Landgericht Nürnberg-Fürth Urteil, 20. Apr. 2015 - 6 O 9499/14

bei uns veröffentlicht am20.04.2015

Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass das von der Klägerin mit der Beklagten am 24.03.2009 geschlossene Darlehensvertragsverhältnis Nr. XXX durch wirksamen Widerruf der Klägerin vom 31.10.2014 in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt wurde.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.596,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.11.2014 zu zahlen.

III. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin 887,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

IV. Der Zahlungsanspruch gem. Ziff. V. der Klage vom 23.12.2014 wird als unzulässig abgewiesen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

VII. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird festgesetzt auf 138.485,21 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines zwischen ihnen im März 2009 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrages sowie daran anknüpfende Rechtsfolgen.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Verbraucherin. Die Beklagte ist ein Nürnberg ansässiges Kreditinstitut.

Zwischen den Parteien wurde im Jahr 2009 ein Darlehensvertrag (Anlage K 1) über einen Nominalbetrag in Höhe von 138.600,00 Euro abgeschlossen. Der nominale Jahreszins betrug 4,7 % und war festgeschrieben bis zum 07.04.2024. Der effektive Jahreszins wurde mit 4,8 % angegeben.

Auf einer separaten Seite der Vertragsunterlagen befand sich eine Widerrufsbelehrung. Diese wies u.a. folgenden Inhalt auf:

„Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen

- eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung,

- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrages sowie

- die Information nach Fernabsatzrecht

zur Verfügung gestellt wurden, aber nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Der Widerruf ist zu richten an:

[...]“

Teil der Vertragsunterlagen waren des Weiteren sog. „Fernabsatz-Informationen zu grundpfandrechtlich gesicherten langfristigen Darlehen“ (im Folgenden: „Fernabsatz-Informationen“). Dort wurde auf Seite 6 unter Ziff. III („Informationen über die Besonderheiten des Fernabsatzvertrags“) folgendes ausgeführt:

„[...]

Widerrufsbelehrung für den Kunden

Widerrufsrecht:
Der Kunde kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform, z.B. Brief, Fax, Email, widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Widerrufsbelehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:

[...]

Widerrufsfolgen:
Im Fall eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Dies kann dazu führen, dass der Kunde die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum des Widerrufs gleichwohl erfüllen muss.

Besonderer Hinweis:
Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und der Kunde dem ausdrücklich zugestimmt hat.

Für die weiteren Einzelheiten zur Ausübung und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs wird auf die beigefügte gesonderte Widerrufsbelehrung verwiesen.

Ende der Informationsschrift“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 umfassend Bezug genommen.

Der streitgegenständliche Darlehensvertrag kam wie folgt zustande: Am 24.03.2009 wurde die Vertragsausfertigung von einem Vertreter der Beklagten unterschrieben und an die Klägerin per Post versendet. Die Darlehensvertragsurkunde wurde sodann von der Klägerin unterzeichnet und zurück an die Beklagte per Post versendet.

Im August 2011 wurde der streitgegenständliche Darlehensvertrag außerordentlich durch die Klägerin gemäß § 490 Abs. 2 BGB gekündigt. Zum Zeitpunkt der Kündigung wies der Vertrag noch eine Restvaluta von 123.888,98 € auf (Anlage K 2). Die Klägerin leistete an die Beklagte hierfür eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 10.029,94 Euro. Später wurde der Klägerin dann ein Teilbetrag in Höhe von 433,71 Euro der Vorfälligkeitsentschädigung erstattet.

Mit Schreiben vom 31.10.2014 (Anlage K 3) erklärte die Klägerin den Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrages. Ferner wurde die Beklagte durch die Klägerin wie folgt aufgefordert:

„Die Erfüllung meines Anspruchs auf Auskunft über die von ihnen gezogenen Nutzungen und Abrechnung ihrer und meiner Rückgewähransprüche erwarte ich bis zum 21.11.2014.

Sollten Sie mich bis dahin nicht korrekt informiert haben, werde ich ohne weitere Ankündigung rechtliche Schritte einleiten, meine Forderung durchzusetzen und Schadensersatz zu fordern.“

Mit Schreiben vom 20.11.2014 (Anlage K 4) zeigten sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegenüber der Klägerin an. U.a. wurde erklärt, dass die Prüfung, ob die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei, noch nicht abgeschlossen worden sei. Ferner wurde die Klägerin aufgefordert, ihren Anspruch durch Mitteilung eines bezifferten Betrages zu benennen.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.11.2004 (Anlage K 5) wurde die Beklagte aufgefordert, bis 05.12.2014 eine Zahlung in Höhe von 9.596,23 Euro auf das Rechtsanwaltsanderkonto des Prozessbevollmächtigten zu bezahlen. Ferner wurde die Beklagte aufgefordert, innerhalb derselben Frist Auskunft über die von ihr gezogenen Nutzungen zu erteilen und diese Nutzungen ebenfalls auf das Rechtsanwaltsanderkonto zu erstatten.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sei. Insbesondere sei sie durch die beiden unterschiedlich ausgestalteten Belehrungen verwirrt und davon abgehalten worden, den Widerruf zu erklären.

Die Klägerin beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag Nr. XXX durch Widerrufserklärung mit Schreiben vom 31.10.2014 gegenstandslos geworden ist.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.596,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.11.2014 zu zahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Höhe der Nutzungen zu erteilen, welche die Beklagte im Zusammenhang mit den durch die Klägerin auf den Darlehensvertrag Nr. XXX geleisteten Zins- und Tilgungsraten sowie des geleisteten Vorfälligkeitsentgelts in Höhe von Euro 9.596,23 vereinnahmt hat.
IV. Der Vorstand der Beklagten wird verurteilt, an Eides statt zu versichern, dass die Auskunft unter III. nach bestem Wissen und Gewissen erfolgte.
V. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin die Nutzungen in nach Auskunftserteilung zu beziffernder Höhe gemäß Ziffer III. sowie hieraus 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit auszuzahlen.
VI. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin 887,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin bei Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages ordnungsgemäß über das ihr zustehende Widerrufsrecht belehrt worden sei. In den Fernabsatz-Informationen habe lediglich ein Hinweis auf das bestehende Widerrufsrecht enthalten sein müssen. Dementsprechend seien dort das Widerrufsrecht und die Widerrufsfolgen verkürzt angesprochen worden. Die Fallkonstellation der doppelten Erteilung einer Widerrufsbelehrung sei daher nicht gegeben. Von einer solchen könne nämlich nur dann gesprochen werden, wenn zwei vollständige und widersprüchliche Widerrufsbelehrungen unabhängig voneinander erteilt worden seien. Darüber hinaus stützt sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion der verwendeten Widerrufsbelehrungen. Schließlich wendet sie Verwirkung ein, da der Widerruf erst ca. 5 1/2 Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages erklärt und der Vertrag bereits im Dezember 2011 gekündigt worden sei. Einen Auskunftsanspruch hat die Klägerin nach Ansicht der Beklagten ebenfalls nicht.

Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen umfassend Bezug genommen.

Die Sach- und Rechtslage wurde im Termin am 23.02.2015 umfassend mit den Parteien erörtert. Es wurde ein widerruflicher Vergleich geschlossen, der jedoch fristgemäß von der Klagepartei widerrufen wurde. Die Beklagte hat im Termin Erklärungen abgegeben, auf die ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 33 - 35 d.A.)

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Stufenklage war im Hinblick auf die Anträge, die auf der ersten Stufe geltend gemacht wurden, teilweise begründet. Der Antrag auf zweiter Stufe war unbegründet, der Antrag auf dritter Stufe unzulässig.

A.

Klageantrag Ziff. I

I.

Der Klageantrag Ziff. I ist zulässig. Er ist als negative Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO auszulegen. Insofern kann offen bleiben, ob klägerseits ein Feststellungsinteresse vorliegt.

Zwar war der Klageantrag unzulässig formuliert, da gemäß § 256 ZPO nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann. Als solche werden bestimmte rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder Gegenständen definiert (Musielak/Voit-Foerste, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 256, Rn. 2; Roth in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 256, Rn. 21 m.w.N.). Nicht feststellungsfähig sind nach der Rechtsprechung jedoch bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH NJW 2010, 2793, Rz. 17; 2000, 2663, 2664; 2000, 2280, 2281). Allerdings konnte der Mangel durch Auslegung geheilt werden (LG Nürnberg-Fürth v. 14.08.2014, Az. 10 O 7640/14 (unveröffentlicht)).

II.

Der Klageantrag Ziff. I ist auch begründet.

1. Wirksamkeit des Widerrufs

Die Klägerin wurde durch die beiden nicht deckungsgleichen Widerrufsbelehrungen nicht ordnungsgemäß aufgeklärt.

Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH NJW-RR 2009, 709, Rz. 14). Bestandteil der Widerrufsbelehrung ist neben dem Bestehen des Widerrufsrechts als solches u.a. auch die Dauer und der der Beginn der Frist (vgl. nur Kessal-Wulf in: Staudinger BGB, Neubearbeitung 2012, § 495, Rn. 28).

Durch die in den Fernabsatz-Informationen unter Ziff. III befindliche Widerrufsbelehrung wurde die Klägerin jedoch über den Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig informiert. Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 09.12.2009 (Az. VIII ZR 219/08 = NJW 2010, 989, Rz. 15) ausgeführt, dass der Verbraucher wegen des verwendeten Wort „frühestens“ der Klausel zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt. Damit ist die Belehrung objektiv unzureichend.

Die in den Fernabsatz-Informationen enthaltene Widerrufsbelehrung kann auch die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV a.F. nicht für sich in Anspruch nehmen: Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 24.03.2009 war bereits das Muster für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV vom 01.04.2008 in Kraft, das durch die Verordnung vom 04.03.2008 (BGBl. I S. 292) neu gefasst worden war. Ältere Muster haben gemäß § 16 BGB-InfoV nur bis zum 30.09.2008 an der Gesetzlichkeitsfiktion teilgenommen.

Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, wonach es sich bei der Widerrufsbelehrung in den Fernabsatz-Informationen lediglich um einen verkürzten Hinweis auf das Widerrufsrecht handele. Die Widerrufsbelehrung enthält Erklärungen zum Widerrufsrecht zu den Widerrufsfolgen sowie den sog. Besonderen Hinweis. Sie macht damit auf einen unbefangenen durchschnittlichen Verbraucher, auf welchen abzustellen ist (BGH NJW 2010, 989 Rz. 14), den Eindruck vollständig zu sein. Hieran vermag auch der letzte Satz der Belehrung nichts zu ändern, wonach für die weiteren Einzelheiten zur Ausübung und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs auf die beigefügte gesonderte Widerrufsbelehrung verwiesen wird. Ein unbefangener durchschnittlicher Verbraucher wird hierdurch nämlich suggeriert, dass die entscheidenden Informationen bereits in den Fernabsatz-Informationen erteilt worden seien. Durch die Formulierung wird auch nicht das Rangverhältnis zwischen den beiden Belehrungen deutlich genug klar gemacht.

Damit kann auch dahinstehen, ob die von der Beklagten verwendete weitere Widerrufsbelehrung wirksam war. Bleibt nämlich ein Widerspruch zwischen zwei Belehrungen, fehlt es insgesamt an einer unmissverständlichen Belehrung (BGH, Az. II ZR 352/02 = NZM 2005, 33).

Der BGH hat mehrfach klargestellt, dass auch der Widerruf eines bereits gekündigten Vertrages noch möglich ist (vgl. nur IV ZR 52/12 = NJW 2013, 3776 Rz. 24) Der herrschenden Rechtsprechung zufolge ist auch eine Vereinbarung zwischen Darlehensnehmer und der kreditgebenden Bank über die vorzeitige Ablösung des Kredits nicht als Vertragsaufhebung oder Vertragsauflösung, sondern als Modifizierung des Vertragsumfangs ohne Reduzierung des Leistungsumfangs zu qualifizieren (OLG Brandenburg, Az. 4 U 194/11 = BeckRS 2013, 10370). Damit liegt eine bloße Änderung des Darlehensvertrages vor, die den ursprünglichen Vertrag als solchen - und damit auch das Widerrufsrecht - unberührt ließ.

2. Keine Verwirkung des Widerrufs

Das Widerrufsrecht der Klägerin war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung auch nicht verwirkt.

a.

Der Ausgangspunkt der Überlegungen, ob und ggf. wann die Ausübung eines Widerrufsrechts als verwirkt anzusehen ist, bildet die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers als Reaktion auf das sog. „Heininger-Urteil“ des EuGH vom 13.12.2001 (BKR 2002, 76), ein sog. ewiges Widerrufsrecht einzuführen. Der Gesetzgeber hat bei der Abwägung zwischen Rechtsfrieden durch Befristung einerseits und umfassendem Verbraucherschutz andererseits letzterem den Vorzug gegeben (vgl. ausführlicher Nachweis bei Gansel/Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 355 ff.). Dies erfolgte zunächst durch Einführung des § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. durch Gesetz vom 23.07.2002 (BGBl. I S. 2850) mit Wirkung zum 01.08.2002. Fortan lautete der entsprechende Absatz:

1Das Widerrufsrecht erlischt spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss.2Bei der Lieferung von Waren beginnt die Frist nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger.3Abweichend von Satz 1 erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.“

An dieser gesetzgeberischen Entscheidung wurde auch festgehalten bei Novellierung der §§ 355 ff. und §§ 491 ff. BGB in den Jahren 2010 sowie 2014 (vgl. Gansel/Huth/Knorr, a.a.O., S. 356).

Die Annahme einer vorschnellen Verwirkung darf diese gesetzgeberischen Entscheidungen nicht konterkarieren. Daher kann sie - worauf die 6. Zivilkammer des Landgerichts bereits im Urteil vom 29.09.2014 (Az. 6 O 2273/14, veröffentlicht in juris) hingewiesen hat, nur mit größter Zurückhaltung und nach Prüfung der überwiegend schutzwürdigen Interessen angenommen werden.

b.

Generell schließt die Verwirkung die „illoyal verspätete Inanspruchnahme eines Schuldners“ aus. Unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) setzt sie, insoweit der Verjährung ähnlich, eine zeitliche Grenze für die Rechtsausübung. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (sog. Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (sog. Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Az. VII ZR 177/13 = NJW 2014, 1230, Rz. 13; V ZR 181/13 = NJW-RR 2014, 1043, Rz. 19; jeweils m. w. N.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben kann vorliegend eine Verwirkung nicht angenommen werden:

aa.

An objektiven Gesichtspunkten ist im Streitfall festzustellen, dass die Klägerin ihr Widerrufsrecht erst 5 ½ Jahren nach Vertragsschluss sowie drei Jahre nach der Beendigung durch außerordentliche Kündigung gem. § 490 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeübt hat. Weder während der Vertragslaufzeit noch bei Ausspruch der Kündigung wurde ein späterer Widerruf vorbehalten oder angekündigt. Die Beklagte hat sich deswegen zunächst offenbar auf eine vereinbarungsgemäße Vertragsdurchführung und sodann auf eine Vertragsbeendigung durch Kündigung einstellen dürfen.

bb.

An subjektiven Gesichtspunkten ist zu Grunde zu legen, dass die Beklagte nach der gesetzlichen Risikoverteilung zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verpflichtet war und das Risiko zu tragen hatte, dass das Widerrufsrecht mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung zeitlich unbefristet besteht. Gleichzeitig war sie im Vergleich zur Klägerin wesentlich besser in der Lage zu erkennen, ob die erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß war und ob und wie lange ein Widerrufsrecht der Klägerin bestand. Sie hätte daher auch ohne weiteres durch eine auch bei Altverträgen zulässige (vgl. BGH BKR 2011, 242) ordnungsgemäße Nachbelehrung die zweiwöchige Widerrufsfrist einseitig und ohne größeren Aufwand in Gang setzen können. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin vor der Erklärung des Widerrufs von einem bestehenden Widerrufsrecht Kenntnis hatte, sind nicht vorhanden. Andernfalls hätte es nahe gelegen, von diesem Gebrauch zu machen, anstatt den Vertrag (nur) außerordentlich zu kündigen.

cc.

Bei Würdigung dieser objektiven und subjektiven Umstände kann eine Verwirkung nicht angenommen werden.

Vielmehr ist dem Vertrauen der Beklagten eine vergleichsweise geringe Schutzwürdigkeit beizumessen, insbesondere weil diese es selbst in der Hand hatte, für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu sorgen, nach der gesetzlichen Risikoverteilung das Risiko einer fehlerhaften Belehrung zu tragen hatte und wesentlich besser als die Klägerin in der Lage war, die Ordnungsgemäßheit der (doppelten und widersprüchlichen) Belehrungen einzuschätzen.

Dass der Vertrag erst drei Jahre nach der außerordentlichen Kündigung widerrufen wurde, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern: Auch die vollständige Ablösung eines Vertrages führt nur im Ausnahmefall zu einer Verwirkung des Widerrufsrechts (vgl. ausführlich Rudy, r+s 2015, 115, 118 zum Widerspruchsrecht beim Versicherungsvertrag). Der Differenzierung des OLG Frankfurt in dessen Beschluss vom 10.03.2014 (Az.: 17 W 11/14 = BeckRS 2015, 05107; zustimmend LG Siegen BKR 2015, 116) ist entgegenzutreten. Dieses hat eine Verwirkung mit der Begründung angenommen, dass die dort in Streit stehende Belehrung „grundsätzlich geeignet“ sei, einen durchschnittlichen Verbraucher über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts aufzuklären. Zu Ende gedacht würde die Entscheidung über die Hintertür die verfestigte BGH-Rechtsprechung konterkarieren. Danach erfordert der Schutz des Verbrauchers eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung (vgl. nur NJW 2002, 3396; NJW 2007, 1946, Rz. 13; NJW 2009, 3572, Rz. 14; NJW-RR 2012, 1197, Rz. 19). In diesem Sinne ist der Verbraucher nicht nur über sein Widerrufsrecht zu informieren sondern auch in die Lage zu versetzen, dieses auszuüben. Er muss daher auch eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist aufgeklärt werden (BGH NJW-RR 2009, 709, Rz. 14). Nicht verkannt wird, dass sowohl das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 09.01.2014 (BKR 2014, 287) als auch das OLG Köln in seinem Urteil vom 25.01.2012 (BKR 2012, 162) ebenfalls die Verwirkung von bereits abgelösten Darlehensverträgen angenommen haben. Allerdings lagen beiden Entscheidungen Fälle zugrunde, in denen zwischen Ablösung und Widerruf knapp fünf Jahre lagen. Nachdem vorliegend jedoch zwischen Kündigung des Darlehens und Widerruf gerade einmal drei Jahre lagen und eine (fiktive) regelmäßige Verjährungsfrist noch nicht einmal abgelaufen wäre, ist eine Verwirkung nicht anzunehmen. Ob und inwieweit der Umstand, dass ein Darlehnsvertrag vorzeitig abgelöst wurde, sich im Rahmen des Verwirkungseinwands überhaupt auswirkt, kann daher vorliegend dahinstehen.

3. Rechtsfolgen des Widerrufs

Durch den erklärten Widerruf wandelt sich der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (allgemeine Ansicht; vgl. nur Masuch in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 357, RdNr. 12). Über die Verweisung in § 357 Abs. 1 BGB a.F. finden hierauf die Vorschriften über den Rücktritt (§§ 346 ff. BGB) Anwendung. Nach § 346 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

Der Klageantrag Ziff. I war daher begründet.

B.

Klageantrag Ziff. II

Der Klageantrag Ziff. II ist ebenfalls begründet.

Wegen des soeben dargelegten Rückabwicklungsverhältnisses hat die Beklagte die vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung als empfangene Leistung aus dem Darlehensvertrag der Klägerin zurückzuzahlen.

Für die Dauer der Nutzungsmöglichkeit dieses Betrages hat die Beklagte Wertersatz zu leisten. Diesbezüglich besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BGH eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08, Rz. 29, für den Anspruch gem. §§ 357, 346 Abs.1 BGB, und Urteil vom 24.04.2007, XI ZR 17/06, Rz. 35, für den Anspruch auf Nutzungsersatz gem. § 818 Abs.3 BGB; Servais, NJW 2014, 3748, 3751 m.w.N.).

Diese Vermutung hat die Beklagte nicht entkräftet. Unergiebig ist ihr Verweis auf § 503 Abs. 2 BGB: Zwar beträgt der Verzugszins nach dieser Vorschrift bei Immobiliardarlehensverträgen abweichend von § 497 Abs. 1 BGB 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Ausgangspunkt für den Verzugszins bildet im vorliegenden Fall jedoch nicht die Vorschriften des § 497 Abs. 1 BGB sondern diejenige des §

288 Abs. 1 S. 2 BGB (Servais, a.a.O.).

Der beantragte Wertersatz seit dem 22.11.2014 war der Klägerin daher zuzusprechen.

C.

Klageantrag Ziff. III

Der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft über die von der Beklagten gezogenen Nutzungen steht der Klägerin hingegen nicht zu. Insoweit war die Klage abzuweisen.

I.

Auf vertragliche Ansprüche kann sich die Klägerin für das Begehren nicht stützen.

Zwar kommt zwischen der Bank als Darlehensgeberin und dem Darlehensnehmer neben dem Darlehensvertrag regelmäßig ein Kontokorrentvertrag gem. §§ 666, 675 BGB im Hinblick auf das Konto, über das die Darlehensauszahlung und die Annuitäten abgewickelt und verrechnet werden („Gutschrifts-„ oder „Belastungskonto“), zustande. Dieser Vertrag wird durch den Widerruf nicht berührt. Aus diesem Vertrag ergibt sich regelmäßig die Pflicht der Bank, über den Stand des Kontos Kontoauszüge und Rechnungsabschlüsse zu erteilen, die fortlaufend alle Änderungen wiedergeben (st. Rspr. vgl. z.B. BGH, Urteil vom 08.11.2005, XI ZR 90/05, Rz. 15, juris). Denn der Auftragnehmer hat den Auftraggeber grundsätzlich über die Geschäfte, die er in dessen Interesse geführt hat, zu informieren.

Ob der Klägerin ein derartiger Anspruch gegen die Beklagte zusteht, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Vorliegend begehrt sie nämlich nicht Auskunft über den Verlauf ihres Darlehenskontos und damit nicht über die Geschäftsführung der Beklagten im Interesse der Klägerin. Sie verlangt vielmehr Auskunft über die Nutzungen, die die Beklagte aus den (nun wieder zurück zu gewährenden) Leistungen der Kläger gezogen hat. Eine Verpflichtung der Beklagten aus dem Kontokorrentvertrag, hierüber Auskunft zu erteilen, besteht jedoch nach dem Vorgesagten von vorneherein nicht.

II.

Die Klägerin hat auch keinen unselbständigen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB.

Grundsätzlich kann dem Gläubiger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Auskunftsanspruch gegen den Schuldner zustehen, wenn kumulativ (1) eine Sonderrechtsbeziehung zwischen den Parteien besteht, (2) sich aus dieser Rechtsbeziehung dem Grunde nach ein Leistungsanspruch des Gläubigers ergibt, wobei die anspruchsbegründenden Merkmale des Anspruchs gegeben sein müssen, und lediglich der Anspruchsinhalt, den zu bestimmen die Auskunft benötigt wird, offen ist, (3) der Gläubiger entschuldbar in Ungewissheit über den Anspruchsinhalt ist und (4) die Auskunft von dem Schuldner unschwer gegeben werden kann (vgl. zu diesen allgemein anerkannten Voraussetzungen Krüger in: MüKo-BGB, a.a.O., § 260, Rn. 15 ff.)

Zwar liegen die ersten der beiden genannten Voraussetzungen vor: Nach wirksamem Widerruf eines Verbraucherdarlehens wandelt sich das Darlehensverhältnis - wie bereits oben dargestellt - in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Somit besteht zwischen den Parteien ein Sonderrechtsverhältnis (= Rückabwicklungsschuldverhältnis) und auch ein Leistungsanspruch der Klägerin (auf Rückgewähr bezahlter Annuitäten und Vorfälligkeitsentschädigung sowie Nutzungswertersatz) ist dem Grunde nach gegeben.

Allerdings ist die Klägerin nicht im Ungewissen über die Höhe dieses Anspruchs, und es kann die Beklagte, was die gezogenen Nutzungen angeht, die Auskunft auch nicht unschwer erteilen:

Dass die Klägerin in der Lage ist, ihren Leistungsanspruch zu beziffern, soweit sie einen Anspruch auf Rückgewähr von Zins- und Tilgungsleistungen hat, wurde nicht in Abrede gestellt. Im Hinblick auf die von der Beklagten gezogenen Nutzungen, verfügt die Klägerin über keine konkreten Kenntnisse. Allerdings besteht - wie bereits oben ausgeführt - die tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beklagte als Bank Nutzungen aus den Leistungen der Kläger im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat. Diese Vermutung streitet für die Klägerin. Hat die Beklagte Nutzungen in geringerem Umfang gezogen, ist es an ihr, entsprechendes darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Schon deshalb, weil die Klägerin unter Zuhilfenahme dieser Vermutung ihren Anspruch auf Nutzungswertersatz beziffern kann, steht ihr ein Anspruch auf Auskunft über die von der Beklagten gezogenen Nutzungen zu.

Darüber hinaus wird die Beklagte die verlangte Auskunft nur schwer erteilen können. Primär hat die Beklagte Geld, nämlich die Beträge, die sie von den Klägern als Leistungen auf Zins und Tilgung erhalten hat, zurück zu gewähren. Wertersatz hat sie für die Nutzung dieser Geldbeträge zu leisten. Da die Beklagte jedoch diese Geldbeträge nicht separat gehalten hat, jedenfalls entspricht dies nicht der Erfahrung über das Bankgeschäft und es bietet der Sachvortrag der Parteien hierfür auch keine Anhaltspunkte, wird sie die konkrete Verwendung dieser Beträge, insbesondere auch über einen längeren Zeitraum, nicht mehr nachvollziehen können und damit auch keine Auskunft darüber geben können, welche Nutzungen sie tatsächlich aus gerade den Leistungen der Kläger gezogen hat.

Allenfalls kann die Beklagte angeben, welche Zinsen sie in den maßgeblichen Zeiträumen insgesamt mit Ausleihgeschäften erzielt hat. Auf diese Auskunft zielt indes der Antrag der Klägerin nicht. Diese Zahlen lassen sich zudem in der Regel aus allgemein zugänglichen Quellen, etwa den von der Beklagten zu ihren Geschäften im Internet mitgeteilten Zahlen, ermitteln, womit die Klägerin wiederum ohne Auskunft ihren Leistungsantrag beziffern könnte.

D.

Klageantrag Ziff. IV

Nachdem der Klägerin kein Auskunftsanspruch zusteht und die Beklagte somit im Hinblick auf die von ihr gezogenen Nutzungen keiner Rechenschaftspflicht unterliegt, hat die Klägerin auch keinen Anspruch gem. § 259 Abs. 2 BGB darauf, dass die Beklagte die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft an Eides statt versichert.

Die Klage war auch insofern abzuweisen.

E.

Klageantrag Ziff. V

Der unbeziffert anhängig gemachte Leistungsantrag ist unzulässig. Er ist daher durch Prozessurteil abzuweisen.

Die Klägerin hat den Leistungsantrag unbeziffert im Rahmen einer Stufenklage anhängig gemacht. Insoweit wird der Leistungsantrag bereits mit Erhebung der Klage, nicht erst mit der Bezifferung rechtshängig und es bleiben die einzelnen Klagen selbständig, so dass für jede der Klagen die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen müssen. Daraus folgt, dass der Leistungsantrag mit Klageerhebung nur dann entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht beziffert zu werden braucht, wenn er der Höhe nach noch unbekannt ist und nur mit Hilfe des ebenfalls anhängig gemachten Antrags auf Rechenschaftslegung konkretisiert werden kann.

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Klägerin kann über die Höhe ihrer eigenen Annuitäten, die die Beklagte zurück zu gewähren hat, nicht unsicher sein. Die Höhe des Rückgewähranspruchs insoweit können die Kläger ohne weiteres bestimmen.

Zur Bestimmung ihres Anspruchs auf Nutzungswertersatz kann sich die Klägerin auf die tatsächliche Vermutung berufen, die Beklagte habe Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Im Übrigen kann sie die Zinsen, die die Beklagte mit dem Ausleihgeschäft insgesamt erzielt hat, aus den von der Beklagten veröffentlichten Zahlen entnehmen. Auch die Höhe des Anspruchs auf Nutzungswertersatz kann die Klägerin somit bestimmen.

Folge der mangelnden Bezifferung ist, dass der Streitgegenstand nicht hinreichend individualisiert, somit der Antrag zu unbestimmt und die Klage unzulässig ist (h.M., vgl. nur Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 253 Rn. 24 m.w.N.). Sie ist damit abzuweisen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.12.1989, 16 WF 457/89 in NJW-RR 1990, 766, Musielak/Voit-Foerste, a.a.O., § 254 Rn. 5, und Zöller, a.a.O., § 254, Rn. 9).

F.

Klageantrag Ziff. VI

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB in Höhe der beantragten 887,03 €.

Die Beklagte befand sich zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 25.11.2014 (Anlage K 5) an sie wandte und unter Fristsetzung zum 05.12.2014 zur Rückabwicklung der Darlehensverträge aufforderte, bereits im Verzug: Zuvor hatte nämlich die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2014 (Anlage K 4) einen Anspruch auf Abrechnung der gegenseitigen Rückgewähransprüche ernsthaft und endgültig abgelehnt. Hierzu wäre die Beklagte jedoch - wie oben unter B.I.3.c.aa. näher ausgeführt wurde - verpflichtet gewesen.

Ausgehend von dem klägerisch außergerichtlich geltend gemachten Rückzahlungsanspruch in Höhe von 9.596,23 € berechnen sich die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren wie folgt:

1,3 Geschäftsgebühren (§§ 2, 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG)

        

725,40 €

Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen
im außergerichtlichen Verf. Nr. 7002 VV RVG

        

20,00 €

Rechtsanwaltsgebühren netto

        

745,40 €

19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)

        

141,63 €

Rechtsanwaltsgebühren brutto

        

887,03 €

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

G.

Nebenentscheidungen

I.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin ist verhältnismäßig geringfügig (siehe sogleich unter II.) und hat keine höheren Kosten verursacht. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

II.

Für die Bestimmung des Streitwerts ist bei Stufenklagen gem. § 44 GKG ist der höchste der verbundenen Ansprüche maßgebend (Musielak/Voit-Foerste, a.a.O., § 254, Rn. 10). Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der Einreichung der (Stufen-)klage (§ 63 GKG). Der Streitwert ergibt sich damit aus einer Addition der Klageanträge der 1. Stufe, mithin der Klageanträge Nr. I bis Nr. III.

1.

Der Klageantrag Nr. I ist rechtlich als negative Feststellungsklage zu qualifizieren, da das klägerische Ziel darin zu sehen ist, die mit dem Widerruf einhergehende Unwirksamkeit des Darlehensvertrages auszusprechen (a.A. wohl Scharder, VuR 2015, 106, der von einem positiven Feststellungantrag ausgeht). Anerkannt ist insofern, dass als Bemessungsmaßstab für die Bestimmung des Streitwerts der „Gesamtwert der geleugneten Forderung“ (Roth in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2013, § 2 Rn. 32; ähnlich Musielak/Voit-Heinrich, a.a.O., § 3, Rn. 27) oder der Wert, „dessen sich der Gegner berühmt“ (BGH NJW 1997, 1787; Rohn in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, Anhang I, Rn. 66) anzusehen ist. Anders als bei der positiven Feststellungsklage ist ein Abschlag wegen der rechtsvernichtenden Wirkung der negativen Feststellungsklage nicht vorzunehmen. Zur betragsmäßigen Ausfüllung desjenigen Anspruchs, „dessen sich der Gegner berühmt“ wird von der herrschenden Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass beim Widerruf von Darlehensverträgen auf die (Rest-)Valuta des Darlehensvertrags zum Zeitpunkt des Widerrufs abzustellen ist, da diese dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers entspricht (OLG Karlsruhe, NJOZ 2005, 2051; zustimmend OLG Brandenburg NJOZ 2007, 3584; LG Bielefeld v. 21.07.2014, Az. 6 O 459/13 = BeckRS 2014, 20399; LG Nürnberg-Fürth v.10.11.2014, Az.: 6 O 4120/14, zitiert nach juris; LG Ulm, VuR 2014, 314; Musielak/Voit-Heinrich, a.a.O., § 3, Rn. 27; Wöstmann in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 3, Rn. 54). Nachdem der streitgegenständliche Vertrag bereits im April 2013 abgelöst worden war, ist es naheliegend die (Rest-)Darlehensvaluta zu diesem Zeitpunkt anzusetzen. Dieser lag - wie dargestellt - bei 123.888,98 € (Anlage K 2).

2.

Mit Klageantrag Nr. II wird die Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung im Wege der Leistungsklage geltend gemacht. Es ist eine Addition vorzunehmen, nachdem zwischen den Klageanträge Nr. 1 und Nr. 2 keine wirtschaftliche Identität vorliegt (vgl. hierzu Wöstmann in: MüKO-ZPO, a.a.O., § 3, Rn. 72). Der Streitwert für den Klageantrag Nr. II ist mit weiteren 9.596,23 € festzusetzen.

3.

Der Streitwert des Klageantrags Nr. III ist gem. § 3 ZPO zu schätzen. Anerkannt ist, dass für Auskunftsansprüche grundsätzlich das Angriffsinteresse des Klägers nach freiem Ermessen zu schätzen ist. Für die Bestimmung des Angriffsinteresses ist entscheidend darauf abzustellen, wie hoch der Kenntnisstand des Klägers wegen der die Leistungsklage begründenden Tatsachen ist: Je geringer der Kenntnisstand, desto höher ist das Interesse an der Auskunft zu bewerten (vgl. zum Vorstehenden nur Zöller-Herget, a.a.O., § 3, Rn. 16 Stichwort: „Auskunft“; Musielak/Voit-Heinrich, a.a.O., § 3, Rn. 23 jeweils m.w.N.). Auf Darlehenswiderrufsfälle übertragen bedeutet dies, dass der selbständige Streitwert für die Auskunftsansprüche eher gering ist: Die ausgereichte Darlehensvaluta lässt sich aus dem Darlehensvertrag ableiten, ebenso die bezahlten Annuitäten. Etwaige Sonderzahlungen können auf Kontoauszügen sowie Quartals- und Jahresabschlüssen nachvollzogen werden. Mit diesen - dem Verbraucher ohnehin vorliegenden Informationen - kann grundsätzlich die Berechnung des Abrechnungssaldos erfolgen. Mangels anderweitiger Angaben der Parteien wird der Streitwert auf 5.000,- € geschätzt.

4.

Damit liegt der Gesamtstreitwert der Klage bei 138.485,21 €.

Die geltend gemachten Ansprüche auf die Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten und auf Zinsen erhöhen als Nebenforderungen im Sinne des § 4 ZPO den Streitwert nicht.

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(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

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(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (2) Eine rechtsfähig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung


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(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 666 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht


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(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter

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(1) Bei einem nicht auf die Währung des Mitgliedstaats der Europäischen Union, in dem der Darlehensnehmer bei Vertragsschluss seinen Wohnsitz hat (Landeswährung des Darlehensnehmers), geschlossenen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag (Immobiliar-V

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 497 Verzug des Darlehensnehmers


(1) Soweit der Darlehensnehmer mit Zahlungen, die er auf Grund des Verbraucherdarlehensvertrags schuldet, in Verzug kommt, hat er den geschuldeten Betrag nach § 288 Abs. 1 zu verzinsen. Im Einzelfall kann der Darlehensgeber einen höheren oder der Dar

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Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

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Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 21.05.2008 geschlossene Darlehensvertrag, Nr. 264440-01, über nominell 115.000,00 € durch die Widerrufserklärung des Klägers vom 21.03.2014 unwirksam geworden ist.

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand 2Die Kläger begehren Feststellung,

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Amtsgericht Ebersberg Endurteil, 15. Jan. 2019 - 7 C 663/18

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Tenor 1. Der Geschäftswert für die außergerichtliche Rechtsanwaltstätigkeit zur Kündigung eines Darlehensvertrages bestimmt sich nach der Differenz zwischen der Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers bei Vertragserfüllung und be

Referenzen

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 219/08 Verkündet am:
9. Dezember 2009
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 307 Ba, Ci, Cl; 312c, 312d, 346, 355, 356, 357; BGB-InfoV §§ 1, 14

a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform
eBay zu schließenden Kaufverträgen verwendet werden, hält folgende
Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand:
"[Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines
Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben.] Die Frist beginnt frühestens
mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung."

b) Aus dem Erfordernis einer möglichst umfassenden, unmissverständlichen und aus
dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Rückgabebelehrung lässt sich keine
Pflicht ableiten, für jeden im Fernabsatz angebotenen Artikel gesondert anzugeben
, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht.

c) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vorgenannten Art hält folgende Klausel
der Inhaltskontrolle nicht stand:
"[Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen
zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu
geben.] Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies
gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie
sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen
ist."
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08 - OLG München
LG München I
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni 2008 - auch im Kostenpunkt - teilweise aufgehoben und das Urteil des Landgerichts München I, 12. Zivilkammer, vom 24. Januar 2008 teilweise geändert.
Die Klage wird bezüglich der Klausel "Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen - zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; - zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder - zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten." abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten der Rechtsmittelinstanzen tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er ist in die gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) bei dem Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen. Die Beklagte betreibt über die Internethandelsplattform eBay Handel unter anderem mit Heimtextilien, Kinder- und Babybekleidung sowie Babyausstattungen. Auf der bei eBay bestehenden Internetseite der Beklagten können durch Anklicken des unterstrichenen Worts "AGB" ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und ausgedruckt werden. Darin heißt es unter anderem: "Die M. Versandhaus GmbH [Beklagte] (…) bietet Kunden ihr Sortiment unter anderem auch über den Online Marktplatz eBay zum Kauf an. Für die auf diesem Marktplatz begründeten Geschäftsbeziehungen zum Kunden gelten die nachstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). 4. Rückgaberecht und -folgen [im Folgenden im Original im Fettdruck hervorgehoben:] Verbrauchern steht nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge in Bezug auf die gekauften Artikel ein Rückgaberecht nach Maßgabe der folgenden Belehrung zu: 4.1 Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung. Nur bei nicht paketversandfähiger Ware (...) kann die Rückgabe auch durch Rücknahmeverlangen in Textform, also z.B. per Brief, Fax oder eMail erklärt werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware oder des Rücknahmeverlangens. In jedem Fall erfolgt die Rücksendung auf Kosten und Gefahr der M. Versandhaus GmbH. (…) 4.3 Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen • zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefer- tigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; • zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder • zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten. 4.4 Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben. Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist."
2
Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung der künftigen Verwendung der Bestimmungen Ziffer 4.1 Satz 2 (im Folgenden Klausel 1), Ziffer 4.3 (im Folgenden Klausel 2) und Ziffer 4.4 Sätze 2 und 3 (im Folgenden Klausel 3) in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen sowie darauf in Anspruch, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung von nach dem 31. Dezember 2004 in dieser Form geschlossenen Kaufverträgen auf diese Bestimmungen zu berufen. Er verlangt ferner Aufwendungsersatz in Höhe von 200 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung für die von ihm mit Schreiben vom 17. Januar 2007 ausgesprochene, fruchtlos gebliebene Abmahnung.
3
Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil - hinsichtlich der Klauseln 2 und 3 und hinsichtlich des Zahlungsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und der Klage unter Ermäßigung der Zinsen auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auch hinsichtlich der Klausel 1 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag bei der Abwicklung bestehender Verträge, der ursprünglich weitergehend auf die Zeit ab dem 1. April 1977 gerichtet war, im Revisionsverfahren hinsichtlich aller drei Klauseln auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2004 beschränkt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat nur teilweise Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht (OLG München, OLGR 2008, 609 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG wegen der Klausel 1 zu. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie stelle nur auf zwei Umstände für den Beginn des Fristlaufs ab, nämlich den Erhalt der Ware und den Erhalt "dieser Belehrung". Nach dem Gesetz sei der Beginn des Fristlaufs aber noch von weiteren Voraussetzungen abhängig. Das könne der Durchschnittsverbraucher der Klausel 1 zwar entnehmen, er werde aber im Unklaren darüber gelassen, welche Voraussetzungen dies seien. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass er bei Nichterfüllung der betreffenden weiteren Voraus- setzungen die Frist irrig für bereits abgelaufen halte und von der Ausübung eines ihm an sich noch zustehenden Rückgaberechts absehe. Es könne dahinstehen , ob die Klausel 1 auch deshalb unwirksam sei, weil dem Verbraucher nicht hinreichend verdeutlicht werde, dass es für den Fristbeginn auf den Erhalt der Belehrung über das Rückgaberecht in Textform ankomme.
7
Auch die Klausel 2 verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam. Sie sei aufgrund der verwendeten Worte "entsprechend" und "unter anderem" dahin auszulegen, dass über die in der Klausel aufgeführten Ausschlussfälle hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch in weiteren nicht näher bestimmten Fällen vereinbart werde. Der Durchschnittsverbraucher werde die Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB in der Regel weder nachlesen, noch werde ihm ihr Inhalt bekannt sein. Selbst wenn dies der Fall sei, verblieben Zweifel, ob mit der Klausel nur die in § 312d Abs. 4 BGB wiedergegebenen Ausschlussfälle gemeint seien. Es bestehe die Gefahr der Benachteiligung des Verbrauchers, wenn die Beklagte ihm über die aufgeführten Fälle hinaus weitere entgegensetze, in denen kein Rückgaberecht bestehe.
8
Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch wegen der Klausel 3. Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass die Beklagte im Falle der Ausübung des Rückgaberechts Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der gekauften Sache eintretende Verschlechterung verlangen könne. In dieser Auslegung weiche die Klausel 3 von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB ab und sei deshalb unwirksam. Die Sonderregelung des § 357 Abs. 3 BGB greife nicht ein. Den Voraussetzungen von § 357 Abs. 3 BGB werde bei von der Beklagten mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen nicht genügt, weil dabei der von § 357 Abs. 3 BGB vorausgesetzte Hinweis in Textform spätestens bei Vertragsschluss nicht möglich sei. Allein das Bereithalten von Informationen über eine Internetseite erfülle die Voraussetzungen der Textform nicht. Da der Vertragsschluss zwischen der Beklagten und dem Verbraucher nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay bereits dann zustande komme, wenn der Verbraucher die Festpreis-Funktion "Sofort-Kaufen" ausübe, könne bis zu einem Vertragschluss kein Hinweis in Textform erfolgen. Davon gehe auch die Beklagte aus.
9
Wegen der Abmahnung stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.

II.

10
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Rügen der Revision greifen dagegen nicht durch. Die Klausel 1 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf den Beginn der Rückgabefrist und trägt damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt werden (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB). Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
12
a) Nach § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Rückgabefrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Beleh- rung über sein Rückgaberecht, die unter anderem einen Hinweis auf den Fristbeginn zu enthalten hat, in Textform mitgeteilt worden ist. Ziel dieser Vorschrift ist es, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher über den Beginn der Rückgabefrist eindeutig zu informieren, damit der Verbraucher über die sich daraus ergebende Berechnung ihres Ablaufs nicht im Unklaren ist. Der mit der Einräumung des befristeten Rückgaberechts beabsichtigte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (BGHZ 172, 58, Tz. 13; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14; jeweils m.w.N.).
13
b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Klausel 1 nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig.
14
aa) Die Belehrung ist nicht unmissverständlich. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), kann die Klausel 1 den Eindruck erwecken , die Belehrung sei bereits dann erfolgt, wenn er sie lediglich zur Kenntnis nimmt, ohne dass sie ihm entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in Textform mitgeteilt worden ist (aA OLG Köln, OLGR 2007, 695, 699 f.). Ein in knapper Form möglicher Hinweis - beispielsweise durch die Worte "des Erhalts dieser Belehrung in Textform" (so nunmehr auch die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV [BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten -Verordnung vom 4. März 2008, BGBl. I S. 292; dazu Föhlisch, MMR 2008, 205 f.]) - verdeutlicht dem Verbraucher dagegen, dass die Widerrufsfrist erst und nur dann zu laufen beginnt, wenn ihm die Belehrung in einer bestimmten Form zugegangen ist. Der Schwierigkeit, dass der Verbraucher - wie die Revision meint - unter Umständen den Begriff der Textform nicht kennt, kann dadurch begegnet werden, dass der Begriff erklärend definiert wird, wie dies die Beklagte selbst in Ziffer 4.1 Satz 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen tut.
15
bb) Die Belehrung ist ferner nicht möglichst umfassend. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verbraucher der Klausel 1 wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt.
16
Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Formulierung einer möglichst umfassenden und trotzdem für den durchschnittlichen Verbraucher verständlichen und seine Auffassungsbereitschaft nicht überfordernden Belehrung bei einem Fernabsatzvertrag im elektronischen Geschäftsverkehr Schwierigkeiten bereitet. Es reicht für eine umfassende Belehrung aber nicht aus, nur zwei Voraussetzungen für den Fristlauf anzugeben, wenn es möglich ist, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn des Laufs der Rückgabefrist - wenn auch gegebenenfalls unter Verweis auf die Vorschriften der § 312c Abs. 2, § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB - in kurzer Form anzugeben und dem Verbraucher dadurch zu verdeutlichen, woraus sich die weiteren Voraussetzungen für den Fristlauf ergeben (aA OLG Köln, aaO). Davon geht, wie die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV zeigt (vgl. Gestaltungshinweis 2 Satz 2 zur Anlage 3 der BGB-Informationspflichten-Verordnung, aaO), nunmehr auch der Verordnungsgeber aus.
17
c) Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Dabei kann offen bleiben, ob die Belehrung eine echte Rechtspflicht oder nur eine Obliegenheit der Beklagten darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 - Rs. C-350/03, NJW 2005, 3551, Rdnr. 98 - Schulte/Badenia; Palandt/ Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rdnr. 13; MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rdnr. 44; offen gelassen von BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, Tz. 37; vgl. auch BGHZ 109, 127, 130). Denn wenn eine Belehrung erteilt wird, muss sie ordnungsgemäß sein, um dem Schutzzweck der § 312d Abs. 1, § 355 Abs. 2 BGB Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497, Tz. 17). Das ist hier - wie ausgeführt - nicht der Fall. Es besteht deshalb die Gefahr, dass die Verbraucher über die für das Rückgaberecht bestehenden Voraussetzungen und auch darüber, ob eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist, irregeführt werden.
18
d) Zutreffend geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, dass eine gemäß § 1 UKlaG bestehende Unterlassungspflicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden kann, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511, unter II 2 c, III; BGHZ 127, 35, 37; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250, unter II). Eine Pflicht, sich bei der Abwicklung bestehender Verträge nicht auf eine bestimmte Klausel zu berufen, besteht allerdings nur dann, wenn die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - III ZR 54/02, NJW 2003, 1237, unter I 2).
19
Das war indes hinsichtlich der Klausel 1 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 312c, 355, 356 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) vorgenommenen Änderungen, sowie § 14 Abs. 2 der BGB-InformationspflichtenVerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (BGBl. I S. 3002).
20
Zwar war eine der Klausel 1 entsprechende Regelung bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 4. März 2008 (aaO) am 1. April 2008 wortgleich in dem Muster für die Rückgabebelehrung (Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 BGB-InfoV) enthalten. Das führt aber für den Zeitraum vor dem 1. April 2008 nicht zur Wirksamkeit der Klausel 1 (§ 14 Abs. 2 BGB-InfoV), weil die Beklagte - wie das Berufungsgericht von der Revision unangegriffen festgestellt hat - kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 3 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der vor dem 1. April 2008 geltenden Fassung vollständig entsprach (vgl. BGHZ 172, 58, Tz. 12). Sie kann deshalb aus § 14 Abs. 2 BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten.
21
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 2 hingegen nicht zu. Die Klausel 2 genügt - auch unter Berücksichtigung der Änderung von § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2413) - den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB).
22
a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet , für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und folglich für Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr verschiedene Versionen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden. Eine solche Pflicht lässt sich aus dem sich aus § 355 Abs. 2 BGB ergebenden Erfordernis einer möglichst umfassenden , unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Belehrung nicht ableiten.
23
aa) Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) des Rechts zum Widerruf beziehungsweise der Rückgabe nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, unter II 3 a). So liegt es hier aber schon deshalb nicht, weil die Belehrung Angaben über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rückgaberechts enthalten muss (§ 312c Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV), so dass die Angaben über die Ausschlusstatbestände einen Teil der Belehrung bilden (vgl. auch MünchKomm BGB/Wendehorst, 5. Aufl., § 312c Rdnr. 40).
24
bb) Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist auch nicht missverständlich. Es trifft zwar zu, dass über die Auslegung der Ausschlusstatbestände Zweifel bestehen (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2009 - VIII ZR 149/08, ZGS 2009, 277, Tz. 9 ff.). Diese Auslegungszweifel werden aber nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte bei - ihrer Meinung nach - den Ausschlusstatbeständen unterfallenden Fernabsatzverträgen lediglich darüber belehrt, dass ein Rückgaberecht nicht bestehe. Der Verbraucher erhielte in diesem Fall deutlich weniger Informationen, als wenn er über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände informiert wird. Dies ermöglicht dem Verbraucher vielmehr, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken.
25
b) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sämtliche in § 312d Abs. 4 BGB enthaltenen Ausschlusstatbestände in der Klausel 2 aufzuführen. Die Revision weist hinsichtlich der nicht in der Klausel 2 enthaltenen Ausschlusstatbestände zu Recht darauf hin, dass sie von vornherein in dem Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht relevant werden können und deshalb aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit nicht in die Belehrung aufgenommen wurden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil bestünde bei einer Aufnahme des Ausschlusstatbestandes des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB die Gefahr, dass der durchschnittliche Verbraucher - weil ihm nicht bekannt ist, dass die auf der Internethandelsplattfom eBay veranstalteten Online-Auktionen keine Versteigerungen im Sinn des § 156 BGB darstellen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 375/03, WM 2004, 2457, unter II 2) - fälschlich davon ausgeht, dass ein Rückgaberecht bei Online-Auktionen generell nicht besteht. Die vollständige Aufnahme der von vornherein nicht relevanten Ausschlusstatbestände mit dem erläuternden Zusatz, dass sich die Ausnahme der Nummer 5 nicht auf OnlineAuktionen bezieht, würde die Belehrung dagegen unnötig kompliziert gestalten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002, aaO).
26
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweckt die Klausel 2 aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), nicht den Eindruck, dass über die in der Klausel aufgeführten drei Ausschlusstatbestände hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch für weitere Fälle vereinbart wird, die nicht näher bestimmt sind und die von der Beklagten im Einzelfall geltend gemacht werden könnten. Der Senat kann die Auslegung der Klausel 2 unbe- schränkt nachprüfen, weil sie bundesweit Verwendung findet (st. Rspr., Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Tz. 20).
27
Das in der Klausel 2 enthaltene Wort "entsprechend" verweist im Sinne einer Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung, die - in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung - wörtlich wiedergegeben wird. Auf die den Worten "gemäß" und "entsprechend" in der juristischen Fachsprache beigelegten Bedeutungsabstufungen kommt es dabei nicht an. Vielmehr ist die Bedeutung maßgeblich, die dem Wort "entsprechend" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1983 - IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638, unter 1). Danach wird das Wort "entsprechend" synonym mit "gemäß" verwendet. Aus den verwendeten Worten "unter anderem" kann der Verbraucher ableiten, dass in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB weitere Ausschlusstatbestände genannt sind. Der Klausel 2 lässt sich deshalb nur entnehmen , dass die in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB angegebenen Ausschlusstatbestände gelten sollen, nicht aber, dass die Beklagte sich auf weitere, dort nicht genannte Fälle soll berufen dürfen.
28
Die Gefahr, dass die Beklagte dem Verbraucher unter Berufung auf die Klausel 2 missbräuchlich weitere Ausschlusstatbestände entgegenhält, mag zwar nicht auszuschließen sein. Dabei handelt es sich aber um die generell bestehende Gefahr, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer wirksamen Klausel missbräuchlich eine Bedeutung beilegt, die sie in Wirklichkeit nicht besitzt. Dagegen bietet das Unterlassungsklageverfahren keinen Schutz.
29
d) Etwas anderes gilt schließlich auch nicht, soweit § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (aaO) mit Wirkung vom 4. August 2009 geändert worden ist (aaO). Nach § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB nF, an dem der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch zu messen ist (vgl. BGHZ 160, 393, 395 m.w.N.), besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Der Umstand, dass die Klausel 2 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung die nunmehr in § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB enthaltene, die telefonische Abgabe der Vertragserklärung betreffende Gegenausnahme nicht aufführt, ist vorliegend allerdings unschädlich. Der Kläger macht Unterlassungsansprüche nur wegen mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließende Kaufverträge geltend, so dass ein Fall, in dem die Voraussetzungen der Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 BGB erfüllt sind, von vornherein nicht gegeben sein kann.
30
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 3 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
31
a) Nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB hat der Schuldner im Falle des Rücktritts Wertersatz zu leisten, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht. Abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB hat der Verbraucher im Fall der Ausübung eines Rückgaberechts gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist (§ 357 Abs. 3 Satz 2 BGB).
32
Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19; im Folgenden: Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Verkäufer vom Verbraucher für die Nutzung einer durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekauften Ware in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie stehen jedoch nicht einer Verpflichtung des Verbrauchers entgegen, für die Benutzung der Ware Wertersatz zu leisten, wenn er sie auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbare Art und Weise benutzt hat, sofern die Zielsetzung der Richtlinie und insbesondere die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf nicht beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 3. September 2009 - Rs. C-489/07, NJW 2009, 3015 - Messner/Krüger).
33
b) Es kann hier offen bleiben, wie die Vorschrift des § 357 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. September 2009 (aaO) auszulegen ist (vgl. Lapp, jurisPR-ITR 19/2009 Anm. 2, unter D). Denn die Klausel 3 ist bereits deshalb unwirksam, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB - unabhängig von den sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs (aaO) hinsichtlich der Auslegung der Vorschriften der §§ 312d, 355, 357, 346 BGB stellenden Fragen - nicht genügt. Die formularmäßige Verwendung dieser nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
34
Zwar erfordert das Gesetz keine umfassende, alle möglicherweise in Betracht kommenden Fallgestaltungen berücksichtigende Belehrung über die für den Fall der Ausübung des Rückgaberechts eintretenden Rechtsfolgen (§§ 346 ff. BGB). Die Belehrung muss aber einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB enthalten. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der seit dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004; BGBl. I S. 3102), der die Überschrift zu § 357 BGB wiederholt (vgl. BT-Drs. 15/2949, S. 26). Es folgt ferner aus der Entstehungsgeschichte von § 312 Abs. 2 BGB, weil diese Vorschrift geschaffen wurde, um einen Gleichlauf der Belehrungspflichten über die Rechtsfolgen bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften zu erreichen (vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 190 f.).
35
Wenn - wovon das Berufungsgericht ausgeht - die Erteilung eines den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweises bei Vertragsschlüssen über eBay von vornherein ausgeschlossen ist, weil der Vertrag zustande kommt, ohne dass der erforderliche Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erteilt werden kann (str.; so auch OLG Stuttgart, ZGS 2008, 197, 200; KG, MMR 2008, 541, 543), ist die Klausel 3 unwirksam, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung kein Wertersatz zu leisten ist (vgl. Gestaltungshinweis 6 zu Anlage 3 BGB-InfoV).
36
Selbst wenn aber - wie die Revision meint - die Beklagte einen den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweis in der erforderlichen Textform auch noch bis zum Erhalt der Ware erteilen könnte (§ 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB; so OLG Hamburg, OLGR 2007, 657 f.), müsste die Klausel 3 jedenfalls darauf hinweisen, dass eine Wertersatzpflicht für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur unter dieser Voraussetzung besteht (§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV). Auch das ist hier nicht der Fall.
37
c) Ein Verbot der Klausel im abstrakten Kontrollverfahren ist - anders als die Revision meint - auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beklagte die Möglichkeit hat, im Einzelfall oder auch generell einen Hinweis gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB gesondert zu erteilen und damit die Voraussetzungen für das Bestehen einer Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme (noch) zu schaffen (vgl. BGHZ 116, 1, 3). Eine solche etwaige gesonderte Hinweiserteilung ist ein Merkmal der konkreten Fallgestaltung, das nicht Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deshalb bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im Unterlassungsverfahren außer Betracht bleiben muss (BGHZ 116, 1, 5).
38
d) Wie bereits ausgeführt, erstreckt sich die Unterlassungspflicht - unter der Voraussetzung, dass die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist - auch auf diejenigen Fälle, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will. Das war hinsichtlich der Klausel 3 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 357, 346 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (aaO) sowie § 10 Abs. 1 Nr. 10 der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (aaO), jeweils mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (aaO) vorgenommenen Änderungen.
39
4. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Kläger wegen der Abmahnung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in der geltend gemachten und von der Revision nicht angegriffenen Höhe zusteht (§ 5 UKlaG, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG). Der Anspruchsberechtigte kann die Kostenpauschale auch dann in voller Höhe verlangen, wenn die Abmahnung nur zum Teil berechtigt war (BGHZ 177, 253, Tz. 50 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

III.

40
Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen der Klausel 2 zurückgewiesen hat. Es ist daher wie aus dem Tenor ersichtlich aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wegen der Klausel 2 ist die Unterlassungsklage nach dem oben Ausgeführten abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen. Ball Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger Dr. Hessel ist erkrankt und daher gehindert, zu unterschreiben. Ball Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.01.2008 - 12 O 12049/07 -
OLG München, Entscheidung vom 26.06.2008 - 29 U 2250/08 -

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 52/12 Verkündet am:
16. Oktober 2013
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG a.F. § 8 Abs. 4 Satz 1 und 4 in der Fassung vom 17. Dezember 1990; HWiG §
2 Abs. 1 Satz 2 und 4 in der Fassung vom 16. Januar 1986; VerbrKrG § 7 Abs. 2
Satz 2 und 3 in der Fassung vom 17. Dezember 1990
1. Die Kündigung eines Versicherungsvertrages steht einem späteren Widerruf jedenfalls
dann nicht entgegen, wenn der Versicherungsnehmer über sein Widerrufsrecht
nicht ausreichend belehrt wurde.
2. Das Widerrufsrecht gemäß § 8 Abs. 4 VVG a.F. erlischt bei analoger Anwendung
der Regelungen in §§ 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG und § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach
beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2013

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages.
2
Dessen Abschluss beantragte er bei der Beklagten im März 1993 mit Wirkung ab April 1993. Auf der zweiten Seite des vom Kläger unterzeichneten Antragsformulars ist am Ende eines Absatzes mit Hinweisen zu verschiedenen Punkten eine Widerrufsbelehrung abgedruckt. Zwischen diesem Absatz und der Unterschriftszeile befindet sich ein weiterer Absatz mit anderen Informationen. Beide Absätze sind im Antragsformular nicht durch die Schriftgröße, aber insgesamt durch Fettdruck hervorgehoben.

3
Nachdem der Kläger ab Vertragsbeginn sieben Jahre lang die monatlichen Prämien gezahlt hatte, kündigte er im Februar 2000 die Lebensversicherung , woraufhin die Beklagte 3.240,17 DM als Rückkaufswert auszahlte. Zehn Jahre später ließ der Kläger durch anwaltliches Schreiben vom 15. Februar 2010 erklären, dass "dem Vertragsabschluss … gemäß § 5a VVG a.F. widersprochen" werde, und die Rückzahlung al- ler geleisteten Prämien zuzüglich Anlagezinsen abzüglich des ausgezahlten Rückkaufswertes fordern.
4
Der Kläger meint, in dem Widerspruch liege ein wirksamer Widerruf nach § 8 Abs. 4 VVG in der vom 1. Januar 1991 bis zum 28. Juli 1994 gültigen Fassung. Die Belehrung im Antragsformular sei nicht ausreichend , da nicht gewährleistet sei, dass der Antragsteller hiervon Kenntnis nehme. Daher habe die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Klägers ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, der auf Widerruf seiner Vertragserklärung gestützte Bereicherungsansprüche weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist unbegründet.
7
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam widerrufen worden. Ein Widerrufsrecht ergebe sich nicht aus dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses anwendbaren § 8 Abs. 4 VVG in der vom 1. Januar 1991 bis zum 28. Juli 1994 gültigen Fassung, da die Widerrufsfrist von zehn Tagen nach Unterzeichnung des Antrags abgelaufen sei. Der Kläger sei über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden. Eine besondere drucktechnische Gestaltung der Belehrung sei nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. nicht erforderlich. Sie müsse, um ihren Zweck zu erreichen, umfassend, unmissverständlich und aus Sicht des Versicherungsnehmers eindeutig sein. Diesen Anforderungen genüge die Belehrung, die im Antragsformular in Fettschrift unmittelbar über der Unterschriftszeile abgedruckt sei. Auf die Frage der Rechtsfolgen einer unterbliebenen Belehrung komme es daher nicht an.
8
Offen bleiben könne auch, ob mit dem Versicherungsvertrag eine Zahlungserleichterung im Sinne des bis zum 31. Dezember 2001 gültigen § 1 Abs. 2 VerbrKrG verbunden gewesen sei, da nach § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG das Widerrufsrecht spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers erloschen sei.
9
Im Übrigen stehe einem Widerruf entgegen, dass sich der Kläger für die Durchführung des Vertrages und die Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen entschieden habe; damit sei sein Wahlrecht erloschen.
10
II. Das Berufungsurteil hält im Ergebnis der rechtlichen Überprüfung stand. In dem Widerspruch "gemäß § 5a VVG a.F." liegt kein wirksamer Widerruf nach § 8 Abs. 4 VVG in der vom 1. Januar 1991 bis zum 28. Juli 1994 gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.).

11
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4 VVG a.F. ausgegangen. § 5a VVG in der ab dem 29. Juli 1994 gültigen Fassung findet nach Art. 16 § 11 des Dritten Durchführungsgesetzes /EWG zum VAG vom 21. Juli 1994 (BGBl. 1994 I, S. 1630) keine Anwendung auf Versicherungsverträge, die - wie hier - bis zum 31. Dezember 1994 zu von der Aufsichtsbehörde genehmigten Versicherungsbedingungen geschlossen wurden.
12
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war allerdings die in § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. bestimmte Widerrufsfrist von zehn Tagen ab Unterzeichnung des Versicherungsantrages zum Zeitpunkt des Widerrufs im Februar 2010 noch nicht abgelaufen, da der Kläger nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. belehrt worden war. Die Widerrufsfrist beginnt in entsprechender Anwendung der Regelungen in § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG in der Fassung vom 16. Januar 1986 und § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der Fassung vom 17. Dezember 1990 erst mit einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Belehrung über das Widerrufsrecht.
13
a) Der Kläger ist nicht im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. über sein Widerrufsrecht belehrt worden.
14
aa) Ihrem Wortlaut nach enthält die Vorschrift zwar keine über die Schriftlichkeit hinausgehenden Vorgaben zur Form der Belehrung. In zwei Beschlüssen vom 16. November 1995 hat der Bundesgerichtshof jedoch zu § 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. klargestellt, dass eine gesetzlich angeordnete Belehrung, damit sie ihren Zweck erreichen kann, inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht der Verbraucher eindeutig sein muss. Weiter erfordert der Zweck einer solchen Vorschrift, dem auch der Sinngehalt des Wortes "Belehrung" entspricht, eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt. Deshalb kann nur eine Erklärung, die darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das Wissen, um das es geht, zu vermitteln, als Belehrung angesehen werden (BGH, Beschlüsse vom 16. November 1995 - I ZR 25/94, VersR 1996, 221 unter I 2 und I ZR 175/93, VersR 1996, 313 unter II 1; ebenso KG r+s 2003, 98; zustimmend:Johannsen/ Johannsen in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Bd. 3 Anm. E7 S. 302; ähnlich OLG Stuttgart VersR 1995, 202, 204; für eine drucktechnisch deutlich gestaltete Belehrung: Prölss in Prölss/Martin, VVG 25. Aufl. § 8 Anm. 10; Claussen, JR 1991, 360, 363; Schimikowski, ZfV 1991, 632, 635;Teske, NJW 1991, 2793, 2798; a.A.: Koch, VersR 1991, 725, 729).
15
bb) Die Form der Belehrung im Antragsformular genügt diesen Anforderungen nicht; sie ist zur Aufklärung des Versicherungsnehmers über sein Widerrufsrecht nicht geeignet. Die Belehrung ist am Ende eines längeren Absatzes abgedruckt, der weitere Informationen, unter anderem über das Erfordernis wahrheitsgemäßer Angaben, über die Unzweckmäßigkeit der Aufgabe einer bestehenden Versicherung, über die Verwendung der Beiträge und über die Entwicklung der Rückkaufswerte enthält. Innerhalb dieses Absatzes ist der Hinweis auf das Widerrufsrecht nicht hervorgehoben; vielmehr ist der Absatz insgesamt fettgedruckt. Der Hinweis steht nicht unmittelbar über der Unterschrift des Versicherungsnehmers , sondern ihm folgt noch ein weiterer, ebenfalls fettgedruckter Absatz mit Hinweisen auf die auf der Rückseite abgedruckten Erklärungen und Informationen zu den einzelnen Versicherungsarten. Weder der Fettdruck noch die Stellung der Belehrung im Antragsformular reichen daher aus, um eine Kenntnisnahme des Versicherungsnehmers hiervon zu gewährleisten.
16
b) Mangels ordnungsgemäßer Belehrung hatte der Lauf der Widerrufsfrist nicht mit Antragsunterzeichnung begonnen.
17
aa) In § 8 Abs. 4 VVG a.F. findet sich zu den Folgen einer fehlenden oder nicht ausreichenden Belehrung keine Regelung. Dagegen hatte der Gesetzgeber in dem am selben Tag in Kraft getretenen § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 VerbrKrG ausdrücklich bestimmt, dass der Lauf der Widerrufsfrist erst mit Aushändigung einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Belehrung beginnt (Satz 2) und dass bei Fehlen der Belehrung das Widerrufsrecht erst nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung, spätestens jedoch ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers erlischt (Satz 3). Auch nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG in der vom 1. Mai 1986 bis 30. September 2000 gültigen Fassung setzt der Lauf der Widerrufsfrist die ordnungsgemäße Belehrung voraus; nach § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG erlischt das Widerrufsrecht bei Fehlen der Belehrung erst einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung.
18
bb) Zu der Frage, ob auch in Fällen des § 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. der Beginn der Widerrufsfrist von einer Belehrung abhängt, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.
19
Ein Teil der Literatur legt diese Vorschrift dahin aus, dass der Lauf der Widerrufsfrist erst mit der schriftlichen ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung beginnt (Prölss in Prölss/Martin, VVG 25. Aufl. § 8 Anm. 10; Johannsen/Johannsen in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Bd. 3 Anm. E7 S. 303; Koch, VersR 1991, 725, 729; ohne Begründung Präve, VW 1991, 488, 489). Zur Begründung dieser Rechtsfolge wird auch auf eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG und des § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG zurückgegriffen (Sieg, VersR 1992, 1; wohl auch Schimikowski , ZfV 1991, 632, 635 f.) oder der Einwand der Fristversäumung als treuwidrig angesehen (Claussen, JR 1991, 360, 363). Eine Verbindung zwischen ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung und Lauf der Widerrufsfrist wird weiter daraus abgeleitet, dass § 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. eine vorvertragliche Informationspflicht des Versicherers normiere, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers aus Verschulden bei Vertragsschluss auslöse. Da der Versicherungsnehmer einen Anspruch habe, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung stünde, könne er sein Widerrufsrecht auch nach Ablauf der Widerrufsfrist noch ausüben (Teske, NJW 1991, 2793, 2798 f.).
20
Demgegenüber folgern andere aus dem Fehlen einer Regelung zu den Auswirkungen der unterlassenen bzw. nicht ordnungsgemäßen Belehrung in § 8 Abs. 4 VVG a.F.unter Berücksichtigung der Regelungen im Haustürwiderrufsgesetz und im damals neuen Verbraucherkreditgesetz, dass die Regelungslücke vom Gesetzgeber gewollt sei, so dass eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG oder des § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG nicht in Betracht komme (OLG München VersR 1995, 1037, 1038; zustimmend Römer in Römer/Langheid, VVG 1. Aufl. § 8 Rn. 68; AG Heidenheim VersR 1992, 558; AG Köln VersR 2000, 41, 42).
21
cc) Die zuerst genannte Meinung ist zutreffend. Nur eine Anknüpfung des Beginns der Widerrufsfrist an eine ordnungsgemäße Belehrung wird dem Zweck der Widerrufsbelehrung gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 4 VVG a.F. lässt sich entnehmen, dass durch die Regelung eine Verbesserung des Verbraucherschutzes erreicht und zu diesem Zweck - im Hinblick auf die Bereichsausnahme für das Versicherungswesen in § 6 Nr. 2 HWiG - eine versicherungsvertragsrechtliche Spezialnorm geschaffen werden sollte. Dort heißt es weiter: "Wegen der Bedeutung der Belehrung über das Widerrufsrecht bedarf die Belehrung der Schriftform" (BT-Drucks. 11/8321, S. 12). Mit dem Ziel des Verbraucherschutzes und der vom Gesetzgeber hervorgehobenen Bedeutung der Widerrufsbelehrung, die in der ausdrücklichen Normierung des Erfordernisses einer schriftlichen Belehrung zum Ausdruck kommt, lässt sich eine Folgenlosigkeit ihres Fehlens nicht vereinbaren. Das in § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. eingeräumte Recht, den Vertrag binnen einer Frist von zehn Tagen nach Unterzeichnung des Versicherungsantrags zu widerrufen , lässt sich nur realisieren, wenn der Versicherungsnehmer hiervon auch Kenntnis erlangt oder zumindest die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Ein Verweis des Versicherungsnehmers auf einen Schadenersatzanspruch ist für einen effektiven Verbraucherschutz nicht ausreichend , da dem Versicherungsnehmer der Nachweis obläge, dass die Verletzung der Pflicht zur Widerrufsbelehrung ursächlich für den Vertragsschluss bzw. das Festhalten am Vertrag geworden und dass ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2006 - XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109 Rn. 43).
22
Einer derartigen teleologischen Auslegung steht zwar der Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. entgegen, der den Lauf der Widerrufsfrist allein an die Unterzeichnung des Antrags knüpft. Das Gesetz enthält angesichts der mit ihm bezweckten Stärkung der Verbraucherrechte aber eine planwidrige Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwen- dung der Regelungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG und des § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG, die ebenfalls einen effektiven Verbraucherschutz gewährleisten sollen, geschlossen werden kann. Beide Regelungen sehen vor, dass der Lauf der Widerrufsfrist erst mit Aushändigung einer ordnungsgemäßen Belehrung beginnt. Der zugrunde liegende Gesetzeszweck, dass ein Widerrufsrecht nur dann zum Verbraucherschutz geeignet ist, wenn der Lauf der Widerrufsfrist erst mit Erfüllung der Verpflichtung zur Belehrung über dieses Recht beginnt, lässt sich auf das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. übertragen.
23
3. Das Widerrufsrecht ist jedoch nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung im Jahr 2000 erloschen.
24
a) Allerdings schließt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die zuerst erklärte Kündigung des Versicherungsvertrages den späteren Widerruf nicht aus. Zwar vertreten Teile der Rechtsprechung und des Schrifttums die Auffassung, dass die Kündigung eines Vertrages einem späteren Widerruf generell entgegenstehe, wie Teile der Rechtsprechung und des Schrifttums meinen (so: OLG Karlsruhe r+s 2013, 483; OLG Celle , Urteil vom 2. Februar 2012 - 8 U 125/11, juris Rn. 45; OLG Hamm, Beschluss vom 31. August 2011 - 20 U 81/11, juris Rn. 15 f.; OLG Koblenz , Beschluss vom 6. Juni 2011 - 10 U 162/11, nicht veröffentlicht; OLG Stuttgart, VersR 2011, 786 Rn. 4; LG Karlsruhe, Urteil vom 30. September 2011 - 9 S 266/11, S. 6 ff., nicht veröffentlicht; LG Köln, Urteil vom 18. August 2010 - 26 S 39/09, S. 7 f., nicht veröffentlicht; a.A.: LG Aachen, Urteil vom 11. Februar 2011 - 9 O 231/10, S. 10 f., nicht veröffentlicht). Dies ist jedenfalls für den hier zu beurteilenden Fall abzulehnen , in dem der Versicherungsnehmer sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerruf bereits mangels ausreichender Belehrung über sein Widerrufsrecht nicht sachgerecht ausüben konnte. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht ist nicht sichergestellt , dass dem Versicherungsnehmer zur Zeit der Kündigung bewusst ist, neben dem Kündigungsrecht ein Recht zum Widerruf zu haben, um so die Vor- und Nachteile einer Kündigung gegen die eines Widerrufs abwägen zu können.
25
b) Das Erlöschen des Widerrufsrechts des Klägers aus § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. folgt jedoch aus einer entsprechenden Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG bzw. § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG. Danach erlischt ein Widerrufsrecht nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung.
26
aa) Allerdings ist streitig, ob das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. bei Fehlen einer ausreichenden Belehrung unbegrenzt ist (so Prölss in Prölss/Martin, VVG 25. Aufl. § 8 Anm. 10) oder nach vollständiger Leistungserbringung (so Koch, VersR 1991, 725, 729;Schimikowski, ZfV 1991, 632, 636).
27
bb) Letzteres trifft zu. Die Regelungslücke des § 8 Abs. 4 VVG a.F. hinsichtlich der Folgen der fehlenden oder nicht ordnungsgemäßen W iderrufsbelehrung (s.o. unter b cc) ist nicht allein durch die entsprechende Anwendung der § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG und § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG beseitigt, wonach der Lauf der Widerrufsfrist erst mit der ordnungsgemäßen Belehrung beginnt. Dies führte bei Fehlen der Widerrufsbelehrung zu einem grundsätzlich zeitlich unbegrenzten Widerrufsrecht bei im Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis 28. Juli 1994 geschlossenen Versicherungsverträgen, während die im selben Zeitraum gültigen Regelungen des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgeset- zes ein solches zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht nicht vorsahen. Die planwidrige Regelungslücke erstreckt sich daher auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Widerrufsrecht bei fehlender Belehrung erlischt.
28
Diese Regelungslücke ist durch eine analoge Anwendung der an § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG und § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG anknüpfenden Regelungen in § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG und § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG zu schließen, wonach das Widerrufsrecht nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung erlischt (vgl. zu § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG: BGH, Urteil vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 15 ff.). Der diesen Erlöschenstatbeständen zugrunde liegende Rechtsgedanke lässt sich auf das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. übertragen. Mit dem Erlöschen des Widerrufsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung wollte der Gesetzgeber Rechtssicherheit schaffen (so zu § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG: BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, NJW-RR 2005, 180 unter II 5 zu; Fischer /Machunsky, HWiG 2. Aufl. § 2 Rn. 57); ein insgesamt abgeschlossener Sachverhalt sollte nicht rückwirkend wieder aufgegriffen werden (BGH aaO). Die Regelungen beruhen auf der Überlegung, dass für einen Widerruf deshalb kein Anlass mehr besteht, weil das Schuldverhältnis durch einen "lückenlosen" Leistungsaustausch zwischen den Parteien abgewickelt worden ist (Staudinger/Kessal-Wulf, BGB 13. Aufl. § 7 VerbrKrG Rn. 48; ähnlich MünchKomm-BGB/Ulmer, 3. Aufl. § 7 VerbrKrG Rn. 31; Bülow, VerbrKrG 2. Aufl. § 7 Rn. 38a). Zwar kann der Widerrufsberechtigte auch nach Beendigung eines Vertrages und Erlöschen der beiderseitigen Leistungspflichten noch ein Interesse an einer Rückabwicklung des Vertrages haben; daher schließt die Kündigung einen späteren Widerruf nicht generell aus (s.o. unter a). Die im Haus- türwiderrufsgesetz und Verbraucherkreditgesetz geregelten Erlöschenstatbestände basieren jedoch auf dem Gedanken, dass bei beiderseits vollständiger Leistungserbringung dieses Interesse des Widerrufsberechtigten gegenüber dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zurücktreten soll.
29
cc) Das Erlöschen des Widerrufsrechts aus § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. nach vollständiger beiderseitiger Leistungserbringung verstößt nicht gegen Europarecht, insbesondere nicht gegen die Vorgaben der Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 (Zweite Richtlinie Lebensversicherung) und der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung). Der Europäische Gerichtshof hat für Haustürgeschäfte die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG a.F. als richtlinienkonform angesehen (EuGH, Urteil vom 10. April 2008, Rs. C-412/06, NJW 2008, 1865 Rn. 40-45 - "Hamilton"). Die Befristung des Widerrufsrechts ab der vollständigen Erbringung der Leistung sei auch bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 (Richtlinie über Haustürgeschäfte) zu vereinbaren, wonach der Verbraucher das Recht besitze, von der eingegangenen Verpflichtung zurückzutreten. Die Verwendung des Begriffs "Verpflichtung" in der Richtlinie weise darauf hin, dass das Widerrufsrecht ausgeübt werden könne, es sei denn, dass für den Verbraucher aufgrund der vollständigen Durchführung des Vertrages keine Verpflichtungen aus dem Vertrag mehr bestünden (EuGH aaO Rn. 42). Anhaltspunkte, dass für vollständig abgewickelte Lebensversicherungsverträge ein weitergehendes Schutzniveau gelten soll, ergeben sich weder aus der Richtlinie 90/619/EWG noch aus der Richtlinie 92/96/EWG.

30
dd) Die Parteien hatten vor Erklärung des Widerrufs ihre beiderseitigen Leistungen vollständig erbracht. Die Kündigung des Vertrages im Februar 2000, die zum 1. April 2000 wirksam wurde, hat die Verpflichtung des Klägers zur Prämienzahlung beendet und den Anspruch auf den Rückkaufswert ausgelöst. Mit anschließender Auszahlung des Rückkaufswertes haben die Parteien den Vertrag einvernehmlich beendet. Unerheblich ist, dass aufgrund der vorzeitigen Kündigung des Lebensversicherungsvertrages die für die gesamte Vertragslaufzeit vereinbarten Pflichten, d.h. insbesondere die Pflicht des Klägers zur Beitragszahlung und die Pflicht der Beklagten zur Auszahlung der Ablaufleistung, nicht vollständig erfüllt worden sind. Denn die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages und anschließende Auszahlung des Rückkaufswertes ist als eine Möglichkeit der Vertragsbeendigung im Vertragsverhältnis angelegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats zählt zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei einer Lebensversicherung auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages; das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 - IV ZR 208/09, VersR 2010, 1067 Rn. 13; vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02, VersR 2003, 1021 unter II 2 b; vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99, VersR 2000, 709 unter II 3 a; so bereits BGH, Urteil vom 17. Februar 1966 - II ZR 286/63, BGHZ 45, 162, 167). Von einer vollständigen Leistungserbringung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - den Rückkaufswert akzeptiert hat.
31
ee) Keiner Entscheidung bedarf hier die Frage, ob das Widerrufsrecht aus § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG unmittelbar nach beiderseitiger Leistungserbringung oder ent- sprechend § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG erst einen Monat später erlischt, da der Kläger den Vertrag erst zehn Jahre nach der einvernehmlichen Abwicklung widerrufen hat.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 24.05.2011- 2 O 279/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.02.2012- 8 U 124/11 -

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 181/13 Verkündet am:
16. Mai 2014
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nachbarn
(hier: durch unterirdisch verlegte Leitungen) jahrzehntelang gestattet hat, verliert
hierdurch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend seine Ansprüche
aus § 1004 BGB geltend zu machen.
BGH, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13 - LG Frankenthal
AG Bad Dürkheim
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Czub und Dr. Roth, die Richterin Dr. Brückner und den Richter Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 29. Mai 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Grundstücke der Beklagten sind mit Wochenendhäusern bebaut; das Grundstück der Klägerin ist noch unbebaut.
2
Alle Grundstücke liegen an einem Wirtschaftsweg, in dem das Stromkabel des Elektrizitätsunternehmens verlegt worden ist. Die von einem Zählerkasten auf dem Wege verlegten Anschlussleitungen zu den Grundstücken der Beklagten durchqueren unterirdisch das Grundstück der Klägerin. Die Anschlussleitungen wurden im Jahre 1979 von den damaligen Eigentümern der bebauten Grundstücke, dem Beklagten zu 1 und den Eheleute E. und Er. G. , in Eigenregie hergestellt und mit Zustimmung von Er. G. , dem damaligen Eigentümer des unbebauten Grundstücks, so verlegt. Eine dingliche Absicherung der Inanspruchnahme dieses Grundstücks durch die Leitungen erfolgte nicht.
3
Ende 2010 kaufte die Beklagte zu 2 das bebaute Grundstück der Eheleute G. . Diese gaben in dem Kaufvertrag an, dass das Wochenendhaus über Anschlüsse für Strom und Telefon verfüge. Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 31. Mai 2011 von Er. G. das unbebaute Grundstück. In der Bestimmung zur Gewährleistung (§ 4 des notariellen Vertrags) wurde die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen. § 4 Abs. 9 enthält folgende Erklärung des Verkäufers: „Nach Angaben des Verkäufers befinden sich im an den Vertrags- gegenstand angrenzenden Weg Strom- und Telefonkabel. Im Vertragsgegenstand ist derzeit lediglich ein Leerrohr-Anschluss für Strom vorhanden.“
4
Die Klägerin, die auf dem erworbenen Grundstück ein Wochenendhaus errichten möchte, hat von den Beklagten verlangt, die Stromleitungen von ihrem Grundstück zu entfernen. Das Amtsgericht hat die Klage mit den Anträgen, die Beklagten zur Entfernung der Stromleitungen zu verurteilen (Hauptantrag), festzustellen , dass die Klägerin berechtigt ist, dass Erdkabel zu kappen und selbst zu beseitigen (Hilfsantrag) sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 899,40 € zzgl. Zinsen zu zahlen, insgesamt abgewiesen. Das Landgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung dem Hilfsantrag stattgegeben. Mit der von dem Landgericht im Umfang des zuerkannten Feststellungsantrags zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung auch dieses Antrags erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne zwar den Beseitigungsanspruch des Eigentümers gegen den Störer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr durchsetzen; sie sei aber weiterhin berechtigt, die Störung ihres Eigentums durch die Stromleitungen auf eigene Kosten zu beseitigen, weil sie zu deren Duldung nicht verpflichtet sei. An die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Voreigentümers Er. G. sei die Klägerin nicht gebunden. Sie habe im Kaufvertrag auch keine entsprechenden Verpflichtungen gegenüber den Beklagten übernommen. Gesetzliche Duldungspflichten aus dem Anschlussrecht der Elektrizitätsunternehmen oder aus dem Notleitungsrecht des Nachbarn bestünden ebenfalls nicht, da es sich bei den Stromleitungen nicht um Leitungen des Energieversorgers handele und die Grundstücke der Beklagten ohne die Inanspruchnahme fremder Grundstücke an das Stromnetz angeschlossen werden könnten, ohne dass dies mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Das Recht der Klägerin, die Störung selbst zu beseitigen, sei auch nicht verwirkt. Selbst wenn der Beseitigungsanspruch von Er. G. wegen der sehr lange Zeit hingenommenen Beeinträchtigung dem Einwand der Verwirkung ausgesetzt gewesen sein sollte, wirkte dies nicht zu Lasten der Klägerin. Andernfalls entstünde eine aus dem Grundbuch nicht ersichtliche, dauernde quasi dingliche Belastung, die dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremd sei.

II.

6
Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Hilfsantrag im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
7
Gegenstand der revisionsrechtlichen Prüfung ist, da die Revision nur in Bezug auf diesen Teil der Entscheidung zugelassen und eine Anschlussrevision nicht erhoben worden ist, allein die Entscheidung über den hilfsweise geltend gemachten Antrag auf Feststellung des Rechts der Klägerin, die in ihrem Grundstück befindlichen, der Stromversorgung der Grundstücke der Beklagten dienenden Kabel selbst zu beseitigen. Dazu ist die Klägerin berechtigt.
8
1. Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 28. Januar 2011 - V ZR 141/10, NJW 2011, 1068 Rn. 9 und V ZR 147/10, NJW 2011, 1069 Rn. 16, 18) davon aus, dass der Eigentümer nicht deshalb, weil er seinen Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Störer wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr durchzusetzen vermag, die Störung auch in Zukunft hinnehmen muss. Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs begründet kein Recht des Störers auf Duldung nach § 1004 Abs. 2 BGB. Der Eigentümer ist vielmehr auf Grund seiner Befugnisse aus § 903 Satz 1 BGB berechtigt, die Beeinträchtigung seines Eigentums durch Entfernung des störenden Gegenstands von seinem Grundstück selbst zu beseitigen (Senat, Urteile vom 28. Januar 2011 - V ZR 141/10 und V ZR 147/10, aaO).
9
2. Anders ist es allerdings, wenn der Eigentümer nach § 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, die Beeinträchtigung zu dulden. Die Störung stellt sich dann nicht als eine Verletzung der Eigentümerrechte dar. Eine Duldungspflicht im Sinne des § 1004 Abs. 2 BGB schließt daher nicht nur den Abwehranspruch gegen den Störer, sondern auch das Recht des Eigentümers aus, die Störung selbst auf eigene Kosten zu beseitigen. Die Klägerin ist jedoch nicht zur Duldung der in ihrem Grundstück befindlichen Hausanschlussleitungen der Beklagten verpflichtet.
10
a) Das Bestehen gesetzlicher Duldungspflichten (nach § 8 AVBEltV bzw. § 12 Abs. 1 NAV oder aus § 26 Abs. 1 LNRG-RP) verneint das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet. Mangels Bestellung einer Leitungsdienstbarkeit nach § 1018 oder § 1090 BGB ist die Klägerin auch nicht aus einem dinglichen Recht zur Duldung der Leitungen der Beklagten verpflichtet.
11
b) Eine schuldrechtliche Verpflichtung der Klägerin gegenüber den Beklagten , deren Leitungen in ihrem Grundstück zu dulden, besteht ebenfalls nicht.
12
aa) Dass Er. G. die Verlegung der Leitungen gestattet hat, begründet keine Duldungspflicht der Klägerin, da Gestattungen des Voreigentümers den Einzelrechtsnachfolger grundsätzlich nicht binden (Senat, Urteil vom 29. Februar 2008 - V ZR 31/07, NJW-RR 2008, 827 Rn. 7 mwN).
13
bb) Einen vertraglichen Duldungsanspruch gegen den Er. G. könnten die Beklagten - da die Voraussetzungen der Vorschriften über den gesetzlichen Eintritt des Erwerbers in Miet- oder Pachtverträge (§ 566 Abs. 1, § 578 Abs. 1, § 581 Abs. 2, § 593b BGB) hier ersichtlich nicht vorliegen - der Klägerin gegenüber nur dann geltend machen, wenn diese Duldungspflichten des Veräußerers Er. G. (nach § 415 BGB oder § 328 BGB) übernommen hätte (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1004 Rn. 198). Daran fehlt es. In dem zwischen der Klägerin und Er. G. geschlossenen Kaufvertrag ist eine Übernahme von Duldungspflichten in Bezug auf die Leitungen nicht vereinbart worden. Ein dahin gehender Übernahmewille des Erwerbers kann nicht unterstellt werden, sondern muss in den Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien deutlich zum Ausdruck gekommen sein (Senat, Urteil vom 29. Februar 2008 - V ZR 31/07, NJW-RR 2008, 827; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 1004 Rn. 198). Das ist nicht der Fall.
14
(1) Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, was unter dem in § 4 Abs. 9 des Kaufvertrags bezeichneten „Leerrohr-Anschluss“ zu verstehen ist. Diese vertragliche Vereinbarung betrifft das Rechtsverhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien in Bezug auf die Ansprüche des Käufers bei Sachmängeln des Grundstücks. Wäre die Erklärung in § 4 Abs. 9 des Kaufvertrags - wie von der Revision geltend gemacht - von den Parteien übereinstimmend so verstanden worden, dass sich in dem Leerrohr auch die Stromleitungen für den Anschluss der Grundstücke der Beklagten befinden, könnte die Klägerin allerdings Er. G. nicht wegen eines (von ihm arglistig verschwiegenen) Sachmangels in Anspruch nehmen. Eine Regelung in Bezug auf Rechte Dritter ist den vertraglichen Bestimmungen in dem Paragraphen zur „Gewährleistung“ dagegen auch unter Zugrundelegung der von der Revision vorgebrachten Erklärungsbedeutung nicht zu entnehmen.
15
(2) Auch die Behauptung, der Lebensgefährte der Klägerin sei vor dem Vertragsschluss von Er. G. auf die Stromleitung hingewiesen worden, ist für diesen Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn der Klägerin die Kenntnisse ihres Lebensgefährten zuzurechnen sein sollten (zu den Voraussetzungen dafür: vgl. Senat, Urteil vom 14. Mai 2004 - V ZR 120/03, NJW-RR 2004, 1196, 1197), hätte das nur im Verhältnis der Klägerin zum Verkäufer Er. G. Bedeutung, da dann dessen Inanspruchnahme auf Grund der Kenntnis der Klägerin von dem Sachmangel ausgeschlossen wäre (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dagegen begründet die Kenntnis des Käufers von einer Beeinträchtigung der Sache durch einen Dritten keine Verpflichtung, die Stö- rung nach dem Erwerb des Eigentums zu dulden (vgl. Senat, Urteil vom 19. Dezember 1975 - V ZR 38/74, NJW 1976, 416 unter 3 - insoweit nicht in BGHZ 66, 37 abgedruckt; OLG Köln, NJW-RR 1991, 99, 101). Allein aus der Tatsache, dass der Käufer die Leitung bei Kaufvertragsschluss kennt, lässt sich insbesondere nicht auf eine konkludente Schuldübernahme- oder Schuldbeitrittsvereinbarung mit dem Verkäufer schließen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1973 - III ZR 61/70, BGHZ 60, 119, 122; Staudinger/Gursky, BGB [2013] § 1004 Rn. 198).
16
3. Das Recht der Klägerin, die Störung ihres Eigentums durch die Leitungen selbst zu beseitigen, ist nicht verwirkt.
17
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass auch diese Befugnis des Eigentümers verwirkt sein kann. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung, die im gesamten Privatrecht eingewendet werden kann (Senat, Urteil vom 30. April 1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 314; Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235, 236). Ihr unterliegen sämtliche subjektiven Rechte. Sie führt zwar nicht zum Verlust des Eigentums, wohl aber der aus ihm folgenden Ansprüche auf Störungsbeseitigung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urteil vom 16. März 1979 - V ZR 38/75, WM 1979, 644, 647; Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 10; Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 130/09, NJWRR 2010, 807 Rn. 17; Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10, BGHZ 187, 185 Rn. 24) und - in eng begrenzten Ausnahmefällen - auf Herausgabe nach § 985 BGB (Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183) sowie auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB (Senat, Urteil vom 30. April 1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 314).
18
b) Das Berufungsgericht lässt dahinstehen, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung bereits erfüllt waren, als das Grundstück noch Er. G. gehörte. Daran fehlt es indessen. Dass Er. G. gegen die von ihm gestattete Nutzung seines Grundstücks nichts unternahm , führte nicht zu einer Verwirkung seiner Rechte aus dem Eigentum.
19
aa) Die Verwirkung schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus (Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183 Rn. 8). Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senat, Urteil vom 30. April 1993 - V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 315; Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 10 jeweils mwN).
20
bb) Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum nicht, wenn er Störungen gegenüber so lange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegenüber als rechtmäßig darstellen. So verhält es sich hier, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Stromleitungen zum Anschluss der Grundstücke der Nachbarn mit Zustimmung des Veräußerers Er. G. durch das Grundstück der Klägerin verlegt wurden. Ob die Zustimmung vonEr. G. auf einer aus Gefälligkeit erteilten, jederzeit widerruflichen Gestattung (zu dieser : OLG Brandenburg, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 U 29/11, juris Rn. 32) oder auf einem zwischen ihm und seinen Nachbarn abgeschlossenen Vertrag (Leihvertrag: BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 - III ZR 28/78, WM 1980, 118, 119; Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 10/93, BGHZ 125, 293, 298; OLG Köln, OLGR 2003, 41, 44 oder Duldungsvereinbarung: Senat, Urteil vom 14. Juli 1997 - V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023; Urteil vom 24. Januar 2003 - V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954) beruhte, kann dahinstehen.
21
(1) Für den hier interessierenden Aspekt der Verwirkung der Rechte aus dem Eigentum ist entscheidend, dass die jahrzehntelange Nutzung des Grundstücks durch die Beklagten mit Erlaubnis des Eigentümers erfolgte. Hierdurch verlor dieser nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend seine Ansprüche aus § 1004 BGB geltend zu machen. Andernfalls müsste ein Grundstückseigentümer, schon um einen Rechtsverlust durch Verwirkung zu vermeiden, nach einer gewissen Zeitspanne gegen den Nachbarn vorgehen, auch wenn im Übrigen kein Anlass zum Widerruf der Gestattung oder zur Kündigung eines Leih- oder Duldungsvertrages besteht. Zugleich darf sich derjenige , der ein Nachbargrundstück nutzt, nicht darauf einrichten, dass der Eigentümer , der diese Nutzung über einen langen Zeitraum gestattet hat, auch künftig auf die Geltendmachung seiner Eigentumsrechte verzichtet. Vielmehr muss er damit rechnen, dass seine (bloß schuldrechtliche) Nutzungsbefugnis enden kann und der Eigentümer dann die Unterlassung bzw. Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen wird.
22
(2) Die Rechtslage stellt sich nicht anders dar, wenn der Eigentümer der Verlegung von Leitungen zugestimmt hat, die ihrer Natur nach darauf angelegt sind, nicht vor dem Wegfall ihres Zwecks (hier den Anschluss eines Hauses an das öffentliche Netz herzustellen) entfernt zu werden. Der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Gesichtspunkt mag zwar dazu führen , dass Verträge über die Verlegung solcher Leitungen - sofern nicht etwas anderes vereinbart wird - nicht frei widerruflich sind, sondern von dem Eigentümer nur nach § 605 Nr. 1 BGB wegen eines nicht vorhergesehenen Eigenbedarfs oder nach der allgemeinen Kündigungsvorschrift für Dauerschuldverhältnisse in § 314 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 10/93, BGHZ 125, 293, 300; Schapp, NJW 1976, 1092, 1093; Staudinger/Gursky, BGB [2005], § 1004 Rn. 194). Das ändert aber nichts daran, dass auch bei diesen Leitungen die Befugnis zur Nut- zung des Grundstücks auf einem Vertrag mit dem Eigentümer beruht und mit dem Ende des Vertragsverhältnisses erlischt und dem Eigentümer danach die Ansprüche aus § 1004 BGB zustehen.
23
cc) Offen bleiben kann, ob die Entfernung für den Nachbarn wichtiger Hausanschlussleitungen durch den (schuldrechtlich nicht mehr zur Duldung verpflichteten ) Eigentümer sich unter besonderen Umständen als eine mit Treu und Glauben (§ 242) unvereinbare unzulässige Rechtsausübung darstellen kann (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650). Denn solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.
24
c) Eine Verwirkung der Eigentümerrechte während der Besitzzeit der Klägerin, die alsbald nach dem Erwerb von den Beklagten die Beseitigung der Leitungen verlangt hat, schließt das Berufungsgericht zu Recht aus. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.

III.

25
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Czub RiBGH Dr. Roth ist infolge Krankheit an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 4. Juni 2014 Die Vorsitzende Stresemann Brückner Kazele

Vorinstanzen:
AG Bad Dürkheim, Entscheidung vom 27.03.2012 - 1 C 604/11 -
LG Frankenthal, Entscheidung vom 29.05.2013 - 2 S 161/12 -

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 33/08 Verkündet am:
10. März 2009
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Eine einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die von
einem unbefangenen rechtsunkundigen Leser dahin verstanden
werden kann, die Widerrufsfrist werde unabhängig von der Vertragserklärung
des Verbrauchers bereits durch den bloßen Zugang
des von einer Widerrufsbelehrung begleiteten Vertragsangebots
des Vertragspartners in Gang gesetzt, entspricht nicht
dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB.

b) Bilden Verbraucherdarlehensvertrag und finanziertes Geschäft
eine wirtschaftliche Einheit und ist das Darlehen dem Unternehmer
bereits teilweise zugeflossen, so hat der vom Verbraucher
erklärte Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrags
gerichteten Vertragserklärung zur Folge, dass der Darlehensgeber
im Abwicklungsverhältnis an die Stelle des Unter-
nehmers tritt. Ist das verbundene Geschäft nicht vollständig
fremdfinanziert worden, muss der Darlehensgeber dem Verbraucher
auch den von diesem aus eigenen Mitteln an den Unternehmer
gezahlten Eigenanteil zurückerstatten.
BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 10. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der durch die Streithilfe verursachten Kosten, die die Streithelferin trägt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) zur Finanzierung der Beteiligung an einer Immobilienfondsgesellschaft gewährt hat.
2
Der Kläger, ein damals 38 Jahre alter Diplomingenieur, wurde im Dezember 2002 von einem Vermittler geworben, sich über eine Treuhän- derin an der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden : Fondsgesellschaft) mit einem Anteil von 40.000 € zuzüglich 5% Agio zu beteiligen. Er leistete am 30. Dezember 2002 eine Eigenkapitalzahlung in Höhe von 10.000 € an die Fondsgesellschaft. Den Restbetrag finanzierte er über ein Darlehen bei der Beklagten, die dem Kläger hierzu ein von ihr am 14. Februar 2003 unterzeichnetes, mit "Darlehensvertrag" überschriebenes und mit einer Widerrufsbelehrung versehenes Darlehensangebot über einen Nettokreditbetrag von 32.000 € unterbreitete. In dem Vertragsformular war die Provision von 1% des Darlehensnennbetrags (323,23 €), die die Beklagte für die Darlehensvermittlung an die Fondsgesellschaft gezahlt hatte, als „Bearbeitungsgebühr“ ausgewiesen.
3
Mit Datum vom 22. Februar 2003 bestätigte der Kläger den Empfang des Vertragsangebots und der beigefügten Widerrufsbelehrung. Diese lautete auszugsweise wie folgt: "Jeder Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (...) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde. … Von dieser Widerrufsbelehrung habe/n ich/wir Kenntnis genommen : ................ ........................................ Ort, Datum Unterschrift R. B. "
4
Am 15. März 2003 unterzeichnete der Kläger den Darlehensvertrag sowie - durch gesonderte Unterschrift - die Erklärung über die Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung. Er übersandte die Vertragsurkunde der Beklagten, erbrachte bis zum 30. Dezember 2005 auf das valutierte Darlehen ratenweise Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 10.065,48 € und erhielt in diesem Zeitraum Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 €. Nachdem die Fondsgesellschaft im Frühjahr 2005 in Insolvenz geraten war, widerrief der Kläger mit Schreiben vom 5. August 2005 seine Darlehensvertragserklärung.
5
Mit seiner Klage hat er die Beklagte auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen - hilfsweise Zug um Zug gegen Übertragung seiner Gesellschaftsanteile - sowie auf Ersatz der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Zur Begründung hat er sich unter Hinweis auf die für fehlerhaft gehaltene Widerrufsbelehrung auf den Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung gestützt und sich ergänzend auf die Formnichtigkeit des Darlehensvertrags wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten berufen. Auch sei er durch die Fondsverantwortlichen arglistig getäuscht worden. Dies könne er der Beklagten entgegenhalten , da Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft seien. Sein Anspruch auf Rückzahlung der Annuitätenleistungen sei mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung nicht um die von ihm empfangenen Ausschüttungen zu kürzen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Feststellungsklage und der Zahlungsklage im Hauptantrag stattgegeben mit Ausnahme der begehrten Anwaltskosten. Mit der - vom Berufungsgericht für die Beklagte zugelassenen - Revision erstrebt diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist unbegründet.

I.


8
Berufungsgericht Das hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit es der Klage stattgegeben hat, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Zwar sei der Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen und auch nicht wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten nichtig. Der Kläger habe aber seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen. Der Widerruf sei insbesondere rechtzeitig gewesen, da der Kläger über sein aus § 495 Abs. 1 BGB folgendes Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß (§ 355 Abs. 2 BGB) belehrt worden sei. Die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei irreführend gewesen. Sie erwecke bei einem unbefangenen und rechtsunkundigen Leser den falschen Eindruck, die Widerrufsfrist beginne unabhängig davon, von wem der "Darlehensantrag" stamme, einen Tag, nachdem der Verbraucher das Angebot der Beklagten mit der beigefügten Widerrufsbelehrung erhalten habe. Zudem sei die Belehrung verfrüht, da sie erteilt worden sei, bevor der Kläger seine bindende Vertragserklärung abgegeben habe. Der Kläger könne als Rechtsfolge seines Widerrufs von der Beklagten die Rückgewähr der Zahlungen verlangen, die er auf die Darlehensschuld erbracht habe. Die empfangenen Fondsausschüttungen, die er sich grundsätzlich anrechnen lassen müsse, minderten den eingeklagten Betrag mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückerstattung der Eigenkapitalzahlung nicht. Auf diesen könne er sich auch gegenüber der Beklagten berufen, da Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB seien.

II.


10
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Rückzahlungsanspruch des Klägers bejaht und festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 14. Februar/15. März 2003 keine Ansprüche mehr zustehen.
11
1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist sein Rückzahlungsbegehren allerdings nicht bereits wegen Formnichtigkeit des Vertrags gemäß § 494 Abs. 1, § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 BGB gerechtfertigt. Dabei kommt es auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Ausweisung der Vermittlungskosten als "Bearbeitungsgebühr" einen Formverstoß darstellt, nicht an. Die von ihm begehrte Rückabwicklung des Vertrags kann der Kläger mit diesem Vorbringen schon deshalb nicht erreichen , weil - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - der Vertrag durch die Inanspruchnahme des Darlehens gemäß § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB jedenfalls geheilt worden ist.
12
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Rückabwicklungsbegehren des Klägers jedoch mit Rücksicht auf den von ihm erklärten Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung begründet ist. Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1, § 355 BGB zu. Dieses konnte er entgegen der Auffassung der Revision mit seinem am 5. August 2005 erklärten Widerruf noch wirksam ausüben. Eine Widerrufsfrist hatte gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der hier anwendbaren Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I, S. 2850) nicht zu laufen begonnen, da die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
13
Die a) Beklagte hat für die Belehrung kein Formular verwendet, das dem Muster gemäß § 14 Abs. 1 Anlage 2 BGB-InfoV entspricht. Aus der BGB-InfoV kann sie schon aus diesem Grund keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten (BGHZ 172, 58, 61, Tz. 12).
14
b) Eine den Vorgaben des § 355 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung hat sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991).
15
aa) Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung, dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen zu führen. Nur wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht , kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992; vgl. auch zu § 7 VerbrKrG Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 18).
16
bb) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung der in dem von der Beklagten übersandten Vertragsangebot enthaltenen Belehrung , die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zurverfügungstellung einer Vertragsurkunde, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 16; BGH, Urteil vom 18. April 2005 - II ZR 224/04, WM 2005, 1166, 1168), der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Beklagten mit "Darlehensvertrag" überschrieben ist, so dass für den unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde , die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht zu Recht in dem Angebot der Beklagten einen "Darlehensantrag" gesehen hat, kommt es daher nicht an. Entscheidend ist, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung der Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entspricht, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung.
17
cc) Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung hat schon aus diesem Grund den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt. Auf die vom Berufungsgericht zusätzlich erörterte Frage, ob die Widerrufsbelehrung auch zu früh erteilt worden war (hierzu BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989 ff.), oder ob es insoweit - wie die Revision geltend macht - ausreichte, dass der Kläger - wie das von ihm bei der Unterschrift angegebene Datum ausweist - von der Widerrufsbelehrung jedenfalls zeitgleich mit der Vertragsannahme Kenntnis genommen hat, kommt es daher nicht an.
18
dd) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein Kenntnisnahmevermerk, wie ihn der Kläger hier unterschrieben hat, der Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen steht. Richtig ist zwar, dass die Widerrufsbelehrung nach § 355 BGB grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991). Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die keinen eigenen Inhalt aufweisen und den Inhalt der Widerrufsbelehrung verdeutlichen (Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829, Tz. 13 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14, jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, aaO). Hierzu gehört auch der Zusatz, der Verbraucher habe von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen. Ihm kommt kein weiterer Erklärungsinhalt zu, als dass der Darlehensnehmer auf die Widerrufsbelehrung - neben dem eigentlichen Vertragsinhalt - gesondert hingewiesen worden ist und um sein Widerrufsrecht weiß (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 508/07 und XI ZR 509/07, jeweils Umdruck S. 14, Tz. 25). Die vom Kläger erbetene Unterschrift sieht das neue Widerrufsrecht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Belehrung zwar nicht mehr vor. Sie ist jedoch auch weiter unbedenklich und aus Beweisgründen empfehlenswert (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 15; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 51).
19
3. Durch den wirksamen Widerruf hat sich der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag gemäß § 357 Abs. 1, § 346 BGB ex nunc in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt.
20
a) Die Beklagte schuldet dem Kläger danach die Rückgewähr der von ihm aus seinem Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsraten (vgl. Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22). Dies zieht auch die Revision als Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs zu Recht nicht in Zweifel. Sie wendet sich jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht den vom Kläger eingeklagten Betrag von 10.065,48 € nicht um die empfangenen Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 € gekürzt hat. Auch insoweit bleibt sie aber ohne Erfolg.
21
aa) Zutreffend ist allerdings, dass sich der Darlehensnehmer nach einem Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die an ihn oder an die Bank direkt geflossenen Fondsausschüttungen nach den Regeln des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen muss, da er andernfalls besser stünde, als er ohne die Betei- ligung an dem Fonds gestanden hätte (Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22; 167, 252, 267 f., Tz. 41).
22
bb) Dies hat auch das Berufungsgericht richtig gesehen. Zu Recht hat es jedoch angenommen, dass der Kläger gegenüber dem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der ihm zugeflossenen Fondsausschüttungen (5.600 €) wirksam mit seiner Forderung auf Rückzahlung der an den Fonds erbrachten Eigenkapitalzahlung von 10.000 € aufgerechnet hat.
23
Soweit (1) die Revision hiergegen einwendet, der Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung sei nicht rechtshängig, übersieht sie, dass der Kläger nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts , gegen die die Revision nichts Erhebliches vorbringt, im Rechtsstreit die unbedingte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung erklärt hat. Gegen die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, mit dieser Aufrechnungserklärung habe der Kläger seine Rechte aus § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 BGB) geltend gemacht, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern, zumal sie damit in Einklang steht, dass der Kläger bereits in erster Instanz von der Beklagten im Rahmen der Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts ausdrücklich die Rückzahlung der erbrachten Eigenkapitalleistung abzüglich der erhaltenen Fondsausschüttungen verlangt hat. Auch die Revision bringt hiergegen nichts Beachtliches vor.
24
(2) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der Kläger mit seinem ursprünglich gegen die Fondsgesellschaft gerich- teten Anspruch auf Rückzahlung seiner Eigenkapitalleistung gegenüber der Beklagten aufrechnen kann.
25
(a) Da es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen und aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem Darlehensvertrag und dem Fondsbeitritt um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 BGB handelt, führt der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zugleich dazu, dass der Kläger gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB auch nicht mehr an den finanzierten Vertrag , hier also den Beitritt zu der Fondsgesellschaft, gebunden ist. § 358 Abs. 2 BGB gilt auch für den finanzierten Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, sofern - wie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall - die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts nach § 358 Abs. 3 BGB vorliegen (MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 14; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 7; ebenso die gefestigte Rechtsprechung zu § 3 HWiG, § 9 VerbrKrG: vgl. BGHZ 156, 46, 50 ff.; 159, 294, 309 f.; 167, 252, 256, Tz. 12).
26
Die (b) Rückabwicklungsansprüche, die dem Kläger infolge der Erstreckung der Widerrufsfolgen auf das finanzierte Geschäft zustehen, kann er - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB der finanzierenden Bank, hier also der Beklagten , entgegenhalten. Sofern - wie hier - das auszuzahlende Darlehen bereits ganz oder teilweise dem Unternehmer zugeflossen ist, sieht § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB eine bilaterale Rückabwicklung allein im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Verbraucher vor. Der Darlehensgeber tritt in diesem Fall anstelle des Unternehmers in dessen Rechte und Pflichten aus dem verbundenen Vertrag ein und wird an dessen Stelle Gläubiger und Schuldner des Verbrauchers im Abwicklungsverhältnis (MünchKomm BGB/Habersack, aaO, Rn. 82; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 21; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO, § 358 Rn. 67; ebenso zu § 9 VerbrKrG BGHZ 131, 66, 72 f.). Ziel des § 358 BGB ist es, den Verbraucher vor Risiken zu schützen, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrags in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Darlehensvertrag drohen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 1; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO). Der Gesetzgeber hat hiermit die in der Vergangenheit zum Widerruf im Rahmen des Verbraucherkreditgesetzes und des Haustürwiderrufsgesetzes entwickelte Rechtsprechung (vgl. BGHZ 131, aaO; 133, 254, 259 ff.; 152, 331, 337; 167, 252, 256 f., Tz. 12) aufgegriffen, nach welcher der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen die Entscheidung soll treffen können, ob er an seinen eine wirtschaftliche Einheit bildenden Verpflichtungserklärungen festhalten will oder nicht (st. Rspr., Senat, BGHZ 167, 252, 256, Tz. 12 m.w.N.). Dieses Ziel stellt § 358 BGB im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung dadurch sicher, dass der Verbraucher auch an seine auf den Abschluss des mit dem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrags gerichtete Willenserklärung insgesamt nicht mehr gebunden ist und sich im Rahmen der Rückabwicklung beider Verträge hinsichtlich sämtlicher Ansprüche ausschließlich dem Darlehensgeber als Gläubiger und Schuldner gegenüber sieht, der an Stelle des Unternehmers in das Abwicklungsverhältnis eingetreten ist.
27
Verbraucher Der hat daher - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - gegen die finanzierende Bank einen Anspruch auf Rückerstattung aller aus seinem Vermögen an Darlehensgeber und Unternehmer erbrachten Leistungen. Hierzu gehören sowohl die an den Darlehensgeber erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen als auch eine Anzahlung, die der Verbraucher aus eigenen Mitteln an den Unternehmer geleistet hat (Bamberger/Roth/C. Möller, BGB, 2. Aufl., § 358 Rn. 28, 34; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 495 Rn. 290; Erman/ Saenger, BGB, 12. Aufl., § 358 Rn. 28; MünchKommBGB/Habersack, aaO, Rn. 84 f.; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO; ebenso schon zum AbzG: BGHZ 131, 66, 72 f.). Ist also die Beteiligung an der Fondsgesellschaft - wie hier - nicht vollständig fremdfinanziert, hat der Darlehensgeber dem Verbraucher auch dessen aus eigenen Mitteln an die Gesellschaft gezahlten Eigenanteil zu erstatten (Erman/Saenger, aaO; MünchKommBGB /Habersack, aaO, Rn. 85).
28
Dies hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen und hat daher zu Recht die Aufrechnung des Klägers mit seinem Anspruch auf Rückgewähr der von ihm aus eigenen Mitteln geleisteten Bareinlage gegenüber der Forderung der Beklagten auf Anrechung der Fondsausschüttungen für durchgreifend erachtet.
29
b) Zutreffend - und von der Revision unbeanstandet - hat es dem Kläger des weiteren einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkannt. Der Anspruch folgt aus § 357, § 346 Abs. 1 BGB. Zwar sind nach § 346 Abs. 1 BGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. zu § 818 Abs. 1 BGB Senat, BGHZ 172, 147, 157, Tz. 35 m.w.N.).
30
c) Von der Revision zu Recht hingenommen, hat das Berufungsgericht die Beklagte auch nicht lediglich Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsanteile des Klägers verurteilt. Die Beklagte hat sich auf ein Zurückbehaltungsrecht nicht berufen und es war auch nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (Senat, BGHZ 174, 334, 344, Tz. 35).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.10.2006 - 5 O 277/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.12.2007 - 17 U 397/06 -

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 17/06 Verkündet am:
24. April 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
HWiG § 3, VerbrKrG § 9 (jeweils in der bis zum 30. September 2000 geltenden
Fassung)
Bei der umfassenden Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen
Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein
verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG bildet (vgl. Senatsurteil
vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung
in BGHZ 167, 252 vorgesehen), ist es mit dem Sinn und Zweck
des § 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung
der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese
Beteiligung gestanden hätte. Es entspricht daher der Billigkeit, dass unverfallbare
und nicht anderweitig erzielbare Steuervorteile den Rückforderungsanspruch
des Darlehensnehmers gegen die finanzierende Bank in
entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der Vorteilsausgleichung
mindern (Abweichung von BGH, Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR
385/02, WM 2004, 1527, 1529, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02,
WM 2004, 2491, 2494 und vom 31. Januar 2005 - II ZR 200/03, WM 2005,
547, 548).
BGH, Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 17/06 - OLG Bamberg
LG Schweinfurt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Prof. Dr. Schmitt und
Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 21. Dezember 2005 wird als unzulässig verworfen.
Die Revision der Klägerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass die Beklagte über die Hauptsumme von 10.833,88 € und die ausgeurteilten Zinsen aus 2.002,27 € hinaus Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen hat seit dem 31. Dezember 2001 aus 5.246,01 €, aus weiteren 1.923,58 € seit dem 31. Dezember 2002, aus weiteren 1.037,12 € seit dem 31. Dezember 2003 und aus weiteren 624,80 € seit dem 31. Dezember 2004.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 12% und die Beklagte 88%.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Klägerin Die begehrt - teilweise aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes, des Drittwiderbeklagten - Rückzahlung von Leistungen, die sie und der Drittwiderbeklagte aufgrund eines Darlehens der Beklagten an diese erbracht haben. Die Beklagte macht nach außerordentlicher Kündigung des Darlehens widerklagend einen Teilbetrag der offenen Darlehensforderung geltend.
2
Nach vorangegangenem Besuch des Zeugen H. in ihrer Wohnung unterzeichneten die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am 15. Juni 1994 einen als "Vermittlungsauftrag Immobilienfonds S.
" (nachfolgend: Fonds) bezeichneten Vertrag, mit dem sie den Zeugen H. mit der Vermittlung des Erwerbs von 1,5 Anteilen an dem Fonds mit einer Einlage von 75.000 DM beauftragten, sowie eine als Grundlage für die Finanzierung des Fondsbeitritts dienende Selbstauskunft. Am selben Tag wurde das Angebot der Klägerin und des Drittwiderbeklagten zum Eintritt in den Fonds notariell beurkundet.
3
Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schlossen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am 6. September 1994 einen Darlehensvertrag über 83.333 DM mit der Beklagten, ohne über ihr Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz belehrt worden zu sein. Zur Sicherung des Darlehens wurden die Fondsanteile verpfändet und zwei Lebensversicherungen an die Beklagte abgetreten. Die Darlehensvaluta wurde von der Beklagten, wie im Darlehensvertrag vereinbart, direkt auf ein bei ihr geführtes Konto des Fonds-Treuhänders ausgezahlt.

4
Mit Anwaltsschreiben vom 27. Dezember 2000 widerriefen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte den Darlehensvertrag nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes, erbrachten die vertraglich vereinbarten Leistungen aber zunächst weiter und stellten diese erst im November 2003 ein. Mit Anwaltsschreiben vom 11. Februar 2004 widerriefen sie auch ihre Beitrittserklärung zu dem Fonds unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz und wegen arglistiger Täuschung. Durch Schreiben vom 8. April 2004 kündigte die Beklagte das gesamte noch offene Darlehen in Höhe von 40.117,05 € außerordentlich und stellte es zur Rückzahlung fällig.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 6. September 1994 unwirksam ist und Zahlungsansprüche der Beklagten hieraus nicht bestehen. Außerdem hat es die Beklagte zur Zahlung von 10.833,88 € zuzüglich Zinsen seit dem 29. Januar 2001 Zug um Zug gegen Abtretung von 1,5 Fondsanteilen sowie zur Rückabtretung der beiden Lebensversicherungen verurteilt. In Höhe der erzielten Steuervorteile von 6.913,64 € hat es die Klage abgewiesen. Überdies hat es die Widerklage insgesamt abgewiesen.
6
Die Klägerin begehrt mit ihrer - vom Berufungsgericht - zugelassenen Revision auch Zahlung, soweit das Berufungsgericht die Klageforderung um ihr zugeflossene Steuervorteile gekürzt hat, sowie Zinsen bereits seit dem 1. Januar 2000. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision ihren Klageabweisungsantrag sowie ihren Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet , die der Beklagten ist unzulässig.

I.


8
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit das für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist, wie folgt begründet:
9
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte seien zum Widerruf ihrer Darlehensvertragserklärung nach § 1 HWiG berechtigt gewesen, weil der Darlehensvertragsschluss auf einer Haustürsituation beruhe, die sich die Beklagte zurechnen lassen müsse. Als Rechtsfolge des Widerrufs seien die Parteien nach § 3 HWiG grundsätzlich verpflichtet, die empfangenen Leistungen der jeweils anderen Partei zurückzugewähren. Da der Fondsbeitritt und das Finanzierungsdarlehen ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG darstellten, seien die Klägerin und ihr Ehemann allerdings nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet , sondern nur zur Abtretung der finanzierten Fondsbeteiligung. Die Klägerin könne alle auf das Darlehen geleisteten Zahlungen zurückverlangen , müsse sich aber sowohl die Leistungen des Fonds als auch die in den Jahren 1994 bis 1997, 1999 und 2000 erzielten Steuervorteile in Höhe von 6.913,64 € anrechnen lassen. In den Jahren 1998 und seit 2001 entfalle eine Anrechung, weil Steuervorteile nicht angefallen seien.
Auf die bis zum Widerruf des Darlehensvertrages am 27. Dezember 2000 erbrachten rückforderbaren Leistungen von 2.002,27 € könne die Klägerin Verzugszinsen seit dem 29. Januar 2001, auf die später erbrachten und nach Gegenrechung von Fondserträgen rückforderbaren 8.831,61 € mangels verzugsbegründender Mahnung erst ab Rechtshängigkeit am 8. März 2004 in gesetzlicher Höhe nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB verlangen , da die Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.
10
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen und dazu ausgeführt , es bestehe möglicherweise eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529) zur Anrechnung von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG.

II.


11
A. Revision der Beklagten
12
Die Revision der Beklagten ist unzulässig.
13
1. Das Berufungsgericht hat die Revision in zulässiger Weise nur beschränkt auf die Höhe des Anspruchs der Klägerin zugelassen.
14
Die a) Zulassung ist im Tenor der angefochtenen Entscheidung zwar ohne Beschränkung ausgesprochen worden. Die Beschränkung der Zulassung der Revision muss aber nicht in der Entscheidungsformel enthalten sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen er- geben (BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360 f. m.w.Nachw.). Das ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, wegen der Anrechnung von Steuervorteilen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG die Revision zulassen zu wollen. Es ist zwar nicht möglich, die Revision auf einzelne Rechtsfragen zu beschränken (BGH, Urteil vom 5. November 2003 - VIII ZR 320/02, WM 2004, 853 m.w.Nachw.). Jedoch lässt sich den - auslegungsfähigen - Entscheidungsgründen entnehmen, dass das Berufungsgericht die Revision nur wegen der Höhe des Anspruchs der Klägerin zulassen wollte, wohingegen es die Frage des Grundes des Anspruchs als geklärt angesehen hat.
15
b) Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist zulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senat BGHZ 161, 15, 18 und Urteil vom 26. September 2006 - XI ZR 156/05, WM 2006, 2351 m.w.Nachw.) auf einen tatsächlichen oder rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein kann. Zulässig ist auch die Beschränkung auf einen Teil des Streitstoffs, über den durch ein Zwischenurteil gemäß § 280 ZPO bzw. § 304 ZPO oder durch einen Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 GVG entschieden werden könnte (BGH, Urteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89, WM 1990, 784, 786, vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, WM 1993, 1015, 1016, insoweit in BGHZ 121, 367 ff. nicht abgedruckt, und vom 10. Mai 2001 - III ZR 262/00, WM 2001, 1633, 1634 f., insoweit in BGHZ 147, 394 ff. nicht abgedruckt). Hier hätte das Berufungsgericht über den Grund des Anspruchs nach § 304 ZPO ein Grundurteil erlassen können, da der Anspruch nach Grund und Betrag streitig war und bei Bejahung des Grundes auch feststand, dass ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegeben und nur dessen Höhe wegen der Frage der Anrechnung der Steuervorteile noch zweifelhaft ist.
16
2. Mit ihrer Revision wendet sich die Beklagte dagegen, dass das Berufungsgericht den Darlehensvertrag wegen des Widerrufs der Klägerin und des Drittwiderbeklagten nach § 1 HWiG als unwirksam angesehen hat. Sie richtet sich damit gegen den Grund des Anspruchs und ist damit unzulässig, weil dieses Begehren von der beschränkten Revisionszulassung nicht gedeckt ist.
17
3. Der Senat hat erwogen, die unzulässige Revision der Beklagten in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten. Ob dies möglich ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre jedenfalls unbegründet. Was die in der Revisionsbegründung der Beklagten angesprochene Frage angeht, ob der geschlossene Darlehensvertrag auf einer Haustürsituation beruht, hat die Rechtssache ersichtlich keine grundsätzliche Bedeutung und ist auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht gegeben. Das Berufungsurteil ist insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten rechtsfehlerfrei. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
18
B. Revision der Klägerin
19
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nur hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung begründet.
20
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Anrechung der bis zum Jahr 2000 erzielten Steuervorteile auf den Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG. Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass nach einem Widerruf aufgrund des Haustürwiderrufsgesetzes bei Vorliegen eines verbundenen Geschäftes die kreditgebende Bank nicht die Darlehensvaluta vom Darlehensnehmer zurückfordern kann, sondern ihrerseits verpflichtet ist, an die Darlehensnehmer auf das Darlehen geleistete Zahlungen abzüglich aus der Fondsbeteiligung erlangter Erträge und Steuervorteile gegen Abtretung der Immobilienfondsbeteiligung zurückzuerstatten und die zur Sicherheit für das Darlehen abgetretenen Lebensversicherungen rückabzutreten.
21
Nach a) dem Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelung (§ 1 HWiG) soll der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen entscheiden können, ob er an seiner aufgrund einer Haustürsituation eingegangenen Verpflichtung festhalten will oder nicht. Dieser Schutzzweck würde gefährdet , wenn der Verbraucher das wirtschaftliche Risiko des Fondsbeitritts zu tragen hätte. Es ist deshalb bei einem verbundenen Geschäft erforderlich , § 3 HWiG dahin auszulegen, dass dem Darlehensgeber nach dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Verbraucher in Höhe des Darlehenskapitals zusteht. Die Rückabwicklung hat in diesen Fällen vielmehr unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen (vgl. BGHZ 133, 254, 259 f.; 152, 331, 337; 159, 280, 288; Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen, m.w.Nachw., und vom 13. Juni 2006 - XI ZR 432/04, WM 2006, 1669, 1671 Tz. 22).

22
Der b) Darlehensnehmer kann nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung vom Darlehensgeber die aus seinem eigenen Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückfordern sowie die Rückabtretung gewährter Sicherheiten, etwa der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung verlangen. An ihn oder direkt an die kreditgebende Bank geflossene Fondsausschüttungen verbleiben der Bank bzw. sind an sie nach den Regeln des Vorteilsausgleichs herauszugeben, da der Verbraucher sonst besser stünde, als er ohne die Beteiligung am Fonds gestanden hätte (vgl. BGHZ 159, 280, 287; Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1008 Tz. 41, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen).
23
c) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, sind auch die Steuervorteile der Klägerin und ihres Ehemannes, denen kein Nachzahlungsanspruch der Finanzbehörden gegenübersteht, auf ihren Rückforderungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG anspruchsmindernd anzurechnen.
24
aa) Die Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung ist allerdings grundsätzlich ein Institut des Schadensersatzrechts (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. Vorb. v. § 249 Rdn. 124, 144 m.w.Nachw.), nach dem Verlust und Vorteil, die beide auf ein und demselben schädigenden Ereignis beruhen, gleichermaßen bei der Berechnung des Anspruchs zu berücksichtigen sind. Der diesem Institut zugrunde liegende Rechtsgedanke, dass ein Geschädigter für erlittene Nachteile zu entschädigen ist, aber aus einem schädigenden Ereignis keinen Gewinn erzielen soll, ist aber auch in der vorliegenden Fallkon- stellation beim Rückforderungsanspruch nach § 3 HWiG entsprechend anzuwenden.
25
(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Steuervorteile der Anleger zum Gesamtkonzept einer Steuer sparenden Immobilienkapitalanlage gehören. Sie spielen bei der Entwicklung, der Werbung und dem Vertrieb dieser Kapitalanlagen eine entscheidende Rolle. Die vom Anleger erzielten Steuervorteile sind eine von beiden Vertragsparteien gewollte, planmäßig eintretende Folge seiner Anlageentscheidung. Aus der Sicht des Anlegers sind die Steuervorteile fest mit der Immobilienkapitalanlage verbunden, ohne die er sie in der Regel nicht erworben hätte, weil sie sich wirtschaftlich wie ein aus der Anlage selbst fließender Gewinn darstellen.
26
So war es auch hier. Nach ihrem eigenen Vorbringen sind die Klägerin und der Drittwiderbeklagte damit geworben worden, die kreditfinanzierte Beteiligung an dem Fonds trage sich aufgrund der Einnahmen aus der Vermietung des Fondsobjekts und aus den Steuerersparnissen fast von selbst. Ansonsten hätten sie die Anlage nach ihren eigenen Angaben nicht gezeichnet. Aus der Sicht der Klägerin und ihres Ehemannes stellen sich die Ausschüttungen des Fonds und die Steuerersparnisse danach wirtschaftlich gleichermaßen als Nutzungen der Fondsbeteiligung und daraus fließende Gewinne dar. Es liegt deshalb nicht fern, auf beide § 3 Abs. 3 HWiG entsprechend anzuwenden und bei der Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung gleichermaßen zu berücksichtigen. Dass die Fondsausschüttungen aus der Fondsbeteiligung unmittelbar resultieren, die Steuervorteile aber erst aus der damit verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung ist für Anleger wie die Klä- gerin und den Drittwiderbeklagten nicht von wesentlicher Bedeutung. Da es dem Anleger bei kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungen in aller Regel gerade auch auf die Steuervorteile ankommt, ist es bei Rückgängigmachung der Anlageentscheidung nach dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung nicht nur konsequent, sondern geboten, bei der Berechnung des Rückzahlungsanspruchs des Anlegers auch die ihm endgültig verbleibenden Steuervorteile anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
27
Für (2) eine Gleichbehandlung von Fondsausschüttungen und Steuervorteilen spricht auch Sinn und Zweck der Rückabwicklung nach § 3 HWiG. Nach den Ausführungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14. Juni 2004 (BGHZ 159, 280, 287), die der erkennende Senat teilt, ist es mit dem Sinn der Rückabwicklung nach § 3 HWiG nicht zu vereinbaren, wenn der Anleger nach Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Fondsbeteiligung besser stünde als er ohne diese Beteiligung gestanden hätte, Fondsausschüttungen seien deshalb zu berücksichtigen. Folgerichtig muss das auch für Steuervorteile gelten, die der Anleger aus der mit der Fondsbeteiligung verbundenen steuerlichen Verlustzuweisung gezogen hat. Denn wenn er sie behalten dürfte, stünde er sich nach der Rückabwicklung besser als er ohne die Beteiligung stehen würde. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht und ist nicht widerspruchsfrei, bleibende Steuervorteile nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs nur im Rahmen von Schadensersatzansprüchen zu berücksichtigen, nicht dagegen bei der Rückabwicklung nach § 3 HWiG (so aber noch BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529).
28
(3) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligung nach § 3 HWiG nicht auf die Leistungen beschränkt, die im Verhältnis der Beteiligten erbracht werden. Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit dem Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft bildet, wird ein Darlehensnehmer aus Schutzzweckerwägungen zu Lasten der finanzierenden Bank umfassend vom Risiko der kreditfinanzierten Anlage befreit. Die Rückabwicklung vollzieht sich in diesen Fällen nicht innerhalb der Leistungsverhältnisse , sondern im Dreiecksverhältnis, so dass der Darlehensgeber statt des Darlehensnehmers das Kreditverwendungsrisiko zu tragen hat (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1005 Tz. 12, 1006 Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 252 vorgesehen, m.w.Nachw.). Der Schutzzweck der Haustürwiderrufsvorschriften erfordert es dagegen nicht, dass der Anleger darüber hinaus einen Gewinn in Form ihm endgültig verbleibender Steuervorteile erzielt. Es entspricht vielmehr der Billigkeit, dass solche Steuervorteile den Anspruch des Anlegers und Darlehensnehmers auf Rückzahlung auf das Darlehen erbrachter Leistungen gegen die finanzierende Bank mindern , zumal die Bank auch die Nachteile der Anlageentscheidung zu tragen hat. Der erkennende Senat kann diese Rechtsfrage zugunsten der Anrechnung von Steuervorteilen entscheiden, ohne den Großen Senat für Zivilsachen nach § 132 GVG anrufen zu müssen, da der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf Anfrage mitgeteilt hat, dass er an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung in den Urteilen vom 14. Juni 2004 (II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1529), vom 18. Oktober 2004 (II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494) und vom 31. Januar 2005 (II ZR 200/03, WM 2005, 547, 548) nicht mehr festhält.

29
Die bb) Revision kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, Rückzahlungen bei der Rückabwicklung eines Geschäfts nach § 3 HWiG seien steuerpflichtig, so dass die Steuervorteile der Klägerin und des Drittwiderbeklagten entfielen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stehen den Steuervorteilen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten in den Jahren 1994 bis 2000 keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamtes gegenüber. Die Klägerin kann sich mangels substantiierten Vortrages in den Vorinstanzen auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei korrektem Verhalten der Beklagten hätte sie sich für ein anderes Steuersparmodell entschieden (§ 559 Abs. 1 ZPO).
30
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht auch die Höhe der Steuervorteile mit 6.913,64 € rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Berufungsgericht hat die eingereichten Steuerbescheide der Klägerin und des Drittwiderbeklagten seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und die Steuervorteile für das Jahr 1997 nach § 287 ZPO geschätzt. Dies ist eine tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist. Rechtsfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf. Es hat weder erhebliche Tatsachen außer Betracht gelassen noch gegen die Denkgesetze verstoßen noch die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
31
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht Verzugszinsen aus einem Betrag von 8.831,61 € in gesetzlicher Höhe erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen hat.
32
a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass für den nach dem Widerruf vom 27. Dezember 2000 entstandenen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 8.831,61 € Zinsen nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Nutzungsersatzes nach den Haustürwiderrufsvorschriften (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 152, 331, 336 m.w.Nachw.) begehrt werden können. Die Zahlungen erfolgten auf eine nicht mehr bestehende Schuld, da der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs unwirksam war. Die Rückabwicklung dieser Leistungen hat daher nach den allgemeinen Vorschriften des Bereicherungsrechts zu erfolgen.
33
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch auf Verzugszinsen vor Rechtshängigkeit nur unter den Voraussetzungen der §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB für möglich gehalten (vgl. auch Senatsurteile BGHZ 158, 1, 9 und vom 30. März 2004 - XI ZR 145/03, BGHR BGB § 818 Abs. 1 Zinszahlung). Ob eine Bank bei der Entgegennahme von Zins- und Tilgungsleistungen, die ein Darlehensnehmer trotz Widerrufs nach § 1 HWiG weiter gezahlt hat, bösgläubig im Sinne von § 819 Satz 1 BGB ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil der Zinsanspruch der Klägerin aus einem anderen Grund berechtigt ist.
34
c) Den von der Revision begehrten Zinsanspruch kann die Klägerin als Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 BGB von der Beklagten verlangen.
35
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt (BGHZ 115, 268, 270; Senatsurteile vom 24. September 1996 - XI ZR 185/94, WM 1996, 2247, 2250, vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f. und vom 12. September 2006 - XI ZR 296/05, ZIP 2006, 2119 , 2121 Tz. 25). Allerdings besteht bei Zahlungen an eine Bank eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (Senatsurteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f.). Die Klägerin hat danach einen Zinsanspruch in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz nach der beantragten zeitlichen Staffelung, wobei jedoch ab dem 31. Dezember 2001 Zinsen nur aus 5.246,01 € (= 10.260,30 DM) begehrt werden können.

III.


36
Die Revision der Beklagten war nach alledem als unzulässig zu verwerfen. Die Revision der Klägerin war mit der Maßgabe zurückzuweisen , dass der Klägerin über den ausgeurteilten Zinsanspruch hinaus weitere Zinsen zuzuerkennen waren.
Nobbe Müller Ellenberger
Schmitt Grüneberg

Vorinstanzen:
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 25.11.2004 - 12 O 151/04 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 21.12.2005 - 3 U 235/04 -

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Bei einem nicht auf die Währung des Mitgliedstaats der Europäischen Union, in dem der Darlehensnehmer bei Vertragsschluss seinen Wohnsitz hat (Landeswährung des Darlehensnehmers), geschlossenen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag (Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag in Fremdwährung) kann der Darlehensnehmer die Umwandlung des Darlehens in die Landeswährung des Darlehensnehmers verlangen. Das Recht auf Umwandlung besteht dann, wenn der Wert des ausstehenden Restbetrags oder der Wert der regelmäßigen Raten in der Landeswährung des Darlehensnehmers auf Grund der Änderung des Wechselkurses um mehr als 20 Prozent über dem Wert liegt, der bei Zugrundelegung des Wechselkurses bei Vertragsabschluss gegeben wäre. Im Darlehensvertrag kann abweichend von Satz 1 vereinbart werden, dass die Landeswährung des Darlehensnehmers ausschließlich oder ergänzend die Währung ist, in der er zum Zeitpunkt der maßgeblichen Kreditwürdigkeitsprüfung überwiegend sein Einkommen bezieht oder Vermögenswerte hält, aus denen das Darlehen zurückgezahlt werden soll.

(2) Die Umstellung des Darlehens hat zu dem Wechselkurs zu erfolgen, der dem am Tag des Antrags auf Umstellung geltenden Marktwechselkurs entspricht. Satz 1 gilt nur, wenn im Darlehensvertrag nicht etwas anderes vereinbart wurde.

(1) Soweit der Darlehensnehmer mit Zahlungen, die er auf Grund des Verbraucherdarlehensvertrags schuldet, in Verzug kommt, hat er den geschuldeten Betrag nach § 288 Abs. 1 zu verzinsen. Im Einzelfall kann der Darlehensgeber einen höheren oder der Darlehensnehmer einen niedrigeren Schaden nachweisen.

(2) Die nach Eintritt des Verzugs anfallenden Zinsen sind auf einem gesonderten Konto zu verbuchen und dürfen nicht in ein Kontokorrent mit dem geschuldeten Betrag oder anderen Forderungen des Darlehensgebers eingestellt werden. Hinsichtlich dieser Zinsen gilt § 289 Satz 2 mit der Maßgabe, dass der Darlehensgeber Schadensersatz nur bis zur Höhe des gesetzlichen Zinssatzes (§ 246) verlangen kann.

(3) Zahlungen des Darlehensnehmers, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, werden abweichend von § 367 Abs. 1 zunächst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann auf den übrigen geschuldeten Betrag (Absatz 1) und zuletzt auf die Zinsen (Absatz 2) angerechnet. Der Darlehensgeber darf Teilzahlungen nicht zurückweisen. Die Verjährung der Ansprüche auf Darlehensrückzahlung und Zinsen ist vom Eintritt des Verzugs nach Absatz 1 an bis zu ihrer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 bezeichneten Art gehemmt, jedoch nicht länger als zehn Jahre von ihrer Entstehung an. Auf die Ansprüche auf Zinsen findet § 197 Abs. 2 keine Anwendung. Die Sätze 1 bis 4 finden keine Anwendung, soweit Zahlungen auf Vollstreckungstitel geleistet werden, deren Hauptforderung auf Zinsen lautet.

(4) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen beträgt der Verzugszinssatz abweichend von Absatz 1 für das Jahr 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Die Absätze 2 und 3 Satz 1, 2, 4 und 5 sind auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge nicht anzuwenden.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 90/05 Verkündet am:
8. November 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Der Anspruch des Kontoinhabers auf Erteilung von Kontoauszügen und Rechnungsabschlüssen
ist ein selbständiger Anspruch aus dem Girovertrag, der bei
einer Kontenpfändung nicht als Nebenanspruch mit der Hauptforderung mitgepfändet
werden kann.
BGH, Urteil vom 8. November 2005 - XI ZR 90/05 - LG Regensburg
AG Regensburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren
(§ 128 Abs. 2 ZPO) aufgrund der bis zum 11. Oktober 2005 eingereichten
Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 1. März 2005 aufgehoben und das Teilurteil des Amtsgerichts Regensburg vom 27. Mai 2005 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die gepfändeten Konten mit den Nummern 4... und 8... ab Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 7. April 2003 mittels Herausgabe vierteljährlicher Rechnungsabschlüsse Zug um Zug gegen Erstattung von 30 € pro Auskunftserteilung.
Die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten bleibt dem amtsgerichtlichen Schlussurteil vorbehalten.
Die Kosten der Berufungs- und der Revisionsinstanz trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt nach einer Pfändung von Girokonte n die beklagte Sparkasse als Drittschuldnerin auf Auskunft und Zahlung in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Der Kläger betreibt wegen einer titulierten Geldfo rderung in Höhe von 2.031,81 € nebst Zinsen und Vollstreckungskosten die Zwangsvollstreckung gegen die Streitverkündete S. O. (im Folgenden: Schuldnerin), die bei der Beklagten zwei Girokonten unterhält. Das Amtsgericht R. hat am 28. März 2003 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, der die angeblichen, im Einzelnen näher bezeichneten Forderungen der Schuldnerin aus ihrer Geschäftsverbindung zu der Beklagten erfasst. In Ziffer 10 dieses Beschlusses heißt es: "Die Pfändung des Hauptanspruchs erstreckt sich auch auf die Nebenrechte wie den Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung aus dem Bankverhältnis, insbesondere die Angabe des Kontostandes bei Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses , die Angabe der auf dem Konto erfolgten Gutschriften mit Bezeichnung der Leistung, des Betrages und des Datums , die Angabe der einzelnen Belastungen mit Betrag und Datum und die jeweiligen Abschlusssalden zu den Quartalsabschlüs- sen für die gepfändeten Konten vom Tage der Zustellung an. Zudem wird angeordnet, dass Monatskonten, Kontenrechnungsübersichten bzw. Kontoauszüge herauszugeben sind."
3
Im April 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die beiden Girokonten wiesen im Zeitpunkt der Pfändung kein pfändbares Guthaben auf, die Pfändung künftiger Forderungen sei vorgemerkt, sie selbst habe eigene vorrangige Forderungen, die sie gemäß AGB-Pfandrecht geltend mache.
4
Mit der Klage begehrt der Kläger Auskunftserteilun g und Rechnungslegung über die beiden gepfändeten Konten ab Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 7. April 2003 mittels Herausgabe der Bankauszüge und Rechnungsabschlüsse, Zahlung eines bezifferten Teilbetrages von 1.870,60 € sowie einen weiteren, nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Restbetrag jeweils nebst Zinsen. Er ist der Meinung, die Beklagte habe ihm aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses umfassend und unentgeltlich Auskunft über die gepfändeten Konten mittels Herausgabe von Rechnungsabschlüssen und Kontoauszügen zu erteilen.
5
Das Amtsgericht hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß zur Auskunft verurteilt. Hiergegen hat die Beklagte Berufung mit dem Antrag eingelegt, sie lediglich zur Auskunft mittels Herausgabe vierteljährlicher Rechnungsabschlüsse Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür anfallenden Kosten von 30 € pro Auskunftserteilung zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren im Umfang ihres Berufungsantrages weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Beklagte habe dem Grunde nach eine Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht anerkannt. Die entsprechenden Rechte des Vollstreckungsschuldners seien als unselbständige Nebenrechte zur Hauptforderung aus der Bankverbindung mitgepfändet. Diese Nebenrechte schlössen den Anspruch auf Herausgabe regelmäßiger Kontoauszüge ein.
9
Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung d er durch die Auskunftserteilung entstehenden Kosten durch den Kläger. Ein vertraglicher Anspruch gemäß §§ 669, 670 BGB bestehe nicht, weil der Kläger keinen Auftrag erteilt habe, sondern seine mitgepfändeten Nebenrechte geltend mache. Auch die Voraussetzungen der §§ 261 Abs. 3, 811 Abs. 2 BGB seien nicht erfüllt. Aus den Grundsätzen zu den Kosten der Drittschuldnererklärung gemäß § 840 ZPO, die hier entsprechend anwendbar seien, ergebe sich ebenfalls keine Kostenpflicht des Gläubigers.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
11
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist allerd ings rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil nicht deshalb aufgehoben hat, weil das Amtsgericht über den Antrag auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung durch Teilurteil entschieden hat. Es ist charakteristisch für eine unbezifferte Stufenklage nach § 254 ZPO, die der Kläger mit einer bezifferten Teilklage verbunden hat, dass durch Teilurteil zunächst über das Auskunftsbegehren entschieden wird, es sei denn, der unbezifferte Hauptsacheanspruch besteht nicht (BGHZ 107, 236, 239; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 254 Rdn. 3, 7, 9 m.w.Nachw.). Eine Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist entgegen der Ansicht der Revision nicht ersichtlich.
12
2. Rechtsfehlerhaft ist aber die nicht näher begrü ndete Auffassung des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ein Anspruch auf Herausgabe sämtlicher Bankauszüge und Rechnungsabschlüsse über die gepfändeten Konten gegen die Beklagte als Drittschuldnerin zu.
13
a) Bereits im Ansatz fehlerhaft hat das Berufungsg ericht den Anspruch des Bankkunden auf Erteilung von Kontoauszügen und Rechnungsabschlüssen aus dem Girovertrag (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1985 - III ZR 144/84, WM 1985, 1098, 1099) gleichgesetzt mit dem als Nebenanspruch mitgepfändeten, nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubi- ger übergehenden Auskunftsanspruch (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 148/03, WM 2003, 1891, 1892). Zwischen diesen beiden unterschiedlichen Auskunftsansprüchen ist aber streng zu unterscheiden, auch wenn beide Ansprüche auf § 666 BGB basieren (vgl. Lwowski/Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 33 Rdn. 30 a; Staudinger/Bittner, BGB Neubearb. 2004 § 259 Rdn. 20; Terpitz WuB VI E. § 829 ZPO 6.88; Vollkommer WuB VI E. § 829 ZPO 1.04).
14
aa) Der als Nebenanspruch des gepfändeten Hauptans pruchs auf den Gläubiger übergehende Auskunftsanspruch zielt lediglich darauf ab, Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 148/03, WM 2003, 1891, 1892). Er folgt dem gepfändeten Hauptanspruch daher nur, soweit dessen Geltendmachung eine Auskunft oder eine Rechnungslegung erfordert (Staudinger /Bittner, BGB Neubearb. 2004 § 259 Rdn. 20). Besteht der gepfändete Auszahlungsanspruch nicht, weil auf dem Konto des Schuldners kein Guthaben vorhanden ist, und geht deshalb die Pfändung ins Leere, kann auch der Auskunftsanspruch nicht auf den Gläubiger übergehen (LG Itzehoe WM 1988, 994, 996; LG Aachen JurBüro 1991, 873, 875; Bach-Heuker, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 2/1186 m.w.Nachw.; Sühr WM 1985, 741, 742). Diesen unselbständigen Nebenanspruch macht der Kläger - was das Berufungsgericht verkannt hat - mit seiner Klage nicht geltend.
15
bb) Der Kläger verfolgt damit vielmehr den Anspruc h der Schuldnerin auf Erteilung von Kontoauszügen und Rechnungsabschlüssen. Dabei handelt es sich um einen selbständigen Anspruch aus dem Girover- trag (§§ 666, 675 BGB). Dieser setzt keinen anderen Anspruch voraus, dessen Geltendmachung die begehrte Auskunft vorbereiten soll, sondern er dient unabhängig hiervon der Information des Auskunftsberechtigten über die Geschäfte, die der Auskunftsverpflichtete in seinem Interesse geführt hat (Senatsurteile BGHZ 107, 104, 108 und vom 30. Januar 2001 - XI ZR 183/00, WM 2001, 621). Dieser Anspruch besteht daher auch dann, wenn das Konto kein Guthaben aufweist (Bach-Heuker, in: Hellner /Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 2/1182; Staudinger /Hopt/Mülbert, BGB 12. Aufl. Vorbem. zu §§ 607 ff. Rdn. 103).
16
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steh t dem Kläger dieser selbständige Auskunftsanspruch auf Erteilung von Rechnungsabschlüssen und Überlassung von Kontoauszügen nicht zu. Der Senat schließt sich der ganz herrschenden Meinung in der Instanzrechtsprechung und Literatur an, nach der der selbständige Auskunftsanspruch im Gegensatz zum unselbständigen Nebenanspruch nicht auf den Pfändungsgläubiger übergeht (LG Frankfurt a.M. WM 1986, 1008; LG Hildesheim JurBüro 1988, 547, 549; LG Itzehoe WM 1988, 994; LG Aachen JurBüro 1991, 873, 875; LG Stuttgart Rpfleger 1994, 471, 472; AG Meldorf SchlHA 1987, 152 und WM 1987, 1503; Bach-Heuker, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 2/1187 f.; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 829 Rdn. 80; Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 193; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. § 357 Rdn. 8; Staudinger /Hopt/Mülbert, BGB 12. Aufl. Vorbem. zu §§ 607 ff. Rdn. 120; Lwowski/Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 33 Rdn. 30 a; MünchKommBGB/Krüger, 4. Aufl. § 259 Rdn. 18; MünchKommHGB/Hadding/Häuser, ZahlungsV Rdn. A 250; Zöller/ Stöber, ZPO 25. Aufl. § 829 Rdn. 33 "Kontokorrent" Buchst. d; Vollkom- mer WuB VI E. § 829 ZPO 1.04; a.A. LG Cottbus InVo 2003, 244, 245; AG Rendsburg WM 1987, 1179; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. Grdz. § 704 Rdn. 87; Musielak/Becker, ZPO 4. Aufl. § 850 k Rdn. 18).
17
aa) Ginge der selbständige und umfassende Auskunft sanspruch des Bankkunden auf den Pfändungsgläubiger über, würde dieser Informationen erhalten, die keine Beziehung zu dem gepfändeten Hauptanspruch auf Auszahlung des positiven Saldos haben und daher nicht mehr durch den Zweck des übergegangenen Nebenanspruchs gedeckt sind. Für den Zahlungsanspruch des Gläubigers ist es nicht notwendig zu erfahren , welche Lastschriften aufgrund der vorrangigen Pfändung zurückgegeben wurden bzw. woher eine Gutschrift kam und welcher Anspruch dieser zugrunde lag. Das gilt auch im Fall der Hilfspfändung des Anspruchs auf Gutschrift künftiger Eingänge, der durch die jeweilige Gutschrift erfüllt worden ist (Bach-Heuker, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 2/1185, 2/1187). Vielmehr könnte der Gläubiger sich dadurch umfassend über die gesamte Geschäftstätigkeit des Schuldners informieren; er erführe von weiteren Pfändungsgrundlagen und könnte darauf Folgepfändungen gegen andere Drittschuldner ausbringen. Damit würde die Pfändung der Ansprüche aus dem Girokonto auf eine unzulässige , von der Zivilprozessordnung nicht vorgesehene Ausforschungspfändung hinauslaufen (AG Meldorf WM 1987, 1503; Engel BKR 2003, 878, 879; Hadatsch/Wagner, Die Bearbeitung von Pfändungsbeschluss und Drittschuldnererklärung 6. Aufl. S. 141; Sühr WM 1985, 741, 743; Weber WuB VI E. § 829 ZPO 3.87).
18
bb) Ein berechtigtes Interesse des Vollstreckungsg läubigers an der Herausgabe der Kontoauszüge und Rechnungsabschlüsse kann auch nicht damit begründet werden, dass er diese zur Bezifferung seines Zahlungsanspruchs und zur Substantiierung der Einziehungsklage benötige. Denn aus § 836 Abs. 3 ZPO ergibt sich, dass der Schuldner die primäre Auskunftsquelle für den Gläubiger sein soll, von dem letzterer sich die erforderlichen Informationen und Urkunden - aufgrund der weiten Definition dieser Urkunden (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2003 - IXa ZB 53/03, WM 2003, 625, 626) gegebenenfalls auch Kontoauszüge (Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 836 Rdn. 14 Fn. 43; Musielak/Becker, ZPO 4. Aufl. § 836 Rdn. 7) - beschaffen kann, falls ihm die Auskünfte, die er von dem Drittschuldner nach § 840 ZPO oder als Auskunft aufgrund des unselbständigen Nebenanspruchs erhalten hat, nicht genügen.
19
cc) Dem vollständigen Übergang des Anspruchs auf H erausgabe der Kontoauszüge und Rechnungsabschlüsse auf den Pfändungsgläubiger steht zudem entgegen, dass dem Kreditinstitut damit die Möglichkeit genommen würde, einen Kontokorrentabschluss im Sinne des § 355 HGB herbeizuführen (LG Itzehoe WM 1988, 994, 995; Bach-Heuker, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 2/1188), weil für das Saldoanerkenntnis trotz der Pfändung weiterhin der Schuldner zuständig bleibt (vgl. Bach-Heuker, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 2/1188; MünchKommHGB/Hefermehl, § 357 Rdn. 10; Staub/ Canaris, HGB 4. Aufl. § 357 Rdn. 40). Außerdem wäre der Kontoinhaber nicht hinreichend über die Ein- und Ausgänge auf seinem Konto und die Höhe der gepfändeten Beträge informiert (LG Stuttgart Rpfleger 1994, 471, 472; Engel BKR 2003, 878, 879). Er hätte nicht mehr die Möglich- keit zu überprüfen, ob von ihm zu reklamierende Fehlbuchungen oder durch § 850 k ZPO oder § 55 SGB I geschützte Gutschriften erfolgt sind.
20
c) Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger auch unter Berücksichtigung von Ziffer 10 des von der beklagten Sparkasse nicht angegriffenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht zu. Danach erstreckt sich "die Pfändung des Hauptanspruchs ... auch auf die Nebenrechte wie den Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung aus dem Bankverhältnis, insbesondere die Angabe des Kontostandes ...". Hauptanspruch ist dabei der gepfändete Auszahlungsanspruch der Schuldnerin. Ausgehend davon sowie vom Wortlaut ("Nebenrechte" , "insbesondere") muss der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dahin verstanden werden, dass er nur unselbständige, nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehende Nebenansprüche auf Auskunftserteilung erfasst, nicht aber selbständige, vom gepfändeten Hauptanspruch unabhängige Auskunftsansprüche der Schuldnerin als Kontoinhaberin aus dem mit der Beklagten geschlossenen Girovertrag. Das gilt besonders, da diese Ansprüche nicht pfändbar sind (LG Frankfurt a.M. WM 1986, 1008; LG Itzehoe WM 1988, 994, 995; LG Aachen JurBüro 1001, 873, 875; LG Stuttgart Rpfleger 1994, 471, 472; BachHeuker , in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 1188; MünchKommBGB/Krüger, 4. Aufl. § 259 Rdn. 18; MünchKommHGB/ Hadding/Häuser, ZahlungsV Rdn. A 250). Zumindest ist der Pfändungsund Überweisungsbeschluss insoweit nicht klar und bestimmt. Dies geht zu Lasten des Klägers.
21
Dass in Ziffer 10 Satz 2 unter anderem die Herausg abe von Kontoauszügen angeordnet wird, ändert im Ergebnis nichts. Insoweit ist schon nicht hinreichend klar, dass sich diese Anordnung an die Beklagte richtet. Hinzu kommt, dass die Beklagte mit der Schuldnerin jedenfalls hinsichtlich eines Kontos vereinbart hatte, dass die Erteilung von Kontoauszügen mittels Kontoauszugsdrucker erfolgt und Auszüge nur übersandt werden, wenn der Auszugsdrucker von der Schuldnerin über einen längeren Zeitraum nicht in Anspruch genommen worden ist. Dies kann die Beklagte auch dem Kläger entgegenhalten (Engel BKR 2003, 878, 879). Dass die Schuldnerin den Auszugsdrucker längere Zeit nicht betätigt hat, ist nicht vorgetragen.
22
3. Soweit die Verurteilung der Beklagten durch das Amtsgericht die Herausgabe vierteljährlicher Rechnungsabschlüsse einschließt, kommt eine Klageabweisung allerdings nicht in Betracht, weil die Beklagte das amtsgerichtliche Urteil insoweit nicht angefochten hat und das Berufungsgericht an den Berufungsantrag der Beklagten gebunden war (§ 528 Satz 2 ZPO).
23
a) Mit der beschränkten Anfechtung des amtsgericht lichen Urteils hat die Beklagte ein schlüssiges prozessuales Anerkenntnis (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO 25. Aufl. Vor § 306 Rdn. 12) mit der Einschränkung abgegeben, dass sie sich nur einer Verurteilung Zug um Zug gegen Erstattung von Kosten in Höhe von 30 € beugen will. Wenn der Kläger - wie hier - auf einer einschränkungslosen Verurteilung besteht, kann insofern zwar kein Anerkenntnisurteil nach § 307 ZPO ergehen. Dennoch ist die Beklagte an ihr Anerkenntnis gebunden. Das Gericht entscheidet nicht mehr über das materiell-rechtliche Bestehen des anerkannten Hauptanspruchs, sondern lediglich über die Berechtigung des geltend gemachten Gegenrechts (BGHZ 107, 142, 146 f.). Die Verurteilung zur Herausgabe vierteljährlicher Rechnungsabschlüsse ist daher - auch wenn, wie dargelegt, ein entsprechender materiell-rechtlicher Anspruch nicht besteht - aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten zu Recht erfolgt.
24
b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten verneint. Die Beklagte ist berechtigt, die Auskunftserteilung von der Zahlung des begehrten Entgelts in Höhe von 30 € abhängig zu machen. Da der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der vierteljährlichen Rechnungsabschlüsse hat, handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Beklagten, für die sie auch ein von ihr zu bestimmendes Entgelt verlangen kann. Für eine Angemessenheitsüberprüfung des verlangten Entgelts ist angesichts der Tatsache, dass die Beklagte die Erteilung der Rechungsabschlüsse völlig verweigern könnte, kein Raum. Ziffer 17 Abs. 1 und 2 AGB-Sparkassen, die eine gerichtliche Überprüfung eröffnen würde, findet keine Anwendung, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verhältnis zum Kläger mangels Einbeziehung nicht gelten.

III.


25
Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuhebe n (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 27.05.2004 - 9 C 579/04 -
LG Regensburg, Entscheidung vom 01.03.2005 - 2 S 207/04 (2) -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.

(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 21.05.2008 geschlossene Darlehensvertrag, Nr. 264440-01, über nominell 115.000,00 € durch die Widerrufserklärung des Klägers vom 21.03.2014 unwirksam geworden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 96.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Darlehensvertrags nach dessen Widerruf und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

Unter dem 21.05.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger ein Darlehen (vgl. Darlehensvertrag, Anlage K1) zum Erwerb einer Eigentumswohnung über eine Darlehenssumme von 115.000,00 €. Der Zinssatz war bis zum 30.04.2018 fest vereinbart.

Der Darlehensvertrag enthält auf Seite 5 unter der Unterschriftszeile den Hinweis darauf, dass auch die auf der nächsten Seite befindliche Widerrufserklärung zu unterzeichnen sei. Der Hinweis ist einer größeren Schrifttype und im Fettdruck gesetzt sowie umrahmt. In der Widerrufsbelehrung auf Seite 6 heißt es u. a.:

... Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen

ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung,

die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags

zur Verfügung gestellt wurden, aber nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses. ...

Nach Stellung der vereinbarten Sicherheiten wurde das Darlehen ausbezahlt.

Mit Schreiben vom 21.03.2014 (Anlage K2) ließ der Kläger durch den Klägervertreter den Widerruf des Darlehensvertrags erklären.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Schreiben vom 16.04.2014 (Anlage K3) zurück, woraufhin der Klägervertreter mit Schreiben vom 28.04.2014 (Anlage K4) die klägerische Position begründete.

Das Darlehen valutiert derzeit mit rund 96.000,00 €.

Der Kläger meint, er sei noch zum Widerruf berechtigt gewesen, weil die Widerrufsbelehrung nicht deutlich genug gestaltet sei (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der bis zum10.06.2010 geltenden Fassung, nachfolgend: a. F.). Außerdem werde in der Belehrung der unzutreffende Eindruck erweckt, der Fristbeginn werde bereits durch die Übersendung der Vertragserklärung der Beklagten ausgelöst (vgl. BGHZ 180, 123, juris Tz. 16).

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten macht der Kläger eine 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 96.000,00 € (zzgl. Pauschale und USt) in Höhe von 2.348,94 € geltend.

Der Kläger beantragt daher:

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 21.05.2008 geschlossene Darlehensvertrag Nr. 264440-01, über nominell 115.000,00 € durch die Widerrufserklärung des Klägers vom 21.03.2014 unwirksam geworden ist.

2. Die Beklagte hat vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.348,94 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie ist der Ansicht, die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresse unzulässig, weil der Kläger eine Leistungsklage erheben könnte.

Außerdem meint die Beklagte, die Belehrung sei insbesondere über den Hinweis auf Seite 5 des Darlehensvertrags hinreichend hervorgehoben.

Der gerügte Mangel zum Beginn der Widerrufsfrist habe sich im Streitfall nicht auswirken können, da die Widerrufsbelehrung dem Kläger zeitgleich mit seiner eigenen Vertragserklärung übergeben worden sei.

Darüber hinaus beruft sich die Beklagte auf Verwirkung und Rechtsmissbrauch, insbesondere da der Widerruf erst sechs Jahre nach Vertragsschluss unterzeichnet wurde, der Kläger deutlich gemacht habe, dass Kapital weiter nutzen zu wollen und es ihm mit dem Widerruf auf die Erlangung günstigerer Konditionen ankomme, und die Beklagte zur Refinanzierung des Darlehens erhebliche langfristige Verbindlichkeiten eingegangen sei.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Anlagen und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und - mit Ausnahme der Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten - auch begründet.

I.

Der Feststellungsantrag ist zulässig.

Insbesondere fehlt es dem Kläger nicht an einem Feststellungsinteresse i. S. des § 256 Abs. 1 BGB, weil er sein Klageziel mit einer Leistungsklage effektiver erreichen könnte.

Der Kläger verfolgt mit seinem Feststellungsbegehren insbesondere das Ziel, zwischen den Parteien zu klären, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag das Rechtsverhältnis der Parteien nicht mehr regelt und der Kläger daher nicht mehr zur Rückführung des Darlehens nach den Regelungen des Darlehensvertrags verpflichtet ist. Genau hiergegen richtet sich die Nichtanerkennung des Widerrufs durch die Beklagte. Welche Ansprüche statt dessen zwischen den Parteien zur Rückerstattung der bereits ausgetauschten Leistungen bestehen, wird statt dessen auf Basis einer entsprechenden Abrechnung zu klären sein, die als solche den vorliegenden Rechtsstreit unnötig überfrachten würde. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass über die Abrechnungsmodalitäten im Falle eines wirksamen Widerrufs Streit zwischen den Parteien bestünde.

II.

Der streitgegenständliche Darlehensvertrag wurde durch den Widerruf vom 21.03.2014 unwirksam, weshalb dem Feststellungsantrag stattzugeben war. Ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger gleichwohl nicht zu.

1. Der Widerruf war wirksam und führte zur Unwirksamkeit des unstreitig geschlossenen Darlehensvertrags.

a) Dem Kläger stand hinsichtlich seiner Vertragserklärungen zum Abschluss des Darlehensvertrags ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der § 495, § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1, Satz 3 BGB in der damals geltenden Fassung zu. Der Kläger war demnach an seine jeweilige Vertragserklärung nicht mehr gebunden, wenn er diese innerhalb einer Frist von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer (also gegenüber dem Darlehensgeber) in Textform widerrief, wobei die rechtzeitige Absendung genügte (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.). Die Frist begann in dem Zeitpunkt, zu dem dem Kläger eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden war, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. enthält (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F.).

b) Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung hat die Beklagte dem Kläger nicht erteilt, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wurde und der am 21.03.2014 erklärte Widerruf nicht verfristet war.

aa) Die Widerrufsbelehrung ist nur dann ordnungsgemäß wenn sie umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig ist. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur Kenntnis von seinem Widerrufsrecht erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (vgl. BGH WM 2011, 1799, juris Tz. 31 m. w. N.).

bb) Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung ist deswegen fehlerhaft, weil über den Beginn der Widerrufsfrist irreführend belehrt wurde.

Die Belehrung belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB a. F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung der in dem von der Beklagten übersandten Vertragsangebot enthaltenen Belehrung, die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zurverfügungstellung einer Vertragsurkunde, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist, der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Beklagten (Anlage K1) auch im Streitfall mit „Darlehensvertrag“ überschrieben ist, so dass für den unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde, die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde. Entscheidend ist dabei, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung der Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entspricht, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung (vgl. BGHZ 180, 123, juris Tz. 16).

Unerheblich ist, ob dem Kläger die Darlehensvertragsformulare - und damit auch sein Antrag - zusammen mit der Widerrufsbelehrung zugegangen sind. Nach Aktenlage wurde dem Kläger seitens der Beklagten (Anlagen K1 und B1) zwei von der Beklagten unterzeichnete Vertragsformulare übersandt, von denen der Kläger eines unterzeichnet an die Beklagte zurücksandte. In Zeitpunkt des Zugangs lag damit zunächst nur eine Vertragserklärung der Beklagten vor. Verblieben ist beim Kläger lediglich diese Vertragserklärung der Beklagten, nicht jedoch seine eigene. Der Streitfall liegt insoweit nicht anders an der Fall, der der Entscheidung in BGHZ a. a. O. zugrunde lag (vgl. juris Tz. 4).

cc) Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob die Belehrung im Übrigen - etwa durch den hervorgehobenen Hinweis auf Seite 5 des Darlehensvertrags - dem Deutlichkeitsgebot entspricht oder nicht.

dd) Auf einen Vertrauensschutz nach § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 hierzu beruft sich die Beklagte nicht.

c) Das Widerrufsrecht des Klägers war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung auch nicht verwirkt.

aa) Die hier allein in Betracht kommende Verwirkung eines Rechts infolge Zeitablaufs bedeutet, dass dem Inhaber die Ausübung eines Rechts nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) versagt wird, weil er über einen längeren Zeitraum von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht und dadurch bei der Gegenseite den Eindruck erweckt hat, mit der Inanspruchnahme des Rechts werde in Zukunft nicht mehr zu rechnen sein (sog. „illoyal verspätete Geltendmachung“ des Rechts). Entscheiden ist, ob sich ein Schuldner bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und tatsächlich eingerichtet hat, dass der Gläubiger sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Die Verwirkung ist damit ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen früheren Verhaltens (venire contra factum proprium). Die unerwartete Ausübung des Rechts nach längerer Zeit widerspricht dem Vertrauenstatbestand, den der Berechtigte durch die länger dauernde Nichtausübung des Rechts erzeugt hat (vgl. MüKoBGB/Roth/Schubert, 6. Aufl., § 242 Rn. 329 m. w. N.).

Gegenstand der Verwirkung kann grundsätzlich jedes subjektive Recht sein, auch das Widerrufsrecht.

Für die Verwirkung durch Zeitablauf muss das betroffene Recht über eine längere Zeitspanne hinweg nicht geltend gemacht worden sein (sog. „Zeitmoment“). Der für die Verwirkung erforderliche Zeitablauf lässt sich abstrakt nicht näher eingrenzen. Anders als bei den gesetzlichen oder vertraglichen Verjährungs- und Ausschlussfristen besteht keine absolute Zeitspanne, sondern es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Bereits daraus ergibt sich, dass der Zeitablauf allein - anders als bei Verjährungs- und Ausschlussfristen - nicht genügt, um die Rechtsfolgen der Verwirkung auszulösen. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten (sog. „Umstandsmoment“), so dass nach einer Gesamtbetrachtung der Interessenlage die Versagung der Rechtsausübung gerechtfertigt ist bzw. im Interesse der Gegenpartei geboten erscheint. Der Zeitablauf kann dabei umso kürzer sein, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und umgekehrt muss die abgelaufene Zeit umso länger sein, je geringer die Umstände sind (vgl. a. a. O. Rn. 336 m. w. N.).

Bei Gestaltungsrechten, bei denen die Verjährungsfrist mangels Verjährbarkeit keinen Anhaltspunkt liefert, hat die Verwirkung besondere Bedeutung. Das Zeitmoment ist durch die Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Von besonderer Bedeutung ist dabei das schützenswerte Interesse der Gegenpartei an der Schaffung baldiger Rechtsklarheit (vgl. a. a. O. Rn. 339 m. w. N.).

Erforderlich und ausreichend ist, dass die Untätigkeit des Berechtigten für die Gegenpartei einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat oder aus anderen Gründen die spätere Rechtsausübung mit der früheren Untätigkeit unvereinbar erscheint. Dafür sind die objektiven Gegebenheiten im Verhältnis beider Parteien und die subjektiven Aspekte in Bezug auf beide Parteien wesentlich. Das Umstandsmoment ist weder nur subjektiv noch ausschließlich objektiv zu betrachten. Ein gewichtiges subjektives Element ist das tatsächliche Vertrauen der Gegenseite darauf, dass der Berechtigte sein Recht nicht mehr ausüben werde, sowie die Schutzwürdigkeit dieses Vertrauens (vgl. a. a. O. Rn. 340 m. w. N.).

Das tatsächliche Vertrauen der Gegenseite wird dabei grundsätzlich nur geschützt, wenn dem Berechtigten die Verspätung subjektiv zurechenbar ist, also etwa dann nicht, wenn er die Unkenntnis seines Rechts nicht zu vertreten hat, es sei denn, dass andere (objektive) Gesichtspunkte eine erhöhte Schutzwürdigkeit der Gegenpartei begründen. Auf der anderen Seite sind die Interessen der Gegenpartei weniger schutzwürdig, wenn sie selbst gut oder sogar besser als der Berechtigte in der Lage war, die Sach- und Rechtslage zu überblicken, oder wenn ihr ein rechtswidrig-schuldhaftes Verhalten zur Last fällt, auch wenn letzteres die Verwirkung nicht zwingend ausschließt. Jedenfalls besteht kein Vertrauensschutz, wenn der Schuldner weiß oder davon ausgehen muss, dass der Gläubiger sein Recht aus Unkenntnis nicht geltend macht (vgl. a. a. O. Rn. 342 f. m. w. N.).

Generell gilt für die Verwirkung, dass sie nur mit größter Zurückhaltung und nach sorgfältiger Prüfung der überwiegenden schutzwürdigen Interessen anzunehmen ist (a. a. O. Rn. 345 m. w. N.).

bb) Bei Anwendung dieser Vorgaben kann das Widerrufsrecht des Klägers nicht als verwirkt angesehen werden.

(1) An objektiven Gesichtspunkten ist im Streitfall festzustellen, dass der Kläger sein Widerrufsrecht über einen Zeitraum von knapp sechs Jahren nicht ausgeübt, dabei eine Ausübung weder angekündigt noch vorbehalten hat, und das Darlehen vertragsgemäß bedient hat. Die Beklagte hat sich deswegen offenbar auf eine vereinbarungsgemäße Vertragsdurchführung eingestellt. Weder wurde das Darlehen vor dem Widerruf gekündigt, einvernehmlich aufgehoben oder umgestaltet noch ist es vor dem Widerruf auf andere Weise rückabgewickelt worden. Eine Beendigung durch Kündigung nach § 490 Abs. 2 Satz 1 BGB wird von keiner Partei behauptet. Im Widerrufsschreiben (Anlage K2) bietet der Kläger seine Bereitschaft an, den Darlehensvertrag zu aktuellen Konditionen fortzusetzen. Andernfalls werde er sich um eine anderweitige Finanzierung bemühen.

Unstreitig ist die Beklagte zur Refinanzierung des Darlehens ihrerseits entsprechend langfristige Verbindlichkeiten eingegangen.

(2) An subjektiven Gesichtspunkten ist zugrunde zu legen, dass die Beklagte nach der gesetzlichen Risikoverteilung zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verpflichtet war und das Risiko zu tragen hatte, dass das Widerrufsrecht mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung zeitlich unbefristet besteht. Gleichzeitig war sie im Vergleich zum Kläger als Verbraucher wesentlich besser in der Lage zu erkennen, ob die erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß war und ob, unter welchen Umständen und innerhalb welcher Frist ein Widerrufsrecht des Klägers bestand. Sie hätte daher auch ohne weiteres und jederzeit - insbesondere nach Erlass des Urteils in BGHZ 180, 123 am 10.03.2009 - durch eine auch bei Altverträgen zulässige (vgl. BGH WM 2012, 1799, juris Tz. 31) ordnungsgemäße Nachbelehrung die zweiwöchige Widerrufsfrist einseitig und ohne größeren Aufwand in Gang setzen können.

Demgegenüber kann nicht einmal sicher angenommen werden, dass der Kläger vor einer offenbar erfolgten Beratung durch den Klägervertreter von einem (noch) bestehenden Widerrufsrecht Kenntnis hatte. Vielmehr kommt auch gerade in Betracht, dass der Kläger irrig annahm, sein Widerrufsrecht sei bereits verfristet.

(3) Bei Würdigung dieser Umstände kann (wohl entgegen OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.03.2014, Az. 17 W 11/14, juris Tz. 14 ff.) eine Verwirkung nicht angenommen werden. Vielmehr ist dem Vertrauen der Beklagten - selbst unter dem Gesichtspunkt des Eingehens eigener Verpflichtungen zur Refinanzierung - eine vergleichsweise geringe Schutzwürdigkeit beizumessen, insbesondere weil diese es selbst in der Hand hatte, für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu sorgen, nach der gesetzlichen Risikoverteilung das Risiko einer fehlerhaften Belehrung zu tragen hatte und wesentlich besser als der Kläger in der Lage war, die Ordnungsgemäßheit der Belehrung einzuschätzen. Hingegen kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger über die fehlerhafte Belehrung oder auf andere Weise Klarheit über den Bestand des Widerrufsrechts und die Dauer der Widerrufsfrist erhalten hätte, oder - über die vertragsgemäße Bedienung des Darlehens über einen Zeitraum von knapp sechs Jahren hinaus - der Beklagte einen sonstigen Anlass geboten hätte anzunehmen, er werde von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen. Insofern ist der Streitfall im Hinblick auf die für eine mögliche Verwirkung maßgeblichen Umstände durchaus anders zu beurteilen, als die Fälle, die etwa den Entscheidungen OLG Düsseldorf NJW 2014, 1599, KG GuT 2013, 213 und OLG Köln WM 2012, 1532 zugrunde lagen und in welchen die betreffenden Verträge bereits Jahre vor der Erklärung des Widerrufs vollständig abgewickelt waren.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger mit seinem Fortführungsangebot im Widerrufsschreiben zu Ausdruck gebracht haben mag, das überlassene Kapital - jedenfalls in Form einer Umfinanzierung - weiter nutzen zu wollen. Vielmehr sind die Motive des Verbrauchers für die Erklärung des Widerrufs grundsätzlich unbeachtlich. Hinzu kommt, dass es gerade auch der Zielrichtung des Widerrufsrechts entspricht, dass sich der Verbraucher wegen der konkreten Konditionen des abgeschlossenen Geschäfts von diesem wieder lösen kann. Dass diese Zielrichtung nur dann schutzwürdig sein soll, wenn der Widerruf zeitnah erklärt wird, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Durch den Hinweis auf eine Umfinanzierung hat der Kläger jedenfalls auch zum Ausdruck gebracht, dass er durchaus auch bereits ist, das von der Beklagten überlassene Kapital dieser zurückzuerstatten.

d) Der Widerruf war auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich.

Dabei kann dahinstehen, ob neben dem Aspekt der Verwirkung (dazu soeben unter c) dem Verbraucher die Ausübung des Widerrufs auch aus anderen Aspekten wegen Rechtsmissbrauchs zu verwehren sein kann. Soweit sich die Beklagte hierfür auf das LG Berlin (Urt. v. 10.03.2011, Az. 5 O 312/09, juris) beruft, geht dieses allerdings auch von einem Fall der Verwirkung aus (juris Tz. 17 a.E.).

Jedenfalls vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass allein der Umstand, dass der Verbraucher das überlassene Kapital in möglicher Kenntnis eines Widerrufsrechts bis zu dem Zeitpunkt weiter nutzt, bis er sich wegen für ihn günstigerer Marktkonditionen doch vom Vertrag lösen will, einen dann erfolgenden Widerruf rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe, wenn es andererseits die Bank jederzeit in der Hand hat, das Widerrufsrecht durch eine wirksame Nachbelehrung zu beschränken.

2. Dagegen kann der Kläger mangels Anspruchsgrundlage keinen Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus der Verletzung einer vertraglichen Pflicht (§ 280 Abs. 1 BGB) noch aus Verzug (§ 280 Abs. 2, § 286, § 288 Abs. 4 BGB).

a) Durch die Erteilung einer fehlerhaften Widerspruchsbelehrung hat die Beklagte zwar eine Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag verletzt, was neben der grundsätzlichen unbefristeten Widerrufsmöglichkeit auch Schadenersatzansprüche nach sich ziehen kann (vgl. MüKoBGB/Masuch, 6. Aufl., § 360 Rn. 44). Jedoch fällt die Belastung mit Rechtsanwaltskosten, die bei der Geltendmachung des gleichwohl erklärten Widerrufs entstehen, nicht in den Schutzbereich der Verpflichtung, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen. Eine Schadenersatzverpflichtung kommt dann in Betracht, wenn der Verbraucher wegen der fehlerhaften Belehrung von der (früheren) Geltendmachung eines Widerrufs abgehalten wird, nicht hingeggen, wenn er gleichwohl von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Die Belastung mit den Rechtsanwaltskosten als Schaden ist nicht aufgrund der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung entstanden sondern wegen der Weigerung der Beklagten, diese anzuerkennen.

b) Eine Erstattungspflicht ergibt sich auch nicht aus Verzug (§ 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286, § 288 Abs. 4 BGB), da die Beklagte bislang mit keiner Leistungspflicht in Verzug geraten ist. Insbesondere ist sie durch das Nichtanerkennen des Widerrufs mit keiner sie treffenden Leistungspflicht in Verzug geraten. Der Kläger hat gerade bewusst davon abgesehen, vorgerichtlich Leistungsansprüche geltend zu machen und sich auch im Prozess mit einer Feststellungsklage begnügt.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.