Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 11. Juni 2015 - I-2 U 64/14
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.08.2014 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass
- im Tenor zu I. 2. und zu I. 3. des landgerichtlichen Urteils jeweils die Angabe „16. Mai 2003“ durch die Angabe „4. Januar 2011“ ersetzt wird,
- der Urteilstenor zu II. des landgerichtlichen Urteils folgende Fassung erhält:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der B LLC, C, USA durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem4. Januar 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;
- der Urteilsauspruch zu III. des landgerichtlichen Urteils entfällt.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt: Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagten 80 % und die Klägerin 20 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten 90 % und die Klägerin 10 %.
III.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115.000,-- EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 115.000,-- EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 0 874 AAA (Klagepatent, Anlage B 1, deutsche Übersetzung [DE 696 27 AAB T2] Anlage K 2) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die B LLC, C, USA. Die Klägerin ist deren exklusive Vertriebspartnerin. Mit Vertrag vom 04.12.2012 (Anlage K 1) hat die Patentinhaberin der Klägerin die sich aus den unerlaubten Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. ergebenden Ansprüche auf Rechnungslegung, Schadensersatz und Kostenerstattung abgetreten. Außerdem hat sie die Klägerin ermächtigt, den ihr gegen die Beklagte zu 1. zustehenden Unterlassungsanspruch gerichtlich im eigenen Namen geltend zu machen.
4Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 31.12.1996 unter Inanspruchnahme dreier US-amerikanischer Prioritäten vom 03.01.1996, 31.01.1996 und 14.05.1996 eingereicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 16.04.2003. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 696 27 AAB geführt. Er steht in Kraft.
5Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Verbesserung des Atmens. Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:
6„A device (10; 110) for improving the breathing of a user, comprising: An upper arch (12; 112) adapted to receive at least some of the user’s upper teeth; a lower arch (14; 114) adapted to receive at least some of the user’s lower teeth; and a connector (16; 134) adjustably coupling the upper arch (12) to the lower arch (14); the connector (16; 134) allowing lateral motion of the lower arch (14; 114) relative to the upper arch (12; 112); caracterised in that the connector (16; 134) is operable to be adjusted while the upper arch (12; 112) is coupled to the lower arch (14; 114) and while the device is inserted in the user’s mouth to pull the lower arch (14;114) forwardly to a fixed forward position relative to the upper arch (12; 112).”
7In der deutschen Übersetzung lautet Patentanspruch 1 wie folgt:
8„Vorrichtung (10; 110) zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers, die umfasst: einen oberen Bogen (12; 112), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen; einen unteren Bogen (14; 114), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen; und ein Verbindungsstück (16; 134), das den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) einstellbar verbindet; wobei das Verbindungsstück (16; 134) eine seitliche Bewegung des unteren Bogens (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) ermöglicht; dadurch gekennzeichnet, dass das Verbindungsstück (16; 134) eingestellt werden kann, während der obere Bogen (12; 112) mit dem unteren Bogen (14; 114) verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist, um den unteren Bogen (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) nach vorn in eine feste Vorwärtsposition zu ziehen.“
9Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, wobei die Figur 1b eine Ausführungsform zeigt, die für die Verwendung in Verbindung mit einem oberen und unteren Bogen angepasst ist. Figur 2a zeigt eine isometrische Seitenansicht dieser Ausführungsform, Figur 3a eine Seitenansicht einer alternativen Ausführungsform mit einer Führungsstange und Figur 6a eine Seitenansicht einer weiteren Ausführungsform mit einem Dehnelement.
10Die Beklagte zu 1. hat – nach Erlass des landgerichtlichen Urteils – mit Schriftsatz vom 03.12.2014 (Anlage B 10) Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhoben, über die das Bundespatentgericht noch nicht entschieden hat.
11Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, betreibt in Spanien ein Dentallabor, in dem sie Vorrichtungen zur Behandlung des Schnarchens und der Schlafapnoe mit der Bezeichnung „D“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) anfertigt, die sie auch selbst in Spanien vertreibt. Für den deutschen Markt bietet die Beklagte zu 1. an und Iiefert sie den Verbindungsmechanismus (im Folgenden auch: Schraubsystem) für diese Vorrichtungen. Ihre deutschen Abnehmer stellen mit Hilfe dieses Schraubsystems die angegriffene Ausführungsform her. Die generelle Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aus dem als Anlage K 6 vorgelegten Ausdruck des Internetauftritts der Beklagten zu 1. und der als Anlage K 7 vorgelegten Produktbroschüre, der die nachfolgend wiedergegebenen, von der Klägerin mit Bezugszeichen versehenen Abbildungen entnommen sind. Im Verhandlungstermin haben die Beklagten außerm ein Muster der angegriffenen Ausführungsform überreicht.
12Die angegriffene Ausführungsform weist eine obere Schiene bzw. einen oberen Bogen (12) zur Aufnahme der oberen Zähne und eine untere Schiene bzw. einen unteren Bogen (14) zur Aufnahme der unteren Zähne auf. Außerdem umfasst die angegriffene Ausführungsform einen Verbindungsmechanismus (16), der den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) verbindet. Der Verbindungsmechanismus (16) besteht aus zwei horizontal orientierten, metallischen Führungsstangen. Die eine Führungsstange ist in das Kunststoffmaterial des oberen Bogens (12) eingebettet und die andere Führungsstange ist in das Kunststoffmaterial des unteren Bogens (14) eingebettet. Die beiden Führungsstangen sind über eine Verstelleinrichtung (VE) miteinander verbunden, die aus einem im Wesentlichen zylindrischen Metallgehäuse besteht. An seinem einen Ende weist das Metallgehäuse eine Öse auf, über die die Verstelleinrichtung an der mit dem oberen Bogen (12) verbundenen Führungsstange beweglich geführt ist. An dem Metallgehäuse, nämlich an dessen Unterseite, ist eine zweite Öse vorgesehen, die zur Festlegung der Verstelleinrichtung (VE) an der mit dem unteren Bogen (14) verbundenen Führungsstange dient. Die Verstelleinrichtung (VE) weist ferner eine Schraube (S) auf, über die die Positionierung der zweiten Öse entlang der Längserstreckung des Gehäuses der Verstelleinrichtung verstellbar ist. Die nachstehend zur besseren Veranschaulichung wiedergegebenen Abbildungen, die der Anlage K 7 entnommen sind, zeigen die Verstelleinrichtung nochmals im Detail:
13Wie den nachfolgend ferner eingeblendeten Figuren 7 und 11 der Anlage K 7 zu entnehmen ist, kann die Vorrichtung mittels eines Schraubendrehers durch Drehen der Schraube (S) eingestellt werden:
14Die Schraube ist hierbei – wie die nachfolgend eingeblendete Figur 13 der Anlage K 7 verdeutlicht – von vorn zugänglich, wenn die Vorrichtung in den Mund eines Benutzers eingeführt ist:
15Der obere und untere Bogen der Vorrichtung sind über den Verbindungsmechanismus in der Weise verbunden, dass beim Tragen der Vorrichtung eine seitliche Bewegung des Unterkiefers relativ zum Oberkiefer möglich ist. Außerdem lässt sich innerhalb eines eingestellten Bewegungsspielraums der Mund öffnen.
16Der Beklagten zu 1. ist das spanische Patent ES 2 365 AAC (Anlage B 1) erteilt worden. Außerdem ist ihr zwischenzeitlich auf eine unter Inanspruchnahme der Priorität des spanischen Patents am 02.06.2010 eingereichte Anmeldung (Anlage B 2) das europäische Patent 2 491 901erteilt worden, dessen Figuren 1 bis 5 nachfolgend wiedergegeben werden:
17Die Antischnarch-Vorrichtung „D“ bewirbt die Beklagte zu 1. auf ihrer Internetseite, wobei sie dort u.a. ausführt (Anlage K 6, S. 2):
18„… D basiert grundlegend auf dem regulierten mandibularen Vorschub, so dass die Mandibula gezwungen wird, nach vorne geschoben zu werden und dabei die Zunge mitsamt umliegendem Gewebe mitgezogen wird […]. D wird gebildet durch 2 Schienen, die miteinander verbunden sind, und einer Schraube, die den millimetergenauen Vorschub erlaubt. D weist die besonderen Eigenschaften auf, wie […] freie mandibuläre Bewegung mit einer geführten Steuerung durch einen zentralen Stab und einem bilateralen Lauf, d.h. es erlaubt die seitlichen und die eröffnenden Bewegungen im Mund des Patienten“.
19Die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform findet in Deutschland unter Verwendung des von der Beklagten zu 1. gelieferten Schraubsystems durch von der Beklagten zu 1. zertifizierte Partnerlabore statt. Für die auf Deutsch angesprochenen Interessenten führt die Beklagte zu 1. auf ihrer Website unter der Rubrik „Laboratorien/zertifizierte Laboratorien“ hier ansässige Dentallabore an. Unter der Rubrik „Patienten/Ihr nächster Zahnarzt“ benennt sie außerdem in Deutschland ansässige Zahnärzte, an die sich Interessenten ebenfalls wenden können (vgl. Anlagen K 17 – K 19). Auf der Website der Beklagten zu 1. und als Inhalt eines „Starter-Kits“ (dazu sogleich) finden sich außerdem Informationen darüber, wie das Schraubsystem „D“ bei der Herstellung von Antischnarch-Vorrichtungen eingesetzt werden soll. Die Antischnarch-Vorrichtungen werden von den Partnerlaboren individuell für jeden Benutzer hergestellt, indem von dem jeweiligen Benutzer ein Abdruck des Gebisses genommen wird, hiervon ausgehend die Schienen (= Bögen) hergestellt und diese sodann mit dem von der Beklagten zu 1. gelieferten Schraubsystem zusammengefügt werden.
20Ihren Partnerlaboren stellt die Beklagte zu 1. sog. Starter-Kits zur Verfügung. Ein solches „Starter-Kit“ besteht ausweislich des Internetauftritts der Beklagten zu 1. (Anlage B 4) aus einer Fabrikationslizenz „Zertifiziertes D Labor“, einer Schraubsystembox D: 10 Stück zur Herstellung von 10 D Schienen, einem technischen Handbuch D, einem Herstellungsvideo der Schiene D, einer DVD mit allen Werbematerialien (in verschiedenen Sprachen), der Auflistung auf der Homepage der Beklagten zu 1. als „zertifiziertes D Labor“ sowie dem Recht auf zukünftiges Design des entwickelten Werbematerials der Beklagten zu 1.
21Im Jahr 2011 stellte die Beklagte zu 1. auf der Messe „IDS 2011 – 34. Internationale Dentalschau“ in Köln ein Modell der angegriffenen Ausführungsform aus und bewarb die angegriffene Ausführungsform dort.
22Die Klägerin sieht im Verhalten der Beklagten eine Verletzung des Klagepatents. Mit Schreiben vom 03.08.2011 (Anlage K 11) mahnte sie die Beklagten wegen der Benutzung des Klagepatents sowie eines weiteren Patents ohne Erfolg ab.
23Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die Klägerin das Klagepatent mit der angegriffenen Ausführungsform unmittelbar wortsinngemäß verletze. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1. Insbesondere ziehe das in den Mund eingeführte Gerät den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine feste Vorwärtsposition. Eine „feste Vorwärtsposition“ im Sinne des Klagepatents erfasse auch eine Anordnung, bei der die Führungsstange das Öffnen des Mundes während des Tragens der Vorrichtung dergestalt erlaube, dass der Mund bei gleichzeitiger Vorwärtsbewegung des Unterkiefers geöffnet werden könne. Die Beklagte zu 1. biete an und vertreibe die angegriffene Ausführungsform über die von ihr „zertifizierten Laborbetriebe“. Außerdem habe sie die angegriffene Ausführungsform selbst auf der Messe in Köln angeboten. Jedenfalls verletzten die Handlungen der Beklagten das Klagepatent mittelbar.
24Die Beklagten, die um Klageabweisung gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Eine „feste Vorwärtsposition“ im Sinne des Klagepatents bedeute, dass sich der Unterkiefer in einer auf der Vorwärts-/Rückwärtsachse festgelegten Position befinde. Daran fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform, weil diese ein Öffnen des Mundes bei gleichzeitiger Vorwärtsbewegung des Unterkiefers erlaube. Der Unterkiefer könne trotz eingesetzter Vorrichtung nach hinten bewegt werden. Außerdem scheide eine unmittelbare Patentverletzung aus, weil die Beklagte zu 1. nur das Schraubsystem in Deutschland anbiete und hierher liefere. Bei dem Auftritt auf der Messe IDS sei ein Modell der Gesamtvorrichtung einzig zu Demonstrationszwecken gezeigt worden. Dieses Modell sei nicht zum Einsatz bei einem Patienten geeignet gewesen, da die obere und untere Schiene nicht individuell an das Gebiss einer Person angepasst gewesen seien. Schließlich komme eine Haftung des Beklagten zu 2. nicht in Betracht.
25Durch Urteil vom 20.08.2014 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen (vgl. LG-Urteil, Umdr. S. 8-12) im Wesentlichen entsprochen. Abgewiesen hat es die – nach Teil-Klagerücknahme (LG-Urteil, Umdr. S. 8) verbliebene Klage – lediglich hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Abmahnkosten, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
26„I. Die Beklagten werden verurteilt,
27- 1. 28
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR‚ ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
Vorrichtungen zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers, die umfassen:
30einen oberen Bogen, der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen,
31einen unteren Bogen, der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen und
32ein Verbindungsstück, das den oberen Bogen mit dem unteren Bogen einstellbar verbindet,
33wobei das Verbindungsstück eine seitliche Bewegung des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen ermöglicht,
34anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
35bei denen das Verbindungsstück eingestellt werden kann, während der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist, um den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorne in eine feste Vorwärtsposition zu ziehen;
36- 2. 37
der Klägerin für die Zeit ab dem 16. Mai 2003 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter vorstehend zu I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer;
- 3. 39
der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I.1. bezeichneten und seit dem 16. Mai 2003 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
41b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
42c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
43d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
44e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei
45- die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu I. 3. a) und b) Bestellscheine, hilfsweise Lieferscheine, weiter hilfsweise Rechnungen in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
46- den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
47- II.48
Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 16. Mai 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
- III.50
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.472,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2013 zu zahlen.
- IV.52
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
54Es liege eine unmittelbare Patentverletzung vor. Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie verwirkliche auch das allein streitige Merkmal des Patentanspruchs 1, wonach das in den Mund eingeführte Gerät den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine „feste Vorwärtsposition“ ziehe. Darunter sei zu verstehen, dass der untere Bogen im Gebrauch eine gegenüber der natürlichen Unterkieferstellung des Benutzers weiter vorn liegende Position einnehme und der Benutzer den unteren Bogen ausgehend von dieser Vorwärtsposition nicht durch Bewegung des Unterkiefers nach hinten versetzen könne. Technischer Sinn des Merkmales sei es, den Unterkiefer des Patienten nach vorn zu ziehen, um seine Atemwege weiter zu öffnen, so dass er leichter durch Mund und Nase atmen könne. Der Fachmann erkenne, dass es zur Erreichung dieses Ziels ausreiche, wenn der Benutzer den Unterkiefer nicht aus der eingestellten Position heraus nach hinten bewegen könne. Eine starre Festlegung der Position des unteren Bogens auf der Vorwärts-/Rückwärtsachse sei insoweit nicht erforderlich. Das Klagepatent erlaube, wie sich auch aus den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 6a bis 6c ergebe, eine weitere Vorwärtsbewegung aus der eingestellten Position heraus. Der Anspruchswortlaut lasse das aufgezeigte Verständnis zu. Der Begriff „fest“ sei nicht isoliert zu betrachten, sondern in Zusammenschau mit dem Begriff „Vorwärtsposition“. Diese Vorwärtsposition, also die gegenüber der natürlichen Kieferstellung des Benutzers nach vorn versetzte Position des Unterkiefers, sei festgelegt. Das bedeute, dass eine Bewegung des unteren Bogens samt Kiefer aus dieser Position nach hinten verhindert werden solle. Andere Bewegungen, die nicht zu einem Verlust der Vorwärtsposition führten, seien nicht zwingend ausgeschlossen. Soweit die Beklagte im Verhandlungstermin ausgeführt habe, der Unterkiefer könne bei der angegriffenen Ausführungsform trotz eingesetzter Vorrichtung nach hinten bewegt werden, sei dies dahingehend zu verstehen, dass der Unterkiefer in einem durch die Länge des Verbindungsstückes der angegriffenen Ausführungsform vorgegebenen Rahmen bewegt werden könne. Sei der Unterkiefer bei eingesetzter Vorrichtung nach vorn bewegt worden, könne er auch wieder nach hinten bewegt werden, allerdings nur in dem durch die Länge des Verbindungsstückes vorgegebenen Rahmen, also nicht bis er seine natürliche Position erreiche. Ein anderes Verständnis verbiete sich angesichts der eigenen Werbung der Beklagten.
55Die Beklagte zu 1. biete die angegriffene Ausführungsform in Deutschland an. Ein Angebot liege in ihrem Internetauftritt, in dem die angegriffene Ausführungsform in Form der Gesamtvorrichtung „D“ beworben werde. Darüber hinaus hafte die Beklagte zu 1. für die Herstellung der Gesamtvorrichtung in Deutschland. Sie sei insoweit Mittäterin einer unmittelbaren Patentverletzung, da sich ein Labor, um Partner-Labor der Beklagten zu 1. zu werden, in der Verwendung der von der Beklagten zu 1. gelieferten Verbindungseinrichtung bei der Herstellung einer (Gesamt-) Vorrichtung unterweisen lassen müsse. Auch der Beklagte zu 2. sei aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. passivlegitimiert.
56Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie eine vollständige Abweisung der Klage erstreben. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie geltend:
57Mit „fester Vorwärtsposition“ des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen sei eine festgelegte, fixierte Vorwärtsposition gemeint, welche eine Bewegung des Unterkiefers in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung nicht zulasse. Wie der Fachmann der Figur 2a entnehme, könne sich der Unterkiefer bei der bestimmungsgemäßen Verbindung (Verhakung) von Ober- und Unterkiefer gegenüber dem Oberkiefer in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung nicht bewegen und nehme dieser insoweit eine feste Position ein. Soweit das Landgericht auf die Figuren 6a bis 6c des Klagepatents abgestellt habe, könne nach sprachlichem und fachmännischem Verständnis nicht gesagt werden, dass bei diesen ursprünglich beanspruchten Ausführungsbeispielen der untere Bogen (Unterkiefer) eine „feste Vorwärtsposition“ einnehme. Mit der Einfügung des Teil-Merkmals, wonach der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen in eine „feste Vorwärtsposition“ gezogen werde, habe der Patentanmelder eine Auswahlentscheidung getroffen und die genannten alternativen Ausführungsformen aus dem Schutzbereich von Patentanspruch 1 ausgenommen. Eine Patentverletzung scheide daher aus. Bei der angegriffenen Ausführungsform verhindere das einstellbare Verbindungsstück nicht, dass sich der untere Bogen aus einer zuvor definierten Position nach hinten verschieben könne. Mit der Verstelleinrichtung werde der untere Bogen nicht relativ zum oberen Bogen nach vorne gezogen. Vielmehr werde alleine das Spiel oder die Distanz zwischen oberem und unterem Bogen reguliert, um der individuellen Anatomie des Patienten zu entsprechen.
58Sie – die Beklagten – stellten keine „Gesamtvorrichtung“ im Sinne einer fertigen Antischnarch-Vorrichtung in Deutschland her und lieferten eine solche auch nicht nach Deutschland. Auch hätten sie die angegriffene Ausführungsform in Deutschland nicht angeboten, sondern sie lediglich im Internet präsentiert. Es sei praktisch ausgeschlossen, dass ein Patient oder Dentallabor aus Deutschland bei der Beklagten zu 1. fertige Antischnarch-Vorrichtungen nachfrage und die Beklagte zu 1. solche nach Deutschland liefere. Es liege auch keine Mittäterschaft vor. Ein bewusstes Zusammenwirken mit Dentallaboren in Deutschland erfolge nicht. Eine Unterweisung von Dentallaboren durch sie finde nicht statt. Ihre Website enthalte lediglich Informationen, wie das Schraubsystem bei der Herstellung von Antischnarch-Vorrichtungen eingesetzt werden solle, was nicht über eine übliche Gebrauchsanweisung hinausgehe. Die Herstellung der Gesamtvorrichtung erfolge durch das Dentallabor individuell für den jeweiligen Patienten nach Anweisungen des Zahnarztes.
59Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb das Verfahren jedenfalls bis zur Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen sei. Patentanspruch 1 sei unzulässig erweitert. Außerdem sei der Gegenstand des Klagepatents nicht patentfähig, weil er im Hinblick auf den im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltenen Stand der Technik nicht neu sei, jedenfalls aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
60Die Beklagten beantragen,
61das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen;
62hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
63Die Klägerin, die ihre Anträge auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung in der Berufungsinstanz mit Zustimmung der Beklagten teilweise zurückgenommen hat (Bl. 417 GA), beantragt,
64die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Tenor zu II. des Urteils des Landgerichts dahin gefasst werden soll, dass festgestellt wird, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr – der Klägerin – allen Schaden zu ersetzen, der der B LLC, C, USA durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 4. Januar 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird, sowie mit der weiteren Maßgabe, dass auch Rechnungslegung- und Auskunftserteilung erst ab dem 4. Januar 2011 begehrt werden.
65Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit sie ihre Klage in der Berufungsinstanz nicht teilweise zurückgenommen hat, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten sowie deren Aussetzungsantrag entgegen.
66Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
67II.
68Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt – nachdem die Klägerin ihre Anträge auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung zeitlich beschränkt und ihren Schadensersatzfeststellungsantrag ferner dahin angepasst hat, dass Ersatz des der Patentinhaberin entstandenen Schadens begehrt wird – im Wesentlichen ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagten wegen unmittelbarer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt und außerdem ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt. Es hat die angegriffene Ausführungsform zutreffend als wortsinngemäße Übereinstimmung mit der in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellten technischen Lehre beurteilt und ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten das Klagepatent unmittelbar benutzen. Nicht begründet ist die Klage lediglich, soweit die Klägerin von den Beklagten auch die Erstattung von Abmahnkosten begehrt. Insofern ist die Klage im Berufungsverfahren – unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils – abzuweisen. Zu einer Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung über die von der Beklagten zu 1. erst nach Erlass des angefochtenen Urteils gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage besteht kein Anlass.
69A.
70Das Klagepatent betrifft eine medizinische Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung.
71Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, Atmungsproblemen in Gestalt von Schlafstörungen, Schnarchen und Schlafapnoe durch die Verwendung von Vorrichtungen zu begegnen, die in den Mund des Benutzers eingesetzt werden und dessen Unterkiefer nach vorn ziehen. Hierdurch werden die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet, der somit leichter durch Nase und Mund atmen kann (Anlage K 2, Abs. [0003]; die nachfolgenden Bezugnahmen betreffen jeweils die deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift). An derartigen vorbekannten Vorrichtungen kritisiert die Klagepatentschrift als nachteilig, dass mit ihnen ernsthaftere Zustände nicht angemessen behandelt werden könnten. Außerdem könnten sie oft nicht in hinreichender Weise für den einzelnen Benutzer angepasst und eingestellt werden, um vielseitig verwendet werden zu können (Abs. [0003]). Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ferner ausführt, ist es außerdem als Behandlungsmethode für derlei Leiden bekannt, mithilfe einer Gesichtsmaske, Nasenmaske oder Naseneinsätzen einen kontinuierlichen Luftüberdruck auf die Atemwege des Patienten auszuüben, dessen Atemwege dadurch vollständiger geöffnet werden (Abs. [0004]). Hieran bemängelt die Klagepatentschrift, dass die erforderliche Maske, die mit einstellbaren oder elastischen Riemen befestigt werde, sich verschieben oder lösen und keinen ausreichenden Überdruck mehr ausüben könne oder gar der Patient geweckt werde (Abs. [0004]).
72Außerdem erwähnt die Klagepatentschrift die US-A-5409AAD (Anlage K 3), die eine Kieferneupositionierungsvorrichtung mit einem oberen und einem unteren Beißblock offenbart. Die beiden Beißblöcke sind durch einen einstellbaren Mechanismus miteinander verbunden. Der Mechanismus umfasst einen hinteren, mit dem hinteren Teil des oberen Beißblocks verbundenen Abschnitt, einen inneren, mit dem vorderen Teil des unteren Beißblocks verbundenen Abschnitt und eine einstellbare Verbindung zwischen innerem und hinterem Abschnitt (Abs. [0005]).
73Das Klagepatent hat es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe gemacht, den Nachteilen und Problemen, die aus der Verwendung vorbekannter Vorrichtungen resultieren, abzuhelfen (Abs. [0006]).
74Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
75(1) Vorrichtung (10; 110) zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers.
76(2) Die Vorrichtung umfasst
77(2.1) einen oberen Bogen (12; 112), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen,
78(2.2) einen unteren Bogen (14; 114), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen,
79(2.3) ein Verbindungsstück (16; 134).
80(3) Das Verbindungsstück (16; 134)
81(3.1) verbindet den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) einstellbar;
82(3.2) ermöglicht eine seitliche Bewegung des unteren Bogens (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112);
83(3.3) kann eingestellt werden, während der obere Bogen (12; 112) mit dem unteren Bogen (14; 114) verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist.
84(4) Das in den Mund eingeführte Gerät zieht den unteren Bogen (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) nach vorn in eine feste Vorwärtsposition.
85Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf das Merkmal (4) der vorstehenden Merkmalsgliederung näherer Erläuterung.
861.Die unter Schutz gestellte Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers weist ein Verbindungsstück auf (Merkmal (2.3)), das den oberen Bogen mit dem unteren Bogen einstellbar verbindet (Merkmal (3.1)), wobei dieses Verbindungsstück eingestellt werden kann, während der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung in den Mund eines Benutzers eingeführt ist (Merkmal (3.3)). Gemäß Merkmal (4) kann die in den Mund eingeführte Vorrichtung („das Gerät“) den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine feste Vorwärtsposition ziehen. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der vorgenannten Merkmale ergibt, kann der untere Bogen damit im Verhältnis zum oberen Bogen durch Einstellung des Verbindungsstücks nach vorn positioniert werden. Nach dem Anspruchswortlaut wird der untere Bogen hierbei nicht nur irgendwie nach vorn bewegt oder verschoben. Vielmehr „zieht“ die Vorrichtung den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn. Das bedeutet, dass der untere Bogen nach vorn im Verhältnis zum oberen Bogen positioniert wird, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. Letzteres entnimmt der Fachmann nicht nur dem Wort „zieht“, sondern auch der Klagepatentbeschreibung, in der es heißt (Unterstreichungen hinzugefügt):
87„[0013] … Bei noch einer anderen Ausführungsform ermöglicht das Verbindungsstück eine laterale Bewegung des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen und eine einstellbare Positionierung des unteren Bogens nach vorn im Verhältnis zum oberen Bogen, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird.“
88„[0014] … Das Verbindungsstück kann den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen einstellbar vorwärts positionieren, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. …“
89„[0016] …Die Vorrichtung positioniert den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen einstellbar unter Verwendung der Zugkraft nach vorn. …“
90Diese Beschreibungsstellen beziehen sich zwar jeweils auf „weitere“ bzw. „andere“ Ausführungsformen. Dass sich die in diesen Beschreibungsteilen enthaltene Erläuterung, wie die einstellbare Positionierung des unteren Bogens nach vorn im Verhältnis zum oberen Bogen erfolgt, nur auf bevorzugte Ausführungsformen bezieht und die im Patentanspruch 1 enthaltene Angabe „zieht“ demgegenüber allgemeiner im Sinne einer „kraftbeaufschlagten Vorwärtspositionierung“ zu verstehen ist, lässt sich der Patentbeschreibung jedoch nicht entnehmen. Dagegen spricht auch, dass das Klagepatent keinen Unteranspruch enthält, der speziell Schutz für eine besondere Ausgestaltung nach Anspruch 1 beansprucht, bei der eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. Zudem wird bei sämtlichen figürlich dargestellten Ausführungsbeispielen der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen jeweils nach vorn positioniert, indem eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird (vgl. auch Abs. [0079]). Das gilt auch für das von den Beklagten in Bezug genommene Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2b, bei dem der untere Bogen (14) einen Befestigungshaken (34) umfasst, der sich lateral über die Mittellinie des unteren Bogens (14) erstreckt und in einen an dem Hakenelement (26) vorgesehenen Haken (44) eingreift (vgl. Abs. [0049]). Wenn die Haken ineinandergreifen, kann der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen durch Drehung der horizontalen Schraube (24) nach vorn verschoben werden. Als Reaktion auf die Drehung der Schraube (24) in die geeignete Richtung gleitet die Schraube in dem Kanal (22) und ermöglicht es dem Hakenelement (26), sich in dem Kanal (22) vorwärts zu bewegen (vgl. Abs. [0049]). Durch die Vorwärtsbewegung des Hakenelements (26) wird über den in den Befestigungshaken (34) des unteren Bogens eingreifenden Haken (44) eine Zugkraft auf den unteren Bogen (14) ausgeübt, durch die dieser im Verhältnis zum oberen Bogen (12) nach vorn gezogen wird. Der Fachmann versteht den Begriff „zieht“ vor diesem Hintergrund dahin, dass eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird, um ihn vor dem oberen Bogen zu platzieren.
912.
92Merkmal (4) gibt ferner vor, dass der unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen in eine „feste Vorwärtsposition“ gezogen wird. Der Begriff „feste Vorwärtsposition“ wird weder im Patentanspruch noch in der Patentbeschreibung definiert. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erkennt der Fachmann jedoch unschwer, dass es Sinn und Zweck des Merkmals (4) ist, den Unterkiefer des Benutzers im Verhältnis zum Oberkiefer nach vorn zu ziehen, um die Atemwege des Benutzers weiter zu öffnen, wobei klar ist, dass die Atemwege beim Tragen der Vorrichtung auch so geöffnet bleiben sollen. Wird die unter Schutz gestellte Vorrichtung zum Verbessern des Atmens in den Mund des Benutzers eingesetzt, nimmt der unterer Bogen mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers auf (Merkmal (2.2)), während der obere Bogen mindestens einige der oberen Zähne aufnimmt (Merkmal (2.1)). Dadurch, dass der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen von der Vorrichtung nach vorn gezogen wird, wird auch der Unterkiefer des Benutzers im Verhältnis zum Oberkiefer nach vorn gezogen. Dies bewirkt, dass die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet werden, wodurch es diesem ermöglicht wird, leichter durch die Nase und den Mund zu atmen (Abs. [0002]). Zur weiteren Öffnung der Atemwege muss der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer nach vorn gezogen werden. Außerdem muss sichergestellt sein, dass diese vom Klagepatent als „Vorwärtsposition“ bezeichnete Position, in der die Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung ihre Wirkung entfaltet, nicht wieder dadurch rückgängig gemacht wird, dass sich der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen aus der Vorwärtsposition heraus wieder nach hinten bewegt. Die Vorwärtsposition, in der die Vorrichtung die Atemwege des Benutzers weiter öffnet, muss insoweit aufrechterhalten werden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erfordert dies aber nicht notwendig eine „starre“ Festlegung der Position des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen auf der Vorwärts-/Rückwärtsachse, weshalb es unschädlich ist, wenn der untere Bogen und damit der Unterkiefer beim Tragen der Vorrichtung aus der eingestellten Vorwärtsposition hinaus weiter nach vorn bewegt werden kann. Auch für die vom Klagepatent angestrebten Vorteile ist eine solche (weitere) Bewegbarkeit des Unterkiefers ohne Relevanz. Das Klagepatent will eine Vorrichtung bereitstellen, die auf einfache Weise vom Benutzer oder einer medizinischen Fachkraft an den Benutzer angepasst werden kann (Abs. [0017]). Durch die Anpassung soll gleichzeitig ein sicherer Sitz der Vorrichtung im Mund des Benutzers gewährleistet werden (Abs. [0017]). Außerdem soll es dem Kiefer beim Gebrauch der Vorrichtung möglich bleiben, sich lateral zu bewegen, wodurch der Komfort für den Benutzer erhöht wird (Abs. [0018]). Gleichzeitig soll eine wirksame Behandlung von Atemstörungen sichergestellt sein (vgl. Abs. [0017], [0018]). Wie sich dem Fachmann bei Lektüre der Klagepatentschrift unweigerlich erschließt, kommt es zur Verwirklichung dieser Ziele und Vorteile nicht auf eine starre Fixierung des Unterkiefers im Verhältnis zum Oberkiefer an. Erforderlich ist nur, dass der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine Vorwärtsposition gezogen wird, in der die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet sind, und diese Stellung, in der die Vorrichtung ihre therapeutische Wirkung entfaltet, nicht wieder verloren geht. Die Vorwärtsposition muss insoweit nur dergestalt festgelegt sein, dass der im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn positionierte untere Bogen nicht nach hinten hinter die eingestellte, therapeutisch nützliche Vorwärtsposition zurückfallen kann. Die therapeutisch nützliche Vorwärtsposition darf mit anderen Worten nicht unterschritten werden. Ist dies gewährleistet, nimmt der untere Bogen und damit der Unterkiefer stets eine Position ein, die vor der Position liegt, die der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer während des Schlafs des Benutzers ohne die Verwendung der Vorrichtung aufweisen würde, so dass der Unterkiefer dauerhaft („fest“) eine gegenüber der normalen („natürlichen“) Unterkieferstellung weiter vorn liegende, therapeutisch wirksame Position einnimmt. Ist die eingestellte Vorwärtsposition erreicht und ist ihre Aufrechterhaltung in dieser Weise gesichert, besteht kein Grund zu einer weitergehenden Fixierung des Unterkiefers im Verhältnis zum Oberkiefer. Die erfindungsgemäßen Vorteile werden vielmehr auch dann erzielt, wenn der untere Bogen nach Erreichen einer im Verhältnis zum oberen Bogen hinreichend nach vorn gezogenen Position noch weiter nach vorn und hiernach wieder zurück in die eingestellte Vorwärtsposition bewegt werden kann.
93Bereits im Hinblick auf den vorbeschriebenen Zweck des Merkmals (4) und die Funktion der einstellbaren Vorwärtsposition versteht der Fachmann die Angabe „feste Vorwärtsposition“ in Merkmal (4) dahin, dass der untere Bogen im Gebrauch der Vorrichtung eine im Verhältnis zum oberen Bogen vorn liegende Position einnehmen soll, wobei er nur nicht hinter die eingestellte Vorwärtsposition zurückfallen darf. Der Anspruchswortlaut, der davon spricht, dass „…der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen in eine feste Vorwärtsposition“ gezogen wird, lässt diese Auslegung ohne Weiteres zu. Zum einen ist der Begriff „fest“ – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht isoliert zu betrachten, sondern in Zusammenschau mit der Angabe „Vorwärtsposition“, auf die er sich bezieht. Zum anderen wird die „feste Vorwärtsposition“ nicht absolut, sondern als Ergebnis einer Zugbewegung „im Verhältnis zum oberen Bogen“ gefordert. Es kommt daher für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nur darauf an, dass, wenn die Vorrichtung in den Mund eines Benutzers eingeführt ist, der untere Bogen als Ergebnis einer Zugbewegung im Verhältnis zum oberen Bogen so positioniert ist, dass er nicht hinter die eingestellte therapeutische Vorwärtsposition zurückfällt. Insoweit ist die Vorwärtsposition „fest“.
94Der Fachmann erkennt zudem, worauf das Landgericht mit Recht hingewiesen hat, dass eine zusätzliche Bewegungsfreiheit des unteren Bogens und damit des Unterkiefers den gewünschten Komfort für den Benutzer sogar vergrößern kann. Zwar wird eine Erhöhung des Tragekomforts nach der Lehre des Klagepatents schon dadurch erreicht, dass sich der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen seitlich bewegen lässt (Merkmal (3.2)). Eine weitergehende Bewegungsfreiheit kann den Komfort für den Benutzer jedoch weiter erhöhen. So ist es für den Benutzer insbesondere von Vorteil, wenn sich der Mund zum Husten, Gähnen etc. in einem gewissen Umfang öffnen lässt. Demgemäß schlägt das Klagepatent in seinem Unteranspruch 3 auch ausdrücklich eine besondere Ausgestaltung nach Anspruch 1 vor, bei der das Verbindungsstück die freie Bewegung des Unterkiefers des Benutzers in vertikaler Richtung im Verhältnis zum oberen Bogen ermöglicht (vgl. auch Abs. [0062], [0078]). Unteranspruch 9 schlägt ferner eine besonders bevorzugte Ausgestaltung vor, bei der das Verbindungsstück die vertikale Bewegung des unteren Bogens in vertikaler Richtung im Verhältnis zum oberen Bogen innerhalb eines bestimmten Bereichs einschränkt. Die genannten Unteransprüche sehen damit eine – zumindest gewisse – zusätzliche Bewegbarkeit des unteren Bogens in vertikaler Richtung vor, welche Voraussetzung für ein Öffnen des Mundes ist.
95In dem Verständnis, dass Merkmal (4) keine starre Fixierung der Position des unteren Bogens verlangt, welche jegliche Bewegung des Unterkiefers in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung unterbindet, sieht sich der Fachmann zudem durch die Ausführungsbeispiele gemäß der Figur 5d sowie den Figuren 6a bis 6c bestätigt. Wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat, verdeutlichen diese Ausführungsbeispiele ihm nämlich, dass das Klagepatent eine weitere Bewegung des unteren Bogens aus der eingestellten Vorwärtsposition heraus nach vorn erlaubt.
96So ist bei den in den Figuren 6a bis 6c gezeigten Ausführungsbeispielen zur Einstellung der Vorwärtsposition jeweils ein Dehnelement (48) vorgesehen. Dieses kann unter Spannung gesetzt werden, wodurch der untere Bogen samt Unterkiefer nach vorn gezogen wird (vgl. Abs. [0060]). Eine solche Anordnung ermöglicht – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – eine gewisse weitere Bewegung des Unterkiefers nach vorn, weil bei einer entsprechenden Vorschubbewegung die Spannung des Dehnelements abnimmt.
97Entsprechendes gilt für das in Figur 5d gezeigte Ausführungsbeispiel mit seinem elastischen Element (46). In Absatz [0059] der Patentbeschreibung heißt es hierzu (Unterstreichung hinzugefügt):
98„Fig. 5d veranschaulicht eine alternative Ausführungsform des Hakens 44, der ein elastisches Element 46, wie beispielsweise eine Feder oder ein Gummiband, das zwischen dem Verbindungsstück 16 und dem Haken 46 angeordnet ist, umfasst. Wenn der Haken 44 in den Befestigungshaken 34 des unteren Bogens 14 eingegriffen hat, um den Unterkiefer des Benutzers nach vorn zu bewegen, genießt der Kiefer aufgrund des elastischen Elements nach wie vor eine gewisse Bewegungsfreiheit. Diese Konfiguration erlaubt dem Benutzer nicht nur, beim Gebrauch der Vorrichtung einen größeren Komfort zu genießen, sondern das elastische Element 48 reduziert die Gefahr der Verletzung von Zähnen des Benutzers als Folge einer schnellen und kräftigen Bewegung des Unterkiefers des Benutzers. …“
99Die angesprochene Bewegungsfreiheit beinhaltet eine Bewegbarkeit in Vorwärtsrichtung. Denn das elastische Element (46) muss so gespannt sein, dass der untere Bogen und damit der Unterkiefer nach vorn gezogen werden. Damit ist aber eine (gewisse) weitere Vorwärtsbewegung des Unterkiefers möglich, weil bei einer solchen Bewegung die Spannung des elastischen Elementes abnimmt.
100Wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat (Schriftsatz vom 06.02.2015, Seite 3 [Bl. 356 GA]), wird schließlich bei dem in den Figuren 3a und 3b gezeigten Ausführungsbeispiel, bei dem der untere Bogen und der obere Bogen über eine Führungsstange (94) verbunden sind, die den unteren Bogen nach vorn zieht, durch die Führungsstange ein Öffnen des Mundes ermöglicht, wobei dies unter einer gleichzeitigen Vorwärtsbewegung des Unterkiefers geschieht. Dem entsprechenden Sachvortrag der Klägerin sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Sie räumen vielmehr ausdrücklich ein, dass die Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 3a ff. Vorrichtungen mit in Vorwärts-/Rückwärtsrichtung beweglichem Unterkiefer zeigen (Schriftsatz vom 13.04.2015, Seite 3 [Bl. 380 GA]; Schriftsatz vom 03.12.2014, Seiten 7-8 [Bl. 302-303 GA]). Die Beklagten meinen nur, die betreffenden Ausführungsformen fielen nicht unter den erteilten Patentanspruch 1. Dafür ist der Klagepatentschrift jedoch nichts zu entnehmen. Wie bereits ausgeführt, entspricht auch eine Ausführungsform dem Wortsinn des Merkmals (4), bei der der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine vor dem oberen Bogen gelegene Position gezogen wird, aus der er zwar weiter nach vorn bewegt werden kann, hinter die er aber nicht zurückfallen kann, so dass es sich bei dieser Position im Verhältnis zum oberen Bogen um eine „feste Vorwärtsposition“ des unteren Bogens handelt. Soweit die Beklagten geltend machen, der Anmelder des Klagepatents habe eine „Auswahlentscheidung“ getroffen und die vorstehend behandelten Ausführungsformen aus dem Schutzbereich von Anspruch 1 ausgenommen, ist der Klagepatentschrift hierfür nichts zu entnehmen und auch ansonsten nichts ersichtlich.
101B.
102Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffene Ausführungsform der unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß entspricht.
1031.Hinsichtlich der Merkmale (1) bis (3) der vorstehend wiedergegebenen Merkmalsgliederung ist das auch in zweiter Instanz unstreitig und bedarf daher keiner weiteren Begründung.
1042.
105Die angegriffene Ausführungsform entspricht ferner den Vorgaben des Merkmals (4).
106a)Bei der angegriffenen Ausführungsform wird das klagepatentgemäße Verbindungsstück von den beiden Führungsstangen und der Verstelleinrichtung (VE) gebildet. Letztere Einrichtung besteht aus einem im Wesentlichen zylindrischen Metallgehäuse, das an seinem vorderen Ende eine „Öse“ aufweist, welche in dem der Beklagten zu 1. erteilten Patent EP 2 491 AAE als „oberer Verschiebering (3)“ bzw. „Führungsgehäuse (4)“ bezeichnet wird, wobei die dortige Öse allerdings vollständig geschlossen ist, wohingegen dies – wie sich aus der Anlage B 7 und dem von den Beklagten im Verhandlungstermin überreichten Muster ergibt – bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall ist. Über die besagte Öse ist die Verstelleinrichtung (VE) an der mit dem oberen Bogen (12) verbundenen Führungsstange beweglich geführt. An der Unterseite des Metallgehäuses ist eine zweite Öse vorgesehen, die zur Festlegung der Verstelleinrichtung an der mit dem unteren Bogen (14) verbundenen Führungsstange dient. In dem der Beklagten zu 1. erteilten EP 2 491 AAE wird letztere Öse als „unterer Verschiebering (11)“ bezeichnet, der eine „Bohrung 12“ aufweist. Die Verstelleinrichtung umfasst ferner eine Schraube (S), über die die Positionierung der zweiten Öse entlang der Längserstreckung des Gehäuses der Ver-stelleinrichtung verstellbar ist. Wird die Schraube in die geeignete Richtung gedreht, wird die untere Öse nach vorn verschoben. Da die in das Kunststoffmaterial des unteren Bogens (14) eingebettete untere Führungsstange in dieser Öse gelagert ist, wird durch die Vorwärtsverschiebung der Öse eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt, durch die dieser im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine Vorwärtsposition gezogen wird. In ihrer Werbung führt die Beklagte zu 1. hierzu aus, dass die „D“-Schiene auf einem „regulierten mandibularen Vorschub“ beruht, so dass die Mandibula (der Unterkiefer) gezwungen wird, nach vorn geschoben zu werden (Anlage K 6, S. 2). Außerdem hebt sie dort hervor, dass die Schraube einen „millimetergenauen Vorschub“ (Anlage K 6, S. 2) bzw. einen „millimeterkontrollierter Vorschub“ des Unterkiefers (Anlage K 6, S. 1; Anlage K 7, S. 1) erlaubt.
107Bei der mittels der Schraube einstellbaren Vorschubposition handelt es sich um eine „feste Vorwärtsposition“ im Sinne des Klagepatents. Dass der Benutzer beim Tragen der angegriffenen Ausführungsform den Mund in einem gewissen Umfang öffnen kann und dass, je weiter der Benutzer den Mund öffnet, der Unterkiefer nach vorn verschoben wird, steht der Annahme einer solchen Vorwärtsposition aus den bereits angeführten Gründen nicht entgegen.
108Im Hinblick auf die Werbung der Beklagten sowie das von den Beklagten im Verhandlungstermin vorgelegte Demonstrationsobjekt (Gebiss mit angegriffener Ausführungsform) muss auch davon ausgegangen werden, dass der untere Bogen nicht nach hinten hinter die eingestellte, therapeutisch nützliche Vorschubposition verschoben werden kann. Soweit die Beklagten in erster Instanz geltend gemacht haben, bei der angegriffenen Ausführungsform könne der Unterkiefer trotz eingesetzter Vorrichtung nach hinten bewegt werden, konnte dieses pauschale Vorbringen nur dahingehend interpretiert werden, dass der Unterkiefer zwar weiter nach vorn bewegt und hiernach auch wieder nach hinten bewegt werden kann, allerdings nur bis zu der eingestellten Vorschubposition, die deshalb eine feste Vorwärtsposition im Sinne des Klagepatents darstellt. Gegenteiliges zeigen die Beklagten auch in zweiter Instanz nicht auf. Es ist bereits nicht verständlich, weshalb sich beim Tragen der Vorrichtung der Unterkiefer wieder hinter die „millimetergenau“ einstellbare Vorschubposition zurück verschieben können sollte, da in diesem Falle die Vorrichtung ihre bestimmungsgemäße Wirkung nicht entfalten könnte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, wie die angegriffenen Ausführungsform, wenn sie in den Mund eines Benutzers eingeführt ist, eine derartige Rückwärtsbewegung des Unterkiefers erlauben soll. Derartiges lässt sich auch anhand des vorgelegten Demonstrationsobjekts nicht feststellen. Hält man bei diesem den Oberkiefer fest und vollzieht man mit dem Unterkiefer eine korrekte Öffnungsbewegung, so bestätigt dieses Muster vielmehr, dass der Unterkiefer im Verhältnis zum Oberkiefer stets eine Vorwärtsposition einnimmt, die nicht verloren geht.
109b)Dass der Beklagten zu 1. für eine der angegriffenen Ausführungsform entsprechende bzw. ähnliche Vorrichtung ein Patent erteilt worden ist, steht einer Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents nicht entgegen. Dieser Umstand könnte nur dann erheblich werden, wenn ein Merkmal des Klagepatents durch ein gleich-wirkendes Austauschmittel ersetzt und Patentanspruch 1 daher nur äquivalent verwirklicht wäre (BGH, GRUR 1999, 977, 981 – Räumschild; GRUR 2010, 602, 606 – Gelenkanordnung). Bei der angegriffenen Ausführungsform sind indes alle Merkmale von Patentanspruch 1 wortsinngemäß vorhanden.
110C.
111Mit Recht ist das Landgericht von der Passivlegitimation beider Beklagter ausgegangen.
1121.Die Beklagte zu 1. bietet die angegriffene Ausführungsform in Deutschland an und haftet auch für die seitens ihrer Partnerlabore in Deutschland unter Verwendung des von ihr gelieferten Verbindungsmechanismus durchgeführte Herstellung der Gesamtvorrichtung.
113a)Die angegriffene Ausführungsform wird von der Beklagten im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG angeboten.
114aa)Das Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende Vorbereitungshandlung, sondern eine eigenstände Benutzungsart neben diesen Handlungen, die selbstständig zu beurteilen und für sich allein anspruchsbegründend ist (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; GRUR 2007, 221, 222 – Simvastin; Senat, GRUR 2004, 417, 419 – Cholesterinspiegelsenker; Urt. v. 20.12.2012 – I-2 U 89/07, BeckRS 2013, 11856; Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14, BeckRS 2014, 21755). Es ist daher unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn von dritter Seite bezieht (BGH, GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; Senat, Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14). Es ist auch nicht erforderlich, dass das angebotene Erzeugnis bereits fertiggestellt ist oder sich im räumlichen Geltungsbereich des verletzten Schutzrechtes befindet (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl., Rdnr. 195 m. w. Nachw.). Nach geltendem Recht ist Voraussetzung für ein Anbieten auch nicht das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft des Anbietenden (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für elektrische Geräte; Senat, InstGE 2, 125 128 f. – Kamerakupplung II; Urt. v. 20.12.2012 – I-2 U 89/07; Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59 – MP2-Geräte). Auch kommt es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das Angebot Erfolg hat, es also zu einem Inverkehrbringen führt (Senat, GRUR 2004, 417, 418 – Cholesterinspiegelsenker; Senat, Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14). Im Interesse eines nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtschutzes für den Schutzrechtsinhaber ist der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Er umfasst jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet ist, das beworbene Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; GRUR 1970, 358 – Heißläuferdetektor; Senat, Urt. v. 30.10.2014 – I-2 U 3/14; Urt. v. 13.02.2014 – I-2 U 42/13; BeckRS 2014, 05732). Das „Angebot“ muss deshalb keine gemäß § 145 BGB rechtswirksame Vertragsofferte enthalten und setzt damit insbesondere nicht die Angabe von Preisen oder weiteren Einzelheiten voraus. Der Begriff des „Anbietens“ umfasst vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das – wie beim Abschluss eines Kaufvertrages – die Benutzung dieses Gegenstands einschließt (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte GRUR 2006, 927, 928 – Kunststoffbügel; Senat, GRUR-RR 2007, 259, 261 – Thermocycler). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Anbietende mit seiner Offerte eigene Geschäftsabschlüsse forcieren will oder ob das Angebot einem Dritten zugutekommen soll, für dessen Produkt mit dem Angebot eine zu befriedigende Nachfrage geschaffen wird (Senat, Urt. v. 13.02.2014 – I-2 U 42/13). In dem einen wie in dem anderen Fall ist die Rechtsposition des Schutzrechtsinhabers in gleichem Maße beeinträchtigt, weil eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die das Ausschließlichkeitsrecht aus dem Patent schmälert. Insofern entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass zur Gewährleistung eines wirksamen Patentschutzes nur von Belang ist, ob mit der fraglichen Handlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird. Wer das angebotene Erzeugnis später zur Verfügung stellt, hat keine Bedeutung. Bezweckt das Angebot den Geschäftsabschluss mit einem Dritten, so ist es deswegen unerheblich, ob der Anbietende von dem Dritten beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Selbst wenn es hieran fehlt, bleibt es dabei, dass mit dem drittbegünstigenden Angebot eine Nachfrage für das Verletzungsprodukt generiert wird, die in das Monopolrecht des Patentinhabers eingreift. Vom Schutzbedürfnis des Patents her betrachtet macht es ersichtlich keinen Unterschied, ob Verletzungsgegenstände deshalb nachgefragt werden, weil der spätere Lieferant selbst sich zu ihrer Lieferung bereit erklärt hat, oder ob derselbe Eingriffstatbestand dadurch geschaffen wird, dass ein Dritter das Verletzungsprodukt zugunsten des Lieferanten beworben hat (Senat, Urt. v. 13.02.2014 – I-2 U 42/13).
115bb)Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze bietet die Beklagte zu 1. auf ihrer Homepage zweifelsfrei Verletzungsgegenstände an. Der Internetauftritt der Beklagten zu 1. ist in deutscher Sprache verfasst und richtet sich damit an in Deutschland ansässige Interessenten, zu denen auch Verbraucher, d.h. potentielle Patienten bzw. Benutzer gehören. Auf ihrer Internetseite bewirbt die Beklagte zu 1. die „D“-Schiene als Gesamtvorrichtung, mithin die patentverletzende angegriffene Ausführungsform. Die Werbung der Beklagten zu 1. ist nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet, das beworbene Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen. Sie macht nämlich für den Interessenten deutlich, dass patentverletzende Vorrichtungen erhältlich sind. Mangels gegenteiliger Hinweise in der Werbung der Beklagten zu 1. muss davon ausgegangen werden, dass deren Internetwerbung von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher dahin verstanden wird, dass die angepriesene „D“-Schiene über die auf der Internetseite der Beklagten zu 1. angegebenen „zertifizierten Laboratorien“ und/oder Zahnärzte von der Beklagten zu 1. erworben werden kann. Jedenfalls ist die Werbung der Beklagten zu 1. aber dahin zu verstehen, dass die beworbene „D“-Schiene bei den benannten „zertifizierten Laboratorien“ erhältlich ist. Insoweit bezweckt die Offerte der Beklagten zu 1. den Geschäftsabschluss über den schutzrechtsverletzenden Gegenstand mit einem Dritten, was – wie ausgeführt – für ein Angebot im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG genügt.
116Darauf, ob in der Präsentation der angegriffenen Ausführungsform auf der Messe „IDS 2011“ in Köln ebenfalls ein Angebot im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG liegt, womit sich das Landgericht nicht befasst hat, kommt es unter diesen Umständen nicht an.
117b)Zutreffend hat das Landgericht auch festgestellt, dass die Beklagte zu 1. als Mittäterin für die von ihren Vertriebspartnern in Deutschland durchgeführte Herstellung der angegriffenen Ausführungsform haftet.
118Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bei der Herbeiführung der Verletzung (BGH, GRUR 2015, 467, 469 – Audiosignalcodierung; GRUR 2011, 152, 154 – Kinderhochstühle im Internet; GRUR 2012, 1279, 1282 f. – DAS GROSSE RÄTSELHEFT, m. w. Nachw.). Ein solche gemeinschaftliche Tatbegehung hat das Landgericht hier zu Recht bejaht.
119Das Vertriebskonzept der Beklagten zu 1. basiert darauf, dass sie gezielt mit inländischen Kooperationspartnern zusammenarbeitet. Die Beklagte zu 1. liefert das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform benötigte Schraubsystem an in Deutschland ansässige Partnerlabore, bei denen es sich um von ihr „zertifizierte“ Dentallabore handelt. Diese stellen die angegriffene Ausführungsform in Deutschland individuell für jeden Kunden her, indem sie von diesem einen Zahnabdruck nehmen, hiervon ausgehend die beiden Bögen herstellen und diese sodann bestimmungsgemäß mittels des von der Beklagten zu 1. gelieferten Schraubsystems miteinander verbinden. Alles dies ist der Beklagten zu 1. bekannt und dies will sie auch. Die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1. beschränkt sich dabei nicht nur auf die Lieferung des zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform erforderlichen Schraubsystems, sondern die Beklagte stellt ihren Partnerlaboren im Rahmen der Erstbelieferung auch ein sog. Starter-Kit zur Verfügung, das u.a. ein Video zur Herstellung der „D“-Schiene und eine DVD mit allen Werbematerialien umfasst. Außerdem erteilt die Beklagte zu 1. ihren Partnerlaboren eine Fabrikationslizenz als „Zertifiziertes D Labor“, womit sie den Eindruck erweckt, dass es sich bei dem betreffenden Labor um einen von ihr geschulten Kooperationspartner handelt, der über die entsprechenden Mittel und Fähigkeiten zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verfügt. Dass ein Zertifikatinhaber über das notwendige Material und die Kenntnisse für die Herstellung für die Herstellung der „D“-Schiene verfügt, wird in den von der Beklagten zu 1. ausgestellten Zertifikaten auch explizit betont (vgl. Anlage K 15, S. 3). Auf die von ihr zertifizierten Labore weist die Beklagte zu 1. außerdem auf ihrer eigenen Hompage hin (vgl. Anlagen K 17 und K 19), wobei ihre Partnerlabore ihrerseits damit werben, dass sie von der Beklagten zu 1. „zertifiziert“ sind (vgl. Anlage K 15, S. 1). Darüber hinaus erlaubt die Beklagte zu 1. ihren Partnerlaboren die Benutzung ihres eigenen Patents bzw. duldet diese jedenfalls. Die Partnerlabore werben dementsprechend ihrerseits damit, dass sie die „patentierten“ D-Schienen produzieren (Anlage K 15, S. 1). Des Weiteren gestattet die Beklagte zu 1. ihren Kooperationspartnern auch, die in Deutschland hergestellten Vorrichtungen unter der Marke „D“ zu vertreiben (vgl. Anlagen K 15, K 20, K 27), obwohl deren Bögen nicht von ihr stammen. Das gesamte Verhalten der Beklagten und ihrer Partnerlabore stellt sich vor diesem Hintergrund als ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken im Hinblick auf die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland dar.
1202.Der Beklagte zu 2. haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
121a)
122Für die von einer Handelsgesellschaft begangene Patentverletzung hat deren gesetzlicher Vertreter grundsätzlich persönlich einzustehen, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat (Kühnen, a.a.O., Rdnr. 1033). Aufgrund seiner satzungsgemäßen Funktion ist er in der Regel Täter und nicht bloß Gehilfe (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145 – Pelikan; OLG Hamburg, GRUR-RR 2006, 182; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 1033 u. 1038). Er haftet dem Verletzten daher grundsätzlich bei jedweder Schutzrechtsverletzung deliktisch auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz. Dies entspricht jahrzehntelanger, vom für das Patentrecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gebilligter Rechtsprechung des erkennenden Senats und anderer Instanzgerichte. Auch der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist bislang davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer für Wettbewerbsverstöße (BGH, GRUR 2005, 1061, 1064 – Telefonische Gewinnauskunft), Urheberrechtsverletzungen (BGH, GRUR 2009, 841, 842/843 – Cybersky) und Kennzeichenverletzungen (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145, 1148 – Pelikan) der Gesellschaft haftet, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern (vgl. BGH, GRUR 1986, 248, 251 – Sporthosen; BGH, GRUR 2009, 841, 843 – Cybersky; GRUR 2012, 1145, 1148 – Pelikan, m. w. Nachw.). Zwar hat der I. Zivilsenat zwischenzeitlich zum Wettbewerbsrecht (GRUR 2014, 883, 884 – Geschäftsführerhaftung) sowie zum Urheberrecht (Urteil vom 27.11.2014 – I ZR 124/11 – Videospiel-Konsolen II) entschieden, dass an dieser Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden könne. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft soll danach nur bestehen, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, GRUR 2014, 883, 884; Urteil vom 27.11.2014 – I ZR 124/1, Rdnr. 80). Letztere soll sich dabei noch nicht aus der Organstellung des Geschäftsführers und auch nicht aus seiner Kenntnis von der Verletzungshandlung ergeben, es sei denn, es handelt sich um ein Verhalten, das augenscheinlich der Leitungsebene vorbehalten ist. Darüber hinaus kommt nach dieser Rechtsprechung eine zivilrechtliche Haftung nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2014, 883). Danach kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung (nicht hingegen Schadensersatz) in Anspruch genommen werden, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (BGH, Urteil vom 27.11.2014 – I ZR 124/1, Rdnr. 81). Soweit hiernach eine persönliche Haftung des Geschäftsführers nur unter den vorgenannten Voraussetzungen in Betracht kommen soll, vermag der Senat dem jedoch für das Patentrecht nicht beizutreten.
123b)Im Übrigen hat der Beklagte zu 2. hier als Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Beklagten zu 1. nicht nur Kenntnis von den Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. gehabt und nichts zu deren Verhinderung getan, sondern er hat vielmehr auch aktiv an diesen mitgewirkt. Wie die Klägerin in erster Instanz unwidersprochen vorgetragen hat (Schriftsatz vom 11.12.2013, Seite 5 [Bl. 122 GA]), hat nämlich der Beklagte zu 2., der auch Erfinder der angegriffenen Ausführungsform ist (vgl. Deckblatt der Anlagen B 1 und B 2), als Firmengründer das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1. entworfen und er persönlich unterschreibt auch die deutschen Partnerlaboren ausgestellten Zertifikate (Anlage K 15), so dass er selbst entscheidet, mit wem die Beklagte zu 1. bei der Herstellung und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform zusammenarbeitet und wen die Beklagte zu 1. zum Zwecke der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform mit den hierzu notwendigem Verbindungsmechanismus beliefert.
124D.
125Unter Ziffer II. 3. seiner Entscheidungsgründe hat das Landgericht im Einzelnen ausgeführt, dass und weshalb die Beklagten bei dem festgestellten Verletzungstatbestand zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung und zum Schadenersatz verpflichtet sind. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat mit folgenden Maßgaben Bezug:
1261.Die Klagebefugnis der Klägerin betreffend den eingeklagten Unterlassungsanspruch, ergibt sich nach den Grundsätzen der sogenannten gewillkürten Prozessstandschaft, welche sich dadurch auszeichnet, dass der Kläger keinen eigenen Anspruch geltend macht, sondern im eigenen Namen fremde Rechte – nämlich die des Patentinhabers – durchsetzt.
127Voraussetzung einer solchen gewillkürten Prozessstandschaft sind eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung, das auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden kann (st. Rspr., vgl. BGHZ 89, 1, 2 = GRUR 1984, 473; BGHZ 119, 237, 242 = GRUR 1993, 151; BGH, GRUR 1990, 361, 362 – Kronenthaler; NJW 1995, 3186; GRUR 1995, 54, 57 – Nicoline; NJW 1999, 1717 f.; GRUR 2002, 238, 239 – Auskunftsanspruch bei Nachbau; GRUR 2014, 65, 69 – Beuys-Aktion, m. w. Nachw.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
128Die Patentinhaberin hat die Klägerin wirksam zur gerichtlichen Verfolgung des Unterlassungsanspruchs ermächtigt. Die Klägerin hat auch ein eigenes schutzwürdige Interesse an der Geltendmachung des eingeklagten Unterlassungsanspruchs, welches sich daraus ergibt, dass sie nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag (Klageschrift, Seite 8) ausschließlicher Vertriebspartner der Klägerin in Deutschland ist und sie damit ebenfalls patentgemäße Antischnarch-Vorrichtungen vertreibt. Die angestrebte Untersagung des Vertriebs der Konkurrenzprodukte der Beklagten kann die eigene Vertriebsposition der Klägerin verbessern. Darauf, ob die Patentinhaberin der Klägerin eine (einfache) Lizenz am Gegenstand des Klagepatents eingeräumt hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Da – wie bereits ausgeführt – das erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse an der Geltendmachung des Anspruchs auch ein wirtschaftliches Interesse sein kann, reicht es aus, dass die Klägerin das Klagepatent im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit jedenfalls mit Einverständnis der Patentinhaber nutzt (vgl. Senat, Urteil vom 13.03.2008 - I-2 U 75/06).
1292.Gemäß dem von der Klägerin gestellten Berufungsantrag ist der die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten feststellende Tenor zu II. des landgerichtlichen Urteils, welcher nicht zum Ausdruck bringt, dass der Klägerin kein eigener, sondern ein Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht der Patentinhaberin zusteht, dahin anzupassen, dass sich die festgestellte Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auf den Ersatz des der Patentinhaberin entstandenen und noch entstehenden Schadens bezieht. Im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz erfolgte Teil-Klagerücknahme war der Tenor zu II. des landgerichtlichen Urteils ferner zeitlich dahingehend zu beschränken, dass sich die festgestellte Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz erst auf die Zeit seit dem 04.01.2011 bezieht. Entsprechendes gilt für die der Klägerin vom Landgericht ferner zuerkannten Ansprüche auf Rechnungslegung und Auskunftserteilung. Die Umschreibung des Klagepatents von dem früheren Patentinhaber auf die B LLC ist unstreitig am 04.01.2011 erfolgt (vgl. Anlage K 1a). Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die B LLC jedenfalls seit diesem Zeitpunkt materielle Inhaberin des Klagepatents ist. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren) hat die Registereintragung erhebliche indizielle Bedeutung für den Rechtsübergang, der im Verletzungsprozess regelmäßig weiteren Sachvortrag und Beweisantritt des Klägers zum Übertragungsgeschäft entbehrlich macht. Dass die B LLC seit diesem Zeitpunkt materielle Patentinhaberin ist, wird von den Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Die ihr selbst ab dem 04.01.2011 gegen die Beklagten zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung hat die Patentinhaberin der Klägerin mit der Vereinbarung vom 04.12.2012 (Anlage K 1) wirksam abgetreten.
1303.Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten steht der Klägerin gegen die Beklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu.
131In dem anwaltlichen Abmahnschreiben vom 03.08.2011 (Anlage K 11, Seite 2) hat die Klägerin behauptet, sie sei ausschließliche Lizenznehmerin der Patentinhaberin, so dass sie mit der Abmahnung eigene Ansprüche verfolgt hat. Tatsächlich ist die Klägerin als ausschließliche Vertriebspartnerin der Patentinhaberin aber allenfalls einfache Lizenznehmerin. Anders als der ausschließliche Lizenznehmer kann der einfache Lizenznehmer aus eigenem Recht keine Ansprüche aus § 139 PatG geltend machen (vgl. Benkard/Ullmann, PatG/GebrMG, § 15 PatG Rdnr. 101; Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 PatG Rdnr. 17 und 18; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 988 ff.). Dass die Klägerin aus einem anderen Grunde berechtigt ist, einen Unterlassungsanspruch aus dem Klagepatent gegen die Beklagten geltend zu machen und von diesen Schadensersatz zu verlangen, war dem Abmahnschreiben nicht zu entnehmen. Hat die Antragstellerin in ihrem Abmahnschreiben aber unzutreffende Angaben zu ihrer Aktivlegitimation gemacht, liegt keine wirksame Abmahnung vor. Unzutreffende Angaben zur Anspruchsberechtigung nehmen der Abmahnung nämlich ihre Wirksamkeit (Senat, Beschluss vom 21.10.2010 – I-2 W 52/10; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 727). Ob dies auch dann gilt, wenn der Abmahnende objektiv aus einem anderen Grund befugt ist, Ansprüche aus dem Klagepatent gegen den Abgemahnten geltend zu machen, und er dies auch schon im Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung war, kann vorliegend dahinstehen. Eine Prozessführungsermächtigung ist der Klägerin von der Patentinhaberin erst am 12./14.04.2012 erteilt worden und zu diesem Zeitpunkt sind ihr auch erst die Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung abgetreten worden. Die nachträgliche Ermächtigung und Abtretung ist ohne Bedeutung. Denn für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten kommt es darauf an, ob die Abmahnung zu dem Zeitpunkt, in dem sie ausgesprochen worden (genauer: dem Schuldner zugegangen) ist, berechtigt war (BGH, GRUR 2011, 532, 533 – Millionen-Chance II; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 762).
132E.
133Zu einer Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit (§ 148 ZPO) bis zu einer Entscheidung über die von der Beklagten zu 1. nunmehr gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage besteht keine Veranlassung.
1341.
135Wenn das Klagepatent mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls hat es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage entschieden ist (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des Beklagten zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff gegen den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung führen zu können auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein – und gegebenenfalls das einzige – Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznachrichten).
1362.Das lässt sich hier jedoch nicht feststellen, wobei bei der zu treffenden Ermessensentscheidung auch zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte zu 1. ihre Nichtigkeitsklage erst nach Erlass des angefochtenen Urteils erhoben hat.
137a)
138Der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung liegt nicht vor, weil der Gegenstand des Klagepatents nicht über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
139aa)
140Was das Teilmerkmal „in eine feste Vorwärtsposition“ anbelangt, konnte der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann bereits der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen (Figuren 3a und 3 b, 5d sowie 6a bis 6c) entnehmen, dass bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine Vorwärtsposition gezogen wird, in der die Atemwege des Benutzers weiter geöffnet sind, und diese Stellung nur dergestalt aufrechterhalten werden muss, dass der untere Bogen nicht hinter die therapeutisch nützliche Vorwärtsposition zurückfallen darf, weshalb diese Position im Verhältnis zum oberen Bogen „fest“ ist.
141bb)Auch in Bezug auf das Merkmal (3.3) liegt eine unzulässige Erweiterung nicht vor. Dass das Verbindungsstück eingestellt werden kann, während der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist, konnte der Fachmann ebenfalls den ursprünglichen Unterlagen entnehmen. Denn in diesen ist in Bezug auf das in den Figuren 2a bis 2d dargestellte Ausführungsbeispiel ausdrücklich beschrieben (Anlage B 11a, S. 19/20), dass die Einstellung über eine horizontale Schraube (24) erfolgt, die sich von der Vorderseite des Körpers (20) des Verbindungsstücks (16) nach hinten in einen im Verbindungsstück ausgebildeten Kanal (22) erstreckt, um in das Hakenelement (26) einzugreifen. Der Schraubenkopf (25) der horizontalen Schraube (24) kann hierbei durch ein horizontales Loch (43) erreicht werden, das in der Gesichtsplatte (42) gebildet ist. Den in Bezug genommenen Figuren kann der Fachmann unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass das Verbindungsstück auf diese Weise einstellbar ist, wenn der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung sich im Mund eines Benutzers befindet.
142b)Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist neu.
143aa)Die entgegengehaltene WO 95/08AAF (D 1 im Nichtigkeitsverfahren; deutsche Übersetzung Anlage B 11b) ist bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden und dort als nicht neuheitsschädlich eingestuft worden, und zwar zu Recht. Die in der in Bezug genommenen Figur 2d der WO 95/08AAF gezeigte Vorrichtung zur Verhinderung des Schnarchens und zur Verbesserung der Atmung weist in Gestalt ihres am oberen Bogen angeordneten Pfeilers (16) schon kein klagepatentgemäßes „Verbindungsstück“ auf, das den oberen Bogen mit dem unteren Bogen (einstellbar) „verbindet“ (Merkmale (3) und (3.3)). Vielmehr kommt es mittels des besagten Pfeilers (16) lediglich zu einer Berührung der beiden Bögen, d.h. einem losen Anschlag beider Bögen. Soweit die Beklagten geltend machen, dass auch ein loses Anliegen eines Elements an dem unteren Bogen der Lehre des Klagepatents entspreche, und in diesem Zusammenhang auf Unteranspruch 4 sowie das in den Figuren 2a bis 2d gezeigte Ausführungsbeispiel verweisen, kann dem nicht beigetreten werden. Denn bei der in Unteranspruch 4 unter Schutz gestellten und in den vorgenannten Figuren dargestellten Ausführungsform greift der Haken (44) in den unteren Bogen (14) bzw. den an diesem vorgesehenen Befestigungshaken (34) ein (vgl. Abs. [0049], [0050]), so dass die beiden Bögen auch hier miteinander verbunden werden. Diese Verbindung ist lediglich lösbar, da der Haken (44) „entfernbar“ in den unteren Bogen (14) bzw. dessen Befestigungshaken (34) eingreift. Demgegenüber sind die Bögen der in der WO 95/08AAF offenbarten Vorrichtung nicht miteinander verbunden, was zur Folge hat, dass bei dieser Vorrichtung die gewünschte Vorwärtsposition des Unterkiefers verloren gehen kann. Die in der WO 95/08AAF offenbarte Vorrichtung ist zudem nicht so ausgestaltet, dass sie den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine feste Vorwärtsposition „zieht“ (Merkmal (4)), womit – wie ausgeführt – gemeint ist, dass eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird. Bei der in der WO 95/08AAF offenbarten Vorrichtung wird der untere Bogen (14) vielmehr, wenn der obere Bogen über seinen Pfosten an der Halteeinrichtung des unteren Bogens anliegt, bloß von dem oberen Bogen nach vorn „gedrückt“.
144bb)Der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Klagepatents in der erteilten Fassung ist auch neu gegenüber der US 4 382 AAG (D 2; deutsche Übersetzung Anlage B 11c). Die in dieser Druckschrift offenbarte Vorrichtung zur Verbesserung und Korrektur eines Überbisses steht der Neuheit des Gegenstands des Klagepatents zumindest deshalb nicht entgegen, weil bei ihr die untere Schiene bzw. der untere Befestigungsblock im Verhältnis zur oberen Schiene bzw. dem oberen Befestigungsblock nicht nach vorn „gezogen“ wird. Denn auch bei dieser Vorrichtung wird keine Zugkraft auf den unteren Befestigungsblock ausgeübt.
145c)
146Dass sich der Gegenstand von Patentanspruch 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt und daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, vermag der Senat nicht festzustellen. Dagegen spricht bereits, dass weder die WO 95/08AAF noch die US 4 382 AAG das Merkmal (4) offenbaren, weil die in diesen Entgegenhaltungen beschriebenen Vorrichtungen nicht so ausgebildet sind, dass der unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn gezogen wird. Außerdem betrifft die US 4 382 AAG eine dauerhaft im Mund des Patienten bleibende kieferorthopädische Vorrichtung und liegt damit auf einem anderen technischen Gebiet, weshalb eher fernliegend erscheint, dass der Fachmann diese Entgegenhaltung in seine Beurteilung einbezieht.
1473.Damit kommt eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits bis zum Abschluss des das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahrens nicht in Betracht. Das gilt umso mehr, als die Beklagte zu 1. ihre Nichtigkeitsklage erst nach Erlass des landgerichtlichen Urteils erhoben hat. Bei der Ermessensausübung gemäß 148 ZPO ist in einem solchen Fall regelmäßig die Wertung gerechtfertigt, dass eine Aussetzung nur in klaren Fällen veranlasst ist, weil der Verletzter es infolge seines zögerlichen Angriffs gegen das Klageschutzrecht vereitelt hat, dass zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung eine – sonst bereits vorliegende fachkundige – Nichtigkeitsentscheidung Klarheit schafft oder doch zumindest eine vorläufige Stellungnahme der zuständigen Stelle in Gestalt eines Vorbescheides vorliegt. Der Beklagte eines Patentverletzungsrechtsstreits ist zwar nicht gezwungen, das Patent, auf das die Verletzungsklage gestützt ist, mit einer Nichtigkeitsklage anzugreifen. Ihm steht es grundsätzlich frei, ob und zu welchem Zeitpunkt er eine solche Klage erhebt. Entschließt er sich erst relativ spät für eine Nichtigkeitsklage, so kann dies jedoch dazu führen, dass eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits gemäß § 148 ZPO nur noch unter engen Voraussetzungen angeordnet wird (vgl. BGH, GRUR 2012, 93 f. – Klimaschrank; GRUR 2012, 1072 – Verdichtungsvorrichtung; GRUR 2014, 758, 759 – Proteintrennung).
148III.
149Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
150Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
151Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
152X Y Z
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Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die beiden Klägerinnen entwickeln, produzieren und vertreiben Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole "Nintendo DS" und zahlreiche dafür passende Spiele. Für diese Konsole passende Spiele werden auch von der mit den Klägerinnen verbundenen Nintendo of Europe GmbH angeboten. Die Klägerin zu 1 ist Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den Computerprogrammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbildern , die Bestandteil der Videospiele sind. Die Klägerin zu 2 ist ein Tochterunternehmen der Klägerin zu 1. Sie ist berechtigt, die geistigen Eigentumsrechte der Klägerin zu 1 weltweit durchzusetzen.
- 2
- Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo -DS-Konsole passenden Speichermedien, den "Slot-1-Karten" angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole, den "Slot-1", eingesteckt werden. Die Karten verfügen über einen eingebauten Speicher, auf dem die Software sowie die Grafik- und Audiodateien der Spiele gespeichert sind. Auf dem Endkundenmarkt sind keine Geräte erhältlich, mit denen die Karten ausgelesen oder beschrieben werden können. Ohne eine in den "Slot-1" eingesteckte Karte können auf der Konsole keine Spiele geladen und gespielt werden. Die Klägerinnen haben die "Slot-1-Karten" speziell für die Nintendo-DS-Konsole entwickelt, um damit eine Vervielfältigung der Spiele durch den Durchschnittsverbraucher zu verhindern.
- 3
- Die frühere Beklagte zu 1 (nachfolgend Schuldnerin), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 waren und über deren Vermögen im Laufe des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet und der jetzige Beklagte zu 1 (nachfolgend Beklagter zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, bot im Jahr 2008 im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese Adapter sind den "Slot-1-Karten" in Form und Größe genau nachgebildet, damit sie in den "Slot-1" der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicherbaustein ("FlashSpeicher" ). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Kopien von Spielen der Klägerinnen, die von Dritten durch Auslesen der Originalkarten unter Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen erstellt worden sind, auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie Kopien der Spiele aus dem Internet herunter und übertragen diese entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters. Mithilfe der Adapter kann die Nintendo -DS-Konsole auch für eine Vielzahl von Spielen anderer Anbieter genutzt werden.
- 4
- Die Klägerin zu 1 sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG zum Schutz wirksamer technischer Maßnahmen (Schutzmaßnahmen), die ihrerseits dem Schutz urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen dienen. Sie hat daher beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, zu gewerblichen Zwecken in den Kartenschacht der Nintendo-DS-Spielkonsole passende sogenannte "Slot-1-Karten", die über einen internen wiederbeschreibbaren Speicher oder eine Vorrichtung zur Verwendung einer Micro-SDKarte verfügen und geeignet sind, im Internet verfügbare Kopien von NintendoDS -Spielen der Klägerinnen auf einer Nintendo-DS-Konsole abzuspielen, insbesondere die [unter Bezugnahme auf Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten ] "Slot-1-Karten", einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, im Hinblick auf den Verkauf zu bewerben oder zu besitzen.
- 5
- Darüber hinaus erstrebt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, Erteilung von Auskünften und Vernichtung der Karten. Ferner hat sie markenrechtliche Ansprüche gegen die Beklagten erhoben.
- 6
- Die Klägerin zu 2 macht Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten geltend. Sie ist der Ansicht, der Vertrieb der nicht mit der Herstellerangabe und teilweise auch nicht mit der CE-Kennzeichnung versehenen Adapter verstoße gegen Vorschriften der Zweiten Verordnung zum Geräteund Produktsicherheitsgesetz (2. GPSGV - Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug). Sie hat beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, die [unter Bezugnahme auf Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten] "Slot-1Karten" zu Wettbewerbszwecken im geschäftlichen Verkehr anzubieten oder in Verkehr zu bringen, sofern auf den Produkten oder ihrer Verpackung oder einem Etikett oder einem Begleitzettel nicht sichtbar, leserlich und dauerhaft das CE-Kennzeichen, sowie in gleicher Weise der Name oder die Firma und die Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten oder des Einführers in die Europäische Gemeinschaft, angebracht sind.
- 7
- Darüber hinaus begehrt auch sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und die Erteilung von Auskünften.
- 8
- Das Landgericht hat den auf einen Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG gestützten Klageanträgen der Klägerin zu 1 und den auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten Klageanträgen der Klägerin zu 2 im Wege des Teilurteils stattgegeben; über die von der Klägerin zu 1 erhobenen markenrechtlichen Ansprüche hat es mit diesem Urteil nicht entschieden (LG München I, MMR 2010, 341).
- 9
- Die Beklagten haben gegen das Teilurteil des Landgerichts Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Parteien den Antrag der Klägerin zu 1 auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten im Blick darauf, dass die Klägerin zu 1 ihren Schadensersatzanspruch teilweise beziffert und inzwischen vor dem Landgericht die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1 Mio. € beantragt hat, übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat in Abänderung des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin zu 1 einen 1 Mio. € übersteigenden Schaden zu ersetzen haben. Ferner hat es das landgerichtliche Urteil insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen, als die Klägerin zu 2 die Erteilung von Auskünften über Vorbesitzer der Adapter erstrebt hat. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
- 10
- Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Nachdem im Laufe des Revisionsverfahrensdas Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden war, hat der Beklagte zu 1 das Verfahren als Insolvenzverwalter aufgenommen. Die Klägerinnen haben hinsichtlich des Beklagten zu 1 bezogen auf den Unterlassungsantrag den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und bezüglich des Schadensersatzfeststellungsantrags beantragt, dass ein Betrag von einer (weiteren) Million Euro zur Insolvenztabelle festgestellt wird.
- 11
- Mit Beschluss vom 6. Februar 2013 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zur Vorabentscheidung vorgelegt (GRUR 2013, 1035 = WRP 2013, 1355 - Videospiel -Konsolen I): Steht Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG der Anwendung einer Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Vorschrift (hier § 95a Abs. 3 UrhG) entgegen, wenn die in Rede stehende technische Maßnahme zugleich nicht nur Werke oder sonstige Schutzgegenstände, sondern auch Computerprogramme schützt?
- 12
- Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 23. Januar 2014 in einem anderen Vorabentscheidungsverfahren ausgeführt, bei einem Videospiel, das nicht nur aus einem Computerprogramm bestehe, sondern auch - etwa grafische oder klangliche - Bestandteile mit eigenem schöpferischen Wert umfasse, seien die an der Originalität des Werkes teilhabenden Teile des Videospiels zusammen mit dem Gesamtwerk durch das Urheberrecht im Rahmen der mit der Richtlinie 2001/29/EG eingeführten Regelung geschützt (C-355/12, GRUR 2014, 255 Rn. 23 = WRP 2014, 301 - Nintendo/PC Box und 9Net).
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- Der Senat hat im Hinblick auf diese Entscheidung des Gerichtshofs sein Vorabentscheidungsersuchen im vorliegenden Rechtsstreit zurückgenommen.
Entscheidungsgründe:
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- A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin zu 1 auf einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG zum Schutz technischer Maßnahmen gestützten Ansprüche als begründet erachtet; der von der Klägerin zu 2 auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten Klage hat es - bis auf einen Teil des Auskunftsantrags - gleichfalls stattgegeben. Dazu hat es ausgeführt:
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- Die von der Klägerin zu 1 gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Vernichtung der Adapterkarten seien begründet, weil die [frühere] Beklagte zu 1 gegen die Bestimmung des § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG zum Schutz technischer Maßnahmen verstoßen habe. Die konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stelle eine wirksame technische Maßnahme zum Schutz der zugunsten der Klägerin zu 1 urheberrechtlich geschützten Videospiele dar. Karten und Konsolen seien in ihren Abmessungen so aufeinander abgestimmt, dass ausschließlich Nintendo-DS-Karten in die Nintendo-DS-Konsolen passten. Dadurch werde verhindert, dass Videospiele der Klägerin zu 1, die unbefugt aus dem Internet heruntergeladen worden seien, auf den Konsolen abgespielt und damit unbefugt vervielfältigt werden könnten. Die [frühere] Beklagte zu 1 habe die Adapterkarten hauptsächlich entworfen und hergestellt, um diese Schutzmaßnahme zu umgehen. Die Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien bilde den maßgeblichen wirtschaftlichen Anreiz zum Kauf der Adapterkarten. Die rechtmäßigen Einsatzmöglichkeiten der Adapterkarten träten demgegenüber eindeutig in den Hintergrund.
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- Die Klägerin zu 2 sei befugt, Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten wegen Verstoßes gegen das sich aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV ergebende Verbot, Spielzeug - hier die Slot-1-Karten - ohne Herstellerangaben oder CE-Kennzeichnung zu vertreiben, im eigenen Namen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend zu machen. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung über Hersteller, Lieferanten oder andere Vorbesitzer der Karten bestehe allerdings nicht.
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- B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, so- weit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die zuletzt verfolgten Ansprüche der Klägerin zu 1 gegen den Beklagten zu 1 (dazu B I) und die Beklagten zu 2 und 3 (dazu B II) wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG und der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten (dazu B III) wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV begründet sind.
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- I. Die Revision hat hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen den Beklagten zu 1 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG erhobenen Ansprüche Erfolg.
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- 1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ist der Rechtsstreit hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen die Schuldnerin wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG verfolgten Klageanträge auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Vernichtung gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden, da der Rechtsstreit insoweit die Insolvenzmasse betrifft. Der Beklagte zu 1 hat die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Sie ist hinsichtlich der Klageanträge auf Unterlassung und Vernichtung wirksam; ob sie auch hinsichtlich der Klageanträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung wirksam ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären.
- 20
- a) Die Aufnahme eines Rechtsstreits ist auch möglich, wenn dieser - wie im Streitfall - zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Revisionsinstanz anhängig war (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 8 mwN; Urteil vom 18. September 2014 - VII ZR 58/13, NJW-RR 2014, 1512 Rn. 14).
- 21
- b) Hinsichtlich des Unterlassungsantrags konnte der Beklagte zu 1 den Rechtsstreit in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufneh- men. Eine durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Rechtsstreitigkeit gegen den Schuldner kann vom Insolvenzverwalter in entsprechender Anwendung der unmittelbar für Masseverbindlichkeiten geltenden Regelung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufgenommen werden, wenn sie einen gegen den Insolvenzschuldner gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts oder wegen eines Wettbewerbsverstoßes betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - I ZR 158/07, BGHZ 185, 11 Rn. 20 bis 29 - Modulgerüst II). Entsprechendes gilt für den gegen die Schuldnerin gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des § 95a Abs. 3 UrhG.
- 22
- c) Bezüglich des Vernichtungsantrags konnte der Beklagte zu 1 den Rechtsstreit nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufnehmen. Der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Insolvenzschuldnerin anhängige Rechtsstreit betrifft insoweit die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 27 - Modulgerüst
II).
- 23
- d) Ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 auch hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wirksam ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären.
- 24
- aa) Ein Passivprozess, mit dem die Insolvenzmasse in Anspruch genommen wird, kann vom Gläubiger nur unter den besonderen, im Falle des hier in Rede stehenden Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 InsO ohne weiteres aufgenommen werden. Im Übrigen können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO). Trotz des bereits anhängigen Rechtsstreits muss der Insolvenzgläubiger deshalb seine Forderung zunächst nach § 174 InsO zur Insolvenztabelle anmelden. Die Forderung muss sodann in einem Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht oder im schriftlichen Verfahren geprüft werden (§ 29 Abs. 1 Nr. 2, § 176 f. InsO). Wenn der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger der Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren widerspricht, kann der Gläubiger den anhängigen Rechtsstreit mit dem Ziel der Feststellung der Forderung zur Tabelle aufnehmen (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO). Liegt, wie im Streitfall, für die Forderung bereits ein Endurteil vor, obliegt die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits dem Bestreitenden (§ 179 Abs. 2 InsO). Bleibt dieser untätig, ist der Gläubiger zur Aufnahme befugt (BGHZ 195, 233 Rn. 7 mwN; BGH, Urteil vom 3. Juli 2014 - IX ZR 261/12, NJW-RR 2014, 1270 Rn. 9). Die Durchführung des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens dient dem Interesse der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. Durch das Verfahren der Anmeldung und Prüfung soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich an der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Begründetheit der Forderung zu beteiligen, zumal die gerichtliche Feststellung gegenüber allen Insolvenzgläubigern wirkt (§ 183 Abs. 1 InsO). Aus diesem Grund ist das Erfordernis des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens nicht abdingbar. Es handelt sich um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung sowohl im Falle einer neu erhobenen Feststellungsklage als auch bei der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits (BGH, NJW-RR 2014, 1270 Rn. 10 mwN).
- 25
- bb) Mangels entsprechenden Sachvortrags der Parteien kann der Senat nicht beurteilen, ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nach diesen Maßstäben wirksam ist. Die Parteien haben nicht vorgetragen, ob die Klägerin zu 1 ihre entsprechende Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat und ob diese Forderung nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geprüft worden ist. Die Prüfung der Forderung nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte zu 1 die Forderung im vorliegenden Rechtsstreit bestreitet. Der Zweck, den übrigen Insolvenzgläubigern eine Beteiligung zu ermöglichen, kann nur durch eine förmliche Durchführung des Prü- fungsverfahrens vor dem Insolvenzgericht erreicht werden (BGH, NJW-RR 2014, 1270 Rn. 12).
- 26
- cc) Da die Frage der Wirksamkeit der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz erörtert worden ist, ist den Parteien im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit zum Vortrag zu geben, ob das insolvenzrechtliche Feststellungsverfahren durchgeführt worden ist.
- 27
- e) Dem entsprechend ist auch hinsichtlich des Antrags auf Auskunftserteilung im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären, ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 wirksam ist. Mit diesem Antrag verfolgt die Klägerin zu 1 einen Auskunftsanspruch, der als Hilfsanspruch der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs dient. Als Hilfsanspruch teilt der Auskunftsanspruch den rechtlichen Charakter des Hauptanspruchs als Insolvenzforderung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VIII ZR 176/65, BGHZ 49, 11, 13 ff.; Urteil vom 2. Juni 2005 - IX ZR 221/03, NJW-RR 2005, 1714, 1715; BGHZ 185, 11 Rn. 31 - Modulgerüst II; MünchKomm.InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 46). Da der Hilfsanspruch das rechtliche Schicksal des Hauptanspruchs teilt, setzt die wirksame Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich des Auskunftsanspruchs voraus, dass die Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs wirksam ist.
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- 2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG, den die Klägerin zu 1 ursprünglich gegen die Schuldnerin erhoben und im Blick auf die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 einseitig für erledigt erklärt hat, begründet war und durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist.
- 29
- a) Die Erledigung der Hauptsache kann vom Kläger auch im Revisionsverfahren einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll - wie hier der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 40 - Modulgerüst II) - als solches außer Streit steht. Zu prüfen ist, ob die Klage bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das der Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen ; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - I ZR 84/01, GRUR 2004, 349 = WRP 2004, 496 - Einkaufsgutschein II; Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 168/06, GRUR 2010, 57 Rn. 15 = WRP 2010, 123 - Scannertarif). Der Unterlassungsantrag war zwar bis zum fraglichen Zeitpunkt zulässig (dazu B II 2 b). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt werden, ob er bis dahin auch begründet war (dazu B II 2 c) und - gegebenenfalls - durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist (dazu B II 2 d).
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- b) Der Unterlassungsantrag war bis zum Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter zulässig; insbesondere war er hinreichend bestimmt.
- 31
- aa) Ein Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013 Rn. 12 = WRP 2014, 75 - Restwertbörse II, mwN).
- 32
- bb) Der hier in Rede stehende Unterlassungsantrag war nach diesen Maßstäben hinreichend deutlich gefasst.
- 33
- (1) Mit diesem Antrag wollte die Klägerin zu 1 der Schuldnerin untersagen lassen, zu gewerblichen Zwecken in den Kartenschacht der Nintendo-DSSpielkonsole passende sogenannte "Slot-1-Karten", die über einen internen wiederbeschreibbaren Speicher oder eine Vorrichtung zur Verwendung einer Micro-SD-Karte verfügen und geeignet sind, im Internet verfügbare Kopien von Nintendo-DS-Spielen der Klägerinnen auf einer Nintendo-DS-Konsole abzuspielen , insbesondere die unter Bezugnahme auf die Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten "Slot-1-Karten", einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, im Hinblick auf den Verkauf zu bewerben oder zu besitzen.
- 34
- (2) Dieser Antrag war entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb unbestimmt, weil offen geblieben wäre, welche Nintendo-DS-Spiele im Einzelnen erfasst sein könnten. Es waren damit ersichtlich nicht nur einzelne, sondern sämtliche Nintendo-DS-Spiele gemeint und zwar auch solche, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung im Internet verfügbar sein würden.
- 35
- (3) Der Antrag war nicht etwa deshalb unbestimmt, weil er - wie die Revision geltend macht - Nintendo-DS-Spiele umfasst, die die Klägerinnen zwar hergestellt haben, an denen sie aber keine Verwertungsrechte besitzen, weil sie die Spiele im Auftrag von Dritten entwickelt haben. Mit den "Nintendo-DSSpielen der Klägerinnen" sind nur die von den Klägerinnen hergestellten Spiele gemeint, an denen die Klägerin zu 1 die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besitzt. Das ergibt sich daraus, dass die Klägerin zu 1 die Beklagten als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbil- dern wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG auf Unterlassung in Anspruch nimmt.
- 36
- (4) Der Unterlassungsantrag ist nicht deshalb unbestimmt, weil die im Insbesondere-Teil zur näheren Bezeichnung der Adapterkarten in Bezug genommenen Anlagen K 1 bis K 12 sich nicht bei den Gerichtsakten befanden. Die Anlagen K 1 bis K 12 befinden sich - jedenfalls mittlerweile wieder - bei den Gerichtsakten. Die Klägerinnen haben diese Anlagen mit der Revisionserwiderung noch einmal zu den Gerichtsakten gereicht. Die Beklagten haben nicht geltend gemacht, dass es sich dabei nicht um die im Unterlassungsantrag in Bezug genommenen Anlagen handelt. Die Revision weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Anlagen K 1 bis K 12 nicht körperlich mit der Urschrift des landgerichtlichen Urteils oder des Berufungsurteils verbunden sind. Grundsätzlich muss sichergestellt werden, dass der Urteilsausspruch bei Erlass des Urteils inhaltlich bestimmt ist. Aus diesem Grund muss der Urteilsausspruch in aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner Begründung bestimmbar sein. Daraus folgt, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist. Nur in besonders gelagerten Fällen können bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Urteilsspruchs aufzustellen sind, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes oder der Vermeidung eines unangemessenen Aufwands mit abzuwägen sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1999 - I ZR 117/97, BGHZ 142, 388, 390 bis 393 - Musical-Gala). Für einen solchen Ausnahmefall ist bei der überschaubaren Anzahl von Anlagen nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht wird die Anlagen daher, soweit es auf sie zur Auslegung der Urteilsformel bei der erneuten Entscheidung ankommt, zum Urteil zu nehmen haben.
- 37
- (5) Die Revision macht vergeblich geltend, aus dem Unterlassungstenor des Berufungsurteils sei nicht ersichtlich, dass die hier in Rede stehende Unter- lassungspflicht der Schuldnerin nur gegenüber der Klägerin zu 1 und nicht auch gegenüber der Klägerin zu 2 besteht. Es genügt, dass sich dies eindeutig aus den zur Auslegung des Unterlassungstenors heranzuziehenden Entscheidungsgründen , den in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen Klageanträgen und den auf den Unterlassungstenor bezogenen Urteilsaussprüchen zur Feststellung der Schadensersatzpflicht und zur Auskunftserteilung ergibt.
- 38
- c) Aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag bis zum fraglichen Zeitpunkt (Insolvenzeröffnung) begründet war.
- 39
- aa) Gemäß § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG sind (unter anderem) die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf, die Werbung im Hinblick auf den Verkauf und der gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteilen verboten, die hauptsächlich entworfen oder hergestellt werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Inhaber von Rechten an urheberrechtlich geschützten Werken oder anderen urheberrechtlich geschützten Schutzgegenständen (BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn. 14 bis 16 = WRP 2008, 1149 - Clone-CD). Wer gegen diese Bestimmung verstößt kann daher vom Rechtsinhaber bei Wiederholungsgefahr gemäß § 1004 Abs. 1 BGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGH, GRUR 2013, 1035 Rn. 11 - Videospiel-Konsolen I). Dabei begründet eine Rechtsverletzung die Vermutung der Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 33 - Clone-CD).
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- bb) Die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG ist anwendbar. Demsteht nicht entgegen, dass die Videospiele nicht nur aus Sprach-, Musik-, Lichtbildund Filmwerken sowie Laufbildern, sondern auch aus Computerprogrammen bestehen und die Vorschriften der §§ 95a bis 95d UrhG gemäß § 69a Abs. 5 UrhG auf Computerprogramme keine Anwendung finden.
- 41
- (1) Die Regelung des § 69a Abs. 5 UrhG dient der Umsetzung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchst. a lässt diese Richtlinie die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den rechtlichen Schutz von Computerprogrammen unberührt und beeinträchtigt sie in keiner Weise. Gemäß Erwägungsgrund 50 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/EG sollte ein gemäß Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG harmonisierter Rechtsschutz technischer Maßnahmen insbesondere nicht auf den Schutz der in Verbindung mit Computerprogrammen verwendeten technischen Maßnahmen Anwendung finden, der ausschließlich in der Richtlinie 91/250/EWG - sie ist mittlerweile durch die Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen kodifiziert worden - behandelt wird.
- 42
- (2) Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 6. Februar 2013 die sich im Hinblick auf diese Regelungen stellende Frage vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG der Anwendung einer Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Vorschrift (hier § 95a Abs. 3 UrhG) entgegensteht, wenn die in Rede stehende technische Maßnahme zugleich nicht nur Werke oder sonstige Schutzgegenstände, sondern auch Computerprogramme schützt (BGH, GRUR 2013, 1035 Rn. 20 - Videospiel-Konsolen I).
- 43
- Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 23. Januar 2014 in einem anderen Vorabentscheidungsverfahren ausgeführt, bei einem Videospiel, das nicht nur aus einem Computerprogramm bestehe, sondern auch - etwa grafische oder klangliche - Bestandteile mit eigenem schöpferischem Wert umfasse, seien die an der Originalität des Werkes teilhabenden Teile des Videospiels zusammen mit dem Gesamtwerk durch das Urheberrecht im Rahmen der mit der Richtlinie 2001/29/EG eingeführten Regelung geschützt (EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 23 - Nintendo/PC Box und 9Net).
- 44
- Danach sind wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines Videospiels , das aus einem Computerprogramm und aus anderen urheberrechtlich geschützten Werken besteht, (auch) nach Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG und der diese Bestimmung ins nationale Recht umsetzenden Regelung des § 95a UrhG geschützt.
- 45
- cc) Die Klägerin zu 1 war als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbildern berechtigt, den von ihr erhobenen Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG geltend zu machen.
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- dd) Die konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stellt - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - eine wirksame technische Maßnahme im Sinne von § 95a Abs. 2 und 3 Nr. 3 UrhG dar.
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- (1) Technische Maßnahmen sind (unter anderem) Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, Handlungen zu verhindern , die geschützte Werke oder andere nach dem Urheberrechtsgesetz geschützte Schutzgegenstände betreffen und die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind (§ 95a Abs. 2 Satz 1 UrhG; Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2001/29/EG). Technische Maßnahmen sind (unter anderem) wirksam, soweit der Rechtsinhaber mit ihrer Hilfe die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Gegenstandes durch einen Mechanismus kontrolliert, der die Erreichung des Schutzziels si- cherstellt (§ 95a Abs. 2 Satz 2 UrhG, Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/EG).
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- (2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind aufgrund ihrer Abmessungen ausschließlich die "Slot-1-Karten" mit dem "Slot-1-Schacht" der Konsolen kompatibel und können damit ausschließlich die auf den originalen "Slot-1-Karten" vertriebenen Spiele der Klägerin zu 1 auf der Nintendo-DSKonsole gespeichert und gespielt werden. Dadurch, dass Karten und Konsolen in ihren Abmessungen so aufeinander abgestimmt sind, dass ausschließlich Nintendo-DS-Karten in die Nintendo-DS-Konsolen passen, wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verhindert, dass Videospiele der Klägerin zu 1, die unbefugt aus dem Internet heruntergeladen worden sind, auf den Konsolen abgespielt und damit unbefugt vervielfältigt werden können.
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- (3) Eine solche technische Maßnahme, die zum Teil in die physischen Träger der Videospiele und zum Teil in die Konsolen integriert ist und eine Interaktion zwischen beiden Teilen erfordert, fällt unter den Begriff der "wirksamen technischen Maßnahmen" im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG, wenn sie - wie im Streitfall - bezweckt, Handlungen zu verhindern oder zu beschränken, die durch die Richtlinie geschützte Rechte des Betroffenen verletzen (EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 26 bis 28 - Nintendo/PC Box und 9Net). Sie stellt daher auch eine "wirksame technische Maßnahme" im Sinne der Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Regelung des § 95a Abs. 2 UrhG dar.
- 50
- ee) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die von den Beklagten vertriebenen Adapterkarten seien im Sinne von § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG hauptsächlich zu dem Zweck entworfen und hergestellt worden, die wirksamen technischen Maßnahmen zu umgehen.
- 51
- (1) Die Beurteilung, ob Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile (nachfolgend Vorrichtungen) "hauptsächlich" zum Zweck der Umgehung technischer Maßnahmen entworfen oder hergestellt worden sind, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Sie kann im Revisionsverfahren daher nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, den Tatsachenstoff vollständig ausgeschöpft hat und ohne Widerspruch zu Denkgesetzen und Erfahrungssätzen geurteilt hat. Das ist hier der Fall.
- 52
- (2) Bei der Beurteilung, ob Vorrichtungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG - und damit auch im Sinne von § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG - hauptsächlich für den Zweck entworfen oder hergestellt worden sind, die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen , kommt es insbesondere darauf an, in welcher Weise diese Vorrichtungen von Dritten tatsächlich verwendet worden sind (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 34 bis 36 - Nintendo/PC Box und 9Net). Die dem Entwurf oder der Herstellung solcher Vorrichtungen zugrunde liegenden Absichten des Entwerfers oder Herstellers sind demnach nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es entscheidend auf die objektive Zweckbestimmung dieser Vorrichtungen an, die sich in ihrer tatsächlichen Verwendung zeigt. Es ist daher nicht maßgeblich, ob und inwieweit diese Vorrichtungen auch für andere Zwecke verwendet werden können, wenn sie tatsächlich vor allem zur Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen verwendet worden sind.
- 53
- (3) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts - ohne Rechtsfehler angenommen , dass die in Rede stehenden Adapter hauptsächlich zum Zweck der Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen entworfen und hergestellt worden sind. Die Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien bildet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den maßgeblichen wirtschaftlichen Anreiz zum Kauf der Adapter; die legalen Einsatzmöglichkeiten der Adapter treten demgegenüber eindeutig in den Hintergrund.
- 54
- Die Revision macht vergeblich geltend, die Beklagten hätten niemals damit geworben, dass die Adapterkarten unzulässige Raubkopien von Videospielen der Klägerinnen abspielen könnten; aus den Anlagen K 1 bis K 9 ergebe sich vielmehr, dass die Beklagten mit der Abspielbarkeit zulässiger Drittentwicklungen geworben hätten. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob die Werbung der Beklagten für die Adapterkarten - wie das Berufungsgericht angenommen hat - gezielt auf die in wirtschaftlicher Hinsicht allein lukrative Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien abgestellt hat. Das Verbot der Verbreitung, des Verkaufs und der Werbung für den Kauf von Adapterkarten ist nicht darauf gestützt, dass diese Gegenstand einer Werbung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen waren (§ 95a Abs. 3 Nr. 1 UrhG; Art. 6 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2001/29/EG). Es ist vielmehr darauf gestützt, dass diese Adapterkarten - nach ihrer objektiven Zweckbestimmung - hauptsächlich entworfen oder hergestellt waren, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG; Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG).
- 55
- Die Revision macht - auch unter Hinweis auf die Anlagen BK 1 bis BK 3 - ohne Erfolg geltend, es habe 1.143 Spiele und 638 andere Programme gegeben , die auf der Konsole verwendet werden konnten; darüber hinaus habe es Drittentwicklungen gegeben, die eine Nutzung der Konsole als internetfähiges Gerät ermöglicht und insbesondere den Zugriff auf Facebook und Twitter sowie die Nutzung als MP3-Player, Kalender und Organizer gestattet hätten. Für die Frage, ob die in Rede stehenden Adapter hauptsächlich zum Zweck der Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen entworfen und hergestellt worden sind, ist es - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - unerheblich , ob mit Hilfe der Adapter zahlreiche von Drittanbietern entwickelte Anwen- dungen ohne Rechtsverstoß auf der Konsole zum Einsatz gebracht werden könnten. Entscheidend ist, dass die Adapterkarten - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat - nach der Lebenserfahrung tatsächlich vor allem dafür verwendet werden, Raubkopien von Videospielen der Klägerinnen auf der Konsole abzuspielen.
- 56
- ff) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen zur der Frage getroffen, ob der Einsatz der technischen Schutzmaßnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt.
- 57
- (1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner Entscheidung vom 23. Januar 2014 ausgeführt, der Rechtsschutz gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen im Sinne von Art. 6 der Richtlinie2001/29/EG müsse den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Rechtsschutz werde daher nur für technische Maßnahmen gewährt, die das Ziel verfolgten, die vom Inhaber eines Urheberrechts nicht genehmigte Vervielfältigung, öffentliche Wiedergabe oder öffentliche Zugänglichmachung von Werken oder die Verbreitung des Originals eines Werkes und seiner Vervielfältigungsstücke zu verhindern oder zu unterbinden. Die Maßnahmen müssten zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet sein und dürften nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen. In diesem Zusammenhang müsse geprüft werden, ob andere Maßnahmen zu geringeren Beeinträchtigungen oder Beschränkungen der Handlungen Dritter, für die es keiner Genehmigung des Inhabers der Urheberrechte bedürfe, hätten führen können, dabei aber einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen geboten hätten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 30 bis 33 - Nintendo/PC Box und 9Net).
- 58
- (2) Das Berufungsgericht, dessen Urteil vor der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache "Nintendo/PC Box und 9Net" ergangenen ist, hat nicht geprüft, ob die in der konkreten Ausgestaltung der von den Klägerinnen herge- stellten Karten und Konsolen liegende wirksame technische Maßnahme zum Schutz der in den Videospielen enthaltenen urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen diesen Anforderungen genügt. Die von den Klägerinnen eingesetzte technische Maßnahme verfolgt allerdings das Ziel, eine von der Klägerin zu 1 als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte nicht genehmigte Vervielfältigung der Videospiele zu verhindern. Sie ist auch zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass die hier in Rede stehende technische Maßnahme nicht über das hinausging, was zur Verwirklichung des Ziels erforderlich war, ein unbefugtes Vervielfältigen von Videospielen der Klägerin zu 1 auf Nintendo-DS-Konsolen zu verhindern. Es hat nicht geprüft, ob die Videospiele - wie die Beklagten geltend gemacht haben - durch eine Verschlüsselung der Spieldaten vor einer unbefugten Vervielfältigung auf den Konsolen hätten geschützt werden können und damit ein Abspielen zulässiger Drittentwicklungen auf den Konsolen möglich geblieben wäre. Es hat weiter nicht festgestellt, dass eine Verschlüsselung der Spieldaten nicht zu einem vergleichbaren Schutz für die Videospiele geführt hätte wie die konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen nach dem "Schlüssel-Schloss-Prinzip". Davon kann nicht allein deshalb ausgegangen werden, weil es Dritten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts möglich war, von der Klägerin zum Schutz ihrer Videospiele ergriffene elektronische Kopierschutzmaßnahmen zu umgehen und rechtswidrig Kopien dieser Spiele durch Auslesen der Originalkarten herzustellen und im Internet anzubieten, die mit Hilfe der von den Beklagten angebotenen Adapter auf der Konsole verwendet werden konnten.
- 59
- gg) Da die Schuldnerin die Adapter verbreitet, verkauft und im Hinblick auf den Verkauf beworben hat, hätte sie wegen eines Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG als Täter auf Unterlassung dieser Verhaltensweisen gehaftet. Die Revision macht jedoch mit Erfolg geltend, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kein Verbot der Einfuhr oder des Besitzes von Adap- terkarten getragen hätten. Allein daraus, dass die Schuldnerin, die selbst keine Adapterkarten herstellt, die Adapterkarten in ihrem Onlineshop zum Kauf angeboten hat, folgt nicht, dass sie die Adapterkarten eingeführt oder besessen hat.
- 60
- d) Es kann auch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag - unterstellt er war begründet - durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbegründet geworden ist. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch setzt das Bestehen einer Begehungsgefahr voraus. Eine durch einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG in ihrer Person begründete Wiederholungsgefahr wäre dem Beklagten zu 1 nicht zuzurechnen (dazu B I 2 e aa). Feststellungen dazu, ob in der Person des Beklagten zu 1 eine Wiederholungsgefahr (dazu B I 2 e bb) oder Erstbegehungsgefahr (dazu B I 2 e cc) besteht, sind bislang nicht getroffen.
- 61
- aa) Ein unterstellter Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG begründet zwar in ihrer Person eine Wiederholungsgefahr. Diese ist jedoch nicht auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter übergegangen. Die Wiederholungsgefahr ist ein tatsächlicher Umstand, der nach den Verhältnissen in der Person des in Anspruch Genommenen zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Rechtsvorgänger die Wiederholungsgefahr durch eigenes Verhalten begründet hat, sondern auch, wenn der Rechtsverstoß durch Organe des Rechtsvorgängers oder Mitarbeiter seines Unternehmens begangen worden ist (BGH, Urteil vom 26. April 2007 - I ZR 34/05, BGHZ 172, 165 Rn. 11 - Schuldnachfolge ; Urteil vom 3. April 2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 39 = WRP 2008, 1434 - Schuhpark). Rechtsverstöße des Insolvenzschuldners, seiner Organe, Mitarbeiter oder Beauftragten begründen daher in der Person des Insolvenzverwalters selbst dann keine Wiederholungsgefahr, wenn dieser den Betrieb des Insolvenzschuldners fortführt. Der Insolvenzverwalter übt als Partei kraft Amtes die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse im eigenen Namen aus (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 40 - Modulgerüst II, mwN).
- 62
- bb) Da erst im Laufe des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, konnte das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu treffen, ob der Beklagte zu 1 die in Rede stehenden Adapterkarten eingeführt, verbreitet, verkauft oder im Hinblick auf den Verkauf beworben oder besessen hat und damit in seiner Person die Vermutung der Wiederholungsgefahr begründet ist.
- 63
- cc) Es kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass bei dem Beklagten zu 1 eine Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf zukünftige Verletzungshandlungen besteht. Von einem auf Erstbegehungsgefahr gestützten vorbeugenden Unterlassungsanspruch ist nur auszugehen, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 8 = WRP 2009, 1139 - Cybersky, mwN). Das Berufungsgericht konnte insoweit keine Feststellungen treffen. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1 das vorliegende Verfahren als Insolvenzverwalter aufgenommen hat und der Klage entgegengetreten ist, ist kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass er den Vertrieb der Adapter in naher Zukunft aufnimmt.
- 64
- 3. Das Berufungsgericht hat - unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts - angenommen, die Klägerin zu 1 habe gemäß § 98 Abs. 1 UrhG einen Anspruch darauf, dass die Beklagten die in ihrem Besitz befindlichen Adapterkarten vernichten. Diese Annahme hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 65
- a) Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 kann derjenige, der das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden. Diese Bestimmung ist gemäß § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen anzuwenden , die vorwiegend zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke gedient haben.
- 66
- b) Die gemäß Artikel 10 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I S. 1191) am 1. September 2008 in Kraft getretene Bestimmung des § 98 UrhG zielt auf die Beseitigung andauernder Verletzungen und ist daher auf Verletzungshandlungen anwendbar, die vor dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens begangen worden sind (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 98 UrhG Rn. 2).
- 67
- c) Der von der Klägerin zu 1 erhobene Anspruch auf Vernichtung der Adapterkarten ist schon deshalb nicht begründet, weil ein - unterstellter - Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG weder das Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht verletzt hat.
- 68
- Bei der Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG handelt es sich zwar um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB zugunsten der Inhaber von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten, die wirksame technische Maßnahmen zum Schutz ihrer urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen einsetzen (BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 14 bis 16 - Clone-CD). Die Regelung begründet jedoch weder ein Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht dieser Rechtsinhaber (Dreyer in Dreyer /Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 43; Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 95a UrhG Rn. 52; Lindhorst in Möhring/Nicolini, Urheberrecht , 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 23.1.; Schmidl/Lickleder in Büscher /Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 34; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 321, 323; aA Wandtke/Ohst in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 95a UrhG Rn. 88 und 90; Götting in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 95a UrhG Rn. 40; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 5; Peukert in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., § 82 Rn. 6; Arnold/Timmann, MMR 2008, 286, 288 f.; offen gelassen in BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 12 - Clone-CD, mwN zu beiden Ansichten). Zu den anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG zählen nur absolute Rechte (BT-Drucks. IV/270, S. 103; Wild in Schricker/Loewenheim aaO § 97 UrhG Rn. 3; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97 UrhG Rn. 8; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 3; v. Wolff in Wandtke/Bullinger aaO § 97 UrhG Rn. 4; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 97 Rn. 1; Reber in Möhring/Nicolini aaO § 97 UrhG Rn. 2). Die Bestimmung des § 95a UrhG schafft jedoch kein absolutes Recht, sondern regelt lediglich Verhaltenspflichten , die unmittelbar dem Schutz technischer Maßnahmen und mittelbar dem Schutz der durch diese technischen Maßnahmen urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen dienen. Ein Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG verletzt daher weder das Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
- 69
- d) Der von der Klägerin zu 1 erhobene Anspruch auf Vernichtung der Adapterkarten ist ferner deshalb nicht nach § 98 Abs. 1 UrhG begründet, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Adapterkarten weder um Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt noch um Vorrichtungen im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, die zur Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke gedient haben.
- 70
- aa) Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass es möglich ist, Kopien der zugunsten der Klägerin zu 1 urheberrechtlich geschützten Videospiele aus dem Internet herunterzuladen und diese entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters zu übertragen. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass auf den von der Beklagten zu 1 angebotenen Adapterkarten bereits Videospiele der Klägerinnen in dieser Weise unbefugt gespeichert waren. Bei diesen Adapterkarten handelt es sich danach nicht um Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
- 71
- bb) Die Adapterkarten sind aber auch keine Vorrichtungen im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, die zur Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke gedient haben. Auf Speichermedien, die noch nicht zur Vornahme von Vervielfältigungen verwendet worden sind - wie die von den Beklagten angebotenen Adapterkarten - ist diese Bestimmung nicht anwendbar, da solche Leermedien nicht der Herstellung von Vervielfältigungstücken "gedient haben", sondern allenfalls zukünftig dienen können (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 98 UrhG Rn. 20; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 98 Rn. 13; Wild in Schricker /Loewenheim aaO § 98 UrhG Rn. 11).
- 72
- Eine entsprechende Anwendung von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG auf Vorrichtungen , die lediglich dazu bestimmt sind, zur Herstellung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke verwendet zu werden, kommt auch unter Berücksichtigung des mit der Neuregelung verfolgten Zwecks, die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums zu verbessern, nicht in Betracht (aA Bohne in Wandtke/Bullinger aaO § 98 UrhG Rn. 32), da keine Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke bestehen.
- 73
- Nach § 99 UrhG aF, der Vorgängerregelung des § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, konnte der Verletzte die Vernichtung von im Eigentum des Verletzers stehenden, ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur rechtswidrigen Her- stellung von Vervielfältigungsstücken benutzten oder bestimmten Vorrichtungen verlangen. Mit § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG ist Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums insoweit wörtlich ins deutsche Recht umgesetzt worden, als der Vernichtungsanspruch nunmehr voraussetzt, dass die Vorrichtungen "vorwiegend" zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke "gedient haben". Es kann daher nicht angenommen werden, es widerspreche dem Regelungsplan des Gesetzes, dass die Neuregelung keinen Anspruch auf Vernichtung von Vorrichtungen vorsieht, die lediglich dazu bestimmt sind, zur Herstellung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke verwendet zu werden.
- 74
- II. Die Revision hat auch hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen die Beklagten zu 2 und 3 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG erhobenen Ansprüche Erfolg.
- 75
- 1. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts angenommen, die Beklagten zu 2 und 3 hafteten als Geschäftsführer für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG, weil die Eignung und Bestimmung der Adapter zur Umgehung der Kopierschutzmaßnahmen der Klägerin zu 1 offensichtlich gewesen sei und die Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführer der Schuldnerin sowohl tatsächlich als auch rechtlich die Möglichkeit gehabt hätten, die Zuwiderhandlungen abzustellen.
- 76
- 2. Diese Beurteilung hält einer Nachprüfung schon deshalb nicht stand, weil mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a UrhG nicht bejaht werden kann (vgl. oben Rn. 38 bis
59).
- 77
- 3. Darüber hinaus kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführer der Schuldnerin nicht bejaht werden.
- 78
- a) Nach der vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 26. September 1985 - I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 251 - Sporthosen) haftet der Geschäftsführer allerdings für Wettbewerbsverstöße (vgl. Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061, 1064 = WRP 2005, 1501 - Telefonische Gewinnauskunft), Urheberrechtsverletzungen (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 14 f. und 18 - Cybersky) und Kennzeichenverletzungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 36 = WRP 2012, 1392 - Pelikan) der Gesellschaft, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern.
- 79
- Der Bundesgerichtshof hat jedoch - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass an dieser Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden kann (BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 15 - Geschäftsführerhaftung).
- 80
- Die Frage, ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 13 - Geschäftsführerhaftung, mwN). Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht danach nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 17 - Geschäftsführerhaftung, mwN).
- 81
- Darüber hinaus kommt eine zivilrechtliche Haftung für die deliktische Handlung eines Dritten nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2014, 883 Rn. 11 - Geschäftsführerhaftung, mwN). Danach kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in ir- gendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Als Beitrag zur Verletzung des geschützten Rechts kann die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 22 - Bear-Share, mwN). Ein Störer haftet danach - anders als ein Täter oder Teilnehmer - nur bei einer Verletzung absoluter Rechte und nicht bei einer Verletzung bloßer Verhaltenspflichten. Er haftet ferner nur auf Unterlassung und nicht auf Schadensersatz. Ein Geschäftsführer kann bei einer Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft danach persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt.
- 82
- b) Nach diesen Grundsätzen ist auch die Frage zu beurteilen, ob die Beklagten zu 2 und 3 für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 823 Abs. 2 BGB, § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG als deren Geschäftsführer persönlich haften.
- 83
- aa) Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder Teilnehmer auf Unterlassung und Schadensersatz für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 823 Abs. 2 BGB, § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG kommt nur in Betracht, wenn sie an diesem Verstoß durch positives Tun beteiligt waren oder wenn sie diesen Verstoß aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätten verhindern müssen. Die schlichte Kenntnis von Rechtsverletzungen scheidet als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass die Rechtsverletzung auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. Dazu rechnen Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu 2 und 3 hätten den Verstoß gekannt und nicht verhindert, genügt danach für sich genommen nicht, um eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder Teilnehmer zu bejahen. Dazu, ob der beanstandete Vertrieb der Slot-1-Karten durch die Schuldnerin auf einer typischerweise auf Geschäftsführerebene zu treffenden Entscheidung beruht, hat das Berufungsgericht nichts festgestellt.
- 84
- bb) Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer auf Unterlassung für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG käme nur in Frage, wenn die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG nicht nur eine Verhaltenspflicht aufstellte, sondern ein absolutes Recht enthielte (aA Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 95a Rn. 51). Das ist jedoch nicht der Fall (vgl. oben Rn. 67 f.).
- 85
- III. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht der auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gestützten Klage der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung - bis auf einen Teil des Auskunftsantrags - stattgegeben hat.
- 86
- 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin zu 2 sei berechtigt, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV geltend zu machen, hält einer Nachprüfung nicht stand.
- 87
- a) Eine gewillkürte Prozessstandschaft setzt eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung voraus, wobei dieses Interesse auch wirtschaftlicher Natur sein kann (BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 28/12, GRUR 2014, 65 Rn. 24 = WRP 2014, 68 - Beuys-Aktion, mwN).
- 88
- b) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind.
- 89
- Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, die Klägerin zu 2 sei zur gerichtlichen Verfolgung der hier in Rede stehenden Ansprüche ermächtigt. Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - lediglich festgestellt, die Klägerin zu 2 sei aufgrund einer konzerninternen Aufgabenzuweisung berechtigt, die geistigen Eigentumsrechte der Klägerin zu 1 weltweit durchzusetzen. Die Klägerin zu 2 verfolgt aber keine Ansprüche der Klägerin zu 1, sondern Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH. Die Klägerin zu 2 macht auch keine geistigen Eigentumsrechte , sondern wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend.
- 90
- Das Berufungsgericht hat ferner keine Feststellungen zu einem eigenen schutzwürdigen Interesse der Klägerin zu 2 an einer gerichtlichen Verfolgung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen der Nintendo of Europe GmbH getroffen.
- 91
- 2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin zu 2 gegen den Beklagten zu 1 erhobenen Ansprüche nicht bejaht werden.
- 92
- a) Der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochene Rechtsstreit ist von dem Beklagten zu 1 auch hinsichtlich des von der Klägerin zu 2 wegen Verstoßes der Schuldnerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV verfolgten Unterlassungsantrags wirksam aufgenommen worden (vgl. oben Rn. 21); ob die Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich der Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung wirksam ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären (vgl. oben Rn. 23 bis 27).
- 93
- b) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV, den die Klägerin zu 2 ursprünglich gegen die Schuldnerin erhoben und im Blick auf den Übergang der Verwaltungs- undVerfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 einseitig für erledigt erklärt hat, durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist.
- 94
- aa) Die Klägerin zu 2 hat den auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten und ursprünglich gegen die Schuldnerin gerichteten Unterlassungsantrag wirksam für erledigt erklärt. Da der Beklagte zu 1 sich dieser Erklärung nicht angeschlossen hat, ist insoweit zu prüfen, ob die Klage mit diesem Antrag bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das der Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (vgl. oben Rn. 29).
- 95
- bb) Der Unterlassungsantrag war bis zur Aufnahme des Rechtsstreits zulässig ; insbesondere war er hinreichend bestimmt.
- 96
- cc) Der Unterlassungsantrag war bis zu diesem Zeitpunkt auch begründet.
- 97
- (1) Der von der Klägerin zu 2 auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch war gegen die Schuldnerin nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zur Zeit der Begehung im Jahre 2008 als auch bei Insolvenzeröffnung im Jahr 2013 wettbewerbswidrig war (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 2014 – I ZR 35/11, GRUR 2015, 264 Rn. 27 = WRP 2015, 347 - Hi Hotel II, mwN).
- 98
- Die zum Zeitpunkt der Begehung des beanstandeten Verhaltens der Schuldnerin im Jahr 2008 maßgeblichen Bestimmungen der 2. GPSGV in der ab dem 9. Oktober 1995 (2. GPSGV [1995]) geltenden Fassung sind vor der Insolvenzeröffnung am 21. Januar 2013 durch die Bestimmungen der 2. GPSGV in der ab dem 20. Juli 2011 (2. GPSGV [2011]) geltenden Fassung abgelöst worden. Für den Streitfall haben sich dadurch jedoch keine Änderungen in der Sache ergeben. Spielzeug darf nach wie vor nur in Verkehr gebracht werden, wenn es mit der CE-Kennzeichnung und Herstellerangaben versehen ist.
- 99
- Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. GPSGV (1995) muss das Spielzeug beim Inverkehrbringen mit der CE-Kennzeichnung versehen sein. Die CE-Kennzeichnung muss nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. GPSGV (1995) auf dem Spielzeug oder seiner Verpackung sichtbar, leserlich und dauerhaft angebracht sein. In gleicher Weise müssen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 der 2. GPSGV (1995) der Name, gegebenenfalls die Firma oder das Zeichen, sowie die Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten oder des Einführers in die Gemeinschaft angebracht sein.
- 100
- Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der 2. GPSGV (2011) haben die Hersteller beim Inverkehrbringen ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Marke und ihre Kontaktanschrift entweder auf dem Spielzeug selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in den Unterlagen , die dem Spielzeug beigefügt sind, anzugeben. Bevor sie ein Spielzeug auf dem Markt bereitstellen, haben die Händler nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der 2. GPSGV (2011) zu überprüfen, ob der Hersteller die Anforderungen von § 4 Abs. 2 der 2. GPSGV (2011) erfüllt hat. Gemäß § 13 Abs. 1 der 2. GPSGV (2011) muss auf dem Markt bereitgestelltes Spielzeug die CE-Kennzeichnung tragen. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der 2. GPSGV (2011) ist die CE-Kennzeichnung deutlich sichtbar und lesbar sowie dauerhaft auf dem Spielzeug, einem daran befestigten Etikett oder der Verpackung anzubringen.
- 101
- (2) Ein Unterlassungsanspruch der Nintendo of Europe GmbH gegen die Schuldnerin wegen eines Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den hier in Rede stehenden Bestimmungen der 2. GPSGV setzt nach § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG voraus, dass die Nintendo of Europe GmbH Mitbewerber der Schuldnerin ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, da die Nintendo of Europe GmbH und die Schuldnerin als Unternehmer beim Angebot von Waren in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG). Sie versuchen, gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen , so dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten der Schuldnerin die Nintendo of Europe GmbH im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 - I ZR 43/13, GRUR 2014, 1114 Rn. 24 = WRP 2014, 1307 - nickelfrei, mwN). Die Nintendo of Europe GmbH vertreibt "Slot-1-Karten" mit Videospielen für ihre Videospiel-Konsolen. Die Schuldnerin bietet - nach Ansicht der Klägerin zu 2 unter Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften der 2. GPSGV - Adapterkarten an, mit deren Hilfe im Internet angebotene Kopien von Videospielen der Klägerinnen auf diesen Videospiel-Konsolen verwendet werden können. Es liegt auf der Hand, dass der Absatz von Adapterkarten den Absatz von "Slot-1-Karten" beeinträchtigen kann.
- 102
- (3) Bei den hier in Rede stehenden Bestimmungen der 2. GPSGV handelt es sich um gesetzliche Vorschriften, die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (vgl. zur CE-Kennzeichnung BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 193/06, GRUR 2010, 169 Rn. 16 = WRP 2010, 247 - CE-Kennzeichnung). Ein Verstoß gegen diese Regelungen ist auch geeignet, die Interessen der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen.
- 103
- (4) Die Schuldnerin hat gegen die angeführten Bestimmungen der 2. GPSGV verstoßen. Die von ihr im Jahr 2008 angebotenen Adapterkarten waren nicht in der nach der 2. GPSGV erforderlichen Weise mit Herstellerangaben und teilweise auch nicht mit der CE-Kennzeichnung versehen. Bei den Adapterkarten handelt es sich um Spielzeug im Sinne der 2. GPSGV. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. GPSGV (1995) sind Spielzeug alle Erzeugnisse, die dazu gestaltet oder offensichtlich bestimmt sind, von Kindern im Alter bis 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Gemäß § 2 Nr. 24a der 2. GPSGV (2011) sind Spielzeug alle Produkte, die ausschließlich oder nicht ausschließlich dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Die hier in Rede stehenden Adapterkarten und die darauf gespeicherten Videospiele werden - was ausreicht - auch von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet. Der Umstand, dass die Adapterkarten nicht allein, sondern nur in Verbindung mit den VideospielKonsolen zum Spielen verwendet werden können, ändert nichts daran, dass es sich dabei um Spielzeug im Sinne der 2. GPSGV handelt.
- 104
- dd) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 unbegründet geworden ist. Das Berufungsgericht konnte keine Feststellungen dazu treffen, ob in der Person des Beklagten zu 1, der den Rechtsstreit im Laufe des Revisionsverfahrens aufgenommen hat, die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr besteht (vgl. oben Rn. 60 bis
63).
- 105
- 3. Auch die von der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten zu 2 und 3 erhobenen Ansprüche können mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden (vgl. oben Rn. 77 bis 84). Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen keine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder Teilnehmer für einen Verstoß der Schuldnerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV. Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer kommt nicht in Betracht, weil die Schuldnerin mit dem Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV lediglich (wettbewerbsrechtliche ) Verhaltenspflichten und kein absolutes Recht verletzt hat.
- 106
- C. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden , weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 107
- I. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, ob der Einsatz der technischen Schutzmaßnahme im Streitfall den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt (vgl. oben Rn. 56 bis 58). Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass derjenige, der - wie die Klägerin zu 1 - für eine wirksame technische Maßnahme nach § 95a UrhG Schutz beansprucht , grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen dieser Bestimmung trägt. Davon umfasst ist grundsätzlich auch die Darlegungsund Beweislast dafür, dass es keine andere Maßnahme gibt, die zu einer geringeren Beeinträchtigung oder Beschränkung zulässiger Handlungen Dritter führt und einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bietet. Da es sich bei dem Umstand, dass es keine andere Maßnahme gibt, um eine negative Tatsache handelt, trägt die Gegenseite allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Es ist zunächst ihre Sache, substantiiert darzulegen, dass es eine andere Maßnahme gibt. Der Anspruchsteller genügt seiner Darlegungs- und Beweislast , wenn er anschließend darlegt und beweist, dass diese Maßnahme zu einer größeren Beeinträchtigung oder Beschränkung zulässiger Handlungen Dritter führt oder keinen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bietet (vgl. allgemein zu den Anforderungen an den Beweis negativer Tatsachen BGH, Urteil vom 8. Oktober 1992 - I ZR 220/90, GRUR 1993, 572, 573 f. - Fehlende Lieferfähigkeit; Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 77/05, GRUR 2008, 625 Rn. 19 = WRP 2008, 924 - Fruchtextrakt, mwN; zur Darlegungs- und Beweislast für die negative Tatsache, dass ein Werk im Sinne des § 71 Abs. 1 UrhG "nicht erschienen" ist BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 19/07, GRUR 2009, 942 Rn. 14 = WRP 2009, 1274 - Motezuma).
- 108
- II. Im Blick auf den von der Klägerin zu 1 erhobenen Anspruch auf Vernichtung der Adapterkarten (vgl. oben Rn. 64 bis 73) weist der Senat auf § 69f Abs. 2 UrhG hin. Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsinhaber von dem Eigentümer oder Besitzer verlangen, dass Mittel, die allein dazu bestimmt sind, die unerlaubte Beseitigung oder Umgehung technischer Programmschutzmechanismen zu erleichtern, vernichtet werden. Die für Computerprogramme geltende Vorschrift ist auf die hier in Rede stehenden technischen Schutzmechanismen anwendbar, da diese auch dem Schutz der den Videospielen der Klägerinnen zugrunde liegenden Computerprogramme dienen. Bei den Adapterkarten handelt es sich um Mittel, die die unerlaubte Umgehung dieser Schutzmechanismen erleichtern. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob diese Mittel "allein dazu bestimmt sind" diese Umgehung zu erleichtern (vgl. dazu Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 69f UrhG Rn. 14; Czychowski in Fromme /Nordemann aaO § 69f UrhG Rn. 11; Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO § 69f UrhG Rn. 21; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69f Rn. 13; Kotthoff in Drey- er/Kotthoff/Meckel aaO § 69f UrhG Rn. 7; Kaboth in Möhring/Nicolini aaO § 69f UrhG Rn. 10) und ob die Beklagten Eigentümer oder Besitzer dieser Mittel sind. Da die Beklagten die Adapterkarten nicht herstellen, kann von Letzterem nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Auch daraus, dass die Schuldnerin Adapterkarten in ihrem Onlineshop zum Kauf angeboten hat, folgt nicht zwangsläufig , dass an den Adapterkarten Besitz oder Eigentum bestanden hat.
- 109
- III. Für den Fall, dass sich die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG und der von der Klägerin zu 2 wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gegen ihn verfolgten Klageanträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung als wirksam erweisen sollte (vgl. oben Rn. 23 bis 27 und 92), wird auf Folgendes hingewiesen:
- 110
- 1. Die Klägerinnen konnten ihren Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Schuldnerin in der Revisionsinstanz ändern und die Feststellung eines Schadensersatzbetrags von einer (weiteren) Million Euro zur Insolvenztabelle beantragen. Antragsänderungen im Revisionsverfahren sind zwar nach § 559 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt jedoch vor allem für die Fälle, in denen die Änderung nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 23 = WRP 2013, 1038 - Culinaria/Villa Culinaria, mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Der ursprünglich gegen die Schuldnerin erhobene Schadensersatzfeststellungsantrag war mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon deshalb unzulässig, weil Ansprüche, die eine Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach zum Gegenstand haben, als solche nicht in die Insolvenztabelle eingetragen werden können. Solche Ansprüche müssen vielmehr nach § 174 Abs. 2, § 45 Satz 1 InsO mit einem bezifferten Geldbetrag geltend gemacht werden, der im vorliegenden Fall zu schätzen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, NJW-RR 2004, 1050, 1051; BGHZ 185, 11 Rn. 43 - Modulgerüst). Dieser Notwendigkeit haben die Klägerinnen mit der Modifikation ihres Klageantrags entsprochen.
- 111
- 2. Der von den Klägerinnen geltend gemachte Auskunftsanspruch, der der Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs dient, ist nicht etwa deshalb unbegründet, weil die Klägerinnen den Schadensersatzanspruch bereits beziffert haben. Die Klägerinnen sind weiterhin auf die Auskunftserteilung zum Zwecke der Bezifferung des Schadensersatzanspruchs angewiesen. Ergibt sich aus den zu erteilenden Auskünften ein höherer als der bezifferte Schadensersatzanspruch, kommt eine nachträgliche Anmeldung der Forderung gemäß § 177 InsO in Betracht.
- 112
- IV. Hinsichtlich der von der Klägerin zu 2 im Wege gewillkürter Prozessstandschaft verfolgten Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten , wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob eine wirksame Ermächtigung der Klägerin zu 2 zur gerichtlichen Verfolgung dieser Ansprüche vorliegt und die Klägerin zu 2 ein eigenes schutzwürdiges Interesse an dieser Rechtsverfolgung hat (vgl. oben Rn. 86 bis 90). Die Revisionserwiderung hat dazu auf das Vorbringen der Klägerinnen in der Klageschrift verwiesen. Die Klägerinnen haben dort vorgetragen, die Klägerin zu 2 sei von der Nintendo of Europe GmbH, die die Produkte als Lizenznehmerin der Klägerin zu 1 in Europa herstelle und vertreibe, ermächtigt worden, deren Rechte gegenüber den Beklagten durchzusetzen; die Nintendo of Europe GmbH habe alle ihr gegen die Beklagten zustehenden Rechte, insbesondere auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche , auf die Klägerin zu 2 übertragen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend erweisen, kann sich daraus eine wirksame Ermächtigung der Klägerin zu 2 zur Verfolgung der hier in Rede stehenden wettbewerbsrechtlichen Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten ergeben.
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.10.2009 - 21 O 22196/08 -
OLG München, Entscheidung vom 09.06.2011 - 6 U 5037/09 -
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Das Recht auf das Patent, der Anspruch auf Erteilung des Patents und das Recht aus dem Patent gehen auf die Erben über. Sie können beschränkt oder unbeschränkt auf andere übertragen werden.
(2) Die Rechte nach Absatz 1 können ganz oder teilweise Gegenstand von ausschließlichen oder nicht ausschließlichen Lizenzen für den Geltungsbereich dieses Gesetzes oder einen Teil desselben sein. Soweit ein Lizenznehmer gegen eine Beschränkung seiner Lizenz nach Satz 1 verstößt, kann das Recht aus dem Patent gegen ihn geltend gemacht werden.
(3) Ein Rechtsübergang oder die Erteilung einer Lizenz berührt nicht Lizenzen, die Dritten vorher erteilt worden sind.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.