 x 1 m), zwei Stühlen, zwei Arbeitstischen (0,5 x 0,35 m) und einem Schrank (ca. 0,35 x 1,2 m) ausgestattet gewesen, ferner mit einer lediglich durch einen Vorhang abgetrennten und nicht gesondert zu entlüftenden Toilette und einem Waschbecken.
10 
Die räumliche Enge im Haftraum sei dadurch gesteigert worden, dass er in der Zelle habe arbeiten müssen, um in den Genuss von Taschengeld zu kommen und hierzu die Arbeitsmaterialien (Kartons mit 5 bis 8 m³) in der Zelle hätten gelagert werden müssen. Eine Beschäftigung außerhalb der Zelle habe er beantragt, die JVA habe ihm eine solche Tätigkeit jedoch nicht ermöglichen können.
11 
Der Kläger behauptet, er habe nicht nur schriftlich über seinen Anwalt am 14.2.2003, sondern auch selbst schriftlich und mündlich um Einzelunterbringung nachgesucht.
12 
Den Haftraum habe er lediglich zu dem täglichen einstündigen Hofgang verlassen können. Sonstige Freizeitangebote habe es nicht gegeben, jedenfalls seien sie ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden, obwohl er mehrfach, sogar schriftlich, um die Möglichkeit nach Freizeitbetätigungen nachgesucht habe.
13 
Der Kläger behauptet, er leide noch heute unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen psychischer und psychischer Art, insbesondere unter chronischer Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Ekel und Übelkeitsgefühlen, Rücken- und Nackenschmerzen, Hustenreiz, Nervosität, Alpträumen und panischen Angstzuständen.
14 
Nachdem die Kammer dem Kläger (lediglich) in dieser Höhe Prozesskostenhilfe gewährt hat, beantragt der Kläger,
15 
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 17.100 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
16 
Das beklagte Land beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Das beklagte Land trägt vor, der Kläger sei vom 18.12.2002 bis 20.3.2003 in Haftraum 152 und vom 20.3.2003 bis zur Entlassung am 06.06.2003 in Haftraum 156 untergebracht gewesen. Die beiden Hafträume hätten jeweils eine Grundfläche von 8,89 qm und einen Rauminhalt von 25 m.
19 
In der Zeit vom 23.5. bis 06.06.2003 sei der Kläger allerdings allein im Haftraum 136 untergebracht gewesen.
20 
Neben dem Hofgang habe die Möglichkeit bestanden, die Zelle zu zahlreichen Freizeitangeboten zu verlassen. Die aus einem Freizeitplan (Anl. B 1) ersichtlichen Angebote habe der Kläger jedoch nicht wahrgenommen.
21 
Während der Dauer der Inhaftierung des Klägers sei in der benachbarten JVA B. einer von vier Flügeln renoviert worden. Wegen des damit verbundenen vorübergehenden Wegfalls von rund 100 Plätzen habe die Untersuchungshaftabteilung der JVA Bruchsal für Strafhaft genutzt werden müssen. Die Untersuchungshaftzuständigkeit der JVA B. sei daher vorübergehend auf die JVA K. übertragen worden mit der Folge, dass Einzelunterbringung nur in Ausnahmefällen möglich gewesen sei. Voraussetzung hierfür sei zwingend gewesen, dass der betreffende Gefangene deutlich auf eine Einzelunterbringung hinwirkte. So sei der Mitbeschuldigte des Klägers - unstreitig - bereits fünf Tage nach seiner Zuführung in die JVA K. für die gesamte Dauer seiner Untersuchungshaft in einem Haftraum einzeln untergebracht worden. In anderen Fällen seien Gefangene, welche nachdrücklich auf eine Einzelunterbringung hinwirkten, auf die Möglichkeit einer Verlegung in eine andere JVA hingewiesen und gegebenenfalls verlegt worden. Der Kläger habe sich jedoch zu keinem Zeitpunkt wirklich um eine Einzelunterbringung bemüht und einen entsprechenden Wunsch geäußert oder einen Antrag gestellt. Lediglich ein einziges Mal habe er über seinen Anwalt mit Schreiben vom 14.2.2003 die Unterbringung in einer Einzelzelle, hilfsweise Unterbringung mit seinem Mitbeschuldigten beantragt. Dieses Schreiben sei lediglich als Versuch gewertet worden, eine Zusammenlegung mit seinem Mitbeschuldigten zu erreichen - einem Versuch, dem nicht habe entsprochen werden können. Aus dem Schreiben ergebe sich auch, dass der Kläger trotz der räumlichen Verhältnisse der Zellen mit einer Doppelbelegung einverstanden gewesen sei. Da der Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt aktiv geworden sei, sei der in dem Anwaltsschreiben enthaltene Halbsatz mit dem Wunsch auf Einzelunterbringung „als anwaltlicher Routineantrag“ interpretiert worden.
22 
Das beklagte Land bestreitet, dass der Kläger wegen seiner Haftunterbringung unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen psychischer und physischer Art gelitten habe oder leide. Er habe sich weder beim Anstaltsarzt gemeldet noch den psychologischen Dienst der Anstalt in Anspruch genommen. Auch bei verschiedenen Kontakten mit dem zuständigen Sozialarbeiter habe er sich nicht ansatzweise über die Art der Unterbringung beschwert, sondern einen zufriedenen Eindruck gemacht.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 13.07.2004 verwiesen.
24 
Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Regierungsdirektor X, Leiter der JVA K. Wegen des Beweisergebnisses wird ebenfalls auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
26 
Der Kläger hat nach § 839 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 34 GG Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 650,00 EUR.
27 
1. Rechts- und Amtspflichtwidrigkeit
28 
Der Kläger war unstreitig vom 18.12.2002 bis 23.05.2003 gemeinschaftlich mit jeweils einem weiteren Gefangenen untergebracht. Seine weiter gehende Behauptung, diese Art der Haftunterbringung habe bis zu seiner Entlassung am 06.06.2003 angedauert, hat er dagegen nicht unter Beweis gestellt. Nach der Aussage des als Zeugen vernommenen Anstaltsleiters Regierungsdirektor X war er in diesem restlichen Zeitraum vielmehr einzeln untergebracht.
29 
Die Rechts- und Amtspflichtwidrigkeit der Haftunterbringung des Klägers bis zum 23.05.2003 ergibt sich bereits aus § 119 Abs. 2 StPO. Danach darf ein Untersuchungsgefangener mit anderen Untersuchungsgefangenen in demselben Raum nur untergebracht werden, wenn er es ausdrücklich schriftlich beantragt. Ein solcher ausdrücklicher schriftlicher Antrag lag nicht vor. Auch die in § 119 Abs. 2 Satz 3 StPO vorgesehene Ausnahme einer Unterbringung mit anderen Gefangenen in demselben Raum, wenn der körperliche geistige Zustand des Gefangenen es erfordert, lag im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.
30 
2. Verletztes Rechtsgut
31 
a. Die Haftunterbringung des Klägers im Zeitraum vom 18.12.2002 bis 23.05.2003 erfolgte unter Bedingungen, die die durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Menschenwürde und damit auch das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht verletzten, dessen Verletzung Voraussetzung für die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes ist.
32 
Dieses verfassungsmäßig geschützte Recht garantiert dem Einzelnen einen Kernbereich privater Lebensgestaltung („Intimsphäre“), in den er sich ohne Zutrittsmöglichkeit der Umwelt zurückziehen kann. Der Schutz dieser Privatsphäre umfasst auch einen räumlichen Rückzugsbereich, in dem der Betroffene er selbst sein kann und eine vom Öffentlichkeitsdruck verursachte Selbstkontrolle ablegen kann, weil er nicht damit rechnen muss, dass andere ihn beobachten (BVerfGE 101, 361, 382 ff.; NJW 2000, 2189; Di Fabio in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 149, 158 m.w.N.).
33 
b. Die Unterbringung des Antragstellers zusammen mit einem weiteren Strafgefangenen in einem Haftraum mit einer Grundfläche von 8,89 qm muss demnach als rechtswidrige Verletzung seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) angesehen werden.
34 
Das Bundesverfassungsgericht (3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2002, 2700) hat ausgeführt:
35 
"In der gerichtlichen Rechtsprechung ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Unterbringung in kleinen Hafträumen durch die Menschenwürde der betroffenen Strafgefangenen Grenzen gesetzt sind (vgl. OLG Frankfurt a.M., StV 1986, 27 m. Anm. Lesting). Das Recht auf Achtung seiner Würde kann auch dem Straftäter nicht abgesprochen werden, mag er sich in noch so schwerer und unerträglicher Weise gegen die Werteordnung der Verfassung vergangen haben (vgl. BVerfGE 72, 105, 115)."
36 
Mit Blick hierauf hielt es die Annahme, die gemeinsame Unterbringung von zwei Strafgefangenen in einem Einzelhaftraum von rund 8 qm Fläche, ausgestattet mit einem Etagenbett, zwei Stühlen, einem Tisch und einem Schrank und - ohne räumliche Abtrennung - einem Waschbecken und einem Klosett, wirke nicht diskriminierend, für jedenfalls erläuterungsbedürftig.
37 
Zur Feststellung einer Verletzung der Menschenwürde erscheint es nicht erforderlich, das Problem zu entscheiden, ob bereits ein Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelunterbringung für sich allein eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt. Ob die Missachtung des Grundsatzes der Einzelunterbringung für sich allein wegen Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG schlechthin verfassungswidrig ist, ist streitig. Während Ullenbruch (NStZ 1999, 430) dies unter Hinweis darauf bejaht, dass sie dem Gefangenen die einzige Nutzungsmöglichkeit nimmt, die es ihm erlaubt, als Individuum ungestört zu sein, hält das OLG Frankfurt/M. (NStZ-RR 2001, 28, 29) die Gemeinschaftsunterbringung in einer ausreichend großen Zelle mit abgetrennter Toilette zwar für untunlich und rechtspolitisch kritikwürdig, aber jedenfalls für Sicherungsverwahrte auch gegen deren Willen nicht für verfassungsrechtlich schlechthin verboten, da sich dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Menschenwürde nur Auslegungskriterien und Mindestgrundsätze entnehmen lassen.
38 
Auch ist es für die Entscheidung des Falles nicht erforderlich, Grenzwerte für die einem Gefangenen zur Wahrung der Menschenwürde zur Verfügung zu stellende Mindestraumgröße festzulegen. Immerhin ist festzuhalten, dass nach den von der Rechtsprechung hierfür angelegten Maßstäben durchaus Bedenken angezeigt sind, ob die Mindestraumgröße nicht unterschritten wurde. So wurde bei einer Raumgröße von 7,6 qm (über die Ausstattung ist Weiteres nicht bekannt) eine Verletzung der Menschenwürde bejaht vom OLG Celle (NJW 2003, 2463); das OLG Frankfurt/M. (NJW 2003, 2844) sieht die gemeinsame Unterbringung zweier Strafgefangener in einem Haftraum von ca. 7,5 qm mit nicht abgetrennter und nicht gesondert entlüfteter Toilette als geeignet zur Verletzung der Menschenwürde an; eine Verletzung der Menschenwürde wurde auch vom OLG Celle (StV 2004, 84) bei einer Gemeinschaftsunterbringung von fünf Strafgefangenen auf 16 qm mit einer nur durch eine Stellwand abgetrennten Toilette bejaht.
39 
Insoweit genügt jedoch die Feststellung, dass eine Unterbringung von zwei Personen auf 8,89 qm - wovon nach Abzug der Grundfläche des Mobiliars und der Toilette wenig mehr als die Hälfte als Lebensraum verbleibt - jedenfalls als äußerst beengt angesehen werden muss. Das unfreiwillige nahezu ganztägige Zusammenleben mit einer weiteren Person unter diesen beengten räumlichen Verhältnissen lässt dem Gefangenen bereits praktisch keine Intimsphäre, keinen räumlichen Rückzugsbereich, in den er sich zurückziehen und in dem er - wenigstens zeitweise - sich unbeobachtet fühlen kann.
40 
Die weitere Beengung durch die Arbeitsmaterialien kommt erschwerend hinzu. Auch wenn für den Kläger keine Arbeitspflicht bestand, wurde ihm dadurch, dass ihm lediglich Zellenarbeit ermöglicht wurde, lediglich die Wahl zwischen zwei Übeln gelassen, nämlich entweder die damit verbundene zusätzliche räumliche Behinderung in Kauf zunehmen oder auf Arbeit - und damit auf die einzige Möglichkeit, die Haftzeit halbwegs sinnvoll zu verbringen und sich ein Taschengeld zu verdienen - zu verzichten. Auf das genaue Ausmaß der zur Arbeit erforderlichen Materialien kommt es hierbei nicht an.
41 
Denn entscheidend geprägt wird die Unterbringung dadurch, dass zu der räumlichen Enge der Umstand hinzukommt, dass die Toilette nur durch einen Vorhang abgetrennt ist, der lediglich einen Sichtschutz, jedoch keine Geruchssperre und keine akustische Sperre bildet und daher auch zu den intimsten Verrichtungen keinen Rückzugsbereich schafft.
42 
An dem Fehlen eines räumlichen Rückzugsbereichs vermögen auch Freizeitmöglichkeiten wie die in Anl. B 1 aufgeführten nichts zu ändern; denn diese sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie in Gemeinschaft wahrgenommen werden können.
43 
c. Ein Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird von der Rechtsprechung (BGHZ 143, 214, 218; 128, 1, 15) unmittelbar aus § 823 BGB i. V. m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG abgeleitet. Eine amtspflichtwidrige rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann daher einen Schmerzensgeldanspruch begründen.
44 
d. Auf eine rechtswidrige Verletzung der Freiheit, die einen Schmerzensgeldanspruch nach §§ 839 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB begründen könnte, kann der Anspruch nicht gestützt werden, da die Freiheitsentziehung an sich durch den gerichtlichen Haftbefehl gerechtfertigt war. Die Haftbedingungen machen die Freiheitsentziehung nicht insgesamt rechtswidrig.
45 
e. Eine Gesundheitsverletzung hat der Kläger jedenfalls nicht nachgewiesen. Den angekündigten Beweis durch Vorlage ärztlicher Atteste hat er nicht angetreten.
46 
3. Verschulden
47 
Ein Verschulden der Bediensteten des beklagten Landes ist zu bejahen. Spätestens seit dem Beschluss des BVerfG vom 27.02.2002 musste ihnen bekannt sein, dass das Ermessen hinsichtlich der Ausgestaltung und Belegung von Hafträumen durch die Achtung der Menschenwürde der Gefangenen begrenzt ist (vgl. LG Hannover StV 2003, 569). Das beklagte Land kann sich auch nicht darauf berufen, seit Bekanntwerden dieser Entscheidung sei zu deren Umsetzung und zur Schaffung geeigneter Haftplätze nicht ausreichend Zeit gewesen. Denn bereits der Beschluss des OLG Celle vom 05.11.1998 hatte in der Fachöffentlichkeit Aufsehen erregt (vgl. Ullenbruch NStZ 1999, 429 m.w.N.; ferner Lesting, StV 2003, 570). Wenn im Hinblick auf das hierdurch geweckte Problembewusstsein der zuständigen Stellen bereits eine entsprechende Unterbringung von Strafgefangenen als unvertretbar anzusehen war (Lesting a.a.O.), so galt dies angesichts der im Vergleich zu § 18 StVollzG viel klareren und eindeutigeren Regelung in § 119 StPO erst recht für den Vollzug der Untersuchungshaft.
48 
4. Einwilligung des Klägers
49 
a. Eine die Rechtswidrigkeit ausschließende Einwilligung des Klägers liegt nicht vor. Nach der klaren Regelung des § 119 Abs. 2 StPO hätte sie ausdrücklich und schriftlich erfolgen müssen.
50 
b. Allerdings könnte auch eine konkludente Zustimmung des Klägers jedenfalls die Verletzung der Menschenwürde und damit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausschließen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
51 
Die Voraussetzung der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung in § 119 Abs. 2 StPO stellt lediglich eine Formvorschrift dar. Materiell kann die Wahrung der Menschenwürde und des Persönlichkeitsrechts nicht von der Einhaltung dieser Form abhängen.
52 
Das subjektive Empfinden der Beeinträchtigungen durch die Freiheitsentziehung sowie die in Frage stehenden Umstände der Unterbringung kann individuell sehr unterschiedlich ausfallen: Mag es der Eine als unerträglich empfinden, mit einer anderen Person auf engem Raum "zusammengeschlossen" zu sein, so wird es der Andere als noch schlimmer empfinden, von anderen "weggesperrt" sein. Die Freiheitsentziehung als solche schneidet einen Gefangenen bereits weitgehend von Kontakten zur Außenwelt ab und beschränkt stark seine Kommunikationsmöglichkeiten. Dies wird durch eine Einzelunterbringung noch erheblich gesteigert, denn diese nimmt während des Aufenthalts im Haftraum (abgesehen von einer bekanntlich nicht unüblichen, aber schwierigen Verständigung durch Klopfzeichen und Rufe durch das Zellenfenster) praktisch fast jede Möglichkeit zwischenmenschlicher Kommunikation. Diese - unter den Bedingungen der Einzelunterbringung nicht vermeidbare - Vereinsamung kann je nach individueller Veranlagung als so beeinträchtigend empfunden werden, dass der Betroffene eher bereit ist, stattdessen die Unzuträglichkeiten einer Gemeinschaftszelle in Kauf zu nehmen. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass - und zwar sowohl für die Untersuchungshaft in § 119 Abs. 2 StPO als auch für den Strafvollzug in § 18 StVollzG - die Möglichkeit der Gemeinschaftsunterbringung gesetzlich bei Zustimmung eröffnet ist.
53 
c. Für die Annahme einer konkludenten Zustimmung des Klägers fehlt es jedoch an hinreichenden Anhaltspunkten. Soweit das beklagte Land darauf verweist, der Kläger habe sich zu keiner Zeit über die Unterbringung beschwert, so steht dem das Anwaltsschreiben vom 14.02.2003 entgegen, mit dem die Unterbringung in einer Einzelzelle, hilfsweise die Unterbringung mit seinem Mitbeschuldigten beantragt wurde. Auch darin, dass der Kläger Zellenarbeit akzeptiert hat, ergibt sich keine Zustimmung zur Art seiner Unterbringung. Unstreitig war die Arbeitswilligkeit Voraussetzung für die Gewährung von Taschengeld. Unstreitig hat sich der Kläger auch erst dann mit der Zellenarbeit einverstanden erklärt, nachdem ihm die in erster Linie angestrebte Zuweisung von Hausarbeit nicht ermöglicht wurde.
54 
5. Billigkeit
55 
Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handeln und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Das OLG Celle (StV 2004, 84) hat unter diesem Gesichtspunkt wegen der kurzen Dauer von zwei Tagen und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger "hafterfahren" war, und im Hinblick auf die prekäre Haushaltslage in Niedersachsen einen Anspruch abgelehnt. Auch vom Hanseatischen OLG Hamburg (zitiert nach Juris KORE707342002 ) ist ein Schmerzensgeldanspruch unter diesem Gesichtspunkt bei einer vorübergehenden Doppelbelegung eines Einzelhaftraums abgelehnt worden, da diese auf eine akute Mangellage an Hafträumen zurückzuführen sei und der Vollzugsbehörde nicht vorgeworfen werden könne, dass sie eine nachhaltige Beseitigung der Mangellage schuldhaft versäumt habe.
56 
Im vorliegenden Fall liegt allerdings weder eine vergleichbar kurze Dauer vor, noch handelt es sich um eine lediglich vorübergehende akute Mangellage, auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten, dass infolge der Baumaßnahmen in der JVA Bruchsal von dort zusätzlich Untersuchungsgefangene aufgenommen werden mussten. Denn die hierdurch besonders angespannte Situation dauerte nach den Angeben des Zeugen Regierungsdirektor X während der gesamten Dauer der Haftunterbringung des Klägers an. In Baden-Württemberg standen im Jahre 2003 für 8604 Gefangene (im Jahresdurchschnitt) zum Jahresanfang 8188, zum Jahresende 8368 Haftplätze zur Verfügung (Pressemitteilung des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 19. März 2004: "Um den jüngsten Anforderungen des BVerfG an eine rechtmäßige Unterbringung im Vollzug gerecht werden zu können, sind deshalb mindestens 1200 zusätzliche Haftplätze im Land notwendig").
57 
Der Umstand, dass der Kläger sich - abgesehen von dem durch seinen Verteidiger gestellten Antrag vom 14.02.2003 - nach den glaubhaften Angaben des Zeugen X nicht über die Umstände seiner Unterbringung beschwert und unauffällig geführt hat, spricht zwar dafür, dass er diese nicht als unerträglich empfunden hat. Andererseits lässt sich nicht ausschließen, dass die Ursache für seine Zurückhaltung darin zu suchen ist, dass er die Erfolgsaussichten von Beschwerden im Vergleich zu den Vorteilen eines unauffälligen Verhaltens als gering eingeschätzt und sich nur deshalb gefügt hat. Da es um ein zentrales Recht des Klägers und die wesentliche Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zu Achtung und Schutz der Menschenwürde geht, lässt sich nach Auffassung der Kammer ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nicht verneinen (vgl. Lesting StV 2003, 571).
58 
6. Ausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB:
59 
Der Anspruch des Klägers ist jedoch teilweise nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, da der Kläger es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
60 
a. Als Rechtsmittel i.S. dieser Bestimmung sind alle Rechtsbehelfe im weitesten Sinne anzusehen, die sich gegen die pflichtwidrige Amtshandlung richten und die Beseitigung oder Berichtigung der Anordnung und zugleich die Abwendung des Schadens bezwecken und ermöglichen. Selbst Einwendungen gegen eine fehlerhafte Auskunft, Hinweise, Dienstaufsichtsbeschwerden und Gegenvorstellung fallen hierunter, allerdings nicht selbstständige Verfahren, die nicht der Überprüfung der beanstandeten Amtshandlung oder dem Tätigwerden der Behörden dienen, wie etwa der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 839 Rdnr. 73). Bedient sich der Geschädigte der Tätigkeit von Hilfspersonen, etwa eines Anwalts, so muss er sich deren Verschulden entsprechend §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB zurechnen lassen (RGZ 138, 114, 117; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1245; MK/Papier, BGB, 4. Aufl., § 839 Rdn. 335).
61 
b. Als zulässige Rechtsbehelfe kamen vorliegend ein bei der Anstaltsleitung zu stellender Antrag auf Einzelunterbringung und/oder vor allem die Anrufung des nach § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO hierfür zuständigen Haftrichters (vgl. OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 191) in Frage.
62 
c. Der Kläger hat derartige Rechtsbehelfe (zunächst) bis zum 14.02.2003 nicht ergriffen. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen Regierungsdirektor X enthält die Gefangenenpersonalakte des Klägers (außer dem Anwaltsschreiben vom 14.02.2003) keinen auf eine Einzelunterbringung abzielenden Antrag. Der Kläger hat auch - bis auf seine damit als widerlegt anzusehende in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Behauptung, im Januar 2003 einen schriftlichen Antrag eingereicht zu haben - Anträge auf Einzelunterbringung nicht konkret dargelegt.
63 
d. Diese Untätigkeit ist als schuldhaft im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB anzusehen. Das OLG Celle (StV 2004,84) sah zwar ein derartiges Unterlassen als nicht schuldhaft an mit der Begründung, angesichts der unstreitigen chronischen Überbelegung der JVA habe ein Antrag auf Einzelunterbringung von vornherein als aussichtslos angesehen werden müssen. Hier kann aber nicht von vornherein von Aussichtslosigkeit ausgegangen werden, da unstreitig der gleichzeitig mit dem Kläger in die JVA K. zugeführte Mitbeschuldigte auf seinen entsprechenden Antrag bereits nach fünf Tagen in eine Einzelzelle verlegt wurde. Auch dem Kläger kann nicht verborgen geblieben sein, dass ein Teil der anderen Gefangenen in der JVA nicht gemeinschaftlich untergebracht waren, diese Möglichkeit also nicht ausgeschlossen war.
64 
e. Hätte der Kläger bei seiner Zuführung in die JVA K. eine Einzelunterbringung beantragt oder sich sogleich gegen die gemeinschaftliche Unterbringung - etwa beim zuständigen Haftrichter - beschwert, hätte dies nach spätestens einer Woche zum Erfolg geführt. Hiervon ist die Kammer aufgrund der Zeugenaussage des Anstaltsleiters überzeugt. Dieser hat angegeben, derartigen Anträgen, die nur in geringer Zahl gestellt worden seien, habe trotz der im fraglichen Zeitraum schwierigen Belegungssituation (im Februar 2003 180 Gefangene bei einer Belegungsfähigkeit von 111) unter Ausnutzung der hohen Fluktuation in kurzer Zeit entsprochen werden können; eine entsprechende Anordnung des Haftrichters wäre innerhalb weniger Tage, notfalls durch eine Verlegung in die Außenstelle der JVA in Rastatt oder in eine andere JVA, befolgt worden. Die Kammer hält dies für glaubhaft, zumal der Mitbeschuldigte des Klägers, der gleichzeitig mit dem Kläger in die JVA K. zugeführt wurde und seine Einzelunterbringung verlangte, nach fünf Tagen einzeln untergebracht wurde. Dass dem Antrag des Klägers vom 14.02.2003, obwohl er von einem Rechtsanwalt gestellt wurde, keine Folge gegeben wurde, ist demgegenüber nach den Angaben des Zeugen damit zu erklären, dass die Zielrichtung dieses Antrags - zumal sich der Kläger bis dahin und auch weiterhin völlig unauffällig verhalten hatte - so eingeschätzt wurde, dass er in erster Linie mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt werden wollte, und der Antrag auf Einzelunterbringung deshalb nicht ernst genommen wurde. Auch wenn die Kammer diese Einschätzung des Antrags vom 14.02.2003 nach dessen eindeutigem Wortlaut nicht teilen kann, erscheint die Erläuterung des Zeugen nachvollziehbar.
65 
f. Erst mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 14.02.2003 hat der Kläger eine Einzelunterbringung beantragt. Auch wenn entgegen der Ansicht des beklagten Landes dieser Antrag nicht als unbeachtlich angesehen werden kann (und zwar auch dann nicht, wenn er als "anwaltlicher Routineantrag" anzusehen wäre), ist es dem Kläger bzw. seinem Anwalt, dessen Verschulden er nach § 278 BGB zu vertreten hat, als Versäumnis anzulasten, nachdem dem Antrag vom 14.2.2003 keine Folge gegeben wurde, ebenfalls weiter nichts unternommen zu haben. Bereits bei Lektüre des Gesetzestextes (§ 119 Abs. 1, 2, 6 StPO) hätte auffallen müssen, dass - da die einzige gesetzliche Ausnahme nach § 119 Abs. 2 S. 3 StPO) nicht vorlag und die Belegungssituation unerheblich ist - eine gemeinschaftliche Unterbringung unzulässig war und die JVA selbst im Übrigen nach § 119 Abs. 6 StPO jedenfalls für eine abschlägige Verbescheidung eines Antrags auf Einzelunterbringung gar nicht zuständig war. Naheliegenderweise hätte daher wenige Tage nach Zugang des Antwortschreibens der JVA vom 17.02.2003 der Haftrichter angerufen werden müssen.
66 
g. An dieser Einschätzung vermag der Umstand nichts zu ändern, dass die JVA den Antrag vom 14.02.2003 wohl von sich aus an den nach § 119 Abs. 6 StPO zuständigen Haftrichter hätte weiterleiten müssen. Denn aus der vertröstenden Mitteilung, bei Änderung der Belegungssituation werde der Kläger unverzüglich einzeln untergebracht werden, war zu entnehmen, dass eine Vorlage an den Haftrichter nicht beabsichtigt war. Auch die Vertröstung auf eine Änderung der Belegungssituation selbst lässt die Untätigkeit des Rechtsanwalts nicht als unverschuldet erscheinen. Denn weder war klar zu erkennen, was konkret mit einer „Änderung der Belegungssituation“ gemeint war, noch ob mit einer solchen in absehbarer Zeit zu rechnen war.
67 
h. Eine Anrufung des Haftrichters hätte spätestens bis zum 28.02.2003 die Einzelunterbringung des Klägers bewirkt. Bei der klaren Gesetzeslage hätte der Haftrichter zweifellos unverzüglich die Einzelunterbringung angeordnet. Eine solche richterliche Anordnung hätte die JVA nach der Zeugenaussage des Anstaltsleiters auch so schnell wie irgend möglich befolgt, sodass auch bei schwieriger Belegungssituation innerhalb weniger Tage eine Einzelunterbringung erfolgt wäre.
68 
i. Es verbleibt daher lediglich eine Haftung des beklagten Landes für die erste Woche der Haft des Klägers in der JVA K. und zwei weitere Wochen ab 14.02.2003.
69 
7. Höhe des Anspruchs:
70 
Die Kammer hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 650,00 EUR für angemessen.
71 
Die Höhe des Schmerzensgeldes soll zwar dem hohen Stellenwert der Menschenwürde und dem verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht gerecht werden. Andererseits erscheint es angezeigt, durch eine zurückhaltende Bemessung des Schmerzensgeldes deutlich zu machen, dass der Kläger nicht für die Unbill des Gefängnisaufenthaltes insgesamt zu entschädigen ist, sondern lediglich für die Umstände, die den Unterschied zwischen einer menschenunwürdigen und einer (gerade noch) menschenwürdigen Haftunterbringung ausmachen.
72 
Unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichsfunktion kann auch die weitgehende Passivität des Klägers nicht unberücksichtigt bleiben, da sie Zweifel daran erweckt, dass er seine Unterbringung als völlig unerträglich empfunden hat.
73 
Unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion kann berücksichtigt werden, dass bereits das Schmerzensgeldbegehren des Klägers als erstes einer Reihe von zahlreichen gleichartigen oder ähnlichen Begehren mit Zutun des Klägers in den Medien ein erstaunliches Echo gefunden und mit dazu beigetragen hat, die politische Diskussion über die Herstellung menschenwürdiger Haftbedingungen zu beleben.
74 
Unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion mag es auch genügen, wenn die Rechtswidrigkeit der Unterbringung durch eine eher symbolische Entschädigung deutlich gemacht wird. So hat das OLG Celle (StV 2004, 84), das einen Schmerzensgeldanspruch wegen der kurzen Dauer und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der dortige Kläger "hafterfahren" war, bereits mehrfach gemeinsam mit anderen Gefangenen in vergleichbaren Hafträumen untergebracht war und im Hinblick auf die prekäre Haushaltslage in Niedersachsen abgewiesen hat, in einer Hilfserwägung ausgeführt, dass allenfalls eine Entschädigung in Höhe von 50 EUR " - quasi als symbolische Wiedergutmachung -" in Betracht komme. Allerdings können sich auch Tagessätze von 50 EUR nach Auffassung der Kammer zu mehr als symbolischen Beträgen summieren.
75 
Unter dem Gesichtspunkt der Präventivfunktion ist zu berücksichtigen, dass die zuständigen Behörden einschließlich der politischen Entscheidungsträger in jüngster Zeit - wenn auch offenbar erst unter dem Eindruck der Entscheidungen des BVerfG und der nachfolgend ergangenen gerichtlichen Entscheidungen und mit erheblicher Verzögerung - für die Problematik der menschenwürdigen Haftunterbringung sensibel geworden sind und nun mit Nachdruck eine deutliche Steigerung der Haftplätze durch Neubauten vorantreiben (vgl. Justiz-intern 1/04; Pressemitteilung des Justizministeriums Baden-Württemberg v. 19.03.2004).
76 
Es erscheint im Hinblick darauf, dass die vorliegende Klage die erste einer Reihe von zahlreichen gleichartigen oder ähnlichen Begehren darstellt, auch nicht fern liegend, insoweit den Gedanken zu berücksichtigen, dass durch zahlreiche Schmerzensgeldansprüche in erheblicher Höhe dem Land die notwendigen Mittel zur Schaffung zusätzlicher Haftplätze entzogen werden könnten.
77 
An vergleichbaren Fällen aus der Rechtsprechung sind lediglich die des LG Hannover (StV 2003, 569: 200 EUR für zwei Tage) und die abändernde Berufungsentscheidung des OLG Celle (a.a.O.) ersichtlich. Nicht vergleichbar erscheinen dagegen Entscheidungen, bei denen der Ausgleich für rechtswidrige Freiheitsentziehung im Vordergrund stand (LG Bonn NJW-RR 1995, 1492: 15.000 DM für viereinhalb Monate unrechtmäßiger Untersuchungshaft infolge einer leichtfertigen Strafanzeige; OLG München zitiert nach Juris KORE570279200 : 2000 DM für vier Tage unrechtmäßige Beugehaft; Court of Appeal London zitiert nach Juris KORE541489500 : 350 Pfund für eine 15-jährigen Jugendlichen wegen acht Stunden unrechtmäßigen Polizeigewahrsams mit der Folge andauernder psychischer Beeinträchtigungen; LG München NJW-RR 1997, 279: 50 DM für rechtlich nicht notwendigen Polizeigewahrsam - "Münchner Kessel"-). Nicht zum Vergleich herangezogen werden kann ferner der nach § 5 des allgemeinen Kriegsfolgengesetzes von der Bundesrepublik zu erfüllende Schmerzensgeldanspruch für KZ-Haft bis zu 150 DM monatlich und das nach § 7 Abs. 3 StrEG zu leistende Schmerzensgeld für Freiheitsentziehungen von 11 EUR je Tag. Es ist anerkannt, dass diese Beträge für Ansprüche aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen, insbesondere aufgrund § 839 BGB, nicht maßgebend ist (vgl. BGH NJW 1963, 1549).
78 
Der Kammer erscheint eine Bemessung des Schmerzensgeldes nach vollen Wochen vorzugswürdig gegenüber einer tageweisen Bemessung. Denn so kann eher dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nur kurzfristige, vorübergehende Beeinträchtigungen nicht schmerzensgeldwürdig erscheinen (vgl. OLG Celle a.a.O.). Auch erscheint es angemessen, durch eine leichte Staffelung einem bei längerer Dauer eintretenden Gewöhnungs- und Abstumpfungseffekt Rechnung zu tragen.
79 
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände erscheint es angemessen, für die erste Woche 250,00 EUR und für die späteren Zeiten 200,00 EUR je Woche, insgesamt also 650,00 EUR zuzusprechen.
80 
8. Art. 5 Abs. 5 MRK i.V.m. § 253 Abs. 1 BGB
81 
Der Kläger hat keinen weiter gehenden Anspruch aufgrund Art. 5 Abs. 5 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK).
82 
a. Art. 5 der MRK lautet:
83 
(1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
84 
a) rechtmäßige Freiheitsentziehung nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
85 
c) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
86 
(2) Jeder festgenommenen Person muss unverzüglich in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind, und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden.
87 
(3) Jede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c) von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, muss unverzüglich einem Richter... vorgeführt werden; sie hat Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung während des Verfahrens...
88 
(4) Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet...
89 
(5) Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, hat Anspruch auf Schadensersatz.
90 
b. Die Vorschrift ist innerstaatlich geltendes Recht im Range eines einfachen Gesetzes. Art. 5 Abs. 5 MRK gewährt dem Betroffenen einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch, wenn seine Freiheit entgegen Art. 1 Abs. 1 MRK beschränkt wurde (BGHZ 45, 46; 122, 268). Dieser Anspruch umfasst auch den Ersatz immateriellen Schadens, da es sich bei Art. 5 MRK um ein Gesetz im Sinne von § 253 Abs. 1 BGB handelt (BGHZ 122, 268). Der Anspruch ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 839 BGB, insbesondere verschuldensunabhängig (BGH a. a. O.).
91 
c. Die Garantien des Art. 5 MRK beziehen sich allerdings nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten des Vollzuges der Untersuchungs- oder Strafhaft (BGHZ 122, 268). Daher ergeben sich aus ihr keine Rechte von verhafteten Personen in Bezug auf ihre Behandlung in der Haft. Die Umstände des Vollzuges können aber die Rechtmäßigkeit der Haft in Frage stellen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH (a. a. O.) jedenfalls in Fällen, in denen die im Vollzug zur Verfügung stehenden Fürsorgemittel nicht ausreichen, um von der Haft ausgehende Gesundheitsbeeinträchtigungen abzuwenden; da damit die Vollzugstauglichkeit zur Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Haft wird, hat der BGH (a. a. O.) bei Mangel der Vollzugstauglichkeit den Vollzug insgesamt als rechtswidrig angesehen und einen Anspruch nach Art. 5 Abs. 5 MRK bejaht.
92 
Im vorliegenden Fall erscheinen jedoch lediglich die Modalitäten der Haftunterbringung rechtswidrig, nicht die Haft als solche. Denn der Kläger stellt nicht in Frage, dass er auf Grund eines in rechtmäßigem Verfahren ergangenen Haftbefehls inhaftiert wurde. Die Umstände seiner Haftunterbringung, die diese als rechtswidrig und menschenunwürdig erscheinen lassen, waren durch einfache Maßnahmen behebbar: durch die Verlegung des Klägers in eine Einzelzelle oder die seines Mitgefangenen in einen anderen Haftraum wäre die Rechtswidrigkeit, durch die Verlegung beider in einen geräumigeren Haftraum mit abgetrennter Toilette wohl zumindest die Verletzung der Menschenwürde entfallen. Die zu beanstandenden Umstände können daher - anders als bei Missachtung einer Vollzugsuntauglichkeit - nicht dazu führen, die Haft als von vornherein rechtswidrig anzusehen.
93 
Ob § 839 Abs. 3 BGB oder § 254 BGB - der ebenfalls gebieten kann, einen belastenden hoheitlichen Akt durch geeignete Rechtsbehelfe abzuwehren (BGHZ 90, 17,31) - auf einen Anspruch aus Art. 5 Abs. 5 MRK anwendbar sind (offen gelassen in BGHZ 122, 268), muss daher nicht entschieden werden.
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9. Art. 3 MRK
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Auch auf Art. 3 MRK kann ein weiter gehender Anspruch nicht gestützt werden.
96 
a. Art. 3 MRK lautet:
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Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
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b. Über die in dieser Vorschrift enthaltene Unterlassungspflicht hinaus erwachsen dem Staat aus ihr auch Gewährleistungspflichten: er muss innerstaatlich sicherstellen, dass alle seine Organe das Verbot der Folter und der unmenschlichen Behandlung beachten. Dies erfordert vor allem einen ausreichenden Strafrechtsschutz, laufende Kontrollen der staatlichen Organe und tatkräftiges Einschreiten gegen bekannt gewordene Verstöße sowie effektive Rechtsbehelfe für Betroffene; dazu wird auch die Verpflichtung gezählt, im innerstaatlichen Recht einen Anspruch auf Entschädigung vorzusehen (Gollwitzer in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., MRK Art. 3 Rdnr. 11).
99 
c. Im Gegensatz zu Art. 5 MRK, der in seinem Abs. 5 selbst einen Entschädigungsanspruch gewährt, ergibt sich ein solcher demnach nicht unmittelbar aus Art. 3 MRK. Die Vorschrift enthält daher selbst keine Anspruchsgrundlage.
100 
d. Mit dem Anspruch aus §§ 839, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG enthält das deutsche Recht jedoch eine Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch. Dass eine Einschränkung des Entschädigungsanspruchs bei schuldhafter Versäumung eines Rechtsmittels (§ 839 Abs.3 BGB) bei einem Verstoß gegen Art. 3 MRK unzulässig wäre, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Gründe

 
25 
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
26 
Der Kläger hat nach § 839 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 34 GG Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 650,00 EUR.
27 
1. Rechts- und Amtspflichtwidrigkeit
28 
Der Kläger war unstreitig vom 18.12.2002 bis 23.05.2003 gemeinschaftlich mit jeweils einem weiteren Gefangenen untergebracht. Seine weiter gehende Behauptung, diese Art der Haftunterbringung habe bis zu seiner Entlassung am 06.06.2003 angedauert, hat er dagegen nicht unter Beweis gestellt. Nach der Aussage des als Zeugen vernommenen Anstaltsleiters Regierungsdirektor X war er in diesem restlichen Zeitraum vielmehr einzeln untergebracht.
29 
Die Rechts- und Amtspflichtwidrigkeit der Haftunterbringung des Klägers bis zum 23.05.2003 ergibt sich bereits aus § 119 Abs. 2 StPO. Danach darf ein Untersuchungsgefangener mit anderen Untersuchungsgefangenen in demselben Raum nur untergebracht werden, wenn er es ausdrücklich schriftlich beantragt. Ein solcher ausdrücklicher schriftlicher Antrag lag nicht vor. Auch die in § 119 Abs. 2 Satz 3 StPO vorgesehene Ausnahme einer Unterbringung mit anderen Gefangenen in demselben Raum, wenn der körperliche geistige Zustand des Gefangenen es erfordert, lag im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.
30 
2. Verletztes Rechtsgut
31 
a. Die Haftunterbringung des Klägers im Zeitraum vom 18.12.2002 bis 23.05.2003 erfolgte unter Bedingungen, die die durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Menschenwürde und damit auch das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht verletzten, dessen Verletzung Voraussetzung für die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes ist.
32 
Dieses verfassungsmäßig geschützte Recht garantiert dem Einzelnen einen Kernbereich privater Lebensgestaltung („Intimsphäre“), in den er sich ohne Zutrittsmöglichkeit der Umwelt zurückziehen kann. Der Schutz dieser Privatsphäre umfasst auch einen räumlichen Rückzugsbereich, in dem der Betroffene er selbst sein kann und eine vom Öffentlichkeitsdruck verursachte Selbstkontrolle ablegen kann, weil er nicht damit rechnen muss, dass andere ihn beobachten (BVerfGE 101, 361, 382 ff.; NJW 2000, 2189; Di Fabio in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 149, 158 m.w.N.).
33 
b. Die Unterbringung des Antragstellers zusammen mit einem weiteren Strafgefangenen in einem Haftraum mit einer Grundfläche von 8,89 qm muss demnach als rechtswidrige Verletzung seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) angesehen werden.
34 
Das Bundesverfassungsgericht (3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2002, 2700) hat ausgeführt:
35 
"In der gerichtlichen Rechtsprechung ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Unterbringung in kleinen Hafträumen durch die Menschenwürde der betroffenen Strafgefangenen Grenzen gesetzt sind (vgl. OLG Frankfurt a.M., StV 1986, 27 m. Anm. Lesting). Das Recht auf Achtung seiner Würde kann auch dem Straftäter nicht abgesprochen werden, mag er sich in noch so schwerer und unerträglicher Weise gegen die Werteordnung der Verfassung vergangen haben (vgl. BVerfGE 72, 105, 115)."
36 
Mit Blick hierauf hielt es die Annahme, die gemeinsame Unterbringung von zwei Strafgefangenen in einem Einzelhaftraum von rund 8 qm Fläche, ausgestattet mit einem Etagenbett, zwei Stühlen, einem Tisch und einem Schrank und - ohne räumliche Abtrennung - einem Waschbecken und einem Klosett, wirke nicht diskriminierend, für jedenfalls erläuterungsbedürftig.
37 
Zur Feststellung einer Verletzung der Menschenwürde erscheint es nicht erforderlich, das Problem zu entscheiden, ob bereits ein Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelunterbringung für sich allein eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt. Ob die Missachtung des Grundsatzes der Einzelunterbringung für sich allein wegen Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG schlechthin verfassungswidrig ist, ist streitig. Während Ullenbruch (NStZ 1999, 430) dies unter Hinweis darauf bejaht, dass sie dem Gefangenen die einzige Nutzungsmöglichkeit nimmt, die es ihm erlaubt, als Individuum ungestört zu sein, hält das OLG Frankfurt/M. (NStZ-RR 2001, 28, 29) die Gemeinschaftsunterbringung in einer ausreichend großen Zelle mit abgetrennter Toilette zwar für untunlich und rechtspolitisch kritikwürdig, aber jedenfalls für Sicherungsverwahrte auch gegen deren Willen nicht für verfassungsrechtlich schlechthin verboten, da sich dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Menschenwürde nur Auslegungskriterien und Mindestgrundsätze entnehmen lassen.
38 
Auch ist es für die Entscheidung des Falles nicht erforderlich, Grenzwerte für die einem Gefangenen zur Wahrung der Menschenwürde zur Verfügung zu stellende Mindestraumgröße festzulegen. Immerhin ist festzuhalten, dass nach den von der Rechtsprechung hierfür angelegten Maßstäben durchaus Bedenken angezeigt sind, ob die Mindestraumgröße nicht unterschritten wurde. So wurde bei einer Raumgröße von 7,6 qm (über die Ausstattung ist Weiteres nicht bekannt) eine Verletzung der Menschenwürde bejaht vom OLG Celle (NJW 2003, 2463); das OLG Frankfurt/M. (NJW 2003, 2844) sieht die gemeinsame Unterbringung zweier Strafgefangener in einem Haftraum von ca. 7,5 qm mit nicht abgetrennter und nicht gesondert entlüfteter Toilette als geeignet zur Verletzung der Menschenwürde an; eine Verletzung der Menschenwürde wurde auch vom OLG Celle (StV 2004, 84) bei einer Gemeinschaftsunterbringung von fünf Strafgefangenen auf 16 qm mit einer nur durch eine Stellwand abgetrennten Toilette bejaht.
39 
Insoweit genügt jedoch die Feststellung, dass eine Unterbringung von zwei Personen auf 8,89 qm - wovon nach Abzug der Grundfläche des Mobiliars und der Toilette wenig mehr als die Hälfte als Lebensraum verbleibt - jedenfalls als äußerst beengt angesehen werden muss. Das unfreiwillige nahezu ganztägige Zusammenleben mit einer weiteren Person unter diesen beengten räumlichen Verhältnissen lässt dem Gefangenen bereits praktisch keine Intimsphäre, keinen räumlichen Rückzugsbereich, in den er sich zurückziehen und in dem er - wenigstens zeitweise - sich unbeobachtet fühlen kann.
40 
Die weitere Beengung durch die Arbeitsmaterialien kommt erschwerend hinzu. Auch wenn für den Kläger keine Arbeitspflicht bestand, wurde ihm dadurch, dass ihm lediglich Zellenarbeit ermöglicht wurde, lediglich die Wahl zwischen zwei Übeln gelassen, nämlich entweder die damit verbundene zusätzliche räumliche Behinderung in Kauf zunehmen oder auf Arbeit - und damit auf die einzige Möglichkeit, die Haftzeit halbwegs sinnvoll zu verbringen und sich ein Taschengeld zu verdienen - zu verzichten. Auf das genaue Ausmaß der zur Arbeit erforderlichen Materialien kommt es hierbei nicht an.
41 
Denn entscheidend geprägt wird die Unterbringung dadurch, dass zu der räumlichen Enge der Umstand hinzukommt, dass die Toilette nur durch einen Vorhang abgetrennt ist, der lediglich einen Sichtschutz, jedoch keine Geruchssperre und keine akustische Sperre bildet und daher auch zu den intimsten Verrichtungen keinen Rückzugsbereich schafft.
42 
An dem Fehlen eines räumlichen Rückzugsbereichs vermögen auch Freizeitmöglichkeiten wie die in Anl. B 1 aufgeführten nichts zu ändern; denn diese sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie in Gemeinschaft wahrgenommen werden können.
43 
c. Ein Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird von der Rechtsprechung (BGHZ 143, 214, 218; 128, 1, 15) unmittelbar aus § 823 BGB i. V. m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG abgeleitet. Eine amtspflichtwidrige rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann daher einen Schmerzensgeldanspruch begründen.
44 
d. Auf eine rechtswidrige Verletzung der Freiheit, die einen Schmerzensgeldanspruch nach §§ 839 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB begründen könnte, kann der Anspruch nicht gestützt werden, da die Freiheitsentziehung an sich durch den gerichtlichen Haftbefehl gerechtfertigt war. Die Haftbedingungen machen die Freiheitsentziehung nicht insgesamt rechtswidrig.
45 
e. Eine Gesundheitsverletzung hat der Kläger jedenfalls nicht nachgewiesen. Den angekündigten Beweis durch Vorlage ärztlicher Atteste hat er nicht angetreten.
46 
3. Verschulden
47 
Ein Verschulden der Bediensteten des beklagten Landes ist zu bejahen. Spätestens seit dem Beschluss des BVerfG vom 27.02.2002 musste ihnen bekannt sein, dass das Ermessen hinsichtlich der Ausgestaltung und Belegung von Hafträumen durch die Achtung der Menschenwürde der Gefangenen begrenzt ist (vgl. LG Hannover StV 2003, 569). Das beklagte Land kann sich auch nicht darauf berufen, seit Bekanntwerden dieser Entscheidung sei zu deren Umsetzung und zur Schaffung geeigneter Haftplätze nicht ausreichend Zeit gewesen. Denn bereits der Beschluss des OLG Celle vom 05.11.1998 hatte in der Fachöffentlichkeit Aufsehen erregt (vgl. Ullenbruch NStZ 1999, 429 m.w.N.; ferner Lesting, StV 2003, 570). Wenn im Hinblick auf das hierdurch geweckte Problembewusstsein der zuständigen Stellen bereits eine entsprechende Unterbringung von Strafgefangenen als unvertretbar anzusehen war (Lesting a.a.O.), so galt dies angesichts der im Vergleich zu § 18 StVollzG viel klareren und eindeutigeren Regelung in § 119 StPO erst recht für den Vollzug der Untersuchungshaft.
48 
4. Einwilligung des Klägers
49 
a. Eine die Rechtswidrigkeit ausschließende Einwilligung des Klägers liegt nicht vor. Nach der klaren Regelung des § 119 Abs. 2 StPO hätte sie ausdrücklich und schriftlich erfolgen müssen.
50 
b. Allerdings könnte auch eine konkludente Zustimmung des Klägers jedenfalls die Verletzung der Menschenwürde und damit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausschließen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
51 
Die Voraussetzung der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung in § 119 Abs. 2 StPO stellt lediglich eine Formvorschrift dar. Materiell kann die Wahrung der Menschenwürde und des Persönlichkeitsrechts nicht von der Einhaltung dieser Form abhängen.
52 
Das subjektive Empfinden der Beeinträchtigungen durch die Freiheitsentziehung sowie die in Frage stehenden Umstände der Unterbringung kann individuell sehr unterschiedlich ausfallen: Mag es der Eine als unerträglich empfinden, mit einer anderen Person auf engem Raum "zusammengeschlossen" zu sein, so wird es der Andere als noch schlimmer empfinden, von anderen "weggesperrt" sein. Die Freiheitsentziehung als solche schneidet einen Gefangenen bereits weitgehend von Kontakten zur Außenwelt ab und beschränkt stark seine Kommunikationsmöglichkeiten. Dies wird durch eine Einzelunterbringung noch erheblich gesteigert, denn diese nimmt während des Aufenthalts im Haftraum (abgesehen von einer bekanntlich nicht unüblichen, aber schwierigen Verständigung durch Klopfzeichen und Rufe durch das Zellenfenster) praktisch fast jede Möglichkeit zwischenmenschlicher Kommunikation. Diese - unter den Bedingungen der Einzelunterbringung nicht vermeidbare - Vereinsamung kann je nach individueller Veranlagung als so beeinträchtigend empfunden werden, dass der Betroffene eher bereit ist, stattdessen die Unzuträglichkeiten einer Gemeinschaftszelle in Kauf zu nehmen. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass - und zwar sowohl für die Untersuchungshaft in § 119 Abs. 2 StPO als auch für den Strafvollzug in § 18 StVollzG - die Möglichkeit der Gemeinschaftsunterbringung gesetzlich bei Zustimmung eröffnet ist.
53 
c. Für die Annahme einer konkludenten Zustimmung des Klägers fehlt es jedoch an hinreichenden Anhaltspunkten. Soweit das beklagte Land darauf verweist, der Kläger habe sich zu keiner Zeit über die Unterbringung beschwert, so steht dem das Anwaltsschreiben vom 14.02.2003 entgegen, mit dem die Unterbringung in einer Einzelzelle, hilfsweise die Unterbringung mit seinem Mitbeschuldigten beantragt wurde. Auch darin, dass der Kläger Zellenarbeit akzeptiert hat, ergibt sich keine Zustimmung zur Art seiner Unterbringung. Unstreitig war die Arbeitswilligkeit Voraussetzung für die Gewährung von Taschengeld. Unstreitig hat sich der Kläger auch erst dann mit der Zellenarbeit einverstanden erklärt, nachdem ihm die in erster Linie angestrebte Zuweisung von Hausarbeit nicht ermöglicht wurde.
54 
5. Billigkeit
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Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handeln und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Das OLG Celle (StV 2004, 84) hat unter diesem Gesichtspunkt wegen der kurzen Dauer von zwei Tagen und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger "hafterfahren" war, und im Hinblick auf die prekäre Haushaltslage in Niedersachsen einen Anspruch abgelehnt. Auch vom Hanseatischen OLG Hamburg (zitiert nach Juris KORE707342002 ) ist ein Schmerzensgeldanspruch unter diesem Gesichtspunkt bei einer vorübergehenden Doppelbelegung eines Einzelhaftraums abgelehnt worden, da diese auf eine akute Mangellage an Hafträumen zurückzuführen sei und der Vollzugsbehörde nicht vorgeworfen werden könne, dass sie eine nachhaltige Beseitigung der Mangellage schuldhaft versäumt habe.
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Im vorliegenden Fall liegt allerdings weder eine vergleichbar kurze Dauer vor, noch handelt es sich um eine lediglich vorübergehende akute Mangellage, auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten, dass infolge der Baumaßnahmen in der JVA Bruchsal von dort zusätzlich Untersuchungsgefangene aufgenommen werden mussten. Denn die hierdurch besonders angespannte Situation dauerte nach den Angeben des Zeugen Regierungsdirektor X während der gesamten Dauer der Haftunterbringung des Klägers an. In Baden-Württemberg standen im Jahre 2003 für 8604 Gefangene (im Jahresdurchschnitt) zum Jahresanfang 8188, zum Jahresende 8368 Haftplätze zur Verfügung (Pressemitteilung des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 19. März 2004: "Um den jüngsten Anforderungen des BVerfG an eine rechtmäßige Unterbringung im Vollzug gerecht werden zu können, sind deshalb mindestens 1200 zusätzliche Haftplätze im Land notwendig").
57 
Der Umstand, dass der Kläger sich - abgesehen von dem durch seinen Verteidiger gestellten Antrag vom 14.02.2003 - nach den glaubhaften Angaben des Zeugen X nicht über die Umstände seiner Unterbringung beschwert und unauffällig geführt hat, spricht zwar dafür, dass er diese nicht als unerträglich empfunden hat. Andererseits lässt sich nicht ausschließen, dass die Ursache für seine Zurückhaltung darin zu suchen ist, dass er die Erfolgsaussichten von Beschwerden im Vergleich zu den Vorteilen eines unauffälligen Verhaltens als gering eingeschätzt und sich nur deshalb gefügt hat. Da es um ein zentrales Recht des Klägers und die wesentliche Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zu Achtung und Schutz der Menschenwürde geht, lässt sich nach Auffassung der Kammer ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nicht verneinen (vgl. Lesting StV 2003, 571).
58 
6. Ausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB:
59 
Der Anspruch des Klägers ist jedoch teilweise nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, da der Kläger es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
60 
a. Als Rechtsmittel i.S. dieser Bestimmung sind alle Rechtsbehelfe im weitesten Sinne anzusehen, die sich gegen die pflichtwidrige Amtshandlung richten und die Beseitigung oder Berichtigung der Anordnung und zugleich die Abwendung des Schadens bezwecken und ermöglichen. Selbst Einwendungen gegen eine fehlerhafte Auskunft, Hinweise, Dienstaufsichtsbeschwerden und Gegenvorstellung fallen hierunter, allerdings nicht selbstständige Verfahren, die nicht der Überprüfung der beanstandeten Amtshandlung oder dem Tätigwerden der Behörden dienen, wie etwa der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 839 Rdnr. 73). Bedient sich der Geschädigte der Tätigkeit von Hilfspersonen, etwa eines Anwalts, so muss er sich deren Verschulden entsprechend §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB zurechnen lassen (RGZ 138, 114, 117; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1245; MK/Papier, BGB, 4. Aufl., § 839 Rdn. 335).
61 
b. Als zulässige Rechtsbehelfe kamen vorliegend ein bei der Anstaltsleitung zu stellender Antrag auf Einzelunterbringung und/oder vor allem die Anrufung des nach § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO hierfür zuständigen Haftrichters (vgl. OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 191) in Frage.
62 
c. Der Kläger hat derartige Rechtsbehelfe (zunächst) bis zum 14.02.2003 nicht ergriffen. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen Regierungsdirektor X enthält die Gefangenenpersonalakte des Klägers (außer dem Anwaltsschreiben vom 14.02.2003) keinen auf eine Einzelunterbringung abzielenden Antrag. Der Kläger hat auch - bis auf seine damit als widerlegt anzusehende in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Behauptung, im Januar 2003 einen schriftlichen Antrag eingereicht zu haben - Anträge auf Einzelunterbringung nicht konkret dargelegt.
63 
d. Diese Untätigkeit ist als schuldhaft im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB anzusehen. Das OLG Celle (StV 2004,84) sah zwar ein derartiges Unterlassen als nicht schuldhaft an mit der Begründung, angesichts der unstreitigen chronischen Überbelegung der JVA habe ein Antrag auf Einzelunterbringung von vornherein als aussichtslos angesehen werden müssen. Hier kann aber nicht von vornherein von Aussichtslosigkeit ausgegangen werden, da unstreitig der gleichzeitig mit dem Kläger in die JVA K. zugeführte Mitbeschuldigte auf seinen entsprechenden Antrag bereits nach fünf Tagen in eine Einzelzelle verlegt wurde. Auch dem Kläger kann nicht verborgen geblieben sein, dass ein Teil der anderen Gefangenen in der JVA nicht gemeinschaftlich untergebracht waren, diese Möglichkeit also nicht ausgeschlossen war.
64 
e. Hätte der Kläger bei seiner Zuführung in die JVA K. eine Einzelunterbringung beantragt oder sich sogleich gegen die gemeinschaftliche Unterbringung - etwa beim zuständigen Haftrichter - beschwert, hätte dies nach spätestens einer Woche zum Erfolg geführt. Hiervon ist die Kammer aufgrund der Zeugenaussage des Anstaltsleiters überzeugt. Dieser hat angegeben, derartigen Anträgen, die nur in geringer Zahl gestellt worden seien, habe trotz der im fraglichen Zeitraum schwierigen Belegungssituation (im Februar 2003 180 Gefangene bei einer Belegungsfähigkeit von 111) unter Ausnutzung der hohen Fluktuation in kurzer Zeit entsprochen werden können; eine entsprechende Anordnung des Haftrichters wäre innerhalb weniger Tage, notfalls durch eine Verlegung in die Außenstelle der JVA in Rastatt oder in eine andere JVA, befolgt worden. Die Kammer hält dies für glaubhaft, zumal der Mitbeschuldigte des Klägers, der gleichzeitig mit dem Kläger in die JVA K. zugeführt wurde und seine Einzelunterbringung verlangte, nach fünf Tagen einzeln untergebracht wurde. Dass dem Antrag des Klägers vom 14.02.2003, obwohl er von einem Rechtsanwalt gestellt wurde, keine Folge gegeben wurde, ist demgegenüber nach den Angaben des Zeugen damit zu erklären, dass die Zielrichtung dieses Antrags - zumal sich der Kläger bis dahin und auch weiterhin völlig unauffällig verhalten hatte - so eingeschätzt wurde, dass er in erster Linie mit seinem Mitbeschuldigten zusammengelegt werden wollte, und der Antrag auf Einzelunterbringung deshalb nicht ernst genommen wurde. Auch wenn die Kammer diese Einschätzung des Antrags vom 14.02.2003 nach dessen eindeutigem Wortlaut nicht teilen kann, erscheint die Erläuterung des Zeugen nachvollziehbar.
65 
f. Erst mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 14.02.2003 hat der Kläger eine Einzelunterbringung beantragt. Auch wenn entgegen der Ansicht des beklagten Landes dieser Antrag nicht als unbeachtlich angesehen werden kann (und zwar auch dann nicht, wenn er als "anwaltlicher Routineantrag" anzusehen wäre), ist es dem Kläger bzw. seinem Anwalt, dessen Verschulden er nach § 278 BGB zu vertreten hat, als Versäumnis anzulasten, nachdem dem Antrag vom 14.2.2003 keine Folge gegeben wurde, ebenfalls weiter nichts unternommen zu haben. Bereits bei Lektüre des Gesetzestextes (§ 119 Abs. 1, 2, 6 StPO) hätte auffallen müssen, dass - da die einzige gesetzliche Ausnahme nach § 119 Abs. 2 S. 3 StPO) nicht vorlag und die Belegungssituation unerheblich ist - eine gemeinschaftliche Unterbringung unzulässig war und die JVA selbst im Übrigen nach § 119 Abs. 6 StPO jedenfalls für eine abschlägige Verbescheidung eines Antrags auf Einzelunterbringung gar nicht zuständig war. Naheliegenderweise hätte daher wenige Tage nach Zugang des Antwortschreibens der JVA vom 17.02.2003 der Haftrichter angerufen werden müssen.
66 
g. An dieser Einschätzung vermag der Umstand nichts zu ändern, dass die JVA den Antrag vom 14.02.2003 wohl von sich aus an den nach § 119 Abs. 6 StPO zuständigen Haftrichter hätte weiterleiten müssen. Denn aus der vertröstenden Mitteilung, bei Änderung der Belegungssituation werde der Kläger unverzüglich einzeln untergebracht werden, war zu entnehmen, dass eine Vorlage an den Haftrichter nicht beabsichtigt war. Auch die Vertröstung auf eine Änderung der Belegungssituation selbst lässt die Untätigkeit des Rechtsanwalts nicht als unverschuldet erscheinen. Denn weder war klar zu erkennen, was konkret mit einer „Änderung der Belegungssituation“ gemeint war, noch ob mit einer solchen in absehbarer Zeit zu rechnen war.
67 
h. Eine Anrufung des Haftrichters hätte spätestens bis zum 28.02.2003 die Einzelunterbringung des Klägers bewirkt. Bei der klaren Gesetzeslage hätte der Haftrichter zweifellos unverzüglich die Einzelunterbringung angeordnet. Eine solche richterliche Anordnung hätte die JVA nach der Zeugenaussage des Anstaltsleiters auch so schnell wie irgend möglich befolgt, sodass auch bei schwieriger Belegungssituation innerhalb weniger Tage eine Einzelunterbringung erfolgt wäre.
68 
i. Es verbleibt daher lediglich eine Haftung des beklagten Landes für die erste Woche der Haft des Klägers in der JVA K. und zwei weitere Wochen ab 14.02.2003.
69 
7. Höhe des Anspruchs:
70 
Die Kammer hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 650,00 EUR für angemessen.
71 
Die Höhe des Schmerzensgeldes soll zwar dem hohen Stellenwert der Menschenwürde und dem verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht gerecht werden. Andererseits erscheint es angezeigt, durch eine zurückhaltende Bemessung des Schmerzensgeldes deutlich zu machen, dass der Kläger nicht für die Unbill des Gefängnisaufenthaltes insgesamt zu entschädigen ist, sondern lediglich für die Umstände, die den Unterschied zwischen einer menschenunwürdigen und einer (gerade noch) menschenwürdigen Haftunterbringung ausmachen.
72 
Unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichsfunktion kann auch die weitgehende Passivität des Klägers nicht unberücksichtigt bleiben, da sie Zweifel daran erweckt, dass er seine Unterbringung als völlig unerträglich empfunden hat.
73 
Unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion kann berücksichtigt werden, dass bereits das Schmerzensgeldbegehren des Klägers als erstes einer Reihe von zahlreichen gleichartigen oder ähnlichen Begehren mit Zutun des Klägers in den Medien ein erstaunliches Echo gefunden und mit dazu beigetragen hat, die politische Diskussion über die Herstellung menschenwürdiger Haftbedingungen zu beleben.
74 
Unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion mag es auch genügen, wenn die Rechtswidrigkeit der Unterbringung durch eine eher symbolische Entschädigung deutlich gemacht wird. So hat das OLG Celle (StV 2004, 84), das einen Schmerzensgeldanspruch wegen der kurzen Dauer und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der dortige Kläger "hafterfahren" war, bereits mehrfach gemeinsam mit anderen Gefangenen in vergleichbaren Hafträumen untergebracht war und im Hinblick auf die prekäre Haushaltslage in Niedersachsen abgewiesen hat, in einer Hilfserwägung ausgeführt, dass allenfalls eine Entschädigung in Höhe von 50 EUR " - quasi als symbolische Wiedergutmachung -" in Betracht komme. Allerdings können sich auch Tagessätze von 50 EUR nach Auffassung der Kammer zu mehr als symbolischen Beträgen summieren.
75 
Unter dem Gesichtspunkt der Präventivfunktion ist zu berücksichtigen, dass die zuständigen Behörden einschließlich der politischen Entscheidungsträger in jüngster Zeit - wenn auch offenbar erst unter dem Eindruck der Entscheidungen des BVerfG und der nachfolgend ergangenen gerichtlichen Entscheidungen und mit erheblicher Verzögerung - für die Problematik der menschenwürdigen Haftunterbringung sensibel geworden sind und nun mit Nachdruck eine deutliche Steigerung der Haftplätze durch Neubauten vorantreiben (vgl. Justiz-intern 1/04; Pressemitteilung des Justizministeriums Baden-Württemberg v. 19.03.2004).
76 
Es erscheint im Hinblick darauf, dass die vorliegende Klage die erste einer Reihe von zahlreichen gleichartigen oder ähnlichen Begehren darstellt, auch nicht fern liegend, insoweit den Gedanken zu berücksichtigen, dass durch zahlreiche Schmerzensgeldansprüche in erheblicher Höhe dem Land die notwendigen Mittel zur Schaffung zusätzlicher Haftplätze entzogen werden könnten.
77 
An vergleichbaren Fällen aus der Rechtsprechung sind lediglich die des LG Hannover (StV 2003, 569: 200 EUR für zwei Tage) und die abändernde Berufungsentscheidung des OLG Celle (a.a.O.) ersichtlich. Nicht vergleichbar erscheinen dagegen Entscheidungen, bei denen der Ausgleich für rechtswidrige Freiheitsentziehung im Vordergrund stand (LG Bonn NJW-RR 1995, 1492: 15.000 DM für viereinhalb Monate unrechtmäßiger Untersuchungshaft infolge einer leichtfertigen Strafanzeige; OLG München zitiert nach Juris KORE570279200 : 2000 DM für vier Tage unrechtmäßige Beugehaft; Court of Appeal London zitiert nach Juris KORE541489500 : 350 Pfund für eine 15-jährigen Jugendlichen wegen acht Stunden unrechtmäßigen Polizeigewahrsams mit der Folge andauernder psychischer Beeinträchtigungen; LG München NJW-RR 1997, 279: 50 DM für rechtlich nicht notwendigen Polizeigewahrsam - "Münchner Kessel"-). Nicht zum Vergleich herangezogen werden kann ferner der nach § 5 des allgemeinen Kriegsfolgengesetzes von der Bundesrepublik zu erfüllende Schmerzensgeldanspruch für KZ-Haft bis zu 150 DM monatlich und das nach § 7 Abs. 3 StrEG zu leistende Schmerzensgeld für Freiheitsentziehungen von 11 EUR je Tag. Es ist anerkannt, dass diese Beträge für Ansprüche aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen, insbesondere aufgrund § 839 BGB, nicht maßgebend ist (vgl. BGH NJW 1963, 1549).
78 
Der Kammer erscheint eine Bemessung des Schmerzensgeldes nach vollen Wochen vorzugswürdig gegenüber einer tageweisen Bemessung. Denn so kann eher dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nur kurzfristige, vorübergehende Beeinträchtigungen nicht schmerzensgeldwürdig erscheinen (vgl. OLG Celle a.a.O.). Auch erscheint es angemessen, durch eine leichte Staffelung einem bei längerer Dauer eintretenden Gewöhnungs- und Abstumpfungseffekt Rechnung zu tragen.
79 
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände erscheint es angemessen, für die erste Woche 250,00 EUR und für die späteren Zeiten 200,00 EUR je Woche, insgesamt also 650,00 EUR zuzusprechen.
80 
8. Art. 5 Abs. 5 MRK i.V.m. § 253 Abs. 1 BGB
81 
Der Kläger hat keinen weiter gehenden Anspruch aufgrund Art. 5 Abs. 5 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK).
82 
a. Art. 5 der MRK lautet:
83 
(1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
84 
a) rechtmäßige Freiheitsentziehung nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
85 
c) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
86 
(2) Jeder festgenommenen Person muss unverzüglich in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind, und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden.
87 
(3) Jede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c) von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, muss unverzüglich einem Richter... vorgeführt werden; sie hat Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung während des Verfahrens...
88 
(4) Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet...
89 
(5) Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, hat Anspruch auf Schadensersatz.
90 
b. Die Vorschrift ist innerstaatlich geltendes Recht im Range eines einfachen Gesetzes. Art. 5 Abs. 5 MRK gewährt dem Betroffenen einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch, wenn seine Freiheit entgegen Art. 1 Abs. 1 MRK beschränkt wurde (BGHZ 45, 46; 122, 268). Dieser Anspruch umfasst auch den Ersatz immateriellen Schadens, da es sich bei Art. 5 MRK um ein Gesetz im Sinne von § 253 Abs. 1 BGB handelt (BGHZ 122, 268). Der Anspruch ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 839 BGB, insbesondere verschuldensunabhängig (BGH a. a. O.).
91 
c. Die Garantien des Art. 5 MRK beziehen sich allerdings nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten des Vollzuges der Untersuchungs- oder Strafhaft (BGHZ 122, 268). Daher ergeben sich aus ihr keine Rechte von verhafteten Personen in Bezug auf ihre Behandlung in der Haft. Die Umstände des Vollzuges können aber die Rechtmäßigkeit der Haft in Frage stellen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH (a. a. O.) jedenfalls in Fällen, in denen die im Vollzug zur Verfügung stehenden Fürsorgemittel nicht ausreichen, um von der Haft ausgehende Gesundheitsbeeinträchtigungen abzuwenden; da damit die Vollzugstauglichkeit zur Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Haft wird, hat der BGH (a. a. O.) bei Mangel der Vollzugstauglichkeit den Vollzug insgesamt als rechtswidrig angesehen und einen Anspruch nach Art. 5 Abs. 5 MRK bejaht.
92 
Im vorliegenden Fall erscheinen jedoch lediglich die Modalitäten der Haftunterbringung rechtswidrig, nicht die Haft als solche. Denn der Kläger stellt nicht in Frage, dass er auf Grund eines in rechtmäßigem Verfahren ergangenen Haftbefehls inhaftiert wurde. Die Umstände seiner Haftunterbringung, die diese als rechtswidrig und menschenunwürdig erscheinen lassen, waren durch einfache Maßnahmen behebbar: durch die Verlegung des Klägers in eine Einzelzelle oder die seines Mitgefangenen in einen anderen Haftraum wäre die Rechtswidrigkeit, durch die Verlegung beider in einen geräumigeren Haftraum mit abgetrennter Toilette wohl zumindest die Verletzung der Menschenwürde entfallen. Die zu beanstandenden Umstände können daher - anders als bei Missachtung einer Vollzugsuntauglichkeit - nicht dazu führen, die Haft als von vornherein rechtswidrig anzusehen.
93 
Ob § 839 Abs. 3 BGB oder § 254 BGB - der ebenfalls gebieten kann, einen belastenden hoheitlichen Akt durch geeignete Rechtsbehelfe abzuwehren (BGHZ 90, 17,31) - auf einen Anspruch aus Art. 5 Abs. 5 MRK anwendbar sind (offen gelassen in BGHZ 122, 268), muss daher nicht entschieden werden.
94 
9. Art. 3 MRK
95 
Auch auf Art. 3 MRK kann ein weiter gehender Anspruch nicht gestützt werden.
96 
a. Art. 3 MRK lautet:
97 
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
98 
b. Über die in dieser Vorschrift enthaltene Unterlassungspflicht hinaus erwachsen dem Staat aus ihr auch Gewährleistungspflichten: er muss innerstaatlich sicherstellen, dass alle seine Organe das Verbot der Folter und der unmenschlichen Behandlung beachten. Dies erfordert vor allem einen ausreichenden Strafrechtsschutz, laufende Kontrollen der staatlichen Organe und tatkräftiges Einschreiten gegen bekannt gewordene Verstöße sowie effektive Rechtsbehelfe für Betroffene; dazu wird auch die Verpflichtung gezählt, im innerstaatlichen Recht einen Anspruch auf Entschädigung vorzusehen (Gollwitzer in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., MRK Art. 3 Rdnr. 11).
99 
c. Im Gegensatz zu Art. 5 MRK, der in seinem Abs. 5 selbst einen Entschädigungsanspruch gewährt, ergibt sich ein solcher demnach nicht unmittelbar aus Art. 3 MRK. Die Vorschrift enthält daher selbst keine Anspruchsgrundlage.
100 
d. Mit dem Anspruch aus §§ 839, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG enthält das deutsche Recht jedoch eine Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch. Dass eine Einschränkung des Entschädigungsanspruchs bei schuldhafter Versäumung eines Rechtsmittels (§ 839 Abs.3 BGB) bei einem Verstoß gegen Art. 3 MRK unzulässig wäre, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. Insbesondere kann angeordnet werden, dass

1.
der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen,
2.
Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind,
3.
die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf,
4.
der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird,
5.
die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
Die Anordnungen trifft das Gericht. Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.

(2) Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. Die Übertragung ist unanfechtbar.

(3) Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.

(4) Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit

1.
der für ihn zuständigen Bewährungshilfe,
2.
der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle,
3.
der für ihn zuständigen Gerichtshilfe,
4.
den Volksvertretungen des Bundes und der Länder,
5.
dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht,
6.
dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes,
7.
dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes,
8.
dem Europäischen Parlament,
9.
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
10.
dem Europäischen Gerichtshof,
11.
dem Europäischen Datenschutzbeauftragten,
12.
dem Europäischen Bürgerbeauftragten,
13.
dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
14.
der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
15.
dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
16.
den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
17.
dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen,
18.
den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte,
19.
soweit das Gericht nichts anderes anordnet,
a)
den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und
b)
der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates.
Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.

(5) Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Gegenstand der Entschädigung ist der durch die Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden, im Falle der Freiheitsentziehung auf Grund gerichtlicher Entscheidung auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist.

(2) Entschädigung für Vermögensschaden wird nur geleistet, wenn der nachgewiesene Schaden den Betrag von fünfundzwanzig Euro übersteigt.

(3) Für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, beträgt die Entschädigung 75 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung.

(4) Für einen Schaden, der auch ohne die Strafverfolgungsmaßnahme eingetreten wäre, wird keine Entschädigung geleistet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.