Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 07.09.2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.417,31 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Retaxierung von Zytostatika-Verordnungen in Höhe von insgesamt 11.459,12 EUR.
Die Klägerin ist Trägerin des Z. Klinikums mit Kliniken in A. und B. und als zugelassenes Krankenhaus in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen (§ 108 Nr 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V). Sie betreibt aufgrund einer ihr nach § 14 des Apothekengesetzes (ApoG) erteilten Erlaubnis eine Krankenhausapotheke.
Die Beklagte ist eine Ersatzkasse (§ 168 SGB V) und als Krankenkasse im Sinne des § 4 SGB V eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung.
Zwischen der Klägerin und den Ersatzkassen wurde am 22.10.2012 eine „Vereinbarung über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte nach § 129a SGB V“ (im Folgenden: Vereinbarung) geschlossen (Blatt 10 SG-Akte). Die Vereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:
§ 1 Gegenstand des Vertrags und Geltungsbereich Krankenhaus
(1) Gem. § 14 Abs. 7 ApoG darf die Krankenhausapotheke des Krankenhauses Arzneimittel zur unmittelbaren Anwendung in Ambulanzen des Krankenhauses und an ermächtigte Krankenhausärzte abgeben. ...
(2) Gegenstand dieser Vereinbarung ist die Regelung der Verordnung und Abrechnung abgegebener Arzneimittel und Applikationshilfen an Versicherte der Krankenkassen in den in Abs. 1 genannten Fällen, also insbesondere im Rahmen
- einer Versorgung durch einen gem. § 116 SGB V ermächtigten Krankenhausarzt oder einer gem. § 116a SGB V ermächtigten Krankenhausambulanz,
...
soweit die Versorgung vom Krankenhaus angeboten wird und keine abweichende Vereinbarung abgeschlossen ist.
§ 2 Umfang der Versorgung
10 
(1) Arzneimittel und Applikationshilfen können zu Lasten der Krankenkassen nur unter den Voraussetzungen des § 31 SGB V abgegeben werden.
11 
(2) Das Krankenhaus verpflichtet sich zu einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten (§§ 12 und 70 SGB V), die durch die Krankenhausapotheke versorgt werden. Es sind die Packungsgrößen abzurechnen, die am wirtschaftlichsten sind. ...
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(3) Die Abgabe durch die Krankenhausapotheke umfasst sowohl Fertigarzneimittel als auch Zubereitungen entsprechend der in Anlage 4 (Preisvereinbarung) gelisteten Mittel. Es besteht grundsätzlich Abgabepflicht. Das Recht des Versicherten auf freie Apothekenwahl bleibt unberührt. ...
13 
§ 4 Verordnung
14 
(1) Die Arzneimittelabgabe erfolgt ausschließlich aufgrund eines ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnungsblattes (derzeit Muster 16 der zwischen KBV und Spitzenverband Bund der Krankenkassen abgeschlossenen Vordruckvereinbarung) ...
15 
(2) Ordnungsgemäß ausgestellt ist eine vertragsärztliche Verordnung, wenn sie neben Arzneimitteln/Applikationshilfen die Angaben gemäß der Vereinbarung über die Übermittlung von Daten im Rahmen der Arzneimittelabrechnung gemäß § 300 SGB V enthält. Nach derzeitigem Stand sind dies folgende Angaben:
16 
a) Kennzeichen nach § 4 der Vereinbarung nach § 300 SGB V (Pharmazentralnummer), auch bei Hilfsmitteln
b) Mengen-Faktor
c) Bruttopreis je verordnetem Mittel
...
g) Abgabedatum
...
i) Bezeichnung der Krankenkasse
...
k) Name, Vorname, Geburtsdatum und Anschrift des Versicherten
l) Versicherten-Nummer
...
o) Ausstellungsdatum
...
u) Unterschrift des verantwortlichen Arztes
v) Stempel oder entsprechender Aufdruck der verordnenden Stelle.“
17 
Die Klägerin belieferte über ihre Krankenhausapotheke im Zeitraum vom 12.11.2013 bis 27.03.2014, jeweils im Rahmen von ambulant durchgeführten Chemotherapien, verschiedene bei der Beklagten krankenversicherte Patienten mit verordneten Arzneimitteln (Zytostatika). Die Beklagte zahlte zunächst die ihr hierfür in Rechnung gestellten Beträge (abzüglich Zuzahlung und gesetzlicher Rabatte) in voller Höhe an die Klägerin.
18 
Mit Schreiben vom 28.04.2014, betreffend den Abrechnungsmonat Dezember 2013 (Blatt 35 SG-Akte), und mit Schreiben vom 13.08.2014, betreffend den Abrechnungsmonat April 2014 (Blatt 21 SG-Akte), beanstandete die Beklagte die eingereichten Verordnungen für die Monate Dezember 2013 und April 2014. Es seien Fehler festgestellt worden. Auf den Verordnungen fehle jeweils die erforderliche ärztliche Unterschrift, die nach § 4 der Vereinbarung über die Abgabe verordneter Arzneimittel zwingend erforderlich sei.
19 
Mit Schreiben vom 30.04.2014 und 20.08.2014 (Blatt 32, 38 SG-Akte) erbat die Klägerin eine kulante Regelung des Versehens, welches eingeräumt werde. Der mit der Chefarztvertretung mehr als ausgelastete Oberarzt habe im Eifer des Gefechts im Dezember 2013 auf einem Rezept seine Unterschrift vergessen. Man sei sich dieses Versäumnisses zwar bewusst, könne aber nicht auf die Vergütung der erbrachten Leistung verzichten. Auch im April 2014 sei es versäumt worden, die Rezepte vollständig zu unterschreiben. Der Fehler werde zwar zugegeben, eine Retaxation würde aber für das Klinikum einen Verlust iHv rund 11.000,-- EUR bedeuten, obwohl die Leistung an sich korrekt erbracht worden sei.
20 
Mit Schreiben vom 28.05.2014 wies die Beklagte auf § 2 Abs 1 Nr 10 der Arzneimittelverschreibungsverordnung hin. Diese Formvorschrift stelle sicher, dass die Verordnung echt, vollständig, zutreffend und von der befugten Person ausgestellt worden sei. Im Verkehr mit Arzneimitteln diene sie zusätzlich der Sicherheit der behandlungsbedürftigen Personen. Diese Abgabebestimmung sei zwingend einzuhalten. Ihre Verletzung führe zum Verlust des Vergütungsanspruchs. Nachträglich eingereichte Verordnungen könnten nicht anerkannt werden.
21 
Am 07.10.2014 verrechnete die Beklagte die ihr aus ihrer Sicht zustehenden Erstattungsforderungen gegen die Klägerin gegen laufende, ihr gegenüber bestehenden Vergütungsansprüche der Klägerin iHv 605,77 EUR (betreffend Dezember 2013) und am 29.04.2015 iHv 10.853,35 EUR (betreffend April 2014).
22 
Die Klägerin hat am 29.04.2016 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Die von der Beklagten vorgenommenen Retaxierungen seien rechtswidrig. Das Unterschriftserfordernis nach § 2 Abs 1 Nr 10 AMVV richte sich vorrangig an die freiberuflichen in eigener Apotheke tätigen Apotheker. Für Krankenhausapotheken würden Sondervorschriften gelten. Gemäß § 31 Abs 1 der Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) dürften Arzneimittel und andere apothekenpflichtige Medizinprodukte für Stationen oder andere Teileinheiten eines Krankenhauses nicht nur aufgrund einer Verschreibung im Einzelfall, sondern auch aufgrund einer „schriftlichen Anforderung“ abgegeben werden. Entsprechende Anforderungen hätten vorgelegen (Blatt 41 ff SG-Akte). Es entspreche der absolut üblichen Vorgehensweise in Krankenhäusern, dass die im Rahmen einer ambulanten Chemotherapie erfolgte Arzneimittelabgabe an die Versicherten auf der Basis der vorgelegten ärztlichen Anforderung erfolge. Das Formular Muster 16 diene im Rahmen der Zytostatika-Verordnung lediglich als Formblatt für die elektronische Abrechnung über ein Rechenzentrum und sei nicht Grundlage für die Herstellung der Zubereitungen und schon gar nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Abgabe der Arzneimittel. Die formalistische Argumentation der Beklagten sei unzutreffend. Neben den verrechneten Forderungen müsse die Beklagte auch die entstandenen vorgerichtlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin iHv 958,19 EUR begleichen.
23 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Wegen Verletzung der Abgabebestimmungen sei ein Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht entstanden, weshalb die ursprünglich vorgenommene Begleichung der Rechnungen ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Die Klägerin habe gegen die Regelung in § 4 Abs 1 und 2 der Vereinbarung verstoßen, wonach eine vertragsärztliche Verordnung nur dann ordnungsgemäß ausgestellt sei, wenn sie ua die Unterschrift des Vertragsarztes enthalte. Außerdem habe die Klägerin die Regelung in § 2 AMVV verletzt, wonach auf der Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person enthalten sein müsse. Schließlich habe die Klägerin gegen das Abgabeverbot des § 17 Abs 5 Satz 2 ApoBetrO verstoßen. Es sei für die Klägerin erkennbar gewesen, dass die Verordnungen nicht die erforderliche Unterschrift aufwiesen.
24 
Mit Urteil vom 07.09.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klagforderung sei unbegründet, da der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Sie habe die ihr für die Abgabe von Zytostatika an ihre Versicherten in Rechnung gestellten Beträge ohne Rechtsgrund gezahlt, da der Klägerin insoweit kein Vergütungsanspruch zugestanden habe. Es habe an vertraglich vereinbarten notwendigen Voraussetzungen für die Abgabe von Zytostatika gefehlt. Die Verschreibungen hätten die Unterschrift des jeweils verordnenden Arztes auf der Verordnung enthalten müssen. Dies sei nicht der Fall. Die Klägerin habe das Fehlen der Arztunterschrift auf den Verordnungen eingeräumt. Die Verordnung sei nicht lediglich formale Grundlage für die Abrechenbarkeit der verordneten Arzneimittel, sondern die Grundlage dafür, dass überhaupt Arzneimittel an Versicherte der Beklagten abgegeben werden dürften. Eine Heilungsmöglichkeit, insbesondere nicht durch die Unterschrift des Krankenhausapothekers, bestehe nicht. Der Hinweis der Klägerin auf § 31 Abs 1 ApoBetrO gehe fehl, da diese Regelung nur für die Abgabe von Arzneimitteln im Rahmen stationärer Krankenhausbehandlung gelte, jedoch nicht im Rahmen der hier vorliegenden ambulanten Behandlungen in den Kliniken der Klägerin. Die Beklagte habe auch zu Recht die verordneten Infusionssets „Powerloc“ retaxiert. Als Applikationshilfen unterfielen sie ebenfalls der hier maßgebenden Vereinbarung.
25 
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 13.09.2016 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 12.10.2016 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen vollumfänglich aufrechterhalten. Es solle zwar nicht bestritten werden, dass nach Auffassung des Bundessozialgerichts Vergütungsregelungen, die für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungs- und Leistungsfällen vorgesehen seien, allgemein streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregelungen auszulegen seien. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass Vergütungsregelungen entgegen der routinemäßigen, einzig möglichen Abwicklung im Rahmen der Zubereitung von Zytostatika angewandt würden und damit ein in der Sache auch unter Abrechnungs-/Routinegesichtspunkten nicht gerechtfertigter und im Hinblick auf die dadurch begründete Notwendigkeit des Einsatzes von „Blankoverordnungen“ sogar gefährlicher Formalismus begründet werde. Daher könne der Rechtsauffassung des SG, wonach der angeführte Anforderungsschein eine ärztliche Verordnung allenfalls ergänzen, aber nicht ersetzen könne, nicht gefolgt werden. Das Formular Muster 16 sei gerade nicht Grundlage für die in § 4 Abs 1 der Vereinbarung angesprochene Arzneimittelabgabe, sondern diene lediglich als Formblatt für die elektronische Abrechnung über ein Rechenzentrum. Die Abgabe der Arzneimittel erfolge auf der Basis ärztlicher Anforderungen, die sämtlich eine eindeutige Arztunterschrift aufwiesen. Der Ablauf der Zytostatika-Herstellung bis hin zur Abrechnung sei wie folgt: Zunächst fülle der Arzt zusammen mit dem Fachpersonal das Anforderungsformular aus, unterschreibe es und faxe es zur Apotheke. Sodann würden die Anforderungen vom Apotheker und dem Fachpersonal in das EDV-System eingegeben. Wo keine festen Dosierungen vorgegeben seien, errechne das System die Dosierungen, die dann vom Apotheker eingegeben würden. Gleichzeitig erfolge eine Plausibilitätsprüfung der gesamten Anforderung. In Einzelfällen und bei bestimmten Substanzen erfolge die Dosisfestsetzung im Dialog mit dem Arzt. Bei einzelnen Substanzen (kurze Haltbarkeit und teuer) ändere die Apotheke nach Rücksprache mit dem Arzt die Verordnung ab, um teuren Verwurf zu vermeiden. Das System erstelle dann eine Herstellungsanweisung und ein Etikett für die fertige Infusion, und die Zubereitung werde dann unter aseptischen Bedingungen in Zytostatika-Labor der Klägerin hergestellt. Erst nach Abgabe an die Tagesklinik erfolge die dann auch erst mögliche Dokumentation im EDV-System. Hier würden dann die tatsächlich verwendeten Ausgangsstoffe mit Menge und Chargenbezeichnung dem jeweiligen Patienten zugeordnet. Erst im letzten Schritt erfolge die Taxation. Erst im Zuge dieses Vorganges könne das eigentliche Rezept erstellt werden, wenn man nicht aus reinem Formalismus mit begleitenden Blankoformularen arbeiten würde. Das Rezept stehe also am Ende der Kette, es werde nachträglich vom Arzt unterschrieben und diene im Fall der zubereiteten Zytostatika ausschließlich der Abrechnung.
26 
Die Klägerin beantragt,
27 
1.) das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 07.09.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 11.459,12 EUR mit Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2015 zu zahlen,
28 
2.) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 958,19 EUR zu zahlen.
29 
Die Beklagte beantragt,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
31 
Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug.
32 
Der Berichterstatter hat am 27.04.2017 in einem Erörterungstermin den Sachverhalt mit den Beteiligten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eingehend erörtert und Beweis erhoben durch die Vernehmung des Apothekers Dr. F. als Zeuge. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Blatt 52 ff Senatsakte).
33 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
34 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
35 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu; hinsichtlich der Hauptforderung (Klagantrag Ziff 1) hat die Beklagte zu Recht in voller Höhe gegen andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet; damit ist auch die Nebenforderung (Klagantrag Ziff 2) nicht gegeben.
36 
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
37 
Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch für die Abgabe von Zytostatika in Höhe von 11.459,12 EUR zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin geltend gemachten Betrag gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte verrechnet. Da die Beklagte sich ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Hauptforderung selbst außer Streit (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, aaO; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2).
38 
Es bestand eine zur Aufrechnung erforderliche Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufrechnen kann (zur Aufrechnung analog § 387 BGB siehe BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, aaO). Der Beklagten steht als Grundlage für ihre Gegenforderung der von ihr geltend gemachte öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch iHv 11.459,12 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte ohne Rechtsgrund, da die Klägerin keinen entsprechenden Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Abgabe von Zytostatika über ihre Krankenhausapotheke hatte.
39 
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin besteht nicht, weil die Abgabe der Arzneimittel (Zytostatika) an Versicherte der Beklagten über ihre Krankenhausapotheke aufgrund von Verordnungen erfolgte, auf denen die Unterschrift des verschreibenden Arztes fehlt.
40 
Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 129a iVm der „Vereinbarung über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte nach § 129a SGB V“ vom 22.10.2012. Die Vereinbarung enthält entsprechend den Vorgaben in § 129a Satz 1 SGB V nähere Regelungen über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an gesetzlich Krankenversicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Die Abgabepreise der Krankenhausapotheken werden nicht durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) geregelt (§ 1 Abs 3 Nr 1 AMPreisV), sondern beruhen auf einer vertraglichen Vereinbarung nach § 129a Abs 1 Satz 1 (Arzneimittelliefervertrag). Das Vorliegen einer wirksamen Abgabe- und Preisvereinbarung ist Voraussetzung für den Anspruch des Krankenhauses auf gesonderte Vergütung von Arzneimitteln, die durch die Krankenhausapotheke abgegeben werden; dies folgt aus § 129a Satz 3 SGB V. Der auf der Grundlage von § 129a geschlossene Arzneimittelliefervertrag ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag iSd § 53 Abs 1 Satz 1 SGB X (LSG Baden-Württemberg 26.7.2016, L 11 KR 3861/14, BeckRS 2016, 72188 Rn 20). Nach § 1 der zwischen Klägerin und ua der Beklagten geschlossenen Vereinbarung darf die Krankenhausapotheke des Krankenhauses Arzneimittel zur unmittelbaren Anwendung in Ambulanzen des Krankenhauses und an ermächtigte Krankenhausärzte abgeben. Nach § 3 Abs 3 der Vereinbarung umfasst die Abgabe durch die Krankenhausapotheke sowohl Fertigarzneimittel als auch Zubereitungen, zu denen die hier abgegebenen Zytostatika gehören.
41 
Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe (BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 28; Hauck, MedR 2010, 226, 229). Deshalb bedarf es auch bei der Abgabe des Arzneimittels durch das Krankenhaus im Rahmen einer ambulanten Behandlung einer ärztlichen Verordnung. Sie dokumentiert, dass das Medikament als Sachleistung der GKV (§ 2 Abs 2 SGB V) auf Kosten der Krankenkasse an den Versicherten abgegeben wird (BSG 17.12.2009, B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157). Soweit die Arzneimittelabgabe durch ermächtigte Ärzte der Klägerin (§ 116 SGBV) erfolgte, nehmen diese im Umfang ihrer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teil (§ 95 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGBV). Ferner gilt die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Danach muss die Verschreibung von der verschreibenden Person eigenhändig unterschrieben werden oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, eine qualifizierte elektronische Signatur enthalten (§ 2 Abs 1 Nr 10 AMVV). Schreibt außerdem - wie hier - ein Arzneimittelliefervertrag vor, dass der Arzt die Verordnung mit Unterschrift und Datum zu bestätigen hat, entsteht kein Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse, wenn das Arzneimittel ohne diese Bestätigung an den Versicherten abgegeben wird (vgl BSG 17.12.2009, B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, SozR 4-2500 § 129 Nr 5; LSG Niedersachsen-Bremen 20.03.2013, L 4 KR 77/12; Hessisches LSG 15.05.2014, L 1 KR 372/11).
42 
Nach § 4 Abs 1 der Vereinbarung erfolgt die Arzneimittelabgabe - abgesehen von Betäubungsmitteln bzw bei den Wirkstoffen Thalidomid oder Lenalidomid - ausschließlich aufgrund eines ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnungsblattes (Muster 16 der zwischen KBV und Spitzenverband Bund der Krankenkassen abgeschlossenen Vordruckvereinbarung). Ordnungsgemäß ausgestellt ist nach § 4 Abs 2 Satz 2 Buchstabe u) der Vereinbarung eine vertragsärztliche Verordnung, wenn sie ua die Unterschrift des verantwortlichen Arztes enthält. Weder bei Herstellung noch bei Abgabe der Zytostatika an Versicherte der Beklagten hat vorliegend eine Unterschrift des verordnenden Arztes auf der Verordnung vorgelegen. Dies belegen die in der Beklagtenakte befindlichen Imageausdrucke der Verordnungen auf Muster 16 der Vordruckvereinbarung. Die Klägerin hat das Fehlen der Arztunterschrift auf den Verordnungen eingeräumt. Angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelung kann das Fehlen der Arztunterschrift auch nicht durch die dort enthaltene Unterschrift des Krankenhausapothekers Dr. F. geheilt werden.
43 
Der Wortlaut des § 4 Abs 1 und 2 der Vereinbarung ist eindeutig. Vergütungsregelungen, die für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungs-oder Leistungsfällen vorgesehen sind, werden idR streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregelungen ausgelegt (BSG 03.08.2006, B 3 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 129 Nr 1). Ausnahmen sind vorliegend weder ersichtlich noch geboten. Es handelt sich insbesondere entgegen der Auffassung der Klägerin hierbei nicht um einen „Formalismus“, sondern um die arzneimittelrechtlich gebotene Übernahme von Verantwortung (BSG 17.12.2009, B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, SozR 4-2500 § 129 Nr 5). Entsprechend spricht § 4 Abs 2 Buchst u) von der Unterschrift des „verantwortlichen“ Arztes. Wie aus dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 1 und 2 der Vereinbarung zu ersehen ist, muss die Verordnung auf Muster 16 der Vordruckvereinbarung erfolgen. Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht es nicht aus, dass die Anforderungsscheine die Unterschrift eines Arztes tragen. Denn erst im Nachgang erfolgt, so der Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung, die auf den einzelnen Versicherten bezogene konkrete Berechnung der Dosierung mit anschließender Plausibilitätsprüfung und Erstellung einer Herstellungsanweisung für die Infusion und die Zubereitung. Für diese Konkretisierung ist die abschließende Übernahme ärztlicher Verantwortung mittels Unterschrift erforderlich.
44 
Die Bezugnahme der Klägerin auf § 31 Abs 1 ApoBetrO, wonach Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte an Stationen oder andere Teileinheiten des Krankenhauses auch aufgrund einer schriftlichen Anforderung abgegeben werden dürfen, geht ins Leere, da diese Vorschrift nur für die Abgabe von Arzneimitteln im Rahmen stationärer Krankenhausbehandlungen gilt (Wesser in jurisPR-MedizinR 1/2012, Anm 4), nicht aber im Rahmen der vorliegenden ambulanten Behandlung in den Krankenhäusern der Klägerin.
45 
Zu Recht hat die Beklagte auch die verordneten Infusionssets „powerloc“ retaxiert. Als Applikationshilfe unterfallen sie nach § 3 Abs 1 ebenfalls der hier maßgebenden Vereinbarung.
46 
Gegen den vollständigen Ausschluss des Vergütungsanspruchs (sogenannte „Retaxation auf Null“) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG 25.11.2015, B 3 KR 16/15 R, BSGE 120, 122, SozR 4-2500 § 129 Nr 11 mwN).
47 
Mangels Hauptanspruch erübrigen sich Ausführungen zum geltend gemachten Zinsanspruch und zu dem mit dem Klagantrag Ziff. 2 geltend gemachten Verzugsschaden.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs 1 VwGO.
49 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 des Gerichtskostengesetzes. Die vom Klageantrag umfassten vorgerichtlichen Kosten (Klageantrag Nr 2) werden als Hauptforderung und nicht als bloße Nebenforderung geltend gemacht und sind daher bei der Bemessung des Streitwerts ebenfalls zu berücksichtigen (vgl § 43 Abs 1 GKG).
50 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
34 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
35 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu; hinsichtlich der Hauptforderung (Klagantrag Ziff 1) hat die Beklagte zu Recht in voller Höhe gegen andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet; damit ist auch die Nebenforderung (Klagantrag Ziff 2) nicht gegeben.
36 
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
37 
Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch für die Abgabe von Zytostatika in Höhe von 11.459,12 EUR zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin geltend gemachten Betrag gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte verrechnet. Da die Beklagte sich ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Hauptforderung selbst außer Streit (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, aaO; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2).
38 
Es bestand eine zur Aufrechnung erforderliche Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufrechnen kann (zur Aufrechnung analog § 387 BGB siehe BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, aaO). Der Beklagten steht als Grundlage für ihre Gegenforderung der von ihr geltend gemachte öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch iHv 11.459,12 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte ohne Rechtsgrund, da die Klägerin keinen entsprechenden Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Abgabe von Zytostatika über ihre Krankenhausapotheke hatte.
39 
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin besteht nicht, weil die Abgabe der Arzneimittel (Zytostatika) an Versicherte der Beklagten über ihre Krankenhausapotheke aufgrund von Verordnungen erfolgte, auf denen die Unterschrift des verschreibenden Arztes fehlt.
40 
Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 129a iVm der „Vereinbarung über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte nach § 129a SGB V“ vom 22.10.2012. Die Vereinbarung enthält entsprechend den Vorgaben in § 129a Satz 1 SGB V nähere Regelungen über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an gesetzlich Krankenversicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Die Abgabepreise der Krankenhausapotheken werden nicht durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) geregelt (§ 1 Abs 3 Nr 1 AMPreisV), sondern beruhen auf einer vertraglichen Vereinbarung nach § 129a Abs 1 Satz 1 (Arzneimittelliefervertrag). Das Vorliegen einer wirksamen Abgabe- und Preisvereinbarung ist Voraussetzung für den Anspruch des Krankenhauses auf gesonderte Vergütung von Arzneimitteln, die durch die Krankenhausapotheke abgegeben werden; dies folgt aus § 129a Satz 3 SGB V. Der auf der Grundlage von § 129a geschlossene Arzneimittelliefervertrag ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag iSd § 53 Abs 1 Satz 1 SGB X (LSG Baden-Württemberg 26.7.2016, L 11 KR 3861/14, BeckRS 2016, 72188 Rn 20). Nach § 1 der zwischen Klägerin und ua der Beklagten geschlossenen Vereinbarung darf die Krankenhausapotheke des Krankenhauses Arzneimittel zur unmittelbaren Anwendung in Ambulanzen des Krankenhauses und an ermächtigte Krankenhausärzte abgeben. Nach § 3 Abs 3 der Vereinbarung umfasst die Abgabe durch die Krankenhausapotheke sowohl Fertigarzneimittel als auch Zubereitungen, zu denen die hier abgegebenen Zytostatika gehören.
41 
Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe (BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 28; Hauck, MedR 2010, 226, 229). Deshalb bedarf es auch bei der Abgabe des Arzneimittels durch das Krankenhaus im Rahmen einer ambulanten Behandlung einer ärztlichen Verordnung. Sie dokumentiert, dass das Medikament als Sachleistung der GKV (§ 2 Abs 2 SGB V) auf Kosten der Krankenkasse an den Versicherten abgegeben wird (BSG 17.12.2009, B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157). Soweit die Arzneimittelabgabe durch ermächtigte Ärzte der Klägerin (§ 116 SGBV) erfolgte, nehmen diese im Umfang ihrer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teil (§ 95 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGBV). Ferner gilt die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Danach muss die Verschreibung von der verschreibenden Person eigenhändig unterschrieben werden oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, eine qualifizierte elektronische Signatur enthalten (§ 2 Abs 1 Nr 10 AMVV). Schreibt außerdem - wie hier - ein Arzneimittelliefervertrag vor, dass der Arzt die Verordnung mit Unterschrift und Datum zu bestätigen hat, entsteht kein Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse, wenn das Arzneimittel ohne diese Bestätigung an den Versicherten abgegeben wird (vgl BSG 17.12.2009, B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, SozR 4-2500 § 129 Nr 5; LSG Niedersachsen-Bremen 20.03.2013, L 4 KR 77/12; Hessisches LSG 15.05.2014, L 1 KR 372/11).
42 
Nach § 4 Abs 1 der Vereinbarung erfolgt die Arzneimittelabgabe - abgesehen von Betäubungsmitteln bzw bei den Wirkstoffen Thalidomid oder Lenalidomid - ausschließlich aufgrund eines ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnungsblattes (Muster 16 der zwischen KBV und Spitzenverband Bund der Krankenkassen abgeschlossenen Vordruckvereinbarung). Ordnungsgemäß ausgestellt ist nach § 4 Abs 2 Satz 2 Buchstabe u) der Vereinbarung eine vertragsärztliche Verordnung, wenn sie ua die Unterschrift des verantwortlichen Arztes enthält. Weder bei Herstellung noch bei Abgabe der Zytostatika an Versicherte der Beklagten hat vorliegend eine Unterschrift des verordnenden Arztes auf der Verordnung vorgelegen. Dies belegen die in der Beklagtenakte befindlichen Imageausdrucke der Verordnungen auf Muster 16 der Vordruckvereinbarung. Die Klägerin hat das Fehlen der Arztunterschrift auf den Verordnungen eingeräumt. Angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelung kann das Fehlen der Arztunterschrift auch nicht durch die dort enthaltene Unterschrift des Krankenhausapothekers Dr. F. geheilt werden.
43 
Der Wortlaut des § 4 Abs 1 und 2 der Vereinbarung ist eindeutig. Vergütungsregelungen, die für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungs-oder Leistungsfällen vorgesehen sind, werden idR streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregelungen ausgelegt (BSG 03.08.2006, B 3 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 129 Nr 1). Ausnahmen sind vorliegend weder ersichtlich noch geboten. Es handelt sich insbesondere entgegen der Auffassung der Klägerin hierbei nicht um einen „Formalismus“, sondern um die arzneimittelrechtlich gebotene Übernahme von Verantwortung (BSG 17.12.2009, B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, SozR 4-2500 § 129 Nr 5). Entsprechend spricht § 4 Abs 2 Buchst u) von der Unterschrift des „verantwortlichen“ Arztes. Wie aus dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 1 und 2 der Vereinbarung zu ersehen ist, muss die Verordnung auf Muster 16 der Vordruckvereinbarung erfolgen. Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht es nicht aus, dass die Anforderungsscheine die Unterschrift eines Arztes tragen. Denn erst im Nachgang erfolgt, so der Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung, die auf den einzelnen Versicherten bezogene konkrete Berechnung der Dosierung mit anschließender Plausibilitätsprüfung und Erstellung einer Herstellungsanweisung für die Infusion und die Zubereitung. Für diese Konkretisierung ist die abschließende Übernahme ärztlicher Verantwortung mittels Unterschrift erforderlich.
44 
Die Bezugnahme der Klägerin auf § 31 Abs 1 ApoBetrO, wonach Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte an Stationen oder andere Teileinheiten des Krankenhauses auch aufgrund einer schriftlichen Anforderung abgegeben werden dürfen, geht ins Leere, da diese Vorschrift nur für die Abgabe von Arzneimitteln im Rahmen stationärer Krankenhausbehandlungen gilt (Wesser in jurisPR-MedizinR 1/2012, Anm 4), nicht aber im Rahmen der vorliegenden ambulanten Behandlung in den Krankenhäusern der Klägerin.
45 
Zu Recht hat die Beklagte auch die verordneten Infusionssets „powerloc“ retaxiert. Als Applikationshilfe unterfallen sie nach § 3 Abs 1 ebenfalls der hier maßgebenden Vereinbarung.
46 
Gegen den vollständigen Ausschluss des Vergütungsanspruchs (sogenannte „Retaxation auf Null“) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG 25.11.2015, B 3 KR 16/15 R, BSGE 120, 122, SozR 4-2500 § 129 Nr 11 mwN).
47 
Mangels Hauptanspruch erübrigen sich Ausführungen zum geltend gemachten Zinsanspruch und zu dem mit dem Klagantrag Ziff. 2 geltend gemachten Verzugsschaden.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs 1 VwGO.
49 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 des Gerichtskostengesetzes. Die vom Klageantrag umfassten vorgerichtlichen Kosten (Klageantrag Nr 2) werden als Hauptforderung und nicht als bloße Nebenforderung geltend gemacht und sind daher bei der Bemessung des Streitwerts ebenfalls zu berücksichtigen (vgl § 43 Abs 1 GKG).
50 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. Jan. 2018 - L 11 KR 3798/16 zitiert 33 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 387 Voraussetzungen


Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 108 Zugelassene Krankenhäuser


Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen: 1. Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,2. Krankenhäuser, die in de

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und B

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 43 Nebenforderungen


(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. (2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Ha

Verordnung über den Betrieb von Apotheken


Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 300 Abrechnung der Apotheken und weiterer Stellen


(1) Die Apotheken und weitere Anbieter von Arzneimitteln sind verpflichtet, unabhängig von der Höhe der Zuzahlung (oder dem Eigenanteil),1.bei Abgabe von Fertigarzneimitteln für Versicherte das nach Absatz 3 Nr. 1 zu verwendende Kennzeichen maschinen

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 4 Krankenkassen


(1) Die Krankenkassen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. (2) Die Krankenversicherung ist in folgende Kassenarten gegliedert:Allgemeine Ortskrankenkassen,Betriebskrankenkassen,Innungskrankenkassen,Sozial

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 70 Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit


(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten m

Gesetz über das Apothekenwesen


Apothekengesetz - ApoG

Arzneimittelpreisverordnung - AMPreisV | § 1 Anwendungsbereich der Verordnung


(1) Für Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (Fertigarzneimittel) und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes den Apotheken vorbehalten ist

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 53 Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages


(1) Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt ein

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 116 Ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte


Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit si

Apothekengesetz - ApoG | § 14


(1) Dem Träger eines Krankenhauses ist auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke zu erteilen, wenn er 1. die Anstellung eines Apothekers, der die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 sowie Abs. 3, auch in Verbindu

Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln


Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 116a Ambulante Behandlung durch Krankenhäuser bei Unterversorgung


Der Zulassungsausschuss muss zugelassene Krankenhäuser für das entsprechende Fachgebiet in den Planungsbereichen, in denen der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eingetretene Unterversorgung nach § 100 Absatz 1 oder einen zusätzlichen lokale

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 129a Krankenhausapotheken


Die Krankenkassen oder ihre Verbände vereinbaren mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblich

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 168 Personal


(1) Die Versorgungsansprüche der am Tag der Auflösung oder Schließung einer Krankenkasse vorhandenen Versorgungsempfänger und ihrer Hinterbliebenen bleiben unberührt. (2) Die dienstordnungsmäßigen Angestellten sind verpflichtet, eine von einer an

Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV | § 2


(1) Die Verschreibung muss enthalten:1.Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen, tierärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person) einschließlich einer Telefonnummer zur

Apothekenbetriebsordnung - ApoBetrO 1987 | § 31 Abgabe in der Krankenhausapotheke


(1) Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte dürfen an Stationen oder andere Teileinheiten des Krankenhauses nur auf Grund einer Verschreibung im Einzelfall oder auf Grund einer schriftlichen Anforderung abgegeben werden. Dies gilt für Ve

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. Jan. 2018 - L 11 KR 3798/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. Jan. 2018 - L 11 KR 3798/16 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Tenor Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufgehoben. Die Klage wi

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2016 - L 11 KR 3861/14

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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.07.2014 wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 792,75 EUR festgesetzt. Ta

Bundessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2015 - B 3 KR 16/15 R

bei uns veröffentlicht am 25.11.2015

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. August 2014 geändert und die Klage abgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 14. Okt. 2014 - B 1 KR 26/13 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 01. Juli 2014 - B 1 KR 24/13 R

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Bundessozialgericht Urteil, 28. Nov. 2013 - B 3 KR 33/12 R

bei uns veröffentlicht am 28.11.2013

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

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Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen:

1.
Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Dem Träger eines Krankenhauses ist auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke zu erteilen, wenn er

1.
die Anstellung eines Apothekers, der die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 sowie Abs. 3, auch in Verbindung mit Abs. 2 oder 2a, erfüllt, und
2.
die für Krankenhausapotheken nach der Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Räume nachweist.
Der Leiter der Krankenhausapotheke oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Ärzte des Krankenhauses über Arzneimittel zu informieren und zu beraten, insbesondere im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie. Dies gilt auch insoweit, als die ambulante Versorgung berührt ist.

(2) Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei der Erteilung eine der nach Absatz 1 Satz 1 erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hat. Sie ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen nach Absatz 1 weggefallen ist oder wenn der Erlaubnisinhaber oder eine von ihm beauftragte Person den Bestimmungen dieses Gesetzes, der auf Grund des § 21 erlassenen Rechtsverordnung oder den für die Herstellung von Arzneimitteln oder den Verkehr mit diesen erlassenen Rechtsvorschriften gröblich oder beharrlich zuwiderhandelt. Entsprechend ist hinsichtlich der Genehmigung nach Absatz 5 Satz 1 und 3 zu verfahren, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 5 Satz 2 nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.

(3) Wer als Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke nach Absatz 1 beabsichtigt, ein weiteres, nicht von ihm selbst getragenes Krankenhaus mit Arzneimitteln zu versorgen, hat dazu mit dem Träger dieses Krankenhauses einen schriftlichen Vertrag zu schließen.

(4) Wer als Träger eines Krankenhauses beabsichtigt, das Krankenhaus von dem Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach § 1 Abs. 2 oder nach den Gesetzen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum versorgen zu lassen, hat mit dem Inhaber dieser Erlaubnis einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Erfüllungsort für die vertraglichen Versorgungsleistungen ist der Sitz des Krankenhauses. Anzuwendendes Recht ist deutsches Recht.

(5) Der nach Absatz 3 oder 4 geschlossene Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Diese Genehmigung ist zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass das Krankenhaus mit einer Apotheke nach Absatz 3 oder 4 einen Vertrag über die Arzneimittelversorgung des Krankenhauses durch diese Apotheke geschlossen hat, der folgende Voraussetzungen erfüllt:

1.
die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung ist gewährleistet, insbesondere sind die nach der Apothekenbetriebsordnung oder bei Apotheken, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, nach den in diesem Staat geltenden Vorschriften erforderlichen Räume und Einrichtungen sowie das erforderliche Personal vorhanden;
2.
die Apotheke liefert dem Krankenhaus die von diesem bestellten Arzneimittel direkt oder im Falle des Versandes im Einklang mit den Anforderungen nach § 11a;
3.
die Apotheke stellt Arzneimittel, die das Krankenhaus zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt, unverzüglich und bedarfsgerecht zur Verfügung;
4.
eine persönliche Beratung des Personals des Krankenhauses durch den Leiter der Apotheke nach Absatz 3 oder 4 oder den von ihm beauftragten Apotheker der versorgenden Apotheke erfolgt bedarfsgerecht und im Notfall unverzüglich;
5.
die versorgende Apotheke gewährleistet, dass das Personal des Krankenhauses im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie von ihr kontinuierlich beraten wird;
6.
der Leiter der versorgenden Apotheke nach Absatz 3 oder 4 oder der von ihm beauftragte Apotheker ist Mitglied der Arzneimittelkommission des Krankenhauses.
Eine Genehmigung der zuständigen Behörde ist auch für die Versorgung eines anderen Krankenhauses durch eine unter derselben Trägerschaft stehende Krankenhausapotheke erforderlich. Für die Erteilung der Genehmigung gilt Satz 2 entsprechend.

(6) Der Leiter der Krankenhausapotheke nach Absatz 1 oder einer Apotheke nach Absatz 4 oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Arzneimittelvorräte des zu versorgenden Krankenhauses nach Maßgabe der Apothekenbetriebsordnung zu überprüfen und dabei insbesondere auf die einwandfreie Beschaffenheit und ordnungsgemäße Aufbewahrung der Arzneimittel zu achten. Zur Beseitigung festgestellter Mängel hat er eine angemessene Frist zu setzen und deren Nichteinhaltung der für die Apothekenaufsicht zuständigen Behörde anzuzeigen.

(7) Der Leiter der Krankenhausapotheke nach Absatz 1 oder ein von ihm beauftragter Apotheker oder der Leiter einer Apotheke nach Absatz 4 dürfen nur solche Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen, mit denen rechtswirksame Verträge bestehen oder für deren Versorgung eine Genehmigung nach Absatz 5 Satz 3 erteilt worden ist. Die in Satz 1 genannten Personen dürfen Arzneimittel nur an die einzelnen Stationen und anderen Teileinheiten des Krankenhauses zur Versorgung von Patienten abgeben, die in dem Krankenhaus vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) behandelt, ambulant operiert oder im Rahmen sonstiger stationsersetzender Eingriffe (§ 115b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) oder im Rahmen der Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch versorgt werden, ferner zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, insbesondere an Hochschulambulanzen (§ 117 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), sozialpädiatrische Zentren (§ 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), medizinische Behandlungszentren (§ 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) und ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) sowie an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus, wenn das Krankenhaus hierzu ermächtigt (§ 116a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) oder berechtigt (§§ 116b und 140a Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) ist. Bei der Entlassung von Patienten nach stationärer oder ambulanter Behandlung im Krankenhaus oder bei Beendigung der Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch darf an diese die zur Überbrückung benötigte Menge an Arzneimitteln nur abgegeben werden, wenn im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein Feiertag folgt. Unbeschadet des Satzes 3 können an Patienten, für die die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorliegt, die zur Überbrückung benötigten Arzneimittel für längstens drei Tage abgegeben werden. An Beschäftigte des Krankenhauses dürfen Arzneimittel nur für deren unmittelbaren eigenen Bedarf abgegeben werden. Die Versorgung mit Arzneimitteln nach den Sätzen 3 bis 5 umfasst auch Arzneimittel, die verschreibungsfähige Betäubungsmittel sind.

(8) Krankenhäuser im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen nach § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Diesen stehen hinsichtlich der Arzneimittelversorgung gleich:

1.
die nach Landesrecht bestimmten Träger und Durchführenden des Rettungsdienstes,
2.
Kur- und Spezialeinrichtungen, die der Gesundheitsvorsorge oder der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation dienen, sofern sie
a)
Behandlung oder Pflege sowie Unterkunft und Verpflegung gewähren,
b)
unter ständiger hauptberuflicher ärztlicher Leitung stehen und
c)
insgesamt mindestens 40 vom Hundert der jährlichen Leistungen für Patienten öffentlich-rechtlicher Leistungsträger oder für Selbstzahler abrechnen, die keine höheren als die den öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern berechneten Entgelte zahlen.
Die nach Landesrecht bestimmten Träger und Durchführenden des Rettungsdienstes sowie Kur- und Spezialeinrichtungen sind als eine Station im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 anzusehen, es sei denn, dass sie in Stationen oder andere Teileinheiten mit unterschiedlichem Versorgungszweck unterteilt sind. Dem Träger einer in Satz 2 genannten Einrichtung darf für diese eine Erlaubnis nach Absatz 1 nicht erteilt werden.

(9) Die Absätze 3, 4, 5 Satz 3 und Absatz 7 Satz 1 bis 3 finden keine Anwendung, soweit es sich um Arzneimittel zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit handelt, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, und die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen nach § 47 Absatz 1 Nummer 3c des Arzneimittelgesetzes bevorratet oder nach § 21 Absatz 2 Nummer 1c des Arzneimittelgesetzes hergestellt wurden.

(1) Die Versorgungsansprüche der am Tag der Auflösung oder Schließung einer Krankenkasse vorhandenen Versorgungsempfänger und ihrer Hinterbliebenen bleiben unberührt.

(2) Die dienstordnungsmäßigen Angestellten sind verpflichtet, eine von einer anderen Krankenkasse nachgewiesene dienstordnungsmäßige Stellung anzutreten, wenn die Stellung nicht in auffälligem Missverhältnis zu den Fähigkeiten der Angestellten steht. Entstehen hierdurch geringere Besoldungs- oder Versorgungsansprüche, sind diese auszugleichen. Den übrigen Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann, ist bei einem Landesverband der Krankenkassen oder einer anderen Krankenkasse eine Stellung anzubieten, die ihnen unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und ihrer bisherigen Dienststellung zuzumuten ist. Jede Krankenkasse ist verpflichtet, entsprechend ihrem Anteil an der Zahl der Mitglieder aller Krankenkassen dienstordnungsmäßige Stellungen nach Satz 1 nachzuweisen und Anstellungen nach Satz 3 anzubieten; die Nachweise und Angebote sind dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen mitzuteilen, der diese den Beschäftigten in geeigneter Form zugänglich macht.

(3) Die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, die nicht nach Absatz 2 untergebracht werden, enden mit dem Tag der Auflösung oder Schließung. Vertragsmäßige Rechte, zu einem früheren Zeitpunkt zu kündigen, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Die Krankenkassen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung.

(2) Die Krankenversicherung ist in folgende Kassenarten gegliedert:

Allgemeine Ortskrankenkassen,
Betriebskrankenkassen,
Innungskrankenkassen,
Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Träger der Krankenversicherung der Landwirte,
die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der Krankenversicherung (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See),
Ersatzkassen.

(3) Im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung arbeiten die Krankenkassen und ihre Verbände sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen.

(4) Die Krankenkassen haben bei der Durchführung ihrer Aufgaben und in ihren Verwaltungsangelegenheiten sparsam und wirtschaftlich zu verfahren und dabei ihre Ausgaben so auszurichten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten.

(5) Im Jahr 2023 dürfen sich die sächlichen Verwaltungsausgaben der einzelnen Krankenkasse nicht um mehr als 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöhen. Die Begrenzung nach Satz 1 gilt nicht für sächliche Verwaltungsausgaben, die wegen der Durchführung der Sozialversicherungswahlen einschließlich der Teilnahme am Modellprojekt zur Durchführung von Online-Wahlen und der Kostenumlage für dieses Modellprojekt nach § 194a Absatz 3 entstehen, sowie für Aufwendungen für Datentransparenz nach den §§ 303a bis 303e.

(6) (weggefallen)

(1) Dem Träger eines Krankenhauses ist auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke zu erteilen, wenn er

1.
die Anstellung eines Apothekers, der die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 sowie Abs. 3, auch in Verbindung mit Abs. 2 oder 2a, erfüllt, und
2.
die für Krankenhausapotheken nach der Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Räume nachweist.
Der Leiter der Krankenhausapotheke oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Ärzte des Krankenhauses über Arzneimittel zu informieren und zu beraten, insbesondere im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie. Dies gilt auch insoweit, als die ambulante Versorgung berührt ist.

(2) Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei der Erteilung eine der nach Absatz 1 Satz 1 erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hat. Sie ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen nach Absatz 1 weggefallen ist oder wenn der Erlaubnisinhaber oder eine von ihm beauftragte Person den Bestimmungen dieses Gesetzes, der auf Grund des § 21 erlassenen Rechtsverordnung oder den für die Herstellung von Arzneimitteln oder den Verkehr mit diesen erlassenen Rechtsvorschriften gröblich oder beharrlich zuwiderhandelt. Entsprechend ist hinsichtlich der Genehmigung nach Absatz 5 Satz 1 und 3 zu verfahren, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 5 Satz 2 nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.

(3) Wer als Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke nach Absatz 1 beabsichtigt, ein weiteres, nicht von ihm selbst getragenes Krankenhaus mit Arzneimitteln zu versorgen, hat dazu mit dem Träger dieses Krankenhauses einen schriftlichen Vertrag zu schließen.

(4) Wer als Träger eines Krankenhauses beabsichtigt, das Krankenhaus von dem Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach § 1 Abs. 2 oder nach den Gesetzen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum versorgen zu lassen, hat mit dem Inhaber dieser Erlaubnis einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Erfüllungsort für die vertraglichen Versorgungsleistungen ist der Sitz des Krankenhauses. Anzuwendendes Recht ist deutsches Recht.

(5) Der nach Absatz 3 oder 4 geschlossene Vertrag bedarf zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde. Diese Genehmigung ist zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass das Krankenhaus mit einer Apotheke nach Absatz 3 oder 4 einen Vertrag über die Arzneimittelversorgung des Krankenhauses durch diese Apotheke geschlossen hat, der folgende Voraussetzungen erfüllt:

1.
die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung ist gewährleistet, insbesondere sind die nach der Apothekenbetriebsordnung oder bei Apotheken, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, nach den in diesem Staat geltenden Vorschriften erforderlichen Räume und Einrichtungen sowie das erforderliche Personal vorhanden;
2.
die Apotheke liefert dem Krankenhaus die von diesem bestellten Arzneimittel direkt oder im Falle des Versandes im Einklang mit den Anforderungen nach § 11a;
3.
die Apotheke stellt Arzneimittel, die das Krankenhaus zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt, unverzüglich und bedarfsgerecht zur Verfügung;
4.
eine persönliche Beratung des Personals des Krankenhauses durch den Leiter der Apotheke nach Absatz 3 oder 4 oder den von ihm beauftragten Apotheker der versorgenden Apotheke erfolgt bedarfsgerecht und im Notfall unverzüglich;
5.
die versorgende Apotheke gewährleistet, dass das Personal des Krankenhauses im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie von ihr kontinuierlich beraten wird;
6.
der Leiter der versorgenden Apotheke nach Absatz 3 oder 4 oder der von ihm beauftragte Apotheker ist Mitglied der Arzneimittelkommission des Krankenhauses.
Eine Genehmigung der zuständigen Behörde ist auch für die Versorgung eines anderen Krankenhauses durch eine unter derselben Trägerschaft stehende Krankenhausapotheke erforderlich. Für die Erteilung der Genehmigung gilt Satz 2 entsprechend.

(6) Der Leiter der Krankenhausapotheke nach Absatz 1 oder einer Apotheke nach Absatz 4 oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Arzneimittelvorräte des zu versorgenden Krankenhauses nach Maßgabe der Apothekenbetriebsordnung zu überprüfen und dabei insbesondere auf die einwandfreie Beschaffenheit und ordnungsgemäße Aufbewahrung der Arzneimittel zu achten. Zur Beseitigung festgestellter Mängel hat er eine angemessene Frist zu setzen und deren Nichteinhaltung der für die Apothekenaufsicht zuständigen Behörde anzuzeigen.

(7) Der Leiter der Krankenhausapotheke nach Absatz 1 oder ein von ihm beauftragter Apotheker oder der Leiter einer Apotheke nach Absatz 4 dürfen nur solche Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen, mit denen rechtswirksame Verträge bestehen oder für deren Versorgung eine Genehmigung nach Absatz 5 Satz 3 erteilt worden ist. Die in Satz 1 genannten Personen dürfen Arzneimittel nur an die einzelnen Stationen und anderen Teileinheiten des Krankenhauses zur Versorgung von Patienten abgeben, die in dem Krankenhaus vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) behandelt, ambulant operiert oder im Rahmen sonstiger stationsersetzender Eingriffe (§ 115b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) oder im Rahmen der Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch versorgt werden, ferner zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, insbesondere an Hochschulambulanzen (§ 117 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), sozialpädiatrische Zentren (§ 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), medizinische Behandlungszentren (§ 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) und ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) sowie an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus, wenn das Krankenhaus hierzu ermächtigt (§ 116a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) oder berechtigt (§§ 116b und 140a Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) ist. Bei der Entlassung von Patienten nach stationärer oder ambulanter Behandlung im Krankenhaus oder bei Beendigung der Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e des Fünften Buches Sozialgesetzbuch darf an diese die zur Überbrückung benötigte Menge an Arzneimitteln nur abgegeben werden, wenn im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein Feiertag folgt. Unbeschadet des Satzes 3 können an Patienten, für die die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorliegt, die zur Überbrückung benötigten Arzneimittel für längstens drei Tage abgegeben werden. An Beschäftigte des Krankenhauses dürfen Arzneimittel nur für deren unmittelbaren eigenen Bedarf abgegeben werden. Die Versorgung mit Arzneimitteln nach den Sätzen 3 bis 5 umfasst auch Arzneimittel, die verschreibungsfähige Betäubungsmittel sind.

(8) Krankenhäuser im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen nach § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Diesen stehen hinsichtlich der Arzneimittelversorgung gleich:

1.
die nach Landesrecht bestimmten Träger und Durchführenden des Rettungsdienstes,
2.
Kur- und Spezialeinrichtungen, die der Gesundheitsvorsorge oder der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation dienen, sofern sie
a)
Behandlung oder Pflege sowie Unterkunft und Verpflegung gewähren,
b)
unter ständiger hauptberuflicher ärztlicher Leitung stehen und
c)
insgesamt mindestens 40 vom Hundert der jährlichen Leistungen für Patienten öffentlich-rechtlicher Leistungsträger oder für Selbstzahler abrechnen, die keine höheren als die den öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern berechneten Entgelte zahlen.
Die nach Landesrecht bestimmten Träger und Durchführenden des Rettungsdienstes sowie Kur- und Spezialeinrichtungen sind als eine Station im Sinne des Absatzes 7 Satz 2 anzusehen, es sei denn, dass sie in Stationen oder andere Teileinheiten mit unterschiedlichem Versorgungszweck unterteilt sind. Dem Träger einer in Satz 2 genannten Einrichtung darf für diese eine Erlaubnis nach Absatz 1 nicht erteilt werden.

(9) Die Absätze 3, 4, 5 Satz 3 und Absatz 7 Satz 1 bis 3 finden keine Anwendung, soweit es sich um Arzneimittel zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit handelt, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, und die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen nach § 47 Absatz 1 Nummer 3c des Arzneimittelgesetzes bevorratet oder nach § 21 Absatz 2 Nummer 1c des Arzneimittelgesetzes hergestellt wurden.

Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit sie über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen, mit Zustimmung des jeweiligen Trägers der Einrichtung, in der der Arzt tätig ist, vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten der in Satz 1 genannten Einrichtungen nicht sichergestellt wird.

Der Zulassungsausschuss muss zugelassene Krankenhäuser für das entsprechende Fachgebiet in den Planungsbereichen, in denen der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eingetretene Unterversorgung nach § 100 Absatz 1 oder einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf nach § 100 Absatz 3 festgestellt hat, auf deren Antrag zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit und solange dies zur Beseitigung der Unterversorgung oder zur Deckung des zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist. Der Ermächtigungsbeschluss ist nach zwei Jahren zu überprüfen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muß in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.

(2) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben durch geeignete Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten hinzuwirken.

(1) Die Apotheken und weitere Anbieter von Arzneimitteln sind verpflichtet, unabhängig von der Höhe der Zuzahlung (oder dem Eigenanteil),

1.
bei Abgabe von Fertigarzneimitteln für Versicherte das nach Absatz 3 Nr. 1 zu verwendende Kennzeichen maschinenlesbar auf das für die vertragsärztliche Versorgung verbindliche Verordnungsblatt oder in den elektronischen Verordnungsdatensatz zu übertragen,
2.
die Verordnungsblätter oder die elektronischen Verordnungsdatensätze an die Krankenkassen weiterzuleiten und diesen die nach Maßgabe der nach Absatz 3 Nr. 2 getroffenen Vereinbarungen erforderlichen Abrechnungsdaten zu übermitteln.
Satz 1 gilt auch für Apotheken und weitere Anbieter, die sonstige Leistungen nach § 31 sowie Impfstoffe nach § 20i Absatz 1 und 2 abrechnen, im Rahmen der jeweils vereinbarten Abrechnungsverfahren.

(2) Die Apotheken und weitere Anbieter von Leistungen nach § 31 können zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach Absatz 1 Rechenzentren in Anspruch nehmen; die Anbieter von Leistungen nach dem vorstehenden Halbsatz haben vereinnahmte Gelder, soweit diese zur Weiterleitung an Dritte bestimmt sind, unverzüglich auf ein offenes Treuhandkonto zugunsten des Dritten einzuzahlen. Die Rechenzentren dürfen die ihnen nach Satz 1 erster Halbsatz übermittelten Daten für im Sozialgesetzbuch bestimmte Zwecke und nur in einer auf diese Zwecke ausgerichteten Weise verarbeiten, soweit sie dazu von einer berechtigten Stelle beauftragt worden sind; anonymisierte Daten dürfen auch für andere Zwecke verarbeitet werden. Die Rechenzentren übermitteln die Daten nach Absatz 1 auf Anforderung den Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit diese Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 73 Abs. 8, den §§ 84 und 305a erforderlich sind, sowie dem Bundesministerium für Gesundheit oder einer von ihm benannten Stelle im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern. Dem Bundesministerium für Gesundheit oder der von ihm benannten Stelle sind die Daten nicht arzt- und nicht versichertenbezogen zu übermitteln. Vor der Verarbeitung der Daten durch die Kassenärztlichen Vereinigungen ist der Versichertenbezug durch eine von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung räumlich, organisatorisch und personell getrennten Stelle zu pseudonymisieren. Für die Datenübermittlung an die Kassenärztlichen Vereinigungen erhalten die Rechenzentren einen dem Arbeitsaufwand entsprechenden Aufwandsersatz. Der Arbeitsaufwand für die Datenübermittlung ist auf Nachfrage der Kassenärztlichen Vereinigungen diesen in geeigneter Form nachzuweisen.

(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker regeln in einer Arzneimittelabrechnungsvereinbarung das Nähere insbesondere über

1.
die Verwendung eines bundeseinheitlichen Kennzeichens für das verordnete Fertigarzneimittel als Schlüssel zu Handelsname, Hersteller, Darreichungsform, Wirkstoffstärke und Packungsgröße des Arzneimittels,
2.
die Einzelheiten der Übertragung des Kennzeichens und der Abrechnung, die Voraussetzungen und Einzelheiten der Übermittlung der Abrechnungsdaten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern sowie die Weiterleitung der Verordnungsblätter an die Krankenkassen, spätestens zum 1. Januar 2006 auch die Übermittlung des elektronischen Verordnungsdatensatzes,
3.
die Übermittlung des Apothekenverzeichnisses nach § 293 Abs. 5,
4.
die Verwendung vonVerordnungenin elektronischer Form für die Arzneimittelabrechnung bis zum 31. März 2020,
5.
die Verwendung eines gesonderten bundeseinheitlichen Kennzeichens für Arzneimittel, die auf Grund einer Ersatzverordnung im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 an Versicherte abgegeben werden.
Bei der nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Datenübermittlung sind das bundeseinheitliche Kennzeichen der Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen sowie die enthaltenen Mengeneinheiten von Fertigarzneimitteln zu übermitteln. Satz 2 gilt auch für Fertigarzneimittel, aus denen wirtschaftliche Einzelmengen nach § 129 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 abgegeben werden. Für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen sind zusätzlich die mit dem pharmazeutischen Unternehmer vereinbarten Preise ohne Mehrwertsteuer zu übermitteln. Besteht eine parenterale Zubereitung aus mehr als drei Fertigarzneimitteln, können die Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbaren, Angaben für Fertigarzneimittel von der Übermittlung nach den Sätzen 1 und 2 auszunehmen, wenn eine Übermittlung unverhältnismäßig aufwändig wäre.

(4) Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 3 nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande, wird ihr Inhalt durch die Schiedsstelle nach § 129 Abs. 8 festgesetzt.

(1) Die Verschreibung muss enthalten:

1.
Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen, tierärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person) einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme,
2.
Datum der Ausfertigung oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, das Datum der qualifizierten elektronischen Signatur,
3.
Name und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
4.
Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke,
4a.
bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem eine Teilmenge abgegeben werden soll, sowie eine Gebrauchsanweisung; einer Gebrauchsanweisung bedarf es nicht, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird;
5.
Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 oder Nummer 4a nicht eindeutig ist,
6.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels,
6a.
sofern das Arzneimittel zur wiederholten Abgabe auf dieselbe Verschreibung bestimmt sein soll, einen Vermerk mit der Anzahl der Wiederholungen,
7.
die Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird,
8.
Gültigkeitsdauer der Verschreibung,
9.
bei tierärztlichen Verschreibungen zusätzlich
a)
die Dosierung pro Tier und Tag,
b)
die Dauer der Anwendung und
c)
sofern das Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren verschrieben wird, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Indikation und die Wartezeit,
sowie anstelle der Angaben nach Nummer 3 der Name des Tierhalters und Zahl und Art der Tiere, bei denen das Arzneimittel angewendet werden soll, sowie bei Verschreibungen für Tiere, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Identität der Tiere,
10.
die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur.

(1a) Den aus Deutschland stammenden ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibungen sind entsprechende Verschreibungen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und aus der Schweiz gleichgestellt, sofern diese die Angaben nach Absatz 1 aufweisen und dadurch ihre Authentizität und ihre Ausstellung durch eine dazu berechtigte ärztliche oder zahnärztliche Person nachweisen. Die Regelungen des § 3a sowie der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung bleiben unberührt.

(1b) Eine ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung, die zu dem Zweck ausgestellt wird, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz eingelöst zu werden, hat folgende Angaben zu enthalten:

1.
Name, Vorname und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
2.
Datum der Ausfertigung,
3.
Name, Vorname sowie eine die berufliche Qualifikation erkennen lassende Berufsbezeichnung der verschreibenden ärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person),
4.
Anschrift der verschreibenden Person einschließlich der Bezeichnung des Mitgliedstaates, ihrer Telefon- oder Telefaxnummer unter Angabe der Ländervorwahl und ihrer E-Mail-Adresse,
5.
handschriftliche oder digitale Unterschrift der verschreibenden Person je nach Medium der Verschreibung,
6.
die nach Artikel 1 Nummer 21 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Richtlinie 2012/26/EU (ABl. L 299 vom 27.10.2012, S. 1) geändert worden ist, gebräuchliche Bezeichnung des Arzneimittels (internationaler Freiname); die Bezeichnung eines Fertigarzneimittels darf verwendet werden, wenn
a)
das verschriebene Arzneimittel ein biologisches Arzneimittel nach Nummer 3.2.1.1. Buchstabe b des Anhangs I Teil 1 der Richtlinie 2001/83/EG ist oder
b)
die verschreibende Person es für medizinisch erforderlich hält; in diesem Fall hat die Verschreibung eine kurze Begründung für die Verwendung der Fertigarzneimittelbezeichnung zu enthalten,
7.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels, seine Wirkstärke im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG und die Darreichungsform,
8.
Dosierung.

(2) Ist die Verschreibung für den Praxisbedarf einer verschreibenden Person, für ein Krankenhaus, für Einrichtungen oder Teileinheiten von Einrichtungen des Rettungsdienstes, für Bordapotheken von Luftfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 4. März 1970 (BGBl. I S. 262), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 29. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1894) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, für eine Tierklinik oder einen Zoo bestimmt, so genügt an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3, 7 und 9 ein entsprechender Vermerk.

(3) In die Verschreibung eines Arzneimittels, das zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs zugelassen ist und das nur in einer Einrichtung im Sinne des § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes angewendet werden darf, ist an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3 ein entsprechender Vermerk zu setzen.

(3a) Bei Arzneimitteln, die den Wirkstoff Esketamin enthalten und die zur intranasalen Anwendung bestimmt sind, ist auf der Verschreibung durch die verschreibende Person zu vermerken, dass das Arzneimittel nicht an die Patientin oder den Patienten, sondern nur an die Arztpraxis oder die Klinik, der die verschreibende Person angehört, abgegeben werden darf. Fehlt auf der Verschreibung der Vermerk nach Satz 1, so kann der Apotheker oder die Apothekerin die Verschreibung um die Angaben nach Satz 1 ergänzen, wenn nach den für ihn oder sie erkennbaren Umständen ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht mit zumutbarem Aufwand möglich ist.

(4) Fehlt bei Arzneimitteln in abgabefertigen Packungen die Angabe der Menge des verschriebenen Arzneimittels, so gilt die kleinste Packung als verschrieben.

(5) Fehlt die Angabe der Gültigkeitsdauer, so gilt die Verschreibung drei Monate.

(6) Fehlt das Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, oder fehlen Angaben nach Absatz 1 Nummer 2, nach Nummer 5, zur Gebrauchsanweisung nach Nummer 4a oder zur Dosierung nach Nummer 7, so kann der Apotheker, wenn ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht möglich ist, die Verschreibung insoweit ergänzen.

(6a) Fehlt der Vorname der verschreibenden Person oder deren Telefonnummer zur Kontaktaufnahme oder der Hinweis in der Verschreibung auf einen Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine schriftliche Dosierungsanweisung nach Absatz 1 Nummer 7, so kann der Apotheker auch ohne Rücksprache mit der verschreibenden Person die Verschreibung insoweit ergänzen, wenn ihm diese Angaben zweifelsfrei bekannt sind.

(7) Ist die Verschreibung eines Arzneimittels für ein Krankenhaus bestimmt, in dem zur Übermittlung derselben ein System zur Datenübertragung vorhanden ist, das die Verschreibung durch eine befugte verschreibende Person sicherstellt, so genügt an Stelle der eigenhändigen Unterschrift nach Absatz 1 Nr. 10 die Namenswiedergabe der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, ein geeignetes elektronisches Identifikationsverfahren.

(8) Ist die Verschreibung für ein Krankenhaus bestimmt, kann sie auch ausschließlich mit Hilfe eines Telefaxgerätes übermittelt werden.

(1) Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte dürfen an Stationen oder andere Teileinheiten des Krankenhauses nur auf Grund einer Verschreibung im Einzelfall oder auf Grund einer schriftlichen Anforderung abgegeben werden. Dies gilt für Verschreibungen oder Anforderungen in elektronischer Form entsprechend.

(2) Bei der Abgabe an Stationen und andere Teileinheiten des Krankenhauses sind die Arzneimittel und apothekenpflichtigen Medizinprodukte vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind in einem geeigneten, verschlossenen Behälter abzugeben, auf dem die Apotheke und der Empfänger anzugeben sind. Teilmengen von Fertigarzneimitteln, die an Patienten im Zusammenhang mit einer vor- oder nachstationären Behandlung oder einer ambulanten Operation zur Anwendung außerhalb des Krankenhauses ausgehändigt werden sollen, sind nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Satz 2 zu kennzeichnen und mit einer Packungsbeilage zu versehen.

(3) Arzneimittel aus zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packungen dürfen nur dann ohne äußere Umhüllung abgegeben werden, wenn auf dem Behältnis die Bezeichnung des Arzneimittels, die Chargenbezeichnung und, soweit für das Arzneimittel vorgeschrieben, das Verfalldatum sowie Aufbewahrungshinweise angegeben sind und die Packungsbeilage hinzugefügt wird.

(4) Die Vorschriften des § 17 Absatz 1, 1a, 4, 5, 6 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und Satz 2 bis 4 sowie Absatz 6a bis 6c gelten entsprechend.

(1) Die Verschreibung muss enthalten:

1.
Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen, tierärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person) einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme,
2.
Datum der Ausfertigung oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, das Datum der qualifizierten elektronischen Signatur,
3.
Name und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
4.
Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke,
4a.
bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem eine Teilmenge abgegeben werden soll, sowie eine Gebrauchsanweisung; einer Gebrauchsanweisung bedarf es nicht, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird;
5.
Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 oder Nummer 4a nicht eindeutig ist,
6.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels,
6a.
sofern das Arzneimittel zur wiederholten Abgabe auf dieselbe Verschreibung bestimmt sein soll, einen Vermerk mit der Anzahl der Wiederholungen,
7.
die Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird,
8.
Gültigkeitsdauer der Verschreibung,
9.
bei tierärztlichen Verschreibungen zusätzlich
a)
die Dosierung pro Tier und Tag,
b)
die Dauer der Anwendung und
c)
sofern das Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren verschrieben wird, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Indikation und die Wartezeit,
sowie anstelle der Angaben nach Nummer 3 der Name des Tierhalters und Zahl und Art der Tiere, bei denen das Arzneimittel angewendet werden soll, sowie bei Verschreibungen für Tiere, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Identität der Tiere,
10.
die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur.

(1a) Den aus Deutschland stammenden ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibungen sind entsprechende Verschreibungen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und aus der Schweiz gleichgestellt, sofern diese die Angaben nach Absatz 1 aufweisen und dadurch ihre Authentizität und ihre Ausstellung durch eine dazu berechtigte ärztliche oder zahnärztliche Person nachweisen. Die Regelungen des § 3a sowie der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung bleiben unberührt.

(1b) Eine ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung, die zu dem Zweck ausgestellt wird, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz eingelöst zu werden, hat folgende Angaben zu enthalten:

1.
Name, Vorname und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
2.
Datum der Ausfertigung,
3.
Name, Vorname sowie eine die berufliche Qualifikation erkennen lassende Berufsbezeichnung der verschreibenden ärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person),
4.
Anschrift der verschreibenden Person einschließlich der Bezeichnung des Mitgliedstaates, ihrer Telefon- oder Telefaxnummer unter Angabe der Ländervorwahl und ihrer E-Mail-Adresse,
5.
handschriftliche oder digitale Unterschrift der verschreibenden Person je nach Medium der Verschreibung,
6.
die nach Artikel 1 Nummer 21 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Richtlinie 2012/26/EU (ABl. L 299 vom 27.10.2012, S. 1) geändert worden ist, gebräuchliche Bezeichnung des Arzneimittels (internationaler Freiname); die Bezeichnung eines Fertigarzneimittels darf verwendet werden, wenn
a)
das verschriebene Arzneimittel ein biologisches Arzneimittel nach Nummer 3.2.1.1. Buchstabe b des Anhangs I Teil 1 der Richtlinie 2001/83/EG ist oder
b)
die verschreibende Person es für medizinisch erforderlich hält; in diesem Fall hat die Verschreibung eine kurze Begründung für die Verwendung der Fertigarzneimittelbezeichnung zu enthalten,
7.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels, seine Wirkstärke im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG und die Darreichungsform,
8.
Dosierung.

(2) Ist die Verschreibung für den Praxisbedarf einer verschreibenden Person, für ein Krankenhaus, für Einrichtungen oder Teileinheiten von Einrichtungen des Rettungsdienstes, für Bordapotheken von Luftfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 4. März 1970 (BGBl. I S. 262), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 29. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1894) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, für eine Tierklinik oder einen Zoo bestimmt, so genügt an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3, 7 und 9 ein entsprechender Vermerk.

(3) In die Verschreibung eines Arzneimittels, das zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs zugelassen ist und das nur in einer Einrichtung im Sinne des § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes angewendet werden darf, ist an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3 ein entsprechender Vermerk zu setzen.

(3a) Bei Arzneimitteln, die den Wirkstoff Esketamin enthalten und die zur intranasalen Anwendung bestimmt sind, ist auf der Verschreibung durch die verschreibende Person zu vermerken, dass das Arzneimittel nicht an die Patientin oder den Patienten, sondern nur an die Arztpraxis oder die Klinik, der die verschreibende Person angehört, abgegeben werden darf. Fehlt auf der Verschreibung der Vermerk nach Satz 1, so kann der Apotheker oder die Apothekerin die Verschreibung um die Angaben nach Satz 1 ergänzen, wenn nach den für ihn oder sie erkennbaren Umständen ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht mit zumutbarem Aufwand möglich ist.

(4) Fehlt bei Arzneimitteln in abgabefertigen Packungen die Angabe der Menge des verschriebenen Arzneimittels, so gilt die kleinste Packung als verschrieben.

(5) Fehlt die Angabe der Gültigkeitsdauer, so gilt die Verschreibung drei Monate.

(6) Fehlt das Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, oder fehlen Angaben nach Absatz 1 Nummer 2, nach Nummer 5, zur Gebrauchsanweisung nach Nummer 4a oder zur Dosierung nach Nummer 7, so kann der Apotheker, wenn ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht möglich ist, die Verschreibung insoweit ergänzen.

(6a) Fehlt der Vorname der verschreibenden Person oder deren Telefonnummer zur Kontaktaufnahme oder der Hinweis in der Verschreibung auf einen Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine schriftliche Dosierungsanweisung nach Absatz 1 Nummer 7, so kann der Apotheker auch ohne Rücksprache mit der verschreibenden Person die Verschreibung insoweit ergänzen, wenn ihm diese Angaben zweifelsfrei bekannt sind.

(7) Ist die Verschreibung eines Arzneimittels für ein Krankenhaus bestimmt, in dem zur Übermittlung derselben ein System zur Datenübertragung vorhanden ist, das die Verschreibung durch eine befugte verschreibende Person sicherstellt, so genügt an Stelle der eigenhändigen Unterschrift nach Absatz 1 Nr. 10 die Namenswiedergabe der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, ein geeignetes elektronisches Identifikationsverfahren.

(8) Ist die Verschreibung für ein Krankenhaus bestimmt, kann sie auch ausschließlich mit Hilfe eines Telefaxgerätes übermittelt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3267,47 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in G behandelte den 1927 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kurt F. (im Folgenden: Versicherter) vollstationär vom 12.10. bis 2.11.2007 ua wegen Kraftschwäche der rechten Hand und globaler kardialer Dekompensation. Die Klägerin berechnete die Fallpauschale (DRG) F48Z - (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems; kodiert: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; 6338,15 Euro; 7.11.2007). Sie ging von frührehabilitativer Komplexbehandlung ab 17.10.2007 aus, übermittelte der Beklagten aber keine Angaben über durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 3009,72 Euro bezahlt (DRG F62C - Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC; 24.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine aktivierend-therapeutische Pflege erbracht. Sie habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung des Versicherten die DRG F62C mit einem Rechnungsbetrag von 3009,72 Euro berechnen, nicht aber 6338,15 Euro für die DRG F48Z (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG F48Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG F48Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal voraus (zu den Anforderungen an die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 25/13 R - Juris ). Daran fehlte es nach den Feststellungen des SG. Der Versicherte hatte weder einen Bedarf nach aktivierend-therapeutischer Pflege, denn er war völlig selbstständig und konnte sich uneingeschränkt selbstständig versorgen, noch ergab die Pflegedokumentation Nachweise einer Leistung aktivierend-therapeutischer Pflege.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

14

5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

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e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

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7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

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5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Die Krankenkassen oder ihre Verbände vereinbaren mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Die nach § 300 Abs. 3 getroffenen Regelungen sind Teil der Vereinbarungen nach Satz 1. Eine Krankenhausapotheke darf verordnete Arzneimittel zu Lasten von Krankenkassen nur abgeben, wenn für sie eine Vereinbarung nach Satz 1 besteht. Die Regelungen des § 129 Absatz 5c Satz 8 und 12 gelten für Vereinbarungen nach Satz 1 entsprechend.

(1) Für Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (Fertigarzneimittel) und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes den Apotheken vorbehalten ist, werden durch diese Verordnung festgelegt

1.
die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken oder Tierärzte (§ 2),
2.
die Preisspannen sowie die Preise für besondere Leistungen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf (§§ 3, 6 und 7),
3.
die Preisspannen der Tierärzte bei der Abgabe im Wiederverkauf an Tierhalter (§ 10).

(2) Für Arzneimittel, die in Apotheken oder von Tierärzten hergestellt werden und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 und 3 des Arzneimittelgesetzes den Apotheken vorbehalten ist, werden durch diese Verordnung festgelegt

1.
die Preisspannen sowie die Preise für besondere Leistungen der Apotheken (§§ 4 bis 7),
2.
die Preisspannen der Tierärzte (§ 10).

(3) Ausgenommen sind die Preisspannen und Preise der Apotheken, wenn es sich um eine Abgabe handelt

1.
durch Krankenhausapotheken, soweit es sich nicht um die Abgabe von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur ambulanten Versorgung handelt,
2.
an Krankenhäuser und diesen nach § 14 Absatz 8 Satz 2 des Apothekengesetzes gleichgestellte Einrichtungen sowie an Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten,
3.
an die in § 47 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 10 des Arzneimittelgesetzes genannten Personen und Einrichtungen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen,
3a.
von Impfstoffen, die zur Anwendung bei öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen im Sinne des § 20 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) bestimmt sind und diese Impfstoffe an Krankenhäuser, Gesundheitsämter und Ärzte abgegeben werden, sofern es sich nicht um die Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte handelt,
4.
von Impfstoffen, die zur Anwendung bei allgemeinen, insbesondere behördlichen oder betrieblichen Grippevorsorgemaßnahmen bestimmt sind,
5.
an Gesundheitsämter für Maßnahmen der Rachitisvorsorge,
6.
von Arzneimitteln, die zur Anwendung bei der Dialyse Nierenkranker bestimmt sind,
7.
von aus Fertigarzneimitteln auf Grund ärztlicher Verordnung entnommenen Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt,
8.
von Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen.
Im Fall von Satz 1 Nummer 1 bleibt § 129a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch unberührt. Im Fall von Satz 1 Nr. 7 können Sozialleistungsträger, private Krankenversicherungen oder deren Verbände das Verfahren für die Berechnung der Apothekenabgabepreise für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel mit Apotheken oder deren Verbänden vereinbaren.

(4) Ausgenommen sind die Preisspannen und Preise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

Die Krankenkassen oder ihre Verbände vereinbaren mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Die nach § 300 Abs. 3 getroffenen Regelungen sind Teil der Vereinbarungen nach Satz 1. Eine Krankenhausapotheke darf verordnete Arzneimittel zu Lasten von Krankenkassen nur abgeben, wenn für sie eine Vereinbarung nach Satz 1 besteht. Die Regelungen des § 129 Absatz 5c Satz 8 und 12 gelten für Vereinbarungen nach Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.

(2) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen kann nur geschlossen werden, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 792,75 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Auslegung einer Preisvereinbarung für vom Kläger abgegebene Arzneimittel streitig.
Der Kläger ist ein als Hochschulklinik anerkanntes Krankenhaus in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs 1 Nr 1 Universitätsklinika-Gesetz des Landes Baden-Württemberg), der als Zentrale Einrichtung (Nr 29 der Anlage zur Satzung des Universitätsklinikums F. zu § 6 Abs 2 Nr 5) eine Krankenhausapotheke im Sinne des § 129a Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung, SGB V) betreibt. Er schloss am 28.06.2004 mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen eV, dem Arbeiter-Ersatzkassenverband eV (Landesvertretung Baden-Württemberg), der B.-I. Arbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg und der Bundesknappschaft (Verwaltungsstelle M.) eine „Vereinbarung gemäß § 129a SGB V über die Abgabe von Arzneimitteln von der Krankenhausapotheke an Versicherte im Rahmen von § 14 Abs 4 ApoG“ (Arzneimittelliefervertrag - ALV -; Bl 21 SG-Akte). In § 5 ALV ist unter der Überschrift „Preisvereinbarung für Arzneimittel“ (vgl Bl 25 SG-Akte) Folgendes geregelt:
(1) Grundlage der Preisberechnung ist der für den Tag der Abgabe in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geltende Apothekeneinkaufspreis.
(2) Die Krankenkassen tragen Kosten in folgender Höhe:
- Zubereitungen:
- Lauer-Einkaufspreis - 2 % für die Zubereitungsbestandteile + Herstellungspauschale i.H.v. 16 EUR
- Fertigarzneimittel:
Lauer-Einkaufspreis - 4 %
Der abgerechnete Preis darf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke, der sich unter Berücksichtigung der Minderung um die nach den §§ 130 und 130a SGB V zu leistenden Abschläge ergeben würde, nicht überschreiten.
10 
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis:
11 
Einkaufspreis der Krankenhausapotheke (ohne Mehrwertsteuer) zuzüglich eines Aufschlags von 5 %, maximal von 50 EUR
12 
Der Name der Lieferfirma (Hersteller) ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes zu vermerken; die Rechnung ist auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen.
13 
- Applikationshilfen:
14 
Applikationshilfen, wie zB Injektionsspritzen, Perfusionsspritzen, tragbare Infusionen, Infusions- und Perfusionsleitungen, No-PVC-Bestecke, Filter, Portnadeln, entsprechend dem Lieferantenpreis je Stück nach der am Tag der Abgabe gültigen Lieferantenpreisliste soweit sie nicht mit dem Sprechstundenbedarf abgedeckt sind.
15 
(3) Die gem. Abs 2 ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz.
16 
Eine Anschlussvereinbarung wurde mit Wirkung vom 01.01.2011 geschlossen.
17 
In den Monaten März bis Dezember 2010 rechnete der Kläger bei der beklagten Krankenkasse für bei der Beklagten versicherte Patienten Arzneimittel, die zu einem großen Teil zytostatikahaltig waren, in Form von Zubereitungen mit jeweils in Milligramm genauer Angabe der Wirkstoffmenge ab. Dabei setzte er jeweils die Kosten für die Zubereitungsbestandteile in Höhe der Lauer-Taxe abzüglich 2 % an, erhöht um eine Herstellungspauschale von jeweils 16 EUR. Die Beklagte nahm in den genannten Monaten Abrechnungskorrekturen vor, die nach Darstellung des Klägers zu Absetzungsbeträgen von über 30.000 EUR, allein für Juli 2010 iHv über 5.700 EUR, führten. Wegen der zwischen den Beteiligten streitigen Auslegung des § 5 Abs 2 ALV vereinbarten sie die Durchführung eines Musterverfahrens. Dieses betrifft die Einzelabrechnung des Abrechnungszeitraums Juli 2010 iHv 12.744,30 EUR (Rechnungsnummer 4...), die die Beklagte zunächst bezahlte, dann am 31.01.2011 beanstandete, einen Betrag von 792,75 EUR absetzte und mit anderen Forderungen aufrechnete (Bl 10/11 SG-Akte).
18 
Der Kläger hat der Beanstandung am 08.02.2011 widersprochen und am 25.10.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
19 
Zur Begründung der Klage hat der Kläger sich auf den Wortlaut des § 5 Abs 2 ALV bezogen. Bei Zubereitungen könne die Beklagte nicht ausgehend vom Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke Kürzungen vornehmen, dies sei nur bei Fertigarzneimitteln möglich. Bei den an die Patienten abgegebenen Arzneimitteln handele es sich um Zubereitungen und nicht um Fertigarzneimittel. In Abgrenzung zu Fertigarzneimitteln handele es sich bei Zubereitungen um Erzeugnisse, die durch eine vom Menschen bewusst vorgenommene Behandlung von Stoffen entstünden. In den Zubereitungen seien die Stoffe noch ganz oder teilweise enthalten. Um solche Zubereitungen handele es sich bei den vom Kläger im streitbefangenen Fall abgegebenen zytostatikahaltigen Lösungen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung beziehe sich die Deckelung des Preises auf den Abgabepreis einer öffentlichen Apotheke gerade nicht auf Zubereitungen, sondern nur auf Fertigarzneimittel. Die Entstehungsgeschichte der Vereinbarung bestätige diese Auslegung. Der Kläger hat das BWK-Rundschreiben vom 08.04.2004 (Bl 67 SG-Akte) vorgelegt und auf die dort auf Seite 4 genannte Vorüberlegung Bezug genommen.
20 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, dass die Bezugnahme auf den Apothekenabgabepreis sowohl für Zubereitungen als auch für Fertigarzneimittel gelte. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Wortlaut des § 5 Abs 2 ALV nicht eindeutig. Die besagte Preisobergrenze könne sich zwar nur auf die Fertigarzneimittel beziehen, der Wortlaut lasse es aber auch zu, die Preisobergrenze auf alle in der Lauer-Taxe gelisteten Arzneimittel, also auch Zubereitungen, zu beziehen. Der Wortlaut sei auch deshalb nicht eindeutig, weil sich ein Spiegelstrich jeweils vor den Wörtern „Zubereitung“ (erster Spiegelstrich) und „Fertigarzneimittel“ (dritter Spiegelstrich) befinde und ein weiterer (zweiter Spiegelstrich) vor den Wörtern „Lauer-Einkaufspreis - 2 %“. Vor der Preisregelung für Fertigarzneimittel befinde sich dagegen kein Spiegelstrich. Aus Sinn und Zweck der Regelung folge, dass die Preisobergrenze sich auf alle Arzneimittel beziehe, also auch auf Fertigarzneimittel und Zubereitungen. Es sei absurd anzunehmen, die Preisobergrenze gelte nicht für Zubereitungen. Folgte man dieser Auslegung, so wäre nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Kläger für Fertigarzneimittel, die als solche unverändert an Versicherte der Beklagten abgegeben werden, höchstens den Preis einer öffentlichen Apotheke, jedoch bei Abgabe von Zubereitungen, welche dieselben Fertigarzneimittel beinhalteten, einen höheren Preis abrechnen dürfe. Eine solche Regelung wäre dermaßen unsinnig, dass ein dahingehender Wille der Vertragsparteien nicht angenommen werden könne. Die Durchführung des Vertrages entsprechend der vom Kläger vorgenommenen Auslegung des § 5 Abs 2 ALV verletze das Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 2 und 12 SGB V. Die zwischen dem Kläger und dem v. geschlossene Anschlussvereinbarung zum 01.01.2011 bestätige die dargelegte Auslegung auch der Vereinbarung aus dem Jahr 2004 durch die Beklagte. Auch spätere Äußerungen der Vertragsparteien seien für die Auslegung von Bedeutung. Die neue Vereinbarung enthalte in § 8 Abs 2 die Regelung, dass der abgerechnete Preis für alle Mittel den Apothekenabgabepreis der öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe (vgl Bl 33 SG-Akte). Der Beklagten stehe daher ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu, den sie durch Retaxierung der Abrechnungen in rechtmäßiger Weise geltend gemacht habe.
21 
Mit Urteil vom 22.07.2014 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 792,75 EUR zuzüglich Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.08.2011 zu zahlen. Die durch den Kläger vorgenommene Auslegung des § 5 Abs 2 ALV der Vereinbarung vom 28.06.2004 sei zutreffend. Die Einschränkung, dass der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe, gelte nur für Fertigarzneimittel, nicht aber für Zubereitungen. Im Vertragstext sei unter der Rubrik für die Zubereitungen lediglich geregelt, dass für diese der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 2 % der Zubereitungsbestandteile zuzüglich einer Herstellungspauschale iHv 16 EUR berechnet werden könne. Nur unter der Rubrik für die Fertigarzneimittel sei geregelt, dass der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 4 % berechnet werden dürfe und außerdem der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe. Im Jahr 2004, als der Vertrag abgeschlossen worden sei, hätten die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gelegen als die Preise der Krankenhausapotheken, weshalb man eine Deckelung bei den Zubereitungen seinerzeit nicht benötigt habe. Erst im Jahre 2010 hätten die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals niedriger gelegen als die entsprechenden Preise der Krankenhausapotheken. Dies liege daran, dass ab dem Jahr 2010 die Hilfstaxe (Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zwischen dem Deutschen Apothekerverband eV und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 4 und § 5 der AMPreisV) bei den öffentlichen Apotheken niedriger gewesen sei, wodurch die Preise der Klinikapotheken für Zubereitungen im Verhältnis zu den Preisen öffentlicher Apotheken in die Höhe gegangen seien. Deshalb sei dann auch eine neue Vereinbarung zum 01.01.2011 ausgehandelt worden. Aus diesem Grund könne auch aus dem Text der neuen Vereinbarung kein Rückschluss auf den Willen der vertragsschließenden Parteien im Jahr 2004 gezogen werden.
22 
Gegen das ihr am 14.08.2014 zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 09.09.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgebracht, dass das SG die Grundsätze der Auslegung von Willenserklärungen verkannt habe. Insbesondere sei das SG nicht auf den dokumentierten Willen des v. eingegangen, wonach sowohl Zubereitungen als auch Fertigarzneimittel auf den Preis der öffentlichen Apotheken zu begrenzen seien. Über den der Vereinbarung zugrundeliegenden Willen des v., der bei der Auslegung des § 5 Abs 2 ALV zu beachten sei, gebe eine Protokollnotiz vom 04.03.2004 Aufschluss (vgl Bl 142 SG-Akte). Die Vertragsparteien hätten für Fertig- und Rezepturarzneimittel jeweils unterschiedliche Preisregelungen vereinbaren wollen. Dieser Wille habe Ausdruck gefunden in § 5 Abs 2 ALV. Für Zubereitungen betrage der Abschlag 2 % vom Lauer-Einkaufspreis und es werde eine Herstellungspauschale von 16 EUR vergütet. Für Fertigarzneimittel gelte dagegen ein höherer Abschlag von 4 % vom Lauer-Einkaufspreis. Mit diesen unterschiedlichen Preisregelungen hätten die Beteiligten den tatsächlichen Unterschieden der beiden Arten von Arzneimitteln hinreichend Rechnung getragen. Jedoch hätten sie gerade nicht regeln wollen, dass nur die Preise von Fertigarzneimitteln auf die Apothekenabgabepreise der öffentlichen Apotheken begrenzt sein sollten. Hierfür sei kein vernünftiger Grund ersichtlich. Wenig hilfreich sei der Hinweis des SG, wonach die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals im Jahr 2010 die Preise der Krankenhausapotheken unterschritten hätten. Das SG könne damit nicht erklären, weshalb es zeitgleich eine ab dem 01.08.2010 geltende Vereinbarung nach § 129a SGB V mit der AOK Baden-Württemberg gebe, welche die abgerechneten Preise für Zubereitungen und Fertigarzneimittel auf die entsprechenden Preise der öffentlichen Apotheken begrenzte. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb im Jahre 2010 eine entsprechende Vereinbarung mit der A. Baden-Württemberg mit einer Preisdeckelung zustande gekommen sei, während die im selben Zeitraum geltende Vereinbarung mit dem v. eine Deckelung nur für Fertigarzneimittel beinhaltet haben solle.
23 
Die Beklagte beantragt,
24 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.07.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
25 
Der Kläger beantragt,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Er nimmt auf sein bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug. Bei der von der Beklagten in Bezug genommenen Protokollnotiz des v. vom 04.03.2004 habe es sich um ein rein internes Protokoll gehandelt, das der Klägerseite im Zuge der Vertragsverhandlungen nie zugänglich gemacht worden sei. Es sei daher auch nicht Vertragsbestandteil geworden. Zu Recht habe das SG den Wortlaut des § 5 Abs 2 ALV als Auslegungskriterium in den Vordergrund gestellt. Das SG habe auch zutreffend auf die systematischen Zusammenhänge des § 5 Abs 2 ALV Bezug genommen und herausgearbeitet, dass in der Regelung vier verschiedene Leistungen geregelt worden seien: Zubereitungen, Fertigarzneimittel, Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und Applikationshilfen. Mit zutreffenden Gründen habe das SG dann festgestellt, dass sich aus Wortlaut und systematischem Zusammenhang ergebe, dass die Einschränkung, wonach der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe, nur unter der zweiten Rubrik, nämlich derjenigen für die Fertigarzneimittel auftauche. Der Kläger habe damals seine Gründe gehabt, die Vereinbarung genauso zu schließen, wie sie letztendlich Vertragstext geworden sei und wie das SG sie ausgelegt habe. Im Jahr 2004 seien die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gewesen als die Preise der Krankenhausapotheken, weshalb es einer Deckelung bei den Zubereitungen nicht bedurft hätte. Daher sei eine solche Deckelung auch seitens der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft bewusst nicht in den Vertrag hineingeschrieben worden. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft habe vermeiden wollen, dass die Krankenhausapotheken sich bei den Zubereitungen ohne weitere Verhandlungen auf noch gar nicht absehbare und von ihnen auch nicht beeinflussbare Preisentwicklungen der niedergelassenen Apotheken einlassen müssten.
28 
In einem Erörterungstermin am 12.05.2016 ist der Sachverhalt mit den Beteiligten eingehend erörtert worden. Anwesend war auch die stellvertretende Geschäftsführerin der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, Frau U. U., die Angaben zur Sache gemacht hat.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
31 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache allerdings unbegründet. Die vom Kläger erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig und begründet. Zu Recht hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 792,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.08.2011 zu zahlen. Der ursprünglich entstandene Anspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse auf Vergütung von Arzneimittelkosten für Zubereitungen erlosch nicht in Höhe des streitigen Betrages von 792,75 EUR durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten in dieser Höhe. Ein solcher Erstattungsanspruch steht der Beklagten nicht zu.
32 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass dem klagenden Universitätsklinikum gegen die beklagte Krankenkasse ein Anspruch auf Zahlung von (mindestens) 792,75 EUR für die Lieferung von Arzneimitteln der Krankenhausapotheke des Klägers, die nicht bereits als Bestandteil einer Krankenhausbehandlung erstattet wurden, an Versicherte der Beklagten zusteht. Der Senat hat keinen Zweifel, dass der insoweit übereinstimmende Vortrag der Beteiligten zutreffend ist.
33 
Dieser Vergütungsanspruch des Klägers erlosch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Vergütungsforderung des Klägers in Höhe von 792,75 EUR aufrechnete. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren nicht erfüllt. Die Beklagte kann zwar grundsätzlich mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die sich aus dem ALV ergebende Hauptforderung aufrechnen (vgl zB BSG 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R, SozR 4-2500 § 129 Nr 7). Der Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch würden auch die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit erfüllen. Die Beklagte hat jedoch keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm die 792,75 EUR aufgrund der Abrechnung von Juli 2010 (Rechnungsnummer 4...) nicht ohne Rechtsgrund gezahlt hat. Der Kläger hat aufgrund der von ihm im Juli 2010 an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel einen Anspruch auf insgesamt 12.744,30 EUR.
34 
Die Abgabepreise der Krankenhausapotheken werden nicht durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) geregelt (§ 1 Abs 3 Nr 1 AMPreisV), sondern beruhen auf einer vertraglichen Vereinbarung. Nach § 129a Abs 1 Satz 1 SGB V vereinbaren die Krankenkassen oder ihre Verbände mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Eine solche Vereinbarung wurde mit dem ALV am 28.06.2004 geschlossen. § 5 Abs 2 ALV rechtfertigt die Retaxierung der Beklagten nicht. Der Senat teilt die Auffassung des SG und legt die Regelung ebenfalls dahingehend aus, dass die Begrenzung auf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht für Zubereitungen, sondern nur für Fertigarzneimittel gilt.
35 
Der auf der Grundlage von § 129a SGB V geschlossene ALV ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag iSd § 53 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; sog koordinationsrechtlicher Vertrag). Auf diesen Vertrag finden nach § 61 Satz 2 SGB X die Vorschriften des BGB ergänzende Anwendung. Dies betrifft insbesondere die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Bestimmungen (§§ 133, 157 BGB). Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, sog objektiv normative Auslegung (§ 157 BGB). Da es sachlich nicht gerechtfertigt ist, zwischen der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen zu unterscheiden, gelten die §§ 133, 157 BGB in gleicher Weise für einzelne Willenserklärungen, Verträge, Beschlüsse und Rechtsgeschäfte aller Art, für die Zeit bis zum Vertragsschluss ebenso wie für die Zeit danach (Staudinger/R. Singer BGB [Neubearbeitung 2012] § 133 RdNr 3 unter Hinweis auf RGZ 169, 122, 124 f; BGHZ 21, 319, 328 und mwN zum Schrifttum; vgl auch BSG 13.12.2011, B 1 KR 9/11 R, SozR 4-2500 § 133 Nr 6; 31.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192, SozR 4-1500 § 163 Nr 7). Diese Grundsätze hat das SG nicht verletzt.
36 
Zunächst ergibt sich der äußere Erklärungstatbestand aus § 5 der Vereinbarung (Preisvereinbarung für Arzneimittel, vgl Bl 25 SG-Akte). Dort ist Folgendes geregelt:
37 
(1) Grundlage der Preisberechnung ist der für den Tag der Abgabe in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geltende Apothekeneinkaufspreis.
38 
(2) Die Krankenkassen tragen Kosten in folgender Höhe:
39 
- Zubereitungen:
40 
- Lauer-Einkaufspreis - 2 % für die Zubereitungsbestandteile + Herstellungspauschale i.H.v. 16 EUR
41 
- Fertigarzneimittel:
42 
Lauer-Einkaufspreis - 4 %
43 
Der abgerechnete Preis darf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke, der sich unter Berücksichtigung der Minderung um die nach den §§ 130 und 130a SGB V zu leistenden Abschläge ergeben würde, nicht überschreiten.
44 
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis:
45 
Einkaufspreis der Krankenhausapotheke (ohne Mehrwertsteuer) zuzüglich eines Aufschlags von 5 %, maximal von 50 EUR
46 
Der Name der Lieferfirma (Hersteller) ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes zu vermerken; die Rechnung ist auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen.
47 
- Applikationshilfen:
48 
Applikationshilfen, wie zB Injektionsspritzen, Perfusionsspritzen, tragbare Infusionen, Infusions- und Perfusionsleitungen, No-PVC-Bestecke, Filter, Portnadeln, entsprechend dem Lieferantenpreis je Stück nach der am Tag der Abgabe gültigen Lieferantenpreisliste soweit sie nicht mit dem Sprechstundenbedarf abgedeckt sind.
49 
(4) Die gem Abs 2 ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz.
50 
Aus Wortlaut und Systematik der Regelung ergibt sich, dass die Beteiligten bewusst zwischen
51 
- Zubereitungen,
- Fertigarzneimitteln,
- Fertigarzneimitteln ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
52 
unterschieden und jeweils bewusst gesonderte Regelungen getroffen haben.
53 
Arzneimittel sind nach § 2 Abs 1 Arzneimittelgesetz (AMG) Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
54 
1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
55 
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b) eine medizinische Diagnose zu erstellen.
56 
Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden (§ 4 Abs 1 Satz 1 AMG). Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind (§ 4 Abs 1 Satz 2 AMG). Im Gegensatz zu Fertigarzneimitteln werden Zubereitungen in Apotheken hergestellt.
57 
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass der Spiegelstrich vor den Wörtern „Lauer-Einkaufspreis – 2 %“ lediglich aufgrund eines Redaktionsversehens in den Text geraten ist. Dies hat der Kläger überzeugend dargelegt. In den Entwurfsfassungen (Blatt 84, 131 SG-Akte) ist er nicht enthalten und würde auch inhaltlich an dieser Stelle keinen Sinn ergeben. Auf diesen Redaktionsfehler kann sich die Beklagte bei der Auslegung des Vertragstextes nicht berufen.
58 
Im Vertragstext ist unter der Rubrik für die „Zubereitungen“ lediglich geregelt, dass für diese der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 2 % der Zubereitungsbestandteile zzgl einer Herstellungspauschale iHv 16,00 EUR berechnet wird. Hingegen ist nur unter der Rubrik für die Fertigarzneimittel geregelt, dass der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten darf. Jede der vier Apothekenleistungen
59 
- Zubereitungen
- Fertigarzneimittel
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
60 
ist durch die textliche Gestaltung des § 5 Abs 2 als gesonderte Rubrik zu erkennen und auch jeweils im Anschluss an seine Benennung mit einem Doppelpunkt versehen. Jeweils nach dem Doppelpunkt sind dann die für die einzelne Leistung abrechenbaren Preise genannt.
61 
Die von der Beklagten angeführte Protokollnotiz des v. vom 04.03.2004 ist als rein internes Protokoll der Beklagtenseite dem Kläger weder im Laufe der Vertragsverhandlungen zugänglich gemacht noch auf andere Weise Vertragsbestandteil geworden. Es steht mit dem Wortlaut und der textlichen Gestaltung des § 5 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 nicht in Einklang. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht jeder Verhandlungsposition, die ein Beteiligter im Laufe der Vertragsverhandlungen eingenommen hat, entscheidende Bedeutung für die Erforschung des Willens beigemessen werden, denn es ist Kennzeichen von Vertragsverhandlungen, dass die Parteien ihre Verhandlungspositionen einbringen und sodann im Wege der Verhandlung Regelungen bzw Kompromisse erarbeiten. Nicht jeder Wunsch, den ein Beteiligter zu Beginn der Vertragsverhandlungen hat bzw äußert, kann später die Auslegung einer Regelung maßgeblich beeinflussen. Dies gilt erst recht, wenn wie vorliegend, dieser Wunsch im späteren Wortlaut der Regelung keinen ausreichenden Niederschlag gefunden hat.
62 
Auch die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen, die ab dem 01.01.2011 in Kraft getreten sind, können nicht die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung nachträglich im Sinne der Beklagten verändern. Die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen erlauben auch keine Rückschlüsse auf die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung. Eher deutet die Neuregelung ab 2011 darauf hin, dass nun etwas anderes geregelt werden sollte. Insoweit erscheint die Darlegung der Klägerin plausibel, dass im Jahre 2004 die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gelegen hätten als die Preise der Krankenhausapotheken und man daher eine Deckelung bei den Zubereitungen nicht benötigt habe und erst im Jahre 2010 die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals niedriger gelegen hätten als die entsprechenden Preise der Krankenhausapotheken. Nachdem ab dem Jahr 2010 die Hilfstaxe bei den öffentlichen Apotheken niedriger gewesen ist, wodurch die Preise der Krankenhausapotheken für Zubereitungen im Verhältnis zu den Preisen öffentlicher Apotheken angestiegen seien, habe man eine neue Vereinbarung ausgehandelt, die nunmehr die umstrittene Kappungsgrenze für beide Arten von Arzneimitteln aus Krankenhausapotheken beinhaltet habe. Dieser Zusammenhang ist für den Senat plausibel.
63 
Die Klägerin hat der am 31.01.2011 erfolgten Beanstandung durch die Beklagte am 08.02.2011 widersprochen, mithin die innerhalb der in § 7 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 bestimmten Frist.
64 
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs 1 S 2, 288 BGB (vgl BSG 19.04.2007, B 3 KR 10/06 R, PflR 2007, 382).
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
66 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 52 Abs 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG).
67 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
30 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
31 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache allerdings unbegründet. Die vom Kläger erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig und begründet. Zu Recht hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 792,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.08.2011 zu zahlen. Der ursprünglich entstandene Anspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse auf Vergütung von Arzneimittelkosten für Zubereitungen erlosch nicht in Höhe des streitigen Betrages von 792,75 EUR durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten in dieser Höhe. Ein solcher Erstattungsanspruch steht der Beklagten nicht zu.
32 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass dem klagenden Universitätsklinikum gegen die beklagte Krankenkasse ein Anspruch auf Zahlung von (mindestens) 792,75 EUR für die Lieferung von Arzneimitteln der Krankenhausapotheke des Klägers, die nicht bereits als Bestandteil einer Krankenhausbehandlung erstattet wurden, an Versicherte der Beklagten zusteht. Der Senat hat keinen Zweifel, dass der insoweit übereinstimmende Vortrag der Beteiligten zutreffend ist.
33 
Dieser Vergütungsanspruch des Klägers erlosch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Vergütungsforderung des Klägers in Höhe von 792,75 EUR aufrechnete. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren nicht erfüllt. Die Beklagte kann zwar grundsätzlich mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die sich aus dem ALV ergebende Hauptforderung aufrechnen (vgl zB BSG 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R, SozR 4-2500 § 129 Nr 7). Der Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch würden auch die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit erfüllen. Die Beklagte hat jedoch keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm die 792,75 EUR aufgrund der Abrechnung von Juli 2010 (Rechnungsnummer 4...) nicht ohne Rechtsgrund gezahlt hat. Der Kläger hat aufgrund der von ihm im Juli 2010 an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel einen Anspruch auf insgesamt 12.744,30 EUR.
34 
Die Abgabepreise der Krankenhausapotheken werden nicht durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) geregelt (§ 1 Abs 3 Nr 1 AMPreisV), sondern beruhen auf einer vertraglichen Vereinbarung. Nach § 129a Abs 1 Satz 1 SGB V vereinbaren die Krankenkassen oder ihre Verbände mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Eine solche Vereinbarung wurde mit dem ALV am 28.06.2004 geschlossen. § 5 Abs 2 ALV rechtfertigt die Retaxierung der Beklagten nicht. Der Senat teilt die Auffassung des SG und legt die Regelung ebenfalls dahingehend aus, dass die Begrenzung auf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht für Zubereitungen, sondern nur für Fertigarzneimittel gilt.
35 
Der auf der Grundlage von § 129a SGB V geschlossene ALV ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag iSd § 53 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; sog koordinationsrechtlicher Vertrag). Auf diesen Vertrag finden nach § 61 Satz 2 SGB X die Vorschriften des BGB ergänzende Anwendung. Dies betrifft insbesondere die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Bestimmungen (§§ 133, 157 BGB). Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, sog objektiv normative Auslegung (§ 157 BGB). Da es sachlich nicht gerechtfertigt ist, zwischen der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen zu unterscheiden, gelten die §§ 133, 157 BGB in gleicher Weise für einzelne Willenserklärungen, Verträge, Beschlüsse und Rechtsgeschäfte aller Art, für die Zeit bis zum Vertragsschluss ebenso wie für die Zeit danach (Staudinger/R. Singer BGB [Neubearbeitung 2012] § 133 RdNr 3 unter Hinweis auf RGZ 169, 122, 124 f; BGHZ 21, 319, 328 und mwN zum Schrifttum; vgl auch BSG 13.12.2011, B 1 KR 9/11 R, SozR 4-2500 § 133 Nr 6; 31.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192, SozR 4-1500 § 163 Nr 7). Diese Grundsätze hat das SG nicht verletzt.
36 
Zunächst ergibt sich der äußere Erklärungstatbestand aus § 5 der Vereinbarung (Preisvereinbarung für Arzneimittel, vgl Bl 25 SG-Akte). Dort ist Folgendes geregelt:
37 
(1) Grundlage der Preisberechnung ist der für den Tag der Abgabe in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geltende Apothekeneinkaufspreis.
38 
(2) Die Krankenkassen tragen Kosten in folgender Höhe:
39 
- Zubereitungen:
40 
- Lauer-Einkaufspreis - 2 % für die Zubereitungsbestandteile + Herstellungspauschale i.H.v. 16 EUR
41 
- Fertigarzneimittel:
42 
Lauer-Einkaufspreis - 4 %
43 
Der abgerechnete Preis darf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke, der sich unter Berücksichtigung der Minderung um die nach den §§ 130 und 130a SGB V zu leistenden Abschläge ergeben würde, nicht überschreiten.
44 
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis:
45 
Einkaufspreis der Krankenhausapotheke (ohne Mehrwertsteuer) zuzüglich eines Aufschlags von 5 %, maximal von 50 EUR
46 
Der Name der Lieferfirma (Hersteller) ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes zu vermerken; die Rechnung ist auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen.
47 
- Applikationshilfen:
48 
Applikationshilfen, wie zB Injektionsspritzen, Perfusionsspritzen, tragbare Infusionen, Infusions- und Perfusionsleitungen, No-PVC-Bestecke, Filter, Portnadeln, entsprechend dem Lieferantenpreis je Stück nach der am Tag der Abgabe gültigen Lieferantenpreisliste soweit sie nicht mit dem Sprechstundenbedarf abgedeckt sind.
49 
(4) Die gem Abs 2 ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz.
50 
Aus Wortlaut und Systematik der Regelung ergibt sich, dass die Beteiligten bewusst zwischen
51 
- Zubereitungen,
- Fertigarzneimitteln,
- Fertigarzneimitteln ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
52 
unterschieden und jeweils bewusst gesonderte Regelungen getroffen haben.
53 
Arzneimittel sind nach § 2 Abs 1 Arzneimittelgesetz (AMG) Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
54 
1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
55 
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b) eine medizinische Diagnose zu erstellen.
56 
Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden (§ 4 Abs 1 Satz 1 AMG). Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind (§ 4 Abs 1 Satz 2 AMG). Im Gegensatz zu Fertigarzneimitteln werden Zubereitungen in Apotheken hergestellt.
57 
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass der Spiegelstrich vor den Wörtern „Lauer-Einkaufspreis – 2 %“ lediglich aufgrund eines Redaktionsversehens in den Text geraten ist. Dies hat der Kläger überzeugend dargelegt. In den Entwurfsfassungen (Blatt 84, 131 SG-Akte) ist er nicht enthalten und würde auch inhaltlich an dieser Stelle keinen Sinn ergeben. Auf diesen Redaktionsfehler kann sich die Beklagte bei der Auslegung des Vertragstextes nicht berufen.
58 
Im Vertragstext ist unter der Rubrik für die „Zubereitungen“ lediglich geregelt, dass für diese der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 2 % der Zubereitungsbestandteile zzgl einer Herstellungspauschale iHv 16,00 EUR berechnet wird. Hingegen ist nur unter der Rubrik für die Fertigarzneimittel geregelt, dass der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten darf. Jede der vier Apothekenleistungen
59 
- Zubereitungen
- Fertigarzneimittel
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
60 
ist durch die textliche Gestaltung des § 5 Abs 2 als gesonderte Rubrik zu erkennen und auch jeweils im Anschluss an seine Benennung mit einem Doppelpunkt versehen. Jeweils nach dem Doppelpunkt sind dann die für die einzelne Leistung abrechenbaren Preise genannt.
61 
Die von der Beklagten angeführte Protokollnotiz des v. vom 04.03.2004 ist als rein internes Protokoll der Beklagtenseite dem Kläger weder im Laufe der Vertragsverhandlungen zugänglich gemacht noch auf andere Weise Vertragsbestandteil geworden. Es steht mit dem Wortlaut und der textlichen Gestaltung des § 5 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 nicht in Einklang. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht jeder Verhandlungsposition, die ein Beteiligter im Laufe der Vertragsverhandlungen eingenommen hat, entscheidende Bedeutung für die Erforschung des Willens beigemessen werden, denn es ist Kennzeichen von Vertragsverhandlungen, dass die Parteien ihre Verhandlungspositionen einbringen und sodann im Wege der Verhandlung Regelungen bzw Kompromisse erarbeiten. Nicht jeder Wunsch, den ein Beteiligter zu Beginn der Vertragsverhandlungen hat bzw äußert, kann später die Auslegung einer Regelung maßgeblich beeinflussen. Dies gilt erst recht, wenn wie vorliegend, dieser Wunsch im späteren Wortlaut der Regelung keinen ausreichenden Niederschlag gefunden hat.
62 
Auch die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen, die ab dem 01.01.2011 in Kraft getreten sind, können nicht die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung nachträglich im Sinne der Beklagten verändern. Die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen erlauben auch keine Rückschlüsse auf die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung. Eher deutet die Neuregelung ab 2011 darauf hin, dass nun etwas anderes geregelt werden sollte. Insoweit erscheint die Darlegung der Klägerin plausibel, dass im Jahre 2004 die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gelegen hätten als die Preise der Krankenhausapotheken und man daher eine Deckelung bei den Zubereitungen nicht benötigt habe und erst im Jahre 2010 die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals niedriger gelegen hätten als die entsprechenden Preise der Krankenhausapotheken. Nachdem ab dem Jahr 2010 die Hilfstaxe bei den öffentlichen Apotheken niedriger gewesen ist, wodurch die Preise der Krankenhausapotheken für Zubereitungen im Verhältnis zu den Preisen öffentlicher Apotheken angestiegen seien, habe man eine neue Vereinbarung ausgehandelt, die nunmehr die umstrittene Kappungsgrenze für beide Arten von Arzneimitteln aus Krankenhausapotheken beinhaltet habe. Dieser Zusammenhang ist für den Senat plausibel.
63 
Die Klägerin hat der am 31.01.2011 erfolgten Beanstandung durch die Beklagte am 08.02.2011 widersprochen, mithin die innerhalb der in § 7 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 bestimmten Frist.
64 
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs 1 S 2, 288 BGB (vgl BSG 19.04.2007, B 3 KR 10/06 R, PflR 2007, 382).
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
66 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 52 Abs 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG).
67 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf eine intravenöse Immunglobulin-Therapie (IVIG) mit dem Arzneimittel Intratect zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet an einer Autoimmunerkrankung der Haut und der inneren Organe (systemischer Lupus erythematodes ). 2008 manifestierte sich eine Urtikariavaskulitis mit begleitender Zungenschwellung, welche ab September 2009 mit Rituximab therapiert wurde. Den Antrag der Klägerin (23.10.2009), die Kosten einer ambulanten Immunglobulin-Therapie mit 2 g Immunglobulin (beispielsweise Intratect) pro Kilogramm Körpergewicht (hier bei 80 kg Körpergewicht 160 g) über zwei Tage alle vier Wochen zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für einen sogenannten Off-Label-Use im Sinne des Einsatzes eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien nicht erfüllt. Systematische größere zulassungsrelevante Studien fehlten (Bescheid vom 15.12.2009; Widerspruchsbescheid vom 25.3.2010). Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben (28.4.2010) und am selben Tag beim SG erfolgreich vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, die Beklagte zur Übernahme der Kosten einer IVIG-Therapie zu verpflichten (Beschluss des SG vom 20.5.2010 - S 4 KR 1566/10 ER). Das SG hat den Bescheid vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2010 aufgehoben und die Beklagte "verurteilt, die Kosten für eine intravenöse Immunglobulintherapie zu übernehmen" (Urteil vom 3.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Klage habe sich für die Vergangenheit durch die Gewährung der Sachleistung aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG erledigt. Ein auf die Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Anspruch scheide wegen der Vorwegnahme der Hauptsache aus. Die Klägerin habe auch für die Zukunft einen Anspruch auf Kostenübernahme für diese Behandlung. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf ambulante vertragsärztliche Versorgung seien zwar nicht erfüllt. Intratect besitze keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin. Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV seien ebenfalls nicht erfüllt. Es bestehe aufgrund der Datenlage keine begründete Aussicht, mit Intratect einen Behandlungserfolg zu erzielen. Es lägen keine randomisiert-kontrollierten klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der IVIG-Therapie bei SLE mit Urtikaria-Vaskulitis vor. Mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf die streitige Behandlung mit Immunglobulinen unter dem Gesichtspunkt einer ambulanten Pharmakotherapie. Ein aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus verfassungskonformer Auslegung des Leistungsrechts sich ergebender Leistungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Die Klägerin leide nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung. Der Anspruch auf die intravenöse Immunglobulintherapie ergebe sich für die Zeit ab Rechtskraft des Urteils des SG aber aus §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V als Anspruch auf teilstationäre Krankenhausbehandlung. Zwar sei die Behandlungsmethode auch im stationären Bereich als "neu" anzusehen, das fehlende Urteil des GBA stehe dem Anspruch jedoch nicht entgegen. Die neue Behandlungsmethode der intravenösen Immunglobulintherapie biete das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative; ihre Anwendung erfolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst (Urteil vom 17.11.2015).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 86b Abs 2 SGG sowie der §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 und 137c Abs 3 SGB V und macht eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes geltend.

4

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist unbegründet (dazu 2.). Die Klägerin hatte und hat keinen Anspruch auf IVIG.

8

1. Die erhobene Klage ist zulässig. Statthafte Klageart für das Begehren der Klägerin ist für vergangene Zeiträume die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Ihr Ziel ist nicht nur die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in der Hauptsache. Vielmehr will sie den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der aufgrund einstweiliger Verfügung vorläufig erbrachten Sachleistungen feststellen lassen (vgl dazu BSGE 118, 40 = SozR 4-2500 § 51 Nr 3, RdNr 9; BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 10/16 R - RdNr 9, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Entgegen der Auffassung des LSG hat sich die Klage nicht "erledigt". Denn die Klägerin erhielt aufgrund des SG-Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz von der Beklagten vorläufig Sachleistungen. Bei einem Unterliegen im Hauptsacheverfahren kommt eine Erstattung der erbrachten Sachleistungen in Geld nach § 50 Abs 2 iVm § 50 Abs 1 S 2 SGB X und/oder ein Schadensersatzanspruch nach § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 945 ZPO in Betracht(vgl nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 86b RdNr 22, 49 mwN). Hieran ändert die "Vorwegnahme der Hauptsache" durch die im SG-Beschluss ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung der Sachleistung nichts. Eine "echte" Vorwegnahme der Hauptsache, die keiner Korrektur für die Vergangenheit mehr zugänglich ist und allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen kann, enthält der SG-Beschluss nicht. Auch bei einer Verpflichtung zu einer Sachleistung ist die Maßnahme in der Regel für die Vergangenheit korrigierbar (Keller, aaO, RdNr 31). Dies ergibt sich schon aus § 50 Abs 1 S 2 SGB X, der bei Sachleistungen, die nicht herausgegeben werden können(Lang/Waschull in Lehr- und Praxiskommentar SGB X, 4. Aufl 2016, § 50 RdNr 27), eine Erstattung in Geld vorsieht. Dies begründet auch das Feststellungsinteresse der Klägerin. Ob eine Erstattung oder ein Schadensersatzanspruch im Einzelfall geltend gemacht wird, besteht und durchsetzbar ist, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung.

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Da die IVIG-Behandlung der Klägerin noch andauert, ist für die Zukunft eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)richtige Klageart.

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2. Die Revision ist begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten einer ambulanten IVIG-Behandlung der Klägerin zu übernehmen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Intratect im Rahmen ambulanter Behandlung der Urtikariavaskulitis bei SLE. Das Fertigarzneimittel Intratect besitzt weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der bei der Klägerin bestehenden Krankheit (dazu a) noch besteht Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu b). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus einem bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch(dazu c). Ein Seltenheitsfall liegt nicht vor (dazu d). Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode beanspruchen (dazu e). Ein Anspruch auf IVIG als teilstationäre Leistung scheidet schon wegen des Vorrangs ambulanter Leistungen aus; der Umstand, dass die Klägerin durch eine Hochschulambulanz behandelt wurde, erweitert ihren Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zu Lasten der GKV nicht (dazu f).

11

a) Die Klägerin kann mangels indikationsbezogener Zulassung von der Beklagten die Behandlung der Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit dem Arzneimittel Intratect zu Lasten der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 iVm § 31 Abs 1 S 1 SGB V nicht beanspruchen. Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 SGB V). Versicherte können Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV grds nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 30/06 R - Juris RdNr 11 = USK 2007-36 - Cannabinol; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 - ADHS/Methylphenidat; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 12 - Avastin). Das begehrte Fertigarzneimittel ist zulassungspflichtig. Weder in Deutschland noch EU-weit liegt die erforderliche Arzneimittelzulassung für eine intravenöse Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet vor, das die Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

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b) Die Klägerin kann eine Versorgung mit Intratect auch im Rahmen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV weder nach § 35c SGB V, der die zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln aufgrund von Empfehlungen des GBA und im Falle von klinischen Studien regelt(dazu aa), noch nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung beanspruchen (dazu bb).

13

aa) Bei der streitigen Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE handelt es sich um keinen durch § 35c Abs 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use. Nach § 92 Abs 1 S 1, S 2 Nr 6 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln. Nach § 91 Abs 6 SGB V sind die Beschlüsse des GBA mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V für die Träger iS des § 91 Abs 1 S 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich. Abschnitt K und Anlage VI der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 18.8.2016, BAnz AT 9.11.2016 B2, mWv 10.11.2016) enthalten Einzelheiten über die "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" und führen Wirkstoffe als verordnungsfähig (Anlage VI zum Abschnitt K der Arzneimittel-Richtlinie A) bzw als nicht verordnungsfähig (Anlage VI Teil B) auf. Die AM-RL nennt hierbei intravenös zu applizierende Immunglobuline bei Urtikariavaskulitis nicht. Es fehlt damit an der erforderlichen expliziten Regelung der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckte Indikation. Auf die Frage einer verzögerten Bearbeitung kommt es insoweit nicht an (vgl § 35c Abs 1 SGB V gegenüber § 135 Abs 1 S 4 SGB V). Eine Verzögerung in der Bearbeitung könnte nur zur Anwendung der allgemeinen Regeln des Off-Label-Use führen (vgl dazu unten, bb), nicht aber zu einer Zulassungsfiktion (BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 15 - BTX/A; vgl ähnlich bereits BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 44).

14

Auch die Voraussetzungen des § 35c Abs 2 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte außerhalb des Anwendungsbereichs des Abs 1 Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt, und der GBA der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Die Klägerin beansprucht die Versorgung indes nicht im Rahmen einer klinischen Studie.

15

bb) Entsprechend der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist. Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

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An einer aufgrund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht fehlt es. Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein (allgemein zur Bedeutung der Phasen-Einteilung vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 20 - Ilomedin) und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sein (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Daran fehlt es. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) kam es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III mit Relevanz für die Erkrankung der Klägerin bislang nicht. Es existieren ausschließlich Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten.

17

c) Die Klägerin hat keinen bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch auf Versorgung mit IVIG (dazu aa). Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V(in Kraft seit 1.1.2012; Art 1 Nr 1 und Art 15 Abs 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983; dazu bb).

18

aa) Nach dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 geben die Grundrechte aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG liegt schon keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung bei der Klägerin vor.

19

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (vgl BVerfGE 140, 229, RdNr 18).

20

bb) Der Gesetzgeber hat demgegenüber im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats die grundrechtsorientierte Auslegung auch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen erstreckt (vgl § 2 Abs 1a SGB V). Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 S 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

21

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. § 2 Abs 1a SGB V enthält nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung zum Geltungsumfang des sog Nikolaus-Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) für das Leistungsrecht der GKV (BT-Drucks 17/6906 S 53). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 30 mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/07 KR R - Juris RdNr 32). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32). Die Erkrankung der Klägerin wird nicht mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tod führen. Nach den Feststellungen des LSG kann die Erkrankung der Klägerin zwar "potentiell lebensgefährlich" sein aufgrund von auftretenden Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr im Rahmen von Urtikaria-Episoden. Mit Hilfe der Medikamente eines von der Klägerin immer mitgeführten und in der Vergangenheit zwei Mal eingesetzten Notfallsets klingen die Beschwerden aber ab. Eine intensiv-medizinische Behandlung ist nicht erforderlich.

22

d) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Seltenheitsfall berufen. Hierzu darf das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (vgl auch BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, RdNr 14 - Leucinose; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Die Urtikariavaskulitis mit SLE ist zwar eine Krankheit, die nach den Feststellungen des LSG weltweit nur sehr selten auftritt - die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen des SLE beträgt nach den Feststellungen des LSG bis 25 pro 100 000 Einwohner, die Urtikariavaskulitis kann in 10 bis 15 % der Patienten mit SLE auftreten. Es ist aber ausgeschlossen, für die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufigkeit einer Erkrankung abzustellen (vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 20). Allein geringe Patientenzahlen stehen einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermöglicht. Das gilt erst recht, wenn - trotz der Seltenheit der Erkrankung - die Krankheitsursache oder Wirkmechanismen der bei ihr auftretenden Symptomatik wissenschaftlich klärungsfähig sind, deren Kenntnis der Verwirklichung eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Ziele der Krankenbehandlung dienen kann(vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass SLE systematisch erforscht ist. Bei der Urtikariavaskulitis erschweren die Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urtikariavaskulitis zwar deren systematische Erforschung, sie machen sie aber nicht unmöglich.

23

e) Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Behandlungsmethode beanspruchen. Denn die Therapie ist im Rechtssinne keine neue Behandlungsmethode, sondern betrifft lediglich den zulassungsfremden Einsatz eines Arzneimittels. Eine Krankenbehandlung, bei der dem Versicherten ein Fertigarzneimittel bestimmungsgemäß in einem besonderen Verfahren verabreicht wird, darf auf Kosten der GKV grundsätzlich nur erfolgen, wenn das Medikament über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfügt und wenn der GBA - soweit erforderlich - in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode nach § 135 Abs 1 SGB V ausgesprochen hat(BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1; BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 10 ff). Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 15 mwN). Eine Methode ist "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl zum Merkmal "neu" BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Zudem gelten als "neue” Methoden oder Methodenteile solche Leistungen, die zwar als ärztliche Leistungen im EBM-Ä aufgeführt sind, deren Indikation aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren hat (vgl BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 20 mwN). Erschöpft sich dagegen eine Behandlungsmethode in der Anwendung eines für die betreffende Indikation arzneimittelrechtlich zugelassenen neuartigen Fertigarzneimittels, bedarf sie keiner Empfehlung des GBA, weil sie kraft der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Leistungsbestandteil der GKV gilt (vgl BSGE 86, 54, 60 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14). Therapieinnovationen, die durch die Ausgestaltung des EBM-Ä bereits erfasst sind, bedürfen nicht erst einer Empfehlung des GBA, sondern sind ohne weiteres Teil des Leistungskatalogs, soweit sie den Qualitätsanforderungen der GKV genügen. Dies gilt auch für Innovationen, die sich bei gleicher Applikationsform auf die Gabe neu zugelassener Fertigarzneimittel im Indikationsbereich beschränken (vgl zum Ganzen Hauck, NZS 2007, 461, 463).

24

So liegt es hier. Die intravenöse Applikation von Arzneimitteln durch Injektionen in den menschlichen Körper ist als wissenschaftliches Konzept schon lange bekannt und als solche im EBM-Ä abgebildet (vgl generell BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 21). Gleiches gilt für die Kombination einer Infusion mit einer vorangegangenen Blutabnahme, einer ärztlichen Beratung und der an die Infusion anschließenden Überwachung. Das Immunglobulin verfügt aber weder über eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die betroffene Indikation, noch besteht - wie dargelegt - Anspruch auf seine Gabe außerhalb der Indikation, für die die arzneimittelrechtliche Zulassung besteht.

25

f) Ein Anspruch der Klägerin auf IVIG besteht schließlich auch nicht im Rahmen einer teilstationären Krankenhausbehandlung nach §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V. Teilstationäre Behandlung unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 12, auch für BSGE vorgesehen). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung erfolgt unter den üblichen Voraussetzungen der Krankenhauspflege (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 13, auch für BSGE vorgesehen). Teilstationäre Krankenhausversorgung dient aber weder dazu, arzneimittelrechtliche Grenzen - außerhalb der hier nicht betroffenen Sonderregelungen für Arzneimittelstudien - zu überspielen (dazu aa), noch bei ambulant möglicher Behandlung deren Zugangshürden durch ein Ausweichen auf diese Form der Krankenhausbehandlung zu umgehen (dazu bb).

26

aa) Die vom erkennenden Senat entwickelte Rechtsprechung zu den Grundlagen und Grenzen des Anspruchs auf Arzneimittelversorgung gilt nicht nur für den Bereich der vertragsärztlichen, sondern in gleicher Weise für den Bereich der stationären Versorgung. Wie oben dargelegt können Versicherte Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V)dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 AMG) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt. Der Schutz Versicherter durch das materielle Arzneimittelzulassungsrecht macht nicht vor dem Krankenhaus Halt. Die Patienten in stationärer Behandlung sind nicht weniger schutzbedürftig als jene in vertragsärztlicher Versorgung. Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe (vgl zum Ganzen Hauck, MedR 2010, 226, 229 unter II. 1. c). Dementsprechend erlaubt auch teilstationäre Krankenhausbehandlung keine weitergehenden Ausnahmen für den Anspruch Versicherter auf betroffene Arzneimittelversorgung. Aus der Regelung des § 137c Abs 3 SGB V ergibt sich - ungeachtet deren Reichweite und ihres Anwendungsbereichs - vorliegend nichts Abweichendes. Denn - wie dargelegt - geht es im Kern um den Anspruch auf die zulassungsüberschreitende Arzneimittelversorgung, nicht um eine Arzneimittelapplikationsform im Sinne einer Behandlungsmethode.

27

bb) Auch bei teilstationärer Behandlung muss im Übrigen jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 19 ff, auch für BSGE vorgesehen). Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V besteht Anspruch auf vollstationäre Behandlung nur, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Damit ist die vollstationäre Krankenhausbehandlung nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung. Der Nachrang der vollstationären Behandlung trägt deren Bedeutung als medizinisch intensivster und aufwendigster Form der Krankenbehandlung Rechnung und stellt eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V) dar. Der Nachrang gegenüber der ambulanten Versorgung - einschließlich der vor- und nachstationären Behandlung - gilt als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots auch ohne ausdrückliche Erwähnung in § 39 Abs 1 S 2 SGB V für die teilstationäre Behandlung als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung(BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 14, auch für BSGE vorgesehen). Daher ist auch die teilstationäre Behandlung nachrangig gegenüber allen Formen der ambulanten Versorgung (BSG aaO). Dementsprechend regelt § 2 Abs 4 S 1 der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Krankenhausbehandlung(Krankenhauseinweisungs-Richtlinie/KE-RL, in der Neufassung vom 22.1.2015, BAnz AT 29.4.2015 B2 vom 29.4.2015), dass teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus zulässig ist, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch die zuständige Ärztin oder den zuständigen Arzt des Krankenhauses erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

28

Eine teilstationäre Behandlung war nicht in diesem Sinn erforderlich. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18 ff; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (BSGE 59, 116, 117 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 28; BSGE 83, 254, 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre oder teilstationäre Behandlung.

29

Ob einem Versicherten voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich dabei allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 23). Die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung ist nicht schon wegen des Fehlens einer positiven Empfehlung des GBA zu verneinen oder deshalb zu bejahen, weil der GBA kein Negativvotum nach § 137c SGB V ausgesprochen hat, die Behandlung das Potential einer Behandlungsalternative bietet und der GBA die Methode für die vertragsärztliche Behandlung nicht empfohlen hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19; vgl zu Ausnahmefällen auch Hauck, NZS 2007, 461, 464, bei Fn 43 und 44 mwN). In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 19 mwN; BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 28 und 37 f mwN).

30

Hieran fehlt es. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG kann IVIG ambulant erfolgen. Es handelt sich um eine Infusionsbehandlung mit den oben genannten Begleitmaßnahmen, die ein Vertragsarzt durchführen kann. Dementsprechend hat auch die Immunologische Ambulanz des Universitäts-Klinikums H. für die Klägerin eine ambulante Immunglobulin-Therapie beantragt und nach entsprechender einstweiliger Verpflichtung der Beklagten als solche in der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums durchgeführt und abgerechnet, wie der vom LSG in Bezug genommene Akteninhalt ergibt. Das LSG hat nicht etwa festgestellt, dass die Behandlung die besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordere. Davon ist auch in keiner ärztlichen Stellungnahme die Rede. Der Rechtsauffassung des LSG, es könne die Therapie (dennoch) als teilstationäre Behandlung qualifizieren, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Die Behandlung der Klägerin erfolgte in einer Hochschulambulanz (§ 117 SGB V). § 117 SGB V eröffnet den Hochschulambulanzen den Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung, um die universitäre Forschung und Lehre zu unterstützen(vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; zu § 117 Abs 2 SGB V: BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35). Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 26 - BTX/A). Sie sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Krankenhausbehandlung (vgl rechtsähnlich zu Leistungen ermächtigter Krankenhausärzte nach § 116 SGB V BSG SozR 4-2500 § 129a Nr 1 RdNr 20). Die Rüge der Beklagten, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG) verletzt, geht insoweit ins Leere.

31

Die Behandlung der Klägerin durch Ärzte der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums kann auch nach allgemeinen Grundsätzen (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 25 f - BTX/A)keinen anderen Versorgungsanspruch begründen als den, der ihr zugestanden hätte, wenn sie sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begeben hätte.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Verschreibung muss enthalten:

1.
Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen, tierärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person) einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme,
2.
Datum der Ausfertigung oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, das Datum der qualifizierten elektronischen Signatur,
3.
Name und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
4.
Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke,
4a.
bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem eine Teilmenge abgegeben werden soll, sowie eine Gebrauchsanweisung; einer Gebrauchsanweisung bedarf es nicht, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird;
5.
Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 oder Nummer 4a nicht eindeutig ist,
6.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels,
6a.
sofern das Arzneimittel zur wiederholten Abgabe auf dieselbe Verschreibung bestimmt sein soll, einen Vermerk mit der Anzahl der Wiederholungen,
7.
die Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird,
8.
Gültigkeitsdauer der Verschreibung,
9.
bei tierärztlichen Verschreibungen zusätzlich
a)
die Dosierung pro Tier und Tag,
b)
die Dauer der Anwendung und
c)
sofern das Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren verschrieben wird, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Indikation und die Wartezeit,
sowie anstelle der Angaben nach Nummer 3 der Name des Tierhalters und Zahl und Art der Tiere, bei denen das Arzneimittel angewendet werden soll, sowie bei Verschreibungen für Tiere, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Identität der Tiere,
10.
die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur.

(1a) Den aus Deutschland stammenden ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibungen sind entsprechende Verschreibungen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und aus der Schweiz gleichgestellt, sofern diese die Angaben nach Absatz 1 aufweisen und dadurch ihre Authentizität und ihre Ausstellung durch eine dazu berechtigte ärztliche oder zahnärztliche Person nachweisen. Die Regelungen des § 3a sowie der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung bleiben unberührt.

(1b) Eine ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung, die zu dem Zweck ausgestellt wird, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz eingelöst zu werden, hat folgende Angaben zu enthalten:

1.
Name, Vorname und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
2.
Datum der Ausfertigung,
3.
Name, Vorname sowie eine die berufliche Qualifikation erkennen lassende Berufsbezeichnung der verschreibenden ärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person),
4.
Anschrift der verschreibenden Person einschließlich der Bezeichnung des Mitgliedstaates, ihrer Telefon- oder Telefaxnummer unter Angabe der Ländervorwahl und ihrer E-Mail-Adresse,
5.
handschriftliche oder digitale Unterschrift der verschreibenden Person je nach Medium der Verschreibung,
6.
die nach Artikel 1 Nummer 21 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Richtlinie 2012/26/EU (ABl. L 299 vom 27.10.2012, S. 1) geändert worden ist, gebräuchliche Bezeichnung des Arzneimittels (internationaler Freiname); die Bezeichnung eines Fertigarzneimittels darf verwendet werden, wenn
a)
das verschriebene Arzneimittel ein biologisches Arzneimittel nach Nummer 3.2.1.1. Buchstabe b des Anhangs I Teil 1 der Richtlinie 2001/83/EG ist oder
b)
die verschreibende Person es für medizinisch erforderlich hält; in diesem Fall hat die Verschreibung eine kurze Begründung für die Verwendung der Fertigarzneimittelbezeichnung zu enthalten,
7.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels, seine Wirkstärke im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG und die Darreichungsform,
8.
Dosierung.

(2) Ist die Verschreibung für den Praxisbedarf einer verschreibenden Person, für ein Krankenhaus, für Einrichtungen oder Teileinheiten von Einrichtungen des Rettungsdienstes, für Bordapotheken von Luftfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 4. März 1970 (BGBl. I S. 262), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 29. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1894) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, für eine Tierklinik oder einen Zoo bestimmt, so genügt an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3, 7 und 9 ein entsprechender Vermerk.

(3) In die Verschreibung eines Arzneimittels, das zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs zugelassen ist und das nur in einer Einrichtung im Sinne des § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes angewendet werden darf, ist an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3 ein entsprechender Vermerk zu setzen.

(3a) Bei Arzneimitteln, die den Wirkstoff Esketamin enthalten und die zur intranasalen Anwendung bestimmt sind, ist auf der Verschreibung durch die verschreibende Person zu vermerken, dass das Arzneimittel nicht an die Patientin oder den Patienten, sondern nur an die Arztpraxis oder die Klinik, der die verschreibende Person angehört, abgegeben werden darf. Fehlt auf der Verschreibung der Vermerk nach Satz 1, so kann der Apotheker oder die Apothekerin die Verschreibung um die Angaben nach Satz 1 ergänzen, wenn nach den für ihn oder sie erkennbaren Umständen ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht mit zumutbarem Aufwand möglich ist.

(4) Fehlt bei Arzneimitteln in abgabefertigen Packungen die Angabe der Menge des verschriebenen Arzneimittels, so gilt die kleinste Packung als verschrieben.

(5) Fehlt die Angabe der Gültigkeitsdauer, so gilt die Verschreibung drei Monate.

(6) Fehlt das Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, oder fehlen Angaben nach Absatz 1 Nummer 2, nach Nummer 5, zur Gebrauchsanweisung nach Nummer 4a oder zur Dosierung nach Nummer 7, so kann der Apotheker, wenn ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht möglich ist, die Verschreibung insoweit ergänzen.

(6a) Fehlt der Vorname der verschreibenden Person oder deren Telefonnummer zur Kontaktaufnahme oder der Hinweis in der Verschreibung auf einen Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine schriftliche Dosierungsanweisung nach Absatz 1 Nummer 7, so kann der Apotheker auch ohne Rücksprache mit der verschreibenden Person die Verschreibung insoweit ergänzen, wenn ihm diese Angaben zweifelsfrei bekannt sind.

(7) Ist die Verschreibung eines Arzneimittels für ein Krankenhaus bestimmt, in dem zur Übermittlung derselben ein System zur Datenübertragung vorhanden ist, das die Verschreibung durch eine befugte verschreibende Person sicherstellt, so genügt an Stelle der eigenhändigen Unterschrift nach Absatz 1 Nr. 10 die Namenswiedergabe der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, ein geeignetes elektronisches Identifikationsverfahren.

(8) Ist die Verschreibung für ein Krankenhaus bestimmt, kann sie auch ausschließlich mit Hilfe eines Telefaxgerätes übermittelt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. August 2014 geändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 70 502,35 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Abrechnungsbetrag in Höhe von 70 502,35 Euro, den die beklagte Krankenkasse von dem klagenden Inhaber der F.-Apotheke in D. zurückfordern will.

2

In dieser Apotheke werden seit vielen Jahren anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen hergestellt, die aufgrund einer Absprache nach § 11 Abs 2 Apothekengesetz (ApoG) unmittelbar an eine in demselben Gebäude betriebene onkologische Praxis abgegeben werden. Dort werden sie den Versicherten durch die behandelnden Ärzte verabreicht.

3

Im Juli 2013 schrieb die Beklagte 23 Gebietslose für den Abschluss von Verträgen nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V zur Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten öffentlich aus. Der Kläger erhielt für die F.-Apotheke keinen Zuschlag. Die Beklagte bat die onkologische Arztpraxis im November 2013, ab 1.12.2013 parenterale zytostatische Zubereitungen nur noch bei der konkret bezeichneten Apotheke in M. zu bestellen, die für das Gebietslos in D. den Zuschlag erhalten habe. Den Kläger wies sie darauf hin, dass zukünftig nur die Apotheken Vergütungen für parenterale Zubereitungen erhalten könnten, die im Ausschreibungsverfahren den Zuschlag erhalten hätten.

4

Der Kläger stellte dennoch weiterhin parenterale onkologische Zubereitungen auf Anforderung der onkologischen Praxis her. In der Zeit vom 5. bis 30.12.2013 belieferte er die Praxis auf der Basis von 149 ärztlichen Verordnungen für 38 Versicherte der Beklagten und berechnete ihr dafür 70 502,35 Euro. Die Versicherten hatten jeweils eine unter dem Briefkopf der onkologischen Praxis vorformulierte Erklärung zur Ausübung des Apothekenwahlrechts gemäß § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V unterzeichnet, in der sie als eine von mehreren vorformulierten Alternativen angekreuzt hatten, sich von der bislang mit der onkologischen Praxis nach § 11 Abs 2 ApoG kooperierenden Apotheke des Klägers versorgen lassen zu wollen, soweit sie im Rahmen einer onkologischen Therapie individuell herzustellende parenterale Zubereitungen benötigten.

5

Die Beklagte beanstandete die Abrechnungen des Klägers für den Monat Dezember 2013 (Schreiben vom 14.2.2014) und setzte den Betrag am 16.5.2014 in voller Höhe von einer weiteren Rechnung des Klägers ab. In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren einigten sich die Beteiligten vorläufig darauf, dass die Beklagte die Zahlungen jeden dritten Monat retaxiere, die für Dezember 2013 abgesetzte Summe in Höhe von 70 502,35 Euro jedoch vorläufig wieder zur Auszahlung bringe.

6

Der Kläger änderte seine zunächst auf Zahlung gerichtete Klage nach der vorläufigen Rückauszahlung in eine Klage auf Feststellung, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des vorläufig erneut zur Auszahlung gebrachten Betrages in Höhe von 70 502,35 Euro für im Dezember 2013 vom Kläger gelieferte und abgerechnete parenterale, onkologische Zubereitungen hat. Er hat vorgetragen, die belieferten Ärzte der onkologischen Praxis entschieden anlässlich eines Patiententermins über die Durchführung der Therapie und gäben die Herstellung der jeweils benötigten Zubereitung körpergewichtsadaptiert und nach einer sofort ausgewerteten Blutuntersuchung und ggf auch körperlichen Untersuchung bei ihm in Auftrag. Er könne diese in der Regel innerhalb von 30 Minuten ausliefern. Diese "ad hoc"-Zubereitungen ermöglichten schnelle Änderungen der zunächst vorgesehenen Therapie, zu denen es nach seiner eigenen Auswertung in knapp 20 % der Fälle gekommen sei.

7

Die Beklagte hat ausgeführt, eine generell praktizierte "ad hoc"-Zubereitung von Zytostatika sei ihr nicht bekannt. Im Regelfall stelle der behandelnde Arzt einen ärztlichen Therapieplan auf, in dem die Pharmakotherapie sowie die Arzttermine für die Infusionen im Voraus festgelegt würden. Im Falle einer Kooperation zwischen dem behandelnden Arzt und einer Apotheke nach § 11 Abs 2 ApoG könne diese die onkologische Zubereitung auf der Grundlage des Therapieplans rechtzeitig zum Applikationstermin in die Arztpraxis liefern. Eine "ad hoc"-Belieferung sei nur in Ausnahmefällen bzw bei speziellen Indikationen erforderlich. In diesen Fällen werde die Zubereitung auf Abruf vorbestellt und nach Kenntnis der erforderlichen Untersuchungsergebnisse tatsächlich angefordert. Hierfür sei in den Ausschreibungsbedingungen eine Lieferfrist von 45 Minuten ab Abruf vorgegeben. Die Quote der "ad hoc"-Belieferung sei sehr niedrig.

8

Das SG hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 29.8.2014) und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe die Vergütung von ihm hergestellter parenteraler onkologischer Zubereitungen für den Monat Dezember 2013 für die bei der Beklagten Versicherten zu, weil diese ihr Apothekenwahlrecht gemäß § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V wirksam zu Gunsten des Klägers ausgeübt hätten. Durch den Vertrag nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V zwischen der Beklagten und der Apotheke in M., die im Ausschreibungsverfahren den Zuschlag erhalten habe, könne weder das Apothekenwahlrecht der Versicherten beschnitten, noch der Vergütungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten ausgeschlossen werden. Das Leistungsrecht des SGB V werde von dem Grundsatz bestimmt, dass die Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern frei wählen könnten. Dies betreffe nicht nur die freie Arztwahl nach § 76 SGB V, sondern darüber hinaus alle zugelassenen Krankenhäuser, Einrichtungen, Heil- und Hilfsmittelerbringer. Wegen dieses durchgreifenden Prinzips müsse das Apothekenwahlrecht nach § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V auch dann gelten, wenn die Krankenkasse die Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten durch entsprechende Verträge nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V sichergestellt habe. In den Gesetzesmaterialien sei ausdrücklich ausgeführt, dass das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheken erhalten bleibe (BT-Drucks 16/3100 S 142). Schließlich werde das Apothekenwahlrecht nicht durch die Regelung des § 11 Abs 2 ApoG eingeschränkt, nach der der Apotheker Zytostatikazubereitungen unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben dürfe. Im Ausschreibungsverfahren sei die Beklagte selbst davon ausgegangen, dass das Apothekenwahlrecht der Versicherten gemäß § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V unberührt bleibe. Die 38 Versicherten der Beklagten hätten von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Das Verhalten des Klägers im Zusammenspiel mit der onkologischen Praxis sei nicht zu beanstanden, denn die Wahl der Apotheke des Klägers liege im Interesse der hier betroffenen Versicherten. Deren Zytostatikazubereitungen könnten aufgrund der räumlichen Nähe zu der onkologischen Praxis auch bei Dosierungsänderungen schnell und sicher geliefert werden. Die nach dem Ausschreibungsverfahren allein versorgungsberechtigte Apotheke könne demgegenüber die vorgesehene Belieferung innerhalb von 45 Minuten (§ 3 Abs 6 des Rahmenvertrags für die Ausschreibung der Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie gemäß § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V) nicht sicherstellen. Zudem pflege der Kläger nach seinen Angaben intensiven Kontakt zu den Versicherten auch im Hinblick auf die Begleitmedikation und erörtere mit ihnen Fragen im Zusammenhang mit der Ernährung und Behandlung.

9

Die Beklagte macht mit der Sprungrevision eine Verletzung des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V und des § 11 Abs 2 ApoG geltend. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollten die toxischen und gesundheitsschädigenden onkologischen Zubereitungen den Patienten nicht ausgehändigt, sondern aufgrund einer Absprache nach § 11 Abs 2 ApoG zwischen Arzt und Apotheker direkt in die Praxis geliefert und dort verabreicht werden. Deshalb komme das Apothekenwahlrecht der Versicherten regelmäßig nicht zur Anwendung, wenn die Versorgung mit Zystostatikazubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten durch Selektivverträge nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V, § 11 Abs 2 ApoG sichergestellt werde. Vergleichbar mit der Arzneimittelversorgung im Rahmen einer stationären Behandlung hätten die Versicherten auch in diesem Fall kein schutzwürdiges Interesse an der Auswahl einer bestimmten Apotheke. Jedenfalls aber könne das Apothekenwahlrecht nicht gegenüber dem Vertragsarzt auf dessen vorbereiteten Formularen ausgeübt werden. Ein solches "Kombinationsmodell" aus Regelversorgung und Direktbelieferung nach § 11 Abs 2 ApoG, in dem der Vertragsarzt als "Mittler" zwischen Versichertem und Apotheke agiere, sei mit der strengen Trennung der Leistungsbereiche von Arzt und Apotheker nach § 11 Abs 1 ApoG nicht vereinbar. Das Verhalten der onkologischen Praxis stelle eine berufsrechtswidrige Empfehlung einer Apotheke dar, die zudem evident gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße. Ein Vertragsarzt sei nach der Rechtsprechung des für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senats des BSG verpflichtet, die kostengünstigere Bezugsvariante zu wählen.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29.8.2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er macht sich die Begründung des SG zu eigen und führt ergänzend aus, durch die "ad hoc"-Bestellungen komme es nicht zu Stornierungen vorbestellter Zubereitungen. Dies sei für die Kassen mit einer "Einsparungsquote" von etwa 18 % verbunden. Die Belieferung durch die 49,8 km entfernt liegende Vertragsapotheke in M. sei mit der Therapiesicherheit nicht zu vereinbaren, da nach der Fachinformation beispielsweise für den Wirkstoff Melphalan die Dauer von der Herstellung bis zur Beendigung der Infusion nicht mehr als 1,5 Stunden betragen solle. Der Kläger beruft sich zudem auf ein Schreiben des Regierungspräsidiums als Aufsichtsbehörde, nach dem Apotheken zur Belieferung von Kassenrezepten verpflichtet seien, und Krankenkassen diese gesetzliche Verpflichtung weder durch Rabattverträge noch durch Ausschreibungen aushebeln könnten. Schließlich nimmt er auf eine Stellungnahme der Landesapothekerkammer Bezug, die aufgrund des Kontrahierungszwangs von einer Lieferpflicht aller Apotheker ausgehe, auch der, die nicht an der Ausschreibung teilgenommen hätten, und bei Zuwiderhandeln das Risiko einer Zwangsfestsetzung durch die Überwachungsbehörde sehe.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist begründet, denn die Beklagte hat Anspruch auf Rückerstattung des vorläufig erneut zur Auszahlung gebrachten Betrages in Höhe von 70 502,35 Euro für die im Dezember 2013 vom Kläger an die onkologische Praxis gelieferten und abgerechneten parenteralen onkologischen Zubereitungen für Versicherte der Beklagten. Die vom Kläger darauf bezogene negative Feststellungsklage war daher abzuweisen, denn sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

14

1. Nach der Retaxierung des Zahlungsbetrages seitens der Beklagten hatte der Kläger zunächst eine auf Zahlung gerichtete Klage erhoben. Grundsätzlich können Leistungserbringer ihre Zahlungsansprüche im Wege der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend machen, denn es handelt sich dabei um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, ein Vorverfahren nicht durchzuführen und eine Klagefrist nicht einzuhalten ist (vgl zB BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 20; für Apotheken: BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 1 bis 9 sowie SozR 4-2500 § 129a Nr 1 jeweils mwN). Nachdem die Beklagte zur Beilegung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dem Kläger die streitige Summe vorläufig wieder ausgezahlt hatte, und der Kläger daher seine Rechte nicht weiter im Wege der Leistungsklage verfolgen konnte, war die Umstellung auf eine negative Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Eine Klageänderung liegt darin nicht (§ 99 Abs 3 Nr 2 SGG). Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der negativen Feststellung, weil die Beklagte die streitige Summe im Falle eines für sie günstigen Ausgangs des vorliegenden Hauptsacheverfahrens zeitnah von einer der nächsten Rechnungen des Klägers einbehalten wird. Es ist weder prozessökonomisch noch dem Kläger zumutbar, zunächst eine erneute Retaxierung der Summe durch die Beklagte abzuwarten, um dagegen im Wege der Leistungsklage vorgehen zu können. Es ist auch anzunehmen, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt ist.

15

2. Der Beklagten steht für die im Dezember 2013 vom Kläger an die onkologische Praxis gelieferten und abgerechneten parenteralen onkologischen Zubereitungen für ihre Versicherten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu; sie kann die insoweit ohne Rechtsgrund erfolgte Zahlung zurückfordern oder im Wege der Aufrechnung von einer späteren Rechnung absetzen (retaxieren), soweit sie dabei die hierfür vorgesehenen vertraglichen Vereinbarungen einhält (§ 16 des Arzneimittellieferungsvertrag Hessen nach § 129 Abs 5 Satz 1 SGB V in der Fassung vom 1.4.2008; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 mwN).

16

Dem Kläger steht für die Belieferung der onkologischen Praxis mit parenteralen onkologischen Zubereitungen kein Vergütungsanspruch (hierzu a) und auch kein Anspruch auf Wertersatz oder Erstattung der Kosten der Warenbeschaffung oder der "Sowiesokosten" zu (hierzu b).

17

a) Der Kläger war zur Belieferung der onkologischen Praxis mit parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten nicht berechtigt. Er erfüllte daher keine öffentlich-rechtliche Leistungspflicht. Der Vergütungsanspruch für vom Kläger abgegebene Arzneimittel ergibt sich grundsätzlich aus § 129 SGB V in Verbindung mit dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs 2 SGB V in der Fassung vom 15.6.2012 sowie dem ALV Hessen; für die hier streitigen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zudem aus der Anlage 3 zur Hilfstaxe in der seit dem 1.3.2012 anwendbaren Fassung.

18

Die Voraussetzungen für das Entstehen eines solchen öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruchs lagen für die streitgegenständliche Forderung jedoch nicht vor, weil die Beklagte nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V berechtigt war, mit einer Apotheke einen Exklusivliefervertrag im Wege eines Ausschreibungsverfahrens abzuschließen und von diesem Recht Gebrauch gemacht hat (hierzu aa)). Dem stehen weder verfassungsrechtliche Bedenken (hierzu bb)), noch der Kontrahierungszwang nach § 17 Abs 4 Apothekenbetriebsordnung (hierzu cc)) oder das Apothekenwahlrecht der Versicherten nach § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V (hierzu dd)) entgegen. Aufgrund dieses Exklusivliefervertrags durfte die onkologische Praxis parenterale, onkologische Zubereitungen für die Versicherten der Beklagten grundsätzlich nur noch von der M. Apotheke beziehen, die die Ausschreibung gewonnen hat, und der Kläger durfte diese Leistungen nicht mehr zu Lasten der Beklagten erbringen (hierzu ee)). Datenschutzrechtliche Bestimmungen werden dadurch nicht verletzt (hierzu ff)).

19

aa) Nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V kann die Krankenkasse die Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten durch Verträge mit Apotheken sicherstellen; dabei können Abschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens und die Preise und Preisspannen der Apotheken vereinbart werden.

20

Soweit die Krankenkasse von dieser Berechtigung Gebrauch macht und zur Sicherstellung der Versorgung ihrer Versicherten mit parenteralen onkologischen Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten Verträge mit Apotheken schließt, können hiervon abweichende Regelungen des Rahmenvertrags nach § 129 Abs 2 SGB V und der ergänzenden Verträge nach § 129 Abs 5 Satz 1 SGB V keine Anwendung mehr finden. Für die vertragsschließenden Parteien ergibt sich dies ohne weiteres aus dem Grundsatz des Vorrangs der spezielleren Regelung. Die Regelungen des Rahmenvertrags werden in diesem Spezialbereich durch speziellere Regelungen in dem Einzelvertrag verdrängt. Speziellere Regelungen finden sich insbesondere in den Abschlägen auf die ansonsten geltenden Preise. Für alle übrigen Arzneimittel und anderen Anwendungssituationen verbleibt es - auch zwischen der vertragsschließenden Apotheke und der Beklagten - bei den Regelungen des Rahmenvertrags.

21

Für die anderen Apotheken und im Verhältnis zu den übrigen Krankenkassen verbleibt es zwar grundsätzlich bei der Anwendbarkeit der Regelungen des Rahmenvertrags nach § 129 Abs 2 SGB V einschließlich der ergänzenden Verträge nach § 129 Abs 5 Satz 1 SGB V und der Anlage 3 zur Hilfstaxe. In dem Umfang, in dem die Leistungserbringung Gegenstand eines Einzelvertrags mit einer bestimmten Apotheke geworden ist, werden die anderen Apotheken jedoch notwendig von der Leistungserbringung zu Lasten der vertragsschließenden Krankenkasse ausgeschlossen. Ihre grundsätzliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung entfällt im Umfang des vorrangigen Einzelvertrags, weil jede Leistung nur einmal erbracht werden kann. Diese Konsequenz ist unausweichlich mit der gesetzlichen Zulassung von Einzelverträgen verbunden. Schließt eine Krankenkasse beispielsweise mit einer Apotheke einen Einzelvertrag über 500 Einzelleistungen, so können die übrigen Apotheken diese 500 Einzelleistungen nicht mehr erbringen. Schließt eine Krankenkasse mit einer Apotheke in einem bestimmten Gebiet einen Exklusivliefervertrag, kann in diesem Gebiet die Versorgung der Versicherten dieser Krankenkasse nur noch durch diese Apotheke erfolgen.

22

Mit der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit zum Abschluss von Einzelverträgen hat der Gesetzgeber den Ausschluss der anderen Apotheken von der Leistungsberechtigung und -verpflichtung bewusst in Kauf genommen. Der Exklusivliefervertrag für ein bestimmtes Gebiet, der alle anderen Leistungserbringer von der Versorgung der Versicherten der vertragsschließenden Krankenkasse in diesem Gebiet ausschließt, gehört inzwischen zu den regelmäßig im Wege einer Ausschreibung vergebenen Leistungserbringungsverträgen. Schon deshalb kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit von Exklusivverträgen im Zusammenhang mit der Einführung der Vorschrift des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V übersehen hat. Aus der Gesetzesbegründung wird darüber hinaus deutlich, dass der Gesetzgeber insbesondere im Bereich der Zytostatikazubereitungen einen Bedarf zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven durch den Abschluss von preisgünstigeren Einzelverträgen gesehen hat. In der Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG - BT-Drucks 16/3100 S 142; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387) ist ausgeführt, dass Apotheken durch die Neuregelung des § 129 Abs 5 SGB V die Möglichkeit erhalten sollten, die auf Landesebene vereinbarten Preise für Arzneimittel, die nicht der Arzneimittelpreisverordnung unterliegen, sowie die auf Bundesebene vereinbarten Höchstpreise für Rezepturarzneimittel bei der Abrechnung mit einer Krankenkasse zu unterschreiten. Soweit eine Direktlieferung an Arztpraxen nach den geltenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes vorgesehen sei, sollten Apotheken und Krankenkassen zur Versorgung von Arztpraxen mit Arzneimitteln Vereinbarungen schließen können. Eine Bindung von Versicherten an eine Apotheke außerhalb von vertraglich vereinbarten Versorgungsformen erfolge gemäß § 11 Abs 1 ApoG nicht. Das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheke bleibe erhalten (BT-Drucks 16/3100 S 142 zu § 129 SGB V; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387). Der ursprünglich sehr weit gefasste Vorschlag zur Neuregelung des § 129 Abs 5 Satz 3 bis 6 SGB V, die ua alle Arzneimittel umfasste, die von Ärzten in der Arztpraxis während der Behandlung angewendet werden(vgl BR-Drucks 755/06 S 79), wurde - weil sich dies nach einer Stellungnahme des Bundesrates (vgl BT-Drucks 16/3950 S 22) nicht durchsetzen konnte (vgl auch BT-Drucks 16/4020 S 5) - aufgrund einer Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 16/4200 S 78) ua auf in Apotheken hergestellte Zytostatika zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten reduziert. In der hierzu ergangenen Begründung wird von einer redaktionellen Anpassung der im Gesetzentwurf vorgesehenen Möglichkeit gesprochen, Preisabschläge für diese spezielle Versorgung zu vereinbaren und dadurch besondere Fallgestaltungen der Versorgung mit Zytostatika-Rezepturen sachgerecht zu berücksichtigen (BT-Drucks 16/4247 S 46 f). Mit dem Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I S 1990 - 2020) wurde in § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V das Wort "Zytostatika" durch die Wörter "parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie" ersetzt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/12256, S 65 zu § 129 SGB V) wird dadurch "erreicht, dass Krankenkassen Versorgungsverträge mit einzelnen Apotheken nicht nur für Zytostatika-Zubereitungen schließen können, sondern auch für andere parenterale Zubereitungen (Infusionen) aus Fertigarzneimitteln, die für onkologische Behandlungen erforderlich sind. Damit können Verträge, insbesondere auch für biotechnologische Fertigarzneimittel, vereinbart werden, die in der Onkologie einen zunehmenden Versorgungsbeitrag erbringen. Der Anteil dieser Zubereitungen wächst jährlich zweistellig". Mit diesem Gesetz wurde auch die Regelung des § 129 Abs 5c SGB V neu eingefügt.

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Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber zur Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven (vgl hierzu BT-Drucks 16/3100 S 142 zu § 129 SGB V; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387) Verträge mit einzelnen Apotheken ermöglichen wollte (so auch Knittel in: Krauskopf, § 129 SGB V, RdNr 16) und sich insbesondere durch die Vereinbarung von Abschlägen auf die nach Anlage 3 zur Hilfstaxe maßgeblichen Preise Einsparungen versprach. Die Durchsetzung des in § 12 Abs 1 SGB V normierten und das gesamte krankenversicherungsrechtliche Leistungs- und Leistungserbringerrecht durchziehenden Wirtschaftlichkeitsgebots ist der Vorschrift damit immanent. Mit einem gegenüber den herkömmlichen Konditionen für den Apotheker wirtschaftlich ungünstigeren Einzelvertrag kann die Versorgung der Versicherten jedoch nur dann "sichergestellt" werden, wenn die Krankenkasse dem Leistungserbringer eines abgegrenzten Versorgungsbereiches einen gewissen Leistungsumfang garantieren kann. Ohne diese Garantie gäbe es für den Apotheker keinen Anreiz, einen Vertrag mit Abschlägen gegenüber den ansonsten geltenden Preisen zu vereinbaren. Die Vorschrift des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V würde leerlaufen. Um den Krankenkassen neben der rechtlichen auch die tatsächliche Möglichkeit einzuräumen, im Verhandlungsweg Abschläge auf die ansonsten geltenden Preise zu erzielen, muss die Krankenkasse deshalb in der Lage sein, die Abnahme einer bestimmten Menge verlässlich zuzusagen. Eine zumindest prinzipielle Exklusivität der Lieferbeziehungen gehört daher zu den Essentialia eines entsprechenden Vertrags, und im Umfang eines solchen Exklusivliefervertrags werden alle anderen Apotheken von der Versorgungsberechtigung zu Lasten der vertragsschließenden Krankenkasse ausgeschlossen (vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 14.10.2010 - L 1 SF 191/10 B - Verg - Juris).

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bb) Dieses Normverständnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Krankenkassen haben grundsätzlich jedem zugelassenen und geeigneten Leistungserbringer die Möglichkeit zur Beteiligung an der Versorgung der Versicherten nach Maßgabe sachgerechter, vorhersehbarer und transparenter Kriterien im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Vorgaben einzuräumen. Zwar steht dabei jedem Leistungserbringer im Rahmen der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben eine Beteiligung offen, solange und soweit das Leistungserbringungsrecht nicht selbst den Zugang zur GKV-Versorgung begrenzt, und Beschränkungen des Zugangs bedürfen einer gesetzlichen Grundlage (vgl BSGE 106, 29 = SozR 4-2500 § 126 Nr 2, RdNr 22 ff). Allerdings bietet § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V für Einzelverträge, die notwendig den Zugang zur Versorgung von Versicherten mit parenteralen Zubereitungen in der Onkologie in einem gewissen Umfang exklusiv einer Einzelapotheke zuweist, hierfür eine hinreichende Rechtsgrundlage, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot gerecht wird. In diesem Rahmen ist es auch im Hinblick auf die durch Art 12 Abs 1 GG garantierte Berufsfreiheit ausreichend, wenn den Leistungserbringern im Wege einer Ausschreibung der Leistung gleicher Zugang zur Leistungserbringung gewährt wird. Art 12 Abs 1 GG gewährt den Leistungserbringern keinen Anspruch auf unveränderte Wettbewerbsbedingungen und Marktverhältnisse. Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an Mitbewerber grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des unterlegenen Bieters berührt (vgl zB BVerfG SozR 4-2500 § 130a Nr 7; BVerfGE 116, 135 <151 f> RdNr 58 ff). Vielmehr sind die Kassen bei der Vergabe von Leistungen an Leistungserbringer europarechtlich zur Ausschreibung der Verträge verpflichtet, gerade um den Leistungserbringern gleichen Zugang zu den Verträgen zu gewähren, soweit den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt ist, Versorgungsverträge mit einzelnen Leistungserbringern, dh selektivvertraglich, zu schließen (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 22.7.2010 - L 21 SF 152/10 Verg - RdNr 71 ff Juris). Eine Ausschreibung kann aber sinnvoll nur erfolgen, wenn die Leistungsmenge - beispielsweise durch die Einräumung eines exklusiven Lieferrechts - hinreichend bestimmbar ist (vgl §§ 97 Abs 6, 98 Nr 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 4 Abs 1 VgV iVm § 3a Nr 4 Abs 1 Satz 2 VOL/A; vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 7.5.2010 - L 1 SF 95/10 B Verg - Juris, RdNr 51).

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cc) Dem steht auch nicht die in § 17 Abs 4 ApBetrO geregelte Pflicht zur unverzüglichen Ausführung einer Arzneimittelverordnung und der damit verbundene Kontrahierungszwang entgegen. Denn das SGB V geht als förmliches Bundesgesetz der als Rechtsverordnung erlassenen ApBetrO grundsätzlich vor. Auf dieser rechtlichen Vorrangigkeit basiert die Regelung des § 17 Abs 5 Satz 1 ApBetrO, nach der die abgegebenen Arzneimittel den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des SGB V zur Arzneimittelversorgung entsprechen müssen. Deshalb tritt der Kontrahierungszwang der Apotheker auch nach der Rechtsprechung des BSG (vgl BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 2, RdNr 27) erst ein, wenn alle gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen für die Abgabe eines Arzneimittels erfüllt sind, soweit sie ein Apotheker zu prüfen hat. Ein Apotheker hat zwar von sich aus nicht die Pflicht zu prüfen, ob eine andere Apotheke mit einer Krankenkasse einen Selektivvertrag geschlossen hat; wird die Apotheke aber - wie hier - von der Krankenkasse über das Bestehen eines solchen Selektivvertrages informiert, wird dadurch der Kontrahierungszwang nach § 17 Abs 4 ApBetrO ausgesetzt. Denn die Versorgung wird nach dem Wortlaut des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V bei Abschluss eines Einzelvertrags durch diesen "sichergestellt". Ein im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung der Krankenkassen zum Abschluss von Verträgen nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V geschlossener Einzelvertrag geht daher dem Kontrahierungszwang grundsätzlich vor.

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dd) Das Recht der Versicherten, unter den zugelassenen Leistungserbringern frei zu wählen - hier das Apothekenwahlrecht - wird notwendig auf die vertraglich gebundenen Leistungserbringer beschränkt, soweit der Gesetzgeber den Abschluss von Einzelverträgen vorsieht. Insoweit wird nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern regelmäßig dem Wirtschaftlichkeitsgebot der Vorrang vor dem Versichertenwahlrecht eingeräumt (hierzu (1)). In dem besonderen Fall der Direktbelieferung der Arztpraxis mit parenteralen onkologischen Zubereitungen ist zudem ein berechtigtes Interesse der Versicherten an der freien Wahl der Apotheke nicht erkennbar (hierzu (2)). Vielmehr ist der anwendende Arzt zur Absprache mit der Apotheke berechtigt, sodass in diesem Zusammenhang den Versicherten ohnehin kein Wahlrecht zukommt (hierzu (3)). Einer dem § 33 Abs 6 Satz 2 SGB V vergleichbaren gesetzlichen Regelung bedarf es für die Leistung von parenteralen onkologischen Zubereitungen nicht (hierzu (4)).

27

Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das Apothekenwahlrecht der Versicherten hier bereits nach der im Wortlaut des § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V enthaltenen Einschränkung auf solche Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V Geltung hat, nicht eingreift. Wie dargelegt wird der Rahmenvertrag durch einen Einzelvertrag für die vertragsschließenden Parteien verdrängt, soweit er speziellere Regelungen enthält. Für alle übrigen Apotheken wird der Rahmenvertrag jedenfalls insoweit verdrängt, als es zu einem Ausschluss von der Leistungsberechtigung zu Lasten der vertragsschließenden Krankenkasse kommt. Soweit der vorliegende Versorgungsbereich im Streit steht, kann sich der Kläger daher schon nicht auf den Rahmenvertrag berufen.

28

(1) Entgegen der Auffassung des SG gilt die für weite Bereiche des Leistungsrechts geregelte Wahlfreiheit der Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern prinzipiell nicht uneingeschränkt. Vielmehr kann sich das Wahlrecht der Versicherten nach dem Willen des Gesetzgebers regelmäßig nur im Falle besonderer berechtigter Interessen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und/oder gegen Tragung der Mehrkosten durchsetzen. Bereits die freie Arztwahl wird nach § 76 Abs 2 SGB V durch die vom Versicherten zu tragenden Mehrkosten für den Fall eingeschränkt, dass ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächst erreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinischen Versorgungszentren in Anspruch genommen wird(vgl hierzu BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 27/14 R - vorgesehen für SozR 4 - danach sind die erstattungsfähigen Fahrkosten auf Fahrten zum nächsterreichbaren Arzt beschränkt, auch wenn der Versicherte einen Arzt mit weiter entfernt gelegenem Praxissitz wählt). Für die Hilfsmittel bestimmt § 33 Abs 6 SGB V ausdrücklich, dass die Versicherten (nur) Leistungserbringer in Anspruch nehmen können, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Hat die Krankenkasse Verträge nach § 127 Abs 1 SGB V - dh im Wege der Ausschreibung - über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist(§ 33 Abs 6 Satz 2 SGB V). Einen anderen Leistungserbringer können Versicherte davon abweichend nach § 33 Abs 6 Satz 3 SGB V nur wählen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht; dadurch entstehende Mehrkosten haben sie selbst zu tragen. Für den Bereich der Heilmittel ist eine Wahlfreiheit der Versicherten nicht ausdrücklich geregelt. Bei stationären Maßnahmen der Rehabilitation wählt nach § 40 Abs 2 Satz 1 SGB V zunächst die Krankenkasse die Einrichtung aus; ein hiervon abweichendes Wahlrecht wird den Versicherten regelmäßig nur zugestanden, soweit sie die Mehrkosten tragen, allerdings haben sie nicht für Mehrkosten aufzukommen, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 9 SGB IX angemessen sind(§ 40 Abs 2 Satz 2 SGB V). Vergleichbar damit können den Versicherten auch im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs 2 SGB V die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus wählen. Es wird also deutlich, dass das Leistungsrecht des SGB V nicht auf einem uneingeschränkten Grundsatz des freien Wahlrechts der Versicherten bezüglich der Leistungserbringer basiert. Vielmehr ist das Wahlrecht der Versicherten grundsätzlich auf die Vertragspartner der Krankenkasse beschränkt, soweit die Leistungserbringung durch Verträge geregelt wird, und gegenüber dem Wirtschaftlichkeitsgebot genießt das Versichertenwahlrecht regelmäßig nur bei berechtigten Interessen und/oder gegen Tragung der Mehrkosten Vorrang.

29

Zwar wird den Versicherten die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen (zB an der integrierten Versorgung gemäß § 140 Abs 2 SGB V, an Strukturverträgen nach § 73a SGB V, an der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V, an der besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung nach § 73c SGB V) regelmäßig freigestellt, dies beruht aber auf den Besonderheiten dieser Versorgungsformen, die eine Vergleichbarkeit mit dem Wahlrecht der Versicherten in der Regelversorgung ausschließen.

30

(2) Aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Direktbelieferung der Arztpraxis mit parenteralen onkologischen Zubereitungen ist ein berechtigtes Interesse der Versicherten an der freien Wahl der Apotheke nicht erkennbar. Nach § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V gilt das Apothekenwahlrecht der Versicherten - entsprechend der Geltung des Rahmenvertrags - grundsätzlich nur in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. In diesem Versorgungsbereich werden Arzneimittel regelmäßig ärztlich verordnet und aufgrund einer solchen Verordnung von einer vom Versicherten frei zu wählenden Apotheke unmittelbar an ihn abgegeben. Der Versicherte kann sich dabei Hinweise und Ratschläge vom Apotheker zu dem Arzneimittel und seiner Einnahme einholen.

31

Demgegenüber haben die Versicherten während einer stationären Behandlung grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wahl der zuliefernden Apotheke. Vielmehr erbringt das Krankenhaus regelmäßig die gesamte Versorgung einheitlich (§ 2 Krankenhausentgeltgesetz), wobei es sich wegen der notwendigen Arzneimittel der Krankenhausapotheke bedient. Dem Versicherten steht die freie Wahl des Krankenhauses, nicht aber der in diesem Rahmen vom Krankenhaus eingesetzten Hilfspersonen oder Dritten (zur Zulässigkeit der vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter § 2 Abs 2 Nr 2 KHEntG) zu. Ein berechtigtes Interesse des Versicherten an der freien Wahl der Apotheke ist während eines Krankenhausaufenthaltes regelmäßig nicht erkennbar, da die behandelnden Ärzte, Therapeuten und Pfleger die fachgerechte Anwendung der Arzneimittel überwachen und den Versicherten als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Soweit sich der Kläger auf das freie Apothekenwahlrecht der Versicherten für vom Krankenhaus ausgestellte Rezepte nach § 39 Abs 1a SGB V beruft, der durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG) vom 16.7.2015 neu eingefügt wurde (BGBl I S 1211, 1213 f), betrifft diese Regelung nicht die Versorgung der Versicherten während des Krankenhausaufenthaltes, sondern die Versorgung für die Zeit unmittelbar nach der Entlassung. Die Situation ist dann mit der (sonstigen) ambulanten Behandlung identisch: Den Versicherten wird das Rezept mitgegeben und die Medikamente werden von ihnen selbständig eingenommen (vgl auch BT-Drucks 18/4095 S 76).

32

Zu einer selbständigen Einnahme der Arzneimittel durch den Versicherten kommt es auch dann nicht, wenn ein Medikament dem Versicherten direkt vom Vertragsarzt während der (ambulanten) Behandlung verabreicht wird. Ein Vertragsarzt muss bestimmte Arznei- und Verbandmittel zur direkten Behandlung durch ihn in seiner Praxis vorrätig halten oder bei Bedarf bestellen. Dazu gehören zB der sogenannte Sprechstundenbedarf, wie Röntgenkontrastmittel, Arzneimittel zur Notfallversorgung uä. Diesbezüglich liegt die Wahl der Bezugsquelle im Rahmen der gesetzlichen Regelungen allein beim Arzt. Eine Zustimmung des Patienten zur Auswahl der zuliefernden Apotheke kennt das Gesetz nicht. Der Versicherte kann nur den Arzt, nicht die ihn beliefernde Apotheke frei wählen. Da der vom Versicherten nach eigenem Vertrauen ausgewählte Arzt die Arzneimittel unmittelbar selbst verabreicht oder anwendet und als Ansprechpartner zur Verfügung steht, ist auch hier ein berechtigtes Interesse der Versicherten an der freien Wahl der Apotheke regelmäßig nicht erkennbar.

33

(3) Das Gleiche gilt für die Versorgung mit parenteralen Zubereitungen in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten. In diesem Bereich sind der anwendende Arzt und der Betreiber einer öffentlichen Apotheke nach § 11 Abs 2 ApoG - in Abweichung von dem grundsätzlichen Verbot von Absprachen zwischen Ärzten und Apothekern nach § 11 Abs 1 ApoG - berechtigt, Absprachen zu treffen, nach denen die anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes hergestellt worden sind, direkt an die Arztpraxis geliefert werden, um sie dort den Patienten durch den Arzt parenteral zu verabreichen. In der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs 2 ApoG wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der erforderlichen besonderen personellen, räumlichen und apparativen Ausstattung nur einzelne Apotheken zur Herstellung dieser Zubereitungen in der Lage seien. Aus Sicherheitsgründen sei eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Abspracheverbot erforderlich, weil die Zytostatikazubereitungen nicht in die Hände der Patienten gelangen sollten (BT-Drucks 14/756 S 5). Es wäre dem behandelnden Arzt auch kaum zumutbar, die Verantwortung für eine Behandlung mit diesen empfindlichen Zubereitungen zu übernehmen, wenn er nicht die vollständige Kontrolle über den Beschaffungsweg, die zwischenzeitlichen Lagerungsbedingungen, einschließlich der Zugriffsmöglichkeiten und des Zeitablaufs hat. Mit einer Absprache nach § 11 Abs 2 ApoG wählt aber gerade der behandelnde Arzt - nicht der Versicherte - den Apotheker aus. Zu dieser Absprache bedarf es weder der Zustimmung des Versicherten, noch kann dieser die Versorgung durch eine andere Apotheke wählen. Der in den Gesetzesmaterialien zu § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V enthaltene Hinweis, dass das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheke erhalten bleibe, kann vor diesem Hintergrund nur so verstanden werden, dass dieses Wahlrecht durch die Regelung gar nicht erst berührt wird. Denn dieser Satz wird in der Gesetzesbegründung in einen unmittelbaren Zusammenhang zur Direktlieferung von Arzneimitteln an Arztpraxen gestellt und ausgeführt, Apotheken und Krankenkassen sollten zur Versorgung von Arztpraxen mit Arzneimitteln Vereinbarungen schließen können. "Eine Bindung von Versicherten an eine Apotheke außerhalb von vertraglich vereinbarten Versorgungsformen erfolgt gemäß § 11 Abs 1 ApoG nicht. Das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheke bleibt erhalten" (BT-Drucks 16/3100 S 142 zu § 129 SGB V; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387).

34

(4) Mangels eigener Wahlmöglichkeiten der Versicherten bezüglich der versorgenden Apotheke bedarf es keiner dem § 33 Abs 6 Satz 2 SGB V vergleichbaren gesetzlichen Bestimmung. § 33 Abs 6 Satz 2 SGB V sieht für das grundsätzliche Wahlrecht der Versicherten bezüglich des Hilfsmittelerbringers ausdrücklich die Einschränkung vor, dass bei einem im Wege der Ausschreibung erfolgten Vertragsabschluss über Hilfsmittel die Versorgung ausschließlich durch den von der Krankenkasse zu benennenden Vertragspartner erfolgt. Bei der Behandlung mit anwendungsfertigen, parenteralen Zytostatikazubereitungen entscheidet jedoch allein der Onkologe über die Bezugsquelle der von ihm verabreichten Medikamente. Es liegt daher keine der Hilfsmittelversorgung vergleichbare Situation vor. Einer gesetzlichen Regelung zur Beschränkung des Apothekenwahlrechts der Versicherten auf die Vertragsapotheke bedarf es daher nicht.

35

ee) Stellt eine Krankenkasse die Lieferung von anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen durch den Abschluss eines Exklusivliefervertrags iS von § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V mit einer Apotheke sicher, darf der anwendende Arzt - soweit er von der Krankenkasse über die Beschränkung des Bezugsweges auf eine bestimmte Apotheke informiert wurde - die parenteralen onkologischen Zubereitungen zur Versorgung der bei der vertragsschließenden Krankenkasse Versicherten grundsätzlich nur noch von dieser Apotheke beziehen. Jedenfalls solange nicht aus zwingenden medizinischen Gründen oder sonstigen berücksichtigungsfähigen besonderen Umständen von dem von der Beklagten vorgegebenen wirtschaftlichsten Bezugsweg abgewichen werden muss, sind die Vertragsärzte hierauf beschränkt und die anderen Apotheker haben keine Leistungsberechtigung. Nach der Rechtsprechung des für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senats des BSG sind Vertragsärzte regelmäßig verpflichtet, den kostengünstigsten Bezugsweg zu wählen, wenn sie von der Krankenkasse hierauf hingewiesen werden und keine besonderen Umstände dagegen sprechen (BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 18/14 R - vorgesehen für SozR 4). Diese Entscheidung betraf insoweit eine vergleichbare Konstellation, als die Krankenkasse des versicherten Patienten die behandelnde Ärztin aufgefordert hatte, die notwendigen Gerinnungsfaktoren unmittelbar vom Hersteller in die Praxis liefern zu lassen und nicht dem Patienten über eine Apotheke zukommen zu lassen. Im Übrigen dürften hier die Ärzte der mit dem Kläger kooperierenden onkologischen Praxis durch die Einflussnahme auf die (vermeintlich) freie Wahl der Apotheke durch ihre Patienten gegen ihre Berufspflichten verstoßen haben. Jedenfalls sind die behandelnden Ärzten nach der Rechtsprechung des BGH berufsrechtlich nicht berechtigt, den Patienten ein vorformuliertes Formular vorzulegen, mit dem diese eine Erklärung zur Wahl eines bestimmten Leistungserbringers abgeben (vgl BGH, MedR 2015, 729; GRUR 2015, 283; VersR 2015, 999; MDR 2015, 292; insoweit enthält auch die Hessische Berufsordnung für Ärzte ein entsprechendes Empfehlungs- und Verweisungsverbot in § 31 Abs 2 HBOÄ). Vertragsärzte, die gegen ihre Verpflichtung zur wirtschaftlichen Erbringung der Versorgung nach §§ 12 Abs 1, 70 Abs 1 Satz 2 SGB V verstoßen, können sich entsprechenden Regressforderungen der Krankenkasse aussetzen. Die Beurteilung, ob die regelmäßige "ad hoc"-Bestellung oder die von der Beklagten beschriebene therapeutische Vorgehensweise einer im Voraus festgelegten Pharmakotherapie die wirtschaftlichere Alternative darstellt, obliegt ausschließlich der Beklagten. Es ist weder Aufgabe der Leistungserbringer, noch Aufgabe der Gerichte, ohne medizinischen Anlass oder sonstige berücksichtigungsfähige Umstände die Wirtschaftlichkeit der von den Kassen abgeschlossenen Verträge zu bewerten.

36

Korrespondierend hiermit hat der davon in Kenntnis gesetzte Apotheker, mit dem kein Selektivvertrag geschlossen wurde, kein Recht mehr zur Lieferung und Abrechnung der Zytostatikazubereitungen zu Lasten der Beklagten. Denn einerseits sind auch Apotheker an das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs 1 SGB V gebunden, andererseits ist für eine Absprache zwischen Arzt und Apotheker gemäß § 11 Abs 2 ApoG kein Raum mehr, wenn schon der Arzt aus wirtschaftlichen Gründen eine solche Absprache nicht mehr treffen darf.

37

Nach diesen Grundsätzen dürfen die Vertragsärzte der onkologischen Praxis zur Versorgung der bei der Beklagten versicherten Patienten seit dem 1.12.2013 weder mit anderen Apotheken Vereinbarungen nach § 11 Abs 2 ApoG schließen, noch den Versicherten die Verordnungen zur Selbstabholung der Zubereitungen aushändigen. Ob die Selbstabholung durch Versicherte im Hinblick auf die damit verbundenen Sicherheitsbedenken bei anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen nicht ohnehin unzulässig ist, braucht daher nicht entschieden zu werden. Denn medizinische Gesichtspunkte oder sonstige berücksichtigungsfähige besondere Umstände, die gegen die Vertragsapotheke aus M. als Bezugsquelle der onkologischen Praxis in D. sprechen könnten, sind bei Einhaltung der von der Beklagten geschilderten therapeutischen Vorgehensweise weder vorgetragen noch ersichtlich. Es wäre ohnehin fraglich, welches subjektive Recht des Klägers verletzt sein könnte, wenn die Beklagte ihre Versicherten (und die behandelnden Vertragsärzte) auf eine nicht ausreichende medizinische Versorgung beschränken würde. Das muss aber ebenfalls nicht abschließend entschieden werden, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der von der Beklagten zur Verfügung gestellte Bezugsweg für parenterale onkologische Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten unter medizinischen Gesichtspunkten unzureichend sein könnte.

38

Stellt der behandelnde Arzt, wie die Beklagte ausführt, einen ärztlichen Therapieplan auf, in dem die Pharmakotherapie sowie die Arzttermine für die Infusionen im Voraus festgelegt werden, und liefert die Apotheke aufgrund dieses Therapieplans die onkologischen Zubereitungen termingerecht in die Arztpraxis, spielt die Entfernung der Vertragsapotheke von der Arztpraxis keine wesentliche Rolle. Sollte im Einzelfall eine "ad hoc"-Belieferung notwendig sein, weil entweder der aufgestellte Therapieplan geändert werden muss oder weil aufgrund einer speziellen Indikation ein fester Therapieplan nicht erstellt werden kann, erfolgt eine Lieferung auf Abruf innerhalb von 45 Minuten durch die Vertragsapotheke. Dieser zeitlichen Vorgabe hat sich die Vertragsapotheke aus M. im Ausschreibungsverfahren unterworfen. Bei dieser Vorgehensweise ist eine medizinisch ausreichende und zweckmäßige Versorgung der Versicherten sichergestellt (§ 70 Abs 1 SGB V). Das zeigt sich schon daran, dass deutschlandweit ohnehin nur sehr wenige (nach Angabe der Beteiligten etwa 250 bis 400) Apotheken in der Lage sind, anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen selbst herzustellen und sich auch diese teilweise industrieller Herstellerbetriebe bedienen (vgl hierzu § 21 Abs 2 Nr 1b lit a) AMG, der dies rechtlich ermöglicht). Schon diese Tatsache bedingt im allgemeinen gewisse Fahrwege, ohne dadurch eine medizinisch ausreichende und zweckmäßige Versorgung der Versicherten zu gefährden. Auch der Kläger hatte sich mit seiner in D. ansässigen Apotheke auf eine Ausschreibung für das Gebietslos F. beworben und hierfür einen Herstellbetrieb als Unterauftragnehmer mit Sitz in W. angegeben.

39

Nach dem rechtswirksamen Zuschlag im Ausschreibungsverfahren für das Gebietslos in D. zugunsten der Apotheke in M. kann der Kläger als Inhaber einer konkurrierenden Apotheke nicht mehr mit dem Einwand gehört werden, die M. Apotheke könne die Vorgabe der Lieferung innerhalb von 45 Minuten nicht gewährleisten. Der Einwand, ein Konkurrent erfülle nicht die in der Ausschreibung vorgegebenen Anforderungen an die Leistungserbringung, kann nur in einem gegen die Erteilung des Zuschlags im Ausschreibungsverfahren gerichteten Verfahren nach dem GWB, für das der Zivilrechtsweg gegeben ist (vgl § 13 GVG, § 51 Abs 3 SGG), und dort nur von konkurrierenden Apotheken erhoben werden, soweit sie sich an der Ausschreibung beteiligt haben.

40

Auch wenn deshalb davon auszugehen ist, dass eine "ad hoc"-Belieferung innerhalb von 45 Minuten durch die Vertragsapotheke in M. grundsätzlich gewährleistet ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle von Lieferengpässen oder besonderen Verkehrsproblemen eine konkrete Lieferung nicht oder im Hinblick auf eine kurze Haltbarkeitsdauer der Zubereitungen nicht zeitgerecht oder unter Berücksichtigung sonstiger medizinischer Erfordernisse nur unzureichend erbracht werden kann. Grundsätzlich kann jede Apotheke im Einzelfall auf solche unvorhergesehenen Lieferschwierigkeiten treffen. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist aber nicht darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine nicht selektivvertraglich gebundene Apotheke ausnahmsweise eine Lieferung übernehmen darf, weil die gebundene Apotheke diese unter Beachtung der medizinischen Erfordernisse im konkreten Einzelfall nicht erbringen kann. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei einer der 149 ärztlichen Verordnungen für die 38 Versicherten der Beklagten, die der streitigen Abrechnung zugrunde liegen, ein solcher Ausnahmefall vorgelegen haben könnte. Auf die Frage, ob die von der Beklagten geschilderte therapeutische Vorgehensweise den Regelfall bildet, oder ob die meisten behandelnden Ärzte - wie die onkologische Praxis in D. in allen Fällen erst anlässlich eines Patiententermins über die Durchführung der Therapie entscheiden und die Herstellung der jeweils benötigten Zubereitung "ad hoc" in Auftrag geben, kommt es nicht entscheidend an. Denn solange die regelmäßige "ad hoc"-Bestellung keine medizinischen Vorteile bietet, sind die Vertragsärzte nicht nur bei der Wahl ihrer Bezugsquelle, sondern auch bei ihrer therapeutischen Vorgehensweise an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden (§§ 12 Abs 1, 70 Abs 1 Satz 2 SGB V, vgl auch BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 18/14 R - vorgesehen für SozR 4).

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ff) Die Annahme, bei der von der Beklagten beschriebenen therapeutischen Vorgehensweise komme es ohne Einwilligung der Versicherten zu einer Verletzung von Datenschutzbestimmungen, oder die behandelnden Onkologen könnten sich nach § 203 StGB wegen einer Verletzung ihrer ärztlichen Schweigepflicht strafbar machen, liegt fern. Der Bezug der parenteralen onkologischen Zubereitungen durch den behandelnden Vertragsarzt ist nicht nur gesetzlich vorgesehen (§ 11 Abs 2 ApoG), sondern im Rahmen der ärztlichen Behandlung auch unerlässlich. Insoweit ist daher von einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zur Weitergabe der Daten an die Vertragsapotheke der Krankenkasse des Versicherten nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V auszugehen. Dies gilt im Übrigen auch im Falle einer Absprache zwischen Arzt und Apotheker nach § 11 Abs 2 ApoG. Zudem gehört der seinerseits ebenfalls der Schweigepflicht unterliegende Apotheker, der strikt an die Vorgaben der ärztlichen Verordnung gebunden ist, zum Kreis der zum "Wissen berufenen Personen" (vgl hierzu BGH, NJW 1995, 2915, 2916; Lackner in: Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl 2014, § 203 RdNr 17; Langkeit, NStZ 1994, 6).

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b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Wertersatz oder Erstattung der Kosten der Warenbeschaffung oder der "Sowiesokosten". Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG besteht ein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse bei Abgabe vertragsärztlich verordneter Arzneimittel an deren Versicherte lediglich als Pendant zur Lieferberechtigung und -verpflichtung des Apothekers (BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5 RdNr 16; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 21). Fehlt es an einer Lieferberechtigung und -verpflichtung, kann aus einer dennoch erfolgten Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte einer Krankenkasse kein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse erwachsen. Einem Anspruch des Apothekers aus ungerechtfertigter Bereicherung stehen übergeordnete Gesichtspunkte des öffentlichen Rechts entgegen. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben innerhalb des Leistungs- und Leistungserbringungsrechts die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die jeweilige Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Deshalb kann der Vertragsarzt, der Apotheker oder der sonstige Leistungserbringer auch bereicherungsrechtlich die Abgeltung von Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, selbst dann nicht beanspruchen, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind. Da auch die vertraglichen Vorschriften Normcharakter haben, muss dem gegen vertragliche oder gesetzliche Vorschriften verstoßenden Leistungserbringer auch im Hinblick auf die Regelung des § 134 BGB, deren Rechtsgedanke hier heranzuziehen ist, jeglicher Vergütungsanspruch versagt bleiben. Nur soweit bestimmte Vorschriften reine Ordnungsfunktion haben, besteht kein Grund, dem Leistungserbringer trotz der Entlastung der Krankenkasse eine Entschädigung zu versagen (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 29 mwN). Deshalb hat die Krankenkasse für nicht veranlasste, pflichtwidrige Arzneimittelabgaben weder Wertersatz zu leisten, noch dem Apotheker die Kosten der Warenbeschaffung zu erstatten oder ihr durch die Versorgung der Versicherten erspart gebliebene Aufwendungen (sogenannte "Sowiesokosten") herauszugeben (BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 21 mwN). Denn auch eine Vergütungspflicht in diesem Rahmen würde die den Krankenkassen nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V eingeräumte Möglichkeit der Sicherstellung der Versorgung durch Einzelverträge mit Apotheken im Bereich der parenteralen onkologischen Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten konterkarieren. Die im Einzelvertrag mit einer bestimmten Apotheke vereinbarten Preise und insbesondere die nach § 129 Abs 5 Satz 3 2. Halbsatz SGB V vorgesehenen Preisabschläge können von den Krankenkassen nur erzielt werden, wenn im Gegenzug ein bestimmter Lieferumfang zugesagt werden kann. Umgekehrt ist die selektivvertraglich verpflichtete Apotheke unter Umständen nicht mehr an die Preisabschläge gebunden, wenn die Krankenkasse den zugesagten Lieferumfang nicht einhalten kann. Erbringen andere Apotheken, mit denen kein Selektivvertrag zur Lieferung von Zytostatikazubereitungen geschlossen wurde, dennoch diese Leistungen, kann die Krankenkasse keinen Lieferumfang garantieren. Zur Durchsetzung des gesetzlich vorgesehenen Systems ist daher der vollständige Ausschluss der Vergütung erforderlich.

43

c) Gegen den vollständigen Ausschluss des Vergütungsanspruchs (sogenannte "Retaxation auf Null") bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das BVerfG hat bereits entschieden, dass zwar ein Eingriff in den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG vorliegt, dieser aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn bei der Auslegung der einschlägigen gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften die auch für den Gesetzgeber geltenden Maßstäbe bei der Einschränkung der grundsätzlich freien Berufsausübung eingehalten werden. Die Bindung der Apotheker an das Wirtschaftlichkeitsgebot der Arzneimittelversorgung und damit die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung kann als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang ausreichend sein, um selbst einen Eingriff mit berufswahlregelnder Wirkung zu rechtfertigen (BVerfG vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13, 1 BvR 3572/13 - Juris = NJW 2014, 2340; BVerfG vom 13.9.2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196). Ein vollständiger Vergütungsausschluss greift nach dieser Rechtsprechung ferner nicht unverhältnismäßig in die durch Art 12 Abs 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit der betroffenen Apotheker ein, soweit es keine milderen und insbesondere differenzierteren Mittel gibt, um den gesetzlichen Vorschriften zur Abgabe von Arzneimitteln Wirksamkeit zu verleihen (BVerfG, aaO). Zur Durchsetzung des Exklusivlieferungsrechtes der Apotheke in M., die die Ausschreibung gewonnen hat, sind mildere Mittel als der vollständige Vergütungsausschluss aller anderen Apotheken nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der vorherigen Information des Klägers sowie der behandelnden Ärzte über das Exklusivlieferungsrecht der M. Apotheke ist der vollständige Vergütungsausschluss dem Kläger nicht unzumutbar. Er durfte sich bei dieser Sachlage nicht auf das Schreiben der Landesapothekerkammer Hessen verlassen, in dem ausgeführt ist, mangels Kenntnis der Ausschreibungsverträge sei nur eine eingeschränkte rechtliche Bewertung möglich. Zum Verhalten der Apotheker, die nicht an der Ausschreibung teilgenommen haben, wird vorausgesetzt, dass diese keinerlei Absprache getroffen hätten. Die Belieferung der onkologischen Praxis erfolgt aber aufgrund einer Absprache nach § 11 Abs 2 ApoG. Es war daher ohne weiteres erkennbar, dass keine rechtliche Bewertung der vorliegenden Situation erfolgt ist. Im Schreiben des Regierungspräsidiums wird lediglich auf die grundsätzliche Pflicht der Apotheken zur Belieferung von Rezepten eingegangen. Nach dem unmissverständlichen Hinweis der Beklagten, dass der Kläger zukünftig für parenterale Zubereitungen keine Vergütung mehr erhalten könne, ist er das Risiko des vollständigen Vergütungsausschlusses sehenden Auges eingegangen.

44

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teilsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1 und 3, 47 Abs 1 GKG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3267,47 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in G behandelte den 1927 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kurt F. (im Folgenden: Versicherter) vollstationär vom 12.10. bis 2.11.2007 ua wegen Kraftschwäche der rechten Hand und globaler kardialer Dekompensation. Die Klägerin berechnete die Fallpauschale (DRG) F48Z - (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems; kodiert: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; 6338,15 Euro; 7.11.2007). Sie ging von frührehabilitativer Komplexbehandlung ab 17.10.2007 aus, übermittelte der Beklagten aber keine Angaben über durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 3009,72 Euro bezahlt (DRG F62C - Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC; 24.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine aktivierend-therapeutische Pflege erbracht. Sie habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung des Versicherten die DRG F62C mit einem Rechnungsbetrag von 3009,72 Euro berechnen, nicht aber 6338,15 Euro für die DRG F48Z (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG F48Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG F48Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal voraus (zu den Anforderungen an die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 25/13 R - Juris ). Daran fehlte es nach den Feststellungen des SG. Der Versicherte hatte weder einen Bedarf nach aktivierend-therapeutischer Pflege, denn er war völlig selbstständig und konnte sich uneingeschränkt selbstständig versorgen, noch ergab die Pflegedokumentation Nachweise einer Leistung aktivierend-therapeutischer Pflege.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

14

5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

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e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

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7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

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5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Die Krankenkassen oder ihre Verbände vereinbaren mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Die nach § 300 Abs. 3 getroffenen Regelungen sind Teil der Vereinbarungen nach Satz 1. Eine Krankenhausapotheke darf verordnete Arzneimittel zu Lasten von Krankenkassen nur abgeben, wenn für sie eine Vereinbarung nach Satz 1 besteht. Die Regelungen des § 129 Absatz 5c Satz 8 und 12 gelten für Vereinbarungen nach Satz 1 entsprechend.

(1) Für Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (Fertigarzneimittel) und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes den Apotheken vorbehalten ist, werden durch diese Verordnung festgelegt

1.
die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken oder Tierärzte (§ 2),
2.
die Preisspannen sowie die Preise für besondere Leistungen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf (§§ 3, 6 und 7),
3.
die Preisspannen der Tierärzte bei der Abgabe im Wiederverkauf an Tierhalter (§ 10).

(2) Für Arzneimittel, die in Apotheken oder von Tierärzten hergestellt werden und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 und 3 des Arzneimittelgesetzes den Apotheken vorbehalten ist, werden durch diese Verordnung festgelegt

1.
die Preisspannen sowie die Preise für besondere Leistungen der Apotheken (§§ 4 bis 7),
2.
die Preisspannen der Tierärzte (§ 10).

(3) Ausgenommen sind die Preisspannen und Preise der Apotheken, wenn es sich um eine Abgabe handelt

1.
durch Krankenhausapotheken, soweit es sich nicht um die Abgabe von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur ambulanten Versorgung handelt,
2.
an Krankenhäuser und diesen nach § 14 Absatz 8 Satz 2 des Apothekengesetzes gleichgestellte Einrichtungen sowie an Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten,
3.
an die in § 47 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 10 des Arzneimittelgesetzes genannten Personen und Einrichtungen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen,
3a.
von Impfstoffen, die zur Anwendung bei öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen im Sinne des § 20 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) bestimmt sind und diese Impfstoffe an Krankenhäuser, Gesundheitsämter und Ärzte abgegeben werden, sofern es sich nicht um die Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte handelt,
4.
von Impfstoffen, die zur Anwendung bei allgemeinen, insbesondere behördlichen oder betrieblichen Grippevorsorgemaßnahmen bestimmt sind,
5.
an Gesundheitsämter für Maßnahmen der Rachitisvorsorge,
6.
von Arzneimitteln, die zur Anwendung bei der Dialyse Nierenkranker bestimmt sind,
7.
von aus Fertigarzneimitteln auf Grund ärztlicher Verordnung entnommenen Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt,
8.
von Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen.
Im Fall von Satz 1 Nummer 1 bleibt § 129a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch unberührt. Im Fall von Satz 1 Nr. 7 können Sozialleistungsträger, private Krankenversicherungen oder deren Verbände das Verfahren für die Berechnung der Apothekenabgabepreise für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel mit Apotheken oder deren Verbänden vereinbaren.

(4) Ausgenommen sind die Preisspannen und Preise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

Die Krankenkassen oder ihre Verbände vereinbaren mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Die nach § 300 Abs. 3 getroffenen Regelungen sind Teil der Vereinbarungen nach Satz 1. Eine Krankenhausapotheke darf verordnete Arzneimittel zu Lasten von Krankenkassen nur abgeben, wenn für sie eine Vereinbarung nach Satz 1 besteht. Die Regelungen des § 129 Absatz 5c Satz 8 und 12 gelten für Vereinbarungen nach Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.

(2) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen kann nur geschlossen werden, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 792,75 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Auslegung einer Preisvereinbarung für vom Kläger abgegebene Arzneimittel streitig.
Der Kläger ist ein als Hochschulklinik anerkanntes Krankenhaus in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs 1 Nr 1 Universitätsklinika-Gesetz des Landes Baden-Württemberg), der als Zentrale Einrichtung (Nr 29 der Anlage zur Satzung des Universitätsklinikums F. zu § 6 Abs 2 Nr 5) eine Krankenhausapotheke im Sinne des § 129a Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung, SGB V) betreibt. Er schloss am 28.06.2004 mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen eV, dem Arbeiter-Ersatzkassenverband eV (Landesvertretung Baden-Württemberg), der B.-I. Arbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg und der Bundesknappschaft (Verwaltungsstelle M.) eine „Vereinbarung gemäß § 129a SGB V über die Abgabe von Arzneimitteln von der Krankenhausapotheke an Versicherte im Rahmen von § 14 Abs 4 ApoG“ (Arzneimittelliefervertrag - ALV -; Bl 21 SG-Akte). In § 5 ALV ist unter der Überschrift „Preisvereinbarung für Arzneimittel“ (vgl Bl 25 SG-Akte) Folgendes geregelt:
(1) Grundlage der Preisberechnung ist der für den Tag der Abgabe in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geltende Apothekeneinkaufspreis.
(2) Die Krankenkassen tragen Kosten in folgender Höhe:
- Zubereitungen:
- Lauer-Einkaufspreis - 2 % für die Zubereitungsbestandteile + Herstellungspauschale i.H.v. 16 EUR
- Fertigarzneimittel:
Lauer-Einkaufspreis - 4 %
Der abgerechnete Preis darf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke, der sich unter Berücksichtigung der Minderung um die nach den §§ 130 und 130a SGB V zu leistenden Abschläge ergeben würde, nicht überschreiten.
10 
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis:
11 
Einkaufspreis der Krankenhausapotheke (ohne Mehrwertsteuer) zuzüglich eines Aufschlags von 5 %, maximal von 50 EUR
12 
Der Name der Lieferfirma (Hersteller) ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes zu vermerken; die Rechnung ist auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen.
13 
- Applikationshilfen:
14 
Applikationshilfen, wie zB Injektionsspritzen, Perfusionsspritzen, tragbare Infusionen, Infusions- und Perfusionsleitungen, No-PVC-Bestecke, Filter, Portnadeln, entsprechend dem Lieferantenpreis je Stück nach der am Tag der Abgabe gültigen Lieferantenpreisliste soweit sie nicht mit dem Sprechstundenbedarf abgedeckt sind.
15 
(3) Die gem. Abs 2 ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz.
16 
Eine Anschlussvereinbarung wurde mit Wirkung vom 01.01.2011 geschlossen.
17 
In den Monaten März bis Dezember 2010 rechnete der Kläger bei der beklagten Krankenkasse für bei der Beklagten versicherte Patienten Arzneimittel, die zu einem großen Teil zytostatikahaltig waren, in Form von Zubereitungen mit jeweils in Milligramm genauer Angabe der Wirkstoffmenge ab. Dabei setzte er jeweils die Kosten für die Zubereitungsbestandteile in Höhe der Lauer-Taxe abzüglich 2 % an, erhöht um eine Herstellungspauschale von jeweils 16 EUR. Die Beklagte nahm in den genannten Monaten Abrechnungskorrekturen vor, die nach Darstellung des Klägers zu Absetzungsbeträgen von über 30.000 EUR, allein für Juli 2010 iHv über 5.700 EUR, führten. Wegen der zwischen den Beteiligten streitigen Auslegung des § 5 Abs 2 ALV vereinbarten sie die Durchführung eines Musterverfahrens. Dieses betrifft die Einzelabrechnung des Abrechnungszeitraums Juli 2010 iHv 12.744,30 EUR (Rechnungsnummer 4...), die die Beklagte zunächst bezahlte, dann am 31.01.2011 beanstandete, einen Betrag von 792,75 EUR absetzte und mit anderen Forderungen aufrechnete (Bl 10/11 SG-Akte).
18 
Der Kläger hat der Beanstandung am 08.02.2011 widersprochen und am 25.10.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
19 
Zur Begründung der Klage hat der Kläger sich auf den Wortlaut des § 5 Abs 2 ALV bezogen. Bei Zubereitungen könne die Beklagte nicht ausgehend vom Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke Kürzungen vornehmen, dies sei nur bei Fertigarzneimitteln möglich. Bei den an die Patienten abgegebenen Arzneimitteln handele es sich um Zubereitungen und nicht um Fertigarzneimittel. In Abgrenzung zu Fertigarzneimitteln handele es sich bei Zubereitungen um Erzeugnisse, die durch eine vom Menschen bewusst vorgenommene Behandlung von Stoffen entstünden. In den Zubereitungen seien die Stoffe noch ganz oder teilweise enthalten. Um solche Zubereitungen handele es sich bei den vom Kläger im streitbefangenen Fall abgegebenen zytostatikahaltigen Lösungen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung beziehe sich die Deckelung des Preises auf den Abgabepreis einer öffentlichen Apotheke gerade nicht auf Zubereitungen, sondern nur auf Fertigarzneimittel. Die Entstehungsgeschichte der Vereinbarung bestätige diese Auslegung. Der Kläger hat das BWK-Rundschreiben vom 08.04.2004 (Bl 67 SG-Akte) vorgelegt und auf die dort auf Seite 4 genannte Vorüberlegung Bezug genommen.
20 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, dass die Bezugnahme auf den Apothekenabgabepreis sowohl für Zubereitungen als auch für Fertigarzneimittel gelte. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Wortlaut des § 5 Abs 2 ALV nicht eindeutig. Die besagte Preisobergrenze könne sich zwar nur auf die Fertigarzneimittel beziehen, der Wortlaut lasse es aber auch zu, die Preisobergrenze auf alle in der Lauer-Taxe gelisteten Arzneimittel, also auch Zubereitungen, zu beziehen. Der Wortlaut sei auch deshalb nicht eindeutig, weil sich ein Spiegelstrich jeweils vor den Wörtern „Zubereitung“ (erster Spiegelstrich) und „Fertigarzneimittel“ (dritter Spiegelstrich) befinde und ein weiterer (zweiter Spiegelstrich) vor den Wörtern „Lauer-Einkaufspreis - 2 %“. Vor der Preisregelung für Fertigarzneimittel befinde sich dagegen kein Spiegelstrich. Aus Sinn und Zweck der Regelung folge, dass die Preisobergrenze sich auf alle Arzneimittel beziehe, also auch auf Fertigarzneimittel und Zubereitungen. Es sei absurd anzunehmen, die Preisobergrenze gelte nicht für Zubereitungen. Folgte man dieser Auslegung, so wäre nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Kläger für Fertigarzneimittel, die als solche unverändert an Versicherte der Beklagten abgegeben werden, höchstens den Preis einer öffentlichen Apotheke, jedoch bei Abgabe von Zubereitungen, welche dieselben Fertigarzneimittel beinhalteten, einen höheren Preis abrechnen dürfe. Eine solche Regelung wäre dermaßen unsinnig, dass ein dahingehender Wille der Vertragsparteien nicht angenommen werden könne. Die Durchführung des Vertrages entsprechend der vom Kläger vorgenommenen Auslegung des § 5 Abs 2 ALV verletze das Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 2 und 12 SGB V. Die zwischen dem Kläger und dem v. geschlossene Anschlussvereinbarung zum 01.01.2011 bestätige die dargelegte Auslegung auch der Vereinbarung aus dem Jahr 2004 durch die Beklagte. Auch spätere Äußerungen der Vertragsparteien seien für die Auslegung von Bedeutung. Die neue Vereinbarung enthalte in § 8 Abs 2 die Regelung, dass der abgerechnete Preis für alle Mittel den Apothekenabgabepreis der öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe (vgl Bl 33 SG-Akte). Der Beklagten stehe daher ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu, den sie durch Retaxierung der Abrechnungen in rechtmäßiger Weise geltend gemacht habe.
21 
Mit Urteil vom 22.07.2014 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 792,75 EUR zuzüglich Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.08.2011 zu zahlen. Die durch den Kläger vorgenommene Auslegung des § 5 Abs 2 ALV der Vereinbarung vom 28.06.2004 sei zutreffend. Die Einschränkung, dass der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe, gelte nur für Fertigarzneimittel, nicht aber für Zubereitungen. Im Vertragstext sei unter der Rubrik für die Zubereitungen lediglich geregelt, dass für diese der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 2 % der Zubereitungsbestandteile zuzüglich einer Herstellungspauschale iHv 16 EUR berechnet werden könne. Nur unter der Rubrik für die Fertigarzneimittel sei geregelt, dass der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 4 % berechnet werden dürfe und außerdem der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe. Im Jahr 2004, als der Vertrag abgeschlossen worden sei, hätten die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gelegen als die Preise der Krankenhausapotheken, weshalb man eine Deckelung bei den Zubereitungen seinerzeit nicht benötigt habe. Erst im Jahre 2010 hätten die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals niedriger gelegen als die entsprechenden Preise der Krankenhausapotheken. Dies liege daran, dass ab dem Jahr 2010 die Hilfstaxe (Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zwischen dem Deutschen Apothekerverband eV und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 4 und § 5 der AMPreisV) bei den öffentlichen Apotheken niedriger gewesen sei, wodurch die Preise der Klinikapotheken für Zubereitungen im Verhältnis zu den Preisen öffentlicher Apotheken in die Höhe gegangen seien. Deshalb sei dann auch eine neue Vereinbarung zum 01.01.2011 ausgehandelt worden. Aus diesem Grund könne auch aus dem Text der neuen Vereinbarung kein Rückschluss auf den Willen der vertragsschließenden Parteien im Jahr 2004 gezogen werden.
22 
Gegen das ihr am 14.08.2014 zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 09.09.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgebracht, dass das SG die Grundsätze der Auslegung von Willenserklärungen verkannt habe. Insbesondere sei das SG nicht auf den dokumentierten Willen des v. eingegangen, wonach sowohl Zubereitungen als auch Fertigarzneimittel auf den Preis der öffentlichen Apotheken zu begrenzen seien. Über den der Vereinbarung zugrundeliegenden Willen des v., der bei der Auslegung des § 5 Abs 2 ALV zu beachten sei, gebe eine Protokollnotiz vom 04.03.2004 Aufschluss (vgl Bl 142 SG-Akte). Die Vertragsparteien hätten für Fertig- und Rezepturarzneimittel jeweils unterschiedliche Preisregelungen vereinbaren wollen. Dieser Wille habe Ausdruck gefunden in § 5 Abs 2 ALV. Für Zubereitungen betrage der Abschlag 2 % vom Lauer-Einkaufspreis und es werde eine Herstellungspauschale von 16 EUR vergütet. Für Fertigarzneimittel gelte dagegen ein höherer Abschlag von 4 % vom Lauer-Einkaufspreis. Mit diesen unterschiedlichen Preisregelungen hätten die Beteiligten den tatsächlichen Unterschieden der beiden Arten von Arzneimitteln hinreichend Rechnung getragen. Jedoch hätten sie gerade nicht regeln wollen, dass nur die Preise von Fertigarzneimitteln auf die Apothekenabgabepreise der öffentlichen Apotheken begrenzt sein sollten. Hierfür sei kein vernünftiger Grund ersichtlich. Wenig hilfreich sei der Hinweis des SG, wonach die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals im Jahr 2010 die Preise der Krankenhausapotheken unterschritten hätten. Das SG könne damit nicht erklären, weshalb es zeitgleich eine ab dem 01.08.2010 geltende Vereinbarung nach § 129a SGB V mit der AOK Baden-Württemberg gebe, welche die abgerechneten Preise für Zubereitungen und Fertigarzneimittel auf die entsprechenden Preise der öffentlichen Apotheken begrenzte. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb im Jahre 2010 eine entsprechende Vereinbarung mit der A. Baden-Württemberg mit einer Preisdeckelung zustande gekommen sei, während die im selben Zeitraum geltende Vereinbarung mit dem v. eine Deckelung nur für Fertigarzneimittel beinhaltet haben solle.
23 
Die Beklagte beantragt,
24 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.07.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
25 
Der Kläger beantragt,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Er nimmt auf sein bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug. Bei der von der Beklagten in Bezug genommenen Protokollnotiz des v. vom 04.03.2004 habe es sich um ein rein internes Protokoll gehandelt, das der Klägerseite im Zuge der Vertragsverhandlungen nie zugänglich gemacht worden sei. Es sei daher auch nicht Vertragsbestandteil geworden. Zu Recht habe das SG den Wortlaut des § 5 Abs 2 ALV als Auslegungskriterium in den Vordergrund gestellt. Das SG habe auch zutreffend auf die systematischen Zusammenhänge des § 5 Abs 2 ALV Bezug genommen und herausgearbeitet, dass in der Regelung vier verschiedene Leistungen geregelt worden seien: Zubereitungen, Fertigarzneimittel, Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und Applikationshilfen. Mit zutreffenden Gründen habe das SG dann festgestellt, dass sich aus Wortlaut und systematischem Zusammenhang ergebe, dass die Einschränkung, wonach der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten dürfe, nur unter der zweiten Rubrik, nämlich derjenigen für die Fertigarzneimittel auftauche. Der Kläger habe damals seine Gründe gehabt, die Vereinbarung genauso zu schließen, wie sie letztendlich Vertragstext geworden sei und wie das SG sie ausgelegt habe. Im Jahr 2004 seien die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gewesen als die Preise der Krankenhausapotheken, weshalb es einer Deckelung bei den Zubereitungen nicht bedurft hätte. Daher sei eine solche Deckelung auch seitens der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft bewusst nicht in den Vertrag hineingeschrieben worden. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft habe vermeiden wollen, dass die Krankenhausapotheken sich bei den Zubereitungen ohne weitere Verhandlungen auf noch gar nicht absehbare und von ihnen auch nicht beeinflussbare Preisentwicklungen der niedergelassenen Apotheken einlassen müssten.
28 
In einem Erörterungstermin am 12.05.2016 ist der Sachverhalt mit den Beteiligten eingehend erörtert worden. Anwesend war auch die stellvertretende Geschäftsführerin der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, Frau U. U., die Angaben zur Sache gemacht hat.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
31 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache allerdings unbegründet. Die vom Kläger erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig und begründet. Zu Recht hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 792,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.08.2011 zu zahlen. Der ursprünglich entstandene Anspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse auf Vergütung von Arzneimittelkosten für Zubereitungen erlosch nicht in Höhe des streitigen Betrages von 792,75 EUR durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten in dieser Höhe. Ein solcher Erstattungsanspruch steht der Beklagten nicht zu.
32 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass dem klagenden Universitätsklinikum gegen die beklagte Krankenkasse ein Anspruch auf Zahlung von (mindestens) 792,75 EUR für die Lieferung von Arzneimitteln der Krankenhausapotheke des Klägers, die nicht bereits als Bestandteil einer Krankenhausbehandlung erstattet wurden, an Versicherte der Beklagten zusteht. Der Senat hat keinen Zweifel, dass der insoweit übereinstimmende Vortrag der Beteiligten zutreffend ist.
33 
Dieser Vergütungsanspruch des Klägers erlosch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Vergütungsforderung des Klägers in Höhe von 792,75 EUR aufrechnete. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren nicht erfüllt. Die Beklagte kann zwar grundsätzlich mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die sich aus dem ALV ergebende Hauptforderung aufrechnen (vgl zB BSG 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R, SozR 4-2500 § 129 Nr 7). Der Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch würden auch die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit erfüllen. Die Beklagte hat jedoch keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm die 792,75 EUR aufgrund der Abrechnung von Juli 2010 (Rechnungsnummer 4...) nicht ohne Rechtsgrund gezahlt hat. Der Kläger hat aufgrund der von ihm im Juli 2010 an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel einen Anspruch auf insgesamt 12.744,30 EUR.
34 
Die Abgabepreise der Krankenhausapotheken werden nicht durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) geregelt (§ 1 Abs 3 Nr 1 AMPreisV), sondern beruhen auf einer vertraglichen Vereinbarung. Nach § 129a Abs 1 Satz 1 SGB V vereinbaren die Krankenkassen oder ihre Verbände mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Eine solche Vereinbarung wurde mit dem ALV am 28.06.2004 geschlossen. § 5 Abs 2 ALV rechtfertigt die Retaxierung der Beklagten nicht. Der Senat teilt die Auffassung des SG und legt die Regelung ebenfalls dahingehend aus, dass die Begrenzung auf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht für Zubereitungen, sondern nur für Fertigarzneimittel gilt.
35 
Der auf der Grundlage von § 129a SGB V geschlossene ALV ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag iSd § 53 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; sog koordinationsrechtlicher Vertrag). Auf diesen Vertrag finden nach § 61 Satz 2 SGB X die Vorschriften des BGB ergänzende Anwendung. Dies betrifft insbesondere die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Bestimmungen (§§ 133, 157 BGB). Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, sog objektiv normative Auslegung (§ 157 BGB). Da es sachlich nicht gerechtfertigt ist, zwischen der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen zu unterscheiden, gelten die §§ 133, 157 BGB in gleicher Weise für einzelne Willenserklärungen, Verträge, Beschlüsse und Rechtsgeschäfte aller Art, für die Zeit bis zum Vertragsschluss ebenso wie für die Zeit danach (Staudinger/R. Singer BGB [Neubearbeitung 2012] § 133 RdNr 3 unter Hinweis auf RGZ 169, 122, 124 f; BGHZ 21, 319, 328 und mwN zum Schrifttum; vgl auch BSG 13.12.2011, B 1 KR 9/11 R, SozR 4-2500 § 133 Nr 6; 31.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192, SozR 4-1500 § 163 Nr 7). Diese Grundsätze hat das SG nicht verletzt.
36 
Zunächst ergibt sich der äußere Erklärungstatbestand aus § 5 der Vereinbarung (Preisvereinbarung für Arzneimittel, vgl Bl 25 SG-Akte). Dort ist Folgendes geregelt:
37 
(1) Grundlage der Preisberechnung ist der für den Tag der Abgabe in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geltende Apothekeneinkaufspreis.
38 
(2) Die Krankenkassen tragen Kosten in folgender Höhe:
39 
- Zubereitungen:
40 
- Lauer-Einkaufspreis - 2 % für die Zubereitungsbestandteile + Herstellungspauschale i.H.v. 16 EUR
41 
- Fertigarzneimittel:
42 
Lauer-Einkaufspreis - 4 %
43 
Der abgerechnete Preis darf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke, der sich unter Berücksichtigung der Minderung um die nach den §§ 130 und 130a SGB V zu leistenden Abschläge ergeben würde, nicht überschreiten.
44 
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis:
45 
Einkaufspreis der Krankenhausapotheke (ohne Mehrwertsteuer) zuzüglich eines Aufschlags von 5 %, maximal von 50 EUR
46 
Der Name der Lieferfirma (Hersteller) ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes zu vermerken; die Rechnung ist auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen.
47 
- Applikationshilfen:
48 
Applikationshilfen, wie zB Injektionsspritzen, Perfusionsspritzen, tragbare Infusionen, Infusions- und Perfusionsleitungen, No-PVC-Bestecke, Filter, Portnadeln, entsprechend dem Lieferantenpreis je Stück nach der am Tag der Abgabe gültigen Lieferantenpreisliste soweit sie nicht mit dem Sprechstundenbedarf abgedeckt sind.
49 
(4) Die gem Abs 2 ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz.
50 
Aus Wortlaut und Systematik der Regelung ergibt sich, dass die Beteiligten bewusst zwischen
51 
- Zubereitungen,
- Fertigarzneimitteln,
- Fertigarzneimitteln ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
52 
unterschieden und jeweils bewusst gesonderte Regelungen getroffen haben.
53 
Arzneimittel sind nach § 2 Abs 1 Arzneimittelgesetz (AMG) Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
54 
1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
55 
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b) eine medizinische Diagnose zu erstellen.
56 
Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden (§ 4 Abs 1 Satz 1 AMG). Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind (§ 4 Abs 1 Satz 2 AMG). Im Gegensatz zu Fertigarzneimitteln werden Zubereitungen in Apotheken hergestellt.
57 
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass der Spiegelstrich vor den Wörtern „Lauer-Einkaufspreis – 2 %“ lediglich aufgrund eines Redaktionsversehens in den Text geraten ist. Dies hat der Kläger überzeugend dargelegt. In den Entwurfsfassungen (Blatt 84, 131 SG-Akte) ist er nicht enthalten und würde auch inhaltlich an dieser Stelle keinen Sinn ergeben. Auf diesen Redaktionsfehler kann sich die Beklagte bei der Auslegung des Vertragstextes nicht berufen.
58 
Im Vertragstext ist unter der Rubrik für die „Zubereitungen“ lediglich geregelt, dass für diese der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 2 % der Zubereitungsbestandteile zzgl einer Herstellungspauschale iHv 16,00 EUR berechnet wird. Hingegen ist nur unter der Rubrik für die Fertigarzneimittel geregelt, dass der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten darf. Jede der vier Apothekenleistungen
59 
- Zubereitungen
- Fertigarzneimittel
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
60 
ist durch die textliche Gestaltung des § 5 Abs 2 als gesonderte Rubrik zu erkennen und auch jeweils im Anschluss an seine Benennung mit einem Doppelpunkt versehen. Jeweils nach dem Doppelpunkt sind dann die für die einzelne Leistung abrechenbaren Preise genannt.
61 
Die von der Beklagten angeführte Protokollnotiz des v. vom 04.03.2004 ist als rein internes Protokoll der Beklagtenseite dem Kläger weder im Laufe der Vertragsverhandlungen zugänglich gemacht noch auf andere Weise Vertragsbestandteil geworden. Es steht mit dem Wortlaut und der textlichen Gestaltung des § 5 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 nicht in Einklang. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht jeder Verhandlungsposition, die ein Beteiligter im Laufe der Vertragsverhandlungen eingenommen hat, entscheidende Bedeutung für die Erforschung des Willens beigemessen werden, denn es ist Kennzeichen von Vertragsverhandlungen, dass die Parteien ihre Verhandlungspositionen einbringen und sodann im Wege der Verhandlung Regelungen bzw Kompromisse erarbeiten. Nicht jeder Wunsch, den ein Beteiligter zu Beginn der Vertragsverhandlungen hat bzw äußert, kann später die Auslegung einer Regelung maßgeblich beeinflussen. Dies gilt erst recht, wenn wie vorliegend, dieser Wunsch im späteren Wortlaut der Regelung keinen ausreichenden Niederschlag gefunden hat.
62 
Auch die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen, die ab dem 01.01.2011 in Kraft getreten sind, können nicht die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung nachträglich im Sinne der Beklagten verändern. Die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen erlauben auch keine Rückschlüsse auf die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung. Eher deutet die Neuregelung ab 2011 darauf hin, dass nun etwas anderes geregelt werden sollte. Insoweit erscheint die Darlegung der Klägerin plausibel, dass im Jahre 2004 die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gelegen hätten als die Preise der Krankenhausapotheken und man daher eine Deckelung bei den Zubereitungen nicht benötigt habe und erst im Jahre 2010 die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals niedriger gelegen hätten als die entsprechenden Preise der Krankenhausapotheken. Nachdem ab dem Jahr 2010 die Hilfstaxe bei den öffentlichen Apotheken niedriger gewesen ist, wodurch die Preise der Krankenhausapotheken für Zubereitungen im Verhältnis zu den Preisen öffentlicher Apotheken angestiegen seien, habe man eine neue Vereinbarung ausgehandelt, die nunmehr die umstrittene Kappungsgrenze für beide Arten von Arzneimitteln aus Krankenhausapotheken beinhaltet habe. Dieser Zusammenhang ist für den Senat plausibel.
63 
Die Klägerin hat der am 31.01.2011 erfolgten Beanstandung durch die Beklagte am 08.02.2011 widersprochen, mithin die innerhalb der in § 7 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 bestimmten Frist.
64 
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs 1 S 2, 288 BGB (vgl BSG 19.04.2007, B 3 KR 10/06 R, PflR 2007, 382).
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
66 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 52 Abs 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG).
67 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
30 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
31 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache allerdings unbegründet. Die vom Kläger erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig und begründet. Zu Recht hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 792,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.08.2011 zu zahlen. Der ursprünglich entstandene Anspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse auf Vergütung von Arzneimittelkosten für Zubereitungen erlosch nicht in Höhe des streitigen Betrages von 792,75 EUR durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten in dieser Höhe. Ein solcher Erstattungsanspruch steht der Beklagten nicht zu.
32 
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass dem klagenden Universitätsklinikum gegen die beklagte Krankenkasse ein Anspruch auf Zahlung von (mindestens) 792,75 EUR für die Lieferung von Arzneimitteln der Krankenhausapotheke des Klägers, die nicht bereits als Bestandteil einer Krankenhausbehandlung erstattet wurden, an Versicherte der Beklagten zusteht. Der Senat hat keinen Zweifel, dass der insoweit übereinstimmende Vortrag der Beteiligten zutreffend ist.
33 
Dieser Vergütungsanspruch des Klägers erlosch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht dadurch, dass die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Vergütungsforderung des Klägers in Höhe von 792,75 EUR aufrechnete. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren nicht erfüllt. Die Beklagte kann zwar grundsätzlich mit einer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die sich aus dem ALV ergebende Hauptforderung aufrechnen (vgl zB BSG 03.07.2012, B 1 KR 16/11 R, SozR 4-2500 § 129 Nr 7). Der Vergütungsanspruch des Klägers und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch würden auch die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit erfüllen. Die Beklagte hat jedoch keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Kläger, weil sie ihm die 792,75 EUR aufgrund der Abrechnung von Juli 2010 (Rechnungsnummer 4...) nicht ohne Rechtsgrund gezahlt hat. Der Kläger hat aufgrund der von ihm im Juli 2010 an Versicherte der Beklagten abgegebenen Arzneimittel einen Anspruch auf insgesamt 12.744,30 EUR.
34 
Die Abgabepreise der Krankenhausapotheken werden nicht durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) geregelt (§ 1 Abs 3 Nr 1 AMPreisV), sondern beruhen auf einer vertraglichen Vereinbarung. Nach § 129a Abs 1 Satz 1 SGB V vereinbaren die Krankenkassen oder ihre Verbände mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Eine solche Vereinbarung wurde mit dem ALV am 28.06.2004 geschlossen. § 5 Abs 2 ALV rechtfertigt die Retaxierung der Beklagten nicht. Der Senat teilt die Auffassung des SG und legt die Regelung ebenfalls dahingehend aus, dass die Begrenzung auf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht für Zubereitungen, sondern nur für Fertigarzneimittel gilt.
35 
Der auf der Grundlage von § 129a SGB V geschlossene ALV ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag iSd § 53 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X; sog koordinationsrechtlicher Vertrag). Auf diesen Vertrag finden nach § 61 Satz 2 SGB X die Vorschriften des BGB ergänzende Anwendung. Dies betrifft insbesondere die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Bestimmungen (§§ 133, 157 BGB). Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, sog objektiv normative Auslegung (§ 157 BGB). Da es sachlich nicht gerechtfertigt ist, zwischen der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen zu unterscheiden, gelten die §§ 133, 157 BGB in gleicher Weise für einzelne Willenserklärungen, Verträge, Beschlüsse und Rechtsgeschäfte aller Art, für die Zeit bis zum Vertragsschluss ebenso wie für die Zeit danach (Staudinger/R. Singer BGB [Neubearbeitung 2012] § 133 RdNr 3 unter Hinweis auf RGZ 169, 122, 124 f; BGHZ 21, 319, 328 und mwN zum Schrifttum; vgl auch BSG 13.12.2011, B 1 KR 9/11 R, SozR 4-2500 § 133 Nr 6; 31.10.2014, B 5 R 8/14 R, BSGE 117, 192, SozR 4-1500 § 163 Nr 7). Diese Grundsätze hat das SG nicht verletzt.
36 
Zunächst ergibt sich der äußere Erklärungstatbestand aus § 5 der Vereinbarung (Preisvereinbarung für Arzneimittel, vgl Bl 25 SG-Akte). Dort ist Folgendes geregelt:
37 
(1) Grundlage der Preisberechnung ist der für den Tag der Abgabe in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geltende Apothekeneinkaufspreis.
38 
(2) Die Krankenkassen tragen Kosten in folgender Höhe:
39 
- Zubereitungen:
40 
- Lauer-Einkaufspreis - 2 % für die Zubereitungsbestandteile + Herstellungspauschale i.H.v. 16 EUR
41 
- Fertigarzneimittel:
42 
Lauer-Einkaufspreis - 4 %
43 
Der abgerechnete Preis darf den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke, der sich unter Berücksichtigung der Minderung um die nach den §§ 130 und 130a SGB V zu leistenden Abschläge ergeben würde, nicht überschreiten.
44 
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis:
45 
Einkaufspreis der Krankenhausapotheke (ohne Mehrwertsteuer) zuzüglich eines Aufschlags von 5 %, maximal von 50 EUR
46 
Der Name der Lieferfirma (Hersteller) ist auf der Vorderseite des Verordnungsblattes zu vermerken; die Rechnung ist auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen.
47 
- Applikationshilfen:
48 
Applikationshilfen, wie zB Injektionsspritzen, Perfusionsspritzen, tragbare Infusionen, Infusions- und Perfusionsleitungen, No-PVC-Bestecke, Filter, Portnadeln, entsprechend dem Lieferantenpreis je Stück nach der am Tag der Abgabe gültigen Lieferantenpreisliste soweit sie nicht mit dem Sprechstundenbedarf abgedeckt sind.
49 
(4) Die gem Abs 2 ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz.
50 
Aus Wortlaut und Systematik der Regelung ergibt sich, dass die Beteiligten bewusst zwischen
51 
- Zubereitungen,
- Fertigarzneimitteln,
- Fertigarzneimitteln ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
52 
unterschieden und jeweils bewusst gesonderte Regelungen getroffen haben.
53 
Arzneimittel sind nach § 2 Abs 1 Arzneimittelgesetz (AMG) Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
54 
1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
55 
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b) eine medizinische Diagnose zu erstellen.
56 
Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden (§ 4 Abs 1 Satz 1 AMG). Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind (§ 4 Abs 1 Satz 2 AMG). Im Gegensatz zu Fertigarzneimitteln werden Zubereitungen in Apotheken hergestellt.
57 
Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass der Spiegelstrich vor den Wörtern „Lauer-Einkaufspreis – 2 %“ lediglich aufgrund eines Redaktionsversehens in den Text geraten ist. Dies hat der Kläger überzeugend dargelegt. In den Entwurfsfassungen (Blatt 84, 131 SG-Akte) ist er nicht enthalten und würde auch inhaltlich an dieser Stelle keinen Sinn ergeben. Auf diesen Redaktionsfehler kann sich die Beklagte bei der Auslegung des Vertragstextes nicht berufen.
58 
Im Vertragstext ist unter der Rubrik für die „Zubereitungen“ lediglich geregelt, dass für diese der Lauer-Einkaufspreis abzüglich 2 % der Zubereitungsbestandteile zzgl einer Herstellungspauschale iHv 16,00 EUR berechnet wird. Hingegen ist nur unter der Rubrik für die Fertigarzneimittel geregelt, dass der abgerechnete Preis den Apothekenabgabepreis einer öffentlichen Apotheke nicht überschreiten darf. Jede der vier Apothekenleistungen
59 
- Zubereitungen
- Fertigarzneimittel
- Fertigarzneimittel ohne offiziellen Lauer-Einkaufspreis und
- Applikationshilfen
60 
ist durch die textliche Gestaltung des § 5 Abs 2 als gesonderte Rubrik zu erkennen und auch jeweils im Anschluss an seine Benennung mit einem Doppelpunkt versehen. Jeweils nach dem Doppelpunkt sind dann die für die einzelne Leistung abrechenbaren Preise genannt.
61 
Die von der Beklagten angeführte Protokollnotiz des v. vom 04.03.2004 ist als rein internes Protokoll der Beklagtenseite dem Kläger weder im Laufe der Vertragsverhandlungen zugänglich gemacht noch auf andere Weise Vertragsbestandteil geworden. Es steht mit dem Wortlaut und der textlichen Gestaltung des § 5 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 nicht in Einklang. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht jeder Verhandlungsposition, die ein Beteiligter im Laufe der Vertragsverhandlungen eingenommen hat, entscheidende Bedeutung für die Erforschung des Willens beigemessen werden, denn es ist Kennzeichen von Vertragsverhandlungen, dass die Parteien ihre Verhandlungspositionen einbringen und sodann im Wege der Verhandlung Regelungen bzw Kompromisse erarbeiten. Nicht jeder Wunsch, den ein Beteiligter zu Beginn der Vertragsverhandlungen hat bzw äußert, kann später die Auslegung einer Regelung maßgeblich beeinflussen. Dies gilt erst recht, wenn wie vorliegend, dieser Wunsch im späteren Wortlaut der Regelung keinen ausreichenden Niederschlag gefunden hat.
62 
Auch die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen, die ab dem 01.01.2011 in Kraft getreten sind, können nicht die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung nachträglich im Sinne der Beklagten verändern. Die mehrere Jahre später geschlossenen Vereinbarungen erlauben auch keine Rückschlüsse auf die im Jahr 2004 geschlossene Vereinbarung. Eher deutet die Neuregelung ab 2011 darauf hin, dass nun etwas anderes geregelt werden sollte. Insoweit erscheint die Darlegung der Klägerin plausibel, dass im Jahre 2004 die Preise der öffentlichen Apotheken bei Zubereitungen generell deutlich höher gelegen hätten als die Preise der Krankenhausapotheken und man daher eine Deckelung bei den Zubereitungen nicht benötigt habe und erst im Jahre 2010 die Preise der öffentlichen Apotheken für Zubereitungen erstmals niedriger gelegen hätten als die entsprechenden Preise der Krankenhausapotheken. Nachdem ab dem Jahr 2010 die Hilfstaxe bei den öffentlichen Apotheken niedriger gewesen ist, wodurch die Preise der Krankenhausapotheken für Zubereitungen im Verhältnis zu den Preisen öffentlicher Apotheken angestiegen seien, habe man eine neue Vereinbarung ausgehandelt, die nunmehr die umstrittene Kappungsgrenze für beide Arten von Arzneimitteln aus Krankenhausapotheken beinhaltet habe. Dieser Zusammenhang ist für den Senat plausibel.
63 
Die Klägerin hat der am 31.01.2011 erfolgten Beanstandung durch die Beklagte am 08.02.2011 widersprochen, mithin die innerhalb der in § 7 Abs 2 der Vereinbarung vom 28.06.2004 bestimmten Frist.
64 
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs 1 S 2, 288 BGB (vgl BSG 19.04.2007, B 3 KR 10/06 R, PflR 2007, 382).
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
66 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 52 Abs 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 S 1 GKG).
67 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf eine intravenöse Immunglobulin-Therapie (IVIG) mit dem Arzneimittel Intratect zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet an einer Autoimmunerkrankung der Haut und der inneren Organe (systemischer Lupus erythematodes ). 2008 manifestierte sich eine Urtikariavaskulitis mit begleitender Zungenschwellung, welche ab September 2009 mit Rituximab therapiert wurde. Den Antrag der Klägerin (23.10.2009), die Kosten einer ambulanten Immunglobulin-Therapie mit 2 g Immunglobulin (beispielsweise Intratect) pro Kilogramm Körpergewicht (hier bei 80 kg Körpergewicht 160 g) über zwei Tage alle vier Wochen zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für einen sogenannten Off-Label-Use im Sinne des Einsatzes eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien nicht erfüllt. Systematische größere zulassungsrelevante Studien fehlten (Bescheid vom 15.12.2009; Widerspruchsbescheid vom 25.3.2010). Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben (28.4.2010) und am selben Tag beim SG erfolgreich vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, die Beklagte zur Übernahme der Kosten einer IVIG-Therapie zu verpflichten (Beschluss des SG vom 20.5.2010 - S 4 KR 1566/10 ER). Das SG hat den Bescheid vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2010 aufgehoben und die Beklagte "verurteilt, die Kosten für eine intravenöse Immunglobulintherapie zu übernehmen" (Urteil vom 3.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Klage habe sich für die Vergangenheit durch die Gewährung der Sachleistung aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG erledigt. Ein auf die Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Anspruch scheide wegen der Vorwegnahme der Hauptsache aus. Die Klägerin habe auch für die Zukunft einen Anspruch auf Kostenübernahme für diese Behandlung. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf ambulante vertragsärztliche Versorgung seien zwar nicht erfüllt. Intratect besitze keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin. Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV seien ebenfalls nicht erfüllt. Es bestehe aufgrund der Datenlage keine begründete Aussicht, mit Intratect einen Behandlungserfolg zu erzielen. Es lägen keine randomisiert-kontrollierten klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der IVIG-Therapie bei SLE mit Urtikaria-Vaskulitis vor. Mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf die streitige Behandlung mit Immunglobulinen unter dem Gesichtspunkt einer ambulanten Pharmakotherapie. Ein aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus verfassungskonformer Auslegung des Leistungsrechts sich ergebender Leistungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Die Klägerin leide nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung. Der Anspruch auf die intravenöse Immunglobulintherapie ergebe sich für die Zeit ab Rechtskraft des Urteils des SG aber aus §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V als Anspruch auf teilstationäre Krankenhausbehandlung. Zwar sei die Behandlungsmethode auch im stationären Bereich als "neu" anzusehen, das fehlende Urteil des GBA stehe dem Anspruch jedoch nicht entgegen. Die neue Behandlungsmethode der intravenösen Immunglobulintherapie biete das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative; ihre Anwendung erfolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst (Urteil vom 17.11.2015).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 86b Abs 2 SGG sowie der §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 und 137c Abs 3 SGB V und macht eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes geltend.

4

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist unbegründet (dazu 2.). Die Klägerin hatte und hat keinen Anspruch auf IVIG.

8

1. Die erhobene Klage ist zulässig. Statthafte Klageart für das Begehren der Klägerin ist für vergangene Zeiträume die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Ihr Ziel ist nicht nur die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in der Hauptsache. Vielmehr will sie den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der aufgrund einstweiliger Verfügung vorläufig erbrachten Sachleistungen feststellen lassen (vgl dazu BSGE 118, 40 = SozR 4-2500 § 51 Nr 3, RdNr 9; BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 10/16 R - RdNr 9, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Entgegen der Auffassung des LSG hat sich die Klage nicht "erledigt". Denn die Klägerin erhielt aufgrund des SG-Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz von der Beklagten vorläufig Sachleistungen. Bei einem Unterliegen im Hauptsacheverfahren kommt eine Erstattung der erbrachten Sachleistungen in Geld nach § 50 Abs 2 iVm § 50 Abs 1 S 2 SGB X und/oder ein Schadensersatzanspruch nach § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 945 ZPO in Betracht(vgl nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 86b RdNr 22, 49 mwN). Hieran ändert die "Vorwegnahme der Hauptsache" durch die im SG-Beschluss ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung der Sachleistung nichts. Eine "echte" Vorwegnahme der Hauptsache, die keiner Korrektur für die Vergangenheit mehr zugänglich ist und allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen kann, enthält der SG-Beschluss nicht. Auch bei einer Verpflichtung zu einer Sachleistung ist die Maßnahme in der Regel für die Vergangenheit korrigierbar (Keller, aaO, RdNr 31). Dies ergibt sich schon aus § 50 Abs 1 S 2 SGB X, der bei Sachleistungen, die nicht herausgegeben werden können(Lang/Waschull in Lehr- und Praxiskommentar SGB X, 4. Aufl 2016, § 50 RdNr 27), eine Erstattung in Geld vorsieht. Dies begründet auch das Feststellungsinteresse der Klägerin. Ob eine Erstattung oder ein Schadensersatzanspruch im Einzelfall geltend gemacht wird, besteht und durchsetzbar ist, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung.

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Da die IVIG-Behandlung der Klägerin noch andauert, ist für die Zukunft eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)richtige Klageart.

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2. Die Revision ist begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten einer ambulanten IVIG-Behandlung der Klägerin zu übernehmen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Intratect im Rahmen ambulanter Behandlung der Urtikariavaskulitis bei SLE. Das Fertigarzneimittel Intratect besitzt weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der bei der Klägerin bestehenden Krankheit (dazu a) noch besteht Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu b). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus einem bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch(dazu c). Ein Seltenheitsfall liegt nicht vor (dazu d). Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode beanspruchen (dazu e). Ein Anspruch auf IVIG als teilstationäre Leistung scheidet schon wegen des Vorrangs ambulanter Leistungen aus; der Umstand, dass die Klägerin durch eine Hochschulambulanz behandelt wurde, erweitert ihren Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zu Lasten der GKV nicht (dazu f).

11

a) Die Klägerin kann mangels indikationsbezogener Zulassung von der Beklagten die Behandlung der Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit dem Arzneimittel Intratect zu Lasten der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 iVm § 31 Abs 1 S 1 SGB V nicht beanspruchen. Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 SGB V). Versicherte können Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV grds nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 30/06 R - Juris RdNr 11 = USK 2007-36 - Cannabinol; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 - ADHS/Methylphenidat; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 12 - Avastin). Das begehrte Fertigarzneimittel ist zulassungspflichtig. Weder in Deutschland noch EU-weit liegt die erforderliche Arzneimittelzulassung für eine intravenöse Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet vor, das die Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

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b) Die Klägerin kann eine Versorgung mit Intratect auch im Rahmen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV weder nach § 35c SGB V, der die zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln aufgrund von Empfehlungen des GBA und im Falle von klinischen Studien regelt(dazu aa), noch nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung beanspruchen (dazu bb).

13

aa) Bei der streitigen Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE handelt es sich um keinen durch § 35c Abs 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use. Nach § 92 Abs 1 S 1, S 2 Nr 6 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln. Nach § 91 Abs 6 SGB V sind die Beschlüsse des GBA mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V für die Träger iS des § 91 Abs 1 S 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich. Abschnitt K und Anlage VI der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 18.8.2016, BAnz AT 9.11.2016 B2, mWv 10.11.2016) enthalten Einzelheiten über die "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" und führen Wirkstoffe als verordnungsfähig (Anlage VI zum Abschnitt K der Arzneimittel-Richtlinie A) bzw als nicht verordnungsfähig (Anlage VI Teil B) auf. Die AM-RL nennt hierbei intravenös zu applizierende Immunglobuline bei Urtikariavaskulitis nicht. Es fehlt damit an der erforderlichen expliziten Regelung der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckte Indikation. Auf die Frage einer verzögerten Bearbeitung kommt es insoweit nicht an (vgl § 35c Abs 1 SGB V gegenüber § 135 Abs 1 S 4 SGB V). Eine Verzögerung in der Bearbeitung könnte nur zur Anwendung der allgemeinen Regeln des Off-Label-Use führen (vgl dazu unten, bb), nicht aber zu einer Zulassungsfiktion (BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 15 - BTX/A; vgl ähnlich bereits BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 44).

14

Auch die Voraussetzungen des § 35c Abs 2 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte außerhalb des Anwendungsbereichs des Abs 1 Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt, und der GBA der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Die Klägerin beansprucht die Versorgung indes nicht im Rahmen einer klinischen Studie.

15

bb) Entsprechend der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist. Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

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An einer aufgrund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht fehlt es. Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein (allgemein zur Bedeutung der Phasen-Einteilung vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 20 - Ilomedin) und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sein (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Daran fehlt es. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) kam es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III mit Relevanz für die Erkrankung der Klägerin bislang nicht. Es existieren ausschließlich Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten.

17

c) Die Klägerin hat keinen bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch auf Versorgung mit IVIG (dazu aa). Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V(in Kraft seit 1.1.2012; Art 1 Nr 1 und Art 15 Abs 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983; dazu bb).

18

aa) Nach dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 geben die Grundrechte aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG liegt schon keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung bei der Klägerin vor.

19

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (vgl BVerfGE 140, 229, RdNr 18).

20

bb) Der Gesetzgeber hat demgegenüber im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats die grundrechtsorientierte Auslegung auch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen erstreckt (vgl § 2 Abs 1a SGB V). Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 S 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

21

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. § 2 Abs 1a SGB V enthält nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung zum Geltungsumfang des sog Nikolaus-Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) für das Leistungsrecht der GKV (BT-Drucks 17/6906 S 53). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 30 mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/07 KR R - Juris RdNr 32). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32). Die Erkrankung der Klägerin wird nicht mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tod führen. Nach den Feststellungen des LSG kann die Erkrankung der Klägerin zwar "potentiell lebensgefährlich" sein aufgrund von auftretenden Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr im Rahmen von Urtikaria-Episoden. Mit Hilfe der Medikamente eines von der Klägerin immer mitgeführten und in der Vergangenheit zwei Mal eingesetzten Notfallsets klingen die Beschwerden aber ab. Eine intensiv-medizinische Behandlung ist nicht erforderlich.

22

d) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Seltenheitsfall berufen. Hierzu darf das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (vgl auch BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, RdNr 14 - Leucinose; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Die Urtikariavaskulitis mit SLE ist zwar eine Krankheit, die nach den Feststellungen des LSG weltweit nur sehr selten auftritt - die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen des SLE beträgt nach den Feststellungen des LSG bis 25 pro 100 000 Einwohner, die Urtikariavaskulitis kann in 10 bis 15 % der Patienten mit SLE auftreten. Es ist aber ausgeschlossen, für die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufigkeit einer Erkrankung abzustellen (vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 20). Allein geringe Patientenzahlen stehen einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermöglicht. Das gilt erst recht, wenn - trotz der Seltenheit der Erkrankung - die Krankheitsursache oder Wirkmechanismen der bei ihr auftretenden Symptomatik wissenschaftlich klärungsfähig sind, deren Kenntnis der Verwirklichung eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Ziele der Krankenbehandlung dienen kann(vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass SLE systematisch erforscht ist. Bei der Urtikariavaskulitis erschweren die Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urtikariavaskulitis zwar deren systematische Erforschung, sie machen sie aber nicht unmöglich.

23

e) Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Behandlungsmethode beanspruchen. Denn die Therapie ist im Rechtssinne keine neue Behandlungsmethode, sondern betrifft lediglich den zulassungsfremden Einsatz eines Arzneimittels. Eine Krankenbehandlung, bei der dem Versicherten ein Fertigarzneimittel bestimmungsgemäß in einem besonderen Verfahren verabreicht wird, darf auf Kosten der GKV grundsätzlich nur erfolgen, wenn das Medikament über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfügt und wenn der GBA - soweit erforderlich - in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode nach § 135 Abs 1 SGB V ausgesprochen hat(BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1; BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 10 ff). Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 15 mwN). Eine Methode ist "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl zum Merkmal "neu" BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Zudem gelten als "neue” Methoden oder Methodenteile solche Leistungen, die zwar als ärztliche Leistungen im EBM-Ä aufgeführt sind, deren Indikation aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren hat (vgl BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 20 mwN). Erschöpft sich dagegen eine Behandlungsmethode in der Anwendung eines für die betreffende Indikation arzneimittelrechtlich zugelassenen neuartigen Fertigarzneimittels, bedarf sie keiner Empfehlung des GBA, weil sie kraft der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Leistungsbestandteil der GKV gilt (vgl BSGE 86, 54, 60 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14). Therapieinnovationen, die durch die Ausgestaltung des EBM-Ä bereits erfasst sind, bedürfen nicht erst einer Empfehlung des GBA, sondern sind ohne weiteres Teil des Leistungskatalogs, soweit sie den Qualitätsanforderungen der GKV genügen. Dies gilt auch für Innovationen, die sich bei gleicher Applikationsform auf die Gabe neu zugelassener Fertigarzneimittel im Indikationsbereich beschränken (vgl zum Ganzen Hauck, NZS 2007, 461, 463).

24

So liegt es hier. Die intravenöse Applikation von Arzneimitteln durch Injektionen in den menschlichen Körper ist als wissenschaftliches Konzept schon lange bekannt und als solche im EBM-Ä abgebildet (vgl generell BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 21). Gleiches gilt für die Kombination einer Infusion mit einer vorangegangenen Blutabnahme, einer ärztlichen Beratung und der an die Infusion anschließenden Überwachung. Das Immunglobulin verfügt aber weder über eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die betroffene Indikation, noch besteht - wie dargelegt - Anspruch auf seine Gabe außerhalb der Indikation, für die die arzneimittelrechtliche Zulassung besteht.

25

f) Ein Anspruch der Klägerin auf IVIG besteht schließlich auch nicht im Rahmen einer teilstationären Krankenhausbehandlung nach §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V. Teilstationäre Behandlung unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 12, auch für BSGE vorgesehen). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung erfolgt unter den üblichen Voraussetzungen der Krankenhauspflege (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 13, auch für BSGE vorgesehen). Teilstationäre Krankenhausversorgung dient aber weder dazu, arzneimittelrechtliche Grenzen - außerhalb der hier nicht betroffenen Sonderregelungen für Arzneimittelstudien - zu überspielen (dazu aa), noch bei ambulant möglicher Behandlung deren Zugangshürden durch ein Ausweichen auf diese Form der Krankenhausbehandlung zu umgehen (dazu bb).

26

aa) Die vom erkennenden Senat entwickelte Rechtsprechung zu den Grundlagen und Grenzen des Anspruchs auf Arzneimittelversorgung gilt nicht nur für den Bereich der vertragsärztlichen, sondern in gleicher Weise für den Bereich der stationären Versorgung. Wie oben dargelegt können Versicherte Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V)dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 AMG) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt. Der Schutz Versicherter durch das materielle Arzneimittelzulassungsrecht macht nicht vor dem Krankenhaus Halt. Die Patienten in stationärer Behandlung sind nicht weniger schutzbedürftig als jene in vertragsärztlicher Versorgung. Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe (vgl zum Ganzen Hauck, MedR 2010, 226, 229 unter II. 1. c). Dementsprechend erlaubt auch teilstationäre Krankenhausbehandlung keine weitergehenden Ausnahmen für den Anspruch Versicherter auf betroffene Arzneimittelversorgung. Aus der Regelung des § 137c Abs 3 SGB V ergibt sich - ungeachtet deren Reichweite und ihres Anwendungsbereichs - vorliegend nichts Abweichendes. Denn - wie dargelegt - geht es im Kern um den Anspruch auf die zulassungsüberschreitende Arzneimittelversorgung, nicht um eine Arzneimittelapplikationsform im Sinne einer Behandlungsmethode.

27

bb) Auch bei teilstationärer Behandlung muss im Übrigen jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 19 ff, auch für BSGE vorgesehen). Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V besteht Anspruch auf vollstationäre Behandlung nur, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Damit ist die vollstationäre Krankenhausbehandlung nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung. Der Nachrang der vollstationären Behandlung trägt deren Bedeutung als medizinisch intensivster und aufwendigster Form der Krankenbehandlung Rechnung und stellt eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V) dar. Der Nachrang gegenüber der ambulanten Versorgung - einschließlich der vor- und nachstationären Behandlung - gilt als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots auch ohne ausdrückliche Erwähnung in § 39 Abs 1 S 2 SGB V für die teilstationäre Behandlung als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung(BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 14, auch für BSGE vorgesehen). Daher ist auch die teilstationäre Behandlung nachrangig gegenüber allen Formen der ambulanten Versorgung (BSG aaO). Dementsprechend regelt § 2 Abs 4 S 1 der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Krankenhausbehandlung(Krankenhauseinweisungs-Richtlinie/KE-RL, in der Neufassung vom 22.1.2015, BAnz AT 29.4.2015 B2 vom 29.4.2015), dass teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus zulässig ist, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch die zuständige Ärztin oder den zuständigen Arzt des Krankenhauses erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

28

Eine teilstationäre Behandlung war nicht in diesem Sinn erforderlich. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18 ff; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (BSGE 59, 116, 117 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 28; BSGE 83, 254, 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre oder teilstationäre Behandlung.

29

Ob einem Versicherten voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich dabei allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 23). Die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung ist nicht schon wegen des Fehlens einer positiven Empfehlung des GBA zu verneinen oder deshalb zu bejahen, weil der GBA kein Negativvotum nach § 137c SGB V ausgesprochen hat, die Behandlung das Potential einer Behandlungsalternative bietet und der GBA die Methode für die vertragsärztliche Behandlung nicht empfohlen hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19; vgl zu Ausnahmefällen auch Hauck, NZS 2007, 461, 464, bei Fn 43 und 44 mwN). In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 19 mwN; BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 28 und 37 f mwN).

30

Hieran fehlt es. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG kann IVIG ambulant erfolgen. Es handelt sich um eine Infusionsbehandlung mit den oben genannten Begleitmaßnahmen, die ein Vertragsarzt durchführen kann. Dementsprechend hat auch die Immunologische Ambulanz des Universitäts-Klinikums H. für die Klägerin eine ambulante Immunglobulin-Therapie beantragt und nach entsprechender einstweiliger Verpflichtung der Beklagten als solche in der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums durchgeführt und abgerechnet, wie der vom LSG in Bezug genommene Akteninhalt ergibt. Das LSG hat nicht etwa festgestellt, dass die Behandlung die besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordere. Davon ist auch in keiner ärztlichen Stellungnahme die Rede. Der Rechtsauffassung des LSG, es könne die Therapie (dennoch) als teilstationäre Behandlung qualifizieren, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Die Behandlung der Klägerin erfolgte in einer Hochschulambulanz (§ 117 SGB V). § 117 SGB V eröffnet den Hochschulambulanzen den Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung, um die universitäre Forschung und Lehre zu unterstützen(vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; zu § 117 Abs 2 SGB V: BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35). Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 26 - BTX/A). Sie sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Krankenhausbehandlung (vgl rechtsähnlich zu Leistungen ermächtigter Krankenhausärzte nach § 116 SGB V BSG SozR 4-2500 § 129a Nr 1 RdNr 20). Die Rüge der Beklagten, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG) verletzt, geht insoweit ins Leere.

31

Die Behandlung der Klägerin durch Ärzte der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums kann auch nach allgemeinen Grundsätzen (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 25 f - BTX/A)keinen anderen Versorgungsanspruch begründen als den, der ihr zugestanden hätte, wenn sie sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begeben hätte.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Verschreibung muss enthalten:

1.
Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen, tierärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person) einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme,
2.
Datum der Ausfertigung oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, das Datum der qualifizierten elektronischen Signatur,
3.
Name und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
4.
Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke,
4a.
bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem eine Teilmenge abgegeben werden soll, sowie eine Gebrauchsanweisung; einer Gebrauchsanweisung bedarf es nicht, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird;
5.
Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 oder Nummer 4a nicht eindeutig ist,
6.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels,
6a.
sofern das Arzneimittel zur wiederholten Abgabe auf dieselbe Verschreibung bestimmt sein soll, einen Vermerk mit der Anzahl der Wiederholungen,
7.
die Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird,
8.
Gültigkeitsdauer der Verschreibung,
9.
bei tierärztlichen Verschreibungen zusätzlich
a)
die Dosierung pro Tier und Tag,
b)
die Dauer der Anwendung und
c)
sofern das Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren verschrieben wird, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Indikation und die Wartezeit,
sowie anstelle der Angaben nach Nummer 3 der Name des Tierhalters und Zahl und Art der Tiere, bei denen das Arzneimittel angewendet werden soll, sowie bei Verschreibungen für Tiere, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, die Identität der Tiere,
10.
die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur.

(1a) Den aus Deutschland stammenden ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibungen sind entsprechende Verschreibungen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und aus der Schweiz gleichgestellt, sofern diese die Angaben nach Absatz 1 aufweisen und dadurch ihre Authentizität und ihre Ausstellung durch eine dazu berechtigte ärztliche oder zahnärztliche Person nachweisen. Die Regelungen des § 3a sowie der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung bleiben unberührt.

(1b) Eine ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung, die zu dem Zweck ausgestellt wird, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz eingelöst zu werden, hat folgende Angaben zu enthalten:

1.
Name, Vorname und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,
2.
Datum der Ausfertigung,
3.
Name, Vorname sowie eine die berufliche Qualifikation erkennen lassende Berufsbezeichnung der verschreibenden ärztlichen oder zahnärztlichen Person (verschreibende Person),
4.
Anschrift der verschreibenden Person einschließlich der Bezeichnung des Mitgliedstaates, ihrer Telefon- oder Telefaxnummer unter Angabe der Ländervorwahl und ihrer E-Mail-Adresse,
5.
handschriftliche oder digitale Unterschrift der verschreibenden Person je nach Medium der Verschreibung,
6.
die nach Artikel 1 Nummer 21 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Richtlinie 2012/26/EU (ABl. L 299 vom 27.10.2012, S. 1) geändert worden ist, gebräuchliche Bezeichnung des Arzneimittels (internationaler Freiname); die Bezeichnung eines Fertigarzneimittels darf verwendet werden, wenn
a)
das verschriebene Arzneimittel ein biologisches Arzneimittel nach Nummer 3.2.1.1. Buchstabe b des Anhangs I Teil 1 der Richtlinie 2001/83/EG ist oder
b)
die verschreibende Person es für medizinisch erforderlich hält; in diesem Fall hat die Verschreibung eine kurze Begründung für die Verwendung der Fertigarzneimittelbezeichnung zu enthalten,
7.
abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels, seine Wirkstärke im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG und die Darreichungsform,
8.
Dosierung.

(2) Ist die Verschreibung für den Praxisbedarf einer verschreibenden Person, für ein Krankenhaus, für Einrichtungen oder Teileinheiten von Einrichtungen des Rettungsdienstes, für Bordapotheken von Luftfahrzeugen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 4. März 1970 (BGBl. I S. 262), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 29. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1894) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, für eine Tierklinik oder einen Zoo bestimmt, so genügt an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3, 7 und 9 ein entsprechender Vermerk.

(3) In die Verschreibung eines Arzneimittels, das zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs zugelassen ist und das nur in einer Einrichtung im Sinne des § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes angewendet werden darf, ist an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Nr. 3 ein entsprechender Vermerk zu setzen.

(3a) Bei Arzneimitteln, die den Wirkstoff Esketamin enthalten und die zur intranasalen Anwendung bestimmt sind, ist auf der Verschreibung durch die verschreibende Person zu vermerken, dass das Arzneimittel nicht an die Patientin oder den Patienten, sondern nur an die Arztpraxis oder die Klinik, der die verschreibende Person angehört, abgegeben werden darf. Fehlt auf der Verschreibung der Vermerk nach Satz 1, so kann der Apotheker oder die Apothekerin die Verschreibung um die Angaben nach Satz 1 ergänzen, wenn nach den für ihn oder sie erkennbaren Umständen ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht mit zumutbarem Aufwand möglich ist.

(4) Fehlt bei Arzneimitteln in abgabefertigen Packungen die Angabe der Menge des verschriebenen Arzneimittels, so gilt die kleinste Packung als verschrieben.

(5) Fehlt die Angabe der Gültigkeitsdauer, so gilt die Verschreibung drei Monate.

(6) Fehlt das Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, oder fehlen Angaben nach Absatz 1 Nummer 2, nach Nummer 5, zur Gebrauchsanweisung nach Nummer 4a oder zur Dosierung nach Nummer 7, so kann der Apotheker, wenn ein dringender Fall vorliegt und eine Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht möglich ist, die Verschreibung insoweit ergänzen.

(6a) Fehlt der Vorname der verschreibenden Person oder deren Telefonnummer zur Kontaktaufnahme oder der Hinweis in der Verschreibung auf einen Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine schriftliche Dosierungsanweisung nach Absatz 1 Nummer 7, so kann der Apotheker auch ohne Rücksprache mit der verschreibenden Person die Verschreibung insoweit ergänzen, wenn ihm diese Angaben zweifelsfrei bekannt sind.

(7) Ist die Verschreibung eines Arzneimittels für ein Krankenhaus bestimmt, in dem zur Übermittlung derselben ein System zur Datenübertragung vorhanden ist, das die Verschreibung durch eine befugte verschreibende Person sicherstellt, so genügt an Stelle der eigenhändigen Unterschrift nach Absatz 1 Nr. 10 die Namenswiedergabe der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, ein geeignetes elektronisches Identifikationsverfahren.

(8) Ist die Verschreibung für ein Krankenhaus bestimmt, kann sie auch ausschließlich mit Hilfe eines Telefaxgerätes übermittelt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. August 2014 geändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 70 502,35 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Abrechnungsbetrag in Höhe von 70 502,35 Euro, den die beklagte Krankenkasse von dem klagenden Inhaber der F.-Apotheke in D. zurückfordern will.

2

In dieser Apotheke werden seit vielen Jahren anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen hergestellt, die aufgrund einer Absprache nach § 11 Abs 2 Apothekengesetz (ApoG) unmittelbar an eine in demselben Gebäude betriebene onkologische Praxis abgegeben werden. Dort werden sie den Versicherten durch die behandelnden Ärzte verabreicht.

3

Im Juli 2013 schrieb die Beklagte 23 Gebietslose für den Abschluss von Verträgen nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V zur Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten öffentlich aus. Der Kläger erhielt für die F.-Apotheke keinen Zuschlag. Die Beklagte bat die onkologische Arztpraxis im November 2013, ab 1.12.2013 parenterale zytostatische Zubereitungen nur noch bei der konkret bezeichneten Apotheke in M. zu bestellen, die für das Gebietslos in D. den Zuschlag erhalten habe. Den Kläger wies sie darauf hin, dass zukünftig nur die Apotheken Vergütungen für parenterale Zubereitungen erhalten könnten, die im Ausschreibungsverfahren den Zuschlag erhalten hätten.

4

Der Kläger stellte dennoch weiterhin parenterale onkologische Zubereitungen auf Anforderung der onkologischen Praxis her. In der Zeit vom 5. bis 30.12.2013 belieferte er die Praxis auf der Basis von 149 ärztlichen Verordnungen für 38 Versicherte der Beklagten und berechnete ihr dafür 70 502,35 Euro. Die Versicherten hatten jeweils eine unter dem Briefkopf der onkologischen Praxis vorformulierte Erklärung zur Ausübung des Apothekenwahlrechts gemäß § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V unterzeichnet, in der sie als eine von mehreren vorformulierten Alternativen angekreuzt hatten, sich von der bislang mit der onkologischen Praxis nach § 11 Abs 2 ApoG kooperierenden Apotheke des Klägers versorgen lassen zu wollen, soweit sie im Rahmen einer onkologischen Therapie individuell herzustellende parenterale Zubereitungen benötigten.

5

Die Beklagte beanstandete die Abrechnungen des Klägers für den Monat Dezember 2013 (Schreiben vom 14.2.2014) und setzte den Betrag am 16.5.2014 in voller Höhe von einer weiteren Rechnung des Klägers ab. In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren einigten sich die Beteiligten vorläufig darauf, dass die Beklagte die Zahlungen jeden dritten Monat retaxiere, die für Dezember 2013 abgesetzte Summe in Höhe von 70 502,35 Euro jedoch vorläufig wieder zur Auszahlung bringe.

6

Der Kläger änderte seine zunächst auf Zahlung gerichtete Klage nach der vorläufigen Rückauszahlung in eine Klage auf Feststellung, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des vorläufig erneut zur Auszahlung gebrachten Betrages in Höhe von 70 502,35 Euro für im Dezember 2013 vom Kläger gelieferte und abgerechnete parenterale, onkologische Zubereitungen hat. Er hat vorgetragen, die belieferten Ärzte der onkologischen Praxis entschieden anlässlich eines Patiententermins über die Durchführung der Therapie und gäben die Herstellung der jeweils benötigten Zubereitung körpergewichtsadaptiert und nach einer sofort ausgewerteten Blutuntersuchung und ggf auch körperlichen Untersuchung bei ihm in Auftrag. Er könne diese in der Regel innerhalb von 30 Minuten ausliefern. Diese "ad hoc"-Zubereitungen ermöglichten schnelle Änderungen der zunächst vorgesehenen Therapie, zu denen es nach seiner eigenen Auswertung in knapp 20 % der Fälle gekommen sei.

7

Die Beklagte hat ausgeführt, eine generell praktizierte "ad hoc"-Zubereitung von Zytostatika sei ihr nicht bekannt. Im Regelfall stelle der behandelnde Arzt einen ärztlichen Therapieplan auf, in dem die Pharmakotherapie sowie die Arzttermine für die Infusionen im Voraus festgelegt würden. Im Falle einer Kooperation zwischen dem behandelnden Arzt und einer Apotheke nach § 11 Abs 2 ApoG könne diese die onkologische Zubereitung auf der Grundlage des Therapieplans rechtzeitig zum Applikationstermin in die Arztpraxis liefern. Eine "ad hoc"-Belieferung sei nur in Ausnahmefällen bzw bei speziellen Indikationen erforderlich. In diesen Fällen werde die Zubereitung auf Abruf vorbestellt und nach Kenntnis der erforderlichen Untersuchungsergebnisse tatsächlich angefordert. Hierfür sei in den Ausschreibungsbedingungen eine Lieferfrist von 45 Minuten ab Abruf vorgegeben. Die Quote der "ad hoc"-Belieferung sei sehr niedrig.

8

Das SG hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 29.8.2014) und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe die Vergütung von ihm hergestellter parenteraler onkologischer Zubereitungen für den Monat Dezember 2013 für die bei der Beklagten Versicherten zu, weil diese ihr Apothekenwahlrecht gemäß § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V wirksam zu Gunsten des Klägers ausgeübt hätten. Durch den Vertrag nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V zwischen der Beklagten und der Apotheke in M., die im Ausschreibungsverfahren den Zuschlag erhalten habe, könne weder das Apothekenwahlrecht der Versicherten beschnitten, noch der Vergütungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten ausgeschlossen werden. Das Leistungsrecht des SGB V werde von dem Grundsatz bestimmt, dass die Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern frei wählen könnten. Dies betreffe nicht nur die freie Arztwahl nach § 76 SGB V, sondern darüber hinaus alle zugelassenen Krankenhäuser, Einrichtungen, Heil- und Hilfsmittelerbringer. Wegen dieses durchgreifenden Prinzips müsse das Apothekenwahlrecht nach § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V auch dann gelten, wenn die Krankenkasse die Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten durch entsprechende Verträge nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V sichergestellt habe. In den Gesetzesmaterialien sei ausdrücklich ausgeführt, dass das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheken erhalten bleibe (BT-Drucks 16/3100 S 142). Schließlich werde das Apothekenwahlrecht nicht durch die Regelung des § 11 Abs 2 ApoG eingeschränkt, nach der der Apotheker Zytostatikazubereitungen unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben dürfe. Im Ausschreibungsverfahren sei die Beklagte selbst davon ausgegangen, dass das Apothekenwahlrecht der Versicherten gemäß § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V unberührt bleibe. Die 38 Versicherten der Beklagten hätten von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Das Verhalten des Klägers im Zusammenspiel mit der onkologischen Praxis sei nicht zu beanstanden, denn die Wahl der Apotheke des Klägers liege im Interesse der hier betroffenen Versicherten. Deren Zytostatikazubereitungen könnten aufgrund der räumlichen Nähe zu der onkologischen Praxis auch bei Dosierungsänderungen schnell und sicher geliefert werden. Die nach dem Ausschreibungsverfahren allein versorgungsberechtigte Apotheke könne demgegenüber die vorgesehene Belieferung innerhalb von 45 Minuten (§ 3 Abs 6 des Rahmenvertrags für die Ausschreibung der Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie gemäß § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V) nicht sicherstellen. Zudem pflege der Kläger nach seinen Angaben intensiven Kontakt zu den Versicherten auch im Hinblick auf die Begleitmedikation und erörtere mit ihnen Fragen im Zusammenhang mit der Ernährung und Behandlung.

9

Die Beklagte macht mit der Sprungrevision eine Verletzung des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V und des § 11 Abs 2 ApoG geltend. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollten die toxischen und gesundheitsschädigenden onkologischen Zubereitungen den Patienten nicht ausgehändigt, sondern aufgrund einer Absprache nach § 11 Abs 2 ApoG zwischen Arzt und Apotheker direkt in die Praxis geliefert und dort verabreicht werden. Deshalb komme das Apothekenwahlrecht der Versicherten regelmäßig nicht zur Anwendung, wenn die Versorgung mit Zystostatikazubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten durch Selektivverträge nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V, § 11 Abs 2 ApoG sichergestellt werde. Vergleichbar mit der Arzneimittelversorgung im Rahmen einer stationären Behandlung hätten die Versicherten auch in diesem Fall kein schutzwürdiges Interesse an der Auswahl einer bestimmten Apotheke. Jedenfalls aber könne das Apothekenwahlrecht nicht gegenüber dem Vertragsarzt auf dessen vorbereiteten Formularen ausgeübt werden. Ein solches "Kombinationsmodell" aus Regelversorgung und Direktbelieferung nach § 11 Abs 2 ApoG, in dem der Vertragsarzt als "Mittler" zwischen Versichertem und Apotheke agiere, sei mit der strengen Trennung der Leistungsbereiche von Arzt und Apotheker nach § 11 Abs 1 ApoG nicht vereinbar. Das Verhalten der onkologischen Praxis stelle eine berufsrechtswidrige Empfehlung einer Apotheke dar, die zudem evident gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße. Ein Vertragsarzt sei nach der Rechtsprechung des für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senats des BSG verpflichtet, die kostengünstigere Bezugsvariante zu wählen.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29.8.2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er macht sich die Begründung des SG zu eigen und führt ergänzend aus, durch die "ad hoc"-Bestellungen komme es nicht zu Stornierungen vorbestellter Zubereitungen. Dies sei für die Kassen mit einer "Einsparungsquote" von etwa 18 % verbunden. Die Belieferung durch die 49,8 km entfernt liegende Vertragsapotheke in M. sei mit der Therapiesicherheit nicht zu vereinbaren, da nach der Fachinformation beispielsweise für den Wirkstoff Melphalan die Dauer von der Herstellung bis zur Beendigung der Infusion nicht mehr als 1,5 Stunden betragen solle. Der Kläger beruft sich zudem auf ein Schreiben des Regierungspräsidiums als Aufsichtsbehörde, nach dem Apotheken zur Belieferung von Kassenrezepten verpflichtet seien, und Krankenkassen diese gesetzliche Verpflichtung weder durch Rabattverträge noch durch Ausschreibungen aushebeln könnten. Schließlich nimmt er auf eine Stellungnahme der Landesapothekerkammer Bezug, die aufgrund des Kontrahierungszwangs von einer Lieferpflicht aller Apotheker ausgehe, auch der, die nicht an der Ausschreibung teilgenommen hätten, und bei Zuwiderhandeln das Risiko einer Zwangsfestsetzung durch die Überwachungsbehörde sehe.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist begründet, denn die Beklagte hat Anspruch auf Rückerstattung des vorläufig erneut zur Auszahlung gebrachten Betrages in Höhe von 70 502,35 Euro für die im Dezember 2013 vom Kläger an die onkologische Praxis gelieferten und abgerechneten parenteralen onkologischen Zubereitungen für Versicherte der Beklagten. Die vom Kläger darauf bezogene negative Feststellungsklage war daher abzuweisen, denn sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

14

1. Nach der Retaxierung des Zahlungsbetrages seitens der Beklagten hatte der Kläger zunächst eine auf Zahlung gerichtete Klage erhoben. Grundsätzlich können Leistungserbringer ihre Zahlungsansprüche im Wege der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend machen, denn es handelt sich dabei um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, ein Vorverfahren nicht durchzuführen und eine Klagefrist nicht einzuhalten ist (vgl zB BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 20; für Apotheken: BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 1 bis 9 sowie SozR 4-2500 § 129a Nr 1 jeweils mwN). Nachdem die Beklagte zur Beilegung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dem Kläger die streitige Summe vorläufig wieder ausgezahlt hatte, und der Kläger daher seine Rechte nicht weiter im Wege der Leistungsklage verfolgen konnte, war die Umstellung auf eine negative Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Eine Klageänderung liegt darin nicht (§ 99 Abs 3 Nr 2 SGG). Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der negativen Feststellung, weil die Beklagte die streitige Summe im Falle eines für sie günstigen Ausgangs des vorliegenden Hauptsacheverfahrens zeitnah von einer der nächsten Rechnungen des Klägers einbehalten wird. Es ist weder prozessökonomisch noch dem Kläger zumutbar, zunächst eine erneute Retaxierung der Summe durch die Beklagte abzuwarten, um dagegen im Wege der Leistungsklage vorgehen zu können. Es ist auch anzunehmen, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt ist.

15

2. Der Beklagten steht für die im Dezember 2013 vom Kläger an die onkologische Praxis gelieferten und abgerechneten parenteralen onkologischen Zubereitungen für ihre Versicherten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu; sie kann die insoweit ohne Rechtsgrund erfolgte Zahlung zurückfordern oder im Wege der Aufrechnung von einer späteren Rechnung absetzen (retaxieren), soweit sie dabei die hierfür vorgesehenen vertraglichen Vereinbarungen einhält (§ 16 des Arzneimittellieferungsvertrag Hessen nach § 129 Abs 5 Satz 1 SGB V in der Fassung vom 1.4.2008; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 mwN).

16

Dem Kläger steht für die Belieferung der onkologischen Praxis mit parenteralen onkologischen Zubereitungen kein Vergütungsanspruch (hierzu a) und auch kein Anspruch auf Wertersatz oder Erstattung der Kosten der Warenbeschaffung oder der "Sowiesokosten" zu (hierzu b).

17

a) Der Kläger war zur Belieferung der onkologischen Praxis mit parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten nicht berechtigt. Er erfüllte daher keine öffentlich-rechtliche Leistungspflicht. Der Vergütungsanspruch für vom Kläger abgegebene Arzneimittel ergibt sich grundsätzlich aus § 129 SGB V in Verbindung mit dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs 2 SGB V in der Fassung vom 15.6.2012 sowie dem ALV Hessen; für die hier streitigen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zudem aus der Anlage 3 zur Hilfstaxe in der seit dem 1.3.2012 anwendbaren Fassung.

18

Die Voraussetzungen für das Entstehen eines solchen öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruchs lagen für die streitgegenständliche Forderung jedoch nicht vor, weil die Beklagte nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V berechtigt war, mit einer Apotheke einen Exklusivliefervertrag im Wege eines Ausschreibungsverfahrens abzuschließen und von diesem Recht Gebrauch gemacht hat (hierzu aa)). Dem stehen weder verfassungsrechtliche Bedenken (hierzu bb)), noch der Kontrahierungszwang nach § 17 Abs 4 Apothekenbetriebsordnung (hierzu cc)) oder das Apothekenwahlrecht der Versicherten nach § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V (hierzu dd)) entgegen. Aufgrund dieses Exklusivliefervertrags durfte die onkologische Praxis parenterale, onkologische Zubereitungen für die Versicherten der Beklagten grundsätzlich nur noch von der M. Apotheke beziehen, die die Ausschreibung gewonnen hat, und der Kläger durfte diese Leistungen nicht mehr zu Lasten der Beklagten erbringen (hierzu ee)). Datenschutzrechtliche Bestimmungen werden dadurch nicht verletzt (hierzu ff)).

19

aa) Nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V kann die Krankenkasse die Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten durch Verträge mit Apotheken sicherstellen; dabei können Abschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens und die Preise und Preisspannen der Apotheken vereinbart werden.

20

Soweit die Krankenkasse von dieser Berechtigung Gebrauch macht und zur Sicherstellung der Versorgung ihrer Versicherten mit parenteralen onkologischen Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten Verträge mit Apotheken schließt, können hiervon abweichende Regelungen des Rahmenvertrags nach § 129 Abs 2 SGB V und der ergänzenden Verträge nach § 129 Abs 5 Satz 1 SGB V keine Anwendung mehr finden. Für die vertragsschließenden Parteien ergibt sich dies ohne weiteres aus dem Grundsatz des Vorrangs der spezielleren Regelung. Die Regelungen des Rahmenvertrags werden in diesem Spezialbereich durch speziellere Regelungen in dem Einzelvertrag verdrängt. Speziellere Regelungen finden sich insbesondere in den Abschlägen auf die ansonsten geltenden Preise. Für alle übrigen Arzneimittel und anderen Anwendungssituationen verbleibt es - auch zwischen der vertragsschließenden Apotheke und der Beklagten - bei den Regelungen des Rahmenvertrags.

21

Für die anderen Apotheken und im Verhältnis zu den übrigen Krankenkassen verbleibt es zwar grundsätzlich bei der Anwendbarkeit der Regelungen des Rahmenvertrags nach § 129 Abs 2 SGB V einschließlich der ergänzenden Verträge nach § 129 Abs 5 Satz 1 SGB V und der Anlage 3 zur Hilfstaxe. In dem Umfang, in dem die Leistungserbringung Gegenstand eines Einzelvertrags mit einer bestimmten Apotheke geworden ist, werden die anderen Apotheken jedoch notwendig von der Leistungserbringung zu Lasten der vertragsschließenden Krankenkasse ausgeschlossen. Ihre grundsätzliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung entfällt im Umfang des vorrangigen Einzelvertrags, weil jede Leistung nur einmal erbracht werden kann. Diese Konsequenz ist unausweichlich mit der gesetzlichen Zulassung von Einzelverträgen verbunden. Schließt eine Krankenkasse beispielsweise mit einer Apotheke einen Einzelvertrag über 500 Einzelleistungen, so können die übrigen Apotheken diese 500 Einzelleistungen nicht mehr erbringen. Schließt eine Krankenkasse mit einer Apotheke in einem bestimmten Gebiet einen Exklusivliefervertrag, kann in diesem Gebiet die Versorgung der Versicherten dieser Krankenkasse nur noch durch diese Apotheke erfolgen.

22

Mit der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit zum Abschluss von Einzelverträgen hat der Gesetzgeber den Ausschluss der anderen Apotheken von der Leistungsberechtigung und -verpflichtung bewusst in Kauf genommen. Der Exklusivliefervertrag für ein bestimmtes Gebiet, der alle anderen Leistungserbringer von der Versorgung der Versicherten der vertragsschließenden Krankenkasse in diesem Gebiet ausschließt, gehört inzwischen zu den regelmäßig im Wege einer Ausschreibung vergebenen Leistungserbringungsverträgen. Schon deshalb kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit von Exklusivverträgen im Zusammenhang mit der Einführung der Vorschrift des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V übersehen hat. Aus der Gesetzesbegründung wird darüber hinaus deutlich, dass der Gesetzgeber insbesondere im Bereich der Zytostatikazubereitungen einen Bedarf zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven durch den Abschluss von preisgünstigeren Einzelverträgen gesehen hat. In der Begründung des Fraktionsentwurfs zum Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG - BT-Drucks 16/3100 S 142; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387) ist ausgeführt, dass Apotheken durch die Neuregelung des § 129 Abs 5 SGB V die Möglichkeit erhalten sollten, die auf Landesebene vereinbarten Preise für Arzneimittel, die nicht der Arzneimittelpreisverordnung unterliegen, sowie die auf Bundesebene vereinbarten Höchstpreise für Rezepturarzneimittel bei der Abrechnung mit einer Krankenkasse zu unterschreiten. Soweit eine Direktlieferung an Arztpraxen nach den geltenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes vorgesehen sei, sollten Apotheken und Krankenkassen zur Versorgung von Arztpraxen mit Arzneimitteln Vereinbarungen schließen können. Eine Bindung von Versicherten an eine Apotheke außerhalb von vertraglich vereinbarten Versorgungsformen erfolge gemäß § 11 Abs 1 ApoG nicht. Das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheke bleibe erhalten (BT-Drucks 16/3100 S 142 zu § 129 SGB V; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387). Der ursprünglich sehr weit gefasste Vorschlag zur Neuregelung des § 129 Abs 5 Satz 3 bis 6 SGB V, die ua alle Arzneimittel umfasste, die von Ärzten in der Arztpraxis während der Behandlung angewendet werden(vgl BR-Drucks 755/06 S 79), wurde - weil sich dies nach einer Stellungnahme des Bundesrates (vgl BT-Drucks 16/3950 S 22) nicht durchsetzen konnte (vgl auch BT-Drucks 16/4020 S 5) - aufgrund einer Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 16/4200 S 78) ua auf in Apotheken hergestellte Zytostatika zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten reduziert. In der hierzu ergangenen Begründung wird von einer redaktionellen Anpassung der im Gesetzentwurf vorgesehenen Möglichkeit gesprochen, Preisabschläge für diese spezielle Versorgung zu vereinbaren und dadurch besondere Fallgestaltungen der Versorgung mit Zytostatika-Rezepturen sachgerecht zu berücksichtigen (BT-Drucks 16/4247 S 46 f). Mit dem Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I S 1990 - 2020) wurde in § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V das Wort "Zytostatika" durch die Wörter "parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie" ersetzt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/12256, S 65 zu § 129 SGB V) wird dadurch "erreicht, dass Krankenkassen Versorgungsverträge mit einzelnen Apotheken nicht nur für Zytostatika-Zubereitungen schließen können, sondern auch für andere parenterale Zubereitungen (Infusionen) aus Fertigarzneimitteln, die für onkologische Behandlungen erforderlich sind. Damit können Verträge, insbesondere auch für biotechnologische Fertigarzneimittel, vereinbart werden, die in der Onkologie einen zunehmenden Versorgungsbeitrag erbringen. Der Anteil dieser Zubereitungen wächst jährlich zweistellig". Mit diesem Gesetz wurde auch die Regelung des § 129 Abs 5c SGB V neu eingefügt.

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Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber zur Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven (vgl hierzu BT-Drucks 16/3100 S 142 zu § 129 SGB V; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387) Verträge mit einzelnen Apotheken ermöglichen wollte (so auch Knittel in: Krauskopf, § 129 SGB V, RdNr 16) und sich insbesondere durch die Vereinbarung von Abschlägen auf die nach Anlage 3 zur Hilfstaxe maßgeblichen Preise Einsparungen versprach. Die Durchsetzung des in § 12 Abs 1 SGB V normierten und das gesamte krankenversicherungsrechtliche Leistungs- und Leistungserbringerrecht durchziehenden Wirtschaftlichkeitsgebots ist der Vorschrift damit immanent. Mit einem gegenüber den herkömmlichen Konditionen für den Apotheker wirtschaftlich ungünstigeren Einzelvertrag kann die Versorgung der Versicherten jedoch nur dann "sichergestellt" werden, wenn die Krankenkasse dem Leistungserbringer eines abgegrenzten Versorgungsbereiches einen gewissen Leistungsumfang garantieren kann. Ohne diese Garantie gäbe es für den Apotheker keinen Anreiz, einen Vertrag mit Abschlägen gegenüber den ansonsten geltenden Preisen zu vereinbaren. Die Vorschrift des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V würde leerlaufen. Um den Krankenkassen neben der rechtlichen auch die tatsächliche Möglichkeit einzuräumen, im Verhandlungsweg Abschläge auf die ansonsten geltenden Preise zu erzielen, muss die Krankenkasse deshalb in der Lage sein, die Abnahme einer bestimmten Menge verlässlich zuzusagen. Eine zumindest prinzipielle Exklusivität der Lieferbeziehungen gehört daher zu den Essentialia eines entsprechenden Vertrags, und im Umfang eines solchen Exklusivliefervertrags werden alle anderen Apotheken von der Versorgungsberechtigung zu Lasten der vertragsschließenden Krankenkasse ausgeschlossen (vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 14.10.2010 - L 1 SF 191/10 B - Verg - Juris).

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bb) Dieses Normverständnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Krankenkassen haben grundsätzlich jedem zugelassenen und geeigneten Leistungserbringer die Möglichkeit zur Beteiligung an der Versorgung der Versicherten nach Maßgabe sachgerechter, vorhersehbarer und transparenter Kriterien im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Vorgaben einzuräumen. Zwar steht dabei jedem Leistungserbringer im Rahmen der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben eine Beteiligung offen, solange und soweit das Leistungserbringungsrecht nicht selbst den Zugang zur GKV-Versorgung begrenzt, und Beschränkungen des Zugangs bedürfen einer gesetzlichen Grundlage (vgl BSGE 106, 29 = SozR 4-2500 § 126 Nr 2, RdNr 22 ff). Allerdings bietet § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V für Einzelverträge, die notwendig den Zugang zur Versorgung von Versicherten mit parenteralen Zubereitungen in der Onkologie in einem gewissen Umfang exklusiv einer Einzelapotheke zuweist, hierfür eine hinreichende Rechtsgrundlage, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot gerecht wird. In diesem Rahmen ist es auch im Hinblick auf die durch Art 12 Abs 1 GG garantierte Berufsfreiheit ausreichend, wenn den Leistungserbringern im Wege einer Ausschreibung der Leistung gleicher Zugang zur Leistungserbringung gewährt wird. Art 12 Abs 1 GG gewährt den Leistungserbringern keinen Anspruch auf unveränderte Wettbewerbsbedingungen und Marktverhältnisse. Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an Mitbewerber grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des unterlegenen Bieters berührt (vgl zB BVerfG SozR 4-2500 § 130a Nr 7; BVerfGE 116, 135 <151 f> RdNr 58 ff). Vielmehr sind die Kassen bei der Vergabe von Leistungen an Leistungserbringer europarechtlich zur Ausschreibung der Verträge verpflichtet, gerade um den Leistungserbringern gleichen Zugang zu den Verträgen zu gewähren, soweit den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt ist, Versorgungsverträge mit einzelnen Leistungserbringern, dh selektivvertraglich, zu schließen (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 22.7.2010 - L 21 SF 152/10 Verg - RdNr 71 ff Juris). Eine Ausschreibung kann aber sinnvoll nur erfolgen, wenn die Leistungsmenge - beispielsweise durch die Einräumung eines exklusiven Lieferrechts - hinreichend bestimmbar ist (vgl §§ 97 Abs 6, 98 Nr 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 4 Abs 1 VgV iVm § 3a Nr 4 Abs 1 Satz 2 VOL/A; vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 7.5.2010 - L 1 SF 95/10 B Verg - Juris, RdNr 51).

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cc) Dem steht auch nicht die in § 17 Abs 4 ApBetrO geregelte Pflicht zur unverzüglichen Ausführung einer Arzneimittelverordnung und der damit verbundene Kontrahierungszwang entgegen. Denn das SGB V geht als förmliches Bundesgesetz der als Rechtsverordnung erlassenen ApBetrO grundsätzlich vor. Auf dieser rechtlichen Vorrangigkeit basiert die Regelung des § 17 Abs 5 Satz 1 ApBetrO, nach der die abgegebenen Arzneimittel den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des SGB V zur Arzneimittelversorgung entsprechen müssen. Deshalb tritt der Kontrahierungszwang der Apotheker auch nach der Rechtsprechung des BSG (vgl BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 2, RdNr 27) erst ein, wenn alle gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen für die Abgabe eines Arzneimittels erfüllt sind, soweit sie ein Apotheker zu prüfen hat. Ein Apotheker hat zwar von sich aus nicht die Pflicht zu prüfen, ob eine andere Apotheke mit einer Krankenkasse einen Selektivvertrag geschlossen hat; wird die Apotheke aber - wie hier - von der Krankenkasse über das Bestehen eines solchen Selektivvertrages informiert, wird dadurch der Kontrahierungszwang nach § 17 Abs 4 ApBetrO ausgesetzt. Denn die Versorgung wird nach dem Wortlaut des § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V bei Abschluss eines Einzelvertrags durch diesen "sichergestellt". Ein im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung der Krankenkassen zum Abschluss von Verträgen nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V geschlossener Einzelvertrag geht daher dem Kontrahierungszwang grundsätzlich vor.

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dd) Das Recht der Versicherten, unter den zugelassenen Leistungserbringern frei zu wählen - hier das Apothekenwahlrecht - wird notwendig auf die vertraglich gebundenen Leistungserbringer beschränkt, soweit der Gesetzgeber den Abschluss von Einzelverträgen vorsieht. Insoweit wird nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern regelmäßig dem Wirtschaftlichkeitsgebot der Vorrang vor dem Versichertenwahlrecht eingeräumt (hierzu (1)). In dem besonderen Fall der Direktbelieferung der Arztpraxis mit parenteralen onkologischen Zubereitungen ist zudem ein berechtigtes Interesse der Versicherten an der freien Wahl der Apotheke nicht erkennbar (hierzu (2)). Vielmehr ist der anwendende Arzt zur Absprache mit der Apotheke berechtigt, sodass in diesem Zusammenhang den Versicherten ohnehin kein Wahlrecht zukommt (hierzu (3)). Einer dem § 33 Abs 6 Satz 2 SGB V vergleichbaren gesetzlichen Regelung bedarf es für die Leistung von parenteralen onkologischen Zubereitungen nicht (hierzu (4)).

27

Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das Apothekenwahlrecht der Versicherten hier bereits nach der im Wortlaut des § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V enthaltenen Einschränkung auf solche Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V Geltung hat, nicht eingreift. Wie dargelegt wird der Rahmenvertrag durch einen Einzelvertrag für die vertragsschließenden Parteien verdrängt, soweit er speziellere Regelungen enthält. Für alle übrigen Apotheken wird der Rahmenvertrag jedenfalls insoweit verdrängt, als es zu einem Ausschluss von der Leistungsberechtigung zu Lasten der vertragsschließenden Krankenkasse kommt. Soweit der vorliegende Versorgungsbereich im Streit steht, kann sich der Kläger daher schon nicht auf den Rahmenvertrag berufen.

28

(1) Entgegen der Auffassung des SG gilt die für weite Bereiche des Leistungsrechts geregelte Wahlfreiheit der Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern prinzipiell nicht uneingeschränkt. Vielmehr kann sich das Wahlrecht der Versicherten nach dem Willen des Gesetzgebers regelmäßig nur im Falle besonderer berechtigter Interessen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und/oder gegen Tragung der Mehrkosten durchsetzen. Bereits die freie Arztwahl wird nach § 76 Abs 2 SGB V durch die vom Versicherten zu tragenden Mehrkosten für den Fall eingeschränkt, dass ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächst erreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinischen Versorgungszentren in Anspruch genommen wird(vgl hierzu BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 27/14 R - vorgesehen für SozR 4 - danach sind die erstattungsfähigen Fahrkosten auf Fahrten zum nächsterreichbaren Arzt beschränkt, auch wenn der Versicherte einen Arzt mit weiter entfernt gelegenem Praxissitz wählt). Für die Hilfsmittel bestimmt § 33 Abs 6 SGB V ausdrücklich, dass die Versicherten (nur) Leistungserbringer in Anspruch nehmen können, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Hat die Krankenkasse Verträge nach § 127 Abs 1 SGB V - dh im Wege der Ausschreibung - über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist(§ 33 Abs 6 Satz 2 SGB V). Einen anderen Leistungserbringer können Versicherte davon abweichend nach § 33 Abs 6 Satz 3 SGB V nur wählen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht; dadurch entstehende Mehrkosten haben sie selbst zu tragen. Für den Bereich der Heilmittel ist eine Wahlfreiheit der Versicherten nicht ausdrücklich geregelt. Bei stationären Maßnahmen der Rehabilitation wählt nach § 40 Abs 2 Satz 1 SGB V zunächst die Krankenkasse die Einrichtung aus; ein hiervon abweichendes Wahlrecht wird den Versicherten regelmäßig nur zugestanden, soweit sie die Mehrkosten tragen, allerdings haben sie nicht für Mehrkosten aufzukommen, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 9 SGB IX angemessen sind(§ 40 Abs 2 Satz 2 SGB V). Vergleichbar damit können den Versicherten auch im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs 2 SGB V die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus wählen. Es wird also deutlich, dass das Leistungsrecht des SGB V nicht auf einem uneingeschränkten Grundsatz des freien Wahlrechts der Versicherten bezüglich der Leistungserbringer basiert. Vielmehr ist das Wahlrecht der Versicherten grundsätzlich auf die Vertragspartner der Krankenkasse beschränkt, soweit die Leistungserbringung durch Verträge geregelt wird, und gegenüber dem Wirtschaftlichkeitsgebot genießt das Versichertenwahlrecht regelmäßig nur bei berechtigten Interessen und/oder gegen Tragung der Mehrkosten Vorrang.

29

Zwar wird den Versicherten die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen (zB an der integrierten Versorgung gemäß § 140 Abs 2 SGB V, an Strukturverträgen nach § 73a SGB V, an der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V, an der besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung nach § 73c SGB V) regelmäßig freigestellt, dies beruht aber auf den Besonderheiten dieser Versorgungsformen, die eine Vergleichbarkeit mit dem Wahlrecht der Versicherten in der Regelversorgung ausschließen.

30

(2) Aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Direktbelieferung der Arztpraxis mit parenteralen onkologischen Zubereitungen ist ein berechtigtes Interesse der Versicherten an der freien Wahl der Apotheke nicht erkennbar. Nach § 31 Abs 1 Satz 5 SGB V gilt das Apothekenwahlrecht der Versicherten - entsprechend der Geltung des Rahmenvertrags - grundsätzlich nur in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. In diesem Versorgungsbereich werden Arzneimittel regelmäßig ärztlich verordnet und aufgrund einer solchen Verordnung von einer vom Versicherten frei zu wählenden Apotheke unmittelbar an ihn abgegeben. Der Versicherte kann sich dabei Hinweise und Ratschläge vom Apotheker zu dem Arzneimittel und seiner Einnahme einholen.

31

Demgegenüber haben die Versicherten während einer stationären Behandlung grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wahl der zuliefernden Apotheke. Vielmehr erbringt das Krankenhaus regelmäßig die gesamte Versorgung einheitlich (§ 2 Krankenhausentgeltgesetz), wobei es sich wegen der notwendigen Arzneimittel der Krankenhausapotheke bedient. Dem Versicherten steht die freie Wahl des Krankenhauses, nicht aber der in diesem Rahmen vom Krankenhaus eingesetzten Hilfspersonen oder Dritten (zur Zulässigkeit der vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter § 2 Abs 2 Nr 2 KHEntG) zu. Ein berechtigtes Interesse des Versicherten an der freien Wahl der Apotheke ist während eines Krankenhausaufenthaltes regelmäßig nicht erkennbar, da die behandelnden Ärzte, Therapeuten und Pfleger die fachgerechte Anwendung der Arzneimittel überwachen und den Versicherten als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Soweit sich der Kläger auf das freie Apothekenwahlrecht der Versicherten für vom Krankenhaus ausgestellte Rezepte nach § 39 Abs 1a SGB V beruft, der durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG) vom 16.7.2015 neu eingefügt wurde (BGBl I S 1211, 1213 f), betrifft diese Regelung nicht die Versorgung der Versicherten während des Krankenhausaufenthaltes, sondern die Versorgung für die Zeit unmittelbar nach der Entlassung. Die Situation ist dann mit der (sonstigen) ambulanten Behandlung identisch: Den Versicherten wird das Rezept mitgegeben und die Medikamente werden von ihnen selbständig eingenommen (vgl auch BT-Drucks 18/4095 S 76).

32

Zu einer selbständigen Einnahme der Arzneimittel durch den Versicherten kommt es auch dann nicht, wenn ein Medikament dem Versicherten direkt vom Vertragsarzt während der (ambulanten) Behandlung verabreicht wird. Ein Vertragsarzt muss bestimmte Arznei- und Verbandmittel zur direkten Behandlung durch ihn in seiner Praxis vorrätig halten oder bei Bedarf bestellen. Dazu gehören zB der sogenannte Sprechstundenbedarf, wie Röntgenkontrastmittel, Arzneimittel zur Notfallversorgung uä. Diesbezüglich liegt die Wahl der Bezugsquelle im Rahmen der gesetzlichen Regelungen allein beim Arzt. Eine Zustimmung des Patienten zur Auswahl der zuliefernden Apotheke kennt das Gesetz nicht. Der Versicherte kann nur den Arzt, nicht die ihn beliefernde Apotheke frei wählen. Da der vom Versicherten nach eigenem Vertrauen ausgewählte Arzt die Arzneimittel unmittelbar selbst verabreicht oder anwendet und als Ansprechpartner zur Verfügung steht, ist auch hier ein berechtigtes Interesse der Versicherten an der freien Wahl der Apotheke regelmäßig nicht erkennbar.

33

(3) Das Gleiche gilt für die Versorgung mit parenteralen Zubereitungen in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten. In diesem Bereich sind der anwendende Arzt und der Betreiber einer öffentlichen Apotheke nach § 11 Abs 2 ApoG - in Abweichung von dem grundsätzlichen Verbot von Absprachen zwischen Ärzten und Apothekern nach § 11 Abs 1 ApoG - berechtigt, Absprachen zu treffen, nach denen die anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes hergestellt worden sind, direkt an die Arztpraxis geliefert werden, um sie dort den Patienten durch den Arzt parenteral zu verabreichen. In der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs 2 ApoG wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der erforderlichen besonderen personellen, räumlichen und apparativen Ausstattung nur einzelne Apotheken zur Herstellung dieser Zubereitungen in der Lage seien. Aus Sicherheitsgründen sei eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Abspracheverbot erforderlich, weil die Zytostatikazubereitungen nicht in die Hände der Patienten gelangen sollten (BT-Drucks 14/756 S 5). Es wäre dem behandelnden Arzt auch kaum zumutbar, die Verantwortung für eine Behandlung mit diesen empfindlichen Zubereitungen zu übernehmen, wenn er nicht die vollständige Kontrolle über den Beschaffungsweg, die zwischenzeitlichen Lagerungsbedingungen, einschließlich der Zugriffsmöglichkeiten und des Zeitablaufs hat. Mit einer Absprache nach § 11 Abs 2 ApoG wählt aber gerade der behandelnde Arzt - nicht der Versicherte - den Apotheker aus. Zu dieser Absprache bedarf es weder der Zustimmung des Versicherten, noch kann dieser die Versorgung durch eine andere Apotheke wählen. Der in den Gesetzesmaterialien zu § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V enthaltene Hinweis, dass das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheke erhalten bleibe, kann vor diesem Hintergrund nur so verstanden werden, dass dieses Wahlrecht durch die Regelung gar nicht erst berührt wird. Denn dieser Satz wird in der Gesetzesbegründung in einen unmittelbaren Zusammenhang zur Direktlieferung von Arzneimitteln an Arztpraxen gestellt und ausgeführt, Apotheken und Krankenkassen sollten zur Versorgung von Arztpraxen mit Arzneimitteln Vereinbarungen schließen können. "Eine Bindung von Versicherten an eine Apotheke außerhalb von vertraglich vereinbarten Versorgungsformen erfolgt gemäß § 11 Abs 1 ApoG nicht. Das Recht der Versicherten zur freien Wahl der Apotheke bleibt erhalten" (BT-Drucks 16/3100 S 142 zu § 129 SGB V; ebenso die Regierungsvorlage, BR-Drucks 755/06 S 387).

34

(4) Mangels eigener Wahlmöglichkeiten der Versicherten bezüglich der versorgenden Apotheke bedarf es keiner dem § 33 Abs 6 Satz 2 SGB V vergleichbaren gesetzlichen Bestimmung. § 33 Abs 6 Satz 2 SGB V sieht für das grundsätzliche Wahlrecht der Versicherten bezüglich des Hilfsmittelerbringers ausdrücklich die Einschränkung vor, dass bei einem im Wege der Ausschreibung erfolgten Vertragsabschluss über Hilfsmittel die Versorgung ausschließlich durch den von der Krankenkasse zu benennenden Vertragspartner erfolgt. Bei der Behandlung mit anwendungsfertigen, parenteralen Zytostatikazubereitungen entscheidet jedoch allein der Onkologe über die Bezugsquelle der von ihm verabreichten Medikamente. Es liegt daher keine der Hilfsmittelversorgung vergleichbare Situation vor. Einer gesetzlichen Regelung zur Beschränkung des Apothekenwahlrechts der Versicherten auf die Vertragsapotheke bedarf es daher nicht.

35

ee) Stellt eine Krankenkasse die Lieferung von anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen durch den Abschluss eines Exklusivliefervertrags iS von § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V mit einer Apotheke sicher, darf der anwendende Arzt - soweit er von der Krankenkasse über die Beschränkung des Bezugsweges auf eine bestimmte Apotheke informiert wurde - die parenteralen onkologischen Zubereitungen zur Versorgung der bei der vertragsschließenden Krankenkasse Versicherten grundsätzlich nur noch von dieser Apotheke beziehen. Jedenfalls solange nicht aus zwingenden medizinischen Gründen oder sonstigen berücksichtigungsfähigen besonderen Umständen von dem von der Beklagten vorgegebenen wirtschaftlichsten Bezugsweg abgewichen werden muss, sind die Vertragsärzte hierauf beschränkt und die anderen Apotheker haben keine Leistungsberechtigung. Nach der Rechtsprechung des für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senats des BSG sind Vertragsärzte regelmäßig verpflichtet, den kostengünstigsten Bezugsweg zu wählen, wenn sie von der Krankenkasse hierauf hingewiesen werden und keine besonderen Umstände dagegen sprechen (BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 18/14 R - vorgesehen für SozR 4). Diese Entscheidung betraf insoweit eine vergleichbare Konstellation, als die Krankenkasse des versicherten Patienten die behandelnde Ärztin aufgefordert hatte, die notwendigen Gerinnungsfaktoren unmittelbar vom Hersteller in die Praxis liefern zu lassen und nicht dem Patienten über eine Apotheke zukommen zu lassen. Im Übrigen dürften hier die Ärzte der mit dem Kläger kooperierenden onkologischen Praxis durch die Einflussnahme auf die (vermeintlich) freie Wahl der Apotheke durch ihre Patienten gegen ihre Berufspflichten verstoßen haben. Jedenfalls sind die behandelnden Ärzten nach der Rechtsprechung des BGH berufsrechtlich nicht berechtigt, den Patienten ein vorformuliertes Formular vorzulegen, mit dem diese eine Erklärung zur Wahl eines bestimmten Leistungserbringers abgeben (vgl BGH, MedR 2015, 729; GRUR 2015, 283; VersR 2015, 999; MDR 2015, 292; insoweit enthält auch die Hessische Berufsordnung für Ärzte ein entsprechendes Empfehlungs- und Verweisungsverbot in § 31 Abs 2 HBOÄ). Vertragsärzte, die gegen ihre Verpflichtung zur wirtschaftlichen Erbringung der Versorgung nach §§ 12 Abs 1, 70 Abs 1 Satz 2 SGB V verstoßen, können sich entsprechenden Regressforderungen der Krankenkasse aussetzen. Die Beurteilung, ob die regelmäßige "ad hoc"-Bestellung oder die von der Beklagten beschriebene therapeutische Vorgehensweise einer im Voraus festgelegten Pharmakotherapie die wirtschaftlichere Alternative darstellt, obliegt ausschließlich der Beklagten. Es ist weder Aufgabe der Leistungserbringer, noch Aufgabe der Gerichte, ohne medizinischen Anlass oder sonstige berücksichtigungsfähige Umstände die Wirtschaftlichkeit der von den Kassen abgeschlossenen Verträge zu bewerten.

36

Korrespondierend hiermit hat der davon in Kenntnis gesetzte Apotheker, mit dem kein Selektivvertrag geschlossen wurde, kein Recht mehr zur Lieferung und Abrechnung der Zytostatikazubereitungen zu Lasten der Beklagten. Denn einerseits sind auch Apotheker an das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs 1 SGB V gebunden, andererseits ist für eine Absprache zwischen Arzt und Apotheker gemäß § 11 Abs 2 ApoG kein Raum mehr, wenn schon der Arzt aus wirtschaftlichen Gründen eine solche Absprache nicht mehr treffen darf.

37

Nach diesen Grundsätzen dürfen die Vertragsärzte der onkologischen Praxis zur Versorgung der bei der Beklagten versicherten Patienten seit dem 1.12.2013 weder mit anderen Apotheken Vereinbarungen nach § 11 Abs 2 ApoG schließen, noch den Versicherten die Verordnungen zur Selbstabholung der Zubereitungen aushändigen. Ob die Selbstabholung durch Versicherte im Hinblick auf die damit verbundenen Sicherheitsbedenken bei anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen nicht ohnehin unzulässig ist, braucht daher nicht entschieden zu werden. Denn medizinische Gesichtspunkte oder sonstige berücksichtigungsfähige besondere Umstände, die gegen die Vertragsapotheke aus M. als Bezugsquelle der onkologischen Praxis in D. sprechen könnten, sind bei Einhaltung der von der Beklagten geschilderten therapeutischen Vorgehensweise weder vorgetragen noch ersichtlich. Es wäre ohnehin fraglich, welches subjektive Recht des Klägers verletzt sein könnte, wenn die Beklagte ihre Versicherten (und die behandelnden Vertragsärzte) auf eine nicht ausreichende medizinische Versorgung beschränken würde. Das muss aber ebenfalls nicht abschließend entschieden werden, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der von der Beklagten zur Verfügung gestellte Bezugsweg für parenterale onkologische Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten unter medizinischen Gesichtspunkten unzureichend sein könnte.

38

Stellt der behandelnde Arzt, wie die Beklagte ausführt, einen ärztlichen Therapieplan auf, in dem die Pharmakotherapie sowie die Arzttermine für die Infusionen im Voraus festgelegt werden, und liefert die Apotheke aufgrund dieses Therapieplans die onkologischen Zubereitungen termingerecht in die Arztpraxis, spielt die Entfernung der Vertragsapotheke von der Arztpraxis keine wesentliche Rolle. Sollte im Einzelfall eine "ad hoc"-Belieferung notwendig sein, weil entweder der aufgestellte Therapieplan geändert werden muss oder weil aufgrund einer speziellen Indikation ein fester Therapieplan nicht erstellt werden kann, erfolgt eine Lieferung auf Abruf innerhalb von 45 Minuten durch die Vertragsapotheke. Dieser zeitlichen Vorgabe hat sich die Vertragsapotheke aus M. im Ausschreibungsverfahren unterworfen. Bei dieser Vorgehensweise ist eine medizinisch ausreichende und zweckmäßige Versorgung der Versicherten sichergestellt (§ 70 Abs 1 SGB V). Das zeigt sich schon daran, dass deutschlandweit ohnehin nur sehr wenige (nach Angabe der Beteiligten etwa 250 bis 400) Apotheken in der Lage sind, anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen selbst herzustellen und sich auch diese teilweise industrieller Herstellerbetriebe bedienen (vgl hierzu § 21 Abs 2 Nr 1b lit a) AMG, der dies rechtlich ermöglicht). Schon diese Tatsache bedingt im allgemeinen gewisse Fahrwege, ohne dadurch eine medizinisch ausreichende und zweckmäßige Versorgung der Versicherten zu gefährden. Auch der Kläger hatte sich mit seiner in D. ansässigen Apotheke auf eine Ausschreibung für das Gebietslos F. beworben und hierfür einen Herstellbetrieb als Unterauftragnehmer mit Sitz in W. angegeben.

39

Nach dem rechtswirksamen Zuschlag im Ausschreibungsverfahren für das Gebietslos in D. zugunsten der Apotheke in M. kann der Kläger als Inhaber einer konkurrierenden Apotheke nicht mehr mit dem Einwand gehört werden, die M. Apotheke könne die Vorgabe der Lieferung innerhalb von 45 Minuten nicht gewährleisten. Der Einwand, ein Konkurrent erfülle nicht die in der Ausschreibung vorgegebenen Anforderungen an die Leistungserbringung, kann nur in einem gegen die Erteilung des Zuschlags im Ausschreibungsverfahren gerichteten Verfahren nach dem GWB, für das der Zivilrechtsweg gegeben ist (vgl § 13 GVG, § 51 Abs 3 SGG), und dort nur von konkurrierenden Apotheken erhoben werden, soweit sie sich an der Ausschreibung beteiligt haben.

40

Auch wenn deshalb davon auszugehen ist, dass eine "ad hoc"-Belieferung innerhalb von 45 Minuten durch die Vertragsapotheke in M. grundsätzlich gewährleistet ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle von Lieferengpässen oder besonderen Verkehrsproblemen eine konkrete Lieferung nicht oder im Hinblick auf eine kurze Haltbarkeitsdauer der Zubereitungen nicht zeitgerecht oder unter Berücksichtigung sonstiger medizinischer Erfordernisse nur unzureichend erbracht werden kann. Grundsätzlich kann jede Apotheke im Einzelfall auf solche unvorhergesehenen Lieferschwierigkeiten treffen. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist aber nicht darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine nicht selektivvertraglich gebundene Apotheke ausnahmsweise eine Lieferung übernehmen darf, weil die gebundene Apotheke diese unter Beachtung der medizinischen Erfordernisse im konkreten Einzelfall nicht erbringen kann. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei einer der 149 ärztlichen Verordnungen für die 38 Versicherten der Beklagten, die der streitigen Abrechnung zugrunde liegen, ein solcher Ausnahmefall vorgelegen haben könnte. Auf die Frage, ob die von der Beklagten geschilderte therapeutische Vorgehensweise den Regelfall bildet, oder ob die meisten behandelnden Ärzte - wie die onkologische Praxis in D. in allen Fällen erst anlässlich eines Patiententermins über die Durchführung der Therapie entscheiden und die Herstellung der jeweils benötigten Zubereitung "ad hoc" in Auftrag geben, kommt es nicht entscheidend an. Denn solange die regelmäßige "ad hoc"-Bestellung keine medizinischen Vorteile bietet, sind die Vertragsärzte nicht nur bei der Wahl ihrer Bezugsquelle, sondern auch bei ihrer therapeutischen Vorgehensweise an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden (§§ 12 Abs 1, 70 Abs 1 Satz 2 SGB V, vgl auch BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 18/14 R - vorgesehen für SozR 4).

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ff) Die Annahme, bei der von der Beklagten beschriebenen therapeutischen Vorgehensweise komme es ohne Einwilligung der Versicherten zu einer Verletzung von Datenschutzbestimmungen, oder die behandelnden Onkologen könnten sich nach § 203 StGB wegen einer Verletzung ihrer ärztlichen Schweigepflicht strafbar machen, liegt fern. Der Bezug der parenteralen onkologischen Zubereitungen durch den behandelnden Vertragsarzt ist nicht nur gesetzlich vorgesehen (§ 11 Abs 2 ApoG), sondern im Rahmen der ärztlichen Behandlung auch unerlässlich. Insoweit ist daher von einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zur Weitergabe der Daten an die Vertragsapotheke der Krankenkasse des Versicherten nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V auszugehen. Dies gilt im Übrigen auch im Falle einer Absprache zwischen Arzt und Apotheker nach § 11 Abs 2 ApoG. Zudem gehört der seinerseits ebenfalls der Schweigepflicht unterliegende Apotheker, der strikt an die Vorgaben der ärztlichen Verordnung gebunden ist, zum Kreis der zum "Wissen berufenen Personen" (vgl hierzu BGH, NJW 1995, 2915, 2916; Lackner in: Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl 2014, § 203 RdNr 17; Langkeit, NStZ 1994, 6).

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b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Wertersatz oder Erstattung der Kosten der Warenbeschaffung oder der "Sowiesokosten". Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG besteht ein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse bei Abgabe vertragsärztlich verordneter Arzneimittel an deren Versicherte lediglich als Pendant zur Lieferberechtigung und -verpflichtung des Apothekers (BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5 RdNr 16; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 21). Fehlt es an einer Lieferberechtigung und -verpflichtung, kann aus einer dennoch erfolgten Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte einer Krankenkasse kein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse erwachsen. Einem Anspruch des Apothekers aus ungerechtfertigter Bereicherung stehen übergeordnete Gesichtspunkte des öffentlichen Rechts entgegen. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben innerhalb des Leistungs- und Leistungserbringungsrechts die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die jeweilige Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Deshalb kann der Vertragsarzt, der Apotheker oder der sonstige Leistungserbringer auch bereicherungsrechtlich die Abgeltung von Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, selbst dann nicht beanspruchen, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind. Da auch die vertraglichen Vorschriften Normcharakter haben, muss dem gegen vertragliche oder gesetzliche Vorschriften verstoßenden Leistungserbringer auch im Hinblick auf die Regelung des § 134 BGB, deren Rechtsgedanke hier heranzuziehen ist, jeglicher Vergütungsanspruch versagt bleiben. Nur soweit bestimmte Vorschriften reine Ordnungsfunktion haben, besteht kein Grund, dem Leistungserbringer trotz der Entlastung der Krankenkasse eine Entschädigung zu versagen (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 7 RdNr 29 mwN). Deshalb hat die Krankenkasse für nicht veranlasste, pflichtwidrige Arzneimittelabgaben weder Wertersatz zu leisten, noch dem Apotheker die Kosten der Warenbeschaffung zu erstatten oder ihr durch die Versorgung der Versicherten erspart gebliebene Aufwendungen (sogenannte "Sowiesokosten") herauszugeben (BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 9 RdNr 21 mwN). Denn auch eine Vergütungspflicht in diesem Rahmen würde die den Krankenkassen nach § 129 Abs 5 Satz 3 SGB V eingeräumte Möglichkeit der Sicherstellung der Versorgung durch Einzelverträge mit Apotheken im Bereich der parenteralen onkologischen Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten konterkarieren. Die im Einzelvertrag mit einer bestimmten Apotheke vereinbarten Preise und insbesondere die nach § 129 Abs 5 Satz 3 2. Halbsatz SGB V vorgesehenen Preisabschläge können von den Krankenkassen nur erzielt werden, wenn im Gegenzug ein bestimmter Lieferumfang zugesagt werden kann. Umgekehrt ist die selektivvertraglich verpflichtete Apotheke unter Umständen nicht mehr an die Preisabschläge gebunden, wenn die Krankenkasse den zugesagten Lieferumfang nicht einhalten kann. Erbringen andere Apotheken, mit denen kein Selektivvertrag zur Lieferung von Zytostatikazubereitungen geschlossen wurde, dennoch diese Leistungen, kann die Krankenkasse keinen Lieferumfang garantieren. Zur Durchsetzung des gesetzlich vorgesehenen Systems ist daher der vollständige Ausschluss der Vergütung erforderlich.

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c) Gegen den vollständigen Ausschluss des Vergütungsanspruchs (sogenannte "Retaxation auf Null") bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das BVerfG hat bereits entschieden, dass zwar ein Eingriff in den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG vorliegt, dieser aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn bei der Auslegung der einschlägigen gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften die auch für den Gesetzgeber geltenden Maßstäbe bei der Einschränkung der grundsätzlich freien Berufsausübung eingehalten werden. Die Bindung der Apotheker an das Wirtschaftlichkeitsgebot der Arzneimittelversorgung und damit die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung kann als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang ausreichend sein, um selbst einen Eingriff mit berufswahlregelnder Wirkung zu rechtfertigen (BVerfG vom 7.5.2014 - 1 BvR 3571/13, 1 BvR 3572/13 - Juris = NJW 2014, 2340; BVerfG vom 13.9.2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196). Ein vollständiger Vergütungsausschluss greift nach dieser Rechtsprechung ferner nicht unverhältnismäßig in die durch Art 12 Abs 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit der betroffenen Apotheker ein, soweit es keine milderen und insbesondere differenzierteren Mittel gibt, um den gesetzlichen Vorschriften zur Abgabe von Arzneimitteln Wirksamkeit zu verleihen (BVerfG, aaO). Zur Durchsetzung des Exklusivlieferungsrechtes der Apotheke in M., die die Ausschreibung gewonnen hat, sind mildere Mittel als der vollständige Vergütungsausschluss aller anderen Apotheken nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der vorherigen Information des Klägers sowie der behandelnden Ärzte über das Exklusivlieferungsrecht der M. Apotheke ist der vollständige Vergütungsausschluss dem Kläger nicht unzumutbar. Er durfte sich bei dieser Sachlage nicht auf das Schreiben der Landesapothekerkammer Hessen verlassen, in dem ausgeführt ist, mangels Kenntnis der Ausschreibungsverträge sei nur eine eingeschränkte rechtliche Bewertung möglich. Zum Verhalten der Apotheker, die nicht an der Ausschreibung teilgenommen haben, wird vorausgesetzt, dass diese keinerlei Absprache getroffen hätten. Die Belieferung der onkologischen Praxis erfolgt aber aufgrund einer Absprache nach § 11 Abs 2 ApoG. Es war daher ohne weiteres erkennbar, dass keine rechtliche Bewertung der vorliegenden Situation erfolgt ist. Im Schreiben des Regierungspräsidiums wird lediglich auf die grundsätzliche Pflicht der Apotheken zur Belieferung von Rezepten eingegangen. Nach dem unmissverständlichen Hinweis der Beklagten, dass der Kläger zukünftig für parenterale Zubereitungen keine Vergütung mehr erhalten könne, ist er das Risiko des vollständigen Vergütungsausschlusses sehenden Auges eingegangen.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teilsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1 und 3, 47 Abs 1 GKG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.