Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1950 geborene Kläger absolvierte ab April 1965 eine Ausbildung zum Fliesenleger, zunächst bis Anfang Oktober 1966 bei S. H. in Waldenbuch und danach bis 1967 bei der Fliesen-R. KG in Stuttgart, wo er noch bis Mitte Oktober 1969 als Geselle beschäftigt war. In seinem Beruf arbeitete er anschließend bis Mitte April 1978 weiter, zunächst für K. A. in Filderstadt und anschließend für T. Sch. in Schönaich. Nach einer zweimonatigen Tätigkeit als Staplerfahrer bei der IBM Deutschland GmbH in Sindelfingen, war er ab Mitte Juni 1978 bis Ende September 1998 bei der Fahrzeugbau R. in Weil im Schönbuch angestellt, die danach aufgelöst wurde. Anschließend war er bis Mitte September 2006 wieder als Fliesenleger beschäftigt, zunächst bis Ende Februar 1999 bei A. H. in Weil im Schönbuch und, nach einer kurzen Zeit der Arbeitsuche, ab Ende Mai 1999 wiederum bei der Fliesen-R. KG in Stuttgart. Ab Mitte September 2006 erkrankte er arbeitsunfähig und bezog ab 2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Bei Arthroskopien im rechten und linken Kniegelenk am 23. Juni 1997 und 18. März 1998 wurden von dem Arzt für Chirurgie Dr. J. rechts eine frische Komplexruptur des Innenmeniskushinterhorns und links eine dritt- bis viertgradige mediale Gonarthrose mit Innenmeniskusläsion diagnostiziert. Dieser erstattete der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, am 20. April 1998 eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit. Er gehe von einer Meniskusläsion im Bereich beider Kniegelenke aus, die er auf die beruflich bedingte kniende Tätigkeit des Klägers zurückführe. Die Beschwerden seien erstmals im April 1997 aufgetreten.
Auf Nachfrage teilte der Kläger im Juni 1998 mit, ein Meniskusschaden habe sich erstmals im Januar 1997 bemerkbar gemacht.
Nach telefonischer Rücksprache von Dr.-Ing. J. vom Technischen Aufsichtsdienst der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft, ebenfalls einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, mit dem Geschäftsinhaber der Fahrzeugbau R. und dem Kläger im August 1998 habe sich ergeben, dass Letzterer dort zu etwa 80 % in der Lackiervorbereitung tätig gewesen sei. Die Arbeiten hätten das Schleifen und Spachteln von Aufbauten für Lastkraftwagen umfasst. Bei Tätigkeiten in etwa 60 bis 70 cm Flurhöhe habe sich der Kläger mit dem rechten Knie auf dem Boden abgestützt. Hierbei habe er einen Knieschoner getragen. Sein linkes Knie sei dabei nahezu unbelastet gewesen. Die Arbeiten habe er an etwa vier Tagen in der Woche mit einer Dauer von etwa zwei Stunden je Schicht durchgeführt. Am fünften Wochenarbeitstag seien keine kniebelastenden Tätigkeiten vorgenommen worden. Hauptsächlich in den Monaten November und Dezember seien fast täglich an sieben bis zwölf Last- oder Personenkraftwagen Reifen montiert worden. Für den Radwechsel dürfte er etwa eine Stunde je Tag kniend gearbeitet haben. Der Kläger habe bei dem Gespräch angegeben, die gesundheitlichen Probleme im Bereich seiner Knie auf seine Tätigkeit als Fliesenleger zurückzuführen.
Nach der Stellungnahme der Dipl.-Ing. S. und F. vom Technischen Aufsichtsdienst der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft von September 1998 habe der Kläger von 1965 bis 1978 in verschiedenen Mitgliedsbetrieben als Fliesenleger gearbeitet. Er habe sämtliche in diesem Beruf anfallenden Arbeiten ausgeführt, welche üblicherweise in kniender oder hockender Haltung durchgeführt würden. Hierzu zählten im Besonderen das Verlegen und Verfugen von Bodenfliesen sowie von Wandfliesen im Bereich zwischen Sockel und einer Höhe von etwa 75 cm. An Körperhaltungen seien, bei gleichzeitiger Kraftaufwendung, der Fersensitz, die Kniehocke und die Hocke als solche eingenommen worden. Etwa 40 % der Gesamtarbeitszeit seien auf Arbeiten in kniender oder hockender Position entfallen. Der Kläger sei bei seiner Tätigkeit als Fliesenleger keiner häufig wiederkehrenden überdurchschnittlichen Bewegungsbeanspruchung durch Laufen, Springen oder Knick-, Dreh- und Scherbewegungen auf grob unebener Unterlage ausgesetzt gewesen. Außerberuflich habe der Kläger keine kniebelastenden Tätigkeiten oder Sportarten ausgeübt.
Der Kläger war bei der Innungskrankenkasse Baden-Württemberg (heute: IKK classic) gegen Krankheit versichert. Nach dem von dort beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis von Oktober 1998 wurden im November 1990 und April 1991 jeweils der Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion, im September 1995 ein Reizknie, im April 1997 ein akutes Reizknie und eine Gonarthrose, drei Monate später eine erhebliche Gonarthrose und der Verdacht auf eine Meniskusläsion sowie im März 1998 der Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion ärztlich diagnostiziert.
Auf Nachfrage führte der Allgemeinarzt Dr. C. im November 1998 aus, er habe beim Kläger ab Ende April 1997 ein Reizknie beidseits, rechts mehr als links, behandelt. Am 23. Juni 1997 sei es zu einer ersten arthroskopischen Knieoperation gekommen. Später habe er immer wieder Reizzustände des rechten Kniegelenkes mit Ergüssen behandelt. Am 18. März 1998 sei auf der linken Seite eine Arthroskopie durchgeführt worden.
Nach der gewerbeärztlichen Stellungnahme von Dr. G. von Dezember 1998 habe der Kläger nach Aktenlage dreizehn Jahre lang als Fliesenleger gearbeitet, wobei etwa 40 % der Gesamtarbeitszeit auf Arbeiten in kniender oder hockender Position entfallen seien. Nach dem Merkblatt zu der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV sei dies als haftungsbegründende Kausalität anzusehen. Selbst bei dessen letzter Tätigkeit habe durchaus eine, wenn auch arbeitstäglich kürzere Kniegelenksbelastung vorgelegen. Da bei dem Kläger auch das typische Krankheitsbild einer Innenmeniskusdegeneration vorhanden sei, müsse geprüft werden, ob eine solche Berufskrankheit mit Wahrscheinlichkeit vorliege, was ihres Erachtens der Fall sei.
10 
Daraufhin wurde der Ärztliche Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des K-Hospitals in Stuttgart, Prof. Dr. H., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 15. Februar 1999 führte dieser aus, nach dessen Angaben sei am linken Kniegelenk 1972 eine Bursitis praepatellaris aufgetreten, welche medikamentös und durch Elektrotherapie behandelt worden sei. Daraufhin sei eine Besserung eingetreten. Im März 1997 sei es dann ohne Trauma zu Schmerzen im rechten Kniegelenk gekommen. Bei der klinischen Untersuchung hätten die Beinachsen beidseits eine Varusstellung eingenommen. Nach Aufforderung, die Füße zusammenzustellen, hätten sich beide Malleoli medialis berührt. Zwischen beiden Kniegelenken habe ein Abstand von 5 cm bestanden. Im linken Kniegelenk habe sich eine mediale Gonarthrose gezeigt. Beidseits seien Innenmeniskusteilresektionen vorgenommen worden, rechts 1997 und links 1998. Ein Knorpelschaden dritt- bis viertgradig links sei arthroskopisch diagnostiziert worden. Eine starke Verschwielung der beiden präpatellaren Zonen sei vorhanden. Linksseitig habe sich eine leichte Schwellung gezeigt. Es handele sich um eine sekundäre Meniskusschädigung beidseits aufgrund einer Varusstellung beidseits und einer links nachgewiesenen Varusgonarthrose. Den Knorpelschaden linksseitig medial führe er auf die Varusdeformität zurück. Es sei zwar vom Kläger in 40 % des täglichen Arbeitstages eine kniende Position eingenommen worden, allerdings nur zu einem geringeren Teil in meniskusbelastenden Positionen. Die medial betonte Gonarthrose und die Varusfehlstellung seien nicht Folge beruflich bedingter Einwirkungen. Vielmehr sei es hierdurch zu der beiderseitigen Meniskopathie gekommen.
11 
Aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. H. schlug Dr. G. in ihrer gewerbeärztlichen Stellungnahme von April 1999 vor, die Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV beim Kläger nicht anzuerkennen.
12 
Mit Bescheid vom 27. Mai 1999 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV, im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. H., ab.
13 
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 wandten sich die Bevollmächtigten des Klägers an die Beklagte und teilten mit, sie seien beauftragt zu überprüfen, inwieweit zwischenzeitlich eine Berufskrankheit geltend gemacht werden könne, weshalb sie um Akteneinsicht nachsuchten. Am 15. Juni 2007 äußerten sie, der Kläger habe nach Erlass des Bescheides vom 27. Mai 1999 noch bis einschließlich 2006 als Fliesenleger gearbeitet, weshalb nun erneut beantragt werde, bei ihm wegen seiner Meniskusschäden eine Berufskrankheit festzustellen.
14 
Nach den von Dr. J. der Beklagten vorgelegten Arztberichten hatte dieser im Herbst 2004 eine fortgeschrittene Varusgonarthrose links und im Herbst 2006 zudem eine viertgradige Chondromalazie medialer Femurkondylus rechts diagnostiziert. Auf Veranlassung der Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung hielt sich der Kläger von Ende April bis Mitte Mai 2007 stationär in den Fachkliniken Hohenurach in Bad Urach auf. Nach dem Entlassungsbericht des Chefarztes der Abteilung Orthopädie, Prof. Dr. H., wurde insbesondere ein Zustand nach medialer Schlittenprothese links bei primärer Gonarthrose beidseits am 18. April 2007 (ICD-10 M17.9) diagnostiziert.
15 
Mit Bescheid vom 8. November 2007 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 27. Mai 1999 im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2008 zurückgewiesen.
16 
In dem daraufhin geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG, Az. S 6 U 2251/08) erstattete der Direktor der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie des Universitätsklinikums des Saarlandes, Prof. Dr. K., auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten. Nach dessen ambulanter klinischer und röntgenologischer Untersuchung am 29. Mai 2009 führte der Sachverständige aus, aktuell liege im Bereich des rechten Kniegelenkes ein Zustand nach arthroskopischer Teilmeniskektomie vor, mit anamnestisch zu eruierenden weiterbestehenden Reizzuständen und Ergussbildungen, einem funktionellen Streckdefizit von 10° und röntgenologisch einer medialen Gonarthrose. Was die Beinachse rechts betreffe, so sei aufgrund der jetzt anscheinend erstmals durchgeführten Beinganzaufnahme festzustellen, dass die Belastungslinie, die so genannte „Mikulicz-Linie“, durch den Interkondylenhöcker des Knies verlaufe. Es liege damit ein Normalbefund vor. Die Längsachsen des Femurs und der Tibia bildeten einen Winkel von 5° Valgus zueinander. Betreffend das rechte Knie verlaufe die Belastungslinie orthotop, weshalb keine O-Beinstellung vorliege. Im Bereich des linken Kniegelenkes bestehe derzeit ein Zustand nach endoprothetischem Ersatz des inneren Kniegelenkanteiles mit einer geringgradig fehlplatzierten SchlittenpR.ese, einem glaubhaft weiter bestehenden Reizzustand, einem Bewegungsdefizit von 10° bei freier Beugung sowie eine nach dem Röntgenbild völlig unauffällig einliegende Prothese ohne Lockerungszeichen. Was die Beinachse links betreffe, sei, bedingt durch die Fehlimplantation, die Traglinie nach medial verschoben. Die Achse zwischen Femur und Tibia betrage 0°. Es sei also eine leicht varische Fehlstellung von 5 bis 6° vorhanden.
17 
Die körperlichen Verhältnisse des Klägers seien von Prof. Dr. H. nicht korrekt erfasst worden. Von ihm sei beidseits eine Varusstellung der Kniegelenke klinisch links von 10° und rechts von 8° gemessen worden. Ein solcher Befund lasse sich nach der von ihm durchgeführten klinischen Untersuchung nicht nachvollziehen. Von ihm sei zwar ein Interkondylenabstand von 3 cm bei sich berührenden Malleoli festgestellt worden. Die Ausmessung der Beinachse rechts habe jedoch unauffällige Verhältnisse gezeigt. Links habe klinisch nur ein geringes Varus vorgelegen. Die von Prof. Dr. H. vorgenommene Untersuchung sei auch hinsichtlich der Achsenbestimmung unzulänglich gewesen, da keine hinreichend aussagekräftige Beinganzaufnahme angefertigt worden sei. Es sei zu vermuten, dass die Beinachse vor Implantation der Knieendoprothese links gleichartig zu rechts oder nicht wesentlich unterschiedlich gewesen sei. Eine beidseitige deutliche O-Beinstellung dürfte daher auszuschließen sein. Rechts gelinge der Vollbeweis wegen der jetzt durchgeführten Beinganzaufnahme. Links müsse dies vermutet werden, da bei gering fehlimplantierter SchlittenpR.ese die jetzt vorgefundenen Achsen nicht 100 % auf den präoperativen Zustand zurückextrapoliert werden könnten, jedoch kein Grund ersichtlich sei, warum die Beinachse des Klägers links wesentlich anders sein sollte als rechts. Insbesondere lägen keine Verletzungen oder Stoffwechselerkrankungen vor, die zu einer verstärkten O-Beinbildung hätten führen können.
18 
Inkorrekt sei auch die Aussage im Gutachten von Prof. Dr. H., dass zwar eine kniende Position von 40 % des täglichen Arbeitstages eingenommen worden sei, jedoch nur zu einem geringeren Teil in einer meniskusbelastenden Position. Die Dipl.-Ing. S. und F. hätten gerade ausgeführt, dass der Kläger Tätigkeiten mit Meniskusbelastungen, also Tätigkeiten kniend, hockend und im Fersensitz, unter, und dies sei wichtig, gleichzeitiger Kraftaufwendung zu 40 % der Arbeitstätigkeit ausgeübt habe. Auf diesen Umstand habe auch Dr. G. in ihrer Stellungnahme von Dezember 1998 hingewiesen. Eine entsprechende Aussage finde sich ebenfalls in der Literatur, etwa in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall- und Berufskrankheit. Demzufolge seien für eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV relevante belastende Tätigkeiten eindeutig nachgewiesen.
19 
Die Mehrjährigkeit sei ebenfalls gegeben, da die Belastungsdauer mittlerweile insgesamt 21 Jahre betragen habe, von 1965 bis 1978 dreizehn Jahre und von Oktober 1998 bis Mitte September 2006 annähernd acht Jahre. In der Literatur werde darauf hingewiesen, dass eine Meniskopathie lange klinisch stumm verlaufen und erst Jahre nach Beendigung der belastenden Tätigkeit zum Vorschein kommen könne, wobei für die Anerkennung ein jeweils langer Zeitraum der belastenden Tätigkeit und der besonderen Beanspruchung der Kniegelenke, ein kurzes beschwerdefreies Intervall bis zum Auftreten der ersten Beschwerden sowie ein geringes Lebensalter vorliegen müssten. Der Kläger habe dreizehn Jahre am Stück eine belastende Tätigkeit ausgeübt. Bei seiner ersten Phase als Fliesenleger habe ein geringes Lebensalter bestanden, so dass auch das klinische Manifestwerden im Sinne der Operationswürdigkeit nach Beendigung der die Kniegelenke belastenden Tätigkeit nicht gegen die Annahme einer berufsbedingten Meniskopathie spreche. Spätestens zum Zeitpunkt seiner Untersuchung lägen somit die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV vor.
20 
Hiergegen wandte die Beklagte ein, nach Beendigung der kniebelastenden Tätigkeit im April 1978 habe sich nach den Angaben des Klägers von Juni 1998 die Erkrankung erstmals im Jahre 1997 bemerkbar gemacht. Die Operationen mit Feststellungen von Innenmeniskusschäden seien im Juni 1997 im Bereich des rechten Knies und im März 1998 bezogen auf das linke Knie vorgenommen worden. Dass ein Meniskusschaden erst so viele Jahre nach Beendigung der kniebelastenden Tätigkeit klinisch manifest werde, spreche, entgegen der Ansicht von Prof. Dr. K., gegen die Annahme einer berufsbedingten Meniskopathie. Zu diesem Zeitpunkt habe beim Kläger auch kein geringes, sondern ein höheres Lebensalter vorgelegen. Selbst Dr. J. habe in seinem Bericht von September 2006, also vor Implantation der Schlittenprothese links im April 2007, für das linke Kniegelenk eine starke Varusfehlstellung beschrieben. Hierzu habe sich Prof. Dr. K. nicht verhalten.
21 
In einer ergänzenden Stellungnahme von April 2010 führte Prof. Dr. K. aus, dass auch nach der aktuellen 8. Auflage von Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit das Manifestwerden einer Meniskuserkrankung nach einer Latenz für sich alleine gesehen nicht gegen die Annahme einer beruflich bedingten Meniskopathie spreche. Zu dem von der Beklagten erwähnten Befundbericht von Dr. J. sei anzumerken, dass im Röntgenbefund nicht beschrieben werde, dass ein Varus oder Valgus bestehe. Diese Aussage finde sich nur im klinischen Befund. Dieser könne hingegen täuschen. Insbesondere bei übergewichtigen Menschen entsprächen die klinisch vorzufindenden Achsverhältnisse nicht immer den normalen. Nur mit einer kompletten Oberflächenersatzprothese oder gar einer achsgeführten Knieprothese könne ein Beinachsenfehler korrigiert werden, nicht jedoch mit einer unikondylären Prothese, wie sie beim Kläger zum Einsatz gekommen sei. Die Achsausmessungen, wie sie von ihm im Bereich des linken Beines mit einliegender Schlittenprothese vorgenommen worden seien, belegten, dass präoperativ kein stärkerer Varusfehler vorgelegen haben könne. Da wegen der Implantation einer unikondylären Schlittenprothese, die im Falle des Klägers von dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des K-Hospitals in Stuttgart, Priv.-Doz. Dr. G., eingesetzt worden sei, bei der präoperativen Planung, insbesondere der Ausrichtung der femoralen Komponente, eine komplexe Bestimmung diverser Winkel notwendig sei, müsse dort eine Beinganzaufnahme erstellt worden sein. Diese liege ihm jedoch nicht vor.
22 
Die Beklagte trug hierzu vor, nach der geltenden Fachliteratur sprächen ein entsprechend langer Zeitraum zwischen der Beendigung der belastenden Tätigkeit und dem Auftreten der ersten Beschwerden sowie ein zu diesem Zeitpunkt höheres Lebensalter gegen das Vorliegen eines beruflich verursachten Meniskusschadens. Nach der beratungsärztlichen Stellungnahme des Chirurgen Dr. K., dem die im K-Hospital in Stuttgart erstellte Ganzbeinaufnahme von Mitte März 2007 von der Beklagten vorgelegt wurde, zeige sich darauf eine deutliche Varusfehlstellung links.
23 
Das SG beauftragte den Leiter der Gutachtenambulanz der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg, Prof. Dr. Sch., mit der Erstattung eines Gutachtens. Nach einer ambulanten klinischen Untersuchung des Klägers am 2. November 2011 führte er aus, der Kniebefund sei im Gutachten von Prof. Dr. H. richtig erfasst worden. Es lägen Verschleißerscheinungen des Gelenkknorpels im linken Knie und beiderseitige Meniskusschädigungen vor. Jedoch sei nach heutigem medizinischem Wissen eine Fehlinterpretation hinsichtlich der O-Beinstellung als konkurrierende Ursache des Meniskusschadens erfolgt. Darüber hinaus fehle eine Differenzierung zwischen einem Gelenkknorpel- und einem Meniskusschaden, wie sie im Rahmen der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV zu fordern sei. Ein so genanntes „konformes Belastungsbild“ im Sinne dieser Berufskrankheit verlange einen entsprechend dominierenden Verschleiß der Menisken. Dieses belastungskonforme Schädigungsmuster habe nur im rechten Kniegelenk des Klägers vorgelegen. Auch von Prof. Dr. K. sei der Befund der Kniegelenke weitgehend korrekt erfasst worden. Ihm sei zuzustimmen, dass eine valide Einschätzung der Beinachsen nur mittels einer Ganzbeinstandaufnahme vorzunehmen sei. Lediglich die von ihm vermutete gerade Beinachse des linken Beines vor der Implantation der Schlittentotalendoprothese habe sich nach der nun vorliegenden Ganzbeinstandaufnahme des K-Hospitals in Stuttgart aus dem Jahre 2007 als nicht zutreffend erwiesen. Auch er habe keine Differenzierung zwischen Meniskus- und Gelenkknorpelschäden vorgenommen. Die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV lägen somit nur für das rechte Knie vor. Ein belastungskonformes Schädigungsmuster mit dominierender Meniskusschädigung über die Gelenkknorpelschädigung hinaus sei für das linke Knie demgegenüber nicht zu belegen. Vor dem Hintergrund der vom Kläger angegeben Kniebelastung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten erscheine eine einseitig berufsbedingte Meniskusschädigung wahrscheinlich.
24 
Hierzu wandte die Beklagte ein, die Annahme, dass der Kläger bei seinen beruflichen Tätigkeiten als Fliesenleger in einer überwiegend das rechte Knie belastenden Körperhaltung, bei der er sich auf dieses aufstützte, gearbeitet habe, sei eine Vermutung, die nicht nachvollzogen werden könne. Hiergegen spreche, dass Prof. Dr. H. bei seiner Begutachtung Anfang 1999 im Bereich beider Kniegelenke eine starke Verschwielung der beiden präpatellaren Zonen festgestellt habe. Der Tätigkeit als Fliesenleger sei der Kläger nach eigenen Angaben erst wieder ab Anfang Oktober 1998 nachgegangen.
25 
Prof. Dr. Sch. führte ergänzend aus, bei der von ihm vorgenommenen gutachterlichen Untersuchung habe der Kläger die kniebelastende Tätigkeit bereits seit Jahren aufgegeben gehabt. Eine Beurteilung der präpatellaren Beschwielung sei ihm zu diesem Zeitpunkt daher nicht mehr möglich gewesen. Eine beidseits vorliegende ausgeprägte präpatellare Beschwielung widerspreche in der Tat einer vorwiegend einseitigen Kniebelastung des Klägers. Folglich wäre im Falle einer berufsbedingten Schädigung ein im Seitenvergleich ähnliches Schädigungsmuster zu fordern. Zu der von der Beklagten angesprochenen Latenz zwischen der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit und dem Manifestwerden eines Meniskusschadens gebe es keine Grenzwerte, weshalb die Tatsache der langen klinischen Unauffälligkeit nach Beendigung der meniskusbelastenden Tätigkeit nicht gegen die Anerkennung einer berufsbedingten Meniskopathie spreche.
26 
In der mündlichen Verhandlung beim SG am 21. Februar 2012 gab der Kläger, er habe zu 90 % seiner Tätigkeiten als Fliesenleger auf dem rechten Knie gearbeitet. Dabei habe er das linke Knie so aufgestellt gehabt, dass sich Ober- und Unterschenkel des linken Beines berührt hätten. Er habe beiderseits Knieschoner getragen. Beim Fliesenlegen habe er stets hinter den Fliesen gesessen. Diese Position habe er bereits zu Beginn seiner beruflichen Tätigkeit eingenommen. Grund hierfür sei gewesen, dass er Beschwerden am linken Knie gehabt habe. Dieses sei, wenn er aus der Hocke habe aufstehen müssen, ebenfalls Belastungen ausgesetzt gewesen.
27 
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 21. Februar 2012 ab. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG, Az. L 8 U 2150/12) schlossen die Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 20. November 2012 einen Vergleich, wonach sie übereinstimmend davon ausgingen, dass der Antrag des Klägers von Dezember 2006 auch als Antrag nach § 48 SGB X gewertet wird. Die Beklagte verpflichtete sich, auf den Antrag des Klägers wegen der geltend gemachten Verschlimmerung einen Bescheid zu erteilen. Der Kläger nahm die Berufung zurück.
28 
Daraufhin forderte die Beklagte weitere medizinische Befundunterlagen an. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Sch. diagnostizierte nach einer Untersuchung Anfang Oktober 2012 eine mediale Schlittenprothese im linken Kniegelenk (ICD-10 Z96.6), eine Gonarthrose rechts (ICD-10 M17.1) und eine Adipositas (ICD-10 E66.8). Als klinischen Befund stellte er unter anderem Genua vara fest. Priv.-Doz. Dr. G. berichtete im Januar 2013 über einen stationären Aufenthalt des Klägers im April 2007, bei dem eine mediale Schlittenprothese links eingesetzt worden sei, und diagnostizierte unter anderem eine medial betonte Gonarthrose primär links (ICD-10 M17.1).
29 
Mit Bescheid vom 4. April 2013 stellte die Beklagte „in Ausführung des Vergleiches“ fest, dass beim Kläger keine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV vorliegt. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2013, der den Bevollmächtigten des Klägers am 24. Juni 2013 zugestellt wurde, zurückgewiesen.
30 
Hiergegen hat der Kläger am 23. Juli 2013 Klage beim SG erhoben, welches sie nach Durchführung eines Erörterungstermins am 22. Juli 2014 mit Urteil vom 12. Mai 2015 abgewiesen hat. Zwischen den Beteiligten stehe der Gesundheitszustand des Klägers nach Erlass des Bescheides vom 27. Mai 1999 im Streit. Dieser habe angegeben, in diesem Zeitraum erneut als Fliesenleger tätig geworden zu sein. Entgegen der Formulierung in dem gerichtlichen Vergleich vor dem LSG im November 2012 habe die Beklagte nach Überzeugung der Kammer nicht über eine Verschlimmerung entschieden. Zu Recht habe sie geprüft, ob zum Zeitpunkt des Antrages vom 21. Dezember 2006 die Voraussetzungen für die in Streit stehende Berufskrankheit gegeben gewesen seien. Dies sei zu verneinen.
31 
Gegen die den Bevollmächtigten des Klägers am 8. Juni 2015 zugestellte Entscheidung, auf der neben der Kammervorsitzenden nur eine ehrenamtliche Richterin aufgeführt ist, hat der Kläger am 1. Juli 2015 mit der Begründung Berufung beim LSG eingelegt, bislang sei außer Acht gelassen worden, dass auch Prof. Dr. Sch. festgestellt habe, dass die Befundsituation seines rechten Knies mit einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV zu vereinbaren sei. Unberücksichtigt geblieben sei in der vorausgegangenen Entscheidung des SG ferner, dass Prof. Dr. K. zu dem Ergebnis gekommen sei, dass seine Kniebeschwerden nicht durch eine varische Fehlstellung verursacht worden sein könnten. Beide Sachverständigengutachten stützten das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV.
32 
Der Kläger beantragt,
33 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2015 und den Bescheid vom 4. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nummer 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
34 
Die Beklagte beantragt,
35 
die Berufung zurückzuweisen.
36 
Sie trägt im Wesentlichen vor, der Kläger berücksichtige nicht die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. Sch., wonach die medizinischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht bejaht werden könnten, wenn keine einseitige Kniebelastung des Klägers vorgelegen habe. Hiergegen spreche die Feststellung von Prof. Dr. H., wonach im Zeitpunkt seiner Begutachtung eine beiderseitige patellare Beschwielung im Bereich der Kniegelenke vorgelegen habe. Weiter deute auch der zeitliche Ablauf nicht darauf hin, dass die Kniegelenksbeschwerden durch die berufliche Tätigkeit des Klägers verursacht worden seien.
37 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (2 Hefte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

38 
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
39 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 12. Mai 2015, mit dem die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage, mit welcher der Kläger zuletzt unter Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV verfolgt hat, abgewiesen worden ist. Das Urteil ist wirksam und im Übrigen auch nicht fehlerhaft zustande gekommen, da es ausweislich der Niederschrift des SG über die mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2015 (§ 122 SGG i. V. m. § 165 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO) unter Mitwirkung von zwei ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGG) zustande gekommen ist und lediglich auf der Urteilsurkunde entgegen § 136 Abs. 1 Nr. 2 SGG der mitwirkende ehrenamtliche Richter Ludwig nicht namentlich aufgeführt ist. Diese Vorschrift soll die Prüfung ermöglichen, ob das Gericht ordnungsgemäß besetzt war (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 136 Rz. 3), was sich vorliegend allerdings noch hinreichend anhand der Sitzungsniederschrift nachvollziehen lässt, die den Beteiligten mit einem Urteilsabdruck zugestellt worden ist.
40 
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Voraussetzungen für die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV liegen beim Kläger nicht vor.
41 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), da ein Meniskusschaden, wie er Voraussetzung für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV ist, nicht vor diesem Datum nachgewiesen ist und der Leistungsfall somit erst nach 1996 eingetreten sein kann (§ 212 SGB VII; Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254). Der Riss im Innenmeniskushinterhorn rechts wurde im Juni 1997 von Dr. J. operiert. Beschwerden wegen dieses Meniskusschadens sind nach dessen Angaben in der Anzeige über eine Berufskrankheit von April 1998 erstmals im April 1997 aufgetreten. Der Kläger selbst hat im Verwaltungsverfahren auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich ein Meniskusschaden erstmals im Januar 1997 bemerkbar machte. Dem Vorerkrankungsverzeichnis ist kein Nachweis für einen Meniskusschaden des Klägers vor 1997 zu entnehmen. Im November 1990 und April 1991 ergab sich jeweils nur der Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion. Im September 1995 wurde ein so genanntes „Reizknie“ diagnostiziert, also eine ätiologisch unklare, zu Rückfällen neigende Kniegelenksentzündung, die mögliche Folgeerkrankung eines Meniskusschadens sein kann, nicht aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf dessen Eintritt schließen lässt. Bei der vom Kläger gegenüber Prof. Dr. H. bei der Begutachtung angeführten Bursitis praepatellaris, also einer Entzündung des Schleimbeutels im Bereich der Kniescheibe, die im Jahre 1972 behandelt worden sein soll, handelt es sich ebenfalls nicht um einen Meniskusschaden. Wegen des somit erst nach 1996 nachgewiesenen Meniskusschadens kann der Versicherungsfall erst nach diesem Datum eingetreten sein, so dass die Bestimmungen des SGB VII heranzuziehen sind, unabhängig davon, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises des Meniskusschadens vor.
42 
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet (Listen-Berufskrankheiten) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung gegebenenfalls den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit. Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der T.rie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3, Rz. 14 m. w. N.).
43 
Der Verordnungsgeber hat die Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV wie folgt bezeichnet: „Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten“.
44 
Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers rechtfertigen die beantragte Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht. Dabei war der Senat nicht an den Inhalt des bestandskräftigen Bescheides vom 27. Mai 1999 gebunden. Dieser betraf nur das durch die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit von Dr. J. eingeleitete Verwaltungsverfahren, welches durch die damit getroffene Feststellung abgeschlossen worden ist, dass beim Kläger keine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV vorliegt. Insoweit ist eine der materiellen Bestandskraft (§ 77 SGG) fähige Feststellung allerdings nur insoweit getroffen worden, als das Begehren des Klägers nach dem maßgeblichen Sach- und Rechtsstand bis zum Abschluss des damaligen Verwaltungsverfahrens beurteilt worden ist. Eine solche negative Feststellung schließt das Verwaltungsverfahren ab, entfaltet jedoch keine Wirkung für die Zukunft. Wäre es anders, so käme dem Verwaltungsakt Dauerwirkung zu (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 1999 - B 9 SB 4/98 R -, SozR 3-1500 § 77 Nr. 3), was nicht der Fall ist, da seine Regelungswirkung nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht nicht über die punktuelle Gestaltung des Rechtsverhältnisses der Beteiligten hinausreicht (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 3 mit § 45 Rz. 64). Aus diesem Grund findet vorliegend auch § 48 SGB X keine Anwendung. Mit dem Bescheid vom 8. November 2007, der aufgrund des vor dem LSG im November 2012 geschlossenen Vergleiches nicht aufgehoben worden ist, wurde ohnehin nur die Rücknahme der mit Bescheid vom 27. Mai 1999 getroffenen Verwaltungsentscheidung abgelehnt. Eine Bindungswirkung in materieller Hinsicht kommt diesem Verwaltungsakt für das Begehren des Klägers daher von vornherein nicht zu. Der Senat ist indes nach inhaltlicher Prüfung zum aktuellen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim LSG ebenfalls nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV vorliegen.
45 
Der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV unterfällt nur die primäre Meniskopathie, welche dem Ausmaß der Verschleißerscheinungen des Gelenkknorpels vorauseilt, nicht die sekundäre, wie Prof. Dr. Sch. vor dem Hintergrund der Literatur in seiner im Auftrag des SG in einem Vorverfahren erstellten Expertise, welche als Sachverständigenbeweis verwertet worden ist (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a ZPO), überzeugend ausgeführt hat. Danach ist die primäre Meniskopathie unmittelbar belastungsabhängig. Bei ihr setzt der vorzeitige Verschleiß im Meniskusgewebe mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 632). Bei der sekundären Meniskopathie wird der Meniskusschaden durch andere Veränderungen vermittelt; zunächst erscheinen ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk. Ursächlich hierfür sind die Minderwertigkeit des Gelenkknorpels, die Folgen arthrotischer Veränderungen bei anlagebedingten oder posttraumatischen Achsenfehlstellungen, posttraumatische Stufenbildungen im Bereich der Gelenkkörper nach Frakturen oder eine posttraumatische Instabilität des Gelenkes nach Kapselbandverletzungen. Sekundär folgt der Meniskusschaden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 633 f. m. w. N.).
46 
Beide operativen Eingriffe, denen sich der Kläger unterziehen musste und bei denen maßgebliche Anteile des jeweiligen Innenmeniskus im Juni 1997 und März 1998 entfernt worden sind, sind nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. als solche geeignet, eine Arthrose zu fördern. Ein erst danach objektivierter - weiterer - Meniskusschaden ist daher meist Folge von solchen eingetretenen arthrotischen Veränderungen und folglich ein für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht relevanter sekundärer Meniskusschaden. Für die Bewertung der Befundlage im Bereich der Knie des Klägers hinreichend aussagekräftig sind daher vor allem die medizinischen Verhältnisse bis zum jeweiligen Zeitpunkt der durchgeführten Arthroskopien. Ein für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV zu fordernder primärer Meniskusschaden hat beim Kläger in Bezug hierauf nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. Sch. nur hinsichtlich des rechten Knies vorgelegen. Bei der ersten Arthroskopie im Juni 1997 waren die Gelenkflächen im rechten Knie, abgesehen von einer kleinen oberflächlichen und frischen Knorpelabschürfung, gänzlich unauffällig. Dies ergibt sich aus dem Operationsbericht von Dr. J.. Isoliert stellte sich dabei das Innenmeniskushinterhorn als „komplex zerrissen“ dar. Der Außenmeniskus war intakt. Im Rahmen der arthroskopischen Versorgung erfolgte eine totale Entfernung des Innenmeniskushinterhorns. Im linken Knie zeigte sich demgegenüber bei der Arthroskopie im März 1998 nach dem Operationsbericht von Dr. J. ein dritt- bis viertgradiger medialer Knorpelschaden mit kombinierter Läsion des Innenmeniskushinterhorns. Im Rahmen der operativen Versorgung erfolgten eine Totalresektion des Innenmeniskushinterhorns und eine Teilresektion des Innenmeniskusvorderhorns.
47 
Beim Vergleich der Befunde zeigte sich somit für beide Kniegelenke ein deutlich asymmetrisches Bild. Im rechten Knie bestand eine weitgehend isolierte Meniskuskomplexläsion, ohne relevante begleitende Verschleißerscheinung des Gelenkknorpels. Im linken Knie dominierte eine medial betonte Verschleißsituation, kombiniert mit einer Meniskusläsion. Schon im März 1998 lag eine innenseitige Arthrose vor. Für das linke Knie ergaben sich somit zu den Gelenkknorpelschäden vergleichsweise untergeordnete Meniskusschäden. Anders als im linken Knie ist im rechten ein belastungskonformes Schadensbild objektiviert worden.
48 
Prof. Dr. Sch. hat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Befundkonstellation mit der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nur zu vereinbaren ist, wenn eine asymmetrische, beruflich bedingte Belastung der beiden Kniegelenke vorlag. Davon ist der Senat trotz der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung beim SG in einem Vorverfahren im Februar 2012, wonach er zu 90 % seiner Tätigkeiten als Fliesenleger auf dem rechten Knie gearbeitet habe, nicht überzeugt. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund der Gesichtspunkte, dass die Erinnerung hierbei noch frischer war und sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend aus. In einem dem Kläger von der Beklagten übersandten Fragebogen machte er im Juni 1998 verschiedene Angaben zu einem möglichen Meniskusschaden und im Rahmen der Arbeitsanamnese zu körperlichen Belastungen, denen er ausgesetzt war, ohne allerdings zu diesem frühen Zeitpunkt darauf hinzuweisen, dass er bei seinen Tätigkeiten als Fliesenleger ganz überwiegend auf dem rechten Knie gearbeitet haben will. Eine solche Information konnten die Dipl.-Ing. S. und F. in ihrer Stellungnahme von September 1998, für die sie die schriftlichen Angaben des Klägers auswerteten, daher nicht aufnehmen. Dass der Kläger durchaus imstande ist, differenzierte Angaben zu machen, zeigt sich demgegenüber anhand der Stellungnahme von Dr.-Ing. J., der auch ein Telefonat mit dem Kläger im August 1998 vorausging. Dabei teilte der Kläger zu seiner Beschäftigung bei der Fahrzeugbau R. mit, dass er zu 80 % in der Lackiervorbereitung tätig war, wobei sein linkes Knie hierbei nahezu nicht belastet wurde. Zudem spricht gegen eine überwiegend einseitige Belastung des rechten Knies, dass Prof. Dr. H. nach seinem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. ZPO) bei seiner Untersuchung im Februar 1999 in beiden Kniegelenken eine präpatellare Beschwielung feststellte. Prof. Dr. Sch. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme zu seinem Gutachten hierzu überzeugend ausgeführt, dass dieser Umstand einer vorwiegend einseitigen Kniebelastung widerspricht. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst angegeben hat, während seiner Tätigkeiten als Fliesenleger beiderseits Knieschoner getragen zu haben, was bei einer einseitigen Kniebelastung nicht nachvollziehbar wäre. Dies verdeutlicht sich umso mehr, da er nach eigenen Angaben während seiner Tätigkeit bei der Fahrzeugbau R., bei der das linke Knie nahezu unbelastet war, nur einen Knieschoner trug.
49 
Eine Meniskopathie kann klinisch lange „stumm“ bleiben und erst nach Beendigung der belastenden Tätigkeit offenbar werden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 639 f.). Hierauf weist auch Prof. Dr. Sch. hin, wonach neben der Dauer der belastenden Tätigkeit der zeitliche Umfang der besonderen Beanspruchung der Kniegelenke und das Lebensalter eine Rolle spielen, wofür es keine Grenzwerte gibt. Diese Aspekte sprechen zwar vorliegend nicht gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen der beruflich bedingten Einwirkung auf die Knie des Klägers und der bei ihm vorhandenen Meniskusschäden. Sie geben allerdings auch keinen Hinweis darauf, dass ein solcher vorliegt, sie sind vielmehr indifferent. Der Kläger war bei seinen Tätigkeiten als Fliesenleger im Zeitraum von April 1965 bis Mitte April 1978, also dreizehn Jahre lang und damit mehrjährig (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 635 f.), einer Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien, bei gleichzeitiger Kraftaufwendung ausgesetzt. Dies entnimmt der Senat der Stellungnahme der Dipl.-Ing. S. und F., wonach er sämtliche in diesem Beruf anfallenden Arbeiten ausführte, welche üblicherweise in kniender oder hockender Haltung durchgeführt wurden. Hierzu zählten im Besonderen das Verlegen und Verfugen von Bodenfliesen sowie von Wandfliesen im Bereich zwischen Sockel und einer Höhe von etwa 75 cm. An Körperhaltungen wurden, bei gleichzeitiger Kraftaufwendung, der Fersensitz, die Kniehocke und die Hocke als solche eingenommen worden. Etwa 40 % der Gesamtarbeitszeit entfielen auf solche Arbeiten in kniender oder hockender Position. Hierdurch kam es zu einer überdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV, Bek. des BMA, BArbBl. 2/1990, S. 135). Demgegenüber war der Kläger einer solchen überdurchschnittlichen Belastung weder bei seiner zweimonatigen Tätigkeit als Staplerfahrer bei der IBM Deutschland GmbH noch während seiner Beschäftigung bei der Fahrzeugbau R. im Zeitraum von Mitte Juni 1978 bis zu dem auch im zweiten Knie festgestellten Meniskusschaden im März 1998 ausgesetzt. Die Stellungnahme von Dr.-Ing. J., die er nach Telefonaten mit dem damaligen Geschäftsinhaber der Fahrzeugbau R. und dem Kläger erstellte, belegt, dass Letzterer dort zu etwa 80 % in der Lackiervorbereitung tätig war. Die Arbeiten umfassten das Schleifen und Spachteln von Aufbauten für Lastkraftwagen. Bei Tätigkeiten in etwa 60 bis 70 cm Flurhöhe stützte sich der Kläger mit dem rechten Knie auf dem Boden ab. Hierbei trug er einen Knieschoner. Sein linkes Knie war dabei nahezu unbelastet. Die Arbeiten führte er an etwa vier Tagen in der Woche mit einer Dauer von etwa zwei Stunden je Schicht durch. Am fünften Wochenarbeitstag wurde keine kniebelastende Tätigkeit ausgeübt. Vorwiegend in den Monaten November und Dezember wurden nahezu täglich an sieben bis zwölf Last- oder Personenkraftwagen Reifen montiert. Für die Dauer der knienden Tätigkeit beim Wechseln der Räder legt der Senat die Zeit zugrunde, die Dr.-Ing. J. mit etwa eine Stunde je Tag schlüssig eingeschätzt hat. Ohnehin hatte der Kläger bei dem Gespräch angegeben, die gesundheitlichen Probleme im Bereich seiner Knie auf seine Tätigkeit als Fliesenleger zurückzuführen. Somit lagen zwischen der Beendigung der dreizehn Jahre andauernden, überdurchschnittlich kniebelastenden Tätigkeit Mitte April 1978 und dem nachgewiesenen Eintritt der Meniskusschädigung im rechten Kniegelenk im Juni 1997, als der Kläger 47 Jahre alt war, mehr als neunzehn Jahre. Diese Umstände vermögen die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht auszuschließen, ihretwegen spricht aber auch nicht mehr für einen solchen als dagegen.
50 
Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und einem primären Meniskusschaden, kommt es von vornherein nicht darauf an, ob die beim Kläger anhand der von Priv.-Doz. Dr. G. erstellten Ganzbeinaufnahme von März 2007, welche Prof. Dr. K. bei Erstattung seines Gutachtens nicht vorlag, objektivierte und nicht versicherte Varusfehlstellung links ebenfalls ursächlich für einen Meniskusschaden des Klägers gewesen ist. Deren ursächliche Bedeutung ist wissenschaftlich nicht belegt, auch wenn eine mäßig ausgeprägte O-Beinstellung biomechanisch und anatomisch eine Schadensanlage darstellt, worauf Prof. Dr. Sch. nachvollziehbar hingewiesen hat (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 638).
51 
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
53 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

38 
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
39 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 12. Mai 2015, mit dem die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage, mit welcher der Kläger zuletzt unter Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV verfolgt hat, abgewiesen worden ist. Das Urteil ist wirksam und im Übrigen auch nicht fehlerhaft zustande gekommen, da es ausweislich der Niederschrift des SG über die mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2015 (§ 122 SGG i. V. m. § 165 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO) unter Mitwirkung von zwei ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGG) zustande gekommen ist und lediglich auf der Urteilsurkunde entgegen § 136 Abs. 1 Nr. 2 SGG der mitwirkende ehrenamtliche Richter Ludwig nicht namentlich aufgeführt ist. Diese Vorschrift soll die Prüfung ermöglichen, ob das Gericht ordnungsgemäß besetzt war (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 136 Rz. 3), was sich vorliegend allerdings noch hinreichend anhand der Sitzungsniederschrift nachvollziehen lässt, die den Beteiligten mit einem Urteilsabdruck zugestellt worden ist.
40 
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Voraussetzungen für die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV liegen beim Kläger nicht vor.
41 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), da ein Meniskusschaden, wie er Voraussetzung für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV ist, nicht vor diesem Datum nachgewiesen ist und der Leistungsfall somit erst nach 1996 eingetreten sein kann (§ 212 SGB VII; Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254). Der Riss im Innenmeniskushinterhorn rechts wurde im Juni 1997 von Dr. J. operiert. Beschwerden wegen dieses Meniskusschadens sind nach dessen Angaben in der Anzeige über eine Berufskrankheit von April 1998 erstmals im April 1997 aufgetreten. Der Kläger selbst hat im Verwaltungsverfahren auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich ein Meniskusschaden erstmals im Januar 1997 bemerkbar machte. Dem Vorerkrankungsverzeichnis ist kein Nachweis für einen Meniskusschaden des Klägers vor 1997 zu entnehmen. Im November 1990 und April 1991 ergab sich jeweils nur der Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion. Im September 1995 wurde ein so genanntes „Reizknie“ diagnostiziert, also eine ätiologisch unklare, zu Rückfällen neigende Kniegelenksentzündung, die mögliche Folgeerkrankung eines Meniskusschadens sein kann, nicht aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf dessen Eintritt schließen lässt. Bei der vom Kläger gegenüber Prof. Dr. H. bei der Begutachtung angeführten Bursitis praepatellaris, also einer Entzündung des Schleimbeutels im Bereich der Kniescheibe, die im Jahre 1972 behandelt worden sein soll, handelt es sich ebenfalls nicht um einen Meniskusschaden. Wegen des somit erst nach 1996 nachgewiesenen Meniskusschadens kann der Versicherungsfall erst nach diesem Datum eingetreten sein, so dass die Bestimmungen des SGB VII heranzuziehen sind, unabhängig davon, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises des Meniskusschadens vor.
42 
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet (Listen-Berufskrankheiten) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung gegebenenfalls den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit. Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der T.rie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3, Rz. 14 m. w. N.).
43 
Der Verordnungsgeber hat die Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV wie folgt bezeichnet: „Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten“.
44 
Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers rechtfertigen die beantragte Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht. Dabei war der Senat nicht an den Inhalt des bestandskräftigen Bescheides vom 27. Mai 1999 gebunden. Dieser betraf nur das durch die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit von Dr. J. eingeleitete Verwaltungsverfahren, welches durch die damit getroffene Feststellung abgeschlossen worden ist, dass beim Kläger keine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV vorliegt. Insoweit ist eine der materiellen Bestandskraft (§ 77 SGG) fähige Feststellung allerdings nur insoweit getroffen worden, als das Begehren des Klägers nach dem maßgeblichen Sach- und Rechtsstand bis zum Abschluss des damaligen Verwaltungsverfahrens beurteilt worden ist. Eine solche negative Feststellung schließt das Verwaltungsverfahren ab, entfaltet jedoch keine Wirkung für die Zukunft. Wäre es anders, so käme dem Verwaltungsakt Dauerwirkung zu (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 1999 - B 9 SB 4/98 R -, SozR 3-1500 § 77 Nr. 3), was nicht der Fall ist, da seine Regelungswirkung nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht nicht über die punktuelle Gestaltung des Rechtsverhältnisses der Beteiligten hinausreicht (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 3 mit § 45 Rz. 64). Aus diesem Grund findet vorliegend auch § 48 SGB X keine Anwendung. Mit dem Bescheid vom 8. November 2007, der aufgrund des vor dem LSG im November 2012 geschlossenen Vergleiches nicht aufgehoben worden ist, wurde ohnehin nur die Rücknahme der mit Bescheid vom 27. Mai 1999 getroffenen Verwaltungsentscheidung abgelehnt. Eine Bindungswirkung in materieller Hinsicht kommt diesem Verwaltungsakt für das Begehren des Klägers daher von vornherein nicht zu. Der Senat ist indes nach inhaltlicher Prüfung zum aktuellen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim LSG ebenfalls nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV vorliegen.
45 
Der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV unterfällt nur die primäre Meniskopathie, welche dem Ausmaß der Verschleißerscheinungen des Gelenkknorpels vorauseilt, nicht die sekundäre, wie Prof. Dr. Sch. vor dem Hintergrund der Literatur in seiner im Auftrag des SG in einem Vorverfahren erstellten Expertise, welche als Sachverständigenbeweis verwertet worden ist (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a ZPO), überzeugend ausgeführt hat. Danach ist die primäre Meniskopathie unmittelbar belastungsabhängig. Bei ihr setzt der vorzeitige Verschleiß im Meniskusgewebe mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 632). Bei der sekundären Meniskopathie wird der Meniskusschaden durch andere Veränderungen vermittelt; zunächst erscheinen ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk. Ursächlich hierfür sind die Minderwertigkeit des Gelenkknorpels, die Folgen arthrotischer Veränderungen bei anlagebedingten oder posttraumatischen Achsenfehlstellungen, posttraumatische Stufenbildungen im Bereich der Gelenkkörper nach Frakturen oder eine posttraumatische Instabilität des Gelenkes nach Kapselbandverletzungen. Sekundär folgt der Meniskusschaden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 633 f. m. w. N.).
46 
Beide operativen Eingriffe, denen sich der Kläger unterziehen musste und bei denen maßgebliche Anteile des jeweiligen Innenmeniskus im Juni 1997 und März 1998 entfernt worden sind, sind nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. als solche geeignet, eine Arthrose zu fördern. Ein erst danach objektivierter - weiterer - Meniskusschaden ist daher meist Folge von solchen eingetretenen arthrotischen Veränderungen und folglich ein für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht relevanter sekundärer Meniskusschaden. Für die Bewertung der Befundlage im Bereich der Knie des Klägers hinreichend aussagekräftig sind daher vor allem die medizinischen Verhältnisse bis zum jeweiligen Zeitpunkt der durchgeführten Arthroskopien. Ein für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV zu fordernder primärer Meniskusschaden hat beim Kläger in Bezug hierauf nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. Sch. nur hinsichtlich des rechten Knies vorgelegen. Bei der ersten Arthroskopie im Juni 1997 waren die Gelenkflächen im rechten Knie, abgesehen von einer kleinen oberflächlichen und frischen Knorpelabschürfung, gänzlich unauffällig. Dies ergibt sich aus dem Operationsbericht von Dr. J.. Isoliert stellte sich dabei das Innenmeniskushinterhorn als „komplex zerrissen“ dar. Der Außenmeniskus war intakt. Im Rahmen der arthroskopischen Versorgung erfolgte eine totale Entfernung des Innenmeniskushinterhorns. Im linken Knie zeigte sich demgegenüber bei der Arthroskopie im März 1998 nach dem Operationsbericht von Dr. J. ein dritt- bis viertgradiger medialer Knorpelschaden mit kombinierter Läsion des Innenmeniskushinterhorns. Im Rahmen der operativen Versorgung erfolgten eine Totalresektion des Innenmeniskushinterhorns und eine Teilresektion des Innenmeniskusvorderhorns.
47 
Beim Vergleich der Befunde zeigte sich somit für beide Kniegelenke ein deutlich asymmetrisches Bild. Im rechten Knie bestand eine weitgehend isolierte Meniskuskomplexläsion, ohne relevante begleitende Verschleißerscheinung des Gelenkknorpels. Im linken Knie dominierte eine medial betonte Verschleißsituation, kombiniert mit einer Meniskusläsion. Schon im März 1998 lag eine innenseitige Arthrose vor. Für das linke Knie ergaben sich somit zu den Gelenkknorpelschäden vergleichsweise untergeordnete Meniskusschäden. Anders als im linken Knie ist im rechten ein belastungskonformes Schadensbild objektiviert worden.
48 
Prof. Dr. Sch. hat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Befundkonstellation mit der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nur zu vereinbaren ist, wenn eine asymmetrische, beruflich bedingte Belastung der beiden Kniegelenke vorlag. Davon ist der Senat trotz der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung beim SG in einem Vorverfahren im Februar 2012, wonach er zu 90 % seiner Tätigkeiten als Fliesenleger auf dem rechten Knie gearbeitet habe, nicht überzeugt. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund der Gesichtspunkte, dass die Erinnerung hierbei noch frischer war und sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend aus. In einem dem Kläger von der Beklagten übersandten Fragebogen machte er im Juni 1998 verschiedene Angaben zu einem möglichen Meniskusschaden und im Rahmen der Arbeitsanamnese zu körperlichen Belastungen, denen er ausgesetzt war, ohne allerdings zu diesem frühen Zeitpunkt darauf hinzuweisen, dass er bei seinen Tätigkeiten als Fliesenleger ganz überwiegend auf dem rechten Knie gearbeitet haben will. Eine solche Information konnten die Dipl.-Ing. S. und F. in ihrer Stellungnahme von September 1998, für die sie die schriftlichen Angaben des Klägers auswerteten, daher nicht aufnehmen. Dass der Kläger durchaus imstande ist, differenzierte Angaben zu machen, zeigt sich demgegenüber anhand der Stellungnahme von Dr.-Ing. J., der auch ein Telefonat mit dem Kläger im August 1998 vorausging. Dabei teilte der Kläger zu seiner Beschäftigung bei der Fahrzeugbau R. mit, dass er zu 80 % in der Lackiervorbereitung tätig war, wobei sein linkes Knie hierbei nahezu nicht belastet wurde. Zudem spricht gegen eine überwiegend einseitige Belastung des rechten Knies, dass Prof. Dr. H. nach seinem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. ZPO) bei seiner Untersuchung im Februar 1999 in beiden Kniegelenken eine präpatellare Beschwielung feststellte. Prof. Dr. Sch. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme zu seinem Gutachten hierzu überzeugend ausgeführt, dass dieser Umstand einer vorwiegend einseitigen Kniebelastung widerspricht. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst angegeben hat, während seiner Tätigkeiten als Fliesenleger beiderseits Knieschoner getragen zu haben, was bei einer einseitigen Kniebelastung nicht nachvollziehbar wäre. Dies verdeutlicht sich umso mehr, da er nach eigenen Angaben während seiner Tätigkeit bei der Fahrzeugbau R., bei der das linke Knie nahezu unbelastet war, nur einen Knieschoner trug.
49 
Eine Meniskopathie kann klinisch lange „stumm“ bleiben und erst nach Beendigung der belastenden Tätigkeit offenbar werden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 639 f.). Hierauf weist auch Prof. Dr. Sch. hin, wonach neben der Dauer der belastenden Tätigkeit der zeitliche Umfang der besonderen Beanspruchung der Kniegelenke und das Lebensalter eine Rolle spielen, wofür es keine Grenzwerte gibt. Diese Aspekte sprechen zwar vorliegend nicht gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen der beruflich bedingten Einwirkung auf die Knie des Klägers und der bei ihm vorhandenen Meniskusschäden. Sie geben allerdings auch keinen Hinweis darauf, dass ein solcher vorliegt, sie sind vielmehr indifferent. Der Kläger war bei seinen Tätigkeiten als Fliesenleger im Zeitraum von April 1965 bis Mitte April 1978, also dreizehn Jahre lang und damit mehrjährig (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 635 f.), einer Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien, bei gleichzeitiger Kraftaufwendung ausgesetzt. Dies entnimmt der Senat der Stellungnahme der Dipl.-Ing. S. und F., wonach er sämtliche in diesem Beruf anfallenden Arbeiten ausführte, welche üblicherweise in kniender oder hockender Haltung durchgeführt wurden. Hierzu zählten im Besonderen das Verlegen und Verfugen von Bodenfliesen sowie von Wandfliesen im Bereich zwischen Sockel und einer Höhe von etwa 75 cm. An Körperhaltungen wurden, bei gleichzeitiger Kraftaufwendung, der Fersensitz, die Kniehocke und die Hocke als solche eingenommen worden. Etwa 40 % der Gesamtarbeitszeit entfielen auf solche Arbeiten in kniender oder hockender Position. Hierdurch kam es zu einer überdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV, Bek. des BMA, BArbBl. 2/1990, S. 135). Demgegenüber war der Kläger einer solchen überdurchschnittlichen Belastung weder bei seiner zweimonatigen Tätigkeit als Staplerfahrer bei der IBM Deutschland GmbH noch während seiner Beschäftigung bei der Fahrzeugbau R. im Zeitraum von Mitte Juni 1978 bis zu dem auch im zweiten Knie festgestellten Meniskusschaden im März 1998 ausgesetzt. Die Stellungnahme von Dr.-Ing. J., die er nach Telefonaten mit dem damaligen Geschäftsinhaber der Fahrzeugbau R. und dem Kläger erstellte, belegt, dass Letzterer dort zu etwa 80 % in der Lackiervorbereitung tätig war. Die Arbeiten umfassten das Schleifen und Spachteln von Aufbauten für Lastkraftwagen. Bei Tätigkeiten in etwa 60 bis 70 cm Flurhöhe stützte sich der Kläger mit dem rechten Knie auf dem Boden ab. Hierbei trug er einen Knieschoner. Sein linkes Knie war dabei nahezu unbelastet. Die Arbeiten führte er an etwa vier Tagen in der Woche mit einer Dauer von etwa zwei Stunden je Schicht durch. Am fünften Wochenarbeitstag wurde keine kniebelastende Tätigkeit ausgeübt. Vorwiegend in den Monaten November und Dezember wurden nahezu täglich an sieben bis zwölf Last- oder Personenkraftwagen Reifen montiert. Für die Dauer der knienden Tätigkeit beim Wechseln der Räder legt der Senat die Zeit zugrunde, die Dr.-Ing. J. mit etwa eine Stunde je Tag schlüssig eingeschätzt hat. Ohnehin hatte der Kläger bei dem Gespräch angegeben, die gesundheitlichen Probleme im Bereich seiner Knie auf seine Tätigkeit als Fliesenleger zurückzuführen. Somit lagen zwischen der Beendigung der dreizehn Jahre andauernden, überdurchschnittlich kniebelastenden Tätigkeit Mitte April 1978 und dem nachgewiesenen Eintritt der Meniskusschädigung im rechten Kniegelenk im Juni 1997, als der Kläger 47 Jahre alt war, mehr als neunzehn Jahre. Diese Umstände vermögen die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht auszuschließen, ihretwegen spricht aber auch nicht mehr für einen solchen als dagegen.
50 
Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und einem primären Meniskusschaden, kommt es von vornherein nicht darauf an, ob die beim Kläger anhand der von Priv.-Doz. Dr. G. erstellten Ganzbeinaufnahme von März 2007, welche Prof. Dr. K. bei Erstattung seines Gutachtens nicht vorlag, objektivierte und nicht versicherte Varusfehlstellung links ebenfalls ursächlich für einen Meniskusschaden des Klägers gewesen ist. Deren ursächliche Bedeutung ist wissenschaftlich nicht belegt, auch wenn eine mäßig ausgeprägte O-Beinstellung biomechanisch und anatomisch eine Schadensanlage darstellt, worauf Prof. Dr. Sch. nachvollziehbar hingewiesen hat (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 638).
51 
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
53 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Nov. 2015 - L 6 U 2782/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Nov. 2015 - L 6 U 2782/15

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Nov. 2015 - L 6 U 2782/15 zitiert 30 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 77


Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 9 Berufskrankheit


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 118


(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 165 Beweiskraft des Protokolls


Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411a Verwertung von Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren


Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 12


(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter n

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 122


Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 212 Grundsatz


Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Nov. 2015 - L 6 U 2782/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Nov. 2015 - L 6 U 2782/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15

bei uns veröffentlicht am 21.05.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Im S

Bundessozialgericht Urteil, 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R

bei uns veröffentlicht am 18.06.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Nov. 2015 - L 6 U 2782/15.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. März 2016 - L 6 U 1518/14

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. November 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Zwischen

Referenzen

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Halswirbelsäulenerkrankung als Wie-Berufskrankheit (BK) streitig.

2

Die 1947 geborene Klägerin leidet an Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule. Sie war im Anschluss an ihr abgeschlossenes Musikstudium von August 1970 bis Juli 1972 als Geigenlehrerin sowie von August 1972 bis Juli 1992, von September 1992 bis Dezember 1993 und von Mai 1994 bis Mai 1998 im Beitrittsgebiet als Geigerin in verschiedenen Orchestern tätig.

3

Auf ärztliche Anzeige vom 23.3.2001 wegen des Verdachts einer BK holte die Beklagte ärztliche Gutachten ein. Dr. L., Leiter des Europäischen Instituts für Bewegungsphysiologie, M. , führte in seinem Gutachten vom 28.9.2002 aus, die Halswirbelsäulenerkrankung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das jahrelange Instrumentalspiel entstanden oder wesentlich mitverursacht worden. Prof. Dr. D., Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität M., gelangte in seinem Gutachten vom 8.1.2003 zu dem Ergebnis, das Geigenspiel gehe zwar mit einer außergewöhnlichen Zwangshaltung in Form einer "Schulter-Kopf-Zwinge" einher. Allerdings könne die sog "Gruppentypik" anhand neuer statistisch gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden.

4

Die Beklagte lehnte es ab, eine Wie-BK festzustellen (Bescheid vom 25.3.2003; Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005). Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG Neuruppin erhoben, das weitere Begutachtungen veranlasst hat. Dr. B., Institut für sozialmedizinische Begutachtung GbR im Krankenhaus W., hat in seinem Gutachten vom 6.6.2007 dargelegt, die Wirbelsäulenbeschwerden seien nicht auf die berufliche Tätigkeit als Orchestermusikerin zurückzuführen. Prof. Dr. A., Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin, H., hat in seinem Gutachten vom 3.5.2010 darauf hingewiesen, für eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung spreche die kumulative Lebensarbeitszeit an der Geige in Zwangshaltung aufgrund der "Schulter-Kinn-Zange" und die mit dem Schrifttum übereinstimmende Häufigkeit der Beschwerden bei Geigern. Dabei handele es sich um Plausibilitätsargumente, da bislang keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse existierten.

5

Das SG Neuruppin hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.9.2010). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 23.2.2012 hat es ausgeführt, auf das Recht der ehemaligen DDR komme es nicht an, weil die Erkrankung der Klägerin erst nach dem 31.12.1993 der Beklagten bekannt geworden sei. Die Voraussetzungen des § 551 Abs 2 RVO und des § 9 Abs 2 SGB VII für die Feststellung einer Wie-BK seien nicht erfüllt. Zwar seien Streicher wegen der nur in dieser Berufsgruppe auftretenden "Schulter-Kinn-Zange" besonderen Einwirkungen in höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Es fehle aber an der generellen Geeignetheit dieser Einwirkung für die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden. Die erforderliche sog "Gruppentypik" setze in der Regel anhand statistisch relevanter Zahlen den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine lange zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder voraus, um mit Sicherheit eine andere Krankheitsursache ausschließen zu können. Entsprechende epidemiologische Erkenntnisse seien aufgrund der geringen Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Streicher aber nicht vorhanden. Auch sonstige, die generelle Geeignetheit belegende Erkenntnisse seien nicht ersichtlich. Die von Prof. Dr. A. hervorgehobene Plausibilität genüge ebenso wenig wie der von mit Musikererkrankungen vertrauten Ärzten publizierte Ursachenzusammenhang. Gerade vor dem Hintergrund, dass in der Bundesrepublik Deutschland nur etwa 4100 Streicher betroffen seien und es sich bei der Halswirbelsäulenerkrankung um eine sog Volkskrankheit handele, könne der Nachweis des gruppenspezifischen Risikos nicht schon mit der Einschätzung einzelner mit Musikererkrankungen befasster Fachärzte geführt werden. Die besonderen Beweisprobleme im Falle kleinerer Berufsgruppen seien der Entscheidung des Gesetzgebers für das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Listensystem geschuldet. Dieser sei dem im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) unterbreiteten Vorschlag, die Feststellung einer Wie-BK unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen, gerade nicht gefolgt.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII sowie die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Das Fehlen neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse stehe der Anerkennung der Wie-BK nicht entgegen, weil sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst habe und eine Auseinandersetzung damit auch nicht geplant sei. Abgesehen davon könne nach der Rechtsprechung des BSG zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse ausnahmsweise bei fehlender epidemiologischer Evidenz einerseits und gegebener biologischer Evidenz andererseits auf eine statistisch nachgewiesene Gruppentypik verzichtet werden. Das LSG habe zu hohe Anforderungen an die Beweisführung gestellt und zahlreiche, das Begehren stützende Umstände nicht berücksichtigt. Sowohl Prof. Dr. A. als auch Dr. L. gingen von einer berufsbedingten Erkrankung aus. Ein medizinischer Erfahrungssatz, dass eine durch das Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht. Selbst der Bundesverband der Unfallkassen gehe bei Streichern in seiner Broschüre "Musikermedizin, Musikerarbeitsplätze" von berufsrelevanten Erkrankungen der Hals- und Brustwirbelsäule aus. Dass sich gleichwohl der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim BMAS mit der streitgegenständlichen Thematik weder bislang beschäftigt habe noch in Zukunft auseinandersetzen werde, dürfe nicht zu Lasten der Streicher gehen. Ansonsten wäre ein bestimmter Berufsstand trotz besonderer Einwirkungen von der Anerkennung einer BK auf Dauer ausgeschlossen. Schließlich sei bei hohen Streichern in der ehemaligen DDR, in Frankreich und in Tschechien eine BK anerkannt worden.

7

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 23. September 2010 sowie die Ablehnung einer Wie-Berufskrankheit im Bescheid der Beklagten vom 25. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Erkrankung der Halswirbelsäule als Wie-Berufskrankheit anzuerkennen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Revision sei bereits unzulässig, da die Revisionsbegründung nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG genüge. Inwieweit das LSG die Vorschrift des § 9 Abs 2 SGB VII fehlerhaft ausgelegt habe, sei nicht schlüssig dargetan. Soweit die Klägerin die Beweiswürdigung des LSG beanstande, sei eine Verfahrensrüge nicht erhoben worden. Die Revision sei aber auch unbegründet. Es fehle an epidemiologischen Erkenntnissen, dass die "Schulter-Kinn-Zange" generell geeignet wäre, eine Halswirbelsäulenerkrankung hervorzurufen. Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen spiegelten nicht den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand, sondern nur Einzelmeinungen wider.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist nicht begründet.

11

Die Klägerin hat in zulässiger Weise Revision eingelegt. Bei ihrem Prozessbevollmächtigten handelt es sich um eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder, die nach § 73 Abs 4 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 2 Nr 5 SGG zur Vertretung vor dem BSG zugelassen ist.

12

Die Revision genügt entgegen der Ansicht der Beklagten den Begründungsanforderungen des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Insoweit ist mit rechtlichen Erwägungen aufzuzeigen, dass und weshalb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht geteilt wird. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und der Darlegung, inwieweit die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Bundesrechts nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (zuletzt BSG vom 11.4.2013 - B 2 U 21/11 R - NZS 2013, 639 sowie BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 10 mwN). Dem trägt die Revisionsbegründung Rechnung. Aus ihr geht hervor, weshalb die Klägerin die angefochtene Entscheidung für unzutreffend hält. Sie hat eine Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII gerügt und ua ausgeführt, das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Feststellung einer Wie-BK scheitere am Fehlen epidemiologischer Studien.

13

Die Revision der Klägerin ist allerdings unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das die zulässig kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV, RdNr 11 mwN; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN) abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Anerkennung einer Wie-BK im Bescheid der Beklagten vom 25.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

14

Es kann offenbleiben, seit wann die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin besteht und ob sich der geltend gemachte Anspruch noch nach den Vorschriften der RVO oder den am 1.1.1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII richtet (Art 36 UVEG, § 212 SGB VII). Denn die Regelungen über die Anerkennung einer Wie-BK sind im SGB VII gegenüber der RVO im Wesentlichen inhaltlich unverändert geblieben.

15

Nach § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) erfüllt sind (sog Öffnungsklausel für Wie-BKen). Die Feststellung einer Wie-BK nach dieser Vorschrift ist ua vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig (zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - mwN, auch zu den weiteren Voraussetzungen einer Wie-BK - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17). Diese allgemeinen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn bestimmte Personengruppen infolge einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO) in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen. Die insoweit in früheren Entscheidungen des Senats verwendeten Begriffe der Gruppentypik, generellen Geeignetheit und gruppentypischen oder -spezifischen Risikoerhöhung dienten allein der Erläuterung oder Umschreibung der aufgezeigten Voraussetzungen, ohne dass damit andere Anforderungen an die Anerkennung einer Wie-BK gestellt werden sollten (BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 13/09 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 18 RdNr 15 mwN).

16

Die Klägerin war aufgrund ihrer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII(§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) und ihrer Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Streicher besonderen Einwirkungen durch die "Schulter-Kinn-Zange" in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Als Einwirkung kommt jedes auf den Menschen einwirkende Geschehen in Betracht (BSG aaO RdNr 19). Die Klägerin leidet auch an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule, die als BK iS des § 9 Abs 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 RVO) zugrunde gelegt werden könnte. Allerdings fehlt es am generellen Ursachenzusammenhang zwischen dieser Erkrankung und der besonderen Einwirkung.

17

Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder. Mit wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen muss zu begründen sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, eine bestimmte Krankheit zu verursachen. Erst dann lässt sich anhand von gesicherten "Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) nachvollziehen, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt. Solche Erkenntnisse setzen regelmäßig voraus, dass die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf dem jeweils in Betracht kommenden Fachgebiet über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es ist nicht erforderlich, dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Mediziner widerspiegeln. Andererseits reichen vereinzelte Meinungen einiger Sachverständiger grundsätzlich nicht aus (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22; bereits BSG vom 23.3.1999 - B 2 U 12/98 R - BSGE 84, 30, 35 mwN = SozR 3-2200 § 551 Nr 12).

18

Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) sind BKen grundsätzlich nur solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540, 543 bis 545 RVO)begründenden Tätigkeit erleiden. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Berufskrankheitenrechts der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-BK in § 551 Abs 2 RVO durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30.4.1963 (BGBl I 241) wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (BSG vom 25.8.1994 - 2 RU 42/93 - BSGE 75, 51, 54 = SozR 3-2200 § 551 Nr 6 S 14). Sinn des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine BK zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der BKen aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl BSG vom 4.8.1981 - 5a/5 RKnU 1/80 - SozR 2200 § 551 Nr 18 S 27). Die Anerkennung einer Wie-BK knüpft damit an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.

19

Die damit zur Anerkennung einer Wie-BK notwendigen gesicherten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft liegen nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die er zur Klärung der generellen Tatsache (vgl hierzu BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 15)des Zusammenhangs zwischen "Schulter-Kinn-Zange" und bandscheibenbedingter Halswirbelsäulenerkrankung heranziehen und auswerten durfte, nicht vor. Hinsichtlich eines solchen Zusammenhangs fehlt es an epidemiologischen Studien und statistisch relevanten Zahlen, die wegen der geringen Anzahl von Berufsgeigern auch nicht zu erwarten sind. Auch wenn eine besondere Gefährdung der Streicher durch die mit der "Schulter-Kinn-Zange" einhergehende Fehlhaltung zu beobachten ist, lässt sich ein Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und morphologischer Veränderung der Wirbelsäule mangels statistisch gesicherter Erkenntnisse nicht herstellen. Zwar führt Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.9.2002 die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das jahrelange Instrumentalspiel zurück. Zudem bestätigt Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 8.1.2003 eine durch das Geigenspiel bedingte außergewöhnliche Zwangshaltung. Er führt aber ferner aus, dass die sog Gruppentypik anhand neuer gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden könne. Auch Prof. Dr. A. hält in seinem Gutachten vom 3.5.2010 zwar eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung für gegeben, weist aber ebenfalls darauf hin, dass die hierfür sprechende Lebensarbeitszeit an der Geige einerseits sowie die Häufigkeit des Auftretens der Wirbelsäulenbeschwerden bei Geigern andererseits den generellen Ursachenzusammenhang lediglich plausibel erscheinen ließen und es an die Kausalität belegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen fehle. Schließlich ist das im Jahr 2001 durchgeführte 3. Symposium der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin zu dem Ergebnis gelangt, dass die publizierten Daten zur Epidemiologie funktioneller und struktureller Erkrankungen der Wirbelsäule bei Musikern in sowohl quantitativer als auch qualitativer Hinsicht sehr dürftig seien (Seidel/Lange, Institut für Musikpädagogik und Musiktheorie, Die Wirbelsäule des Musikers, 2001). Eine Vielzahl fachkundiger Mediziner, die eine Verursachung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbelsäulen durch die "Schulter-Kinn-Zange" für hinreichend wahrscheinlich halten, existiert damit nicht. Für die Annahme gesicherter Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) genügt es nicht, dass einzelne Mediziner die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden durch eine Fehlbelastung infolge der "Schulter-Kinn-Zange" für plausibel oder wahrscheinlich halten. Es reicht nicht aus, dass überhaupt medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem jeweils relevanten Problemfeld existieren, vielmehr muss sich eine sog herrschende Meinung im einschlägigen medizinischen Fachgebiet gebildet haben (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - Juris RdNr 19).

20

Allerdings hat der Senat zu sog Seltenheitsfällen entschieden, dass die den generellen Ursachenzusammenhang zwischen besonderer Einwirkung und Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausschließlich anhand von Methoden der Epidemiologie und statistischer Belege nachgewiesen werden müssen. Fehlt es an einer im Allgemeinen notwendigen langfristigen zeitlichen Überwachung von Krankheitsbildern, da aufgrund der Seltenheit einer Erkrankung medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse durch statistisch abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden können, kommt nach dieser Rechtsprechung ausnahmsweise auch ein Rückgriff auf Einzelfallstudien, auf Erkenntnisse aus anderen Staaten und auf frühere Anerkennungen entsprechender Erkrankungen, auch in der ehemaligen DDR, in Betracht (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22 mwN; BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 252 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 21). Es kann offenbleiben, ob eine solche Vorgehensweise unter Zugrundelegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards überhaupt mit den gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII(iVm § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) für die Anerkennung einer Wie-BK vereinbar ist. Ihre Zulässigkeit unterstellt, kann ferner dahingestellt bleiben, ob sie auch dann in Betracht kommt, wenn - wie hier - gar kein Seltenheitsfall gegeben, sondern stattdessen eine Berufsgruppe betroffen ist, bei der wegen ihrer geringen Größe epidemiologische Studien nicht zu erwarten bzw unmöglich sind. Denn selbst bei Zugrundlegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards reichen die über die bereits beschriebenen Unterlagen hinausgehenden aktenkundigen Erkenntnisse nicht aus, einen Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" von Berufsgeigern und bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankungen als hinreichend wissenschaftlich belegt zu betrachten.

21

Dr. D. nimmt in seinem Aufsatz "Abnutzungsschäden durch Geigen- und Bratschenspiel" (Das Orchester 6/96, 13) auf eine eigene Studie über 17 professionelle Streicher Bezug und weist darauf hin, dass zur Klärung der Frage der Anerkennung von Wirbelsäulenschäden als BK noch weitere wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden sollten. Die sog Weimarer Studie zu klinisch relevanten Belastungsfaktoren und Belastungskomplexen bei Musikstudenten und Berufsmusikern (Seidel/Höpfner/Lange, Musikphysiologie und Musikermedizin 1999, 6. Jg, Nr 4, 115) beruht lediglich auf der Auswertung eines von 100 Musikstudenten und 88 Orchestermusikern jeweils ausgefüllten standardisierten und validierten Fragebogens. Im Forschungsantrag "CMD/CCD bei Streichern" der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Musikermedizin des Klinikums der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Klinikums Weimar und der Hochschule für Musik Weimar vom 20.5.2001 wird ausgeführt, dass es an Datenmaterial zur Bewertung funktioneller Störungen des Bewegungssystems bei Streichern als BK fehle. Aus diesen Publikationen lässt sich folglich auch ein ggf geringeren Anforderungen an wissenschaftliche Erkenntnisse genügender genereller Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" und einer bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankung nicht ableiten. Soweit die Revision zudem auf Anerkennungen einer BK in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR hinweist, ist nicht ersichtlich, dass diese auf hinreichenden medizinischen Erkenntnissen beruhten und nicht nur das Ergebnis von Einzelfallprüfungen sind, ohne wissenschaftlich fundierte Aussagen über die generelle Geeignetheit der hier zu beurteilenden Einwirkung zu berücksichtigen. Zudem existiert in Frankreich entgegen der Revision keine spezifisch auf Musiker, sondern eine generell auf Zwangshaltungen bezogene BK. Ob weiterhin auch die jeweilige Ausgestaltung des Berufskrankheitenrechts in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR einer Berücksichtigung der behaupteten Anerkennungen entgegensteht, kann daher offenbleiben (vgl zur Ausgestaltung des BK-Rechts in anderen Ländern Kranig, DGUV-Forum 2012, 30; ders, Berufskrankheiten im internationalen Vergleich, 2002, 337).

22

Auch Billigkeitserwägungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats enthält § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) keine allgemeine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als Wie-BK anzuerkennen wäre (vgl zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17).

23

Dass die Anerkennung einer Wie-BK an das Vorliegen wissenschaftlich gesicherter Kausalbeziehungen anknüpft, ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

24

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieses Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (stRspr; vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96, 1 BvR 485/97 - BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6). § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist zwar dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr vereinbar, wenn einer Personengruppe der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung allein deshalb versagt wird, weil der Verordnungsgeber vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht geprüft und gewürdigt hat (BVerfG vom 22.10.1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369, 375 f = SozR 2200 § 551 Nr 19 S 32 f). Denn die Vorschrift schließt solche Lücken, die sich daraus ergeben, dass neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von beruflicher Exposition und Erkrankung vorliegen, bevor die BKV eine entsprechende Anpassung erfährt (BVerfG vom 9.10.2000 - 1 BvR 791/95 - SozR 3-2200 § 551 Nr 15 S 76). An medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu evtl gesundheitsschädigenden Folgen einer "Schulter-Kinn-Zange" fehlt es vorliegend aber gerade. Dass sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst hat und eine Auseinandersetzung damit ggf auch nicht geplant ist, befreit daher aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vom Erfordernis der die generelle Geeignetheit einer besonderen Einwirkung für die Verursachung einer bestimmten Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse.

25

Eine verfassungswidrige Benachteiligung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Berufsgruppe der Streicher sehr klein ist und sich möglicherweise eine wissenschaftlich gesicherte Kausalbeziehung zwischen beruflicher Einwirkung und Erkrankung anhand epidemiologischer Studien schon rein tatsächlich nicht feststellen lässt, weil die für epidemiologische Studien erforderlichen Fallzahlen nicht erreicht werden können. § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) beschränkt BKen begrifflich auf Krankheiten, die in der Berufskrankheitenliste als Anlage zur BKV aufgeführt sind. Die Ermächtigung der Bundesregierung zur Aufnahme von BKen in diese Anlage macht § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) davon abhängig, dass die Krankheiten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit ausgesetzt sind. In diesen Regelungen kommt das die gesetzliche Unfallversicherung prägende Listenprinzip zum Ausdruck, das nach § 9 Abs 2 SGB VII nur unter der Voraussetzung durchbrochen wird, dass neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorliegen. Diese vom Gesetzgeber gewollte Systementscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG vom 8.6.2012 - 1 BvR 2853/10 - NZS 2012, 901; BVerfG vom 14.7.1993 - 1 BvR 1127/90 - SozR 3-2200 § 551 Nr 5 S 10). Mit ihr im Einzelfall verbundene Härten sind hinzunehmen. Sie halten sich im Rahmen einer zulässigen Typisierung, weil nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist und dadurch bedingte Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvL 22/95, 1 BvL 34/95 - BVerfGE 100, 59, 90 = SozR 3-8570 § 6 Nr 3 S 28 mwN).

26

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des UVEG hat der Bundesrat 1995 zwar vorgeschlagen, eine neue Regelung in § 9 Abs 2a SGB VII einzufügen, die die Anerkennung einer Wie-BK zur Vermeidung von Härtefällen auch für den Fall vorsah, dass 1. vergleichbare Arbeitsplätze mit entsprechenden Arbeitsbedingungen nicht oder nur in einer geringen Zahl vorhanden sind und deshalb Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darüber nicht vorliegen können, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind und 2. nach medizinischen Erkenntnissen mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass die Krankheit durch die besonderen Bedingungen des Arbeitsplatzes verursacht ist (BT-Drucks 13/2333 S 5 zu Nr 9). Dem ist der Gesetzgeber des UVEG aber mit der Begründung nicht gefolgt, bei einer solchen Regelung bestehe ua die Gefahr, dass die vorgeschlagene Bestimmung, bei der epidemiologische Erkenntnisse wegen der Singularität der Arbeitsbedingungen nicht gewonnen werden könnten, eine Antragsflut auslöse, die von den Unfallversicherungsträgern nicht bewältigt werden könnte (BT-Drucks 13/2333 S 19 zu Nr 9). Diese Erwägungen des Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil sie sich im Rahmen seines legislatorischen Gestaltungsspielraums bewegen. Der Gesetzgeber darf sich bei der Einführung typisierender Regelungen an den ansonsten mit Einzelfallregelungen verbundenen Erfordernissen der Verwaltung orientieren. Die Entlastung der Unfallversicherungsträger und folglich auch der Sozialgerichtsbarkeit von umfangreichen und zeitaufwendigen Einzelfallprüfungen ist ein sachlicher, zur Typisierung berechtigender Grund (vgl BVerfG vom 8.2.1983 - 1 BvL 28/79 - BVerfGE 63, 119, 128 = SozR 2200 § 1255 Nr 17 S 37 und vom 16.12.1958 - 1 BvL 3/57, 1 BvL 4/57 und 1 BvL 8/58 - BVerfGE 9, 20, 31 ff = SozR Nr 42 zu Art 3 GG). Damit sind zugleich einer richterlichen Rechtsfortbildung verfassungsrechtliche Grenzen aufgezeigt, weil diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nicht durch richterliche Wertungen ersetzt werden darf.

27

Die das hier gefundene Ergebnis tragenden und den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 163 SGG) sind nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden.

28

Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 19 mwN). Daran fehlt es hier.

29

Die Rüge der Klägerin, die Entscheidung des LSG beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung, ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Sie hätte darlegen müssen, dass das Berufungsgericht die Grenzen seiner ihm durch § 128 Abs 1 Satz 1 SGG eingeräumten Befugnis verletzt hat, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Es hätte insoweit aufgezeigt werden müssen, dass es gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hat (BSG vom 31.5.2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 RdNr 9). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

30

Mit dem Vorbringen, ein medizinischer Erfahrungssatz, dass die durch ein Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht, ist nicht deutlich geworden, dass das LSG einen Erfahrungssatz fehlerhaft angewandt hat (vgl hierzu BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr 8 S 37 mwN). Die Revision zeigt nicht auf, an welcher Stelle seines Urteils sich das LSG tragend auf einen solchen Erfahrungssatz gestützt hätte. Auf Seite 13 der angegriffenen Entscheidung wird vielmehr lediglich ausgeführt, dass es sich bei dem Halswirbelsäulenleiden um eine "Volkskrankheit" handele, die eine Beweiserleichterung bei der Feststellung der generellen Geeignetheit verbiete.

31

Auch ein sog Denkgesetz, gegen das das LSG verstoßen haben könnte, hat die Klägerin nicht dargetan. Dass es zu einer bestimmten, aus seiner Sicht erheblichen Frage aus den gesamten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nur eine Folgerung hätte ziehen können, jede andere nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl BSG vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13 mwN), legt die Revision nicht dar.

32

Aus dem Vortrag der Klägerin geht auch nicht hervor, dass das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Soweit sie geltend macht, in der ehemaligen DDR, in Frankreich sowie in Tschechien ausgesprochene Anerkennungen von BKen seien bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden, wird übersehen, dass sich das LSG auf Seite 15 seiner Entscheidung damit auseinandergesetzt hat, dass die Problematik der Geiger in der ehemaligen DDR "einer anderen Lösung zugeführt worden sei". Im Übrigen hat die Revision nicht aufgezeigt, ob und wenn ja inwieweit den behaupteten Anerkennungen generelle medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde liegen. Die Klägerin setzt im Kern nur ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG. Allein damit ist aber eine Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung nicht formgerecht gerügt (BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31).

33

Schließlich scheidet ein Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Wie-BK nach übergangsrechtlichen Regelungen aus. Für die Übernahme einer vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetretenen Erkrankung als BK nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist nach §§ 212 und 215 Abs 1 Satz 1 SGB VII die Vorschrift des § 1150 Abs 2 RVO in der am 31.12.1996 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, 1688) weiter anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs 2 Satz 1 RVO gelten solche Krankheiten, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht BKen der Sozialversicherung waren, als BKen iS des Dritten Buches der RVO. Das gilt nach § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO allerdings nicht für Krankheiten, die einem ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung - wie hier - erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären. Dies bedeutet, dass Krankheiten, von denen ein ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständiger Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 Kenntnis erlangt, nur dann BKen darstellen, wenn die Voraussetzungen nach den §§ 548 ff RVO erfüllt sind(BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 16). Das ist aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(2) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung gehört je ein ehrenamtlicher Richter dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so sollen die ehrenamtlichen Richter dieser Kammern an dem jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.

(3) In den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. In Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten wirken als ehrenamtliche Richter nur Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. Als Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeuten gelten auch bei diesen oder in medizinischen Versorgungszentren angestellte Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die Mitglied der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung sind.

(4) In den Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten, der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Versicherten mit; dabei sollen Hinterbliebene von Versorgungsberechtigten in angemessener Zahl beteiligt werden.

(5) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes wirken ehrenamtliche Richter aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte mit.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht, ob der Kläger am 08.08.2012 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der am … 1963 geborene Kläger ist als Nebenerwerbslandwirt bei der Beklagten in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Im Hauptberuf ist er als Außendienst-Vertreter bei der Firma W./K. beschäftigt. Zum Unfallzeitpunkt bewirtschaftete der Kläger ein in seinem Eigentum stehendes Waldgrundstück von 1,13 ha und versorgte 4 Schweine und 30 Kaninchen.
Am 08.08.2012 stürzte der Kläger auf der von ihm bewirtschafteten Hofstelle seiner Eltern in I.-D., L.. 10, von einem Anhänger und geriet dabei mit der linken Hand in eine auslaufende Kreissäge. Hierbei erlitt er eine Metacarpale-V-Trümmerfraktur intraartikulär, eine Strecksehnendefektverletzung DIII-IV sowie eine Abtrennung der Extensor carpi ulnaris (vgl. stationärer Zwischenbericht vom 10.10.2012, Bl. 44 Behördenakten - BA). Die Erstversorgung erfolgte im Krankenhaus H., die weitere Behandlung mit mehreren Operationen in den S.-Kliniken H., Klinikum am G..
Ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom 08.08.2012 gab der Kläger gegenüber den Ärzten der S.-Kliniken zum Unfallhergang an, an diesem Tag als Nebenerwerbsbauer Holz gemacht zu haben. Beim Aufstapeln von Holz auf einen Anhänger sei er von diesem abgerutscht und mit dem ganzen Körper auf eine auslaufende Kreissäge gefallen. Hierbei sei er mit der linken Hand ins Sägeblatt geraten.
Noch während des ersten bis zum 23.08.2012 dauernden stationären Aufenthaltes in den S.-Kliniken suchte ein Mitarbeiter der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft den Kläger am 15.08.2012 dort auf, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. In dem hierzu gefertigten Besuchsbericht wird ausgeführt, nach den Angaben des Klägers habe dieser „zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder Holz (auch für den Eigenbedarf zum Heizen im Winter) gemacht“. Am Unfalltag hätten sie mit der Kreissäge das Holz klein gesägt und er sei damit beschäftigt gewesen, die Holzscheite auf dem Anhänger zu schichten. Dabei sei er vom Anhänger gestürzt und mit der Hand in die bereits ausgeschaltete, aber noch nachlaufende Kreissäge gestürzt. Bei dem Besuch habe sich der Kläger nach Berechnung und Höhe des Verletztengeldes erkundigt, da er vor kurzem gebaut und fünf Kinder zu versorgen habe.
In seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 führte der Kläger zum Unfallhergang aus, er sei während seines Urlaubes zu seinen Eltern gefahren, um Brennholz für sich zu besorgen. Dies erledige er jedes Jahr. Den ganzen Tag über hätten sein Vater, sein Bruder und er mit dem Hänger Holz aus dem Wald geholt, um dieses dann im Vorhof seiner Eltern mit der Kreissäge in Brennholzstücke zu sägen. Der Hänger mit dem Holz sowie der Kipper mit dem bereits zugesägten Brennholz hätten mit wenig Abstand vor der Kreissäge gestanden. Als der Hänger mit dem Holz entladen gewesen sei und er sein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. geladen gehabt habe und eigentlich nur noch vom Kipper habe runterklettern wollen, sei es zu dem Unfall gekommen.
Im ebenfalls am 12.09.2012 ausgefüllten „Fragebogen Holzaufbereitung“ hat der Kläger zur Frage, für wen das Holz bestimmt oder vorgesehen gewesen sei, eingetragen: „Für mich selbst“ (B Nr. 2). Auf die Frage, für welche Zwecke am Unfalltag das Holz habe bearbeitet oder aufbereitet bzw. wofür es habe verwendet werden sollen, mit prozentualer Angabe bei mehreren Verwendungszwecken, hat der Kläger angegeben, das Holz habe zu 100 % zur Heizung von Wohnstock und Kachelofen verwendet werden sollen (B Nr. 3). Die Antwortalternativen „Zum Kochen von Viehfutter für folgende Tiere…% des Holzes“, „Brennholz für…% des Holzes“ und „Verkauf an…% des Holzes“ hat der Kläger nicht angekreuzt. Außerdem hat der Kläger angegeben, das Holz stamme aus dem eigenen Wald (B Nr. 4), es habe sich um eine Menge von insgesamt 6 Raummeter (Ster) gehandelt (B Nr. 6).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.09.2012 die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, die forstwirtschaftliche Tätigkeit sei in der Regel mit dem Abladevorgang beendet. Die spätere Verarbeitung zu Brennholz für den Haushalt sei eine Tätigkeit im Interesse der Hauswirtschaft. Dem Haushalt des landwirtschaftlichen Unternehmers dienende Tätigkeiten stünden dann unter Versicherungsschutz, wenn der Haushalt dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich diene, der Haushalt also auf das Unternehmen hin ausgerichtet sei und dieses dem Haushalt das Gepräge gebe. Der Haushalt werde insoweit Bestandteil des Unternehmens. Aufgrund der Größe und Struktur des hier veranlagten landwirtschaftlichen Unternehmens bestehe ein solcher versicherter Haushalt vorliegend nicht. Das Aufarbeiten von Brennholz als dem Haushalt dienende Tätigkeit sei somit unversichert gewesen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 30.09.2012 Widerspruch eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, er sei am 07. und 08.08.2012 mit seinem Vater mit Holzarbeiten beschäftigt gewesen. Er habe das im Wald gelagerte Holz auf einem Anhänger in seinen landwirtschaftlichen Betrieb geschafft. Das Holz sei mittels einer Kreissäge auf Ofengröße gesägt worden. Die Brennholzstücke seien dann in einem weiteren Arbeitsgang auf einen zweiten, bereitgestellten Anhänger gestapelt worden. Am 08.08.2012 sei sein Bruder, M. M., ebenfalls mit dem Sägen und Stapeln des Holzes beschäftigt gewesen. Das zu verarbeitende Brennholz sei nicht nur für seinen, des Klägers, Privatgebrauch vorgesehen gewesen. Vielmehr seien die zu verarbeitenden Holzstämme für die Eheleute H. bestimmt gewesen, die die Anlieferung von etwa 6 Raummeter in Auftrag gegeben hätten. Bereits vor Anlieferung des Brennholzes aus dem Wald sei mit dem Bruder vereinbart worden, dass das Holz zum Weiterverkauf an die Eheleute H. verarbeitet werden solle. Er habe, wie auf dem beigefügten Lichtbild zu erkennen, den bereit gestellten Anhänger seitlich erhöht, um die angeforderte Menge Holz in das etwa 40 km entfernte M. in einer Fahrt zu überführen. Ihm sei beim Ausfüllen des Fragebogens nicht bewusst gewesen, dass er zwischen den einzelnen Holzfuhren zu unterscheiden habe. Das weitere Holz, das im Zeitraum 07. und 08.08.2012 verarbeitet worden sei, habe zur Erwärmung von Wasser gedient, mit dem die für die Schweine bestimmten Kartoffeln hätten gekocht werden sollen.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2012 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen, da die nunmehr gemachten Angaben von den zeitlich ersten Angaben im Hinblick auf die spätere Verwendung des Brennholzes erheblich abwichen. Den zeitlich ersten Aussagen komme besondere Bedeutung zu, da sie noch von irgendwelchen Wunschvorstellungen unbeeinflusst seien.
11 
Hiergegen hat der Kläger am 28.12.2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, er habe im Vertrauen auf die Eintrittspflicht der Beklagten nur geringe Aufmerksamkeit bei dem Ausfüllen des Fragebogens zur Unfallanzeige walten lassen. Er habe nicht zwischen den einzelnen Arbeitsschritten unterschieden und den Vorgang pauschal dargestellt.
12 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger auf Fragen des Gerichts weiter ausgeführt, das Holz werde nur gelegentlich an Verwandte verkauft, ein Verkauf an weitere Bekannte erfolge nicht. Frau H. sei seine Nichte. Am 08.08.2012 habe ein Anhänger mit Holz an sie nach Z. geliefert werden sollen. Für die Anlieferung habe er extra hohe Bordwände an den Anhänger angebracht. Auf diesem Anhänger habe sich dann der Unfall ereignet. Es sei geplant gewesen, das Holz am nächsten Morgen, am 09.08.2012, nach Z. zu transportieren. Es sei vereinbart gewesen, einen Kipper voller Holz nach Z. zu bringen, dies entspreche einer Menge von 6 Raummetern. Auf Frage, weshalb er in der Unfallanzeige andere Angaben gemacht habe, hat der Kläger erklärt, er sei psychisch so fertig gewesen, und habe nicht mehr zwischen den beiden Hängern unterschieden. Er sei im Krankenhaus von einem Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft besucht worden, der ihm zugesichert habe, es handele sich um einen klassischen BG-Fall. Er habe sich dann keine Gedanken mehr darüber gemacht und zu diesem Zeitpunkt auch andere Sorgen gehabt. Sie hätten im Jahr 2012 zum ersten Mal Holz verkauft.
13 
Außerdem hat das SG den Bruder des Klägers, M. M., als Zeugen vernommen. Dieser hat angegeben, der Großteil des Holzes sei schon gesägt gewesen, als er am 08.08.2012 gegen dreiviertel vier auf den Hof seiner Eltern gekommen sei. Er habe das meterlange Holz runter zu seinem Vater gegeben, der es gesägt und die kurzen Stücke zu seinem Bruder, dem Kläger, auf den Hänger hochgeworfen habe. Sein Bruder habe auf dem Hänger gestanden, der ursprünglich noch abends nach Z. hätte gefahren werden sollen. Dies sei dann aber erst 4 bis 5 Wochen später geschehen. Es sei bereits Wochen zuvor ausgemacht worden, das Brennholz an seine Tochter zu liefern.
14 
Mit Urteil vom 18.02.2015 hat das SG festgestellt, dass das Ereignis vom 08.08.2012 einen Arbeitsunfall darstellt. Nach der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass das Holz für den Verkauf an die Nichte des Klägers vorgesehen gewesen sei. Das konkret zu verarbeitende Holz habe sich auf dem eigens für den Transport vorgesehenen Hänger mit hohen Aufsatzbrettern befunden. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge hätten glaubhaft und übereinstimmend dargelegt, dass die hohen Ladewände des Anhängers extra für den Transport angebracht worden seien, was vor allem vor dem Hintergrund des langen Fahrtweges nach Z. einleuchtend sei. Bei einem Hänger ohne Bordwände hätte sich der Unfall nicht in dieser Form ereignet, denn auf den Hänger ohne Bordwände, auf welchem das Holz für den Eigengebrauch gestapelt gewesen sei, hätte der Kläger nicht hochsteigen müssen. Die Erstangaben des Klägers im Unfallfragebogen und im Fragebogen Holz seien durch die nunmehr getätigten Angaben und Aussagen des Klägers und des Zeugen widerlegt, die in sich widerspruchsfrei und schlüssig seien. Die Angaben des Klägers deckten sich mit der Aussage des glaubwürdigen Zeugen. Es sei vor dem Hintergrund des Ausmaßes und des Schocks der erlittenen Verletzung durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger dem Ausfüllen des Unfallfragebogens keine Bedeutung beigemessen habe. Zum anderen sei vor dem Hintergrund der familiären Bindungen glaubhaft, dass der Kläger in dieser Situation nicht mehr zwischen dem am Vortag für die eigene Familie und den eigenen Gebrauch zubereiteten Holz und dem für den Verkauf vorgesehenen Holz differenziert habe.
15 
Gegen das der Beklagten am 03.03.2015 zugestellte Urteil hat diese am 20.03.2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung nochmals auf die einer Feststellung als Arbeitsunfall entgegen stehenden Erstangaben des Klägers hingewiesen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er hat zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, unverzüglich seine Angaben korrigiert zu haben, nachdem er deren Unrichtigkeit im Unfallbogen erkannt habe.
21 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2015 den Kläger nochmals befragt und dessen Bruder, M. M., als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.05.2015 verwiesen.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
32 
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
33 
Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
34 
Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
35 
Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
36 
Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
37 
Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
38 
Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
39 
Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
40 
Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
41 
Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
42 
Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
43 
Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
32 
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
33 
Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
34 
Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
35 
Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
36 
Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
37 
Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
38 
Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
39 
Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
40 
Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
41 
Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
42 
Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
43 
Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Halswirbelsäulenerkrankung als Wie-Berufskrankheit (BK) streitig.

2

Die 1947 geborene Klägerin leidet an Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule. Sie war im Anschluss an ihr abgeschlossenes Musikstudium von August 1970 bis Juli 1972 als Geigenlehrerin sowie von August 1972 bis Juli 1992, von September 1992 bis Dezember 1993 und von Mai 1994 bis Mai 1998 im Beitrittsgebiet als Geigerin in verschiedenen Orchestern tätig.

3

Auf ärztliche Anzeige vom 23.3.2001 wegen des Verdachts einer BK holte die Beklagte ärztliche Gutachten ein. Dr. L., Leiter des Europäischen Instituts für Bewegungsphysiologie, M. , führte in seinem Gutachten vom 28.9.2002 aus, die Halswirbelsäulenerkrankung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das jahrelange Instrumentalspiel entstanden oder wesentlich mitverursacht worden. Prof. Dr. D., Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität M., gelangte in seinem Gutachten vom 8.1.2003 zu dem Ergebnis, das Geigenspiel gehe zwar mit einer außergewöhnlichen Zwangshaltung in Form einer "Schulter-Kopf-Zwinge" einher. Allerdings könne die sog "Gruppentypik" anhand neuer statistisch gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden.

4

Die Beklagte lehnte es ab, eine Wie-BK festzustellen (Bescheid vom 25.3.2003; Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005). Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG Neuruppin erhoben, das weitere Begutachtungen veranlasst hat. Dr. B., Institut für sozialmedizinische Begutachtung GbR im Krankenhaus W., hat in seinem Gutachten vom 6.6.2007 dargelegt, die Wirbelsäulenbeschwerden seien nicht auf die berufliche Tätigkeit als Orchestermusikerin zurückzuführen. Prof. Dr. A., Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin, H., hat in seinem Gutachten vom 3.5.2010 darauf hingewiesen, für eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung spreche die kumulative Lebensarbeitszeit an der Geige in Zwangshaltung aufgrund der "Schulter-Kinn-Zange" und die mit dem Schrifttum übereinstimmende Häufigkeit der Beschwerden bei Geigern. Dabei handele es sich um Plausibilitätsargumente, da bislang keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse existierten.

5

Das SG Neuruppin hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.9.2010). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 23.2.2012 hat es ausgeführt, auf das Recht der ehemaligen DDR komme es nicht an, weil die Erkrankung der Klägerin erst nach dem 31.12.1993 der Beklagten bekannt geworden sei. Die Voraussetzungen des § 551 Abs 2 RVO und des § 9 Abs 2 SGB VII für die Feststellung einer Wie-BK seien nicht erfüllt. Zwar seien Streicher wegen der nur in dieser Berufsgruppe auftretenden "Schulter-Kinn-Zange" besonderen Einwirkungen in höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Es fehle aber an der generellen Geeignetheit dieser Einwirkung für die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden. Die erforderliche sog "Gruppentypik" setze in der Regel anhand statistisch relevanter Zahlen den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine lange zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder voraus, um mit Sicherheit eine andere Krankheitsursache ausschließen zu können. Entsprechende epidemiologische Erkenntnisse seien aufgrund der geringen Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Streicher aber nicht vorhanden. Auch sonstige, die generelle Geeignetheit belegende Erkenntnisse seien nicht ersichtlich. Die von Prof. Dr. A. hervorgehobene Plausibilität genüge ebenso wenig wie der von mit Musikererkrankungen vertrauten Ärzten publizierte Ursachenzusammenhang. Gerade vor dem Hintergrund, dass in der Bundesrepublik Deutschland nur etwa 4100 Streicher betroffen seien und es sich bei der Halswirbelsäulenerkrankung um eine sog Volkskrankheit handele, könne der Nachweis des gruppenspezifischen Risikos nicht schon mit der Einschätzung einzelner mit Musikererkrankungen befasster Fachärzte geführt werden. Die besonderen Beweisprobleme im Falle kleinerer Berufsgruppen seien der Entscheidung des Gesetzgebers für das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Listensystem geschuldet. Dieser sei dem im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) unterbreiteten Vorschlag, die Feststellung einer Wie-BK unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen, gerade nicht gefolgt.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII sowie die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Das Fehlen neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse stehe der Anerkennung der Wie-BK nicht entgegen, weil sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst habe und eine Auseinandersetzung damit auch nicht geplant sei. Abgesehen davon könne nach der Rechtsprechung des BSG zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse ausnahmsweise bei fehlender epidemiologischer Evidenz einerseits und gegebener biologischer Evidenz andererseits auf eine statistisch nachgewiesene Gruppentypik verzichtet werden. Das LSG habe zu hohe Anforderungen an die Beweisführung gestellt und zahlreiche, das Begehren stützende Umstände nicht berücksichtigt. Sowohl Prof. Dr. A. als auch Dr. L. gingen von einer berufsbedingten Erkrankung aus. Ein medizinischer Erfahrungssatz, dass eine durch das Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht. Selbst der Bundesverband der Unfallkassen gehe bei Streichern in seiner Broschüre "Musikermedizin, Musikerarbeitsplätze" von berufsrelevanten Erkrankungen der Hals- und Brustwirbelsäule aus. Dass sich gleichwohl der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim BMAS mit der streitgegenständlichen Thematik weder bislang beschäftigt habe noch in Zukunft auseinandersetzen werde, dürfe nicht zu Lasten der Streicher gehen. Ansonsten wäre ein bestimmter Berufsstand trotz besonderer Einwirkungen von der Anerkennung einer BK auf Dauer ausgeschlossen. Schließlich sei bei hohen Streichern in der ehemaligen DDR, in Frankreich und in Tschechien eine BK anerkannt worden.

7

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 23. September 2010 sowie die Ablehnung einer Wie-Berufskrankheit im Bescheid der Beklagten vom 25. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Erkrankung der Halswirbelsäule als Wie-Berufskrankheit anzuerkennen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Revision sei bereits unzulässig, da die Revisionsbegründung nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG genüge. Inwieweit das LSG die Vorschrift des § 9 Abs 2 SGB VII fehlerhaft ausgelegt habe, sei nicht schlüssig dargetan. Soweit die Klägerin die Beweiswürdigung des LSG beanstande, sei eine Verfahrensrüge nicht erhoben worden. Die Revision sei aber auch unbegründet. Es fehle an epidemiologischen Erkenntnissen, dass die "Schulter-Kinn-Zange" generell geeignet wäre, eine Halswirbelsäulenerkrankung hervorzurufen. Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen spiegelten nicht den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand, sondern nur Einzelmeinungen wider.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist nicht begründet.

11

Die Klägerin hat in zulässiger Weise Revision eingelegt. Bei ihrem Prozessbevollmächtigten handelt es sich um eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder, die nach § 73 Abs 4 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 2 Nr 5 SGG zur Vertretung vor dem BSG zugelassen ist.

12

Die Revision genügt entgegen der Ansicht der Beklagten den Begründungsanforderungen des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Insoweit ist mit rechtlichen Erwägungen aufzuzeigen, dass und weshalb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht geteilt wird. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und der Darlegung, inwieweit die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Bundesrechts nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (zuletzt BSG vom 11.4.2013 - B 2 U 21/11 R - NZS 2013, 639 sowie BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 10 mwN). Dem trägt die Revisionsbegründung Rechnung. Aus ihr geht hervor, weshalb die Klägerin die angefochtene Entscheidung für unzutreffend hält. Sie hat eine Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII gerügt und ua ausgeführt, das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Feststellung einer Wie-BK scheitere am Fehlen epidemiologischer Studien.

13

Die Revision der Klägerin ist allerdings unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das die zulässig kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV, RdNr 11 mwN; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN) abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Anerkennung einer Wie-BK im Bescheid der Beklagten vom 25.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

14

Es kann offenbleiben, seit wann die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin besteht und ob sich der geltend gemachte Anspruch noch nach den Vorschriften der RVO oder den am 1.1.1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII richtet (Art 36 UVEG, § 212 SGB VII). Denn die Regelungen über die Anerkennung einer Wie-BK sind im SGB VII gegenüber der RVO im Wesentlichen inhaltlich unverändert geblieben.

15

Nach § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) erfüllt sind (sog Öffnungsklausel für Wie-BKen). Die Feststellung einer Wie-BK nach dieser Vorschrift ist ua vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig (zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - mwN, auch zu den weiteren Voraussetzungen einer Wie-BK - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17). Diese allgemeinen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn bestimmte Personengruppen infolge einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO) in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen. Die insoweit in früheren Entscheidungen des Senats verwendeten Begriffe der Gruppentypik, generellen Geeignetheit und gruppentypischen oder -spezifischen Risikoerhöhung dienten allein der Erläuterung oder Umschreibung der aufgezeigten Voraussetzungen, ohne dass damit andere Anforderungen an die Anerkennung einer Wie-BK gestellt werden sollten (BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 13/09 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 18 RdNr 15 mwN).

16

Die Klägerin war aufgrund ihrer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII(§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) und ihrer Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Streicher besonderen Einwirkungen durch die "Schulter-Kinn-Zange" in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Als Einwirkung kommt jedes auf den Menschen einwirkende Geschehen in Betracht (BSG aaO RdNr 19). Die Klägerin leidet auch an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule, die als BK iS des § 9 Abs 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 RVO) zugrunde gelegt werden könnte. Allerdings fehlt es am generellen Ursachenzusammenhang zwischen dieser Erkrankung und der besonderen Einwirkung.

17

Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder. Mit wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen muss zu begründen sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, eine bestimmte Krankheit zu verursachen. Erst dann lässt sich anhand von gesicherten "Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) nachvollziehen, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt. Solche Erkenntnisse setzen regelmäßig voraus, dass die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf dem jeweils in Betracht kommenden Fachgebiet über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es ist nicht erforderlich, dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Mediziner widerspiegeln. Andererseits reichen vereinzelte Meinungen einiger Sachverständiger grundsätzlich nicht aus (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22; bereits BSG vom 23.3.1999 - B 2 U 12/98 R - BSGE 84, 30, 35 mwN = SozR 3-2200 § 551 Nr 12).

18

Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) sind BKen grundsätzlich nur solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540, 543 bis 545 RVO)begründenden Tätigkeit erleiden. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Berufskrankheitenrechts der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-BK in § 551 Abs 2 RVO durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30.4.1963 (BGBl I 241) wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (BSG vom 25.8.1994 - 2 RU 42/93 - BSGE 75, 51, 54 = SozR 3-2200 § 551 Nr 6 S 14). Sinn des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine BK zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der BKen aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl BSG vom 4.8.1981 - 5a/5 RKnU 1/80 - SozR 2200 § 551 Nr 18 S 27). Die Anerkennung einer Wie-BK knüpft damit an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.

19

Die damit zur Anerkennung einer Wie-BK notwendigen gesicherten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft liegen nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die er zur Klärung der generellen Tatsache (vgl hierzu BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 15)des Zusammenhangs zwischen "Schulter-Kinn-Zange" und bandscheibenbedingter Halswirbelsäulenerkrankung heranziehen und auswerten durfte, nicht vor. Hinsichtlich eines solchen Zusammenhangs fehlt es an epidemiologischen Studien und statistisch relevanten Zahlen, die wegen der geringen Anzahl von Berufsgeigern auch nicht zu erwarten sind. Auch wenn eine besondere Gefährdung der Streicher durch die mit der "Schulter-Kinn-Zange" einhergehende Fehlhaltung zu beobachten ist, lässt sich ein Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und morphologischer Veränderung der Wirbelsäule mangels statistisch gesicherter Erkenntnisse nicht herstellen. Zwar führt Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.9.2002 die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das jahrelange Instrumentalspiel zurück. Zudem bestätigt Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 8.1.2003 eine durch das Geigenspiel bedingte außergewöhnliche Zwangshaltung. Er führt aber ferner aus, dass die sog Gruppentypik anhand neuer gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden könne. Auch Prof. Dr. A. hält in seinem Gutachten vom 3.5.2010 zwar eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung für gegeben, weist aber ebenfalls darauf hin, dass die hierfür sprechende Lebensarbeitszeit an der Geige einerseits sowie die Häufigkeit des Auftretens der Wirbelsäulenbeschwerden bei Geigern andererseits den generellen Ursachenzusammenhang lediglich plausibel erscheinen ließen und es an die Kausalität belegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen fehle. Schließlich ist das im Jahr 2001 durchgeführte 3. Symposium der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin zu dem Ergebnis gelangt, dass die publizierten Daten zur Epidemiologie funktioneller und struktureller Erkrankungen der Wirbelsäule bei Musikern in sowohl quantitativer als auch qualitativer Hinsicht sehr dürftig seien (Seidel/Lange, Institut für Musikpädagogik und Musiktheorie, Die Wirbelsäule des Musikers, 2001). Eine Vielzahl fachkundiger Mediziner, die eine Verursachung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbelsäulen durch die "Schulter-Kinn-Zange" für hinreichend wahrscheinlich halten, existiert damit nicht. Für die Annahme gesicherter Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) genügt es nicht, dass einzelne Mediziner die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden durch eine Fehlbelastung infolge der "Schulter-Kinn-Zange" für plausibel oder wahrscheinlich halten. Es reicht nicht aus, dass überhaupt medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem jeweils relevanten Problemfeld existieren, vielmehr muss sich eine sog herrschende Meinung im einschlägigen medizinischen Fachgebiet gebildet haben (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - Juris RdNr 19).

20

Allerdings hat der Senat zu sog Seltenheitsfällen entschieden, dass die den generellen Ursachenzusammenhang zwischen besonderer Einwirkung und Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausschließlich anhand von Methoden der Epidemiologie und statistischer Belege nachgewiesen werden müssen. Fehlt es an einer im Allgemeinen notwendigen langfristigen zeitlichen Überwachung von Krankheitsbildern, da aufgrund der Seltenheit einer Erkrankung medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse durch statistisch abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden können, kommt nach dieser Rechtsprechung ausnahmsweise auch ein Rückgriff auf Einzelfallstudien, auf Erkenntnisse aus anderen Staaten und auf frühere Anerkennungen entsprechender Erkrankungen, auch in der ehemaligen DDR, in Betracht (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22 mwN; BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 252 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 21). Es kann offenbleiben, ob eine solche Vorgehensweise unter Zugrundelegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards überhaupt mit den gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII(iVm § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) für die Anerkennung einer Wie-BK vereinbar ist. Ihre Zulässigkeit unterstellt, kann ferner dahingestellt bleiben, ob sie auch dann in Betracht kommt, wenn - wie hier - gar kein Seltenheitsfall gegeben, sondern stattdessen eine Berufsgruppe betroffen ist, bei der wegen ihrer geringen Größe epidemiologische Studien nicht zu erwarten bzw unmöglich sind. Denn selbst bei Zugrundlegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards reichen die über die bereits beschriebenen Unterlagen hinausgehenden aktenkundigen Erkenntnisse nicht aus, einen Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" von Berufsgeigern und bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankungen als hinreichend wissenschaftlich belegt zu betrachten.

21

Dr. D. nimmt in seinem Aufsatz "Abnutzungsschäden durch Geigen- und Bratschenspiel" (Das Orchester 6/96, 13) auf eine eigene Studie über 17 professionelle Streicher Bezug und weist darauf hin, dass zur Klärung der Frage der Anerkennung von Wirbelsäulenschäden als BK noch weitere wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden sollten. Die sog Weimarer Studie zu klinisch relevanten Belastungsfaktoren und Belastungskomplexen bei Musikstudenten und Berufsmusikern (Seidel/Höpfner/Lange, Musikphysiologie und Musikermedizin 1999, 6. Jg, Nr 4, 115) beruht lediglich auf der Auswertung eines von 100 Musikstudenten und 88 Orchestermusikern jeweils ausgefüllten standardisierten und validierten Fragebogens. Im Forschungsantrag "CMD/CCD bei Streichern" der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Musikermedizin des Klinikums der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Klinikums Weimar und der Hochschule für Musik Weimar vom 20.5.2001 wird ausgeführt, dass es an Datenmaterial zur Bewertung funktioneller Störungen des Bewegungssystems bei Streichern als BK fehle. Aus diesen Publikationen lässt sich folglich auch ein ggf geringeren Anforderungen an wissenschaftliche Erkenntnisse genügender genereller Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" und einer bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankung nicht ableiten. Soweit die Revision zudem auf Anerkennungen einer BK in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR hinweist, ist nicht ersichtlich, dass diese auf hinreichenden medizinischen Erkenntnissen beruhten und nicht nur das Ergebnis von Einzelfallprüfungen sind, ohne wissenschaftlich fundierte Aussagen über die generelle Geeignetheit der hier zu beurteilenden Einwirkung zu berücksichtigen. Zudem existiert in Frankreich entgegen der Revision keine spezifisch auf Musiker, sondern eine generell auf Zwangshaltungen bezogene BK. Ob weiterhin auch die jeweilige Ausgestaltung des Berufskrankheitenrechts in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR einer Berücksichtigung der behaupteten Anerkennungen entgegensteht, kann daher offenbleiben (vgl zur Ausgestaltung des BK-Rechts in anderen Ländern Kranig, DGUV-Forum 2012, 30; ders, Berufskrankheiten im internationalen Vergleich, 2002, 337).

22

Auch Billigkeitserwägungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats enthält § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) keine allgemeine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als Wie-BK anzuerkennen wäre (vgl zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17).

23

Dass die Anerkennung einer Wie-BK an das Vorliegen wissenschaftlich gesicherter Kausalbeziehungen anknüpft, ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

24

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieses Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (stRspr; vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96, 1 BvR 485/97 - BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6). § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist zwar dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr vereinbar, wenn einer Personengruppe der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung allein deshalb versagt wird, weil der Verordnungsgeber vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht geprüft und gewürdigt hat (BVerfG vom 22.10.1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369, 375 f = SozR 2200 § 551 Nr 19 S 32 f). Denn die Vorschrift schließt solche Lücken, die sich daraus ergeben, dass neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von beruflicher Exposition und Erkrankung vorliegen, bevor die BKV eine entsprechende Anpassung erfährt (BVerfG vom 9.10.2000 - 1 BvR 791/95 - SozR 3-2200 § 551 Nr 15 S 76). An medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu evtl gesundheitsschädigenden Folgen einer "Schulter-Kinn-Zange" fehlt es vorliegend aber gerade. Dass sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst hat und eine Auseinandersetzung damit ggf auch nicht geplant ist, befreit daher aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vom Erfordernis der die generelle Geeignetheit einer besonderen Einwirkung für die Verursachung einer bestimmten Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse.

25

Eine verfassungswidrige Benachteiligung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Berufsgruppe der Streicher sehr klein ist und sich möglicherweise eine wissenschaftlich gesicherte Kausalbeziehung zwischen beruflicher Einwirkung und Erkrankung anhand epidemiologischer Studien schon rein tatsächlich nicht feststellen lässt, weil die für epidemiologische Studien erforderlichen Fallzahlen nicht erreicht werden können. § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) beschränkt BKen begrifflich auf Krankheiten, die in der Berufskrankheitenliste als Anlage zur BKV aufgeführt sind. Die Ermächtigung der Bundesregierung zur Aufnahme von BKen in diese Anlage macht § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) davon abhängig, dass die Krankheiten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit ausgesetzt sind. In diesen Regelungen kommt das die gesetzliche Unfallversicherung prägende Listenprinzip zum Ausdruck, das nach § 9 Abs 2 SGB VII nur unter der Voraussetzung durchbrochen wird, dass neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorliegen. Diese vom Gesetzgeber gewollte Systementscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG vom 8.6.2012 - 1 BvR 2853/10 - NZS 2012, 901; BVerfG vom 14.7.1993 - 1 BvR 1127/90 - SozR 3-2200 § 551 Nr 5 S 10). Mit ihr im Einzelfall verbundene Härten sind hinzunehmen. Sie halten sich im Rahmen einer zulässigen Typisierung, weil nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist und dadurch bedingte Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvL 22/95, 1 BvL 34/95 - BVerfGE 100, 59, 90 = SozR 3-8570 § 6 Nr 3 S 28 mwN).

26

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des UVEG hat der Bundesrat 1995 zwar vorgeschlagen, eine neue Regelung in § 9 Abs 2a SGB VII einzufügen, die die Anerkennung einer Wie-BK zur Vermeidung von Härtefällen auch für den Fall vorsah, dass 1. vergleichbare Arbeitsplätze mit entsprechenden Arbeitsbedingungen nicht oder nur in einer geringen Zahl vorhanden sind und deshalb Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darüber nicht vorliegen können, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind und 2. nach medizinischen Erkenntnissen mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass die Krankheit durch die besonderen Bedingungen des Arbeitsplatzes verursacht ist (BT-Drucks 13/2333 S 5 zu Nr 9). Dem ist der Gesetzgeber des UVEG aber mit der Begründung nicht gefolgt, bei einer solchen Regelung bestehe ua die Gefahr, dass die vorgeschlagene Bestimmung, bei der epidemiologische Erkenntnisse wegen der Singularität der Arbeitsbedingungen nicht gewonnen werden könnten, eine Antragsflut auslöse, die von den Unfallversicherungsträgern nicht bewältigt werden könnte (BT-Drucks 13/2333 S 19 zu Nr 9). Diese Erwägungen des Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil sie sich im Rahmen seines legislatorischen Gestaltungsspielraums bewegen. Der Gesetzgeber darf sich bei der Einführung typisierender Regelungen an den ansonsten mit Einzelfallregelungen verbundenen Erfordernissen der Verwaltung orientieren. Die Entlastung der Unfallversicherungsträger und folglich auch der Sozialgerichtsbarkeit von umfangreichen und zeitaufwendigen Einzelfallprüfungen ist ein sachlicher, zur Typisierung berechtigender Grund (vgl BVerfG vom 8.2.1983 - 1 BvL 28/79 - BVerfGE 63, 119, 128 = SozR 2200 § 1255 Nr 17 S 37 und vom 16.12.1958 - 1 BvL 3/57, 1 BvL 4/57 und 1 BvL 8/58 - BVerfGE 9, 20, 31 ff = SozR Nr 42 zu Art 3 GG). Damit sind zugleich einer richterlichen Rechtsfortbildung verfassungsrechtliche Grenzen aufgezeigt, weil diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nicht durch richterliche Wertungen ersetzt werden darf.

27

Die das hier gefundene Ergebnis tragenden und den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 163 SGG) sind nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden.

28

Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 19 mwN). Daran fehlt es hier.

29

Die Rüge der Klägerin, die Entscheidung des LSG beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung, ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Sie hätte darlegen müssen, dass das Berufungsgericht die Grenzen seiner ihm durch § 128 Abs 1 Satz 1 SGG eingeräumten Befugnis verletzt hat, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Es hätte insoweit aufgezeigt werden müssen, dass es gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hat (BSG vom 31.5.2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 RdNr 9). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

30

Mit dem Vorbringen, ein medizinischer Erfahrungssatz, dass die durch ein Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht, ist nicht deutlich geworden, dass das LSG einen Erfahrungssatz fehlerhaft angewandt hat (vgl hierzu BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr 8 S 37 mwN). Die Revision zeigt nicht auf, an welcher Stelle seines Urteils sich das LSG tragend auf einen solchen Erfahrungssatz gestützt hätte. Auf Seite 13 der angegriffenen Entscheidung wird vielmehr lediglich ausgeführt, dass es sich bei dem Halswirbelsäulenleiden um eine "Volkskrankheit" handele, die eine Beweiserleichterung bei der Feststellung der generellen Geeignetheit verbiete.

31

Auch ein sog Denkgesetz, gegen das das LSG verstoßen haben könnte, hat die Klägerin nicht dargetan. Dass es zu einer bestimmten, aus seiner Sicht erheblichen Frage aus den gesamten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nur eine Folgerung hätte ziehen können, jede andere nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl BSG vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13 mwN), legt die Revision nicht dar.

32

Aus dem Vortrag der Klägerin geht auch nicht hervor, dass das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Soweit sie geltend macht, in der ehemaligen DDR, in Frankreich sowie in Tschechien ausgesprochene Anerkennungen von BKen seien bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden, wird übersehen, dass sich das LSG auf Seite 15 seiner Entscheidung damit auseinandergesetzt hat, dass die Problematik der Geiger in der ehemaligen DDR "einer anderen Lösung zugeführt worden sei". Im Übrigen hat die Revision nicht aufgezeigt, ob und wenn ja inwieweit den behaupteten Anerkennungen generelle medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde liegen. Die Klägerin setzt im Kern nur ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG. Allein damit ist aber eine Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung nicht formgerecht gerügt (BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31).

33

Schließlich scheidet ein Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Wie-BK nach übergangsrechtlichen Regelungen aus. Für die Übernahme einer vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetretenen Erkrankung als BK nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist nach §§ 212 und 215 Abs 1 Satz 1 SGB VII die Vorschrift des § 1150 Abs 2 RVO in der am 31.12.1996 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, 1688) weiter anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs 2 Satz 1 RVO gelten solche Krankheiten, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht BKen der Sozialversicherung waren, als BKen iS des Dritten Buches der RVO. Das gilt nach § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO allerdings nicht für Krankheiten, die einem ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung - wie hier - erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären. Dies bedeutet, dass Krankheiten, von denen ein ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständiger Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 Kenntnis erlangt, nur dann BKen darstellen, wenn die Voraussetzungen nach den §§ 548 ff RVO erfüllt sind(BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 16). Das ist aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Jede Kammer des Sozialgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(2) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Streitigkeiten auf Grund des § 6a des Bundeskindergeldgesetzes und der Arbeitsförderung gehört je ein ehrenamtlicher Richter dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber an. Sind für Angelegenheiten einzelner Zweige der Sozialversicherung eigene Kammern gebildet, so sollen die ehrenamtlichen Richter dieser Kammern an dem jeweiligen Versicherungszweig beteiligt sein.

(3) In den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. In Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten wirken als ehrenamtliche Richter nur Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten mit. Als Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeuten gelten auch bei diesen oder in medizinischen Versorgungszentren angestellte Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die Mitglied der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung sind.

(4) In den Kammern für Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wirken je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder dem Recht der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten, der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und der Versicherten mit; dabei sollen Hinterbliebene von Versorgungsberechtigten in angemessener Zahl beteiligt werden.

(5) In den Kammern für Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes wirken ehrenamtliche Richter aus den Vorschlagslisten der Kreise und der kreisfreien Städte mit.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht, ob der Kläger am 08.08.2012 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der am … 1963 geborene Kläger ist als Nebenerwerbslandwirt bei der Beklagten in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Im Hauptberuf ist er als Außendienst-Vertreter bei der Firma W./K. beschäftigt. Zum Unfallzeitpunkt bewirtschaftete der Kläger ein in seinem Eigentum stehendes Waldgrundstück von 1,13 ha und versorgte 4 Schweine und 30 Kaninchen.
Am 08.08.2012 stürzte der Kläger auf der von ihm bewirtschafteten Hofstelle seiner Eltern in I.-D., L.. 10, von einem Anhänger und geriet dabei mit der linken Hand in eine auslaufende Kreissäge. Hierbei erlitt er eine Metacarpale-V-Trümmerfraktur intraartikulär, eine Strecksehnendefektverletzung DIII-IV sowie eine Abtrennung der Extensor carpi ulnaris (vgl. stationärer Zwischenbericht vom 10.10.2012, Bl. 44 Behördenakten - BA). Die Erstversorgung erfolgte im Krankenhaus H., die weitere Behandlung mit mehreren Operationen in den S.-Kliniken H., Klinikum am G..
Ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom 08.08.2012 gab der Kläger gegenüber den Ärzten der S.-Kliniken zum Unfallhergang an, an diesem Tag als Nebenerwerbsbauer Holz gemacht zu haben. Beim Aufstapeln von Holz auf einen Anhänger sei er von diesem abgerutscht und mit dem ganzen Körper auf eine auslaufende Kreissäge gefallen. Hierbei sei er mit der linken Hand ins Sägeblatt geraten.
Noch während des ersten bis zum 23.08.2012 dauernden stationären Aufenthaltes in den S.-Kliniken suchte ein Mitarbeiter der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft den Kläger am 15.08.2012 dort auf, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. In dem hierzu gefertigten Besuchsbericht wird ausgeführt, nach den Angaben des Klägers habe dieser „zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder Holz (auch für den Eigenbedarf zum Heizen im Winter) gemacht“. Am Unfalltag hätten sie mit der Kreissäge das Holz klein gesägt und er sei damit beschäftigt gewesen, die Holzscheite auf dem Anhänger zu schichten. Dabei sei er vom Anhänger gestürzt und mit der Hand in die bereits ausgeschaltete, aber noch nachlaufende Kreissäge gestürzt. Bei dem Besuch habe sich der Kläger nach Berechnung und Höhe des Verletztengeldes erkundigt, da er vor kurzem gebaut und fünf Kinder zu versorgen habe.
In seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 führte der Kläger zum Unfallhergang aus, er sei während seines Urlaubes zu seinen Eltern gefahren, um Brennholz für sich zu besorgen. Dies erledige er jedes Jahr. Den ganzen Tag über hätten sein Vater, sein Bruder und er mit dem Hänger Holz aus dem Wald geholt, um dieses dann im Vorhof seiner Eltern mit der Kreissäge in Brennholzstücke zu sägen. Der Hänger mit dem Holz sowie der Kipper mit dem bereits zugesägten Brennholz hätten mit wenig Abstand vor der Kreissäge gestanden. Als der Hänger mit dem Holz entladen gewesen sei und er sein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. geladen gehabt habe und eigentlich nur noch vom Kipper habe runterklettern wollen, sei es zu dem Unfall gekommen.
Im ebenfalls am 12.09.2012 ausgefüllten „Fragebogen Holzaufbereitung“ hat der Kläger zur Frage, für wen das Holz bestimmt oder vorgesehen gewesen sei, eingetragen: „Für mich selbst“ (B Nr. 2). Auf die Frage, für welche Zwecke am Unfalltag das Holz habe bearbeitet oder aufbereitet bzw. wofür es habe verwendet werden sollen, mit prozentualer Angabe bei mehreren Verwendungszwecken, hat der Kläger angegeben, das Holz habe zu 100 % zur Heizung von Wohnstock und Kachelofen verwendet werden sollen (B Nr. 3). Die Antwortalternativen „Zum Kochen von Viehfutter für folgende Tiere…% des Holzes“, „Brennholz für…% des Holzes“ und „Verkauf an…% des Holzes“ hat der Kläger nicht angekreuzt. Außerdem hat der Kläger angegeben, das Holz stamme aus dem eigenen Wald (B Nr. 4), es habe sich um eine Menge von insgesamt 6 Raummeter (Ster) gehandelt (B Nr. 6).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.09.2012 die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, die forstwirtschaftliche Tätigkeit sei in der Regel mit dem Abladevorgang beendet. Die spätere Verarbeitung zu Brennholz für den Haushalt sei eine Tätigkeit im Interesse der Hauswirtschaft. Dem Haushalt des landwirtschaftlichen Unternehmers dienende Tätigkeiten stünden dann unter Versicherungsschutz, wenn der Haushalt dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich diene, der Haushalt also auf das Unternehmen hin ausgerichtet sei und dieses dem Haushalt das Gepräge gebe. Der Haushalt werde insoweit Bestandteil des Unternehmens. Aufgrund der Größe und Struktur des hier veranlagten landwirtschaftlichen Unternehmens bestehe ein solcher versicherter Haushalt vorliegend nicht. Das Aufarbeiten von Brennholz als dem Haushalt dienende Tätigkeit sei somit unversichert gewesen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 30.09.2012 Widerspruch eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, er sei am 07. und 08.08.2012 mit seinem Vater mit Holzarbeiten beschäftigt gewesen. Er habe das im Wald gelagerte Holz auf einem Anhänger in seinen landwirtschaftlichen Betrieb geschafft. Das Holz sei mittels einer Kreissäge auf Ofengröße gesägt worden. Die Brennholzstücke seien dann in einem weiteren Arbeitsgang auf einen zweiten, bereitgestellten Anhänger gestapelt worden. Am 08.08.2012 sei sein Bruder, M. M., ebenfalls mit dem Sägen und Stapeln des Holzes beschäftigt gewesen. Das zu verarbeitende Brennholz sei nicht nur für seinen, des Klägers, Privatgebrauch vorgesehen gewesen. Vielmehr seien die zu verarbeitenden Holzstämme für die Eheleute H. bestimmt gewesen, die die Anlieferung von etwa 6 Raummeter in Auftrag gegeben hätten. Bereits vor Anlieferung des Brennholzes aus dem Wald sei mit dem Bruder vereinbart worden, dass das Holz zum Weiterverkauf an die Eheleute H. verarbeitet werden solle. Er habe, wie auf dem beigefügten Lichtbild zu erkennen, den bereit gestellten Anhänger seitlich erhöht, um die angeforderte Menge Holz in das etwa 40 km entfernte M. in einer Fahrt zu überführen. Ihm sei beim Ausfüllen des Fragebogens nicht bewusst gewesen, dass er zwischen den einzelnen Holzfuhren zu unterscheiden habe. Das weitere Holz, das im Zeitraum 07. und 08.08.2012 verarbeitet worden sei, habe zur Erwärmung von Wasser gedient, mit dem die für die Schweine bestimmten Kartoffeln hätten gekocht werden sollen.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2012 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen, da die nunmehr gemachten Angaben von den zeitlich ersten Angaben im Hinblick auf die spätere Verwendung des Brennholzes erheblich abwichen. Den zeitlich ersten Aussagen komme besondere Bedeutung zu, da sie noch von irgendwelchen Wunschvorstellungen unbeeinflusst seien.
11 
Hiergegen hat der Kläger am 28.12.2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, er habe im Vertrauen auf die Eintrittspflicht der Beklagten nur geringe Aufmerksamkeit bei dem Ausfüllen des Fragebogens zur Unfallanzeige walten lassen. Er habe nicht zwischen den einzelnen Arbeitsschritten unterschieden und den Vorgang pauschal dargestellt.
12 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger auf Fragen des Gerichts weiter ausgeführt, das Holz werde nur gelegentlich an Verwandte verkauft, ein Verkauf an weitere Bekannte erfolge nicht. Frau H. sei seine Nichte. Am 08.08.2012 habe ein Anhänger mit Holz an sie nach Z. geliefert werden sollen. Für die Anlieferung habe er extra hohe Bordwände an den Anhänger angebracht. Auf diesem Anhänger habe sich dann der Unfall ereignet. Es sei geplant gewesen, das Holz am nächsten Morgen, am 09.08.2012, nach Z. zu transportieren. Es sei vereinbart gewesen, einen Kipper voller Holz nach Z. zu bringen, dies entspreche einer Menge von 6 Raummetern. Auf Frage, weshalb er in der Unfallanzeige andere Angaben gemacht habe, hat der Kläger erklärt, er sei psychisch so fertig gewesen, und habe nicht mehr zwischen den beiden Hängern unterschieden. Er sei im Krankenhaus von einem Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft besucht worden, der ihm zugesichert habe, es handele sich um einen klassischen BG-Fall. Er habe sich dann keine Gedanken mehr darüber gemacht und zu diesem Zeitpunkt auch andere Sorgen gehabt. Sie hätten im Jahr 2012 zum ersten Mal Holz verkauft.
13 
Außerdem hat das SG den Bruder des Klägers, M. M., als Zeugen vernommen. Dieser hat angegeben, der Großteil des Holzes sei schon gesägt gewesen, als er am 08.08.2012 gegen dreiviertel vier auf den Hof seiner Eltern gekommen sei. Er habe das meterlange Holz runter zu seinem Vater gegeben, der es gesägt und die kurzen Stücke zu seinem Bruder, dem Kläger, auf den Hänger hochgeworfen habe. Sein Bruder habe auf dem Hänger gestanden, der ursprünglich noch abends nach Z. hätte gefahren werden sollen. Dies sei dann aber erst 4 bis 5 Wochen später geschehen. Es sei bereits Wochen zuvor ausgemacht worden, das Brennholz an seine Tochter zu liefern.
14 
Mit Urteil vom 18.02.2015 hat das SG festgestellt, dass das Ereignis vom 08.08.2012 einen Arbeitsunfall darstellt. Nach der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass das Holz für den Verkauf an die Nichte des Klägers vorgesehen gewesen sei. Das konkret zu verarbeitende Holz habe sich auf dem eigens für den Transport vorgesehenen Hänger mit hohen Aufsatzbrettern befunden. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge hätten glaubhaft und übereinstimmend dargelegt, dass die hohen Ladewände des Anhängers extra für den Transport angebracht worden seien, was vor allem vor dem Hintergrund des langen Fahrtweges nach Z. einleuchtend sei. Bei einem Hänger ohne Bordwände hätte sich der Unfall nicht in dieser Form ereignet, denn auf den Hänger ohne Bordwände, auf welchem das Holz für den Eigengebrauch gestapelt gewesen sei, hätte der Kläger nicht hochsteigen müssen. Die Erstangaben des Klägers im Unfallfragebogen und im Fragebogen Holz seien durch die nunmehr getätigten Angaben und Aussagen des Klägers und des Zeugen widerlegt, die in sich widerspruchsfrei und schlüssig seien. Die Angaben des Klägers deckten sich mit der Aussage des glaubwürdigen Zeugen. Es sei vor dem Hintergrund des Ausmaßes und des Schocks der erlittenen Verletzung durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger dem Ausfüllen des Unfallfragebogens keine Bedeutung beigemessen habe. Zum anderen sei vor dem Hintergrund der familiären Bindungen glaubhaft, dass der Kläger in dieser Situation nicht mehr zwischen dem am Vortag für die eigene Familie und den eigenen Gebrauch zubereiteten Holz und dem für den Verkauf vorgesehenen Holz differenziert habe.
15 
Gegen das der Beklagten am 03.03.2015 zugestellte Urteil hat diese am 20.03.2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung nochmals auf die einer Feststellung als Arbeitsunfall entgegen stehenden Erstangaben des Klägers hingewiesen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er hat zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, unverzüglich seine Angaben korrigiert zu haben, nachdem er deren Unrichtigkeit im Unfallbogen erkannt habe.
21 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2015 den Kläger nochmals befragt und dessen Bruder, M. M., als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.05.2015 verwiesen.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
32 
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
33 
Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
34 
Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
35 
Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
36 
Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
37 
Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
38 
Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
39 
Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
40 
Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
41 
Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
42 
Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
43 
Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
32 
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
33 
Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
34 
Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
35 
Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
36 
Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
37 
Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
38 
Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
39 
Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
40 
Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
41 
Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
42 
Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
43 
Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.