Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 28. Juli 2015 - L 5 AS 486/15 B ER

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2015:0728.L5AS486.15BER.0A
bei uns veröffentlicht am28.07.2015

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Aufforderung des Antragsgegners, vorzeitig Altersrente zu beantragen.

2

Der am ... 1952 geborene Antragsteller bezieht vom Antragsgegner seit Mai 2005 laufend Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zuletzt Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Januar bis November 2015 i.H.v. 755,41 EUR/Monat bewilligt (Änderungsbescheid vom 24. März 2015).

3

Ausweislich einer Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland vom 22. Januar 2015 könne der Antragsteller eine Altersrente für langjährig Versicherte ohne Rentenabschlag ab dem 1. September 2017 beziehen. Der Zahlbetrag werde - ohne Einbeziehung zukünftiger Rentenanpassungen - voraussichtlich 923,59 EUR betragen. Bei einem jährlichen Anpassungssatz von 1% ergäbe sich eine Monatsrente von etwa 950 EUR, bei 2% von etwa 980 EUR. Bei dem frühestmöglichen Rentenbeginn ab dem 1. März 2015 werde die Rente um 9% gemindert.

4

Mit Schreiben vom 13. Januar 2015 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, einen Antrag auf Altersrente ab dem 1. März 2015 zu stellen. Diese vorrangige Sozialleistung könne den Anspruch nach dem SGB II ganz ausschließen. Der Antragsteller sei verpflichtet, einen Antrag beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen, wenn er eine geminderte Altersrente mit Abschlägen beziehen könne und das 63. Lebensjahr vollendet habe. Der Antragsgegner wies auch auf die Möglichkeit einer ersatzweisen Antragstellung hin. Mit Schreiben vom gleichen Tag beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland für den Antragsteller gemäß § 5 Abs. 3 SGB II die Altersrente.

5

Dagegen legte der Antragsteller am 10. Februar 2015 "vorsorglich" Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen oder eine Begründung anzukündigen.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Antragsteller sei zur Beantragung einer geminderten Altersrente ab Vollendung des 63. Lebensjahres aufzufordern gewesen. Der Antragsgegner wird verpflichtet, wirtschaftlich und sparsam mit den Mitteln der Steuerzahler umzugehen. Jeder Leistungsberechtigte sei deshalb verpflichtet, die Hilfebedürftigkeit zu beseitigen oder zu verringern. In Abwägung der Interessen des Antragstellers mit dem Interesse an einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Mitteln nach dem SGB II sei diesem die Beantragung der geminderten Altersrente zumutbar. Es liege keine der in der Unbilligkeitsverordnung (UnbilligkeitsV) genannten Ausnahmen des Absehens von der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente vor. Unerheblich sei, ob dies für ihn eine finanzielle Einbuße bedeuten würde.

7

Dagegen hat der Antragsteller am 19. März 2015 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben und am 20. März 2015 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Die Aufforderung zur vorzeitigen Beantragung der Rente sei rechtswidrig. Der Antragsgegner habe keinerlei Ermessenserwägungen angestellt (Hinweis auf Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. September 2013, L 28 AS 2330/13 B ER). Die Regelung von § 12 a Satz 1 SGB II und die UnbilligkeitsV seien nur aufgezählt worden, ohne auf seinen konkreten Fall genau einzugehen. Es hätte auch geprüft werden müssen, ob andere Unbilligkeitsgründe gemäß § 1 der UnbilligkeitsV im Einzelfall vorlägen. Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente wäre für ihn mit erheblichen Nachteilen verbunden. Er wäre weiterhin leistungsbedürftig nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII). Der Antragsgegner habe auch die Rentenhöhe nicht ermittelt.

8

Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 20. Mai 2015 verpflichtet, den mit Schreiben vom 13. Januar 2015 im Wege der Ersatzvornahme bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland gestellten Rentenantrag zurückzunehmen. Im Übrigen hat es den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zurückgewiesen. Der Antragsteller habe weder im Widerspruchsverfahren noch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Gründe vorgebracht, die - außerhalb der vom Gesetz hingenommenen Belastungen - zusätzlich in Erwägungen des Antragsgegners hätten einbezogen werden können. Es liege keine Fallgruppe der UnbilligkeitsV vor. Allein aus der Aufforderung, eine vorgezogene Altersrente in Anspruch zu nehmen, folge noch keine unbillige Betroffenheit. Das gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II vorgeschriebene Ermessen sei nicht fehlerhaft ausgeübt worden. Dies betreffe sowohl die Frage der Aufforderung an den Leistungsberechtigten, als auch der ersatzweisen Antragstellung nach § 12 a Satz 1 SGB II. Es handele sich um ein intendiertes Ermessen (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 8. April 2015, L 4 AS 263/15 B ER). Es sei nicht die Pflicht des Antragsgegners, im Rahmen der Ermessensausübung die regelmäßig mit der vorzeitigen Inanspruchnahme verbundenen nachteiligen, aber vom Gesetzgeber gebilligten Konsequenzen nochmals in eine Abwägung einzustellen. Eine Interessenabwägung des Leistungsberechtigten mit dem öffentlichen Interesse im Einzelnen sei daher nur in atypischen Fällen erforderlich. Dies gelte insbesondere, wenn die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente mit einem außergewöhnlichen Nachteil verbunden wäre, der eine unangemessene unbillige Härte begründen könnte. Ein solcher atypischer Fall liege hier nicht vor. Der Abschlag von der Altersrente bei vorgezogener Inanspruchnahme sei gesetzlich vorgesehen. Auch der Umstand, dass die vorgezogene Altersrente nicht bedarfsdeckend sein werde, stelle keinen atypischen Fall dar. Denn ergänzend könnten Leistungen nach dem SGB XII oder Wohngeld bezogen werden. Daher sei es nicht Aufgabe des Antragsgegners, im Rahmen der Ermessensausübung eine Schätzung der Bedarfsdeckung einer abschlagsfreien Rente vorzunehmen. Ob diese tatsächlich bedarfsdeckend sein werde, könne ohnehin nicht abschließend geklärt werden.

9

Rechtswidrig sei jedoch der im Wege der Ersatzvornahme gestellte Rentenantrag im Schreiben an die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland vom 13. Januar 2015. Ob der Antragsteller der Aufforderung zur eigenen Rentenantragstellung nachkommen werde, habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden.

10

Gegen den ihm am 29. Mai 2015 zugestellten Beschluss hat - nur - der Antragsteller am 29. Juni 2015 Beschwerde eingelegt. Er verweist auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

11

Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

12

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2015 anzuordnen.

13

Der Antragsgegner hat keine weiteren Ausführungen gemacht.

14

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

1.

15

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist statthaft nach § 172 Abs. 3 SGG. Sie unterfällt nicht der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da er sich vorliegend gegen die Aufforderung wendet, vorzeitig eine Altersrente in Anspruch nehmen zu müssen.

16

Der Antragsgegner hat keine Beschwerde hinsichtlich der Verpflichtung des Sozialgerichts zur Rücknahme des Antrags auf Altersrente im Wege der Ersatzvornahme eingelegt.

2.

17

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen das Aufforderungsschreiben des Antragsgegners vom 13. Januar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2015 abgelehnt.

18

Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Rechtsfolge der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ist es, den Vollzug eines Verwaltungsaktes zu verhindern.

19

Die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners hat gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 3 SGB II keine aufschiebende Wirkung.

20

Das Rechtsschutzbegehren ist unbegründet. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet auf Grund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86b, Rn. 12). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs u.a. in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Das vom Gesetzgeber in § 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bedeutung, dass der Antragsgegner von der ihm nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse der sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu begründen. Das Gesetz unterstellt aber den Sofortvollzug keineswegs als stets, sondern als nur im Regelfall geboten und verlagert somit die konkrete Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers hin in das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR 19/01, NZV 2002, 51, 52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1/94, BVerwGE 96, 239 ff, jeweils zu § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der wortgleich zu § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG ist).

21

Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin am Nichtvollzug, denn der Bescheid vom 13. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2015 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.

22

Es kann offen bleiben, ob hier eine Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) erforderlich gewesen wäre. Falls ja, wäre dieser Verfahrensfehler gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz des sozialgerichtlichen Verfahrens nachholbar.

23

Gemäß § 12a Satz 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte gemäß § 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II nicht verpflichtet, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II können die Leistungsträger, wenn die Leistungsberechtigten trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht stellen, den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Hieraus schließen die Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend, dass sowohl die Stellung des Antrags anstelle des Leistungsempfängers als auch die Aufforderung, einen derartigen Antrag zu stellen, im Ermessen des Leistungsträgers stehen (so auch ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Beschluss vom 29. April 2015, L 5 AS 131/15 B E R, LSG Sachsen, Beschluss vom 28. August 2014, L 7 AS 836/14 B ER).

24

§ 12a Satz 1 SGB II enthält eine Konkretisierung des § 3 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Danach dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Nach § 2 Abs. 1, 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II ausschöpfen. Sie haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten.

25

Dazu gehört die Inanspruchnahme von im Laufe des Erwerbslebens erarbeiteten Rentenversicherungsleistungen der Deutschen Rentenversicherung, wenn die Leistungsberechtigten nicht mehr in den Genuss der sog. "58er-Regelung" kommen können. Das ist gemäß § 65 Abs. 4 SGB II der Fall, wenn die Leistungsberechtigten - wie beim Antragsteller - nach dem 1. Januar 2008 das 58. Lebensjahr vollendet haben.

26

Die Pflicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters besteht bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres nicht. Danach muss eine Rente ausnahmsweise dann nicht vorzeitig in Anspruch genommen werden, wenn dies eine "Unbilligkeit" gemäß § 13 Abs. 2 SGB II in Zusammenhang mit der ab dem 1. Januar 2008 geltenden UnbilligkeitsV darstellt. Das in der Verordnungsermächtigung zum Ausdruck gebrachte Regel-Ausnahme-Verhältnis verdeutlicht, dass die Verordnung lediglich eng umgrenzte Fälle bestimmen soll, in denen die Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, unbillig wäre (vgl. zu letzterem BT-Drs. 16/7460 S. 12 zu § 13).

27

§ 12a SGB II findet Anwendung auf den Antragsteller. Dieser hat am 2. Februar 2015 das 63. Lebensjahr vollendet.

28

Zu Recht hat das Sozialgericht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine Anhaltspunkte für eine Unbilligkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters im Sinne der §§ 2 bis 5 der UnbilligkeitsV gesehen.

29

Die Inanspruchnahme der Rente würde bei dem Antragsteller nicht zum Verlust von Arbeitslosengeld gemäß § 2 UnbilligkeitsV führen.

30

Er könnte auch nicht i.S.v. § 3 UnbilligkeitsV in nächster Zukunft abschlagsfrei die Altersrente in Anspruch nehmen. Ausweislich der Verordnungsbegründung ist mit "in nächster Zukunft" ein Zeitraum von längstens drei Monaten gemeint (vgl. Referentenentwurf zur UnbilligkeitsV, S. 8).

31

Er übt auch keine Erwerbstätigkeit gemäß § 4 UnbilligkeitsV aus.

32

Dass eine nicht nur vorübergehende Erwerbstätigkeit bevorsteht, hat er auch weder behauptet, noch enthalten die Verwaltungsakten Hinweise darauf (§ 5 UnbilligkeitsV).

33

Die Frage, ob der Antragsteller in der Lage wäre, den Grundsicherungsbedarf mit einer vorzeitigen Altersrente voll zu decken, ist nicht von Bedeutung. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers ist auch dann deren vorzeitige Inanspruchnahme zuzumuten, wenn die Hilfebedürftigkeit lediglich verringert werden kann. Die Gründe, die zur Unbilligkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente führen können, sind vielmehr abschließend geregelt. Zudem ist es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht Aufgabe des Grundsicherungsträgers, abzuschätzen, ob eine abschlagsfreie Altersrente voraussichtlich bedarfsdeckend sein würde. Es wäre dem Antragsgegner aber auch gar nicht möglich, diese Frage zu beantworten. Ob der Antragsteller in der Lage wäre, mit einer ungekürzten Altersrente seinen grundsicherungsrelevanten Bedarf zu decken, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen wäre die Entwicklung seines grundsicherungsrechtlichen Bedarfs für das Jahr 2017 zu prognostizieren. Zum anderen müsste der Antragsteller sicher feststellen können, welche weiteren Rentenanpassungen bis September 2017 erfolgen werden. Denn diese könnten die Höhe des vom Rentenversicherungsträger prognostizierten Zahlbetrags von 923,59 EUR auf 980 EUR (bei einem jährlichen Anpassungssatz von 2%) erhöhen. Es könnte schließlich auch kein Vergleich zwischen den eingesparten Leistungen nach dem SGB II und prognostisch zu zahlenden Mehrleistungen nach dem SGB XII erfolgen. Denn über die genannten Unwägbarkeiten hinaus ist auch die Lebenserwartung des Antragstellers nicht bestimmbar. Daher könnte die Frage der wirtschaftlichen Folgen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente im Rahmen der Prüfung der Unbilligkeit schon aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden (so aber: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Dezember 2014, L 2 AS 520/14 B ER)

34

Der Antragsgegner hat auch das erforderliche Ermessen in genügender Weise ausgeübt. Die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen beschränkt sich gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG auf die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens und die Ermessensausübung in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise. Der Bescheid vom 13. Januar 2015 lässt zwar eine im Hinblick auf die Sachlage hinreichende Ermessensbetätigung nicht erkennen. Der Antragsgegner war jedoch berechtigt, bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens Ermessenserwägungen anzustellen. Im Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2015 hat er zu erkennen gegeben, dass er Ermessen ausgeübt hat. Er hat die Interessen des Antragstellers mit denen der öffentlichen Hand an einer wirtschaftlichen Verwendung von Leistungen nach dem SGB II gegenüber gestellt.

35

Da nach Auffassung des Senats unerheblich ist, ob der Antragsteller in der Lage wäre, durch die vorgezogene Altersrente den Grundsicherungsbedarf zu decken, kann ein Ermessensfehlgebrauch des Antragsgegners diesbezüglich in keinem Fall vorliegen. Dieser ist nur verpflichtet, das Ermessen unter Zugrundelegung der von ihm als gegeben erachteten Tatsachen auszuüben.

36

Der Einwand, hier habe keine Prüfung des Einzelfalls stattgefunden, geht fehl. Argumente, die im Rahmen einer Ermessensausübung im Einzelfall hätten berücksichtigt werden müssen, hat der Antragsteller nämlich im Widerspruchsverfahren nicht vorgetragen. Solche sind für den Antragsgegner auch nicht nach Lage der Akten ersichtlich gewesen. Es ist kein Umstand ersichtlich, weshalb ausnahmsweise - abweichend von der Intention des Gesetzgebers – im Fall des Antragstellers ein Absehen von der Aufforderung zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente geboten wäre. Für den Antragsgegner haben ich daher - außer der erfolgten öffentlichen Interesses an der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln mit dem privaten Interesse des Antragstellers, nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente verpflichtet zu werden - keine weiteren in die Ermessensausübung einzustellenden Aspekte ergeben.

37

Sollten nach dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens weitere Gründe genannt werden, würde dies ohnehin nicht zur Rechtswidrigkeit des streitigen Bescheids führen. Denn eine Ermessensausübung ist nur bis zum Ende des Vorverfahrens zulässig (BSG, Urteil vom 1. März 2011, B 7 AL 2/10 R (14)).

3.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

39

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können.

Unbilligkeitsverordnung - UnbilligkeitsV | § 5 Bevorstehende Erwerbstätigkeit


(1) Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder anderer ebenso verbindlicher, schriftlicher Zusagen glaubhaft machen, dass sie in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit gemäß § 4 aufnehmen und

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Hilfebedürftige sind nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wenn die Inanspruchnahme unbillig wäre.

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(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vorsieht.

(2) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches aus. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches sind gegenüber dem Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 vorrangig.

(3) Stellen Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht, können die Leistungsträger nach diesem Buch den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf von Fristen, die ohne Verschulden der Leistungsträger nach diesem Buch verstrichen sind, wirkt nicht gegen die Leistungsträger nach diesem Buch; dies gilt nicht für Verfahrensfristen, soweit die Leistungsträger nach diesem Buch das Verfahren selbst betreiben. Wird eine Leistung aufgrund eines Antrages nach Satz 1 von einem anderen Träger nach § 66 des Ersten Buches bestandskräftig entzogen oder versagt, sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch ganz oder teilweise so lange zu entziehen oder zu versagen, bis die leistungsberechtigte Person ihrer Verpflichtung nach den §§ 60 bis 64 des Ersten Buches gegenüber dem anderen Träger nachgekommen ist. Eine Entziehung oder Versagung nach Satz 3 ist nur möglich, wenn die leistungsberechtigte Person vom zuständigen Leistungsträger nach diesem Buch zuvor schriftlich auf diese Folgen hingewiesen wurde. Wird die Mitwirkung gegenüber dem anderen Träger nachgeholt, ist die Versagung oder Entziehung rückwirkend aufzuheben.

(4) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben.

(5) Leistungen nach den §§ 16a, 16b, 16d sowie 16f bis 16k können auch an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, sofern ein Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist; § 22 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Dritten Buches ist entsprechend anzuwenden.

Hilfebedürftige sind nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wenn die Inanspruchnahme unbillig wäre.

(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vorsieht.

(2) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches aus. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches sind gegenüber dem Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 vorrangig.

(3) Stellen Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht, können die Leistungsträger nach diesem Buch den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf von Fristen, die ohne Verschulden der Leistungsträger nach diesem Buch verstrichen sind, wirkt nicht gegen die Leistungsträger nach diesem Buch; dies gilt nicht für Verfahrensfristen, soweit die Leistungsträger nach diesem Buch das Verfahren selbst betreiben. Wird eine Leistung aufgrund eines Antrages nach Satz 1 von einem anderen Träger nach § 66 des Ersten Buches bestandskräftig entzogen oder versagt, sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch ganz oder teilweise so lange zu entziehen oder zu versagen, bis die leistungsberechtigte Person ihrer Verpflichtung nach den §§ 60 bis 64 des Ersten Buches gegenüber dem anderen Träger nachgekommen ist. Eine Entziehung oder Versagung nach Satz 3 ist nur möglich, wenn die leistungsberechtigte Person vom zuständigen Leistungsträger nach diesem Buch zuvor schriftlich auf diese Folgen hingewiesen wurde. Wird die Mitwirkung gegenüber dem anderen Träger nachgeholt, ist die Versagung oder Entziehung rückwirkend aufzuheben.

(4) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben.

(5) Leistungen nach den §§ 16a, 16b, 16d sowie 16f bis 16k können auch an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, sofern ein Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist; § 22 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Dritten Buches ist entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird,
6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet,

1.
bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen oder
2.
Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz oder Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde.
Für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 findet Satz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vorsieht.

(2) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches aus. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches sind gegenüber dem Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 vorrangig.

(3) Stellen Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht, können die Leistungsträger nach diesem Buch den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf von Fristen, die ohne Verschulden der Leistungsträger nach diesem Buch verstrichen sind, wirkt nicht gegen die Leistungsträger nach diesem Buch; dies gilt nicht für Verfahrensfristen, soweit die Leistungsträger nach diesem Buch das Verfahren selbst betreiben. Wird eine Leistung aufgrund eines Antrages nach Satz 1 von einem anderen Träger nach § 66 des Ersten Buches bestandskräftig entzogen oder versagt, sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch ganz oder teilweise so lange zu entziehen oder zu versagen, bis die leistungsberechtigte Person ihrer Verpflichtung nach den §§ 60 bis 64 des Ersten Buches gegenüber dem anderen Träger nachgekommen ist. Eine Entziehung oder Versagung nach Satz 3 ist nur möglich, wenn die leistungsberechtigte Person vom zuständigen Leistungsträger nach diesem Buch zuvor schriftlich auf diese Folgen hingewiesen wurde. Wird die Mitwirkung gegenüber dem anderen Träger nachgeholt, ist die Versagung oder Entziehung rückwirkend aufzuheben.

(4) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben.

(5) Leistungen nach den §§ 16a, 16b, 16d sowie 16f bis 16k können auch an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, sofern ein Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist; § 22 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Dritten Buches ist entsprechend anzuwenden.

Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet,

1.
bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen oder
2.
Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz oder Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde.
Für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 findet Satz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

(1) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit können erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Eingliederung erforderlich sind. Bei den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sind zu berücksichtigen

1.
die Eignung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die individuelle Lebenssituation der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, insbesondere ihre familiäre Situation,
3.
die voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und
4.
die Dauerhaftigkeit der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.
Vorrangig sollen Leistungen erbracht werden, die die unmittelbare Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit ermöglichen, es sei denn, eine andere Leistung ist für die dauerhafte Eingliederung erforderlich. Von der Erforderlichkeit für die dauerhafte Eingliederung ist insbesondere auszugehen, wenn leistungsberechtigte Personen ohne Berufsabschluss Leistungen zur Unterstützung der Aufnahme einer Ausbildung nach diesem Buch, dem Dritten Buch oder auf anderer rechtlicher Grundlage erhalten oder an einer nach § 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 81 des Dritten Buches zu fördernden beruflichen Weiterbildung teilnehmen oder voraussichtlich teilnehmen werden. Die Verpflichtung zur vorrangigen Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Einstiegsgeld für eine selbständige Erwerbstätigkeit nach § 16b.

(2) Bei der Beantragung von Leistungen nach diesem Buch sollen unverzüglich Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels erbracht werden.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels sind die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.

(4) Die Agentur für Arbeit hat darauf hinzuwirken, dass erwerbsfähige teilnahmeberechtigte Leistungsberechtigte, die

1.
nicht über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen, vorrangig an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes teilnehmen, oder
2.
darüber hinaus notwendige berufsbezogene Sprachkenntnisse benötigen, vorrangig an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes teilnehmen.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 ist die Teilnahme am Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes in der Regel für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich. Für die Teilnahmeberechtigung, die Verpflichtung zur Teilnahme und die Zugangsvoraussetzungen gelten die §§ 44, 44a und 45a des Aufenthaltsgesetzes sowie des § 9 Absatz 1 Satz 1 des Bundesvertriebenengesetzes in Verbindung mit der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler und der Verordnung über die berufsbezogene Deutschsprachförderung.

(5) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfen nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere einen Kooperationsplan abschließen. Im Rahmen der vorrangigen Selbsthilfe und Eigenverantwortung sollen erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen eigene Potenziale nutzen und Leistungen anderer Träger in Anspruch nehmen.

(2) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen,

1.
welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist,
2.
welche weiteren Vermögensgegenstände nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind und wie der Wert des Vermögens zu ermitteln ist,
3.
welche Pauschbeträge für die von dem Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind,
4.
welche durchschnittlichen monatlichen Beträge für einzelne Bedarfe nach § 28 für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen sind und welcher Eigenanteil des maßgebenden Regelbedarfs bei der Bemessung des Bedarfs nach § 28 Absatz 6 zugrunde zu legen ist.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und für welche Dauer Leistungsberechtigte nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zum näheren Bereich im Sinne des § 7b Absatz 1 Satz 2 zu treffen sowie dazu, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei einem Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs einen Leistungsanspruch haben können, ohne erreichbar zu sein.

Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet,

1.
bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen oder
2.
Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz oder Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde.
Für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 findet Satz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn und solange sie zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen würde.

Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen können.

Unbillig ist die Inanspruchnahme, solange Hilfebedürftige sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind oder aus sonstiger Erwerbstätigkeit ein entsprechend hohes Einkommen erzielen. Dies gilt nur, wenn die Beschäftigung oder sonstige Erwerbstätigkeit den überwiegenden Teil der Arbeitskraft in Anspruch nimmt.

(1) Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Hilfebedürftige durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder anderer ebenso verbindlicher, schriftlicher Zusagen glaubhaft machen, dass sie in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit gemäß § 4 aufnehmen und nicht nur vorübergehend ausüben werden.

(2) Haben Hilfebedürftige bereits einmal glaubhaft gemacht, dass sie alsbald eine Erwerbstätigkeit nach Absatz 1 aufnehmen, so ist eine erneute Glaubhaftmachung ausgeschlossen.

(3) Ist bereits vor dem Zeitpunkt der geplanten Aufnahme der Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit anzunehmen, dass diese nicht zu Stande kommen wird, entfällt die Unbilligkeit.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2008 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 3. Februar 2004 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Prüfungsverfügung der Beklagten vom 2. Oktober 2002 rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Außenprüfung bei der Klägerin vom 2.10.2002.

2

Am 2.10.2002 nahmen zwei Mitarbeiter des Arbeitsamtes (ArbA) Nürnberg in den Räumen der Klägerin eine Außenprüfung vor, bei der sie der Buchhalterin eine schriftliche Prüfungsverfügung vom selben Tage, die an die Firmenbezeichnung eines Reisebüros adressiert war, übergaben. Sie beruhte auf dem Verdacht einer Unregelmäßigkeit betreffend die Lohnabrechnung für Juni 2002 einer bei der Klägerin mit Arbeitserlaubnis beschäftigten türkischen Putzhilfe, die eine Lohnabrechnung über wöchentlich 14 Stunden erhalten hatte, obwohl wöchentlich nur eine Arbeitszeit von zehn Stunden erlaubt worden war; der gezahlte Stundenlohn soll zudem unter dem Tariflohn gelegen haben. Die zunächst durch die Beklagte von der Klägerin am 1.10.2002 angeforderten Lohnabrechnungen für Juni und Juli 2002 waren handschriftlich erstellt und auf zehn Stunden ausgebessert worden. Der Widerspruch der Klägerin gegen die Prüfungsverfügung blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11.3.2003).

3

Das Sozialgericht (SG) Nürnberg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3.2.2004); den Antrag auf Aufhebung der Prüfungsverfügung des ArbA vom 2.10.2002 hat es als unzulässig verworfen, den Hilfsantrag, die Rechtswidrigkeit der Prüfungsverfügung festzustellen, als unbegründet abgelehnt. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die nur noch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsvereinbarung vom 2.10.2002 gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 28.7.2005), weil ein berechtigtes Interesse an der Feststellung zu verneinen sei. Auf die Revision der Klägerin hat der erkennende Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Urteil vom 28.8.2007), weil zwar ein Rehabilitationsinteresse zu bejahen und somit die allein rechtshängige Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig sei, mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen jedoch nicht entschieden werden könne, ob die Fortsetzungsfeststellungsklage auch begründet sei. Das LSG hat die Berufung daraufhin erneut zurückgewiesen (Urteil vom 10.12.2008), weil die unangekündigte, verdachtsgestützte Außenprüfung der Beklagten ihre rechtmäßige Rechtsgrundlage in § 304 Abs 1 Nr 2 iVm § 305 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der bis zum 31.7.2004 gültigen Fassung (aF) finde. Danach habe wegen der Unregelmäßigkeiten in der Vertragsabwicklung zwischen der Klägerin und ihrer ausländischen Arbeitnehmerin ein hinreichender Anlass für die Außenprüfung wegen der Möglichkeit eines Verstoßes iS des § 304 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB III aF bestanden. Die Anordnung der Außenprüfung sei zweckmäßig, bestimmt genug und auch verhältnismäßig gewesen, weil die am 1.10.2002 geforderte Übersendung sämtlicher Lohnunterlagen keine Aufklärung ergeben und sich die Prüfungsverfügung zum Betreten der Geschäfts- und Betriebsräume der Klägerin ausschließlich auf Unterlagen der betreffenden Arbeitnehmerin beschränkt habe. § 305 SGB III aF verstoße weder gegen Art 13 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch gegen Art 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Das Betretens- und Prüfungsrecht des § 305 SGB III diene dem Schutz der Arbeitnehmer bzw der Versichertengemeinschaft und fordere keine vorherige richterliche Genehmigung.

4

Mit der Revision rügt die Klägerin einen Verstoß gegen §§ 304 ff SGB III. Die Prüfungsverfügung sei ungeeignet gewesen, sie ausreichend zu informieren und ihr eine effektive Kontrolle zu ermöglichen. Insbesondere habe ein Hinweis auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 306 Abs 1 Satz 3 SGB III aF gefehlt. Hieraus resultiere ein Verstoß gegen Art 6 Abs 1 und Art 8 EMRK sowie gegen Art 12, 13, 14, 2 Abs 1 und 19 Abs 3 GG. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art 8 EMRK müssten die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufgestellten Grundsätze für Betriebsprüfungen aufgegeben werden, mit der Folge, dass §§ 304 ff SGB III aF verfassungswidrig seien. Die faktische Durchsuchung ihrer (der Klägerin) Betriebsräume ohne eine vorherige richterliche Kontrolle enthalte wegen der fehlenden Belehrungspflicht über das Auskunftsverweigerungsrecht neben einer psychologischen Beeinträchtigung keinen angemessenen und wirksamen Missbrauchsschutz.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2.10.2002 rechtswidrig gewesen ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG im Ergebnis zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach der vorangegangenen Senatsentscheidung vom 28.8.2007 (B 7/7a AL 16/06 R - SozR 4-1500 § 131 Nr 3) zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ist auch begründet, weil die Prüfungsverfügung der Beklagten vom 2.10.2002 rechtswidrig war (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG).

9

Streitgegenstand des Verfahrens ist ausschließlich die Rechtmäßigkeit dieser Verfügung. Sie ordnete als Verwaltungsakt iS von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) die Prüfung bei der Klägerin "gemäß §§ 304 ff SGB III aF und § 107 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) sowie § 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG)" an. Da § 2 AEntG offensichtlich ebenso wenig einschlägig ist wie § 107 SGB IV(vgl BSG, aaO, RdNr 14), misst sich deren Rechtmäßigkeit allein an § 304 Abs 1 Nr 2 iVm § 305 Abs 1 Satz 1 SGB III(beide idF des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit vom 23.7.2002 - BGBl I 2787). Nicht Gegenstand des Verfahrens sind nach dem ausdrücklichen Antrag der Klägerin, die Rechtswidrigkeit der Prüfungsverfügung festzustellen, die einzelnen, in § 305 SGB III aufgeführten Duldungspflichten, zu denen die Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin bzw ihre Mitarbeiter aufgefordert haben.

10

Nach § 304 SGB III prüfen die Arbeitsämter, ob Sozialleistungen nach dem SGB III zu Unrecht bezogen werden oder wurden, ausländische Arbeitnehmer mit einer erforderlichen Genehmigung und nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt werden oder wurden und die Angaben des Arbeitgebers, die für die Leistungen erheblich sind, zutreffend bescheinigt wurden. Zur Durchführung dieser Aufgaben, also der angeordneten Außenprüfung, sind sie gemäß § 305 Abs 1 Satz 1 SGB III berechtigt, Grundstücke und Geschäftsräume des Arbeitgebers während der Geschäftszeit zu betreten und dort Einsicht in die Lohn-, Meldeunterlagen, Bücher und andere Geschäftsunterlagen und Aufzeichnungen zu nehmen, aus denen Umfang, Art und Dauer von Beschäftigungsverhältnissen hervorgehen oder abgeleitet werden können. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob die Anordnung als solche überhaupt notwendig war oder ob erst die Anordnung der Duldung einzelner Rechte des § 305 SGB III die richtige Vorgehensweise dargestellt hätte. Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen die Anordnung erfolgen darf, insbesondere, ob ein konkreter Anlass notwendig ist. Wenn die Anordnung insoweit unzulässig wäre, wäre sie schon deshalb aufzuheben.

11

Schließlich muss der Senat auch nicht entscheiden, ob § 305 Abs 1 Satz 1 SGB III gegen das GG oder die EMRK verstößt. Allerdings hat der Senat keinen Zweifel, dass dies bei grundrechts- bzw europarechtskonformer Auslegung nicht der Fall ist.

12

Die Anordnung der Außenprüfung war bereits rechtswidrig, weil die Beklagte von dem ihr nach § 305 Abs 1 Satz 1 SGB III zustehenden Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat. Es steht grundsätzlich im Ermessen der Arbeitsämter, in welcher Weise sie ihre gesetzlichen Aufgaben nach § 304 Abs 1 SGB III erfüllen, insbesondere ob, wann und in welcher Form Prüfungen vorgenommen werden sollen(vgl: Gagel, SGB III, § 304 RdNr 4, Stand Juli 1999; Brand in Niesel, SGB III, 2. Aufl 2002, § 304 RdNr 4). Denn nach § 305 Abs 1 Satz 1 SGB III sind ua die Arbeitsämter zur Durchführung des § 304 Abs 1 "berechtigt", Grundstücke und Geschäftsräume des Arbeitgebers während der Geschäftszeit zu betreten. Dieses bei der Durchführung der Aufgaben nach § 304 Abs 1 Satz 1 SGB III auszuübende Ermessen muss - erlässt man, wie vorliegend, eine generelle Verfügung über die Betriebsprüfung - denknotwendig auch bei deren Erlass selbst ausgeübt werden. Denn auch wenn eine effektive Überprüfungstätigkeit der berechtigten Behörde nicht gefährdet werden darf, so darf doch ein wirksamer Rechtsschutz der duldungsverpflichteten Arbeitgeber durch ein uneingeschränktes Vorgehen der Erlaubnisbehörde nicht vereitelt werden (vgl BSG SozR 3-7815 Art 1 § 7 Nr 1 S 8 f, Juris RdNr 57, mwN).

13

Der 11. Senat des BSG (SozR 3-7815 Art 1 § 7 Nr 1 S 8) hat bereits unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des erkennenden Senats vom 12.7.1989 (SozR 7815 Art 1 § 7 AÜG Nr 1) hinsichtlich der Geltendmachung von Betretungs- und Prüfungsrechten der Erlaubnisbehörde nach Art 1 § 7 Abs 3 AÜG ausgeführt, dass bei der Ermessensausübung der Erlaubnisbehörde, in welcher Weise sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfülle, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens durch Prinzipien wie Gleichbehandlung, Selbstbindung der Verwaltung, Geeignetheit und vor allem auch durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel bestimmt werden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb hier etwas anderes gelten sollte.

14

Nach diesen Maßstäben hatten die Arbeitsämter ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens dahin auszuüben, ob zur Durchführung der Aufgaben nach § 304 Abs 1 SGB III überhaupt eine unangemeldete Betriebsprüfung erforderlich ist. An einer Ermessensausübung fehlt es hier jedoch gänzlich, sodass die Prüfungsverfügung aufgrund des Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig und aufzuheben ist. Abgesehen davon, dass schon die fehlende Begründung (§ 35 Abs 1 Satz 3 SGB X) Indiz für ein nicht ausgeübtes Ermessen ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 50 Nr 16 S 41 f), zeigt das Verfahren und der Inhalt des Bescheides, dass Ermessen nicht ausgeübt wurde. Die Beklagte hat nämlich pauschal und undifferenziert alle denkbaren Ermächtigungsgrundlagen in einer vorgefertigten Verfügung aufgezählt, obwohl nur § 304 SGB III in Betracht kam. Der eigene Vortrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung am 1.3.2011, der selbst davon ausgeht, dass kein Ermessen auszuüben sei, bestätigt dies. Anders als bei einer fehlenden Begründung (§ 41 Abs 1 Nr 2 SGB X) kann im Falle eines (materiellen) Ermessensfehlers der Mangel in der Ermessensbetätigung nach § 39 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) im Klageverfahren nicht nachgeholt werden(vgl nur Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 41 RdNr 11 mwN). Eine Ermessensschrumpfung oder sog Ermessensreduzierung auf Null ist vorliegend wegen der Schwere des Eingriffs und des eher geringfügigen Anlasses nicht anzunehmen, selbst wenn ggf die unangekündigte, verdachtsgestützte Außenprüfung ggf das einzig (noch) geeignete Mittel zu Feststellungen sein sollte. Insoweit stand lediglich eine im Monat Juni um vier Wochenstunden von der Arbeitserlaubnis abweichende Beschäftigung einer Putzhilfe im Raum. Die untertarifliche Bezahlung erfüllt alleine nicht die Voraussetzungen des § 304 SGB III (ungünstigere Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer). Liegt kein bloßer Verfahrens- oder Formfehler, sondern ein materieller Ermessensfehler vor, scheidet auch eine Anwendung von § 42 SGB X aus.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 Abs 1, § 52 Abs 2 Gerichtskostengesetz.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.