Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts H. vom 30.11.2012 - Aktenzeichen: 2 O 231/12 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt Ersatz ihr - nach ihrem Vorbringen - als Betreiberin einer Autobahnraststätte entgangenen Gewinns aufgrund einer durch ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug verursachten Sperrung der Autobahn.
Am 07.04.2012 kollidierte der nicht vollständig abgesenkte und deshalb bis in eine Höhe von 4,83 m ragende Auslegearm eines auf dem Auflieger des bei der Beklagten haftpflichtversicherten, in südlicher Richtung auf der Bundesautobahn A 5 fahrenden Sattelzuges befindlichen Baggers mit einer am Ortsende von E. - bei km 576,500 - über die Autobahn führenden Brücke (Bauwerk Nr. 6617 501). Dabei wurde die Brücke so stark beschädigt, dass Einsturzgefahr bestand. Die Bundesautobahn A 5 wurde daher zwischen den Autobahnkreuzen H. (km 574,6) und H.-S. (km 580,1) in Richtung Süden bis um 07:00 Uhr am 13.04.2012 gesperrt. Im Rundfunk wurde eine großräumige Umfahrung des gesperrten Bereiches bereits ab dem D. Kreuz empfohlen.
Südlich der Unfallstelle - bei km 582,0 und damit nach dem Autobahnkreuz H.-S. - befindet sich an der Fahrbahn in südlicher Richtung die Rastanlage „H.“. Während der vorgenannten Sperrung der Autobahn wurde die Rastanlage geschlossen.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei die Betreiberin der Rastanlage „H.“. Da die Rastanlage für den Durchgangsverkehr in Richtung Süden während der Sperrung der Autobahn nicht mehr erreichbar gewesen sei, habe sie in dieser Zeit - wobei es sich wegen des betroffenen Osterreiseverkehrs um traditionell starke Umsatztage gehandelt habe - keine Betriebsstoffe, kein Reisezubehör und keine Speisen verkaufen können. Ihre Einnahmen seien daher im Vergleich zum Vorjahr nach Abzug des Wareneinsatzes und der ersparten Umsatzpacht um EUR 37.955,00 niedriger gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin -
1. EUR 37.985,00 sowie fünf Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszins seit dem 20.04.2012 sowie
2. EUR 1.192,60 vorgerichtliche Anwaltskosten
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.11.2012 - zugestellt an die Klägerin am 04.12.2012 - abgewiesen; auf den dortigen Tatbestand und die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
12 
Hiergegen wendet sich die am 03.01.2013 eingegangene und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.03.2013 - am 04.03.2013 begründete Berufung der Klägerin, die mit ihrem Rechtsmittel ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Vorschriften über die übermäßige Straßenbenutzung (§ 29 StVO) dem Schutz der Einrichtungen der Rastanlage dienen; die von ihr betriebene Rastanlage falle als Nebenbetrieb im Sinne des Fernstraßengesetzes (§ 15 FStrG) in deren Schutzbereich. Gerade die im Genehmigungsverfahren bei Fahrzeugen, die - wie vorliegend - die allgemein zugelassenen Grenzen überschritten, erforderliche Haftungserklärung zeige, dass ein Unternehmer, der einen genehmigungspflichtigen Sondertransport durchführe, auch die besonderen Haftungsrisiken tragen solle. Dies habe erst recht zu gelten, wenn - wie vorliegend - die Genehmigungspflicht bei einem überhaupt nicht genehmigungsfähigen Transport umgangen werde.
13 
Darüber hinaus liege auch eine zum Schadensersatz verpflichtende Störung ihres - der Klägerin - berechtigten Besitzes an der Rastanlage vor. Allein die Erreichbarkeit der Autobahnraststätte über die in unmittelbarer Nähe befindliche Anschlussstelle S. könne die Besitzstörung angesichts des wegen der ab D. empfohlenen Umleitung ausbleibenden Fernverkehrs nicht beseitigen. Eine Sperrung mit der stattgehabten Dauer im Osterreiseverkehr stelle keine übliche und deshalb hinnehmbare, sondern vielmehr eine existenzbedrohende Beeinträchtigung dar. Eine typische Gefahr des Straßenverkehrs habe sich schon deshalb nicht realisiert, weil eine unzulässige Straßenbenutzung und damit kein zulässiges Verkehrsgeschehen vorgelegen habe.
14 
Schließlich sei in haftungsbegründender Weise in ihren - der Klägerin - eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen worden. Es bestehe eine direkte Abhängigkeit zwischen der Autobahn und der Rastanlage als Nebenbetrieb, ohne die das Verkehrsnetz nicht seiner Bestimmung gemäß genutzt werden könne. Aus diesem Grund stelle eine Sperrung der Autobahn einen betriebsbezogenen Eingriff in ihren Gewerbebetrieb dar.
15 
Die Klägerin beantragt daher,
16 
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts H. vom 30.11.2012, Aktenzeichen: 2 O 231/12, die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin -
17 
1. EUR 37.985,00 nebst fünf Prozent Zinsen seit dem 20.04.2014 sowie
2. EUR 1.192,60 vorgerichtliche Anwaltskosten
18 
zu zahlen.
19 
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
22 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
23 
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer der Halterin und des Führers des Fahrzeugs, welches den die Sperrung bedingenden Unfall verursacht hat, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
24 
1. Zwar hat die Beklagte als (Pflicht-)Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeugs grundsätzlich für die versicherten Ansprüche neben dessen Halterin und Führer einzustehen (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG). Es fehlt aber - wie schon das Landgericht zu Recht angenommen hat - bereits an einem Anspruch der Klägerin gegen Halter und Führer des versicherten Fahrzeugs als Schadensverursacher (vgl. hierzu Römer/Langheid - Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 115 Rn. 10 und Looschelders/Pohlmann - Schwartze, VVG, 2. Aufl. 2011, § 115 Rn. 3). Weder eine straßenverkehrsrechtliche Gefährdungs- noch eine deliktische Haftung der Halterin oder des Führers des unfallverursachenden Fahrzeugs ist vorliegend gegeben.
25 
2. Allerdings erfasst die straßenverkehrsrechtliche Gefährdungshaftung - anders als vom Landgericht angenommen - nicht nur Eigentumsverletzungen, sondern bezieht auch den berechtigten unmittelbaren Besitz in ihren Schutzbereich mit ein (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.1980 - VI ZR 215/78 [juris Tz. 15 ff.] und Wussow - Fad, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 17 Rn. 68 m.w.N.). Keine Sachbeschädigung im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung (§ 7 Abs. 1 StVG) stellt dagegen die -gegebenenfalls deliktsrechtlich beachtliche - bloße Beeinträchtigung der Nutzbarkeit einer Sache dar (vgl. Geigel - Knerr, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 2011, Kap. 1 Rn. 12 und Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl. 2014, § 3 Rn. 46). Auswirkungen auf die zutreffend vom Landgericht erkannte Klageabweisung hat dies indes nicht. Denn weder eine haftungsbegründende Verletzung des berechtigten Besitzes der Klägerin (§§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB) noch eine entschädigungspflichtige Nutzungsbeeinträchtigung (§ 823 Abs. 1 BGB) noch ein Verstoß gegen ein ihren Schutz bezweckendes Gesetz (§ 823 Abs. 2 BGB) noch ein deliktsrechtlich relevanter Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (§ 823 Abs. 1 BGB) liegen aufgrund der durch das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug verursachten Sperrung der Autobahn vor.
26 
3. Eine Verletzung des berechtigten Besitzes der Klägerin im Sinne einer Entziehung oder Vorenthaltung der Sache scheidet schon deshalb aus, weil die Sachherrschaft an der - ihr diesbezügliches Vorbringen als zutreffend unterstellt - von ihr betriebenen Raststätte durch das streitgegenständliche Unfallereignis nicht beeinträchtigt wurde. Dass sich die von der Klägerin betriebene Raststätte hinter dem Autobahnkreuz H.-S. befindet, ist - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - in zweiter Instanz unstreitig und im Übrigen gerichtskundig (§ 291 ZPO). Schon deshalb kann die auf einem - zu ihren Gunsten unterstellten - geschützten Recht zum Besitz beruhende Sachherrschaft der Klägerin an der Raststätte durch die Sperrung der Autobahn zwischen den Autobahnkreuzen H. und H.-S. nicht behindert oder aufgehoben worden sein. Denn die - behauptete berechtigte - Sachherrschaft der Klägerin bestand unabhängig von der Sperrung der Autobahn in diesem Bereich.
27 
4. Ebenso wenig liegt aber eine zum Schadensersatz verpflichtende Beeinträchtigung der aus einem Besitzrecht der Klägerin herrührenden Nutzungsbefugnis vor.
28 
a) Zwar kann eine Verletzung des Eigentums oder des berechtigten Besitzes auch darin bestehen, dass der Berechtigte an der Benutzung der Sache gehindert und diese ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2005 - VI ZR 34/04 [juris Tz. 16]; Urt. v. 04.11.1997 - VI ZR 348/96 [juris Tz. 25 f.]; Urt. v. 05.06.1990 - VI ZR 359/89 [juris Tz. 11]; Urt. v. 07.06.1979 - II ZR 132/77 [juris Tz. 9]). Denn das Recht auf Benutzung der Sache zum bestimmungsgemäßen Gebrauch unterliegt als Teil des Eigentums- oder eines zur Nutzung der Sache berechtigenden Besitzrechts deliktischem Schutz. Eine Rechtsgutsverletzung an einer Sache kann daher nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse - oder die des berechtigten Besitzers - treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.1970 - II ZR 133/68 [juris Tz. 15] m.w.N.).
29 
b) Trotz der Entbehrlichkeit einer Beeinträchtigung der Sachsubstanz ist demnach aber eine tatsächliche Einwirkung auf die betroffene Sache selbst erforderlich, durch die ein dem deliktsrechtlichen Schutz unterliegendes Recht an der Sache verletzt wird (vgl. Picker, Deliktsrechtlicher Eigentumsschutz bei Störungen der Sach-Umwelt-Beziehung, JZ 2010, 541 [544 f.]). Fehlt es daran, liegt lediglich ein im Rahmen der deliktischen und der Gefährdungshaftung grundsätzlich nicht zu ersetzender Vermögensschaden vor (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 15.11.1982 - II ZR 206/81 [juris Tz. 10]; Urt. v. 05.06.1990 - VI ZR 359/89 [juris Tz. 11]; Urt. v. 21.06.1977 - VI ZR 58/76 [juris Tz. 15]; Urt. v. 21.12.1970 - II ZR 133/68 [juris Tz. 15 f.]; Wussow - Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 2 Rn. 62; Staudinger - Hager, BGB, 1999, § 823 Rn. B 61 und Möschel JuS 1977, 1 [2 f.]).
30 
c) An einer solchen tatsächlichen Einwirkung auf das Besitzrecht der Klägerin an der - nach ihrem Vorbringen - von ihr betriebenen Raststätte fehlt es aber vorliegend: Durch die unfallbedingte Blockade der öffentlichen Verkehrswege, die Kunden eines Betriebes nutzen, wird weder in die Substanz von dessen Betriebseinrichtungen eingegriffen noch deren Brauchbarkeit beschränkt oder beseitigt. Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Erreichbarkeit des Betriebsgeländes an sich nicht beeinträchtigt wird, sondern vielmehr infolge der Verkehrsbehinderung an anderer, vorgelagerter Stelle lediglich die Kunden ausbleiben (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1982 - II ZR 206/81 [juris Tz. 10] mit Anmerkung von Müller-Graff JZ 1983, 860 [861 ff.]; a.A. ebenfalls Rosenbach, Eigentumsverletzung durch Umweltveränderung, 1996, 122 m.w.N.). Der ungehinderte Kundenzustrom selbst ist nicht Bestandteil des - nach ihrem Vorbringen bestehenden - Besitzrechts der Klägerin an der Rastanlage (vgl. auch Picker, Deliktsrechtlicher Eigentumsschutz bei Störungen der Sach-Umwelt-Beziehung, JZ 2010, 541 [548] und Boecken, Deliktsrechtlicher Eigentumsschutz gegen reine Nutzungsbeeinträchtigungen, 1995, 194 f. und 230 ff.). Bei von der Klägerin gegebenenfalls infolge der Sperrung der Autobahn zu verzeichnenden Umsatzeinbußen handelt es sich daher unabhängig von der Intensität der (mittelbaren) Beeinträchtigung lediglich um einen (reinen) Vermögensschaden, für den die Beklagte nicht haftet (vgl. auch BGH, Urt. v. 15.11.1982 - II ZR 206/81 [juris Tz. 10]; Urt. v. 07.06.1979 - II ZR 132/77 [juris Tz. 9]).
31 
5. Der begehrte Schadenersatzanspruch ergibt sich entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht aus der Verletzung eines Schutzgesetzes.
32 
a) Derjenige, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt, ist diesem zum Schadensersatz verpflichtet (§ 823 Abs. 2 BGB). Schutzgesetz in diesem Sinne ist eine Rechtsnorm, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch zumindest mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. BGH, Urt. v. 14.05.2013 - VI ZR 255/11 [juris Tz. 7] und Wussow - Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 4 Rn. 3, jeweils m.w.N.).
33 
b) Die Regelung über den Erlaubnisvorbehalt des Verkehrs mit Fahrzeugen und Zügen, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtmassen die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen tatsächlich überschreiten (§ 29 Abs. 3 Satz 1 StVO), stellt gemessen hieran kein Schutzgesetz zugunsten der Klägerin als - ihr diesbezügliches Vorbringen unterstellt - Betreiberin eines Nebenbetriebes einer Bundesfernstraße dar.
34 
(a) Die vorgenannte Erlaubnispflicht begrenzt den Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen zum einen im Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, also insbesondere auch zur Vermeidung von Verkehrsstörungen durch den Einsatz ungewöhnlich großer und schwerer Fahrzeuge, wie die dazu erlassene Verwaltungsvorschrift zeigt, wonach eine Beeinträchtigung des Verkehrsflusses in den Hauptverkehrszeiten vermieden werden muss und der Fahrweg so festgelegt werden soll, dass eine besondere Verkehrsregelung nicht erforderlich ist (VI.1 VwV zu § 29 Abs. 3 StVO; vgl. auch Schurig, StVO, 14. Aufl. 2013, § 29 StVO Anm. 2.4; Marschall - Grupp, Bundesfernstraßengesetz, 6. Aufl. 2012, § 8 Rn. 4 und 26 sowie Cramer, Straßenverkehrsrecht I, 2. Aufl. 1977, § 29 StVO Rn. 95).
35 
(b) Darüber hinaus dient die Erlaubnispflicht zum anderen dem Schutz der öffentlichen Straßen in ihrem baulichen Bestand (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 08.05.1998 - 2 U 234/97 [juris Tz. 38] und Kodal - Bauer, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 41 Rn. 72). (Nur) Die in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgesehenen Abmessungen, Achslasten und Gesamtgewichte gelten insoweit als unbedenklich und sind daher vom erlaubnisfreien Gemeingebrauch gedeckt (vgl. OLG Münster, Urt. v. 17.05.2006 - 8 A 1388/05 [juris Tz. 52]; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 29 StVO Rn. 8; Schurig, StVO, 14. Aufl. 2013, § 29 Anm. 2.4 und Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 29 StVO Rn. 6.
36 
(c) Der Erlaubnisvorbehalt bezweckt demnach nur den Schutz der Interessen der Allgemeinheit an der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit der öffentlichen Straßen zum öffentlichen - bei Bundesfernstraßen zum weiträumigen - Verkehr (§ 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG). Durch Beschädigungen einer Straße mittelbar verursachte Vermögensschäden Dritter fallen dagegen nicht in den Schutzbereich der Norm (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 08.05.1998 - 2 U 234/97 [juris Tz. 38] und auch - zu § 64 EBO - BGH, Urt. v. 11.01.2005 - VI ZR 34/04 [juris Tz. 5 ff.]). Aus den gleichen Gründen stellen auch die dem Erlaubnisvorbehalt zugrundeliegenden straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben zur allgemein zulässigen Höhe eines Fahrzeugs einschließlich Ladung (§§ 22 Abs. 2 Satz 1, 18 Abs. 1 Satz 2 StVO) - wie bereits das Landgericht zu Recht angenommen hat - keine eine deliktische Haftung begründenden Gesetze zum Schutz der Klägerin dar.
37 
(d) Daran ändert - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch die nach der bereits genannten Verwaltungsvorschrift vom Antragsteller bei der Beantragung der Erlaubnis abzugebende Haftungserklärung (VI. 6 VwV zu § 29 Abs. 3 StVO) nichts. Denn diese beinhaltet - soweit vorliegend von Interesse - gerade nur die Verpflichtung des Antragstellers, für Schäden „an Straßen und deren Einrichtungen“ aufzukommen und „Straßenbaulastträger, Polizei, Verkehrssicherungspflichtige […] von Ersatzansprüchen Dritter, die aus diesen Schäden hergeleitet werden, freizustellen.“ Dadurch wird aber eine Haftung des Antragstellers - und folglich auch eine Freistellungsverpflichtung - nur begründet, soweit das vorgenannte Allgemeininteresse an einem störungsfreien Gemeingebrauch - insbesondere durch eine Beschädigung des Straßenkörpers - betroffen ist. Eine weitergehende Haftung gegenüber Dritten wird damit nicht übernommen.
38 
(e) Der Umstand, dass die Klägerin - ihr diesbezügliches Vorbringen unterstellt - Betreiberin eines Nebenbetriebes der von der Sperrung betroffenen Bundesfernstraße (§§ 1 Abs. 4 Nr. 5, 15 FStrG) ist, rechtfertigt ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Auch wenn eine Raststätte als Nebenbetrieb einen Sachbestandteil der öffentlichen Straße bildet, folgt daraus nicht die Einbeziehung der Vermögensinteressen des Betreibers des Nebenbetriebes in den Schutzbereich des für übergroße und überschwere Fahrzeuge geregelten Erlaubnisvorbehaltes. Nebenbetriebe nehmen an dessen Schutzbereich vielmehr allenfalls insoweit teil, als auch die dortigen Einrichtungen im Interesse des Gemeingebrauchs des Verkehrsnetzes vor Beschädigungen geschützt werden. Es kann vorliegend jedoch letztlich dahin stehen, ob der Schutzbereich des Erlaubnisvorbehaltes dann betroffen wäre, wenn ein übergroßes oder überschweres Fahrzeug für den Gemeingebrauch des Verkehrsnetzes im öffentlichen Interesse (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2002 - III ZR 167/02 [juris Tz. 2]) unmittelbar erforderliche Einrichtungen des Nebenbetriebes - beispielsweise Zapfsäulen einer Tankstelle - beschädigt hätte (vgl. zu den Eigentums- und Nutzungsverhältnissen im Rahmen einer Konzession für einen Nebenbetrieb auch Kodal - Bauer, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 43 Rn. 55.2), denn dies war hier nicht der Fall. Infolge einer an anderer Stelle erfolgten Beschädigung der Bundesfernstraße nur mittelbar eingetretene Vermögensschäden des Betreibers eines Nebenbetriebes werden vom Schutzbereich des Erlaubnisvorbehaltes dagegen nicht erfasst. Deshalb kann die Klägerin auch nichts zu ihren Gunsten daraus ableiten, dass eine - gegebenenfalls - erforderliche Genehmigung für das unfallverursachende Fahrzeug vorliegend nicht eingeholt wurde.
39 
6. Schließlich liegt auch kein haftungsbegründender Eingriff in den - behaupteten - eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin vor.
40 
a) Der Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs darf nicht in einen allgemeinen deliktischen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern, der dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde. Deshalb bedarf es für eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes des Erfordernisses eines unmittelbaren Eingriffs in dem Sinne, dass der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2005 - VI ZR 34/04 [juris Tz. 17] und Wussow - Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 2 Rn. 81 f., jeweils m.w.N.).
41 
b) Um einen derart unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff handelt es sich bei der durch das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug verursachten Beschädigung der über die Autobahn führenden Brücke nicht. Diese Beschädigung stand in keiner direkten Beziehung gerade zum Gewerbebetrieb der Klägerin. Die dadurch bewirkte Sperrung der Autobahn war vielmehr zufällige und allgemeine Folge des Schadensereignisses, die vom deliktischen Schutzbereich des Gewerbebetriebs nicht umfasst ist (vgl. - zur Beschädigung einer Oberleitung - BGH, Urt. v. 11.01.2005 - VI ZR 34/04 [juris Tz. 17] und - zur Unbefahrbarkeit einer Wasserstraße infolge eines Dammbruches - Urt. v. 15.11.1982 - II ZR 206/81 [juris Tz. 12]; Wussow - Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 2 Rn. 84; MüKo/BGB - Wagner, 6. Aufl. 2013, § 823 Rn. 257 sowie Staudinger - Hager, BGB, 1999, § 823 Rn. D 44, jeweils m.w.N.). Die störungsfreie Befahrbarkeit der Autobahn gehört nicht in den Schutzbereich des Gewerbebetriebes des Klägerin (vgl. auch - Außenkontakt eines Unternehmens - Staudinger - Hager, BGB, 1999, § 823 Rn. D 14 m.w.N.). Ebenso wenig werden bloße Erwerbsaussichten geschützt (vgl. MüKo/BGB - Wagner, 6. Aufl. 2013, § 823 Rn. 257). Auch der zur Vermeidung von deliktsrechtlichen Haftungslücken geschaffene Auffangtatbestand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs dient vielmehr nur dem Schutz von Integritätsinteressen: Die daraus folgende Abgrenzung zwischen ersatzfähigen Sach- und - wie vorliegend - entschädigungslos hinzunehmenden Vermögensschäden beruht auf einer verbindlichen allgemeinen Entscheidung des geltenden Deliktsrechts (vgl. BGH, Urt. v. 08.06.1976 - VI ZR 50/75 [juris Tz. 23]; Urt. v. 21.11.1989 - VI ZR 350/88 [juris Tz. 21]).
42 
c) An der fehlenden Betriebsbezogenheit vermag der Umstand, dass die Klägerin - nach ihrem Vorbringen - einen Nebenbetrieb einer Bundesfernstraße betreibt, auch an dieser Stelle nichts zu ändern. Daraus folgt - wie bereits ausgeführt - lediglich, dass die Klägerin insoweit (auch) eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, nämlich die Ermöglichung der Nutzung der Bundesfernstraßen durch den öffentlichen Verkehr. Dadurch werden der - ungestörte - öffentliche Verkehr auf den Bundesfernstraßen außerhalb der Raststätte und die damit verbundenen Erwerbschancen jedoch nicht in den geschützten Bereich des Gewerbebetriebes der Klägerin einbezogen. Diesen Verkehr hat die Klägerin vielmehr grundsätzlich so hinzunehmen, wie er sich - samt unfallbedingter Verkehrsbeeinträchtigungen - tatsächlich gestaltet. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich - wie die Berufung hervorhebt - bei dem stattgehabten Unfallereignis um ein „unzulässiges Verkehrsgeschehen“ gehandelt hat, sprich in unfallursächlicher Weise gegen straßenverkehrsrechtliche Verhaltenspflichten - hier die einzuhaltende Höhe des Transports - verstoßen wurde. Denn dies ist bei unfallbedingten Verkehrsstörungen wie vorliegend nicht die Ausnahme, sondern der Regelfall.
43 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
44 
Die Revision war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO): Voraussetzungen, Umfang und Grenzen der deliktischen Haftung bei Störungen der Sach-Umweltbeziehungen und damit verbundenen Beeinträchtigungen der Nutzungsmöglichkeiten einer Sache sind - nach wie vor - umstritten und insbesondere bezüglich der Vereitlung des Zugangs zu Immobilien noch nicht geklärt (vgl. Palandt - Sprau, BGB, 73. Aufl. 2014, § 823 Rn. 7; MüKo/BGB - Wagner, 6. Aufl. 2013, § 823 Rn. 182; Picker, Deliktsrechtlicher Eigentumsschutz bei Störungen der Sach-Umwelt-Beziehung, JZ 2010, 541 ff.; Rosenbach, Eigentumsverletzung durch Umweltveränderung, 1996, 122 ff.; Boecken, Deliktsrechtlicher Eigentumsschutz gegen reine Nutzungsbeeinträchtigungen, 1995, 131 ff. und 191 ff.; Zeuner, Störungen des Verhältnisses zwischen Sache und Umwelt als Eigentumsverletzung, FS Flume I, 775 [778 ff.]; jeweils m.w.N.).

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Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 22 Ladung


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Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung - EBO | § 64 Beschädigen der Bahn und betriebsstörende Handlungen


Es ist verboten, Bahnanlagen, Betriebseinrichtungen oder Fahrzeuge zu beschädigen oder zu verunreinigen, Schranken oder sonstige Sicherungseinrichtungen unerlaubt zu öffnen, Fahrthindernisse zu bereiten oder andere betriebsstörende oder betriebsgefäh

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 17. Feb. 2014 - 1 U 2/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 17. Feb. 2014 - 1 U 2/13 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2013 - VI ZR 255/11

bei uns veröffentlicht am 14.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 255/11 Verkündet am: 14. Mai 2013 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2002 - III ZR 167/02

bei uns veröffentlicht am 28.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 167/02 vom 28. November 2002 in der Baulandsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FernStrG §§ 15 Abs. 2, 19 Zum Enteignungsrecht des Trägers der Straßenbaulast zum Zwecke des Baus eines Nebenbe

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2005 - VI ZR 34/04

bei uns veröffentlicht am 11.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 34/04 Verkündet am: 11. Januar 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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(1) (weggefallen)

(2) Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, insbesondere Kraftfahrzeugrennen, bedürfen der Erlaubnis. Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmenden oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird; Kraftfahrzeuge in geschlossenem Verband nehmen die Straße stets mehr als verkehrsüblich in Anspruch. Veranstaltende haben dafür zu sorgen, dass die Verkehrsvorschriften sowie etwaige Bedingungen und Auflagen befolgt werden.

(3) Einer Erlaubnis bedarf der Verkehr mit Fahrzeugen und Zügen, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtmassen die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen tatsächlich überschreiten. Das gilt auch für den Verkehr mit Fahrzeugen, deren Bauart den Fahrzeugführenden kein ausreichendes Sichtfeld lässt.

(1) Betriebe an den Bundesautobahnen, die den Belangen der Verkehrsteilnehmer der Bundesautobahnen dienen (z. B. Tankstellen, bewachte Parkplätze, Werkstätten, Verlade- und Umschlagsanlagen, Raststätten) und eine unmittelbare Zufahrt zu den Bundesautobahnen haben, sind Nebenbetriebe.

(2) Der Bau von Nebenbetrieben kann auf Dritte übertragen werden. Der Betrieb von Nebenbetrieben ist auf Dritte zu übertragen, soweit nicht öffentliche Interessen oder besondere betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Übertragung von Bau und Betrieb kann unter Auflagen und Bedingungen sowie befristet erfolgen; der Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage (§ 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) ist ausgeschlossen. Die Übertragung erfolgt unter Voraussetzungen, die für jeden Dritten gleichwertig sind. Dies gilt besonders für Betriebszeiten, das Vorhalten von betrieblichen Einrichtungen sowie Auflagen für die Betriebsführung. Hoheitliche Befugnisse gehen nicht über; die §§ 4, 17 und 18f bis 19a finden Anwendung.

(3) Für das Recht, einen Nebenbetrieb an der Bundesautobahn zu betreiben, hat der Konzessionsinhaber eine umsatz- oder absatzabhängige Konzessionsabgabe an den Bund zu entrichten. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates die Höhe der Konzessionsabgabe festzusetzen und die Voraussetzungen sowie das Verfahren zur Erhebung der Konzessionsabgabe zu regeln. Die Höhe der Konzessionsabgabe hat sich an dem Wert des wirtschaftlichen Vorteils auszurichten, der dem Konzessionsinhaber durch das Recht zuwächst, einen Nebenbetrieb an der Bundesautobahn zu betreiben; sie darf höchstens 1,53 Euro pro einhundert Liter abgegebenen Kraftstoffs und höchstens 3 vom Hundert von anderen Umsätzen betragen. Die Konzessionsabgabe ist an das Bundesamt für Logistik und Mobilität zu entrichten.

(4) Vorschriften über Sperrzeiten gelten nicht für Nebenbetriebe. Alkoholhaltige Getränke dürfen in der Zeit von 0.00 Uhr bis 7.00 Uhr weder ausgeschenkt noch verkauft werden.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

Der Halter eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers mit regelmäßigem Standort im Inland ist verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden nach den folgenden Vorschriften abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen (§ 1 des Straßenverkehrsgesetzes) verwendet wird. Der Halter eines Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1d des Straßenverkehrsgesetzes ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung gemäß Satz 1 auch für eine Person der Technischen Aufsicht abzuschließen und aufrechtzuerhalten.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/04 Verkündet am:
11. Januar 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Schutzgesetzcharakter und zum Schutzbereich des § 64 EBO.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - VI ZR 34/04 – OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 12. Januar 2004 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 17. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch. Der Beklagte zu 1 überquerte mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Tieflader einen Bahnübergang. Ein auf dem Fahrzeug zu hoch verladener Bagger riß die beiden Fahrleitungsdrähte über der Gleisanlage herunter. Wegen dieses Oberleitungsschadens konnten drei Gleise der DB Netz AG von 15.07 Uhr bis 21.50 Uhr nicht benutzt werden. Zwei weitere Gleise wurden erst am nächsten Tag um 2.10 Uhr wieder freigegeben. Das Überholgleis blieb gesperrt. Die Klägerin mußte deshalb geplanten Güterzugverkehr, den sie sonst mit eigenen Elektrolokomotiven ausgeführt hätte, mit dieselbetriebenen Zugmaschinen eines anderen Eisenbahnverkehrsunternehmers bewerkstelligen. Hierfür wurden ihr 2.250 DM (1.150,41 €) in Rechnung gestellt. Nachdem die Klägerin neben diesem Betrag in erster Instanz noch weitere Schäden geltend gemacht hatte, hat sie ihre zunächst uneingeschränkt gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung auf die Kosten des Einsatzes der Dieselloks beschränkt. Das Oberlandesgericht hat der Klage insoweit stattgegeben und die Revision zugelassen, mit der die Beklagten die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstreben.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 EBO. Der Schutzbereich des § 64 EBO erstrecke sich
auf den ungestörten Betrieb von Eisenbahnen und damit auch auf den Schutz der den Fahrweg benutzenden Verkehrsunternehmen mit ihrem Fahrbetrieb. Daran habe die Trennung von Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen nichts geändert. Werde der Fahrweg entgegen dem Verbot des § 64 EBO beschädigt und führe dies zu Kosten verursachenden Betriebsstörungen, so sei dies adäquate Folge der Beschädigung. Das Landgericht habe demgegenüber zu Recht Ansprüche der Klägerin aus einer Verletzung des Eigentums, des Besitzes , des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 StVO verneint.

II.

Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 1. Er ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insbesondere nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 EBO. Diese Norm ist zwar Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Schutzgüter der Vorschrift sind aber nur die Gesundheit und das Eigentum des Eisenbahnunternehmers und der anderen vom Eisenbahnverkehr unmittelbar berührten Personen, nicht deren allgemeine Vermögensbelange.
a) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Rechtsnorm, die zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzge-
ber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, daß die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, daß der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muß vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 100, 13, 14 f.; 103, 197, 199; ferner BGHZ 116, 7, 13; 122, 1, 3 f. jeweils m.w.N.; zuletzt Senatsurteile vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 – VersR 2004, 255 und vom 16. März 2004 – VI ZR 105/03 – VersR 2004, 1012 beide m.w.N.).
b) Bei diesem Verständnis dient § 64 EBO nicht dem Schutz der Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers. aa) Im Ausgangspunkt richtig hält das Berufungsgericht die Vorschrift allerdings für ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Gemäß § 64 EBO ist es "verboten, Bahnanlagen, Betriebseinrichtungen oder Fahrzeuge zu beschädigen …. Fahrthindernisse zu bereiten oder andere betriebsstörende oder betriebsgefährdende Handlungen vorzunehmen". Bereits für § 80 BO (Eisenbahn - Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928, RGBl. II Nr. 37 S. 541) war anerkannt, daß es sich hierbei um ein Schutzgesetz handelt (vgl. Senat, Urteil vom 21. Mai 1957 – VI ZR 95/56 – VersR 1957, 465). Dies gilt auch für den im wesentlichen inhaltsgleichen § 64 EBO (ebenso Ermann/Schiemann, BGB, 11. Aufl., § 823 Rdn. 163; Geigel/Freymann, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl., Kap. 15 Rdn. 5; Münchener Kommentar-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rdn. 360; vgl. auch Pätzold/Wittenberg/Heinrichs/Thoma, Kommentar zur EBO, 4. Aufl., § 62 Rdn. 2).
bb) Das Berufungsgericht stellt weiter darauf ab, daß die Kosten verursachende Betriebsstörung adäquate Folge der Beschädigung des Fahrwegs gewesen sei. Damit verkürzt es jedoch die Anspruchsprüfung. Denn Voraussetzung für einen Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB ist zudem stets, daß der konkrete Schaden aus der Verletzung eines Rechtsguts entstanden ist, zu dessen Schutz die Rechtsnorm erlassen wurde (vgl. Senatsurteile BGHZ 19, 114, 125 f.; 27, 137, 140, 143; 39, 366, 367 f. und vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO, 256). Dies ist im Streitfall zu verneinen. Der erkennende Senat hat zunächst für die §§ 315, 316 StGB a.F. (jetzt: § 315 StGB) ausgeführt , daß diese Vorschriften über die Eisenbahnbetriebsgefährdung nur die Gesundheit und das Eigentum des Eisenbahnunternehmers und der anderen vom Eisenbahnverkehr unmittelbar berührten Personen schützen, nicht hingegen deren allgemeine Vermögensbelange (BGHZ 19, 114, 125 f.). Diesen Grundsatz hat der erkennende Senat später auf § 80 BO erstreckt und dabei betont, daß Schutzgegenstand das konkrete Betriebsvermögen, nicht aber die Gesamtvermögenslage ist (Urteil vom 21. Mai 1957 – VI ZR 95/56 - aaO). Diese Rechtsprechung hat in der Literatur, soweit ersichtlich, nur Zustimmung gefunden (vgl. Filthaut, Haftpflichtgesetz, 6. Aufl., § 12 Rdn. 91; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 291; Staudinger/Hager, BGB, 13. Aufl., § 823 Rdn. G 26, G 45; Wussow/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 4 Rdn. 10; Tavakoli, Privatisierung und Haftung der Eisenbahn, 2001, S. 319, Fn. 1465). Bei dieser Betrachtungsweise, an der der Senat festhält, betrifft der von der Klägerin geltend gemachte Schaden, nämlich die Kosten für die notwendige Anmietung von Dieselloks wegen der Nichtbenutzbarkeit fremder Infrastruktur für Elektroloks, nicht das konkrete Betriebsvermögen und wird deshalb vom Schutzbereich des § 64 EBO nicht erfaßt. cc) Dem Wortlaut des § 64 EBO läßt sich ein weitergehender Schutzbereich der Norm entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ebensowe-
nig entnehmen wie der Stellung der Norm im sechsten Abschnitt der Verordnung , deren Überschrift „Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet der Bahnanlagen“ gleichfalls nicht auf den Schutz der Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers hinweist. Auch die Gesetzesmaterialien geben hierfür keine Anhaltspunkte (vgl. Entwurfsbegründung zur BO vom 4. November 1904 [RGBl. Nr. 47 S. 387] in Bundesratsprotokolle 1904 Nr. 112 und zur BO vom 17. Juli 1928 in Reichsratsprotokolle 1928 Nr. 72). Die in § 64 EBO angeführten, bereits in § 80 BO enthaltenen Verbote wurden bei der letzten Neufassung der EBO aus Gründen der Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit beibehalten (vgl. Amtliche Begründung zur EBO vom 28. Mai 1967 BR-Drucks. 138/67 S. 51). Durch die Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das AEG vom 27. Dezember 1993 hat der Schutzbereich des § 64 EBO keine Erweiterung erfahren. Bereits zuvor gab es nicht bundeseigene Eisenbahnen, die ihre Leistungen unter Inanspruchnahme fremder Infrastruktur erbrachten. Daß die Beachtung der Vorschrift den Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers zugute kommen kann, ist nach allem lediglich ein Reflex der Norm, der für die Annahme des Schutzgesetzcharakters zu Gunsten eben dieser Vermögensinteressen nicht ausreicht. 2. Die Klage erweist sich auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als begründet. Wird die Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeugs dadurch beeinträchtigt, daß eine bestimmte Strecke durch eine nicht gezielt gegen das Fahrzeug gerichtete Handlung für dieses vorübergehend unbefahrbar wird, haftet der Schädiger nicht aus § 823 Abs. 1 BGB für einen hieraus resultierenden Vermögensschaden des Fahrzeugeigentümers. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, von dem Grundsatz abzurücken, daß Ersatz für mittelbaren Vermögensschaden, den ein Dritter bei Verletzung eines fremden Rechtsgutes durch bloße Reflexwirkung erleidet, im Regelfall nicht geschuldet wird (vgl. Senat BGHZ 66, 388, 391).

a) Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung des Eigentums an ihren Elektroloks verneint. Eine Eigentumsverletzung kann zwar nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen, etwa wenn ein Fahrzeug jede Bewegungsmöglichkeit verliert und seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird (vgl. Senatsurteile vom 5. Juni 1990 - VI ZR 359/89 – VersR 1991, 105, 106; vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO, 257 sowie BGHZ 55, 153, 159; vgl. ferner BGH, Urteil vom 7. Juni 1979 – II ZR 132/77 - LM Nr. 27 zu § 823 [Ac]). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn das Fahrzeug unter Beibehaltung seiner Bewegungsmöglichkeit im übrigen nur wenige Stunden an einer konkret geplanten Fahrt gehindert und dadurch lediglich seine wirtschaftliche Nutzung vorübergehend eingeengt wird (Senatsurteile vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 – VersR 1977, 965, 967; vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - aaO; vgl. auch BGHZ 86, 152, 154 f.). Die bloße Sperrung eines bestimmten Weges stellt grundsätzlich keine Verletzung des Eigentums an dem betroffenen Transportmittel dar (Zeuner, in FS für Werner Flume, 1978, 775, 785). Die geltend gemachte Beeinträchtigung der Klägerin besteht allein darin, daß sie ihre Elektroloks über einen Zeitraum von maximal elf Stunden nicht wie geplant einsetzen konnte. Die Elektroloks waren durch die Nichtbenutzbarkeit der Gleise in ihrer Eigenschaft als Transportmittel nicht betroffen und wurden damit ihrem natürlichen Gebrauch nicht entzogen. Die Möglichkeit, gerade die durch die Beschädigung der Oberleitung für Elektroloks blockierten Schienen zu befahren, wird vom Zuweisungsgehalt des Eigentums an den Loks nicht umfaßt. Denn die dem Eigentümer gemäß § 903 BGB zustehende Befugnis, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren, schließt nicht auch das Recht ein, zu diesem Zweck gerade Sachen Dritter zu benutzen (Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., § 76 II 3 c).
In dieser Beeinträchtigung ist deshalb kein Eingriff in das Eigentum an den Loks zu sehen, sondern eine Behinderung der Klägerin in der Ausübung des ihr als Eisenbahnverkehrsunternehmer am Schienenweg eines öffentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmers im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (§ 14 Abs. 1 und 3 AEG) zustehenden Rechts auf diskriminierungsfreie Benutzung. Dieses Recht ist ähnlich dem Recht auf ungehinderten Zugang zur öffentlichen Infrastruktur im übrigen (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76 - aaO; BGHZ 55, 153, 160; 86, 152, 156, 158; Ermann /Schiemann, aaO, Rdn. 44; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 32 a; Staudinger/Hager, aaO, Rdn. B 185 m.w.N. auch für die abweichende Meinung) kein absolutes Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. An dieser Betrachtungsweise ändert sich auch nichts dadurch, daß es vor der konkreten Nutzung der Schiene zusätzlich des Abschlusses eines Vertrages zwischen Eisenbahninfrastrukturunternehmer und Eisenbahnverkehrsunternehmer bedarf. Denn das der Klägerin gegenüber der DB Netz AG aufgrund des Trassennutzungsvertrages (§ 14 Abs. 4 AEG) zustehende Recht auf Trassennutzung genießt gleichermaßen keinen Schutz durch § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senat BGHZ 29, 65, 73 f.; BGHZ 12, 308, 317 f.; Ermann/Schiemann, aaO, Rdn. 36; Münchener Kommentar-BGB/Wagner, aaO, Rdn. 154 f.; Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 823 Rdn. 11; RGRK/Steffen, aaO, Rdn. 26; Staudinger/Hager, aaO, Rdn. B 160).
b) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Besitzes. aa) Bereits im Ausgangspunkt fraglich ist die Auffassung der Revisionserwiderung , die Klägerin könne durch die tatsächliche Nutzung von Oberleitung und Schienen der DB Netz AG mit einer Elektrolok Besitz an diesen erlangen. Denn die hierfür erforderliche tatsächliche Herrschaft über die Sache muß nach
h.M. auf eine gewisse Dauer angelegt sein (vgl. RGZ 74, 146, 149; 75, 221, 223; Ermann/Lorenz, aaO, § 854 Rdn. 3; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 854 Rdn. 8; Staudinger/Bund, BGB, Neubearbeitung 2000, § 854 Rdn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. April 1975 – 2 StR 60/75 – MDR 1975, 680, 681; kritisch Münchener Kommentar-BGB/Joost, aaO, § 854 Rdn. 11 f.). Die Elektroloks der Klägerin kommen bei der Benutzung des Schienenweges aber nur für kurze Zeit mit Oberleitung und Schiene in Berührung. Selbst wenn man die Möglichkeit der Besitzerlangung durch Befahren bejahen wollte, hatte die Klägerin im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses eine solche Beziehung zur Sache noch gar nicht begründet. Denn sie stützt ihr Begehren ja gerade auf die Verhinderung der Nutzung. bb) Auch der Besitz der Klägerin an den Elektroloks wurde nicht verletzt. Der Verweis der Revisionserwiderung auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 04. November 1997 (BGHZ 137, 89) geht fehl. Danach kann es zwar eine Rechtsgutverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, wenn der berechtigte Besitz gerade dazu dienen soll, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen und der Besitzer an eben dieser Nutzung durch einen rechtswidrigen Eingriff gehindert wird. Mit dieser Entscheidung hat der Senat indes lediglich die unter 2. a) aufgestellten Grundsätze zur Eigentumsverletzung durch den Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs auf den Besitz übertragen (vgl. aaO 98). Eine Ausdehnung des Besitzschutzes über den Eigentumsschutz hinaus war damit nicht gewollt, so daß auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Ohnehin ist jener Sachverhalt, nämlich der vollständige Ausschluß des Besitzers an der Nutzung von Baumaschinen durch die Blockade eines Geländes über zwei volle Arbeitstage, im Hinblick auf Dauer und Intensität der Beeinträchtigung mit dem Streitfall nicht vergleichbar.

c) Auch ein Anspruch der Klägerin wegen Verletzung ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kann nicht festgestellt werden. Der Senat hat bereits mehrfach betont, daß der von der Rechtsprechung erarbeitete Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht in einen allgemeinen deliktischen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern darf, der dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde. Deshalb bedarf es für eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes des Erfordernisses eines unmittelbaren Eingriffs in dem Sinne, daß der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft (Senatsurteile BGHZ 29, 65, 70 f., 74; vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 - aaO und vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - aaO; vgl. auch BGHZ 55, 153, 161 f.; 86, 152, 156 ff.). Um einen derart betriebsbezogenen Eingriff handelt es sich bei dem Schaden an der Oberleitung der DB Netz AG nicht. Die Beschädigung stand nicht in einer direkten Beziehung gerade zu dem Gewerbebetrieb der Klägerin. Die dadurch bewirkte Sperrung der Gleise für die Elektroloks der Klägerin war eine mehr zufällige und allgemeine Folge des Schadensereignisses. Eine solche wird von dem Schutzbereich, den die Rechtsprechung dem Gewerbebetrieb zuerkennt, nicht umfaßt. Der Streitfall ist jenen Schadensfällen vergleichbar, in denen bei Baggerarbeiten ein Stromkabel zerrissen und dadurch die Stromzufuhr für die durch das Kabel versorgten Betriebe unterbrochen wurde wie der vorübergehenden Sperrung von Straßen oder Wasserstraßen für Fahrzeuge des Gewerbetreibenden. Für solche Fallgestaltungen ist ein betriebsbezogener Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint worden (vgl. zu den Stromkabelfällen: Senat BGHZ 29, 65, 74 f.; 66, 388, 393 f., Urteil vom 12. Juli 1977 – VI ZR 136/76 – VersR 1977, 1006, 1007; zur Straßenbenutzung vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 - und
vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - beide aaO; zum Fleetfall: BGHZ 55, 153, 161). Die Befahrbarkeit von Gleisen gehört ebensowenig zum Gewerbebetrieb eines Eisenbahnverkehrsunternehmers wie die Befahrbarkeit einer Straße zum Gewerbebetrieb eines Spediteurs oder die Schiffbarkeit einer Wasserstraße zum Gewerbebetrieb eines Schiffahrttreibenden gehört. Die zeitweilige Sperrung von Gleisen, die auch andere Eisenbahnverkehrsunternehmer treffen kann, greift daher nicht in deren Gewerbebetrieb ein. Wenn die Revisionserwiderung im Streitfall eine andere Beurteilung deshalb Platz greifen lassen will, weil die Gleisanlagen nur einigen wenigen Eisenbahnverkehrsunternehmern zur Verfügung stünden und im Rahmen des zur Nutzung berechtigenden Zeitfensters sogar nur jeweils einem, kann dem nicht beigepflichtet werden. Es kann dahinstehen, inwieweit die Anzahl der nutzungsberechtigten Gewerbetreibenden überhaupt Einfluß auf die Zuordnung der Nutzung einer Sache zum Gewerbebetrieb haben kann. Das Schienennetz der DB Netz AG wird jedenfalls nicht nur von einigen wenigen, sondern von über 200 verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmern befahren. Es kann von jedem Eisenbahnverkehrsunternehmer aus der Bundesrepublik Deutschland und - auf Basis der Gegenseitigkeit - auch von Eisenbahnverkehrsunternehmern aus anderen Staaten der Europäischen Union genutzt werden (§ 14 Abs. 1 und 3 AEG). Das Berufungsgericht stellt daher zu Recht darauf ab, daß sich die von der DB Netz AG angebotenen und vermarkteten Güter, nämlich Fahrweg und Fahrstrom, in der Sache nicht wesentlich von der Lieferung von Allgemeinstrom unterscheiden. Das Bestehen vertraglicher Bindungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Infrastruktur kann nicht dazu führen, die Befahrbarkeit einer von einem Eisenbahnverkehrsunternehmer im Rahmen der Erfüllung vertraglicher Pflichten zu benutzenden Trasse als zum Bereich seines Gewerbebetriebes gehörend anzusehen. Darüber, was dem Bereich des Gewerbebetriebes eines Eisenbahn-
verkehrsunternehmers zuzurechnen ist, kann nämlich nicht der von der jeweiligen Marktlage bzw. den Verträgen mit Dritten abhängige Einsatz eines oder mehrerer Loks auf bestimmten Trassen entscheiden (vgl. insoweit BGHZ 55, 153, 161 f.). Unabhängig davon hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Klägerin nicht als einziges Verkehrsunternehmen habe betroffen sein können, da die Strecke Braunschweig-Hannover auch für Personenverkehr genutzt werde. 3. Die Vorinstanzen haben ferner Ersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 StVO verneint. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revisionserwiderung nicht beanstandet.

III.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da für eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und unter Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils insgesamt die Klage abweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 255/11 Verkündet am:
14. Mai 2013
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 323c StGB ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 255/11 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke und die Richter Zoll
und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. August 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Gerichtsvollzieher, macht gegenüber der Alleinerbin des im Verlaufe des Revisionsverfahrens verstorbenen früheren Beklagten (i.F.: Beklagter) einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen einer Schussverletzung geltend, die ihm der Sohn des Beklagten im Zusammenhang mit einer vom Beklagten beauftragten Räumung einer Wohnung zugefügt hat.
2
Der Sohn des Beklagten, der zeitweilig unter Betreuung stand, hatte eine krankhafte Persönlichkeitsstörung entwickelt, die unter anderem zur Folge hatte , dass er zwanghaft Gegenstände sammelte, mit denen er die gesamte von ihm und dem Beklagten bewohnte Immobilie des Beklagten vollgestellt hatte. Der Beklagte hatte gegen seinen Sohn einen Räumungstitel erwirkt und den Kläger mit der Räumung beauftragt. Am vierten Tag der Räumung sollte mit der eigentlichen Räumung des Hauses begonnen werden. Der Kläger klingelte an der Haustür, die ihm vom Beklagten geöffnet wurde. Der hinter dem Beklagten stehende Sohn stieß seinen Vater beiseite und schoss auf den Oberkörper des Klägers mit einer halbautomatischen Pistole, die er zuvor am Morgen vor dem Eintreffen des Klägers dem Beklagten gezeigt hatte. Dabei wurde der Kläger schwer verletzt.
3
Er macht den Beklagten für die Tat mitverantwortlich und hat ihn mit der vorliegenden Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld (mindestens 20.000 €) und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten als Gesamtschuldner mit seinem Sohn verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 10.000 € sowie weitere 775,64 € vorgerichtlicher Kosten jeweils nebst Zinsen zu zahlen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht verneint mit dem Landgericht eine Haftung des Beklagten wegen einer Körperverletzung durch Unterlassen mangels einer Garantenstellung aus pflichtwidrigem Vorverhalten. Insbesondere könne dies nicht aus dem Vollstreckungsauftrag als solchem hergeleitet werden, weil eine Garantenstellung nicht aus einem rechtmäßigen Vorverhalten entstehen könne. Allein der Umstand, dass der Beklagte tatsächlich in der Lage gewesen wäre, das spätere Geschehen zu verhindern, reiche zur Begründung einer Garantenstellung nicht aus. Eine Haftung des Beklagten ergibt sich jedoch nach der Auffassung des Berufungsgerichts aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 323c StGB als Schutzgesetz. Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts dient der Schutzzweck der Strafbestimmung des § 323c StGB nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit an solidarischer Schadensabwehr in akuten Notlagen, sondern jedenfalls auch den bei einem Unglücksfall gefährdeten Individualrechtsgütern des in Not Geratenen. Auch die unmittelbar bevorstehende Straftat eines Dritten sei als Unglücksfall einzustufen, wenn erheblicher Schaden drohe. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt gewesen. Ein Einschreiten des Beklagten sei auch erforderlich gewesen. Ein verständiger Beobachter hätte aufgrund der Gesamtumstände erkennen können, dass der Sohn des Beklagten vom Einsatz der geladenen und entsicherten Schusswaffe zur Beendigung der Räumung nicht zurückschrecken würde. Für den Beklagten habe auch die objektive Möglichkeit bestanden, die bevorstehende Straftat zu verhindern, indem er an diesem Morgen der Forderung seines Sohns nachgekommen wäre, die Räumung nicht fortzusetzen. Ein solches Vorgehen sei dem Beklagten bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen auch zumutbar gewesen. Auch der subjektive Tatbestand des § 323c StGB liege vor, da der Beklagte zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Hält der Hilfspflichtige die Tatbestandsverwirklichung für möglich und nimmt er sie aus Gleichgültigkeit in Kauf, so sei bedingter Vorsatz gegeben. Dass der Beklagte eine mögliche Gefährdung des Klägers gar nicht in Betracht gezogen habe, sei in Anbetracht der Umstände als bloße Schutzbehauptung zu werten. Nach diesen sei vielmehr davon auszugehen , dass er sich entschlossen habe, nun endlich die Räumung "durchzuziehen" unter Inkaufnahme des Risikos, dass sein Sohn die Schusswaffe gegen die an der Räumung beteiligten Personen einsetzen würde. Bei der Bemessung der Höhe des zuerkannten Schmerzensgelds von 10.000 € sei insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Beklagten nicht um den die Verletzung des Klägers unmittelbar verursachenden Straftäter handele, sondern dieser nur gegen die ihn im Rahmen des § 323c StGB treffende Pflicht zur Hilfeleistung verstoßen habe.

II.

5
Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht eine Haftung des Beklagten aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 323c StGB wegen unterlassener Hilfeleistung bejaht.
6
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 323c StGB Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist.
7
a) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist eine Rechtsnorm, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. Senatsurteile vom 16. März 2004 - VI ZR 105/03, VersR 2004, 1012; vom 3. Februar 1987 - VI ZR 32/86, BGHZ 100, 13, 14 f.; vom 2. Februar 1988 - VI ZR 133/87, BGHZ 103, 197, 199 und vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, VersR 2004, 255, jeweils mwN). Bei diesem Verständnis bezweckt § 323c StGB zumindest auch den Schutz der Individualrechtsgüter des durch einen Unglücksfall Betroffenen (so zutreffend OLG Düsseldorf, NJW 2004, 3640, 3641; OLG Hamm, VersR 2005, 1689; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 323c Rn. 1; vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. Januar 2002 - 4 StR 392/01, NJW 2002, 1356; a.A. OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, 794; differenzierend BGBRGRK /Steffen, 12. Aufl., § 823 Rn. 136 und 546 zu § 330c StGB).
8
b) Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass das Gesetz allein dem Interesse der Allgemeinheit an dem Schutz eines funktionierenden und auf Solidarität beruhenden Gemeinwesens dienen soll. Zwar wird in der amtlichen Begründung zum Gesetzesentwurf der Gedanke der sozialen Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft herausgestellt, als Strafgrund wird jedoch auch die "Versäumung einer wirklichen Chance zu erfolgreicher Schadensabwendung" angeführt (Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 1. Wahlperiode 1949, BT-Drucks. 3713 (1952), S. 44, Spalte 1). Damit ist jedenfalls auch das Ziel der Strafvorschrift erkennbar, individuelle Rechtsgüter des in Not Geratenen zu schützen und eine unterlassene Hilfeleistung in den Fällen strafrechtlich zu sanktionieren, in denen sie erforderlich und den Umständen nach zuzumuten war. Unter diesen Umständen steht die Verpflichtung zur Solidarität zwar im Allgemeininteresse, sie zielt jedoch im Einzelfall auch darauf ab, Schäden von Individualrechtsgütern, die in Gefahr geraten sind, abzuwenden.
9
c) Soweit die Gegenmeinung darauf abstellt, dass der untätig Bleibende in den Haftungsfolgen nicht einem aktiv handelnden Täter gleichgestellt werden dürfe (vgl. etwa Bamberger/Roth/Spindler, BGB, 3. Aufl. § 823 Rn. 178; OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, 794, 795; Dütz, NJW 1970, 1822, 1824 f.), wird dem Umstand nicht hinreichend Rechnung getragen, dass der zivilrechtlich auf Schadensersatz wegen Verletzung eines Schutzgesetzes in Anspruch Genommene im Rahmen des § 323c StGB, der insbesondere durch das Tatbestandsmerkmal der Zumutbarkeit begrenzt wird, selbst Täter ist. Darüber hinaus wird der Gegenmeinung zutreffend entgegengehalten, dass die zivilrechtliche Haftung durch das Erfordernis des Eintritts des Schadens und der Zurechnung einzelner Schäden als Folge der verletzten Hilfspflicht hinreichend begrenzt ist und der wegen unterlassener Hilfeleistung auf Schadensersatz in Anspruch Genommene die Möglichkeit eines Rückgriffs im Rahmen der §§ 840, 426 BGB gegen den Haupttäter hat (so zutreffend OLG Düsseldorf, NJW 2004, 3640, 3641). Fällt diese Möglichkeit fort, etwa weil ein aktiv handelnder Täter nicht vorhanden, nicht ermittelbar oder vermögenslos ist, kann hieraus eine Haftungsfreistellung für den untätig Bleibenden nicht hergeleitet werden, denn es ist kein Grund ersichtlich, den Verletzten in diesem Falle ohne Ersatzmöglichkeit gegen einen (Mit-) Verursacher des Schadens zu belassen (OLG Düsseldorf , aaO).
10
2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler das Vorliegen eines Unglücksfalls im Sinne des § 323c StGB bejaht. Nach § 323c StGB macht sich strafbar, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet , obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche Eigengefahr und ohne Verletzung anderer Pflichten möglich ist.
11
a) Eine Straftat kann für das Opfer ein Unglücksfall im Sinne des § 323c StGB sein, wobei es genügt, dass die Begehung der Straftat unmittelbar bevorsteht , die das Risiko einer erheblichen Verletzung beinhaltet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1993 - 1 StR 792/92, bei Holtz MDR 1993, 721). Diese Voraus- setzungen liegen im Streitfall vor, wobei offenbleiben kann, ob die das Gefahrenurteil tragenden tatsächlichen Umstände - wie das Berufungsgericht meint - aus ex post-Sicht nach objektiven Maßstäben zu beurteilen sind (vgl. Sternberg -Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. § 323c Rn. 2 mwN) oder sich - wie die Revision meint - aus ex ante-Sicht beurteilen. Nachdem sich der Beklagte dem Wunsch seines Sohns, die Räumung zu beenden, nicht gebeugt hatte, hatte dieser den Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nach dem Klingeln des Klägers mit gezogener, geladener und entsicherter Schusswaffe versucht daran zu hindern, zur Haustür zu gehen. In dieser Situation war aus objektiver Sicht damit zu rechnen, dass der Sohn des Beklagten die Schusswaffe auch einsetzen würde, um die Räumung zu verhindern. Davon, dass der Sohn des Beklagten die Waffe nur gegen sich selbst oder seinen Vater, den Beklagten, richten würde, konnte auch aus damaliger objektiver Sicht nicht ausgegangen werden.
12
b) Das Berufungsgericht hat mit Recht ein Einschreiten des Beklagten in dieser Situation für erforderlich erachtet. Erforderlich ist die Hilfeleistung nach dem objektiven ex ante-Urteil eines verständigen Beobachters aufgrund der ihm erkennbaren Umstände dann, wenn ohne sie die Gefahr besteht, dass die von § 323c StGB erfasste Notlage sich zu einer nicht mehr unerheblichen Schädigung von Personen auswirkt (vgl. Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke /Schröder, aaO Rn. 12 mwN). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte ein verständiger Beobachter aufgrund der Gesamtumstände die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Straftat erkannt. Ziel des Sohns des Beklagten war es gewesen, die Räumung zu verhindern. Spätestens als der Sohn des Beklagten, der im Umgang mit Waffen erfahren war, seinen Vater mit der geladenen und entsicherten Schusswaffe bedrohte, um ihn zur Beendigung der Räumung zu veranlassen, musste ein verständiger Beobachter davon ausgehen , dass der Sohn des Beklagten die Schusswaffe notfalls auch einsetzen würde. Davon, dass der Sohn des Beklagten die Waffe nur gegen sich selbst oder den Beklagten richten würde, konnte - entgegen der Darstellung des Beklagten - unter den Umständen des Streitfalles nicht ausgegangen werden. Hierzu hätte der Sohn des Beklagten - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - bereits dann Anlass gehabt, als sich der Beklagte auch angesichts der scharfen Waffe nicht von der Räumung hatte abbringen lassen, sondern sich zur Tür begab, um diese dem Kläger zu öffnen. Spätestens dann war hinreichend deutlich, dass die Drohung gegenüber dem Beklagten erfolglos war. Ein verständiger Beobachter musste in dieser Situation die Möglichkeit voraussehen , dass der Sohn des Beklagten - und sei es nur im Rahmen einer Kurzschluss - oder Panikreaktion - die geladene Waffe nicht nur, wie es ihm bereits vorher möglich gewesen wäre, gegen sich selbst oder seinen Vater einsetzen würde, sondern auch gegen denjenigen, der die Räumung im Auftrag seines Vaters durchführen sollte.
13
c) Entgegen der Auffassung der Revision sind Rechtsfehler in der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht erkennbar. Soweit die Revision meint, mit der Eskalation der Ereignisse habe der Beklagte nicht rechnen müssen und es habe für den Beklagten außerhalb der Vorstellungskraft gelegen , dass der Kläger in der damaligen Situation würde Schaden nehmen können , versucht sie lediglich, ihre eigene Würdigung in revisionsrechtlich unzulässiger Weise an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts zu setzen, ohne Rechtsfehler aufzuzeigen. Dass sich der Sohn des Beklagten mit geladener und entsicherter Schusswaffe gegen die Fortsetzung der Räumung wandte, war dem Beklagten an jenem Morgen bekannt und ergab sich nicht erst durch Erkenntnisse, die sich erst durch die Äußerung des Sachverständigen im Strafverfahren ergeben haben. Darauf, dass der unter einer Persönlichkeitsstörung leidende Sohn des Beklagten die Waffe in einer Panikreaktion nicht einsetzen würde, konnte der Beklagte aus der Sicht eines verständi- gen Beobachters nicht vertrauen. Da der Beklagte die der Erforderlichkeit eines Einschreitens zugrunde liegenden Umstände auch kannte, musste das Berufungsgericht auch nicht - wie die Revision meint - einen Tatbestandsirrtum gemäß § 16 StGB prüfen.
14
d) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler die objektive Möglichkeit für den Beklagten bejaht, durch seinen Einsatz die Tat zu verhindern. Nach den von Rechts wegen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts war ihm ein entsprechendes Handeln auch zumutbar.
15
aa) Das Berufungsgericht hat die Möglichkeit, die Tat zu verhindern, darin gesehen, dass der Beklagte die Räumung zumindest am Tattag hätte beenden können. Soweit die Revision meint, dem Sohn des Beklagten sei es nicht einzig und allein darum gegangen, dass am Tattag nicht weiter geräumt wurde, sondern dass generell die Räumung eingestellt würde, und deshalb eine entsprechende Lüge des Beklagten erforderlich gewesen wäre, ändert dies nichts an der objektiven Möglichkeit, das Unglück zu verhindern, sondern ist dies vielmehr eine Frage der Zumutbarkeit.
16
bb) Ein solches Vorgehen war dem Beklagten aber auch - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - zumutbar. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Frage, welche Hilfeleistungen dem Hilfspflichtigen zumutbar sind, anhand einer Wertentscheidung durch Abwägung der widerstreitenden Interessen zu beantworten ist, bei der die Bedeutung des bedrohten Rechtsguts, Art und Ausmaß der drohenden Schäden, konkrete Rettungschancen einerseits, Art und Umfang der Interessen sowie mit der Rettungshandlung verknüpfte Risiken andererseits gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, aaO Rn. 19 mwN). Das Berufungsgericht hat als mögliche Handlungsoption dem Beklagten angesonnen , sich dem Wunsch seines Sohns (zunächst) zu beugen und die Räumung abzubrechen, um die Situation zu entschärfen. Wäre es gleichwohl zu einem Schuss auf den Kläger gekommen, wäre ihm dies dann nicht mehr im Rahmen des § 323c StGB anzulasten gewesen, da er dann das aus seiner Sicht Zumutbare getan hätte. Bei dieser Handlungsoption hat das Berufungsgericht zutreffend das Interesse des Beklagten an einer ungehinderten Fortführung der Räumung gegenüber der von einer entsicherten Waffe in der Hand eines völlig Verzweifelten ausgehenden erheblichen Gefahr für Leib und Leben aller sich im Umfeld der Waffe befindlichen Personen für nachrangig angesehen. Vor dieser Gefahr hatte ein - wenn auch berechtigter - Anspruch auf Räumung vor allem vor dem Hintergrund zurückzustehen, dass die Räumung zu einem späteren Zeitpunkt ohne den Sohn des Beklagten ungehindert hätte fortgeführt werden können. Die im Abbruch der Räumung liegende Hilfeleistung war dem Beklagten ohne erhebliche Eigengefahr zumutbar. Er hätte auch eine Eigengefährdung abwenden können, weil er nach seiner eigenen Darstellung davon ausging , dass sein Sohn die Schusswaffe gegebenenfalls auch gegen ihn richten würde. Soweit die Revision hiergegen meint, dem Beklagten sei es in dieser Situation nicht möglich gewesen, rational und folgerichtig zu agieren, und er hätte ohne eine Steigerung seiner eigenen Bedrohungssituation niemanden warnen können, wird übersehen, dass das Berufungsgericht gerade nicht eine Warnung des Klägers, sondern einen vorübergehenden Abbruch der Räumung für möglich und zumutbar gehalten hat. Die Revision zeigt keinen hinreichenden , vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag auf, weshalb dem Beklagten angesichts der Bedrohung mit einer entsicherten Schusswaffe eine solch nahe liegende Überlegung nicht möglich gewesen wäre.
17
e) Schließlich hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler auch den subjektiven Tatbestand des § 323c StGB als erfüllt angesehen, der auch im Rah- men des § 823 Abs. 2 BGB maßgeblich ist. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der strafrechtlichen Literatur und Rechtsprechung (vgl. Sternberg -Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, aaO § 15 Rn. 87 mwN) zutreffend davon ausgegangen, dass nach der neueren Rechtsprechung bedingter Vorsatz dann vorliegt, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und - im Rechtssinne - billigt oder sich um des erstrebten Ziels willen wenigstens mit ihm abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein (vgl. Fischer, aaO § 15 Rn. 9 b; BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 221/07, NStZ 2007, 700 Rn. 7; vgl. auch Senatsurteile vom 15. Juli 2008 - VI ZR 212/07, VersR 2008, 1407 Rn. 30 und vom 20. November 2012 - VI ZR 268/11, VersR 2013, 200 Rn. 32). Die Annahme einer "Billigung des Erfolgs" liegt beweisrechtlich dann nahe, wenn der Täter sein Vorhaben trotz äußerster Gefährlichkeit durchführt, ohne auf einen glücklichen Ausgang vertrauen zu können, oder wenn er es dem Zufall überlässt , ob sich die von ihm erkannte Gefahr verwirklicht oder nicht. Im Rahmen des § 323c StGB unterlässt derjenige die Hilfeleistung vorsätzlich, der die konkrete Handlung kennt, durch die er die erforderliche Hilfe leisten könnte. Das Bewusstsein, zur Hilfeleistung verpflichtet zu sein, gehört hingegen nicht zum Vorsatz. Mangelndes Gebotsbewusstsein ist vielmehr ein dem Verbotsirrtum des § 17 StGB gleichzustellender Gebotsirrtum (vgl. Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, aaO § 15 Rn. 94). Hält der Hilfsbedürftige die Tatbestandsverwirklichung für möglich und nimmt er sie aus Gleichgültigkeit in Kauf, so ist bedingter Vorsatz gegeben (vgl. Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, aaO Rn. 98). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kannte der Beklagte die tatbestandsmäßige Situation. Er wusste, dass sein Sohn, dem alles daran lag, die weitere Räumung zu verhindern, eine scharfe Waffe in der Hand hielt, mit der er umzugehen verstand. Er wusste auch, dass sein Sohn aufgrund seiner - des Beklagten - Weigerung, die Räumung abzubrechen, davon ausgehen musste, dass die Räumung mit dem Eintreffen des Klägers unmittelbar bevorstand. Ferner hat er selbst in seiner polizeilichen Vernehmung eingeräumt, dass sein Sohn nicht der Mensch sei, dem man so etwas wie die geschehene Tat zutrauen könne, es sei denn, er komme in eine Paniksituation wie mit dem Kläger.
18
f) Auf dieser Grundlage ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dem Beklagten sei eine Gefährdung des Klägers erkennbar gewesen, aus Rechtsgründen ebenso wenig zu beanstanden wie die daraus gewonnene Überzeugung , dass das Vorbringen des Beklagten, eine mögliche Gefährdung des Klägers gar nicht in Betracht gezogen zu haben, in Anbetracht der Umstände als bloße Schutzbehauptung zu werten sei. Nach diesen sei vielmehr davon auszugehen , dass der Beklagte sich entschlossen gehabt habe, nun endlich die Räumung "durchzuziehen", und die möglicherweise mit diesem Entschluss verbundenen Folgen in Kauf zu nehmen, zu denen neben einem möglichen Suizid seines Sohns auch das Risiko gehört habe, dass dieser auf ihn oder die die Räumung durchführende Person schießen würde. Diese Gleichgültigkeit gegenüber den möglichen Folgen, mögen ihm diese auch höchst unerwünscht gewesen sein, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler für die Annahme eines bedingten Vorsatzes als ausreichend erachtet. Soweit die Revision hierzu meint, der Beklagte habe irrtümlich angenommen, sich durch seinen Einsatz zu gefährden, was den Vorsatz entfallen lasse, wird wiederum verkannt, dass das Berufungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen für einen solchen Irrtum bei der vom Beklagten erwarteten Handlung, nämlich die Räumung vorerst abzubrechen , nicht festgestellt hat, da in diesem Fall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine Selbstgefährdung des Beklagten nicht vorgelegen hätte.
19
3. Die Höhe des zuerkannten Schmerzensgelds und der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler sind diesbezüglich auch nicht erkennbar. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 25.01.2011 - 5 O 67/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.08.2011 - I-19 U 6/11 -

(1) (weggefallen)

(2) Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, insbesondere Kraftfahrzeugrennen, bedürfen der Erlaubnis. Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmenden oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird; Kraftfahrzeuge in geschlossenem Verband nehmen die Straße stets mehr als verkehrsüblich in Anspruch. Veranstaltende haben dafür zu sorgen, dass die Verkehrsvorschriften sowie etwaige Bedingungen und Auflagen befolgt werden.

(3) Einer Erlaubnis bedarf der Verkehr mit Fahrzeugen und Zügen, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtmassen die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen tatsächlich überschreiten. Das gilt auch für den Verkehr mit Fahrzeugen, deren Bauart den Fahrzeugführenden kein ausreichendes Sichtfeld lässt.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

Es ist verboten, Bahnanlagen, Betriebseinrichtungen oder Fahrzeuge zu beschädigen oder zu verunreinigen, Schranken oder sonstige Sicherungseinrichtungen unerlaubt zu öffnen, Fahrthindernisse zu bereiten oder andere betriebsstörende oder betriebsgefährdende Handlungen vorzunehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/04 Verkündet am:
11. Januar 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Schutzgesetzcharakter und zum Schutzbereich des § 64 EBO.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - VI ZR 34/04 – OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 12. Januar 2004 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 17. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch. Der Beklagte zu 1 überquerte mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Tieflader einen Bahnübergang. Ein auf dem Fahrzeug zu hoch verladener Bagger riß die beiden Fahrleitungsdrähte über der Gleisanlage herunter. Wegen dieses Oberleitungsschadens konnten drei Gleise der DB Netz AG von 15.07 Uhr bis 21.50 Uhr nicht benutzt werden. Zwei weitere Gleise wurden erst am nächsten Tag um 2.10 Uhr wieder freigegeben. Das Überholgleis blieb gesperrt. Die Klägerin mußte deshalb geplanten Güterzugverkehr, den sie sonst mit eigenen Elektrolokomotiven ausgeführt hätte, mit dieselbetriebenen Zugmaschinen eines anderen Eisenbahnverkehrsunternehmers bewerkstelligen. Hierfür wurden ihr 2.250 DM (1.150,41 €) in Rechnung gestellt. Nachdem die Klägerin neben diesem Betrag in erster Instanz noch weitere Schäden geltend gemacht hatte, hat sie ihre zunächst uneingeschränkt gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung auf die Kosten des Einsatzes der Dieselloks beschränkt. Das Oberlandesgericht hat der Klage insoweit stattgegeben und die Revision zugelassen, mit der die Beklagten die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstreben.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 EBO. Der Schutzbereich des § 64 EBO erstrecke sich
auf den ungestörten Betrieb von Eisenbahnen und damit auch auf den Schutz der den Fahrweg benutzenden Verkehrsunternehmen mit ihrem Fahrbetrieb. Daran habe die Trennung von Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen nichts geändert. Werde der Fahrweg entgegen dem Verbot des § 64 EBO beschädigt und führe dies zu Kosten verursachenden Betriebsstörungen, so sei dies adäquate Folge der Beschädigung. Das Landgericht habe demgegenüber zu Recht Ansprüche der Klägerin aus einer Verletzung des Eigentums, des Besitzes , des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 StVO verneint.

II.

Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 1. Er ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insbesondere nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 EBO. Diese Norm ist zwar Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Schutzgüter der Vorschrift sind aber nur die Gesundheit und das Eigentum des Eisenbahnunternehmers und der anderen vom Eisenbahnverkehr unmittelbar berührten Personen, nicht deren allgemeine Vermögensbelange.
a) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Rechtsnorm, die zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzge-
ber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, daß die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, daß der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muß vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 100, 13, 14 f.; 103, 197, 199; ferner BGHZ 116, 7, 13; 122, 1, 3 f. jeweils m.w.N.; zuletzt Senatsurteile vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 – VersR 2004, 255 und vom 16. März 2004 – VI ZR 105/03 – VersR 2004, 1012 beide m.w.N.).
b) Bei diesem Verständnis dient § 64 EBO nicht dem Schutz der Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers. aa) Im Ausgangspunkt richtig hält das Berufungsgericht die Vorschrift allerdings für ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Gemäß § 64 EBO ist es "verboten, Bahnanlagen, Betriebseinrichtungen oder Fahrzeuge zu beschädigen …. Fahrthindernisse zu bereiten oder andere betriebsstörende oder betriebsgefährdende Handlungen vorzunehmen". Bereits für § 80 BO (Eisenbahn - Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928, RGBl. II Nr. 37 S. 541) war anerkannt, daß es sich hierbei um ein Schutzgesetz handelt (vgl. Senat, Urteil vom 21. Mai 1957 – VI ZR 95/56 – VersR 1957, 465). Dies gilt auch für den im wesentlichen inhaltsgleichen § 64 EBO (ebenso Ermann/Schiemann, BGB, 11. Aufl., § 823 Rdn. 163; Geigel/Freymann, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl., Kap. 15 Rdn. 5; Münchener Kommentar-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rdn. 360; vgl. auch Pätzold/Wittenberg/Heinrichs/Thoma, Kommentar zur EBO, 4. Aufl., § 62 Rdn. 2).
bb) Das Berufungsgericht stellt weiter darauf ab, daß die Kosten verursachende Betriebsstörung adäquate Folge der Beschädigung des Fahrwegs gewesen sei. Damit verkürzt es jedoch die Anspruchsprüfung. Denn Voraussetzung für einen Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB ist zudem stets, daß der konkrete Schaden aus der Verletzung eines Rechtsguts entstanden ist, zu dessen Schutz die Rechtsnorm erlassen wurde (vgl. Senatsurteile BGHZ 19, 114, 125 f.; 27, 137, 140, 143; 39, 366, 367 f. und vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO, 256). Dies ist im Streitfall zu verneinen. Der erkennende Senat hat zunächst für die §§ 315, 316 StGB a.F. (jetzt: § 315 StGB) ausgeführt , daß diese Vorschriften über die Eisenbahnbetriebsgefährdung nur die Gesundheit und das Eigentum des Eisenbahnunternehmers und der anderen vom Eisenbahnverkehr unmittelbar berührten Personen schützen, nicht hingegen deren allgemeine Vermögensbelange (BGHZ 19, 114, 125 f.). Diesen Grundsatz hat der erkennende Senat später auf § 80 BO erstreckt und dabei betont, daß Schutzgegenstand das konkrete Betriebsvermögen, nicht aber die Gesamtvermögenslage ist (Urteil vom 21. Mai 1957 – VI ZR 95/56 - aaO). Diese Rechtsprechung hat in der Literatur, soweit ersichtlich, nur Zustimmung gefunden (vgl. Filthaut, Haftpflichtgesetz, 6. Aufl., § 12 Rdn. 91; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 291; Staudinger/Hager, BGB, 13. Aufl., § 823 Rdn. G 26, G 45; Wussow/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 4 Rdn. 10; Tavakoli, Privatisierung und Haftung der Eisenbahn, 2001, S. 319, Fn. 1465). Bei dieser Betrachtungsweise, an der der Senat festhält, betrifft der von der Klägerin geltend gemachte Schaden, nämlich die Kosten für die notwendige Anmietung von Dieselloks wegen der Nichtbenutzbarkeit fremder Infrastruktur für Elektroloks, nicht das konkrete Betriebsvermögen und wird deshalb vom Schutzbereich des § 64 EBO nicht erfaßt. cc) Dem Wortlaut des § 64 EBO läßt sich ein weitergehender Schutzbereich der Norm entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ebensowe-
nig entnehmen wie der Stellung der Norm im sechsten Abschnitt der Verordnung , deren Überschrift „Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet der Bahnanlagen“ gleichfalls nicht auf den Schutz der Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers hinweist. Auch die Gesetzesmaterialien geben hierfür keine Anhaltspunkte (vgl. Entwurfsbegründung zur BO vom 4. November 1904 [RGBl. Nr. 47 S. 387] in Bundesratsprotokolle 1904 Nr. 112 und zur BO vom 17. Juli 1928 in Reichsratsprotokolle 1928 Nr. 72). Die in § 64 EBO angeführten, bereits in § 80 BO enthaltenen Verbote wurden bei der letzten Neufassung der EBO aus Gründen der Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit beibehalten (vgl. Amtliche Begründung zur EBO vom 28. Mai 1967 BR-Drucks. 138/67 S. 51). Durch die Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das AEG vom 27. Dezember 1993 hat der Schutzbereich des § 64 EBO keine Erweiterung erfahren. Bereits zuvor gab es nicht bundeseigene Eisenbahnen, die ihre Leistungen unter Inanspruchnahme fremder Infrastruktur erbrachten. Daß die Beachtung der Vorschrift den Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers zugute kommen kann, ist nach allem lediglich ein Reflex der Norm, der für die Annahme des Schutzgesetzcharakters zu Gunsten eben dieser Vermögensinteressen nicht ausreicht. 2. Die Klage erweist sich auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als begründet. Wird die Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeugs dadurch beeinträchtigt, daß eine bestimmte Strecke durch eine nicht gezielt gegen das Fahrzeug gerichtete Handlung für dieses vorübergehend unbefahrbar wird, haftet der Schädiger nicht aus § 823 Abs. 1 BGB für einen hieraus resultierenden Vermögensschaden des Fahrzeugeigentümers. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, von dem Grundsatz abzurücken, daß Ersatz für mittelbaren Vermögensschaden, den ein Dritter bei Verletzung eines fremden Rechtsgutes durch bloße Reflexwirkung erleidet, im Regelfall nicht geschuldet wird (vgl. Senat BGHZ 66, 388, 391).

a) Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung des Eigentums an ihren Elektroloks verneint. Eine Eigentumsverletzung kann zwar nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen, etwa wenn ein Fahrzeug jede Bewegungsmöglichkeit verliert und seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird (vgl. Senatsurteile vom 5. Juni 1990 - VI ZR 359/89 – VersR 1991, 105, 106; vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO, 257 sowie BGHZ 55, 153, 159; vgl. ferner BGH, Urteil vom 7. Juni 1979 – II ZR 132/77 - LM Nr. 27 zu § 823 [Ac]). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn das Fahrzeug unter Beibehaltung seiner Bewegungsmöglichkeit im übrigen nur wenige Stunden an einer konkret geplanten Fahrt gehindert und dadurch lediglich seine wirtschaftliche Nutzung vorübergehend eingeengt wird (Senatsurteile vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 – VersR 1977, 965, 967; vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - aaO; vgl. auch BGHZ 86, 152, 154 f.). Die bloße Sperrung eines bestimmten Weges stellt grundsätzlich keine Verletzung des Eigentums an dem betroffenen Transportmittel dar (Zeuner, in FS für Werner Flume, 1978, 775, 785). Die geltend gemachte Beeinträchtigung der Klägerin besteht allein darin, daß sie ihre Elektroloks über einen Zeitraum von maximal elf Stunden nicht wie geplant einsetzen konnte. Die Elektroloks waren durch die Nichtbenutzbarkeit der Gleise in ihrer Eigenschaft als Transportmittel nicht betroffen und wurden damit ihrem natürlichen Gebrauch nicht entzogen. Die Möglichkeit, gerade die durch die Beschädigung der Oberleitung für Elektroloks blockierten Schienen zu befahren, wird vom Zuweisungsgehalt des Eigentums an den Loks nicht umfaßt. Denn die dem Eigentümer gemäß § 903 BGB zustehende Befugnis, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren, schließt nicht auch das Recht ein, zu diesem Zweck gerade Sachen Dritter zu benutzen (Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., § 76 II 3 c).
In dieser Beeinträchtigung ist deshalb kein Eingriff in das Eigentum an den Loks zu sehen, sondern eine Behinderung der Klägerin in der Ausübung des ihr als Eisenbahnverkehrsunternehmer am Schienenweg eines öffentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmers im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (§ 14 Abs. 1 und 3 AEG) zustehenden Rechts auf diskriminierungsfreie Benutzung. Dieses Recht ist ähnlich dem Recht auf ungehinderten Zugang zur öffentlichen Infrastruktur im übrigen (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76 - aaO; BGHZ 55, 153, 160; 86, 152, 156, 158; Ermann /Schiemann, aaO, Rdn. 44; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 32 a; Staudinger/Hager, aaO, Rdn. B 185 m.w.N. auch für die abweichende Meinung) kein absolutes Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. An dieser Betrachtungsweise ändert sich auch nichts dadurch, daß es vor der konkreten Nutzung der Schiene zusätzlich des Abschlusses eines Vertrages zwischen Eisenbahninfrastrukturunternehmer und Eisenbahnverkehrsunternehmer bedarf. Denn das der Klägerin gegenüber der DB Netz AG aufgrund des Trassennutzungsvertrages (§ 14 Abs. 4 AEG) zustehende Recht auf Trassennutzung genießt gleichermaßen keinen Schutz durch § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senat BGHZ 29, 65, 73 f.; BGHZ 12, 308, 317 f.; Ermann/Schiemann, aaO, Rdn. 36; Münchener Kommentar-BGB/Wagner, aaO, Rdn. 154 f.; Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 823 Rdn. 11; RGRK/Steffen, aaO, Rdn. 26; Staudinger/Hager, aaO, Rdn. B 160).
b) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Besitzes. aa) Bereits im Ausgangspunkt fraglich ist die Auffassung der Revisionserwiderung , die Klägerin könne durch die tatsächliche Nutzung von Oberleitung und Schienen der DB Netz AG mit einer Elektrolok Besitz an diesen erlangen. Denn die hierfür erforderliche tatsächliche Herrschaft über die Sache muß nach
h.M. auf eine gewisse Dauer angelegt sein (vgl. RGZ 74, 146, 149; 75, 221, 223; Ermann/Lorenz, aaO, § 854 Rdn. 3; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 854 Rdn. 8; Staudinger/Bund, BGB, Neubearbeitung 2000, § 854 Rdn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. April 1975 – 2 StR 60/75 – MDR 1975, 680, 681; kritisch Münchener Kommentar-BGB/Joost, aaO, § 854 Rdn. 11 f.). Die Elektroloks der Klägerin kommen bei der Benutzung des Schienenweges aber nur für kurze Zeit mit Oberleitung und Schiene in Berührung. Selbst wenn man die Möglichkeit der Besitzerlangung durch Befahren bejahen wollte, hatte die Klägerin im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses eine solche Beziehung zur Sache noch gar nicht begründet. Denn sie stützt ihr Begehren ja gerade auf die Verhinderung der Nutzung. bb) Auch der Besitz der Klägerin an den Elektroloks wurde nicht verletzt. Der Verweis der Revisionserwiderung auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 04. November 1997 (BGHZ 137, 89) geht fehl. Danach kann es zwar eine Rechtsgutverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, wenn der berechtigte Besitz gerade dazu dienen soll, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen und der Besitzer an eben dieser Nutzung durch einen rechtswidrigen Eingriff gehindert wird. Mit dieser Entscheidung hat der Senat indes lediglich die unter 2. a) aufgestellten Grundsätze zur Eigentumsverletzung durch den Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs auf den Besitz übertragen (vgl. aaO 98). Eine Ausdehnung des Besitzschutzes über den Eigentumsschutz hinaus war damit nicht gewollt, so daß auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Ohnehin ist jener Sachverhalt, nämlich der vollständige Ausschluß des Besitzers an der Nutzung von Baumaschinen durch die Blockade eines Geländes über zwei volle Arbeitstage, im Hinblick auf Dauer und Intensität der Beeinträchtigung mit dem Streitfall nicht vergleichbar.

c) Auch ein Anspruch der Klägerin wegen Verletzung ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kann nicht festgestellt werden. Der Senat hat bereits mehrfach betont, daß der von der Rechtsprechung erarbeitete Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht in einen allgemeinen deliktischen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern darf, der dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde. Deshalb bedarf es für eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes des Erfordernisses eines unmittelbaren Eingriffs in dem Sinne, daß der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft (Senatsurteile BGHZ 29, 65, 70 f., 74; vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 - aaO und vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - aaO; vgl. auch BGHZ 55, 153, 161 f.; 86, 152, 156 ff.). Um einen derart betriebsbezogenen Eingriff handelt es sich bei dem Schaden an der Oberleitung der DB Netz AG nicht. Die Beschädigung stand nicht in einer direkten Beziehung gerade zu dem Gewerbebetrieb der Klägerin. Die dadurch bewirkte Sperrung der Gleise für die Elektroloks der Klägerin war eine mehr zufällige und allgemeine Folge des Schadensereignisses. Eine solche wird von dem Schutzbereich, den die Rechtsprechung dem Gewerbebetrieb zuerkennt, nicht umfaßt. Der Streitfall ist jenen Schadensfällen vergleichbar, in denen bei Baggerarbeiten ein Stromkabel zerrissen und dadurch die Stromzufuhr für die durch das Kabel versorgten Betriebe unterbrochen wurde wie der vorübergehenden Sperrung von Straßen oder Wasserstraßen für Fahrzeuge des Gewerbetreibenden. Für solche Fallgestaltungen ist ein betriebsbezogener Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint worden (vgl. zu den Stromkabelfällen: Senat BGHZ 29, 65, 74 f.; 66, 388, 393 f., Urteil vom 12. Juli 1977 – VI ZR 136/76 – VersR 1977, 1006, 1007; zur Straßenbenutzung vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 - und
vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - beide aaO; zum Fleetfall: BGHZ 55, 153, 161). Die Befahrbarkeit von Gleisen gehört ebensowenig zum Gewerbebetrieb eines Eisenbahnverkehrsunternehmers wie die Befahrbarkeit einer Straße zum Gewerbebetrieb eines Spediteurs oder die Schiffbarkeit einer Wasserstraße zum Gewerbebetrieb eines Schiffahrttreibenden gehört. Die zeitweilige Sperrung von Gleisen, die auch andere Eisenbahnverkehrsunternehmer treffen kann, greift daher nicht in deren Gewerbebetrieb ein. Wenn die Revisionserwiderung im Streitfall eine andere Beurteilung deshalb Platz greifen lassen will, weil die Gleisanlagen nur einigen wenigen Eisenbahnverkehrsunternehmern zur Verfügung stünden und im Rahmen des zur Nutzung berechtigenden Zeitfensters sogar nur jeweils einem, kann dem nicht beigepflichtet werden. Es kann dahinstehen, inwieweit die Anzahl der nutzungsberechtigten Gewerbetreibenden überhaupt Einfluß auf die Zuordnung der Nutzung einer Sache zum Gewerbebetrieb haben kann. Das Schienennetz der DB Netz AG wird jedenfalls nicht nur von einigen wenigen, sondern von über 200 verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmern befahren. Es kann von jedem Eisenbahnverkehrsunternehmer aus der Bundesrepublik Deutschland und - auf Basis der Gegenseitigkeit - auch von Eisenbahnverkehrsunternehmern aus anderen Staaten der Europäischen Union genutzt werden (§ 14 Abs. 1 und 3 AEG). Das Berufungsgericht stellt daher zu Recht darauf ab, daß sich die von der DB Netz AG angebotenen und vermarkteten Güter, nämlich Fahrweg und Fahrstrom, in der Sache nicht wesentlich von der Lieferung von Allgemeinstrom unterscheiden. Das Bestehen vertraglicher Bindungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Infrastruktur kann nicht dazu führen, die Befahrbarkeit einer von einem Eisenbahnverkehrsunternehmer im Rahmen der Erfüllung vertraglicher Pflichten zu benutzenden Trasse als zum Bereich seines Gewerbebetriebes gehörend anzusehen. Darüber, was dem Bereich des Gewerbebetriebes eines Eisenbahn-
verkehrsunternehmers zuzurechnen ist, kann nämlich nicht der von der jeweiligen Marktlage bzw. den Verträgen mit Dritten abhängige Einsatz eines oder mehrerer Loks auf bestimmten Trassen entscheiden (vgl. insoweit BGHZ 55, 153, 161 f.). Unabhängig davon hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Klägerin nicht als einziges Verkehrsunternehmen habe betroffen sein können, da die Strecke Braunschweig-Hannover auch für Personenverkehr genutzt werde. 3. Die Vorinstanzen haben ferner Ersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 StVO verneint. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revisionserwiderung nicht beanstandet.

III.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da für eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und unter Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils insgesamt die Klage abweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.

(2) Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht breiter als 2,55 m und nicht höher als 4 m sein. Fahrzeuge, die für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden, dürfen, wenn sie mit land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Arbeitsgeräten beladen sind, samt Ladung nicht breiter als 3 m sein. Sind sie mit land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnissen beladen, dürfen sie samt Ladung höher als 4 m sein. Kühlfahrzeuge dürfen nicht breiter als 2,60 m sein.

(3) Die Ladung darf bis zu einer Höhe von 2,50 m nicht nach vorn über das Fahrzeug, bei Zügen über das ziehende Fahrzeug hinausragen. Im Übrigen darf der Ladungsüberstand nach vorn bis zu 50 cm über das Fahrzeug, bei Zügen bis zu 50 cm über das ziehende Fahrzeug betragen.

(4) Nach hinten darf die Ladung bis zu 1,50 m hinausragen, jedoch bei Beförderung über eine Wegstrecke bis zu einer Entfernung von 100 km bis zu 3 m; die außerhalb des Geltungsbereichs dieser Verordnung zurückgelegten Wegstrecken werden nicht berücksichtigt. Fahrzeug oder Zug samt Ladung darf nicht länger als 20,75 m sein. Ragt das äußerste Ende der Ladung mehr als 1 m über die Rückstrahler des Fahrzeugs nach hinten hinaus, so ist es kenntlich zu machen durch mindestens

1.
eine hellrote, nicht unter 30 x 30 cm große, durch eine Querstange auseinandergehaltene Fahne,
2.
ein gleich großes, hellrotes, quer zur Fahrtrichtung pendelnd aufgehängtes Schild oder
3.
einen senkrecht angebrachten zylindrischen Körper gleicher Farbe und Höhe mit einem Durchmesser von mindestens 35 cm.
Diese Sicherungsmittel dürfen nicht höher als 1,50 m über der Fahrbahn angebracht werden. Wenn nötig (§ 17 Absatz 1), ist mindestens eine Leuchte mit rotem Licht an gleicher Stelle anzubringen, außerdem ein roter Rückstrahler nicht höher als 90 cm.

(5) Ragt die Ladung seitlich mehr als 40 cm über die Fahrzeugleuchten, bei Kraftfahrzeugen über den äußeren Rand der Lichtaustrittsflächen der Begrenzungs- oder Schlussleuchten hinaus, so ist sie, wenn nötig (§ 17 Absatz 1), kenntlich zu machen, und zwar seitlich höchstens 40 cm von ihrem Rand und höchstens 1,50 m über der Fahrbahn nach vorn durch eine Leuchte mit weißem, nach hinten durch eine mit rotem Licht. Einzelne Stangen oder Pfähle, waagerecht liegende Platten und andere schlecht erkennbare Gegenstände dürfen seitlich nicht herausragen.

(1) (weggefallen)

(2) Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, insbesondere Kraftfahrzeugrennen, bedürfen der Erlaubnis. Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmenden oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird; Kraftfahrzeuge in geschlossenem Verband nehmen die Straße stets mehr als verkehrsüblich in Anspruch. Veranstaltende haben dafür zu sorgen, dass die Verkehrsvorschriften sowie etwaige Bedingungen und Auflagen befolgt werden.

(3) Einer Erlaubnis bedarf der Verkehr mit Fahrzeugen und Zügen, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtmassen die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen tatsächlich überschreiten. Das gilt auch für den Verkehr mit Fahrzeugen, deren Bauart den Fahrzeugführenden kein ausreichendes Sichtfeld lässt.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 167/02
vom
28. November 2002
in der Baulandsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FernStrG §§ 15 Abs. 2, 19
Zum Enteignungsrecht des Trägers der Straßenbaulast zum Zwecke des
Baus eines Nebenbetriebes, der auf einen Dritten übertragen werden soll.
BGH, Beschluß vom 28. November 2002 - III ZR 167/02 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2002 durch
die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

beschlossen:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 a und b gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Baulandsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. April 2002 - 1 U Baul 2/01 - wird zurückgewiesen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1 a und 1 b (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 89.624,46 DM) festgesetzt.

Gründe


1. a) Eine Enteignung ist nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig. Soweit die Träger der Straßenbaulast ihr Enteignungsrecht zur Erfüllung ihrer Aufgaben wahrnehmen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 FStrG), reicht für die Zulässigkeit der Enteignung die Notwendigkeit des Eigentumsentzugs zur Ausführung eines durch Planfeststellung festgelegten Bauvorhabens (§ 19 Abs. 1 Satz 2 FStrG).
Der festgestellte Plan ist dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend (§ 19 Abs. 2 FStrG). Demnach kommt dem Planfeststellungsbeschluß - anders als grundsätzlich etwa einem Bebauungsplan (vgl. Senatsurteil BGHZ 105, 94, 96 f und Beschluß vom 25. Oktober 2001 - III ZR 76/01 - ZfBR 2002, 266) - eine Vorwirkung der Enteignung zu (Kastner in: Marschall/Schroeter/Kastner BFStrG 5. Aufl. § 19 Rn. 19). Die Enteignungsbehörde hat nur noch zu prüfen, ob die im Antrag auf Enteignung aufgeführten Grundstücke aufgrund des Plans für die Ausführung des Vorhabens benötigt werden und die weiteren Voraussetzungen für eine Vollenteignung gerade des in Anspruch genommenen Grundstücks vorliegen (Kastner aaO Rn. 15 ff).

b) Diese Grundsätze gelten auch, wenn - wie hier - der Träger der Straßenbaulast die Enteignung von Grundstücken zur Ausführung eines festgestellten Plans betreibt, der den (Aus-)Bau eines Nebenbetriebes an der Bundesautobahn betrifft, und zwar auch dann, wenn die Übertragung des Baus des geplanten Nebenbetriebes auf Dritte (Private; vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 FStrG) vorgesehen ist. Hoheitliche Befugnisse gehen in einem solchen Fall nicht über; für Planfeststellung und Enteignung gelten dieselben Vorschriften wie für den Bau von Bundesfernstraßen (§ 15 Abs. 2 Satz 6 FStrG). Auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des Allgemeinwohls gibt es keinen wesentlichen Unterschied. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, verfolgt der Straßenbaulastträger mit dem Bau und dem Betrieb einer Tank- und Raststätte, auch wenn diese nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften auf Private übertragen wird, öffentliche Aufgaben (Kastner aaO Rn. 16). Ob es sich, soweit hinsichtlich eines Teils der beanspruchten Flächen, nämlich der eigentlichen Betriebsgrundstücke für den Nebenbetrieb, die "Weitergabe" an einen Dritten (Konzessionsträger) beabsichtigt ist, noch um eine Enteignung zugunsten ei-
nes Trägers der öffentlichen Verwaltung oder um eine Enteignung zugunsten eines Privaten handelt (vgl. BVerfGE 74, 264, 265 f = DVBl. 1987, 466; BVerfG NJW 1999, 2659; Senatsurteil BGHZ 105, 94), kann dahinstehen. Selbst im letzteren Fall wäre dies hier im Blick auf Art. 14 GG unbedenklich. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, daß es für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Enteignung nicht entscheidend darauf ankommt, ob sie zugunsten eines Privaten oder eines Trägers der öffentlichen Verwaltung erfolgt. Allerdings wirft eine Enteignung zugunsten Privater, die nur mittelbar dem Gemeinwohl dient und die in erhöhtem Maß der Gefahr des Mißbrauchs zu Lasten betroffener Eigentümer ausgesetzt ist, besondere verfassungsrechtliche Probleme auf. Der Gesetzgeber hat unzweideutig zu entscheiden, ob und für welche Vorhaben eine solche Enteignung zulässig sein soll; auch muß - soll zugunsten Privater enteignet werden - gewährleistet sein, daß der im Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme erreicht und dauerhaft gesichert wird. Nur dann vermag das allgemeine Wohl die Enteignung zu fordern (BVerfG NJW 1999, 2659 f). Diesen Erfordernissen ist jedoch bei einer Enteignung, wie sie im Streitfall erfolgt ist, vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung in § 15 FStrG und des dazu den Straßenbaulastträgern vorgeschriebenen Verfahrens (vgl. dazu Bauer in Kodal/Krämer Straßenrecht 6. Aufl. Kap. 41 Rn. 53 bis 57.2 und insbesondere die Richtlinien für Bau und Betrieb von Nebenbetrieben an Bundesautobahnen sowie für die Erteilung einer Konzession [RN-BAB], VkBl. 1997, 808) Genüge getan. Die Praxis geht dahin, daß die zum Nebenbetrieb gehörenden Grundstücksflächen zwar im Eigentum des Konzessionsinhabers stehen sollen, jedoch als Bestandteile der Bundesautobahn gewidmet sein müssen (§ 1 Abs. 4 Nr. 5 FStrG). Der Muster-Konzessionsvertrag sieht vor, daß die Betriebsgrundstücke nach Erlöschen der Konzession an die Straßen-
bauverwaltung oder auf einen von dieser bestimmten Dritten (zurück )übertragen werden.
Soweit die Beteiligte zu 2 darauf abzielt, einen Teil der den Beteiligten zu 1 genommenen Flächen als Betriebsgrundstück(e) an einen Konzessionsinhaber weiterzuveräußern, handelt es sich danach um eine entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den verfolgten Gemeinwohlzweck gerechtfertigte sog. Durchgangsenteignung (vgl. BVerwG, NVwZ 1999, 407). Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, daß die Beteiligte zu 2 nach der Behauptung der Beteiligten zu 1 an die Autobahntank- und Rast GmbH zur Tank- und Rastanlage K. gehörende Flächen für 40 DM/m² verkauft hat. Letzteres macht die vorliegende Enteignung nicht, wie die Nichtzulassungsbeschwerde anführt, zu einer Enteignung "aus rein fiskalischen Gründen" , sondern trägt dem Umstand Rechnung, daß der von der privaten Betreiberin als (End-)Käuferin zu bezahlende Kaufpreis an eine andere Bodenqualität (Betriebsfläche für einen Nebenbetrieb der Bundesautobahn) anknüpft als diejenige Qualität, nach der sich - unter Zugrundelegung eines früheren Stichtages : vor der Planfeststellung (Gesichtspunkt der Vorwirkung der Enteignung ) - nach enteignungsentschädigungsrechtlichen Grundsätzen die Enteignungsentschädigung der Beteiligten zu 1 richtet (Ackerland).

c) Die Rechtsfrage des "richtigen Enteignungsbegünstigten" bei Übertragung des Baus eines Autobahnnebenbetriebes auf einen privaten Dritten, der die Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung zumessen will, ist bei dieser Sachlage hier nicht entscheidungserheblich. Keineswegs hätte nach geltendem Recht, wie die Nichtzulassungsbeschwerde meint, allenfalls eine Enteignung zugunsten des privaten Konzessionsträgers erfolgen dürfen.
§ 15 Abs. 2 Satz 6 FStrG erlaubt vielmehr in Verbindung mit § 19 FStrG, wie dargelegt, die Enteignung auf Antrag und zugunsten des Straßenbaulastträgers (Bauer aaO Rn. 55, 55.2). Soweit anklingt, bei Übertragung des Baus von Nebenbetrieben auf Private seien diese Enteignungsbegünstigte und bezüglich der Enteignung die Vorschriften über die Übertragung des Baus einer Bundesfernstraße auf Private sinngemäß anwendbar (Kastner aaO Rn. 16 i.V.m. § 19 Rn. 23 ff), ist darauf hinzuweisen, daß das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (FStrPrivFinG) in seinem Regelungsbereich ein Enteignungsrecht des Privaten vorsieht (§ 1 Abs. 3 FStrPrivFinG i.V.m. § 19 FernStrG), wogegen ein solches Recht für den Bau eines Nebenbetriebes an der Bundesautobahn dem Privaten gerade nicht eingeräumt wird (§ 15 Abs. 2 Satz 6 FernStrG).
2. Auch im übrigen wirft der Streitfall keine eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordernde entscheidungserhebliche Grundsatzfrage auf; auf die Rechtsfolgen des Unterbleibens ernsthaften Bemühens des Enteignungsbegünstigten um einen freihändigen Erwerb kommt es nicht an, weil, wie sich aus den Akten der Enteignungsbehörde ergibt, die Beteiligte zu 2 sich durchaus um einen freihändigen Erwerb bemüht hatte.
Wurm Streck Schlick Kapsa Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/04 Verkündet am:
11. Januar 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Schutzgesetzcharakter und zum Schutzbereich des § 64 EBO.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - VI ZR 34/04 – OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 12. Januar 2004 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 17. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch. Der Beklagte zu 1 überquerte mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Tieflader einen Bahnübergang. Ein auf dem Fahrzeug zu hoch verladener Bagger riß die beiden Fahrleitungsdrähte über der Gleisanlage herunter. Wegen dieses Oberleitungsschadens konnten drei Gleise der DB Netz AG von 15.07 Uhr bis 21.50 Uhr nicht benutzt werden. Zwei weitere Gleise wurden erst am nächsten Tag um 2.10 Uhr wieder freigegeben. Das Überholgleis blieb gesperrt. Die Klägerin mußte deshalb geplanten Güterzugverkehr, den sie sonst mit eigenen Elektrolokomotiven ausgeführt hätte, mit dieselbetriebenen Zugmaschinen eines anderen Eisenbahnverkehrsunternehmers bewerkstelligen. Hierfür wurden ihr 2.250 DM (1.150,41 €) in Rechnung gestellt. Nachdem die Klägerin neben diesem Betrag in erster Instanz noch weitere Schäden geltend gemacht hatte, hat sie ihre zunächst uneingeschränkt gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung auf die Kosten des Einsatzes der Dieselloks beschränkt. Das Oberlandesgericht hat der Klage insoweit stattgegeben und die Revision zugelassen, mit der die Beklagten die vollständige Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstreben.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 EBO. Der Schutzbereich des § 64 EBO erstrecke sich
auf den ungestörten Betrieb von Eisenbahnen und damit auch auf den Schutz der den Fahrweg benutzenden Verkehrsunternehmen mit ihrem Fahrbetrieb. Daran habe die Trennung von Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen nichts geändert. Werde der Fahrweg entgegen dem Verbot des § 64 EBO beschädigt und führe dies zu Kosten verursachenden Betriebsstörungen, so sei dies adäquate Folge der Beschädigung. Das Landgericht habe demgegenüber zu Recht Ansprüche der Klägerin aus einer Verletzung des Eigentums, des Besitzes , des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 StVO verneint.

II.

Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 1. Er ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insbesondere nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 EBO. Diese Norm ist zwar Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Schutzgüter der Vorschrift sind aber nur die Gesundheit und das Eigentum des Eisenbahnunternehmers und der anderen vom Eisenbahnverkehr unmittelbar berührten Personen, nicht deren allgemeine Vermögensbelange.
a) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Rechtsnorm, die zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzge-
ber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, daß die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, daß der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muß vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 100, 13, 14 f.; 103, 197, 199; ferner BGHZ 116, 7, 13; 122, 1, 3 f. jeweils m.w.N.; zuletzt Senatsurteile vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 – VersR 2004, 255 und vom 16. März 2004 – VI ZR 105/03 – VersR 2004, 1012 beide m.w.N.).
b) Bei diesem Verständnis dient § 64 EBO nicht dem Schutz der Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers. aa) Im Ausgangspunkt richtig hält das Berufungsgericht die Vorschrift allerdings für ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Gemäß § 64 EBO ist es "verboten, Bahnanlagen, Betriebseinrichtungen oder Fahrzeuge zu beschädigen …. Fahrthindernisse zu bereiten oder andere betriebsstörende oder betriebsgefährdende Handlungen vorzunehmen". Bereits für § 80 BO (Eisenbahn - Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928, RGBl. II Nr. 37 S. 541) war anerkannt, daß es sich hierbei um ein Schutzgesetz handelt (vgl. Senat, Urteil vom 21. Mai 1957 – VI ZR 95/56 – VersR 1957, 465). Dies gilt auch für den im wesentlichen inhaltsgleichen § 64 EBO (ebenso Ermann/Schiemann, BGB, 11. Aufl., § 823 Rdn. 163; Geigel/Freymann, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl., Kap. 15 Rdn. 5; Münchener Kommentar-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rdn. 360; vgl. auch Pätzold/Wittenberg/Heinrichs/Thoma, Kommentar zur EBO, 4. Aufl., § 62 Rdn. 2).
bb) Das Berufungsgericht stellt weiter darauf ab, daß die Kosten verursachende Betriebsstörung adäquate Folge der Beschädigung des Fahrwegs gewesen sei. Damit verkürzt es jedoch die Anspruchsprüfung. Denn Voraussetzung für einen Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB ist zudem stets, daß der konkrete Schaden aus der Verletzung eines Rechtsguts entstanden ist, zu dessen Schutz die Rechtsnorm erlassen wurde (vgl. Senatsurteile BGHZ 19, 114, 125 f.; 27, 137, 140, 143; 39, 366, 367 f. und vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO, 256). Dies ist im Streitfall zu verneinen. Der erkennende Senat hat zunächst für die §§ 315, 316 StGB a.F. (jetzt: § 315 StGB) ausgeführt , daß diese Vorschriften über die Eisenbahnbetriebsgefährdung nur die Gesundheit und das Eigentum des Eisenbahnunternehmers und der anderen vom Eisenbahnverkehr unmittelbar berührten Personen schützen, nicht hingegen deren allgemeine Vermögensbelange (BGHZ 19, 114, 125 f.). Diesen Grundsatz hat der erkennende Senat später auf § 80 BO erstreckt und dabei betont, daß Schutzgegenstand das konkrete Betriebsvermögen, nicht aber die Gesamtvermögenslage ist (Urteil vom 21. Mai 1957 – VI ZR 95/56 - aaO). Diese Rechtsprechung hat in der Literatur, soweit ersichtlich, nur Zustimmung gefunden (vgl. Filthaut, Haftpflichtgesetz, 6. Aufl., § 12 Rdn. 91; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 291; Staudinger/Hager, BGB, 13. Aufl., § 823 Rdn. G 26, G 45; Wussow/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 4 Rdn. 10; Tavakoli, Privatisierung und Haftung der Eisenbahn, 2001, S. 319, Fn. 1465). Bei dieser Betrachtungsweise, an der der Senat festhält, betrifft der von der Klägerin geltend gemachte Schaden, nämlich die Kosten für die notwendige Anmietung von Dieselloks wegen der Nichtbenutzbarkeit fremder Infrastruktur für Elektroloks, nicht das konkrete Betriebsvermögen und wird deshalb vom Schutzbereich des § 64 EBO nicht erfaßt. cc) Dem Wortlaut des § 64 EBO läßt sich ein weitergehender Schutzbereich der Norm entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ebensowe-
nig entnehmen wie der Stellung der Norm im sechsten Abschnitt der Verordnung , deren Überschrift „Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet der Bahnanlagen“ gleichfalls nicht auf den Schutz der Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers hinweist. Auch die Gesetzesmaterialien geben hierfür keine Anhaltspunkte (vgl. Entwurfsbegründung zur BO vom 4. November 1904 [RGBl. Nr. 47 S. 387] in Bundesratsprotokolle 1904 Nr. 112 und zur BO vom 17. Juli 1928 in Reichsratsprotokolle 1928 Nr. 72). Die in § 64 EBO angeführten, bereits in § 80 BO enthaltenen Verbote wurden bei der letzten Neufassung der EBO aus Gründen der Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit beibehalten (vgl. Amtliche Begründung zur EBO vom 28. Mai 1967 BR-Drucks. 138/67 S. 51). Durch die Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das AEG vom 27. Dezember 1993 hat der Schutzbereich des § 64 EBO keine Erweiterung erfahren. Bereits zuvor gab es nicht bundeseigene Eisenbahnen, die ihre Leistungen unter Inanspruchnahme fremder Infrastruktur erbrachten. Daß die Beachtung der Vorschrift den Vermögensinteressen des Eisenbahnunternehmers zugute kommen kann, ist nach allem lediglich ein Reflex der Norm, der für die Annahme des Schutzgesetzcharakters zu Gunsten eben dieser Vermögensinteressen nicht ausreicht. 2. Die Klage erweist sich auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als begründet. Wird die Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeugs dadurch beeinträchtigt, daß eine bestimmte Strecke durch eine nicht gezielt gegen das Fahrzeug gerichtete Handlung für dieses vorübergehend unbefahrbar wird, haftet der Schädiger nicht aus § 823 Abs. 1 BGB für einen hieraus resultierenden Vermögensschaden des Fahrzeugeigentümers. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, von dem Grundsatz abzurücken, daß Ersatz für mittelbaren Vermögensschaden, den ein Dritter bei Verletzung eines fremden Rechtsgutes durch bloße Reflexwirkung erleidet, im Regelfall nicht geschuldet wird (vgl. Senat BGHZ 66, 388, 391).

a) Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung des Eigentums an ihren Elektroloks verneint. Eine Eigentumsverletzung kann zwar nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen, etwa wenn ein Fahrzeug jede Bewegungsmöglichkeit verliert und seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird (vgl. Senatsurteile vom 5. Juni 1990 - VI ZR 359/89 – VersR 1991, 105, 106; vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02 - aaO, 257 sowie BGHZ 55, 153, 159; vgl. ferner BGH, Urteil vom 7. Juni 1979 – II ZR 132/77 - LM Nr. 27 zu § 823 [Ac]). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn das Fahrzeug unter Beibehaltung seiner Bewegungsmöglichkeit im übrigen nur wenige Stunden an einer konkret geplanten Fahrt gehindert und dadurch lediglich seine wirtschaftliche Nutzung vorübergehend eingeengt wird (Senatsurteile vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 – VersR 1977, 965, 967; vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - aaO; vgl. auch BGHZ 86, 152, 154 f.). Die bloße Sperrung eines bestimmten Weges stellt grundsätzlich keine Verletzung des Eigentums an dem betroffenen Transportmittel dar (Zeuner, in FS für Werner Flume, 1978, 775, 785). Die geltend gemachte Beeinträchtigung der Klägerin besteht allein darin, daß sie ihre Elektroloks über einen Zeitraum von maximal elf Stunden nicht wie geplant einsetzen konnte. Die Elektroloks waren durch die Nichtbenutzbarkeit der Gleise in ihrer Eigenschaft als Transportmittel nicht betroffen und wurden damit ihrem natürlichen Gebrauch nicht entzogen. Die Möglichkeit, gerade die durch die Beschädigung der Oberleitung für Elektroloks blockierten Schienen zu befahren, wird vom Zuweisungsgehalt des Eigentums an den Loks nicht umfaßt. Denn die dem Eigentümer gemäß § 903 BGB zustehende Befugnis, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren, schließt nicht auch das Recht ein, zu diesem Zweck gerade Sachen Dritter zu benutzen (Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., § 76 II 3 c).
In dieser Beeinträchtigung ist deshalb kein Eingriff in das Eigentum an den Loks zu sehen, sondern eine Behinderung der Klägerin in der Ausübung des ihr als Eisenbahnverkehrsunternehmer am Schienenweg eines öffentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmers im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (§ 14 Abs. 1 und 3 AEG) zustehenden Rechts auf diskriminierungsfreie Benutzung. Dieses Recht ist ähnlich dem Recht auf ungehinderten Zugang zur öffentlichen Infrastruktur im übrigen (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76 - aaO; BGHZ 55, 153, 160; 86, 152, 156, 158; Ermann /Schiemann, aaO, Rdn. 44; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 823 Rdn. 32 a; Staudinger/Hager, aaO, Rdn. B 185 m.w.N. auch für die abweichende Meinung) kein absolutes Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. An dieser Betrachtungsweise ändert sich auch nichts dadurch, daß es vor der konkreten Nutzung der Schiene zusätzlich des Abschlusses eines Vertrages zwischen Eisenbahninfrastrukturunternehmer und Eisenbahnverkehrsunternehmer bedarf. Denn das der Klägerin gegenüber der DB Netz AG aufgrund des Trassennutzungsvertrages (§ 14 Abs. 4 AEG) zustehende Recht auf Trassennutzung genießt gleichermaßen keinen Schutz durch § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senat BGHZ 29, 65, 73 f.; BGHZ 12, 308, 317 f.; Ermann/Schiemann, aaO, Rdn. 36; Münchener Kommentar-BGB/Wagner, aaO, Rdn. 154 f.; Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 823 Rdn. 11; RGRK/Steffen, aaO, Rdn. 26; Staudinger/Hager, aaO, Rdn. B 160).
b) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Besitzes. aa) Bereits im Ausgangspunkt fraglich ist die Auffassung der Revisionserwiderung , die Klägerin könne durch die tatsächliche Nutzung von Oberleitung und Schienen der DB Netz AG mit einer Elektrolok Besitz an diesen erlangen. Denn die hierfür erforderliche tatsächliche Herrschaft über die Sache muß nach
h.M. auf eine gewisse Dauer angelegt sein (vgl. RGZ 74, 146, 149; 75, 221, 223; Ermann/Lorenz, aaO, § 854 Rdn. 3; Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 854 Rdn. 8; Staudinger/Bund, BGB, Neubearbeitung 2000, § 854 Rdn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. April 1975 – 2 StR 60/75 – MDR 1975, 680, 681; kritisch Münchener Kommentar-BGB/Joost, aaO, § 854 Rdn. 11 f.). Die Elektroloks der Klägerin kommen bei der Benutzung des Schienenweges aber nur für kurze Zeit mit Oberleitung und Schiene in Berührung. Selbst wenn man die Möglichkeit der Besitzerlangung durch Befahren bejahen wollte, hatte die Klägerin im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses eine solche Beziehung zur Sache noch gar nicht begründet. Denn sie stützt ihr Begehren ja gerade auf die Verhinderung der Nutzung. bb) Auch der Besitz der Klägerin an den Elektroloks wurde nicht verletzt. Der Verweis der Revisionserwiderung auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 04. November 1997 (BGHZ 137, 89) geht fehl. Danach kann es zwar eine Rechtsgutverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, wenn der berechtigte Besitz gerade dazu dienen soll, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen und der Besitzer an eben dieser Nutzung durch einen rechtswidrigen Eingriff gehindert wird. Mit dieser Entscheidung hat der Senat indes lediglich die unter 2. a) aufgestellten Grundsätze zur Eigentumsverletzung durch den Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs auf den Besitz übertragen (vgl. aaO 98). Eine Ausdehnung des Besitzschutzes über den Eigentumsschutz hinaus war damit nicht gewollt, so daß auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Ohnehin ist jener Sachverhalt, nämlich der vollständige Ausschluß des Besitzers an der Nutzung von Baumaschinen durch die Blockade eines Geländes über zwei volle Arbeitstage, im Hinblick auf Dauer und Intensität der Beeinträchtigung mit dem Streitfall nicht vergleichbar.

c) Auch ein Anspruch der Klägerin wegen Verletzung ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kann nicht festgestellt werden. Der Senat hat bereits mehrfach betont, daß der von der Rechtsprechung erarbeitete Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht in einen allgemeinen deliktischen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern darf, der dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde. Deshalb bedarf es für eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes des Erfordernisses eines unmittelbaren Eingriffs in dem Sinne, daß der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft (Senatsurteile BGHZ 29, 65, 70 f., 74; vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 - aaO und vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - aaO; vgl. auch BGHZ 55, 153, 161 f.; 86, 152, 156 ff.). Um einen derart betriebsbezogenen Eingriff handelt es sich bei dem Schaden an der Oberleitung der DB Netz AG nicht. Die Beschädigung stand nicht in einer direkten Beziehung gerade zu dem Gewerbebetrieb der Klägerin. Die dadurch bewirkte Sperrung der Gleise für die Elektroloks der Klägerin war eine mehr zufällige und allgemeine Folge des Schadensereignisses. Eine solche wird von dem Schutzbereich, den die Rechtsprechung dem Gewerbebetrieb zuerkennt, nicht umfaßt. Der Streitfall ist jenen Schadensfällen vergleichbar, in denen bei Baggerarbeiten ein Stromkabel zerrissen und dadurch die Stromzufuhr für die durch das Kabel versorgten Betriebe unterbrochen wurde wie der vorübergehenden Sperrung von Straßen oder Wasserstraßen für Fahrzeuge des Gewerbetreibenden. Für solche Fallgestaltungen ist ein betriebsbezogener Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint worden (vgl. zu den Stromkabelfällen: Senat BGHZ 29, 65, 74 f.; 66, 388, 393 f., Urteil vom 12. Juli 1977 – VI ZR 136/76 – VersR 1977, 1006, 1007; zur Straßenbenutzung vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 1977 – VI ZR 58/76 - und
vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 - beide aaO; zum Fleetfall: BGHZ 55, 153, 161). Die Befahrbarkeit von Gleisen gehört ebensowenig zum Gewerbebetrieb eines Eisenbahnverkehrsunternehmers wie die Befahrbarkeit einer Straße zum Gewerbebetrieb eines Spediteurs oder die Schiffbarkeit einer Wasserstraße zum Gewerbebetrieb eines Schiffahrttreibenden gehört. Die zeitweilige Sperrung von Gleisen, die auch andere Eisenbahnverkehrsunternehmer treffen kann, greift daher nicht in deren Gewerbebetrieb ein. Wenn die Revisionserwiderung im Streitfall eine andere Beurteilung deshalb Platz greifen lassen will, weil die Gleisanlagen nur einigen wenigen Eisenbahnverkehrsunternehmern zur Verfügung stünden und im Rahmen des zur Nutzung berechtigenden Zeitfensters sogar nur jeweils einem, kann dem nicht beigepflichtet werden. Es kann dahinstehen, inwieweit die Anzahl der nutzungsberechtigten Gewerbetreibenden überhaupt Einfluß auf die Zuordnung der Nutzung einer Sache zum Gewerbebetrieb haben kann. Das Schienennetz der DB Netz AG wird jedenfalls nicht nur von einigen wenigen, sondern von über 200 verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmern befahren. Es kann von jedem Eisenbahnverkehrsunternehmer aus der Bundesrepublik Deutschland und - auf Basis der Gegenseitigkeit - auch von Eisenbahnverkehrsunternehmern aus anderen Staaten der Europäischen Union genutzt werden (§ 14 Abs. 1 und 3 AEG). Das Berufungsgericht stellt daher zu Recht darauf ab, daß sich die von der DB Netz AG angebotenen und vermarkteten Güter, nämlich Fahrweg und Fahrstrom, in der Sache nicht wesentlich von der Lieferung von Allgemeinstrom unterscheiden. Das Bestehen vertraglicher Bindungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Infrastruktur kann nicht dazu führen, die Befahrbarkeit einer von einem Eisenbahnverkehrsunternehmer im Rahmen der Erfüllung vertraglicher Pflichten zu benutzenden Trasse als zum Bereich seines Gewerbebetriebes gehörend anzusehen. Darüber, was dem Bereich des Gewerbebetriebes eines Eisenbahn-
verkehrsunternehmers zuzurechnen ist, kann nämlich nicht der von der jeweiligen Marktlage bzw. den Verträgen mit Dritten abhängige Einsatz eines oder mehrerer Loks auf bestimmten Trassen entscheiden (vgl. insoweit BGHZ 55, 153, 161 f.). Unabhängig davon hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Klägerin nicht als einziges Verkehrsunternehmen habe betroffen sein können, da die Strecke Braunschweig-Hannover auch für Personenverkehr genutzt werde. 3. Die Vorinstanzen haben ferner Ersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 StVO verneint. Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revisionserwiderung nicht beanstandet.

III.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da für eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und unter Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils insgesamt die Klage abweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.