Amtsgericht Ebersberg Endurteil, 15. Jan. 2019 - 7 C 663/18

bei uns veröffentlicht am15.01.2019

Gericht

Amtsgericht Ebersberg

Tenor

1. Der Geschäftswert für die außergerichtliche Rechtsanwaltstätigkeit zur Kündigung eines Darlehensvertrages bestimmt sich nach der Differenz zwischen der Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers bei Vertragserfüllung und bei Vertragsbeendigung in Folge Kündigung, mithin am Interesse des Auftraggebers, von der Verpflichtung zur Entrichtung des vertraglich vereinbarten Zinses frei zu werden.

2. Beabsichtigt der Auftraggeber eine Umschuldung, bemisst sich sein wirtschaftliches Interesse am 3,5-fachen Jahreswert der Zinsdifferenz zwischen zu kündigendem und beabsichtigten Darlehensvertrag.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restliches Honorar aus einem Anwaltsvertrag.

Der Beklagte zu 2) beauftragte am 22.11.2017 die Klägerin mit der Prüfung von Widerruf und Kündigung zweier Darlehensverträge der Beklagten bei der B. mit den Nr. …-772 und …-787, die von diesen zur Immobilienfinanzierung aufgenommen waren. Hierzu zeichnete der Beklagte zu 2) einen Anwaltsvertrag und eine Mandanten-Information über die Abrechnung nach dem RVG. Beide Beklagte unterzeichneten für die Klägerin Vollmachten zur Verwendung gegenüber der B.

Der Darlehensvertrag Nr. …-772 mit einer Gesamtvaluta von 94.700 € wies zum Zeitpunkt der Beauftragung noch eine nicht getilgte Restforderung der B. in Höhe von 83.000 € auf. Für dieses Darlehen mussten die Beklagten einen Zins von 1,65% p.a. zahlen.

Der Darlehensvertrag Nr. …-787 mit einer Gesamtvaluta von 59.000 € wies zum Zeitpunkt der Beauftragung noch eine nicht getilgte Restforderung der B. in Höhe von 59.000 € auf. Für dieses Darlehen mussten die Beklagten einen Zins von 0,5% p.a. als Verwaltungsbeitrag zahlen.

Die Beklagten beabsichtigten eine Umschuldung, wobei hinsichtlich des Darlehensvertrages Nr. …-772 eine jährliche Verzinsung von 1,2% p.a. angestrebt war.

Am 28.11.2017 fertigte die Klägerin zwei Schreiben an die B., mit denen jeweils die Darlehensverträge gekündigt wurden. Der Beklagte zu 2) hatte jeweils vor Absendung an die B. die Schreiben freigegeben.

Aufgrund einer Vorschussrechnung leistete die Rechtsschutzversicherung der Beklagten an die Klägerin 1.361,83 € im Hinblick auf die Tätigkeit bezüglich des Vertrages Nr. …-772.

Die Klägerin rechnete ihre Leistungen gegenüber den Beklagten wie folgt ab, wobei sie jeweils als Geschäftswert den noch offenen Rückzahlungsbetrag für die Darlehen ansetzte:

1. Kostenrechnung Nr. 353-2018 vom 14.05.2018 betreffend den Darlehensvertrag Nr. …-772 (Geschäftswert: 83.000,00 €):

Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG 1,6 2.268,80 €

Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 0,3.425,40 €

Post und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 515,70 €

Summe 3.229,90 €

2. Kostenrechnung Nr. 354-2018 vom 14.06.2018 betreffend den Darlehensvertrag Nr. …-787 (Geschäftswert: 59.000,00 €):

Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG 1,6 1.996,80 €

Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 0,3.374,40 €

Post und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 454,33 €

Summe 2.845,53 €

Von der Rechnung mit der Nr. 353-2018 zog die Klägerin den erhaltenen Vorschuss vom 18.05.2018 in Höhe von 1.361,83 € ab.

Die Klägerin behauptet, dass ihre Tätigkeit umfangreich und schwierig gewesen sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, es handele sich bei den beiden Darlehensverträgen jeweils um unterschiedliche Angelegenheiten, für deren Geschäftswert jeweils die noch nicht getilgte Darlehenssumme zum Zeitpunkt der Beauftragung anzusetzen sei.

Gründe

Der Klägerin steht ein Anspruch auf weiteres Honorar nicht zu. Der Honoraranspruch der Klägerin, soweit er bestand, ist bereits durch die Zahlung der Rechtsschutzversicherung der Beklagten erfüllt.

Die Tätigkeit der Klägerin ist als eine Angelegenheit gemäß § 15 RVG anzusehen, weshalb sie auch nur einheitlich abgerechnet werden kann. Was als eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne anzusehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, insbesondere im Hinblick auf den Inhalt des Auftrages, bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 27.07.2010 - VI ZR 261/09). Was eine einheitliche Angelegenheit ist, ist nicht legaldefiniert. Das Gesetz macht bei außergerichtlichen Angelegenheiten keine Vorgaben, welche Tätigkeiten als dieselbe Angelegenheit anzusehen sind - anders als bei gerichtlichen Angelegenheiten in §§ 16 ff. RVG. Gleichwohl kann der Katalog zu den gerichtlichen Angelegenheiten als Auslegungskriterium herangezogen werden, wann dieselbe Angelegenheit auch im außergerichtlichen Bereich vorliegt. Sofern eine einheitliche Behandlung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens möglich wäre, liegt es nahe, dass auch bei einer außergerichtlichen Handhabung dieselbe Angelegenheit vorliegt. Dementsprechend soll dieselbe Angelegenheit vorliegen, wenn zwischen mehreren Tätigkeiten „ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann“ (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2011 - VI ZR 73/10). Es kommt nicht darauf an, dass mehrere Prüfungsaufgaben zu erfolgen haben, vielmehr ist auf das gesamte Geschäft abzustellen, das der Rechtsanwalt besorgen soll (vgl. BGH, aaO.). Als Kriterien können daher herangezogen werden, ob ein einheitlicher Auftrag erteilt wurde, ein einheitlicher Rahmen vorliegt und ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. zu diesen Kritierien: Ahlmann in Riedel/Süssbauer, RVG, 10. Aufl., § 15, Rn. 26). Der Auftrag wurde von den Beklagten einheitlich der Klägerin erteilt. Diese sollte sich um beide Darlehensverträge bei demselben Gegner, der B., kümmern. Ein einheitlicher Rahmen liegt weiter vor, weil das Begehr der Beklagten der B. gegenüber in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden konnte und faktisch wurde. Dies ergibt sich daraus, dass mit der B. hinsichtlich beider Darlehensverträge der gleiche Gegner vorlag, mit dem im Ergebnis wortgleichen Text beide Darlehensverträge gekündigt wurden, die B. ihrerseits auf beide Kündigungsschreiben in einem einheitlichen Schreiben antwortete und dass auch bei gerichtlicher Anhängigmachung eine einheitliche Klage gegen die B. im Hinblick auf die Gebührendegression einerseits und die anwaltliche Pflicht zur Gebührenschonung andererseits angezeigt gewesen wäre. Allein der Umstand, dass die Vertragsbedingungen beider Darlehensverträge nicht identisch sind, reicht nicht aus, um gesonderte Angelegenheiten anzunehmen. Letztlich liegt auch ein innerer Zusammenhang vor. Beide Darlehensverträge wurden aufgenommen, um dieselbe Immobilienfinanzierung zu bewerkstelligen. Hinsichtlich beider sollte (zeitgleich) gekündigt werden, da eine Umschuldung auf günstigere Verträge beabsichtigt war.

Hinsichtlich der Bestimmung des Wertes dieser Angelegenheit ist gem. § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG entsprechend auf die Wertvorschriften für das gerichtliche Verfahren abzustellen, mithin gem. §§ 48 GKG, § 3 ff. ZPO auf das wirtschaftliche Interesse desjenigen, der die Rechtsverfolgung initiiert. Die bedeutet, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich die Beklagten infolge der anwaltlichen Gestaltungshandlung im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages gegenüber dem Darlehensgeber versprachen.

Zur Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses bei der Lösung von Darlehensverträgen liegen unterschiedliche Ansätze vor, die sich auch jeweils nach der Angriffsrichtung gegen den Vertrag unterscheiden.

Nach einer Ansicht soll der Nettodarlehensbetrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Wertbemessung bestimmend sein, da eine Orientierung an der offenen Darlehensvaluta je nach Zeitpunkt einer etwaigen Kündigung zu willkürlichen Ergebnissen führe und der so ermittelte Streitwert zu niedrig sei, wenn der widerrufene oder gekündigte Vertrag kurz vor der Rückführung stehe oder bereits zurückbezahlt sei (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2015 - 6 W 25/15 - bei einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Widerrufes; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 27.02.2015 - 19 W 60/14 - da insoweit das Rechtsverhältnis insgesamt in Frage gestellt wird).

Nach einer weiteren Ansicht soll auf die offene Darlehensforderung abgestellt werden, da der kündigende oder widerrufende Darlehensnehmer beabsichtige, das Wesen des zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses neu festzulegen. Da das Vertragsverhältnis in Gänze, soweit nicht bereits durch Erfüllung erloschen, betroffen sei, sei dieses Vertragsverhältnis durch die noch offene Darlehensvaluta bestimmt (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 20.04.2015 - 6 O 9499/14 - bei negativer Feststellungsklage im Hinblick auf die Unwirksamkeit eines Widerrufes; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.04.2005 - 17 W 21/05 - bei Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Darlehensvertrages; BGH, Beschluss vom 25.02.1997 - XI ZB 3/97 - bei Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Darlehensvertrages - hierbei soll auf den durch Kündigung fällig gestellten Betrag abgestellt werden). Weiter könne durch diesen Ansatz unzumutbarer Berechnungsaufwand vermieden werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 25.03.2015 - 13 W 13/15).

Nach einer dritten Ansicht soll nicht auf den Darlehensvertrag, sondern auf etwaige Pflichten aus einem durch die Gestaltungserklärung beabsichtigten Rückgewährschuldverhältnis abgestellt werden, mithin auf die Erstattungspflicht des Darlehensgebers gegenüber dem Darlehensnehmer in Höhe der bereits erfolgten Tilgung (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2016 - XI ZR 366/15 - dies kann allerdings nur von Bedeutung sein, wenn ein Rückabwicklungsverhältnis begründet werden soll, anders als hier vorliegend).

Eine vierte Ansicht stellt auf die Differenz der Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers bei Vertragserfüllung einerseits und bei Rückabwicklung in Folge Widerruf oder Kündigung andererseits ab. Für diese Ansicht wird vorgebracht, dass der Darlehensnehmer die offene Darlehensvaluta in jedem Fall zurückzahlen muss, weshalb diese den Streitwert nicht beeinflussen kann (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.11.2015 - 1 W 41/15; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.09.2015 - 17 W 41/15 - es ist auf die Ersparnis der vertraglich vereinbarten Zinsen abzustellen; OLG Koblenz, Beschluss vom 03.09.2015 - 8 W 528/15 - der Darlehensnehmer begehrt ein Freiwerden von der Verpflichtung zur Zahlung des Zinses; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15 - wirtschaftliches Interesse ist die Zinsdifferenz; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.04.2015 - 6 U 222/13 - noch anfallende Zinsen; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14). Weiter wird für diese Ansicht vorgebracht, dass hierdurch verhindert werden könne, dass der Streitwert so unangemessen hoch angesetzt wird, dass dem Bürger der Zugang zu Gerichten unmöglich würde (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15).

Das Gericht schließt sich der letztgenannten Ansicht an. Zwar erscheint das Argument, dass zu hohe Gebühren- oder Streitwerte einen Zugang zu den Organen der Rechtspflege verhinderten, nicht überzeugend, nachdem hierfür zumindest im gerichtlichen Verfahren die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe in Betracht kommt. Überzeugend ist aber die konsequente Orientierung am Gesetz. Demnach bestimmt sich der Wert einer Angelegenheit allein nach dem wirtschaftlichen Interesse des Darlehensnehmers, § 3 ZPO. Die anderen Ansichten berücksichtigen gerade nicht, dass auch nach Kündigung der Darlehensnehmer die noch nicht getiligte Valuta zurückführen muss. Sollte er mit seiner Kündigung durchdringen, muss er diese Pflicht nur sofort erfüllen, sollte er mit dieser Kündigung nicht durchdringen, verbleibt es bei der Rückzahlung gemäß Darlehensvertrag. Die offene Darlehensvaluta hat daher, ebenso wie die gesamte Valuta, mit dem wirtschaftlichen Interesse des Darlehensnehmers bei einer Kündigung nichts zu tun. Auch hat der Darlehensnehmer kein wirtschaftliches Interesse am Rückerhalt seiner bereits geleisteten Tilgung in der hier gegenständlichen Konstellation, vielmehr begehrt er lediglich eine Lösung vom Vertrag für die Zukunft. Die Auffassung des Gerichts bestätigt sich auch bei einem Blick auf das Haftungsrisiko des mit der Kündigung beauftragten Rechtsanwalts. Der mit der Kündigung beauftragte Rechtsanwalt könnte im Falle einer Pflichtverletzung nur auf Schadenersatz in der Höhe in Anspruch genommen werden, wie dieser Schaden kausal auf einer etwaigen Pflichtverletzung im Rahmen der Kündigung beruhen kann. Ein solcher Schaden bestünde aber in keinem Fall denkbarer Schädigung in der Darlehensvaluta, sondern gegebenenfalls nur darin, dass der Darlehensnehmer sich weiter an dem ursprünglichen Darlehensvertrag festhalten lassen muss und gegebenenfalls hier einen höheren Zins entrichten muss, als von ihm begehrt.

Soweit von den Vertretern der vom Gericht präferierten Ansicht teilweise angenommen wird, dass nicht auf die Zinsdifferenz, sondern auf den - ungekürzten - Zins des zu kündigenden Vertrages abgestellt werden soll (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.09.2015 - 17 W 41/15), kann dem zumindest für den außergerichtlichen Geschäftswert, bei dem die anwaltliche Tätigkeit der Umschuldung dienen soll, nicht gefolgt werden. Bei der Absicht des Wechsels zu einem günstigeren Darlehen liegt das wirtschaftliche Interesse gerade in der Zinsdifferenz (vgl. Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 3, Rn.16, „Darlehen“; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.11.2009 - 24 U 57/09). Das von den Vertretern der Gegenansicht vorgebrachte Argument, dass eine Ersatzfinanzierung ungewiss und regelmäßig unbekannt sei, vermag zumindest dann nicht zu überzeugen, wenn diese bereits bekannt, oder wie hier - hinsichtlich des Vertrages Nr. …-772 - unstreitig ist. Darüber spricht auch das o.g. Argument betreffend die Haftung des Rechtsanwaltes für eine entsprechende Begrenzung auf die Zinsdifferenz.

Von dem so ermittelten Wert ist im Hinblick auf § 9 ZPO der 3,5-fache Jahreswert heranzuziehen, da es sich bei Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen handelt (vgl. Maier, Streitwert bei Widerruf des Darlehensvertrages, VuR 2016, 9 mwN).

Unter Berücksichtigung des Vorstehenden erscheint hinsichtlich des Vertrages mit der Nr. …-787 bereits fraglich, welchen Umfang das wirtschaftliche Begehr der Beklagten bei einer Differenzbetrachtung haben kann. Die Beklagten waren auch im Rahmen ihrer Anhörung nicht in der Lage, nachvollziehbar zu machen, worin ihr wirtschaftliches Interesse lag. Vielmehr gaben sie an, dass die Kündigung dieses Vertrages wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen sei, stellten aber unstreitig, dass sie das entsprechende Kündigungsschreiben genehmigt haben. Der Vertrag war zinsfrei und wies nur eine jährliche Verwaltungsgebühr in Höhe von 0,5% des jeweiligen Darlehensbetrages auf. Nachdem die Beklagten die Kündigung freigegeben haben, muss davon ausgegangen werden, dass sie eine anderweitige, noch günstigere - aber unbekannte - Form der Finanzierung zumindest für möglich hielten, mithin kann ihr Interesse in Höhe der Befreiung von der Zahlungsverpflichtung in Höhe von 0,5% jährlicher Verwaltungskosten angesetzt werden. In diesem Fall bietet sich gem. der oben dargestellten Rechtsprechung bei unbekannten Ersatzfinanzierungen an, auf den ungeminderten Zinsbetrag abzustellen. Bei einer noch offenen Darlehensvaluta in Höhe von 59.000,- € ergeben sich daher jährliche Kosten in Höhe von 295,- €, bei Berücksichtigung des 3,5-fachen Jahreswertes im Hinblick auf § 9 ZPO ist daher ein Wert von 1.032,50 € anzusetzen.

Hinsichtlich des Vertrages mit der Nr. …-772 hat der Beklagte zu 2) unbestritten angegeben, dass sein Interesse war, den Vertrag umzuschulden auf einen anderen Vertrag mit einem Jahreszins in Höhe von 1,2%, während der zu kündigende Vertrag noch einen Jahreszins in Höhe von 1,65% aufwies. Sein wirtschaftliches Interesse war daher die Ersparnis von 0,45% Jahreszins. Bei einer noch offenen Darlehensvaluta in Höhe von 83.000,- € ergibt sich daher ein jährliches Einsparpotenzial, dass die Beklagten verfolgten, in Höhe von 373,50 €. Bei Berücksichtigung des 3,5-fachen Jahreswertes ist daher ein Wert von 1.307,25 € anzusetzen.

Als Geschäftswert ergibt sich insgesamt für die Angelegenheit der Kündigung beider Darlehensverträge ein Betrag von 2.339,75 €.

Die Klägerin kann für ihre Tätigkeit nur eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ansetzen. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat zum Nachweis des Umfangs der Sache lediglich die beiden Kündigungsschreiben an die B. vom 28.11.2017 vorgelegt. Eine weitere Tätigkeit wurde wieder vorgetragen noch ist diese ersichtlich. Beweis wurde nicht angeboten. Zwei Kündigungsschreiben stellen keine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit dar, die eine Überschreitung der 1,3-fachen Gebühr rechtfertigt.

Es ergibt sich daher folgende Rechnung für das Anwaltshonorar:

Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG 1,3.261,30 €

Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 0,3 60,30 €

Post und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 64,90 €

Summe 406,50 €

Auf die weiteren Einwendungen der Beklagten kommt es nicht an.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

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(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 15 Abgeltungsbereich der Gebühren


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(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.

(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 261/09 Verkündet am:
27. Juli 2010
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, gegen eine unrichtige Presseberichterstattung
vorzugehen, so kann eine Tätigkeit in derselben Angelegenheit auch
dann vorliegen, wenn durch die unrichtigen Äußerungen sowohl eine GmbH
als auch deren Geschäftsführer betroffen sind und sich die für die Betroffenen
ausgesprochenen Abmahnungen sowohl gegen den für das Printprodukt
verantwortlichen Verlag als auch gegen die für die Verbreitung der Berichterstattung
im Internet Verantwortlichen richten.

b) Sind durch eine falsche Berichterstattung eine GmbH und ihre Geschäftsführer
in gleicher Weise betroffen und sollen sich die Abmahnungen wegen der
wortgleichen Berichterstattung an den Verlag der Printausgabe, an die Do-
maininhaberin sowie an die Betreiberin des Online-Angebots richten, wird die
Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer getrennten Beauftragung derselben
Anwaltssozietät und einer getrennten anwaltlichen Bearbeitung in der
Regel jedenfalls dann zu verneinen sein, wenn die Abmahnungen ohne weiteren
Aufwand zu Unterlassungserklärungen der für die Berichterstattung
Verantwortlichen führen und die Sache bis dahin ohne weiteres als eine Angelegenheit
bearbeitet werden kann.
BGH, Urteil vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09 - LG Berlin
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 10. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die
Richter Zoll und Wellner sowie die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 7. Juli 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, neben H. Geschäftsführer der N-GmbH, beansprucht von der beklagten Verlagsgruppe die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Diese sind nach Ansicht des Klägers im Hinblick auf eine von mehreren Abmahnungen wegen einer Berichterstattung über die N-GmbH, in der auch die beiden Geschäftsführer namentlich genannt sind, entstanden. Die Berichterstattung betraf die angebliche Beteiligung der N-GmbH und ihrer Ge- schäftsführer an der Sammlung der Telefonverbindungsdaten von Mitgliedern des Aufsichtsrats und des Konzernbetriebsrats eines großen Unternehmens und am Abgleich mit Telefonverbindungsdaten von Journalisten. Sie erfolgte in der von der Beklagten verlegten H-Zeitung und auf mehreren Internetseiten, die von der E-GmbH, einem Tochterunternehmen der Beklagten, angeboten wurden. Unstreitig war die Berichterstattung unzutreffend. Der Kläger ließ die Beklagte und die E-GmbH durch seine Rechtsanwälte abmahnen. Entsprechende Abmahnungen erfolgten durch dieselbe Anwaltskanzlei namens des Mitgeschäftsführers und der N-GmbH.
2
Die Beklagte sagte auch namens der E-GmbH zu, die beanstandeten Äußerungen nicht mehr zu verbreiten. Sie errechnete wegen der Abmahnungen und wegen eines zusätzlichen Abmahnschreibens der N-GmbH gegenüber dem Verlag der Printausgabe die vorgerichtlichen Abmahnkosten auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr nach dem kumulierten Gegenstandswert von 140.000 € (7 x 20.000 €) mit 2.356,20 €. Dieser Betrag wurde bezahlt und teilweise mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch verrechnet. Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich um sieben selbstständige Angelegenheiten, für die jeweils eine Gebühr nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 € entstanden sei. Er hat von der Beklagten deshalb mit der Klage Freistellung von der Inanspruchnahme durch seine Rechtsanwälte in Höhe von restlichen 686,56 € verlangt.
3
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche auf Rückgewähr zu viel gezahlten Anwaltshonorars gegen die Rechtsanwälte des Klägers zu zahlen hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung bei Juris veröffentlicht ist (Urteil vom 7. Juli 2009 - 27 S 16/08), führt aus:
5
Aufgrund der Verletzungshandlung der Beklagten stehe dem Kläger ein Freistellungsanspruch für die Abfassung eines hierfür durch seine außergerichtlich beauftragten Rechtsanwälte verfassten Abmahnschreibens zu. Es hätten insgesamt sieben individuelle Unterlassungsansprüche bestanden. Ein Anspruch auf Schadensersatz in Form vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestehe allerdings nur insoweit, als diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien. Danach komme es auch darauf an, ob die geltend gemachten Kosten vom Geschädigten im Innenverhältnis an den für ihn tätigen Rechtsanwalt zu zahlen seien. Dies sei vorliegend der Fall. Der Gebührenforderung der Anwälte stehe nicht der Einwand entgegen, bei der außergerichtlichen Geltendmachung der Unterlassungsansprüche habe es sich um nur eine Angelegenheit (§ 15 Abs. 2 RVG) gehandelt.
6
Mehrere Aufträge beträfen regelmäßig dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang bestehe und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielrichtung so weitgehend übereinstimmten, dass von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit gesprochen werden könne und insbesondere die innerlich zusammengehörenden Gegenstände von dem Rechtsanwalt einheitlich bearbeitet werden könnten, also die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Berichterstattung so weitgehend parallel laufe, dass nicht mehr von zwei getrennten Prüfungsaufgaben des Rechtsanwalts gesprochen werden könne. Bei der Verfolgung der Ansprüche verschiedener Personen handele es sich auch im Rahmen einer einheitlichen Veröffentlichung nach ständiger Rechtsprechung der Kammer um verschiedene Angelegenheiten. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Textberichterstattung bezüglich einer natürlichen Person hänge nicht ohne weiteres von den weiteren, in dem Artikel genannten natürlichen und/oder juristischen Personen ab. Selbst wenn sich im Ergebnis herausstelle , dass die Textberichterstattung aus den gleichen Gründen rechtswidrig gewesen sei, müsse der Rechtsanwalt dies in getrennten Überprüfungen, und zwar unter Beachtung der Besonderheiten der jeweils betroffenen Personen, feststellen.
7
Zwar beruhten sämtliche Abmahnungen auf derselben Ausgangsmitteilung in der H-Zeitung, in der sämtliche Unterlassungsgläubiger erwähnt worden seien. Alle Abmahnschreiben seien zudem von einem Rechtsanwaltsbüro, den Prozessbevollmächtigten des Klägers, bearbeitet worden. Der Annahme eines inneren Zusammenhanges stehe aber zunächst entgegen, dass es sich vorliegend um drei verschiedene Auftraggeber gehandelt habe. Zwar schließe dies die Annahme einer Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG nicht zwangsläufig aus, wie sich aus § 22 Abs. 2 Satz 2 RVG ergebe. Doch bestünden vorliegend sachliche Gründe, warum neben der N-GmbH deren Geschäftsführer gesondert abgemahnt hätten. Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei ein höchstpersönlicher Anspruch. Die Berichterstattung sei zudem geeignet, den Kläger nicht nur in seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer , sondern auch als Privatperson zu beeinträchtigen. Auf den ähnlichen Wortlaut der übrigen Abmahnungen könne danach nicht abgestellt werden.
8
Auch die Tatsache, dass sich die Abmahnungen gegen verschiedene Unterlassungsschuldner, nämlich die Verantwortliche der Online-Ausgabe, die Beklagte als Domaininhaberin der Internetseite und die Verlegerin der PrintAusgabe , gerichtet hätten, stehe der Anwendung von § 15 Abs. 2 RVG vorliegend entgegen. Zwar seien die betroffenen Gesellschaften konzernrechtlich verflochten. Doch sei unstreitig, dass der Entschluss, auch gegen die Beklagte vorzugehen, erst erfolgt sei, nachdem sich die bis dato erteilten und durchgeführten Aufträge als unzureichend erwiesen hätten, die Störung - also: Veröffentlichung des Artikels - zu beenden, obwohl die Beklagte auch an der Beantwortung der anderen Unterlassungsbegehren beteiligt gewesen sei.
9
Schließlich sei der mit den Abmahnschreiben befasste Rechtsanwalt auch zu verschiedenen Zeiten beauftragt worden. Zwar stehe auch dies der Annahme einer Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG nicht grundsätzlich entgegen. Es müsse aber Einigkeit bestehen, dass die Ansprüche gemeinsam behandelt werden sollten. Hiervon sei vorliegend aufgrund der individuellen Interessenlage der Unterlassungsgläubiger nicht auszugehen. Auch habe der Kläger den Rechtsanwalt erst zwei Tage nach der Abmahnung im Namen der N-GmbH nunmehr für sich selbst beauftragt.
10
Darauf, der Rechtsanwalt des Klägers habe diesen nicht ausreichend über die verschiedenen möglichen Vorgehensweisen, insbesondere die kostengünstigste , belehrt, könne sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht berufen.

II.

11
Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen hat das Berufungsgericht einen Freistellungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte mit der Begründung, die von ihm veranlasste Abmahnung betreffe nicht dieselbe Angelegenheitim Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG wie die weiteren Abmahnungen, rechtsfehlerhaft bejaht.
12
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte wegen der abgemahnten Veröffentlichungen zum Schadensersatz verpflichtet ist, und dass die Kosten eines mit der Sache befassten Rechtsanwalts ersatzfähig sein können, soweit sie zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. dazu Senat , BGHZ 127, 348, 350; Urteile vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 - VersR 2006, 521, 522; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 175/05 - VersR 2007, 505; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 188/05 - VersR 2007, 506 f.; vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - VersR 2008, 413, 414; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07 - VersR 2008, 985; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - VersR 2009, 1269, 1271).
13
2. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 92, 85, 86 f.; 102, 322, 330; 161, 151, 154; vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07 - VersR 2009, 408, 409; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO). Derartige Fehler des Berufungsgerichts liegen hier vor.
14
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO).
15
b) Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei im Innenverhältnis zu sei- nen Anwälten zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten, berechnet auf der Grundlage von sieben selbstständigen Angelegenheiten, verpflichtet. Dem kann, jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen, nicht gefolgt werden.
16
aa) Auftragsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse beantworten , wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist. Die Annahme derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen , innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören (vgl. zu allem Vorstehenden Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - aaO; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07 - aaO, S. 985 f.; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO, S. 1271 f., jeweils m.w.N.).
17
bb) Der Annahme einer Angelegenheit steht nicht entgegen, dass der Anwalt mehrere Geschädigte vertreten soll und dass ein Vorgehen gegen mehrere Schädiger erforderlich ist.
18
(1) Ein einheitlicher Auftrag kann auch dann vorliegen, wenn der Anwalt von mehreren Mandanten beauftragt wird; gegebenenfalls muss durch Auslegung ermittelt werden, ob der Anwalt für die verschiedenen Auftraggeber ge- meinsam oder ob er für jeden von ihnen gesondert tätig werden sollte (LG Hamburg, AfP 2010, 185, 187; AG Hamburg, AfP 2008, 233, 234; RVGAnwaltkommentar /N. Schneider, 5. Aufl., § 15 Rn. 27 f.; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 19. Aufl., § 15 Rn. 8; Mayer/Kroiß/Winkler, RVG, 4. Aufl., § 15 Rn. 46; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 15 RVG Rn. 15).
19
(2) Auch die Inanspruchnahme mehrerer Schädiger kann eine Angelegenheit sein. Dies kommt in Fällen wie dem vorliegenden insbesondere dann in Betracht, wenn den Schädigern eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorzuwerfen ist und demgemäß die erforderlichen Abmahnungen einen identischen oder zumindest weitgehend identischen Inhalt haben sollen. Mit Recht wird das Vorliegen einer Angelegenheit bejaht, wenn Unterlassungsansprüche die gleiche Berichterstattung betreffen, an deren Verbreitung die in Anspruch Genommenen in unterschiedlicher Funktion mitwirken (AG Hamburg, AfP 2009, 92, 94 f.; AG Tempelhof-Kreuzberg, AfP 2009, 90 f.; vgl. auch OLG Düsseldorf, AnwBl. 1983, 31 zur Fertigung gleichlautender Abmahnungen wegen einer gleichartigen Wettbewerbsverletzung an viele rechtlich selbstständige Unternehmen eines Konzerns; zustimmend RVG-Anwaltkommentar/N. Schneider, aaO, Rn. 75). Abweichendes mag gelten, wenn es um - auch unternehmerisch - eigenständige Publikationen geht (vgl. LG Hamburg, AfP 2010, 197, 198).
20
In der Regel kommt es nicht darauf an, dass jede Abmahnung wegen der verschiedenen Rechtspersönlichkeiten gegenüber jedem Schädiger ein eigenes rechtliches Schicksal haben kann. Sofern die Reaktionen der verschiedenen Schädiger auf die gleichgerichteten Abmahnungen nicht einheitlich ausfallen und deshalb eine differenzierte Bearbeitung durch den Rechtsanwalt erfordern, können aus der ursprünglich einheitlichen Angelegenheit mehrere Angelegenheiten entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - IX ZR 401/00 - NJW 2005, 2927, Rn. 13 bei Juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00 - NJW 2004, 1043, Rn. 33 bei Juris).
21
Der Beurteilung als eine Angelegenheit steht auch nicht entgegen, dass die Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung hinsichtlich verschiedener in Anspruch zu nehmender Personen - etwa des Autors des Artikels und des Verlags aufgrund der Verbreiterhaftung - getrennt zu prüfen ist (LG Frankfurt am Main, AfP 2009, 77, 78; a.A. LG Berlin, JurBüro 2009, 421, 422; AfP 2009, 86, 87). Insofern mag es sich um verschiedene Gegenstände handeln (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2005 - VIII ZB 52/04 - NJW 2005, 3786, 3787; vom 15. April 2008 - X ZB 12/06 - AnwBl. 2008, 638; OLG Stuttgart, JurBüro 1998, 302 f.). In einer Angelegenheit können indes mehrere Gegenstände bzw. Prüfungsaufgaben behandelt werden (Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO, S. 1272, Rn. 25 bei Juris; Gerold/Schmidt/Mayer, aaO, Rn. 6, 8).
22
cc) Eine Angelegenheit kann auch vorliegen, wenn ein dem Rechtsanwalt zunächst erteilter Auftrag vor dessen Beendigung später ergänzt wird (Gerold /Schmidt/Mayer, aaO, Rn. 7; RVG-Anwaltkommentar/N. Schneider, aaO, Rn. 24). Ob eine Ergänzung des ursprünglichen Auftrags vorliegt oder ein neuer Auftrag erteilt wurde, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.
23
dd) Diesen vom Berufungsgericht zum Teil verkannten Grundsätzen wird seine Beurteilung auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht gerecht.
24
Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass die Beklagte unter Vorlage der Abmahnschreiben vorgetragen habe, alle Abmahnungen trügen dasselbe Aktenzeichen des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers und seien allesamt am 28. Mai 2008 im Minutentakt ausgeführt worden. Sie weist ferner ins Einzel- ne gehend darauf hin, dass die Beklagte den Vortrag des Klägers zur Beauftragung seiner Rechtsanwälte durch ihn, den Mitgeschäftsführer und die N-GmbH bestritten und unter Hinweis auf die Zeugenaussage einer Rechtsanwältin der vom Kläger beauftragten Kanzlei in einem anderen Rechtsstreit geltend gemacht hat, es habe einen pauschalen Auftrag gegeben, das Internet insgesamt von dem Beitrag zu bereinigen. Zu dem danach streitigen Vortrag des für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs beweispflichtigen Klägers hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
25
c) Hinsichtlich der Beurteilung des Außenverhältnisses hat das Berufungsgericht einen falschen rechtlichen Ansatz gewählt. Es geht davon aus, ein Verletzter müsse sich ein im Hinblick auf die anfallenden Gebühren möglicherweise gegebenes Fehlverhalten des mit der Geltendmachung der Rechte beauftragten Rechtsanwaltes nicht zurechnen lassen. Ein solches Fehlverhalten unterbreche den Zurechnungszusammenhang zwischen schädigender Handlung und Schaden grundsätzlich nicht. Der Zurechnungszusammenhang entfalle nur bei ungewöhnlich grobem Fehlverhalten des Dritten, was hier jedenfalls zu verneinen sei.
26
Diese Argumentation verkennt, dass ein Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Kosten eines mit der Sache befassten Anwalts nur unter der Voraussetzung gegeben ist, dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Hierbei handelt es sich um eine echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung und nicht lediglich um einen im Rahmen des § 254 BGB bedeutsamen, die Ersatzpflicht beschränkenden und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallenden Umstand (vgl. Senatsur- teile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - aaO; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07 - aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO, jeweils m.w.N.).
27
Die Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO). Insoweit muss festgestellt werden, ob im Streitfall vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Beauftragung der mit den diversen Abmahnungen befassten Anwaltskanzlei bestanden haben. Dies bedarf in einem Fall wie dem vorliegenden eines näheren Vortrags. Sind durch eine falsche Berichterstattung eine Kapitalgesellschaft und ihre Geschäftsführer in gleicher Weise betroffen und sollen sich die Abmahnungen wegen der wortgleichen Berichterstattung an den Verlag der Printausgabe, an die Domaininhaberin sowie an die Betreiberin des OnlineAngebots richten, wird die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer getrennten Beauftragung derselben Anwaltssozietät und einer getrennten anwaltlichen Bearbeitung in der Regel zu verneinen sein, da die Sache, jedenfalls dann, wenn die Abmahnungen ohne weiteren Aufwand zu Unterlassungserklärungen der Schädiger führen, ohne weiteres als eine Angelegenheit bearbeitet werden kann.

III.

28
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Sachverhalt unter Beachtung der vorstehenden Rechtsgrundsätze neu zu würdigen und, soweit erforderlich, dem zum Teil streitigen und gegebenenfalls ergänzungsbedürftigen Sachvortrag der Parteien nachzugehen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 28.10.2008 - 9 C 113/08 -
LG Berlin, Entscheidung vom 07.07.2009 - 27 S 16/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 73/10
Verkündet am:
21. Juni 2011
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG kann auch vorliegen
, wenn mehrere Auftraggeber einen Rechtsanwalt an unterschiedlichen
Tagen beauftragen.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - LG Berlin
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 6. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die
Richter Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 9. März 2010 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger je zur Hälfte.

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Freistellung von einem Teil der Rechtsanwaltsgebühren, welche im Zusammenhang mit Abmahnungen wegen eines Artikels entstanden sind, der in der BILD-München-Ausgabe der von der Beklagten verlegten Zeitung am 4. Februar 2009 veröffentlicht wurde. In diesem wurde u.a. wahrheitswidrig behauptet, die Kläger seien gemeinsam zu einer Party erschienen und der Kläger zu 1 habe auf Nachfrage bestätigt, er sei mit der Klägerin zu 2 zusammen.
2
Die Beklagte gab am 18. Februar 2009 gegenüber beiden Klägern strafbewehrte Unterlassungserklärungen ab, nachdem sie hierzu durch die Prozessbevollmächtigten der Kläger mit zwei getrennten Schreiben vom 16. Februar 2009 aufgefordert worden war. Mit getrennten Schreiben vom 24. Februar 2009 nahmen die Kläger, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten , die Unterlassungserklärungen an und forderten die Beklagte zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten auf der Grundlage eines Streitwertes von jeweils 20.000 € in Höhe von insgesamt 2.046,32 € brutto auf. Die Beklagte zahlte unter Zugrundelegung eines einheitlichen Gebührenstreitwerts von 40.000 € lediglich insgesamt 1.419,19 €.
3
Das Amtsgericht hat der auf den Differenzbetrag gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen, weil höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, ob getrennt erfolgte Abmahnungen für mehrere Anspruchsteller eine Angelegenheit im Sinne von §§ 7, 15 RVG darstellen können.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht den Klägern der geltend gemachte weitere Schadensersatzanspruch aus §§ 823, 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB, §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu. Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen handle es sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bei den von den Klägern verfolgten Unterlassungsansprüchen um eine Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG. Bei der erforderlichen einzelfallbezogenen Betrachtung sei davon auszugehen, dass die geltend gemachten Ansprüche einer einheitlichen Bearbeitung zugänglich gewesen seien. Beide Abmahnschreiben rührten vom selben Datum her und die Schreiben stimmten in der Zielrichtung überein und seien aufgrund eines einheitlichen Anlasses von derselben Rechtsanwältin ge- fertigt worden. Beide Kläger seien durch die beanstandete Bild- und Textberichterstattung in gleicher Weise in ihrem Recht am eigenen Bild und ihrer Privatsphäre beeinträchtigt und verfolgten auch das gleiche Ziel bezüglich der Abwehr der Berichterstattung. Sie seien über den streitgegenständlichen Beitrag als vermeintliches Liebespaar "zusammengeschweißt". Es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass eine einheitliche Bearbeitung im konkreten Fall nicht erfolgt sei bzw. nicht hätte erfolgen können. Allein der Umstand, dass der Klägerin zu 2 in dem Artikel zusätzlich eine weitere Affäre unterstellt worden sei, lasse nicht auf eine getrennte Bearbeitung der Ansprüche schließen.

II.

5
Die angefochtene Entscheidung hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
6
Nach den vom erkennenden Senat - teilweise nach Erlass des Berufungsurteils - entwickelten Grundsätzen steht den Klägern über den von der Beklagten bereits gezahlten Betrag hinaus kein Freistellungsanspruch wegen Rechtsanwaltskosten zu, weil es sich bei den in getrennten Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten erfolgten Abmahnungen um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG gehandelt hat und den Prozessbevollmächtigten der Kläger ihnen gegenüber kein weiterer Anspruch zusteht.
7
1. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269 Rn. 18; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, NJW 2010, 3035 Rn. 13; vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, NJW 2010, 3037 Rn. 12; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 14; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, NJW 2011, 784 Rn. 10; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184 Rn. 6, jeweils mwN).
8
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06, VersR 2008, 413 Rn. 17; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO, Rn. 20; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 14; vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO, Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO, Rn. 15; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO, Rn. 7).
9
3. Die für die Höhe des Anspruchs des Prozessbevollmächtigten im Innenverhältnis maßgebliche Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 16; vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, aaO, Rn. 17; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO, Rn. 16; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO, Rn. 13; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO, Rn. 8).
10
a) Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammen gehören (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO, Rn. 23 ff.; vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 16, jeweils mwN; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO).
11
b) Der erkennende Senat hat weiter entschieden, der Annahme einer Angelegenheit stehe nicht entgegen, dass der Anwalt mehrere Geschädigte vertreten soll. Ein einheitlicher Auftrag kann nämlich auch dann vorliegen, wenn der Anwalt von mehreren Mandanten beauftragt wird, wobei gegebenenfalls durch Auslegung ermittelt werden muss, ob der Anwalt für die verschiedenen Auftraggeber gemeinsam oder für jeden von ihnen gesondert tätig werden sollte (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 17 f.; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO Rn. 18; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO, Rn. 14). Die Annahme derselben Angelegenheit kommt insbesondere in Betracht, wenn dem Schädiger eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorzuwerfen ist und demgemäß die erforderlichen Abmahnungen einen identischen oder zumindest weitgehend identischen Inhalt haben. Dies wurde insbesondere bejaht, wenn die Unterlassungsansprüche die gleiche Berichterstattung betrafen (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, aaO; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO).
12
4. Nach diesen Grundsätzen begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts , das Tätigwerden der von den Klägern getrennt beauftragten Prozessbevollmächtigten betreffe dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG, unter den Umständen des Streitfalls im Ergebnis keinen Bedenken.
13
a) Den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen , dass zwischen den für den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die beiden Abmahnschreiben wurden unter demselben Datum von derselben Rechtsanwältin gefertigt. Sie betrafen dieselbe Veröffentlichung und stimmten in ihrer Zielrichtung, nämlich jeweils der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, überein. Demgemäß hatten die Abmahnschreiben einen weitgehend identischen Inhalt. In das Abmahnschreiben hinsichtlich der Klägerin zu 2 wurde im Vergleich zum Abmahnschreiben bezüglich des Klägers zu 1 nur zusätzlich eine Abmahnung hinsichtlich der in dem Bericht behaupteten weiteren Affäre der Klägerin zu 2 aufgenommen. Dies steht der Annahme derselben Angelegenheit nicht entgegen, zumal nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden kann, dass insoweit eine eigenständige zusätzliche Prüfung stattgefunden hat oder hätte stattfinden müssen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass den Klägern jeweils eigene höchstpersönliche Unterlassungsansprüche zustehen. Nach der Rechtsprechung kann eine Angelegenheit mehrere Gegenstände umfassen. Demgemäß können auch mehrere Aufträge verschiedener Auftraggeber dieselbe Angelegenheit betreffen, obwohl sie verschiedene Gegenstände zum Inhalt haben (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. November 1983 - III ZR 193/82, JurBüro 1984, 537, 538 mwN; BVerfG, NJW-RR 2001, 139).
14
b) Die Revision macht allerdings geltend, die Feststellungen des Berufungsgerichts reichten nicht dafür aus, trotz der erfolgten getrennten Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten der Kläger den für die Annahme derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG erforderlichen einheitlichen Auftrag anzunehmen. Mit diesem Vorbringen hat sie indes keinen Erfolg. Der für ihre Auffassung angeführte eigene Vortrag der Kläger stellt die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ein einheitlicher Auftrag vorliegt, nicht in Frage. Danach haben die Kläger zwar zwei verschiedene Prozessaufträge an unterschiedlichen Tagen erteilt. Beide Aufträge sind aber auf ein Tätigwerden der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten zurückzuführen. Der Kläger zu 1 hatte einen ihm bekannten Rechtsanwalt der Kanzlei wegen der vergleichbaren Berichterstattung in der B.Z. vom 1. Februar 2009 angerufen und den Auftrag erteilt, gegen diese Berichterstattung vorzugehen. Er hatte darauf hingewiesen, dass er die Klägerin zu 2 kaum kenne und nicht mit ihr in Begleitung zu einer Party erschienen sei. Diese Aussage wollte der Rechtsanwalt mittels der Aussage der Klägerin zu 2 verifizieren. Nachdem der Kläger zu 1 über einen Bekannten die Telefonnummer der Klägerin zu 2 ermittelt hatte, befragte der Rechtsanwalt die Klägerin zu 2 telefonisch zu dem Sachverhalt. Diese bestätigte die Angaben des Klägers zu 1, bat die Kanzlei, auch ihren Fall gegen die B.Z. zu übernehmen und mandatierte die Kanzlei im Rahmen des Telefonats (zunächst mündlich), gegen die Berichterstattung in BILD-München vorzugehen. In einem zeitlich versetzten weiteren Telefonat des Rechtsanwalts mit dem Kläger zu 1 beauftragte dieser dann die Kanzlei, auch gegen die hier streitgegenständliche BILD-München-Berichterstattung vorzugehen, die ihm aufgrund eines Hinweises des Rechtsanwalts bekannt geworden war. Auch wenn formal zwei Aufträge vorliegen, handelt es sich unter diesen Umständen im gebührenrechtlichen Sinne um ein gemeinsames Vorgehen der Kläger. Der Umstand, dass sich diese vor der Berichterstattung nicht gekannt haben wollen, ist insoweit ohne Bedeutung. Dies gilt auch, soweit sich die Kläger auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht aus § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO berufen, zumal sie im jetzigen Verfahren gemeinsam klagen. Auch der Umstand, dass die Bevollmächtigungen nacheinander erfolgten, steht der Annahme derselben Angelegenheit nicht entgegen. Eine Angelegenheit kann auch vorliegen, wenn ein dem Rechtsanwalt zunächst erteilter Auftrag vor dessen Beendigung später ergänzt wird (vgl. Senatsurteil vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09, aaO, Rn. 22; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 15 Rn. 7; AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl., § 15 Rn. 24).
15
5. Nach den vorstehenden Ausführungen liegt eine anwaltliche Tätigkeit in derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG vor, weil von einem einheitlichen Auftrag sowie einem einheitlichen Rahmen und inneren Zusammenhang der anwaltlichen Tätigkeit auszugehen ist. Demgemäß ist die Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zurückzuweisen.
16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 29.10.2009 - 18 C 111/09 -
LG Berlin, Entscheidung vom 09.03.2010 - 27 S 26/09 -

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass das von der Klägerin mit der Beklagten am 24.03.2009 geschlossene Darlehensvertragsverhältnis Nr. XXX durch wirksamen Widerruf der Klägerin vom 31.10.2014 in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt wurde.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.596,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.11.2014 zu zahlen.

III. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin 887,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

IV. Der Zahlungsanspruch gem. Ziff. V. der Klage vom 23.12.2014 wird als unzulässig abgewiesen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

VII. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird festgesetzt auf 138.485,21 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines zwischen ihnen im März 2009 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrages sowie daran anknüpfende Rechtsfolgen.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Verbraucherin. Die Beklagte ist ein Nürnberg ansässiges Kreditinstitut.

Zwischen den Parteien wurde im Jahr 2009 ein Darlehensvertrag (Anlage K 1) über einen Nominalbetrag in Höhe von 138.600,00 Euro abgeschlossen. Der nominale Jahreszins betrug 4,7 % und war festgeschrieben bis zum 07.04.2024. Der effektive Jahreszins wurde mit 4,8 % angegeben.

Auf einer separaten Seite der Vertragsunterlagen befand sich eine Widerrufsbelehrung. Diese wies u.a. folgenden Inhalt auf:

„Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen

- eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung,

- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrages sowie

- die Information nach Fernabsatzrecht

zur Verfügung gestellt wurden, aber nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Der Widerruf ist zu richten an:

[...]“

Teil der Vertragsunterlagen waren des Weiteren sog. „Fernabsatz-Informationen zu grundpfandrechtlich gesicherten langfristigen Darlehen“ (im Folgenden: „Fernabsatz-Informationen“). Dort wurde auf Seite 6 unter Ziff. III („Informationen über die Besonderheiten des Fernabsatzvertrags“) folgendes ausgeführt:

„[...]

Widerrufsbelehrung für den Kunden

Widerrufsrecht:
Der Kunde kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform, z.B. Brief, Fax, Email, widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Widerrufsbelehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:

[...]

Widerrufsfolgen:
Im Fall eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Dies kann dazu führen, dass der Kunde die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum des Widerrufs gleichwohl erfüllen muss.

Besonderer Hinweis:
Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und der Kunde dem ausdrücklich zugestimmt hat.

Für die weiteren Einzelheiten zur Ausübung und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs wird auf die beigefügte gesonderte Widerrufsbelehrung verwiesen.

Ende der Informationsschrift“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 umfassend Bezug genommen.

Der streitgegenständliche Darlehensvertrag kam wie folgt zustande: Am 24.03.2009 wurde die Vertragsausfertigung von einem Vertreter der Beklagten unterschrieben und an die Klägerin per Post versendet. Die Darlehensvertragsurkunde wurde sodann von der Klägerin unterzeichnet und zurück an die Beklagte per Post versendet.

Im August 2011 wurde der streitgegenständliche Darlehensvertrag außerordentlich durch die Klägerin gemäß § 490 Abs. 2 BGB gekündigt. Zum Zeitpunkt der Kündigung wies der Vertrag noch eine Restvaluta von 123.888,98 € auf (Anlage K 2). Die Klägerin leistete an die Beklagte hierfür eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 10.029,94 Euro. Später wurde der Klägerin dann ein Teilbetrag in Höhe von 433,71 Euro der Vorfälligkeitsentschädigung erstattet.

Mit Schreiben vom 31.10.2014 (Anlage K 3) erklärte die Klägerin den Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrages. Ferner wurde die Beklagte durch die Klägerin wie folgt aufgefordert:

„Die Erfüllung meines Anspruchs auf Auskunft über die von ihnen gezogenen Nutzungen und Abrechnung ihrer und meiner Rückgewähransprüche erwarte ich bis zum 21.11.2014.

Sollten Sie mich bis dahin nicht korrekt informiert haben, werde ich ohne weitere Ankündigung rechtliche Schritte einleiten, meine Forderung durchzusetzen und Schadensersatz zu fordern.“

Mit Schreiben vom 20.11.2014 (Anlage K 4) zeigten sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegenüber der Klägerin an. U.a. wurde erklärt, dass die Prüfung, ob die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei, noch nicht abgeschlossen worden sei. Ferner wurde die Klägerin aufgefordert, ihren Anspruch durch Mitteilung eines bezifferten Betrages zu benennen.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.11.2004 (Anlage K 5) wurde die Beklagte aufgefordert, bis 05.12.2014 eine Zahlung in Höhe von 9.596,23 Euro auf das Rechtsanwaltsanderkonto des Prozessbevollmächtigten zu bezahlen. Ferner wurde die Beklagte aufgefordert, innerhalb derselben Frist Auskunft über die von ihr gezogenen Nutzungen zu erteilen und diese Nutzungen ebenfalls auf das Rechtsanwaltsanderkonto zu erstatten.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sei. Insbesondere sei sie durch die beiden unterschiedlich ausgestalteten Belehrungen verwirrt und davon abgehalten worden, den Widerruf zu erklären.

Die Klägerin beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag Nr. XXX durch Widerrufserklärung mit Schreiben vom 31.10.2014 gegenstandslos geworden ist.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.596,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.11.2014 zu zahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Höhe der Nutzungen zu erteilen, welche die Beklagte im Zusammenhang mit den durch die Klägerin auf den Darlehensvertrag Nr. XXX geleisteten Zins- und Tilgungsraten sowie des geleisteten Vorfälligkeitsentgelts in Höhe von Euro 9.596,23 vereinnahmt hat.
IV. Der Vorstand der Beklagten wird verurteilt, an Eides statt zu versichern, dass die Auskunft unter III. nach bestem Wissen und Gewissen erfolgte.
V. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin die Nutzungen in nach Auskunftserteilung zu beziffernder Höhe gemäß Ziffer III. sowie hieraus 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit auszuzahlen.
VI. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin 887,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin bei Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages ordnungsgemäß über das ihr zustehende Widerrufsrecht belehrt worden sei. In den Fernabsatz-Informationen habe lediglich ein Hinweis auf das bestehende Widerrufsrecht enthalten sein müssen. Dementsprechend seien dort das Widerrufsrecht und die Widerrufsfolgen verkürzt angesprochen worden. Die Fallkonstellation der doppelten Erteilung einer Widerrufsbelehrung sei daher nicht gegeben. Von einer solchen könne nämlich nur dann gesprochen werden, wenn zwei vollständige und widersprüchliche Widerrufsbelehrungen unabhängig voneinander erteilt worden seien. Darüber hinaus stützt sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion der verwendeten Widerrufsbelehrungen. Schließlich wendet sie Verwirkung ein, da der Widerruf erst ca. 5 1/2 Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages erklärt und der Vertrag bereits im Dezember 2011 gekündigt worden sei. Einen Auskunftsanspruch hat die Klägerin nach Ansicht der Beklagten ebenfalls nicht.

Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen umfassend Bezug genommen.

Die Sach- und Rechtslage wurde im Termin am 23.02.2015 umfassend mit den Parteien erörtert. Es wurde ein widerruflicher Vergleich geschlossen, der jedoch fristgemäß von der Klagepartei widerrufen wurde. Die Beklagte hat im Termin Erklärungen abgegeben, auf die ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 33 - 35 d.A.)

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Stufenklage war im Hinblick auf die Anträge, die auf der ersten Stufe geltend gemacht wurden, teilweise begründet. Der Antrag auf zweiter Stufe war unbegründet, der Antrag auf dritter Stufe unzulässig.

A.

Klageantrag Ziff. I

I.

Der Klageantrag Ziff. I ist zulässig. Er ist als negative Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO auszulegen. Insofern kann offen bleiben, ob klägerseits ein Feststellungsinteresse vorliegt.

Zwar war der Klageantrag unzulässig formuliert, da gemäß § 256 ZPO nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann. Als solche werden bestimmte rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder Gegenständen definiert (Musielak/Voit-Foerste, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 256, Rn. 2; Roth in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 256, Rn. 21 m.w.N.). Nicht feststellungsfähig sind nach der Rechtsprechung jedoch bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH NJW 2010, 2793, Rz. 17; 2000, 2663, 2664; 2000, 2280, 2281). Allerdings konnte der Mangel durch Auslegung geheilt werden (LG Nürnberg-Fürth v. 14.08.2014, Az. 10 O 7640/14 (unveröffentlicht)).

II.

Der Klageantrag Ziff. I ist auch begründet.

1. Wirksamkeit des Widerrufs

Die Klägerin wurde durch die beiden nicht deckungsgleichen Widerrufsbelehrungen nicht ordnungsgemäß aufgeklärt.

Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH NJW-RR 2009, 709, Rz. 14). Bestandteil der Widerrufsbelehrung ist neben dem Bestehen des Widerrufsrechts als solches u.a. auch die Dauer und der der Beginn der Frist (vgl. nur Kessal-Wulf in: Staudinger BGB, Neubearbeitung 2012, § 495, Rn. 28).

Durch die in den Fernabsatz-Informationen unter Ziff. III befindliche Widerrufsbelehrung wurde die Klägerin jedoch über den Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig informiert. Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 09.12.2009 (Az. VIII ZR 219/08 = NJW 2010, 989, Rz. 15) ausgeführt, dass der Verbraucher wegen des verwendeten Wort „frühestens“ der Klausel zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt. Damit ist die Belehrung objektiv unzureichend.

Die in den Fernabsatz-Informationen enthaltene Widerrufsbelehrung kann auch die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV a.F. nicht für sich in Anspruch nehmen: Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 24.03.2009 war bereits das Muster für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV vom 01.04.2008 in Kraft, das durch die Verordnung vom 04.03.2008 (BGBl. I S. 292) neu gefasst worden war. Ältere Muster haben gemäß § 16 BGB-InfoV nur bis zum 30.09.2008 an der Gesetzlichkeitsfiktion teilgenommen.

Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, wonach es sich bei der Widerrufsbelehrung in den Fernabsatz-Informationen lediglich um einen verkürzten Hinweis auf das Widerrufsrecht handele. Die Widerrufsbelehrung enthält Erklärungen zum Widerrufsrecht zu den Widerrufsfolgen sowie den sog. Besonderen Hinweis. Sie macht damit auf einen unbefangenen durchschnittlichen Verbraucher, auf welchen abzustellen ist (BGH NJW 2010, 989 Rz. 14), den Eindruck vollständig zu sein. Hieran vermag auch der letzte Satz der Belehrung nichts zu ändern, wonach für die weiteren Einzelheiten zur Ausübung und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs auf die beigefügte gesonderte Widerrufsbelehrung verwiesen wird. Ein unbefangener durchschnittlicher Verbraucher wird hierdurch nämlich suggeriert, dass die entscheidenden Informationen bereits in den Fernabsatz-Informationen erteilt worden seien. Durch die Formulierung wird auch nicht das Rangverhältnis zwischen den beiden Belehrungen deutlich genug klar gemacht.

Damit kann auch dahinstehen, ob die von der Beklagten verwendete weitere Widerrufsbelehrung wirksam war. Bleibt nämlich ein Widerspruch zwischen zwei Belehrungen, fehlt es insgesamt an einer unmissverständlichen Belehrung (BGH, Az. II ZR 352/02 = NZM 2005, 33).

Der BGH hat mehrfach klargestellt, dass auch der Widerruf eines bereits gekündigten Vertrages noch möglich ist (vgl. nur IV ZR 52/12 = NJW 2013, 3776 Rz. 24) Der herrschenden Rechtsprechung zufolge ist auch eine Vereinbarung zwischen Darlehensnehmer und der kreditgebenden Bank über die vorzeitige Ablösung des Kredits nicht als Vertragsaufhebung oder Vertragsauflösung, sondern als Modifizierung des Vertragsumfangs ohne Reduzierung des Leistungsumfangs zu qualifizieren (OLG Brandenburg, Az. 4 U 194/11 = BeckRS 2013, 10370). Damit liegt eine bloße Änderung des Darlehensvertrages vor, die den ursprünglichen Vertrag als solchen - und damit auch das Widerrufsrecht - unberührt ließ.

2. Keine Verwirkung des Widerrufs

Das Widerrufsrecht der Klägerin war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung auch nicht verwirkt.

a.

Der Ausgangspunkt der Überlegungen, ob und ggf. wann die Ausübung eines Widerrufsrechts als verwirkt anzusehen ist, bildet die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers als Reaktion auf das sog. „Heininger-Urteil“ des EuGH vom 13.12.2001 (BKR 2002, 76), ein sog. ewiges Widerrufsrecht einzuführen. Der Gesetzgeber hat bei der Abwägung zwischen Rechtsfrieden durch Befristung einerseits und umfassendem Verbraucherschutz andererseits letzterem den Vorzug gegeben (vgl. ausführlicher Nachweis bei Gansel/Huth/Knorr, BKR 2014, 353, 355 ff.). Dies erfolgte zunächst durch Einführung des § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. durch Gesetz vom 23.07.2002 (BGBl. I S. 2850) mit Wirkung zum 01.08.2002. Fortan lautete der entsprechende Absatz:

1Das Widerrufsrecht erlischt spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss.2Bei der Lieferung von Waren beginnt die Frist nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger.3Abweichend von Satz 1 erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.“

An dieser gesetzgeberischen Entscheidung wurde auch festgehalten bei Novellierung der §§ 355 ff. und §§ 491 ff. BGB in den Jahren 2010 sowie 2014 (vgl. Gansel/Huth/Knorr, a.a.O., S. 356).

Die Annahme einer vorschnellen Verwirkung darf diese gesetzgeberischen Entscheidungen nicht konterkarieren. Daher kann sie - worauf die 6. Zivilkammer des Landgerichts bereits im Urteil vom 29.09.2014 (Az. 6 O 2273/14, veröffentlicht in juris) hingewiesen hat, nur mit größter Zurückhaltung und nach Prüfung der überwiegend schutzwürdigen Interessen angenommen werden.

b.

Generell schließt die Verwirkung die „illoyal verspätete Inanspruchnahme eines Schuldners“ aus. Unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) setzt sie, insoweit der Verjährung ähnlich, eine zeitliche Grenze für die Rechtsausübung. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (sog. Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (sog. Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Az. VII ZR 177/13 = NJW 2014, 1230, Rz. 13; V ZR 181/13 = NJW-RR 2014, 1043, Rz. 19; jeweils m. w. N.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben kann vorliegend eine Verwirkung nicht angenommen werden:

aa.

An objektiven Gesichtspunkten ist im Streitfall festzustellen, dass die Klägerin ihr Widerrufsrecht erst 5 ½ Jahren nach Vertragsschluss sowie drei Jahre nach der Beendigung durch außerordentliche Kündigung gem. § 490 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeübt hat. Weder während der Vertragslaufzeit noch bei Ausspruch der Kündigung wurde ein späterer Widerruf vorbehalten oder angekündigt. Die Beklagte hat sich deswegen zunächst offenbar auf eine vereinbarungsgemäße Vertragsdurchführung und sodann auf eine Vertragsbeendigung durch Kündigung einstellen dürfen.

bb.

An subjektiven Gesichtspunkten ist zu Grunde zu legen, dass die Beklagte nach der gesetzlichen Risikoverteilung zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verpflichtet war und das Risiko zu tragen hatte, dass das Widerrufsrecht mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung zeitlich unbefristet besteht. Gleichzeitig war sie im Vergleich zur Klägerin wesentlich besser in der Lage zu erkennen, ob die erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß war und ob und wie lange ein Widerrufsrecht der Klägerin bestand. Sie hätte daher auch ohne weiteres durch eine auch bei Altverträgen zulässige (vgl. BGH BKR 2011, 242) ordnungsgemäße Nachbelehrung die zweiwöchige Widerrufsfrist einseitig und ohne größeren Aufwand in Gang setzen können. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin vor der Erklärung des Widerrufs von einem bestehenden Widerrufsrecht Kenntnis hatte, sind nicht vorhanden. Andernfalls hätte es nahe gelegen, von diesem Gebrauch zu machen, anstatt den Vertrag (nur) außerordentlich zu kündigen.

cc.

Bei Würdigung dieser objektiven und subjektiven Umstände kann eine Verwirkung nicht angenommen werden.

Vielmehr ist dem Vertrauen der Beklagten eine vergleichsweise geringe Schutzwürdigkeit beizumessen, insbesondere weil diese es selbst in der Hand hatte, für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu sorgen, nach der gesetzlichen Risikoverteilung das Risiko einer fehlerhaften Belehrung zu tragen hatte und wesentlich besser als die Klägerin in der Lage war, die Ordnungsgemäßheit der (doppelten und widersprüchlichen) Belehrungen einzuschätzen.

Dass der Vertrag erst drei Jahre nach der außerordentlichen Kündigung widerrufen wurde, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern: Auch die vollständige Ablösung eines Vertrages führt nur im Ausnahmefall zu einer Verwirkung des Widerrufsrechts (vgl. ausführlich Rudy, r+s 2015, 115, 118 zum Widerspruchsrecht beim Versicherungsvertrag). Der Differenzierung des OLG Frankfurt in dessen Beschluss vom 10.03.2014 (Az.: 17 W 11/14 = BeckRS 2015, 05107; zustimmend LG Siegen BKR 2015, 116) ist entgegenzutreten. Dieses hat eine Verwirkung mit der Begründung angenommen, dass die dort in Streit stehende Belehrung „grundsätzlich geeignet“ sei, einen durchschnittlichen Verbraucher über das Bestehen eines befristeten Widerrufsrechts aufzuklären. Zu Ende gedacht würde die Entscheidung über die Hintertür die verfestigte BGH-Rechtsprechung konterkarieren. Danach erfordert der Schutz des Verbrauchers eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung (vgl. nur NJW 2002, 3396; NJW 2007, 1946, Rz. 13; NJW 2009, 3572, Rz. 14; NJW-RR 2012, 1197, Rz. 19). In diesem Sinne ist der Verbraucher nicht nur über sein Widerrufsrecht zu informieren sondern auch in die Lage zu versetzen, dieses auszuüben. Er muss daher auch eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist aufgeklärt werden (BGH NJW-RR 2009, 709, Rz. 14). Nicht verkannt wird, dass sowohl das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 09.01.2014 (BKR 2014, 287) als auch das OLG Köln in seinem Urteil vom 25.01.2012 (BKR 2012, 162) ebenfalls die Verwirkung von bereits abgelösten Darlehensverträgen angenommen haben. Allerdings lagen beiden Entscheidungen Fälle zugrunde, in denen zwischen Ablösung und Widerruf knapp fünf Jahre lagen. Nachdem vorliegend jedoch zwischen Kündigung des Darlehens und Widerruf gerade einmal drei Jahre lagen und eine (fiktive) regelmäßige Verjährungsfrist noch nicht einmal abgelaufen wäre, ist eine Verwirkung nicht anzunehmen. Ob und inwieweit der Umstand, dass ein Darlehnsvertrag vorzeitig abgelöst wurde, sich im Rahmen des Verwirkungseinwands überhaupt auswirkt, kann daher vorliegend dahinstehen.

3. Rechtsfolgen des Widerrufs

Durch den erklärten Widerruf wandelt sich der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (allgemeine Ansicht; vgl. nur Masuch in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 357, RdNr. 12). Über die Verweisung in § 357 Abs. 1 BGB a.F. finden hierauf die Vorschriften über den Rücktritt (§§ 346 ff. BGB) Anwendung. Nach § 346 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

Der Klageantrag Ziff. I war daher begründet.

B.

Klageantrag Ziff. II

Der Klageantrag Ziff. II ist ebenfalls begründet.

Wegen des soeben dargelegten Rückabwicklungsverhältnisses hat die Beklagte die vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung als empfangene Leistung aus dem Darlehensvertrag der Klägerin zurückzuzahlen.

Für die Dauer der Nutzungsmöglichkeit dieses Betrages hat die Beklagte Wertersatz zu leisten. Diesbezüglich besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BGH eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08, Rz. 29, für den Anspruch gem. §§ 357, 346 Abs.1 BGB, und Urteil vom 24.04.2007, XI ZR 17/06, Rz. 35, für den Anspruch auf Nutzungsersatz gem. § 818 Abs.3 BGB; Servais, NJW 2014, 3748, 3751 m.w.N.).

Diese Vermutung hat die Beklagte nicht entkräftet. Unergiebig ist ihr Verweis auf § 503 Abs. 2 BGB: Zwar beträgt der Verzugszins nach dieser Vorschrift bei Immobiliardarlehensverträgen abweichend von § 497 Abs. 1 BGB 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Ausgangspunkt für den Verzugszins bildet im vorliegenden Fall jedoch nicht die Vorschriften des § 497 Abs. 1 BGB sondern diejenige des §

288 Abs. 1 S. 2 BGB (Servais, a.a.O.).

Der beantragte Wertersatz seit dem 22.11.2014 war der Klägerin daher zuzusprechen.

C.

Klageantrag Ziff. III

Der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft über die von der Beklagten gezogenen Nutzungen steht der Klägerin hingegen nicht zu. Insoweit war die Klage abzuweisen.

I.

Auf vertragliche Ansprüche kann sich die Klägerin für das Begehren nicht stützen.

Zwar kommt zwischen der Bank als Darlehensgeberin und dem Darlehensnehmer neben dem Darlehensvertrag regelmäßig ein Kontokorrentvertrag gem. §§ 666, 675 BGB im Hinblick auf das Konto, über das die Darlehensauszahlung und die Annuitäten abgewickelt und verrechnet werden („Gutschrifts-„ oder „Belastungskonto“), zustande. Dieser Vertrag wird durch den Widerruf nicht berührt. Aus diesem Vertrag ergibt sich regelmäßig die Pflicht der Bank, über den Stand des Kontos Kontoauszüge und Rechnungsabschlüsse zu erteilen, die fortlaufend alle Änderungen wiedergeben (st. Rspr. vgl. z.B. BGH, Urteil vom 08.11.2005, XI ZR 90/05, Rz. 15, juris). Denn der Auftragnehmer hat den Auftraggeber grundsätzlich über die Geschäfte, die er in dessen Interesse geführt hat, zu informieren.

Ob der Klägerin ein derartiger Anspruch gegen die Beklagte zusteht, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Vorliegend begehrt sie nämlich nicht Auskunft über den Verlauf ihres Darlehenskontos und damit nicht über die Geschäftsführung der Beklagten im Interesse der Klägerin. Sie verlangt vielmehr Auskunft über die Nutzungen, die die Beklagte aus den (nun wieder zurück zu gewährenden) Leistungen der Kläger gezogen hat. Eine Verpflichtung der Beklagten aus dem Kontokorrentvertrag, hierüber Auskunft zu erteilen, besteht jedoch nach dem Vorgesagten von vorneherein nicht.

II.

Die Klägerin hat auch keinen unselbständigen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB.

Grundsätzlich kann dem Gläubiger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Auskunftsanspruch gegen den Schuldner zustehen, wenn kumulativ (1) eine Sonderrechtsbeziehung zwischen den Parteien besteht, (2) sich aus dieser Rechtsbeziehung dem Grunde nach ein Leistungsanspruch des Gläubigers ergibt, wobei die anspruchsbegründenden Merkmale des Anspruchs gegeben sein müssen, und lediglich der Anspruchsinhalt, den zu bestimmen die Auskunft benötigt wird, offen ist, (3) der Gläubiger entschuldbar in Ungewissheit über den Anspruchsinhalt ist und (4) die Auskunft von dem Schuldner unschwer gegeben werden kann (vgl. zu diesen allgemein anerkannten Voraussetzungen Krüger in: MüKo-BGB, a.a.O., § 260, Rn. 15 ff.)

Zwar liegen die ersten der beiden genannten Voraussetzungen vor: Nach wirksamem Widerruf eines Verbraucherdarlehens wandelt sich das Darlehensverhältnis - wie bereits oben dargestellt - in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Somit besteht zwischen den Parteien ein Sonderrechtsverhältnis (= Rückabwicklungsschuldverhältnis) und auch ein Leistungsanspruch der Klägerin (auf Rückgewähr bezahlter Annuitäten und Vorfälligkeitsentschädigung sowie Nutzungswertersatz) ist dem Grunde nach gegeben.

Allerdings ist die Klägerin nicht im Ungewissen über die Höhe dieses Anspruchs, und es kann die Beklagte, was die gezogenen Nutzungen angeht, die Auskunft auch nicht unschwer erteilen:

Dass die Klägerin in der Lage ist, ihren Leistungsanspruch zu beziffern, soweit sie einen Anspruch auf Rückgewähr von Zins- und Tilgungsleistungen hat, wurde nicht in Abrede gestellt. Im Hinblick auf die von der Beklagten gezogenen Nutzungen, verfügt die Klägerin über keine konkreten Kenntnisse. Allerdings besteht - wie bereits oben ausgeführt - die tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beklagte als Bank Nutzungen aus den Leistungen der Kläger im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat. Diese Vermutung streitet für die Klägerin. Hat die Beklagte Nutzungen in geringerem Umfang gezogen, ist es an ihr, entsprechendes darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Schon deshalb, weil die Klägerin unter Zuhilfenahme dieser Vermutung ihren Anspruch auf Nutzungswertersatz beziffern kann, steht ihr ein Anspruch auf Auskunft über die von der Beklagten gezogenen Nutzungen zu.

Darüber hinaus wird die Beklagte die verlangte Auskunft nur schwer erteilen können. Primär hat die Beklagte Geld, nämlich die Beträge, die sie von den Klägern als Leistungen auf Zins und Tilgung erhalten hat, zurück zu gewähren. Wertersatz hat sie für die Nutzung dieser Geldbeträge zu leisten. Da die Beklagte jedoch diese Geldbeträge nicht separat gehalten hat, jedenfalls entspricht dies nicht der Erfahrung über das Bankgeschäft und es bietet der Sachvortrag der Parteien hierfür auch keine Anhaltspunkte, wird sie die konkrete Verwendung dieser Beträge, insbesondere auch über einen längeren Zeitraum, nicht mehr nachvollziehen können und damit auch keine Auskunft darüber geben können, welche Nutzungen sie tatsächlich aus gerade den Leistungen der Kläger gezogen hat.

Allenfalls kann die Beklagte angeben, welche Zinsen sie in den maßgeblichen Zeiträumen insgesamt mit Ausleihgeschäften erzielt hat. Auf diese Auskunft zielt indes der Antrag der Klägerin nicht. Diese Zahlen lassen sich zudem in der Regel aus allgemein zugänglichen Quellen, etwa den von der Beklagten zu ihren Geschäften im Internet mitgeteilten Zahlen, ermitteln, womit die Klägerin wiederum ohne Auskunft ihren Leistungsantrag beziffern könnte.

D.

Klageantrag Ziff. IV

Nachdem der Klägerin kein Auskunftsanspruch zusteht und die Beklagte somit im Hinblick auf die von ihr gezogenen Nutzungen keiner Rechenschaftspflicht unterliegt, hat die Klägerin auch keinen Anspruch gem. § 259 Abs. 2 BGB darauf, dass die Beklagte die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft an Eides statt versichert.

Die Klage war auch insofern abzuweisen.

E.

Klageantrag Ziff. V

Der unbeziffert anhängig gemachte Leistungsantrag ist unzulässig. Er ist daher durch Prozessurteil abzuweisen.

Die Klägerin hat den Leistungsantrag unbeziffert im Rahmen einer Stufenklage anhängig gemacht. Insoweit wird der Leistungsantrag bereits mit Erhebung der Klage, nicht erst mit der Bezifferung rechtshängig und es bleiben die einzelnen Klagen selbständig, so dass für jede der Klagen die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen müssen. Daraus folgt, dass der Leistungsantrag mit Klageerhebung nur dann entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht beziffert zu werden braucht, wenn er der Höhe nach noch unbekannt ist und nur mit Hilfe des ebenfalls anhängig gemachten Antrags auf Rechenschaftslegung konkretisiert werden kann.

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Klägerin kann über die Höhe ihrer eigenen Annuitäten, die die Beklagte zurück zu gewähren hat, nicht unsicher sein. Die Höhe des Rückgewähranspruchs insoweit können die Kläger ohne weiteres bestimmen.

Zur Bestimmung ihres Anspruchs auf Nutzungswertersatz kann sich die Klägerin auf die tatsächliche Vermutung berufen, die Beklagte habe Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Im Übrigen kann sie die Zinsen, die die Beklagte mit dem Ausleihgeschäft insgesamt erzielt hat, aus den von der Beklagten veröffentlichten Zahlen entnehmen. Auch die Höhe des Anspruchs auf Nutzungswertersatz kann die Klägerin somit bestimmen.

Folge der mangelnden Bezifferung ist, dass der Streitgegenstand nicht hinreichend individualisiert, somit der Antrag zu unbestimmt und die Klage unzulässig ist (h.M., vgl. nur Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 253 Rn. 24 m.w.N.). Sie ist damit abzuweisen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.12.1989, 16 WF 457/89 in NJW-RR 1990, 766, Musielak/Voit-Foerste, a.a.O., § 254 Rn. 5, und Zöller, a.a.O., § 254, Rn. 9).

F.

Klageantrag Ziff. VI

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB in Höhe der beantragten 887,03 €.

Die Beklagte befand sich zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 25.11.2014 (Anlage K 5) an sie wandte und unter Fristsetzung zum 05.12.2014 zur Rückabwicklung der Darlehensverträge aufforderte, bereits im Verzug: Zuvor hatte nämlich die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2014 (Anlage K 4) einen Anspruch auf Abrechnung der gegenseitigen Rückgewähransprüche ernsthaft und endgültig abgelehnt. Hierzu wäre die Beklagte jedoch - wie oben unter B.I.3.c.aa. näher ausgeführt wurde - verpflichtet gewesen.

Ausgehend von dem klägerisch außergerichtlich geltend gemachten Rückzahlungsanspruch in Höhe von 9.596,23 € berechnen sich die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren wie folgt:

1,3 Geschäftsgebühren (§§ 2, 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG)

        

725,40 €

Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen
im außergerichtlichen Verf. Nr. 7002 VV RVG

        

20,00 €

Rechtsanwaltsgebühren netto

        

745,40 €

19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)

        

141,63 €

Rechtsanwaltsgebühren brutto

        

887,03 €

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

G.

Nebenentscheidungen

I.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin ist verhältnismäßig geringfügig (siehe sogleich unter II.) und hat keine höheren Kosten verursacht. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

II.

Für die Bestimmung des Streitwerts ist bei Stufenklagen gem. § 44 GKG ist der höchste der verbundenen Ansprüche maßgebend (Musielak/Voit-Foerste, a.a.O., § 254, Rn. 10). Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der Einreichung der (Stufen-)klage (§ 63 GKG). Der Streitwert ergibt sich damit aus einer Addition der Klageanträge der 1. Stufe, mithin der Klageanträge Nr. I bis Nr. III.

1.

Der Klageantrag Nr. I ist rechtlich als negative Feststellungsklage zu qualifizieren, da das klägerische Ziel darin zu sehen ist, die mit dem Widerruf einhergehende Unwirksamkeit des Darlehensvertrages auszusprechen (a.A. wohl Scharder, VuR 2015, 106, der von einem positiven Feststellungantrag ausgeht). Anerkannt ist insofern, dass als Bemessungsmaßstab für die Bestimmung des Streitwerts der „Gesamtwert der geleugneten Forderung“ (Roth in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2013, § 2 Rn. 32; ähnlich Musielak/Voit-Heinrich, a.a.O., § 3, Rn. 27) oder der Wert, „dessen sich der Gegner berühmt“ (BGH NJW 1997, 1787; Rohn in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, Anhang I, Rn. 66) anzusehen ist. Anders als bei der positiven Feststellungsklage ist ein Abschlag wegen der rechtsvernichtenden Wirkung der negativen Feststellungsklage nicht vorzunehmen. Zur betragsmäßigen Ausfüllung desjenigen Anspruchs, „dessen sich der Gegner berühmt“ wird von der herrschenden Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass beim Widerruf von Darlehensverträgen auf die (Rest-)Valuta des Darlehensvertrags zum Zeitpunkt des Widerrufs abzustellen ist, da diese dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers entspricht (OLG Karlsruhe, NJOZ 2005, 2051; zustimmend OLG Brandenburg NJOZ 2007, 3584; LG Bielefeld v. 21.07.2014, Az. 6 O 459/13 = BeckRS 2014, 20399; LG Nürnberg-Fürth v.10.11.2014, Az.: 6 O 4120/14, zitiert nach juris; LG Ulm, VuR 2014, 314; Musielak/Voit-Heinrich, a.a.O., § 3, Rn. 27; Wöstmann in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 3, Rn. 54). Nachdem der streitgegenständliche Vertrag bereits im April 2013 abgelöst worden war, ist es naheliegend die (Rest-)Darlehensvaluta zu diesem Zeitpunkt anzusetzen. Dieser lag - wie dargestellt - bei 123.888,98 € (Anlage K 2).

2.

Mit Klageantrag Nr. II wird die Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung im Wege der Leistungsklage geltend gemacht. Es ist eine Addition vorzunehmen, nachdem zwischen den Klageanträge Nr. 1 und Nr. 2 keine wirtschaftliche Identität vorliegt (vgl. hierzu Wöstmann in: MüKO-ZPO, a.a.O., § 3, Rn. 72). Der Streitwert für den Klageantrag Nr. II ist mit weiteren 9.596,23 € festzusetzen.

3.

Der Streitwert des Klageantrags Nr. III ist gem. § 3 ZPO zu schätzen. Anerkannt ist, dass für Auskunftsansprüche grundsätzlich das Angriffsinteresse des Klägers nach freiem Ermessen zu schätzen ist. Für die Bestimmung des Angriffsinteresses ist entscheidend darauf abzustellen, wie hoch der Kenntnisstand des Klägers wegen der die Leistungsklage begründenden Tatsachen ist: Je geringer der Kenntnisstand, desto höher ist das Interesse an der Auskunft zu bewerten (vgl. zum Vorstehenden nur Zöller-Herget, a.a.O., § 3, Rn. 16 Stichwort: „Auskunft“; Musielak/Voit-Heinrich, a.a.O., § 3, Rn. 23 jeweils m.w.N.). Auf Darlehenswiderrufsfälle übertragen bedeutet dies, dass der selbständige Streitwert für die Auskunftsansprüche eher gering ist: Die ausgereichte Darlehensvaluta lässt sich aus dem Darlehensvertrag ableiten, ebenso die bezahlten Annuitäten. Etwaige Sonderzahlungen können auf Kontoauszügen sowie Quartals- und Jahresabschlüssen nachvollzogen werden. Mit diesen - dem Verbraucher ohnehin vorliegenden Informationen - kann grundsätzlich die Berechnung des Abrechnungssaldos erfolgen. Mangels anderweitiger Angaben der Parteien wird der Streitwert auf 5.000,- € geschätzt.

4.

Damit liegt der Gesamtstreitwert der Klage bei 138.485,21 €.

Die geltend gemachten Ansprüche auf die Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten und auf Zinsen erhöhen als Nebenforderungen im Sinne des § 4 ZPO den Streitwert nicht.

Tenor

1) Der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 2. März 2005 - 9 O 556/03 wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für die erste Instanz auf 17.319,85 EUR festgesetzt wird.

2) Die Beschwerde der Rechtsanwälte Dr. D. gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 2. März 2005 - 9 O 556/03 - wird zurückgewiesen.

3) Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet; der Streitwert für die erste Instanz war von Amts wegen auf 17.319,85 EUR festzusetzen.
Der Streitwert setzt sich zusammen aus dem Wert des Zahlungsantrags (Klageantrag Ziff. 1; hier 7.094,01 EUR) und dem Wert des Feststellungsantrags (Klageantrag Ziff. 2; hier 10.225,84 EUR). Die übrigen Anträge und Gegenansprüche erhöhen den Streitwert nicht. Es gilt das GKG a. F., weil die Klage vor dem 1. Juli 2004 bei Gericht einging (§ 72 Nr. 1 GKG n. F.).
1) Der Zahlungsantrag ist entsprechend der Bezifferung zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO). Der Feststellungsantrag ist nach dem vollen Wert der noch offenen Darlehensvaluta zu bemessen, weil es sich um eine negative Feststellungsklage handelt. Hier haben die Kläger bislang nichts getilgt, so dass der volle Betrag der Darlehensvaluta in Höhe von 10.225,84 EUR einzusetzen ist. Die nach dem Darlehensvertrag zu zahlenden Zinsen erhöhen den Streitwert der negativen Feststellungsklage nicht. Sie werden bei einer negativen Feststellungsklage, die das Stammrecht betrifft, nur als Nebenforderungen geltend gemacht, die gemäß §§ 12 Abs. 1, 22 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO bei der Wertberechnung außer Betracht bleiben (vgl. auch BGH, NJW 1960, 2336 zum Fall der Schuldbefreiung). Die Rechtsschutzform, in der die Nebenforderung erhoben wird, ist unerheblich. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine Leistungs- oder eine Feststellungsklage handelt (Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl., § 4 Rn. 31). Dies entspricht auch dem Gesetzeszweck des § 4 Abs. 1 ZPO, der eine praktische, einfache und klare Wertermittlung ohne umständliche und zeitraubende Untersuchungen ermöglichen will. Dies wäre - wenn nicht lediglich auf die Darlehensvaluta abgestellt würde - gefährdet, weil die Zinsberechnung insbesondere bei einem Tilgungsdarlehen nicht ganz einfache Rechenoperationen erfordert.
§ 9 ZPO ändert daran nichts. Die Vorschrift regelt den Wert einer Klage, bei der das Recht auf die wiederkehrenden Leistungen selbst, also das Stammrecht im Streit ist (allg. Meinung, vgl. nur Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. § 9 Rn. 1; Stein/Jonas/Roth, a. a. O. § 9 Rn. 11). Es geht also bei § 9 ZPO darum, einen Streitwert für das Stammrecht selbst festzulegen, nicht etwa die aus dem Stammrecht fließenden Nebenleistungen zu bewerten. Damit handelt es sich in der Sache um eine den § 3 ZPO konkretisierende Vorschrift, die die Fälle erfassen soll, in denen das Stammrecht selbst keinen eigenen, bezifferbaren Wert hat (so auch OLG Köln, OLGR Köln 1999, 404; MünchKomm-ZPO/Schwerdtfeger 2. Aufl. § 9 Rn. 6). Die Vorschrift bezieht sich mithin auf Fallgestaltungen, bei denen ein Stammrecht sich darin erschöpft, Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen zu gewähren (insb. Leibrenten, Reallasten, Altenteil, Rentenansprüche, Überbau- und Notwegrenten, Dienst- oder Versorgungsbezüge, vgl. nur Zöller/Herget, ZPO § 9 Rn. 4) und regelt, wie ein solches Stammrecht wertmäßig zu bestimmen ist. Damit erlaubt § 9 ZPO nicht, den isoliert festgestellten Wert des Stammrechts und den nach den wiederkehrenden Leistungen bemessenen Wert des Stammrechts zu addieren.
2) Die übrigen Anträge und Gegenansprüche erhöhen den Streitwert nicht.
a) Die Rückabtretung der Lebensversicherung (hier Klageantrag Ziff. 3) erhöht den Streitwert nicht, weil die Lebensversicherung eine vom Bestand des Darlehensvertrages abhängige Sicherheit ist (Zöller/Herget, ZPO § 5 Rn. 8; vgl. auch § 3 Rn. 16 Stichwort „Bürgschaft“). Da die Darlehensforderung selbst Streitgegenstand ist, ist allein auf ihren Wert abzustellen (§ 6 ZPO; vgl. Zöller/Herget, ZPO § 6 Rn. 8, 10).
b) Die von der Beklagten geltend gemachten Gegenansprüche beeinflussen den Streitwert nicht. Unabhängig von der Frage, inwieweit im vorliegenden Fall der Streitgegenstand von Darlehens- und Kondiktionsanspruch identisch ist und ob der von der Beklagten behauptete Anspruch aus § 128 HGB einen anderen Streitgegenstand hat, erhöht die Aufrechnung den Streitwert jedenfalls deshalb nicht, weil es sich um wirtschaftlich identische Ansprüche handelt. Werden unterschiedliche Ansprüche im Prozess geltend gemacht, können wirtschaftlich identische Forderungen bei der Streitwertbemessung nur einmal berücksichtigt werden (vgl. Schneider, Streitwertkommentar 11. Aufl., Rn. 2881f.). § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG ist Ausdruck dieses allgemeinen Gedankens und gilt insofern auch für die Hilfsaufrechnung nach § 19 Abs. 3 GKG.
Hier handelt es sich jedenfalls um wirtschaftlich identische Forderungen. Der Streit der Parteien geht auf den gleichen Lebensvorgang zurück. Es geht um die Frage, welche Ansprüche die Beklagte daraus herleiten kann, dass sie die Darlehensvaluta ausgezahlt hat. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Kläger - gleich welche rechtlichen Überlegungen man zugrunde legt - die Darlehensvaluta höchstens einmal zu erbringen haben. Jede Zahlung wäre als Erfüllung einer - gleich auf welchen Rechtsgrund gestützten - Forderung wegen derselben Darlehensvaluta anzusehen. Es ist ausgeschlossen, dass die Beklagte - auch wenn man ihre Rechtsansicht zugrunde legt - die Darlehensvaluta mehr als einmal von den Klägern verlangen kann. Daher ist hinsichtlich der Ansprüche wegen der gleichen Darlehensvaluta jedenfalls davon auszugehen, dass sie sämtlich wirtschaftlich identisch sind.
3) Der Senat war nicht gehindert, den vom Landgericht festgesetzten Streitwert zu Ungunsten des Beschwerdeführers abzuändern. Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a. F. kann die Streitwertfestsetzung vom Rechtsmittelgericht geändert werden, wenn - wie hier - die Entscheidung über den Streitwert in der Rechtsmittelinstanz schwebt. Ein Verbot der reformatio in peius gibt es bei der Streitwertbeschwerde nicht (allg. Meinung, vgl. nur Hartmann, Kostengesetze 34. Aufl. § 68 Rn. 19). Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG n. F.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Kläger wird der Streitwert für das Verfahren - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde und der sofortigen Beschwerde der Beklagten - auf 122.549,79 € festgesetzt.

                                          Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.


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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 366/15
vom
12. Januar 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 357 Abs. 1 Satz 1 (in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung), §§ 346
ff.
EGZPO § 26 Nr. 8 Satz 1
Begehrt ein Verbraucher außerhalb des Anwendungsbereichs des § 358 BGB die
Feststellung, dass durch seinen Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags dieser
gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung
nach den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln ist, bemisst sich der Wert seiner Beschwer
gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO, § 3 ZPO nach der Hauptforderung, die er gemäß
§§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
ECLI:DE:BGH:2016:120116BXIZR366.15.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2015 zugelassen. Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO) wird auf über 20.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Kläger begehren die Feststellung, dass drei in den Jahren 2008 und 2009 mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge über 220.000 €, 110.000 € und 72.000 € durch den Widerruf der Kläger vom 20. Juni 2014 "beendet" sind. Diese Darlehensverträge valutierten im Zeitpunkt des Widerrufs noch in Höhe von insgesamt 369.046,77 €. Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag der Kläger entsprochen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die nach Zulas- sung der Revision in der Sache die vollständige Abweisung der Klage erreichen will.

II.

2
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision ist zulässig. Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer liegt über 20.000 €.
3
1. Die Wertberechnung im Rahmen des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO vorzunehmen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2015 - XI ZR 263/14, WM 2015, 1669 Rn. 3 mwN). Für die Berechnung des Werts der Beschwer kommt es auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an (§ 4 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2001 - IV ZB 3/01, NJW-RR 2001, 1571, 1572). Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenenEntscheidung. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden. Ist Rechtsmittelkläger der Beklagte, bestimmt sich sein Interesse an der Beseitigung der Verurteilung (materielle Beschwer). Dieses Interesse stimmt mit dem Interesse des Klägers an der Verurteilung bzw. dessen formeller Beschwer nicht notwendig überein (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13, MDR 2014, 461 Rn. 6). Allerdings bildet das Klägerinteresse die Obergrenze für die Beschwer des Beklagten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. September 1990 - VIII ZR 117/90, WM 1990, 2058, 2059 und vom 3. November 2005 - IX ZR 94/04, juris Rn. 8).
4
2. Das Interesse der Kläger an der beantragten Feststellung, das das Interesse der Beklagten nach oben begrenzt, beläuft sich auf mehr als 20.000 €.
5
a) Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines auf § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung gestützten Widerrufs eines Verbrauchervertrags (§ 355 BGB) und begehrt der klagende Verbraucher die Feststellung, der Darlehensvertrag sei "beendet" bzw. habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an dieser Feststellung unter Berücksichtigung der gegeneinander abzuwägenden Vor- und Nachteile bei Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des Widerrufs nach § 3 ZPO zu schätzen (vgl. RGZ 52, 427, 428 f.; BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75, HRF 1977, Nr. 109; OLG Karlsruhe, WM 2015, 2088, 2089; OLG Koblenz, Beschluss vom 3. September 2015 - 8 W 528/15, juris Rn. 11; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - 4 W 10/15, juris Rn. 14).
6
b) Liegt dem Verbraucherdarlehensvertrag wie hier kein verbundener Vertrag zugrunde (§ 358 BGB), kann der Wert der Beschwer nicht mit dem Nettodarlehensbetrag gleichgesetzt werden. Vielmehr sind in solchen Fällen, wenn das Schuldverhältnis gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) nach den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln ist, die Leistungen maßgeblich, die der Kläger gemäß §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint.
7
aa) Der wirksame Widerruf der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers gestaltet den Verbraucherdarlehensvertrag mit Wirkung für die Zukunft in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Bei der Betrachtung der dem klagenden Verbraucher durch den Widerruf entstehenden Vorteile ist damit, weil der Kläger künftig Leistungsbeziehungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis und nicht aus dem Verbraucherdarlehensvertrag herleiten will, dieses Rechtsverhältnis und nicht der Verbraucherdarlehensvertrag maßgeblich. Das gilt ohne Rücksicht auf die konkrete Fassung des Feststellungsantrags. Auch dann, wenn der Antrag wie hier dahin lautet festzustellen, dass der Verbraucherdarlehensvertrag beendet ist, liegt dem die Behauptung zugrunde, für die Zukunft Ansprüche aus §§ 346 ff. BGB herzuleiten. Schon deshalb vermag der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Ansatz nicht zu überzeugen, der Wert des klägerischen Interesses sei anhand des Vertragszinses bis zum Ende der Zinsbindung (OLG Karlsruhe, WM 2015, 2088, 2089 f.) oder - wie vom Berufungsgericht bei der Festsetzung des Streitwerts gehandhabt - anhand des Vertragszinses bis zum Ende der Zinsbindung, höchstens aber anhand des dreieinhalbfachen des für das Jahr geschuldeten Vertragszinses zu schätzen (so OLG Celle, BKR 2015, 417 Rn. 7; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 16. November 2015 - 1 W 41/15, juris Rn. 6; OLG Koblenz, BKR 2015, 463, 464 und Beschluss vom 3. September 2015 - 8 W 528/15, juris Rn. 11; OLG Stuttgart, Beschlüsse vom 28. Januar 2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12 und vom 14. April 2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 18; außerdem OLG Stuttgart, WM 2015, 1147; JurBüro 2015, 473 und 474 sowie 475 f.). Denn diese Betrachtungsweise stellt auf die Leistungsbeziehungen aus dem Verbraucherdarlehensvertrag, nicht - wie richtig - aus dem Rückgewährschuldverhältnis ab.
8
bb) Andere in der obergerichtlichen Rechtsprechung diskutierte Schätzwerte geben das nach § 3 ZPO maßgebliche Interesse ebenfalls nicht adäquat wieder:
9
Der Nettodarlehensbetrag (OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27. Februar 2015 - 19 W 60/14, juris Rn. 4) ist als Schätzgrundlage ungeeignet. Der widerrufende Verbraucher nimmt nicht für sich in Anspruch, die Darlehensvaluta behalten zu dürfen. Er will und kann den Darlehensgeber nicht an der sofortigen Geltendmachung von Ansprüchen aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbin- dung mit §§ 346 ff. BGB hindern (anderer Sachverhalt daher Senatsbeschluss vom 25. Februar 1997 - XI ZB 3/97, WM 1997, 741).
10
Die Restdarlehensvaluta bei Einreichung der Klage (OLG Köln, Beschlüsse vom 18. November 2014 - 13 W 50/14, juris Rn. 5 f. und vom 25. März 2015 - 13 W 13/15, juris Rn. 6) bzw. Einlegung des Rechtsmittels bietet ebenfalls keine geeignete Basis für die Schätzung nach § 3 ZPO. Nähme man sie zum Ausgangspunkt, hinge die Schätzung von Zufälligkeiten ab, die mit den Vorteilen des Verbrauchers aufgrund der Ausübung des Widerrufsrechts in keinem verlässlichen Zusammenhang stehen. Bei abgewickelten Darlehensverträgen fehlte es ganz an einer Schätzgrundlage.
11
Eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung mit dem Gebot eines effektiven Zugangs zu den Gerichten gerechtfertigte Schätzung auf ein Zehntel des Nettodarlehensbetrags (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - 4 W 10/15, juris Rn. 18 f.; vgl. auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 6, 8) entbehrt jeder Grundlage. Eine solche Schätzung wird aufgrund ihres Schematismus den Anforderungen des § 3 ZPO nicht gerecht (vgl. auch E. Schneider, ZAP Fach 13, 147, 148).
12
cc) Der Kläger kann und hat die Hauptforderung zu beziffern, die er nach §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint. Das sind nach § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen (Senatsbeschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, NJW 2015, 3441 Rn. 7 mwN). Ein Anspruch auf Nutzungsersatz gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bleibt als Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO außer Betracht. Bei der Schätzung des Werts des klägerischen Interesses ist - auch wie hier bei der Feststellungsklage - ein Abschlag nicht vorzunehmen.
13
(1) Der Wertberechnung ist zugrunde zu legen, dass sämtliche auf der Grundlage des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB erbrachten Leistungen des Darlehensnehmers nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zu erstatten sind. Das gilt auch, soweit der Darlehensnehmer die vertragliche Hauptleistungspflicht zur Rückzahlung der empfangenen Darlehensvaluta nach § 488 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB (MünchKommBGB/K.P. Berger, 7. Aufl., § 488 Rn. 42; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 488 Rn. 8) erfüllt hat. Entgegen einer vor allem in jüngster Zeit in der Literatur vertretenen Meinung (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1095 f., 1099; ähnlich Piekenbrock/Rodi, WM 2015, 1085, 1086 f. mit Fn. 33 zu § 3 ZPO; Schnauder, NJW 2015, 2689, 2690, 2692) statuiert § 488 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB keinen gesetzlichen Anspruch, der aus einem mit der Kündigung bzw. dem Laufzeitende entstehenden Abwicklungsverhältnis resultierte (Staudinger/Freitag, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 165) und damit außerhalb des Rückgewährschuldverhältnisses stünde.
14
Zwar ist typusbildender Geschäftszweck des Darlehensvertrags die zeitlich begrenzte Verschaffung von Kaufkraft (MünchKommBGB/K.P. Berger, 7. Aufl., § 488 Rn. 42; Staudinger/Freitag, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 1). Das Vermögen des Darlehensnehmers soll nicht dauernd um die Darlehensvaluta vermehrt werden. Ihm soll vielmehr nur deren vorübergehende Nutzung zugewendet werden (RGZ 161, 52, 56). Die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs aus § 488 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB stellt damit bei wirtschaftlicher Betrachtung den Zustand wieder her, der vor Überlassung der Darlehensvaluta durch den Darlehensgeber bestand.
15
Das ändert aber nichts daran, dass der Darlehensgeber im Zuge der Erfüllung des Anspruchs aus § 488 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB eine Leistung "empfängt". Die Umgestaltung des ursprünglichen Vertragsverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis erstreckt sich mithin auch auf ihn (Senatsurteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, WM 2011, 451 Rn. 26; Senatsbeschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, NJW 2015, 3441 Rn. 7; BGH, Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 297/08, WM 2011, 829 Rn. 23 f.).
16
Der Zweck des Rücktrittsrechts, den Leistungsaustausch im Rahmen des durch Rücktritt bzw. gemäß § 357 BGB aF durch Widerruf nach § 355 BGB beendeten Vertragsverhältnisses rückgängig zu machen, kann bezogen auf diesen Anspruch überdies nicht bereits im Rahmen des vertraglichen Pflichtenprogramms erreicht sein (anders OLG Stuttgart, Urteil vom 24. November 2015 - 6 U 140/14, juris Rn. 92). Denn vor dem Wirksamwerden des Widerrufs existiert kein Rückgewährschuldverhältnis, dessen Pflichtenprogramm vorab erfüllt werden könnte. Daher wirkt eine Aufrechnung, deren es mangels einer automatischen Saldierung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis bedarf (vgl. statt vieler Maihold in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 357 BGB Rn. 11), nach § 389 BGB auch nur auf den Zeitpunkt des Entstehens des Rückgewährschuldverhältnisses und nicht weiter zurück.
17
(2) Der Anspruch des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz aus § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB für überlassene Zins- und Tilgungsleistungen ist bei der Schätzung gemäß § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO außer Acht zu lassen. Das Bestehen eines solchen Anspruchs ist allerdings kein Argument gegen die konsequente Anwendung der §§ 346 ff. BGB:
18
Dass der Darlehensgeber Nutzungen aus von ihm empfangenen Zinsund Tilgungsleistungen erstatten muss, widerspricht nicht, dass der Darlehensnehmer nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB zwar die gesamte Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung her- auszugeben hat, gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile aber nur am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet (Senatsbeschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, NJW 2015, 3441 Rn. 7; dagegen OLG Stuttgart, Urteil vom 24. November 2015 - 6 U 140/14, juris Rn. 85; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1003 mit Fn. 40). Nach § 346 Abs. 1 BGB sind nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben (Senatsurteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 29). Das gilt auch für die Bank, der es freisteht, die zu ihren Lasten streitende Vermutung zu widerlegen, sie habe aus empfangenen Leistungen Nutzungen gezogen (dazu schon RGZ 53, 563, 571; BGH, Urteil vom 4. Juni 1975 - V ZR 184/73, BGHZ 64, 322, 323; daran anknüpfend Senatsurteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f.).
19
Aus §§ 346 ff. BGB folgt auch, dass die darlehensgebende Bank, die Nutzungen aus Zins- und Tilgungsleistungen erstatten muss, im Nachhinein so gestellt wird, "als habe sie die Valuta teilweise zu früh erhalten und müsse daher einen vermeintlichen zwischenzeitlichen Nutzungsvorteil verzinsen" (Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1002). Dies ist konsequente Folge des Umstands, dass der Verbraucherdarlehensvertrag mit Zugang der Widerrufserklärung ex nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wird.
20
Dass der Verbraucher damit - jedenfalls in Teilen - so gestellt wird, als habe er eine verzinsliche Wertanlage getätigt (Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1002), kann für die Vergangenheit nicht ohne gesetzgeberischen Auftrag korrigiert werden. An einem solchen Auftrag fehlt es. Eine Korrektur liefe der Sache nach darauf hinaus, entweder den Verweis des § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF auf die §§ 346 ff. BGB teleologisch zu reduzieren oder den in § 357a BGB geregelten Ausschluss des Nutzungsersatzes entgegen der ausdrücklichen Anordnung des Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB im Wege der Analogie auf vor dem 13. Juni 2014 geschlossene Verbraucherdarlehensverträge zu erstrecken (in diese Richtung Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 153). Beides ist dem Senat verwehrt. Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt wie die Analogie eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (zur teleologischen Reduktion BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05,BGHZ 179, 27 Rn. 22 mwN, zur Analogie BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 14). Daran fehlt es.
21
Schon bei Schaffung des über § 7 Abs. 3 VerbrKrG für Verbraucherkreditverträge maßgeblichen § 3 HWiG sah der Gesetzgeber ausdrücklich davon ab, besondere Regelungen zur Frage der Nutzungsvergütung zu schaffen. Er erachtete die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs für anwendbar (BT-Drucks. 10/2876, S. 14). Lediglich § 347 Satz 3 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung sollte keine Geltung beanspruchen (aaO; nur darauf bezieht sich BGH, Urteil vom 2. Juli 2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 208 f.). Daran anknüpfend hat der Senat mit Urteil vom 12. November 2002 (XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 336) erkannt, der Darlehensgeber habe dem Darlehensnehmer die auf das Darlehen erbrachten Zinsund Tilgungsleistungen zu erstatten und die dem Darlehensgeber zur Nutzung zur Verfügung gestellten Raten marktüblich zu verzinsen.
22
Diese Rechtslage wollte der Gesetzgeber im Jahr 2000 mit der Verweisung auf das Rücktrittsrecht in § 361a Abs. 2 Satz 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung fortschreiben (BT-Drucks. 14/2658, S. 47). Er hat weder im Jahr 2000 noch in den Folgejahren inhaltlich etwas geändert (aA Schnauder, NJW 2015, 2689, 2691). Mittels der Verweisung auf das Rücktrittsrecht hat er eine Ausnahme von dem Grundsatz bestimmt, dass bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung nach §§ 346 ff. BGB in der Regel nicht den Interessen der Parteien entspricht, nach denen der Kündigung gegenüber dem Rücktritt der Vorzug zu geben ist (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1968 - VIII ZR 120/66, BGHZ 50, 312, 315 und vom 19. Februar 2002 - X ZR 166/99, WM 2002, 1234, 1236; MünchKommBGB/ Gaier, 7. Aufl., § 314 Rn. 3; vgl. auch § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB). Ebenfalls bestimmt hat er, dass die Rückabwicklung bei längerer Vertragsdauer zu erheblichen Durchführungsschwierigkeiten und Unzuträglichkeiten führen kann. Erst mit dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013 (BGBl. I S. 3642) hat er den für die Vergangenheit von ihm ausdrücklich als bestehend anerkannten Anspruch des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz (BT-Drucks. 17/12637, S. 65) für die Zukunft beseitigt (aA Hölldampf/ Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1004 mit Fn. 49), ohne dieser Rechtsänderung allerdings Rückwirkung beizumessen. Die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers , die Geltung des neuen Rechts auf die Zukunft zu beschränken, kann der Senat nicht revidieren.
23
dd) Im konkreten Fall belaufen sich die Vorteile, die die Kläger nach diesen Maßgaben aus der Umwandlung des Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis herleiten können, auf mehr als 20.000 €. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger Tilgungsleistungen von mehr als 30.000 € erbracht. Damit können sie auf der Grundlage der § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB eine Hauptforderung von mehr als 20.000 € geltend machen. 
24
3. Das Interesse der Beklagten an der Beseitigung der Verurteilung ist anhand des Vermögensvorteils zu bemessen, den sich die Beklagte davon verspricht , dass der Darlehensvertrag fortgesetzt und nicht in ein Rückgewähr- schuldverhältnis umgewandelt wird. Da das Interesse der Beklagten spiegelbildlich dahin lautet, an die Kläger auf der Grundlage der § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nicht zurückzugewähren, kann der Nachteil der Beklagten anhand der Maßgaben geschätztwerden, die für die Ermittlung des Vorteils der Kläger gelten. Entsprechend übersteigt der Wert der Beschwer der Beklagten ebenfalls die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.

III.

25
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.02.2015 - 8 O 278/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.07.2015 - 6 U 41/15 -

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten vom 13.08.2015 gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 31.07.2015 - 3 O 90/15 wird der Streitwert abgeändert und von Amts wegen für die erste Instanz auf 14.800,09 EUR festgesetzt.

2. Der Beschwerdewert wird auf 4.752,38 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs einer vom Kläger auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung sowie um Nutzungsersatz und vorgerichtliche Anwaltskosten.
Der Kläger nahm bei der Beklagten am 12.11.2008 ein privates, durch eine Grundschuld gesichertes Darlehen zur Ablösung einer bestehenden Immobilienfinanzierung über 160.000 EUR zu einem bis zum 30.11.2013 gebundenen Zinssatz von 4,85% p.a. auf (Anlage K1). Etwa ein Jahr später vereinbarten die Parteien eine weitere Zinsfestschreibung ab dem 01.12.2013 bis zum 30.11.2023 (sog. Forwarddarlehen) von 5,05% p.a. (Anlage K3). Der Kläger hat das Darlehen in Höhe von 58.926,72 EUR getilgt (I 25 ff.).
Mit Schreiben vom 29.11.2014 (Anlage K4) hat der Kläger den „Widerruf des Darlehensvertrages“ erklärt, weil er die erteilte Widerrufsbelehrung für nicht ordnungsgemäß hält.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages Nr. gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben vom 29.11.2014 wirksam widerrufen hat;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.955,43 EUR als Nutzungsersatz zzgl. Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die außergerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten i.H. von 2.251,48 EUR zzgl. Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 31.07.2015 bis auf einen kleinen Teil des Nutzungsersatzes stattgegeben und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 52.147,53 EUR (offene Restvaluta im Zeitpunkt der Klageeinreichung) festgesetzt. Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.08.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 18.096,22 EUR herabzusetzen. Der Wert des Antrags zu 1) bemesse sich nach den bis zum Ablauf der Zinsbindung geschuldeten Zinsen, sei allerdings begrenzt auf den 3,5fachen Jahresbetrag, sodass bei einem Darlehenssaldo von 68.689,84 EUR zum 28.11.2014 (Zeitpunkt des Widerrufs) und einem vereinbarten Zinssatz von 5,05% p.a. ein Betrag von nur 12.140,90 EUR anzusetzen sei. Hierzu sei der Antrag zu 2) zu addieren, sodass sich der beantragte Wert ergebe.
10 
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27.08.2015 der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt. Der Streitwert des Antrags zu 1) bemesse sich weder nach der kompletten Darlehenssumme, noch nach den bis zum Ablauf der Zinsbindung noch zu leistenden Zinsen, sondern nach der noch offenen Valuta. Denn das sei der Betrag, der bei weiterer ordnungsgemäßer Darlehensabwicklung zu leisten sei. Zudem werde damit der Streitgegenstand - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Darlehensvertrages - im Blick behalten.
II.
11 
Die Streitwertbeschwerde der Beklagten, mit der diese eine Herabsetzung des vom Landgericht auf 52.147,53 EUR festgesetzten Streitwerts auf 18.096,33 EUR begehrt, ist zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). In der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG von Amts wegen auf 14.800,09 EUR festzusetzen.
12 
1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten - wie der vorliegenden - hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist dabei - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet - nach dem tatsächlichen Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH, Beschluss vom 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 16 unter „Feststellungsklage“). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
13 
a) Für den Streit um die Wirksamkeit eines vom Darlehensnehmer erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärungen hat das zunächst zur Folge, dass der Streitwert eines korrespondierenden Feststellungsantrags weder pauschal im Nettodarlehensbetrag noch in der noch offenen Darlehensvaluta gesehen werden kann.
14 
Denn anders als bei einer Klage auf Feststellung, dass ein Darlehensvertrag unwirksam ist (dazu Senat, OLGR Karlsruhe 2005, 353), geht es dem widerrufenden Darlehensnehmer hier nicht darum, die (noch nicht getilgte) Darlehensvaluta überhaupt nicht (mehr) zurückführen zu müssen. Der Darlehensvertrag wandelt sich vielmehr infolge des Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, kraft dessen der Darlehensnehmer - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 358 BGB - in gleicher Weise wie beim Fortbestehen des Kreditvertrages verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zu erstatten. Das tatsächliche Interesse des Darlehensnehmers, der die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs begehrt, liegt deshalb nicht darin, von der Rückzahlung des Darlehens befreit zu werden (ebenso OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 3; Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15, juris Rn. 10 f.; Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 16; Beschluss vom 29.04.2015 - 6 U 141/14, juris Rn. 3; Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15, juris Rn. 7; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 6).
15 
b) Das wirtschaftliche Interesse des Widerrufenden besteht vielmehr jedenfalls darin, sich für die Zeit nach dem Widerruf bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist die vertraglich vereinbarten Zinsen zu ersparen (so auch OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 4; Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15, juris Rn. 12; Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 17; Beschluss vom 29.04.2015 - 6 U 141/14, juris Rn. 5; Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15, juris Rn. 7; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 6).
16 
aa) Dass er gegebenenfalls das Darlehen umschulden und infolgedessen bei einem anderen Kreditinstitut in der derzeitigen Niedrigzinsphase (wohl) geringere Zinsen erbringen wird, mindert den Streitwert insofern nicht. Denn abgesehen davon, dass die günstigeren Konditionen dem Gericht in den seltensten Fällen bekannt sind, beeinflusst das extrinsische Motiv für den Widerruf (Partizipation am aktuellen Zinsniveau) nicht den Streitwert eines Feststellungsantrages (in diese Richtung auch Rogoz, BKR 2015, 228, 231).
17 
bb) Hat die Bank allerdings bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet und verlangt oder ist diese gar schon an das Kreditinstitut gezahlt worden, besteht das Interesse des Widerrufenden auch in dem Bestreben, diese nicht leisten zu müssen bzw. zurückzuerhalten (vgl. insoweit auch OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 5; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 7). Da ein Darlehensnehmer aber nur entweder das Vorfälligkeitsentgelt (bei vorzeitigem Entlassen aus dem Vertrag) oder die vertraglich vereinbarten Zinsen bis zum Ablauf der Zinsbindung (bei Festhalten am Vertrag), nie aber beides zusammen schuldet, ist in einem solchen Fall der jeweils höhere Betrag von beiden für den Streitwert maßgeblich.
18 
cc) Entgegen der Auffassung der Oberlandesgerichte Stuttgart und Celle (OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 4; Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15, juris Rn. 13; Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 18; Beschluss vom 29.04.2015 - 6 U 141/14, juris Rn. 5f.; Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15, juris Rn. 5) kommt eine Deckelung nach § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der zu leistenden Vertragszinsen dabei nicht in Betracht.
19 
§ 9 ZPO erfasst zwar allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen, wobei die Klageart keine Rolle spielt, sodass beispielsweise auch Leistungsklagen auf Mieterhöhungen oder positive oder negative Feststellungsklagen unter die Vorschrift fallen (vgl. BGH, Beschluss vom 17.05.2000 - XII ZR 314/99, NJW 2000, 3142 Rn. 6). Wie unter bb) dargestellt, ist aber dann, wenn der Betrag der Vorfälligkeitsentschädigung größer als die noch geschuldeten Restzinsen ist bzw. wenn das Darlehen seitens der Bank bereits gekündigt wurde, der höhere Betrag der Vorfälligkeitsentschädigung für den Streitwert maßgeblich (so auch OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 5). In diesem Fall scheidet eine Deckelung über § 9 ZPO indes von vornherein aus, da der Anwendungsbereich der Vorschrift schon nicht eröffnet ist. Eine unterschiedliche Streitwertfestsetzung je nachdem, ob - zufällig - das Vorfälligkeitsentgelt nach § 502 BGB (keine Deckelung) oder der noch ausstehende Zinsbetrag höher ist (Deckelung), erscheint nicht angemessen (ohne diese Beschränkung auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 8).
20 
c) Das Interesse des widerrufenden Darlehensnehmers erschöpft sich aber unter Umständen nicht darin, für die Zukunft die vereinbarten Zinsen bis zum Ende der Bindungsfrist bzw. eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht erbringen zu müssen.
21 
Denn ihm ist es für den Fall, dass Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten ist, nach § 346 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BGB ferner gestattet nachzuweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war, d.h. er kann geltend machen, der Vertragszinssatz übersteige den bei Vertragsschluss am Markt erhältlichen Zinssatz. In diesem Fall umfasst sein Feststellungsantrag auch noch den - von ihm freilich darzulegenden und - sich aus der Zinsdifferenz ergebenden Betrag, den der Widerrufende seiner Ansicht nach in der Vergangenheit zu viel entrichtet hat (vgl. auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 7).
22 
Daneben kann in dem Feststellungsantrag auch noch der Betrag enthalten sein, der dem Anspruch des widerrufenden Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz auf die bereits geleisteten Annuitäten entspricht. Diesen hat der Kläger im Streitfall allerdings aus Antrag zu 1) herausgelöst und in seinem - daher zu addierenden - Leistungsantrag zu 2) beziffert.
23 
2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich im Streitfall ein - neben den Antrag zu 2) in Höhe von 5.955,43 EUR tretender - Wert des Antrags zu 1) in Höhe von 8.844,66 EUR, sodass sich ein Gesamtstreitwert von 14.800,09 EUR ergibt.
24 
Denn die auf die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (§ 40 GKG) am 27.03.2015 offene Restvaluta von 52.147,23 EUR (I 21) bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist am 30.11.2023 (= 8 Jahre und 8 Monate; vgl. Anlage K3) entfallenden Zinsen betragen bei einer monatliche Rate von 806,67 EUR (I 7) und einem jährlichen Zinssatz von 5,05% unter Berücksichtigung der während dieser Zeit erfolgenden Tilgungen (insoweit abweichend von der Berechnung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 13.08.2015, II 193) und ohne Begrenzung auf den 3,5fachen Jahresbetrag 8.844,66 EUR.
25 
Eine (höhere) Vorfälligkeitsentschädigung steht ebenso wenig in Rede wie ein infolge Abweichens des Marktzinses vom Vertragszins für die Vergangenheit zu viel entrichteter Zinsbetrag.
III.
26 
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
27 
Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde kam wegen § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG nicht in Betracht.
28 
Der Beschwerdewert errechnet sich aus der Differenz der Gerichts- und Anwaltsgebühren, mit denen der Beschwerdeführer, bezogen auf den festgesetzten und den angestrebten Streitwert, belastet wird (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.01.2005 - 15 W 29/04, JurBüro 2005, 542; Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 68 GKG Rn. 6 m.w.N.). Bei der Vergleichsberechnung der jeweiligen Gerichts- und Anwaltsgebühren aus einem Streitwert von einerseits 52.147,53 EUR (10.460,33 EUR) und andererseits 18.096,33 EUR (5.707,95 EUR) ergibt sich, soweit die Beklagte durch die Kostengrundentscheidung beschwert ist, ein Differenzbetrag von 4.752,38 EUR.

Tenor

Die Beschwerde der Klägervertreter gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 27. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

In dem der angefochtenen Streitwertfestsetzung zugrunde liegenden Verfahren hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass zwei zum Zwecke der Immobilienfinanzierung geschlossene Darlehensverträge durch den von ihr erklärten Widerruf beendet und rückabzuwickeln seien. Mit der Klage hat sie zum Streitwert vorgetragen, ihr wirtschaftliches Interesse bestehe vornehmlich darin, die jeweils vereinbarten Ratenzahlungen für Zinsen und Tilgung in Höhe von 397,02 € monatlich bzw. 694,54 € vierteljährlich nicht mehr vornehmen zu müssen; als Streitwert sei gemäß § 9 ZPO der 3,5fache Jahressatz dieser regelmäßigen Zahlungen in Höhe von 26.398,40 € zugrunde zu legen. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Juli 2015 (Bl. 128 GA) hat das Landgericht den Streitwert auf den 3,5fachen Jahresbetrag der jeweils vereinbarten Zinszahlungen in Höhe von 310,56 € monatlich bzw. 481,75 € vierteljährlich auf insgesamt 19.787,95 € festgesetzt.

2

Gegen die Streitwertfestsetzung haben die Klägervertreter aus eigenem Recht Beschwerde eingelegt (Bl. 137 GA) mit der Begründung, das Landgericht habe seiner Berechnung nicht die vollen Beträge der zu erbringenden Raten zugrunde gelegt.

3

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12. August 2015 (Bl. 139 GA) nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin zu ihrem wirtschaftlichen Interesse sei mit dem Oberlandesgericht Stuttgart (Beschluss v. 30. April 2014 - 6 W 25/15) nur auf die Zinszahlungspflicht abzustellen, weil der Widerruf eines Darlehens nach Verbraucherkreditrecht nach dem für den Kreditvertragsabschluss (2006) maßgeblichen Recht nicht dazu führe, dass der Kreditnehmer den in der monatlichen Zahlungsrate enthaltenen Tilgungsanteil „behalten“ dürfe.

II.

4

Die eigenen Namens eingelegte, gemäß §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Klägervertreter ist in der Sache nicht begründet.

5

Der Streitwert ist gemäß § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO zu bestimmen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist nach dem wahren Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75 -, juris). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. April 2015 - 6 U 222/13 -, Rn. 2, juris Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.), wobei von dem im Klageantrag und der Klagebegründung zum Ausdruck kommenden Interesse des Klägers auszugehen ist.

6

Vorliegend hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die streitgegenständlichen Verbraucherdarlehensverträge aufgrund des jeweils von ihr erklärten Widerrufs rückabzuwickeln sind. Wie der Streitwert für ein solches Klagebegehren zu bestimmen ist, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt.

7

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Streitwertbemessung in den Fällen der Rückabwicklung von Darlehensverträgen zur Finanzierung von Kapitalbeteiligungen ist in Fällen des Widerrufs - lediglich - eines Verbraucherdarlehens nicht anwendbar. Danach bemisst sich, wenn der Kläger wirtschaftlich betrachtet begehrt so gestellt zu werden, als hätte er das Finanzierungsgeschäft nicht getätigt, der Gesamtstreitwert nach der Höhe des Nettodarlehensbetrages (vgl. BGH, Beschluss vom 10.03.2015 u. 07. April 2015 - XI ZR 121/14 - juris m.N.). Dies war in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gegeben, in dem die Klägerin eine Rückzahlung u.a. von Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen die Abtretung einer Fondsbeteiligung erwirkt hat. Um eine Gesamtrückabwicklung eines solchen verbundenen Geschäfts handelt es sich vorliegend indes nicht. Aus vergleichbaren Gründen ist auch die von den Klägervertretern im Schriftsatz vom 6. August 2015 (Bl. 139 GA) herangezogene Rechtsprechung (OLG München, Beschluss vom 30. Januar 2012 - 5 W 2164/11 -, juris) zur Bestimmung des Streitwerts bei Gesellschaftsbeteiligungen, die ratenweise bezahlt werden, nicht einschlägig.

8

Nach einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Teil vertretenen Auffassung soll sich wie bei einer auf Feststellung der Nichtigkeit eines Darlehensvertrages (dazu OLG Karlsruhe, Beschluss v. 11. April 2005 - 17 W 21/05, juris) gerichteten Klage auch bei einer auf Feststellung der Beendigung eines Darlehensvertrags oder seiner Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis gerichteten Klage das Interesse des Klägers grundsätzlich nach der Höhe der noch offenen Darlehensvaluta bemessen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Februar 2015 - 19 W 60/14 -, juris; vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17. Januar 2014 - 9 W 2/14, juris; OLG Köln, Beschluss vom 18. November 2014 - 13 W 50/14 -, juris - dem folgend zuletzt auch OLG Koblenz, Beschluss vom 28. Mai 2015 - 8 W 288/15 -, Rn. 6, juris). Dies erweist sich unter Berücksichtigung der Erwägungen, die das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken in einem jüngst veröffentlichten Beschluss angestellt hat (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07. Juli 2015 - 7 W 33/15 -, Rn. 6, juris) und die der Senat teilt, als nicht sachgerecht:

9

„Der Ansatz der noch offenen Darlehensvaluta aus einem Darlehen ist dann gerechtfertigt, wenn mit einer negativen Feststellungsklage die Nichtigkeit des Darlehensvertrags geltend gemacht wird, da mit der Feststellung der Nichtigkeit die vertragliche Verpflichtung zur Rückzahlung der restlichen Darlehensvaluta grundsätzlich entfällt. So ist der Klageantrag Ziffer 1) hier aber nicht formuliert. Vielmehr begehrt die Klägerin mit dem Klageantrag Ziffer 1) die Feststellung der Wirksamkeit des von ihr erklärten Widerrufs des Darlehensvertrages. Ein wirksamer Widerruf eines Vertrages führt aber nicht zur Nichtigkeit des widerrufenen Vertrages, sondern wandelt vielmehr das Vertragsverhältnis „ex nunc" in ein Rückgewährschuldverhältnis um (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 355 Rdnr. 12). Die Rechtsfolge entspricht insoweit der einer wirksamen Rücktrittserklärung, die ebenfalls nicht zu dem Wegfall des ursprünglichen Vertrages, sondern vielmehr zu dessen Umwandlung in ein Rückgewährsschuldverhältnis führt (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 347 Rdnr. 1). Bei einem Streit über die Wirksamkeit einer Widerrufserklärung ist der Streitwert daher nach § 3 ZPO zu bestimmen unter Berücksichtigung der gegeneinander abzuwägenden Vor- und Nachteile bei Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des Widerrufs. Maßgebend ist das Interesse des Klägers an der Rechtsfolge, die ja nicht in der Befreiung von der Leistungspflicht besteht, sondern nach der Verschlechterungsdifferenz zwischen Leistung und Gegenleistung zu schätzen ist (vgl. OLG Stuttgart, WM 2015, 1147; Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rdz. 6121; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 36 Aufl., § 3 Rdnr. 177, Stichwort: „Widerruf einer Willenserklärung"; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rdnr. 16, Stichwort: „Feststellungsklage" - zu „Feststellung des Nichtbestehens eines Vertrages wegen Nichtzustandekommens oder Rücktritts").

10

Auch nach einem wirksamen Widerruf eines Verbraucherdarlehens ist der Darlehensnehmer verpflichtet, die empfangene Darlehensvaluta an die Bank zurückzuzahlen. Der Vorteil besteht darin, dass er als Wertersatz für die Darlehensüberlassung Zinsen nur bis zur Rückzahlung des Darlehens bezahlen muss und insoweit dann auch keine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen muss. Hinzu kommt, dass er ggf. nachweisen kann, dass der vertraglich vereinbarte Zinssatz nicht dem Marktzins entspricht, sondern dieser Marktzins niedriger liegt. Kann er dies, so muss er ggf. auch nur einen geringeren Zinssatz als den vertraglich vereinbarten bezahlen (vgl. § 346 Abs. 1 BGB a. F.).“

11

Nach dieser, in weiteren obergerichtlichen Entscheidungen vertretenen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. April 2015 - 6 U 222/13 -, Rn. 2, juris = WM 2015, 1147 m.N.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. April 2015 - 6 W 25/15 -, Rn. 12 m.w.N., juris) Rechtsauffassung, der sich der Senat anschließt, kommt es für die Streitwertbemessung bei einem Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs auf die wirtschaftlichen Vorteile an, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht. Das wirtschaftliche Interesse des klagenden Darlehensnehmers an der Wirksamkeit des Widerrufs entspricht damit nicht grundsätzlich dem Wert der noch offenen Darlehensverbindlichkeiten. Maßgeblich ist vielmehr regelmäßig das Interesse des Darlehensnehmers, von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Darlehenszinsen frei zu werden, das für die Wertfestsetzung gemäß § 3 ZPO nach dem Betrag der im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag bis zum Ablauf der Zinsbindung noch anfallenden Zinsen - begrenzt durch den dreieinhalbfachen Jahresbetrag gemäß § 9 ZPO - zu schätzen ist.

12

Von diesen Grundsätzen - mit dem Landgericht und im Ausgangspunkt auch mit dem Beschwerdeführer - ausgehend, ist die Wertfestsetzung des Landgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden, die allein auf die im jeweiligen Darlehensvertrag vereinbarte Zinsrate von 310,56 € monatlich (Bl. 5 GA) bzw. 481,75 € vierteljährlich (Bl. 14 GA) abstellt und den Tilgungsanteil der insgesamt zu erbringenden „Leistungsraten“ außer Betracht lässt. Bei einem wirksamen Widerruf müsste die Klägerin als Darlehensnehmerin auch die Darlehensvaluta zurückgewähren; dies hätte sie mit von ihr bereits erbrachten Tilgungsleistungen - jedenfalls teilweise - bereits getan, weshalb der zurück zu gewährende Betrag entsprechend zu reduzieren wäre.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

Tenor

Der Streitwert des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen wird auf 22.815,30 EUR festgesetzt. Der Vergleich hat keinen Mehrwert.

Gründe

 
Gegenstand des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen war die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass zwei mit der Beklagten am 4./8.3.2004 und am 10./.11.3.2008 geschlossene Verbraucherdarlehen über 117.000,- EUR und 50.000,- EUR durch Widerruf vom 12.2.2013 ihre Wirksamkeit verloren haben.
Der Streitwert der Klage war gemäß § 48 Abs.1 GKG, § 3 ZPO zu bestimmen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist nach dem wahren Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH v. 1.6.1976 - VI ZR 154/75). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
Anders als bei der schlichten Unwirksamkeit des Darlehensvertrages (dazu OLG Karlsruhe v. 11.4.2005 - 17 W 21/05 für den Fall einer negativen Feststellungsklage), bei der ein Wegfall der Verpflichtung zur Rückzahlung des erhaltenen Darlehens denkbar ist, wandelt sich der Darlehensvertrag infolge des Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, kraft dessen der Darlehensnehmer - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 358 BGB - in gleicher Weise wie beim Fortbestehen des Kreditvertrages verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zu erstatten. Das wahre Interesse des Darlehensnehmers, der die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs begehrt, liegt deshalb nicht darin, von der Rückzahlung des Darlehens befreit zu werden. Der Streitwert der Feststellungsklage kann also nicht mit der Darlehensrestschuld im Zeitpunkt des Widerrufs gleichgesetzt werden. Auch der Wert der Sicherheiten, die der Darlehensnehmer geleistet hat, ist nicht maßgebend, denn diese dienen dem Darlehensgeber wie im Falle der Erfüllung des Darlehensvertrages regelmäßig auch nach Widerruf des Darlehensvertrages als Sicherheit für die Rückzahlung des Darlehens (BGH v. 26.11.2002 - XI ZR 10/00). Der wirksame Widerruf begründet deshalb keinen Anspruch auf sofortige Rückgewähr der Sicherheit ohne Ablösung der Darlehensrestschuld.
Nachdem auch nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist, dass sich - unter Ausklammerung der Pflicht der Klägerin, die Valuta zurückzuzahlen - bei Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus § 346 BGB ein Saldo zugunsten der Klägerin ergibt, kann das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Wirksamkeit des Widerrufs nur darin gesehen werden, dass sie durch den Widerruf von ihrer Verpflichtung befreit wird, künftig bis zum Ablauf der Zinsbindung die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten (so auch OLG Stuttgart v. 14.11.2014 - 9 W 36/14). Da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 9 ZPO handelt, ist diese Vorschrift im Rahmen der Schätzung gemäß § 3 ZPO ergänzend heranzuziehen. Ungeachtet der Klageart erfasst § 9 ZPO allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen (BGH v. 17.5.2000 - XII ZR 314/99). Die Voraussetzung für die Anwendung des § 9 ZPO, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (Herget in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe v. 11.4.2005 - 17 W 21/05), ist gegeben. Bezogen auf die Zukunft ist die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs auf den Wegfall des Bezugsrechts des Darlehensgebers gerichtet, künftig die vertraglich vereinbarten Zinsen zu verlangen. Angesichts der - lediglich auf gewandeltem Rechtsgrund - fortbestehenden Verpflichtung das Darlehensnehmers, das Darlehen zurückzuzahlen, kann der Wert dieses Stammrechts aber nicht mit der offenen Valuta bemessen werden, vielmehr ist nach den Grundsätzen des § 9 ZPO zu verfahren.
Demnach ist bei der Wertfestsetzung gemäß § 3 ZPO regelmäßig der Betrag der im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag bis zum Ablauf der Zinsbindung noch anfallenden Zinsen zu schätzen, allerdings begrenzt durch den dreieinhalbfachen Jahresbetrag (§ 9 ZPO). Im vorliegenden Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass die Beklagte die Darlehensverträge bereits gekündigt hat. Deshalb liegt in diesem Fall der wirtschaftliche Vorteil, der sich aus der Wirksamkeit des Widerrufs für die Klägerin ergeben hätte, in der Befreiung von der Pflicht, die nach der Kündigung geschuldete Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten. Die Beklagte hat als Vorfälligkeitsentschädigung insgesamt 22.815,30 EUR geltend gemacht, sodass der Streitwert in dieser Höhe festzusetzen ist.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 26.01.2015 wird der Streitwertbeschluss des Landgericht Ravensburg vom 05.02.2015, Aktenzeichen 2 O 258/14,

abgeändert

und der Streitwert auf 27.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger verfolgen mit der Klage verschiedene Feststellungs- und Leistungsanträge nach Widerruf eines mit der beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrages. Die Kläger hatten im September 2009 den Darlehensvertrag Nr. 2206170… über einen Nennbetrag von 164.500,00 EUR unterzeichnet. Da sie der Ansicht waren, dass die dem Darlehensvertrag beigefügt Widerrufsbelehrung unwirksam war, widerriefen sie mit Schreiben vom 08.08.14 diesen Darlehensvertrag gegenüber der Beklagten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Darlehen am 01.07.2014 noch eine offene Darlehensvaluta von 151.488,48 aufwies.
Die Kläger haben folgende Anträge gestellt:
1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Darlehensvertrag mit der Nr.: 2206170… durch den Widerruf der Kläger vom 08.08.2014 beendet worden ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern auf der Grundlage des Widerrufs vom 08.08.14 eine Endabrechnung zu dem Darlehensvertrag mit der Nr.: 2206170… und dem sich daraus ergebenden Rückgewährschuldverhältnis zu erteilen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nr. 22061700… seit dem 23.08.2014 im Verzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.778,22 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.08.2014 zu bezahlen.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2014 haben sie außerdem hilfsweise beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 1.646,50 EUR zu verurteilen.
Das Verfahren wurde mit Vergleich in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2015 beendet (Bl. 69 d.A.).
Mit Beschluss vom 15.02.2015 hat das Landgericht den Streitwert auf den Betrag der zum Zeitpunkt des Widerrufs noch offenen Nettodarlehensvaluta in Höhe von 151.488,48 EUR festgesetzt.
10 
Gegen diesen ihr nur formlos zugesandten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.02.2015, bei Gericht eingegangen am 27.02.2015 Streitwertbeschwerde eingelegt, mit dem Ziel, den Streitwert für das Verfahren sowie den in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2015 abgeschlossenen Vergleich auf 41.073,09 EUR festsetzen zu lassen. Zu dieser Summe kommt die Beklagte, wie sie im Schriftsatz vom 05.02.2015 ausführt, indem sie das Interesse der Kläger an der erhobenen Klage
11 
- nach der nicht zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 25.500,00 EUR,
- zuzüglich der zurückzuzahlenden und von der Darlehensrestvaluta abzuziehenden Wertermittlungskosten i.H.v. 1.646,50 EUR,
- zuzüglich dem durch die Bank zu leistenden Nutzungsersatz auf die Leistungen des Darlehensnehmers i.H.v. 13.926,59 EUR,
- insgesamt also mit: 41.073,09 EUR
12 
bemisst.
II.
1.
13 
Auf die zulässige Beschwerde ist der Streitwert wie folgt abzuändern:
14 
Gemäß § 48 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert nach den Vorschriften der §§ 3 ff. ZPO über den Zuständigkeitsstreitwert, sofern keine spezialgesetzlichen Vorschriften (insbes. §§ 39 ff. GKG) einschlägig sind. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten - wie der vorliegenden - hat das Gericht gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Dabei bedeutet freies Ermessen nicht Willkür, sondern nur, dass bei der Streitwertfestsetzung eine Schätzung zugelassen wird (Hüßtege/Thomas Putzo Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., 2009 § 3 Rdnr. 2). Bei einer Feststellungsklage, ist der Streitwert daher nach dem wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der begehrten Feststellung festzusetzen.
2.
15 
Danach ist der Streitwert für Klagantrag Ziffer 1 nach dem wirtschaftlichen Interesse zu bestimmen, das die Kläger an der Feststellung haben, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag wirksam durch Widerruf vom 08.08.2014 beendet wurde und sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.
16 
Der Streitwert ist nicht, wie vom Landgericht Ravensburg angenommen, in Höhe der noch offenen Darlehensvaluta festzusetzen. Das Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung besteht nicht in Höhe der noch offenen Darlehensvaluta, da Folge der begehrten Feststellung gerade nicht ist, dass diese Darlehensvaluta nicht mehr zurückgezahlt werden muss. Infolge des wirksamen Widerrufs wandelt sich der Darlehensvertrag vielmehr gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB in ein Rückabwicklungsverhältnis um, in dessen Rahmen die noch offene Darlehensvaluta in irgendeiner Form, entweder direkt oder im Wege der Verrechnung mit Gegenansprüchen an die Beklagte zurückzuführen ist.
17 
Nachdem auch nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist, dass sich bei Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus § 346 BGB ein Saldo zugunsten der Kläger ergibt, kann das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Wirksamkeit des Widerrufs nur darin gesehen werden, dass sie zukünftig von ihrer Verpflichtung befreit sind, bis zum Ablauf der Zinsbindung die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten.
18 
Da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 9 ZPO handelt, ist diese Vorschrift im Rahmen der Schätzung gemäß § 3 ZPO ergänzend heranzuziehen. Demnach ist bei der Wertfestsetzung auf die im Zeitpunkt des Widerrufs nach dem Vertrag noch bis zum Ablauf der Zinsbindung anfallenden Zinsen abzustellen, gemäß § 9 ZPO allerdings durch den dreieinhalbfachen Jahresbetrag begrenzt
19 
Im vorliegenden Fall erfolgte der Widerruf am 08.08.2014. Eine Zinsbindung mit einem Zinssatz i.H.v. 5,8 % war laut vorliegendem Darlehensvertrag bis zum 30.09.2017, damit noch für weitere 3 Jahre 2 Monate nach Widerruf vereinbart. Im vorliegenden Fall sind daher die bis zum Ende der Zinsbindung angefallenen Zinsen für die Berechnung des Streitwerts maßgeblich. Diese schätzt der Senat auf 27.000,00 EUR.
3.
20 
Daneben ist für Klagantrag Ziffer 2 kein eigener Streitwert festzusetzen. Die mit Klagantrag Ziffer 2 begehrte Abrechnung des Darlehens aufgrund des erfolgten Widerrufs ist eine vertragliche Folge der im Klagantrag Ziffer 1 begehrten Feststellung. Das wirtschaftliche Interesse der Kläger an dieser Abrechnung entspricht daher dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger an der in Ziffer 1 begehrten Feststellung. Die beiden Klaganträge sind als wirtschaftlich identisch anzusehen. Bei wirtschaftlicher Identität von zwei Anträgen erfolgt aber keine Zusammenrechnung der Streitwerte gemäß § 5 ZPO, sondern nur die Festsetzung eines einheitlichen Streitwerts. (Thomas Putzo/Hüßtege Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., 2009 § 6 Rdnr. 7).
21 
Dasselbe gilt für Klagantrag Ziffer 3. Auch dieser dient letztendlich der Durchsetzung des mit Klaganträgen Ziffer 1 und 2 verfolgten wirtschaftlichen Ziels der Kläger. Auch für diesen ist deswegen kein eigener Streitwert festzusetzen.
22 
Klagantrag Ziffer 4 wirkt nicht streitwerterhöhend, weil mit ihm eine Nebenforderung geltend gemacht wird (§ 4 ZPO).
23 
Für den mit Schriftsatz vom 16.12.2014 erhobenen Hilfsantrag ist ebenfalls kein eigener Streitwert festzusetzen, da über diesen Hilfsantrag nicht entschieden wurde (§ 45 GKG).
24 
Ein Mehrwert des Vergleichs ist von den Parteien nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.
25 
Es bleibt damit bei einem Gesamtstreitwert von 27.000,00 EUR.
II.
26 
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das angefochtene Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Streitwert in beiden Instanzen: bis 9.000 EUR

Gründe

 
I.
Wegen des Sachverhalts und der Berufungsanträge wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 10.11.2014 (GA 166) sowie auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss Bezug. Die hierzu eingegangene Stellungnahme gibt keinen Anlass zu einer geänderten Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
1. Für den Fristbeginn ist gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. - neben der Abgabe der widerruflichen Vertragserklärung - der Erhalt einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung maßgeblich. Genügt die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen nicht, kann die Widerrufsfrist weder anlaufen noch gem. § 355 Abs. 3 BGB a.F. erlöschen. Bezüglich der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats sowie die Entscheidung des Landgerichts verwiesen. Da der Widerruf gem. § 355 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BGB a.F. nicht zu begründen ist, kommt es auf das von der Beklagten in den Vordergrund gestellte Motiv nicht an.
Ebenso ist die Frage der Kausalität zwischen dem Fehler der Widerrufsbelehrung und der Unterlassung des Widerrufs im Einzelfall unerheblich. Entscheidend ist, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung - wie hier - objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten. Entspricht die Belehrung nicht allen Anforderungen des Gesetzes wird der Verbraucher - dem Schutzzweck des Widerrufsrechts widersprechend - nicht in die Lage versetzt, zu entscheiden, ob er sein Widerrufsrecht ausüben will. Eine Belehrung, die diesen Anforderungen objektiv nicht entspricht, ist daher nicht geeignet, zum Wegfall des diesbezüglichen Widerrufsrechts zu führen (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – XI ZR 156/08, Rn. 25).
Die allgemein gehaltene und nicht auf die konkrete Willenserklärung der Klägerin ausgerichtete Widerrufsbelehrung ließ auf Grund der unklaren, auf mehrere Fallkonstellationen ausgerichteten Formulierung nicht objektiv eindeutig den Zeitpunkt des Fristbeginns erkennen. Die Anknüpfung an den Erhalt der Widerrufsbelehrung als Fristbeginn, der vor Abgabe der Willenserklärung lag, ist missverständlich und entsprach zudem nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, wonach gem. § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. die Frist nicht vor Aushändigung des Originals oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des schriftlichen Antrags des Verbrauchers begann.
2. Die Ansprüche sind nicht verwirkt. Das Widerrufsrecht kann im Regelfall nicht verwirken. Eine Verwirkung kommt allenfalls ganz ausnahmsweise in den Fällen in Betracht, in denen der Verbraucher grundsätzlich zutreffend über sein Widerrufsrecht belehrt wurde (Staudinger/Kaiser [2012] § 355 BGB Rn. 9). Die Beklagte legt allein das Zeitmoment dar, nicht jedoch das ebenfalls erforderliche Umstandsmoment. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch eine ordnungsgemäße Nachbelehrung für eine Beendigung der Unsicherheit hinsichtlich des Widerrufsrechts hätte sorgen können (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 – I ZR 91/99). Eine grundsätzlich zutreffende Belehrung liegt dann nicht vor, wenn sie auf Grund ihrer unklaren Gestaltung oder Formulierung nicht hinreichend deutlich ist und - wie hier - objektiv Raum für die irrtümliche Annahme eines früheren Fristablaufs lässt.
3. Die Ausführungen der Beklagten zu den Hintergründen der Darlehensaufnahme und der Motivation für den Widerruf sind für die Frage der Ausübung des Widerrufsrechts unerheblich. Insbesondere verstößt die Klägerin mit ihrem Widerruf nicht gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB.
Der Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben bedarf einer umfassenden Interessenabwägung (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 242 Rn. 7 m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass die Beklagte sich selbst durch eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung pflichtwidrig verhalten hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2008 – XI ZR 74/06). Demgegenüber können der Klägerin weder ein vertragswidriges noch ein missbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden. Insbesondere nutzt die Klägerin nicht lediglich eine formal bestehende Rechtsstellung aus, reagiert in unverhältnismäßiger Weise auf eine nur geringfügige Interessenverletzung oder handelt widersprüchlich.
Die Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts kann grundsätzlich nicht als vertragswidrig angesehen werden. Die unbegrenzte Dauer der Widerrufsfrist bei fehlerhafter Belehrung ist Folge des in § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 3 BGB a.F. zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens.
10 
Die Motivation für die Ausübung des Widerrufs ist nach dem Willen des Gesetzgebers unerheblich. Das Widerrufsrecht bedarf gem. § 355 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BGB a.F. keiner Begründung. Auch ein willkürlicher Widerruf ist beachtlich (MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 355 Rn. 78). Erst recht können die Dauer der Zinsbindung, die eine günstige Zinsanpassung während der Laufzeit ausschließen, und während der Dauer der Widerrufsfrist sich ändernde wirtschaftliche Umstände, wie die Höhe des Kapitalmarktzinssatzes, legitime Gründe zur Widerrufsausübung darstellen, die den Vorwurf des treuwidrigen Verhaltens nicht rechtfertigen. Ein Vertrauen in die Nichtausübung des Widerrufsrechts hat die Klägerin bei der Beklagten nicht erzeugen können. Die Darlehensinanspruchnahme erzeugt insoweit kein schutzwürdiges Vertrauen, weil nicht dargelegt ist, dass die Klägerin dabei in Kenntnis ihres noch bestehenden Widerrufsrechts gehandelt hat.
11 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung gem. § 522 Abs. 2 ZPO war angezeigt, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ein Urteil des Berufungsgerichts nicht erfordert. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.
12 
5. Der Senat setzt den Streitwert gem. § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO für beide Instanzen auf bis zu 9.000 EUR fest. Der Streitwert richtet sich nach dem mit der Klage verfolgten Interesse des Klägers. Im Fall der Feststellung der Beendigung des Darlehensvertrages durch Widerruf kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistung an, von der der Kläger freigestellt werden will (Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 13. Aufl. Rn. 4274f.; vgl. a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2009 – 24 U 57/09). Der Senat teilt nicht die gegenteilige Auffassung des OLG Karlsruhe (Beschluss vom 11.04.2005 - 17 W 21/05), wonach auf den Wert der noch offenen Darlehensvaluta abzustellen sei. Zwar sprechen durchaus die von ihm angeführten pragmatischen Gründe für den Ansatz der noch offenen Darlehensvaluta. Nach Auffassung des Senats ist die Anwendung des § 9 ZPO im Falle des Darlehenswiderrufs dennoch interessengerechter. In den Widerrufsfällen ist die Rückzahlungsverpflichtung der Darlehensvaluta nicht im Streit. Der Antrag auf Feststellung der Vertragsbeendigung durch Widerruf hat in die Zukunft gerichtet den Charakter einer negativen Feststellungsklage. Die gegenteilige Leistungsklage der Darlehensgeberin, die von einem Fortbestehen des Darlehensvertrages ausgeht, hätte ebenfalls nicht die Darlehensvaluta zum Gegenstand. Daher liegt der Fall anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.02.1997 (XI ZB 3/97), in dem die Unwirksamkeit einer Darlehenskündigung durch die Bank im Streit stand. In dieser Konstellation hat der Bundesgerichtshof auf den - fiktiven umgekehrten - Zahlungsantrag der Bank abgestellt und nicht auf den Umstand, dass es dem klagenden Kunden wirtschaftlich um die Möglichkeit der späteren Rückzahlung ging. Im Fall des Darlehenswiderrufs zeigt hingegen der Kläger seine Bereitschaft, die Darlehensvaluta sofort zurückzuführen. Ihm geht es im Wesentlichen darum, in der Zukunft seine vertraglich vereinbarten Leistungen nicht mehr erbringen zu müssen, welche umgekehrt Gegenstand einer Leistungsklage der Bank sein könnten. Dabei ist zu unterscheiden, welche Leistungen der klagende Darlehensnehmer anerkennt und somit nicht zum Gegenstand einer - insoweit ohnehin unzulässigen - Feststellungsklage macht und welche Verpflichtungen er negiert. Dies ist im Falle des Widerrufs die Verpflichtung zur Zahlung weiterer Vertragszinsen (s.a. OLG Rostock, Beschluss vom 09.04.2003 - 6 W 77/02). Diese lassen sich ebenfalls verhältnismäßig einfach, jedenfalls überschlägig, auf einen maximalen Zeitraum von 3,5 Jahren ermitteln.
13 
Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 04.07.2013 aus dem Annuitätendarlehen noch eine Restvaluta von ca. 36.000 EUR bis zum Ende der Zinsbindungsfrist am 30.05.2016 als erster Kündigungsmöglichkeit offen. Diese war mit 3,81% p.a. zu verzinsen. Somit ging es der Klägerin bei überschlägiger Berechnung für die Dauer von knapp drei Jahren um eine Zinsleistung von knapp 4.000 EUR (unter Berücksichtigung der ratierlichen Tilgung). Wegen des Charakters einer negativen Feststellungsklage ist für diese kein Abschlag zu machen.
14 
Beim Streitwert ist weiter zu berücksichtigen, welcher Forderungen sich die Klägerin gegenüber der Beklagten berühmt, wenn sie sie im Rahmen der Feststellungsklage noch nicht beziffern braucht. Diesbezüglich hat die Beklagte auf das Forderungsschreiben der Klägerin vom 25.02.2014 (Anlage BS1) mit einer Forderung für Nutzungsersatz in Höhe von 5.275,09 EUR hingewiesen. Im Rahmen der Feststellungsklage ist diese Forderung mit 80% zu bewerten, was einem Betrag von 4.220 EUR entspricht. Daraus ergibt sich ein Gesamtstreitwert von bis zu 9.000 EUR.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten vom 12.3.2015 wird der Streitwertbeschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 10.3.2015 abgeändert und der Streitwert auf 13.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger haben mit ihrer Klage die Feststellung begehrt, dass ein zwischen den Parteien bestehender Verbraucherdarlehensvertrag (wirksam) widerrufen sei.
Die Kläger und die Beklagte schlossen unter dem 24.9.2008 einen Immobiliardarlehensvertrag mit einem Nennbetrag von 126.500 Euro ab, der zum 1.8.2013 noch mit rund 120.000 Euro valutierte und dessen Zins bis zum 30.5.2019 gebunden war. Mit Schreiben vom 21.10.2013 haben die Kläger ihre Vertragserklärung widerrufen; ihr aus § 495 BGB folgendes Widerrufsrecht sei mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht erloschen. Der Rechtsstreit ist durch Urteil des Landgerichts vom 19.9.2014 erledigt.
Den Streitwert hatten die Kläger in der Klage auf 13.718,54 Euro beziffert. Er ergebe sich im Ausgangspunkt als Summe aus einer von der Beklagten auf den 31.8.2013 errechneten Vorfälligkeitsentschädigung von 12.148,18 Euro einerseits und einer im Fall der Rückabwicklung nach klägerischem Vortrag von der Beklagten geschuldeten Nutzungsentschädigung auf die von den Klägern an die Beklagte geleisteten Raten andererseits, die rund 5.000 Euro betrage. Von dem sich in der Addition beider Positionen ergebenden Betrag von 17.148,18 Euro sei, da eine Feststellungsklage vorliege, ein Abschlag von 20% zu machen, woraus sich der genannte Streitwert ergebe.
Das Landgericht hat den Streitwert in der mündlichen Verhandlung vom 29.8.2014 auf 12.148,18 Euro festgesetzt. Nachdem die Kläger mit Schriftsatz vom 18.11.2014 zunächst um Streitwertfestsetzung gebeten hatten, haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Hinweis des Landgerichts, wonach der Streitwert bereits festgesetzt worden sei, mit Schriftsatz vom 24.2.2015 Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung vom 29.8.2014 eingelegt, und aus eigenem Recht die Heraufsetzung des Streitwerts begehrt.
Daraufhin hat das Landgericht mit dem jetzt angefochtenen Beschluss vom 10.3.2015 den Streitwert auf 96.072,45 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Streitwert sei auf den vollen Betrag der Restdarlehensvaluta festzusetzen, der 96.072,45 Euro betragen habe.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten vom 12.3.2015, mit dem sie die Herabsetzung des Streitwerts auf den früher festgesetzten Betrag begehrt.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist begründet.
1.
Der Streitwert der Klage ist nach § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO zu bestimmen. Dabei ist der Wert eines Feststellungsbegehrens nach dem wahren Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH, Beschluss vom 1.6.1976 - VI ZR 154/75). Für den Streit um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs kommt es daher auf die wirtschaftlichen Vorteile an, die sich der Kläger für den Fall des erfolgreichen Widerrufs verspricht. Maßgebend sind dabei die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
2.
Das danach maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Wirksamkeit des Widerrufs entspricht nicht dem Wert der noch offenen Darlehensverbindlichkeiten (a)). Maßgeblich ist vielmehr ihr Interesse, von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Darlehenszinsen frei zu werden (b)).
a)
10 
Anders als bei der schlichten Unwirksamkeit des Darlehensvertrages (dazu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.4.2005 - 17 W 21/05 - für eine negative Feststellungsklage), bei der ein Wegfall der Verpflichtung zur Rückzahlung des erhaltenen Darlehens in Betracht kommt, wandelt sich das Darlehensverhältnis im Fall eines erfolgreichen Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um. Liegt kein verbundenes Geschäft vor, ist der Darlehensnehmer im Rahmen dieses Rückabwicklungsschuldverhältnisses nicht anders zur Rückzahlung der noch offenen Darlehensverbindlichkeiten verpflichtet, als im Fall des Fortbestehens des Darlehensvertrages.
11 
Das wirtschaftliche Interesse des Darlehensnehmers an der Wirksamkeit des Widerrufs entspricht daher nicht dem Wert der noch offenen Darlehensverbindlichkeiten, und auch der Wert vom Darlehensnehmer geleisteter Sicherheiten ist nicht maßgeblich, da die Sicherheiten dem Darlehensgeber auch bei erfolgreichem Widerruf als Sicherheit für die Rückzahlung des Darlehens dienen (BGH v. 26.11.2002 - XI ZR 10/00), so dass der erfolgreiche Widerruf keinen Anspruch auf sofortige Rückgewähr der Sicherheiten ohne Ablösung der Darlehensrestschuld begründet.
b)
12 
Das wirtschaftliche Interesse des Darlehensnehmers am Widerruf ergibt sich vielmehr daraus, dass er durch den Widerruf von seiner Verpflichtung frei wird, bis zum Ablauf einer vereinbarten Zinsbindungsfrist die vereinbarten Zinsen für das Darlehen zu entrichten (ebenso OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.1.2015 - 9 U 119/14; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.4.2015 - 6 W 23/15; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.4.2005 - 6 U 222/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.4.2015 - 6 U 141/14).
aa)
13 
Für die Streitwertbemessung ist dabei, da es sich bei den Zinszahlungen um wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 9 ZPO handelt, diese Vorschrift i. R. d. Schätzung nach § 3 ZPO ergänzend heranzuziehen; § 9 ZPO erfasst ungeachtet der Klageart allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2000 - XII ZR 314/99). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst in Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.4.2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Widerrufs auf den Wegfall des Bezugsrechts des Darlehensgebers für die künftigen Zinsen gerichtet ist.
14 
Nur die Orientierung am beschriebenen wirtschaftlichen Interesse trägt im Übrigen der verfassungsrechtlichen Vorgabe Rechnung, dass Gerichtskosten und Streitwert nicht so unangemessen hoch festgesetzt werden dürfen, dass es dem Bürger praktisch unmöglich gemacht wird, das Gericht anzurufen, indem das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg derart außer Verhältnis steht, dass die Anrufung der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint (BVerfGE 85, 337, 347; BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. Oktober 1996 - 1 BvR 1074/93). Denn das wäre der Fall, setzte man in Konstellationen wie der streitgegenständlichen den Streitwert auf die offenen Darlehensverbindlichkeiten fest; insbesondere bei nur noch kurzer Dauer oder dem gänzlichen Fehlen einer Zinsbindung und den im Immobiliardarlehensbereich häufig hohen Restverbindlichkeiten bei Ablauf der Zinsbindung stünden wirtschaftlichen Vorteile in der Größenordnung weniger tausend oder sogar nur einiger hundert Euro Prozesskostenrisiken im deutlich fünfstelligen Bereich gegenüber, die ohne weiteres geeignet wären, den Darlehensnehmer von der Geltendmachung seiner (Verbraucherschutz-) Rechte abzuhalten.
bb)
15 
Unter Anwendung dieser Grundsätze schätzt der Senat den nach § 9 ZPO maßgeblichen 3,5fachen Jahresbetrag der Zinsen für den vorliegenden Fall auf 13.000 Euro. Ein Abschlag ist von diesem Betrag wegen des diesen Anspruch im Ergebnis negierenden Charakters der Klage nicht zu machen.
3.
16 
Soweit die Kläger vorliegend über das soeben 2. dargestellte Interesse am erfolgreichen Widerruf des Darlehensvertrages hinaus vortragen, ihnen stehe im Fall des erfolgreichen Widerrufs gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Nutzungsersatz in Höhe von rund 5.000 Euro zu, erhöht sich der Streitwert dadurch nicht.
17 
Denn anders als im Fall der auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs gerichteten positiven Feststellungsklage bleibt die Berechtigung dieser Forderungsberühmung bei der von den Klägern hier allein begehrten Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs des Darlehensvertrages gänzlich ungeprüft. Bezogen auf einen Nutzungsersatzanspruch wird mit der streitgegenständlichen Feststellung nur eine einzelne Vorfrage geklärt, während das tatsächliche Bestehen des Anspruchs in der behaupteten Höhe von einer ganzen Reihe weiterer, ggf. auch nach Feststellung eines erfolgreichen Widerrufs gänzlich offener Faktoren - etwa Gegenansprüchen der Beklagten - abhängt. Der begehrten Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs lässt sich daher für einen daraus abgeleiteten Anspruch auf Nutzungsersatz kein zusätzlicher wirtschaftlicher Wert beimessen (insoweit ohne nähere Begründung anders OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.1.2015 - 9 U 119/14).
4.
18 
Soweit die Kläger ein Angebot der Beklagten vortragen, auf dessen Grundlage sie sich unter Inkaufnahme einer Vorfälligkeitsentschädigung gleichfalls vom Darlehensvertrag hätten lösen können, kann offen bleiben, ob und ggf. unter welchen Umständen sich aus dieser hypothetisch gebliebenen Möglichkeit eine Begrenzung des für den Streitwert maßgeblichen wirtschaftlichen Interesses der Kläger ergeben könnte, wenn es die Kläger selbst - wie hier im Rahmen der Streitwertbestimmung in der Klageschrift - als ihr maßgebliches Interesse darlegen.
19 
Denn das würde vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen, indem Vorfälligkeitsentschädigung im Zeitpunkt des Widerrufs und der nach oben 2. bestimmte Vorteil betragsmäßig in derselben Streitwertstufe liegen.
III.
20 
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die Entscheidung gerichtsgebührenfrei ergeht und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden (§ 68 Abs. 3 GKG).

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten vom 13.08.2015 gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 31.07.2015 - 3 O 90/15 wird der Streitwert abgeändert und von Amts wegen für die erste Instanz auf 14.800,09 EUR festgesetzt.

2. Der Beschwerdewert wird auf 4.752,38 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs einer vom Kläger auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung sowie um Nutzungsersatz und vorgerichtliche Anwaltskosten.
Der Kläger nahm bei der Beklagten am 12.11.2008 ein privates, durch eine Grundschuld gesichertes Darlehen zur Ablösung einer bestehenden Immobilienfinanzierung über 160.000 EUR zu einem bis zum 30.11.2013 gebundenen Zinssatz von 4,85% p.a. auf (Anlage K1). Etwa ein Jahr später vereinbarten die Parteien eine weitere Zinsfestschreibung ab dem 01.12.2013 bis zum 30.11.2023 (sog. Forwarddarlehen) von 5,05% p.a. (Anlage K3). Der Kläger hat das Darlehen in Höhe von 58.926,72 EUR getilgt (I 25 ff.).
Mit Schreiben vom 29.11.2014 (Anlage K4) hat der Kläger den „Widerruf des Darlehensvertrages“ erklärt, weil er die erteilte Widerrufsbelehrung für nicht ordnungsgemäß hält.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages Nr. gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben vom 29.11.2014 wirksam widerrufen hat;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.955,43 EUR als Nutzungsersatz zzgl. Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die außergerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten i.H. von 2.251,48 EUR zzgl. Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 31.07.2015 bis auf einen kleinen Teil des Nutzungsersatzes stattgegeben und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 52.147,53 EUR (offene Restvaluta im Zeitpunkt der Klageeinreichung) festgesetzt. Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.08.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 18.096,22 EUR herabzusetzen. Der Wert des Antrags zu 1) bemesse sich nach den bis zum Ablauf der Zinsbindung geschuldeten Zinsen, sei allerdings begrenzt auf den 3,5fachen Jahresbetrag, sodass bei einem Darlehenssaldo von 68.689,84 EUR zum 28.11.2014 (Zeitpunkt des Widerrufs) und einem vereinbarten Zinssatz von 5,05% p.a. ein Betrag von nur 12.140,90 EUR anzusetzen sei. Hierzu sei der Antrag zu 2) zu addieren, sodass sich der beantragte Wert ergebe.
10 
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27.08.2015 der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt. Der Streitwert des Antrags zu 1) bemesse sich weder nach der kompletten Darlehenssumme, noch nach den bis zum Ablauf der Zinsbindung noch zu leistenden Zinsen, sondern nach der noch offenen Valuta. Denn das sei der Betrag, der bei weiterer ordnungsgemäßer Darlehensabwicklung zu leisten sei. Zudem werde damit der Streitgegenstand - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Darlehensvertrages - im Blick behalten.
II.
11 
Die Streitwertbeschwerde der Beklagten, mit der diese eine Herabsetzung des vom Landgericht auf 52.147,53 EUR festgesetzten Streitwerts auf 18.096,33 EUR begehrt, ist zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). In der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG von Amts wegen auf 14.800,09 EUR festzusetzen.
12 
1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten - wie der vorliegenden - hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist dabei - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet - nach dem tatsächlichen Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH, Beschluss vom 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 16 unter „Feststellungsklage“). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
13 
a) Für den Streit um die Wirksamkeit eines vom Darlehensnehmer erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärungen hat das zunächst zur Folge, dass der Streitwert eines korrespondierenden Feststellungsantrags weder pauschal im Nettodarlehensbetrag noch in der noch offenen Darlehensvaluta gesehen werden kann.
14 
Denn anders als bei einer Klage auf Feststellung, dass ein Darlehensvertrag unwirksam ist (dazu Senat, OLGR Karlsruhe 2005, 353), geht es dem widerrufenden Darlehensnehmer hier nicht darum, die (noch nicht getilgte) Darlehensvaluta überhaupt nicht (mehr) zurückführen zu müssen. Der Darlehensvertrag wandelt sich vielmehr infolge des Widerrufs gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB unmittelbar in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, kraft dessen der Darlehensnehmer - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 358 BGB - in gleicher Weise wie beim Fortbestehen des Kreditvertrages verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zu erstatten. Das tatsächliche Interesse des Darlehensnehmers, der die Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs begehrt, liegt deshalb nicht darin, von der Rückzahlung des Darlehens befreit zu werden (ebenso OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 3; Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15, juris Rn. 10 f.; Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 16; Beschluss vom 29.04.2015 - 6 U 141/14, juris Rn. 3; Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15, juris Rn. 7; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 6).
15 
b) Das wirtschaftliche Interesse des Widerrufenden besteht vielmehr jedenfalls darin, sich für die Zeit nach dem Widerruf bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist die vertraglich vereinbarten Zinsen zu ersparen (so auch OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 4; Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15, juris Rn. 12; Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 17; Beschluss vom 29.04.2015 - 6 U 141/14, juris Rn. 5; Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15, juris Rn. 7; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 6).
16 
aa) Dass er gegebenenfalls das Darlehen umschulden und infolgedessen bei einem anderen Kreditinstitut in der derzeitigen Niedrigzinsphase (wohl) geringere Zinsen erbringen wird, mindert den Streitwert insofern nicht. Denn abgesehen davon, dass die günstigeren Konditionen dem Gericht in den seltensten Fällen bekannt sind, beeinflusst das extrinsische Motiv für den Widerruf (Partizipation am aktuellen Zinsniveau) nicht den Streitwert eines Feststellungsantrages (in diese Richtung auch Rogoz, BKR 2015, 228, 231).
17 
bb) Hat die Bank allerdings bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet und verlangt oder ist diese gar schon an das Kreditinstitut gezahlt worden, besteht das Interesse des Widerrufenden auch in dem Bestreben, diese nicht leisten zu müssen bzw. zurückzuerhalten (vgl. insoweit auch OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 5; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 7). Da ein Darlehensnehmer aber nur entweder das Vorfälligkeitsentgelt (bei vorzeitigem Entlassen aus dem Vertrag) oder die vertraglich vereinbarten Zinsen bis zum Ablauf der Zinsbindung (bei Festhalten am Vertrag), nie aber beides zusammen schuldet, ist in einem solchen Fall der jeweils höhere Betrag von beiden für den Streitwert maßgeblich.
18 
cc) Entgegen der Auffassung der Oberlandesgerichte Stuttgart und Celle (OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 4; Beschluss vom 30.04.2015 - 6 W 25/15, juris Rn. 13; Beschluss vom 14.04.2015 - 6 W 23/15, juris Rn. 18; Beschluss vom 29.04.2015 - 6 U 141/14, juris Rn. 5f.; Beschluss vom 28.01.2015 - 9 U 119/14, juris Rn. 12; OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 W 48/15, juris Rn. 5) kommt eine Deckelung nach § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der zu leistenden Vertragszinsen dabei nicht in Betracht.
19 
§ 9 ZPO erfasst zwar allgemein den Wert eines Rechts auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen, wobei die Klageart keine Rolle spielt, sodass beispielsweise auch Leistungsklagen auf Mieterhöhungen oder positive oder negative Feststellungsklagen unter die Vorschrift fallen (vgl. BGH, Beschluss vom 17.05.2000 - XII ZR 314/99, NJW 2000, 3142 Rn. 6). Wie unter bb) dargestellt, ist aber dann, wenn der Betrag der Vorfälligkeitsentschädigung größer als die noch geschuldeten Restzinsen ist bzw. wenn das Darlehen seitens der Bank bereits gekündigt wurde, der höhere Betrag der Vorfälligkeitsentschädigung für den Streitwert maßgeblich (so auch OLG Stuttgart, WM 2015, 1147 Rn. 5). In diesem Fall scheidet eine Deckelung über § 9 ZPO indes von vornherein aus, da der Anwendungsbereich der Vorschrift schon nicht eröffnet ist. Eine unterschiedliche Streitwertfestsetzung je nachdem, ob - zufällig - das Vorfälligkeitsentgelt nach § 502 BGB (keine Deckelung) oder der noch ausstehende Zinsbetrag höher ist (Deckelung), erscheint nicht angemessen (ohne diese Beschränkung auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 8).
20 
c) Das Interesse des widerrufenden Darlehensnehmers erschöpft sich aber unter Umständen nicht darin, für die Zukunft die vereinbarten Zinsen bis zum Ende der Bindungsfrist bzw. eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht erbringen zu müssen.
21 
Denn ihm ist es für den Fall, dass Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten ist, nach § 346 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BGB ferner gestattet nachzuweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war, d.h. er kann geltend machen, der Vertragszinssatz übersteige den bei Vertragsschluss am Markt erhältlichen Zinssatz. In diesem Fall umfasst sein Feststellungsantrag auch noch den - von ihm freilich darzulegenden und - sich aus der Zinsdifferenz ergebenden Betrag, den der Widerrufende seiner Ansicht nach in der Vergangenheit zu viel entrichtet hat (vgl. auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.07.2015 - 7 W 33/15, juris Rn. 7).
22 
Daneben kann in dem Feststellungsantrag auch noch der Betrag enthalten sein, der dem Anspruch des widerrufenden Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz auf die bereits geleisteten Annuitäten entspricht. Diesen hat der Kläger im Streitfall allerdings aus Antrag zu 1) herausgelöst und in seinem - daher zu addierenden - Leistungsantrag zu 2) beziffert.
23 
2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich im Streitfall ein - neben den Antrag zu 2) in Höhe von 5.955,43 EUR tretender - Wert des Antrags zu 1) in Höhe von 8.844,66 EUR, sodass sich ein Gesamtstreitwert von 14.800,09 EUR ergibt.
24 
Denn die auf die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (§ 40 GKG) am 27.03.2015 offene Restvaluta von 52.147,23 EUR (I 21) bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist am 30.11.2023 (= 8 Jahre und 8 Monate; vgl. Anlage K3) entfallenden Zinsen betragen bei einer monatliche Rate von 806,67 EUR (I 7) und einem jährlichen Zinssatz von 5,05% unter Berücksichtigung der während dieser Zeit erfolgenden Tilgungen (insoweit abweichend von der Berechnung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 13.08.2015, II 193) und ohne Begrenzung auf den 3,5fachen Jahresbetrag 8.844,66 EUR.
25 
Eine (höhere) Vorfälligkeitsentschädigung steht ebenso wenig in Rede wie ein infolge Abweichens des Marktzinses vom Vertragszins für die Vergangenheit zu viel entrichteter Zinsbetrag.
III.
26 
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
27 
Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde kam wegen § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG nicht in Betracht.
28 
Der Beschwerdewert errechnet sich aus der Differenz der Gerichts- und Anwaltsgebühren, mit denen der Beschwerdeführer, bezogen auf den festgesetzten und den angestrebten Streitwert, belastet wird (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.01.2005 - 15 W 29/04, JurBüro 2005, 542; Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 68 GKG Rn. 6 m.w.N.). Bei der Vergleichsberechnung der jeweiligen Gerichts- und Anwaltsgebühren aus einem Streitwert von einerseits 52.147,53 EUR (10.460,33 EUR) und andererseits 18.096,33 EUR (5.707,95 EUR) ergibt sich, soweit die Beklagte durch die Kostengrundentscheidung beschwert ist, ein Differenzbetrag von 4.752,38 EUR.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.