Oberlandesgericht Köln Urteil, 19. Mai 2015 - 15 U 208/14
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.11.2014 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln (28 O 211/14) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung und Richtigstellung eines nach seiner Auffassung in einem Fernsehbeitrag der Beklagten vom 28.02.2014 (Sendung „F“) über den Wiener Opernball erweckten Eindrucks, nämlich dass er zu Unrecht geleugnet habe, bei einer Schlägerei (zwischen einem Begleiter des Klägers, Herrn K., und einem Besucher des Opernballs [Herrn P.]) zugegen gewesen zu sein.
4Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in der angegriffenen Entscheidung (Bl. 76 ff. d.A.) sowie das vom Kläger vorgelegte Transskript des streitgegenständlichen Fernsehbeitrages (Anlage K3) Bezug genommen.
5Mit dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht die Beklagte in der Hauptsache antragsgemäß verurteilt,
61. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an der Geschäftsführung, zu unterlassen,
7durch die Berichterstattung
8„Und plötzlich hat er auch Erinnerungslücken, was die Schlägerei angeht. ‚Ich hab das nicht mitbekommen,…‘ Seltsam, auf unseren Bildern ist K die ganze Zeit im Dialog mit seinem aggressiven Angreifer“
9den Eindruck zu erwecken, der Kläger wäre bei der Schlägerei zugegen gewesen und würde dies später leugnen,
10wenn dies geschieht wie in der Sendung „F“ vom 28.2.2014 auf dem Fernsehsender S,
11sowie
122. in der nächstfolgenden Sendung „F“ an gleicher Stelle, in der der beanstandete Beitrag veröffentlicht und gesendet wurde, ohne Einschaltungen und Entlassungen die folgende Richtigstellung zu verlesen:
13Richtigstellung
14in der Sendung „F“ auf S haben wir am 28.2.2014 einen Beitrag über den Wiener Opernball ausgestrahlt und Berichten über einen Dialog zwischen K und Herrn P. sowie über eine körperliche Auseinandersetzung eines Begleiters von K und Herrn P. In Bezug auf diese körperliche Auseinandersetzung heißt es bezüglich K: „Und plötzlich hat er auch Erinnerungslücken, was die Schlägerei angeht.“ Auf die anschließende Äußerung Ks hin, er habe nichts mitbekommen, heißt es: „Seltsam, auf unseren Bildern ist K die ganze Zeit im Dialog mit seinem aggressiven Angreifer.“
15Hierzu stellen wir richtig:
16Der erweckte Eindruck, K wäre bei der Schlägerei zugegen gewesen und würde dies später leugnen, ist falsch.
17Die Redaktion
18Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 BGB sowie ein Richtigstellungsanspruch gemäß §§ 1004 analog, 823 Abs. 1 BGB zustehe.
19Zwar werde die Behauptung, der Kläger sei bei der Schlägerei dabei gewesen und würde dies später abstreiten, nicht ausdrücklich aufgestellt. Durch das Zusammenspiel der Einblendungen und der Kommentare seitens der Off-Stimme werde aber beim Zuschauer „zwischen den Zeilen“ unabweislich ein entsprechender Eindruck erweckt. Zum einen suggeriere bereits der Begriff „Erinnerungslücke“, dass sich der Betreffende eigentlich erinnern können müsse, also bei dem Ereignis, auf das sich die (fehlende) Erinnerung beziehe, zugegen gewesen sei. Zum anderen werde die Äußerung des Klägers als „seltsam“ bezeichnet und darauf Bezug genommen, dass der Kläger „die ganze Zeit im Dialog mit seinem aggressiven Angreifer“ gewesen sei. Das verstärke den Eindruck, dass die Darstellung des Klägers, er habe nichts mitbekommen, unwahr sei, zumal die ohne Ton eingespielten Bilder der verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und P. suggerierten, dass die gleichzeitig ausgestrahlte Stellungnahme des Klägers („nichts mitbekommen“) nicht zutreffen könne. Hiergegen könne nicht eingewandt werden, dass sich der wirkliche Ablauf, wonach der Kläger nur den ersten - verbalen - Teil der Auseinandersetzung miterlebt und sich vor dem zweiten - körperlichen - Teil, der nur zwischen P. und K. stattgefunden habe, räumlich entfernt habe, aus der Berichterstattung selbst ergebe. Zutreffend sei daran allein, dass der erste Teil der Berichterstattung - vor der Zäsur - diese Abläufe korrekt wiedergebe. Insofern setze sich aber die Berichterstattung der Beklagten im ersten und im zweiten Teil in einen unauflöslichen Widerspruch zu sich selbst. Mit diesem Widerspruch könne indes nicht begründet werden, dass der im zweiten Teil der Berichterstattung erweckte Eindruck aufgrund der widersprechenden Passagen im ersten Teil nicht unabweislich entstehe. Aufgrund des Gesamtbildes der Berichterstattung sei es nämlich vielmehr so, dass der Zuschauer für die am Ende der streitgegenständlichen Passagen fallenden Äußerungen („Erinnerungslücken“, „seltsam“) nur eine Erklärung finde, nämlich die, dass der Kläger die Unwahrheit sage, wenn er angebe, sich an die Sache nicht erinnern zu können. Demgegenüber verblasse die früher mitgeteilte Information, wonach der Kläger bei Beginn der körperlichen Auseinandersetzung den Raum bereits verlassen habe. In der in diesem Zusammenhang seitens der Off-Stimme mitgeteilten Information „bekommt der Moderator nichts mehr mit“ sei ebenfalls keine Klarstellung zu sehen, da sich diese Äußerung nur auf die abschließenden Worte P.s („Ein Arzt! Ein Arzt! …“), nicht aber auf die Schlägerei als solche beziehe.
20Der erweckte Eindruck sei auch unwahr. Unstreitig habe der Kläger die Schlägerei nicht mitbekommen, so dass sich seine diesbezügliche Äußerung als wahrheitsgemäße Wiedergabe seiner Erinnerung darstelle. Die wiedergegebenen Äußerungen des Klägers bezögen sich nur auf eine ihm zum Äußerungszeitpunkt noch unbekannte Schlägerei, nicht dagegen auf den von ihm miterlebten verbalen Teil der Auseinandersetzung. Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger auf diesen Teil der Auseinandersetzung angesprochen worden wäre, als er angegeben habe, nichts mitbekommen zu haben. Die Auffassung der Beklagten, wonach der Begriff der Schlägerei durchaus auch das „Vorfeld“ der körperlichen Auseinandersetzung, hier also das Streitgespräch zwischen dem Kläger und P. umfasse, sei nach Auffassung der Kammer fernliegend.
21Die Richtigstellung sei zur Beseitigung einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung des Klägers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beklagten notwendig. Dass der Kläger zu Unrecht als Lügner dargestellt werde, schmälere in erheblichem Maße seine Glaubwürdigkeit und präge sein Bild beim Publikum nachhaltig negativ. Mit der hier streitgegenständlichen unwahren Behauptung werde zugleich die Charakterfestigkeit des Klägers infrage gestellt, weswegen es nicht entscheidend darauf ankomme, dass der streitgegenständliche Beitrag sich zu einem tagesaktuellen Ereignis verhalte. Die durch Infragestellung charakterlicher Merkmale ausgelöste Rufbeeinträchtigung wirke vielmehr unabhängig von einem aktuellen Berichterstattungsanlass fort, so dass zur Beseitigung der Beeinträchtigung die Richtigstellung seitens des Äußernden erforderlich sei.
22Wegen der weiteren Begründung wird ergänzend auf die angegriffene Entscheidung (Bl. 76 ff. d.A.) Bezug genommen.
23Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter.
24Sie meint, der Beitrag zeige - im ersten Teil - deutlich, dass der Kläger sich schon vor dem Faustschlag entfernt habe. Das Wort „Erinnerungslücke“ sei im Beitrag auf ironische Art und Weise betont und provokant; der Begriff sei auch in Bezug auf die Schlägerei weit und in dem Sinne zu verstehen, dass der Verweis auf Erinnerungslücken dazu diene, noch einmal nachzuhaken und die Erinnerungen des Klägers bezüglich des Gesamtgeschehens zu erfahren. Der Begriff Schlägerei bezeichne nicht bloß den Faustschlag (des Begleiters des Klägers). Vielmehr sei der Kläger noch einmal mit dem Gesamtgeschehen konfrontiert worden. Die anschließende Äußerung des Klägers, er habe nichts mitbekommen, habe dieser selbst erläutert, und zwar in dem Sinne, dass er sich zuvor entfernt habe. Erinnerungslücken reklamiere die Beklagte, weil der Kläger das Streitgespräch vor dem Faustschlag verharmlost und vorgegeben habe, sich nach dem ersten Antippen entfernt zu haben. Die enge Auslegung des Landgerichts, wonach es fernliegend sei, dass mit dem Begriff der Schlägerei durchaus auch das „Vorfeld“ der körperlichen Auseinandersetzung, hier also das Streitgespräch mit dem Kläger und dem Angreifer umfasst sei, werde dem Schutz der Pressefreiheit nicht gerecht. Der vom Kläger reklamierte Eindruck werde jedenfalls nicht unabweislich erweckt; vielmehr seien weitere Interpretationsmöglichkeiten denkbar. Insbesondere die Äußerung der Off-Stimme „Seltsam, auf unseren Bildern ist K die ganze Zeit im Dialog mit seinem aggressiven Angreifer“ und die hierzu gezeigten Bilder des Dialogs würden deutlich machen, dass sich die behaupteten Erinnerungslücken genau hierauf bezögen. Jedenfalls angesichts des Kontexts der weiteren Berichterstattung, nämlich vor allem der zutreffenden bildlichen Wiedergabe des Umstands, dass der Kläger das Geschehen unmittelbar vor dem Faustschlag verlassen habe, im ersten Teil des Beitrages entstehe der vom Kläger reklamierte Eindruck nicht unabweislich; es handele sich bloß um eine Überspitzung der Sprecherin aus dem Off.
25Der Kläger habe ferner keinen Anspruch auf Richtigstellung, weil es an einer fortdauerenden Beeinträchtigung des Klägers fehle. Dies zeige sich bereits darin, dass der Kläger sich vorgerichtlich - unstreitig - bei Kostenerstattung mit einer nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung einverstanden erklärt hatte.
26Die Beklagte beantragt,
27das Urteil des Landgerichts Köln vom 19.11.2014 - 28 O 211/14 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
28Der Kläger beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er verteidigt das angegriffene Urteil. Er meint, die Unabweislichkeit des Eindrucks folge insbesondere aus den Formulierungen „plötzlich“, „Erinnerungslücken“ und „Seltsam…auf unseren Bildern ist er die ganze Zeit im Dialog mit seinem aggressiven Angreifer“ sowie aus dem Umstand, dass der Zuschauer nicht wissen könne, ob der Kläger von der Schlägerei etwas mitbekommen habe.
31Gerade die Einleitung mit dem Hinweis, dass der Kläger von einer (zuvor berichteten) Grapsch-Attacke auf L nichts mitbekommen habe, und der anschließenden Betonung der Erinnerungslücken verstärke den Eindruck, dass der Kläger etwas, nämlich seine Anwesenheit leugne. Nichts anderes gelte für den anschließenden Hinweis, es sei seltsam, dass der Kläger nichts mitbekommen habe.
32Fehl gingen die Ausführungen der Beklagten zum Begriff Schlägerei; dieser sei eindeutig, bezeichne nämlich eine körperliche Auseinandersetzung. Der Durchschnittsrezipient fasse den Hinweis im Beitrag der Beklagten zu den „Erinnerungslücken, was die Schlägerei angeht“, dahin auf, dass es um den Faustschlag (des Begleiters des Klägers) gehe, der auch Thema der Befragung des Klägers im Beitrag der Beklagten gewesen sei. Der Kläger werde von der Beklagten so dargestellt, als „tue er nur so“ und leugne nachträglich seine Anwesenheit beim Faustschlag. Vor dem Faustschlag habe es keine „Schlägerei“ gegeben, sondern nur eine verbale Auseinandersetzung, auch wenn Herr P. mit dem Finger auf den Kläger zeige. Die eingespielten Bildern suggerierten, dass der Kläger etwas mitbekommen haben müsse; jedenfalls lasse sich den Eingangsszenen das Gegenteil nicht entnehmen. Ausdrücklich angeführt sei im Beitrag lediglich, dass der Kläger „von den Worten“ des Herrn P. nichts mitbekommen habe, was sich auf dessen Äußerungen nach dem Faustschlag beziehe. Ohnehin sei eine Erinnerung an die Eingangsszenen für den Zuschauer aufgrund des zeitlichen Ablaufs und der Zäsur bereits verblasst.
33Der Kläger habe auch einen Richtigstellungsanspruch, weil er als Lügner dargestellt werde, was sein Ansehen schmälere und sein Persönlichkeitsbild verfälsche.
34II.
35Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
361.
37Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK. Anders als der Kläger und das Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass im streitgegenständlichen Beitrag der Beklagten nicht der Eindruck erweckt wird, der Kläger sei bei der Schlägerei zugegen gewesen und leugne dies später.
38a) Tatsachen können nicht nur ausdrücklich, sondern auch "versteckt" bzw. "zwischen den Zeilen" behauptet werden.
39aa) Bei der Ermittlung solcher verdeckten Aussagen ist zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Rezipient eigene Schlüsse ziehen kann und soll und der eigentlich „verdeckten“ Aussage, mit der der Äußernde durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht oder sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die verdeckte Aussage einer offenen Behauptung gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Rezipient aus den ihm offen mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offene Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2005 - VI ZR 204/04 -, NJW 2006, 601Rn. 17).
40bb) Kann der Rezipient aus einem Sachverhalt mehrere Schlüsse ziehen, fehlt es an einer „unabweislichen Schlussfolgerung“, die es erlaubt, die verdeckte Äußerung einer offenen Behauptung gleichzustellen. In diesem Fall besteht ein Unterlassungsanspruch auch nicht unter Berücksichtigung der Stolpe-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu mehrdeutigen Tatsachenbehauptungen (vgl. BVerfGE 114, 339). Denn diese ist bei verdeckten Aussagen nicht anwendbar. Nach der im Anschluss an die Stolpe-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Urt. v. 22.11.2005 - VI ZR 204/04, NJW 2006, 601), der auch der Senat folgt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 27.5.2014 – 15 U 3/14, AfP 2014, 463), würde die uneingeschränkte Übertragung der Grundsätze der Stolpe-Rechtsprechung auf verdeckte Aussagen den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit gefährden. Die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs gegen mehrdeutige offene Tatsachenbehauptungen beruht maßgeblich auf der Überlegung, dass der sich Äußernde die Möglichkeit hat, sich klar und eindeutig auszudrücken und dadurch Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch nach dem Verständnis des Durchschnittsrezipienten nicht fernliegende Deutungsvarianten zu vermeiden. Dies wäre jedoch bei verdeckten Äußerungen entweder nicht möglich oder jedenfalls mit unverhältnismäßigen Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit verbunden, weil es regelmäßig dem Einflussbereich des sich Äußernden entzogen ist, welche einzelnen Schlussfolgerung der Rezipient aus zutreffend dargestellten Fakten zieht. Daher ist unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtspositionen eine Annahme verdeckter Tatsachenbehauptungen nur hinsichtlich sich als unabweislich aufdrängender Schlussfolgerungen gerechtfertigt und es sind im Übrigen Unterlassungsansprüche zu verneinen, weil es „mehrdeutige“ verdeckte Tatsachenbehauptungen nach diesem Verständnis schon nicht geben kann (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.2013 - 15 U 130/13, AfP 2014, 70; LG Hamburg, Urt. v. 1.10.2010 – 324 O 3/10, AfP 2011, 394; Soehring, Presserecht, 5. Auflage, § 16 Rn. 44 d).
41b) Nach Auffassung des Senats wird im Beitrag der Beklagten dem Rezipienten nicht als unabweisliche Schlussfolgerung nahe gelegt, der Kläger sei bei der Schlägerei zugegen gewesen und leugne dies später.
42Der Kläger stützt sich insoweit vor allem auf die Äußerung der Off-Stimme „Und plötzlich hat er auch Erinnerungslücken, was die Schlägerei angeht.“, die den - soweit der Kläger betroffen ist - zweiten Teil des Beitrags einleitet. Selbst wenn ein durchschnittlicher Zuschauer die diesbezügliche Bezugnahme auf die „Schlägerei“ ausschließlich dahin verstehen würde, dass damit der Faustschlag seines Begleiters gemeint ist, wird nicht unabweislich der Eindruck erweckt, dass der Kläger beim Faustschlag zugegen war. Allenfalls wird dem Kläger unterstellt, er habe den Faustschlag wahrgenommen.
43c) Dem Zuschauer wird aber auch nicht als unabweisliche Schlussfolgerung nahe gelegt, dass der Kläger den Faustschlag wahrgenommen habe und dies leugne, worauf der Kläger seinen Anspruch wohl in der Sache stützen will.
44aa) Allerdings legt die Äußerung „Und plötzlich hat er auch Erinnerungslücken, was die Schlägerei angeht“ zunächst tatsächlich nahe, dass der Kläger sich an etwas erinnern müsste, was er wahrgenommen hat. Jedoch wird nicht unabweislich nahe gelegt, dass der Faustschlag des Begleiters des Klägers gemeint ist, auch nicht durch die Bezugnahme auf „die Schlägerei“.
45Zwar ist dem Kläger insoweit zuzustimmen, dass der Begriff „Schlägerei“ eine körperliche und nicht eine verbale Auseinandersetzung meint. Zugleich bezeichnet eine „Schlägerei“ im Allgemeinen aber mehr als bloß einen einzelnen Faustschlag, nämlich eine körperliche Auseinandersetzung zwischen mindestens zwei Personen mit wechselseitigen Tätlichkeiten (laut Duden [online-Ausgabe]: heftige, oft brutale tätliche Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Personen; vgl. auch Stree/Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage 2014, § 231 StGB Rn. 2a). Da es aber - für den Zuschauer im ersten Teil des Beitrags erkennbar - weder wechselseitige Tätlichkeiten noch mehr als einen Faustschlag gab, passt der von der Beklagten verwendete Begriff Schlägerei nicht. Deswegen ist er nicht unabweislich in dem Sinne zu verstehen, dass er eindeutig den einzelnen Faustschlag des Begleiters des Klägers bezeichnet. Vielmehr ist es nach Auffassung des Senats nicht fernliegend, dass die Beklagte mit dem Begriff Schlägerei überspitzt auch das dem Faustschlag vorhergehende Geschehen bezeichnet, an dem der Kläger beteiligt war, zumal Herr P. bereits in der verbalen Auseinandersetzung mit dem Kläger übergriffig zu werden drohte, was der Kläger mit dem wiederholten Hinweis „Kein Körperkontakt“ zu vermeiden suchte.
46bb) Selbst wenn man aber die Bezugnahme auf die „Schlägerei“ im Sinne des Klägers, nämlich als Bezeichnung des Faustschlags verstehen wollte, wird hierdurch dem Zuschauer nicht unabweislich die Schlussfolgerung nahe gelegt, der Kläger habe den Faustschlag wahrgenommen.
47(1) Zum einen legt der erste Teil des Fernsehbeitrags gerade das Gegenteil nahe, in welchem das dem Faustschlag vorhergehende Geschehen und damit insbesondere auch gezeigt wird, dass der Kläger Herrn P. und den Ort des Geschehens verlässt. In den nachfolgenden Sequenzen zur Attacke des Herrn P. auf den Begleiter des Klägers mit Wein, die zugleich von der Off-Stimme ausdrücklich als eine solche beschrieben wird, sowie denjenigen zum Faustschlag selbst, wird der Kläger nicht mehr gezeigt. Zwar kann der Zuschauer allein deswegen nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass der Kläger den Faustschlag aus einiger Entfernung nicht doch mitbekommen hat, zumal die Off-Stimme im Beitrag ausdrücklich nur darauf hinweist, dass der Kläger „von diesen Worten“, nämlich den dem Faustschlag unmittelbar nachfolgenden Äußerungen des Herrn P. „nichts mitbekommen hat“. Nahe gelegt wird dem Zuschauer aber aus den vorgenannten Gründen schon, dass der Kläger den Faustschlag nicht wahrgenommen hat.
48(2) Zum anderen wird im Anschluss an den Vorwurf von Erinnerungslücken darauf hingewiesen, es sei „seltsam“, dass der Kläger „auf unseren Bildern die ganze Zeit im Dialog mit seinem aggressiven Angreifer“ sei, und der Kläger in der verbalen Auseinandersetzung mit Herrn P. gezeigt. Gerade dies legt für den Zuschauer nahe, dass im Beitrag mit „Erinnerungslücken, was die Schlägerei angeht,“ eben auch das Vorgeschehen, nämlich die sich auf einen „Dialog“ beschränkende Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und Herrn P. gemeint ist und dem Kläger insoweit Erinnerungslücken vorgeworfen werden. Es kommt hinzu, dass im Anschluss an den Vorwurf der „Erinnerungslücken“ und im Zusammenhang mit den Sequenzen des „Dialogs“ zwischen dem Kläger und Herrn P. die Äußerung des Klägers wiedergegeben wird, er sei „weggegangen“ und „das“ sei „nicht seine Welt“, was zugleich nicht ausdrücklich in Zweifel gezogen, sondern von der Interviewerin mit „ignoriert man“ kommentiert wird, wozu der Kläger nochmals Ausführungen macht.
49(3) Der Kläger kann sich zuletzt nicht mit Erfolg darauf berufen, der erste Teil des Beitrags sei für den Zuschauer bereits verblasst als dem Kläger im zweiten Teil Erinnerungslücken vorgeworfen werden. Der zweite Teil des Beitrages kann bereits deswegen nicht isoliert betrachtet werden, weil er ohne den ersten Teil überhaupt nicht verständlich ist. Ferner ist wegen des engen thematischen und zeitlichen Zusammenhangs - kaum 2 Minuten nach dem ersten Teil und trotz der „Zäsur“ durch andere Themen (Q und L) - nicht davon auszugehen, dass ein Durchschnittsrezipient den ersten Teil des Beitrags nicht mehr hinreichend genau in Erinnerung hat, zumal auf eine „Fortsetzung“ hingewiesen wird. Schließlich ist ohnehin zweifelhaft, ob der Zuschauer angesichts der Kürze des Beitrages und der schnellen Schnittfolge überhaupt die vom Kläger reklamierten sprachlichen Einzelheiten mitbekommt, die den behaupteten Eindruck erwecken sollen.
502.
51Mangels verdeckter Behauptung einer unwahren Tatsache hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Richtigstellung nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK. Deswegen kann auch dahin stehen, ob die weiteren Voraussetzungen eines Berichtigungsanspruchs gegeben sind, insbesondere der Kläger eine fortbestehende Ansehensminderung von erheblichem Gewicht zu befürchten hat.
523.
53Die geltend gemachten Nebenansprüche hat der Kläger mangels Anspruchs in der Hauptsache nicht.
544.
55Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
565.
57Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs; der Senat hat im Einzelfall über die Erweckung eines Eindrucks entschieden.
58Berufungsstreitwert: 60.000,00 €.
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ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 19. Mai 2015 - 15 U 208/14
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger, ein katholisches Erzbistum, dessen Kardinal und ein Prälat, nehmen den Beklagten, einen Journalisten, auf Unterlassung wörtlicher oder sinngemäßer Tatsachenbehauptungen dahingehend in Anspruch, den Klägern sei es aufgrund eines an sie gerichteten Briefes einer Frau D. vom 18. September 1996 möglich gewesen, den Schwangerschaftsabbruch einer angeblich von einem Pfarrer geschwängerten Minderjährigen zu verhindern, außerdem hätten sie den Pfarrer, der die angebliche Sexualbeziehung zu der Minderjährigen erpresst habe, aus seinem Amt entfernen können. Sie behaupten, der Beklagte habe diese Tatsachenbehauptungen versteckt in zwei Zeitungsartikeln und einem Rundfunkbeitrag, die alle Ende 1996 erschienen sind, aufgestellt.
- 2
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das in NJW-RR 1998, 1175 veröffentlichte Berufungsurteil, mit dem die Berufung des Beklagten nur hinsichtlich des Klägers zu 3 wegen fehlender Aktivlegitimation erfolgreich gewesen , im übrigen jedoch zurückgewiesen worden war, ist vom Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1942) wegen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen worden. Die Kläger haben den Beklagten nunmehr auf Unterlassung verschiedener Äußerungen in Anspruch genommen, aus denen sie die versteckten Aussagen im Sinne des ursprünglichen Antrages herleiten. Die Berufung ist weitgehend ohne Erfolg geblieben; das Berufungsgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben mit der Einschränkung, dass dem Beklagten die Verbreitung der beanstandeten verdeckten Tatsachenbehauptungen, wie in den zwei 1996 erschienenen Artikeln und dem am 24. November 1996 gesendeten Rundfunkbeitrag geschehen, verboten werde ohne den klarstellenden Zusatz, dass den Klägern weder der Name des betroffenen Mädchens noch der des Pfarrers bekannt gewesen, weil von Frau D. nicht mitgeteilt worden sei. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Klageabweisung auch gegenüber den Klägern zu 1, 2 und 4.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht bejaht einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB, da der Beklagte in den zwei 1996 veröffentlichten Artikeln und dem am 24. November 1996 ausgestrahlten Rundfunkbeitrag in verdeckter Form unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, welche geeignet seien, das Ansehen der Kläger in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen.
- 4
- So habe der Kläger im Radiobeitrag die verdeckten und unrichtigen Tatsachenbehauptungen aufgestellt, die Kläger hätten aufgrund eines Schreibens von Frau D. vom 18. September 1996, in dem diese das Bistum darüber informierte , dass eine Jugendliche aufgrund einer erpressten Sexualbeziehung zu einem katholischen Pfarrer schwanger geworden sei und nach Beratung diese Schwangerschaft in den nächsten Tagen abbrechen werde, die Möglichkeit gehabt , unmittelbar Kontakt mit der Betroffenen aufzunehmen und den Schwangerschaftsabbruch zu verhindern, sowie, den Klägern sei der Name des beschuldigten Pfarrers bekannt gewesen, so dass sie ihn aus dem Amt hätten entfernen können.
- 5
- In dem Artikel für die Zeitschrift "Die Woche" seien die beiden verdeckten Behauptungen ebenfalls aufgestellt worden, während im Artikel in der Zeitschrift "Kirche intern" nur die erste (bezüglich der Kontaktaufnahmemöglichkeit) aufgestellt worden sei.
- 6
- Der Beklagte habe dabei verschwiegen, dass der Kläger zu 4 unstreitig in einem dem Schreiben vorangegangenen Telefonat mit Frau D. nach dem Namen des Pfarrers und der betroffenen Minderjährigen gefragt und keine Antwort erhalten hatte und dass der Brief diese Informationen unstreitig ebenfalls nicht enthielt. Das Verschweigen wesentlicher Umstände und damit die unvollständige Darstellung des Sachverhalts begründe eine verdeckte Tatsachenbehauptung , die dadurch unrichtig sei.
II.
- 7
- Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Den Klägern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB mit der im Tenor des Berufungsgerichts erfolgten Einschränkung zu.
- 8
- 1. Die Revision rügt erfolglos die Aktivlegitimation des Klägers zu 2 (Erzbistum K.).
- 9
- a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts wie das klagende Bistum zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen können, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Zwar haben sie weder eine "persönliche" Ehre noch können sie wie eine natürliche Person Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein; sie genießen jedoch, wie § 194 Abs. 3 StGB zeigt, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben - hier im Bereich der Seelsorge und der Verbreitung und Vertretung von Glaubensinhalten - strafrechtlichen Ehrenschutz , der über §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 185 ff. StGB zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - NJW 1982, 2246 und vom 16. November 1982 - VI ZR 122/80 - NJW 1983, 1183, jeweils m.w.N.; BVerfGE 93, 266, 291).
- 10
- b) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist weiterhin die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Kläger zu 2 durch die Berichterstattung selbst betroffen ist.
- 11
- Wenn die Revision meint, dass nur Mitarbeiter einer juristischen Person von einer Äußerung betroffen sein könnten, trifft dies für den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Auch wenn die juristische Person durch ihre Mitarbeiter bzw. gesetzlichen Vertreter handelt, kann sie doch - wie soeben ausgeführt - selbst Rechtsträger sein und deshalb Unterlassungsansprüche geltend machen , wenn sie in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Dies gilt im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil das Erzbistum als Institution mehrfach direkt benannt bzw. angesprochen ist.
- 12
- Soweit die Revision mit der Unterscheidung zwischen Erzbistum und Erzdiözese in Zweifel zieht, ob das Erzbistum eine juristische Person sei, kann zur Beseitigung dieser Zweifel auf BGHZ 124, 173, 174 f. verwiesen werden, wonach im Bereich der katholischen Kirche dem Bistum als der maßgeblichen Territorialgliederung die grundgesetzlich geschützte Rechtsstellung (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV) als Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt (vgl. auch Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz , 10. Auflage, Art. 140, Rn. 12).
- 13
- 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht bei Ermittlung des Aussagegehalts der drei Presseberichte deren Gesamtzusammenhang außer Acht gelassen und deshalb ihren Sinn nicht zutreffend erfasst habe.
- 14
- a) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 16; 132, 13, 21; vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenomme- nen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843 m.w.N.; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344).
- 15
- b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist diese revisionsrechtliche Überprüfung auch im Streitfall vorzunehmen und nicht etwa durch das Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1942) abschließend erfolgt. Vielmehr erstreckt sich die Bindungswirkung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nur auf den Umfang der Feststellung nach § 95 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Feststellung im Sinne dieser Vorschriften ist jedenfalls die Entscheidungsformel, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergänzt um die tragenden Gründe der Entscheidung (BVerfGE 1, 14, 37; 19, 377, 392; 20, 56, 87; 40, 88, 93; 96, 375, 404; 104, 151, 197; Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. A., § 31 Rn. 58). Jedoch erfasst die Bindungswirkung nur die Auslegung der Verfassung, nicht die einfachrechtlicher Normen (Umbach/Clemens/Dollinger aaO, Rn. 60). Hierzu ist dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts lediglich zu entnehmen, dass die Rechtsprechung der Fachgerichte, wonach bei der Annahme von verdeckten Aussagen eine besondere Zurückhaltung geboten sei und deshalb die dem Leser nahe gelegte Schlussfolgerung unabweislich sein müsse, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden sei.
- 16
- c) Mit Recht hat sich das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Aussagegehalts nicht auf "offene" Behauptungen beschränkt, sondern die Prüfung auf ehrenkränkende Beschuldigungen erstreckt, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen "versteckt" bzw. "zwischen den Zeilen" stehen könnten (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 14; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - VersR 1994, 1123, 1124; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Das Berufungsgericht gibt auch die Grundsätze zur Nachprüfung solcher verdeckter Aussagen zutreffend wieder.
- 17
- Danach ist bei der Ermittlung so genannter verdeckter Aussagen zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich "verdeckten" Aussage , mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die "verdeckte" Aussage einer "offenen" Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - aaO und vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 aaO).
- 18
- d) Ob das Berufungsgericht im Streitfall mit Recht die dem Leser nahegelegten Schlussfolgerungen für so unabweislich gehalten hat, dass sie eine verdeckte Äußerung beinhalten, kann letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls liegt eine bewusst unvollständige Berichterstattung vor, die ebenfalls unzulässig ist. Wenn nämlich - wie die Revision geltend macht - dem Leser Tatsachen mitgeteilt worden sind, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, so durften hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten (vgl. BVerfGE 12, 113, 130; Senatsurteile BGHZ 31, 308, 318; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193) und deren Kenntnis für den Leser unerlässlich ist, der sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden will (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1961 - VI ZR 222/60 - VersR 1961, 980, 982; vom 9. November 1965 - VI ZR 276/64 - VersR 1966, 85, 87; vom 30. Januar 1979 - VI ZR 163/77 - VersR 1979, 520, 521; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193; ebenso Soehring, Presserecht, 3. A., Rn. 16.44b; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. A., Kap. 5 Rn. 81). Liegt es - wie im Streitfall auch von der Revision nicht in Abrede gestellt - nahe, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte (ehrverletzende) Schlussfolgerung zu ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193). Eine Tatsachenbehauptung , die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 308, 316; vom 18. Juni 1974 - VI ZR 16/73 - NJW 1974, 1762, 1763 und vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193, 195 m.w.N.). Es dürfen also nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO).
- 19
- Insoweit gelten für die Vollständigkeit einer solchen Berichterstattung die gleichen Grundsätze wie für die Verdachtsberichterstattung. Auch hier ist näm- lich eine vollständige Berichterstattung erforderlich, so dass dem Leser auch die entlastenden Umstände mitgeteilt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 327). So darf bei einem Bericht, der sich mit einer namentlich genannten Person besonders beschäftigt, die Kürzung des mitgeteilten Sachverhalts nicht so weit gehen, dass der Zuschauer oder Leser ein nach der negativen Seite entstelltes Bild dieser Person erhält, weil ihm nur einseitige Ausschnitte mitgeteilt werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 308, 316 und vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193, 195).
- 20
- e) Um solche Umstände handelt es sich hier. Es liegt auf der Hand, dass die Tatsache, dass den Klägern weder der Name des Mädchens noch der Name des Pfarrers mitgeteilt worden waren, geeignet ist, die mitgeteilten Vorgänge und insbesondere den Vorwurf verspäteten Handelns bzw. der Untätigkeit in den Augen des unbefangenen Durchschnittslesers in einem anderen, den Klägern günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Denn während es bei Bekanntheit der Personalien aller an dem Vorfall beteiligten Personen beim Durchschnittsleser auf Unverständnis stoßen dürfte, dass weder der Minderjährigen umgehend Hilfe angeboten noch gegen den Pfarrer vorgegangen wurde, erscheint eine entsprechende Schlussfolgerung bei Wissen darum, dass die Namen und Personalien der Beteiligten den Klägern nicht bekannt waren, wesentlich ferner liegend. Deshalb durften hier diese Umstände, die eine Entlastung bewirken konnten , im Rahmen der konkreten Berichterstattung nicht verschwiegen werden.
- 21
- Unstreitig sind den Klägern weder durch den Brief noch durch das vorausgegangene Telefonat die Namen des betroffenen Mädchens und des Pfarrers mitgeteilt worden. Das reicht unter den gegebenen Umständen für die Annahme einer bewusst unvollständigen Berichterstattung aus, weil der Beklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt für eine Kenntnis der Kläger hatte, die unstreitig auch nicht vorhanden war.
- 22
- f) Ist mithin diese bewusst unvollständige Berichterstattung der Verbreitung einer unwahren Tatsachenbehauptung gleichzustellen, greift der Grundsatz ein, dass an solchen Äußerungen kein berechtigtes Interesse besteht (vgl. BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 15); der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB steht dem Beklagten nicht zur Seite. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob der Beklagte bei seinen Recherchen hinsichtlich der Frage der nachfolgenden Informationsmöglichkeiten der Kläger über Frau D. die publizistische Sorgfalt gewahrt hat oder nicht. Dem durch Art. 5 GG geschützten Anliegen des Beklagten , durch seine Berichterstattung aufzuzeigen, dass die Kläger von sich aus keinen Versuch unternommen hätten, mit dem betroffenen Mädchen in Kontakt zu treten oder die Identität des Pfarrers in Erfahrung zu bringen, wird durch die jetzige Tenorierung des Berufungsurteils ausreichend Rechnung getragen , die auch im übrigen nicht zu beanstanden ist.
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.06.1997 - 28 O 44/97 -
OLG Köln, Entscheidung vom 01.07.2004 - 15 U 126/97 -
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 03.07.2013 abgeändert:
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 23.04.2013 wird aufgehoben, und der Antrag auf ihren Erlass wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Verfügungskläger zu tragen.
1
Gründe:
2I.
3Mit Urteil vom 3. Juli 2013 hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung vom 22. April 2013 mit der Maßgabe bestätigt, dass der Verfügungsbeklagten untersagt wird,
4über den Verfügungsbeklagten wie folgt zu berichten:
5a) „Bei der Frühstücksflockenfirma war unmittelbar vor dem Schutzschirmantrag Mitte Juni 2012 der Sanierungsberater E. als Geschäftsführer installiert worden ... E. wiederum präsentierte dem Amtsgericht in Stendal F. als vorläufiger Sachwalter";
6b) Den Anleihegläubigem lässt F. wenigstens eine kleine Hoffnung: Die Quote nach dem Insolvenzplan sei nur die Grundquote von 0,34 Prozent. Sie könne sich bis auf 16 Prozent erhöhen, falls G. künftig weitere Ansprüche durchsetze."
7c) durch die Berichterstattung:
8„Der Richter pochte auf Unabhängigkeit und holte einen neuen Sachwalter an Bord."
9den Eindruck zu erwecken, der Antragsteller sei als Sachwalter bestellt, dann abberufen und durch einen anderen Sachwalter ersetzt worden;
10jeweils wenn dies geschieht wie in dem Beitrag: „In die Röhre geschaut" in der WirtschaftsWoche Nr. 00 vom 00.00.0000 und/oder in dem Beitrag „Wenn Anleger in die lnsolvenzfalle tappen" in der „WirtschaftsWoche Online" seit dem 00.00.0000."
11Zur Verdeutlichung des Zusammenhangs werden im Folgenden die Passagen des Zeitungs- bzw. redaktionellen Internetartikels, in denen die beanstandeten Äußerungen enthalten sind, wiedergegeben (die angegriffenen Äußerungen sind jeweils unterstrichen):
12Der Anwalt und die H
13Ob die H F. ins Verfahren geholt habe, wollte die Bank nicht sagen. Das seien „Angelegenheiten des Aufsichtsrates", die der „Geheimhaltungspflicht' unterlägen. Fest steht: Die H und F. sind alte Bekannte. 2009 begleitete F. die Insolvenz der I., eines Metallverarbeiters aus dem Portfolio der H.-Tochter J..
142012 arbeiteten F. und die H. im Verfahren um K. Hand in Hand. Bei der Frühstücksflockenfirma war unmittelbar vor dem Schutzschirmantrag Mitte Juni 2012 der Sanierungsberater E. als Geschäftsführer installiert worden. Er wurde „eingesetzt von der H.-Bank", heißt es in einem Gerichtsbeschluss. E. wiederum präsentierte dem Amtsgericht in Stendal F. als vorläufigen Sachwalter. Das Gericht stimmte zu. Einige Wochen später regten sich beim zuständigen Richter in Stendal jedoch „erhebliche und begründete Zweifel" an der Unabhängigkeit des Sachwalters. Ihm war aufgefallen, dass das Duo schon mehrfach zusammengearbeitet hatte. E. und F. betonten, dass frühere Beziehungen offengelegt worden seien. Der Richter pochte auf Unabhängigkeit und holte einen neuen Sachwalter an Bord.
15Die Bank gewinnt
16Fest steht: Über den Aufsichtsrat kam bei G. der H.-nahe Anwalt F. als Sanierungsvorstand in die Schlüsselposition. Er durfte den Insolvenzplan schreiben, in dem festgelegt wird, wie das Unternehmen saniert werden soll. Laut Plan verzichtet die Bank zwar auf zwei Drittel ihrer Forderungen. 8,6 Millionen Euro aber soll die neue G. Industrie GmbH der Bank noch zurückzahlen — und das, obwohl knapp sieben Millionen davon bei der G. L. AG genauso wenig besichert waren wie die Anleihen.
17Die H. wehrt sich gegen den Vorwurf, die Bank sei bessergestellt worden als Anleihegläubiger. Sie verfüge „über Sicherheiten bei den Tochtergesellschaften". Und F. rechtfertigt, die H. sei wirtschaftlich ins Risiko gegangen und habe den laufenden Betrieb trotz Insolvenz finanziert. „Besserstellung der sanierungsbereiten Gläubiger gibt es in fast sämtlichen Insolvenzplanverfahren", sagt F..
18Er dürfte für die Bank trotzdem einen guten Deal herausgeschlagen haben. Sie bekommt über ihre Tochter J. ein um 100 Millionen Euro entschuldetes Unternehmen, das operativ profitabel arbeitet. Und ihre verbliebenen Kredite sind nach Abschütteln der anderen Gläubiger nun sicherer geworden. Den Anleihegläubigern lässt F. wenigstens eine kleine Hoffnung: Die Quote nach dem Insolvenzplan sei nur die Grundquote von 0,34 Prozent. Sie könne sich auf bis zu 16 Prozent erhöhen, falls G. künftig weitere Ansprüche durchsetze.
19Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
20II.
21Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Verfügungsbeklagten hat auch in der Sache Erfolg; dem Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu.
221.
23Über die Unterlassungsanträge ist aufgrund einer Abwägung des Rechts des Verfügungsklägers auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.
24Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 11. 12. 2012 - VI ZR 314/10 –, juris m.w.Nachw.)
25Im Streitfall sind die beanstandeten Äußerungen der Sozialsphäre des Klägers, nämlich seiner beruflichen Betätigung, und nicht seiner Privatsphäre zuzuordnen.
26Der Eingriff in die Sozialsphäre des Verfügungsklägers durch die beanstandete Berichterstattung ist nicht rechtswidrig, weil sein Schutzinteresse die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht überwiegt. Dies ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers und dem gemäߠArt. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht der Verfügungsbeklagten auf Äußerungs- undPressefreiheit. Danach muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. 12. 2011 – VI ZR 261/10 –, juris, m.w.Nachw.).
272.
28Im Einzelnen:
29a)
30Es besteht kein Anspruch auf Unterlassung der Aussage „E. wiederum präsentierte dem Amtsgericht in Stendal F. als vorläufigen Sachwalter“.
31Der Verfügungskläger sieht in dieser Äußerung eine unwahre Tatsachenbehauptung, weil – unstreitig - alle drei vertretungsberechtigten Geschäftsführer der K. Deutschland Produktions GmbH den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in dem der Verfügungskläger als vorläufiger Sachwalter vorgeschlagen worden ist, unterschreiben haben. E. habe dem Insolvenzrichter den Verfügungskläger auch nicht persönlich vorgestellt.
32Die angegriffene Äußerung ist jedoch keine reine Tatsachenbehauptung, sondern enthält wertende Elemente. Der Tatsachenkern der Äußerung ist nicht in dem von dem Verfügungskläger dargestellten Sinn zu verstehen und deshalb nicht unwahr.
33Wegen ihrer Bedeutung für den Schutzumfangs der betroffenen Grundrechte ist zunächst die Einstufung einer Äußerung als Werturteil oder Tatsachenbehauptung von Belang. Die Behauptung einer Tatsache fällt in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen ist (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 –, juris, m.w.Nachw.). Daher endet der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauptungen erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Das Bundesverfassungsgericht geht deswegen davon aus, dass erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen nicht vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst wird. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente einander durchdringen. Bei der Abwägung fällt dann die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (vgl. BVerfG a.a.O.).
34Jede beanstandete Äußerung ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 22. 9. 2009 - VI ZR 19/08 m.w.Nachw.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem – zu würdigenden – Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 I GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird. Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 I GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (BGH, a.a.O.)
35In der hier beanstandeten Textpassage wird die Zusammenarbeit der H., die Kreditgeberin des insolventen Unternehmens K. war und dort wohl auch – so impliziert der Artikel - unternehmerischen Einfluss ausübte, und dem Verfügungskläger geschildert, indem darauf hingewiesen wird, dass der unmittelbar vor dem Insolvenzantrag von der H. bei K. „installierte“ Geschäftsführer E. dem Amtsgericht den Verfügungskläger als vorläufigen Sachwalter „präsentierte“. Das Verfahren, in dem die Beteiligten in die maßgeblichen Funktionen als Geschäftsführer (E.) und vorläufiger Sachwalter (Verfügungskläger) gelangt sind, wird nicht in der juristischen Terminologie unter Wiedergabe der jeweils erforderlichen Voraussetzungen und Rechtshandlungen für die Bestellung eines neuen Geschäftsführers und des vorläufigen Sachwalters in einem Insolvenzantragsverfahren unter Anordnung der Eigenverwaltung geschildert, sondern stark verkürzt unter Verwendung metaphorisch gebrauchter, plakativer Begriffe („installiert“, „präsentiert“) dargestellt, um die vorangestellte – eine Wertung enthaltende - Aussage, dass der Verfügungskläger und die H. bei K. „Hand in Hand“ arbeiteten, zu illustrieren.
36Die angegriffene Äußerung enthält daher mit dem Wort „Präsentieren“, das hier nicht, wie der Verfügungskläger anführt, im Sinn von „Vorstellen“ zu verstehen ist, sondern im übertragenen Sinn, d.h. metaphorisch verwendet wird, und dem Gesamtkontext, in den sie eingebettet ist, wertende, plakative Elemente.
37Der Durchschnittsleser versteht den Tatsachenkern der beanstandeten Aussage nicht, wie der Verfügungskläger geltend macht, dahin, dass die Verfügungsbeklagte hiermit auf die förmliche Antragstellung bei dem Insolvenzgericht Bezug nimmt oder dass E. den Verfügungskläger dort gar persönlich vorgestellt habe. In der in Frage stehende Textpassage werden die die der Geschäftsführer- und (vorläufigen) Sachwalterbestellung zugrundeliegenden Vorgänge nicht juristisch exakt beschrieben, insbesondere wird nicht behauptet, E. allein habe ohne die Mitwirkung eventuell vorhandener anderer Geschäftsführer den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren unterzeichnet, in dem der Vorschlag, den Verfügungskläger als vorläufigen Sachwalter zu bestellen, enthalten war. Mit dem konkreten Verfahrensablauf und der Art und Weise der „Installierung“ und der „Präsentation“, befasst sich die Textpassage überhaupt nicht.
38Als mit Wertungen vermischter nachprüfbarer Tatsachenkern lässt sich der beanstandeten Äußerung im Gesamtzusammenhang allenfalls entnehmen, dass E. die Bestellung des Verfügungsklägers als vorläufigen Sachwalter maßgeblich beeinflusst hat.
39Dieser Tatsachenkern ist jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wahr.
40Die Verfügungsbeklagte hat als Anlage AG 2 (GA Bl. 376) den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 31.08.2012 vorgelegt, mit dem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. Deutschland Produktions GmbH eröffnet wurde. Dort heißt es u.a.
41„…weil der Geschäftsführer E. erst unmittelbar vor der hier streitgegenständlichen Insolvenzantragstellung — eingesetzt von der H.-Bank — zum Sanierungsberater und Geschäftsführer der Schuldnerin bestellt wurde. Dessen Bestellung steht demnach im Zusammenhang mit der beabsichtigten Sanierung. Nachfolgend hat nunmehr genau der neue Geschäftsführer E. den Vorschlag für die Person des Sachwalters unterbreitet. Dies ergibt sich sämtlichst aus den mündlichen Angaben des weiteren Geschäftsführers M. bei der Antragstellung am 14.06.2012, welche protokolliert wurde“
42In dem Protokoll des Amtsgerichts Stendal über die Insolvenzantragsstellung vom 14.06.2012 (von der Verfügungsbeklagte vorgelegt als Anlage AG 3, GA 378) wird die Aussage des weiteren Geschäftsführers M. wiedergegeben, der „vorgeschlagene vorläufige Sachwalter" sei „vom neuen Geschäftsführer Dr. E. vorgeschlagen" worden.
43Der Verfügungskläger hat nicht in Abrede gestellt, dass diese in dem Protokoll wiedergegebene Aussage des Geschäftsführers M. inhaltlich zutrifft. Damit steht aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass E. im Verhältnis zu seinen Mitgeschäftsführern bei der internen Entscheidungsfindung unmittelbar vor Stellung des Insolvenzantrags die „treibende Kraft“ für den in dem von allen drei Geschäftsführern unterschriebenen Insolvenzantrag enthaltenen Vorschlag war, den Verfügungskläger zum vorläufigen Sachwalter zu bestimmen. Dass der Verfügungskläger nach seinem Vorbringen bereits zwei Monate vor dem Insolvenzantrag durch zwei Vertreter der Hauptgesellschafterin der späteren Insolvenzschuldnerin K. zu einem Gespräch eingeladen worden war, in dem über die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens und seine eventuelle Tätigkeit als Sachwalter gesprochen wurde und bei dem der spätere Geschäftsführer E. nicht zugegen war, steht dem nicht entgegen. E. kann gleichwohl im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Insolvenzantrags und der internen Entscheidungsfindung der Antragsteller – der drei Geschäftsführer -, wer im Antrag als Sachwalter vorgeschlagen werden solle, die maßgebliche Rolle gespielt haben. Dies hat die Verfügungsklägerin nicht konkret bestritten.
44b)
45Es besteht auch kein Anspruch auf Unterlassung der Äußerung: „Den Anleihegläubigem lässt F. wenigstens eine kleine Hoffnung: Die Quote nach dem Insolvenzplan sei nur die Grundquote von 0,34 Prozent. Sie könne sich bis auf 16 Prozent erhöhen, falls G. künftig weitere Ansprüche durchsetze".
46Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, dass der soziale Geltungsanspruch des Antragstellers hier in erheblicher Weise berührt ist. Zwar kann der soziale Geltungsanspruch als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch dann betroffen sein, wenn dem Betroffenen Falschzitate unterschoben werden. Bei der angegriffenen Äußerung handelt es sich aber ersichtlich nicht um ein wörtliches Zitat, sondern um eine – juristisch nicht ganz präzise – kurze Erläuterung, dass nach Auskunft des Verfügungsklägers eine Erhöhung der Quote in Betracht kommt, wenn mögliche weitere der Insolvenzmasse zustehende Ansprüche im (Eigen-)Insolvenzverfahren durchgesetzt würden. Dass der Durchschnittsleser diese Äußerung dahin versteht, der Verfügungskläger wisse nicht, dass während des (Eigen-)Insolvenzverfahrens Ansprüche nicht mehr von der Insolvenzschuldnerin selbst, sondern nur von dem Sachwalter gerichtlich geltend gemacht werden können, oder es werde gar angedeutet, dass der Verfügungskläger sich als Sanierungsvorstand selbst für die Verwirklichung der Forderungen für zuständig halte, ist fernliegend. Die (ebenfalls verkürzte) Wiedergabe der Bezeichnung der Insolvenzschuldnerin zielt nicht darauf ab, dem Leser mitzuteilen, welches Organ oder welche Partei kraft Amtes während des (Eigen-)Insolvenzverfahrens Ansprüche der Insolvenzschuldnerin gerichtlich durchsetzen kann, sondern verweist in einer pressetypisch verknappten Darstellungsweise darauf, dass der Insolvenzmasse nach Meinung des Verfügungsklägers noch quotenerhöhende Ansprüche zustehen können. Mit der Frage, von welcher natürlichen Person diese geltend zu machen sind, befasst sich die beanstandete Aussage nicht.
47c)
48Der Verfügungsklägerin wendet sich mit dem vorstehend unter I c) wiedergegebenen Unterlassungsantrag nicht gegen eine offene, im dem Artikel von der Verfügungsbeklagten aufgestellte Äußerung, sondern gegen einen aus der Berichterstattung folgenden Eindruck. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu mehrdeutigen Tatsachenbehauptungen ist zwar einer auf die künftige Unterlassung einer Behauptung gerichteten Klage bereits dann stattzugeben, wenn die fragliche Tatsachenbehauptung einen mehrdeutigen Gehalt aufweist und in einer der nicht fern liegenden Deutungsvarianten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des von ihr Betroffenen verletzt, weil dieses die Meinungsfreiheit des Äußernden im konkreten Fall überwiegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98 –, BVerfGE 114, 339-356 - Stolpe).
49Bei für sich genommen nicht eindeutigen Formulierungen ist hieraus aber nicht die Konsequenz zu ziehen, dass diejenige Deutungsvariante zugrunde zu legen ist, die die intensivste Beeinträchtigung der Rechte des von der Berichterstattung Betroffenen darstellen würde. Dieses Vorgehen ist nur bei solchen Äußerungen verfassungsrechtlich geboten, die von dem maßgeblichen Durchschnittspublikum überhaupt als eine geschlossene, aus sich heraus aussagekräftige Tatsachenbehauptung wahrgenommen werden und insoweit dann aber mehrdeutig sind. Dies ändert aber nichts daran, dass es den Fachgerichten obliegt, zunächst zu ermitteln, ob ein derartiger Fall der Mehrdeutigkeit im zu entscheidenden Fall gegeben ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08. September 2010 – 1 BvR 1890/08 –, juris).
50Mit der Beurteilung von nur verdeckt „zwischen den Zeilen“ zum Ausdruck gebrachten Aussagen befasst sich die „Stolpe“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hingegen nicht, sondern bezieht sich auf eine offene Tatsachenbehauptung, die ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum als mehrdeutig wahrnimmt.
51Nach der herkömmlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der er auch nach der „Stolpe“ – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Oktober 2005 festgehalten hat, ist bei „verdeckten“ Aussagen zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich “verdeckten” Aussage, mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht beziehungsweise sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die “verdeckte” Aussage einer “offenen” Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm “offen” mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist. (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2005, VI ZR 204/04, - juris, abgedruckt in NJW 2006, 601, 603; BGH, Urteil vom 28.06.1994, VI ZR 273/93 - juris).
52Die hier streitgegenständliche Aussage „Der Richter pochte auf Unabhägigkeit und holte einen neuen Sachwalter an Bord" ist nicht mehrdeutig im Sinne der „Stolpe“-Rechtsprechung. Der Verfügungskläger will dem Kontext der fraglichen Passage, insbesondere dem Umstand, dass er „abwechselnd“ als vorläufiger Sachwalter und als Sachwalter bezeichnet werde, und der dargestellten zeitlichen Abfolge die – verdeckte – Behauptung entnehmen, dass er (nach seiner Bestellung als vorläufiger Sachwalter) als (endgültiger) Sachwalter bestellt worden sei und anschließend als (endgültiger) Sachwalter entlassen oder ersetzt worden sei.
53Der Senat folgt auch unter Zugrundelegung der „Stolpe“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die sich nur mit offenen, aber mehrdeutigen Tatsachenbehauptungen befasst, weiterhin der vorstehend dargestellten, vom Bundesverfassungsgericht gebilligten (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 19. Februar 2004 – 1 BvR 417/98 –, juris) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine „zwischen den Zeilen“ verdeckt aufgestellte Aussage im Interesse des durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungs- und Pressefreiheit nur unter engen Voraussetzungen anzunehmen ist, nämlich nur dann, wenn sie sich dem Leser als unabweisbare Schlussfolgerung aus dem Zusammenspiel der offen getätigten Aussagen aufdrängt (ebenso LG Hamburg, Urteil vom 1.10.2010, 324 – juris, abgedruckt in AfP 2011, 394 – 396; KG Berlin, Urteil vom 12.04.2012,10 U 127/11 - juris, Rdnr. 9; letzteres ohne unmittelbare Auseinandersetzung mit der „Stolpe“-Entscheidung).
54Dies ist hier nicht in dem von dem Verfügungskläger beanspruchten Sinn der Fall.
55Ein „unabweisbarer“ Eindruck, dass der Verfügungskläger mit dem Insolvenzeröffnungbeschluss zum endgültigen Sachwalter bestellt worden ist, nachträglich abberufen und durch einen neuen Sachwalter ersetzt worden ist, ergibt sich aus der angegriffenen Berichterstattung bereits deshalb nicht, weil eingangs der strittigen Passage von ihm als vorläufigen Sachwalter die Rede war. Die nachfolgende Bezeichnung als „Sachwalter“ wird der Durchschnittsleser als abkürzend, der Leser mit insolvenzrechtlichen Kenntnissen als ungenau verstehen. Der Satz, dass das Insolvenzgericht einige Wochen später statt des Verfügungklägers einen „neuen“ Sachwalter an Bord geholt hat, kann vor diesem Hintergrund durchaus richtig dahin verstanden werden, dass das Insolvenzgericht sich letztlich nicht für den ihm als vorläufigen Sachwalter „präsentierten“ Verfügungskläger, sondern eine andere Person als Sachwalter entschieden hat.
563.
57Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
58Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt entsprechend der erstinstanzlichen, unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung 30.000 €.
(1) Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.
(2) Nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne daß ihm dies vorzuwerfen ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.