Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. März 2014 - 15 U 133/13
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Köln vom 14.08.2013, Az.: 28 O 118/13, wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtstreits der zweiten Instanz trägt die Beklagte.
3.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten über eine Werbekampagne der Beklagten, einer großen Möbelhauskette, in der eine Quizshow – so der Vortrag des Klägers -nach dem Vorbild der Sendung „X X2 N?“, die der Kläger moderiert, mit Werbeaussagen für das Unternehmen der Beklagten gezeigt wird. Dabei tritt als Moderator ein Schauspieler auf, der dem Kläger nicht ähnlich sieht, aber wie dieser kurze braune Haare hat, Brille trägt und in Anzug mit Krawatte gekleidet ist. Der Kläger hält diese Werbung als „Doppelgängerwerbung“ für unzulässig; er verlangt Unterlassung unter dem Gesichtspunkt der Bildnisrechtsverletzung gem. Kunsturhebergesetz sowie aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht heraus, weiterhin klagt er auf Auskunft über den Umfang der Werbekampagne und – im Wege der Stufenklage – auf Zahlung von noch zu beziffernden Lizenzgebühren. Im Einzelnen:
4Der Kläger ist Journalist und Moderator, der unter anderem seit 1999 die Quizsendung „X X2 N?“ moderiert. In der Vergangenheit hat der Kläger unter anderem für die T Klassenlotterie und andere Unternehmen geworben und die Einnahmen aus diesen Werbetätigkeiten gemeinnützigen Zwecken zukommen lassen. Mitte des Jahres 2011 kündigte der Kläger an, in Zukunft nicht mehr als Werbetestimonial zur Verfügung zu stehen.
5Die Beklagte ist die größte Gesellschaft der O- Unternehmensgruppe und betreibt mehr als 100 Möbel- und Einrichtungsmärkte in der Bundesrepublik Deutschland und in Luxemburg. Sie beschäftigt ca. 4.000 Mitarbeiter. Die Beklagte bewirbt ihre Möbelmärkte umfassend in Form von TV-, Funk- und Printwerbung bundesweit. Ein seit Jahren genutzter Werbeslogan der Beklagten lautet dabei: „Das gibt‘s doch gar nicht! Doch, bei S!“
6Seit Ende August 2012 bis Anfang Februar 2013 ließ die Beklagte eine Reihe von verschiedenen Fernsehwerbespots ausstrahlen, die über diverse privatrechtliche wie auch öffentlich-rechtliche Fernsehsender verbreitet sowie auf der Homepage der Beklagten und auf www. youtube.com eingestellt wurden. Die Werbespots zeigen Szenen einer Fernsehquizshow. Dort sitzt ein Moderator, dargestellt durch den Schauspieler G S, einem Kandidaten oder einer Kandidatin gegenüber. Der Moderator stellt dem Kandidaten eine Frage, für die Antworten mit A, B, C oder D vorgegeben werden. In einer Grundvariante des Werbespots soll die Kandidatin beantworten, wie hoch der auf Küchen gewährte Rabatt bei der Beklagten ist. Die Kandidatin klärt den Moderator auf, dass keine der vorgegebenen Antworten richtig sei, da es bei Roller 50 % Rabatt gebe. Auf diese richtige Antwort fällt Konfettiregen von der Studiodecke auf Kandidaten und Moderator herab. Die verblüffte Frage des Moderators „Das gibt‘s doch gar nicht“ wird vom Zuruf des Publikums „Doch, bei S!“ beantwortet. In einer weiteren Grundvariante soll ein männlicher Kandidat beantworten, auf welche Weise bei der Beklagten Möbel erworben werden können. Die mit A, B, C und D gekennzeichneten Antworten sind sämtlich richtig. Der Moderator fragt den Kandidaten noch, ob dieser den Publikumsjoker einsetzen wolle. Der Kandidat antwortet jedoch, dass alle Antworten richtig seien, worauf auch hier der Konfettiregen beginnt und der genannte Werbeslogan gerufen wird. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Werbefilme wird auf die Anlage K5 verwiesen.
7Der Kläger hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 9. November 2012 aufgefordert, die beschriebene Werbung zu unterlassen und eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies hat die Beklagte mit Schreiben vom 19. November 2012 abgelehnt.
8Der Kläger ist der Auffassung, bei den streitbefangenen Werbespots handele es sich um eine unzulässige Doppelgängerwerbung. Die Bilder des Moderators der vermeintlich fiktiven Quizsendung stellten Bildnisse des Klägers im Sinne von § 22 KunstUrhG dar. Es sei insoweit unbeachtlich, dass der eingesetzte Schauspieler keine große Ähnlichkeit mit dem Kläger habe, denn es sei nicht auf die Ähnlichkeit, sondern auf die Erkennbarkeit des Klägers abzustellen. Diese ergebe sich aus der beim Zuschauer vorhandenen untrennbaren Verknüpfung des Klägers mit der Sendung „X X2 N?“, die in vielen Einzelheiten von der Beklagten nachgestellt worden sei, zusammen mit den in der äußeren Erscheinung des Klägers und des Schauspielers bestehenden Parallelen. Die Bildnisveröffentlichung finde keine Rechtfertigung in einer Einwilligung oder gemäß § 23 Abs. 1, Abs. 2 KUG. Im Übrigen ergebe sich ein Unterlassungsanspruch auch aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Klägers gemäß §§ 823 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Dem Kläger stünde folglich ein Schadensersatzanspruch auf der Basis der entgangenen Lizenzgebühr zu. Zur Berechnung dieser fiktiven Lizenzgebühr sei es erforderlich, den genauen Umfang und den Verbreitungsgrad der Werbekampagne zu kennen. Insofern stehe dem Kläger ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu.
9Erstinstanzlich hat der Kläger beantragt,
10- 11
1. der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an einem der Geschäftsführer, zu untersagen, mit der Person des Klägers zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K5.
- 12
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in Anlage K5 geschehen, die Person des Klägers verwendet wurde, Auskunft zu erteilen, durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über
(a) alle Werbeträger (Postwurfsendungen, Handzettel, Zeitungen, Zeitschriften, Internetseiten, E-Mails, Citylightplakate, etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der diese Werbung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise veröffentlicht bzw. verbreitet worden ist,
14(b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Webemaßnahmen
15(c) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte hat eine Erkennbarkeit des Klägers in den streitgegenständlichen Werbefilmen in Abrede gestellt. Ein Schadensersatzanspruch – und damit auch ein diesen vorbereitender Auskunftsanspruch – bestehe nicht, da der Kläger durch seine Erklärung, künftig auf Werbetätigkeit zu verzichten, auch generell auf die Verwertung seiner Position zu Werbezwecken verzichtet habe.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
20Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) vollumfänglich stattgegeben und dazu zunächst einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 823, 1004 BGB analog i.V.m. den §§ 22, 23 KUG bejaht. Denn der streitgegenständliche Film stelle sich als ein Bildnis des Klägers im Sinne des § 22 KUG dar. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des BGH „Blauer Engel“ stelle der streitgegenständliche Film nicht nur den Typ „Quizshowmoderator“ allgemein dar, sondern verwende ein Bildnis des Klägers. Zwar sei der Schauspieler kein Double des Klägers und dieser habe auch kein Alleinstellungsmerkmal für das Tragen von Anzug mit Krawatte und Brille. Aber angesichts der außergewöhnlich großen Prominenz des Klägers gerade auch als Moderator der Show „Wer wird Millionär“ zusammen mit den unverkennbaren Anleihen bei dieser Show werde der durch den Schauspieler dargestellte Moderator im konkreten Fall allein mit dem Kläger assoziiert.
21Eine Einwilligung des Klägers in die Werbung bestehe nicht, aufgrund des rein werbenden Charakters des Films läge kein Bildnis der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 I KUG vor; im Übrigen überwögen ansonsten die berechtigten Interessen des Klägers (§ 23 II KUG).
22Der Auskunftsanspruch sei aus § 242 BGB begründet, da der Kläger die Auskunft zur Bezifferung seines Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruches benötige. Ein solcher Anspruch sei auch nicht durch den vom Kläger im Jahr 2011 erklärten Verzicht auf künftige Werbeauftritte ausgeschlossen, denn ein grundsätzliches Einverständnis mit der Vermarktung des Rechts am eigenen Bild sei nicht Voraussetzung des Anspruchs.
23Gegen diese Bewertungen des Landgerichtes wendet sich die Beklagte.
24Zum Tatsächlichen hat die Beklagte in zweiter Instanz bestritten, dass der Kläger für die Bekanntheit und Beliebtheit der Sendung „X X2 N“ in Deutschland verantwortlich sei; vielmehr handele es sich um ein in vielen Ländern ausgestrahltes Format, welches unabhängig von der Person des Klägers beliebt sei, da man dort Geld gewinnen könne. Insoweit seien Quizshows in Deutschland generell beliebt; für die beanstandete Werbung habe die Beklagte der Werbeagentur auch lediglich den Auftrag erteilt, die zentralen Werbeaussagen der Beklagten in einer Quizshow darzustellen. Dabei sei die Anweisung erteilt worden, keinesfalls eine Anlehnung an eine Person eines bekannten Quizmasters, insbesondere des Klägers, vorzunehmen. Das von der Firma F vermarktete Quizsendungsformat sei an sich nicht (urheberrechts-)schutzfähig.
25Zum Rechtlichen trägt die Beklagte berufungsbegründend vor, das Landgericht habe bereits rechtsfehlerhaft verkannt, dass die Klage unschlüssig sei, da es an Vortrag fehle, dass der Kläger begründeten Anlass zu der Annahme habe, er sei in der Person des Abgebildeten zu erkennen. Insoweit sei Strengbeweis zu führen. Diese Voraussetzung sei aber von Klägerseite wie auch vom Landgericht lediglich unterstellt worden.
26Die Beklagte stellt weiter in Abrede, mit dem Bildnis des Klägers geworben zu haben. Es fehle an einer Erkennbarkeit des Klägers im Sinne des § 22 Kunsturhebergesetzes, vielmehr werde allenfalls eine Assoziation mit dem Kläger erweckt, was – im Einklang mit den Entscheidungen des OLG Karlsruhe v. 28.7.04 (6 U 39/04) sowie des OLG München vom 14.9.2007 (18 W 1902/07) – nicht ausreichend sei. Es komme allenfalls ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht i.S. des § 823 BGB in Betracht, der aber im Ergebnis ebenfalls nicht vorliege.
27Eine Erkennbarkeit des Klägers liege nicht vor. Unstreitig sei der Schauspieler G S. dem Kläger nicht ähnlich, trage lediglich eine Brille wie der Kläger und sei in Anzug und Schlips gekleidet. Diese Kleidung zeichne aber nicht nur den Kläger aus, sondern eine Vielzahl anderer Personen auch und könne nicht zur Identifizierung des Klägers führen. Eine Erkennbarkeit nur über die Elemente der Quiz-Show könne man aber nicht annehmen, da diese Sendung keinen Formatschutz beanspruchen könne; auch der Kläger könne diese dann nicht als Teil seiner Persönlichkeit für sich beanspruchen und vermarkten.
28Auch sei die Werbung der Beklagten, eine Assoziation mit dem Kläger durch den Filmbetrachter unterstellt, nicht rechtswidrig, da die Werbung die Persönlichkeit und das Image des Klägers eben gerade nicht aufgreife. Der Werbespot lege den Fokus mehr auf den Kandidaten, der Moderator habe im Gegensatz zur echten Show kein überlegenes Wissen und es werde nicht suggeriert, dass ein Roller-Kunde sich wie ein Star fühlen kann, wenn er dort kauft. Eine Assoziation überschreite die Grenze der Rechtswidrigkeit erst dann, wenn sie allein das tragende Element eines werblichen Konzeptes sei, was vorliegend nicht der Fall sei.
29Die Beklagte beantragt,
30unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 14. August 2013 (28 O 118/13) die Klage vom 20. März 2013 als unzulässig zurückzuweisen,
31hilfsweise,
32diese als unbegründet abzuweisen.
33Der das angefochtene Urteil verteidigende Kläger beantragt,
34die Berufung zurückzuweisen.
35Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags. Soweit zweitinstanzlich erstmals mit Nichtwissen bestritten werde, dass die Bekanntheit und Beliebtheit des Klägers durch die Show „X X2 N“ gesteigert worden sei, werde dieser Vortrag als verspätet gerügt, zudem stehe er im Widerspruch zum erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten.
36Der Kläger wendet sich auch gegen die Argumentation der Beklagten zur Rechtswidrigkeit, da die Person des Klägers und ihre Eyecatcher-Funktion bei der in Rede stehenden Werbung ausgenutzt werde. Der Doppelgänger habe lediglich preiswerte Ersatzfunktion für K, keine eigenständige, losgelöste Funktion oder Schauspielleistung.
37II.
38Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
39- 40
0.
Die Klage ist zulässig. Die von der Beklagten als Zulässigkeitshindernis gerügte – nicht gegebene - Unschlüssigkeit würde allenfalls zu einer Abweisung als unbegründet führen können.
42B.
43a.
44Die Werbefilme der Beklagten beinhalten ein Bildnis des Klägers im Sinne des § 22 KUG.
45Ein Bildnis ist die erkennbare Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer Person, wobei es ausreicht, wenn die Erkennbarkeit für einen mehr oder minder großen Personenkreis gegeben ist, den der Betroffene nicht mehr ohne weiteres selbst unterrichten kann (vgl. Fricke in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, § 22 KUG Rnr 5/6; BVerfG NJW 2004, 3619 ). Sofern eine Identifizierung über die abgebildeten Gesichtszüge nicht möglich ist, kann es auch ausreichend sein, wenn die Person durch andere in dem Bild enthaltene Merkmale, durch den begleitenden Text oder im Zusammenhang mit früheren Veröffentlichungen erkennbar ist (vgl. z.B. BGH GRUR 1979, 732- Fußballtorwart).
46Ein Bildnis eines Prominenten kann auch dann vorliegen, wenn durch einen „Doppelgänger“ der Eindruck erweckt wird, es handele sich um die Person des Prominenten selbst. Hierzu hat der BGH in der Entscheidung „Blauer Engel“ ausgeführt, dass ein Bildnis von Marlene Dietrich vorliege, obwohl die Schauspielerin, die eine berühmte Filmszene aus dem Film „Der blaue Engel“ nachstellte, dieser nicht ähnlich sah, aber das äußere Erscheinungsbild der Dietrich in diesem Film nachahme und damit den Eindruck erwecke, es handele sich um Marlene Dietrich (BGH NJW 2000, 2201).
47Unter Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall das Vorliegen eines Bildnisses des Klägers zu bejahen. Zwar ist zu konstatieren, dass der Schauspieler G S. dem Kläger nicht im Sinne eines Doubles ähnlich sieht. Auch ist es richtig, dass die Kleidung „Anzug und Krawatte“ allein nicht auf den Kläger hindeuten, ebensowenig das Tragen einer Brille. Der Schauspieler der Beklagten benutzt zwar ebenfalls wie der Kläger eine lebhafte Mimik (im Unterschied zum unbeweglichen „Pokerface“), konkrete Übereinstimmungen zu bestimmten für den Kläger typischen Gesichtsausdrücken fehlen jedoch.
48Die von der Beklagten zu verantwortenden Werbefilme übernehmen jedoch zahlreiche, erkennbar aus dem Showformat „X X2 N?“ stammende Elemente. So entsprechen die Sitzpositionen des rechts platzierten Moderators und des links sitzenden Kandidaten denjenigen der „Wer wird Millionär?“- Show, wobei auch die Art der Sitzmöbel, hohe Hocker, und die davor angeordneten Computerbildschirme, der Show entsprechen. Dass jeweils nur ein Kandidat dem Moderator gegenübertritt, dem für die Beantwortung der Fragen bei mit A, B, C und D vorgegebenen Antwortmöglichkeiten ein Publikumsjoker zur Verfügung steht und auf den bei Gewinn der Millionenfrage ein Regen silberglänzenden Konfettis niedergeht, gehört ebenfalls zu den Kernmerkmalen der „X X2 N?“-Show. Die Rundbühne, um die herum die Publikumsplätze angeordnet sind, und die in bläuliches Licht getaucht ist, entspricht ebenfalls der vom Kläger moderierten Sendung. Die in den Werbespots eingesetzten Musikeinspielungen erklingen an den dramaturgisch gleichen Stellen, wie dies in der „X X2 N?“-Sendung der Fall ist, der von oben nach unten schwenkende Lichtspot zu Beginn der Fragen ist eine weitere Übereinstimmung zwischen Werbespot und „X X2 N?“-Quiz. Diese für die Beurteilung der Erkennbarkeit mitzuberücksichtigenden Elemente führen, zusammen mit einem Moderator, der dem Kläger zwar nicht ähnlich, von diesem aber auch nicht deutlich und bewusst verschieden ist, aufgrund des hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrades des Klägers als langjähriger und einziger Moderator der Sendung „X X2 N?“ zu einer Verdichtung dieser zusammenspielenden Faktoren zu einem Bildnis des Klägers selbst, die über eine bloße Assoziation hinausgeht.
49Die Beklagte geht fehl in ihrer Ansicht, dass die Elemente der Show „X X2 N?“ nicht zur Identifizierung der Person des Klägers herangezogen werden dürften, da es sich bei der Show nicht um ein urheberrechtlich geschütztes Kunstwerk, sondern um ein schutzloses Showformat handele. Streitig ist die Erkennbarkeit des Klägers, die sich auch über urheberrechtlich nicht geschützte, auf ihn hinweisende Umstände ergeben kann. Eine unzulässige Erweiterung des nicht vorhandenen Formatschutzes läge nur dann vor, wenn die Fa. F aufgrund der Erkennbarkeit des Klägers Lizenzansprüche geltend machen würde. Im vorliegenden Fall werden jedoch persönlichkeitsrechtliche und nicht urheberrechtliche Ansprüche geltend gemacht.
50Soweit die Beklagte den Bekanntheitsgrad des Klägers zweitinstanzlich in Abrede stellt, ist dies zum einen verspätet, zum anderen widersprüchlich zum erstinstanzlichen Vortrag. Im Übrigen ist der Bekanntheitsgrad des Klägers gerichtsbekannt. Bereits in der „X X2 N?“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2009 wurde dem Kläger ein „sehr hoher Bekanntheitsgrad“ bescheinigt (BGH NJW 2009, 3032 (3034)). Seither hat die Bekanntheit des Klägers, der nunmehr auch Talkshows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen moderiert, nicht abgenommen.
51Die von der Beklagten für ihre Auffassung, ein „Bildnis“ sei nicht gegeben, angeführten Entscheidungen des OLG Karlsruhe (GRUR 2004, 1058) und des OLG München (Beschluss vom 14.09.2007, Beck-RS 2008, 3680) sind im Ergebnis mit dem hiesigen Fall nicht vergleichbar. So hat das OLG Karlsruhe die Anwendbarkeit des § 22 KUG bereits verneint, da ein Bildnis einer Person nicht vorlag. Denn es war in dem dort zu entscheidenden Fall weder die Andeutung eines Gesichts noch überhaupt eine menschliche Kontur zu sehen, so dass nichts auf das Bild eines Menschen hindeutete. Der Münchener Beschluss hatte die Darstellung einer erwachsenen Klägerin im Film „Der Baader-Meinhof-Komplex“ durch eine nicht ähnliche Schauspielerin zum Inhalt, wobei die Klägerin als Kind dargestellt werden sollte. Damit verneinte das Gericht, dass eine Darstellung der Klägerin in „dem Leben entsprechender Weise“ vorlag. Im hiesigen Fall liegt jedoch der Schluss von dem nicht ähnlichen Schauspieler auf den Kläger auf der Hand, da eine für den Kläger auch zum Zeitpunkt der Werbekampagne absolut typische Situation gezeigt wurde.
52Der Kläger hat seine auf §§ 22, 23 KUG und §§ 823, 1004 BGB i.V. m. Art. 1, 2, GG gestützten Ansprüche schlüssig dargelegt. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass der Kläger darlegen muss, dass er begründeten Anlass hat, anzunehmen, er könne als abgebildet identifiziert werden. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung und auch einhelliger Auffassung in der Literatur, vgl. von Gamm, Urheberrechtsgesetz Einführung Rdz. 104; Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Aufl., S. 252; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Aufl., S. 40; Schulze, Urheberrechtskommentar § 22 KSchG Anm. 1; BGH-Urteil vom 10. November 1961 - I ZR 78/60 ,GRUR 1962, 211 Hochzeitsbild; BGH - VI ZR 95/70 = NJW 1971, 698, 700 - Pariser Liebestropfen). Diesen Anforderungen genügt der klägerische Vortrag. Denn dass begründeter Anlass für die Annahme einer Identifizierung des Klägers in der streitgegenständlichen Werbung– nicht das Vorliegen einer solchen Tatsache - besteht, hat der Kläger dargelegt, indem er zum einen im Einzelnen ausführt, warum er in den Werbesequenzen zu erkennen ist, und zum Anderen zu seinem großen Bekanntheitsgrad vorträgt. Insofern ist es dem Kläger weder zuzumuten noch möglich, genau zu konkretisieren, wer ihn in dem Film erkannt hat (vgl. BGH 1962, 1004 – Doppelmörder).
53b.
54Mangels Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung der Werbefilme im Sinne des § 22 Satz 1 KUG kommt es für die Beurteilung der Zulässigkeit der Werbekampagne nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, Urteile vom 6.3.2007 – VI ZR 51/06, in: BGHZ 171, 275 ff., vom 28.10.2008 – VI ZR 307/07, in: BGHZ 178, 213 ff., vom 10.3.2009 – VI ZR 261/07, in: BGHZ 180, 114 ff., vom 9.2.2010 – VI ZR 243/08, in: VersR 2010, 673 ff., und vom 13.4.2010 – VI ZR 125/08, in: VersR 2010, 1090 ff.), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 120, 180, 201 ff.) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Einklang steht (vgl. EGMR NJW 2004, 2647 und 2006, 591), darauf an, ob es sich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, deren Verbreitung keine berechtigten Interessen des Abgebildeten verletzt (§ 23 Abs. 2 KUG).
55Das Landgericht hat dazu zu Recht angenommen, dass bereits ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 I KUG nicht vorliegt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich auf die Ausnahmebestimmung des § 23 I Nr. 1 KUG derjenige nicht berufen, der mit der Veröffentlichung keinem schutzwürdigen Informationsinteresse der Allgemeinheit nachkommt, sondern durch
56Verwertung des Bildnisses eines anderen zu Werbezwecken allein sein Geschäftsinteresse befriedigen will (vgl. BGH NJW 2000, 2201, BGHZ 20, 345 [350] - Paul Dahlke; BGH NJW 1997, 1152 - Bob Dylan-CD). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, zur Allgemeininformation beitragen zu wollen, sie hat sich auch nicht auf Aspekte der Kunstfreiheit berufen; beides liegt auch erkennbar nicht vor.
57c.
58Das Landgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass ansonsten bei der Abwägung gem. § 23 II KUG die berechtigten Interessen des Klägers gegenüber denen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG der Beklagten überwiegen.
59Auf Seiten der Beklagten schließt es der kommerzielle Zusammenhang nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit dient (vgl. BGH, GRUR 2007, 168 unter II 4c a.E. - kinski.klaus.de). Der Schutz des Art. 5 I GG erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bildnisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt (vgl. BVerfGE 71, 162 [175] - Sanatoriumswerbung; BVerfGE 102, 347 [359] Benetton-Werbung; BGH, GRUR 1996, 195 [197] Abschiedsmedaille; GRUR 1997, 125 [126] Bob-Dylan-CD; NJW 2002, 2317 - Marlene Dietrich). Allerdings überwiegt bei einer Werbung mit überwiegend kommerziellen Interessen in der Regel das allgemeine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten.
60Denn es stellt einen wesentlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Dabei steht allerdings der Umstand im Vordergrund, dass durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebildeten ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGH NJW 1956, 1554 - Paul Dahlke; BGH NJW 2002, 2317 - Marlene Dietrich). Es kann dabei im Ergebnis dahinstehen, ob - entgegen der Auffassung der Beklagten - bei dem streitgegenständlichen Werbefilm angenommen werden kann, der Kläger identifiziere sich mit dem Möbelmarkt der Beklagten, indem dem Moderator der erste Teil des Werbeslogans der Beklagten „Das gibt´s doch gar nicht!“ in den Mund gelegt wird.
61Denn entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BGH (insb. „X X2 N?“, NJW 2009, 3032 (3035)), ob die Darstellung bei dem Leser eine gedankliche Beziehung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt (vgl. BGH, NJW-RR 1995 Chris Revue; zum Namensrecht BGHZ 30, 7– Catharina Valente). Geht es dem Werbenden nicht auch um die Befriedigung des Bedürfnisses der Allgemeinheit an der Darstellung bekannter Persönlichkeiten, sondern ausschließlich darum, durch ein unmittelbares Nebeneinanderstellen der Ware und der abgebildeten Person das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware zu übertragen, rechtfertigt dies nicht die einwilligungsfreie Nutzung des Bildnisses (vgl. BGHZ 20, 345– Paul Dahlke). Eine solche Übertragungsfunktion der Beliebtheit des Klägers auf die Möbelkette der Beklagten liegt hier vor. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Werbefilm der Beklagten nicht „allwissend“ ist, sondern vom Publikum durch den Zuruf „Doch, bei S“ belehrt wird und damit ein für die Quizshow nicht typisches Verhalten zeigt. Denn Werbung spielt häufig damit, etwas Bekanntes ironisch-karrikierend zu verfremden, um damit einen Überraschungseffekt zu erzielen, der die Aufmerksamkeit des Publikums fördert.
62d.
63Das Landgericht hat schließlich auch zu Recht angenommen, dass die Wiederholungsgefahr nicht durch Beendigung der Werbekampagne entfallen ist, da die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat.
64- 65
C.
Der Kläger hat einen Auskunftsanspruch im tenorierten Umfang gegen die Beklagte gem. § 242 BGB in analoger Anwendung. Dass er zur Bezifferung eines Lizenzanspruches Details über die erfolgte Werbekampagne und ihren Umfang benötigt, ist selbstverständlich, da dem Kläger selbst diese Angaben nicht zugänglich sind und er diese auch nicht selbst ermitteln kann.
67Ein Anspruch auf Zahlung fiktiver Lizenzgebühren ist dem Grunde nach, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, gem. § 812 I S. 1 Fall 2 BGB bzw. § 823 II BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG gegeben. Die unbefugte kommerzielle Nutzung seines Bildnisses stellt einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich – neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch – einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (BGH, NJW 2000, 2201; NJW 2007, 689;– Rücktritt des Finanzministers). Dem Kl. steht darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch aus § 823 I BGB zu, der ebenfalls auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr gerichtet ist (vgl. BGH NJW 2007, 689– Rücktritt des Finanzministers). Das für diesen Anspruch notwendige Verschulden liegt vor. Die Bekl. hat zumindest fahrlässig gehandelt. Sie hat sich mit der Nutzung einer Doppelgängerwerbung, die die Bekannt- und Beliebtheit des Klägers als „Eyecatcher“ ausnutzt, erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem sie eine von ihrer Einschätzung abweichende Beurteilung in Betracht ziehen musste.
68Die durch den Kläger gegenüber der Presse erklärte Ankündigung, künftig keine Werbeaufträge mehr annehmen zu wollen, steht einem Lizenzanspruch nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wie die Beklagte meint, aus der Entscheidung des BGH – Rücktritt des Finanzministers (GRUR 2007, 139). Denn dort wird ausdrücklich festgestellt, dass – in Abkehr von der früheren Rechtsprechung des BGH – der Lizenzanspruch unabhängig von der Bereitschaft des Abgebildeten, sein Recht am eigenen Bild zu vermarkten, bestehe, da der fiktive Lizenzanspruch einen Ausgleich für einen Eingriff in die dem Betroffenen ausschließlich zugewiesene Dispositionsbefugnis darstelle. Diese Wertung überzeugt bereits vor dem Hintergrund, dass anderenfalls künftig jedermann mit dem Bildnis des Klägers Werbung publizieren könnte, ohne einen über das Unterlassungsverfahren hinausgehenden finanziellen Aufwand riskieren zu müssen.
69III.
70Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
71Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.
72Der Senat sah keinen Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Weder kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Die hier relevanten Rechtsfragen sind durch den Bundesgerichtshof in den zitierten Entscheidungen (NJW 2000, 2201; NJW 2007, 689; NJW 2009, 3032) bereits entschieden.
73Streitwert: 51.000,00 Euro (Unterlassungsanspruch: 50.000 €, Auskunftsanspruch: 1.000 €, entsprechend dem für die Beklagte durch die Erteilung der Auskunft entstehenden, geschätzten Aufwand (vgl. BGH NJW-RR 2008, 889).
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Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einen der Geschäftsführer, zu unterlassen, mit der Person des Klägers zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K5.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in Anlage K5 geschehen, die Person des Klägers verwendet wurde, Auskunft zu erteilen, durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über
(a) alle Werbeträger (Postwurfsendungen, Handzettel, Zeitungen, Zeitschriften, Internetseiten, E-Mails, Citylightplakate etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der diese Werbung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise veröffentlicht bzw. verbreitet worden ist,
(b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Werbemaßnahmen und
(c ) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- €, hinsichtlich des Tenors zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,- € vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Journalist und Moderator und war in der Vergangenheit für verschiedene bekannte Marken als Testimonial werbend tätig. Mitte des Jahres 2011 kündigte der Kläger an, dass er in Zukunft nicht mehr als Werbetestimonial zur Verfügung stehe und keine Werbung mehr machen wolle.
3Die Beklagte betreibt Einrichtungsmärkte mit über 4000 Mitarbeitern in über 100 Filialen. In einer Werbekampagne ließ die Beklagte eine Reihe von verschiedenen Werbefernsehspots ausstrahlen. Die Werbespots wurden sowohl im Fernsehen gezeigt als auch auf der eigenen Internetseite www.anonym1.de zum Abruf bereitgehalten. Zudem wurden die Werbespots auf www.youtube.com eingestellt. Insgesamt handelt es sich um 18 verschiedene Werbespots ähnlichen Aufbaus. Die Werbespots der Beklagten zeigen sämtlich eine Szene einer Fernseh-Quizshow: Ein Moderator, der einen dunklen Anzug, eine Krawatte und eine Brille trägt, sitzt einem Kandidaten bzw. eine Kandidatin vor Studiopublikum gegenüber und stellt ihm bzw. ihr die „alles entscheidende Frage“. Diese kann der Kandidat bzw. die Kandidatin sodann mit einer Antwort A, B, C oder D lösen. Die Szenen sind mit bläulichem Licht ausgeleuchtet und mit dramatisierender Musik unterlegt. Bei einer richtigen Antwort erfolgt ein Konfettiregen aus silbernen Papierstreifen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die CD-ROM, Anlage K5, Bl. 35 d.A., Bezug genommen.
4Der Kläger mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 9.11.2012 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
5Der Kläger ist der Meinung, dass es sich bei den streitgegenständlichen Werbespots um eine unzulässige „Doppelgängerwerbung“ handele, die ihn in seinem Recht am eigenen Bild verletze. Die Bilder des Moderators der vermeintlich fiktiven Quiz-Sendung stellten Bildnisse des Klägers dar. Der dort eingesetzte Darsteller habe seinen Gesichtszügen nach zwar keine allzu große Ähnlichkeit mit dem Kläger. Hierauf komme es jedoch nicht an, da lediglich auf die Erkennbarkeit abzustellen sei. Diese sei jedoch gegeben, da die Beklagte in den Werbespots das Setting der seitens des Klägers moderierten Quizshow „X“ nachstelle. Diese Quizshow sei untrennbar mit der Person des Klägers verknüpft, da jener diese seit 1999 in 14 Staffeln und mehr als 1.000 Episoden moderiert habe. Diesen enormen Marktwert des Klägers nutzte die Beklagte gezielt aus, indem Sie das Format „X“ in ihren Werbespots nachahme.
6Er ist der Meinung, dass das Studio, in dem sich die streitgegenständlichen Werbespots abspielten, aufgrund der Raumaufteilung, der Rundbühne, des Mobiliars, der Sitzordnung, des bläulichen Lichts, der Musik, des Konfettiregens, der vier mit Großbuchstaben bezeichneten Antwortmöglichkeiten und des Publikumsjokers, stark an die Sendung „X“ erinnere. Auch die äußere Erscheinung des in den Werbespots zu sehenden Moderators mit Krawatte, dunklen Anzug und Brille wecke den Eindruck einer unzulässigen Doppelgängerwerbung. Der Moderator sei auch die zentrale Figur des Werbespots, da die Quiz-Show-Szenen das Herzstück der jeweiligen Spors darstellten. In diesem sei die Figur des Moderators jeweils mindestens so lange zu sehen wie die Kandidaten. Zudem habe der Moderator in Dialogen die weit überwiegenden Gesprächsanteile. Überdies liege eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers vor, da die streitgegenständliche Doppelgängerwerbung an den guten Ruf und den Werbewert des Klägers anknüpfte. Die hohe Bekanntheit des Sendeformats „X“ und die hohe Bekanntheit des Klägers führten dazu, dass der Kläger anhand der vorliegenden Gesamtumstände erkennbar sei.
7Der Kläger behauptet, dass er der Produktionsfirma Z GmbH & Co. KG seinen Anspruch auf materiellen Schadenersatz gegen die Beklagte nicht abgetreten habe. Zudem habe der Kläger sein Recht der Bewerbung von Drittprodukten mit seinem Bildnis bzw. seiner Person nicht auf Dritte, insbesondere nicht auf die Z GmbH & Co. KG übertragen.
8Der Kläger beantragt im Wege der Stufenklage zunächst,
9,
101. der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einen der Geschäftsführer, untersagt, mit der Person des Klägers zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K5.
112. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in Anlage K5 geschehen, die Person des Klägers verwendet wurde, Auskunft zu erteilen, durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über
12(a) alle Werbeträger (Postwurfsendungen, Handzettel, Zeitungen, Zeitschriften, Internetseiten, E-Mails, Citylightplakate etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der diese Werbung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise veröffentlicht bzw. verbreitet worden ist,
13(b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Werbemaßnahmen und
14(c ) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Meinung, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert sei, da er seine Nutzungs- und Verwertungsrechte, soweit rechtlich möglich, zur selbstständigen Geltendmachung an die Z GmbH & Co. KG abgetreten habe.
18Die Beklagte behauptet, dass weitere als die vom Kläger vorgelegten Szenen nicht produziert und veröffentlicht worden seien. Zudem sei die streitgegenständliche Werbekampagne Anfang Februar beendet worden. Eine Wiederholung werde nicht stattfinden.
19Die Beklagte ist der Meinung, dass es sich nicht um eine Doppelgängerwerbung handele. Hierzu behauptet sie, dass, wie sich aus den Werbeflyern und auch aus der Website der Beklagten ergebe, die „Werbefarbe“ des Unternehmens überwiegend blau sei. Deshalb sei auch der Werbespot der Beklagten in typischen Y gehalten.
20Sie ist der Auffassung, dass sich die Werbespots der Beklagten auch im Übrigen von der Quiz-Sendung „X“ völlig unterschieden. Die Werbespots der Beklagten hätten einen gänzlich anderen Szenen-Aufbau, unterschiedliche farbliche Gestaltungen und absolut unterschiedliche Musik sowie Jingles. Der Moderator der Quiz-Sendung, der in den Werbespots auftrete und optisch und als Person eine untergeordnete Rolle spiele, weise nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Kläger auf. Man könne jedoch im Fall des Nachstellens von bekannten Szenen ein Bildnis des Originaldarstellers dann nicht annehmen, wenn sich die abgebildete Person erkennbar von jenem unterscheide. Die Merkmale Brille und Anzug führten nicht zu einer Erkennbarkeit des Klägers, da es sich um Allerweltsmerkmale handele. Zudem sei der Moderator wesentlich jünger als der Kläger. Eine Erkennbarkeit des Klägers scheide auch deshalb aus, weil die konkrete Rolle des Klägers hinsichtlich Stimme, Artikulation, Gestik, Mimik und Körperbewegung von dem Moderator der Quiz-Sendung nicht nachgeahmt werde.
21Dass in den Werbespots verwendete Bühnenbild sei nicht Bestandteil des Bildnisses des Klägers, sondern ein rechtlich nicht zu verletzender Hintergrund, der für die Erkennbarkeit Klägers keine Rolle spiele.
22Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, dass es an einem ersatzfähigen Schaden deshalb fehle, weil der Kläger auf die Verwertungsart „Werbung“ öffentlich verzichtet habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die Klage ist, soweit sie entscheidungsreif war, begründet.
261.
27Der Antrag zu 1 ist begründet.
28Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. den §§ 22, 23 KUG.
29Nach der Rechtsprechung ist die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen an dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, NJW 2009, 3032, 3033 – X) unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1798 f. – Caroline von Hannover) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutzgehalt des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu messen (EGMR, NJW 2004, 2647 – Caroline von Hannover). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren – hier unstreitig nicht vorliegenden - Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG), es sei denn, es handelt sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Dies gilt wiederum nicht, wenn durch die Bildveröffentlichung berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG), was eine Abwägung des Informationsinteresses der Allgemeinheit und der Pressefreiheit gegenüber dem Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Privatsphäre voraussetzt (BGH a.a.O.).
30a.
31Der Kläger ist – ohne dass über die zwischen den Parteien streitige Frage der Übertragung „der Nutzungs- und Verwertungsrechte“ Beweis zu erheben wäre – sowohl für den Unterlassungsanspruch als auch für den Schadenersatzanspruch aktivlegitimiert, weil das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet ist (BVerfG, GRUR 2000, 446 – Caroline von Monaco) und weil das Persönlichkeitsrecht seinen Träger nicht in die Lage versetzt, sich zu kommerziellen Zwecken persönlichkeitsrechtlich geschützter Bestandteile zugunsten einzelner Vertragspartner zu begeben und damit zugleich die Öffentlichkeit von der Wahrnehmung eben dieser Bestandteile auszuschließen (vgl. Fricke in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, § 22 KUG, Rn. 12).
32b.
33Der streitgegenständliche Werbefilm stellt ein Bildnis des Klägers i.S.d. § 22 KUG dar.
34Unter Bildnissen im Sinne des § 22 KUG versteht man die Darstellung einer natürlichen Person in einer für Dritte erkennbaren Weise. Zumeist ergibt sich die Erkennbarkeit aus der Abbildung der Gesichtszüge. Es genügt aber auch, wenn der Abgebildete – mag auch sein Gesicht kaum oder gar nicht zu erkennen sein – durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist oder seine Person durch den beigegebenen Text oder durch den Zusammenhang mit früheren Veröffentlichungen erkannt werden kann (vgl. BGH, NJW 1979, 2205 – Fußballtorwart). Nicht notwendig ist, dass der Abgebildete tatsächlich von bestimmten Personen erkannt wurde. Das Recht am eigenen Bild ist bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, er könnte identifiziert werden (vgl. BGH, a.a.O.; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7 Rn. 15). Entscheidend ist der Zweck des § 22 KUG, die Persönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen in Gestalt der Abbildung für andere verfügbar zu werden (BGH, a.a.O.). Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ist auch in den Fällen der sogenannten „Doppelgängerwerbung“ zu bejahen, bei denen eine Verwechslung nahe gelegt wird. Die Abbildung ist eines Doppelgängers ist hiernach als Abbildung der Person selbst anzusehen, wenn der Eindruck erweckt wird, es handele sich um die Person selbst. Ausreichend ist insoweit, dass ein nicht unbedeutender Teil des Publikums fehlgeleitet wird (Kammer, Urteil vom 14.12.2007, Az. 28 O 32/06).
35Der BGH hat in seinem Urteil vom 1.12.1999 (GRUR 2000, 715 = NJW 2000, 2201) Folgendes ausgeführt:
36„Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dieser Fotografie um ein Bildnis von Marlene Dietrich. Ein Bildnis i.S. von § 22 S. 1 KUG ist die Darstellung einer Person, die deren äußere Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt (BGH, GRUR 1966, 102 = NJW 1965, 2148 – Spielgefährtin I, m.w. Nachw.). Die Erkennbarkeit für Dritte entscheidet darüber, als wessen Bildnis eine Personendarstellung anzusehen ist: Die Abbildung eines Schauspielers in seiner Rolle ist als Bildnis des Schauspielers anzusehen, wenn er noch eigenpersönlich in Erscheinung tritt, d.h. erkennbar und identifizierbar bleibt (vgl. BGH, GRUR 1961, 138 [139] – Familie Schölermann; anders noch RGZ 103, 319 [320f.] – Asta Nielsen), oder wenn er durch die für ihn bekannte Aufmachung erkennbar wird (v. Gamm, UrhG, Einf. Rdnr. 104 m.w. Nachw.). Die Abbildung des Doppelgängers einer berühmten Person ist als Bildnis der berühmten Person anzusehen, wenn der Eindruck erweckt wird, bei dem Doppelgänger handele es sich um die berühmte Person selbst (vgl. KG, JW 1928, 363 [364] – Piscator; daran anschließend BGHZ 26, 52 [67] = GRUR 1958, 354 = NJW 1958, 459 – Sherlock Holmes; Schricker/Gerstenberg/Götting, UrheberR, 2. Aufl., § 60/§ 22 KUG Rdnrn. 5, 10; anders Pietzko, AfP 1988, 209 [214f.]; Freitag, GRUR 1994, 345 [346]; diff. J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im PrivatR, 1991, S. 98ff.). Dabei ist nicht von Bedeutung, auf welchen Merkmalen des äußeren Erscheinungsbildes die Erkennbarkeit beruht. Diese muss sich nicht aus den Gesichtszügen, sondern kann sich auch aus anderen, die betreffende Person kennzeichnenden Einzelheiten ergeben (vgl. BGH, GRUR 1979, 732 [733] = NJW 1979, 2205 – Fußballtor). Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es daher nicht darauf an, ob sich die auf dem Werbefoto abgebildete Person in ihren Gesichtszügen von Marlene Dietrich unterscheidet und ob die Szene nicht die Person Marlene Dietrichs, sondern den Film „Der blaue Engel” symbolisieren soll. Entscheidend ist, dass die abgebildete Person erkennbar das äußere Erscheinungsbild Marlene Dietrichs in der von ihr in dem Film „Der blaue Engel” gespielten Rolle nachahmt. Denn damit wird der Eindruck erweckt, es handele sich um eine Abbildung Marlene Dietrichs in dieser Rolle.”
37Die Kammer ist nach den zuvor dargestellten Kriterien der Auffassung, dass die Beklagte sich in ihrer Werbung nicht lediglich eines „Typus”, nämlich desjenigen eines Quiz-Show-Moderators bediente, der nicht allein vom Kläger verkörpert wird, sondern ein Bildnis des Klägers i.S.d. § 22 KUG verwendete.
38Gegen eine Verwendung eines Bildnisses des Klägers in dem Werbespot spricht zwar die fehlende äußerliche Ähnlichkeit zwischen dem Kläger und dem Quiz-Show-Moderator. Der Quiz-Show-Moderator weist aufgrund seines Alters, seiner Körperstatur und seiner Gesichtszüge keinerlei Ähnlichkeit mit dem Kläger auf. Insofern kann auch nicht von einem „Doppelgänger” i.S. eines „Doubles“ oder „Look-alikes” die Rede sein. Allein ähnlich sind der dunkle Anzug, die Brille und das Tragen einer Krawatte. Bei diesen Attributen handelt es sich jedoch nicht um einmalige oder gänzlich ungewöhnliche äußerliche Merkmale, die nur auf den Kläger zuträfen. Des Weiteren gibt es keine Übereinstimmungen zwischen dem Moderator und dem Kläger hinsichtlich Stimme, Artikulation, Gestik, Mimik und Körperbewegung. Konkrete Gesten, die beim Kläger häufiger zu sehen wären und die von dem Quiz-Show-Moderator Moderator übernommen worden wären, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Gegen die Annahme, in der streitgegenständlichen Werbung werde der Kläger dargestellt, spricht auch, dass der Name des Klägers an keiner Stelle der Werbung verwendet wird. Ferner gibt es auch keine unmittelbare und unmissverständliche Bezugnahme auf ihn.
39Es ist jedoch maßgeblich und im Ergebnis entscheidend zu berücksichtigen, dass dem Kläger eine so außergewöhnlich große Prominenz gerade als Quiz-Show-Moderator der Fernseh-Quiz-Show „X“ zukommt, dass der dargestellte Quiz-Show-Moderator – mag er auch äußerlich dem Kläger nicht ähneln - in Verbindung mit den Details des Werbefilms, die erkennbar aus der Quiz-Show „X“ entnommen sind – und auch nur in Verbindung mit diesen –, im konkreten Fall allein mit ihm assoziiert wird.
40Es ist zwar zu beachten, dass je allgemeiner die in Rede stehenden prägenden Attribute sind, desto bekannter derjenige sein muss, der sich wegen dieser Attribute darauf beruft, mittels eines Doppelgängers, auf den diese Attribute auch zutreffen, dargestellt zu werden (LG Hamburg, GRUR-RR 2012, 42).
41Diese Bekanntheit ist bei dem Kläger jedoch unzweifelhaft und auch unstreitig gegeben, da er deutschlandweit der bekannteste und wohl auch beliebteste Quiz-Show-Moderator ist und – entscheidend – der einzige Moderator war und ist, der die Fernseh-Quiz-Show „X“ moderiert hat. Auch die Details des Werbefilms, die erkennbar der Quiz-Show „X“ entnommen sind, sind einem breiten (Millionen-) Publikum gerade im Zusammenhang mit der Person des Klägers bekannt.
42Dass die dargestellte Szenerie der Quiz-Show in dem Werbefilm aufgrund der Kumulation der prägenden Merkmale unverkennbar Anleihen bei der Show „X“ nimmt, ist für den Betrachter auch erkennbar. Aufgrund der Raumaufteilung mit dem einzelnen – andere Quiz-Shows haben oftmals mehrere Kandidaten – Kandidaten und dem Moderator auf einer Art Podest in der Mitte, umgeben von zwei Rundbühnen einer mit Publikum besetzten Bühne nebst Durchbruch als Eingang für den Moderator, des Mobiliars bestehend aus zwei Hockern und zwei Monitoren, der Sitzordnung, des bläulichen Lichts, der Musik, des Konfettiregens nach zutreffender Beantwortung der „entscheidenden“ Frage, der vier mit Großbuchstaben bezeichneten Antwortmöglichkeiten und des Publikumsjokers, den es nur bei der Quiz-Show „X“ gibt, handelt es sich erkennbar um eine Nachahmung der Show „X“. Dass die Beklagte behauptet, sie nutze für sämtliche Werbung ihr „Y“ mag sein, führt jedoch in Anbetracht der sonstigen Merkmale zu keiner anderen Bewertung.
43c.
44Eine Einwilligung des Klägers i.S.d. § 22 S. 1 KUG hinsichtlich der Nutzung des Bildnisses in diesem Werbefilm liegt unstreitig nicht vor.
45d.
46Auch die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KUG liegen nicht vor.
47Insbesondere handelt es sich nicht um ein Bildnis der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.
48Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden, es sei denn, die Verbreitung verletzt berechtigte Interessen des Abgebildeten nach § 23 Abs. 2 KUG.
49Ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern liegt bereits vor, wenn es einen Bezug zu Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufweist (BGH, a.a.O.). Entscheidend – und im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigen – ist, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. Bei der Beurteilung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten als Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Allgemeinheit ist die Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu berücksichtigen, die sich auch auf eine ungewollte Vereinnahmung für fremde kommerzielle Werbeinteressen beziehen kann. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts umfasst nicht nur die Privatsphäre als Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hier können die Eingriffe besonders schwer wiegen. Wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist darüber hinaus die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll (BGH, a.a.O.). Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens dienen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Bildnis nur verwendet wird, um den Werbewert der prominenten Persönlichkeit auszunutzen und auf das beworbene Produkt überzuleiten. Dagegen ist der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eröffnet, wenn die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist (BGH, a.a.O.).
50Vorliegend handelt es sich um Werbefilme, die keinen über die Werbebotschaft hinausgehenden Informationswert besitzen.
51e.
52Selbst wenn man dies anders sehen wollte, überwögen die berechtigten Interessen des Klägers i.S.d. § 23 Abs. 2 KUG.
53Nach § 23 Abs. 2 KUG erstreckt sich die Befugnis zur einwilligungsfreien Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht auf eine Verbreitung, die im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Ob dies der Fall ist, ist auf Grund einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Güter- und Interessenabwägung zu beantworten. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts fehlt es an einem absoluten Schutzbereich des Rechts; der Schutzumfang muss vielmehr jeweils durch eine Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfG, GRUR 2000, 446 - Caroline von Monaco; BGH, GRUR 1994, 391 - Alle reden vom Klima; GRUR 2004, 590 - Satirische Fotomontage). Dabei ist unter Berücksichtigung der Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu ermitteln, ob dem vermögenswerten Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Bekl. bei der Verbreitung des Werbespots unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 GG stützt.
54Im Falle der Verwendung eines Bildnisses in einem Werbespot wird im Regelfall – und so auch hier - das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten gegenüber dem Veröffentlichungsinteresse des Werbenden überwiegen (vgl. BGH, GRUR 2007, 139). Denn es stellt einen wesentlichen Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Dabei steht allerdings der Umstand im Vordergrund, dass durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebildeten ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGH, GRUR 1956, 427 - Paul Dahlke; NJW-RR 1995, 789 - Chris Revue; GRUR 2002, 690 - Marlene Dietrich).
55f.
56Die Wiederholungsgefahr wird durch die Rechtsverletzung indiziert. Sie wäre lediglich bei einer - hier nicht erfolgten - Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen. Allein dass die Werbespots nicht mehr gesendet werden, lässt die Wiederholungsgefahr entgegen der Annahme der Beklagten nicht entfallen.
572.
58Der Antrag zu 2 ist begründet.
59Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB, da er gegen die Beklagte einen Schadenersatz- bzw. Bereicherungsanspruch dem Grunde nach hat, zu dessen Bezifferung die begehrte Auskunft erforderlich ist.
60Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB (Eingriffskondiktion) bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr.
61Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Zahlung einer Lizenz setzt voraus, dass der Verletzte nach der Verkehrssitte ein Entgelt hätte beanspruchen können, so dass der in Anspruch Genommene auf Kosten des Verletzten einen vermögenswerten Vorteil erlangt hat (OLG Hamburg, ZUM 2006, 639; Burkhardt, a.a.O., 5. Aufl. 2003, Kap. 14, Rn. 10 m.w. Nachw.). Dies ist hier der Fall.
62Die unbefugte kommerzielle Nutzung eines Bildnisses stellt nämlich einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich - neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch - einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, GRUR 2000, 715 - Der blaue Engel; ferner BVerfG, GRUR 2006, 1049). Bereicherungsgegenstand ist die Nutzung des Bildnisses. Da diese nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Wer das Bildnis eines Dritten unberechtigt für kommerzielle Zwecke ausnutzt, zeigt damit, dass er ihm einen wirtschaftlichen Wert beimisst. An der damit geschaffenen vermögensrechtlichen Zuordnung muss sich der Verletzer festhalten lassen und einen der Nutzung entsprechenden Wertersatz leisten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Abgebildete bereit und in der Lage gewesen wäre, die Abbildung gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zu gestatten; denn der Zahlungsanspruch fingiert nicht eine Zustimmung des Betroffenen, er stellt vielmehr den Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zugewiesene Dispositionsbefugnis dar (vgl. v. Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 9, Rn. 10 m.w. Nachw.). Ein Schadens- oder Bereicherungsausgleich auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr setzt auch kein grundsätzliches Einverständnis des Abgebildeten mit der Vermarktung seines Rechts am eigenen Bild voraus (vgl. BGH, GRUR 2007, 139 unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr.). Demzufolge kommt es auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage des „Verzichts“ des Klägers auf eine Lizenzgebühr aufgrund seiner Äußerung, keine Werbung mehr machen zu wollen, nicht an.
63Dieser Auskunftsanspruch ist durch die schriftsätzlichen Angaben der Beklagten, dass keine Werbung über die von dem Kläger eingereichten Werbespots hinaus erfolgt sei, nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, da es an den vom Kläger berechtigterweise geforderten Details der Auskunft mangelt.
64Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
65Streitwert: 55.000,- €
66(Antrag zu 1.: 50.000,- €; Antrag zu 2.: 5.000,- €)
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
I. Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt der Verfügungskläger.
II. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien 250.000 Euro, für die Zeit danach 25.000 Euro.
Gründe
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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einen der Geschäftsführer, zu unterlassen, mit der Person des Klägers zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K5.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in Anlage K5 geschehen, die Person des Klägers verwendet wurde, Auskunft zu erteilen, durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über
(a) alle Werbeträger (Postwurfsendungen, Handzettel, Zeitungen, Zeitschriften, Internetseiten, E-Mails, Citylightplakate etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der diese Werbung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise veröffentlicht bzw. verbreitet worden ist,
(b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Werbemaßnahmen und
(c ) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- €, hinsichtlich des Tenors zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,- € vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Journalist und Moderator und war in der Vergangenheit für verschiedene bekannte Marken als Testimonial werbend tätig. Mitte des Jahres 2011 kündigte der Kläger an, dass er in Zukunft nicht mehr als Werbetestimonial zur Verfügung stehe und keine Werbung mehr machen wolle.
3Die Beklagte betreibt Einrichtungsmärkte mit über 4000 Mitarbeitern in über 100 Filialen. In einer Werbekampagne ließ die Beklagte eine Reihe von verschiedenen Werbefernsehspots ausstrahlen. Die Werbespots wurden sowohl im Fernsehen gezeigt als auch auf der eigenen Internetseite www.anonym1.de zum Abruf bereitgehalten. Zudem wurden die Werbespots auf www.youtube.com eingestellt. Insgesamt handelt es sich um 18 verschiedene Werbespots ähnlichen Aufbaus. Die Werbespots der Beklagten zeigen sämtlich eine Szene einer Fernseh-Quizshow: Ein Moderator, der einen dunklen Anzug, eine Krawatte und eine Brille trägt, sitzt einem Kandidaten bzw. eine Kandidatin vor Studiopublikum gegenüber und stellt ihm bzw. ihr die „alles entscheidende Frage“. Diese kann der Kandidat bzw. die Kandidatin sodann mit einer Antwort A, B, C oder D lösen. Die Szenen sind mit bläulichem Licht ausgeleuchtet und mit dramatisierender Musik unterlegt. Bei einer richtigen Antwort erfolgt ein Konfettiregen aus silbernen Papierstreifen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die CD-ROM, Anlage K5, Bl. 35 d.A., Bezug genommen.
4Der Kläger mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 9.11.2012 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
5Der Kläger ist der Meinung, dass es sich bei den streitgegenständlichen Werbespots um eine unzulässige „Doppelgängerwerbung“ handele, die ihn in seinem Recht am eigenen Bild verletze. Die Bilder des Moderators der vermeintlich fiktiven Quiz-Sendung stellten Bildnisse des Klägers dar. Der dort eingesetzte Darsteller habe seinen Gesichtszügen nach zwar keine allzu große Ähnlichkeit mit dem Kläger. Hierauf komme es jedoch nicht an, da lediglich auf die Erkennbarkeit abzustellen sei. Diese sei jedoch gegeben, da die Beklagte in den Werbespots das Setting der seitens des Klägers moderierten Quizshow „X“ nachstelle. Diese Quizshow sei untrennbar mit der Person des Klägers verknüpft, da jener diese seit 1999 in 14 Staffeln und mehr als 1.000 Episoden moderiert habe. Diesen enormen Marktwert des Klägers nutzte die Beklagte gezielt aus, indem Sie das Format „X“ in ihren Werbespots nachahme.
6Er ist der Meinung, dass das Studio, in dem sich die streitgegenständlichen Werbespots abspielten, aufgrund der Raumaufteilung, der Rundbühne, des Mobiliars, der Sitzordnung, des bläulichen Lichts, der Musik, des Konfettiregens, der vier mit Großbuchstaben bezeichneten Antwortmöglichkeiten und des Publikumsjokers, stark an die Sendung „X“ erinnere. Auch die äußere Erscheinung des in den Werbespots zu sehenden Moderators mit Krawatte, dunklen Anzug und Brille wecke den Eindruck einer unzulässigen Doppelgängerwerbung. Der Moderator sei auch die zentrale Figur des Werbespots, da die Quiz-Show-Szenen das Herzstück der jeweiligen Spors darstellten. In diesem sei die Figur des Moderators jeweils mindestens so lange zu sehen wie die Kandidaten. Zudem habe der Moderator in Dialogen die weit überwiegenden Gesprächsanteile. Überdies liege eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers vor, da die streitgegenständliche Doppelgängerwerbung an den guten Ruf und den Werbewert des Klägers anknüpfte. Die hohe Bekanntheit des Sendeformats „X“ und die hohe Bekanntheit des Klägers führten dazu, dass der Kläger anhand der vorliegenden Gesamtumstände erkennbar sei.
7Der Kläger behauptet, dass er der Produktionsfirma Z GmbH & Co. KG seinen Anspruch auf materiellen Schadenersatz gegen die Beklagte nicht abgetreten habe. Zudem habe der Kläger sein Recht der Bewerbung von Drittprodukten mit seinem Bildnis bzw. seiner Person nicht auf Dritte, insbesondere nicht auf die Z GmbH & Co. KG übertragen.
8Der Kläger beantragt im Wege der Stufenklage zunächst,
9,
101. der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einen der Geschäftsführer, untersagt, mit der Person des Klägers zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in Anlage K5.
112. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in Anlage K5 geschehen, die Person des Klägers verwendet wurde, Auskunft zu erteilen, durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über
12(a) alle Werbeträger (Postwurfsendungen, Handzettel, Zeitungen, Zeitschriften, Internetseiten, E-Mails, Citylightplakate etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der diese Werbung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise veröffentlicht bzw. verbreitet worden ist,
13(b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Werbemaßnahmen und
14(c ) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Meinung, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert sei, da er seine Nutzungs- und Verwertungsrechte, soweit rechtlich möglich, zur selbstständigen Geltendmachung an die Z GmbH & Co. KG abgetreten habe.
18Die Beklagte behauptet, dass weitere als die vom Kläger vorgelegten Szenen nicht produziert und veröffentlicht worden seien. Zudem sei die streitgegenständliche Werbekampagne Anfang Februar beendet worden. Eine Wiederholung werde nicht stattfinden.
19Die Beklagte ist der Meinung, dass es sich nicht um eine Doppelgängerwerbung handele. Hierzu behauptet sie, dass, wie sich aus den Werbeflyern und auch aus der Website der Beklagten ergebe, die „Werbefarbe“ des Unternehmens überwiegend blau sei. Deshalb sei auch der Werbespot der Beklagten in typischen Y gehalten.
20Sie ist der Auffassung, dass sich die Werbespots der Beklagten auch im Übrigen von der Quiz-Sendung „X“ völlig unterschieden. Die Werbespots der Beklagten hätten einen gänzlich anderen Szenen-Aufbau, unterschiedliche farbliche Gestaltungen und absolut unterschiedliche Musik sowie Jingles. Der Moderator der Quiz-Sendung, der in den Werbespots auftrete und optisch und als Person eine untergeordnete Rolle spiele, weise nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Kläger auf. Man könne jedoch im Fall des Nachstellens von bekannten Szenen ein Bildnis des Originaldarstellers dann nicht annehmen, wenn sich die abgebildete Person erkennbar von jenem unterscheide. Die Merkmale Brille und Anzug führten nicht zu einer Erkennbarkeit des Klägers, da es sich um Allerweltsmerkmale handele. Zudem sei der Moderator wesentlich jünger als der Kläger. Eine Erkennbarkeit des Klägers scheide auch deshalb aus, weil die konkrete Rolle des Klägers hinsichtlich Stimme, Artikulation, Gestik, Mimik und Körperbewegung von dem Moderator der Quiz-Sendung nicht nachgeahmt werde.
21Dass in den Werbespots verwendete Bühnenbild sei nicht Bestandteil des Bildnisses des Klägers, sondern ein rechtlich nicht zu verletzender Hintergrund, der für die Erkennbarkeit Klägers keine Rolle spiele.
22Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, dass es an einem ersatzfähigen Schaden deshalb fehle, weil der Kläger auf die Verwertungsart „Werbung“ öffentlich verzichtet habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die Klage ist, soweit sie entscheidungsreif war, begründet.
261.
27Der Antrag zu 1 ist begründet.
28Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. den §§ 22, 23 KUG.
29Nach der Rechtsprechung ist die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen an dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, NJW 2009, 3032, 3033 – X) unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1798 f. – Caroline von Hannover) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutzgehalt des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu messen (EGMR, NJW 2004, 2647 – Caroline von Hannover). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren – hier unstreitig nicht vorliegenden - Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG), es sei denn, es handelt sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Dies gilt wiederum nicht, wenn durch die Bildveröffentlichung berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG), was eine Abwägung des Informationsinteresses der Allgemeinheit und der Pressefreiheit gegenüber dem Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Privatsphäre voraussetzt (BGH a.a.O.).
30a.
31Der Kläger ist – ohne dass über die zwischen den Parteien streitige Frage der Übertragung „der Nutzungs- und Verwertungsrechte“ Beweis zu erheben wäre – sowohl für den Unterlassungsanspruch als auch für den Schadenersatzanspruch aktivlegitimiert, weil das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet ist (BVerfG, GRUR 2000, 446 – Caroline von Monaco) und weil das Persönlichkeitsrecht seinen Träger nicht in die Lage versetzt, sich zu kommerziellen Zwecken persönlichkeitsrechtlich geschützter Bestandteile zugunsten einzelner Vertragspartner zu begeben und damit zugleich die Öffentlichkeit von der Wahrnehmung eben dieser Bestandteile auszuschließen (vgl. Fricke in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, § 22 KUG, Rn. 12).
32b.
33Der streitgegenständliche Werbefilm stellt ein Bildnis des Klägers i.S.d. § 22 KUG dar.
34Unter Bildnissen im Sinne des § 22 KUG versteht man die Darstellung einer natürlichen Person in einer für Dritte erkennbaren Weise. Zumeist ergibt sich die Erkennbarkeit aus der Abbildung der Gesichtszüge. Es genügt aber auch, wenn der Abgebildete – mag auch sein Gesicht kaum oder gar nicht zu erkennen sein – durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist oder seine Person durch den beigegebenen Text oder durch den Zusammenhang mit früheren Veröffentlichungen erkannt werden kann (vgl. BGH, NJW 1979, 2205 – Fußballtorwart). Nicht notwendig ist, dass der Abgebildete tatsächlich von bestimmten Personen erkannt wurde. Das Recht am eigenen Bild ist bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, er könnte identifiziert werden (vgl. BGH, a.a.O.; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7 Rn. 15). Entscheidend ist der Zweck des § 22 KUG, die Persönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen in Gestalt der Abbildung für andere verfügbar zu werden (BGH, a.a.O.). Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ist auch in den Fällen der sogenannten „Doppelgängerwerbung“ zu bejahen, bei denen eine Verwechslung nahe gelegt wird. Die Abbildung ist eines Doppelgängers ist hiernach als Abbildung der Person selbst anzusehen, wenn der Eindruck erweckt wird, es handele sich um die Person selbst. Ausreichend ist insoweit, dass ein nicht unbedeutender Teil des Publikums fehlgeleitet wird (Kammer, Urteil vom 14.12.2007, Az. 28 O 32/06).
35Der BGH hat in seinem Urteil vom 1.12.1999 (GRUR 2000, 715 = NJW 2000, 2201) Folgendes ausgeführt:
36„Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dieser Fotografie um ein Bildnis von Marlene Dietrich. Ein Bildnis i.S. von § 22 S. 1 KUG ist die Darstellung einer Person, die deren äußere Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt (BGH, GRUR 1966, 102 = NJW 1965, 2148 – Spielgefährtin I, m.w. Nachw.). Die Erkennbarkeit für Dritte entscheidet darüber, als wessen Bildnis eine Personendarstellung anzusehen ist: Die Abbildung eines Schauspielers in seiner Rolle ist als Bildnis des Schauspielers anzusehen, wenn er noch eigenpersönlich in Erscheinung tritt, d.h. erkennbar und identifizierbar bleibt (vgl. BGH, GRUR 1961, 138 [139] – Familie Schölermann; anders noch RGZ 103, 319 [320f.] – Asta Nielsen), oder wenn er durch die für ihn bekannte Aufmachung erkennbar wird (v. Gamm, UrhG, Einf. Rdnr. 104 m.w. Nachw.). Die Abbildung des Doppelgängers einer berühmten Person ist als Bildnis der berühmten Person anzusehen, wenn der Eindruck erweckt wird, bei dem Doppelgänger handele es sich um die berühmte Person selbst (vgl. KG, JW 1928, 363 [364] – Piscator; daran anschließend BGHZ 26, 52 [67] = GRUR 1958, 354 = NJW 1958, 459 – Sherlock Holmes; Schricker/Gerstenberg/Götting, UrheberR, 2. Aufl., § 60/§ 22 KUG Rdnrn. 5, 10; anders Pietzko, AfP 1988, 209 [214f.]; Freitag, GRUR 1994, 345 [346]; diff. J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im PrivatR, 1991, S. 98ff.). Dabei ist nicht von Bedeutung, auf welchen Merkmalen des äußeren Erscheinungsbildes die Erkennbarkeit beruht. Diese muss sich nicht aus den Gesichtszügen, sondern kann sich auch aus anderen, die betreffende Person kennzeichnenden Einzelheiten ergeben (vgl. BGH, GRUR 1979, 732 [733] = NJW 1979, 2205 – Fußballtor). Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es daher nicht darauf an, ob sich die auf dem Werbefoto abgebildete Person in ihren Gesichtszügen von Marlene Dietrich unterscheidet und ob die Szene nicht die Person Marlene Dietrichs, sondern den Film „Der blaue Engel” symbolisieren soll. Entscheidend ist, dass die abgebildete Person erkennbar das äußere Erscheinungsbild Marlene Dietrichs in der von ihr in dem Film „Der blaue Engel” gespielten Rolle nachahmt. Denn damit wird der Eindruck erweckt, es handele sich um eine Abbildung Marlene Dietrichs in dieser Rolle.”
37Die Kammer ist nach den zuvor dargestellten Kriterien der Auffassung, dass die Beklagte sich in ihrer Werbung nicht lediglich eines „Typus”, nämlich desjenigen eines Quiz-Show-Moderators bediente, der nicht allein vom Kläger verkörpert wird, sondern ein Bildnis des Klägers i.S.d. § 22 KUG verwendete.
38Gegen eine Verwendung eines Bildnisses des Klägers in dem Werbespot spricht zwar die fehlende äußerliche Ähnlichkeit zwischen dem Kläger und dem Quiz-Show-Moderator. Der Quiz-Show-Moderator weist aufgrund seines Alters, seiner Körperstatur und seiner Gesichtszüge keinerlei Ähnlichkeit mit dem Kläger auf. Insofern kann auch nicht von einem „Doppelgänger” i.S. eines „Doubles“ oder „Look-alikes” die Rede sein. Allein ähnlich sind der dunkle Anzug, die Brille und das Tragen einer Krawatte. Bei diesen Attributen handelt es sich jedoch nicht um einmalige oder gänzlich ungewöhnliche äußerliche Merkmale, die nur auf den Kläger zuträfen. Des Weiteren gibt es keine Übereinstimmungen zwischen dem Moderator und dem Kläger hinsichtlich Stimme, Artikulation, Gestik, Mimik und Körperbewegung. Konkrete Gesten, die beim Kläger häufiger zu sehen wären und die von dem Quiz-Show-Moderator Moderator übernommen worden wären, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Gegen die Annahme, in der streitgegenständlichen Werbung werde der Kläger dargestellt, spricht auch, dass der Name des Klägers an keiner Stelle der Werbung verwendet wird. Ferner gibt es auch keine unmittelbare und unmissverständliche Bezugnahme auf ihn.
39Es ist jedoch maßgeblich und im Ergebnis entscheidend zu berücksichtigen, dass dem Kläger eine so außergewöhnlich große Prominenz gerade als Quiz-Show-Moderator der Fernseh-Quiz-Show „X“ zukommt, dass der dargestellte Quiz-Show-Moderator – mag er auch äußerlich dem Kläger nicht ähneln - in Verbindung mit den Details des Werbefilms, die erkennbar aus der Quiz-Show „X“ entnommen sind – und auch nur in Verbindung mit diesen –, im konkreten Fall allein mit ihm assoziiert wird.
40Es ist zwar zu beachten, dass je allgemeiner die in Rede stehenden prägenden Attribute sind, desto bekannter derjenige sein muss, der sich wegen dieser Attribute darauf beruft, mittels eines Doppelgängers, auf den diese Attribute auch zutreffen, dargestellt zu werden (LG Hamburg, GRUR-RR 2012, 42).
41Diese Bekanntheit ist bei dem Kläger jedoch unzweifelhaft und auch unstreitig gegeben, da er deutschlandweit der bekannteste und wohl auch beliebteste Quiz-Show-Moderator ist und – entscheidend – der einzige Moderator war und ist, der die Fernseh-Quiz-Show „X“ moderiert hat. Auch die Details des Werbefilms, die erkennbar der Quiz-Show „X“ entnommen sind, sind einem breiten (Millionen-) Publikum gerade im Zusammenhang mit der Person des Klägers bekannt.
42Dass die dargestellte Szenerie der Quiz-Show in dem Werbefilm aufgrund der Kumulation der prägenden Merkmale unverkennbar Anleihen bei der Show „X“ nimmt, ist für den Betrachter auch erkennbar. Aufgrund der Raumaufteilung mit dem einzelnen – andere Quiz-Shows haben oftmals mehrere Kandidaten – Kandidaten und dem Moderator auf einer Art Podest in der Mitte, umgeben von zwei Rundbühnen einer mit Publikum besetzten Bühne nebst Durchbruch als Eingang für den Moderator, des Mobiliars bestehend aus zwei Hockern und zwei Monitoren, der Sitzordnung, des bläulichen Lichts, der Musik, des Konfettiregens nach zutreffender Beantwortung der „entscheidenden“ Frage, der vier mit Großbuchstaben bezeichneten Antwortmöglichkeiten und des Publikumsjokers, den es nur bei der Quiz-Show „X“ gibt, handelt es sich erkennbar um eine Nachahmung der Show „X“. Dass die Beklagte behauptet, sie nutze für sämtliche Werbung ihr „Y“ mag sein, führt jedoch in Anbetracht der sonstigen Merkmale zu keiner anderen Bewertung.
43c.
44Eine Einwilligung des Klägers i.S.d. § 22 S. 1 KUG hinsichtlich der Nutzung des Bildnisses in diesem Werbefilm liegt unstreitig nicht vor.
45d.
46Auch die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KUG liegen nicht vor.
47Insbesondere handelt es sich nicht um ein Bildnis der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.
48Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden, es sei denn, die Verbreitung verletzt berechtigte Interessen des Abgebildeten nach § 23 Abs. 2 KUG.
49Ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern liegt bereits vor, wenn es einen Bezug zu Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufweist (BGH, a.a.O.). Entscheidend – und im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigen – ist, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. Bei der Beurteilung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten als Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Allgemeinheit ist die Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu berücksichtigen, die sich auch auf eine ungewollte Vereinnahmung für fremde kommerzielle Werbeinteressen beziehen kann. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts umfasst nicht nur die Privatsphäre als Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hier können die Eingriffe besonders schwer wiegen. Wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist darüber hinaus die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll (BGH, a.a.O.). Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens dienen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Bildnis nur verwendet wird, um den Werbewert der prominenten Persönlichkeit auszunutzen und auf das beworbene Produkt überzuleiten. Dagegen ist der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eröffnet, wenn die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist (BGH, a.a.O.).
50Vorliegend handelt es sich um Werbefilme, die keinen über die Werbebotschaft hinausgehenden Informationswert besitzen.
51e.
52Selbst wenn man dies anders sehen wollte, überwögen die berechtigten Interessen des Klägers i.S.d. § 23 Abs. 2 KUG.
53Nach § 23 Abs. 2 KUG erstreckt sich die Befugnis zur einwilligungsfreien Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht auf eine Verbreitung, die im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Ob dies der Fall ist, ist auf Grund einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Güter- und Interessenabwägung zu beantworten. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts fehlt es an einem absoluten Schutzbereich des Rechts; der Schutzumfang muss vielmehr jeweils durch eine Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfG, GRUR 2000, 446 - Caroline von Monaco; BGH, GRUR 1994, 391 - Alle reden vom Klima; GRUR 2004, 590 - Satirische Fotomontage). Dabei ist unter Berücksichtigung der Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu ermitteln, ob dem vermögenswerten Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Bekl. bei der Verbreitung des Werbespots unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 GG stützt.
54Im Falle der Verwendung eines Bildnisses in einem Werbespot wird im Regelfall – und so auch hier - das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten gegenüber dem Veröffentlichungsinteresse des Werbenden überwiegen (vgl. BGH, GRUR 2007, 139). Denn es stellt einen wesentlichen Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Dabei steht allerdings der Umstand im Vordergrund, dass durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebildeten ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGH, GRUR 1956, 427 - Paul Dahlke; NJW-RR 1995, 789 - Chris Revue; GRUR 2002, 690 - Marlene Dietrich).
55f.
56Die Wiederholungsgefahr wird durch die Rechtsverletzung indiziert. Sie wäre lediglich bei einer - hier nicht erfolgten - Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen. Allein dass die Werbespots nicht mehr gesendet werden, lässt die Wiederholungsgefahr entgegen der Annahme der Beklagten nicht entfallen.
572.
58Der Antrag zu 2 ist begründet.
59Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB, da er gegen die Beklagte einen Schadenersatz- bzw. Bereicherungsanspruch dem Grunde nach hat, zu dessen Bezifferung die begehrte Auskunft erforderlich ist.
60Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB (Eingriffskondiktion) bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr.
61Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Zahlung einer Lizenz setzt voraus, dass der Verletzte nach der Verkehrssitte ein Entgelt hätte beanspruchen können, so dass der in Anspruch Genommene auf Kosten des Verletzten einen vermögenswerten Vorteil erlangt hat (OLG Hamburg, ZUM 2006, 639; Burkhardt, a.a.O., 5. Aufl. 2003, Kap. 14, Rn. 10 m.w. Nachw.). Dies ist hier der Fall.
62Die unbefugte kommerzielle Nutzung eines Bildnisses stellt nämlich einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich - neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch - einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, GRUR 2000, 715 - Der blaue Engel; ferner BVerfG, GRUR 2006, 1049). Bereicherungsgegenstand ist die Nutzung des Bildnisses. Da diese nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Wer das Bildnis eines Dritten unberechtigt für kommerzielle Zwecke ausnutzt, zeigt damit, dass er ihm einen wirtschaftlichen Wert beimisst. An der damit geschaffenen vermögensrechtlichen Zuordnung muss sich der Verletzer festhalten lassen und einen der Nutzung entsprechenden Wertersatz leisten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Abgebildete bereit und in der Lage gewesen wäre, die Abbildung gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zu gestatten; denn der Zahlungsanspruch fingiert nicht eine Zustimmung des Betroffenen, er stellt vielmehr den Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zugewiesene Dispositionsbefugnis dar (vgl. v. Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 9, Rn. 10 m.w. Nachw.). Ein Schadens- oder Bereicherungsausgleich auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr setzt auch kein grundsätzliches Einverständnis des Abgebildeten mit der Vermarktung seines Rechts am eigenen Bild voraus (vgl. BGH, GRUR 2007, 139 unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr.). Demzufolge kommt es auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage des „Verzichts“ des Klägers auf eine Lizenzgebühr aufgrund seiner Äußerung, keine Werbung mehr machen zu wollen, nicht an.
63Dieser Auskunftsanspruch ist durch die schriftsätzlichen Angaben der Beklagten, dass keine Werbung über die von dem Kläger eingereichten Werbespots hinaus erfolgt sei, nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, da es an den vom Kläger berechtigterweise geforderten Details der Auskunft mangelt.
64Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
65Streitwert: 55.000,- €
66(Antrag zu 1.: 50.000,- €; Antrag zu 2.: 5.000,- €)
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Auf Saisonbetriebe und Kampagne-Betriebe finden die Vorschriften dieses Abschnitts bei Entlassungen, die durch diese Eigenart der Betriebe bedingt sind, keine Anwendung.
(2) Keine Saisonbetriebe oder Kampagne-Betriebe sind Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gefördert wird. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen, welche Betriebe als Saisonbetriebe oder Kampagne-Betriebe im Sinne des Absatzes 1 gelten.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist eine Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "Frau im Spiegel". In der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 dieser Zeitschrift wurde berichtet, dass der Fürst von Monaco erkrankt sei. Bebildert war der Bericht unter anderem mit einer der angegriffenen Aufnahmen, welche die Klägerin im Skiurlaub neben ihrem Ehemann auf der Straße in St. Moritz zeigt. In der Ausgabe Nr. 9/03 vom 20. Februar 2003 berichtete die Zeitschrift erneut über einen Winterurlaub der Klägerin in St. Moritz unter Beifügung eines Bildes, das die Klägerin und ihren Ehemann auf öffentlicher Straße in St. Moritz unter vielen Menschen zeigt. In der Ausgabe Nr. 12/04 vom 11. März 2004 berichtete das Blatt über den bevorstehenden "Rosenball" in Monaco; dieser Bericht wurde unter anderem mit einer Aufnahme illustriert, welche die Klägerin und ihren Ehemann in einem öffentlichen ZweierSessellift in Zürs am Arlberg in Skikleidung zeigt.
- 2
- Die Klägerin verlangt - wie ihr Ehemann im Verfahren VI ZR 50/06 - von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahmen erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Dieses Recht zur Veröffentli- chung finde nach § 23 Abs. 2 KUG erst dann seine Grenze, wenn die Aufnahmen die Privatsphäre der Klägerin berührten und das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die Veröffentlichung rechtmäßig erfolgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 EMRK bei der Abwägung zu berücksichtigen und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als Verfassung des deutschen Staates vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des allgemeinen Interesses betroffen, zu der die veröffentlichten Bilder einen Beitrag leisteten , sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien die Veröffentlichungen jedoch trotzdem zulässig , weil Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grundrechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsentfaltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG. Die beanstandeten Bilder zeigten die Klägerin mit ihrem Ehemann auf offener Straße in St. Moritz und in einem öffentlichen, allgemein zugänglichen Skilift, damit an Plätzen, an denen sich viele Menschen aufhielten. Wer sich - wie die Klägerin - als Person des öffentlichen Lebens an diesen Orten aufhalte und dort seinen Urlaub verbringe, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichungen seien nicht zu beanstanden.
II.
- 4
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Die Klägerin kann der Beklagten die erneute Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahmen lediglich nicht untersagen, soweit sie der Bebilderung einer Berichterstattung über ein Ereignis der Zeitgeschichte dienen und damit selbst ein "Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte" sind.
- 5
- 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 131, 332, 336; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83). Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass die Klägerin die nach diesen Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahmen weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat.
- 6
- 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass Aufnahmen verbreitet werden, die sie im Urlaub in Begleitung ihres Ehemannes in der Öffentlichkeit abbildeten, kann zwar in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift vorliegend nicht hinsichtlich jeder beanstandeten Aufnahme durch.
- 7
- a) Das Berufungsgericht bejaht für alle beanstandeten Bildveröffentlichungen eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens die Veröffentlichung hinnehmen. Zwar leisteten die Bilder keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Inte- resse, sondern dienten nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der Privatsphäre nicht vorrangig, weil die Aufnahmen die Klägerin an Orten zeigten, an denen sich viele Menschen befänden.
- 8
- Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- VI ZR 15/95 - BGHZ 131, 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der Abbildungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG gebunden fühlt.
- 9
- b) Indessen wird diese Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2006, 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von Hannover gegen Deutschland (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 (NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland) dargelegten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen.
- 10
- aa) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 11
- Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitgeschichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "absolute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an anderen, erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 ff., bestätigt von BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.).
- 12
- bb) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274).
- 13
- Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Be- reich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3407 f.).
- 14
- cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: EMRK) in der Fassung des Protokolls Nr. 11 vom 11. Mai 1994 (BGBl 1995 II 578 ff.; vgl. nunmehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - Bek. vom 17. Mai 2002 - BGBl 2002 II 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 f.; vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
- 15
- Soweit sich die Bedenken des EGMR gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannte Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass die Klägerin unbeschadet der Frage, ob sie als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen Rechtsprechung anzusehen ist, jedenfalls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat sie sich bei den beanstandeten Abbildungen nicht an Orten der Abgeschiedenheit im oben dargelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt.
- 16
- Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu verneinen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des EGMR, sondern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften Schutzkonzept , wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 17
- Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - Rn. 15, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dabei darf aller- dings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. Ebermayer in: Stengleins Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebengesetzen des Deutschen Reiches, 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, XI. Legislaturperiode I. Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und I. Lesung 25. Januar 1906, Bd. 214, S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von Gerlach JZ 2004, 625; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837).
- 18
- Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO Rn. 24; EGMR, NJW 2006, 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668 f., bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026, und vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht.
- 19
- Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits , mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
- 20
- Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der In- formationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.).
- 21
- Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitgeschichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind.
- 22
- Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Auffassung des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Ehemann der Klägerin betreffenden Verfahren gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfG, NJW 2006, 2835).
- 23
- dd) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da im Streitfall die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 f. - jeweils m.w.N.).
- 24
- 3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
- 25
- a) Das in der Ausgabe Nr. 9/03 vom 20. Februar 2003 der Zeitschrift "Frau im Spiegel" veröffentlichte Bild war einem Bericht über einen Winterurlaub der Klägerin beigefügt und zeigt die Klägerin und ihren Ehemann auf öffentlicher Straße in St. Moritz unter vielen Menschen.
- 26
- Zwar darf - wie bereits oben näher ausgeführt - die Presse grundsätzlich selbst darüber bestimmen, was sie für berichtenswert hält. Die Klägerin und ihr Ehemann hielten sich zudem in der Öffentlichkeit unter anderen Menschen auf.
- 27
- Die Wortberichterstattung über den Urlaub der Klägerin betrifft aber selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs keinen Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 f. Rn. 60 ff.) und kein zeitgeschichtliches Ereignis. Auch der beanstandeten Abbildung sind kein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse und keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis zu entnehmen. Die Aufnahme zeigt die Klägerin und ihren Ehemann unstreitig im Urlaub, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört.
- 28
- Bei der erforderlichen Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung zu beachten, dass es eine entscheidende Rolle spielt, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit - wie hier - wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, BGHZ 131, 332, 342f.). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die regelmäßig in der Bildveröffentlichung liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht ohne Einwilligung hinnehmen (§ 22 KUG). Insoweit ist daher die Berufung der Beklagten gegen das Urteil erster Instanz zurückzuweisen , ohne dass es auf die Verletzung eines berechtigten Interesses der abgebildeten Person (§ 23 Abs. 2 KUG) noch ankäme.
- 29
- b) In der Ausgabe Nr. 12/04 der gleichen Zeitschrift vom 11. März 2004 berichtete die Beklagte über den bevorstehenden "Rosenball" in Monaco, bebildert unter anderen mit einer Aufnahme, welche die Klägerin und ihren Ehemann ebenfalls während eines Urlaubs in einem öffentlichen Zweier-Sessellift in Zürs am Arlberg in Skikleidung zeigt. Auch insoweit hat die Revision der Klägerin nach einer Abwägung der beteiligten Rechte und Grundrechte der Parteien Erfolg.
- 30
- Zwar mag man den Bericht über den bevorstehenden "Rosenball" in Monaco als Bericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis von allgemeinem Interesse mit gesellschaftlicher Relevanz werten. Die dem Bericht beigefügte Aufnahme der Klägerin und ihres Ehemannes im Skiurlaub hat jedoch mit dem Ball als möglichem Ereignis von allgemeinem Interesse nichts zu tun. Sie dient vielmehr der Bebilderung eines inhaltlich völlig selbständigen Teils der Wortberichterstattung , mit dem über die Feier des Geburtstags des Ehemanns der Klägerin in St. Moritz berichtet wird, zu der die Eheleute aus ihrem Winterurlaub in Zürs angereist waren. Sowohl die Geburtstagsfeier wie auch der Skiurlaub der Klägerin in Zürs betrafen ausschließlich die Privatsphäre der Eheleute. Insoweit sind der Bericht und seine Bebilderung ersichtlich nicht von allgemeinem Interesse , sondern dienen ausschließlich dem Unterhaltungsinteresse. Sie stehen auch in keinerlei inhaltlichem Zusammenhang mit dem (möglicherweise) zeitgeschichtlichen Ereignis "Rosenball". Angesichts des geringen Informationswerts überwiegt in einem solchen Fall der Schutz der Privatsphäre und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin das Interesse der Öffentlichkeit an der Verbreitung der beanstandeten Aufnahme. Eine Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme kommt - unabhängig von § 23 Abs. 2 KUG - ohne Einwilligung der abgebildeten Person(en) nicht in Betracht (§ 22 KUG). Auch insoweit ist daher die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
- 31
- c) Die Aufnahme, welche die Beklagte in der Zeitschrift "Frau im Spiegel" Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 veröffentlicht hat, zeigt die Klägerin und ihren Ehemann auf öffentlicher Straße in St. Moritz im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Dennoch hat das Berufungsgericht die Veröffentlichung des Fotos im Ergebnis ohne Rechtsfehler als Bebilderung eines Berichts über ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht beanstandet.
- 32
- Zwar sind der beanstandeten Abbildung als solcher keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis oder ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse zu entnehmen. Indes ist für den Informationswert auch die zugehörige Wortberichterstattung zu berücksichtigen. Soweit diese sich auf den Skiurlaub bezieht, kann allerdings ein zeitgeschichtliches Ereignis bzw. ein Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 f. Rn. 60 ff.) selbst bei dem im Interesse der Informationsfreiheit gebotenen weiten Verständnis dieser Begriffe nicht angenommen werden. Gegenstand der Wortberichterstattung ist jedoch auch die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis im dargelegten Sinn, über das die Presse berichten darf. Insofern kommt es auf den redaktionellen Gehalt und die Gestaltung dieses Artikels nicht an, da die Garantie der Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen (BVerfGE 34, 269, 283; Senat, Urteil vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668, bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026). Das gilt auch, soweit der Artikel das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten betrifft, zumal die Klägerin die Wortberichterstattung auch in diesem Punkt nicht angegriffen hat. Diese Berichterstattung wird mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert.
- 33
- Bei dieser Sachlage sind überwiegende berechtigte Interessen der Klägerin (§ 23 Abs. 2 KUG), die einer Veröffentlichung der Abbildung entgegenstehen könnten, bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit (vgl. Senat, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84) nicht zu erkennen. Insbesondere ist der beanstandeten Abbildung , welche die Klägerin und ihren Ehemann auf offener Straße zeigt, kein eigenständiger Verletzungseffekt zu entnehmen, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte. Dass die Aufnahme etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder von technischen Mitteln, die dem gleich kämen, zustande gekommen und aus diesem Grund unzulässig wäre (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342), ist nicht ersichtlich.
- 34
- 4. Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, kann der Senat selbst entscheiden (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO).
- 35
- Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 873/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 88/05 -
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.