Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 27. Aug. 2015 - L 6 SB 1430/15

bei uns veröffentlicht am27.08.2015

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Februar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ (Berechtigung für eine ständige Begleitung).
Der 1954 geborene Kläger bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Aufgrund eines angenommenen Anerkenntnisses im Verfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG, Az. XXX) wurden der Grad der Behinderung (GdB) mit 80 und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „G“, jeweils ab 3. August 2011, festgestellt. Hierzu erging der Ausführungsbescheid vom 3. Januar 2013. Die Feststellung des GdB wurde auf die versorgungsärztliche Einschätzung der Funktionsbeeinträchtigungen „Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, chronisches Schmerzsyndrom“ und „Lungenfunktionseinschränkung“ jeweils mit einem Teil-GdB von 50 sowie „koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck, abgelaufener Herzinfarkt“ mit einem Teil-GdB von 10 gestützt.
Am 23. September 2013 beantragte der Kläger die Zuerkennung des Merkzeichens „B“. Hierzu verwies er auf eine von ihm in der Ostseeklinik P. in Anspruch genommene Rehabilitationsmaßnahme im Dezember 2012, wonach sich kurzfristig durch verschiedene unterstützende Maßnahmen eine geringfügige Verbesserung gezeigt habe. Er sei bei den Anwendungen aber nicht alleine, sondern immer in einer Gruppe gewesen. Die Teilnehmenden seien im Bedarfsfall sofort mit unterstützenden Maßnahmen zur Stelle gewesen. Kein Schritt sei ohne eine Begleitperson unternommen worden, welche sofort hätte helfend eingreifen können. Diese Menschen seien ihm auch bei Hindernissen wie Steigungen und Treppen unterstützend zur Seite gestanden. Mit seinem Antrag gehe es ihm darum, die zeitliche und finanzielle Belastung bisheriger Begleitpersonen zu minimieren. Nach Rücksprache mit der Straßenverkehrsbehörde könne er bei Zuerkennung des Merkzeichens „B“ zudem in die Gruppe derjenigen aufgenommen werden, die eine Parkerleichterung erhalten könnten. Hinzu komme, dass er das von ihm unterhaltene Kraftfahrzeug nur in einer Entfernung von etwa 350 m zu seinem Wohnhaus parken könne.
Zur Begründung seines Antrags legte er ferner eine ärztliche Bescheinigung der ihn behandelndes Fachärzte für Innere Medizin sowie Lungen- und Bronchialheilkunde beziehungsweise Pneumologie Dres. K./L. vom 6. November 2012 vor, wonach er sich wegen einer chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung in Behandlung befinde. Er habe bereits bei geringer Belastungsstufe Atemnot angegeben. Lungenfunktionell habe eine schwergradige obstruktive Ventilationsstörung objektiviert werden können. Diese chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung habe er bereits drei Monate zuvor diagnostizieren können. Bei einer Bodyplethysmographie am 22. August 2012 sei ein forciertes exspiratorisches Volumen (FEV1) von 1,21 l/min festgestellt worden, habe also nur 32 % der forcierten Vitalkapazität betragen. Er gehe davon aus, dass wegen des unauffälligen echokardiographischen Befundes die chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung die Hauptursache für die vom Kläger angegebene Atemnot sei.
Der in der Ostseeklinik P. tätige Facharzt für Orthopädie Dr. W. berichtete über den dortigen stationären Aufenthalt vom 5. bis 26. Dezember 2012, dass eine auf entzündeten und dauerhaft verengten Atemwegen beruhende chronisch-obstruktive Lungenerkrankung COPD im Stadium II (ICD-10 J44.82), ein Alkohol- und Nikotinabusus, eine Adipositas im Stadium I bis II, eine arterielle Hypertonie, eine koronare Herzerkrankung bei einem Zustand nach Implantation eines Stents bei Ein-Gefäßerkrankung sowie der Verdacht auf eine Hepatose bei hohem Gamma-Glutamyl-Transpeptidase (GGT)-Spiegel diagnostiziert worden seien. Die zurückgelegte Wegstrecke habe im Sechs-Minuten-Gehtest mit Blutgasanalyse bei der Anreise 315 m und bei der Abreise 415 m betragen. Bei der Entlassungsuntersuchung habe der Kläger eine deutliche Verbesserung der kardio-pulmonalen Belastbarkeit sowie des Hustens und der belastungsbedingten Luftnot angegeben. Die Lunge sei auskultatorisch frei gewesen. Der Blutdruck sei mit 125/80 mmHg gemessen worden. Die Pulsfrequenz habe 60/min betragen. Der Kläger habe noch Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule infolge einer Prellung angegeben, die er sich unmittelbar vor der Entlassung am Strand zugezogen habe. Sonst seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden. Bei der Bodyplethysmographie am 6. Dezember 2012 sei eine mittelschwere obstruktive Ventilationsstörung im Stadium Gold II mit leichter Überblähung und bei der gleichen Untersuchung am 19. Dezember 2012 eine schwere obstruktive Ventilationsstörung im Stadium Gold III mit wiederum leichter Überblähung festgestellt worden.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2013 lehnte der Beklagte den Antrag auf Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ mit der Begründung ab, zur Mitnahme einer Begleitperson seien Menschen mit Schwerbehinderung berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen seien. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 7. März 2014 beim Beklagten Klage erhoben, mit welcher er nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung beim SG begehrt hat, unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung den Beklagten zu verurteilen, bei ihm das Merkzeichen „B“ ab dem 23. September 2013 festzustellen. Zur Begründung hat er sich auf den von dem Assistenzarzt Dr. Sch. in Vertretung für den Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie der Alb Fils Kliniken in G., Prof. Dr. Sch., unterschriebenen vorläufigen Entlassbrief über den stationären Aufenthalt vom 27. April bis 2. Mai 2014 gestützt, wonach eine Dyspnoe, am ehesten bei exazerbierter COPD im Stadium Gold IV, bei Ausschluss einer Lungenarterienembolie und einer tiefen Beinvenenthrombose, sowie aktuell eine koronare Zwei-Gefäßerkrankung diagnostiziert worden sind.
Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R., dem Hausarzt des Klägers, bei Dr. Sch. sowie den beiden Internisten und Pneumologen R. F. und Dr. L. eingeholt.
Nach der Einschätzung von Dr. R., bei dem der Kläger seit 2006 in Behandlung ist und der unter anderem eine koronare Zwei-Gefäßerkrankung und eine exazerbierte COPD im Stadium Grad IV mit schwerer Obstruktion diagnostiziert hat, sei der Kläger bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht regelmäßig auf eine Hilfeleistung angewiesen.
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Dr. Sch. hat berichtet, beim Kläger stünden zwei chronische Erkrankungen im Vordergrund, die Herzschwäche und die chronische Lungenerkrankung. Beide brächten dauerhaft eine mittelschwere Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit sich. In Zeiten akuter, vorübergehender Verschlechterung zumindest einer der beiden Erkrankungen, was mehrmals pro Jahr auftreten könne, sei gar von einer schweren Beeinträchtigung auszugehen. Eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dem Kläger in stabilen Phasen nur eingeschränkt mit Hilfestellung möglich, in Phasen mit akuter Verschlechterung gar unmöglich.
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R. F. hat kundgetan, den Kläger Mitte Dezember 2013 einmalig untersucht zu haben. Anamnestisch liege eine obstruktive Ventilationsstörung vor. Diagnostiziert habe er eine chronisch-obstruktive Bronchitis, die in mittelschwerer Form vorliege. Wegen der Lungenfunktionseinschränkung sei der Kläger bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht regelmäßig auf eine Hilfeleistung angewiesen. Zu dieser Einschätzung ist auch Dr. L. gelangt, der den endgültigen Entlassungsbericht von Prof. Dr. Sch. vorgelegt hat. Der Kläger befinde sich seit Ende August 2012 in seiner Behandlung, die letzte Untersuchung sei Ende Mai 2014 erfolgt. Auf seinem Fachgebiet liege eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung vor. Bei der letzten Untersuchung sei eine schwergradige zentrale und periphere obstruktive Ventilationsstörung reproduzierbar gewesen. Blutgasanalytisch habe sich eine leichtgradige respiratorische Insuffizienz gefunden. Der Sauerstoffpartialdruck (pO2) sei mit 65 mmHg gemessen worden. Im Mai habe der FEV1-Wert 1,47 l/min betragen, habe also 40,2 % des Sollwertes entsprochen.
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Das SG hat weiterhin ein Gutachten bei dem Internisten und Kardiologen Dr. H. eingeholt. Nach einer klinischen Untersuchung des Klägers am 20. Oktober 2014 hat dieser ausgeführt, auf seinen Fachgebieten lägen insbesondere eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung mit einem FEV1-Wert von 1,79 l/min, was 49 % der Norm entspreche, und normaler Blutgasanalyse sowie eine koronare Herzerkrankung mit Zustand nach perkutaner transluminaler Koronarangioplastie des Ramus circumflex, kurz RCX-PTCA, im Juli 2008, ohne aktuell relevante Stenosen und mit guter Herzfunktion vor. Ferner habe er insoweit einen Zustand nach einem Nicht-ST-Hebungsinfarkt, kurz NSTEMI, festgestellt. Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung bewerte er mit einem GdB von 60, da bereits bei alltäglicher leichter Belastung wie etwa dem Gehen Luftnot auftrete. Beim Belastungs-EKG habe der Kläger 50 Watt erreicht, bevor der Test wegen Atemnot habe abgebrochen werden müssen. Für die koronare Herzerkrankung setze er einen GdB von 20 an. Müssten beim Ein- und Aussteigen im öffentlichen Personennahverkehr Treppen überwunden werden, sei fremde Hilfe notwendig. Würden behindertengerechte Busse eingesetzt, also solche, bei denen keine Stufen zu überwinden seien, sei fremde Hilfe nicht erforderlich.
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Zur weiteren Begründung seines Begehrens hat der Kläger vorgebracht, die Anstrengung überhaupt bestehe darin, erst einmal auf den Bahnsteig zu kommen. Probleme träten dann beim Ein-, Aus- und Umsteigen auf, wenn auch das Einsteigen in den Bus weniger problematisch sei. Unproblematisch sei es, wenn er einen Sitzplatz bekommen habe. Bei dem von Dr. H. durchgeführten Belastungs-EKG habe er zwar 50 Watt erreicht. Die Untersuchung habe jedoch bereits nach drei Minuten wegen Luftmangels abgebrochen werden müssen. Bei späteren Tests mit dem Ergometer hätten alle Versuche bei einer Belastungsstufe von 10 Watt nach zehn Minuten wegen Atemnot beendet werden müssen. Das Busunternehmen, welches seinen Wohnort anfahre, halte nur zwei behindertengerechte Busse vor.
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Ferner hat der Kläger den Entlassungsbericht des Chefarztes der Abteilung Atemwegserkrankungen und Allergien der Median Klinik H., Dr. H., über einen stationären Aufenthalt vom 17. Dezember 2014 bis 13. Januar 2015 vorgelegt. Danach seien unter anderem eine COPD im Stadium Grad III nach Gold mit gehäuften Exazerbationen (ICD-10 J44.89) sowie eine koronare Drei-Gefäßerkrankung, ein Zustand nach einem Myokardinfarkt und dem Einsatz eines Stents im Jahre 2008 (ICD-10 I25.13) sowie eine hypertensive Herzkrankheit (ICD-10 I11.90) diagnostiziert worden. Bei dem standardisierten Sechs-Minuten-Gehtest Mitte Januar 2015 habe der Kläger eine Gehstrecke von 220 m, auch wegen Rückenschmerzen, nur eingeschränkt zurücklegen können. Es liege eine mittelschwere Obstruktion zentral und peripher vor. Zudem habe eine schwere Überblähung mit Erniedrigung der inspiratorischen Vitalkapazität (VC/IN) und Verschlechterung beim Rehabilitationsende nach Exazerbation, eine schwere Einschränkung der globalen und spezifischen Diffusionskapazität sowie eine eingeschränkte Atemmuskelkraft mit deutlich verstärkter Beanspruchung der Atempumpe, hingegen kein pO2-Abfall bei Belastung festgestellt werden können. Das Ergometertraining sei dem Kläger zwar schwergefallen, er habe nur 10 Watt bewältigt. Die übrigen Behandlungen habe er hingegen durchführen können. Er habe regelmäßig Gebrauch von der Klimatherapie durch tägliche Spaziergänge gemacht.
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Das SG hat mit Urteil vom 25. Februar 2015 die angefochtene Verwaltungsentscheidung aufgehoben und den Beklagten verurteilt, beim Kläger die Voraussetzungen für das Merkzeichens „B“ ab dem 23. September 2013 festzustellen (nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung beim SG allerdings ab „24.09.2013“). Die Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, jedenfalls beim Ein- und Aussteigen, wegen seiner Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich auf fremde Hilfe angewiesen sei. Die Kammer stütze ihre Überzeugung auf dessen glaubhafte Einlassungen im Laufe des Verfahrens, den persönlichen Eindruck, welcher im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen worden sei, und letztlich auf das internistisch-kardiologische Gutachten von Dr. H.. Der gerichtliche Sachverständige habe die wegen der Lungen- und Herzerkrankungen bestehenden Funktionsbehinderungen schlüssig dargelegt, wobei er bei der Lungenfunktionsprüfung eine Einschränkung um bis zu zwei Drittel gegenüber den Normalwerten festgestellt habe. Er habe bereits für die Lungenerkrankung einen Teil-GdB von 60 für angemessen gehalten und letztlich ausgeführt, der Kläger benötige jedenfalls beim Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel Unterstützung, soweit eine Treppe zu bewältigen sei. Zwar habe Dr. H. weiter angenommen, der Kläger benötige bei behindertengerechten Bussen keine fremde Hilfe. Die Kammer habe indes berücksichtigt, dass der in G. wohnhafte Kläger regelmäßig auf öffentliche Verkehrsmittel in Form von Landbussen angewiesen sei, welche gerade nicht regelmäßig über behinderungsgerechte Einstiegsmöglichkeiten verfügten. Der Kammer sei darüber hinaus bekannt, dass auch im Regionalverkehr der Deutschen Bahn AG jedenfalls teilweise kein behinderungsgerechter Einstieg für Menschen vorhanden sei, die auf den Rollstuhl angewiesen seien. Dem Kläger, welcher bei längeren Wegstrecken grundsätzlich einen Rollator benötige, sei die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel von G. bis U. oder auch bei weiteren Strecken nicht ohne fremde Hilfe möglich. Zu Recht weise der Kläger auf die Haltestellen im Personennahverkehr in abgelegenen Ortsteilen größerer Städte hin, welche durchweg nicht barrierefrei für Nutzende von Rollstühlen oder Rollatoren ausgerichtet seien. Die Bordsteine seien vielfach nicht abgesenkt, so dass ein Einstieg selbst in einen der wenigen behinderungsgerecht ausgestatteten Busse in den Randgebieten von G. ohne eine Unterstützungshandlung durch eine weitere Person überhaupt nicht möglich sei.
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Gegen die dem Beklagten am 26. März 2015 zugestellte Entscheidung hat dieser am 9. April 2015 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, Dr. W. habe in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme von Januar 2015, die noch im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt worden sei, ausgeführt, es bestehe zwar eine mittelschwere bis schwere chronisch-obstruktive Lungenerkrankung. Trotzdem sei dem Kläger nach der Untersuchung von Dr. H. ergometrisch noch eine Belastbarkeit bis zur 50-Watt-Stufe möglich gewesen. Die Gehstrecke sei von diesem mit 400 bis 600 m eingeschätzt worden. Bei dieser Belastbarkeit beziehungsweise Gehfähigkeit sei es dem Kläger noch möglich, bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Schwierigkeiten ein- und auszusteigen; selbst dann, wenn der Ein- oder Ausstieg nicht ebenerdig möglich sei. Auch während der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln sei eine fremde Hilfe nicht erforderlich. Das SG habe außer Acht gelassen, dass es nicht auf die konkreten Verhältnisse beim Regionalverkehr der Deutschen Bahn AG in G. und U. ankomme, sondern die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ beim Kläger allgemein vorliegen müssten. Hierzu habe Dr. W. überzeugend ausgeführt, dass die Benutzung eines Rollators nicht von vornherein die Zuerkennung des Merkzeichens „B“ rechtfertige. Dieses gesundheitliche Merkmal stehe ferner nur dann zu, wenn bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig fremde Hilfe erforderlich sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Die Schwierigkeiten des Erreichens eines öffentlichen Verkehrsmittels wie etwa Treppenstufen, defekte Fahrstühle und Ähnliches seien für die Zuerkennung des Merkzeichens „B“ nicht relevant. Unerheblich sei, ob die Lungenfunktionseinschränkung mit einem Teil-GdB von 50 zu bewerten sei wie bislang oder mit einem solchen von 60, wie ihn Dr. H. einschätze. Ein GdB in dieser Höhe entspräche bei vergleichsweiser Anwendung von Teil B, Nr. 9.1.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) einer Einschränkung bei alltäglicher Belastung, etwa Treppensteigen bis zu einem Stockwerk. Das bedeute aber keinesfalls, dass eine pulmonale Leistungseinschränkung bereits nach wenigen Treppenstufen auftrete, etwa bei einem nicht ebenerdigen Einstieg in einen Zug der Deutschen Bahn AG. Die Sitzungsvertreterin habe sich nach Urteilsverkündung durch das SG notiert, ihr sei die Zuerkennung nicht nachvollziehbar, da sie den Kläger habe laufen sehen. Auch habe dieser während der dortigen mündlichen Verhandlung nichts von Schmerzen erwähnt.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er hat sich auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil gestützt. Die von ihm noch zu bewältigende Gehstrecke habe sich von 430 m Ende 2012 auf aktuell 230 m reduziert. Bei längeren Gehstrecken ohne Steigung und Hindernisse verwende er zur Unterstützung und als „Rastplatz“ einen Rollator. Bei kürzeren Strecken verwende er zur Schonhaltung einen Gehstock. Dr. H. habe die Untersuchungsergebnisse teilweise unzutreffend wiedergegeben. Die letzten Jahre sei er kein einziges Mal mit 50 Watt auf einem Ergometer gefahren. Der Test habe nach drei Minuten bei etwa 25 Watt abgebrochen werden müssen. Es sei ein Notfallspray zum Einsatz gekommen. Ohnehin halte er nichts von Ärzten, die einen persönlich nicht kennen oder sich gerade einmal fünfzehn Minuten Zeit für die Untersuchung nehmen würden. Der FEV1-Wert habe bei einer Bodyplethysmographie aktuell nur noch 1,12 l/min betragen, was 30,4 % des Sollwertes entspreche. Er habe überdies Panikattacken, weshalb er seit 2014 weder ein Konzert oder ein Lokal noch eine Abendveranstaltung besucht habe. Attacken träten mitunter auch auf, wenn er das Gefühl habe, den Bus nicht rechtzeitig zu erreichen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die SG-Akte S 14 SB 4299/11 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten (2 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) des Beklagten ist begründet. Dessen Bescheid vom 14. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches „Berechtigung für eine ständige Begleitung“, die im Schwerbehindertenausweis durch die Eintragung des Merkzeichens „B“ dokumentiert wird, liegen seit der diese Feststellung begehrenden Antragstellung des Klägers am 23. September 2013 bis aktuell nicht vor. Das SG hätte die in der Sache als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) erhobene Klage daher abweisen müssen.
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Die Feststellung von Merkzeichen richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), zuletzt geändert durch Art. 1a des am 15. Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 7. Januar 2015 (BGBl II S. 15).
25 
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX) und stellen auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
26 
Zu diesen Merkmalen gehört die Berechtigung für eine ständige Begleitung, also das Merkzeichen „B“. Gemäß § 146 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind zur Mitnahme einer Begleitperson Menschen mit Schwerbehinderung berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nach § 146 Abs. 2 Satz 2 SGB IX nicht, dass die Person mit Schwerbehinderung, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt.
27 
Der seit 1. Januar 2009 an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ getretenen Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleiches entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für den nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich „B“ unwirksam, da es insoweit zum Erlasszeitpunkt an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung gefehlt hat. Eine solche Ermächtigung hat sich weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30. Juni 2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 1. Juli 2011 noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX gefunden (Urteile des Senats vom 9. Juni 2011 - L 6 SB 6140/09 -, juris und vom 4. November 2010 - L 6 SB 2556/09; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 9. Mai 2011 - L 8 SB 2294/10 - und vom 14. August 2009 - L 8 SB 1691/08 -, jeweils juris, sowie vom 24. September 2010 - L 8 SB 4533/09; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
28 
Diesen Mangel hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 7. Januar 2015 beseitigt und mit § 70 Abs. 2 SGB IX eine neue Verordnungsermächtigung unmittelbar im SGB IX eingefügt. Danach wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend und nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Da die VersMedV einschließlich ihrer Anlage zu § 2 nicht auf der Grundlage dieser erst seit 15. Januar 2015 gültigen Verordnungsermächtigung erlassen worden ist, ist nach wie vor deren Anwendung hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ nicht möglich. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch den ebenfalls mit Gesetz vom 7. Januar 2015 neu eingefügten § 159 Abs. 7 SGB IX Rechnung getragen. Danach gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierdurch konnte zwar nicht die bezüglich der in den VG enthaltenen Regelungen zu den Merkzeichen „G“, „B“, „aG“ und „Gl“ teilunwirksame VersMedV neu erlassen oder als Verordnung für anwendbar erklärt werden, da es insoweit schon an der Zuständigkeit des Gesetzgebers hinsichtlich einer vom BMAS zu erlassenden Verordnung fehlt. Mit noch hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut (vgl. zum rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13 -, juris) hat der Gesetzgeber jedoch mit der in § 159 Abs. 7 SGB IX getroffenen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass er sich den insoweit maßgeblichen Verordnungstext in der Anlage zu § 2 VersMedV, also die unter VG, Teil D, Nrn. 1 bis 4 getroffenen Bestimmungen, zu eigen macht und bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX insoweit die VG Gesetzescharakter haben (vgl. BT-Drucks 18/3190, S. 5).
29 
Nach den VG, Teil D, Nr. 2 gilt, dass für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen ist (Buchst. a). Eine solche ist bei Menschen mit Schwerbehinderung, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen „G", „Gl" oder „H" vorliegen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung oder geistiger Behinderung) erforderlich sind (Buchst. b). Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist anzunehmen bei Querschnittgelähmten, Ohnhändern, Blinden und Sehbehinderten, Hörbehinderten, Menschen mit geistiger Behinderung sowie Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist (Buchst. c). Diese Anforderungen decken sich mit denjenigen, die nach der Rechtslage bis 14. Januar 2015 galten (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2013 - L 6 SB 5788/11 -, juris, Rz. 23).
30 
Dahinstehen kann, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Berechtigung für eine ständige Begleitung nur dann als erfüllt anzusehen sind, wenn Menschen mit Schwerbehinderung allgemein bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind oder ob die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles in den Blick zu nehmen sind. Für Ersteres könnte sprechen, dass bereits nach den VG, Teil D, Nr. 1 Buchst. b in Bezug auf die Voraussetzungen für eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen „G“), die beim Kläger mit Bescheid vom 3. Januar 2013 festgestellt worden sind und welche für die Zuerkennung des Merkzeichens „B“ nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b vorliegend gerade gegeben sein müssen, da bei ihm die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen „Gl“ und „H“ nicht festgestellt sind, eine allgemeine Beurteilung zu erfolgen hat (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 20. Mai 2015 - L 6 SB 184/14 -, juris, Rz. 51; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. April 2015 - L 13 SB 210/12 -, juris, Rz. 20). Für Letzteres könnte angeführt werden, dass die Außerachtlassung der konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles in den VG, Teil D, Nr. 1 Buchst. b ausdrücklich erwähnt ist, in den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b demgegenüber nicht. Hiergegen könnte wiederum eingewendet werden, dass es in den VG, Teil D, Nr. 1 Buchst. b lediglich der Klarstellung bedurfte, da Maßstab der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr Wegstrecken im Ortsverkehr sind, wohingegen nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b von vornherein darauf abgestellt wird, ob Menschen mit Schwerbehinderung bei der Benutzung von Verkehrsmitteln „regelmäßig“ auf fremde Hilfe angewiesen sind. Vorliegend liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ zur Überzeugung des Senats beim Kläger nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen indes auch dann nicht vor, wenn maßgeblich wäre, dass der Kläger regelmäßig Strecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, bei denen nur eingeschränkt Busse und Bahnen mit Niederflurtechnik zum Einsatz kommen, also überwiegend beim Ein- und Ausstieg Treppenstufen überwunden werden müssen.
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Hinweise auf Orientierungsstörungen haben sich weder nach den Arztdokumenten noch nach dem Vorbringen des Klägers ergeben. Die von ihm angeführten Panikattacken, die fachärztlich nicht belegt sind, halten ihn nicht wegen einer fehlenden Begleitperson seit 2014 davon ab, ein Konzert, ein Lokal oder eine Abendveranstaltung zu besuchen. Dahingehend hat er sich nicht eingelassen. Dass die Attacken auch auftreten, wenn er Angst hat, den Bus nicht rechtzeitig zu erreichen, ist kein Nachteil, der durch eine Begleitperson beim Ein- und Ausstieg oder während der Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel behoben werden könnte. Wegen der koronaren Herzerkrankung ohne aktuelle Stenosen und guter Herzfunktion ist der Kläger nach den schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ebenfalls nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen.
32 
Aber auch in Bezug auf die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung liegen auf der Grundlage der objektivierten Funktionseinschränkungen die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ nicht vor. Nach der Untersuchung des Klägers durch Dr. H. ist diesem ergometrisch noch eine Belastbarkeit bis 50 Watt möglich gewesen. Diesen Wert hat der Kläger nach Übersendung des Gutachtens im Schreiben vom 2. Februar 2015 an das SG nicht als fehlerhaft bezeichnet. Darin hat er lediglich darauf hingewiesen, dass die Untersuchung nach etwa drei Minuten wegen Luftmangels habe abgebrochen werden müssen. Den Abbruch hat auch Dr. H. in seinem Gutachten dokumentiert. Im Schreiben vom 14. August 2015 hat der Kläger demgegenüber nun erstmals ausgeführt, der Ergometertest habe nach drei Minuten bei etwa 25 Watt abgebrochen werden müssen. Weder nach dem SGG noch nach der Zivilprozessordnung (ZPO) gibt es zwar eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend aus. Die Angaben im Schreiben von Februar dieses Jahres sind unmittelbar nach Übersendung des Gutachtens von Dr. H. gemacht worden. In dem betreffenden Schriftstück hat sich der Kläger noch unbeeinflusst der späteren Kenntnis von entscheidungsrelevanten Kriterien wie der erreichten Wattzahl bei der Ergometerbelastung, welcher erst mit der Berufungseinlegung durch den Beklagten stärkeres Gewicht beigemessen worden ist, kritisch mit den Ausführungen von Dr. H. auseinandergesetzt und hierbei lediglich auf den Abbruch nach drei Minuten wegen Atemnot hingewiesen, nicht aber die von Dr. H. angeführte Wattzahl als unzutreffend bezeichnet. Der Senat ist daher überzeugt, dass der Kläger die 50-Watt-Stufe erreichte, auch wenn die Ergometerbelastung nach wenigen Minuten wegen Atemnot hatte abgebrochen werden müssen. Dr. H. hat zwar über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Median Klinik H. von Mitte Dezember 2014 bis Mitte Januar 2015 berichtet, das Ergometertraining sei diesem sehr schwer gefallen und habe nur bis 10 Watt bewältigt werden können. Es ist hingegen nicht nachgewiesen, dass der Grund für den Abbruch in der Atemnot des Klägers lag, zumal er die übrigen Behandlungen überwiegend bewältigen und nur teilweise wegen Infektexazerbationen nicht wahrnehmen konnte. Bei einer so geringen Belastbarkeit wäre ohnehin zu erwarten gewesen, dass bereits das bloße Aufstehen aus dem Bett schwer fiel. Dass dem nicht so war, lässt sich den weiteren Ausführungen von Dr. H. entnehmen, wonach der Kläger regelmäßig Gebrauch von der Klimatherapie durch tägliche Spaziergänge gemacht hatte. Dies ist zudem ein Hinweis darauf, dass die Atemnot nicht ursächlich für die Beendigung der Ergometerbelastung bereits bei 10 Watt gewesen sein kann.
33 
Der FEV1-Wert ist von Dr. H. Ende Oktober 2014 mit 1,79 l/min ermittelt worden, was einem Volumenanteil von immerhin noch 49 % der Vitalkapazität beim Ausatmen entspricht und damit um lediglich etwas mehr als die Hälfte niedriger als der Sollwert liegt. Dieser Wert deckt sich mit dem von Dr. L. bei einer Bodyplethysmographie Anfang Oktober 2014 festgestellten. Soweit dieser den Kläger behandelnde Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde die FEV1-Werte Ende Juni 2015 mit 1,41 l/min (38,2 %) und jüngst Mitte August 2015 mit 1,12 l/min (30,4 %) festgestellt hat, deutet sich zwar eine Verschlechterung an. Gleichwohl kann deswegen noch nicht angenommen werden, dass dieser Messwert der Lungenfunktionsprüfung, der erstmals Mitte August 2015 wieder mehr als zwei Drittel niedriger als der Sollwert gelegen hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate anhält (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), wodurch eine weitere relevante Einschränkung der Lungenfunktion objektiviert wäre (vgl. VG, Teil B, Nr. 8.3), die Einfluss auf das Erfordernis regelmäßiger Hilfe bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln haben könnte. Denn schon bei der von Dres. K./L. durchgeführten Bodyplethysmographie Ende August 2012 war ein FEV1-Wert von nur 1,21 l/min (32 %) festgestellt worden, der sich in der Folgezeit hingegen wieder gebessert hatte. Umstände, derentwegen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden müsste, dass sich dieser Wert durch keine Behandlungsmethode in nächster Zeit verbessern ließe, liegen nicht vor. Daneben ist die von Dr. H. durchgeführte Blutgasanalyse normal gewesen. Der Sauerstoffpartialdruck ist von Dr. L. Ende Mai 2014 mit 65 mmHG gemessen worden; ein pO2-Abfall bei Belastung ist auch während des stationären Aufenthaltes des Klägers in der Median Klinik H. Ende 2014/Anfang 2015 nicht festgestellt worden.
34 
Die vom Kläger ebenerdig zurücklegbare Gehstrecke ist von Dr. H. ferner mit 400 bis 600 m eingeschätzt worden. Selbst die Strecke von 230 m, wie sie der Kläger für die Ebene nunmehr als nur noch möglich zu gehen angibt, mag zwar ein Hinweis darauf sein, dass ihm wegen zunehmender Atemnot auch der Ein- und Ausstieg bei öffentlichen Verkehrsmitteln schwer fällt. Nach Auffassung des Senats ist dem Kläger der Zustieg und das Verlassen solcher Beförderungsmittel gleichwohl noch zumutbar möglich, selbst dann, wenn wenige Treppenstufen überwunden werden müssen. Während der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Kläger ohnehin nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Dies hat er während des erstinstanzlichen Verfahrens eingeräumt, indem er ausgeführt hat, keine Begleitperson zu benötigen, wenn er einen Sitzplatz gefunden hat. Dr. H. ist zwar hinsichtlich des Betretens und Verlassens von Bussen und Bahnen zu einer anderen Einschätzung gelangt. Auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde ist seine Auffassung, wonach der Kläger wegen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, die bei ihm bereits bei alltäglicher leichter Belastung wie etwa dem Gehen zu Luftnot führe, bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln beim Ein- und Aussteigen auf fremde Hilfe angewiesen sei, wenn er Treppenstufen überwinden müsse, hingegen nicht nachvollziehbar. Seine Bewertung der Funktionsbeeinträchtigungen wegen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit einem GdB von 60 orientiert sich an den VG, Teil B, Nr. 8.3, wonach für Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion mittleren Grades (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bereits bei alltäglicher Belastung, etwa Spazierengehen mit einer Geschwindigkeit zwischen 3-4 km/h, Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit) ein GdB-Rahmen von 50 bis 70 eröffnet ist. Ein mögliches Treppensteigen bis zu einem Stockwerk bedeutet aber nicht, dass eine pulmonale Leistungseinschränkung bereits nach wenigen Trittstufen, die bei öffentlichen Verkehrsmitteln allenfalls zu erwarten sind und auch nach den vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bildkopien die Anzahl von vier nicht übersteigt, auftritt, die es dem Kläger nicht mehr ermöglichte weiterzugehen. Hierauf weist auch der Beklagte, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W., der sich insoweit allerdings, ohne dass eine Notwendigkeit hierfür bestünde, an die VG, Teil B, Nr. 9.1.1, also die Einschränkung der Herzleistung, anlehnt, im Ergebnis zutreffend hin.
35 
Da für die Zuerkennung des Merkzeichens „B“ nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b ausschließlich zu beachten ist, ob Menschen mit Schwerbehinderung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind, ist die bauliche Beschaffenheit von Haltestellen, Bahnsteigen oder Bahnhöfen ohne Belang.
36 
Davon, dass der Kläger bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderungen nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist, geht im Übrigen auch der diesen seit 2006 behandelnde Hausarzt Dr. R. aus, obwohl er unter anderem neben einer koronare Zwei-Gefäßerkrankung eine exazerbierte COPD im Stadium Grad IV mit schwerer Obstruktion diagnostiziert hat. Die den Kläger behandelnden Internisten und Pulmologen R. F., der den Kläger allerdings nur einmalig Ende 2013 untersucht hat, und Dr. L., bei dem der Kläger seit August 2012 in Behandlung ist, sind ebenfalls der Ansicht, dass dieser bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist. Dr. Sch. hat zwar geäußert, in Zeiten akuter, vorübergehender Verschlechterung zumindest einer der beiden das Herz und die Lunge betreffenden Erkrankungen, was mehrmals pro Jahr auftreten könne, sei gar von einer schweren Beeinträchtigung auszugehen. Eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dem Kläger in stabilen Phasen nur eingeschränkt mit Hilfestellung möglich, bei Phasen mit akuter Verschlechterung gar unmöglich. Damit beschreibt er aber lediglich abstrakt möglicherweise auftretende Beeinträchtigungen, die im Falle des Klägers eine Begleitperson erforderten, ohne darauf einzugehen, ob dieser konkret und inwieweit, insbesondere unmittelbar nach dem stationären Aufenthalt in den Alb Fils Kliniken in G. ob der dort erhobenen Befunde, bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittels auf fremde Hilfe angewiesen gewesen ist. Dies wird für Ende 2012 auch durch den Entlassungsbericht von Dr. W. über die stationäre Behandlung vom 5. bis 26. Dezember 2012 in der Ostseeklinik P. bestätigt. wonach nur bei starker Anstrengung leichte Atemnot zu verzeichnen war, wobei der übergewichtige Kläger weiterhin einen Alkohol- und Nikotinabusus betreibt.
37 
Selbst wenn der Einschätzung von Dr. H. gefolgt würde, dass der Kläger zur Überwindung der Trittstufen beim Ein- und Aussteigen in einen Bus oder eine Bahn fremder Hilfe bedarf, obwohl dies nicht näher begründet worden und nicht ohne Weiteres bei einem beschriebenen Restgehvermögen von 400 bis 600 m nachvollziehbar ist, worauf der Beklagte, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. zu Recht hingewiesen hat, bedeutet dies nicht, dass der Kläger regelmäßig auf eine Begleitperson angewiesen ist. Denn solche Hindernisse müssen bei der Benutzung von Verkehrsmittels nicht in dieser nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b geforderten Häufigkeit überwunden werden, da auch auf den vom Kläger angegebenen Strecken, etwa von seinem Wohnort nach U. und zurück, bereits derzeit sowie künftig nach getätigten Neuinvestitionen in aller Regel vermehrt, zumindest im öffentlichen Personenverkehr (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 Behindertengleichstellungsgesetz - BGG), Busse und Bahnen mit Niederflurtechnik eingesetzt werden, bei denen der Zu- und Ausstieg insoweit barrierefrei (§ 4 BGG) möglich ist. Selbst das Busunternehmen, welches den Wohnort des Klägers ansteuert, hält, wie dieser vorgetragen hat, derzeit zumindest zwei behindertengerechte Busse vor.
38 
Nach alledem war der Berufung des Beklagten stattzugeben und das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
40 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
23 
Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) des Beklagten ist begründet. Dessen Bescheid vom 14. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches „Berechtigung für eine ständige Begleitung“, die im Schwerbehindertenausweis durch die Eintragung des Merkzeichens „B“ dokumentiert wird, liegen seit der diese Feststellung begehrenden Antragstellung des Klägers am 23. September 2013 bis aktuell nicht vor. Das SG hätte die in der Sache als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) erhobene Klage daher abweisen müssen.
24 
Die Feststellung von Merkzeichen richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), zuletzt geändert durch Art. 1a des am 15. Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 7. Januar 2015 (BGBl II S. 15).
25 
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX) und stellen auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
26 
Zu diesen Merkmalen gehört die Berechtigung für eine ständige Begleitung, also das Merkzeichen „B“. Gemäß § 146 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind zur Mitnahme einer Begleitperson Menschen mit Schwerbehinderung berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nach § 146 Abs. 2 Satz 2 SGB IX nicht, dass die Person mit Schwerbehinderung, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt.
27 
Der seit 1. Januar 2009 an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ getretenen Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleiches entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für den nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich „B“ unwirksam, da es insoweit zum Erlasszeitpunkt an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung gefehlt hat. Eine solche Ermächtigung hat sich weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30. Juni 2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 1. Juli 2011 noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX gefunden (Urteile des Senats vom 9. Juni 2011 - L 6 SB 6140/09 -, juris und vom 4. November 2010 - L 6 SB 2556/09; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 9. Mai 2011 - L 8 SB 2294/10 - und vom 14. August 2009 - L 8 SB 1691/08 -, jeweils juris, sowie vom 24. September 2010 - L 8 SB 4533/09; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
28 
Diesen Mangel hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 7. Januar 2015 beseitigt und mit § 70 Abs. 2 SGB IX eine neue Verordnungsermächtigung unmittelbar im SGB IX eingefügt. Danach wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend und nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Da die VersMedV einschließlich ihrer Anlage zu § 2 nicht auf der Grundlage dieser erst seit 15. Januar 2015 gültigen Verordnungsermächtigung erlassen worden ist, ist nach wie vor deren Anwendung hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ nicht möglich. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch den ebenfalls mit Gesetz vom 7. Januar 2015 neu eingefügten § 159 Abs. 7 SGB IX Rechnung getragen. Danach gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierdurch konnte zwar nicht die bezüglich der in den VG enthaltenen Regelungen zu den Merkzeichen „G“, „B“, „aG“ und „Gl“ teilunwirksame VersMedV neu erlassen oder als Verordnung für anwendbar erklärt werden, da es insoweit schon an der Zuständigkeit des Gesetzgebers hinsichtlich einer vom BMAS zu erlassenden Verordnung fehlt. Mit noch hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut (vgl. zum rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13 -, juris) hat der Gesetzgeber jedoch mit der in § 159 Abs. 7 SGB IX getroffenen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass er sich den insoweit maßgeblichen Verordnungstext in der Anlage zu § 2 VersMedV, also die unter VG, Teil D, Nrn. 1 bis 4 getroffenen Bestimmungen, zu eigen macht und bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX insoweit die VG Gesetzescharakter haben (vgl. BT-Drucks 18/3190, S. 5).
29 
Nach den VG, Teil D, Nr. 2 gilt, dass für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen ist (Buchst. a). Eine solche ist bei Menschen mit Schwerbehinderung, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen „G", „Gl" oder „H" vorliegen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung oder geistiger Behinderung) erforderlich sind (Buchst. b). Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist anzunehmen bei Querschnittgelähmten, Ohnhändern, Blinden und Sehbehinderten, Hörbehinderten, Menschen mit geistiger Behinderung sowie Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist (Buchst. c). Diese Anforderungen decken sich mit denjenigen, die nach der Rechtslage bis 14. Januar 2015 galten (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2013 - L 6 SB 5788/11 -, juris, Rz. 23).
30 
Dahinstehen kann, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Berechtigung für eine ständige Begleitung nur dann als erfüllt anzusehen sind, wenn Menschen mit Schwerbehinderung allgemein bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind oder ob die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles in den Blick zu nehmen sind. Für Ersteres könnte sprechen, dass bereits nach den VG, Teil D, Nr. 1 Buchst. b in Bezug auf die Voraussetzungen für eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen „G“), die beim Kläger mit Bescheid vom 3. Januar 2013 festgestellt worden sind und welche für die Zuerkennung des Merkzeichens „B“ nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b vorliegend gerade gegeben sein müssen, da bei ihm die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen „Gl“ und „H“ nicht festgestellt sind, eine allgemeine Beurteilung zu erfolgen hat (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 20. Mai 2015 - L 6 SB 184/14 -, juris, Rz. 51; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. April 2015 - L 13 SB 210/12 -, juris, Rz. 20). Für Letzteres könnte angeführt werden, dass die Außerachtlassung der konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles in den VG, Teil D, Nr. 1 Buchst. b ausdrücklich erwähnt ist, in den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b demgegenüber nicht. Hiergegen könnte wiederum eingewendet werden, dass es in den VG, Teil D, Nr. 1 Buchst. b lediglich der Klarstellung bedurfte, da Maßstab der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr Wegstrecken im Ortsverkehr sind, wohingegen nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b von vornherein darauf abgestellt wird, ob Menschen mit Schwerbehinderung bei der Benutzung von Verkehrsmitteln „regelmäßig“ auf fremde Hilfe angewiesen sind. Vorliegend liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ zur Überzeugung des Senats beim Kläger nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen indes auch dann nicht vor, wenn maßgeblich wäre, dass der Kläger regelmäßig Strecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, bei denen nur eingeschränkt Busse und Bahnen mit Niederflurtechnik zum Einsatz kommen, also überwiegend beim Ein- und Ausstieg Treppenstufen überwunden werden müssen.
31 
Hinweise auf Orientierungsstörungen haben sich weder nach den Arztdokumenten noch nach dem Vorbringen des Klägers ergeben. Die von ihm angeführten Panikattacken, die fachärztlich nicht belegt sind, halten ihn nicht wegen einer fehlenden Begleitperson seit 2014 davon ab, ein Konzert, ein Lokal oder eine Abendveranstaltung zu besuchen. Dahingehend hat er sich nicht eingelassen. Dass die Attacken auch auftreten, wenn er Angst hat, den Bus nicht rechtzeitig zu erreichen, ist kein Nachteil, der durch eine Begleitperson beim Ein- und Ausstieg oder während der Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel behoben werden könnte. Wegen der koronaren Herzerkrankung ohne aktuelle Stenosen und guter Herzfunktion ist der Kläger nach den schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ebenfalls nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen.
32 
Aber auch in Bezug auf die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung liegen auf der Grundlage der objektivierten Funktionseinschränkungen die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „B“ nicht vor. Nach der Untersuchung des Klägers durch Dr. H. ist diesem ergometrisch noch eine Belastbarkeit bis 50 Watt möglich gewesen. Diesen Wert hat der Kläger nach Übersendung des Gutachtens im Schreiben vom 2. Februar 2015 an das SG nicht als fehlerhaft bezeichnet. Darin hat er lediglich darauf hingewiesen, dass die Untersuchung nach etwa drei Minuten wegen Luftmangels habe abgebrochen werden müssen. Den Abbruch hat auch Dr. H. in seinem Gutachten dokumentiert. Im Schreiben vom 14. August 2015 hat der Kläger demgegenüber nun erstmals ausgeführt, der Ergometertest habe nach drei Minuten bei etwa 25 Watt abgebrochen werden müssen. Weder nach dem SGG noch nach der Zivilprozessordnung (ZPO) gibt es zwar eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend aus. Die Angaben im Schreiben von Februar dieses Jahres sind unmittelbar nach Übersendung des Gutachtens von Dr. H. gemacht worden. In dem betreffenden Schriftstück hat sich der Kläger noch unbeeinflusst der späteren Kenntnis von entscheidungsrelevanten Kriterien wie der erreichten Wattzahl bei der Ergometerbelastung, welcher erst mit der Berufungseinlegung durch den Beklagten stärkeres Gewicht beigemessen worden ist, kritisch mit den Ausführungen von Dr. H. auseinandergesetzt und hierbei lediglich auf den Abbruch nach drei Minuten wegen Atemnot hingewiesen, nicht aber die von Dr. H. angeführte Wattzahl als unzutreffend bezeichnet. Der Senat ist daher überzeugt, dass der Kläger die 50-Watt-Stufe erreichte, auch wenn die Ergometerbelastung nach wenigen Minuten wegen Atemnot hatte abgebrochen werden müssen. Dr. H. hat zwar über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Median Klinik H. von Mitte Dezember 2014 bis Mitte Januar 2015 berichtet, das Ergometertraining sei diesem sehr schwer gefallen und habe nur bis 10 Watt bewältigt werden können. Es ist hingegen nicht nachgewiesen, dass der Grund für den Abbruch in der Atemnot des Klägers lag, zumal er die übrigen Behandlungen überwiegend bewältigen und nur teilweise wegen Infektexazerbationen nicht wahrnehmen konnte. Bei einer so geringen Belastbarkeit wäre ohnehin zu erwarten gewesen, dass bereits das bloße Aufstehen aus dem Bett schwer fiel. Dass dem nicht so war, lässt sich den weiteren Ausführungen von Dr. H. entnehmen, wonach der Kläger regelmäßig Gebrauch von der Klimatherapie durch tägliche Spaziergänge gemacht hatte. Dies ist zudem ein Hinweis darauf, dass die Atemnot nicht ursächlich für die Beendigung der Ergometerbelastung bereits bei 10 Watt gewesen sein kann.
33 
Der FEV1-Wert ist von Dr. H. Ende Oktober 2014 mit 1,79 l/min ermittelt worden, was einem Volumenanteil von immerhin noch 49 % der Vitalkapazität beim Ausatmen entspricht und damit um lediglich etwas mehr als die Hälfte niedriger als der Sollwert liegt. Dieser Wert deckt sich mit dem von Dr. L. bei einer Bodyplethysmographie Anfang Oktober 2014 festgestellten. Soweit dieser den Kläger behandelnde Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde die FEV1-Werte Ende Juni 2015 mit 1,41 l/min (38,2 %) und jüngst Mitte August 2015 mit 1,12 l/min (30,4 %) festgestellt hat, deutet sich zwar eine Verschlechterung an. Gleichwohl kann deswegen noch nicht angenommen werden, dass dieser Messwert der Lungenfunktionsprüfung, der erstmals Mitte August 2015 wieder mehr als zwei Drittel niedriger als der Sollwert gelegen hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate anhält (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), wodurch eine weitere relevante Einschränkung der Lungenfunktion objektiviert wäre (vgl. VG, Teil B, Nr. 8.3), die Einfluss auf das Erfordernis regelmäßiger Hilfe bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln haben könnte. Denn schon bei der von Dres. K./L. durchgeführten Bodyplethysmographie Ende August 2012 war ein FEV1-Wert von nur 1,21 l/min (32 %) festgestellt worden, der sich in der Folgezeit hingegen wieder gebessert hatte. Umstände, derentwegen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden müsste, dass sich dieser Wert durch keine Behandlungsmethode in nächster Zeit verbessern ließe, liegen nicht vor. Daneben ist die von Dr. H. durchgeführte Blutgasanalyse normal gewesen. Der Sauerstoffpartialdruck ist von Dr. L. Ende Mai 2014 mit 65 mmHG gemessen worden; ein pO2-Abfall bei Belastung ist auch während des stationären Aufenthaltes des Klägers in der Median Klinik H. Ende 2014/Anfang 2015 nicht festgestellt worden.
34 
Die vom Kläger ebenerdig zurücklegbare Gehstrecke ist von Dr. H. ferner mit 400 bis 600 m eingeschätzt worden. Selbst die Strecke von 230 m, wie sie der Kläger für die Ebene nunmehr als nur noch möglich zu gehen angibt, mag zwar ein Hinweis darauf sein, dass ihm wegen zunehmender Atemnot auch der Ein- und Ausstieg bei öffentlichen Verkehrsmitteln schwer fällt. Nach Auffassung des Senats ist dem Kläger der Zustieg und das Verlassen solcher Beförderungsmittel gleichwohl noch zumutbar möglich, selbst dann, wenn wenige Treppenstufen überwunden werden müssen. Während der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Kläger ohnehin nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Dies hat er während des erstinstanzlichen Verfahrens eingeräumt, indem er ausgeführt hat, keine Begleitperson zu benötigen, wenn er einen Sitzplatz gefunden hat. Dr. H. ist zwar hinsichtlich des Betretens und Verlassens von Bussen und Bahnen zu einer anderen Einschätzung gelangt. Auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde ist seine Auffassung, wonach der Kläger wegen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, die bei ihm bereits bei alltäglicher leichter Belastung wie etwa dem Gehen zu Luftnot führe, bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln beim Ein- und Aussteigen auf fremde Hilfe angewiesen sei, wenn er Treppenstufen überwinden müsse, hingegen nicht nachvollziehbar. Seine Bewertung der Funktionsbeeinträchtigungen wegen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit einem GdB von 60 orientiert sich an den VG, Teil B, Nr. 8.3, wonach für Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion mittleren Grades (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bereits bei alltäglicher Belastung, etwa Spazierengehen mit einer Geschwindigkeit zwischen 3-4 km/h, Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit) ein GdB-Rahmen von 50 bis 70 eröffnet ist. Ein mögliches Treppensteigen bis zu einem Stockwerk bedeutet aber nicht, dass eine pulmonale Leistungseinschränkung bereits nach wenigen Trittstufen, die bei öffentlichen Verkehrsmitteln allenfalls zu erwarten sind und auch nach den vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bildkopien die Anzahl von vier nicht übersteigt, auftritt, die es dem Kläger nicht mehr ermöglichte weiterzugehen. Hierauf weist auch der Beklagte, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W., der sich insoweit allerdings, ohne dass eine Notwendigkeit hierfür bestünde, an die VG, Teil B, Nr. 9.1.1, also die Einschränkung der Herzleistung, anlehnt, im Ergebnis zutreffend hin.
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Da für die Zuerkennung des Merkzeichens „B“ nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b ausschließlich zu beachten ist, ob Menschen mit Schwerbehinderung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind, ist die bauliche Beschaffenheit von Haltestellen, Bahnsteigen oder Bahnhöfen ohne Belang.
36 
Davon, dass der Kläger bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderungen nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist, geht im Übrigen auch der diesen seit 2006 behandelnde Hausarzt Dr. R. aus, obwohl er unter anderem neben einer koronare Zwei-Gefäßerkrankung eine exazerbierte COPD im Stadium Grad IV mit schwerer Obstruktion diagnostiziert hat. Die den Kläger behandelnden Internisten und Pulmologen R. F., der den Kläger allerdings nur einmalig Ende 2013 untersucht hat, und Dr. L., bei dem der Kläger seit August 2012 in Behandlung ist, sind ebenfalls der Ansicht, dass dieser bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist. Dr. Sch. hat zwar geäußert, in Zeiten akuter, vorübergehender Verschlechterung zumindest einer der beiden das Herz und die Lunge betreffenden Erkrankungen, was mehrmals pro Jahr auftreten könne, sei gar von einer schweren Beeinträchtigung auszugehen. Eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dem Kläger in stabilen Phasen nur eingeschränkt mit Hilfestellung möglich, bei Phasen mit akuter Verschlechterung gar unmöglich. Damit beschreibt er aber lediglich abstrakt möglicherweise auftretende Beeinträchtigungen, die im Falle des Klägers eine Begleitperson erforderten, ohne darauf einzugehen, ob dieser konkret und inwieweit, insbesondere unmittelbar nach dem stationären Aufenthalt in den Alb Fils Kliniken in G. ob der dort erhobenen Befunde, bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittels auf fremde Hilfe angewiesen gewesen ist. Dies wird für Ende 2012 auch durch den Entlassungsbericht von Dr. W. über die stationäre Behandlung vom 5. bis 26. Dezember 2012 in der Ostseeklinik P. bestätigt. wonach nur bei starker Anstrengung leichte Atemnot zu verzeichnen war, wobei der übergewichtige Kläger weiterhin einen Alkohol- und Nikotinabusus betreibt.
37 
Selbst wenn der Einschätzung von Dr. H. gefolgt würde, dass der Kläger zur Überwindung der Trittstufen beim Ein- und Aussteigen in einen Bus oder eine Bahn fremder Hilfe bedarf, obwohl dies nicht näher begründet worden und nicht ohne Weiteres bei einem beschriebenen Restgehvermögen von 400 bis 600 m nachvollziehbar ist, worauf der Beklagte, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. zu Recht hingewiesen hat, bedeutet dies nicht, dass der Kläger regelmäßig auf eine Begleitperson angewiesen ist. Denn solche Hindernisse müssen bei der Benutzung von Verkehrsmittels nicht in dieser nach den VG, Teil D, Nr. 2 Buchst. b geforderten Häufigkeit überwunden werden, da auch auf den vom Kläger angegebenen Strecken, etwa von seinem Wohnort nach U. und zurück, bereits derzeit sowie künftig nach getätigten Neuinvestitionen in aller Regel vermehrt, zumindest im öffentlichen Personenverkehr (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 Behindertengleichstellungsgesetz - BGG), Busse und Bahnen mit Niederflurtechnik eingesetzt werden, bei denen der Zu- und Ausstieg insoweit barrierefrei (§ 4 BGG) möglich ist. Selbst das Busunternehmen, welches den Wohnort des Klägers ansteuert, hält, wie dieser vorgetragen hat, derzeit zumindest zwei behindertengerechte Busse vor.
38 
Nach alledem war der Berufung des Beklagten stattzugeben und das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
40 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 30


(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereich

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 69 Kontinuität der Bemessungsgrundlage


Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnun

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 1


(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädig

Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV | § 2 Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“


Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung#F1_771649als deren Bestandteil festgelegt.

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 35


(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtun

Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen


Behindertengleichstellungsgesetz - BGG

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 146 Periodizität und Berichtszeitraum


Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 159 Mehrfachanrechnung


(1) Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen, besonders eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehind

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 70 Anpassung der Entgeltersatzleistungen


(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentg

Behindertengleichstellungsgesetz - BGG | § 4 Barrierefreiheit


Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 09. Mai 2011 - L 8 SB 2294/10

bei uns veröffentlicht am 09.05.2011

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.03.2010 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Gründe   I. 1 Zwischen den Beteiligten ist streitig,
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Sozialgericht Aachen Urteil, 16. Okt. 2018 - S 18 SB 317/17

bei uns veröffentlicht am 16.10.2018

Tenor Der Bescheid vom 13.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach. 1Tatbestand: 2Streitgegenständlich ist Herabsetzung des festgestel

Referenzen

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.

(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch

a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung,
b)
eine Kriegsgefangenschaft,
c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit,
d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist,
e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen,
f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.

(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.

(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.

(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.

(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.

(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.

(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.03.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) außergewöhnliche Gehbehinderung („aG“) und Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht („RF“) vorliegen.
Bei dem am … 1933 geborenen Kläger stellte das Landratsamt K. - Amt für Versorgung und Rehabilitation - (LRA) mit Bescheid vom 09.12.2005 wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke und beider Kniegelenke (Teil-GdB 50), Diabetes mellitus (Teil-GdB 30), Bluthochdruck, Krampfadern, Refluxkrankheit der Speiseröhre und Sehminderung beidseits (Teil-GdB jeweils 10) den GdB mit 60 neu sowie das Merkzeichen „G“ weiterhin fest. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch des Klägers blieb mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2006 erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren (Az. S 10 SB 976/06) beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) schlossen die Beteiligten unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Teilverlustes des Dickdarms, Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 80) einen Vergleich dahin, beim Kläger den GdB mit 100 ab 01.07.2006 neu sowie das Merkzeichen „G“ weiterhin festzustellen, der mit Bescheid vom 10.04.2007 vom LRA ausgeführt wurde.
Am 14.08.2007 beantragte der Kläger die Feststellung der Merkzeichen „aG“ und „RF“. Das LRA nahm den Entlassungsbericht der R. Kliniken D. vom 17.10.2006, den radiologischen Befundbericht von Dr. S. vom 13.03.2007 sowie Berichte der Urologischen Universitätsklinik H. vom 16.08.2007 und vom 26.07.2007 zu den Akten. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. B. vom 24.09.2007, der unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Erkrankung der Prostata mit einem Teil-GdB von 60 den GdB weiterhin mit 100 vorschlug und die Voraussetzungen für die Merkzeichen „aG“ und „RF“ verneinte) stellte das LRA beim Kläger mit Bescheid vom 26.09.2007 (unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2007) den GdB mit 100 und das Merkzeichen „G“ weiterhin fest und lehnte die Voraussetzungen für die Feststellung der Merkzeichen „aG“ und „RF“ ab.
Gegen den Bescheid vom 26.09.2007 legte der Kläger am 01.10.2007 Widerspruch ein, der vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.12.2007 beim SG Klage. Er machte zur Begründung geltend, die Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2007 sei mangels Anhörung formell rechtswidrig. Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ seien dezidierte Ermittlungen des Beklagten zu vermissen. Aussagekräftige medizinische Unterlagen lägen nicht vor. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens „aG“ bei ihm vorlägen. Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Merkzeichen „RF“ habe der Beklagte hinsichtlich einer bestehenden Harn- und Stuhlinkontinenz und einer damit verbundenen Geruchsbelästigung nichts ermittelt. Seine orthopädischen Leiden und die bestehende Harn- und Stuhlinkontinenz führten dazu, dass er an öffentlichen Veranstaltungen auf Dauer nicht mehr teilnehmen könne.
Das SG hörte Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. und Dr. W. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Urologen Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. teilten in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 28.03.2008 unter Vorlage weiterer medizinischen Unterlagen den Behandlungsverlauf, die erhobenen Befunde und Diagnosen (Prostatakarzinom) mit. Sie verneinten eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers sowie seine Zugehörigkeit zum Kreis der Behinderten, die wegen ihres Leidens ständig nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen könnten. Dr. W. teilte in seiner Stellungnahme vom 24.05.2008 unter Vorlage weiterer Befundunterlagen die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen mit. Der Kläger sei wegen internistischer Erkrankungen, einer arteriellen Verschlusskrankheit, einer diabetischen Polyneuropathie und wegen erheblichen Übergewichts als außergewöhnlich gehbehindert anzusehen. Zudem sei er durch eine Harn- und Stuhlinkontinenz zum Wechsel der Einlagen/Windeln an die Nähe einer Toilette gebunden. Infolge der bestehenden Erkrankungen und Behinderungen sei der Kläger nicht in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 17.09.2008 entgegen.
Das SG holte von Amts wegen von Dr. L. das internistische Gutachten vom 07.05.2009 und von Dr. C. das orthopädische Zusatzgutachten vom 11.04.2009 ein. Dr. C. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, die beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Behinderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 40), Kniegelenke (Teil-GdB 40), Hüftgelenke (Teil GdB 10) und unteren Sprunggelenke (Teil-GdB 10) seien mit einem GdB von 60 zu bewerten. Unter orthopädischen Gesichtspunkten seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen „aG“ und „RF“ beim Kläger als nicht erfüllt anzusehen. Wegen des Verdachtes auf eine periphere allgemeine Verschlusskrankheit empfahl er eine weitere Sachaufklärung. Dr. L. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, beim Kläger bestünden auf internistischem Gebiet an Gesundheitsstörungen ein Glaucoma chronicum (Teil-GdB 10), ein varicöser Symptomenkomplex (Teil-GdB 20), eine Refluxkrankheit der Speiseröhre mit Hiatushernie (Teil-GdB 10), ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit sensibler periphere Polyneuropathie (Teil-GdB 40), eine Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung mit unwillkürlichem Stuhlabgang (Teil-GdB 80) und ein Prostata-Karzinom (Teil-GdB 70). Mittels Doppler-sonographischer Untersuchung habe beim Kläger eine arterielle Verschlusskrankheit ausgeschlossen werden können. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ und ein genereller Ausschluss von allen öffentlichen Veranstaltungen seien beim Kläger nicht gegeben. Bezüglich der Harn- und Stuhlinkontinenz sei eine Versorgung mit Inkontinenzartikel möglich. Das Merkzeichen „RF“ sei nicht anzuerkennen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG außerdem das orthopädisch-rheumatologisch-sozialmedizinische Gutachten von PD Dr. Ro. vom 05.02.2010 ein. PD Dr. Ro. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Bewertung, wegen Dorsolumbalgien mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei Skoliose der Lenden- und Brustwirbelsäule, lumbosacraler Übergangsstörung und erheblichen degenerativen Veränderungen, Arthrosen der Iliosacralgelenke und mäßiger Funktionseinschränkung (Teil-GdB 40), erheblichen Arthrosen beider Kniegelenke mit geringen bis mäßigen Funktionseinschränkungen, ohne wesentliche Bandinstabilität, mäßigen Arthrosen beider Hüftgelenke und beider Sprunggelenke, Senk-Spreizfüße, Krallenzehen beidseits jeweils ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und eingeschränktes Gehvermögen (Teil-GdB 30) ergebe sich im Fachgebiet Orthopädie/Rheumatologie ein GdB von 50 und unter Berücksichtigung der anderweitigen Ansätze ein Gesamt-GdB von 100. Anhand der objektivierbaren Funktionsstörungen und der objektivierbaren Gehbehinderung liege eine außergewöhnliche Gehbehinderung nicht vor. Der Kläger gehöre nicht zum Kreis der Behinderten, die an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen könnten. Die vom Kläger benutzte zu kleine Einlage in der Unterhose sei nach vielen Stunden weder von Urin noch von Stuhl verschmutzt und die Unterwäsche nicht verunreinigt sowie eine Geruchsbelästigung nicht vorhanden gewesen.
10 
Der Kläger beantragte in der öffentlichen Sitzung des SG am 23.03.2010 - nach schriftsätzlichem Antrag vom 11.03.2010 - hilfsweise die Einholung eines internistischen Gutachtens gemäß § 109 SGG.
11 
Mit Urteil vom 23.03.2010 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Kläger leide nicht unter einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Auch die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen „RF“) lägen beim Kläger nicht vor. Der Antrag auf Einholung eines internistischen Gutachtens gemäß § 109 SGG werde abgelehnt, weil bereits ein Gutachten gemäß § 109 SGG eingeholt worden sei. Das Antragsrecht nach § 109 SGG sei verbraucht.
12 
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13.04.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.05.2010 (Tag nach Christi Himmelfahrt) Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, das SG habe seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag auf Einholung eines internistischen Gutachtens gemäß § 109 SGG zu Unrecht abgelehnt. Das Gutachten werde belegen, dass die bei ihm bestehende Stuhl- und Harninkontinenz derart ausgeprägt sei, dass im Zusammenspiel mit den orthopädischen Leiden die Voraussetzungen für die Merkzeichen „aG“ und „RF“ erfüllt seien. Dr. C. habe in seinem Gutachten nur am Rande angegeben, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ nicht vorlägen. Der internistischen Expertise des Dr. L. könne keine Begründung entnommen werden, weshalb die Voraussetzungen der Merkzeichen „aG“ und „RF“ nicht vorlägen. Das von Dr. C. wegen des Verdachtes auf eine periphere allgemeine Verschlusskrankheit für erforderlich gehaltene Gutachten habe das SG nicht zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlasst. Im Ergebnis zeige sich, dass das Urteil des SG keinen Bestand haben könne und die Berufung als begründet angesehen werden müsse.
13 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
14 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2007 zu verurteilen, bei ihm die Merkzeichen „RF“ und „aG“ ab 14. August 2007 festzustellen.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
18 
Der Senat hat auf den im Berufungsverfahren weiterverfolgten Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Chefarztes der medizinischen Klinik der F. S. Klinik, B. , Prof. Dr. K. vom 23.02.2011 eingeholt. Prof. Dr. K. gelangte zusammenfassend zu dem Ergebnis, aufgrund der orthopädischen Beschwerden sowie der ausgeprägten Adipositas sei eine Gehbehinderung vorhanden. Das Ausmaß der Gehbehinderung erfülle jedoch nicht die Kriterien der Außergewöhnlichkeit. Der Kläger sei nicht an das Haus gebunden. Eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen sei dem Kläger durchaus möglich. Er könne zumindest an gewissen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Aufgrund der erhobenen Befunde habe beim Kläger bisher noch nie die Situation einer dauerhaften außergewöhnlichen Gehbehinderung oder Unmöglichkeit der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen bestanden.
19 
Mit richterlicher Verfügung vom 07.03.2011 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben unter Fristsetzung bis 10.04.2011 Gelegenheit zur Äußerung erhalten.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
II.
21 
Der Senat kann über die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind auf diese beabsichtigte Vorgehensweise mit richterlicher Verfügung vom 07.03.2011 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung (bis 10.04.2011) erhalten.
22 
Streitgegenständlich ist der Bescheid des Beklagten vom 26.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2007 nur, soweit die Feststellung der Merkzeichen „aG“ und „RF“ abgelehnt wurden. Dem entspricht der Klage- wie auch Berufungsantrag des Klägers. Soweit im streitgegenständlichen Bescheid außerdem unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2007 der GdB mit 100 sowie das Merkzeichen „G“ weiterhin festgestellt wurden, ist der Kläger dadurch nicht beschwert. Einer Anhörung des Klägers bedurfte es insoweit nicht.
23 
Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Merkzeichens „aG“ (1.) und „RF“ (2.).
24 
Nach § 69 Abs. 1 des am 01.07.2002 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), das dem bis dahin geltenden § 4 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) entspricht, stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX).
25 
1. Nach § 69 Abs. 4 SGB IX i.V.m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742), ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich „aG“ in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist.
26 
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 17.07.2009 (BAnz Nr. 110a, S. 1). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen querschnittsgelähmte, doppeloberschenkelamputierte, doppelunterschenkelamputierte, hüftexartikulierte und einseitig oberschenkelamputierte Menschen, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von inneren Erkrankungen, dem vorstehend angeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
27 
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
28 
Die Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist vorliegend rechtlich nicht beachtlich. Die Regelungen der VG zum Merkzeichen „aG“ sind mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und unwirksam. Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) die Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich „aG“ durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht in SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Der Senat geht nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urt. vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) insoweit von einer Teilnichtigkeit der VersMedV aus, da der Teil der VG - als Anhang zu § 2 Teil der Verordnung - durch die Unwirksamkeit der genannten Regelungen nicht berührt wird und auch im übrigen die Regelungen der VersMedV nicht betroffen sind. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind daher allein die genannten gesetzlichen Regelungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
29 
Der Kläger, der unstreitig nicht zum ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehört, ist diesem Personenkreis auch nicht gleichgestellt, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere den im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen und auf Anträge des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten, für den Senat fest.
30 
Nach den von Dr. C. in seinem orthopädischen Zusatzgutachten vom 11.04.2009 erhobenen Befunden - insbesondere an der Lendenwirbelsäule und an den unteren Extremitäten des Klägers - bestehen keine Funktionseinschränkungen, die eine Gleichstellung mit dem oben genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten plausibel machen. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. C. in seinem Gutachten, der die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ beim Kläger (unter orthopädischen Gesichtspunkten) nicht als erfüllt ansieht. Diese Bewertung von Dr. C. wird auch durch das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von PD Dr. Ro. vom 05.02.2010 bestätigt. Auch nach den von PD Dr. Ro. erhobenen Befunden bestehen beim Kläger auf orthopädischem Gebiet keine Funktionseinschränkungen, die eine Gleichstellung mit dem oben genannten Personenkreis begründen. Vielmehr besteht nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen im Gutachten von PD Dr. Ro. beim Kläger eine nicht ohne weiteres erklärbare Diskrepanz der subjektiven Einschätzung des Gehvermögens und den objektiven Befunden der Untersuchung und der Ganganalyse mit einem objektiv besseren Gehvermögen des Klägers. Wiederholt ergaben sich Hinweise auf diskrepante Angaben und Befunde, eine Aggravation und eine reduzierte Compliance des Klägers, sodass eine bewusste Aggravation nicht auszuschließen ist. Auch PD Dr. Ro. gelangte in seinem Gutachten zu der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung, dass anhand der objektivierbaren Funktionsstörungen und der objektivierbaren Gehbehinderung aus orthopädisch-rheumatologischer Sicht eine außergewöhnliche Gehbehinderung beim Kläger nicht vorliegt.
31 
Die beim Kläger zudem bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen auf internistischem Gebiet rechtfertigen für sich und in ihrem Zusammenwirken mit den auf orthopädischem Gebiet liegenden Funktionsbeeinträchtigungen keine andere Beurteilung. Beim Kläger bestehen nach dem Gutachten von Dr. L. vom 07.05.2009 auf internistischem Gebiet mit Ausnahme der sich nicht auf die Gehfähigkeit des Klägers auswirkenden Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung, des Prostata-Karzinoms und des Diabetes mellitus nur leichtgradige Funktionsbeeinträchtigungen mit Teil-GdB-Werten von 10 bzw. 20 wegen varicösen Syndromkomplexes. Diese leichten Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigen nach der überzeugenden Bewertung von Dr. L. in seinem Gutachten - auch unter Berücksichtigung der übrigen Funktionsbeeinträchtigungen - die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ nicht. Die Polyneuropathie bedingt nach dem Gutachten von Dr. C. keine motorischen Ausfälle, die eine außergewöhnliche Gehbehinderung hervorrufen. Solche Ausfälle hat auch PD Dr. Ro. in seinem Gutachten nicht festgestellt. Diese Bewertung wird auch durch das im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. K. vom 23.02.2011 bestätigt. Prof. Dr. K. gelangt für den Senat nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis, dass - lediglich - aufgrund der orthopädischen Beschwerden sowie einer ausgeprägten Adipositas beim Kläger eine Gehbehinderung vorhanden ist. Der Kläger war jedoch nach den Ausführungen von Prof. Dr. K. insbesondere in der Lage, die Distanz zwischen dem Parkplatz und dem Untersuchungsbereich sowie zwischen den einzelnen Funktionsbereichen zwar mit Hilfe von Gehstützen, jedoch ohne fremde Hilfe in angemessener Zeit ohne übermäßige Anstrengung zurückzulegen. Damit erfüllt der Kläger die dargestellten Kriterien einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nicht. Auch PD Dr. Ro. hat in seinem Gutachten eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers durch Erkrankungen der inneren Organe, die eine Gleichstellung mit dem genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten rechtfertigen könnte, verneint. Weiter haben Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 28.03.2008 - auf urologischem Fachgebiet - eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers verneint.
32 
Der abweichenden Bewertung von Dr. W. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 24.05.2008 kann nicht gefolgt werden. Seine Einschätzung ist nach der aktenkundigen Befundlage und der von ihm genannten Befunde nicht nachvollziehbar, worauf Dr. G. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2008 an das SG überzeugend hingewiesen hat. Der Senat folgt vielmehr den übereinstimmenden und überzeugenden Bewertungen von Dr. C. , Dr. L. , PD Dr. Ro. und Prof. Dr. K. .
33 
2. Wegen der Voraussetzungen des Merkzeichens „RF“ ist für den in Baden-Württemberg wohnhaften Kläger seit 01.04.2005 Art 5 § 6 Absatz 1 Nr. 8 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 8. bis 15.10.2004 i.d.F. des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.3.2005 (GBl. 2005, 189) heranzuziehen. Danach werden u.a. behinderte Menschen, deren GdB nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können, von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Ein sonstiger Gebührenbefreiungstatbestand scheidet beim Kläger aus.
34 
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Es ist zwar ein GdB von 100 festgestellt; der Kläger ist jedoch nicht ständig gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
35 
Unter öffentlichen Veranstaltungen in diesem Sinne sind alle Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und wirtschaftlicher Art zu verstehen (BSG, Urt. v. 10.08.1993 -9/9a RVs 7/91 -, SozR 3-3870 § 48 Nr. 2; Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 -, SozR 3-3780 § 4 Nr. 7). Die Unmöglichkeit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist nur dann gegeben, wenn der Schwerbehinderte wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch ausgeschlossen ist, also allenfalls an einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher Veranstaltungen teilnehmen kann. Bei der vom BSG vertretenen Auslegung muss der behinderte Mensch praktisch an das Haus gebunden sein, um seinen Ausschluss an öffentlichen Veranstaltungen begründen zu können (ständ. Rspr. des Senats, vgl. stellvertr. Beschluss vom 20.08.2010 - L 8 SB 818/10 -, unveröffentlicht). Das BSG hält es zunehmend für zweifelhaft, ob durch den Nachteilsausgleich RF tatsächlich ein behinderungsbedingter Mehraufwand ausgeglichen wird, und ob es sozial geboten erscheint, bestimmten finanziell nicht bedürftigen Personengruppen die Benutzung solcher gewöhnlichen Geräte zu finanzieren. Diese Frage - so das BSG - bedürfe keiner abschließenden Klärung, verdeutliche aber, dass an einer engen Auslegung für das Merkzeichen „RF“ festgehalten werde (BSG, Urteil vom 10.08.1993 - 9/9a RVs 7/91 - a.a.O.).
36 
Hiervon ausgehend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger trotz der bei ihm zweifellos vorliegenden zahlreichen Funktionsbeeinträchtigungen, die der Senat nicht verkennt, in zumutbarer Weise öffentliche Veranstaltungen in einem nennenswerten Teil der Gesamtheit aufsuchen kann. Daran ist der Kläger - entgegen seiner Ansicht - insbesondere nicht aufgrund der bei ihm bestehenden Harn- und Stuhlinkontinenz gehindert. Dies steht zur Überzeugung des Senates aufgrund der im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen und auf Anträge des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten und der vorliegenden Befundunterlagen fest.
37 
Nach dem Gutachten von Dr. L. vom 07.05.2009 besteht beim Kläger nach einer Colektomie mit Ileorektoskomie im Juli 2006 eine Inkontinenz. Dadurch ist der Kläger jedoch nicht generell vom Besuch öffentlicher Veranstaltungen ausgeschlossen. Der Kläger kann vielmehr einer durch unwillkürlichen Stuhl- und Urinabgang auftretenden Belästigung durch das Anziehen von einmal zu tragenden Windelhosen entgegen wirken. Das Tragen solcher Windelhosen ist dem Kläger nach der Rechtsprechung des Senats auch zumutbar (vgl. Urteil des Senats vom 18.03.2005 - L 8 SB 2366/03 - , Juris); insbesondere wird er dadurch nicht in seinen - grundgesetzlich - geschützten Rechten verletzt. Nach der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung von Dr. L. ist dem Kläger hinsichtlich der Harn- und Stuhlinkontinenz eine Versorgung mit Inkontinenzartikel möglich, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger allgemein und umfassend vom Besuch öffentlicher Veranstaltungen ausgeschlossen ist. Zu dieser Bewertung gelangt auch PD Dr. Ro. in seinem Gutachten vom 05.02.2010. Der Kläger trug bei der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung keine Windelhose, sondern eine - zu kleine - Vorlage. Der Anus war nicht verschmutzt. Urinspuren fanden sich weder in der Einlage noch im Bereich der Unterhose, wie PD Dr. Ro. gegen 13.30 Uhr (nach mindestens 5 Stunden Abwesenheit außer Haus des Klägers) festgestellt hat. Auch eine Geruchsbelästigung war während der gesamten Gutachtensuntersuchung nicht festzustellen. Auch Prof. Dr. K. gelangte in seinem Gutachten vom 23.02.2011 zu der Bewertung, dass der Kläger trotz seiner Inkontinenz zumindest an gewissen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann. Im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. K. musste der Kläger in der Zeit zwischen 8 Uhr und 14.30 Uhr zweimal die Toilette besuchen. Es fanden sich geringgradige Stuhlspuren in der Einlage. Eine relevante Geruchsbelästigung bestand jedoch nicht. Die Untersuchung musste auch wegen Stuhldrangs bzw. eines Toilettenbesuches nicht unterbrochen oder verschoben werden. Auch sonst fiel der Kläger zwischen den einzelnen Untersuchungen im Wartebereich nicht negativ auf. Danach kann beim Kläger von einer schweren Urin- oder Stuhlinkontinenz, die ihn allgemein und umfassend am Besuch von öffentlichen Veranstaltungen hindert, nicht ausgegangen werden. Davon gehen auch Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 28.03.2008 aus.
38 
Der davon abweichenden Bewertung von Dr. W. kann wiederum nicht gefolgt werden. Dr. W. begründet seine Ansicht damit, dass der Kläger wegen der Möglichkeit des Wechsels der Einlagen/Windeln an die Nähe einer Toilette gebunden ist. Dieser Umstand rechtfertigt für sich nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht schon die Annahme, dass der Kläger deswegen ständig am Besuch von öffentlichen Veranstaltungen gehindert ist. Der Senat folgt vielmehr den überzeugenden und übereinstimmenden gutachterlichen Bewertungen von Dr. L. , PD Dr. Ro. , Prof. Dr. K. und Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. .
39 
Auch sonst bestehen keine Gesundheitsstörungen, die den Kläger am Besuch öffentlicher Veranstaltung hindern. Insbesondere liegen beim Kläger auf orthopädischem Gebiet keine Funktionsbeeinträchtigungen vor, die eine solche Annahme rechtfertigen. Dies ergibt sich für den Senat aus den überzeugenden Bewertungen von Dr. C. im Gutachten vom 11.04.2009 und PD Dr. Ro. im Gutachten vom 05.02.2010, die - unter orthopädischen Gesichtspunkten - die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „RF“ verneint haben, denen der Senat folgt. Der Kläger hat im Übrigen wegen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet die Zuerkennung des Merkzeichens „RF“ substantiiert nicht geltend gemacht.
40 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den maßgeblichen Sachverhalt durch die vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen sowie die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen für aufgeklärt.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
42 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.

(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.

(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen, besonders eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Satz 1 gilt auch für schwerbehinderte Menschen im Anschluss an eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und für teilzeitbeschäftigte schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 158 Absatz 2.

(2) Ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, wird auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Satz 1 gilt auch während der Zeit einer Ausbildung im Sinne des § 51 Absatz 2, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt wird. Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet; Absatz 1 bleibt unberührt.

(3) Bescheide über die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen auf mehr als drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen, die vor dem 1. August 1986 erlassen worden sind, gelten fort.

(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.

(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.

(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen, besonders eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Satz 1 gilt auch für schwerbehinderte Menschen im Anschluss an eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und für teilzeitbeschäftigte schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 158 Absatz 2.

(2) Ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, wird auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Satz 1 gilt auch während der Zeit einer Ausbildung im Sinne des § 51 Absatz 2, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt wird. Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet; Absatz 1 bleibt unberührt.

(3) Bescheide über die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen auf mehr als drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen, die vor dem 1. August 1986 erlassen worden sind, gelten fort.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.

(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.

(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht, ob der Kläger am 08.08.2012 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der am … 1963 geborene Kläger ist als Nebenerwerbslandwirt bei der Beklagten in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Im Hauptberuf ist er als Außendienst-Vertreter bei der Firma W./K. beschäftigt. Zum Unfallzeitpunkt bewirtschaftete der Kläger ein in seinem Eigentum stehendes Waldgrundstück von 1,13 ha und versorgte 4 Schweine und 30 Kaninchen.
Am 08.08.2012 stürzte der Kläger auf der von ihm bewirtschafteten Hofstelle seiner Eltern in I.-D., L.. 10, von einem Anhänger und geriet dabei mit der linken Hand in eine auslaufende Kreissäge. Hierbei erlitt er eine Metacarpale-V-Trümmerfraktur intraartikulär, eine Strecksehnendefektverletzung DIII-IV sowie eine Abtrennung der Extensor carpi ulnaris (vgl. stationärer Zwischenbericht vom 10.10.2012, Bl. 44 Behördenakten - BA). Die Erstversorgung erfolgte im Krankenhaus H., die weitere Behandlung mit mehreren Operationen in den S.-Kliniken H., Klinikum am G..
Ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom 08.08.2012 gab der Kläger gegenüber den Ärzten der S.-Kliniken zum Unfallhergang an, an diesem Tag als Nebenerwerbsbauer Holz gemacht zu haben. Beim Aufstapeln von Holz auf einen Anhänger sei er von diesem abgerutscht und mit dem ganzen Körper auf eine auslaufende Kreissäge gefallen. Hierbei sei er mit der linken Hand ins Sägeblatt geraten.
Noch während des ersten bis zum 23.08.2012 dauernden stationären Aufenthaltes in den S.-Kliniken suchte ein Mitarbeiter der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft den Kläger am 15.08.2012 dort auf, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. In dem hierzu gefertigten Besuchsbericht wird ausgeführt, nach den Angaben des Klägers habe dieser „zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder Holz (auch für den Eigenbedarf zum Heizen im Winter) gemacht“. Am Unfalltag hätten sie mit der Kreissäge das Holz klein gesägt und er sei damit beschäftigt gewesen, die Holzscheite auf dem Anhänger zu schichten. Dabei sei er vom Anhänger gestürzt und mit der Hand in die bereits ausgeschaltete, aber noch nachlaufende Kreissäge gestürzt. Bei dem Besuch habe sich der Kläger nach Berechnung und Höhe des Verletztengeldes erkundigt, da er vor kurzem gebaut und fünf Kinder zu versorgen habe.
In seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 führte der Kläger zum Unfallhergang aus, er sei während seines Urlaubes zu seinen Eltern gefahren, um Brennholz für sich zu besorgen. Dies erledige er jedes Jahr. Den ganzen Tag über hätten sein Vater, sein Bruder und er mit dem Hänger Holz aus dem Wald geholt, um dieses dann im Vorhof seiner Eltern mit der Kreissäge in Brennholzstücke zu sägen. Der Hänger mit dem Holz sowie der Kipper mit dem bereits zugesägten Brennholz hätten mit wenig Abstand vor der Kreissäge gestanden. Als der Hänger mit dem Holz entladen gewesen sei und er sein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. geladen gehabt habe und eigentlich nur noch vom Kipper habe runterklettern wollen, sei es zu dem Unfall gekommen.
Im ebenfalls am 12.09.2012 ausgefüllten „Fragebogen Holzaufbereitung“ hat der Kläger zur Frage, für wen das Holz bestimmt oder vorgesehen gewesen sei, eingetragen: „Für mich selbst“ (B Nr. 2). Auf die Frage, für welche Zwecke am Unfalltag das Holz habe bearbeitet oder aufbereitet bzw. wofür es habe verwendet werden sollen, mit prozentualer Angabe bei mehreren Verwendungszwecken, hat der Kläger angegeben, das Holz habe zu 100 % zur Heizung von Wohnstock und Kachelofen verwendet werden sollen (B Nr. 3). Die Antwortalternativen „Zum Kochen von Viehfutter für folgende Tiere…% des Holzes“, „Brennholz für…% des Holzes“ und „Verkauf an…% des Holzes“ hat der Kläger nicht angekreuzt. Außerdem hat der Kläger angegeben, das Holz stamme aus dem eigenen Wald (B Nr. 4), es habe sich um eine Menge von insgesamt 6 Raummeter (Ster) gehandelt (B Nr. 6).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.09.2012 die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, die forstwirtschaftliche Tätigkeit sei in der Regel mit dem Abladevorgang beendet. Die spätere Verarbeitung zu Brennholz für den Haushalt sei eine Tätigkeit im Interesse der Hauswirtschaft. Dem Haushalt des landwirtschaftlichen Unternehmers dienende Tätigkeiten stünden dann unter Versicherungsschutz, wenn der Haushalt dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich diene, der Haushalt also auf das Unternehmen hin ausgerichtet sei und dieses dem Haushalt das Gepräge gebe. Der Haushalt werde insoweit Bestandteil des Unternehmens. Aufgrund der Größe und Struktur des hier veranlagten landwirtschaftlichen Unternehmens bestehe ein solcher versicherter Haushalt vorliegend nicht. Das Aufarbeiten von Brennholz als dem Haushalt dienende Tätigkeit sei somit unversichert gewesen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 30.09.2012 Widerspruch eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, er sei am 07. und 08.08.2012 mit seinem Vater mit Holzarbeiten beschäftigt gewesen. Er habe das im Wald gelagerte Holz auf einem Anhänger in seinen landwirtschaftlichen Betrieb geschafft. Das Holz sei mittels einer Kreissäge auf Ofengröße gesägt worden. Die Brennholzstücke seien dann in einem weiteren Arbeitsgang auf einen zweiten, bereitgestellten Anhänger gestapelt worden. Am 08.08.2012 sei sein Bruder, M. M., ebenfalls mit dem Sägen und Stapeln des Holzes beschäftigt gewesen. Das zu verarbeitende Brennholz sei nicht nur für seinen, des Klägers, Privatgebrauch vorgesehen gewesen. Vielmehr seien die zu verarbeitenden Holzstämme für die Eheleute H. bestimmt gewesen, die die Anlieferung von etwa 6 Raummeter in Auftrag gegeben hätten. Bereits vor Anlieferung des Brennholzes aus dem Wald sei mit dem Bruder vereinbart worden, dass das Holz zum Weiterverkauf an die Eheleute H. verarbeitet werden solle. Er habe, wie auf dem beigefügten Lichtbild zu erkennen, den bereit gestellten Anhänger seitlich erhöht, um die angeforderte Menge Holz in das etwa 40 km entfernte M. in einer Fahrt zu überführen. Ihm sei beim Ausfüllen des Fragebogens nicht bewusst gewesen, dass er zwischen den einzelnen Holzfuhren zu unterscheiden habe. Das weitere Holz, das im Zeitraum 07. und 08.08.2012 verarbeitet worden sei, habe zur Erwärmung von Wasser gedient, mit dem die für die Schweine bestimmten Kartoffeln hätten gekocht werden sollen.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2012 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen, da die nunmehr gemachten Angaben von den zeitlich ersten Angaben im Hinblick auf die spätere Verwendung des Brennholzes erheblich abwichen. Den zeitlich ersten Aussagen komme besondere Bedeutung zu, da sie noch von irgendwelchen Wunschvorstellungen unbeeinflusst seien.
11 
Hiergegen hat der Kläger am 28.12.2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, er habe im Vertrauen auf die Eintrittspflicht der Beklagten nur geringe Aufmerksamkeit bei dem Ausfüllen des Fragebogens zur Unfallanzeige walten lassen. Er habe nicht zwischen den einzelnen Arbeitsschritten unterschieden und den Vorgang pauschal dargestellt.
12 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger auf Fragen des Gerichts weiter ausgeführt, das Holz werde nur gelegentlich an Verwandte verkauft, ein Verkauf an weitere Bekannte erfolge nicht. Frau H. sei seine Nichte. Am 08.08.2012 habe ein Anhänger mit Holz an sie nach Z. geliefert werden sollen. Für die Anlieferung habe er extra hohe Bordwände an den Anhänger angebracht. Auf diesem Anhänger habe sich dann der Unfall ereignet. Es sei geplant gewesen, das Holz am nächsten Morgen, am 09.08.2012, nach Z. zu transportieren. Es sei vereinbart gewesen, einen Kipper voller Holz nach Z. zu bringen, dies entspreche einer Menge von 6 Raummetern. Auf Frage, weshalb er in der Unfallanzeige andere Angaben gemacht habe, hat der Kläger erklärt, er sei psychisch so fertig gewesen, und habe nicht mehr zwischen den beiden Hängern unterschieden. Er sei im Krankenhaus von einem Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft besucht worden, der ihm zugesichert habe, es handele sich um einen klassischen BG-Fall. Er habe sich dann keine Gedanken mehr darüber gemacht und zu diesem Zeitpunkt auch andere Sorgen gehabt. Sie hätten im Jahr 2012 zum ersten Mal Holz verkauft.
13 
Außerdem hat das SG den Bruder des Klägers, M. M., als Zeugen vernommen. Dieser hat angegeben, der Großteil des Holzes sei schon gesägt gewesen, als er am 08.08.2012 gegen dreiviertel vier auf den Hof seiner Eltern gekommen sei. Er habe das meterlange Holz runter zu seinem Vater gegeben, der es gesägt und die kurzen Stücke zu seinem Bruder, dem Kläger, auf den Hänger hochgeworfen habe. Sein Bruder habe auf dem Hänger gestanden, der ursprünglich noch abends nach Z. hätte gefahren werden sollen. Dies sei dann aber erst 4 bis 5 Wochen später geschehen. Es sei bereits Wochen zuvor ausgemacht worden, das Brennholz an seine Tochter zu liefern.
14 
Mit Urteil vom 18.02.2015 hat das SG festgestellt, dass das Ereignis vom 08.08.2012 einen Arbeitsunfall darstellt. Nach der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass das Holz für den Verkauf an die Nichte des Klägers vorgesehen gewesen sei. Das konkret zu verarbeitende Holz habe sich auf dem eigens für den Transport vorgesehenen Hänger mit hohen Aufsatzbrettern befunden. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge hätten glaubhaft und übereinstimmend dargelegt, dass die hohen Ladewände des Anhängers extra für den Transport angebracht worden seien, was vor allem vor dem Hintergrund des langen Fahrtweges nach Z. einleuchtend sei. Bei einem Hänger ohne Bordwände hätte sich der Unfall nicht in dieser Form ereignet, denn auf den Hänger ohne Bordwände, auf welchem das Holz für den Eigengebrauch gestapelt gewesen sei, hätte der Kläger nicht hochsteigen müssen. Die Erstangaben des Klägers im Unfallfragebogen und im Fragebogen Holz seien durch die nunmehr getätigten Angaben und Aussagen des Klägers und des Zeugen widerlegt, die in sich widerspruchsfrei und schlüssig seien. Die Angaben des Klägers deckten sich mit der Aussage des glaubwürdigen Zeugen. Es sei vor dem Hintergrund des Ausmaßes und des Schocks der erlittenen Verletzung durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger dem Ausfüllen des Unfallfragebogens keine Bedeutung beigemessen habe. Zum anderen sei vor dem Hintergrund der familiären Bindungen glaubhaft, dass der Kläger in dieser Situation nicht mehr zwischen dem am Vortag für die eigene Familie und den eigenen Gebrauch zubereiteten Holz und dem für den Verkauf vorgesehenen Holz differenziert habe.
15 
Gegen das der Beklagten am 03.03.2015 zugestellte Urteil hat diese am 20.03.2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung nochmals auf die einer Feststellung als Arbeitsunfall entgegen stehenden Erstangaben des Klägers hingewiesen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er hat zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, unverzüglich seine Angaben korrigiert zu haben, nachdem er deren Unrichtigkeit im Unfallbogen erkannt habe.
21 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2015 den Kläger nochmals befragt und dessen Bruder, M. M., als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.05.2015 verwiesen.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
32 
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
33 
Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
34 
Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
35 
Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
36 
Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
37 
Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
38 
Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
39 
Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
40 
Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
41 
Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
42 
Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
43 
Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
32 
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
33 
Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
34 
Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
35 
Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
36 
Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
37 
Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
38 
Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
39 
Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
40 
Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
41 
Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
42 
Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
43 
Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.

(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch

a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung,
b)
eine Kriegsgefangenschaft,
c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit,
d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist,
e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen,
f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.

(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.

(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.

(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.

(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.

(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.

(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.03.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) außergewöhnliche Gehbehinderung („aG“) und Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht („RF“) vorliegen.
Bei dem am … 1933 geborenen Kläger stellte das Landratsamt K. - Amt für Versorgung und Rehabilitation - (LRA) mit Bescheid vom 09.12.2005 wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke und beider Kniegelenke (Teil-GdB 50), Diabetes mellitus (Teil-GdB 30), Bluthochdruck, Krampfadern, Refluxkrankheit der Speiseröhre und Sehminderung beidseits (Teil-GdB jeweils 10) den GdB mit 60 neu sowie das Merkzeichen „G“ weiterhin fest. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch des Klägers blieb mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2006 erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren (Az. S 10 SB 976/06) beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) schlossen die Beteiligten unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Teilverlustes des Dickdarms, Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 80) einen Vergleich dahin, beim Kläger den GdB mit 100 ab 01.07.2006 neu sowie das Merkzeichen „G“ weiterhin festzustellen, der mit Bescheid vom 10.04.2007 vom LRA ausgeführt wurde.
Am 14.08.2007 beantragte der Kläger die Feststellung der Merkzeichen „aG“ und „RF“. Das LRA nahm den Entlassungsbericht der R. Kliniken D. vom 17.10.2006, den radiologischen Befundbericht von Dr. S. vom 13.03.2007 sowie Berichte der Urologischen Universitätsklinik H. vom 16.08.2007 und vom 26.07.2007 zu den Akten. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. B. vom 24.09.2007, der unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Erkrankung der Prostata mit einem Teil-GdB von 60 den GdB weiterhin mit 100 vorschlug und die Voraussetzungen für die Merkzeichen „aG“ und „RF“ verneinte) stellte das LRA beim Kläger mit Bescheid vom 26.09.2007 (unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2007) den GdB mit 100 und das Merkzeichen „G“ weiterhin fest und lehnte die Voraussetzungen für die Feststellung der Merkzeichen „aG“ und „RF“ ab.
Gegen den Bescheid vom 26.09.2007 legte der Kläger am 01.10.2007 Widerspruch ein, der vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.12.2007 beim SG Klage. Er machte zur Begründung geltend, die Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2007 sei mangels Anhörung formell rechtswidrig. Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ seien dezidierte Ermittlungen des Beklagten zu vermissen. Aussagekräftige medizinische Unterlagen lägen nicht vor. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens „aG“ bei ihm vorlägen. Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Merkzeichen „RF“ habe der Beklagte hinsichtlich einer bestehenden Harn- und Stuhlinkontinenz und einer damit verbundenen Geruchsbelästigung nichts ermittelt. Seine orthopädischen Leiden und die bestehende Harn- und Stuhlinkontinenz führten dazu, dass er an öffentlichen Veranstaltungen auf Dauer nicht mehr teilnehmen könne.
Das SG hörte Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. und Dr. W. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Urologen Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. teilten in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 28.03.2008 unter Vorlage weiterer medizinischen Unterlagen den Behandlungsverlauf, die erhobenen Befunde und Diagnosen (Prostatakarzinom) mit. Sie verneinten eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers sowie seine Zugehörigkeit zum Kreis der Behinderten, die wegen ihres Leidens ständig nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen könnten. Dr. W. teilte in seiner Stellungnahme vom 24.05.2008 unter Vorlage weiterer Befundunterlagen die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen mit. Der Kläger sei wegen internistischer Erkrankungen, einer arteriellen Verschlusskrankheit, einer diabetischen Polyneuropathie und wegen erheblichen Übergewichts als außergewöhnlich gehbehindert anzusehen. Zudem sei er durch eine Harn- und Stuhlinkontinenz zum Wechsel der Einlagen/Windeln an die Nähe einer Toilette gebunden. Infolge der bestehenden Erkrankungen und Behinderungen sei der Kläger nicht in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 17.09.2008 entgegen.
Das SG holte von Amts wegen von Dr. L. das internistische Gutachten vom 07.05.2009 und von Dr. C. das orthopädische Zusatzgutachten vom 11.04.2009 ein. Dr. C. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, die beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Behinderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 40), Kniegelenke (Teil-GdB 40), Hüftgelenke (Teil GdB 10) und unteren Sprunggelenke (Teil-GdB 10) seien mit einem GdB von 60 zu bewerten. Unter orthopädischen Gesichtspunkten seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen „aG“ und „RF“ beim Kläger als nicht erfüllt anzusehen. Wegen des Verdachtes auf eine periphere allgemeine Verschlusskrankheit empfahl er eine weitere Sachaufklärung. Dr. L. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, beim Kläger bestünden auf internistischem Gebiet an Gesundheitsstörungen ein Glaucoma chronicum (Teil-GdB 10), ein varicöser Symptomenkomplex (Teil-GdB 20), eine Refluxkrankheit der Speiseröhre mit Hiatushernie (Teil-GdB 10), ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit sensibler periphere Polyneuropathie (Teil-GdB 40), eine Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung mit unwillkürlichem Stuhlabgang (Teil-GdB 80) und ein Prostata-Karzinom (Teil-GdB 70). Mittels Doppler-sonographischer Untersuchung habe beim Kläger eine arterielle Verschlusskrankheit ausgeschlossen werden können. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ und ein genereller Ausschluss von allen öffentlichen Veranstaltungen seien beim Kläger nicht gegeben. Bezüglich der Harn- und Stuhlinkontinenz sei eine Versorgung mit Inkontinenzartikel möglich. Das Merkzeichen „RF“ sei nicht anzuerkennen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG außerdem das orthopädisch-rheumatologisch-sozialmedizinische Gutachten von PD Dr. Ro. vom 05.02.2010 ein. PD Dr. Ro. gelangte in seinem Gutachten zusammenfassend zu der Bewertung, wegen Dorsolumbalgien mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei Skoliose der Lenden- und Brustwirbelsäule, lumbosacraler Übergangsstörung und erheblichen degenerativen Veränderungen, Arthrosen der Iliosacralgelenke und mäßiger Funktionseinschränkung (Teil-GdB 40), erheblichen Arthrosen beider Kniegelenke mit geringen bis mäßigen Funktionseinschränkungen, ohne wesentliche Bandinstabilität, mäßigen Arthrosen beider Hüftgelenke und beider Sprunggelenke, Senk-Spreizfüße, Krallenzehen beidseits jeweils ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und eingeschränktes Gehvermögen (Teil-GdB 30) ergebe sich im Fachgebiet Orthopädie/Rheumatologie ein GdB von 50 und unter Berücksichtigung der anderweitigen Ansätze ein Gesamt-GdB von 100. Anhand der objektivierbaren Funktionsstörungen und der objektivierbaren Gehbehinderung liege eine außergewöhnliche Gehbehinderung nicht vor. Der Kläger gehöre nicht zum Kreis der Behinderten, die an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen könnten. Die vom Kläger benutzte zu kleine Einlage in der Unterhose sei nach vielen Stunden weder von Urin noch von Stuhl verschmutzt und die Unterwäsche nicht verunreinigt sowie eine Geruchsbelästigung nicht vorhanden gewesen.
10 
Der Kläger beantragte in der öffentlichen Sitzung des SG am 23.03.2010 - nach schriftsätzlichem Antrag vom 11.03.2010 - hilfsweise die Einholung eines internistischen Gutachtens gemäß § 109 SGG.
11 
Mit Urteil vom 23.03.2010 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Kläger leide nicht unter einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Auch die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen „RF“) lägen beim Kläger nicht vor. Der Antrag auf Einholung eines internistischen Gutachtens gemäß § 109 SGG werde abgelehnt, weil bereits ein Gutachten gemäß § 109 SGG eingeholt worden sei. Das Antragsrecht nach § 109 SGG sei verbraucht.
12 
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13.04.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.05.2010 (Tag nach Christi Himmelfahrt) Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, das SG habe seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag auf Einholung eines internistischen Gutachtens gemäß § 109 SGG zu Unrecht abgelehnt. Das Gutachten werde belegen, dass die bei ihm bestehende Stuhl- und Harninkontinenz derart ausgeprägt sei, dass im Zusammenspiel mit den orthopädischen Leiden die Voraussetzungen für die Merkzeichen „aG“ und „RF“ erfüllt seien. Dr. C. habe in seinem Gutachten nur am Rande angegeben, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ nicht vorlägen. Der internistischen Expertise des Dr. L. könne keine Begründung entnommen werden, weshalb die Voraussetzungen der Merkzeichen „aG“ und „RF“ nicht vorlägen. Das von Dr. C. wegen des Verdachtes auf eine periphere allgemeine Verschlusskrankheit für erforderlich gehaltene Gutachten habe das SG nicht zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlasst. Im Ergebnis zeige sich, dass das Urteil des SG keinen Bestand haben könne und die Berufung als begründet angesehen werden müsse.
13 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
14 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2007 zu verurteilen, bei ihm die Merkzeichen „RF“ und „aG“ ab 14. August 2007 festzustellen.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
18 
Der Senat hat auf den im Berufungsverfahren weiterverfolgten Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Chefarztes der medizinischen Klinik der F. S. Klinik, B. , Prof. Dr. K. vom 23.02.2011 eingeholt. Prof. Dr. K. gelangte zusammenfassend zu dem Ergebnis, aufgrund der orthopädischen Beschwerden sowie der ausgeprägten Adipositas sei eine Gehbehinderung vorhanden. Das Ausmaß der Gehbehinderung erfülle jedoch nicht die Kriterien der Außergewöhnlichkeit. Der Kläger sei nicht an das Haus gebunden. Eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen sei dem Kläger durchaus möglich. Er könne zumindest an gewissen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Aufgrund der erhobenen Befunde habe beim Kläger bisher noch nie die Situation einer dauerhaften außergewöhnlichen Gehbehinderung oder Unmöglichkeit der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen bestanden.
19 
Mit richterlicher Verfügung vom 07.03.2011 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben unter Fristsetzung bis 10.04.2011 Gelegenheit zur Äußerung erhalten.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
II.
21 
Der Senat kann über die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind auf diese beabsichtigte Vorgehensweise mit richterlicher Verfügung vom 07.03.2011 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung (bis 10.04.2011) erhalten.
22 
Streitgegenständlich ist der Bescheid des Beklagten vom 26.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2007 nur, soweit die Feststellung der Merkzeichen „aG“ und „RF“ abgelehnt wurden. Dem entspricht der Klage- wie auch Berufungsantrag des Klägers. Soweit im streitgegenständlichen Bescheid außerdem unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2007 der GdB mit 100 sowie das Merkzeichen „G“ weiterhin festgestellt wurden, ist der Kläger dadurch nicht beschwert. Einer Anhörung des Klägers bedurfte es insoweit nicht.
23 
Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Merkzeichens „aG“ (1.) und „RF“ (2.).
24 
Nach § 69 Abs. 1 des am 01.07.2002 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), das dem bis dahin geltenden § 4 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) entspricht, stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX).
25 
1. Nach § 69 Abs. 4 SGB IX i.V.m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742), ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich „aG“ in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist.
26 
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 17.07.2009 (BAnz Nr. 110a, S. 1). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen querschnittsgelähmte, doppeloberschenkelamputierte, doppelunterschenkelamputierte, hüftexartikulierte und einseitig oberschenkelamputierte Menschen, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von inneren Erkrankungen, dem vorstehend angeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
27 
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
28 
Die Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist vorliegend rechtlich nicht beachtlich. Die Regelungen der VG zum Merkzeichen „aG“ sind mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und unwirksam. Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) die Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich „aG“ durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht in SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Der Senat geht nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urt. vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) insoweit von einer Teilnichtigkeit der VersMedV aus, da der Teil der VG - als Anhang zu § 2 Teil der Verordnung - durch die Unwirksamkeit der genannten Regelungen nicht berührt wird und auch im übrigen die Regelungen der VersMedV nicht betroffen sind. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind daher allein die genannten gesetzlichen Regelungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
29 
Der Kläger, der unstreitig nicht zum ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehört, ist diesem Personenkreis auch nicht gleichgestellt, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere den im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen und auf Anträge des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten, für den Senat fest.
30 
Nach den von Dr. C. in seinem orthopädischen Zusatzgutachten vom 11.04.2009 erhobenen Befunden - insbesondere an der Lendenwirbelsäule und an den unteren Extremitäten des Klägers - bestehen keine Funktionseinschränkungen, die eine Gleichstellung mit dem oben genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten plausibel machen. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. C. in seinem Gutachten, der die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ beim Kläger (unter orthopädischen Gesichtspunkten) nicht als erfüllt ansieht. Diese Bewertung von Dr. C. wird auch durch das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von PD Dr. Ro. vom 05.02.2010 bestätigt. Auch nach den von PD Dr. Ro. erhobenen Befunden bestehen beim Kläger auf orthopädischem Gebiet keine Funktionseinschränkungen, die eine Gleichstellung mit dem oben genannten Personenkreis begründen. Vielmehr besteht nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen im Gutachten von PD Dr. Ro. beim Kläger eine nicht ohne weiteres erklärbare Diskrepanz der subjektiven Einschätzung des Gehvermögens und den objektiven Befunden der Untersuchung und der Ganganalyse mit einem objektiv besseren Gehvermögen des Klägers. Wiederholt ergaben sich Hinweise auf diskrepante Angaben und Befunde, eine Aggravation und eine reduzierte Compliance des Klägers, sodass eine bewusste Aggravation nicht auszuschließen ist. Auch PD Dr. Ro. gelangte in seinem Gutachten zu der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung, dass anhand der objektivierbaren Funktionsstörungen und der objektivierbaren Gehbehinderung aus orthopädisch-rheumatologischer Sicht eine außergewöhnliche Gehbehinderung beim Kläger nicht vorliegt.
31 
Die beim Kläger zudem bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen auf internistischem Gebiet rechtfertigen für sich und in ihrem Zusammenwirken mit den auf orthopädischem Gebiet liegenden Funktionsbeeinträchtigungen keine andere Beurteilung. Beim Kläger bestehen nach dem Gutachten von Dr. L. vom 07.05.2009 auf internistischem Gebiet mit Ausnahme der sich nicht auf die Gehfähigkeit des Klägers auswirkenden Dickdarmerkrankung in Heilungsbewährung, des Prostata-Karzinoms und des Diabetes mellitus nur leichtgradige Funktionsbeeinträchtigungen mit Teil-GdB-Werten von 10 bzw. 20 wegen varicösen Syndromkomplexes. Diese leichten Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigen nach der überzeugenden Bewertung von Dr. L. in seinem Gutachten - auch unter Berücksichtigung der übrigen Funktionsbeeinträchtigungen - die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ nicht. Die Polyneuropathie bedingt nach dem Gutachten von Dr. C. keine motorischen Ausfälle, die eine außergewöhnliche Gehbehinderung hervorrufen. Solche Ausfälle hat auch PD Dr. Ro. in seinem Gutachten nicht festgestellt. Diese Bewertung wird auch durch das im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. K. vom 23.02.2011 bestätigt. Prof. Dr. K. gelangt für den Senat nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis, dass - lediglich - aufgrund der orthopädischen Beschwerden sowie einer ausgeprägten Adipositas beim Kläger eine Gehbehinderung vorhanden ist. Der Kläger war jedoch nach den Ausführungen von Prof. Dr. K. insbesondere in der Lage, die Distanz zwischen dem Parkplatz und dem Untersuchungsbereich sowie zwischen den einzelnen Funktionsbereichen zwar mit Hilfe von Gehstützen, jedoch ohne fremde Hilfe in angemessener Zeit ohne übermäßige Anstrengung zurückzulegen. Damit erfüllt der Kläger die dargestellten Kriterien einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nicht. Auch PD Dr. Ro. hat in seinem Gutachten eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers durch Erkrankungen der inneren Organe, die eine Gleichstellung mit dem genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten rechtfertigen könnte, verneint. Weiter haben Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 28.03.2008 - auf urologischem Fachgebiet - eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers verneint.
32 
Der abweichenden Bewertung von Dr. W. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 24.05.2008 kann nicht gefolgt werden. Seine Einschätzung ist nach der aktenkundigen Befundlage und der von ihm genannten Befunde nicht nachvollziehbar, worauf Dr. G. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2008 an das SG überzeugend hingewiesen hat. Der Senat folgt vielmehr den übereinstimmenden und überzeugenden Bewertungen von Dr. C. , Dr. L. , PD Dr. Ro. und Prof. Dr. K. .
33 
2. Wegen der Voraussetzungen des Merkzeichens „RF“ ist für den in Baden-Württemberg wohnhaften Kläger seit 01.04.2005 Art 5 § 6 Absatz 1 Nr. 8 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 8. bis 15.10.2004 i.d.F. des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.3.2005 (GBl. 2005, 189) heranzuziehen. Danach werden u.a. behinderte Menschen, deren GdB nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können, von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Ein sonstiger Gebührenbefreiungstatbestand scheidet beim Kläger aus.
34 
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Es ist zwar ein GdB von 100 festgestellt; der Kläger ist jedoch nicht ständig gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
35 
Unter öffentlichen Veranstaltungen in diesem Sinne sind alle Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und wirtschaftlicher Art zu verstehen (BSG, Urt. v. 10.08.1993 -9/9a RVs 7/91 -, SozR 3-3870 § 48 Nr. 2; Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 -, SozR 3-3780 § 4 Nr. 7). Die Unmöglichkeit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist nur dann gegeben, wenn der Schwerbehinderte wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch ausgeschlossen ist, also allenfalls an einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher Veranstaltungen teilnehmen kann. Bei der vom BSG vertretenen Auslegung muss der behinderte Mensch praktisch an das Haus gebunden sein, um seinen Ausschluss an öffentlichen Veranstaltungen begründen zu können (ständ. Rspr. des Senats, vgl. stellvertr. Beschluss vom 20.08.2010 - L 8 SB 818/10 -, unveröffentlicht). Das BSG hält es zunehmend für zweifelhaft, ob durch den Nachteilsausgleich RF tatsächlich ein behinderungsbedingter Mehraufwand ausgeglichen wird, und ob es sozial geboten erscheint, bestimmten finanziell nicht bedürftigen Personengruppen die Benutzung solcher gewöhnlichen Geräte zu finanzieren. Diese Frage - so das BSG - bedürfe keiner abschließenden Klärung, verdeutliche aber, dass an einer engen Auslegung für das Merkzeichen „RF“ festgehalten werde (BSG, Urteil vom 10.08.1993 - 9/9a RVs 7/91 - a.a.O.).
36 
Hiervon ausgehend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger trotz der bei ihm zweifellos vorliegenden zahlreichen Funktionsbeeinträchtigungen, die der Senat nicht verkennt, in zumutbarer Weise öffentliche Veranstaltungen in einem nennenswerten Teil der Gesamtheit aufsuchen kann. Daran ist der Kläger - entgegen seiner Ansicht - insbesondere nicht aufgrund der bei ihm bestehenden Harn- und Stuhlinkontinenz gehindert. Dies steht zur Überzeugung des Senates aufgrund der im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen und auf Anträge des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten und der vorliegenden Befundunterlagen fest.
37 
Nach dem Gutachten von Dr. L. vom 07.05.2009 besteht beim Kläger nach einer Colektomie mit Ileorektoskomie im Juli 2006 eine Inkontinenz. Dadurch ist der Kläger jedoch nicht generell vom Besuch öffentlicher Veranstaltungen ausgeschlossen. Der Kläger kann vielmehr einer durch unwillkürlichen Stuhl- und Urinabgang auftretenden Belästigung durch das Anziehen von einmal zu tragenden Windelhosen entgegen wirken. Das Tragen solcher Windelhosen ist dem Kläger nach der Rechtsprechung des Senats auch zumutbar (vgl. Urteil des Senats vom 18.03.2005 - L 8 SB 2366/03 - , Juris); insbesondere wird er dadurch nicht in seinen - grundgesetzlich - geschützten Rechten verletzt. Nach der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung von Dr. L. ist dem Kläger hinsichtlich der Harn- und Stuhlinkontinenz eine Versorgung mit Inkontinenzartikel möglich, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger allgemein und umfassend vom Besuch öffentlicher Veranstaltungen ausgeschlossen ist. Zu dieser Bewertung gelangt auch PD Dr. Ro. in seinem Gutachten vom 05.02.2010. Der Kläger trug bei der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung keine Windelhose, sondern eine - zu kleine - Vorlage. Der Anus war nicht verschmutzt. Urinspuren fanden sich weder in der Einlage noch im Bereich der Unterhose, wie PD Dr. Ro. gegen 13.30 Uhr (nach mindestens 5 Stunden Abwesenheit außer Haus des Klägers) festgestellt hat. Auch eine Geruchsbelästigung war während der gesamten Gutachtensuntersuchung nicht festzustellen. Auch Prof. Dr. K. gelangte in seinem Gutachten vom 23.02.2011 zu der Bewertung, dass der Kläger trotz seiner Inkontinenz zumindest an gewissen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann. Im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. K. musste der Kläger in der Zeit zwischen 8 Uhr und 14.30 Uhr zweimal die Toilette besuchen. Es fanden sich geringgradige Stuhlspuren in der Einlage. Eine relevante Geruchsbelästigung bestand jedoch nicht. Die Untersuchung musste auch wegen Stuhldrangs bzw. eines Toilettenbesuches nicht unterbrochen oder verschoben werden. Auch sonst fiel der Kläger zwischen den einzelnen Untersuchungen im Wartebereich nicht negativ auf. Danach kann beim Kläger von einer schweren Urin- oder Stuhlinkontinenz, die ihn allgemein und umfassend am Besuch von öffentlichen Veranstaltungen hindert, nicht ausgegangen werden. Davon gehen auch Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 28.03.2008 aus.
38 
Der davon abweichenden Bewertung von Dr. W. kann wiederum nicht gefolgt werden. Dr. W. begründet seine Ansicht damit, dass der Kläger wegen der Möglichkeit des Wechsels der Einlagen/Windeln an die Nähe einer Toilette gebunden ist. Dieser Umstand rechtfertigt für sich nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht schon die Annahme, dass der Kläger deswegen ständig am Besuch von öffentlichen Veranstaltungen gehindert ist. Der Senat folgt vielmehr den überzeugenden und übereinstimmenden gutachterlichen Bewertungen von Dr. L. , PD Dr. Ro. , Prof. Dr. K. und Prof. Dr. Ho. /Dr. Hö. .
39 
Auch sonst bestehen keine Gesundheitsstörungen, die den Kläger am Besuch öffentlicher Veranstaltung hindern. Insbesondere liegen beim Kläger auf orthopädischem Gebiet keine Funktionsbeeinträchtigungen vor, die eine solche Annahme rechtfertigen. Dies ergibt sich für den Senat aus den überzeugenden Bewertungen von Dr. C. im Gutachten vom 11.04.2009 und PD Dr. Ro. im Gutachten vom 05.02.2010, die - unter orthopädischen Gesichtspunkten - die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „RF“ verneint haben, denen der Senat folgt. Der Kläger hat im Übrigen wegen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet die Zuerkennung des Merkzeichens „RF“ substantiiert nicht geltend gemacht.
40 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den maßgeblichen Sachverhalt durch die vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen sowie die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen für aufgeklärt.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
42 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.

(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.

(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen, besonders eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Satz 1 gilt auch für schwerbehinderte Menschen im Anschluss an eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und für teilzeitbeschäftigte schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 158 Absatz 2.

(2) Ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, wird auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Satz 1 gilt auch während der Zeit einer Ausbildung im Sinne des § 51 Absatz 2, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt wird. Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet; Absatz 1 bleibt unberührt.

(3) Bescheide über die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen auf mehr als drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen, die vor dem 1. August 1986 erlassen worden sind, gelten fort.

(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.

(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.

(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen, besonders eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Satz 1 gilt auch für schwerbehinderte Menschen im Anschluss an eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und für teilzeitbeschäftigte schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 158 Absatz 2.

(2) Ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, wird auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Satz 1 gilt auch während der Zeit einer Ausbildung im Sinne des § 51 Absatz 2, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt wird. Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet; Absatz 1 bleibt unberührt.

(3) Bescheide über die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen auf mehr als drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen, die vor dem 1. August 1986 erlassen worden sind, gelten fort.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.

(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.

(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Im Streit steht, ob der Kläger am 08.08.2012 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der am … 1963 geborene Kläger ist als Nebenerwerbslandwirt bei der Beklagten in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Im Hauptberuf ist er als Außendienst-Vertreter bei der Firma W./K. beschäftigt. Zum Unfallzeitpunkt bewirtschaftete der Kläger ein in seinem Eigentum stehendes Waldgrundstück von 1,13 ha und versorgte 4 Schweine und 30 Kaninchen.
Am 08.08.2012 stürzte der Kläger auf der von ihm bewirtschafteten Hofstelle seiner Eltern in I.-D., L.. 10, von einem Anhänger und geriet dabei mit der linken Hand in eine auslaufende Kreissäge. Hierbei erlitt er eine Metacarpale-V-Trümmerfraktur intraartikulär, eine Strecksehnendefektverletzung DIII-IV sowie eine Abtrennung der Extensor carpi ulnaris (vgl. stationärer Zwischenbericht vom 10.10.2012, Bl. 44 Behördenakten - BA). Die Erstversorgung erfolgte im Krankenhaus H., die weitere Behandlung mit mehreren Operationen in den S.-Kliniken H., Klinikum am G..
Ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom 08.08.2012 gab der Kläger gegenüber den Ärzten der S.-Kliniken zum Unfallhergang an, an diesem Tag als Nebenerwerbsbauer Holz gemacht zu haben. Beim Aufstapeln von Holz auf einen Anhänger sei er von diesem abgerutscht und mit dem ganzen Körper auf eine auslaufende Kreissäge gefallen. Hierbei sei er mit der linken Hand ins Sägeblatt geraten.
Noch während des ersten bis zum 23.08.2012 dauernden stationären Aufenthaltes in den S.-Kliniken suchte ein Mitarbeiter der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft den Kläger am 15.08.2012 dort auf, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. In dem hierzu gefertigten Besuchsbericht wird ausgeführt, nach den Angaben des Klägers habe dieser „zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder Holz (auch für den Eigenbedarf zum Heizen im Winter) gemacht“. Am Unfalltag hätten sie mit der Kreissäge das Holz klein gesägt und er sei damit beschäftigt gewesen, die Holzscheite auf dem Anhänger zu schichten. Dabei sei er vom Anhänger gestürzt und mit der Hand in die bereits ausgeschaltete, aber noch nachlaufende Kreissäge gestürzt. Bei dem Besuch habe sich der Kläger nach Berechnung und Höhe des Verletztengeldes erkundigt, da er vor kurzem gebaut und fünf Kinder zu versorgen habe.
In seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 führte der Kläger zum Unfallhergang aus, er sei während seines Urlaubes zu seinen Eltern gefahren, um Brennholz für sich zu besorgen. Dies erledige er jedes Jahr. Den ganzen Tag über hätten sein Vater, sein Bruder und er mit dem Hänger Holz aus dem Wald geholt, um dieses dann im Vorhof seiner Eltern mit der Kreissäge in Brennholzstücke zu sägen. Der Hänger mit dem Holz sowie der Kipper mit dem bereits zugesägten Brennholz hätten mit wenig Abstand vor der Kreissäge gestanden. Als der Hänger mit dem Holz entladen gewesen sei und er sein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. geladen gehabt habe und eigentlich nur noch vom Kipper habe runterklettern wollen, sei es zu dem Unfall gekommen.
Im ebenfalls am 12.09.2012 ausgefüllten „Fragebogen Holzaufbereitung“ hat der Kläger zur Frage, für wen das Holz bestimmt oder vorgesehen gewesen sei, eingetragen: „Für mich selbst“ (B Nr. 2). Auf die Frage, für welche Zwecke am Unfalltag das Holz habe bearbeitet oder aufbereitet bzw. wofür es habe verwendet werden sollen, mit prozentualer Angabe bei mehreren Verwendungszwecken, hat der Kläger angegeben, das Holz habe zu 100 % zur Heizung von Wohnstock und Kachelofen verwendet werden sollen (B Nr. 3). Die Antwortalternativen „Zum Kochen von Viehfutter für folgende Tiere…% des Holzes“, „Brennholz für…% des Holzes“ und „Verkauf an…% des Holzes“ hat der Kläger nicht angekreuzt. Außerdem hat der Kläger angegeben, das Holz stamme aus dem eigenen Wald (B Nr. 4), es habe sich um eine Menge von insgesamt 6 Raummeter (Ster) gehandelt (B Nr. 6).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.09.2012 die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, die forstwirtschaftliche Tätigkeit sei in der Regel mit dem Abladevorgang beendet. Die spätere Verarbeitung zu Brennholz für den Haushalt sei eine Tätigkeit im Interesse der Hauswirtschaft. Dem Haushalt des landwirtschaftlichen Unternehmers dienende Tätigkeiten stünden dann unter Versicherungsschutz, wenn der Haushalt dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich diene, der Haushalt also auf das Unternehmen hin ausgerichtet sei und dieses dem Haushalt das Gepräge gebe. Der Haushalt werde insoweit Bestandteil des Unternehmens. Aufgrund der Größe und Struktur des hier veranlagten landwirtschaftlichen Unternehmens bestehe ein solcher versicherter Haushalt vorliegend nicht. Das Aufarbeiten von Brennholz als dem Haushalt dienende Tätigkeit sei somit unversichert gewesen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 30.09.2012 Widerspruch eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, er sei am 07. und 08.08.2012 mit seinem Vater mit Holzarbeiten beschäftigt gewesen. Er habe das im Wald gelagerte Holz auf einem Anhänger in seinen landwirtschaftlichen Betrieb geschafft. Das Holz sei mittels einer Kreissäge auf Ofengröße gesägt worden. Die Brennholzstücke seien dann in einem weiteren Arbeitsgang auf einen zweiten, bereitgestellten Anhänger gestapelt worden. Am 08.08.2012 sei sein Bruder, M. M., ebenfalls mit dem Sägen und Stapeln des Holzes beschäftigt gewesen. Das zu verarbeitende Brennholz sei nicht nur für seinen, des Klägers, Privatgebrauch vorgesehen gewesen. Vielmehr seien die zu verarbeitenden Holzstämme für die Eheleute H. bestimmt gewesen, die die Anlieferung von etwa 6 Raummeter in Auftrag gegeben hätten. Bereits vor Anlieferung des Brennholzes aus dem Wald sei mit dem Bruder vereinbart worden, dass das Holz zum Weiterverkauf an die Eheleute H. verarbeitet werden solle. Er habe, wie auf dem beigefügten Lichtbild zu erkennen, den bereit gestellten Anhänger seitlich erhöht, um die angeforderte Menge Holz in das etwa 40 km entfernte M. in einer Fahrt zu überführen. Ihm sei beim Ausfüllen des Fragebogens nicht bewusst gewesen, dass er zwischen den einzelnen Holzfuhren zu unterscheiden habe. Das weitere Holz, das im Zeitraum 07. und 08.08.2012 verarbeitet worden sei, habe zur Erwärmung von Wasser gedient, mit dem die für die Schweine bestimmten Kartoffeln hätten gekocht werden sollen.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2012 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen, da die nunmehr gemachten Angaben von den zeitlich ersten Angaben im Hinblick auf die spätere Verwendung des Brennholzes erheblich abwichen. Den zeitlich ersten Aussagen komme besondere Bedeutung zu, da sie noch von irgendwelchen Wunschvorstellungen unbeeinflusst seien.
11 
Hiergegen hat der Kläger am 28.12.2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, er habe im Vertrauen auf die Eintrittspflicht der Beklagten nur geringe Aufmerksamkeit bei dem Ausfüllen des Fragebogens zur Unfallanzeige walten lassen. Er habe nicht zwischen den einzelnen Arbeitsschritten unterschieden und den Vorgang pauschal dargestellt.
12 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger auf Fragen des Gerichts weiter ausgeführt, das Holz werde nur gelegentlich an Verwandte verkauft, ein Verkauf an weitere Bekannte erfolge nicht. Frau H. sei seine Nichte. Am 08.08.2012 habe ein Anhänger mit Holz an sie nach Z. geliefert werden sollen. Für die Anlieferung habe er extra hohe Bordwände an den Anhänger angebracht. Auf diesem Anhänger habe sich dann der Unfall ereignet. Es sei geplant gewesen, das Holz am nächsten Morgen, am 09.08.2012, nach Z. zu transportieren. Es sei vereinbart gewesen, einen Kipper voller Holz nach Z. zu bringen, dies entspreche einer Menge von 6 Raummetern. Auf Frage, weshalb er in der Unfallanzeige andere Angaben gemacht habe, hat der Kläger erklärt, er sei psychisch so fertig gewesen, und habe nicht mehr zwischen den beiden Hängern unterschieden. Er sei im Krankenhaus von einem Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft besucht worden, der ihm zugesichert habe, es handele sich um einen klassischen BG-Fall. Er habe sich dann keine Gedanken mehr darüber gemacht und zu diesem Zeitpunkt auch andere Sorgen gehabt. Sie hätten im Jahr 2012 zum ersten Mal Holz verkauft.
13 
Außerdem hat das SG den Bruder des Klägers, M. M., als Zeugen vernommen. Dieser hat angegeben, der Großteil des Holzes sei schon gesägt gewesen, als er am 08.08.2012 gegen dreiviertel vier auf den Hof seiner Eltern gekommen sei. Er habe das meterlange Holz runter zu seinem Vater gegeben, der es gesägt und die kurzen Stücke zu seinem Bruder, dem Kläger, auf den Hänger hochgeworfen habe. Sein Bruder habe auf dem Hänger gestanden, der ursprünglich noch abends nach Z. hätte gefahren werden sollen. Dies sei dann aber erst 4 bis 5 Wochen später geschehen. Es sei bereits Wochen zuvor ausgemacht worden, das Brennholz an seine Tochter zu liefern.
14 
Mit Urteil vom 18.02.2015 hat das SG festgestellt, dass das Ereignis vom 08.08.2012 einen Arbeitsunfall darstellt. Nach der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass das Holz für den Verkauf an die Nichte des Klägers vorgesehen gewesen sei. Das konkret zu verarbeitende Holz habe sich auf dem eigens für den Transport vorgesehenen Hänger mit hohen Aufsatzbrettern befunden. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge hätten glaubhaft und übereinstimmend dargelegt, dass die hohen Ladewände des Anhängers extra für den Transport angebracht worden seien, was vor allem vor dem Hintergrund des langen Fahrtweges nach Z. einleuchtend sei. Bei einem Hänger ohne Bordwände hätte sich der Unfall nicht in dieser Form ereignet, denn auf den Hänger ohne Bordwände, auf welchem das Holz für den Eigengebrauch gestapelt gewesen sei, hätte der Kläger nicht hochsteigen müssen. Die Erstangaben des Klägers im Unfallfragebogen und im Fragebogen Holz seien durch die nunmehr getätigten Angaben und Aussagen des Klägers und des Zeugen widerlegt, die in sich widerspruchsfrei und schlüssig seien. Die Angaben des Klägers deckten sich mit der Aussage des glaubwürdigen Zeugen. Es sei vor dem Hintergrund des Ausmaßes und des Schocks der erlittenen Verletzung durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger dem Ausfüllen des Unfallfragebogens keine Bedeutung beigemessen habe. Zum anderen sei vor dem Hintergrund der familiären Bindungen glaubhaft, dass der Kläger in dieser Situation nicht mehr zwischen dem am Vortag für die eigene Familie und den eigenen Gebrauch zubereiteten Holz und dem für den Verkauf vorgesehenen Holz differenziert habe.
15 
Gegen das der Beklagten am 03.03.2015 zugestellte Urteil hat diese am 20.03.2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung nochmals auf die einer Feststellung als Arbeitsunfall entgegen stehenden Erstangaben des Klägers hingewiesen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er hat zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, unverzüglich seine Angaben korrigiert zu haben, nachdem er deren Unrichtigkeit im Unfallbogen erkannt habe.
21 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2015 den Kläger nochmals befragt und dessen Bruder, M. M., als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.05.2015 verwiesen.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
32 
Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
33 
Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
34 
Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
35 
Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
36 
Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
37 
Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
38 
Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
39 
Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
40 
Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
41 
Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
42 
Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
43 
Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
45 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
23 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versicherungsschutz gestanden. Das SG hätte seine als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29) daher abweisen müssen.
24 
Rechtsgrundlage für die seitens des Klägers angestrebte Feststellung des Ereignisses vom 08.08.2012 als Arbeitsunfall sind §§ 102, 8 Abs. 1 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
25 
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner versichert.Der Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens wird durch § 123 SGB VII bestimmt. Versicherte Unternehmer sind dabei nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII im Wesentlichen diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flussfischerei (Binnenfischerei) und Imkerei betreiben.
26 
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31).
27 
Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob die Tätigkeit innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach Sinn und Zweck des Gesetzes der Unfallversicherungsschutz reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-2700 § 6 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 19). Maßgeblich für die Beurteilung des inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs einer konkreten Verrichtung mit einer versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII ist - auch bei selbstständigen Unternehmern (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 2./07 R - a. a. O.) - die objektive Handlungstendenz, ob also der Betroffene eine versicherte Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 1./10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10.10.2006 - B 2 U 2./05 R - a. a. O.).
28 
Dabei müssen das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 2./07 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 ).
29 
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen lässt sich vorliegend ein Arbeitsunfall nicht feststellen. Zwar hat der Kläger am 08.08.2012 einen Unfall erlitten, der zu einem Gesundheitserstschaden an der linken Hand geführt hat. Der Senat kann sich jedoch nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
30 
Dies gilt zum einen für eine forstwirtschaftliche Verrichtung des Klägers.
31 
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen wird geführt, wenn die Tätigkeit zu einer planmäßigen forstwirtschaftlichen Nutzung gehört (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Solche Unternehmen betreiben planmäßig den Anbau und Abschlag von Holz. Eine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen liegt vor, wenn das gewonnene Brennholz zumindest teilweise verkauft werden soll (BSG, Urteil vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R - zit. n. juris)
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Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer eines forstwirtschaftlichen Betriebes stehen die dem Unternehmen zu dienen bestimmten Arbeiten, zu denen das Schlagen, Entästen, Entrinden sowie das Abfahren des Holzes aus dem Wald gehören. Die Brennholzverarbeitung, also das Zersägen, Zerkleinern und Spalten von Brennholz, für den privaten Gebrauch ist hingegen keine Tätigkeit für ein forstwirtschaftliches Unternehmen, sodass deshalb insoweit bei der Brennholzgewinnung kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a VII besteht (BSG, Urteil vom 31.01.1989 - 2 BU 1./88; BSG, Urteil vom 12.06.1989 - 2 RU 1./88 - jeweils zit. n. juris).
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Vorliegend hält der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger am Unfalltag von einem Anhänger stürzte, auf dem er für den Verkauf an seine Nichte Holz gestapelt hatte. Seinen und den Aussagen des Zeugen M. M. in den jeweiligen mündlichen Verhandlungen vor dem SG und dem LSG stehen die dem widersprechenden Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und dem Fragebogen Holzaufbereitung entgegen.
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Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) vielmehr alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 4./02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, SozR 4-1500 § 128 Nr. 2; Urteil des Senats vom 12.08.2014 - L 6 VH 5./10 ZVW - zit. n. juris). Hiervon geht der Senat vorliegend aus, da sich auch im Hinblick auf die weiteren Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren keine Erklärung dafür finden lässt, weshalb seine ursprünglichen Angaben unzutreffend sein sollten. Dagegen ist der nach Erlass des Bescheides vorgetragene gänzlich abweichende Sachverhalt zur Begründung eines Leistungsanspruch geeignet, was eine Motivation zur entsprechenden Darstellung gibt. Da sich die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung nicht auflösen oder nachvollziehbar erklären lassen, geht Senat nicht davon aus, dass nach der objektiven Handlungstendenz ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer versicherten forstwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden hat. Der Kläger hat daher zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet.
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Der Kläger hat in seiner Unfallanzeige vom 12.09.2012 den Unfallhergang selbst ausführlich dargestellt, ergänzende Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung gemacht und hierbei – hingewiesen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen - versichert, sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht zu haben. Der Kläger hat auch nicht etwa nur vorgegebene Antwortalternativen angekreuzt, sondern den Unfallhergang mit eigenen Worten auf einem Beiblatt am 12.09.2012 im Einzelnen geschildert. Danach hat der Kläger am 08.08.2012 den ganzen Tag über gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Holz in Meterstücken aus dem Wald geholt, dieses auf einen Hänger geladen, es zu dem Anwesen der Eltern gebracht, dort das Holz auf dem Vorhof in ofenfertige Stücke gesägt und diese auf einen Kipper gestapelt bzw. geladen. All dies geschah nach den Einlassungen des Klägers am 08.08.2012, „..um Brennholz für mich zu besorgen.“ Dieser Bestimmungszweck wird durch den zusätzlichen Hinweis verdeutlicht, dies jedes Jahr zu erledigen. Keine Zweifel hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung des am 08.08.2012 gesägten und auf den Kipper geladenen Holzes für eigene, private Zwecke lässt schließlich die Schilderung zu, es sei zu dem Unfall gekommen, als sie fast fertig gewesen seien, der Hänger mit dem Holz (in Meterstücken) entladen gewesen sei „und ich mein Brennholz auf dem Kipper vorschriftsmäßig gestapelt bzw. beladen hatte und eigentlich nur noch vom Kipper runterklettern wollte“. Dieser bereits eindeutige und nicht interpretationsfähige Sachverhalt wird durch die weiteren Angaben des Klägers ebenfalls vom 12.09.2012 im Fragebogen Holzaufbereitung bestätigt. Danach handelte es sich bei der am 08.08.2012 verarbeiteten Gesamtmenge Holz um (insgesamt nur) 6 Raummeter. Das gesamte Volumen sei für ihn selbst bestimmt gewesen, er habe das Holz zu 100 % zum Heizen des Wohnstocks, Kachelofens verwenden wollen. Die alternativen Fragen nach Brennholz für oder Verkauf an Dritte hat der Kläger dagegen nicht angekreuzt und ergänzt, sodass auch hieraus geschlossen werden muss, dass das Holz nicht für Dritte bestimmt war. Mithin war der Kläger vom Anhänger gestürzt, als er sein privates Brennholz auf diesen geladen hatte. Zum Verkauf bestimmtes Holz war dagegen am 08.08.2012 nicht aufbereitet worden.
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Die späteren Angaben des Klägers im Widerspruchs-, Klage- sowie Berufungsverfahren lassen sich mit diesem Sachverhalt nicht in Übereinstimmung bringen. Da der Kläger angegeben hat, dass die 6 Raummeter Holz ausschließlich für seinen eigenen Heizbedarf vorgesehen waren, ist die spätere Behauptung, das Brennholz sei für seine Nichte bestimmt gewesen, die 6 Raummeter in Auftrag gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Dies gilt auch für die Behauptung, das weitere Holz sei zur Erwärmung von Wasser für die Futterzubereitung gedacht gewesen. Denn über die 6 Raummeter hinaus hat der Kläger ausweislich seiner Angaben im Fragebogen Holzaufbereitung kein Holz aufbereitet. Anders als das SG hält der Senat die Begründung des Klägers für die gänzlich verschiedenen und sich widersprechenden Angaben in keiner Weise für überzeugend. Der Kläger hat seine Angaben in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung fünf Wochen nach dem Unfallereignis gemacht. Anhaltspunkte für eine besondere psychische Belastung ergeben sich weder aus den Formularbögen noch aus den medizinischen Befundberichten insbesondere der S.-Kliniken. Dass der Kläger fünf Wochen nach dem Unfallereignis noch an einem Unfallschock gelitten haben könnte, ergibt sich aus den vorliegenden Akten nicht. Ein solcher würde aber auch nicht erklären, weshalb der Kläger detaillierte falsche Angaben zum Unfallgeschehen und zu den weiteren Umständen der Holzverarbeitung sowie -verwendung hätte machen sollen. Für den Senat ist die Tatsache, dass der Kläger erst nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides und der hierfür maßgeblichen Gründe den Sachverhalt quasi umgedreht hat und die ursprünglich ausschließlich private Holzverwendung als jetzt beabsichtigten Holzverkauf darstellt, wesentlicher Grund dafür, ihn an seinem ersten Vorbringen festzuhalten, an dessen Richtigkeit der Senat keine begründeten Zweifel hat. Anders als im Berufungsverfahren geltend gemacht, hat der Kläger auch nicht unverzüglich seine Angaben im Unfallbogen korrigiert, nachdem er deren Unrichtigkeit erkannt hat. Spätestens nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.09.2012 war dem Kläger bekannt, weshalb seine Sachverhaltsangaben der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalles entgegenstanden. Seinen Widerspruch vom 30.09.2012 hat der Kläger jedoch zunächst nicht begründet und seine bislang gemachten Angaben nicht korrigiert. Erst nach Mandatierung des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ist dann in der Widerspruchsbegründung vom 30.10.2012, mithin ein Monat später, der neue Sachverhalt vorgetragen worden.
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Soweit das SG sein Urteil wesentlich auf die weitere Einlassung des Klägers zur Ausstattung des Hängers, nämlich Kippers mit hohen Bordwänden, gestützt hat, hält der Senat diesen Umstand für gänzlich unbedeutend. Denn völlig unabhängig davon, wie weit das ofenfertige Holz transportiert werden sollte, ob nun zur Nichte des Klägers in das ca. 35 km entfernte Z. oder zu seiner eigenen Wohnanschrift in D., hätten zur Aufnahme des gesamten gesägten Holzes auf den Kipper in jedem Fall die Seitenwände erhöht werden müssen.
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Auch der in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholte Erklärungsversuch des Klägers, er habe den Angaben in der Unfallanzeige und dem Fragebogen keine besondere Bedeutung beigemessen, weil ihm von Seiten der Ärzte und der Berufsgenossenschaft deutlich gemacht worden sei, dass es sich um einen eindeutigen „BG-Fall“ handele, erlaubt gerade nicht die Schlussziehung, der Kläger habe hier - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung behauptet - falsche Angaben gemacht. Vielmehr lässt sich hieraus weit eher folgern, dass die in den Formularen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen, weil sich der Kläger über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen bereits sicher war.
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Der Senat misst den Angaben des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung auch höheren Beweiswert als der Aussage des Zeugen bei, der sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG angegeben hat, das Holz auf dem Hänger, von dem der Kläger am Nachmittag des 08.08.2012 gestürzt sei, sei für seine Tochter, die Nichte des Klägers, bestimmt gewesen. Zum einen widersprechen sich teilweise die Aussage des Zeugen und die des Klägers, was die Glaubwürdigkeit des Zeugen zumindest in Zweifel zieht. Während der Kläger zunächst angegeben hatte, am 08.08.2012 den ganzen Tag mit seinem Vater und dem Bruder Holz geholt und gesägt zu haben, hat der Zeuge angegeben, am 08.08.2012 erst nachmittags gegen dreiviertel vier zum Hof der Eltern gekommen zu sein. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG war auch nicht - wie von Seiten des Zeugen behauptet - der Transport des Holzes nach Z. noch am selben Abend, sondern erst am nächsten Morgen geplant. Anders als das SG geht der Senat nicht davon aus, worauf die Aussage des Zeugen vor dem SG unter Umständen hindeuten könnte, dass außer dem Hänger, von dem das Meterholz abgeladen worden war, und dem Kipper, auf dem das gesägte Holz aufgeladen war noch ein weiterer Anhänger mit für den Kläger bestimmtem Holz auf dem Hof gestanden hat. Zum einen finden sich dementsprechende Angaben nicht in der Unfallanzeige des Klägers, zum anderen ist nicht ersichtlich, woher dieses Holz stammen sollte, nachdem insgesamt nur 6 Raummeter Holz aufbereitet wurden, die im gesägten Zustand auf den Kipper mit erhöhten Seitenwänden passten. Zudem hat der Zeuge vor dem LSG eingeräumt, sie hätten lediglich zwei Anhänger. Zum anderen ist für den Senat wesentlich, dass der Zeuge keinen Sachverhalt geschildert hat, der begründen könnte, weshalb die schriftlichen Erklärungen des Klägers in der Unfallanzeige und im Fragebogen Holzaufbereitung seinen Angaben widersprechen. Der Zeuge hat sich dies vielmehr selbst nicht erklären können.
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Der Senat hält die Aussagen des Zeugen insgesamt nicht für glaubhaft. Die Konstanzanalyse seiner Aussage ergibt zwar, dass er bei beiden Vernehmungen beim SG und LSG wiederholt bekundet hat, dass das Holz für seine Tochter bestimmt war, was mit der zweiten Version des Klägers übereinstimmt. Das spricht aber aus Sicht des Senats eher für die Absprache der Aussagen der beiden Brüder. Denn insoweit zeigt sich ein typischer Strukturbruch in seiner Aussage, der gegen ein wirklich gehabtes Erlebnis spricht (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, S. 101). Bei der Auskunftsperson, dem Zeugen, wurde nämlich das Unwichtige und Nebensächliche, welches erlebnisbasiert ist, detailreich geschildert, dann brach die Berichterstattung zum eigentlichen Verkaufsgeschehen ab und wurde detailarm. Auch die kriterienorientierte Analyse der getätigten Aussage weist im Ergebnis keine deutlichen Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. So war z.B. die Schilderung des Tagesablaufs des Zeugen vor Eintreffen auf der späteren Unfallstelle sehr konkret, während der Zeuge keinerlei Einzelheiten des angeblich geplanten Verkaufs an seine Tochter, wie bspw. Vertragsgestaltung (mündlich/schriftlich), wie man zu dem Preis (möglicher Nachlass für Verwandte/ortsüblicher Holzpreis) kam, an wen und wie (bar) ausgezahlt werden sollte und wer das Geld zu versteuern hätte, berichtet hat. Als Realitätskriterien gelten beispielsweise der Detailreichtum einer Aussage, die Schilderung von Komplikationen, typische Einzelheiten, individuelle Prägung, Schilderung von gefühlsmäßigen Reaktionen; psychische Folgewirkungen, Verflechtung der Angaben mit anderen Geschehnissen und das Nichtsteuerungskriterium (inhaltlich und chronologisch nicht geordnete, sprunghafte Wiedergabe; vgl. zu allem die ausführlichen Darstellungen bei BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 6./98 -, NJW 1999, 2746; Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 76 ff., 101 ff., 120 ff.). Die Aussage des Zeugen war insgesamt, gemessen daran - auch bei Nachfragen – zur eigentlichen Tatfrage weder besonders detailreich, noch liegen besondere Umstände vor, die sie für den Senat psychologisch stimmig und emotional nachvollziehbar machen, der Zeuge war vielmehr völlig emotionslos, obwohl er den dramatischen Unfall seines Bruders miterleben musste, wozu er aber kein Wort verloren hat, so dass es auch am typischen gefühlsmäßigen Nachklang fehlt (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 99). Spontane Details hat er schon gar nicht geschildert, auch die genaue Situation nicht beschrieben so z. B. ob es warm war (August), wie erschöpft die beiden Männer (betagterer Vater und Bruder) von der ganztägigen ungewohnten Arbeit waren, ob man unter Zeitdruck war (Spätnachmittag), wie weit die beiden schon mit der Arbeit fortgeschritten waren etc. Somit waren für den Senat auch die sogenannten „reality monitoring“, also erlebnisfundierte Sinneswahrnehmungen, nicht feststellbar (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 96). Auf Vorhalt der ersten Unfallversion hat der Zeuge sich damit begnügt, sich das „auch nicht erklären zu können“, obwohl vor dem Hintergrund der darauf beruhenden ablehnenden Entscheidung der Beklagten wie der Berufungsbegründung darüber zumindest gesprochen worden sein muss und der Zeuge auf die Wichtigkeit diese Umstandes noch vor seiner Aussage vor dem Senat ausdrücklich nochmals hingewiesen worden ist. Der Zeuge hatte auch ganz unzweifelhaft ein Motiv für seine falsche Aussage, nämlich seinem Bruder zu einem Anspruch gegen die Beklagte zu verhelfen. Gerade dieses Bedürfnis ist das häufigste Motiv für eine vorsätzliche falsche Aussage (Bender/Nack/Treuer, a.a.O., S. 63).
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Ebenfalls für nicht erwiesen hält der Senat, dass das Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Verrichtung gestanden hat und unter diesem Gesichtspunkt nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versichert gewesen ist. Denn auch insoweit gibt es für den Senat aus o. g. Gründen keinen Anlass, an den Erstangaben des Klägers zu zweifeln. Danach war das Holz zu 100 % zum Heizen der Wohnräume im Haus des Klägers bestimmt. Die alternative Frage im Fragebogen Holzaufbereitung, ob das Holz zum Kochen von Viehfutter für Tiere verwendet werden sollte, hat der Kläger nicht angekreuzt und nicht ergänzt, wodurch eine solche Bestimmung ausgeschlossen worden ist. Da die gesamten 6 Raummeter Holz daher der Beheizung des Kachelofens dienen sollten, verblieb kein weiteres Holz für die Futterzubereitung. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine derartige Zweckbestimmung nochmals erwähnt haben.
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Steht somit aufgrund der für den Senat glaubhaften Erstangaben des Klägers fest, dass das im Kipper gestapelte Holz dem privaten Haushalt des Klägers diente, kann nur unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 1 SGB VII, wonach zum landwirtschaftlichen Unternehmen die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich dienen, Versicherungsschutz gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Zugehörigkeit des Haushalts zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen setzt nach § 124 Nr. 1 SGB VII voraus, dass der Haushalt dem Unternehmen nützlich und die Land- oder Forstwirtschaft nicht derart klein ist, dass ihr der Haushalt an Bedeutung gleichsteht oder gar überlegen ist. Ein Haushalt ist kein Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens, wenn er sich trotz eines örtlichen Zusammenhangs nicht wesentlich von anderen Haushalten unterscheidet (Bayerisches LSG, Urteil vom 30.07.1997 - L 2 U 1./95 - zit. n. juris). Vorliegend diente das Brennholz dem Haushalt des Klägers, während seine Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt die Bewirtschaftung der Hofstelle seiner Eltern betrifft. Zudem ergibt sich aus den Angaben des Klägers zu Umfang und Größe der Landwirtschaft mit 4 Schweinen, 30 Kaninchen und 1,13 ha Wald/Baumwiesen, dass es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt, dem sich der Haushalt in seiner Bedeutung nicht unterordnet.
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Da die Tätigkeit des Klägers daher nicht als land- oder forstwirtschaftliche Verrichtung versichert gewesen ist, war auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.