Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 11. Feb. 2016 - I-2 U 19/15
Tenor
I. Die Berufung gegen das am 22. Januar 2015 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer I.1. des Tenors folgende Fassung erhält:
…
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Anschlussstücke für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane,
- wobei das Anschlussstück zum Bestücken von Anhänger- oder Lkw-Aufbauten bestimmt ist, um die Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle miteinander zu verbinden,
- wobei die Aufwickelwelle einen Ankopplungsbereich an der Außenwand enthält, der dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
- wobei das Anschlussstück ein erstes Ende umfasst, das mit dem Ende der Übertragungswelle zusammenwirkt
- und das Anschlussstück ein zweites Ende umfasst, das mit dem Ende der Aufwickelwelle zusammenwirkt
- und das zweite Ende einen Vorsprung umfasst, der mit dem Ankupplungbereich der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle zusammenwirkt,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- bei denen das zweite Ende Verbindungsmittel umfasst, die aus einem hohlen Abschnitt bestehen, dessen Innenwand mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand des Endes der Aufwickelwelle ist,
- um das Ende der Aufwickelwelle so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird,
- wobei die Innenwand, die den Vorsprung umfasst, der dem Ankopplungsbereich der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht, dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
- wobei der besagte Vorsprung es erlaubt, die Aufwickelwelle zum Drehen zu bringen,
- und der Vorsprung aus Vollmaterial fest mit der Innenwand verbunden und über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts vorgesehen ist
- und der Vorsprung ein zum Ankopplungsbereich an der Außenwand der Aufwickelwelle komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist
- und der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, dessen große Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist.
II. Auf die Anschlussberufung wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 30. April 2006 begangen hat, und zwar unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer sowie der Menge der erhaltenen Erzeugnisse und der Einkaufspreise.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
IV. Dieses Urteil und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 760.000,- € festgesetzt.
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G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 378 385 B2 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung sowie auf Feststellung der Schadenersatz- und Entschädigungspflicht dem Grunde nach in Anspruch.
4Das Klagepatent wurde am 13. Juni 2003 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 1. Juli 2002 in französischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 7. Januar 2004. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 21. April 2010 veröffentlicht. Das Deutsche Patent- und Markenamt veröffentlichte die Patentansprüche am 15. Juli 2004 unter der Nr. DE 03 370 022 T1 in deutscher Sprache (Anlage K 4).
5Gegen die Erteilung des Klagepatents wurde unter anderem von der Beklagten am 21. Januar 2011 Einspruch eingelegt. Das Europäische Patentamt hat das Klagepatent mit einer inzwischen rechtskräftigen Entscheidung vom 26. Juni 2013, deren vollständiger Inhalt sich den Anlagen rop 1 und rop 2 entnehmen lässt, beschränkt aufrecht erhalten. Eine durch die S. N. G. & C. K. mit Schriftsatz vom 10. Juni 2015 eingereichte Nichtigkeitsklage ist bislang noch nicht zugestellt, weil die Nichtigkeitsklägerin den vom Bundespatentgericht nach Streitwertfestsetzung angeforderten Gerichtskostenvorschuss noch nicht eingezahlt hat. Unter dem 26.01.2016 hat die Beklagte Einwendungen Dritter im Nichtigkeitsverfahren vorgebracht.
6Das Klagepatent betrifft unter anderem ein „Endstück für die Aufrollvorrichtung von Wickelgut wie Planen oder Ähnlichem, speziell für Kraftfahrzeuge“ („Embout pour dispositif d’enroulement d’un élément enroulable tel que bâche ou similaire, notamment d’un véhicule“). Sein durch das Europäische Patentamt aufrecht erhaltener Patentanspruch 1 lautet:
7„Embout pour dispositif d’enroulement d’un élément enroulable sous forme d’une bâche de véhicule, ledit embout étant destiné à équiper des caisses de remorques ou de camion pour assurer la liaison entre l’axe de transmission (4) dudit dispositif d’enroulement et l’arbre d’enroulement (2), ledit arbre d’enroulement (4) comportant une partie d’accrochage (11) sur la paroi extérieure (9) destinée a agripper l’élément enroulable, ledit embout (1) comprenant une première extrémité (3), coopérant avec l’extrémité de l’axe de transmission (4), et une seconde extrémité (5), coopérant avec l’extrémité dudit arbre d’enroulement (2), ladite seconde extrémité (5) comportant une protubérance (10) coopérant avec la partie d’accrochage (11) de la paroi extérieure (9) de l’extrémité de l’arbre d’enroulement (2) caractérisé en ce que ladite seconde extrémité (5) comprend des moyens de liaison (6), constitués d’une partie creuse (7), dont la paroi intérieure (8), de profil circulaire, est complémentaire de la paroi extérieure (9) de la extrémité dudit arbre d’enroulement, pour enchâsser l’extrémité dudit arbre d’enroulement (2), de manière à transmettre le mouvement de rotation dudit axe de transmission (4) audit arbre d’enroulement (2), la paroi intérieure (8) comportant ladite protubérance (10) correspondant à la partie d’accrochage (11) de la paroi extérieure (9) de l’extrémité dudit arbre d’enroulement (2), destinée à agripper l’élément enroulable, ladite protubérance (10) permetant d’assurer l’entraînement en rotation dudit arbre d’enroulement (2), ladite protubérance étant pleine, solidaire de ladite paroi intérieure, ménagée sur toute la hauteur de ladite partie creuse (7), ladite protubérance présentant un profil en trou de serrure, complémentaire à ladite partie d’accrochage (11) sur la paroi extérieure (9) de l’arbre d’enroulement (2), ladite protubérance comportant en vue de profil une partie circulaire et une partie en forme de trapèze dont la grande base est assujettie la partie circulaire de ladite paroi intérieure (8).”
8In der eingetragenen deutschen Übersetzung ist Patentanspruch 1 wie folgt gefasst:
9„Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane, wobei das Anschlussstück zum Bestücken von Anhänger- oder LKW-Aufbauten bestimmt ist, um die Übertragungswelle (4) der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle (2) miteinander zu verbinden, wobei die Aufwickelwelle (2) ein Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) enthält, das dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen, und das Anschlussstück (1) ein erstes Ende (3), das mit dem Ende der Übertragungswelle (4) zusammenwirkt, und ein zweites Ende (5), das mit dem Ende der Aufwickelwelle (2) zusammenwirkt, umfasst, und das zweite Ende (5) einen Vorsprung (10) umfasst, der mit dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) zusammenwirkt, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Ende (5) Verbindungsmittel (6) umfasst, die aus einem hohlen Abschnitt (7) bestehen, dessen Innenwand (8) mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle ist, um das Ende der Aufwickelwelle (2) so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle (4) auf die Aufwickelwelle (2) übertragen wird, wobei die Innenwand (8), die den Vorsprung (10) umfasst, der dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) entspricht, dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen, wobei der Vorsprung (10) es erlaubt, die Aufwickelwelle (2) zum Drehen zu bringen, und der Vorsprung aus Vollmaterial, fest mit der Innenwand (8) verbunden, und über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts (7) vorgesehen ist, und der Vorsprung ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist, und der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, dessen Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand (8) befestigt ist.“
10In den nachfolgend eingeblendeten (mit zusätzlichen Beschriftungen versehenen) Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift ist ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Figur 1 zeigt in einer perspektivischen Ansicht ein erfindungsgemäßes Anschlussstück, das mit einer an dieses Anschlussstück angepassten Aufwickelwelle verbunden ist. Bei Figur 2 handelt es sich um eine radiale Schnittansicht in Höhe der Verbindung zwischen der Aufwickelwelle (2) und dem Anschlussstück (1).
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Die Beklagte stellt in der Bundesrepublik Deutschland her und vertreibt dort unter anderem über ihre Internetseite „www.m..de“ unter den ProduktnummernXXX, XXX, XXX, XXX sowie XXX Adapter für Aluminium-Rundprofile (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), wobei die Adapter ausweislich der Informationen auf der vorgenannten Internetseite auf die ebenfalls auf der Homepage zu findenden Alu-Rundprofile RX (Produktnummern: XXX, XXX und XXX) bzw. auf das Alu-Rundprofil RX (Produktnummern: XXX, XXX und XXX) passen.
13Nachfolgend eingeblendet sind der Klageerwiderung entnommene, verkleinerte Draufsichten auf das durch die Klage beanstandete Anschlussstück mit Blick auf sein Ende mit den Verbindungsmitteln (Abbildung 1) und auf die Querschnittsfläche eines Abschnittes einer Aufwickelwelle (Abbildung 2), für die das Anschlussstück vorgesehen ist.
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Abbildung 1 Abbildung 2
17Abbildung 3 zeigt schließlich – verkleinert – das angegriffene Anschlusstück mit einem darin eingesetzten Abschnitt einer Aufwickelwelle.
18 19Abbildung 3
20Die Klägerin sieht in der Herstellung, dem Angebot und dem Vertrieb dieser Anschlussstücke in der Bundesrepublik Deutschland eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents.
21Die Beklagte hat vor dem Landgericht eingewandt, die angegriffene Ausführungsform verfüge weder über einen Vorsprung mit einem trapezförmigen Abschnitt noch sei das Kupplungsteil der Aufwickelwelle komplementär zur Geometrie des Vorsprungs ausgeführt. Darüber hinaus sei das Kupplungsteil der Aufwickelwelle auch nicht schlüssellochförmig und verfüge erst recht nicht über einen zu einem trapezförmigen Abschnitt (des Vorsprungs) komplementären Abschnitt. Soweit der streitgegenständliche Patentanspruch von einem komplementären, schlüssellochförmigen Profil spreche, sei dies so zu verstehen, dass sich die Geometrien des Kupplungsteils der Aufwickelwelle und des Profils des Vorsprungs zueinander spiegelbildlich (gegeneinander formausfüllend), also wie eine Positivform zu einer Negativform, verhalten müssten, wie dies in den Figuren der B2-Schrift gezeigt werde. Bei einem trapezförmigen Abschnitt seien, anders als bei einem Quadrat oder Rechteck, zudem lediglich zwei Seiten parallel (Grundseiten), wobei eine davon („la grande base“) länger als die andere sei, so dass die Schenkel des Trapezes einander zugeneigt seien. All das sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht gegeben.
22Durch Urteil vom 22. Januar 2015 hat das Landgericht Düsseldorf eine Patentverletz-ung bejaht und wie folgt erkannt:
23- 24
I. Die Beklagte wird – unter Abweisung der Klage im übrigen - verurteilt,
- 26
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Anschlussstücke für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane
28- wobei das Anschlussstück zum Bestücken von Anhänger- oder Lkw-Aufbauten bestimmt ist, um die Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle miteinander zu verbinden,
29- wobei die Aufwickelwelle ein Kupplungsteil an der Außenwand enthält, das dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
30- wobei das Anschlussstück ein erstes Ende umfasst, das mit dem Ende der Übertragungswelle zusammenwirkt,
31- und das Anschlussstück ein zweites Ende umfasst, das mit dem Ende der Aufwickelwelle zusammenwirkt,
32- und das zweite Ende einen Vorsprung umfasst, der mit dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle zusammenwirkt
33in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
34- bei denen das zweite Ende Verbindungsmittel umfasst, die aus einem hohlen Abschnitt bestehen, dessen Innenwand mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand des Endes der Aufwickelwelle ist,
35- um das Ende der Aufwickelwelle so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird,
36- wobei die Innenwand, die den Vorsprung umfasst, der dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht, dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
37- wobei der besagte Vorsprung es erlaubt, die Aufwickelwelle zum Drehen zu bringen,
38- und der Vorsprung aus Vollmaterial, fest mit der Innenwand verbunden, und über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts vorgesehen ist,
39- und der Vorsprung ein zum Kupplungsteil an der Außenwand der Aufwickelwelle komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist,
40- und der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, dessen Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist;
41- 42
2. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung hinsichtlich der Angaben zu I.1. darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. August 2004 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
44b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
45c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und -gebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, der Zugriffszahlen auf die Domain und der Schaltungszeiträume jeder Werbung,
46d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
47wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfragen mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
48wobei die Angaben nach Ziffer I.2.d) ab dem 21. Mai 2010 zu machen sind;
49- 50
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen vorstehend zu I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder – nach ihrer Wahl – an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre (der Beklagten) Kosten herauszugeben;
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4. die unter I.1. bezeichneten, seit dem 21. Mai 2010 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 2015, Aktenzeichen 4c O 18/14) festgestellten, patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
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II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
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1. der Klägerin für die unter I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 15. August 2004 bis 20. Mai 2010 einschließlich begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, sowie
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2. der Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit ab dem 21. Mai 2010 begangenen Handlungen allen Schaden zu ersetzen, der ihr entstanden ist und noch entstehen wird.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Soweit der Vorsprung (10) nach der technischen Lehre des Klagepatents an der Innenwand des hohlen Abschnitts am zweiten Ende des Anschlussstücks ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweisen solle, sei dies für den Fachmann so zu verstehen, dass der innerhalb des hohlen Abschnitts ausgebildete Vorsprung am zweiten Ende des Anschlussstücks ein schlüssellochförmiges Profil haben müsse und dass dieses schlüssellochförmige Profil komplementär zur Form der Außenwand des Kupplungsteils sei. Das schlüssellochförmige Profil müsse mithin im Wesentlichen der Form der Außenwand (11) des Kupplungsteils entsprechen, so dass ein Formschluss zwischen dem Profil des Vorsprungs des Anschlussstücks und dem Kupplungsteil der Aufwickelwelle ermöglicht werde und dieser ohne „Wackeln“ bzw. „Schwingen“ stabil bleibe. Eine exakte und vollständige Formentsprechung werde somit nicht vorausgesetzt. Das „komplementäre Profil“ des Anschlussstücks solle entsprechend dem „Schloss/Schlüssel“-Prinzip an das Ende des Kupplungsteils am Ende der Aufwickelwelle angepasst sein, so dass hierdurch eine Kraftübertragung über das Anschlussstück vermittelt auf die Aufwickelwelle stattfinden könne. Dies setze indes nicht voraus, dass das schlüssellochförmige Profi form- und millimetergenau an dem Kupplungsteil der Aufwickelwelle wiedergegeben sein müsse. Vielmehr reiche es aus, wenn die Formen des Vorsprungs des Anschlussstücks und das Kupplungsteil der Aufwickelwelle angepasst seien und sich im Wesentlichen entsprechen, damit der technische Sinn und Zweck - formschlüssige Verbindung zum Zwecke der Übertragung des Drehmoments - erfüllt sei. Dass der Vorsprung anspruchsgemäß in Profilansicht einen kreisförmigen und einen trapezförmigen Abschnitt umfassen solle, wobei die Grundseite des trapezförmigen Abschnitts am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt sei, verstehe der Fachmann dahingehend, dass der Vorsprung in der Profilansicht die Form eines Schlüssellochs aufweisen müsse, wobei das längliche Ende des Schlüssellochs mit der Innenwand verbunden sein solle und das Schlüsselloch aus einem - im Wesentlichen - kreisförmigen Teil und einem trapezförmigen Teil gebildet werde. Bei den Begriffen „kreisförmig“ und „trapezförmig“ handele es sich nicht um genaue geometrische Angaben, sondern um die Beschreibung der klassischen Schlüssellochform. Die Klagepatentschrift selbst mache keine weiteren Vorgaben dazu, wie der kreisförmige und der trapezförmige Teil ausgebildet sein sollen. Auch der Entscheidung der Einspruchsabteilung seien keine Ausführungen zu den Anforderungen an die Form des kreisförmigen und des trapezförmigen Teils zu entnehmen.
60Ausgehend von dem vorstehenden Verständnis mache die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Daher stünden der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz und Entschädigung sowie Vernichtung und Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände zu. Soweit die Klägerin im Rahmen der gemäß § 259 BGB bestehenden Rechnungslegungspflicht die Vorlage von Belegen begehrt habe, sei dem nicht nachzukommen, da die Klägerin für deren Üblichkeit weder konkrete Tatsachen vorgetragen habe noch Entsprechendes ersichtlich sei. Über den Rückruf hinausgehende Entfernungsmaßnahmen seien durch die Klägerin im Hinblick auf die Bestimmtheit des Antrages nicht konkret benannt worden, so dass die Klage insoweit abzuweisen gewesen sei.
61Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie macht unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend: Das Landgericht habe den Begriff „komplementär“ falsch ausgelegt. Daraus, dass der in das Kupplungsteil eingreifende Vorsprung mit seinem schlüsselförmigen Profil komplementär zum Kupplungsteil sein müsse, schließe der Fachmann, dass auch das Kupplungsteil ein schlüssellochförmiges Profil mit einer entsprechenden Geometrie habe. Da der Vorsprung dem Kupplungsteil anspruchsgemäß auch entspreche, verstehe der Fachmann den Begriff der „Komplementarität“ dahingehend, dass Vorsprung und Kupplungsteil einander wie Positiv und Negativ entsprechen. Die Komplementarität diene dabei der durch das Klagepatent angestrebten homogenen Verteilung der Kraft, die von dem Anschlussstück auf die Aufwickelwelle übertragen werde.
62Zudem gehe das Landgericht von einem unzutreffenden Verständnis des Begriffes „trapezförmiger Abschnitt“ aus. Dieser verfüge anspruchsgemäß über eine „große Grundseite“ (frz.: „la grande base“). Gebe es eine „große Grundseite“, müsse es folglich auch eine „kleine Grundseite“ geben. Davon ausgehend falle nur eine solche Trapezform unter den Anspruch, bei der eine der Grundseiten länger als die andere sei, wodurch die Schenkel des Trapezes einander zugeneigt seien. Eine solche Ausgestaltung des trapezförmigen Abschnittes des Vorsprungs begünstige eine homogene Kraftverteilung, da die Kraft durch das flächige Aneinanderliegen über die Kontaktflächen von dem einen Teil in das andere Teil eingeleitet werde, so dass die pro Flächeneinheit aufzunehmende Spannung entsprechend gering sei.
63Vor dem Hintergrund dieser Auslegung mache die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Insbesondere sei der Abschnitt des Vorsprungs zwischen dem kreisförmigen Abschnitt und der Innenwand des hohlen Abschnitts des zweiten Endes der angegriffenen Ausführungsform nicht trapezförmig. Zudem erreiche die angegriffene Ausführungsform aufgrund ihrer nicht patentgemäßen räumlich-geometrischen Ausgestaltung auch nicht die mit dem Klagepatent angestrebte „homogene Verteilung der Kraft“. Da Vorsprung und Kupplungsteil unterschiedliche räumlich-geometrische Ausgestaltungen aufwiesen und sich dementsprechend nicht wie Positiv und Negativ verhalten würden, werde das Drehmoment vom Anschlussstück in die Aufwickelwelle nicht auf der ganzen Fläche, sondern nur punktuell mittels der sich verkantenden Berührungslinie zwischen Vorsprung und Kupplungsteil übertragen. Die parallele Ausrichtung der Seiten dieses Abschnittes führe außerdem dazu, dass die für die Kraftübertragung ausgebildeten Flächen des Vorsprungs und des Kupplungsteils nicht orthogonal zur Drehbewegung des Anschlussstücks angeordnet seien. Der dadurch bedingte größere Winkel zur Rotationsbewegung führe zu Kraftverlusten. Schließlich vergrößere sich die Querschnittsgeometrie des Vorsprungs bei der angegriffenen Ausführungsform von seinem zur Aufwickelwelle weisenden Abschluss zum Boden hin. Diese zum äußeren Abschluss des Vorsprungs hin erfolgende Verjüngung werde durch das Kupplungsteil der Aufwickelwelle nicht kompensiert. Somit sei auch in längsaxialer Richtung keine Komplementarität zwischen dem Vorsprung des Anschlussstücks und dem Kupplungsteil der Aufwickelwelle gegeben.
64Die Beklagte beantragt,
65- 66
I. die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen;
- 67
II. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Erledigung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.
Die Klägerin beantragt,
69I. die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass in Ziffer I.1. des Urteils im zweiten Spiegelstrich des Oberbegriffs die Worte „ein Kupplungsteil“ durch „einen Ankopplungsbereich“, im fünften Spiegelstrich des Oberbegriffs die Worte „dem Kupplungsteil“ durch die Worte „dem Ankopplungsbereich“, im dritten Spiegelstrich des Kennzeichenteils die Worte „dem Kupplungsteil“ durch die Worte „dem Ankopplungsbereich“ und im sechsten Spiegelstrich des Kennzeichenteils die Worte „zum Kupplungsteil“ durch die Worte „zum Ankopplungsbereich“ ersetzt werden;
70II. die Beklagte im Wege der Klageerweiterung dazu zu verurteilen, ihr (der Klägerin) für den Zeitraum seit dem 30. April 2006 Auskunft über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie die Menge der erhaltenen Erzeugnisse und die Einkaufspreise zu erteilen.
71Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen. Zum einen verknüpfe die Beklagte in unzulässiger Weise die in der Beschreibung des Klagepatents als Vorteil der Erfindung avisierte homogene Kraftverteilung mit der konkreten Ausgestaltung des schlüssellochförmigen Vorsprungs und insbesondere des trapezförmigen Abschnittes. Zum anderen stelle die Aufnahme der konkreten Form des Schlüssellochs in Gestalt des Vorhandenseins eines kreisförmigen und eines trapezförmigen Abschnittes lediglich eine Klarstellung dar, die verdeutliche, dass mit einem „Schlüsselloch“ ein „traditionelles Schlüsselloch“ gemeint sei.
72Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
73II.
74Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in der Herstellung, dem Angebot und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine wortsinngemäße Benutzung des Klagepatents gesehen und die Beklagte wegen unmittelbarer Patentverletzung (§ 9 Nr. 1 PatG) zur Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und zum Rückruf verurteilt und die Schadenersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten festgestellt. Die aus Ziffer I.1. des Tenors ersichtlichen Maßgaben haben lediglich deklaratorischen Charakter. Schließlich kann die Klägerin von der Beklagten für die Zeit ab dem 30. April 2006 auch Auskunft über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer sowie die Menge der erhaltenen Erzeugnisse und die Einkaufspreise verlangen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG.
751.
76Da die Klägerin die vorgenannte Auskunft erstmalig in der Berufungsinstanz verlangt, richtet sich die Zulässigkeit der damit verbundenen Klageerweiterung nach § 533 ZPO. Dessen Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beklagte hat der Klageerweiterung zwar nicht zugestimmt. Der Senat hält sie jedoch für sachdienlich im Sinne von § 533 Nr. 1 ZPO, weil durch die Einbeziehung der nunmehr zusätzlich geltend gemachten Auskunftsansprüche ein ansonsten drohender neuer Rechtsstreit vermieden wird und der bisherige Streitstoff erster Instanz bei der Beurteilung der Frage, ob der Klägerin auch diese Ansprüche zustehen, vollumfänglich verwertet werden kann (vgl. Senat, GRUR-RR 2013, 1, 2 – Haubenstretchautomat). Darüber hinaus kann die erweiterte Klage auch auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat nach § 529 ZPO ohnehin berücksichtigen muss (vgl. § 533 Nr. 2 ZPO).
77Der Einbeziehung der erstmalig in der Berufungsinstanz geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung in den vorliegenden Rechtsstreit steht auch nicht entgegen, dass die Berufung durch die Beklagte eingelegt wurde, denn die Klägerin hat die die Klageerweiterung beinhaltende Berufungserwiderung innerhalb der Berufungserwiderungsfrist zur Akte gereicht und damit die Frist für eine Anschlussberufung (§ 524 Abs. 2 ZPO) gewahrt (vgl. hierzu: BGH, NJW 2008, 1953 Rz. 11; OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.10.2014, Az.: I-15 U 27/14; BeckOK ZPO/Bacher, 18. Edition, Stand: 01.09.2015, § 263 Rz. 11).
782.
79Das Klagepatent betrifft ein Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, bei dem es sich beispielsweise um die Schutzplane eines für den Gütertransport eingesetzten Lkw`s handeln kann.
80Um das Be- und Entladen von Gütern zu erleichtern, werden bei derartigen Lkw`s üblicherweise bewegliche Planen eingesetzt, die rasch angebracht oder entfernt werden können. Hierfür sind im Stand der Technik verschiedene Vorrichtungen bekannt. Eine dieser Lösungen arbeitet mit einer Aufrollvorrichtung, die eine Übertragungswelle, ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung sowie eine Welle zum Aufwickeln des aufwickelbaren Elements (Plane) umfasst. Dabei gewährleistet das im Allgemeinen aus einem einzigen Block bestehende Anschlussstück, welches an seinen beiden Enden Mittel zur Verbindung mit der Übertragungswelle bzw. mit der Aufwickelwelle aufweist, die Verbindung zwischen der Übertragungswelle der Aufrollvorrichtung und der Aufwickelwelle für die Plane. Die Verbindungsmittel zwischen Anschlussstück und Aufwickelwelle bestehen aus einem oder mehreren Stiften, die an der Oberfläche des Anschlussstücks befestigt sind und unter Krafteinwirkung in einen über die gesamte Länge der Aufwickelwelle angelegten hohlen Teil eingreifen(Abs. [0002] bis [0006]; vgl. auch die Abbildungen auf Seite 19).
81Ein solches Anschlussstück ist mit verschiedenen Nachteilen verbunden. Da in der Aufwickelwelle ein hohler Teil vorhanden sein muss, verringert sich deren Steifigkeit. Des Weiteren können mit Blick auf die starken Beanspruchungen, die bei der Drehung des Anschlussstücks entstehen und die im Wesentlichen auf die Enden des Stifts sowie auf die Ränder des hohlen Teils mit halbmondförmigem Profil wirken, Verformungs- und Bruchprobleme auftreten, die das Auf- und/oder Abwickeln des aufwickelbaren Elements behindern können (Abs. [0007]).
82An der aus der FR 1.477.239 bekannten demontierbaren Kupplung, die dazu bestimmt ist, eine Verbindung zwischen zwei koaxialen Wellen mit zylinderbogenförmigem Profil herzustellen, kritisiert das Klagepatent, dass dadurch nicht das Problem der Verbindung zwischen der Übertragungswelle einer Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements und der Aufwickelwelle gelöst werde. Die demontierbare Kupplung weise für jede Welle einen hohlen Teil auf, dessen Innenwand komplementär zur Außenwand mit zykloidenbogenförmigem Profil des Endes der Übertragungswelle sei (Abs. [0008] bis [0010]).
83Vor dem geschilderten Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die vorgenannten Nachteile zu beseitigen und eine homogene Verteilung der Kraft zu ermöglichen, die von dem Anschlussstück auf die Aufwickelwelle ausgeübt wird. Daneben soll ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung eines aufwickelbaren Elements (wie einer Plane) bereitgestellt werden, das eine rasche Verbindung zwischen diesen beiden Elementen und eine Reduzierung oder den Wegfall des innerhalb der Aufwickelwelle befindlichen hohlen Teils erlaubt (Abs. [0011] bis [0013]).
84Zur Lösung dieser Problemstellungen sieht Patentanspruch 1 in der durch das Europäische Patentamt aufrecht erhaltenen Fassung eine Kombination der folgenden Merkmale vor:
85- 86
1. Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane.
- 88
2. Das Anschlussstück ist zum Bestücken von Anhänger- oder Lkw-Aufbauten bestimmt,
2.1. um die Übertragungswelle (4) der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle (2) miteinander zu verbinden.
90- 91
3. Die Aufwickelwelle (2) enthält ein Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9).
3.1. Das Kupplungsteil (11) ist dazu bestimmt, das aufwickelbare Element zu ergreifen.
93- 94
4. Das Anschlussstück (1) umfasst ein erstes Ende (3) und ein zweites Ende (5).
4.1. Das erste Ende (3) wirkt mit dem Ende der Übertragungswelle (4) zusammen.
964.2. Das zweite Ende (5)
97a) wirkt mit dem Ende der Aufwickelwelle (2) zusammen;
98b) umfasst Verbindungsmittel (6), die aus einem hohlen Abschnitt (7) bestehen;
99(1) Die Innenwand (8) des hohlen Abschnitts (7)
100(a) ist kreisförmig und komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle, um das Ende der Aufwickelwelle (2) so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle (4) auf die Aufwickelwelle (2) übertragen wird;
101(b) umfasst den Vorsprung (10) aus Vollmaterial, der
102(b1) es erlaubt, die Aufwickelwelle (2) zum Drehen zu bringen;
103(b2) fest mit der Innenwand (8) verbunden ist;
104(b3) über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts (7) vorgesehen ist;
105(b4) dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) entspricht und mit diesem zusammenwirkt,
106(b5) ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist;
107(b6) in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst.
108(α) Die große Grundseite des trapezförmigen Abschnitts ist am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand (8) befestigt.
109Soweit die Klägerin den in der maßgeblichen französischen Anspruchsfassung zu findenden Begriff „partie d’accrochage (11)“ erstmalig in der Berufungsinstanz anstelle mit „Kupplungsteil (11)“ mit „Ankopplungsbereich (11)“ übersetzt, ist damit nach Auffassung des Senats keine inhaltliche Änderung verbunden, so dass die Begriffe im Folgenden synonym verwendet werden.
1103.
111Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf vor allem die Merkmalsgruppe 4.2. näherer Erläuterung.
112a)
113Gegenstand des streitgegenständlichen Patentanspruchs ist ein Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements (Plane), wobei das Anschlussstück dazu bestimmt ist, die Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung einerseits und die Aufwickelwelle für die Plane andererseits miteinander zu verbinden (Merkmalsgruppen 1 und 2, vgl. auch Absätze [0001], [0007] und [0018] der Klagepatentschrift). Nicht vom Schutzbereich umfasst ist die Aufwickelwelle selbst, die erst als Bestandteil der im Unteranspruch 3 beschriebenen, einen Antriebsmechanismus, eine Übertragungswelle, eine Aufwickelwelle und ein Anschlussstück umfassenden Vorrichtung zum Auf-/Abwickeln geschützt ist. Außerhalb des Erfindungsgegenstandes nach Anspruch 1 liegt ebenso die Aufwickelvorrichtung mit ihrer Übertragungswelle. Beide Gegenstände – das Kupplungsteil der Aufwickelwelle und die Übertragungswelle – sind im Rahmen von Anspruch 1 des Klagepatents nur insofern rechtlich bedeutsam, als ihre im Patentanspruch 1 vorausgesetzte Beschaffenheit Rückschlüsse auf die notwendige Ausgestaltung des Anschlussstücks zulässt, das mit dem Kupplungsstück der Aufwickelwelle und mit der Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung zusammenwirken soll. Keinesfalls stellt es jedoch eine Bedingung für den Benutzungstatbestand dar, dass eine anspruchsgemäße Aufwickel- und Übertragungswelle tatsächlich existiert oder dass die im Markt existierenden oder sogar die zur Verwendung mit dem Anschlussstück vorgesehenen Wellen den Anforderungen des Patentanspruchs 1 genügen. Da das Anschlussstück als solches unter Patentschutz steht, kommt es allein darauf an, dass das Anschlussstück für sich betrachtet sämtliche auf den Erfindungsgegenstand bezogenen Anspruchsmerkmale verwirklicht und dass eine zu ihm passende Aufwickel- und Übertragungswelle denkbar ist, mit denen das so gestaltete Anschlussstück ordnungsgemäß zusammenarbeiten könnte (vgl. Senat, Urteil vom 18.10.2012 – I-2 U 41/08).
114b)
115Während die technische Gestaltung des ersten Endes des Anschlussstücks, welches mit dem Ende der Übertragungswelle (4) zusammenwirkt, weitgehend in das Belieben des Fachmanns gestellt ist, ist die technische Gestaltung des zweiten, mit der Aufwickelwelle (2) zusammenwirkenden Endes des Anschlussstücks im Patentanspruch 1 im Einzelnen beschrieben (Merkmalsgruppe 4.2.). Anspruchsgemäß soll das zweite Ende (5) Verbindungsmittel (6) umfassen, die aus einem hohlen Abschnitt (7) bestehen, dessen Innenwand (8) ein kreisförmiges Profil komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle aufweist, um das Ende der Aufwickelwelle (2) so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle (4) auf die Aufwickelwelle (2) übertragen wird (Merkmale 4.2. b) (1) (a)). Mit anderen Worten soll die Aufwickelwelle in den hohlen Abschnitt des anspruchsgemäßen Anschlussstücks hineingesteckt werden können, wobei der hohle Bereich des Anschlussstücks so an die Aufwickelwelle angepasst ist, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle mittels des Vorsprungs an die Aufwickelwelle vermittelt werden kann (vgl. Absatz [0022]). Davon abgesehen stellt der streitgegenständliche Patentanspruch die konkreten Maße der Innenwand (8) in das Belieben des Fachmanns. Soweit im Absatz [0027] vorgeschlagen wird, die Maße der Innenwand des zweiten Endes (5) des Anschlussstücks (1) identisch oder minimal größer als die der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) zu wählen, so dass jede Schwingung zwischen dem Anschlussstück (1) und der Aufwickelwelle (2) anlässlich des Drehantriebs vermieden wird, handelt es sich um ein lediglich bevorzugtes Ausführungsbeispiel. Es dient der Beschreibung von Möglichkeiten der Verwirklichung des Erfindungsgedankens und erlaubt mit diesem Inhalt grundsätzlich keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGHZ 160, 204, 210 = GRUR 2004, 1023 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778, 779, 780 - Ziehmaschinenzugeinheit; GRUR 2008, 779, 783 – Mehrgangnabe; Senat, Urt. v. 20.01.2011, Az.: I-2 U 92/09).
116c)
117Um die Drehmomentübertragung auf die Aufwickelwelle (2) sicherzustellen (vgl. Merkmal 4.2. b) (1) (b) (b1)), ist an der Innenwand des hohlen Abschnitts (7) des Anschlussstücks ein Vorsprung (10) vorgesehen, der es erlaubt, die Aufwickelwelle (2) zum Drehen zu bringen (Merkmal (b1)). Damit der Vorsprung seine ihm zugedachte Mitnehmer-Funktion für die Aufwickelwelle wahrnehmen kann, darf er sich weder verformen noch darf er sonst beschädigt oder zerstört werden, weshalb der Vorsprung nicht nur aus Vollmaterial ausgebildet, sondern auch über die ganze Höhe (= axiale Tiefe) des hohlen Abschnitts (7) vorgesehen ist (Merkmale 4.2. b) (1) (b) (b3)), vgl. auch Absätze [0028] f.). Durch die besagte Erstreckung des Vorsprungs ist sichergestellt, dass die Drehmomentübertragung nicht nur in einem kleinen Bereich oder bloß linienförmig, sondern prinzipiell flächenmäßig über die gesamte Tiefe des hohlen Abschnitts erfolgt, was eine vergleichmäßigte, die Bauteile schonende Kraftübertragung zur Folge hat. Hinsichtlich der technischen Gestaltung des Vorsprungs (10) entnimmt der Fachmann dem streitgegenständlichen Patentanspruch die weitere Vorgabe, dass dieser ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres schlüssellochförmiges Profil aufweisen soll, das in Profilansicht einen kreisförmigen und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, wobei die große Grundseite des trapezförmigen Abschnitts am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand (8) befestigt ist (Merkmalsgruppe 4.2. a.E.). Eine mögliche Gestaltung des anspruchsgemäßen Vorsprungs ist in den Figuren 1 und 2 des Klagepatents nebst der zugehörigen Beschreibung (vgl. insbes. Absätze [0030] bis [0032]) gezeigt. Bei ihr verfügt der trapezförmige Abschnitt über zwei, einander zur Mitte des hohlen Abschnitts hin zugeneigte Schenkel und zwei unterschiedlich lange Grundseiten, wobei sich an die kurze Grundseite der kreisförmige Teil des schlüssellochförmigen Profils anschließt, während die lange Grundseite an der Innenwand des hohlen Abschnitts befestigt ist.
118Bei der vorstehend beschriebenen Gestaltung handelt es sich wiederum um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, das als solches - wie bereits ausgeführt - keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Anspruchsmerkmals erlaubt (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit; GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll (BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Das ist hier nicht der Fall. Es besteht keine Veranlassung, die im streitgegenständlichen Patentanspruch durch das Vorhandensein eines kreisförmigen und eines trapezförmigen Abschnitts charakterisierte Schlüssellochform dahingehend einschränkend zu verstehen, dass der trapezförmige Teil zwingend über zwei unterschiedlich lange Grundseiten verfügen muss, so dass die übrigen Schenkel aufeinander zu laufen.
119aa)
120Wie die nachfolgenden Abbildungen der Klägerin zu einer möglichen Ausgestaltung eines Schlüssellochs belegen, verlangt der Begriff „Schlüssellochform“ nach allgemeinem Sprachverständnis keinen trapezförmigen Bestandteil mit unterschiedlich langen Grundseiten und (dadurch bedingt) zueinander geneigten Seitenwänden.
121 122Die Bezugnahme auf eine Schlüssellochform lässt desweiteren einen Gestaltungsspielraum auch im Hinblick darauf zu, wie der kreisförmige Teil und der trapezförmige Teil des Schlüssellochs im Verhältnis zueinander dimensioniert sind. Der Patentanspruch verhält sich hierzu nicht limitierend. Jedenfalls in gewissen Grenzen kann der obere, runde Teil deshalb größer ausfallen als der untere, trapezförmige Teil, solange insgesamt die Form eines Schlüssellochs [und die technische Wirkung ihrer Bestandteile (Stützung der Aufwickelwelle, Anschlag- und Mitnahmefunktion)] nicht verloren geht.
123Nach allgemeinem geometrischen Sprachgebrauch ist unter einem „Trapez“ ein ebenes Viereck mit zwei parallel zueinander liegenden Seiten zu verstehen, wobei die parallelen Seiten des Trapezes auch als „Grundseiten“ bezeichnet werden (vgl. den als Anlage rop 5 vorgelegten Auszug aus Wikipedia). Nach dieser Definition ist eine unterschiedliche Länge der Grundseiten keine Voraussetzung für das Vorliegen eines Trapezes. Somit können die Grundseiten gleich lang sein, so dass es sich auch bei jedem Parallelogramm oder - wenn die Innenwinkel alle rechtwinklig sind - bei jedem Rechteck um ein Trapez handelt. Die letztgenannte Variante (Rechteck) wird „rechtwinkliges Trapez“ genannt. Soweit der streitgegenständliche Patentanspruch verlangt, dass das schlüssellochförmige Profil einen trapezförmigen Abschnitt haben soll, bedeutet dies somit nur, dass zumindest zwei Seiten dieses Abschnitts zueinander parallel sein müssen.
124Dass nach der Formulierung des Patentanspruchs die große Grundseite („la grande base“) des trapezförmigen Abschnitts am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt sein soll, rechtfertigt kein anderes Verständnis. Soweit die Beklagte herzuleiten versucht, dass, wenn im Patentanspruch von einer „großen“ Grundseite die Rede sei, es notwendigerweise auch eine kleine Grundseite geben müsse, woraus wiederum zu folgern sei, dass die Grundseiten des Trapezes unterschiedlich lang zu sein hätten, wird verkannt, dass der Patentanspruch gerade nicht von einer „größeren“, sondern bloß von einer „großen“ Grundseite spricht. Das Prädikat „groß“ verdient bei einem rechtwinkligen Trapez mit gleich langen Grundseiten jede von ihnen und bei einem nicht rechtwinkligen Trapez mit unterschiedlich langen Grundseiten die längere von ihnen. Der Patentanspruch gibt dem Durchschnittsfachmann so gesehen die Anweisung, am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand die große Grundseite des Trapezes anzuordnen, nämlich eine von zwei gleich langen Grundseiten bzw. die längere von zwei unterschiedlich lang dimensionierten Grundseiten.
125bb)
126Bei dieser rein philologischen Betrachtung bleibt der Fachmann freilich nicht stehen. Denn für die Auslegung eines Patentanspruchs ist nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (vgl. BGH, GRUR 1975, 422, 424 - Streckwalze; GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube). Maßgeblich sind dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die Einzelmerkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen (vgl. BGHZ 172, 88 = GRUR 2007, 778 Ziehmaschinenzugeinheit I). Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen (vgl. BGH, GRUR 2012, 1122 Palettenbehälter III; BGH, Urt. v. 13.10.2015, Az. X ZR 74/14 = BeckRS 2015, 19864).
127Wie der Fachmann dem Absatz [0006] der Klagepatentbeschreibung entnimmt, bestanden die im Stand der Technik bekannten Verbindungsmittel zwischen Anschlussstück und Aufwickelwelle aus einem oder mehreren Stiften, die an der Oberfläche des Anschlussstücks befestigt waren und unter Krafteinwirkung in einen hohlen Teil eingriffen, der über die gesamte Länge der genannten Aufwickelwelle angelegt war. Zur Illustration dieses Standes der Technik hat die Klägerin - von der Beklagten unbeanstandet - als Anlage K 7 das auch im Einspruchsverfahren (dort Anlage D 17) diskutierte Dokument „C8/1 Teile für Nutzfahrzeuge P. S.“ vom September 2001 vorgelegt, in dem sich unter anderem die nachfolgend eingeblendete Aufwickelwelle und das nachfolgend gezeigte Anschlussstück finden (vgl. auch Absatz [0034] der Klagepatentbeschreibung, wo der in der nachstehend rechts eingeblendeten Abbildung oben zu sehende halbmondförmige Abschnitt bei der patentgemäßen Lösung lediglich fakultativ zur Gewichtsersparnis vorgesehen werden kann).
128129
Anschlussstück Aufwickelwelle
130An dieser Lösung kritisiert das Klagepatent im Absatz [0007], dass in der Aufwickelwelle zwingend ein hohler Teil vorhanden sein müsse, wodurch ihre Steifigkeit verringert werde. Zudem würden diese Vorrichtungen mit Blick auf die starken Beanspruchungen, die bei der Drehung des Anschlussstücks entstehen und die im Wesentlichen auf die Enden des Stifts und die Ränder des hohlen Teils mit halbmondförmigem Profil wirken, Verformungs- und Bruchprobleme aufweisen.
131Vor diesem Hintergrund ist dem Fachmann klar, weshalb der Vorsprung nach der beanspruchten Lehre einen trapezförmigen und einen kreisförmigen Abschnitt aufweisen soll. Denn durch die so definierte Gestaltung des Vorsprungs wird dieser an die Rille einer gegebenen Antriebswelle angepasst (so auch die Einspruchsabteilung, deren Auffassung der Senat als fachkundige Stellungnahme zu berücksichtigen hat, Anlage rop 2, Seite 11 unten). Indem das Anschlussstück einen kreisförmigen Vorsprung aufweist, der über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts vorgesehen ist, wird der bei der als gegeben vorausgesetzten Aufwickelwelle vorhandene Hohlraum, der in seinem weiteren Verlauf der Aufnahme der Haltestange dient (vgl. Absatz [0032], „barre d’accrochage“), ausgefüllt, so dass der Hohlraum innerhalb der Aufwickelwelle zumindest reduziert wird (vgl. Absatz [0013]), wodurch die Verformung des in den hohlen Teil (7) der Innenwand (8) des Anschlussstücks hineinragenden Bereichs (11) verhindert wird (vgl. Absatz [0026]). Der trapezförmige Abschnitt dient demgegenüber der Verbindung des den Hohlraum ausfüllenden kreisförmigen Abschnitts und der Innenwand des hohlen Abschnitts (7) des Anschlussstücks. Es ist der trapezförmige Teil des Vorsprungs, der den Mitnehmer für die Aufwickelwelle bereitstellt, indem er dafür sorgt, dass das Anschlussstück bei seiner ihm durch die Übertragungswelle aufgezwungenen Rotation die Aufwickelwelle mitnehmend in Drehung versetzt. Dass es hierfür zwingend zweier, in Richtung der Mitte des hohlen Abschnitts (7) des Anschlussstücks (1) aufeinander zu laufender Schenkel des Trapezes bedarf, lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen und ist auch nicht ersichtlich. An keiner Stelle befasst sich die Klagepatentschrift damit, dass die Drehbewegung mithilfe des Vorsprungs möglichst rechtwinklig in die korrespondierende Gegen-Fläche des Kupplungsteils eingeleitet werden muss. Eine dahingehende Anordnung und Gestaltung mag kräftemäßig besonders vorteilhaft sein, weil die gesamte vom angetriebenen Anschlussstück aufgebrachte Kraft auf der Seite der Aufwickelwelle in ein wirksames Drehmoment umgesetzt wird; dass aber genau dies ein Anliegen der Erfindung sein soll, ist nicht zu erkennen.
132cc)
133Dass die Einspruchsabteilung das Klagepatent im Einspruchsverfahren lediglich beschränkt und unter der Voraussetzung, dass die Schlüssellochform auf eine Gestaltung mit einem trapez- und einem kreisförmigen Abschnitt konkretisiert ist, aufrecht erhalten hat, rechtfertigt keine andere Bewertung.
134Zwar treten bei einer beschränkten Aufrechterhaltung des Klagepatents die die Abweichung behandelnden Entscheidungsgründe an die Stelle der Patentbeschreibung oder neben sie und binden das Verletzungsgericht (vgl. BGH, GRUR 1979, 308, 309 – Auspuffkanal für Schaltgase; GRUR 1992, 839, 840 – Linsenschleifmaschine; Senat, InstGE 5, 183 – Ziehmaschine; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Auflage, Abschnitt A, Rz. 75). Jedoch lässt sich auch der Einspruchsentscheidung kein Hinweis auf ein eingeschränktes Verständnis des Begriffes „trapezförmig“ entnehmen. Anlass für die bloß teilweise Aufrechterhaltung des Klagepatents war die im Einspruchsverfahren als Entgegenhaltung D 1 diskutierte WO 00/47908 (vgl. Anlage rop 3), in der sich unter anderem die nachfolgend eingeblendeten Figuren finden.
135136
Die Einspruchsabteilung hat die Entgegenhaltung gegenüber dem ursprünglich nur allgemein auf einen schlüssellochförmigen Vorsprung abstellenden Hauptantrag im Einspruchsverfahren als neuheitsschädlich angesehen und dabei die Auffassung vertreten, bei dem in der vorstehenden Abbildung mit der Bezugsziffer (30) gekennzeichneten quadratischen Profil handele es sich um einen Vorsprung (10) im Sinne des Klagepatents (vgl. Anlage rop 2, S. 9 unten). In der letztlich aufrechterhaltenen Fassung des Klagepatents ist die Schlüssellochform deswegen dahingehend näher konkretisiert, dass der Vorsprung in der Profilansicht einen kreisförmigen und einen trapezförmigen Abschnitt aufweist, dessen große Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt sein soll (vgl. Anlage rop 2, S. 11). Dass der Vorsprung in Profilansicht zweiteilig ausgebildet sein und neben dem trapezförmigen Abschnitt auch einen kreisförmigen Abschnitt aufweisen soll, diente mithin der Abgrenzung zu einer rein quadratischen Gestaltung des Vorsprungs, welche die Einspruchsabteilung bereits als „schlüssellochförmig“ angesehen hat. Vor dem Hintergrund des im Einspruchsverfahren diskutierten Standes der Technik hat die Einspruchsabteilung im Rahmen der Begründung der eingeschränkten Aufrechterhaltung des Klagepatents mithin entscheidend darauf abgestellt, dass der Vorsprung aus einem kreisförmigen und einem trapezförmigen Abschnitt besteht (und damit nicht allein quadratisch ist), ohne jedoch auf die nähere Gestaltung des trapezförmigen Abschnitts einzugehen (vgl. Anlage rop 2, S. 11 – 13).
137d)
138Soweit sich der streitgegenständliche Patentanspruch 1 zur Aufwickelwelle verhält (indem verlangt wird, dass der Vorsprung (10) dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) entspricht, indem gefordert wird, dass das schlüssellochförmige Profil zum Kupplungsteil (11) der Aufwickelwelle (2) komplementär sein soll, und indem gesagt wird, dass das Kupplungsteil der Aufwickelwelle die Plane ergreifen soll), ist – wie bereits dargelegt – zu beachten, dass der streitgegenständliche Patentanspruch ausschließlich das Anschlussstück und nicht die Aufwickelwelle betrifft. Dies hat zur Folge, dass eine bestimmte Gestaltung der Aufwickelwelle den Schutzbereich des streitgegenständlichen Patentanspruchs nur insoweit einschränken kann, wie sich daraus mittelbare Folgen für die Gestaltung des beanspruchten Anschlussstücks ergeben.
139Davon ausgehend lassen sich die Merkmale (b4) und (b5) der obigen Merkmalsgliederung nur so verstehen, dass der Vorsprung (10) so gestaltet sein muss, dass er in der Lage ist, mit dem Kupplungsteil (11) der Aufwickelwelle (2) derart zusammenzuwirken, dass das Drehmoment auf die Aufwickelwelle übertragen werden kann. Der Vorsprung muss demnach ein schlüssellochförmiges, d.h. aus einem kreisförmigen und einem trapezförmigen Abschnitt bestehendes Profil aufweisen, welches an die Form der Rille der Aufwickelwelle angepasst ist (so auch die Einspruchsabteilung, Anlage rop 2, S. 11). Ob die Aufwickelwelle demgegenüber ebenfalls ein schlüssellochförmiges Profil mit einem kreisförmigen und einem trapezförmigen Abschnitt aufweist, so dass Vorsprung und Aufwickelwelle wie ein Positiv und ein Negativ zusammenwirken, ist für die Beurteilung der Verletzungsfrage ohne Belang. Insbesondere führt es aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus, wenn die Aufwickelwelle kein schlüssellochförmiges Profil im vorgenannten Sinne aufweist, so dass der Vorsprung und die Antriebswelle nicht im Sinne von Positiv und Negativ kooperieren. Denn nicht die Aufwickelwelle soll an die Form des Vorsprungs angepasst sein, sondern der Vorsprung soll dem Kupplungsteil der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) entsprechen und das schlüssellochförmige Profil des Vorsprungs soll zum Kupplungsteil (11) der Aufwickelwelle komplementär sein. Ausgangspunkt der Betrachtung ist mithin stets die technische Gestaltung des zweiten Endes des Anschlussstücks und nicht die außerhalb des Schutzumfangs des Patentanspruchs liegende Aufwickelwelle.
140e)
141Ein engeres Verständnis ist nicht aus funktionalen Gründen gerechtfertigt. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass mit dem beanspruchten Anschlussstück auch eine homogene Kraftverteilung ermöglicht werden soll (vgl. Absatz [0011]). Dies ist jedoch vor dem Hintergrund der in Absatz [0007] geäußerten Kritik am Stand der Technik zu sehen, wonach die bekannte Lösung mit dem Nachteil verbunden war, dass die Beanspruchungen im Wesentlichen auf die Enden des Stifts sowie auf die Ränder des hohlen Teils mit halbmondförmigem Profil wirken. Um diese Nachteile zu beseitigen, sieht die durch das Klagepatent beanspruchte Lösung nunmehr vor, Anschlussstück und Aufwickelwelle nicht mehr allein durch an der Oberfläche des Anschlussstücks befindliche, in Hohlräume der Aufwickelwelle eingreifende Stifte zu verbinden (vgl. Absatz [0006]), sondern am Anschlussstück Verbindungsmittel vorzusehen, die aus einem kreisförmigen hohlen Abschnitt (7) mit einem im Einzelnen näher beschriebenen Vorsprung (10) bestehen, so dass die Aufwickelwelle in den hohlen Abschnitt (7) des Anschlussstücks gesteckt und die Drehbewegung über den Vorsprung (10) auf die Aufwickelwelle (7) übertragen werden kann. Um die anvisierte homogene Kraftverteilung zu erreichen, ist somit eine Vielzahl von Maßnahmen vorgesehen. Ein Hinweis darauf, dass die homogene Kraftverteilung gerade durch das Aufeinanderliegen der Schenkel des trapezförmigen Abschnitts des Vorsprungs (10) und entsprechend spiegelbildlich gestalteter Flächen an der Aufwickelwelle (2) erreicht werden soll, findet sich in der Klagepatentschrift, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Beschreibung des Ausführungsbeispiels, das gerade ein Aufeinanderliegen der Flächen zeigt, nicht. Im Gegenteil spricht Absatz [0026] ausdrücklich davon, dass über die Verbindungsmittel (6) eine Rotationskraft auf den gesamten Bereich (11) des Anschlussstücks ausgeübt wird. Bei den Verbindungsmitteln (6) handelt es sich nach dem streitgegenständlichen Patentanspruch um den hohlen Abschnitt (7), dessen den Vorsprung (10) aufweisende Innenwand (8) mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle ist, um das Ende der Aufwickelwelle (2) so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle (4) auf die Aufwickelwelle (2) übertragen wird.
142Soweit die Beklagte auf eine Selbstjustierung der Welle in der Kupplung abhebt, ist auch davon in der gesamten Patentschrift nirgends die Rede, weswegen der besagte Effekt auch nicht für das Verständnis dessen herangezogen werden kann, was mit der vom Klagepatent geforderten Komplementarität von Kupplungsteil und Vorsprung gemeint ist.
1434.
144Ausgehend von diesen Überlegungen macht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Zu Recht ist dies im Hinblick auf die Merkmalsgruppen 1 - 4.2 b) (2) (b3) zwischen den Parteien nicht umstritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
145a)
146Dass das angegriffene Anschlussstück darüber hinaus über einen Vorsprung mit einem schlüssellochförmigen Profil im Sinne der Merkmale (b5) und (b6) verfügt, lässt sich der nachfolgend eingeblendeten Abbildung ohne Weiteres entnehmen. Trotz der zugegebenermaßen großen Dimensionierung des kreisrunden oberen Teils bleibt die Anlehnung an die Gestalt eines Schlüssellochs deutlich erhalten.
147148
Wie der Senat im Rahmen der Auslegung von Patentanspruch 1 ausgeführt hat, steht es einer Verwirklichung von dessen technischer Lehre nicht entgegen, dass der zwischen der Außenwand des hohlen Abschnitts und dem kreisförmigen Abschnitt befindliche Bereich rechteckig ausgebildet ist. Auch bei einer solchen Gestaltung handelt es sich um eine Trapezform im Sinne des Klagepatents.
149b)
150Darüber hinaus weist der Vorsprung bei der angegriffenen Ausführungsform ein zum Kupplungsteil an der Außenwand der Aufwickelwelle komplementäres schlüssellochförmiges Profil auf, wobei der Vorsprung dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht (Merkmal (b4)).
151aa)
152Dass dem so ist, beweist bereits diejenige Aufwickelwelle, für die das streitbefangene Anschlussstück tatsächlich vorgesehen ist; die nachfolgend wiedergegebene, der Klageerwiderung entnommene Abbildung belegt dies.
153 154Die Abbildung verdeutlicht, dass die nicht vom Schutzumfang des streitgegenständlichen Patentanspruchs umfasste Aufwickelwelle bei der angegriffenen Ausführungsform in den hohlen Abschnitt des Anschlussstücks gesteckt werden kann. Dementsprechend ist die Innenwand des hohlen Abschnitts komplementär zur Außenwand der Aufwickelwelle. Des Weiteren passt der kreisförmige, vorstehend mit einem „M“ gekennzeichnete Abschnitt des Vorsprungs in den Kederkanal der Aufwickelwelle, während der rechteckige und damit trapezförmige Bereich zwischen den aufeinander zu laufenden Enden der Aufwickelwelle angeordnet ist. Das schlüssellochförmige Profil des Vorsprungs ist demnach komplementär zum Kupplungsteil der Aufwickelwelle, so dass der Vorsprung zugleich auch dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht. Eines Aufeinanderliegens zweier Flächen des trapezförmigen Abschnitts bedarf es dafür, wie bereits ausgeführt, nicht.
155Dass der Vorsprung des Anschlussstücks und das Kupplungsteil der Aufwickelwelle keine solche räumlich-geometrische Ausgestaltung haben, dass die Flächen des trapezförmigen Abschnitts auf entsprechenden Flächen des Kupplungsteils der Aufwickelwelle aufliegen, so dass das Drehmoment möglicherweise nicht über eine ganze Fläche, sondern nur punktuell mittels der sich verkantenden Berührungslinie zwischen Vorsprung und Kupplungsteil übertragen wird, führt aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus. Gleiches gilt, soweit sich die Querschnittsgeometrie des Vorsprungs von seinem zur Aufwickelwelle weisenden Abschluss zum Boden hin verjüngt, ohne dass dies durch das Kupplungsteil der Aufwickelwelle kompensiert würde. Zwar ist es eine Aufgabe des Klagepatents, eine homogene Kraftverteilung zu ermöglichen. Wie der Senat im Rahmen der Auslegung des Klagepatents im Einzelnen ausgeführt hat, bedeutet dies jedoch nicht, dass die homogene Kraftverteilung gerade dadurch realisiert werden muss, dass sich das schlüssellochförmige Profil des Vorsprungs (10) und das Kupplungsteil (11) wie ein Positiv und ein Negativ verhalten, so dass die Außenfläche des trapezförmigen Abschnitts des Vorsprungs (vollständig) auf einer spiegelbildlichen Fläche des Kupplungsteils aufliegt. Es mag sein, dass es dadurch, dass die für die Kraftübertragung ausgebildeten Flächen des Vorsprungs im Kupplungsteil nicht orthogonal zur Drehbewegung des Anschlussstücks angeordnet sind und der dadurch bedingte größere Winkel zur Rotationsbewegung zu Kraftverlusten führen kann. Rechtlich hat dies keine Konsequenzen, weil eine bestmögliche (= orthogonale) Krafteinleitung nicht notwendiger, sondern allenfalls fakultativer Inhalt der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 ist. Selbst wenn die angegriffene Ausführungsform die Vorteile des Patents nur unvollständig verwirklichen würde, wäre im Übrigen gleichwohl eine Patentverletzung gegeben, wenn sie – wie hier – sämtliche Merkmale des Patentanspruchs wortsinngemäß erfüllt (BGH, GRUR 2006, 131 - Seitenspiegel; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.01.2015, Az.: I-15 U 22/14; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Auflage, Abschnitt A, Rz. 173).
156Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass patentgemäße Anschlussstücke üblicherweise aus Guß gefertigt werden, was es technisch (zum Zwecke des Entformens) erzwingt, dass der Vorsprung über seine Höhe eine minimale Konizität (von ca. 1 °) besitzt. Da anderes technisch mit vernünftigem Aufwand nicht zu bewerkstelligen ist und das Klagepatent die nun einmal gegebenen technischen Möglichkeiten hinzunehmen hat, kann eine derartige geringe Konizität, weil sie unvermeidlich ist, nicht schutzbereichsrelevant sein. Der vorderste Bereich, der eine Einfädelhilfe beim Aufstecken des Anschlussstücks auf die Aufwickelwelle bereit stellt, besitzt zwar ein größeres Maß an Abschrägung, er ist jedoch schon von seiner Ausdehnung her äußerst klein, deshalb für die Zwecke der Drehmomentübertragung völlig untergeordnet und damit patentrechtlich unbeachtlich.
157bb)
158Auf die vorstehenden Ausführungen kommt es aber nicht einmal entscheidend an. Wie dargelegt, hat der eigenständige Sachschutz für das Anschlussstück zur Folge, dass lediglich eine zu ihm komplementäre Aufwickelwelle denkbar sein muss, mit der zusammen sich sämtliche Anspruchsmerkmale verwirklichen lassen. Sie muss nicht tatsächlich existieren und erst recht nicht zusammen mit dem angegriffenen Anschlussstück zum Einsatz kommen, sondern sich bloß konstruieren und herstellen lassen. Dies ist ohne weiteres der Fall. Selbstverständlich kann eine Aufwickelwelle so gebaut werden, dass sie ein der Kontur des schlüssellochförmigen Vorsprungs exakt nachgebildetes, ebenfalls schlüssellochartiges Kupplungsteil besitzt, so dass es zwischen Kupplungsteil und Vorsprung zu einer vollflächigen Anlage kommt, wie sie von der Beklagten propagiert wird.
1595.
160Dass die Beklagte im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Schutzrechtsverletzung zur Unterlassung, zum Rückruf sowie zur Vernichtung und, weil sie das Klagepatent schuldhaft verletzt hat, auch zum Schadenersatz und zur Entschädigung verpflichtet ist und der Klägerin, um ihr eine Berechnung ihrer Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Benutzungs- und Verletzungshandlungen Rechnung zu legen hat, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt. Auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Soweit die Klägerin darüber hinaus nunmehr auch Auskunft über die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer sowie die Menge der erhaltenen Erzeugnisse und der Einkaufspreise begehrt, steht ihr ein solcher Anspruch für die Zeit ab dem 30. April 2006 aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 3 PatG zu.
161III.
162Anlass, den Rechtsstreit einstweilen auszusetzen, besteht nicht. Mangels Zahlung des vom BPatG angeforderten Gerichtskostenvorschusses ist die seit Monaten anhängige Nichtigkeitsklage immer noch nicht zugestellt. Auf eine solche Nichtigkeitsklage muss sich die Klägerin nicht sachlich einlassen. Selbst wenn eine Abschrift der Nichtigkeitsklage im Verletzungsprozess vorgelegt wird, so dass der Verletzungskläger unabhängig vom Stand des Rechtsbestandsverfahrens von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen und sich mit ihr auseinandersetzen kann, verbietet sich eine Aussetzungsanordnung ohne Sachprüfung in aller Regel allein deshalb, weil sie ein Verletzer nicht verdient hat, der das Rechtsbestandsverfahren selbst schuldhaft derart zögerlich betreibt. Wenn die Nichtigkeitsklägerin schon über Monate hinweg der Zahlungsaufforderung nicht nachgekommen ist, besteht kein Grund für die Annahme, sie werde dem in nächster Zeit nachgekommen. Eine Aussetzung hätte deshalb zur Folge, dass die Durchsetzung des Klagepatents auf unabsehbare Zeit blockiert wäre, ohne dass im Rechtsbestandsverfahren irgendein Fortschritt erzielt würde. Das ist nicht akzeptabel. Die gegebene Konstellation ist im Ergebnis nicht anders zu behandeln, als wenn die Nichtigkeitsklage erst verspätet, z.B. kurz vor dem Verhandlungstermin, eingereicht worden wäre. Soweit sich die Beklagte auf ihre Einwendungen Dritter beruft, gilt für sie dasselbe; sie sind ohne Beitritt zum Nichtigkeitsverfahren überdies prozessual unzulässig und auch deswegen unbeachtlich. Die zweite Nichtigkeitsklage vermag ebenfalls keine Aussetzung zu rechtfertigen, weil für sie wiederum nur Gerichtskosten nach dem unzureichenden Streitwert von 100.000,- € eingezahlt sind.
163IV.
164Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
165Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
166Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, weil die in § 543 aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).
167Dr. K. F. Dr. B.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 11. Feb. 2016 - I-2 U 19/15
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 11. Feb. 2016 - I-2 U 19/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Tenor
I. Die Beklagte wird – unter Abweisung der Klage im übrigen - verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Anschlussstücke für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane
- wobei das Anschlussstück zum Bestücken von Anhänger- oder Lkw-Aufbauten bestimmt ist, um die Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle miteinander zu verbinden,
- wobei die Aufwickelwelle ein Kupplungsteil an der Außenwand enthält, das dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
- wobei das Anschlussstück ein erstes Ende umfasst, das mit dem Ende der Übertragungswelle zusammenwirkt,
- und das Anschlussstück ein zweites Ende umfasst, das mit dem Ende der Aufwickelwelle zusammenwirkt,
- und das zweite Ende einen Vorsprung umfasst, der mit dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle zusammenwirkt
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- bei denen das zweite Ende Verbindungsmittel umfasst, die aus einem hohlen Abschnitt bestehen, dessen Innenwand mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand des Endes der Aufwickelwelle ist,
- um das Ende der Aufwickelwelle so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird,
- wobei die Innenwand, die den Vorsprung umfasst, der dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht, dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
- wobei der besagte Vorsprung es erlaubt, die Aufwickelwelle zum Drehen zu bringen,
- und der Vorsprung aus Vollmaterial, fest mit der Innenwand verbunden, und über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts vorgesehen ist,
- und der Vorsprung ein zum Kupplungsteil an der Außenwand der Aufwickelwelle komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist,
- und der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, dessen Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist;
2. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung hinsichtlich der Angaben zu I.1. darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. August 2004 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und –gebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, der Zugriffszahlen auf die Domain und der Schaltungszeiträume jeder Werbung,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfragen mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
wobei die Angaben nach Ziffer I.2.d) ab dem 21. Mai 2010 beansprucht werden;
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen vorstehend zu I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder – nach ihrer Wahl – an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre (der Beklagten) Kosten herauszugeben;
4. die unter I.1. bezeichneten, seit dem 21. Mai 2010 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 2015, Aktenzeichen 4c O 18/14) festgestellten, patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1. der Klägerin für die unter I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 15. August 2004 bis 20. Mai 2010 einschließlich begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, sowie
2. der Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit ab dem 21. Mai 2010 begangenen Handlungen allen Schaden zu ersetzen, der ihr entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I.1., 3. und 4. in Höhe von 560.000,- €, hinsichtlich der Tenors zu Ziffer I.2. in Höhe von insgesamt 90.000,- sowie hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
1
TATBESTAND
3Die Klägerin ist ein in den X ansässiges Unternehmen, das sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Zubehörteilen für Anhänger und Aufbauten für Nutzfahrzeuge befasst. Sie ist eingetragene und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des in französischer Verfahrenssprache abgefassten europäischen Patents EP X (Anlage K 1, im folgenden: „Klagepatent“) betreffend Anschlussstücke für Aufwickelwellen, die insbesondere bei LKW-Anhängern verwendet werden. Eine deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift ist als Anlage K 2 zu den Akten gereicht worden.
4Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität (FR X) vom 1. Juli 2002 am 13. Juni 2003 angemeldet und die Anmeldung wurde am 7. Januar 2004 offen gelegt. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 21. April 2010 veröffentlicht. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat am 15. Juli 2004 die Patentansprüche in deutscher Sprache unter der Nr. DE X veröffentlicht (Anlage K 4).
5Die Beklagte hat neben einer weiteren Einsprechenden gegen das Klagepatent unter dem 21. Januar 2011 Einspruch eingelegt. Daraufhin hat das Europäische Patentamt mit inzwischen rechtskräftiger Entscheidung vom 26. Juni 2013 das Patent in eingeschränkter Form aufrecht erhalten. Die nunmehr gültige Fassung des Klagepatents liegt als Anlage K 5 und in deutscher Übersetzung als Anlage K 6 vor.
6Der eingeschränkt aufrechterhaltene Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
7„Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane, wobei das Anschlussstück zum Bestücken von Anhänger- oder LKW-Aufbauten bestimmt ist, um die Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle miteinander zu verbinden, wobei die Aufwickelwelle ein Kupplungsteil an der Außenwand enthält, das dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen, und das Anschlussstück ein erstes Ende, das mit dem Ende der Übertragungswelle zusammenwirkt, und ein zweites Ende, das mit dem Ende der Aufwickelwelle zusammenwirkt, umfasst, und das zweite Ende einen Vorsprung umfasst, der mit dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle zusammenwirkt, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Ende Verbindungsmittel umfasst, die aus einem hohlen Abschnitt bestehen, dessen Innenwand mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand des Endes der Aufwickelwelle ist, um das Ende der Aufwickelwelle so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird, wobei die Innenwand, die den Vorsprung umfasst, der dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht, dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen, wobei der Vorsprung es erlaubt, die Aufwickelwelle zum Drehen zu bringen, und der Vorsprung aus Vollmaterial, fest mit der Innenwand verbunden, und über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts vorgesehen ist, und der Vorsprung ein zum Kupplungsteil an der Außenwand der Aufwickelwelle komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist, und der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, dessen Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist.“
8Hinsichtlich des lediglich „insbesondere“ geltend gemachten Patentanspruchs 2 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
9Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und zeigen erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele. Figur 1 stellt eine perspektivische Ansicht eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Anschlusstücks dar, das mit einer an dieses Anschlussstück angepassten Aufwickelwelle verbunden ist. Figur 2 zeigt eine radiale Schnittansicht in Höhe der Verbindung zwischen der Aufwickelwelle (2) und dem Anschlussstück (1) eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels.
10 11Die Beklagte ist in der Herstellung und dem Vertrieb von Lkw-Zubehörteilen tätig. Sie bietet auf ihrer Internetseite Adapter für Rundprofile R27 mit den Produktnummern X an (im Folgenden „angegriffene Ausführungsform“). Ein Screenshot der entsprechenden Internetseite wurde vorgelegt als Anlage K 13, ein Exemplar einer angegriffenen Ausführungsform ist als Anlage K 12 zur Akte gelangt.
12Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletzte das Klagepatent wortsinngemäß. Das Klagepatent verstehe weder unter dem Begriff der Komplementarität noch des trapezförmigen Abschnittes eines Schlüssellochprofils eine exakte Einhaltung der geometrischen Formen. Dies könne weder dem technischen Sinn und Zweck noch der Entscheidung der Einspruchsabteilung entnommen werden. Im Einspruchsverfahren sei lediglich eine Präzisierung des Profils eines Schlüssellochs auf ein Profil mit einem kreisförmigen und einem trapezförmigen Abschnitt vorgenommen worden, um das schlüssellochförmige Profil von sonstigen Schlüssellöchern abzugrenzen. Eine Beschränkung auf exakt solche Ausgestaltungen, die einen kreisförmigen und trapezförmigen Abschnitt aufweisen, sei damit indes nicht erfolgt. Entsprechendes könne auch der Klagepatentschrift nicht entnommen werden.
13Sie beantragt,
14im wesentlichen zu erkennen, wie geschehen, wobei die Vorlage von Belegen beantragt wurde und der Anspruch auf Rückruf und Entfernung wie folgt gestellt wurde:
15die vorstehend zu I.1. bezeichneten, seit dem 21. Mai 2010 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen und endgültig zu entfernen, sofern es sich bei den Dritten nicht um private oder gewerbliche Abnehmer handelt.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht. Der Vorsprung der angegriffenen Ausführungsform weise weder ein zum Kupplungsteil komplementäres, schlüssellochförmiges Profil auf, noch umfasse er einen trapezförmigen Abschnitt. Umgekehrt habe auch das Kupplungsteil kein schlüssellochförmiges Profil mit einem trapezförmigen Abschnitt (des Vorsprungs) und sei ebenfalls nicht komplementär zum Vorsprung des Anschlussteils ausgeführt.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
20ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
21Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus unmittelbarer Patentverletzung im wesentlichen zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch macht.
22I.
23Das Klagepatent betrifft ein Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln von Wickelgut wie Planen oder Ähnlichem, insbesondere von Kraftfahrzeugen. Sie zielt insbesondere darauf ab, im Transportgewerbe Ladeflächen von Lkw oder Anhängern auszurüsten, die für den Gütertransport eingesetzt werden und mit Schutzplanen ausgestattet sind. Bei diesen Lkw-Ladeflächen oder Anhängern werden üblicherweise bewegliche Planen benutzt, die rasch entfernt und angeordnet werden können, insbesondere um das Be- und Entladen von Gütern zu erleichtern.
24Zum Stand der Technik führt die Klagepatentschrift aus, dass verschiedene Einrichtungen bekannt seien, von denen eine mit einer Aufrollvorrichtung arbeite, die eine Übertragungswelle, ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung sowie eine Aufwickelwelle für das genannte aufwickelbare Element umfasst. Bei dieser Art von Einrichtung gewährleistet das Anschlussstück die Verbindung zwischen der Übertragungswelle der Aufrollvorrichtung und der Aufwickelwelle. Es besteht im Allgemeinen aus einem einzigen Block und beinhaltet an seinen beiden Enden Mittel zur Verbindung mit der Übertragungswelle bzw. der Aufwickelwelle. Bei den vorbekannten Einrichtungen bestehen die Verbindungsmittel zwischen Anschlussstück und Aufwickelwelle aus einem oder mehreren Stiften, die an der Oberfläche des Anschlussstücks befestigt sind und unter Krafteinwirkung in einen hohlen Teil eingreifen, der über die gesamte Länge der genannten Aufwickelwelle angelegt ist.
25Dieses, die Verbindung gewährleistende Anschlussstück weise jedoch, so die Klagepatentschrift, verschiedene Nachteile auf, u.a. die Notwendigkeit, dass ein hohler Teil in der genannten Aufwickelwelle vorhanden ist, wodurch die Steifigkeit dieser Welle verringert wird. In Erwägung der starken Beanspruchungen, die anlässlich der Drehung dieses Anschlussstücks entstehen und auch aufgrund der Tatsache, dass diese Beanspruchungen im Wesentlichen auf die Enden des Stifts sowie auf die Ränder des hohlen Teils mit halbmondförmigem Profil wirken, weisen diese Vorrichtungen Verformungs- und Bruchprobleme auf, die das Auf- und/oder Abwickeln des genannten aufwickelbaren Elements behindern können.
26Aus der Druckschrift FR X, auf welche das Klagepatent Bezug nimmt, sei eine demontierbare Kupplung bekannt, die dazu bestimmt sei, eine Verbindung zwischen zwei koaxialen Wellen mit zykloidenbogenförmigem Profil herzustellen. Dieses Dokument löse allerdings nicht das Problem der Verbindung zwischen der Transmissionswelle einer Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements und der Aufwickelwelle. Die demontierbare Kupplung weise für jede Welle einen hohlen Teil auf, dessen Innenwand einer der Außenwand mit zykloidenbogenförmigen Profil des Endes der Transmissionswelle ergänzenden Gestalt ist.
27Ausgehend von dem geschilderten Stand der Technik formuliert es das Klagepatent als Aufgabe (Absatz [0011]), die vorgenannten Nachteile zu beseitigen und eine homogene Verteilung der Kraft zu ermöglichen, die von dem Anschlussstück auf die genannte Aufwickelwelle ausgeübt wird. Ein weiteres Ziel der Erfindung besteht darin, ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung eines aufwickelbaren Elements wie einer Plane oder dergleichen anzubieten, das eine rasche Verbindung zwischen diesen beiden Elementen erlaubt. Schließlich ist es ein weiteres formuliertes Ziel der Erfindung, ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung eines aufwickelbaren Elements wie einer Plane oder dergleichen anzubieten, das eine Reduzierung oder den Wegfall des hohlen Teils erlaubt, der sich innerhalb der genannten Aufwickelwelle befindet.
28Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem eingeschränkt aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
29- 30
1. Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane;
- 32
2. das Anschlussstück ist zum Bestücken von Anhänger- oder Lkw-Aufbauten bestimmt,
2.1 um die Übertragungswelle (4) der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle (2) miteinander zu verbinden;
34- 35
3. die Aufwickelwelle (2) enthält ein Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9)
3.1 das Kupplungsteil ist dazu bestimmt, das aufwickelbare Element zu ergreifen;
37- 38
4. das Anschlussstück (1) umfasst ein erstes Ende (3) und ein zweites Ende (5);
4.1 das erste Ende wirkt mit dem Ende der Übertragungswelle (4) zusammen;
404.2 das zweite Ende (5) wirkt mit dem Ende der Aufwickelwelle (2) zusammen;
41- 42
5. das zweite Ende (5) umfasst einen Vorsprung (10);
5.1 der Vorsprung wirkt mit dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) zusammen;
44- 45
6. das zweite Ende (5) umfasst Verbindungsmittel (6);
6.1 die Verbindungsmittel bestehen aus einem hohlen Abschnitt (7);
476.1.1 die Innenwand des hohlen Abschnitts ist kreisförmig,
486.1.2 die Innenwand des hohlen Abschnitts ist komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle
496.1.2.1 um das Ende der Aufwickelwelle (2) so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle (4) auf die Aufwickelwelle (2) übertragen wird,
506.1.3 die Innenwand umfasst den Vorsprung (10), der dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) entspricht
516.1.4 das Kupplungsteil ist dazu bestimmt, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
526.2.1 der Vorsprung (10) erlaubt es, die Aufwickelwelle (2) zum Drehen zu bringen,
536.2.2 der Vorsprung ist aus Vollmaterial,
546.2.3 der Vorsprung ist fest mit der Innenwand (8) verbunden,
556.2.4 der Vorsprung ist über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts (7) vorgesehen
566.2.5 der Vorsprung weist ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres, schlüssellochförmiges Profil auf
576.2.6 der Vorsprung umfasst in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt
586.2.6.1 die Grundseite des trapezförmigen Abschnitts ist am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand (8) befestigt.
59II.
60Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Die Parteien streiten (zu Recht) ausschließlich über die Frage, ob die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 6.2.5, 6.2.6 und 6.2.6.1 des Klagepatentanspruchs erfüllt, so dass sich Ausführungen der Kammer zu den Merkmalen 1 bis 6.2.4. erübrigen. Aber auch die zwischen den Parteien im Streit stehenden Merkmale werden durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
61Merkmal 6.2.5 besagt, dass der Vorsprung (10) an der Innenwand des hohlen Abschnitts am zweiten Ende des Anschlussstücks ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist. Hierunter versteht der Fachmann, dass der innerhalb des hohlen Abschnitts ausgebildete Vorsprung am zweiten Ende des Anschlussstücks ein schlüssellochförmiges Profil haben muss und dieses schlüssellochförmige Profil komplementär zur Form der Außenwand des Kupplungsteils ist, d.h. im Wesentlichen der Form der Außenwand (11) des Kupplungsteils entspricht, so dass ein Formschluss zwischen dem Profil des Vorsprungs des Anschlussstücks und dem Kupplungsteil der Aufwickelwelle ermöglicht wird und dieser ohne „Wackeln“ bzw. „Schwingen“ stabil bleibt. Eine exakte Formentsprechung wird damit nicht vorausgesetzt.
62Dieses Verständnis folgt bereits bei einer rein philologischen Betrachtung des Begriffs „komplementär“. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch hat der Begriff „komplementär“ eine „Ergänzung“ zum Inhalt. Die schlüssellochförmige Form des Vorsprungs soll somit die Form des Kupplungsteils an der Außenwand „ergänzen“. Ein entsprechendes Verständnis kann auch der Beschreibung der Erfindung nach dem Klagepatent entnommen werden. So wird in Abs. [0032] beschrieben, dass die schlüssellochförmige Form des Vorsprungs (10) komplementär ist zu dem Kupplungsteil (11), welches wiederum angepasst ist, um das genannte Kupplungsteil aufzunehmen, das im Allgemeinen eine kreisförmige Form hat. Die einzelnen Vorrichtungsbestandteile sollen sich mithin ergänzen, damit die notwendige Verbindung geschaffen werden kann. Dies setzt indes keine exakte Formentsprechung im Sinne eines Negativs voraus.
63Ein entsprechendes Verständnis folgt auch mit Blick auf das Merkmal 6.1.2. Dieses besagt, dass die Innenwand des hohlen Abschnitts (7) komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle ist. Hierzu führt die Klagepatentschrift in Abs. [0022] aus, dass die Verbindungselemente des zweiten Endes das Ende der Aufwickelwelle in der Weise ergreifen können, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird. Hiernach wird dem Begriff der Komplementarität nicht der Inhalt einer exakten Formentsprechung bzw. -ergänzung zugeschrieben, sondern eine Entsprechung in der Weise, dass die Funktion der Übertragung der Drehbewegung auf die Aufwickelwelle bewerkstelligt wird. Das Verbindungselement des erfindungsgemäßen Anschlussstücks muss daher in das Ende der Aufwickelwelle „passen“, die Form der Verbindungsmittel des Anschlussstücks muss mithin die Form des Endes der Aufwickelwelle ergänzen bzw. aufnehmen können, damit sich die Teile - Anschlussstück und Aufwickelwelle – derart miteinander verbinden lassen können, dass eine Kraftübertragung der Drehbewegung von dem Anschlussstück auf die Aufwickelwelle stattfinden kann. Entsprechendes folgt auch aus Abs. [0026] der Klagepatentschrift, wo beschrieben ist, dass es die Verbindungsmittel (6) ermöglichen sollen, eine Rotationskraft auf den gesamten Teil 11 (= Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle) ausüben, wobei sie gleichzeitig die Verformung dieses Teils 11 verhindern, der in den hohlen Teil 7 der Innenwand 8 hineinragt.
64Das „komplementäre Profil“ des Anschlussstücks soll mithin entsprechend dem „Schloss/Schlüssel“-Prinzip an das Ende des Kupplungsteils am Ende der Aufwickelwelle angepasst sein, so dass hierdurch eine Kraftübertragung über das Anschlussstück vermittelt auf die Aufwickelwelle stattfinden kann. Dies setzt indes nicht voraus, dass das schlüssellochförmige Profil form- und millimetergenau an dem Kupplungsteil der Aufwickelwelle wiedergegeben sein muss. Vielmehr reicht es aus, wenn die Formen von Vorsprung des Anschlussstücks und Kupplungsteil der Aufwickelwelle angepasst sind und sich im Wesentlichen entsprechen, damit der technische Sinn und Zweck – formschlüssige Verbindung zum Zwecke der Übertragung des Drehmoments – erfüllt wird. Dies ist für den Fachmann einmal deshalb erkennbar, weil die Anschlussstücke, um deren Ausbildung es bei der vorliegenden Erfindung geht, nicht im Rahmen der Feinmechanik hergestellt werden, sondern robuste Teile darstellen, die hohen mechanischen Belastungen und Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Ferner kann auch der Beschreibung in Abs. [0027] entnommen werden, dass das Merkmal 6.2.5 keine millimetergenaue, exakte Passgleichheit erfordert. Denn in Abs. [0027] beschreibt das Klagepatent eine bevorzugte Ausführung der Erfindung dahingehend und mit Bezug auf den „Formschluss“ von Anschlussstück und Aufwickelwelle, dass vorgesehen werden könne, dass die Maße der Innenwand (8) des zweiten Endes (5) des Anschlussstücks identisch oder minimal größer sind als die der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2), so dass jede Schwingung zwischen dem Anschlussstück und der Aufwickelwelle anlässlich des Drehantriebs vermieden wird. Dem kann im Umkehrschluss entnommen werden, dass bevorzugt Innenwand und Außenwand annähernd dieselben Maße aufweisen sollen, dies aber nicht zwingend der Fall sein muss.
65Diesem Verständnis folgend, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 6.2.5 wortsinngemäß. Die Beklagte selbst bewirbt die Anschlussstücke als „Adapter unten für Rundprofile R2“, wie der Anlage K 24 zu entnehmen ist. Die Rundprofile wiederum bewirbt und vertreibt sie in Kombination mit der angegriffenen Ausführungsform, wie sich aus Anlage K 25 ergibt. Dort bewirbt die Beklagte die Rundprofile damit, dass die angegriffene Ausführungsform – entweder mit Schlitz oder Innenvierkant – auf das Rundprofil aufgepresst sind. Ein Aufpressen wäre indes nicht möglich, wenn eine Komplementarität im Sinne des vorgenannten Verständnisses nicht vorhanden wäre. Dass ein Formschluss bei der angegriffenen Ausführungsform nicht möglich ist, ist nicht zu erkennen. Denn den vorgelegten Abbildungen lässt sich entnehmen, dass Vorsprung und Kupplungsteil aufeinander „passen“ und somit im Sinne des Klagepatents „komplementär“ sind. Gemäß der von der Beklagten selbst vorgelegten Abbildungen 5, 6 und 7 auf Bl. 47 d.A. ist das Kupplungsteil der Aufwickelwelle zu dem schlüssellochförmigen Profil des Vorsprungs des Anschlussstücks komplementär im Sinne des Klagepatents. Dass beide Teile nicht die identische Formgebung und die identischen Abmessungen aufweisen, ist dabei ohne Belang. Denn es genügt, dass beide Teile im Wesentlichen dieselbe Form und passende Abmessungen aufweisen, so dass nach dem Schlüssel-/Schloss-Prinzip ein Formschluss und eine Drehmoment-Übertragung gewährleistet sind.
66Auch die Merkmale 6.2.6 und 6.2.6.1 werden durch die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Merkmal 6.2.6 sieht vor, dass der Vorsprung (10) in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, wobei die Grundseite des trapezförmigen Abschnitts am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist (Merkmal 6.2.6.1).
67Der Fachmann versteht das Merkmal dahingehend, dass der Vorsprung in der Profilansicht die Form eines Schlüssellochs aufweisen muss, wobei das längliche Ende des Schlüssellochs mit der Innenwand (8) verbunden sein soll und das Schlüsselloch aus einem – im Wesentlichen – kreisförmigen Teil und einem trapezförmigen Teil gebildet wird. Dabei handelt es sich bei der Beschreibung „kreisförmiger Teil“ und „trapezförmiger“ Teil jedoch nicht um genaue geometrische Angaben, sondern um die Beschreibung der klassischen Form eines Schlüssellochs.
68Das Merkmal 6.2.6 und Merkmal 6.2.6.1 stellen eine Präzisierung des von Merkmal 6.2.5 aufgestellten Erfordernisses dar, dass der Vorsprung ein schlüssellochförmiges Profil aufweisen muss. Merkmal 6.2.6 sieht vor, dass der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt vorsieht, Merkmal 6.2.6.1 beschreibt dann weiter, dass die Grundseite des trapezförmigen Abschnitts am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist. Die schlüssellochförmige Ausgestaltung wird durch das Merkmal 6.2.6 daher dahingehend präzisiert, dass es sich um ein klassisches Schlüsselloch mit einen kreisförmigen und einem trapezförmigen Abschnitt handeln soll. Entsprechend heißt es in Abs. [0031] der Beschreibung der Klagepatentschrift, der sich auf Abs. [0030] bezieht, in dem die Schlüsselloch-Form des Vorsprungs genannt wird: „Anders gesagt umfasst der genannte Vorsprung 10 in der Profilansicht einen kreisförmigen Teil und einen trapezförmigen Teil, dessen Grundseite mit dem kreisförmigen Teil der besagten Innenwand 8 verbunden ist.“ In der maßgeblichen französischen Fassung lautet die Passage: „Autrement dit, ladite protubérance…..“. Hierdurch wird deutlich gemacht, dass die Beschreibung des Vorsprungs in Profilansicht, umfassend einen kreisförmigen Teil und einen trapezförmigen Teil, eine nähere Präzisierung / Verdeutlichung der zuvor in Abs. [0030] beschriebenen Schlüssellochform ist.
69Die Klagepatentschrift selbst macht keine weiteren Angaben dazu, wie der kreisförmige und der trapezförmige Teil ausgebildet sein sollen. Auch der Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes (Anlage rop 2) sind keine Ausführungen zu den Anforderungen an die Form des kreisförmigen und des trapezförmigen Teils zu entnehmen, insbesondere zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob das Klagepatent eine exakte Einhaltung der geometrischen Form voraussetzt. Die von der Klägerin auf Hinweis der Einspruchsabteilung vorgenommene Präzisierung des schlüssellochförmigen Profils bestehend aus einem kreisförmigen und einem trapezförmigen Teil erfolgte vor dem Hintergrund der nach Ansicht der Einspruchsabteilung neuheitsschädlichen Vorwegnahme der Lehre nach dem Klagepatent durch die Entgegenhaltung D 1 (X, Anlage rop 3). Die Einspruchsabteilung schien insoweit anzunehmen, ohne dies näher zur formulieren, dass die Figur 2 der D 1 mit der Passfeder 30 ein „schlüssellochförmiges Profil“ offenbart.
70Die von der Klägerin insoweit vorgenommene Präzisierung des schlüssellochförmigen Profils auf ein Profil mit einem trapezförmigen und einem kreisförmigen Abschnitt bedingt indes nicht, dass die Erfindung nach dem Klagepatent auf die Einhaltung der exakt geometrischen Form beschränkt ist. Denn die geometrischen Formen – Kreis und Trapez – werden vom Klagepatent nicht näher beschrieben. Aus den Figuren des Klagepatents, insbesondere aus Figur 2, die eine bevorzugte Ausführungsform zeigt, wird deutlich, dass das dort gezeigte Schlüsselloch auch keine streng trapezförmige Ausgestaltung, mithin ein Viereck mit zwei zueinander parallel liegenden Seiten, aufweist. Denn es werden keine parallelen Seiten gezeigt. Vielmehr weist die obere Seite des Trapezes eine Ausnehmung auf, welche der Kreisform des Anschlussstücks geschuldet ist und die untere Seite des Trapezes ist nach außen gewölbt. Dem kann der Fachmann entnehmen, dass die genannten Formen – Kreis und Trapez – das Schlüsselloch lediglich dahingehend näher beschreiben sollen, dass dieses im Wesentlichen aus diesen Formen besteht und damit ein „klassisches Schlüsselloch“ beschreiben und abgrenzen von sonstigen „modernen“ Schlüssellöchern.
71Auch dem technischen Sinn und Zweck kann kein Erfordernis entnommen werden die Schlüssellochform aus einem Kreis und einem Trapez im streng geometrischen Sinne zu bilden. Der Fachmann erkennt, dass es keinen technischen Vorteil bringt, wenn das Trapez exakt schräge Schenkel aufweist und er erkennt, dass es aus technischer Sicht auch gar nicht möglich ist, in der Rundung des Anschlussstücks ein Trapez „unterzubringen“.
72Ausgehend von einem solchen Verständnis des Merkmals verwirklicht die angegriffene Ausführungsform auch die Merkmale 6.2.6 und 6.2.6.1 des Klagepatents. Denn die angegriffene Ausführungsform weist einen Vorsprung mit einem schlüssellochförmigen Profil auf, das im Wesentlichen aus einer kreisförmigen und einer trapezförmigen Form besteht. Dass das schlüssellochförmige Profil des Vorsprungs Rundungen aufweist, steht der Verwirklichung des Merkmals aus den dargestellten Gründen nicht entgegen.
73III.
74Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich nachfolgende Rechtsfolgen:
75Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet.
76Die Beklagte trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Die Beklagte als Fachunternehmen hätte bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents schuldet die Beklagten daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Ferner schuldet die Beklagte der Klägerin gemäß Art. II § 1 IntPatÜbkG für die von ihr in der Zeit zwischen Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents und seiner Erteilung verübten Benutzungshandlungen eine angemessene Entschädigung.
77Da die genaue Schadensersatzhöhe sowie die Höhe der angemessenen Entschädigung derzeit noch nicht feststehen, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
78Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz und die ihr zustehende angemessene Entschädigung zu beziffern, sind die Beklagten verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen. Soweit die Klägerin auch im Rahmen der gemäß § 259 BGB bestehenden Auskunftspflicht die Vorlage von Belegen begehrt hat, war dem nicht nachzukommen, da die Klägerin für deren Üblichkeit weder konkrete Tatsachen vorgetragen hat noch entsprechendes ersichtlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 7. August 2014, I-2 U 8/14).
79Schließlich ist die Beklagte nach § 140a Abs. 1 und 3 PatG in der zuerkannten Weise zur Vernichtung und zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände verpflichtet. Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf sowie des Landgerichtes Düsseldorf stellt das Entfernen aus den Vertriebswegen einen Bestandteil des Rückrufes dar, da der Verletzer mit dem Rückruf die Bereitschaft zu Ausdruck bringt, die zurückgegebenen Gegenstände wieder an sich zu nehmen /vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 12, 88 – Cinch-Stecker). Soweit die Klägerin mit der Entfernung weitergehende Handlungen der Beklagten begehrt, wurden entsprechende Entfernungsmaßnahmen trotz Erforderlichkeit im Hinblick auf die Bestimmtheit des Antrages (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 7. Aufl. Rn 1446 f.) nicht konkret benannt, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.
80IV.
81Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
82Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
83Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO war der Beklagten nicht einzuräumen, da die entsprechenden Voraussetzungen weder dargetan noch glaubhaft gemacht worden sind.
84Der Streitwert wird auf 750.000,00 EUR festgesetzt.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15.1.2014 (28 O 234/13) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, über den Kläger identifizierend unter Nennung seines Namens und Verbreitung seines Bildnisses zu berichten, wie geschehen am 24.1.2013 auf dem Fernsehsender S in der Sendung „F“ (Anlage K 4).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten um die Unterlassung von Äußerungen über den Kläger in einem Fernsehbeitrag der Beklagten.
4Der Kläger betreibt eine Internetseite, auf der er sich mit der von der Beklagten ausgestrahlten Fernsehsendung „E T E2 T2“ (ETE2T2) befasst. Dies wiederum war Gegenstand der angegriffenen Berichterstattung der Beklagten, in die u.a. ein mit dem Kläger am 22.1.2013 geführtes Interview eingeflossen ist und wegen deren Einzelheiten auf die zur Akte gereichte DVD (Anlage K 4) verwiesen wird. Der Kläger ließ die Beklagte deswegen mit Schreiben vom 5.2.2013 abmahnen.
5Durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 14.3.2013 (28 O 67/13) wurde der Beklagten u.a. die Behauptung, Verbreitung usw. der auch vorliegend streitgegenständlichen Äußerungen untersagt. Den dagegen eingelegten Widerspruch nahm die Beklagte am 3.4.2013 zurück.
6Im vorliegenden Hauptsacheverfahren geht es um die Zulässigkeit einer identifizierenden Berichterstattung sowie um die Unterlassung von vier Passagen des Fernsehbeitrags. Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, dass die ihn identifizierende Berichterstattung in der konkreten Verletzungsform insgesamt unzulässig sei. Außerdem hat er gemeint, dass in dem Fernsehbeitrag die mit dem Klageantrag zu b) zur Unterlassung begehrten unzutreffenden Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, er habe sich gegenüber M X als „ältere Dame“ ausgegeben und würde Unwahrheiten über U E2 verbreiten. Ferner werde durch die im Klageantrag zu c) aufgeführten Äußerungen der unzutreffende Eindruck erweckt, er habe bei YouTube ein Video über M X veröffentlicht und dies auch zugegeben. Schließlich würden die im Antrag zu d) genannten Aussagen den Eindruck erwecken, er habe bestätigt, behauptet zu haben, mit Frau U E2 zusammen gewesen zu sein.
7Der Kläger hat beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft zu vollstrecken an dem Geschäftsführer – zu unterlassen,
9a) über den Kläger identifizierend unter Nennung seines Namens und Verbreitung seines Bildnisses zu berichten,
10b) in Bezug auf den Kläger zu behaupten und/oder zu verbreiten und/oder behaupten und/oder verbreiten zu lassen,
11aa) der Kläger habe sich auf der Internetplattform „Facebook“ als ältere Dame ausgegeben, um so Frau M X zu kontaktieren. Er habe dann im Gesprächsverlauf aufgedeckt, dass er in Wirklichkeit U2 M2 sei (Time-Code 01:15-01:39, Anlage K 4)
12bb) der Kläger würde Unwahrheiten über U E2 verbreiten (Time-Code 04:25 – 04:30, Anlage K 4),
13c) durch die Berichterstattung
14(Off-Stimme)
15„In dem Anti-M Internetvideo wird die 20-jährige nicht nur als Nutte beschimpft, vielmehr legt das Video nahe, die angehende Friseurin aus dem Erzgebirge würde im Frankfurter Rotlichtmilieu als Prostituierte arbeiten.“ (Time-Code 02:45-03:11, Anlage K 4)
16(…)
17(Off-Stimme)
18„Ein bisschen ertappt wirkt M2 schon, mehrere Tage hatte unser Reporter gebraucht, um den angeblichen ETE2T2-Fan aufzuspüren. Was sagt der Mann, der nach eigenen Angaben zu mindestens 14 Superstarkandidaten Kontakt gesucht hat, zu den Videos, die M und andere Superstarbewerber verunglimpfen.“
19(S-Reporter)
20„Sie haben ja viele YouTube-Videos auch eingestellt.“
21(U2 M2)
22„8,9 Videos sind das, ist das verboten?!“
23(M X)
24„Jetzt wird es immer schlimmer, jetzt schreiben mich schon echt 100 Leute darauf an, dass ich in Frankfurt als Nutte arbeite und ich war dann richtig zittrig“
25(U2 M2)
26„Ich habe ja nur die Wahrheit geschrieben“
27(Time-Code 03:25 – 04:05, Anlage K 4)
28aa) den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe auf der Internetplattform „YouTube“ ein Video über M X veröffentlicht, in dem diese als Nutte bezeichnet wird,
29bb) den Eindruck zu erwecken, der Kläger würde gegenüber der Antragsgegnerin bestätigen, derartige Videos auf der Internetplattform „YouTube“ veröffentlicht zu haben;
30d) durch die Berichterstattung
31(S Off-Stimme)
32„In einem bei YouTube veröffentlichten Filmchen wird sogar behauptet, M2 sei Superstar-Kandidat. Für U die wohl noch schlimmere Lüge, angeblich seien der 31-jährige und die schöne 19-jährige ein Paar gewesen.“
33(U2 M2)
34„Ich habe alles so in den Entry reingeschrieben; so wie es ist, ist es auch.“
35(U E)
36„Meines Wissens waren wir nicht zusammen, also. Ich weiß da nichts von, aber ich finde es auch schlimm. Das Ganze ist ein bisschen gruselig, also er macht das schon, das ganze sehr extrem.“
37(Time-Code: 04:30 – 04:59)
38den Eindruck zu erwecken, der Antragsteller würde bestätigen, behauptet zu haben, mit Frau U E zusammen gewesen zu sein,
39wie jeweils geschehen am 24.01.2013 auf dem Fernsehsender S in der Sendung „F“.
40Die Beklagte hat beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Die Beklagte hat gemeint, dass in ihrem Fernsehbeitrag weder die vom Kläger angegriffene Tatsachenbehauptung enthalten sei noch die beanstandeten Eindrücke erweckt würden und hat auch eine den Kläger identifizierende Berichterstattung für zulässig gehalten.
43Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu b) aa) (ältere Dame), c) (YouTube-Video über M X) und d) (Beziehung zu U E) stattgegeben und sie hinsichtlich der Anträge zu a) (identifizierende Berichterstattung) und b) bb) (Verbreitung von Unwahrheiten) abgewiesen. Zur Begründung der stattgebenden Entscheidung hat das Landgericht die Auffassung vertreten, dass der Fernsehbeitrag der Beklagten die mit dem Klageantrag zu b) aa) zur Unterlassung begehrte Behauptung, der Kläger habe sich gegenüber M X als ältere Dame ausgegeben und dies auch zugegeben, zwar nicht unmittelbar und ausdrücklich enthalte, allerdings einen entsprechenden Eindruck erwecke, indem dies dem Zuschauer als unabweisliche Schlussfolgerung nahegelegt werde. Ein abweichendes Verständnis sei fernliegend. Dies sei angesichts des eingeblendeten Schriftzuges auch hinsichtlich des mit dem Antrag zu c) zur Unterlassung begehrten Eindrucks, der Kläger habe bei YouTube ein Video über M X veröffentlicht und dies auch bestätigt, der Fall, auch wenn am Ende des Beitrags das Bestreiten des Klägers wiedergegeben wird, da diese Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen worden seien. Schließlich könne der Kläger auch gemäß dem Klageantrag zu d) verlangen, dass die Beklagte es unterlässt, den Eindruck zu erwecken, er würde bestätigen, behauptet zu haben, mit Frau U E zusammen gewesen zu sein, weil durch den Fernsehbeitrag dem Zuschauer auch dies - ebenfalls in Form eines eingeblendeten Schriftzuges - als zwingende Schlussfolgerung nahegelegt werde. Zur Begründung der teilweisen Klageabweisung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung unter Nennung seines Namens und Verbreitung seines Bildnisses entsprechend dem Antrag zu a) habe, weil er sich für ein Interview zur Verfügung gestellt und damit in eine identifizierende Berichterstattung wirksam eingewilligt habe und die Verbreitung zutreffender Tatsachenbehauptungen über die Sozialsphäre regelmäßig zulässig sei. Der Kläger könne auch keine Unterlassung der Äußerung, er würde Unwahrheiten über U E verbreiten, gemäß dem Klageantrag zu b) bb) verlangen, weil es sich dabei um eine zulässige Meinungsäußerung handele.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 15.1.2014 (Bl. 563 ff. GA) Bezug genommen.
45Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt sowie ihr Vorbringen aus erster Instanz wiederholt, vertieft und ergänzt. Die Beklagte meint, dass die Klage mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers, unter der auch Zwangsvollstreckungsversuche unternommen werden können, unzulässig sei. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass das Landgericht dem Klageantrag zu b) aa) (ältere Dame) nicht unter dem Aspekt einer Eindruckserweckung hätte stattgeben dürfen, weil dies nicht dem Klageantrag entspreche und auch nicht entsprechend tenoriert worden sei. Der Kläger habe stets den Standpunkt vertreten, dass in dem Fernsehbeitrag eine solche Tatsachenbehauptung ausdrücklich und nicht nur verdeckt enthalten sei. Beides ist nach Meinung der Beklagten nicht der Fall. Ferner ist die Beklagte unter Berufung auf die Beschlüsse des Senats in dem Beschwerdeverfahren 15 W 58/13 der Auffassung, dass in ihrem Fernsehbeitrag nicht der mit dem Klageantrag zu c) (YouTube-Video über M X) zur Unterlassung begehrte Eindruck erweckt werde. Jedenfalls sei durch die am Ende der Sendung wiedergegebene Äußerung des Klägers insoweit eine Klarstellung erfolgt, die von dem durchschnittlichen Zuschauer als auch darauf bezogen verstanden werde. Hinsichtlich des Klageantrags zu d) (Beziehung zu U E) ist die Beklagte ebenfalls der Auffassung, dass der beanstandete Eindruck nicht erweckt werde, weil durch den dort verwendeten Begriff „entry“ eindeutig klargestellt sei, dass sich die wiedergegebene Äußerung des Klägers nicht auf ein Video beziehe.
46Die Beklagte beantragt,
47das angefochtene Urteil abzuändern, soweit die Beklagte zur Unterlassung verurteilt worden ist, und die Klage insgesamt – auch hinsichtlich der in der Berufungsverhandlung formulierten Hilfsanträge - abzuweisen.
48Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, und beantragt,
49die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
50hilfsweise zu der gemäß dem Klageantrag zu b) aa) erfolgten Verurteilung der Beklagten zu untersagen, in Bezug auf den Kläger zu behaupten und/oder behaupten zu lassen:
51S OFF-Stimme:
52„Kurz darauf will eine ältere Dame ihr online Fan werden“
53M X 0:15 – 01:39
54„Und da hab ich gedacht, ok mit der kannst Du ja mal schreiben, die ist vielleicht ganz in Ordnung ne. Und so hin und her geschrieben und dann irgendwann kam:
55‚Ich muss dir was sagen‘
56Ich so: ‚Wie jetzt?‘
57‚Na ich bin gar nicht die‘,
58Ich so: ‚Hä, wer biste dann?‘
59‚Na ich bin der U2 M2.‘
60‚Also der U2 L. ne!‘
61Boah und da dachte ich, was geht denn jetzt los. Und da hatte ich so ein komisches Gefühl und dachte mir, dass der jetzt gleich vor meiner Tür steht.“wie geschehen am 24.1.2013 auf dem Fernsehsender S in der Sendung „F“;
62weiter hilfsweise der Beklagten zu untersagen, durch die Berichterstattung:
63S OFF-Stimme:
64„Kurz darauf will eine ältere Dame ihr online Fan werden“
65M X 0:15 – 01:39
66„Und da hab ich gedacht, ok mit der kannst Du ja mal schreiben, die ist vielleicht ganz in Ordnung ne. Und so hin und her geschrieben und dann irgendwann kam:
67‚Ich muss dir was sagen‘
68Ich so: ‚Wie jetzt?‘
69‚Na ich bin gar nicht die‘,
70Ich so: ‚Hä, wer biste dann?‘
71‚Na ich bin der U2 M2.‘
72‚Also der U2 L. ne!‘
73Boah und da dachte ich, was geht denn jetzt los. Und da hatte ich so ein komisches Gefühl und dachte mir, dass der jetzt gleich vor meiner Tür steht.“S Off-Stimme 0:39 – 01:56
74„Wer ist L-I U2 M2, klar ist, der Mann ist gut 10 Jahre älter als die meisten der ETE2T2 Kandidaten, klar ist auch, er selbst sieht sich als ETE2T2-Fan. Aber was steckt wirklich hinter seinen unzähligen hartnäckigen Versuchen, Kontakt zu ETE2T2-Kandidatinnen aufzunehmen.“
75U E: 01:56 – 02:01
76„Ich finde das gruselig, man weiß ja nie wie weit dieser Mann geht.“
77wie geschehen am 24.1.2013 auf dem Fernsehsender S in der Sendung „F“,
78den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe sich im Internet gegenüber Frau X als ältere Dame ausgegeben und im Gesprächsverlauf aufgedeckt, dass er in Wirklichkeit U2 M2 sei.
79Der Kläger behauptet, stets aktuelle und korrekte Anschriften angegeben zu haben und ist der Auffassung, dass das Landgericht den Klageanträgen zu Recht teilweise entsprochen hat. Insbesondere liege hinsichtlich des Klageantrags zu b) aa) (ältere Dame) keine unzulässige Abweichung vom Klagebegehren vor und werde im Gesamtzusammenhang durch die Berichterstattung der Beklagten der mit den vorsorglich gestellten Hilfsanträgen zur Unterlassung begehrte Eindruck als unabweislich erweckt, indem die Einschätzung der ETE2T2-Kandidatin, dass es sich bei der Person, die sich als ältere Dame ausgegeben hatte, um den Kläger handele, ohne jegliche Distanzierung im Zusammenhang mit weiteren Aussagen über den Kläger wiedergegeben wird. Im Übrigen ist der Kläger der Auffassung, dass es auf eine zwingende Eindruckserweckung auch nicht ankomme, sondern nach der Stolpe-Rechtsprechung ein Unterlassungsanspruch selbst bei Annahme einer seines Erachtens jedenfalls vorliegenden mehrdeutigen verdeckten Tatsachenbehauptung bestehe. Hinsichtlich der Klageanträge zu c) (YouTube-Video über M X) und d) (Beziehung zu U E) ist der Kläger der Meinung, dass unter dem Aspekt des Zitatschutzes ein Unterlassungsanspruch auch dann bestehe, wenn aufgrund einer verfälschten Wiedergabe bei einer Vielzahl von Rezipienten der (nicht notwendigerweise unabweisliche) Eindruck entsteht, dass sich der Zitierte in einer bestimmten Weise geäußert hat, wie dies seines Erachtens in dem Fernsehbeitrag der Beklagten in Bezug auf eine angebliche Bestätigung der Vorwürfe bzw. der Beziehung durch den Kläger der Fall ist. Im Übrigen ist die Erweckung eines unabweislichen Eindrucks hinsichtlich der Bestätigung einer Urheberschaft bzw. Beziehung nach Ansicht des Klägers aber auch zu bejahen.
80Mit seiner Anschlussberufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung des Klageantrags zu a). Er ist der Auffassung, dass eine identifizierende Berichterstattung wegen der damit verbundenen Stigmatisierung und Prangerwirkung, der fehlenden Einwilligung in die konkrete Berichterstattung und der Nichteinhaltung der Grundsätze der Verdachtsberichterstattung unzulässig ist, was sich auch daraus ergebe, dass das Landgericht seinem Unterlassungspetitum im einstweiligen Verfügungsverfahren stattgegeben und die vorliegende Antragstellung empfohlen hat. Hierzu behauptet der Kläger, er werde in dem Beitrag der Beklagten unzutreffend als jemand dargestellt, der andere Personen belästigt und ihnen auflauert, was durch filmische, sprachliche und akustische Mittel wie Licht- und Toneffekte noch verstärkt werde. Mit den Filmaufnahmen habe er sich nur unter der Bedingung einverstanden erklärt, dass sein Abstreiten der gegen ihn erhobenen Vorwürfe ausgestrahlt wird, was jedoch nicht geschehen sei. Eine etwaige Einwilligung rechtfertige seines Erachtens aber auch nach der Zweckübertragungslehre nicht die konkrete stigmatisierende Berichterstattung. Im Übrigen handelt es sich nach Auffassung des Klägers auch nicht um eine zulässige Verdachtsberichterstattung, weil es für die gegen ihn erhobenen (auch strafrechtlich relevanten) Vorwürfe an einem Mindestbestand an Beweistatsachen fehle und es sich mangels Wiedergabe seines Standpunktes nicht um eine ausgewogene, sondern eine bewusst einseitige und verfälschende Darstellung handele, da eine Vorverurteilung stattfinde, indem durch die Schnittführung sein Bestreiten vollständig entwertet werde.
81Der Kläger beantragt,
82unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung einer vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Letztere zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, über den Kläger identifizierend unter Nennung seines Namens und Verbreitung seines Bildnisses zu berichten,
83wie geschehen am 24.1.2013 auf dem Fernsehsender S in der Sendung „F“.
84Die Beklagte beantragt,
85die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
86Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger aufgrund seiner nicht an Bedingungen geknüpften Einwilligung nicht generell die Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung verlangen könne. Im Übrigen werde am Ende des Beitrags auch klargestellt, dass der Kläger bestreitet, Urheber („Macher“) der Videos gewesen zu sein. Ferner meint die Beklagte, dass der Kläger durch die Art der Darstellung auch nicht stigmatisiert oder an den Pranger gestellt werde. Den bewussten Einsatz von Licht- oder Toneffekten, um den Kläger negativ darzustellen, bestreitet die Beklagte. Ebenso wenig enthält der Beitrag nach deren Auffassung eine verallgemeinernde Darstellung des Klägers als einen Mann, der „aufdringlich“ und „hartnäckig“ zu jungen Frauen sei, ihnen Angst mache, sie sich zum Ziel gemacht habe und/oder junge Mädchen belästige. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich nach Meinung der Beklagten auch nicht bei einer Anwendung der Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung, da aufgrund der eigenen (abfälligen) Äußerungen des Klägers über ETE2T2-Kandidatinnen in seinem Blog ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorgelegen habe, keine Vorverurteilung stattfinde und Stellungnahmen des Klägers in ausreichender Weise berücksichtigt worden seien.
87Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 26.8.2014 verwiesen.
88II.
89Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers sind jeweils zulässig und teilweise begründet und führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.
90Die Anschlussberufung des Klägers ist jedenfalls nach Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen möglicher Versäumung der Einlegungsfrist zulässig.
91Die Klage ist ebenfalls zulässig. Zum einen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Rechtsstreit „aus dem Verborgenen“ führt, zumal die Beklagte dem Vorbringen des Klägers, dass er bei Klageerhebung eine aktuelle Adresse angegeben habe, nicht mehr entgegen getreten ist und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zuletzt genannte, aus dem Rubrum ersichtliche Anschrift des Klägers unzutreffend ist, so dass es nicht darauf ankommt, inwieweit dies ggf. Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Klage und/oder der Anschlussberufung hätte. Zum anderen begegnet auch die Zulässigkeit der einzelnen Klageanträge, insbesondere der in der Berufungsverhandlung gestellten Hilfsanträge hinsichtlich des erstinstanzlich zugesprochenen Klageantrags zu b) aa) (ältere Dame), keinen rechtlichen Bedenken (§§ 533, 529 ZPO).
92Die danach zulässigen Rechtsmittel sind insoweit begründet, als einerseits der Kläger gemäß dem Klageantrag zu a) einen Anspruch auf Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung in der konkreten Verletzungsform hat, während andererseits vor diesem Hintergrund die übrigen gegen einzelne Äußerungen gerichteten Klageanträge unbegründet sind, weil insoweit ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einer entsprechenden Verurteilung auch unter Berücksichtigung der Erörterungen in der Berufungsverhandlung nicht erkennbar ist, so dass die Klage hinsichtlich der vom Landgericht zugesprochenen Anträge zu b) aa) (ältere Dame), c) aa) und bb) (Video über M X) und d) (Beziehung zu U E) sowohl hinsichtlich der Haupt- als auch der Hilfsanträge abzuweisen ist. Der vom Landgericht abgewiesene Klageantrag zu b) bb) ist ohnehin nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, nachdem der Kläger die Zurückweisung seines diesbezüglichen PKH-Antrags akzeptiert und seine Anschlussberufung auf den Klageantrag zu a) beschränkt hat.
931. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung wie in der Sendung „F“ vom 24.1.2013 geschehen, weil bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen den betroffenen (Grund-) Rechtspositionen das Anonymitätsinteresse des Klägers gegenüber der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit der Beklagten und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt.
94Zwar tangiert die Berichterstattung den Kläger – allenfalls - in seiner Privatsphäre, wenn nicht sogar „nur“ in seiner Sozialsphäre, weil er mit seinem Blog im Internet bewusst in die Öffentlichkeit getreten ist und das Bestehen darüber hinausgehender privater oder gar intimer Beziehungen zu den Kandidatinnen gerade in Abrede stellt. Der Kläger ist zwar keine in der Öffentlichkeit allgemein bekannte Person, aber Betreiber eines nach eigener Einschätzung „wichtigen“ Blogs im Internet, der sich mit der Sendung „E T E2 T2“ (ETE2T2) befasst und in dem der Kläger sich unter Nennung seines Namens präsentiert. Zudem nimmt er für sich einen publizistischen Ruf in Anspruch, den er durch die Berichterstattung der Beklagten als beeinträchtigt bzw. gefährdet ansieht. Insofern betrifft die Berichterstattung der Beklagten schwerpunktmäßig das öffentliche Wirken des Klägers. In diesem Bereich besteht grundsätzlich ein geringe(re)s Anonymitätsinteresse. Es ist auch ein Informationsinteresse bei den von der Fernsehsendung der Beklagten angesprochenen Zuschauern, insbesondere „Fans“ und sonstigen an der Sendung „E T E2 T2“ interessierten Personen hinsichtlich der in dem Fernsehbeitrag der Beklagten behandelten Auswirkungen einer Teilnahme an der Sendung „E T E2 T2“ anzuerkennen. Die Öffentlichkeit hat insofern ein legitimes Interesse daran zu erfahren, wie sich die Beteiligung an einem solchen Fernsehformat auf die in der Regel zuvor nicht medienerfahrenen Kandidaten/-innen auswirkt und wie das an ihrer Person geweckte Interesse der Medien, der Öffentlichkeit und/oder von Einzelpersonen von den ETE2T2-Teilnehmern selbst empfunden wird. Hierzu gehören auch die Auswirkungen einer intensiven Befassung mit den einzelnen Kandidaten, wie sie im Blog des Klägers stattfindet. Bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen diesem Informationsinteresse der Beklagten und der Öffentlichkeit auf der einen Seite und dem Anonymitätsinteresse des Klägers auf der anderen Seite überwiegt jedoch letzteres, so dass der Kläger nicht hinnehmen muss, dass in der konkreten Art und Weise identifizierend über ihn berichtet wird.
95Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30.10.2012 – VI ZR 4/12, in: NJW 2013, 229 ff. m.w.N.) darf die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden. Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien. Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen.
96Letzteres ist bei dem in Rede stehenden Fernsehbeitrag der Beklagten, der am frühen Abend auf einem großen deutschen Privatsender ausgestrahlt wurde, also ein großes Fernsehpublikum, insbesondere auch (potentielle) Zuschauer des Sendeformats „E T E2 T2“, erreichen und damit eine erhebliche Breitenwirkung entfalten konnte, nach Überzeugung des Senats der Fall. Der gesamte etwa 5 Minuten lange Sendeteil befasst sich mit der (vermeintlichen) Beziehung des sowohl in Wort und Schrift als auch durch eingeblendete Film- und Fotoaufnahmen wiederholt namentlich genannten bzw. erkennbaren Klägers zu den ETE2T2-Kandidatinnen M X und U E sowie weiteren (nicht namentlich genannten) Teilnehmerinnen dieses Fernsehformats. Die etwa in der Mitte des Beitrags (Timecode 2:20) während der Einblendung eines Filmausschnitts, das den Kläger mit einem Handy in der Hand zeigt, ausdrücklich geäußerte Vermutung, dass der Kläger nicht nur schlecht über M X schreibt, sondern möglicherweise auch „in Webvideos über sie herzieht“, wird zwar nicht als feststehend, sondern nur als möglich bezeichnet, zieht sich jedoch ebenso wie die Vermutung einer Belästigung weiterer Kandidatinnen durch die gesamte Sendung. So werden bereits zu Beginn vom Kläger erstellte facebook-Nachrichten eingeblendet (Timecode 0:35). Im unmittelbaren Anschluss daran wird unter Präsentation eines Fotos und von Filmaufnahmen des als „(allzu) aufdringlicher Fan“ von M X, der intime Fragen stellt, bezeichneten Klägers erörtert, was er mit bösen Beleidigungen und Rotlichtvideos zu tun habe, bevor Szenen beim Antreffen des Klägers durch Reporter der Beklagten gezeigt werden, in denen er mehrfach mit seinem Namen angesprochen wird. Nach den anschließend wiedergegebenen Äußerungen von M X, die Gegenstand des Klageantrags zu b) aa) sind und dort zitiert wurden (Timecode 1:15), werden unter Einblendung von Filmaufnahmen des Klägers und der Mitteilung von als „klar“ bezeichneten Informationen über ihn (z.B. sein Alter und der Satz „Er sieht sich als ETE2T2-Fan.“) die Fragen aufgeworfen „Wer ist L-I U2 M2?“ und „Aber was steckt wirklich hinter seinen unzähligen hartnäckigen Versuchen, Kontakt zu ETE2T2-Kandidatinnen aufzunehmen?“ (Timecode 1:55), bevor Äußerungen von U E eingeblendet werden, die „das“ gruselig findet, „weil man nie weiß, wie weit dieser Mann geht“. Daran schließen sich die Einblendung von schriftlichen Äußerungen des Klägers über M X und die bereits erwähnte Überlegung an, dass die Vermutung naheliege, dass der Kläger möglicherweise auch in Webvideos über die ETE2T2-Kandidaten herzieht. Unmittelbar nach der Einblendung von Ausschnitten des Internetvideos, in dem M X als „Nutte“ bezeichnet wird, erfolgt eine „Nachfrage bei U2 M2“ (Timecode 3:10), indem er zu seinem Blog befragt wird und zu (anderen) YouTube-Videos Stellung nimmt, woran sich die vom Klageantrag zu c) erfassten und dort wiedergegebenen Äußerungen anschließen und festgestellt wird, er wirke „schon ein bisschen ertappt“ (Timecode 3:30). Nach der Frage „Was sagt der Mann, der Kontakt zu mindestens 14 Kandidatinnen gesucht hat, zu den Videos, die M und andere Superstar-Kandidaten verunglimpfen?“ erfolgt die Einblendung von weiteren Äußerungen des Klägers zu YouTube-Videos (Timecode 3:50), und werden ein weiterer O-Ton von M X und die vermeintliche Erwiderung des Klägers eingeblendet, er habe nur die Wahrheit geschrieben (Timecode 4:05). Im Anschluss an die Einleitung „Dabei scheint M nicht das einzige Ziel des 31-jährigen Berufsschülers aus Brandenburg zu sein.“ erfolgen die mit dem Klageantrag zu b) bb) zur Unterlassung begehrten und dort wiedergegebenen Äußerungen von U E und die mit dem Klageantrag zu d) angegriffenen Äußerungen und Texteinblendungen betreffend ein „YouTube-Filmchen“, in dem behauptet wird, dass der Kläger ebenfalls ein ETE2T2-Kandidat gewesen sei und eine Beziehung zu U E gehabt habe (Timecode 4:35), woran sich die Wiedergabe der (vermeintlichen) Stellungnahme des Klägers anschließt, er habe „alles so in den entry reingeschrieben, so wie es ist, ist es auch“ (Timecode 4:50). Nach der Einblendung weiterer Äußerungen von U E erfolgt sodann die abschließende Feststellung, der Kläger habe vieles zugegeben, die Urheberschaft hinsichtlich der Filme allerdings bestritten (Timecode 5:00). Insgesamt vermittelt der Fernsehbeitrag der Beklagten somit ein negatives Bild über den im Unterschied zu den ETE2T2-Teilnehmerinnen M X und U E auch bildlich sowohl vom äußeren Erscheinungsbild her als auch hinsichtlich der durch die Aufnahmen vermittelten („düsteren“) Stimmung in wenig vorteilhafter Weise dargestellten Kläger, der durchgängig als (zumindest) aufdringlicher Fan mehrerer ETE2T2-Kandidatinnen erscheint, der zu ihnen hartnäckig Kontakt sucht, Lügen über sie verbreitet und auf Ablehnung mit negativen Äußerungen – möglicherweise – sogar bis hin zur Erstellung und/oder Veröffentlichung von diffamierenden Videos reagiert.
97Besonders fällt ins Gewicht, dass dem Zuschauer durch die Wiedergabe von einzelnen Äußerungen des Klägers durch Einblendung von dessen Äußerungen und von schriftlichen Angaben des Klägers (z.B. in seinem Blog oder bei facebook) der Eindruck vermittelt wird, dass er die Vorwürfe (jedenfalls teilweise) eingeräumt hat, wie sich etwa aus der gezeigten Antwort auf die Frage nach erstellten YouTube-Videos sowie aus den Aussagen „Ich habe nur die Wahrheit geschrieben“ und „Ich habe alles so in den entry reingeschrieben, so wie es ist, ist es auch.“ ergibt. Dies ist jedoch selbst nach der Feststellung am Ende des Beitrags der Beklagten, der Kläger habe vieles zugegeben, aber bestritten, Urheber der Filme zu sein, obwohl er strafrechtliche Konsequenzen nicht zu befürchten habe, und auch nach dem Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Fall. Dass die o.g. sich auf schriftliche Angaben beziehenden Äußerungen des Klägers, die in den Sendebeitrag der Beklagten eingeflossen sind, nicht in den Kontext, in dem sie gesendet wurden, passen, weil es dort um die Urheberschaft und die Veröffentlichung von (YouTube-) Filmen geht, die vermeintlichen „Geständnisse“ des Klägers deshalb tatsächlich in einem anderen Zusammenhang gefallen sein müssen und lediglich durch ein Zusammenschneiden des Filmmaterials an die konkreten Stellen gelangt sein können, erschließt sich dem für die Beurteilung maßgeblichen Zuschauerkreis, der den Fernsehbeitrag lediglich einmalig mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit und Interesse zur Kenntnis nimmt, im Unterschied zu Personen, die wie die Verfahrensbeteiligten und die Senatsmitglieder die Gelegenheit hatten, die Sendung mehrfach in Augenschein zu nehmen und den WoSaut durch Lektüre der zur Akte gereichten Mitschrift eingehend zu analysieren, nicht. Bei einmaliger Betrachtung der Sendung kann und muss jedenfalls ein relevanter Teil des angesprochenen Publikums nicht zwangsläufig zu der Schlussfolgerung gelangen, dass die „unpassenden“ Zitate des Klägers in anderem Zusammenhang gefallen sind, als sie in den Fernsehbeitrag eingeflossen sind, sondern der insofern maßgebliche Rezipientenkreis nimmt naheliegend an, dass der Kläger auf Darstellungen und Vorhalte des Reporters bzw. der ETE2T2-Teilnehmerinnen, die in der Sendung zu Wort kommen, erwidert hat, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einblendung seiner Äußerungen standen, und damit die Vorwürfe eingeräumt hat, so dass er durch die Wiedergabe von vermeintlich in einem bestimmten Kontext erfolgter Äußerungen quasi als „Zeuge gegen sich selbst“ präsentiert wird. Dies wird durch die gesamte Art und Weise der Darstellung in Wort und Bild, insbesondere die Schnittführung sowie Licht- und Toneffekte, durch die der Kläger insgesamt als Person erscheint, die ETE2T2-Kandidaten belästigt, ihnen nachstellt und auf Ablehnung beleidigend reagiert, so dass die Betroffenen nach ihren eigenen Äußerungen vor ihm Angst haben (müssen), noch verstärkt. Auch wenn der Kläger - wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat - keinen darauf Anspruch hat, von der Beklagten in einem positive(re)n Licht präsentiert zu werden, handelt es sich bei der in Rede stehenden Berichterstattung um eine ausgesprochen einseitige Darstellung zu Lasten des Klägers, bei der Dementis als vermeintliche Geständnisse präsentiert werden und dem Kläger dadurch quasi „das Wort im Munde verdreht“ wird. Eine solche Art und Weise der Darstellung wie in dem Fernsehbeitrag der Beklagten vom 24.1.2013 muss der Kläger nach Auffassung des Senats nicht hinnehmen.
98Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger sich gegenüber Reportern der Beklagten zu einem Interview bereitgefunden hat. Dass der Kläger mit der konkreten Darstellung, insbesondere der o.g. Schnittführung hinsichtlich vermeintlicher „Geständnisse“, einverstanden gewesen wäre, behauptet die Beklagte selbst nicht. Damit musste der Kläger nach Auffassung des Senats auch billigerweise nicht rechnen. Insofern stellt die freiwillige Teilnahme an dem Interview lediglich einen Aspekt dar, der bei der Abwägung der betroffenen (Grundrechts-) Positionen zu Gunsten der Meinungsäußerungsfreiheit zu berücksichtigen ist (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 11.6.2013 – VI ZR 209/12, in: NJW 2013, 3029 ff.), lässt das aus den vorstehend dargestellten Gründen vorrangige Anonymitätsinteresses des Klägers indes nach Auffassung des Senats nicht zurücktreten.
99Zur Wahrung des berechtigten Interesses des Klägers, nicht in einer solchen (stigmatisierenden) Weise wie in dem TV-Beitrag der Beklagten vom 24.1.2013 der Öffentlichkeit gezeigt zu werden, reicht es nicht aus, einzelne – etwa die mit den weiteren Klageanträgen angegriffenen – Passagen zu untersagen, sondern es ist ein Verbot der gesamten Sendung erforderlich und auch unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange der Beklagten angemessen, weil sich der ganze Beitrag – aus verschiedenen Blickwinkeln – mit der Person des Klägers befasst und diesen in der dargestellten Weise, insbesondere durch als vermeintliche „Geständnisse“ präsentierten, jedoch in anderem Zusammenhang gefallenen Äußerungen, durchgängig in negativer Weise darstellt.
100Die aufgrund der Erstbegehung durch die Fernsehsendung vom 24.1.2013 bestehende Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr hat die Beklagte nicht ausgeräumt, da sie insbesondere der Aufforderung des Klägers zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht nachgekommen und dem Klagebegehren auch im vorliegenden Rechtsstreit entgegen getreten ist.
1012. Angesichts des nach dem Vorstehenden zu bejahenden Erfolgs des auf Unterlassung jeglicher identifizierenden Berichterstattung in der konkreten Verletzungsform gerichteten Klageantrags zu a) besteht nach Auffassung des Senats kein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der mit den weiteren Klageanträgen zu b) aa), c) aa) und bb) sowie d) verfolgten Unterlassungsbegehren hinsichtlich bestimmter Passagen des Fernsehbeitrags der Beklagten.
102Die insoweit angegriffenen auf den Kläger bezogenen Äußerungen bzw. seines Erachtens erweckten Eindrücke, er habe sich auf der Internetplattform „Facebook“ als ältere Dame ausgegeben, um so Frau M X zu kontaktieren, und habe im Gesprächsverlauf aufgedeckt, dass er in Wirklichkeit U2 M2 sei, er habe auf der Internetplattform „YouTube“ ein Video über M X veröffentlicht, in dem diese als „Nutte" bezeichnet wird, und gegenüber der Beklagten bestätigt, derartige Videos auf der Inter
103netplattform „YouTube“ veröffentlicht zu haben, und/oder er würde bestätigen, behauptet zu haben, mit Frau U E zusammen gewesen zu sein, sind bereits aufgrund des vorstehend ausgesprochenen Verbots, über den Kläger - wie geschehen am 24.1.2013 auf dem Fernsehsender S in der Sendung „F“ - identifizierend unter Nennung seines Namens und Verbreitung seines Bildnisses zu berichten, unzulässig. Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einem kumulativen Verbot einzelner Passagen des Fernsehbeitrags besteht nach Auffassung des Senats nicht. Die vom Kläger herangezogene Rechtsprechung u.a. des Bundesgerichtshofs und des Senats betrifft andere Fallgestaltungen, weil dort einzelne - wenn auch möglicherweise inhaltlich (teilweise) sich überschneidende bzw. „kerngleiche“ - Äußerungen untersagt wurden, während es vorliegend um ein - umfassendes - Verbot identifizierender Berichterstattung einerseits und im Zusammenhang damit erfolgter Äußerungen andererseits geht. Sollte die Beklagte derartige Äußerungen wiederholen, ohne dass der Kläger als Person erkennbar ist, würde es an dessen Betroffenheit und damit einer Rechtsverletzung fehlen, die ihm die Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen o.ä. verleihen könnte. Inwieweit gleichwohl schutzwürdige Interessen des Klägers durch eine etwaige Wiederholung der einzelnen Äußerungen ohne für den Zuschauer - bei dem insofern anzulegenden (großzügigen) Maßstab - erkennbaren Bezug zum Kläger verletzt würden, ist auch nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und den Ausführungen im – nicht nachgelassenen – Schriftsatz des Klägers vom 10.9.2014 nicht ersichtlich. Soweit der Kläger auf Zumutbarkeitserwägungen und eventuelle Auswirkungen auf die Kostenentscheidung abstellt, hätte er diesen Aspekten durch eine – seinem Prozessbevollmächtigten in der Berufungsverhandlung auch nahegelegte - Modifikation der Antragstellung in Form von Haupt- und Hilfsanträgen Rechnung tragen können.
104Ob die mit den weiteren Klageanträgen angegriffenen Äußerungen bei isolierter Betrachtung unzulässig wären, was der Senat in seinen Beschlüssen vom 10.10.2013 und vom 19.11.2013 (15 W 58/13) betreffend die Versagung von Prozesskostenhilfe für die insoweit vom Kläger begehrte Richtigstellung verneint, das Landgericht in dem vorliegend angefochtenen Urteil hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs indes anders beurteilt hat, bedarf danach keiner abschließenden Entscheidung. Insoweit kommt es auch auf die zum Klageantrag zu b) aa) zweitinstanzlich gestellten Hilfsanträge nicht an.
105Über die (Un-) Zulässigkeit einer anderweitigen Berichterstattung unter Verwendung des Rohmaterials, aus dem der Beitrag vom 24.1.2013 zusammengeschnitten wurde, insbesondere der mit den Klageanträgen zu b) bis d) angegriffenen Passagen, hat der Senat im vorliegenden Verfahren, das lediglich die konkrete Sendung betrifft, nicht zu entscheiden.
106III.
107Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Senat bemisst das Interesse des Klägers an der Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung ebenso hoch wie das Interesse an dem Unterbleiben einer Wiederholung einzelner Äußerungen, wobei nicht entscheidend ins Gewicht fällt, dass der erstinstanzliche Klageantrag zu b) bb) nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Schon angesichts der Vehemenz, mit der der Kläger sein kumulatives Unterlassungsbegehren hinsichtlich sämtlicher Klageanträge auch nach diesbezüglichen Hinweisen des Senats (weiter-) verfolgt, erscheint es nicht gerechtfertigt, das teilweise Unterliegen bei der Kostenentscheidung unberücksichtigt zu lassen.
108Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
109Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den vorliegenden Fall hinaus von Interesse sein könnten, waren auch in Bezug auf die Kostenentscheidung nicht zu entscheiden. Vielmehr handelt es sich um eine auf den besonderen Umständen des konkreten Falles beruhende Einzelfallentscheidung.
110Berufungsstreitwert: 60.000,00 €
111Die Streitwertfestsetzung entspricht der für richtig erachteten erstinstanzlichen Festsetzung, wobei die Nichtweiterverfolgung des Klageantrags zu b) bb) im Berufungsverfahren aus den zur Kostenentscheidung dargelegten Gründen nicht zu einem geringeren Streitwert führt. Umgekehrt misst der Senat auch dem zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers hinsichtlich des Klageantrags zu b) aa) abgesehen von wirtschaftlicher Identität mit dem diesbezüglichen Hauptantrag keine den Streitwert erhöhende Bedeutung zu.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.04.2008 - 17 O 69/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
(1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.000,-- EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 20.11.2007 zu bezahlen.
(2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.000 EUR
Gründe
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin macht als Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz gegen die Beklagten Ansprüche wegen Verletzung des europäischen Patents 596 939 (Klagepatents) geltend, das ein Luftkappensystem für eine Farbspritzpistole betrifft und mit dem 8. Juli 2012 wegen Ablaufs der Schutzdauer erloschen ist. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache: An air cap system for a paint spray gun comprising: (a) an air cap (10) including: (1) a central passage (36) coaxially aligned with a central longitudinal axis of the air cap, (2) at least one paint spray shaping passage (46, 47) in the air cap configured and arranged for directing a flow of pressurized air against a stream of atomized paint discharged from the central passage (36) so as to alter the shape of the paint spray, and (3) at least one venting passage configured and arranged so as to be ineffective for directing a flow of pressurized air against a stream of atomized paint discharged from the central passage so as to alter the shape of the paint spray, and (b) a blocking means effective for blocking air flow through the paint shaping passage while permitting air flow through the venting passage when in a first position and permitting air flow through the paint shaping passage while blocking air flow through the venting passage when in a second position ; characterized in that (c) at least one venting passage (54) is located in the air cap (10); (d) the blocking means (18) is operable for directing air flow between the paint shaping passage (46, 47) and the venting passage (54) independently of the flow of a fluid through the central passage (36).
- 2
- Die Beklagten zu 2 und 3 bieten in Deutschland ein Farbsprühsystem zum Kauf an, das sie von der Beklagten zu 1 beziehen. Die Klägerin hat geltend gemacht, bei diesem System seien alle Merkmale von Patentanspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber durch äquivalente Mittel verwirklicht.
- 3
- Das Landgericht hat die nach Erlöschen des Klagepatents zuletzt noch auf Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen , Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Beklagten entgegentreten.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg.
- 5
- I. Das Klagepatent betrifft eine Luftkappe für eine Farbspritzpistole.
- 6
- Nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift waren im Stand der Technik Farbspritzpistolen bekannt, bei denen die Farbe durch Zufuhr von Luft mit hohem Volumen und geringem Druck (High Volume Low Pressure, HVLP) versprüht wird und die neben einem zentralen Kanal für die Farbe zusätzliche Luftkanäle aufweisen, mit denen die Form des Farbsprühstrahls beeinflusst werden kann. Bekannt waren auch Ausführungsformen mit einer drehbaren Blockierplatte, die je nach ihrer Position einzelne oder alle dieser Formkanäle verschließt, so dass wahlweise eine horizontale, vertikale oder runde Sprühform erzeugt werden kann.
- 7
- In der Klagepatentschrift wird ausgeführt, bei Geräten mit tragbarem Gebläse sei es als wünschenswert empfunden worden, den Rückdruck zu vermindern. Insbesondere sei beobachtet worden, dass der Gebläsemotor zu schnell drehe oder überhitze, wenn der Auslass der Luftquelle blockiert oder gedrosselt werde. Das Klagepatent betrifft das technische Problem, ein Farbspritzsystem zur Verfügung zu stellen, bei dem der Motor weniger belastet wird.
- 8
- Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent ein Luftkappensystem für eine Farbspritzpistole vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen : (a) Das System umfasst eine Luftkappe (10) mit (1) einem zentralen Kanal (36), der koaxial mit der zentralen Längsachse der Luftkappen ausgerichtet ist, (2) mindestens einem Formkanal (46, 47), der ausgebildet und angeordnet ist, um einen Strom von Druckluft gegen einen aus dem zentralen Kanal (36) ausgelassenen Strom von zerstäubter Farbe zu richten und dadurch die Form des Farbsprühstrahles zu verändern, (3) mindestens einem Entlüftungskanal, der so ausgebildet und angeordnet ist, dass er die in (2) genannte Wirkung nicht erzeugt.
(c) Mindestens ein Entlüftungskanal (54) ist in der Luftkappe (10) angeordnet.
(d) Die Blockiervorrichtung (18) ist so eingerichtet, dass der Luftstrom zwischen dem Formkanal (46, 47) und dem Entlüftungskanal (54) unabhängig davon umgelenkt werden kann, ob durch den zentralen Kanal (36) eine Flüssigkeit strömt.
- 9
- II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 10
- Das allein in Streit stehende Merkmal (b)(2) sei weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln verwirklicht. Bei der angegriffenen Ausführungsform trete durch mindestens zwei der insgesamt vier Entlüftungskanäle auch dann in geringem Umfang Luft aus, wenn das System so eingestellt sei, dass ein vertikaler oder horizontaler Farbauftrag erfolgen könne. Damit fehle es an einem Blockieren des Luftstroms im Sinne des genannten Merkmals.
- 11
- Nach dem allgemeinen Wortsinn bedeute "blockieren", dass ein bestimmter Weg abgesperrt, abgeriegelt, also verschlossen sei. Die Patentschrift biete keinen Anhalt, dass dem Begriff nach der Erfindung ein anderer Bedeutungsgehalt zukomme. Bei der Beschreibung des Stands der Technik werde zwischen Blockieren und Drosseln unterschieden. Patentanspruch 1 verlange ein Blockieren. In der weiteren Beschreibung werde stets das Gegensatzpaar gebildet, dass die Luftströmung in einer Position zugelassen oder erlaubt sei, in einer anderen Position hingegen blockiert werde. Den Ausführungsbeispielen lasse sich kein Anhalt für ein anderes Verständnis entnehmen. Merkmal (d) gebe zudem einen deutlichen Hinweis darauf, dass der Luftstrom "zwischen" dem Formkanal und dem Entlüftungskanal umgelenkt werde, dass ein Kanal für den Luftstrom also entweder frei oder verschlossen sein solle. Keiner Stelle der Patentschrift lasse sich entnehmen, dass ein bestimmtes Maß an Einschränkung des Luftauslasses ausreichend sein solle. Wenn es für ein Blockieren ausreichte , dass der Luftstrom keinen Einfluss auf das Farbsprühmuster nehmen könne, käme überdies dem Merkmal (a)(3) keine eigenständige Bedeutung zu.
- 12
- Merkmal (b)(2) erfordere ferner, dass alle vorhandenen Entlüftungskanäle in der genannten Weise blockiert seien, wenn die Luftströmung durch einen Formkanal freigegeben sei. Nach der Klagepatentschrift gelte es zu verhindern, dass die aus den Entlüftungskanälen austretende Luft in Konflikt mit dem Farbsprühmuster komme. Hieraus sei zu folgern, dass die Luftströmung entweder durch den Formkanal oder durch den Entlüftungskanal entweichen solle. Der Entlüftungskanal diene nur dazu, einen Rückstau bei Verschließen des Formkanals zu verhindern. Daraus ergebe sich, dass er bei offenem Formkanal verschlossen sein müsse. Dies gelte für alle vorhandenen Entlüftungskanäle.
- 13
- Eine Verwirklichung mit äquivalenten Mitteln sei schon deshalb zu verneinen , weil es an einem Austauschmittel fehle. Jedenfalls aber werde ein Fachmann die Lösung der angegriffenen Ausführungsform bei Orientierung am Sinngehalt des Klagepatents nicht als gleichwertig in Betracht ziehen, weil das Klagepatent gerade eine Ausgestaltung vorsehe, bei der die Entlüftungskanäle in der in Rede stehende Situation blockiert seien, und den Fachmann damit von einer Lösung, bei der Luft entweichen könne, wegführe.
- 14
- III. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 15
- 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, ein Luftkanal sei nur dann im Sinne des Merkmals (b)(2) blockiert, wenn ein Lufteintritt vollständig unterbunden werde.
- 16
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Auslegung eines Patents nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. November 1974 - X ZR 76/68, GRUR 1975, 422, 424 - Streckwalze; Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube). Maßgeblich sind dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. April 2007 - X ZR 72/05, BGHZ 172, 88 = GRUR 2007, 778 Rn. 14 - Ziehmaschinenzug- einheit I). Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 113/11, GRUR 2012, 1122 Rn. 22 - Palettenbehälter III).
- 17
- 2. Das Berufungsgericht ist bei der Auslegung des Merkmals (b)(2) von einem allgemeinen Wortsinn ausgegangen, für dessen Bestimmung es auf die sprachliche Bedeutung abgestellt hat. Dies ist im Ansatz nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat sich von diesem Ausgangspunkt aus aber im Wesentlichen nur noch mit der Frage befasst, ob sich der Patentschrift Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis entnehmen lassen. Diese Vorgehensweise steht in Widerspruch zu den oben dargestellten Grundsätzen.
- 18
- Sowohl der Begriff "blockieren" als auch die vom Berufungsgericht als Synonyme angeführten Begriffe "absperren", "abriegeln" und "verschließen" mögen im Zusammenhang mit einer Luftströmung häufig nahelegen, dass jegliche Durchtrittmöglichkeit unterbunden sein soll. Das Berufungsgericht hat daraus für die Lehre des Klagepatents implizit die Schlussfolgerung gezogen, es genüge nicht, wenn der Luftstrom nur teilweise unterbunden werde. Dabei hat es die Prüfung vernachlässigt, ob dieses Auslegungsergebnis mit dem maßgeblichen technischen Sinn des Merkmals im Rahmen der Lösung der gestellten Aufgabe vereinbar ist. Das Berufungsgericht hätte sich mit der Frage befassen müssen, ob Merkmal (b)(2) ein vollständiges Blockieren erfordert oder ob ein teilweises Blockieren ausreichen kann. Letzteres ist der Fall.
- 19
- a) Aus der Beschreibung ist zu entnehmen, dass ein teilweises Blockieren des Luftstroms genügt, sofern damit die mit der Erfindung angestrebte Wirkung erreicht wird.
- 20
- Bei der Beschreibung des Stands der Technik werden in der Klagepatentschrift zwar die Begriffe "blockiert" und "gedrosselt" nebeneinander verwendet (Sp. 1 Z. 19: blocked or restricted). In diesem Zusammenhang werden die beiden Begriffe aber gerade nicht näher voneinander abgegrenzt. Vielmehr werden sowohl ein Blockieren als auch ein Drosseln des Luftstroms als Ursache für die nachteilhaften Wirkungen benannt, mit deren Verhinderung sich das Klagepatent befasst.
- 21
- In der weiteren Beschreibung des Klagepatents wird zwar nur noch der Begriff "blockieren" verwendet. Auch in diesem Zusammenhang findet sich aber kein Hinweis darauf, dass die Unterscheidung zwischen "blockieren" und "drosseln" von ausschlaggebender Bedeutung ist. Aus dem Umstand, dass in der Folge nur noch der erstere der beiden Begriffe genannt wird, kann deshalb nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sich das Klagepatent nur mit der Verhinderung von Nachteilen befasst, die durch ein vollständiges Unterbinden des Luftstroms entstehen. Aus der Aufgabe des Klagepatents und der Funktion der in Patentanspruch 1 vorgesehenen Merkmale ergibt sich vielmehr, dass es darum geht, unabhängig von der jeweils gewählten Einstellung einen Luftstrom zu gewährleisten, der einerseits zur gewünschten Form des Farbsprühstrahls führt und andererseits ausreichend ist, um eine übermäßige Belastung des Gebläsemotors zu vermeiden. Die Klagepatentschrift enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Zwecke nur durch jeweils vollständiges Blockieren insbesondere der Entlüftungskanäle verfolgt werden sollen. Der sprachlich unvollkommen gewählte Begriff "blockieren" ("blocking") charakterisiert insoweit vielmehr den generellen Wirkungsmechanismus des klagepatentgemäßen Wechsels zwischen den verschiedenen Einstellungen, nicht aber den Grad der Blockierung.
- 22
- Ausgehend davon ist der Patentanspruch dahin auszulegen, dass ein vollständiges Blockieren der Luftströme weder bei Merkmal (b)(1) noch bei Merkmal (b)(2) erforderlich ist. Vielmehr reicht es aus, wenn der Luftstrom durch den jeweiligen Kanal in einer Weise unterbunden wird, die die Erreichung des genannten Ziels ermöglicht.
- 23
- b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergeben sich aus Merkmal (a)(3) keine abweichenden Schlussfolgerungen.
- 24
- Mit der in Merkmal (a)(3) vorgesehenen Ausgestaltung wird verhindert, dass der Luftstrom, der durch den Entlüftungskanal geleitet wird, auf den Luftstrom , der aus dem zentralen Kanal austritt, einwirkt und die Form des Farbsprühstrahls verändert. Dies wird dadurch erreicht, dass der Entlüftungskanal in geeigneter Weise ausgebildet und angeordnet ist. Bei dem in der Beschreibung des Klagepatents geschilderten Ausführungsbeispiel ist der Entlüftungskanal hierzu so angeordnet, dass er radial derart nach außen verläuft, dass sich die austretende Luft vom Farbsprühstrahl wegbewegt (Sp. 3, Z. 48 bis 56).
- 25
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das in Merkmal (b)(2) vorgesehene Blockieren des Luftstroms im Entlüftungskanal demgegenüber nicht erforderlich, um die genannte Funktion zu erfüllen. Es ist hierzu auch nicht geeignet, weil es das Klagepatent nicht ausschließt, sondern gerade als Regelfall vorsieht, dass der Luftstrom durch den zentralen Kanal und der Luftstrom durch den Entlüftungskanal zur gleichen Zeit freigegeben sind.
- 26
- 3. Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, die in Merkmal (b)(2) formulierte Anforderung beziehe sich auf alle zum Luftkappensystem gehörenden Entlüftungskanäle, vermag die angefochtene Entscheidung ebenfalls nicht zu tragen.
- 27
- Merkmal (b)(2) ist bei der angegriffenen Ausführungsform auch dann wortsinngemäß verwirklicht, wenn die darin formulierten Anforderungen für alle Entlüftungskanäle gelten würden. Diesem Merkmal ist aus den oben aufgezeigten Gründen lediglich die Anforderung zu entnehmen, dass der Entlüftungskanal zumindest teilweise blockiert ist, solange ein dazu korrespondierender Formkanal freigegeben ist. Diese Voraussetzung ist bei der angegriffenen Ausführungsform hinsichtlich aller Entlüftungskanäle erfüllt. Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob es zur Verwirklichung von Merkmal (b)(2) schon ausreichen würde, wenn nur einige der vorhandenen Entlüftungskanäle den darin definierten Anforderungen genügen.
- 28
- IV. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 29
- Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten bestritten, dass der Klägerin wirksam eine Lizenz am Klagepatent eingeräumt worden ist. Das Berufungsgericht hat diese Frage - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht behandelt. Es wird sie in der wiedereröffneten Berufungsinstanz zu klären haben.
- 30
- Der von den Beklagten erhobene Formstein-Einwand ist demgegenüber nicht entscheidungserheblich. Dieser Einwand ist nur bei einer Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln von Bedeutung (BGH, Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 21 f. = GRUR 1986, 803, 805 f. - Formstein). Im Streitfall sind die Merkmale von Patentanspruch 1 aber wortsinngemäß verletzt.
Schuster Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 17.08.2012 - 2 O 33/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 25.06.2014 - 6 U 92/12 -
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.