Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 13. Juli 2016 - I-18 U 95/15
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des
Landgerichts Kleve vom 24.06.2015 (2 O 315/13) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Drittwiderbeklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
I.
2Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer zahnärztlichen Behandlung der Beklagten durch den Drittwiderbeklagten. Der Drittwiderbeklagte hat mit Zustimmung der Beklagten seine Honoraransprüche an die Klägerin abgetreten.
3Die der Zahlungsklage zugrunde liegenden Leistungen des Drittwiderbeklagten rechnete die Klägerin unter dem 19.12.2012 mit 20.124,92 € ab. Zahlungen hierauf leistete die Beklagte trotz Mahnung mit Fristsetzung zum 08.02.2013 und weiterer Mahnungen nicht, denn die Beklagte hielt die Leistungen des Drittwiderbeklagten für unbrauchbar und deshalb für sie wertlos. Die Beklagte hat ihrerseits im Wege der Drittwiderklage ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.001 € geltend gemacht sowie Feststellungsklage hinsichtlich aller noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden erhoben.
4Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil vom 24.06.2015 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO).
5Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 20.124,92 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen und hat die Drittwiderklage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht Honoraransprüche nach Maßgabe der §§ 398 ff., 611 ff. BGB für zahnärztliche Leistungen zu. Der Anspruch auf Zahlung des Honorars ergebe sich aus dem Behandlungsvertrag, der auch hinsichtlich prothetischer Leistungen nach dienstvertraglichen Vorschriften zu beurteilen sei. Weil der Zahnarzt als Dienstverpflichteter keinen Erfolg schulde, sondern nur die Erbringung der von ihm versprochenen Dienste, sei die Vergütung hierfür grundsätzlich auch dann zu entrichten, wenn die erbrachte Leistung mängelbehaftet sei; das Dienstvertragsrecht kenne keine Gewährleistung. Der mit der Klage geltend gemachte Honoraranspruch sei nicht gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB entfallen. Der Ausschluss des Vergütungsanspruchs gemäß § 628 Absatz 1 Satz 2 BGB komme nur dann in Betracht, wenn ein Zahnarzt einen völlig unbrauchbaren Zahnersatz hergestellt und eingesetzt habe, der für den Patienten gänzlich wertlos sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne jedoch ein Behandlungsfehler des Drittwiderbeklagten, der den Honoraranspruch entfallen ließe, nicht festgestellt werden; es liege keine völlig unbrauchbare, wertlose Leistung des Drittwiderbeklagten vor. Der Sachverständige Dr. T... habe in seinem schriftlichen Gutachten und bei der mündlichen Anhörung erläutert, dass die vom Drittwiderbeklagten vorgenommene prothetische Versorgung im Großen und Ganzen lege artis erfolgt und für die Beklagte brauchbar sei. Soweit die Beklagte behauptet habe, dass die am 19.12.2012 eingesetzten Teleskopkronen zu eng gewesen wären, habe der Sachverständige darauf verwiesen, dass dies nicht als Fehler angesehen werden könne. Durchaus sei es möglich, dass ein Patient das Tragen der neuen Prothese anfangs als ausgesprochen unangenehm empfinde und dass deshalb die Friktion nach einer in der Regel kurzen Zeit des Probetragens geändert werden müsse. Dies sei jedoch bereits am nächsten Tag erfolgt. Während seiner Begutachtung hätten sich die Teleskopprothesen jedenfalls gut ein- und ausgliedern lassen. Auch der Umstand, dass die Innenteleskopkronen 22, 23, 33, 43, 45 und 46 nicht bis an das Zahnfleisch heranreichten, sei nach den Ausführungen des Sachverständigen kein Behandlungsfehler. Zwar werde aus ästhetischen Gründen der Rand der Krone häufig bis an die Grenzen des Zahnfleisches oder sogar unterhalb der Zahnfleischgrenze präpariert. Zum Schutz des Zahnfleisches werde jedoch auch die Präparationsgrenze bewusst nicht bis an das Zahnfleisch gelegt, so dass eine sichtbare Fläche des Zahnes zwischen Kronenrand und Zahnfleisch entstehe. Beide Präparationsformen seien lege artis. Soweit der Sachverständige an den Zähnen 12 und 45 jeweils eine zu kurze Krone festgestellt habe, sei die Leistung nachbesserungsfähig gewesen, was die Beklagte durch die Kündigung des Vertragsverhältnisses jedoch verhindert hatte. Der Sachverständige habe ferner eine Kippbewegung und Drehbelastung der Teleskopprothese festgestellt und ausgeführt, sie folge aus der vorliegenden Lockerung der Zähne 12, 11, 21, 22 und 23 (Lockerungsgrad I bis II) und sei demnach befundbedingt und nicht ursächlich herstellungsbedingt. Bezüglich der gerügten optischen Mängel habe der Sachverständige festgestellt, dass sich im Zahnzwischenraumbereich zwar Verblendungsmaterial befinde; Goldgrund sei dabei allerdings nicht zu erkennen gewesen. Die Verbindungen zeigten eine regelgerechte individuelle Zahnform; die Zahnzwischenräume seien auch nicht zu groß. Bezüglich der Neigung der Frontzähne habe der Sachverständige ausgeführt, dass bei der Herstellung einer Teleskopprothese alle Innenteleskopkronen zueinander parallel ausgestaltet werden müssten. Die Ausrichtung der Außenwände sei von cervical nach inzisal schräg nach vorne gestaltet. Damit ergebe sich eine schräge Neigung, die von den Außenteleskopkronen konstruktionsbedingt aufgenommen werden müsse. Dies sei bei den Innenteleskopkronen auf den Zähnen 13, 12, 11, 21, 22 und 23 eingehalten worden. Im Rahmen der Begutachtung habe der Sachverständige ferner per Handartikulation in Zielpunktkontakt zusammengesetzte Situationsmodelle vor und nach Erstellung des Zahnersatzes durch den Drittwiderbeklagten verglichen. Dabei habe sich ergeben, dass die Bisshöhe nach Erstellung des neuen Zahnersatzes leicht erhöht ist. Dabei handle sich um eine ausreichende Bisshöhe, da im Bereich der Kaumuskulatur bei der Patientin keinerlei Probleme dokumentiert seien. Im Ergebnis gehe der Sachverständigen ferner davon aus, dass die Okklusionsebenenneigung der anatomischen Ausrichtung der Kieferverhältnisse der Beklagten entspreche. Für das Vorliegen einer craniomandibulären Dysfunktion (nachfolgend CMD) bereits zu Beginn der Behandlung sei die Beklagte beweisfällig geblieben. Auf den Zeugen M... M... habe die Beklagte verzichtet. Eine Vernehmung der Zeugin Dr. P... sei ebenfalls nicht in Betracht gekommen. Zur Gebisssituation bei der Beklagten im Zeitpunkt der Behandlung durch den Drittwiderbeklagten könne Frau Dr. P... keinerlei Angaben machen. Auch habe nicht feststellen werden können, ob zum Zeitpunkt der Behandlung durch den Drittwiderbeklagten im Bereich der Zähne 12 und 13 eine Zyste vorgelegen habe, die durch einen Behandlungsfehler des Drittwiderbeklagten entstanden sei. Im Zeitpunkt der Begutachtung habe die Stiftkrone am Zahn 12 festgesessen. Das Innenteleskop der Krone 13 habe sich gelöst. Es sei aber schicksalhaft, wenn sich bedingt durch die Belastung ein Stiftaufbau mitsamt Krone löse. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei der Zahn 27 schon im Juni 2011 aufgrund eines starken Knochenabbaus nicht mehr knöchern fixiert gewesen. Demzufolge habe es nicht der Drittwiderbeklagte zu vertreten, dass sich der Zahn endgültig gelockert habe. Nichts anderes gelte für den Zahn 14. Der Sachverständige habe zwar die Behauptung der Beklagten bestätigt, dass sich unter der Oberkieferteleskopprothese Speisereste ansammelten. Dies sei jedoch nicht auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen, sondern auf die Lockerung der vorhandenen Zähne, die nicht den Drittwiderbeklagten angelastet werden könne. Daher habe es auch nicht der Vernehmung der Zeugin L... B... bedurft. Die Drittwiderklage der Beklagten könne mangels Vorliegens eines vorwerfbaren Behandlungsfehlers dementsprechend keinen Erfolg haben.
6Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte rügt, dass das Ziel der Behandlung nicht nur die Herstellung und Einsetzung eines Zahnersatzes, sondern ihre Bisskorrektur gewesen sei. Trotz unstreitiger Vereinbarung sei keine Bisskorrektur vorgenommen worden, so dass in dem Fehlen der Bisskorrektur eine völlig unbrauchbare Leistung des Drittwiderbeklagten liege. Mit Schriftsatz vom 24.03.2015 habe sie Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten zu dem Beweisthema, dass bei ihr bereits eine CMD bestanden habe. Das Landgericht habe diesen Beweisantritt nicht beachtet. Auch habe ein prozessuales Ungleichgewicht zu ihren Lasten bestanden. Auf ihrer Seite sei kein sachverständiger Zeuge gewesen. Demgemäß sei die Ladung der Zeugin Dr. P... als sachverständige Zeugin zum Termin aufgrund der prozessualen Waffengleichheit im Zivilprozess erforderlich gewesen. Ebenfalls werde nicht berücksichtigt, dass der Zeuge M... aufgrund Gedächtnisverlustes als Zeuge nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Dennoch enthalte das Urteil keine Würdigung seiner als Anlage B 12 vorgelegten Zeugenaussage. Das Gericht habe im Zusammenhang mit den Zähnen 12 und 13 die Beweislast verkannt. Das Gericht habe hinsichtlich des Übergangs an Zahn 12 einen Behandlungsfehler festgestellt und im Zusammenhang mit der Zyste im Bereich der Zähne 12 und 13 dargelegt, dass der Sachverständige nicht habe feststellen können, ob die Zyste durch einen Behandlungsfehler des Drittwiderbeklagten entstanden sei. Nach § 630 h Abs. 1 BGB werde ein Behandlungsfehler vermutet, so dass es dem Drittwiderbeklagten oblegen hätte, diese Vermutung durch Beweis des Gegenteils zu entkräften. Darüber hinaus habe das Gericht bei der Auswahl des Sachverständigen nicht darauf geachtet, dass dieser über funktionsanalytische Kenntnisse verfüge. Funktionsanalytische Kenntnisse des Sachverständigen wären jedoch zur Bewertung der streitgegenständlichen Behandlung mit dem Ziel der Bisskorrektur erforderlich gewesen. Ohne diese Verfahrensverstöße wäre das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass eine völlig unbrauchbare, wertlose Leistung des Drittwiderbeklagten vorliege und somit der Vergütungsanspruch nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen sei. Es sei auch verfahrensfehlerhaft gewesen, dass im Anschluss an die gescheiterte Güteverhandlung sofort die Anträge aufgenommen und ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt worden ist; in eine richtige mündliche Verhandlung sei das Gericht nicht mehr eingetreten. Das nachfolgende Urteil weise sodann Unstimmigkeiten auf.
7Die Beklagte beantragt,
8unter Abänderung des am 24.06.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Kleve, Az.: 2 O 315/13, die Klage abzuweisen und
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1. den Drittwiderbeklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, den Betrag von 5.001 € jedoch nicht unterschreiten soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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2. festzustellen, dass der Drittwiderbeklagte verpflichtet ist, ihr alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihr aus der zahnärztlichen Behandlung mit Behandlungsschwerpunkt am 19.12.2012 und 20.12.2012 noch entstehen werden, soweit der Anspruch noch nicht auf ein Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen ist.
Hilfsweise beantragt die Beklagte,
14die Sache unter Aufhebung des am 24.06.2015 vom Landgericht Kleve, Az.: 2 O 315/13, verkündeten Urteils an das Landgericht Kleve zurückzuverweisen.
15Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte beantragen,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Die Klägerin trägt vor, Behandlungsziel sei – unstreitig – eine Bisskorrektur gewesen. Diese sei in vertikaler und horizontaler Richtung durchgeführt worden. Soweit die Beklagte behaupte, es hätten weitere Unterlagen von dem Drittwiderbeklagten berücksichtigt werden müssen, sei dieser Vortrag als verspätet zurückzuweisen. Im Übrigen sei durch den Drittwiderbeklagten sehr wohl eine umfassende Funktionsdiagnostik durchgeführt worden. Auch stelle es keinen Verfahrensverstoß dar, dass das Landgericht die Zeugin Dr. P... nicht geladen habe. Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, diese als zahnmedizinische Sachverständige zum Termin mitzubringen. Die schriftliche Aussage des Herrn M... M... sei nicht zu berücksichtigen gewesen, da sie lediglich Parteivortrag darstelle. Ebenso wenig habe es einen Verfahrensfehler beim Landgericht gegeben. Nach Durchführung der Beweisaufnahme sei ein Verkündungstermin bestimmt worden. Auch die weitere Rüge, dass der Sachverständige kein Funktionsanalytiker sei, sei falsch. Abgesehen davon, dass diese Rüge verspätet und daher unbeachtlich sei, handele es sich bei dem Sachverständigen durchaus um jemanden, der die fachliche Qualifikation besitze, die hier streitgegenständlichen maßgeblichen Fragen zu beantworten. Auch wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, die Geeignetheit des Sachverständigen zu beanstanden.
18Der Drittwiderbeklagte führt aus, das Landgericht habe den Vergütungsanspruch mit der Herstellung und Einsetzung eines Zahnersatzes vollumfänglich begründet. Damit sei die Frage der Bisskorrektur nicht Gegenstand des landgerichtlichen Urteils geworden. Die dagegen gerichtete Berufung sei unschlüssig. Abgesehen davon habe der Sachverständige Dr. T... in seinem Gutachten vom 13.07.2014 eine ausreichende Bisshöhe festgestellt und diese nochmals anlässlich seiner Befragung durch das Gericht am 25.02.2015 bestätigt. Damit sei eine ausreichende Bisshöhe belegt. Im Übrigen wäre die Beklagte damit präkludiert (§ 531 Abs. 1 ZPO). Denn nach der Anhörung des Sachverständigen habe sie sich in ihrem Schriftsatz vom 24.03.2015 nicht mehr zu den vorzitierten Erhebungen des Sachverständigen eingelassen. Letztlich sei das Vorbringen der Beklagten auch unsubstantiiert. Nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht habe die Beklagte erstmals eine CMD als weitere Komplikation in den Rechtsstreit eingeführt. Bereits der erstinstanzliche Vortrag im Schriftsatz vom 24.03.2015 sei verspätet gewesen. Die Beklagte nehme zwar auf das Gutachten von Frau Dr. P... Bezug; in der Klageerwiderung vom 17.01.2014 schweige sie sich hierzu jedoch aus; deshalb habe das Landgericht der Behauptung einer CMD schon aus prozessualen Gründen nicht nachgehen müssen (§ 296 a ZPO). Ergänzend sei für das zweitinstanzliche Verfahren auf § 531 Abs. 1 ZPO hinzuweisen. Außerdem habe die Beklagte nichts für das Vorliegen einer CMD vorgetragen. Auch das Gutachten der Frau Dr. P... lasse die Diagnose CMD nicht erkennen. Erhellend sei allerdings der Umstand, dass aufgrund einer handschriftlichen Korrektur ein „Knirschen oder Pressen mit den Zähnen“ von „nein“ durch einen Zusatz mit „ja“ angekreuzt worden sei. Die Anlage B 1 sei damit dem vorprozessualen Vorbringen der Beklagten im Nachhinein angepasst worden. Letztlich könne dies dahingestellt bleiben, denn auch die weiteren Dokumentationen, welche die Beklagte erstinstanzlich beigebracht habe, ließen die Diagnose CMD überhaupt nicht zu. Auch der Hinweis auf eine CMD-Behandlung im Jahre 1990 überzeuge nicht. Zunächst einmal sei der Vortrag verspätet (§ 531 Abs. 1 und 2 ZPO). Es sei auch nicht erkennbar, wie eine CMD-Behandlung von vor über 23 Jahren eine irgendwie geeignete Symptomatik heraufbeschworen haben soll. Letztlich habe auch der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. T... die Beklagte untersucht und keine CMD festgestellt. Zu Recht habe das Landgericht Kleve auch ausgeführt, dass die Dokumentation des Drittwiderbeklagten keinerlei Eintrag hinsichtlich einer CMD aufgewiesen habe. Sei aber die Dokumentation äußerlich ordnungsgemäß und bestünden keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit begründen könnten, so sei bei der Beurteilung, ob ein Behandlungsfehler vorliege, der dokumentierte Behandlungsverlauf zugrunde zu legen. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens habe es insoweit nicht bedurft. Abgesehen davon lägen die Voraussetzungen des § 412 ZPO für die Einholung eines Obergutachtens nicht vor. Es sei nicht zu beanstanden, dass die von der Beklagten benannte Zeugin Dr. P... nicht zur mündlichen Verhandlung geladen worden sei. Die Vernehmung der Zeugin Dr. P... sei nicht geboten gewesen, da zum einen bereits ein Sachverständigengutachten vom 13.07.2014 vorgelegen habe und zum anderen das Landgericht mit Beschluss vom 25.04.2014 die Beklagte zur Vorlage der Behandlungsdokumentation der Frau P... zur weiteren Sachverhaltsaufklärung gebeten habe. Dieser Aufklärung sei die Beklagte als beibringungsbelastete Partei nicht nachgekommen. Ferner sei die schriftliche Aussage des zwischenzeitlich nicht mehr vernehmungsfähigen Zeugen M... nicht zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen des § 377 Abs. 3 ZPO hätten nicht vorgelegen. Zu Unrecht meine die Beklagte, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T... an den Übergang des Zahnes 12 eine fehlerhafte Leistung vorliege. Es fehle auch an einem Schaden, da die Beklagte durch die Weigerung der Nachbesserung sämtliche Schadens- und Schmerzensgeldansprüche verwirkt habe. Eine Zystenbildung im Bereich der Zähne 12 und 13 habe der Sachverständige Dr. T... nicht festgestellt. Der § 630 h Abs. 1 BGB werde in diesem Zusammenhang von der Beklagten missinterpretiert. Eine Zyste liege keinesfalls im Beherrschungsbereich des Drittwiderbeklagten. Die Beklagte hätte nach der grundsätzlichen Beweislastverteilung im Arzthaftungsrecht einen Behandlungsfehler des Drittwiderbeklagten und einen kausalen Schaden bedingt durch eine Pflichtwidrigkeit des Drittwiderbeklagten aufgrund einer Zystenbildung nachweisen müssen. Dies sei der Beklagten nicht gelungen. Soweit die Beklagte ferner behaupte, der Sachverständige Dr. T... habe keine Fähigkeiten zur Begutachtung der streitgegenständlichen Behandlung, da er nicht über funktionsanalytische Kenntnisse verfüge, so sei dieser Vortrag erneut verspätet (§ 531 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte habe erstinstanzlich keinerlei Bedenken geäußert. Im Übrigen besitze der Sachverständige Dr. T... fundierte Kenntnisse hinsichtlich der Funktionsanalyse, die er hinsichtlich des Beweisthemas „Bisskorrektur“ dargelegt habe. Der Drittwiderbeklagte ist ferner der Auffassung, dass eine rechtzeitige Verfahrensrüge wegen nicht „richtiger“ mündlicher Verhandlung unterblieben sei. Soweit die Beklagte schließlich auf weitere Unstimmigkeiten des Urteils verwiesen habe, handele es sich um unbeachtlichen Sachvortrag, der mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung gemäß § 320 Abs. 1 ZPO innerhalb einer zweitwöchigen Frist ab Zustellung des Urteils hätte geltend gemacht werden müssen. Außerdem habe der Sachverständige Dr. T... nicht nur Ausführung zur Bisshöhe, sondern auch zur Okklusion gemacht. Zwar seien nach dem Vorbringen der Parteien das Vorliegen bzw. die Angaben über Nackenbeschwerden bei der Beklagten streitig. Gleichwohl habe sich der Sachverständige Dr. T... entgegen den Behauptungen der Beklagten mit der Okklusion bei Fertigung seiner Expertise auseinandergesetzt. Danach habe Dr. T... einen gleichmäßigen Bisskontakt bei der Beklagten feststellen können.
19Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
20II.
21Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
22Der Berufung sind keine konkreten Anhaltspunkte im Sinne von § 529 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu entnehmen, welche Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellungen begründen und eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung bzw. eine erneute Beweisaufnahme gebieten.
231.
24Die Klage ist begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht Honoraransprüche nach Maßgabe der §§ 398 ff., 611 ff. BGB in Höhe von 20.124,92 € für zahnärztliche Leistungen zu.
25Der mit der Klage geltend gemachte Honoraranspruch ist nicht gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB entfallen. Der Ausschluss des Vergütungsanspruchs gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn ein Zahnarzt einen völlig unbrauchbaren Zahnersatz hergestellt und eingesetzt hat, der für den Patienten gänzlich wertlos ist.
26Nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme kann ein Behandlungsfehler des Drittwiderbeklagten, der einen Honoraranspruch entfallen lassen könnte, nicht festgestellt werden. Es liegt keine völlig unbrauchbare, wertlose Leistung des Drittwiderbeklagten vor.
27Der Sachverständige Dr. T... hat in seinem schriftlichen Gutachten und bei der mündlichen Anhörung in Kenntnis des „Therapievorschlags“ der nachbehandelnden Zahnärztin Dr. P... und der zahnmedizinisch-fachlichen Bewertung der Zahnärztekammer Nordrhein nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Drittwiderbeklagte vorgenommene prothetische Versorgung im Großen und Ganzen lege artis erfolgt ist und für die Beklagte brauchbar war. Vorhandene Mängel waren jedenfalls – der Beklagten zumutbar – nachbesserungsfähig. Eine Nachbesserung ist infolge der Kündigung der Beklagten unterblieben. Die Beklagte zeigt mit ihrer Berufung keine Mängel der Beweiswürdigung auf. Die Einholung eines weiteren (schriftlichen) Sachverständigengutachtens war nach der Anhörung des Sachverständigen Dr. T... nicht geboten. Es steht im Ermessen des Gerichts, ob es bei Ergänzungsbedürftigkeit des Erstgutachtens die mündliche Erläuterung (§ 411 Abs. 3 ZPO) oder die schriftliche Ergänzung (§ 412 Abs. 1 1. Alt. ZPO) anordnet. Eine völlige Neubegutachtung kommt nur in Betracht, wenn das Erstgutachten als ungeeignet erachtet wird (§ 412 Abs. 1 2. Alt. ZPO). Dafür ist nichts ersichtlich und wird von der Berufung auch nicht aufgezeigt.
28Entgegen der Auffassung der Beklagten war Frau Dr. P... nicht als sachverständige Zeugin zu laden. Auch insoweit gilt, dass es grundsätzlich dem Ermessen des Tatrichters überlassen bleibt, in welcher rechtlich zulässigen und sachlich geeigneten Art und Weise er seiner Pflicht zur Aufklärung nachkommt. Der Aufklärungspflicht kann etwa dadurch Genüge getan werden, dass das Tatgericht dem Gerichtssachverständigen die Ansichten des Privatgutachters vorhält. Für eine mündliche Anhörung eines Privatgutachters fehlt es demgegenüber an einer gesetzlichen Grundlage (vgl. Hattemer/Rensen, MDR 2012, 1384, 1386). Der Privatgutachter ist weder sachverständiger Zeuge, denn er kann aus eigener Wahrnehmung über die entscheidungserheblichen Umstände in der Regel nichts berichten, noch ist er gerichtlich bestellter Sachverständiger im Sinne des § 404 ZPO (vgl. Hattemer/Rensen, a.a.O., 1384). Daher ist das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 08.05.2014, S. 11 lediglich ein qualifizierter Parteivortrag, so dass die „Zeugin“ Dr. P... nicht zu vernehmen war. Es genügt, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige – wie vorliegend – die Ansichten der Privatsachverständigen berücksichtigt hat. So hat der Sachverständige Dr. T... sich im Rahmen der mündlichen Anhörung eingehend mit den Einwendungen befasst (Schriftsatz vom 29.08.2014, S. 2 und S. 4), wonach im Bereich der Seitenzähne die Oberkieferteleskopprothese eindeutig wippe und der Zahnzwischenraumbereich goldgelb schimmere, und einen Behandlungsfehler verneint (Protokoll v. 25.02.2015, S. 5, 7 und S. 6; Bl. 334 f. GA) . Das gilt insbesondere auch für die Frage der Lockerung der Zähne. Unabhängig von dem Umstand, ob diese Lockerung schon zum Zeitpunkt der Behandlung vorlag, wäre sie dennoch lege artis gewesen. Es lag nach der glaubhaften Aussage des Sachverständigen Dr. T... kein Lockerungsgrad vor, der eine derartige Teleskopversorgung als nicht indiziert hätte erscheinen lassen. Er hat in seinem Gutachten vom 13.07.2014 (S. 21 f.; Bl. 239 f. GA) ausgeführt, die Zähne zeigten einen Lockerungsgrad von II oder I bis II auf und seien damit eindeutig fühlbar beweglich. Bei einer Lockerung der Zähne ergebe sich konstruktionsimmanent auch eine entsprechende Lockerung des Zahnersatzes. Die Lockerung und die Kippelbewegung der Prothese ergäben sich insgesamt aus der Lockerung der vorhandenen Zähne und seien damit nicht befundbedingt.
29Auch der Umstand, dass der Zeuge M... seit Ende Oktober 2014 an dem Korsakow-Syndrom erkrankt ist und die Beklagte deshalb auf die Vernehmung dieses Zeugen verzichten musste, gebot nicht, Frau Dr. P... zu laden. Es hätte der Beklagten offen gestanden, Frau Dr. P... zum Termin als Beraterin mitzubringen, nachdem das Landgericht durch Verfügung vom 10.10.2014 darauf hingewiesen hatte, Frau Dr. P... nicht zu laden.
30Die Beklagte rügt ferner erfolglos, dass sich das Landgericht Kleve nicht mit der mit Schriftsatz vom 21.01.2015 als Anlage B 12 vorgelegten Zeugenaussage des Herrn M... vom 18.01.2014 auseinandergesetzt habe. Zwar ist das Schreiben vom 18.01.2014 grundsätzlich als Urkundenbeweis im Sinne von § 416 ZPO verwertbar (vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2007 – VI ZR 58/06, NJW-RR 2007, 1077 ff.; Damrau in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 373 Rdnr. 20). Vollen Beweis erbringt die Privaturkunde aber nur in formeller Hinsicht, nicht aber hinsichtlich des materiellen Inhalts. Diesbezüglich unterliegt die Urkunde der freien Beweiswürdigung. Die Würdigung des Inhalts des Schriftstücks ergibt zu Gunsten der Beklagten keine abweichende Beurteilung der zahnärztlichen Leistung des Drittwiderbeklagten. Unabhängig von der Frage, ob der seit Ende Oktober 2014 an dem Korsakow-Syndrom erkrankte Zeuge M... bei Abfassung des Schreibens noch geschäftsfähig war, hat der Sachverständige Dr. T... in seinem Gutachten vom 13.07.2014 unter der Ziffer 1.6 (S. 23, Bl. 242 GA) ausgeführt, dass die Bisshöhe nach Erstellung des neuen Zahnersatzes nicht niedriger, sondern vielmehr leicht erhöht ist. Auch im Rahmen seiner Anhörung hat er erneut festgestellt, dass er keinerlei Notwendigkeit für eine weitere Bisserhöhung bei der Beklagten gesehen habe (S. 3 bis 5 des Protokolls vom 25.02.2015; Bl. 332 R bis 333 R). Insofern besteht schon kein Widerspruch zwischen der Erklärung vom 18.01.2014 und den Feststellungen des Sachverständigen.
31Der Sachverständige hat ferner in seinem Gutachten vom 13.07.2014 unter Punkt 1.7 festgestellt (S. 23, Bl. 241 GA), dass im Schlussbiss zum Zeitpunkt der Begutachtung im Seitenzahnbereich ein gleichmäßiger Bisskontakt festzustellen ist. Lediglich im Bereich von Zahn 26 sei der Kontakt etwas weniger stark als an den anderen Zähnen. Es liege doch insgesamt eine gleichmäßige Okklusion vor; er habe keine Non-Okklusion festgestellt. Im posterioren Bereich liegt damit eine gleichmäßige Auflage und Abstützung vor. Somit hat der Sachverständige Dr. T..., obwohl die Dokumentation des Drittwiderbeklagten sich nicht dazu äußerte, dass die Beklagte über Nackenbeschwerden und/oder Beschwerden im Rahmen der Kaumuskulatur geklagt habe, aufgrund eigener Feststellungen Äußerungen zur Bisshöhe und zum Bisskontakt gemacht. Soweit die Beklagte darüber hinaus rügt, dass der Sachverständige über keine funktionsanalytischen Kenntnisse verfüge, hat sie es versäumt, ihre diesbezüglichen Bedenken in erster Instanz vorzubringen. Dass Dr. T... über fundierte Kenntnisse hinsichtlich der Kiefer-Funktionsanalyse verfügt, hat er dem Landgericht erstinstanzlich deutlich gemacht. Er konnte Feststellungen zur Bisskorrektur, zur Okklusion und zur Frage, ob sich muskuläre Fehlfunktionen zeigten oder nicht, treffen (Protokoll vom 25.02.2012, S. 3, Bl. 333 GA).
32Schließlich rügt die Beklagte zu Unrecht weitere fehlerhafte Behandlungen durch den Drittwiderbeklagten als vergütungsausschließend; dies gilt insbesondere für den als fehlerhaft gerügten Übergang an Zahn 12, der verbesserungswürdig war. Dennoch führt diese nicht fehlerfreie Leistung des Drittwiderbeklagten an Zahn 12 nicht zu einem völlig unbrauchbaren Zahnersatz. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die bloße erste Anpassung eines Zahnersatzes, bei der sich Mängel insbesondere im Sitz herausstellen, noch keinen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Patienten bedeutet, sondern lediglich belegt, dass das geschuldete prothetische Werkstück mit seiner Eingliederung noch nicht frei von Mängeln ist (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 21.01.2008 - 4 W 28/08, NJW-RR 2009, 30 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 11.02.1967- 5 U 164/96, OLGR 1997, 173 f.). Zumutbare Nachbesserungsmaßnahmen sind daher von einem Patienten hinzunehmen, da ein Zahnersatz häufig auch bei äußerster Präzision des Zahnarztes nicht „auf Anhieb“ beschwerdefrei sitzt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2000 - 8 U 123/99, OLGR 2001, 183 ff.). Stattdessen hat die Beklagte das Vertragsverhältnis jedoch zum 10.01.2013 gekündigt und dem Drittwiderbeklagten keine Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben. Gründe, warum ihr eine solche Nachbesserung nicht zumutbar gewesen sein sollte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
33Unzutreffend geht die Beklagte davon aus, dass von dem Drittwiderbeklagten gemäß § 630 h Abs. 1 BGB der Beweis des Gegenteils bezüglich des Vorliegens einer durch die Behandlung verursachten Zyste im Bereich der Zähne 12 und 13 zu führen ist. § 630 h Abs. 1 BGB wird von der Beklagten missverstanden. Abs. 1 regelt nämlich die Umkehr der Beweislast für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers nur bei Verwirklichung eines voll beherrschbaren Risikos. Ein voll beherrschbares Risiko ist als Tatbestandsvoraussetzung jedoch zu verneinen, wenn in der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten zugleich andere, ggfs. unbekannte oder nicht zu erwartende Dispositionen des Patienten durchschlagen, diesen für das verwirklichte Risiko anfällig mache und dem Behandelnden damit die volle Beherrschbarkeit des Risikobereichs entziehe. Die Bildung einer Zyste lag keinesfalls im Beherrschungsbereich des Drittwiderbeklagten. Es müssen insbesondere nach Aussage des Dr. T... anatomische Verhältnisse vorliegen, die zu einer Zystenbildung besonders beigetragen hätten. Dass es überhaupt zu einer Zystenbildung gekommen ist, vermag die Beklagte aber schon nicht nachzuweisen. Der Sachverständige spricht nur von einer Aufhellung; der Entstehungsbeginn der Aufhellung sei aber nicht feststellbar (Bl. 243 GA).
34Unzureichend ist ebenfalls die Rüge, dass keine „richtige“ mündliche Verhandlung stattgefunden habe. Wenn die Beklagte tatsächlich eine „richtige“ mündliche Verhandlung hätte haben wollen, hätte sie den diesbezüglichen Verfahrensfehler vor der Stellung der Anträge geltend machen müssen. Eine Verfahrensrüge wegen nicht „richtiger“ mündlicher Verhandlung unterblieb aber, so dass diesbezügliche Mängel geheilt sind.
35Auch soweit die Beklagte auf weitere Unstimmigkeiten des Urteils unter Ziffer 8 a) bis d) der Berufungsschrift verweist oder darauf, dass die Patientenakte nicht vorgelegen habe, sind diese Umstände nicht geeignet, einen Behandlungsfehler des Drittwiderbeklagten nachzuweisen. Die Patientenakte lag im selbständigen Beweisverfahren vor (Bl. 108 ff. BA). Die Unstimmigkeiten unter 8 a) bis d) der Berufungsbegründungsschrift wirkten sich nicht negativ auf das Urteil aus. Im Übrigen hätten diese Umstände mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung gemäß § 320 Abs. 1 ZPO innerhalb einer zweiwöchigen Frist ab Zustellung des Urteils geltend gemacht werden müssen.
362.
37Aus alledem folgt, dass die Drittwiderklage unbegründet ist.
38Wegen des Fehlens eines vorwerfbaren Behandlungsfehlers ist weder ein aufrechenbar oder selbstständig geltend gemachter Schmerzensgeldanspruch nach Maßgabe der §§ 280, 611, 630 a ff., 823 Abs. 1 BGB gegeben, noch ein Anspruch gegen den Drittwiderbeklagten auf Feststellung seiner Haftung für materielle und/oder immaterielle Schäden.
39III.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
41Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
42Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
43Streitwert: 27.125,94 € (20.124,94 € + 5.001,00 € + 2.000,00 €).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 13. Juli 2016 - I-18 U 95/15
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 13. Juli 2016 - I-18 U 95/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(1) Die Ladung der Zeugen ist von der Geschäftsstelle unter Bezugnahme auf den Beweisbeschluss auszufertigen und von Amts wegen mitzuteilen. Sie wird, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, formlos übermittelt.
(2) Die Ladung muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien; - 2.
den Gegenstand der Vernehmung; - 3.
die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Ordnungsmittel in dem nach Zeit und Ort zu bezeichnenden Termin zu erscheinen.
(3) Das Gericht kann eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anordnen, wenn es dies im Hinblick auf den Inhalt der Beweisfrage und die Person des Zeugen für ausreichend erachtet. Der Zeuge ist darauf hinzuweisen, dass er zur Vernehmung geladen werden kann. Das Gericht ordnet die Ladung des Zeugen an, wenn es dies zur weiteren Klärung der Beweisfrage für notwendig erachtet.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.
(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.
(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.
(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.
(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.
(2) Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.
(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.
(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.
(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger macht gegen den Beklagten zu 1 als Halter und Fahrer eines PKW und die Beklagte zu 2 als dessen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 24. November 2004 geltend. Der Pkw des Klägers, der im Bereich einer ampelgeregelten Kreuzung nach links in eine Seitenstraße abbiegen wollte, stieß dabei mit dem in der Gegenrichtung geradeaus fahrenden PKW des Beklagten zu 1 zusammen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte zu 1 auf den verkehrsbedingt im Kreuzungsbereich haltenden PKW des Klägers auffuhr oder ob der Kläger unter Missachtung des Rotlichts in den Kreuzungsbereich und die Fahrspur des Beklagten zu 1 eingefahren ist.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, der Kläger habe den Unfall verschuldet, weil er das Vorfahrtsrecht des Beklagten zu 1 verletzt habe. Die Richtigkeit seiner Unfallschilderung habe er wegen fehlender Beweismittel nicht nachweisen können. Darüber hinaus werde die Unfallschilderung der Beklagten durch den Zeugen V. bestätigt, der gegenüber der Beklagten zu 2 angegeben habe, der Kläger sei auf der inneren Linksabbiegespur in die Kreuzung eingefahren, obwohl die für diese Fahrtrichtung geltenden Ampeln auf rot gestanden hätten, während lediglich die für den Geradeausverkehr geltenden Ampeln auf Grünlicht geschaltet gewesen seien, wodurch sich der Kläger offensichtlich habe irritieren lassen. Der Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1 trete hinter dem schuldhaften Fahrfehler des Klägers zurück.
- 3
- Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts liegen die vom Kläger mit seiner Berufung gerügten Verfahrensfehler des Amtsgerichts nicht vor. Es habe die schriftliche Aussage des Zeugen V. im Wege des Urkundenbeweises verwerten dürfen. Der Zeuge sei von der Beklagtenpartei angeboten worden, die sich mit der Verwertung der schriftlichen Aussage einverstanden erklärt habe. Trotz eines Hinweises des Amtsgerichts auf die Beweispflicht des Klägers habe dieser den Zeugen V. nicht benannt. Auch in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22. Juli 2005, der wohl auch als verspätet anzusehen sei, sei lediglich erklärt worden, der schriftlichen Verwertung der Aussage werde nicht zugestimmt. Dies sei nicht als Beweisantrag zu werten. Soweit das Amtsgericht sich auf Auskünfte der Polizei und eine durch diese erfolgte Verwarnung des Klägers bezogen habe, sei dies nicht Grundlage für die Verurteilung. Selbst wenn dem Kläger der von den Beklagten vorgelegte Tagebuchauszug der Polizei nicht bekannt gegeben worden sei, habe er dadurch keinen Nachteil erlitten, weil sich das Amtsgericht darauf nicht zum Nachteil des Klägers stütze. Die in der Berufungsinstanz als Zeugen benannten Polizeibeamten seien nicht zu hören, da sie den Unfall nicht gesehen hätten und ihre eventuell auf den Angaben der Unfallbeteiligten beruhende Ansicht, der Kläger sei (nicht) zu verwarnen, für die zivilrechtliche Beurteilung nicht maßgebend sei. Das Amtsgericht habe den Kläger deutlich auf seine Beweispflicht hingewiesen, ohne dass dieser einen Schriftsatznachlass beantragt habe. Eine Gehörsverletzung oder eine Überraschungsentscheidung liege daher nicht vor. Die Würdigung der Aussage des Zeugen V. durch das Amtsgericht sei mit der Berufung nicht angreifbar. Dem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nicht zu folgen. Ein Sachverständigengutachten könne den gegen den Kläger sprechenden Anscheinsbeweis nicht erschüttern. Ein Sachverständiger könne allenfalls klären, ob der PKW des Klägers bei dem Zusammenstoss gestanden habe, nicht aber wie lange.
II.
- 5
- Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
- 6
- 1. Da das Fahrzeug des Klägers bei dem Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1 durch dieses beschädigt wurde, kommt allerdings grundsätzlich ein Anspruch des Klägers aus § 7 Abs. 1 StVG und, soweit ein Verschulden des Beklagten zu 1 vorliegen sollte, aus § 823 Abs. 1 BGB in Betracht. Dass der Unfall durch höhere Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG) verursacht worden sei, wird von keiner Partei geltend gemacht. Ein Anspruch des Klägers ist deshalb nur ausgeschlossen, wenn der Unfallschaden von ihm durch ein für den Beklagten zu 1 unabwendbares Ereignis (§ 17 Abs. 3 Satz 1 StVG) oder jedenfalls ganz überwiegend verursacht bzw. verschuldet wurde, so dass der Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1 vernachlässigt werden kann (§ 17 Abs. 1 StVG, § 254 Abs. 1 BGB). Dafür, dass die Betriebsgefahr des PKW des Klägers durch dessen - ggfls. schuldhafte - Fahrweise gegenüber der des PKW des Beklagten wesentlich erhöht war und dass den Kläger an dem Unfall ein Verschulden trifft, sind grundsätzlich die Beklagten darlegungs- und beweispflichtig.
- 7
- 2. Das Amtsgericht und das Berufungsgericht gehen ersichtlich davon aus, dass die Beklagten diesen Beweis geführt haben, weil gegen den Kläger, der als Abbiegender mit einem Fahrzeug des Gegenverkehrs zusammengestoßen ist, der Anscheinsbeweis spricht und der Kläger diesen aus Mangel an Beweismitteln nicht entkräften kann. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
- 8
- Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht von einem gegen den Kläger sprechenden Anscheinsbeweis ausgeht. Das ist auch unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht zu beanstanden. Nach § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO muss, wer links abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass der Linksabbieger, wenn er seiner hiernach bestehenden Wartepflicht nicht genügt und es deshalb zu einem Unfall kommt, in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zumindest zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften hat, weil an eine Verletzung des Vorfahrtrechts des geradeaus Fahrenden durch den Linksabbieger ein schwerer Schuldvorwurf anknüpft, wobei für das Verschulden des Abbiegenden der Anscheinsbeweis spricht (Senatsurteil vom 11. Januar 2005 - VI ZR 352/03 - VersR 2005, 702 f. m.w.N.).
- 9
- Ein Sachverhalt, bei dem der Anscheinsbeweis nicht in Betracht kommt, liegt hier nicht vor. Zwar ist der Kreuzungsbereich mit Ampeln sowohl für den geradeaus fahrenden als auch für den abbiegenden Verkehr versehen. Bei solchen Fallgestaltungen kann ein Anscheinsbeweis ausscheiden, wenn die Unfallgegner darüber streiten, wer von ihnen bei grün in die Kreuzung eingefahren ist und wer das für ihn geltende Rotlicht missachtet hat (Senatsurteile vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 98/91 - VersR 1992, 203 und vom 13. Februar 1996 - VI ZR 126/95 - VersR 1996, 513). Darum geht es hier jedoch nicht. Der Kläger bestreitet nicht, dass der Beklagte zu 1 bei grün in die Kreuzung eingefahren ist; er behauptet lediglich, dieser sei dabei aus Unaufmerksamkeit gegen das noch im Kreuzungsbereich befindliche Fahrzeug des Klägers gefahren. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts und des Landgerichts ist unstreitig, dass sich der Kläger im Zeitpunkt des Zusammenstoßes bereits im Abbiegevorgang befand. Dies wird von der Revision auch nicht in Abrede gestellt. Insoweit liegt eine typische Fallgestaltung vor, bei der die Lebenserfahrung dafür spricht, dass der Abbiegende das Vorrecht des geradeaus Fahrenden missachtet hat und es dadurch zu dem Unfall gekommen ist.
- 10
- 3. Danach ist das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften hat, indem er Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist , aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. dazu etwa Senatsurteile vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 223/87 - VersR 1989, 54, 55; vom 4. April 2006 - VI ZR 151/05 - VersR 2006 931, 932). Seine Auffassung, dass ein solcher Beweis nicht angetreten sei und auch nicht geführt werden könne, ist revisionsrechtlich letztlich nicht zu beanstanden.
- 11
- a) Im Ergebnis verfahrensfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, für den vom Kläger vorgetragenen Unfallverlauf sei kein tauglicher Zeugenbeweis angetreten. Dabei kann dahin stehen, ob das Amtsgericht oder das Berufungsgericht dem Vortrag des Klägers, die Unfallschilderung des Zeugen V. sei falsch und ihrer schriftlichen Verwertung werde widersprochen, entnehmen mussten, hilfsweise werde eine persönliche Vernehmung des Zeugen verlangt.
- 12
- Die beweispflichtige Partei hat die Tatsachen zu bezeichnen, über welche die Vernehmung eines benannten Zeugen stattfinden soll (§ 373 ZPO). Ein tauglicher Beweisantritt liegt nur vor, wenn ein Zeuge zur Richtigkeit der Tatsachen benannt wird, die die beweispflichtige Partei zur Begründung ihres Anspruchs schlüssig bzw. zur Abwehr von Einwendungen der Gegenseite erheblich vorgetragen und die die Gegenpartei bestritten hat.
- 13
- Ein dahin gehender Beweisantritt des Klägers ist nicht ersichtlich. Die Beklagten haben den Zeugen V. für die Richtigkeit ihrer Schilderung des Unfallverlaufs unter Hinweis auf seine schriftliche Äußerung gegenüber der Beklagten zu 2 benannt. Der Kläger hat mehrfach Ausführungen dazu gemacht, dass und warum die Äußerung des Zeugen V. unrichtig sei. Er hat indes nicht vorgetragen , der Zeuge V. könne und werde bekunden, dass seine, des Klägers Sachdarstellung richtig sei. Auch der Revisionsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass der Zeuge V. bei einer Vernehmung durch den Tatrichter bekundet hätte, er habe sich bei seiner Äußerung gegenüber der Beklagten zu 2 geirrt und die Sachdarstellung des Klägers sei richtig. Unter diesen Umständen steht aber fest, dass der Kläger seine Schilderung des Unfallverlaufs durch den Zeugen V. nicht beweisen kann.
- 14
- b) Auf die von der Revision problematisierte Frage, die dem Berufungsgericht möglicherweise auch Anlass zur Zulassung der Revision gegeben hat, ob und gegebenenfalls in welcher Richtung die schriftliche Äußerung des Zeugen V. vom Tatrichter verwertet werden durfte, kommt es deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Lediglich ergänzend sei insoweit bemerkt:
- 15
- aa) Die Äußerung, die ein als Zeuge in Betracht kommender Beobachter eines Verkehrsunfalls gegenüber dem Haftpflichtversicherer eines der Unfallbeteiligten abgibt, ist selbstverständlich keine Zeugenaussage aus einem anderen gerichtlichen Verfahren. Gleichwohl ist eine solche Äußerung beweisrechtlich nicht stets wertlos.
- 16
- In der Zivilprozessordnung besteht keine dem § 250 StPO entsprechende Regelung, wonach, wenn der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person beruht, diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen ist und die Vernehmung nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden darf. Vielmehr bestimmt § 377 Abs. 3 ZPO ausdrücklich, dass das Gericht eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anordnen kann, wenn es dies im Hinblick auf den Inhalt der Beweisfrage und die Person des Zeugen für ausreichend erachtet. Unter den durch die Vorschrift vorgegebenen Voraussetzungen ist also schon nach dem Gesetz eine Beweiswürdigung aufgrund der privatschriftlichen Erklärung eines Zeugen möglich.
- 17
- Darüber hinaus kann der Beweisführer statt des Beweises durch Zeugen oder Sachverständige den Urkundenbeweis wählen. Auch eine Privaturkunde, die ein Zeugnis oder Gutachten ersetzen soll, kann im Wege des Urkundenbeweises beigebracht werden. Einer Zustimmung des Gegners bedarf die Führung des Urkundenbeweises nicht. Der Urkundenbeweis unterliegt der freien Beweiswürdigung. Ein zwingender positiver Beweiswert kommt der Urkunde nicht zu. Auch wird der Beweiswert der Urkunde oft gering sein, wenn sie die nicht in einem formellen Verfahren gewonnene, sondern gegenüber einer Partei gemachte Äußerung eines Zeugen wiedergibt (vgl. zu alledem z.B. MünchKomm -ZPO/Damrau, 2. Aufl., § 373 Rn. 20 f.; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 284 Rn. 33 ff., jeweils m.w.N.).
- 18
- bb) Nach diesen Maßstäben war es dem Tatrichter im vorliegenden Fall zumindest nicht verwehrt, auf die Äußerung des Zeugen V. zu verweisen, um dem Kläger zu verdeutlichen, dass der Beweis für seine Unfalldarstellung nicht zu führen sei. Darauf, ob die Vorinstanzen der Äußerung evtl. fehlerhaft eine darüber hinaus gehende prozessrechtliche Bedeutung zugemessen haben, kommt es in Anbetracht der vorstehend beschriebenen Beweislage nicht an. Insbesondere ist es unter den Umständen des vorliegenden Falles auch unerheblich , dass ein Zeuge, dessen Aussage schriftlich fixiert oder protokolliert ist, auf Antrag persönlich vernommen werden muss, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme von der Aussage abhängt (vgl. dazu etwa BGHZ 7, 116, 121 f.; Senatsurteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98 - VersR 2000, 610, 612). Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, könnte der Kläger den ihm obliegenden Beweis der ernsthaften Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs auch dann nicht führen, wenn sich aufgrund einer persönlichen Vernehmung des Zeugen V. Zweifel an dessen schriftlicher Unfalldarstellung ergäben.
- 19
- c) Auch die weiteren Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch.
- 20
- aa) Soweit die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht die Vernehmung der im Berufungsverfahren benannten Polizeibeamten zu Unrecht abgelehnt habe, stellt sie nicht in Abrede, dass die Polizeibeamten den Unfall nicht beobachtet haben. Sie legt auch nicht dar, welche konkreten Aussagen die Unfallbeteiligten gegenüber den Polizeibeamten seinerzeit gemacht haben und inwieweit diese für die Erforschung des wahren Unfallhergangs von Bedeutung sein könnten. Der vom Kläger zu den Akten gereichten polizeilichen Auskunft vom 7. Dezember 2004 ist lediglich zu entnehmen, der Kläger sei noch bei Gelblicht in die Kreuzung eingefahren und aus ihr wegen des Gegenverkehrs, der inzwischen Grünlicht gehabt habe, nicht mehr heraus gekommen, sodann sei das Beklagtenfahrzeug gegen das Klägerfahrzeug gestoßen. Es kann un- terstellt werden, dass die Polizeibeamten an die Aufnahme des relativ unbedeutenden Unfalls auch noch nach Monaten oder Jahren eine ausreichend sichere Erinnerung gehabt und den Inhalt der Auskunft bestätigt hätten. Ausreichend sichere Anhaltspunkte für die Entkräftung des gegen den Kläger sprechenden Anscheinsbeweises ergäben sich aus einer solchen Aussage jedoch ersichtlich nicht.
- 21
- bb) Die Revision lässt auch nicht erkennen, dass ein Sachverständigengutachten für den Kläger günstige Feststellungen ergeben könnte. Feststellungen zur Ampelschaltung sind schon deshalb unnötig, weil der Beklagte zu 1 im Unfallzeitpunkt unstreitig Grünlicht hatte. Dass eine Sicherung der Unfallspuren stattgefunden habe oder gutachterliche Feststellungen der Unfallbeschädigungen vorlägen, denen die näheren Umstände des Anstoßes der Fahrzeuge entnommen werden könnten, zeigt die Revision nicht konkret auf, ganz abgesehen davon, dass offenbar nicht geltend gemacht werden kann, derartige Umstände seien schon dem Tatrichter vorgetragen worden. Bei dieser Sachlage erscheint die Annahme des Berufungsgerichts, weitere Aufklärung könne von einem Sachverständigengutachten nicht erwartet werden, als geradezu einleuchtend.
- 22
- cc) Angesichts all dessen erweist sich auch die Rüge der Revision, der Tatrichter habe seine richterliche Hinweispflicht verletzt, als unbegründet. Es ist nicht nachvollziehbar dargelegt, welche Hinweise und vor allem welche konkreten darauf reagierenden Anträge zur weiteren Prozessführung dem Kläger angesichts der dargestellten Beweislage über seine Beweisschwierigkeiten hätten hinweghelfen können.
- 23
- 4. Die den Entscheidungen der Vorinstanzen zugrunde liegende Auffassung , dass der Kläger den gesamten Schaden selbst zu tragen habe, wenn der Anscheinsbeweis nicht entkräftet ist, greift die Revision nicht an. Sie ist auch, wie bereits ausgeführt, nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats rechtlich nicht zu beanstanden. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
AG München, Entscheidung vom 28.07.2005 - 331 C 14903/05 -
LG München I, Entscheidung vom 19.01.2006 - 19 S 17465/05 -
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.