Oberlandesgericht Hamm Urteil, 02. Sept. 2016 - 9 U 75/15

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2016:0902.9U75.15.00
02.09.2016

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 4) wird das am 13. März 2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1) bis 3) werden als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) mit diesen „wie“ eine Gesamtschuldnerin haftend, verurteilt, 5.766,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, die Beklagten zu 1) – 3) seit dem 16.03.2013 und die Beklagte zu 4) seit dem 29.05.2014, an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten zu 1) – 3) werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, weitere 83.466,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2013 an die Klägerin zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) über Abs. 1 und 2 hinaus verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren und zukünftigen gem. § 110 f. SGB VII erstattungsfähigen unfallbedingten Aufwendungen zu ersetzen, die von ihr aufgrund des Unfalls gezahlt wurden und noch zu zahlen sein werden, der sich am 19.04.2011 in F, N-Straße, ereignete und bei dem ihr Versicherter T, geb. am ##.##.1965, schwer verletzt wurde.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 4) über Abs.1 hinaus verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren übergangsfähigen unfallbedingten Aufwendungen in Höhe einer Haftungsquote von 50 % zu ersetzen, die von ihr aufgrund des Unfalls gezahlt wurden und noch zu zahlen sein werden, der sich am 19.04.2011 in F, N-Straße, ereignete und bei dem ihr Versicherter T, geb. am ##.##.1965, schwer verletzt wurde. Dabei haftet sie mit den Beklagten zu 1) bis 3) wie eine Gesamtschuldnerin.

Im Übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 4) abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 4) und die Berufungen der Beklagten zu 1) – 3) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Parteien wie folgt:

Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 19 %, die Beklagten zu 1) – 3) zu 75 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 6 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Beklagten zu 4) trägt die Klägerin 78 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) bis 3) 75 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 6 %.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen erstinstanzlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien wie folgt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 16 %, die Beklagten zu 1) bis 3) zu 81 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 3 %.

Von den außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) bis 3) 81 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 3 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) trägt die Klägerin 93 %.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 4) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 4) vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 100 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

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(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

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(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zu

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(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 831 Haftung für den Verrichtungsgehilfen


(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 31 Haftung des Vereins für Organe


Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 116 Ansprüche gegen Schadenersatzpflichtige


(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistung

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(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften

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(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 108 Bindung der Gerichte


(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicher

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 111 Haftung des Unternehmens


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Landgericht Bielefeld Urteil, 13. März 2015 - 1 O 82/13

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Tenor Die Beklagten zu 1) bis 4) werden verurteilt, an die Klägerin 89.232,32 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2013 (Beklagte zu 1) bis 3)) bzw. seit dem 29.5.2014 (Beklagte zu 4)) zu zahlen. Es wird

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2014 - VI ZR 51/13

bei uns veröffentlicht am 18.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 51/13 Verkündet am: 18. Februar 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

Haben ein Mitglied eines vertretungsberechtigten Organs, Abwickler oder Liquidatoren juristischer Personen, vertretungsberechtigte Gesellschafter oder Liquidatoren einer Personengesellschaft des Handelsrechts oder gesetzliche Vertreter der Unternehmer in Ausführung ihnen zustehender Verrichtungen den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, haften nach Maßgabe des § 110 auch die Vertretenen. Eine nach § 110 bestehende Haftung derjenigen, die den Versicherungsfall verursacht haben, bleibt unberührt. Das gleiche gilt für Mitglieder des Vorstandes eines nicht rechtsfähigen Vereins oder für vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personengesellschaft des bürgerlichen Rechts mit der Maßgabe, daß sich die Haftung auf das Vereins- oder das Gesellschaftsvermögen beschränkt.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Tenor

Die Beklagten zu 1) bis 4) werden verurteilt, an die Klägerin 89.232,32 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2013 (Beklagte zu 1) bis 3)) bzw. seit dem 29.5.2014 (Beklagte zu 4)) zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) über Abs. 1 hinaus verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren und zukünftigen gemäß § 110 f. SGB VII erstattungsfähigen unfallbedingten Aufwendungen zu ersetzen, die von ihr aufgrund des Unfalls gezahlt wurden und noch zu zahlen sein werden, der sich am 19.4.2011 in F., N.Straße xxx, ereignete und bei dem ihr Versicherter N. T., geboren am xxxxxx, schwer verletzt wurde.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 4) verpflichtet ist, der Klägerin über Abs. 1 hinaus sämtliche weiteren übergangsfähigen unfallbedingten Aufwendungen zu ersetzen, die von ihr aufgrund des Unfalls gezahlt wurden und noch zu zahlen sein werden, der sich am 19.4.2011 in F., N.Straße xxx, ereignete und bei dem ihr Versicherter N. T., geboren am 11.6.1965, schwer verletzt wurde.

Dabei haften die Beklagten zu 1) bis 3) jeweils als Gesamtschuldner und mit der Beklagten zu 4) „wie“ Gesamtschuldner.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 139.232,32 EUR festgesetzt.


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(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR47/13 Verkündet am:
18. November 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Besteht zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis, können Ansprüche
des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger) auf den Betrag
beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner
(Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht
durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers
gestört wäre.

b) Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen Versicherungsträgers
, in der der Unfall eines auf Grund eines wirksamen Vertrags entliehenen Arbeitnehmers
im Unternehmen des Entleihers als Arbeitsunfall anerkannt wird, hindert die
Zivilgerichte nicht, den Unfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zuzuordnen
und diesen gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als haftungsprivilegiert anzusehen.

c) Die durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers
bewirkte Störung des Gesamtschuldverhältnisses wird nicht dadurch "ausgeglichen"
, dass dem aus übergegangenem Recht klagenden Sozialversicherungsträger ein
Rückgriffsanspruch aus § 110 Abs. 1 SGB VII gegen den Erstschädiger zusteht.

d) Zur Verkehrssicherungspflicht des mit der örtlichen Bauüberwachung beauftragten
Architekten.
BGH, Urteil vom 18. November 2014 - VI ZR 47/13 - OLG Jena
LG Erfurt
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner und Stöhr sowie die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des 7. Zivilsenats des Thüringischen Oberlandesgerichts vom 9. Januar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht ihres Versicherten R. wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auf Ersatz materiellen Schadens in Anspruch.
2
Die Stadtwirtschaft W. GmbH beabsichtigte, auf dem Gelände ihres Betriebshofs eine Halle zu errichten. Sie beauftragte die Beklagte zu 1 mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (§ 15 Abs. 2 HOAI in der Fassung vom 21. September 1995). Diese setzte für die Erbringung der Leistungsphase 8 - Objektüberwachung (Bauüberwachung) - den Beklagten zu 2 als verantwortlichen Mitarbeiter vor Ort ein. Die Elektroarbeiten wurden an die Streithelferin der Klägerin (nachfolgend: Streithelferin) vergeben.
3
Am Samstag, dem 4. November 2006, führte die Streithelferin Elektroinstallationsarbeiten auf der oberen der beiden Ebenen der im Bau befindlichen Halle durch. An den Rändern dieser Ebene befanden sich ungesicherte Absturzkanten , die am selben Tag Gegenstand eines Gesprächs zwischen dem Beklagten zu 2 und einem Mitarbeiter der Streithelferin waren. Maßnahmen zur Absicherung der Absturzkanten wurden nicht ergriffen. Am Montag, dem 6. November 2006, wurden die Elektroinstallationsarbeiten auf der oberen Ebene fortgesetzt. Dabei setzte die Streithelferin erstmals den Versicherten R. - einen von der S. Personaldienstleistung GmbH & Co. KG überlassenen Leiharbeitnehmer - ein. Dieser stürzte gegen 14.00 Uhr von der oberen Ebene auf den Betonfußboden der 2,68 m tiefer liegenden unteren Ebene der Halle und zog sich schwerste Verletzungen zu.
4
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagten in Höhe einer Haftungsquote von 60 % in Anspruch. Sie lässt sich ein "Mitverschulden" der Streithelferin in Höhe von 40 % anrechnen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin und der Streithelferin hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert. Es hat den Leistungsantrag dem Grunde nach zu 60 % für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 60 % der weiteren übergangsfähigen Aufwendungen zu ersetzen, die ihr wegen des Unfalls entstanden sind und noch entstehen werden. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von den Beklagten gemäß § 823 BGB, § 116 SGB X Schadensersatz auf der Grundlage einer Haftungsquote von 60 % verlangen. Die Beklagten hätten es pflichtwidrig unterlassen, für eine ordnungsgemäße Absturzsicherung zu sorgen. Ein Verstoß gegen § 12 der einschlägigen Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten BGV C 22 stehe fest. An der Unfallstelle seien weder eine Absturzsicherung noch Fangeinrichtungen angebracht worden. Dafür hafteten die Beklagten. Zwar sei in erster Linie der Unternehmer für die Sicherheit der Baustelle verantwortlich. Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt werde aber dann verkehrssicherungspflichtig , wenn er Gefahrenquellen erkannt habe oder bei gewissenhafter Beachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können. Solche sekundären Verkehrssicherungspflichten hätten die Beklagten verletzt. Denn der Beklagte zu 2 habe die Arbeiten zugelassen, obwohl er gewusst habe, dass keine Absturzsicherung vorhanden gewesen sei. Es sei nicht ausreichend gewesen , die Streithelferin lediglich auf die fehlende Absturzsicherung hinzuweisen. Die Beklagten hätten die erkannte Gefahrenquelle vielmehr beseitigen müssen. Sie hätten entweder für die Errichtung einer Absturzsicherung oder für ein Verbot der Baumaßnahmen an den entscheidenden Stellen sorgen müssen. Dafür, dass diese Pflichtverletzung für den Sturz des Geschädigten kausal geworden sei, spreche der Beweis des ersten Anscheins, den die Beklagten nicht erschüttert hätten.
6
Die Haftung der Beklagten sei nicht gemäß § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII ausgeschlossen, da eine gemeinsame Betriebsstätte nicht gegeben sei. Auch die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldverhältnisses seien nicht zu berücksichtigen. Zwar sei die Streithelferin ebenfalls verkehrssicherungspflichtig gewesen. Sie habe mit Aufnahme der Elektroarbeiten eine Baustelle eröffnet und deshalb im gleichen Maße die Unfallverhütungsvorschriften beachten müssen. Auch greife zu Gunsten der Streithelferin die Haftungsprivilegierung des § 104 Abs. 1 SGB VII. Die Haftung des Entleihers für Arbeitsunfälle des Leiharbeitnehmers sei in derselben Weise beschränkt wie die Haftung des Stammunternehmers. Denn auch ein Leiharbeitnehmer werde für das Unternehmen des Entleihers tätig. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Streithelferin im Falle einer Inanspruchnahme gemäß den §§ 110, 111 SGB VII den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen hafte. Denn sie habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt. Die Gefahr eines Sturzes sei offenkundig gewesen. Dass sie gleichwohl sehenden Auges mit den Arbeiten begonnen habe, sei subjektiv unentschuldbar und in hohem Maße pflichtwidrig. Danach hafteten die Beklagten als Gesamtschuldner , wobei ein Mitverschulden des Geschädigten in Höhe von 30 % zu berücksichtigen sei, weil er sich trotz fehlender Absturzsicherung in den Gefahrenbereich begeben habe.

II.

7
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Versicherten R. aufgrund seines Sturzes ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2 aus § 823 Abs. 1 BGB erwachsen ist.
9
a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist R. infolge des Fehlens einer ordnungsgemäßen Absturzsicherung von der oberen Ebene der Halle auf den Betonfußboden der 2,68 m tiefer liegenden unteren Ebene gefallen und hat sich schwerste Verletzungen zugezogen.
10
b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte zu 2 ihm gegenüber R. obliegende Verkehrssicherungspflichten verletzt hat.
11
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den mit der örtlichen Bauaufsicht, Bauleitung oder Bauüberwachung beauftragten Architekten die Pflicht, nicht nur seinen Auftraggeber sondern auch Dritte, die sich befugt auf der Baustelle aufhalten, vor Schäden zu bewahren, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks entstehen können. Im Regelfall braucht der Architekt allerdings nur diejenigen Verkehrssicherungspflichten zu beachten, die dem Bauherrn als dem mittelbaren Veranlasser der aus der Bauausführung fließenden Gefahren obliegen; ihn treffen im Allgemeinen nur sog. sekundäre Verkehrssicherungspflichten. Primär verkehrssicherungspflichtig ist der Unternehmer. Er hat für die Sicherheit der Baustelle zu sorgen. Die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, die die im konkreten Fall zu beachtenden Sorgfaltspflichten durch Bestimmungen über Sicherheitsmaßnahmen konkretisieren (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2001 - VI ZR 142/00, VersR 2001, 1040, 1041), wenden sich nur an ihn. Sie sollen die Versicherten vor den typischen Gefährdungen des jeweiligen Gewerbes schützen (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986; vom 8. Januar 2002 - VI ZR 364/00, VersR 2002, 330, 331). Diesen Zweck können sie nur erfüllen, wenn sie von dem Unternehmer zu beachten sind, der die Versicherten beschäftigt (vgl. Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74, VersR 1975, 812, 813).
12
Unmittelbar selbst verkehrssicherungspflichtig wird der mit der örtlichen Bauaufsicht, Bauleitung oder Bauüberwachung beauftragte Architekt aber dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer in dieser Hinsicht nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist, wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können (vgl. Senatsurteile vom 6. November 1973 - VI ZR 76/72, VersR 1974, 263, 264; vom 13. März 2007 - VI ZR 178/05, VersR 2007, 948 Rn. 12; BGH, Urteil vom 10. März 1977 - VII ZR 278/75, BGHZ 68, 169, 175 f.). Er ist dann verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 1970 - VI ZR 223/69, VersR 1971, 84, 85; vom 20. September 1983 - VI ZR 248/81, VersR 1983, 1141, 1142 und vom 13. März 2007 - VI ZR 178/05, aaO).
13
bb) Nach diesen Grundsätzen hätte der mit der Bauüberwachung betraute Beklagte zu 2 vor dem Unfall für eine ausreichende Sicherung der Absturzkante sorgen müssen. Die ihm obliegende sekundäre Verkehrssicherungspflicht hatte sich in dem Moment aktualisiert, in dem er von dem Fehlen einer Absturzsicherung an den Kanten der oberen Hallenebene Kenntnis erlangt hatte. Denn wegen der ungesicherten Absturzkanten befand sich die Baustelle am Unfalltag in einem nicht verkehrssicheren Zustand, der die Ausführung von Arbeiten in diesem Bereich nicht zuließ (vgl. Senatsurteil vom 6. November 1973 - VI ZR 76/72, VersR 1974, 263, 264; OLG Hamm, VersR 1993, 491 f.).
14
cc) Entgegen der Auffassung der Revision hat der Beklagte zu 2 seiner Verkehrssicherungspflicht nicht dadurch genügt, dass er die Streithelferin auf die fehlende Absturzsicherung hingewiesen hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, bot der bloße Hinweis auf die Gefahrenstelle keine ausreichende Gewähr dafür, dass Dritte nicht zu Schaden kommen würden.
Trotz des dadurch bewirkten Gefahrbewusstseins auf Seiten der Streithelferin lag es nahe, dass sich ein Arbeiter in die Nähe der Gefahrenstelle begibt und aufgrund kurzfristiger Unaufmerksamkeit durch ein unbedachtes Verhalten zu Schaden kommt (vgl. Senatsurteile vom 6. November 1973 - VI ZR 76/72, VersR 1974, 263, 264; vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74, VersR 1975, 812 f.; vom 8. Januar 2002 - VI ZR 364/00, VersR 2002, 330; OLG Hamm, VersR 1993, 491 f.; Staudinger/Hager, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 E Rn. 383).
15
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass auch die Streithelferin gegenüber dem ihr zur Arbeitsleistung überlassenen R. - jedenfalls gemäß § 618 BGB - verpflichtet war, die zur Abwendung von Gefahren für Leben und Gesundheit erforderlichen Schutzvorkehrungen zu treffen und die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten (vgl. BAGE 25, 514, 522; 131, 18 Rn. 23 ff.; BAG, NZA 1989, 340, 341; NZA-RR 2010, 123 Rn. 43 f.; Henssler /Willemsen/Kalb/Krause, Arbeitsrecht, 6. Aufl., § 618 BGB Rn. 6, 9; Erman /Belling, BGB, 14. Aufl., § 618 Rn. 1, 5; s. auch § 11 Abs. 6 S. 1 AÜG sowie Art. 8 RL 91/383/EWG über die Verbesserung des Gesundheitsschutzes).
16
Denn die Verkehrssicherungspflicht des Beklagten zu 2 bestand unabhängig von der Verpflichtung der Streithelferin. Abgesehen davon war auch der Unternehmer verkehrssicherungspflichtig, der die ungesicherte Ebene hergestellt und damit die Gefahrenquelle geschaffen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 1996 - IX ZR 77/95, VersR 1997, 61, 63; OLG Hamm, VersR 1993, 491 f.). Waren mithin mehrere Unternehmen für die Sicherheit der Baustelle in dem fraglichen Bereich verantwortlich, so durfte der für die Bauüberwachung zuständige Beklagte zu 2 sich jedenfalls nicht ohne eine ausdrückliche und eindeutige Anweisung und ohne eine Kontrolle darauf verlassen, dass die Streithelferin die erforderlichen Maßnahmen ergreifen würde (vgl. auch Senatsurteil vom 6. November 1973 - VI ZR 76/72, VersR 1974, 263, 264; OLG Hamm, VersR 1993, 491 f.; Staudinger/Hager, aaO). Dies gilt umso mehr, als sich im Streitfall eine Gefahr verwirklicht hat, die typischerweise mit der Abfolge verschiedener Gewerke und dem Tätigwerden einer Vielzahl von Personen bei der Errichtung des Bauwerks verbunden ist und von dem mit der Bauüberwachung betrauten Architekten am besten überblickt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2007 - VI ZR 178/05, VersR 2007, 948 Rn. 13).
17
2. Dagegen wird die Beurteilung des Berufungsgerichts, auch die Beklagte zu 1 hafte unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB, von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Danach traf die Beklagte zu 1 zunächst ebenfalls nur eine sekundäre Verkehrssicherungspflicht. Sie war nur dann verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern, wenn sich die sekundäre Verkehrssicherungspflicht zuvor in ihrer Person aktualisiert hatte. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Mangels näherer Feststellungen zur Stellung und Funktion des Beklagten zu 2 kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dessen zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten der Beklagten zu 1 analog § 31 BGB zuzurechnen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01, BGHZ 155, 205, 210 f.; Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl., § 31 BGB Rn. 2). Eine Haftung der Beklagten zu 1 aus §§ 831, 823 Abs. 1 BGB kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht bejaht werden (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. März 2007 - VI ZR 178/05, VersR 2007, 948 Rn. 15).
18
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , eine Haftungsbeschränkung der Beklagten nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses komme vorliegend nicht in Betracht.
19
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats können in den Fällen , in denen zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis besteht , Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger ) auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre. Die Beschränkung der Haftung des Zweitschädigers beruht dabei auf dem Gedanken, dass einerseits die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich unterlaufen werden soll, es aber andererseits bei Mitberücksichtigung des Grundes der Haftungsprivilegierung, nämlich der anderweitigen Absicherung des Geschädigten durch eine gesetzliche Unfallversicherung , nicht gerechtfertigt wäre, den Zweitschädiger den Schaden alleine tragen zu lassen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Zweitschädiger in Höhe des Verantwortungsteils freizustellen, der auf den Erstschädiger im Innenverhältnis entfiele, wenn man seine Haftungsprivilegierung hinwegdenkt. Dabei ist unter Verantwortungsteil die Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit der Eigenanteil des betreffenden Schädigers an der Schadensentstehung zu verstehen (vgl. etwa Urteile vom 12. Juni 1973 - VI ZR 163/71, BGHZ 61, 51, 53 ff.; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01, BGHZ 155, 206, 212 f.; vom 13. März 2007 - VI ZR 178/05, VersR 2007, 948 Rn. 19; vom 22. Januar 2008 - VI ZR 17/07, VersR 2008, 642 Rn. 11; vom 23. September 2014 - VI ZR 483/12, juris Rn. 16; jeweils mwN).
20
b) Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte zu 2 nur in Höhe des im Innenverhältnis zur Streithelferin auf ihn entfallenden Verantwortungsteils.
21
aa) Zwischen dem Beklagten zu 2 und der Streithelferin besteht - lässt man etwaige sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierungen außer Be- tracht - ein Gesamtschuldverhältnis. Dem der Streithelferin zur Arbeitsleistung überlassenen R. ist gegen diese jedenfalls ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen § 618 Abs. 1 BGB erwachsen. Dabei kann dahingestellt werden, ob sich dieser Anspruch aus einer unmittelbaren Anwendung der genannten Bestimmungen (sowohl BAGE 25, 514, 522; BAG, NZA 1989, 340, 341; NZA-RR 2010, 123 Rn. 44; ArbRBGB /Friedrich, § 618 Rz. 12; Soergel/Kraft, BGB, 12. Auflage, § 618 Rz. 3), einer analogen Anwendung (so Henssler/Willemsen/Kalb/Krause, Arbeitsrecht, 6. Aufl., § 618 BGB Rn. 9) oder aus der Verletzung des zwischen der Streithelferin als Entleiherin und der S. Personaldienstleistung GmbH & Co. KG als Verleiher abgeschlossenen Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten des R. als Leiharbeitnehmer (so Staudinger/Oetker, BGB, Neubearbeitung 2011, § 618 Rz. 95; MünchKommBGB/Henssler, 6. Aufl., § 618 Rn. 25) ergibt. Denn unabhängig von der dogmatischen Herleitung schuldet die Streithelferin wegen der Verletzung vertraglicher Verkehrssicherungspflichten Ersatz des R. infolge des Sturzes entstandenen Schadens. Sie ist damit verpflichtet, dasselbe Gläubigerinteresse zu befriedigen wie der wegen der Verletzung deliktischer Verkehrssicherungspflichten haftende Beklagte zu 2. Die für die Annahme einer Gesamtschuld darüber hinaus erforderliche Gleichstufigkeit der Verpflichtungen folgt daraus, dass weder die Streithelferin noch der Beklagte zu 2 nur subsidiär oder vorläufig für die Verpflichtung des jeweils anderen einstehen müssen (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2006 - VI ZR 136/05, VersR 2007, 198 Rn. 17 f.; BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 - VII ZR 7/11, BGHZ 192, 182 Rn. 18; Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 421 Rn. 6 f., jeweils mwN).
22
bb) Der Ausgleich im Innenverhältnis der Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB ist durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung gestört.
23
(1) Die Haftung der Streithelferin ist allerdings nicht gemäß § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII ausgeschlossen. Die in dieser Norm angeordnete Haftungsbeschränkung scheitert schon daran, dass der Versicherte R. nicht durch ein auf der Betriebsstätte tätiges Organ der Streithelferin geschädigt worden ist. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats kommt das Haftungsprivileg dem Unternehmer nur dann zu Gute, wenn er Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung ist, selbst auf einer gemeinsamen Betriebsstätte eine betriebliche Tätigkeit verrichtet und dabei den Versicherten eines anderen Unternehmens verletzt (vgl. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 483/12, juris Rn. 14 mwN; vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 20).
24
(2) Die Haftung der Streithelferin ist aber gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung sind Unternehmer den Versicherten , die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet , wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Danach haftet die Streithelferin vorliegend nicht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sie die Verletzungen des R. weder vorsätzlich herbeigeführt noch handelt es sich um einen Wegeunfall. Der Unfall des R. ist haftungsrechtlich auch dem Unternehmen der Streithelferin zuzuordnen. Denn R. war zum Unfallzeitpunkt als ein der Streithelferin überlassener Leiharbeitnehmer auf einer Baustelle der Streithelferin eingesetzt und damit als Versicherter für diese tätig. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass die Klägerin als für das Unternehmen des Verleihers zuständige Berufsgenossenschaft den Unfall des R. als Arbeitsunfall anerkannt hat.
25
(a) Zwar ist der Zivilrichter gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger hinsichtlich der Frage gebunden , ob ein Arbeitsunfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats erstreckt sich die Bindungswirkung auch auf die Entscheidung darüber, ob der Verletzte den Unfall als Versicherter aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1 SGB VII erlitten hat und welchem Unternehmen der Unfall zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 9, 13; vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 17, 21; vom 30. April 2013 - VI ZR 155/12, VersR 2013, 862 Rn. 9, jeweils mwN). An der Zuordnung des Unfalls zu einem anderen Unternehmen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind die Zivilgerichte danach gehindert (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 13; vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 17, 20 f.; a.A. BAG, NZA-RR 2010, 123 Rn. 27, 54 f.).
26
(b) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Bestimmung des § 108 SGB VII auch im vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist, in dem "Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art" nicht den Gegenstand der Klageforderung bilden, sondern über sie nur mittelbar bei der Prüfung der Frage zu entscheiden ist, ob die Haftung des Zweitschädigers in Hinblick auf eine sozialversicherungsrechtliche Privilegierung des Erstschädigers nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses beschränkt ist. Denn auch wenn die Bestimmung im Streitfall zur Anwendung käme, erstreckte sich die von ihr angeordnete Bindungswirkung nicht auf die Frage, welchem Unternehmen der Unfall zuzurechnen ist. Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen Versicherungsträgers, in der der Unfall eines auf Grund eines wirksamen Vertrags entliehenen Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG) im Unternehmen des Entleihers als Arbeitsunfall anerkannt wird, hindert die Zivilgerichte nicht, den Unfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zuzuordnen und diesen als haftungsprivilegiert anzusehen.
27
(aa) Der Senat hat seine Auffassung, die Bindungswirkung des § 108 SGB VII erstrecke sich auch auf die Entscheidung darüber, welchem Unternehmen der Unfall zuzurechnen ist, damit begründet, dass durch die - im Zuge der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch VII neu geschaffenen - Konkurrenzregelungen des § 135 SGB VII nicht nur die Zuständigkeit mehrerer Unfallversicherungsträger und ein mehrfacher Versicherungsschutz, sondern auch die Zuordnung eines Arbeitsunfalls zu mehreren Unternehmen verhindert werden solle (Urteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, aaO und vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, aaO Rn. 13, 18; zustimmend ErfK/Rolfs, 14. Aufl., § 108 SGB VII Rn. 3; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Rn. 4.4 [Stand: Mai 2011]; Waltermann in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 108 Rn. 4; ablehnend Ricke in Kasseler Kommentar, § 104 SGB VII Rn. 10 [Stand: Dezember 2011]; ders., NZS 2011, 454; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373; Burmann/Jahnke, NZV 2014, 5, 10; anders auch BAG, aaO).
28
(bb) Diese Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf die erlaubte Arbeitnehmerüberlassung übertragen. Sie ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die der Annahme entgegenstehen, dass die Beschränkung der Zuordnung eines Arbeitsunfalls zu einem Unternehmen auch in dieser Fallkonstellation dem Willen des Gesetzgebers entspricht und den Schutzzwecken der §§ 104 ff. SGB VII Rechnung trägt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 20).
29
So wird ein mehrfacher Versicherungsschutz bei der Arbeitnehmerüberlassung in erster Linie durch die spezielle Vorschrift des § 133 Abs. 2 SGB VII verhindert, wonach sich die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers nach der Zuständigkeit für das Unternehmen des Verleihers bestimmt (vgl. Köhler in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 133 Rn. 10; Quabach in jurisPKSGB VII, 2. Aufl., § 133 Rn. 29). Anders als § 135 SGB VII (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 13) hat dieBestimmung des § 133 Abs. 2 SGB VII ein Vorbild in der Reichsversicherungsordnung. Sie entspricht im Wesentlichen dem mit Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl. I S. 241) geschaffenen § 648 RVO, wonach eine Berufsgenossenschaft Arbeitsunfälle bei Tätigkeit in einem Unternehmen, das für Rechnung eines ihr nicht angehörigen Unternehmers geht, dann zu entschädigen hat, wenn ein ihr angehöriger Unternehmer den Auftrag gegeben und das Entgelt zu zahlen hat (vgl. BT-Drucks. 13/2204, S. 108). Trotz dieser Regelung bestand unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung kein Zweifel daran, dass ein Arbeitsunfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zugeordnet werden konnte und diesem deshalb das Haftungsprivileg des § 636 Abs. 1 RVO zugute kam. Dies ergab sich bereits aus der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 636 Abs. 2 RVO, durch die klargestellt werden sollte, dass der grundsätzliche Ausschluss der Haftung des Unternehmers gemäß § 636 Abs. 1 RVO auch für den Entleiher im Verhältnis zu dem für ihn tätigen Leiharbeitnehmer gilt (BT-Drucks. 3/758 S. 60; vgl. BAGE 42, 194, 200). Diesen Rechtszustand wollte der Gesetzgeber mit dem Erlass des Sozialgesetzbuchs VII nicht ändern. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist er davon ausgegangen , dass dem Entleiher die Haftungsprivilegierung auch nach neuem Recht zugute kommt. Wegen des vermeintlich klaren Wortlauts des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII - "Versicherte, die für ihre Unternehmen tätig sind" - hat er eine besondere Regelung für Leiharbeitnehmer für entbehrlich gehalten (BT-Drucks.
13/2204 S. 100; vgl. Lemcke, r+s 2009, 391, 392; Kampen, NJW 2010, 2311, 2315; Ricke, NZS 2011, 454, 457; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373, 378; Burmann/Jahnke, NZV 2014, 5, 10).
30
Auch steht der Schutzzweck des § 133 Abs. 2 SGB VII, insbesondere für Leiharbeitnehmer ständig wechselnde Zuständigkeiten zu verhindern (Lemcke, r+s 2013, 411, 412; Köhler in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 133 Rn. 5), in keinem Bezug zu Sinn und Zweck der Haftungsprivilegierung. Diese dient zunächst als Ausgleich für die allein von dem Unternehmer getragene Beitragslast. Darüber hinaus bezweckt sie die Wahrung des Betriebsfriedens, indem Streitigkeiten über die Unfallverantwortung vermieden werden (vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, BGHZ 8, 330, 338; vom 24. Januar 2006 - VI ZR 290/04, BGHZ 166, 42 Rn. 11; vom 16. Dezember 2003 - VI ZR 103/03, BGHZ 157, 213, 218, jeweils mwN; BVerfGE 34, 118, 129 f., 132). Schließlich soll sie auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Betriebsgemeinschaft eine Gefahrengemeinschaft darstellt (vgl. BVerfGE 34, 118, 136; Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 104 SGB VII Rn. 2 [Stand: Dezember 2011]; Hollo in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 104 Rn. 9; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373, 377).
31
Diese Schutzzwecke würden im Fall der Arbeitnehmerüberlassung weitgehend verfehlt, wenn eine Haftungsprivilegierung des Entleihers verneint würde. Denn bei Arbeitsunfällen von Leiharbeitnehmern kommt eine Haftung der Verleiher unabhängig von einer Haftungsbeschränkung typischerweise nur selten in Betracht (vgl. Thüsing, AÜG, 3. Aufl., Einf. Rn. 78; Schüren in ders./Hamann, AÜG, 4. Aufl., Einl. Rn. 758). Demgegenüber wären die Entleiher auf Grund der sie treffenden Fürsorgepflicht (vgl. BAGE 25, 514, 522; BAG, NZA 1989, 340, 341; NZA-RR 2010, 123 Rn. 43 f.) - insbesondere der Pflicht, die Arbeit in den Unternehmen durch Beachtung der Unfallverhütungsvorschrif- ten unfallsicher auszugestalten (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S. 60) - und infolge der Eingliederung der Leiharbeitnehmer in ihr Unternehmen (vgl. BAGE 25, 514, 520; 77, 102, 110; 144, 222 Rn. 13) bei einer Verneinung der Haftungsbeschränkung einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt. Es steht in Einklang mit den Schutzzwecken des Haftungsprivilegs, dieses Risiko als durch die für die Leiharbeitnehmer gezahlten Unfallversicherungsbeiträge abgelöst anzusehen (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S. 60).
32
(cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Entleiher die Beiträge regelmäßig nicht selbst an die zuständige Berufsgenossenschaft abführt, weil der Verleiher Beitragsschuldner ist (Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 150 Rn. 11; Schlaeger in BeckOK SozR, § 150 SGB VII Rn. 7 [Stand: Juni 2014]). In den praktisch bedeutsamen Fällen der entgeltlichen Arbeitnehmerüberlassung wird der Verleiher die Beiträge bei der Kalkulation des Entgelts berücksichtigen und an den Entleiher weiterreichen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, BGHZ 8, 330, 333; Lehmacher, r+s-Beil. 2011, 79, 81). Darüber hinaus haftet der Entleiher dem Unfallversicherungsträger gegenüber wie ein selbstschuldnerischer Bürge (§ 150 Abs. 3 Satz 1 SGB VII i.V.m. § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Die Loslösung des Haftungsprivilegs von der Beitragspflicht ist im Übrigen eine Folge der Aufspaltung der Arbeitgeber-Stellung, die für die spezielle Situation der Leiharbeitnehmer kennzeichnend ist (vgl. BAGE 144, 340 Rn. 26).
33
Vor diesem Hintergrund ist ein hinreichender Sachgrund dafür, Arbeitsunfälle von Leiharbeitnehmern im Verhältnis zum Entleiher haftungsrechtlich anders zu behandeln als Arbeitsunfälle der in gleicher Gefahrenlage arbeitenden eigenen Arbeitnehmer des Entleihers, nicht zu erkennen (so bereits RGZ 171, 393, 398 und Senatsurteil vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, aaO).
34
(c) R. war zum Unfallzeitpunkt als Versicherter gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII für die Streithelferin tätig. Er war als ein ihr überlassener Leiharbeitnehmer gemeinsam mit eigenen Arbeitnehmern der Streithelferin auf einer Baustelle der Streithelferin eingesetzt und damit wie ein Beschäftigter der Streithelferin tätig (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Für die Beantwortung der Frage, ob der Geschädigte wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII tätig geworden ist, ist entscheidend, ob er Aufgaben des anderen Unternehmens wahrgenommen hat und die Aufgaben seiner Tätigkeit bei wertender Betrachtung der Einzelfallumstände auch das Gepräge gegeben haben (Senatsurteil vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03, VersR 2004, 1045, 1046 f.; BAG, NZA-RR 2010, 123 Rn. 35). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein dem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassener Arbeitnehmer im Unternehmen des Entleihers eingesetzt wird (vgl. BSGE 98, 285 Rn. 17; OLG Jena r+s 2010, 533; LAG Berlin-Brandenburg, r+s 2014, 48; Krasney in Becker/Burchardt/ders./ Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Rn. 11; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 104 Rn. 8; Waltermann in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 104 Rn. 10; Grüner in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 104 Rn. 11 f.; Hollo in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 104 Rn. 25; Schüren in ders./Hamann, AÜG, 4. Aufl., Einl. Rn. 756; Thüsing, AÜG, 3. Aufl., Einf. Rn. 77; Geigel/ Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 31 Rn. 81; Lepa, Haftungsbeschränkungen bei Personenschäden nach dem Unfallversicherungsrecht, S. 154 f.). Die von dem Leiharbeitnehmer wahrgenommenen Aufgaben werden nämlich - anders als bei einem Dienst- oder Werkvertrag - nicht aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags von dem Verleiher übernommen. Dessen Verpflichtung beschränkt sich vielmehr darauf, dem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, die dieser nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzt (BAGE 77, 102, 110 f.; 87, 186, 189; 96, 150, 153).
35
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die durch die sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung der Streithelferin bewirkte Störung des Gesamtschuldverhältnisses nicht dadurch "ausgeglichen", dass der Klägerin ein Rückgriffsanspruch aus eigenem Recht gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII gegen die Streithelferin zusteht. Denn aufgrund der Haftungsprivilegierung der Streithelferin ist der mit der Klage geltend gemachte Anspruch des Geschädigten R. gegen die außerhalb des Sozialversicherungsverhältnisses stehenden Zweitschädiger, die Beklagten, von vornherein auf das beschränkt, was auf diese im Innenverhältnis endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch die Regelung des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII gestört wäre (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1973 - VI ZR 163/71, BGHZ 61, 51, 55). Der Anspruch konnte auch nur in diesem beschränkten Umfang gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf die Klägerin übergehen. Die Anspruchsbeschränkung ist durch den Anspruchsübergang nicht wieder entfallen; der Gläubigerwechsel verändert den Inhalt des übergegangenen Anspruchs nämlich nicht (vgl. §§ 412, 404 BGB).
36
4. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird insbesondere zu bewerten haben , wie groß der "Verantwortungsteil" der Streithelferin einerseits sowie der Beklagten und möglicher weiterer nicht privilegiert haftender Gesamtschuldner andererseits ist. Dabei hat es Gelegenheit, sich auch mit den weiteren im Revisionsverfahren erhobenen Einwendungen der Beteiligten auseinanderzusetzen. Galke Wellner Stöhr von Pentz Oehler
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 06.01.2012 - 3 O 1182/10 -
OLG Jena, Entscheidung vom 09.01.2013 - 7 U 90/12 -

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, nimmt den Beklagten als Inhaber eines Unternehmens für Elektroninstallation gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII auf Ersatz von Aufwendungen für einen Arbeitsunfall des Zeugen M. (im Folgenden: der Geschädigte) in Anspruch.

2

Am 9. Juni 2008 führten ein Mitarbeiter des Beklagten, der Zeuge S., sowie zwei vom Beklagten bei einer Zeitarbeitsfirma georderte Leiharbeitnehmer, der Zeuge G. und der Geschädigte, Arbeiten auf dem Dach einer Reithalle aus, auf dem eine Photovoltaikanlage installiert werden sollte. Sicherheitsnetze und ein Schutzgerüst waren an diesem Tag noch nicht angebracht. Der Geschädigte trat auf eine zum Dach gehörende Lichtplatte, wodurch diese zerbrach. Er stürzte etwa sieben Meter tief auf den Hallenboden und verletzte sich schwer.

3

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der drei Zeugen abgewiesen, weil der Beklagte den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil ohne weitere Beweisaufnahme abgeändert. Es hat einen Anspruch auf Zahlung von 86.788,91 € nebst Zinsen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch alle weiteren gemäß § 110 SGB VII erstattungsfähigen Aufwendungen zu ersetzen, die ihr wegen des Unfalls entstanden sind oder künftig entstehen werden. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der dieser seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in r+s 2013, 409 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Anspruchsvoraussetzungen des § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII lägen dem Grunde nach vor. Aus dem Bescheid der Klägerin vom 27. Juli 2009 ergebe sich mit bindender Wirkung, dass der Unfall des Geschädigten ein Versicherungsfall sei, für den die Klägerin zuständig sei. Auch sei die Haftung des Beklagten gemäß § 104 SGB VII beschränkt. Der Geschädigte habe zum Unfallzeitpunkt in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung zum Beklagten gestanden, weil er als Leiharbeiter auf einer Baustelle des Beklagten tätig gewesen sei und dort dessen Weisungen unterlegen habe.

5

Der Beklagte habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, da er Unfallverhütungsvorschriften nicht beachtet habe, die elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hätten. Angesichts der Firsthöhe des Daches von sieben Metern und der nicht tragfähigen Lichtbänder seien Sicherungseinrichtungen zur Verhinderung eines Durchbruchs notwendig gewesen, die jedoch zum Unfallzeitpunkt nicht vorhanden gewesen seien. Insbesondere seien nach den nicht angegriffenen, bindenden Feststellungen des Landgerichts jedenfalls zum Unfallzeitpunkt keine Aluprofile mehr in den Sicken des betreffenden Lichtbandes vorhanden gewesen; die Profile seien zuvor von dem Lichtband entfernt worden, um sie zwischen den Lichtbändern zu montieren. Bei einem derart schwer wiegenden Verstoß sei der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt. Die vom Beklagten behauptete Anweisung, nicht auf die Lichtbänder zu treten, sei unzureichend gewesen, da bei Handwerksarbeiten auf einem Hallendach auch Vorsorge gegen unbedarfte Bewegungen getroffen werden müsse.

6

Auch die angebliche weitere Anweisung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht geeignet, den Beklagten subjektiv zu entlasten. Der Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die angeordnete Maßnahme geeignet gewesen sei, den Durchbruch eines Mitarbeiters durch ein Lichtband zu verhindern. Denn bei der Durchführung der geplanten Arbeiten hätten die Profile zwangsläufig wieder von den Lichtbändern entfernt werden müssen. Soweit das Landgericht die vor Abschluss der Arbeiten erfolgte Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern als Verstoß gegen die Anordnungen des Beklagten angesehen habe, sei der Senat daran nicht gebunden, weil den Aussagen der im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen konkrete Anhaltspunkte zu entnehmen seien, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen begründeten. Aus den protokollierten Aussagen des Zeugen S. und des Geschädigten ergebe sich, dass die Aluprofile nach dem vom Beklagten erteilten Arbeitsauftrag zwischen den Lichtbändern befestigt werden sollten, damit am nächsten Tag mit der Montage der Photovoltaik-Module begonnen werden konnte; dazu hätten die Profile von den Lichtbändern entfernt werden müssen. Eine nochmalige Vernehmung der Zeugen sei nicht erforderlich, da das Landgericht den Aussagen gefolgt sei.

7

Der Beklagte behaupte zwar nunmehr, die Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern sei weder geplant noch notwendig gewesen, weil die Aluschienen im Bereich unterhalb der Lichtbänder erst am nächsten Tag hätten montiert werden sollen. Dieser neue Vortrag sei jedoch nicht zuzulassen und ändere im Übrigen auch nichts an der Ungeeignetheit der angeordneten Maßnahme. Die für den Bereich unterhalb der Lichtbänder vorgesehenen Profile könnten, da dieser schmale Streifen allenfalls ein Viertel der Dachfläche ausmache, nicht zur Abdeckung aller Lichtbänder ausgereicht haben. Daher hätte auf jeden Fall ein Teil der zur Abdeckung der Lichtbänder verwendeten Profile im Laufe der Arbeiten wieder entfernt werden müssen. Die in die Sicken der Lichtbänder gelegten Aluprofile seien außerdem auch nicht gegen ein Abrutschen gesichert gewesen und eine seitliche Absturzsicherung habe weitgehend gefehlt. Unter diesen Umständen seien die behaupteten Sicherungsmaßnahmen derart lückenhaft und ungeeignet gewesen, dass die Pflichtverletzung unter Berücksichtigung der auf der Hand liegenden tödlichen Gefahren als subjektiv unentschuldbar angesehen werden müsse.

II.

8

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

9

1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der Beklagte eine Person ist, deren Haftung nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII beschränkt ist. Nach dieser Bestimmung sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Danach haftet der Beklagte vorliegend nicht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat er die Verletzungen des Geschädigten weder vorsätzlich herbeigeführt noch handelt es sich um einen Wegeunfall. Der Unfall ist haftungsrechtlich auch dem Unternehmen des Beklagten zuzuordnen, denn der Geschädigte war zum Unfallzeitpunkt auf dessen Baustelle als ein ihm überlassener Leiharbeitnehmer eingesetzt und damit als Versicherter für ihn tätig. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass die Klägerin als für das Unternehmen des Verleihers zuständige Berufsgenossenschaft den Unfall des Geschädigten als Arbeitsunfall anerkannt hat.

10

a) Zwar ist der Zivilrichter gemäß § 112 i.V.m. § 108 Abs. 1 SGB VII an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger hinsichtlich der Frage gebunden, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats erstreckt sich die Bindungswirkung auch auf die Entscheidung darüber, ob der Verletzte den Unfall als Versicherter aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1 SGB VII erlitten hat und welchem Unternehmen der Unfall zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 9, 13; vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 17, 21; vom 30. April 2013 - VI ZR 155/12, VersR 2013, 862 Rn. 9, jeweils mwN). An der Zuordnung des Unfalls zu einem anderen Unternehmen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind die Zivilgerichte danach gehindert (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 13; vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 17, 20 f.; aA BAG, NZA-RR 2010, 123 Rn. 27, 54 f.).

11

b) Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen Versicherungsträgers, in der der Unfall eines - auf Grund eines wirksamen Vertrags - entliehenen Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG) im Unternehmen des Entleihers als Arbeitsunfall anerkannt wird, hindert die Zivilgerichte jedoch nicht, den Unfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zuzuordnen und diesen als haftungsprivilegiert anzusehen.

12

aa) Der Senat hat seine Auffassung, die Bindungswirkung des § 108 SGB VII erstrecke sich auch auf die Entscheidung darüber, welchem Unternehmen der Unfall zuzurechnen ist, damit begründet, dass durch die - im Zuge der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch VII neu geschaffenen - Konkurrenzregelungen des § 135 SGB VII nicht nur die Zuständigkeit mehrerer Unfallversicherungsträger und ein mehrfacher Versicherungsschutz, sondern auch die Zuordnung eines Arbeitsunfalls zu mehreren Unternehmen verhindert werden solle (Urteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07 aaO und vom 19. Mai 2009 - VI ZR 5VI ZR 56/08, aaO Rn. 13, 18; zustimmend ErfK/Rolfs, 14. Aufl., § 108 SGB VII Rn. 3; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Rn. 4.4 [Stand: Mai 2011]; Waltermann in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 108 Rn. 4; ablehnend Ricke in Kasseler Kommentar, § 104 SGB VII Rn. 10 [Stand: Dezember 2011]; ders., NZS 2011, 454; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373; Burmann/Jahnke, NZV 2014, 5, 10; anders auch BAG, aaO).

13

bb) Diese Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf die erlaubte Arbeitnehmerüberlassung übertragen. Sie ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die der Annahme entgegenstehen, dass die Beschränkung der Zuordnung eines Arbeitsunfalls zu einem Unternehmen auch in dieser Fallkonstellation dem Willen des Gesetzgebers entspricht und den Schutzzwecken der §§ 104 ff. SGB VII Rechnung trägt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 20).

14

So wird ein mehrfacher Versicherungsschutz bei der Arbeitnehmerüberlassung in erster Linie durch die spezielle Vorschrift des § 133 Abs. 2 SGB VII verhindert, wonach sich die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers nach der Zuständigkeit für das Unternehmen des Verleihers bestimmt (vgl. Köhler in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 133 Rn. 10; Quabach in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 133 Rn. 29). Anders als § 135 SGB VII (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 13) hat die Bestimmung des § 133 Abs. 2 SGB VII ein Vorbild in der Reichsversicherungsordnung. Sie entspricht im Wesentlichen dem mit Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl. I S. 241) geschaffenen § 648 RVO, wonach eine Berufsgenossenschaft Arbeitsunfälle bei Tätigkeit in einem Unternehmen, das für Rechnung eines ihr nicht angehörigen Unternehmers geht, dann zu entschädigen hat, wenn ein ihr angehöriger Unternehmer den Auftrag gegeben und das Entgelt zu zahlen hat (vgl. BT-Drucks. 13/2204, S. 108). Trotz dieser Regelung bestand unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung kein Zweifel daran, dass ein Arbeitsunfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zugeordnet werden konnte und diesem deshalb das Haftungsprivileg des § 636 Abs. 1 RVO zugute kam. Dies ergab sich bereits aus der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 636 Abs. 2 RVO, durch die klargestellt werden sollte, dass der grundsätzliche Ausschluss der Haftung des Unternehmers gemäß § 636 Abs. 1 RVO auch für den Entleiher im Verhältnis zu dem für ihn tätigen Leiharbeitnehmer gilt (BT-Drucks. 3/758 S. 60; vgl. BAGE 42, 194, 200). Diesen Rechtszustand wollte der Gesetzgeber mit dem Erlass des Sozialgesetzbuchs VII nicht ändern. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist er davon ausgegangen, dass dem Entleiher die Haftungsprivilegierung auch nach neuem Recht zugute kommt. Wegen des vermeintlich klaren Wortlauts des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII - "Versicherte, die für ihre Unternehmen tätig sind" - hat er eine besondere Regelung für Leiharbeitnehmer für entbehrlich gehalten (BT-Drucks. 13/2204 S. 100; vgl. Lemcke, r+s 2009, 391, 392; Kampen, NJW 2010, 2311, 2315; Ricke, NZS 2011, 454, 457; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373, 378; Burmann/Jahnke, NZV 2014, 5, 10).

15

Auch steht der Schutzzweck des § 133 Abs. 2 SGB VII, insbesondere für Leiharbeitnehmer ständig wechselnde Zuständigkeiten zu verhindern (Lemcke, r+s 2013, 411, 412; Köhler in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 133 Rn. 5), in keinem Bezug zu Sinn und Zweck der Haftungsprivilegierung. Diese dient zunächst als Ausgleich für die allein von dem Unternehmer getragene Beitragslast. Darüber hinaus bezweckt sie die Wahrung des Betriebsfriedens, indem Streitigkeiten über die Unfallverantwortung vermieden werden (vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, BGHZ 8, 330, 338; vom 24. Januar 2006 - VI ZR 290/04, BGHZ 166, 42 Rn. 11; vom 16. Dezember 2003 - VI ZR 103/03, BGHZ, 157, 213, 218, jeweils mwN; BVerfGE 34, 118, 129 f., 132). Schließlich soll sie auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Betriebsgemeinschaft eine Gefahrengemeinschaft darstellt (vgl. BVerfGE 34, 118, 136; Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 104 SGB VII Rn. 2 [Stand: Dezember 2011]; Hollo in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 104 Rn. 9; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373, 377).

16

Diese Schutzzwecke würden im Fall der Arbeitnehmerüberlassung weitgehend verfehlt, wenn eine Haftungsprivilegierung des Entleihers verneint würde. Denn bei Arbeitsunfällen von Leiharbeitnehmern kommt eine Haftung der Verleiher unabhängig von einer Haftungsbeschränkung typischerweise nur selten in Betracht (vgl. Thüsing, AÜG, 3. Aufl., Einf. Rn. 78; Schüren in ders./Hamann, AÜG, 4. Aufl., Einl. Rn. 758). Demgegenüber wären die Entleiher auf Grund der sie treffenden Fürsorgepflicht (vgl. BAGE 25, 514, 522; BAG, NZA 1989, 340, 341; NZA-RR 2010, 123 Rn. 43 f.) - insbesondere der Pflicht, die Arbeit in den Unternehmen durch Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften unfallsicher auszugestalten (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S. 60) - und infolge der Eingliederung der Leiharbeitnehmer in ihr Unternehmen (vgl. BAGE 25, 514, 520; 77, 102, 110; 144, 222 Rn. 13) bei einer Verneinung der Haftungsbeschränkung einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt. Es steht in Einklang mit den Schutzzwecken des Haftungsprivilegs, dieses Risiko als durch die für die Leiharbeitnehmer gezahlten Unfallversicherungsbeiträge abgelöst anzusehen (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S. 60).

17

cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Entleiher die Beiträge regelmäßig nicht selbst an die zuständige Berufsgenossenschaft abführt, weil der Verleiher Beitragsschuldner ist (Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 150 Rn. 11; Schlaeger in BeckOK SozR, § 150 SGB VII Rn. 7 [Stand: Juni 2014]). In den praktisch bedeutsamen Fällen der entgeltlichen Arbeitnehmerüberlassung wird der Verleiher die Beiträge bei der Kalkulation des Entgelts berücksichtigen und an den Entleiher weiterreichen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, BGHZ 8, 330, 333; Lehmacher, r+s-Beil. 2011, 79, 81). Darüber hinaus haftet der Entleiher dem Unfallversicherungsträger gegenüber wie ein selbstschuldnerischer Bürge (§ 150 Abs. 3 Satz 1 SGB VII i.V.m. § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Die Loslösung des Haftungsprivilegs von der Beitragspflicht ist im Übrigen eine Folge der Aufspaltung der Arbeitgeber-Stellung, die für die spezielle Situation der Leiharbeitnehmer kennzeichnend ist (vgl. BAGE 144, 340 Rn. 26).

18

Vor diesem Hintergrund ist ein hinreichender Sachgrund dafür, Arbeitsunfälle von Leiharbeitnehmern im Verhältnis zum Entleiher haftungsrechtlich anders zu behandeln als Arbeitsunfälle der in gleicher Gefahrenlage arbeitenden eigenen Arbeitnehmer des Entleihers, nicht zu erkennen (so bereits RGZ 171, 393, 398 und Senatsurteil vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, aaO).

19

c) Der Geschädigte war zum Unfallzeitpunkt als Versicherter gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII für den Beklagten tätig. Er war als ein ihm überlassener Leiharbeitnehmer gemeinsam mit einem eigenen Arbeitnehmer des Beklagten auf dessen Baustelle eingesetzt und damit wie ein Beschäftigter des Beklagten tätig (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Für die Beantwortung der Frage, ob der Geschädigte wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII tätig geworden ist, ist entscheidend, ob er Aufgaben des anderen Unternehmens wahrgenommen hat und die Aufgaben seiner Tätigkeit bei wertender Betrachtung der Einzelfallumstände auch das Gepräge gegeben haben (Senatsurteil vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03, VersR 2004, 1045, 1046 f.; BAG, NZA-RR 2010, 123 Rn. 35). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein dem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassener Arbeitnehmer im Unternehmen des Entleihers eingesetzt wird (vgl. BSGE 98, 285 Rn. 17; OLG Jena r+s 2010, 533; LAG Berlin-Brandenburg, r+s 2014, 48; Krasney in: Becker/Burchardt/ders./Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Rn. 11 [Stand: September 2010]; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 104 Rn. 8; Waltermann in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 104 Rn. 10; Grüner in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 104 Rn. 11 f.; Hollo in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 104 Rn. 25; Schüren in ders./Hamann, AÜG, 4. Aufl., Einl. Rn. 756; Thüsing, AÜG, 3. Aufl., Einf. Rn. 77; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 31 Rn. 81; Lepa, Haftungsbeschränkungen bei Personenschäden nach dem Unfallversicherungsrecht, S. 154 f.). Die von dem Leiharbeitnehmer wahrgenommenen Aufgaben werden nämlich - anders als bei einem Dienst- oder Werkvertrag - nicht aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags von dem Verleiher übernommen. Dessen Verpflichtung beschränkt sich vielmehr darauf, dem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, die dieser nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzt (BAGE 77, 102, 110 f.; 87, 186, 189; 96, 150, 153).

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2. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt.

21

a) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein solcher Verstoß lässt sich nicht allein mit der Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften begründen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen eine Wertung des Verhaltens des Schädigers geboten, in die auch die weiteren Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind. So kommt es darauf an, ob es sich um eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befasst und elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Auch spielt insbesondere eine Rolle, ob der Schädiger nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen oder von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, obwohl die Sicherungsanweisungen eindeutig waren. Im letzteren Fall kann der objektive Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten ein solches Gewicht haben, dass der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt ist (Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986 und vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13, VersR 2014, 481 Rn. 7 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109, 110 zu § 640 RVO).

22

b) Diese rechtlichen Grundsätze hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht verkannt. Es hat nicht allein daraus, dass an der Unfallstelle keinerlei Absturzsicherung vorhanden war und somit objektiv ein Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten vorlag, auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden des Beklagten geschlossen. Vielmehr hat es sich konkret mit der persönlichen Verantwortung des Beklagten für den objektiv vorschriftswidrigen Zustand befasst und hat geprüft, ob die vom Beklagten behaupteten Anweisungen geeignet waren, ihn wenigstens subjektiv zu entlasten.

23

c) Die diesbezügliche Würdigung beruht aber auf einem Verfahrensfehler. Dies rügt die Revision mit Erfolg.

24

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die angebliche Anweisung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, geeignet gewesen sei, den Durchbruch eines Mitarbeiters durch ein Lichtband zu verhindern. Dies hat es - gestützt auf die protokollierten Aussagen des Geschädigten und des Zeugen S. vor dem Landgericht - damit begründet, dass die Aluprofile nach dem vom Beklagten erteilten Arbeitsauftrag im Zuge der Arbeiten wieder von den Lichtbändern entfernt werden mussten; dies ist im Falle des Lichtbandes, durch das der Beklagte gestürzt ist, auch tatsächlich geschehen. Allerdings verweist die Revision mit Recht darauf, dass der Beklagte nach seinem Vortrag Sicherheitsnetze und ein Schutzgerüst bestellt hatte, die am Tag nach dem Unfall montiert wurden; davon ist auch das Landgericht ausgegangen. In Ermangelung gegenteiliger Feststellungen ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass die Lichtbänder nach der Montage der Netze und des Gerüsts allein durch diese ausreichend gesichert waren. Die auf die Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern abstellende Begründung des Berufungsgerichts ist deshalb schon im Ansatz nur dann tragfähig, wenn es angenommen haben sollte, dass es dem Arbeitsauftrag des Beklagten entsprach, bereits am Unfalltag - also vor der Montage der anderen Sicherungseinrichtungen - Aluprofile von den Lichtbändern zu entfernen oder dass der Beklagte dies jedenfalls nicht in der gebotenen Weise verhindert hat. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind insoweit nicht eindeutig.

25

Versteht man das Berufungsurteil gleichwohl in dem genannten Sinne, so hat das Berufungsgericht die von ihm herangezogenen Zeugenaussagen anders gewürdigt als das Landgericht. Es wäre deshalb verpflichtet gewesen, die beiden Zeugen erneut zu vernehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5; vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09, NJW 2011, 1364 Rn. 6; vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6 f.; Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11, NJW 2011, 3780 Rn. 16). Denn das Landgericht hatte die vor der Montage der anderen Sicherungseinrichtungen erfolgte Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern als Verstoß gegen die Anordnungen des Beklagten gewertet, der diesem nicht zugerechnet werden könne. Zu dieser Einschätzung hätte das Landgericht nicht gelangen können, wenn es den auch von ihm für glaubhaft gehaltenen Zeugenaussagen entnommen hätte, dass die fraglichen Aluprofile nach dem vom Beklagten erteilten Arbeitsauftrag noch am Unfalltag wieder von den Lichtbändern entfernt werden sollten oder der Beklagte dies jedenfalls nicht in der gebotenen Weise verhindert hat. Dies lässt sich den protokollierten Zeugenaussagen im Übrigen auch nicht, jedenfalls nicht eindeutig entnehmen, so dass schon deshalb eine erneute Vernehmung geboten gewesen wäre.

26

Das angefochtene Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht seine Würdigung maßgeblich auf die beiden Zeugenaussagen gestützt hat. Soweit es hilfsweise den nicht zugelassenen neuen Beklagtenvortrag gewürdigt und soweit es ergänzend auf die fehlende Sicherung der Aluprofile gegen ein Abrutschen abgestellt hat, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen, dass dies allein seine Annahme trägt, die angebliche Anordnung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, sei nicht geeignet, den Beklagten subjektiv zu entlasten. Da das Lichtband, durch das der Geschädigte gestürzt ist, zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht gesichert war, war eine fehlende Befestigung der Profile im Übrigen auch nicht unfallursächlich. Dies gilt auch für das Fehlen einer seitlichen Absturzsicherung, so dass darauf allein der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ebenfalls nicht gestützt werden kann.

27

3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dies gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit zu einer erneuten Prüfung des in den Urteilsgründen nicht behandelten Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO). Da der Klageanspruch aus der Verletzung eines auch deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsgutes resultiert, wäre ein Feststellungsinteresse allerdings entgegen der Auffassung der Revision - anders als bei reinen Vermögensschäden (dazu BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 mwN) - nur zu verneinen, wenn aus der Sicht der Klägerin bei verständiger Würdigung kein Grund bestünde, mit weiteren Aufwendungen wenigstens zu rechnen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, VersR 2001, 874, 875 und Beschluss vom 9. Januar 2007 - VI ZR 133/06, VersR 2007, 708 Rn. 5 für Schadensersatzansprüche).

Galke                     Diederichsen                     Pauge

           Offenloch                           Oehler

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 51/13 Verkündet am:
18. Februar 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von den für die Sicherheit der Beschäftigten auf einer Arbeitsstelle Verantwortlichen
ist die Kenntnis der zu beachtenden Sicherheitsbestimmungen zu fordern.
Die mangelnde Kenntnis ist ein für die Beurteilung des Verschuldensgrades
wesentlicher Umstand.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr und die Richterin von
Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Januar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, ein gesetzlicher Unfallversicherer, nimmt die Beklagte auf Erstattung von Aufwendungen in Anspruch, die ihr infolge eines Arbeitsunfalls des bei ihr versicherten Sch. entstanden sind. Sie begehrt außerdem die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der durch den Arbeitsunfall verursachten künftigen Aufwendungen.
2
Am Morgen des 25. Juni 2007 teilte die Beklagte, die Leiterin des Stadtbauhofes der Stadt R. war, den im Rahmen eines 1 €-Jobs als Hilfsarbeiter zugewiesenen Sch. dazu ein, einen Graben, den der Baggerfahrer B. ausheben sollte, von Hand nachzuschachten. Der Graben war ca. 1,80 m tief, am Boden 0,70 m und an der oberen Erdkante 1,80 m breit. Eine Sicherung gegen nachrutschendes Erdreich war nicht vorhanden. Als Sch., der über eine Leiter in den Graben gestiegen war, dort arbeitete, löste sich ein Erdbrocken, der Sch. unter sich begrub. Sch. wurde schwer verletzt.
3
Der Klägerin entstanden Kosten für die Rettung, ärztliche Behandlung und wegen der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Sch.. Sie nimmt die Beklagte in Anspruch, weil es - nach ihrer Auffassung - die Beklagte grob fahrlässig versäumt habe, für die gebotene Absicherung des Grabens gegen abrutschendes Erdreich zu sorgen.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig im Sinne von § 110 Abs. 1 SGB VII verursacht. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass der Baggerfahrer B., der schon länger bei der Stadt R. beschäftigt und ihr als zuverlässig bekannt gewesen sei, vor einer Handschachtung die notwendigen Sicherungsmaßnahmen veranlassen werde. Eine andere Bewertung sei vorliegend nicht deshalb gerechtfertigt, weil Unfallverhütungsvorschriften im Raum stünden, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befassten und somit elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hätten. Hier könne der objektive Pflichtenver- stoß ein solches Gewicht haben, dass im Einzelfall der Schluss auf ein subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe indes nicht selbst dem Schutz eines Mitarbeiters dienende Regelungen außer Acht gelassen , sondern allenfalls den Hinweis an den Baggerfahrer B. versäumt, diese Regelungen einzuhalten, sobald eine Handschachtung erfolge. Das Unterlassen eines solchen Hinweises stelle jedenfalls nicht eine grobe Fahrlässigkeit dar.

II.

6
Die Ausführungen des Berufungsgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, dass nach § 110 Abs. 1 SGB VII Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen dann haften, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Für die Auslegung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit kann auf die zu § 640 Abs. 1 RVO aF ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Die Vorschrift in § 110 Abs. 1 SGB VII hat im Vergleich zu § 640 Abs. 1 RVO aF, an dessen Stelle sie getreten ist, an dem haftungsauslösenden Verschuldensgrad nichts geändert (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986; BGH Urteil vom 15. Mai 1997 - III ZR 250/95, NJW 1998, 298, 301; BT-Drucks. 13/2204, S. 101). Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes personales Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einherzugehen pflegt. Vielmehr erscheint eine Inanspruchnahme des haftungsprivilegierten Schädigers im Wege des Rückgriffs nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, aaO und vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, VersR 1988, 474, 475 mwN sowie BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147, 149). Dies hat das Berufungsgericht im Ansatzpunkt richtig gesehen.
8
2. Auch trifft die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu, dass sich die grobe Fahrlässigkeit der Beklagten nicht allein mit der Verletzung der geltenden Unfallverhütungsvorschriften begründen lässt. Nicht jeder Verstoß gegen die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften ist schon als ein grob fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 110 SGB VII zu werten (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82, VersR 1984, 775, 776; vom 21. Oktober 1980 - VI ZR 265/79, VersR 1981, 75; vom 22. Juni 1971 - VI ZR 39/70, VersR 1971, 1019, 1020 und vom 8. Oktober 1968 - VI ZR 164/67, VersR 1969, 39, 40). Vielmehr ist auch dann, wenn solche Verstöße gegen Sorgfaltsgebote vorliegen , eine Wertung des Verhaltens des Schädigers geboten, in die auch die weiteren Umstände des Einzelfalles einzubeziehen sind. So kommt es darauf an, ob es sich um eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befasst und elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Auch spielt insbesondere eine Rolle, ob der Schädiger nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen oder von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, obwohl die Siche- rungsanweisungen eindeutig waren. Im letzteren Fall kann der objektive Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten ein solches Gewicht haben, dass der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109, 110).
9
3. Der Senat vermag indes dem Berufungsgericht in der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht zu folgen.
10
a) Zwar ist die tatrichterliche Entscheidung, ob den Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trifft, mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, aaO, 985 und vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, aaO, 109 mwN). Wie die Revision mit Recht beanstandet (§ 286 ZPO), hat das Berufungsgericht die vom Gesetz vorgeschriebene Gesamtwürdigung nicht in der gebotenen Weise vorgenommen (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82, aaO). Auch sind für die Beurteilung des Verschuldensgrades der Beklagten wesentliche Umstände noch nicht geklärt.
11
b) Die im Streitfall einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften für Bauarbeiten GUV-V C 22 regeln in § 6 Abs. 3, § 28 Abs. 1 iVm der DIN 4124 (Stand 10.02) die an die Standsicherheit von Gräben zu stellenden Anforderungen. Sie haben elementare Sicherungspflichten zum Inhalt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befassen. Die Regelungen in § 6 Abs. 3, § 28 Abs. 1 GUV-V C 22 sehen vor, dass Wände von Baugruben und Gräben so abzuböschen, zu verbauen oder anderweitig zu sichern sind, dass sie während der einzelnen Bauzustände standsicher sind. Nach den allgemeinen Vorschriften der DIN 4124 dürfen Gräben in mindestens steifem bin- digem Boden unter bestimmten Voraussetzungen nur bis zu einer Tiefe von 1,75 m senkrecht abgeschachtet werden. Anderenfalls sind sie, wenn dort Beschäftigte tätig werden, auch in Bauzuständen durch Böschung oder Verbau zu sichern. Dass die Beklagte aufgrund der ihr obliegenden Bauaufsicht für die danach gebotene Sicherung des Arbeiters Sch. Sorge zu tragen hatte und keine Schutzvorkehrungen getroffen hat, steht nicht in Streit.
12
aa) Mit Recht wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht das Unterlassen der Beklagten damit entschuldigt hat, diese habe auf die Zuverlässigkeit des Baggerführers B. vertrauen dürfen. Konkrete Umstände oder Maßnahmen, die ein solches Vertrauen, dass der Baggerführer B. die Unfallverhütungsvorschriften beachten würde, begründen konnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies folgt nicht bereits daraus, dass B. allgemein als zuverlässig bekannt und schon länger bei der Stadt R. beschäftigt war.
13
bb) Das Berufungsgericht durfte auch nicht unberücksichtigt lassen, dass sich die Beklagte selbst darauf beruft, keine Kenntnis von den geltenden Vorschriften gehabt zu haben. Zutreffend wertet die Revision die fehlende Kenntnis von den zu beachtenden Sicherheitsanforderungen der für die Bauaufsicht zuständigen Beklagten als einen für die Beurteilung des Verschuldensgrades wesentlichen Umstand. Von der Beklagten sind die Kenntnisse zu fordern, die für die Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben notwendig sind. Hätte sich die Beklagte in der gebotenen Weise informiert, hätte sie gewusst, dass zur Abstützung des Grabens bei einer Tiefe von 1,80 m unter Umständen Baumaterial erforderlich sein würde, das dem Baggerführer B. zur Verfügung stehen musste. Waren die für die Abstützung erforderlichen Materialien nicht auf der Baustelle vorhanden, durfte die Beklagte nicht darauf vertrauen, dass B. die notwendige Verbauung vor der Handschachtung durch Sch. anbringen würde.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist mithin die Unkenntnis der Beklagten für den Unfall kausal geworden.
14
cc) Die Beklagte vermag nicht zu entlasten, dass sie zum Zeitpunkt des Unfalls nicht an der Baustelle anwesend war. Auch das Berufungsgericht nimmt an, dass die Ausführung der Handschachtung für die Beklagte absehbar war. Als verantwortliche Bauleiterin musste sie danach die beim Ausschachten in Gräben mögliche Gefährdung erkennen und einer solchen rechtzeitig vorbeugen.
15
4. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Bei der Frage der Anrechnung eines Mitverschuldens des Sch. wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob von Sch. in der konkreten Situation als 1 €- Jobber überhaupt erwartet werden durfte, dass er den Anweisungen ihm sachkundig erscheinender Personen nicht Folge leistet. Galke Wellner Diederichsen Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 08.06.2012 - 2 O 1272/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.01.2013 - 9 U 1158/12 -

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.