Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 01. Okt. 2015 - 1 RVs 66/15

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2015:1001.1RVS66.15.00
bei uns veröffentlicht am01.10.2015

Tenor

Die Revisionen werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 StPO).


 

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 01. Okt. 2015 - 1 RVs 66/15 zitiert 14 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 273 Beurkundung der Hauptverhandlung


(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

Strafgesetzbuch - StGB | § 130 Volksverhetzung


(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,1.gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehör

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(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel: 1. der Revision gegen a) die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;b) die Berufungsurteile der kleinen

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(1) Wer Propagandamittel 1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,2. einer Vereinigung,

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(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, 1. ein Mitglied der Gruppe tötet,2. einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der

Strafgesetzbuch - StGB | § 140 Belohnung und Billigung von Straftaten


Wer eine der in § 138 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 5 letzte Alternative oder in § 126 Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten oder eine rechtswidrige Tat nach § 176 Absatz 1 oder nach den §§ 176c und 176d 1. belohnt, nachdem sie begangen oder in straf

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - 4 StR 129/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 129/11 vom 20. September 2011 in der Strafsache gegen wegen Verdachts der Volksverhetzung Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. September 2011, an der teilge

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2000 - 1 StR 502/99

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________
StGB § 130 Abs. 3, 5; § 86 Abs. 3
Der Tatbestand der Volksverhetzung in der Handlungsalternative des Verharmlosens
des Holocaust (§ 130 Abs. 3 StGB) ist grundsätzlich auf Verteidigerhandeln
nicht anzuwenden, wenn dem verteidigten Mandanten seinerseits Volksverhetzung
i.S.d. Tatbestandes zur Last liegt. Insoweit greift die Tatbestandsausschlußklausel
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Erklärung des Verteidigers ohne jeden Bezug
zur Verteidigung ist oder sich als verteidigungsfremdes Verhalten erweist, das
sich lediglich den äußeren Anschein der Verteidigung gibt, tatsächlich aber nach
den Maßstäben des Strafverfahrensrechts und des materiellen Strafrechts nichts zu
solcher beizutragen vermag.
BGH, Urt. vom 6. April 2000 – 1 StR 502/99 – LG Mannheim

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 502/99
vom
6. April 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Volksverhetzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
4. April 2000 in der Sitzung am 6. April 2000, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Maul,
Dr. Granderath,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
- in der Verhandlung vom 4. April 2000 -
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 25. März 1999 werden als unbegründet verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels; die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten, der von Beruf Rechtsanwalt ist, wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft greift das Urteil im Strafausspruch an und erhebt verschiedene Verfahrensrügen sowie die Sachrüge. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg. I. Der Verurteilung des Angeklagten wegen Volksverhetzung in der Handlungsalternative des Verharmlosens des Holocaust (§ 130 Abs. 3 StGB) liegt ein von ihm als Verteidiger gestellter Beweisantrag zugrunde, den er im Frühjahr 1997 in einem Strafverfahren gegen den seinerseits der Volksverhetzung und anderer Delikte angeklagten vormaligen NPD-Vorsitzenden D. anbrachte.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der vom Angeklagten verteidigte D. dem Kreis der Revisionisten zuzurechnen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die deutsche Geschichte der Zeit des Nationalsozialismus umzuschreiben. Vor allem durch Leugnen oder Verharmlosen des Verfolgungsschicksals der Opfer des Nationalsozialismus "soll das deutsche Volk von seiner historischen Schuld entlastet" werden. Zugleich wird behauptet, die Berichte über den Holocaust beruhten auf einer Legendenbildung durch jüdische Kreise, die das Ziel verfolge, das deutsche Volk finanziell und politisch zu erpressen. In der Hauptverhandlung gegen D. s tellten dieser selbst und der Angeklagte als sein Verteidiger zahlreiche Beweisanträge. Das Verteidigungsverhalten war von einer gemeinsamen "revisionistischen Grundrichtung" getragen. Einer entsprechenden Verteidigungsabsprache gemäß ließ D. in seinen Anträgen der rechtsradikalen Polemik freien Lauf. Der Angeklagte hielt sich aus beruflichen Gründen indessen zurück und vermied Ä ußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung hätten erfüllen können. Demgemäß schloß der Angeklagte mehrere Beweisanträge, die er zumeist schriftlich vorbereitet hatte, mit der Klausel, daß mit den Beweisbehauptungen die Massenvernichtung der Juden nicht geleugnet, verharmlost oder gebilligt werden solle. Dem lag das Bestreben zugrunde, absehbare strafrechtliche und berufliche Schwierigkeiten zu vermeiden. Gegen Ende der Hauptverhandlung "breitete sich eine allgemeine Atmosphäre der Hektik aus", die zunehmend von gefühlsbetonten Ä ußerungen geprägt war. Als der Schluß der Beweisaufnahme unmittelbar bevorstand, stellte der Angeklagte mehrere Hilfsbeweisanträge, die er entgegen seiner sonstigen Gewohnheit nicht schriftlich vorbereitet hatte, sondern "in offensichtlicher Eile" handschriftlich notierte, verlas und übergab. Einer
dieser Anträge - der allein Gegenstand der Verurteilung des Angeklagten ist - lautete wie folgt: "Es werden die Zeugen Bundespräsident Herzog, Bundestagspräsidentin Süßmuth, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Limbach und Bundeskanzler Kohl zum Beweis der Tatsache benannt, daß es primär massive politische Interessen sind, welche dem Durchbruch der historischen Wahrheit im Zusammenhang mit dem Holocaust entgegenstehen, und zwar nicht einmal in erster Linie diejenigen der überlebenden Juden und derer Abkömmlinge oder gar des Staates Israel, sondern vor allem diejenigen unserer eigenen (deutschen) politischen Klasse, welche ihre einzigartige politische Unfähigkeit seit fast 50 Jahren mit der 'Einzigartigkeit der deutschen Schuld' legitimiert und nicht in der Lage ist, zuzugeben, daß sie sich an der Nase herumführen und für dumm verkaufen läßt." Sein Mandant D. machte sich diesen hilfsweise gestellten Antrag zu eigen und stellte ihn als Hauptantrag. Das Landgericht lehnte den Antrag in jenem Verfahren ab, weil er keine erhebliche Tatsachenbehauptung enthalte. 2. In dem daraufhin gegen den Angeklagten geführten Strafverfahren hat das Landgericht den Erklärungsinhalt dieses vom Angeklagten als Verteidiger gestellten Beweisantrages durch Auslegung unter Berücksichtigung der Begleitumstände ermittelt. Es hat ausgeführt, wenn vom "Durchbruch der historischen Wahrheit im Zusammenhang mit dem Holocaust" die Rede sei, könne dies nur bedeuten, daß die bisher gültige historische Wahrheit nicht den Tatsachen entspreche. Vor dem Hintergrund des Gegenstandes des Verfahrens gegen D. könne das nur heißen, daß der Holocaust entweder überhaupt nicht oder nicht in der als geschichtliche Tatsache anerkannten Art und Weise bzw. in dem überlieferten Umfang stattgefunden habe. Zu Gunsten des Angeklagten sei indessen davon auszugehen, daß er die systematische Massenvernichtung der Juden nicht pauschal habe in Abrede stellen wollen. Vielmehr er-
gebe sich auch aus der Formulierung des Antrages der Aussagegehalt, daß es nicht zu den Massentötungen durch Vergasen im geschichtlich anerkannten Umfang gekommen sei. Auf dieser Grundlage bringe der Antrag die Meinung zum Ausdruck, jüdische Interessengruppen hätten das deutsche Volk politisch und finanziell erpreßt. Die polemische Gleichsetzung der - vom Angeklagten so apostrophierten - "einzigartigen politischen Unfähigkeit" mit der Einzigartigkeit der deutschen Schuld stelle eine äußerst geschmacklose Verharmlosung der Verbrechen der NS-Zeit dar. Das Landgericht hat den Antrag auch für geeignet gehalten, den öffentlichen Frieden zu stören, weil er in öffentlicher Hauptverhandlung gestellt worden sei; an dieser hätten zahlreiche Sympathisanten D. s aus der rechtsradikalen Szene ebenso wie mehrere Pressevertreter teilgenommen. Nach entsprechenden Presseberichten seien 21 Anzeigen wegen Volksverhetzung gegen den Angeklagten bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Aufgrund seiner intensiven beruflichen Befassung mit allen Rechtsfragen , die mit dem Holocaust verknüpft seien, sei dem Angeklagten bewußt gewesen , daß sein Beweisantrag - wegen der Offenkundigkeit des Holocaust - keinerlei verteidigungsrelevante Erfolgsaussichten im Hinblick auf Schuldspruch oder Strafmaß zugunsten seines Mandanten hätte haben können. Auch die polemische Abfassung zeige, daß er den Antrag keineswegs zu Verteidigungszwecken gestellt habe. II. Die Revision des Angeklagten Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat einen sachlichrechtlichen Mangel zum Nachteil des Angeklagten nicht aufgedeckt. Die Urteilsgründe lassen zwar besorgen, das Landgericht könne die Gewährleistung
einer wirksamen Strafverteidigung bei der Auslegung und Anwendung des in Rede stehenden Straftatbestandes auf Verteidigerhandeln nicht in jeder Hinsicht genügend bedacht haben. Das beschwert den Angeklagten jedoch im Ergebnis nicht, weil dem Zusammenhang des Urteils die Überzeugung des Landgerichts zu entnehmen ist, daß der Angeklagte bei Stellung des gegenständlichen Beweisantrages allein verteidigungsfremde Zwecke verfolgt hat. Mithin greift die Tatbestandsausschlußklausel für sogenannte legitime Zwecke hier nicht ein (§ 86 Abs. 3 i.V.m. § 130 Abs. 5 StGB). 1. Das Landgericht hat den Tatbestand der Volksverhetzung in der Handlungsalternative des Verharmlosens des Holocaust rechtsbedenkenfrei als erfüllt angesehen (§ 130 Abs. 3 StGB).
a) Der Tatbestand des Billigens, Leugnens oder Verharmlosens des Völkermordes an der jüdischen Bevölkerung unter der Herrschaft des Nationalsozialismus wurde mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 in die Vorschrift des § 130 StGB eingefügt. Der Gesetzgeber wollte damit einen Beitrag zur Verhinderung rechtsextremistischer Propaganda leisten. Wegen deren gefährlicher Auswirkungen auf das politische Klima sollte die Anwendung des § 130 StGB in der Praxis erleichtert und die generalpräventive Wirkung der Strafvorschrift der Volksverhetzung erhöht werden, namentlich im Blick auf die Diffamierung und Diskriminierung jüdischer Mitbürger (vgl. Gesetzentwurf BTDrucks. 12/6853 S. 23/24; Rechtsausschußbericht BTDrucks. 12/8588 S. 8). Das Handlungsmerkmal des Verharmlosens ist erfüllt, wenn der Ä ußernde den Holocaust herunterspielt, beschönigt oder in seinem wahren Gewicht verschleiert. Alle denkbaren Facetten agitativer Hetze wie auch verbrämter diskriminierender Mißachtung sollen erfaßt werden (vgl. von Bubnoff in LK StGB 11. Aufl. § 130 Rdn. 44; siehe auch BT-Verh. 12/227 S. 19664,
19672). Steht eine relativierende Ausdrucksweise in Rede, ist der inhaltliche Gesamtaussagewert der Ä ußerung aus Sicht eines verständigen Zuhörers oder Lesers durch genaue Textanalyse unter Berücksichtigung der Begleitumstände zu ermitteln (vgl. von Bubnoff aaO).
b) Dem folgend hat das Landgericht den Aussagegehalt des vom Angeklagten in öffentlicher Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages ermittelt und als Verharmlosung des Holocaust zur Zeit des Nationalsozialismus gewürdigt. Ziel und Aussage des Antrages hat es darin gesehen zu verdeutlichen, daß es nicht im geschichtlich anerkannten Umfang zu dem Massenmord an der jüdischen Bevölkerung gekommen sei. Die Zahl der Opfer müsse vielmehr in so erheblicher Weise nach unten korrigiert werden, daß es dem Angeklagten in diesem Zusammenhang als angebracht erschienen sei, der Nachkriegspolitik "einzigartige Unfähigkeit" zu bescheinigen. Weiter hat die Strafkammer durch eine nachvollziehbare, nicht zu beanstandende Textanalyse vor dem Hintergrund des Gegenstandes des Verfahrens gegen D. den Aussagegehalt auch dahin ermittelt, daß dem "Durchbruch der Wahrheit" in dem so verstandenen Sinne auch jüdische Interessengruppen entgegengewirkt ("nicht einmal in erster Linie diejenigen der überlebenden Juden") und - revisionistischer Geschichtsauffassung entsprechend - das deutsche Volk politisch und finanziell erpreßt hätten. Zudem hat das Landgericht in der polemischen Gleichsetzung der vermeintlich "einzigartigen politischen Unfähigkeit" deutscher Politik mit der - auch im Antrag in Anführungszeichen gesetzten - "Einzigartigkeit der deutschen Schuld" eine Verharmlosung der Verbrechen der NS-Zeit gesehen. Dabei hat das Landgericht im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit (vgl. BVerfGE 82, 272, 280 f.; BVerfG, Kammer, NJW 1994, 2943, 2944) gemeint, die dem Angeklagten günstigere Deutung zugrundezulegen (vgl. dazu auch BGHZ 139, 95, 104), indem es nicht
von einer Leugnung des Holocaust, sondern lediglich von einer sogenannten quantitativen Verharmlosung ausgegangen ist. Es hat jedenfalls eine andere, nicht zur Annahme der Strafbarkeit führende Auslegung für ausgeschlossen erachtet. Diese Bewertung läßt im Ergebnis Denkfehler, Widersprüche oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze nicht erkennen und rechtfertigt - unbeschadet der Frage eines Tatbestandsausschlusses nach § 86 Abs. 3 StGB - die Annahme, damit werde der Holocaust (im Sinne des § 130 Abs. 3 StGB) verharmlost. Zwar kann dem Verständnis des Landgerichts, der Antrag stelle sich als sogenanntes quantitatives Verharmlosen des Holocaust dar, möglicherweise entgegengehalten werden, indem vom Durchbruch der historischen Wahrheit "im Zusammenhang" mit dem Holocaust die Rede sei, könne auch eine weitere, vom Landgericht nicht erwogene Interpretation in Betracht gezogen werden. Eine solche Deutung könnte dahingehen, der Holocaust habe der historischen Wahrheit gemäß in seiner uneingeschränkten Bedeutung - also gleichsam qualitativ wie quantitativ ungeschmälert - angesprochen werden sollen und lediglich als Grundlage der vom Angeklagten - daran anknüpfend - aufgestellten wertenden Behauptungen zur Nachkriegspolitik im Umgang mit dieser historischen Tatsache gedient. Aber auch bei einem solchen Sinngehalt hielte die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis der Nachprüfung stand, weil schon der auch dann noch verbleibende, vom Landgericht festgestellte Aussagegehalt ersichtlich den Tatbestand erfüllt. Bereits allein die vom Landgericht hervorgehobene Herstellung einer Beziehung zwischen der einzigartigen deutschen Schuld und der angeblich "einzigartigen politischen Unfähigkeit" im Antragstext, die sich als polemisches Wortspiel erweist, stellt zumal im Verbund mit dem subtilen Abheben auf (auch) massive jüdische Interessen eine agitative Herabwürdigung des Holocaust und seiner Opfer dar. Der Gesetz-
geber wollte gerade auch solches verbrämtes Verharmlosen mit Strafe bedrohen.
c) Die weitere Annahme des Landgerichts, die Antragstellung sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören, begegnet unter den gegebenen Umständen ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich der Wirkungskraft und Wirkungsweise der in Rede stehenden Formulierungen ist insoweit nicht ohne Bedeutung, daß die Erklärung nicht etwa im öffentlichen Meinungskampf erfolgt ist, sondern in gerichtlicher Hauptverhandlung. Aber auch bei solcher Fallgestaltung ist es ein gewichtiges Indiz für die Eignung zur Friedensstörung, wenn tatsächlich eine erhebliche unruhestiftende öffentliche Wirkung weit über die Hauptverhandlung hinaus eintritt. Das Landgericht hat diesen Umstand im gegebenen Zusammenhang zwar nicht ausdrücklich erwogen. Das erweist sich indessen nicht als rechtsfehlerhaft, weil mit der Feststellung der öffentlichen Resonanz, dem Hinweis auf Presseberichte und dem Eingang zahlreicher Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft die Eignung zur Friedensstörung jedenfalls im vorliegenden Fall hinreichend belegt ist. 2. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, daß die Voraussetzungen der Tatbestandsausschlußklausel des § 86 Abs. 3 in Verbindung mit § 130 Abs. 5 StGB nicht vorliegen.
a) Die Tatbestandsausschlußklausel des § 86 Abs. 3 StGB (in Verbindung mit § 130 Abs. 5 StGB) ist im Grundsatz auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Angesichts der Weite des Tatbestandes - zumal in der Verharmlosungsalternative - hat der Gesetzgeber eine Regelung vorgesehen, die der Verfolgung legitimer, von der Rechtsordnung anerkannter Zwecke Rechnung trägt. Danach ist der Tatbestand namentlich dann ausgeschlossen, wenn die
Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder "ähnlichen Zwecken" dient (§ 86 Abs. 3 StGB). Strafverteidigung ist in ihrem Range den in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Belangen gleich zu erachten. Das ergibt sich aus folgendem: Die Stellung als Verteidiger in einem Strafprozeß und das damit verbundene Spannungsverhältnis zwischen Organ- und Beistandsfunktion erfordert schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine besondere Abgrenzung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten (vgl. nur BGHSt 38, 345, 347; siehe grundlegend auch Beulke, Die Strafbarkeit des Verteidigers 1989, passim; siehe weiter zum Tatbestand der Strafvereitelung: BGH NStZ 1983, 503; zum Tatbestand der Beleidigung im Zusammenhang mit dem Massenmord an der jüdischen Bevölkerung zur Zeit des Nationalsozialismus : BGH NStZ 1987, 554; zur Unterstützung einer oder zum Werben für eine terroristische Vereinigung siehe BGHSt 29, 99; 31, 16; 32, 243; BGH NStZ 1990, 183; zum Gebrauchmachen von einer gefälschten Urkunde: BGHSt 38, 345; vgl. zur Beschaffung einer Schußwaffe: BGHSt 38, 7). Prozeßerklärungen sind danach nicht schon deshalb von vornherein strafrechtlicher Würdigung entzogen, weil sie im Rahmen der Verteidigung abgegeben werden (BGHSt 31, 16, 17). Grundsätzlich gelten die Straftatbestände für jedermann, mithin auch für den Verteidiger in der Hauptverhandlung. Die Struktur bestimmter Straftatbestände birgt indessen für den Rechtsanwalt selbst das Risiko, daß ein prozessual erlaubtes, im Rahmen wirksamer Verteidigung liegendes Verhalten in den Anwendungsbereich des Straftatbestandes fallen kann. Da Strafverteidigung ihrer Natur nach auf den Schutz des Beschuldigten vor Anklage, Verhaftung und Verurteilung ausgerichtet ist, wirkt sie sich beispielsweise auf dem Felde der Organisationsdelikte (§§ 129, 129 a StGB) mitunter notwendigerwei-
se günstig auf den Fortbestand einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung aus (BGHSt 29, 99, 102). Für diese Fallgestaltung hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, daß in einem solchen Konfliktfall zwischen prozessual zulässigem Verteidigerhandeln und der Erfüllung des materiellen Straftatbestandes - dort dem Unterstützungsverbot der §§ 129, 129 a StGB - ein rechtswidriges Handeln nicht angenommen werden könne, es sei denn, es gebe sich lediglich den Anschein zulässiger Verteidigung, verfolge in Wirklichkeit indessen ausschließlich verteidigungsfremde Zwecke (BGHSt 29, 99, 105; siehe auch BGH NStZ 1987, 554; 1990, 183, 184). Eine solche Kollisionslage besteht jedoch dann nicht, wenn der besonderen Situation des Verteidigers als Organ der Rechtspflege bereits durch Auslegung des jeweiligen Straftatbestandes hinreichend Rechnung getragen werden kann. Die Notwendigkeit hierzu ergibt sich daraus, daß die Möglichkeit zu wirksamer Verteidigung auf der Grundlage des Verfahrensrechts notwendiger Bestandteil eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens ist; ihr kommt hierfür grundlegende Bedeutung zu (so u.a. BGHSt 38, 7, 10/11; siehe auch BGHSt 29, 99, 106; vgl. weiter BVerfGE 63, 380, 390; 65, 171, 174/175). Der Angeklagte hat schließlich auch nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. c MRK Anspruch auf "konkrete und wirkliche" Verteidigung (vgl. EGMR EuGRZ 1980, 662; 1985, 234; siehe Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. zu Art. 6 MRK Rdn. 20). Die Erfüllung dieses Gebots wäre ernsthaft gefährdet, wenn der Verteidiger wegen einer üblichen und prozessual zulässigen Verteidigungstätigkeit selbst strafrechtlich verfolgt würde (so schon BGHSt 29, 99, 106; siehe auch BGH NStZ 1987, 554). Der Wirkkraft dieser letztlich im Recht des Angeklagten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnden verfahrensrechtlichen Verbürgung ist deshalb bei der Auslegung und Anwendung des Straftatbestandes Genüge zu tun. Das gilt auch im Blick
auf die für den Rechtsanwalt gewährleistete "freie Advokatur". Eingriffe in die Verteidigerstellung berühren seine Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG; vgl. nur BGHSt 38, 7, 12; BVerfG, Kammer, NJW 1996, 3267 und 3268). Sie bedürfen einer gesetzlichen Legitimation, die sich klar erkennen und zweifelsfrei feststellen läßt (BVerfGE 34, 293, 303). Bei der Anwendung auslegungsfähiger und auslegungsbedürftiger Straftatbestände ist all dies zu beachten. Das muß hier dazu führen, daß Strafverteidigung als den anderen in § 86 Abs. 3 StGB benannten sogenannten legitimen Zwecken gleichgewichtig zu erachten ist; sie ist ein "ähnlicher Zweck" in diesem Sinne. Der Tatbestand der Volksverhetzung in der hier in Rede stehenden Handlungsalternative ist mithin grundsätzlich auf Verteidigerhandeln in Fällen der vorliegenden Art nicht anzuwenden.
b) Dieser grundsätzliche Tatbestandsausschluß für Verteidigungshandeln ist indes kein Freibrief des Verteidigers für Straffreiheit. Die Gewährleistung einer effektiven Strafverteidigung steht dann nicht in Frage und der Grundsatz der freien Advokatur hat zurückzustehen, wenn die zu beurteilende Prozeßerklärung des Verteidigers ohne jeden Bezug zur Verteidigung ist oder sich als verteidigungsfremdes Verhalten erweist, das sich nur den äußeren Anschein der Verteidigung gibt, tatsächlich aber nach den Maßstäben des Strafverfahrensrechts und des materiellen Strafrechts nichts zu solcher beizutragen vermag (vgl. dazu BGHSt 29, 99, 105; 38, 7, 10; BGH NStZ 1987, 554; 1990, 183, 184). In solchen Fällen fehlt es an der nach dem Schutzzweck der Tatbestandsausschlußklausel zu fordernden, von der Rechtsordnung anerkannten legitimen Zielsetzung des Handelns. Dementsprechend fällt eine ausschließlich von politisch-demonstrativem Charakter geprägte Ä ußerung mit beschimpfen-
den Formulierungen, die zur Sachaufklärung und Verteidigung im konkreten Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt etwas beizutragen vermag, nicht unter § 86 Abs. 3 StGB, auch wenn sie als Beweisantrag bezeichnet ist. Die Abgrenzung und Ausgrenzung solcher Ausnahmefälle kann sich als schwierig erweisen; im Zweifel wird den Erfordernissen wirksamer Verteidigung der Vorrang einzuräumen sein. Ob im Einzelfall allein v erteidigungsfremde Zwecke verfolgt werden, also gleichsam im Gewande der Prozeßerklärung oder Antragstellung Volksverhetzung betrieben wird, unterliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung auf der Grundlage aller Umstände (vgl. BGHSt 40, 97, 101). Erweist sich das Verharmlosen als unvermeidlicher oder dem Verteidiger gar "erwünschter Begleiteffekt" neben der Verfolgung anerkannter Verteidigungszwecke, greift die Tatbestandsausschlußklausel; das Verteidigerhandeln ist mithin nicht tatbestandsmäßig. Diese Konsequenz ist im Interesse rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung hinzunehmen. Die entsprechenden Folgen erscheinen im Blick darauf vertretbar, daß die Ä ußerung vor Gericht erfolgt, mithin unter den Rahmenbedingungen des Verfahrensrechts, namentlich der Sachleitungsbefugnis des Gerichtsvorsitzenden.
c) Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, daß der Angeklagte mit der Antragstellung ausschließlich verteidigungsfremde Zwecke verfolgt hat. Diese Würdigung erweist sich als tragfähig und ist deshalb vom Revisionsgericht hinzunehmen. Das Landgericht hat ausführlich begründet, daß dem Beweisantrag "keine verteidigungsrelevanten Erfolgsaussichten" zukamen und sich der Angeklagte als auf dem in Rede stehenden Kriminalitätsfelde erfahrener Strafverteidiger dessen auch bewußt war. Es hat dabei nicht nur die feststehende Rechtsprechung im Beweisantragsrecht zur Offenkundigkeit des Holocaust im Blick
gehabt (vgl. nur BGH NStZ 1994, 140 m.w.N.), sondern auch die - dem Angeklagten ebenfalls bekannte - Rechtsprechung erwähnt, daß derjenige, der die historische Wahrheit nicht anerkennt, dafür keine Strafmilderung verdient (Hinweis auf BGH NJW 1995, 340). Als weiteres Indiz hat es auf die polemische Fassung des Antrages abgehoben. Diese Würdigung erweist sich nicht deshalb als lückenhaft, weil das Landgericht in diesem Zusammenhang nicht noch einmal ausdrücklich erwogen hat, daß der Antrag in "hektischer Atmosphäre" gestellt wurde und der Angeklagte im übrigen zumeist absichernde Klauseln mit seinen sonstigen Anträgen verband. Der Senat schließt aus, daß dem Landgericht dies im gegebenen Zusammenhang aus dem Blick geraten sein könnte. Denn die Strafkammer geht weiter ohne Rechtsfehler davon aus, der Angeklagte sei bei der Formulierung des Beweisantrages nicht etwa nur einem Fassungsversehen zum Opfer gefallen; vielmehr habe er sich aufgrund der Hektik und der Eskalation der Feindseligkeiten zwischen den Prozeßbeteiligten in der Schlußphase der Beweisaufnahme dazu verstanden, seine bis dahin vorsichtige Vorgehensweise abzulegen und sich offen zu dem von ihm selbst zumindest in Teilbereichen vertretenen revisionistischen Gedankengut zu bekennen; er habe sich in diesem Sinne äußern wollen. Dies folgert die Strafkammer aus verschiedenen Begleitumständen; sie hebt dabei auch hervor , daß dem Angeklagten das "revisionistische Gedankengut" seines Mandanten zumindest in abgeschwächter Form selbst zu eigen sei. Danach erweisen sich die vom Landgericht gezogenen Schlüsse als tragfähig. Die Richtigkeit der Würdigung des Landgerichts wird darüber hinaus durch den Inhalt des Beweisantrages weiter belegt. Es liegt auf der Hand, daß der Antrag nach seinem Wortlaut ausschließlich demonstrativen Charakter hatte. Die Vorstellung, daß die als Beweismittel benannten Personen, der damalige Bundespräsident, die seinerzeitige Präsidentin des Bundestages, die
Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und der vormalige Bundeskanzler, die zugleich mit polemischen Wendungen in Verbindung gebracht wurden ("an der Nase herumführen", "für dumm verkaufen"), in irgendeiner Weise etwas im Sinne des Antrages bekunden würden, war abwegig. Die Bewertung, der Antrag sei nicht zu Verteidigungszwecken angebracht worden, wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß das Landgericht an einer Stelle im Zuge der Beweiswürdigung davon spricht, beim Anbringen des Beweisantrages hätten "weniger Verteidigungszwecke" als eigene revisionistische Motive des Angeklagten im Vordergrund gestanden. Dabei handelt es sich angesichts eindeutig entgegenstehender Formulierungen an verschiedenen anderen Stellen der Urteilsgründe ersichtlich um ein bloßes Vergreifen im Ausdruck. Nach allem ist auch gegen die Annahme bedingten Vorsatzes von Rechts wegen nichts zu erinnern. Das Landgericht hat tragfähig, ohne Lücken oder Widersprüche, begründet, dem Angeklagten sei bewußt gewesen, daß sein Antrag völlig ungeeignet gewesen sei, etwas zur Entlastung seines Mandanten D. beizutragen; er habe sich offen zu dem auch von ihm selbst zumindest in Teilbereichen vertretenen revisionistischen Gedankengut bekennen wollen. Auf einen Irrtum über Tatumstände hatte sich der Angeklagte selbst nicht berufen; er lag hier auch fern. 3. Auch sonst ist ein den Angeklagten beschwerender Rechtsfehler nicht hervorgetreten.
III. Die Revision der Staatsanwaltschaft Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Das ergibt die Auslegung der Revisionsrechtfertigung. Der unbeschränkte Aufhebungsantrag steht im Widerspruch dazu, daß die Revisionsbegründung lediglich auf eine höhere Bestrafung des Angeklagten abzielt; das gilt auch im Blick auf die erhobenen Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel ist unbegründet. 1. Auf der Ablehnung der Beweisanträge, mit denen die Beschwerdeführerin bewiesen sehen wollte, daß der Angeklagte schon in früheren Strafverfahren als Verteidiger entsprechendes revisionistisches Gedankengut "öffentlich verbreitet" habe, beruht das angefochtene Urteil ersichtlich nicht. Das Landgericht geht ausdrücklich davon aus, daß dem Angeklagten sogenanntes revisionistisches Gedankengut - zumindest in abgeschwächter Form - selbst zu eigen sei. Zudem sind frühere einschlägige Ä ußerungen des Angeklagten im Urteil festgestellt. 2. Die Aufklärungspflicht ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht deshalb verletzt, weil das Landgericht das Protokoll der Hauptverhandlung gegen D. vom Tage der Stellung des in Rede stehenden Beweisantrages nicht in die Beweisaufnahme eingeführt hat. Dazu drängte nichts, nachdem das Gericht zum Verlauf jener Hauptverhandlung den damaligen Strafkammervorsitzenden als Zeugen vernommen hatte. Im übrigen hat auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft keinen Anlaß gesehen, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. 3. Die Strafzumessungserwägungen lassen einen sachlich-rechtlichen Mangel zu Gunsten des Angeklagten nicht erkennen. Teilweise sucht die Be-
schwerdeführerin lediglich ihre eigene Bewertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen; damit vermag sie nicht durchzudringen, zumal die Strafkammer lediglich gehalten war, die bestimmenden Straffindungserwägungen im Urteil anzuführen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Deshalb ist es auch kein Rechtsmangel, daß das Landgericht auf die vom Angeklagten möglicherweise zu erwartenden ehrengerichtlichen Folgen nicht weitergehend als geschehen eingegangen ist und die von der Verfolgung ausgenommene tateinheitlich begangene Gesetzesverletzung nicht ausdrücklich als straferhöhend herangezogen hat. Die von der Beschwerdeführerin beanstandete Wendung, der Angeklagte habe die "mildeste Form" des Tatbestandes verwirklicht, stellt ersichtlich darauf ab, daß bei der Strafbemessung zwischen der Erfüllung der Handlungsmerkmale des Billigens, Leugnens und Verharmlosens des Holocaust zu differenzieren ist. Das ist rechtlich zutreffend. Die verhängte Strafe kann auch nicht als unvertretbar milde charakterisiert werden. Schäfer Maul Granderath Boetticher Schluckebier

Wer eine der in § 138 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 5 letzte Alternative oder in § 126 Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten oder eine rechtswidrige Tat nach § 176 Absatz 1 oder nach den §§ 176c und 176d

1.
belohnt, nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden ist, oder
2.
in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) billigt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 129/11
vom
20. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der Volksverhetzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 8. November 2010 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Gegen diesen Freispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, während einer Kundgebung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der NPD durch Ausrufe während des Aufzuges sowie durch eine Rede in einer Weise, die geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt zu haben (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB in der Fassung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes vom 28. Oktober 1994, BGBl. I S. 3186).
3
1. Die Strafkammer hat dazu Folgendes festgestellt: http://www.ausländerstopp.nrw.de/ - 4 -
4
Am 25. Oktober 2008 fand in Bochum der von dem Landesverband Nordrhein-Westfalen der NPD angemeldete Aufzug statt. Das zuvor auf dessen Homepage bekannt gegebene Motto lautete: „Deutsche wehrt Euch – Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“ Der unter anderem wegen Volksverhetzung vorbestrafte Angeklagte, der seit ca. 1979 politisch im „rechten Spektrum“ aktiv ist und demBundesvorstand der NPD angehört, war als Gastredner eingeladen. Das Thema der Veranstaltung war ihm bekannt. Nicht festgestellt werden konnte, dass er in die Vorbereitung und Gestaltung der Veranstaltung eingebunden war.
5
Gegen 13.00 Uhr versammelten sich ca. 250 Teilnehmer einschließlich des Angeklagten. Auf einem mitgeführten Lkw waren eine Lautsprecheranlage sowie ein Transparent mit der Aufschrift „www.ausländerstopp.nrw.de“ ange- bracht. Während des Umzugs skandierte der Angeklagte über die Lautspre- cheranlage wiederholt: „Hoch die nationale Solidarität!“. Weiterhin äußerte er: „Ist der Ali kriminell, in die Heimat, aber schnell!“ sowie „Multikulti ist kein Him- melsgesetz. Multikulti und Masseneinwanderung sind nicht vom deutschen Volk gewollt, …“. Daneben führte er sinngemäß unter anderem aus, die Deutschen hätten ein Recht darauf, sich gegen eine seines Erachtens fehlgeleitete Politik, die den Interessen der „Nochmehrheitsbevölkerung“ widerspreche, zu wenden. Während des Aufzugs kam es zu Protesten von Gegendemonstranten.
6
Gegen 14.00 Uhr erreichte der Aufzug den Kundgebungsplatz, wo sich zahlreiche Gegendemonstranten aufhielten. Dort hielt der Angeklagte gegen 15.00 Uhr im Anschluss an zwei andere Personen eine Rede. Hierbei stand er auf der Ladefläche des Lkw und nutzte die Lautsprecheranlage. Am Rednerpult war vom Veranstalter ein Plakat angebracht worden, welches drei Personen zeigte, die Kapuzen über den Kopf gezogen hatten und Sonnenbrillen trugen. http://www.ausländerstopp.nrw.de/ - 5 - Eine der abgebildeten Personen hielt einen Schlagstock in der Hand. Das Bild war überschrieben mit „Deutsche wehrt euch!“ Unter dem Bild stand „Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“ Unten auf dem Plakat stand: „www.ausländerstopp.nrw.de“. Während der Rede des Angeklagten zeigten einige Teilnehmer Transparente mit den Aufschriften: „Gegen Islamisierung, Überfremdung und Ausländerkriminalität“ und „kriminelle Ausländer raus“.
7
Der Angeklagte hielt die Rede frei und sprach wegen des durch die Gegendemonstration verursachten Lärms zwar laut; von der Vortragsweise her waren aber keine Auffälligkeiten erkennbar. In Redepausen erfolgten Beifallskundgebungen , die jedoch im Vergleich zu den Reaktionen auf die weiteren Reden deutlich gemäßigter und moderater ausfielen. Während der Rede kam es nicht zu Zurufen mit ausländerfeindlichen Inhalten aus der Gruppe der Zuhörer.
8
Zu Beginn seiner Rede verwies der Angeklagte darauf, dass sie als „nationale Opposition“ wieder Flagge gezeigt und die Medien gezwungen hätten zu berichten, dass es auch etwas anderes als den „multikulti Wahnsinn“ der etablierten „Einheitsparteien“ gebe. Sie hätten die Medien gezwungen, sich eindeu- tig klar hinzustellen, ob sie auf der Seite des Volkes stünden oder auf der Seite der „multikulturellen, multikriminellen Massenpsychose“, der sie „unser Volk“ aussetzten. Der gegen die Deutschen schlagende „multikulti Wahnsinn“ sei auch heute wieder darin erkennbar geworden, dass sie ein Transparent mit der Aufschrift: „Multikulti ist Völkermord“ nicht hätten zeigen dürfen. Dieses sei Un- terdrückung der freien Meinungsäußerung. Der Angeklagte erinnerte dabei an den Besuch des türkischen Ministerpräsidenten, der genau dies gesagt habe. Nach dessen Meinung sei „Multikulti“ Völkermord zum Nachteil des türkischen Volkes. Sodann äußerte der Angeklagte wörtlich: „Wir haben als Deutsche das Recht in die Öffentlichkeit zu gehen, Öffentlichkeit herzustellen, um damit zu dokumentieren, dass wir als Deutsche nicht bereit sind, widerspruchslos zur Minderheit im eigenen Lande zu werden.“
9
Ferner führte der Angeklagte aus, die „Einheitspolitiker, diese Multikultifanatiker“ , gingen mit großem Aufwand, mit Pressekampagnen und mit der ganzen Macht der etablierten Parteien gegen sie vor. Sie würden jedoch das Spiel dieser Politiker als ein von oben aufgepfropftes, von oben aufgesetztes Spektakel entlarven, das meilenweit an den Interessen und an der Wirklichkeit des eigenen Volkes vorbeigehe; er behauptete, die schweigende Mehrheit der Deutschen denke inzwischen, „Multikulti“ sei gescheitert und zerstöre die ge- wachsenen Strukturen des Volkes.
10
Im Folgenden kritisierte der Angeklagte die für den Polizeieinsatz vor Ort sowie die für die akustischen Störungen während der Veranstaltung Verantwortlichen und führte davon abgrenzend in Bezug auf die Teilnehmer aus, sie dagegen seien Deutsche. Sie hätten und würden es nicht vergessen, was das ewige Recht „unseres Volkes“ sei, das Recht, sein Überleben zu sichern sowie es das Recht eines jeden anderen Volkes auf dieser Welt sei, und so sähen sie sich eins mit den nationalistischen Befreiungsbewegungen, mit nationalen, sozialen Bewegungen überall in der Welt. Nach seinen Ausführungen stünden „überall … die Völker auf gegen den amerikanischen ‚one World’-Traum und deren multikriminellen, internationalistischen Börsengaunern, die die Welt lang- sam aber sicher der internationalen Hochfinanz zum Fraße vorwerfen … und auch das letzte Volk in Unfreiheit führen wollen“.
11
Sodann führte der Angeklagte weiter zur weltwirtschaftlichen Situation aus, das „liberal-kapitalistische ‚Anti-Menschentum’“ gehe einem großen Exo- dus entgegen. Ein aufgepumptes Finanzsystem der internationalen Börsenspekulanten habe dafür gesorgt, das jetzt der Crash komme. Dieser habe gezeigt, dass all’ das, wofür diese Politiker, wofür diese „Börsengauner“ stünden, zu- sammenbreche. Es sei eine falsche Welt mit falschen Werten.
12
Daneben griff der Angeklagte das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ auf und führte dazu aus, dass sie gerade erlebten, wie die „Links Partei“ versuche, mit sozialen Themen als „Bauernfänger“ die Menschen wieder einmal „für dumm zu verkaufen“. Die „Links Partei, die … für Multikulti, für Masseneinwanderung und somit auch für die Zerstörung des Sozialsystems unseres Volkes“ stehe, habe gefordert, eine sozial gerechte Globalisierung zu erkämpfen. Dies funktioniere aber nicht, weil sie als „nationale Kämpfer“ wüssten, dass sozial nur national gehe. Soziale Errungenschaften seien von den Franzosen, Engländern und Deutschen in Jahrhunderte langem Ringen erkämpft worden und nicht von ir- gendwelchen inhomogenen „Multikultimassen“. Soziale Gerechtigkeit sei Aus- druck einer Lebensform, ein kultureller Bestandteil eines Volkes und könne nur von einem gewachsenen Volk erkämpft werden. Ferner meinte er, dass sie in Deutschland in der Zukunft mit massiven Einbrüchen des Sozialsystems zu kämpfen hätten und es mit einer massiven Verelendung in Teilen des Volkes zu tun bekämen. Alles das, was jetzt noch „in Flitter und Glanz und Schein“ zu funktionieren scheine, werde langsam aber sicher zusammenbrechen.
13
Der Angeklagte kündigte an, „Parallelgesellschaften“ würden dazu über- gehen, sich ihr Recht zu nehmen, wenn sie es denn nicht mehr bekämen; Auswüchse wie in den Vororten von Paris oder London würden auch Deutschland erreichen. Ganze Stadtteile in Berlin seien inzwischen von der Polizei für nicht mehr handhabbar erklärt worden. Die Polizei habe offen erklärt, dass man der Banden mit dem „multikulturellen Abgrund“ dort nicht mehr Herr werden könne.
Wörtlich äußerte er: „Mafiastrukturen aus dem Ausland haben sich in unsere Gesellschaft hineingefressen. Es fängt ganz klein an in den Ortsämtern, bei den Sozialämtern, wo die Leute unter Druck gesetzt werden, wenn sie vielleicht einer Großfamilie nicht mehr das Geld zugestehen, welches diese Großfamilie beansprucht. Ganz klein fangen die Mafiastrukturen an, aber sie fressen sich seit Jahrzehnten in die Gesellschaft hinein, bis hoch in höchste politische Ämter. Wir müssen davon ausgehen, dass dieses System langsam aber sicher am Ende ist und krepiert.“
14
Abschließend führte er aus, dass sie die letzte Chance für „unser Volk“ seien. Sie, die „noch Deutsche sein wollten in Deutschland“, würden schon bald von den Deutschen in diesem Lande die Unterstützung erfahren in der Masse, für die sie seit Jahren auf die Straße gingen, denn der Untergang der „multikulturellen Gesellschaft“ sei vorprogrammiert. Dabei forderte er die Teilnehmer auf, ohne zu zögern und ohne Angst auch zukünftig gemeinschaftlich auf die Straße zu gehen, weil sie es nur als eine Einheit der Deutschen, als eine „Kampfgemeinschaft aller nationalen Kräfte“ schaffen würden, Veränderungen in diesem Lande herbeizuführen. Zugleich sprach er indirekt von innerparteili- chen Schwierigkeiten, die „ihr großes Werk einer Gesamtbewegung“ zu zerre- den oder zu zerstören drohten, und endete mit den Worten: „Es ist unsere Aufgabe als nationale, soziale Bewegung zusammenzustehen, nur gemeinsam werden wir den Sieg erringen.“
15
2. Das Landgericht meint, nach den getroffenen Feststellungen sei der objektive Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB aF nicht erfüllt. Die auf der Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze vorzunehmende Würdigung der Äußerungen des An- geklagten führe auch unter Berücksichtigung der festgestellten Begleitumstände nicht allein zu einer die Strafbarkeit begründenden Auslegung (UA 10).

II.


16
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
17
Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB aF nicht vorliegen, weil der Angeklagte nicht zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt hat. Die am 22. März 2011 in Kraft getretene Neufassung des § 130 Abs. 1 StGB durch Gesetz vom 16. März 2011 (BGBl. I S. 418) hat diese Tatvariante nicht geändert und ist daher kein milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.
18
Die in Deutschland lebenden Ausländer kommen als hinreichend abgrenzbarer und damit vom Tatbestand der Volksverhetzung geschützter Teil der Bevölkerung in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 1988 – 3 StR 561/87, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 2; Urteil vom 8. August 2006 – 5StR 405/05, BGHR StGB § 130 Abs. 1 Friedensstörung 1; OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 368; OLG Brandenburg NJW 2002, 1440; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Mai 2011 – 1 Ss 175/11; LK-Krauß, StGB, 12. Aufl., § 130 Rn. 28, 31; Lenckner/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 130 Rn. 3, 4). Unter Aufstachelung zum Hass ist ein Verhalten zu verstehen, welches auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirkt und objektiv geeignet sowie subjektiv bestimmt ist, eine emotional gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende, feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil oder die betreffende Gruppe zu erzeugen oder zu verstärken (BGH, Urteile vom 15. März 1994 – 1 StR 179/93, BGHSt 40, 97, 102, vom 12. Dezember 2000 – 1 StR 184/00, BGHSt 46, 212, 217, vom 8. August 2006 – 5 StR 405/05, BGHR StGB § 130 Abs. 1 Friedensstörung 1 und vom 3. April 2008 – 3 StR 394/07, BGHR § 130 Nr. 1 Aufstacheln 2).
19
1. Die Annahme des Landgerichts, „eine (allein) zur Strafbarkeit führende Auslegung der Äußerungen des Angeklagten (sei) auch unter Berücksichtigung der … festgestellten Begleitumstände nicht möglich (UA 10), bei der vorzuneh- menden Gesamtbetrachtung (sei) kein Fall gegeben, bei dem die Äußerungen des Angeklagten nur so gedeutet werden können, dass er seine Angriffe auch unmittelbar gegen die in Deutschland lebenden Ausländer gerichtet“ habe (UA 11), hält rechtlicher Nachprüfung stand.
20
a) Bei der Deutung des objektiven Sinns der Äußerungen des Angeklagten hat das Landgericht die Anforderungen beachtet, die sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ergeben :
21
Dieses Grundrecht gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (BVerfGE 93, 266, 289). Jedermann hat insbesondere in der öffentlichen Auseinandersetzung, zumal im politischen Meinungskampf, das Recht, auch in überspitzter und polemischer Form Kritik zu äußern (BVerfG NJW 1992, 2750). Meinungen genießen den Schutz der Meinungsfreiheit, ohne dass es dabei auf deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit ankäme. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden (vgl. BVerfGE 61, 1, 7; 85, 1, 14 f.; 90, 241, 247). Geschützt sind damit grundsätzlich auch – in den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG – rechtsextremistische Meinungen (vgl. BVerfGK 7, 221, 227; 8, 159, 163; BVerfG EuGRZ 2008, 769, 772; 2011, 88; NJW 2010, 47, 49).
22
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit findet gemäß Art. 5 Abs. 2 GG eine Schranke in den allgemeinen Gesetzen (vgl. näher BVerfGE 7, 198, 208 f.; BVerfGK 13, 1, 4 f.), zu denen auch § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF gehört.
23
Bei der Subsumtion unter diese Strafvorschrift ist Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird. Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat. Dabei ist stets von dem Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und ihren Begleitumständen bestimmt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BVerfG NJW 2008, 2907, 2908). Es ist deshalb von Bedeutung, ob sich die Äußerungen an einen in irgendeiner Richtung voreingenommenen Zuhörerkreis richten und ob den Zuhörern die politische Einstellung des Angeklagten bekannt ist. Diese Umstände können Hinweise darauf geben, wie der durchschnittliche Zuhörer die Äußerungen auffassen wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 4 StR 283/05, NStZ-RR 2006, 305 mwN). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung begleitender Umstände ergibt sich in besonderer Weise dann, wenn die betreffende Formulierung ersichtlich ein Anliegen nur in schlagwortartiger Form zusammenfasst (vgl. BVerfGK 13, 1, 5; BVerfG NJW 2009, 3503, 3504). Ein solcher Fall liegt typischerweise bei dem Motto einer Versammlung vor, das in der Regel nur den Kern eines Anliegens in knappen Worten zum Ausdruck bringen kann.
24
Ist eine Äußerung mehrdeutig, so haben die Gerichte, wollen sie die zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung ihrer rechtlichen Würdigung zu Grunde legen, andere Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen (vgl. BVerfGE 85, 1, 13 f.; 94, 1, 9; 114, 339, 349). Gründe dieser Art können sich auch aus den Umständen ergeben , unter denen die Äußerung gefallen ist (vgl. BVerfGE 82, 43, 52). Frühere eigene Kundgebungen kommen nur in Betracht, wenn zu ihnen ein eindeutiger Bezug hergestellt wird (vgl. BVerfG aaO S. 52 f.). Denn mit Art. 5 Abs. 1 GG wäre es nicht vereinbar, wenn Meinungsäußerungen mit dem Risiko verbunden wären, dass der Äußernde wegen einer nachfolgenden Deutung durch die Strafgerichte verurteilt wird, die dem objektiven Sinn seiner Äußerung nicht entspricht. Der Einzelne darf vielmehr in der Freiheit seiner Meinungsäußerung nicht aufgrund von Meinungen eingeengt werden, die er zwar hegen oder bei anderer Gelegenheit geäußert haben mag, im konkreten Fall aber nicht kundgegeben hat (BVerfG aaO S. 53).
25
Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen schließen zwar nicht aus, dass die Verurteilung auf ein Auseinanderfallen von sprachlicher Fassung und objektivem Sinn gestützt wird (vgl. BVerfGE 93, 266, 303), wie dies insbesondere auf in der Äußerung verdeckt enthaltene Aussagen zutrifft. Ein solches Verständnis muss aber unvermeidlich über die reine Wortinterpretation hinausgehen und bedarf daher der Heranziehung weiterer, dem Text nicht unmittelbar zu entnehmender Gesichtspunkte und Maßstäbe. Diese müssen mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar sein (vgl. BVerfGE 43, 130, 139; BVerfG NJW 2008, 2907, 2908). Auf eine im Zusammenspiel der offenen Aussagen verdeckt enthaltene zusätzliche Aussage dürfen die Verurteilung zu einer Sanktion oder vergleichbar einschüchternd wirkende Rechtsfolgen daher nur gestützt werden, wenn sich die verdeckte Aussage dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schluss- folgerung aufdrängt (vgl. BVerfG NJW 2008, 1654, 1655; 2010, 2193). Hierfür müssen die Gerichte die Umstände benennen, aus denen sich ein solches am Wortlaut der Äußerung nicht erkennbares abweichendes Verständnis ergibt (BVerfG NJW 2008, 2907, 2908).
26
Bei der Abwägung ist von Bedeutung, ob es sich bei den beanstandeten Äußerungen um Werturteile oder Tatsachenbehauptungen handelt. Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab; wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. BVerfGE 99, 185, 196). Bei tatsachenhaltigen Werturteilen spielt die Wahrheit der tatsächlichen Bestandteile eine Rolle. Eine mit erwiesen unwahren Annahmen vermengte Meinung ist weniger schutzwürdig als eine auf zutreffende Annahmen gestützte (vgl. BVerfGE 90, 241, 253).
27
b) An diesen Grundsätzen gemessen begegnet die Deutung des Landgerichts , die Erklärungen des Angeklagten ließen sich – ungeachtet einer ausländerfeindlichen Grundeinstellung – als Äußerung einer ablehnenden Haltung gegen eine bestimmte tatsächliche oder mutmaßlich praktizierte Einwanderungspolitik verstehen und könnten nicht nur so gedeutet werden, dass er seine Angriffe auch unmittelbar gegen die in Deutschland lebenden Ausländer gerichtet habe, keinen rechtlichen Bedenken. Nach dem Wortlaut, dem sprachlichen Kontext und den Begleitumständen, in denen die umstrittenen Äußerungen fielen , kam diese nicht dem Tatbestand des § 130 StGB unterfallende Auslegung in Betracht. Dem standen nachvollziehbare, tragfähige Gründe nicht entgegen.
28
aa) Der von der Revision erhobene Einwand, das Landgericht habe entgegen der vielfach verwendeten Formel einer Gesamtbetrachtung eine solche nicht vorgenommen, geht fehl. Die Strafkammer hat vielmehr ausgehend vom Wortlaut und der konkreten Ausdrucks- und Verhaltensweise des Angeklagten auch die sonstigen Begleitumstände in die Auslegung einbezogen. Insoweit hat sie die zu den einzelnen Themenbereichen jeweils geäußerte Kritik aufgegriffen und einer ausführlichen Bewertung unterzogen. Zudem hat sie sowohl dem Motto der Veranstaltung als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass der Angeklagte als Mitglied und Funktionsträger der NPD seit vielen Jahren politisch im rechten Parteienspektrum aktiv und überdies bereits mehrfach wegen politischer Straftaten vorbelastet ist. Sie hat alle erheblichen Gesichtspunkte hinreichend zueinander in Beziehung gesetzt.
29
bb) Die gebotene Gesamtbetrachtung der konkreten Äußerungen einschließlich der Begleitumstände nötigt – entgegen der Auffassung der Revision – nichtzur Annahme, dass der Angeklagte sich unmittelbar gegen die hier lebenden Ausländer wenden wollte; jedenfalls drängt sich bei unbefangener Betrachtung diese Angriffsrichtung nicht sofort derartig auf, dass die vom Landgericht gefundene Auslegung fern liegend wäre (vgl. OLG Stuttgart NStZ 2010, 453, 454).
30
(1) In seiner Rede grenzte der Angeklagte zwar das deutsche Volk von anderen Völkern ab, sprach vom deutschen Volk und im Gegensatz dazu von anderen Völkern, Ausländern, Fremden oder „Parallelgesellschaften“ und be- hauptete, das deutsche Volk sei durch „Überfremdung“ bedroht, weil „Parallel- gesellschaften“ sich in Deutschland „breit“ gemacht hätten und die noch mehr- heitlich deutsche Bevölkerung bedrohten. Auch äußerte er, das deutsche Volk habe – wie nationalistische Befreiungsbewegungen in aller Welt – das Recht, das Überleben im eigenen Land zu sichern und müsse nicht widerspruchslos hinnehmen, eine Minderheit im eigenen Land zu werden.
31
Diese Äußerungen des Angeklagten stehen jedoch der Deutung des Landgerichts nicht entgegen. Sie können zwanglos als Beschreibung der Folgen einer seiner Ansicht nach verfehlten Ausländerpolitik sowie als Aufruf verstanden werden, sich für eine andere Politik einzusetzen, zumal sie im Kontext mit der Kritik an politischen und gesellschaftlichen Kräften, namentlich den von ihm als „Einheitspolitiker“ und „Multikultifanatiker“ bezeichneten Entscheidungs- trägern der „etablierten Parteien“ standen. Dafür spricht auch der Aufbau der Rede selbst. Denn der Angeklagte bezeichnete bereits zu Beginn der Rede die Teilnehmer als „nationale Opposition“ und nahm eine Abgrenzung zu den „etab- lierten Einheitsparteien“ vor. Dabei warf er diesen pauschal vor, den Interessen des eigenen Volkes zuwider zu handeln. Anschließend griff er – in überspitzter und polemischer Form – verschiedene Themenkomplexe (Störungen während der Veranstaltung, die Finanzkrise, Globalisierung und soziale Gerechtigkeit einschließlich einer Gefahr für das deutsche Sozialsystem) auf und kritisierte pauschal unterschiedliche Entscheidungsträger. Abschließend forderte er die Teilnehmer auf, durch gemeinsames Handeln Veränderungen herbeizuführen, wobei er insoweit lediglich auf gemeinsame Demonstrationen verwies. Vor diesem Hintergrund liegt jedenfalls nicht fern, dass sich der Angeklagte mit seiner Rede gegen die bisherige Politik wenden wollte und Änderungen in der Ausländerpolitik anstrebte, besonders weil er schon während des Aufzugs behauptete, in Deutschland werde eine fehlgeleitete Politik gegen die Interessen der „Nochmehrheitsbevölkerung“ geführt.
32
Gleiches gilt hinsichtlich der vom Angeklagten während des Umzugs gerufenen weiteren Parolen, zumal § 53 AufenthG die Abschiebung rechtskräftig verurteilter Ausländer ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen sogar zwingend vorschreibt, und die Forderung des Angeklagten zwanglos hierauf bezogen werden kann.
33
Soweit die Revision demgegenüber der Rede den Sinn entnimmt, der Angeklagte habe den Begriff „Parallelgesellschaften“ als Synonym für die in Deutschland lebenden Ausländer verwendet und sich nicht auf eine Kritik an der Politik beschränkt, handelt es sich lediglich um eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten. Denn die hierfür von der Revision aufgegriffenen Textpas- sagen (Ausländer hätten sich aktiv „breit“ gemacht und würden die deutsche Bevölkerung zurückdrängen; Ausländer würden das soziale System „unterwan- dern“, wodurch eine massive Verelendung in Teilen der deutschen Bevölkerung drohe; Parallelgesellschaften würden dazu übergehen, sich ihr Recht zu nehmen , wenn sie es denn nicht bekämen; Mafiastrukturen hätten sich in die deut- sche Gesellschaft hineingefressen, es fange ganz klein an in den Ortsämtern…) können – auch unter Beachtung der Wortschöpfung „multikriminell“ und der Pa- rolen: „Sozial geht nur national!“ und „Hoch die nationale Solidarität!“ – eben- falls als überspitzte Beispiele für die Folgen einer seiner Ansicht nach verfehlten Politik gedeutet werden; sie stehen damit der vom Landgericht getroffenen Wertung nicht entgegen. Die Strafkammer hat zu Recht auch den Umstand in seine Würdigung einbezogen, dass der Angeklagte für eine nicht für verfassungswidrig erklärte Partei aufgetreten ist, der das Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zukommt (vgl. BVerfG NJW 1998, 3631).
34
(2) Die vom Landgericht festgestellten Begleitumstände schließen die von ihm gefundene Auslegung nicht aus.
35
Das Plakat mit dem Motto der Veranstaltung „Deutsche wehrt Euch – Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“, das drei ver- mummte Personen zeigte, wobei eine zudem einen Schlagstock in der Hand hielt, lässt – ungeachtet der aggressiven Form – infolge ihrer knappen Ausdrucksweise verschiedene Deutungen zu; das hat das Landgericht zutreffend erkannt. Der im Imperativ verwendete Begriff „wehren“ ist insoweit neutral, als er sich nicht unbedingt auf eine natürliche Person oder konkrete Personengruppe beziehen muss, sich vielmehr auch auf ein politisches System, auf bestehende politische Verhältnisse beziehen kann. Zwar spricht der Angeklagte selbst wiederholt von „Kampf“ bzw. „Kämpfer“ und bezeichnetdie Teilnehmer als „nationale Befreiungsbewegung“. Gleichwohl kann damit unschwer auch der politische Meinungskampf oder ein Kampf mit politischen Mitteln zum Ausdruck gebracht werden. Dafür streiten auch der Hinweis des Angeklagten, „sie hätten das Recht, in die Öffentlichkeit zu gehen, Öffentlichkeit herzustellen“, und sein Aufruf zur Teilnahme an Demonstrationen, einem regelmäßig der politischen Meinungsbildung dienenden Mittel zur Erreichung von Veränderungen.
36
Gleiches gilt in Bezug auf die Begriffe „Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität“ sowie die am Rednerpult angebrachte Internetadresse. Abgesehen davon, dass dem Angeklagten die Gestaltung der Veranstaltung ausweislich der Feststellungen nicht zugerechnet werden kann, handelt es sich um Schlagworte, die auch in der politischen Auseinandersetzung Verwendung finden und daher seinen Äußerungen insgesamt nicht zwingend einen anderen als den vom Landgericht angenommenen Sinn geben.
37
Soweit die Revision unter Hinweis auf das Urteil des 1. Strafsenats vom 15. März 1994 (1 StR 179/93, BGHSt 40, 97, 101) geltend macht, neben dem Plakat sei bei der Auslegung maßgeblich zu beachten, dass dem Angeklagten die politische Grundeinstellung der Zuhörer bekannt gewesen sei, die sich unter dem Motto zusammengefunden und sich in einer feindseligen Haltung gegen in Deutschland lebende Ausländer gewandt hätten, greift auch dieser Einwand nicht durch. Festgestellt werden konnte insoweit lediglich, dass Teilnehmer des Aufzugs schwarz-weiß-rote Fahnen bzw. eine Fahne in den Farben weiß und rot mit der Aufschrift NPD mit sich führten, Zuhörer Transparente zeigten und in Redepausen Beifall bekundeten, der jedoch im Vergleich zu den Reaktionen auf die anderen Reden deutlich gemäßigter und moderater ausfiel (vgl. in diesem Zusammenhang zur Bedeutung von Beifallskundgebungen BGH aaO). Da die Strafkammer zudem festgestellt hat, dass die Vortragsweise keine Auffälligkeiten erkennen ließ und aus der Gruppe der Zuhörer während der Rede – anders als bei den weiteren Reden – keine Zurufe mit ausländerfeindlichem Inhalt erfolgten, ist trotz einer zu unterstellenden ausländerfeindlichen Grundrichtung der Teilnehmer nicht fern liegend, dass diese die Äußerungen in dem vom Landgericht festgestellten Sinn verstanden. Das Landgericht hat neben den offenen Äußerungen weder für die Zuhörer erkennbare verdeckt enthaltene Aussagen noch Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass sich der Angeklagte auf frühere, als Volksverhetzung gewertete eigene Äußerungen bezog.
38
2. Zudem kann das Verhalten des Angeklagten auch nicht als Aufstacheln zum Hass angesehen werden. Allerdings hat sich der Angeklagte dahingehend sinngemäß geäußert, Mafiastrukturen aus dem Ausland hätten sich in die deutsche Gesellschaft hineingefressen, bis in höchste politische Ämter, ausländische Großfamilien würden Mitarbeiter der Sozialämter unter Druck setzen, um Geld zu erlangen, das ihnen nicht zustehe, sowie Parallelgesellschaften würden dazu übergehen, sich ihr Recht zu nehmen, wenn sie es nicht mehr bekämen. Weiter hat er ausgeführt, es drohten massive Einbrüche unseres So- zialsystems und eine massive Verelendung in Teilen „unseres Volkes“. Selbst wenn man der Revisionsführerin im Ausgangspunkt darin folgen würde, dass diese Ausführungen und deren Begleitumstände geeignet wären, eine auf Ablehnung , ggf. auch auf Verachtung beruhende Haltung gegen in Deutschland lebende Ausländer herbeizuführen, so sind sie jedoch weder für sich noch in ihrer Gesamtheit objektiv geeignet, eine emotional gesteigerte feindselige Hal- tung gegen diese Personengruppe zu erzeugen oder zu verstärken. Den Äußerungen ist zwar eine ausgeprägte negative Grundrichtung gegenüber ausländischen Mitbürgern zu entnehmen, und sie widersprechen ohne Zweifel der für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegenden Erwartung einer Toleranz der deutschen Bevölkerung gegenüber Ausländern (vgl. BVerfG NJW 2010, 2193, 2196). Das Strafgesetzbuch stellt aber nicht schon ausländerfeindliche Äußerungen als solche unter Strafe (BVerfG NJW 2001, 2072, 2073). Da der Angeklagte darüber hinaus keine Bereitschaft zu Übergriffen oder Gewalttätigkeiten gegenüber Ausländern erkennen ließ, vielmehr als Mittel zur Herbeiführung von Veränderungen ausschließlich die Möglichkeit zu demonstrieren erwähnte, ist hier die für ein Aufstacheln zum Hass erforderliche besonders intensive Form der Einwirkung (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 – 3 StR 394/07, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Aufstacheln 2; LK-Krauß, aaO, § 130 Rn. 34, 38, 40) auch unter Beachtung des zu berücksichtigenden Kontextes nicht gegeben. Dies bestätigt der Umstand, dass es während der Rede nicht zu Zurufen mit ausländerfeindlichen Inhalten kam.
Ernemann Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,

1.
ein Mitglied der Gruppe tötet,
2.
einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt,
3.
die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
4.
Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen,
5.
ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Wer Propagandamittel

1.
einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,
2.
einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,
3.
einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder
4.
die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,
im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Propagandamittel einer Organisation, die im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2021/138 des Rates vom 5. Februar 2021 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1128 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 1) als juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft aufgeführt ist, im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(3) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. Propagandamittel im Sinne des Absatzes 2 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation oder gegen die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.

(5) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.