Landgericht Magdeburg Urteil, 06. Okt. 2017 - 24 KLs 901 Js 14285/13 (5/16), 24 KLs 5/16

bei uns veröffentlicht am06.10.2017

Tenor

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Landeskasse, der auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten auferlegt werden.

Gründe

I.

1

Mit Anklage der Staatsanwaltschaft H vom 11. Februar 2014 (Aktenzeichen: 901 Js 14285/13) wurde dem Angeklagten vorgeworfen, am 1. Dezember 2012 in H (S) durch 3 rechtlich selbständige Handlungen die ihm durch Gesetz eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hatte, einen Nachteil zugefügt zu haben, wobei er seine Befugnisse als Amtsträger missbraucht haben soll.

2

Der Anklagesatz lautet weiter wie folgt:

3

"Der Angeschuldigte trat am 1. Dezember 2012 sein Amt als gewählter Oberbürgermeister der Stadt H (S) an. Am gleichen Tag schloss er Arbeitsverträge mit von ihm ausgesuchten und ihm genehmen Personen zur Besetzung seines Mitarbeiterstabes ab 1. Dezember 2012, nämlich mit

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- Frau Sabine E als Büroleiterin des Angeschuldigten in der Entgeltgruppe 15 TVöD,
5
- Frau Martina W als Referentin für Sicherheit und Ordnung
(wissenschaftliche Sachbearbeiterin) mit der Entgeltgruppe 13 TVöD und
6
- Herrn Oliver P als Referent für strategische Grundsatzfragen
in der Entgeltgruppe 14 TVöD,

7

wobei er in den auf seine Amtszeit befristeten Arbeitsverträgen jeweils die Eingruppierung in die Erfahrungsstufe 5 festschrieb und damit den vorgenannten Mitarbeitern wirksam zusicherte.

8

Der Stellenbesetzung lag in keinem Fall eine interne oder externe Ausschreibung zu Grunde. Der Angeschuldigte suchte sich vielmehr zielgerichtet Personen aus, die ihn bereits in der Vergangenheit unterstützt hatten, und beförderte sie unter Berufung auf die Notwendigkeit eines besonderen Vertrauensverhältnisses in die vorgenannten Ämter. Dabei handelte er unter bewusster Abweichung von üblichen Eingruppierungsverfahren. Dem Angeschuldigten war weiter bewusst, dass die Beschäftigten weder über eine einschlägige Berufserfahrung für die konkret zu besetzenden Stellen verfügten, noch dass ein unabweisbarer Personalbedarf im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD vorlag.

9

Die Beschäftigten hätten daher - nach Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens - bei Einstellung der Erfahrungsstufe 1 zugeordnet werden müssen. Durch die pflichtwidrige Zusicherung der Erfahrungsstufe 5 in den jeweiligen Arbeitsverträgen hat der Angeschuldigte das Vermögen der Stadt H als Anstellungsträger in Höhe der Differenz zwischen der Vergütung der jeweiligen Entgeltgruppe von Stufe 5 zu Stufe 1 vorsätzlich zumindest schadensgleich gefährdet. Unter Berücksichtigung des frühstmöglichen Stufenaufstiegs und ausgehend von den Tarifbedingungen des Jahres 2014 beläuft sich dieser Gefährdungsschaden hinsichtlich der Zeugin W auf 97.718,93 €, hinsichtlich des Zeugen P auf 95.284,69 € und hinsichtlich der Zeugin E auf 97.453,52 €. Dies summiert sich zu einem Gesamtgefährdungsschaden in Höhe von 290.457,14 € auf, welcher sich durch die Gehaltszahlungen an die drei Beschäftigten monatlich fortschreitend realisiert und durch den Angeschuldigten zumindest billigend in Kauf genommen wird.

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Vergehen der Untreue, strafbar gemäß den §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 Abs. 1 StGB."

11

Mit Urteil der 2. großen Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts H vom 9. Februar 2015 (Aktenzeichen: 2 KLs 901 Js 14285/13 - 3/14 -) wurde der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

12

Mit Urteil des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 24. Mai 2016 (Aktenzeichen: 4 StR 440/15) wurde auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgerichts H vom 9. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wurde zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen, wobei hierzu durch Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg der Staatsanwaltschaft H die Wahrung der Prozessvertretung vor dem Landgericht Magdeburg übertragen wurde.

II.

13

Die erneute Hauptverhandlung hat zu folgenden Feststellungen geführt:

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1. Zur Person des Angeklagten:

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Der Angeklagte wurde am ... in B geboren. Nach Einschulung in S besuchte er als weiterführende Schule das Lessing-Gymnasium in B, wo er 1976 das Abitur ablegte. In den Jahren 1976 bis 1978 leistete er den Wehrdienst ab und schlug als Soldat auf Zeit die Offizierslaufbahn ein. Als Oberfähnrich verließ er die Bundeswehr im Jahr 1978. Anschließend arbeitete er als Angestellter beim G Verlag in B. 1979 begann der Angeklagte ein duales Studium, welches er 1982 als Diplomverwaltungswirt abschloss. Er blieb auch danach beim Landkreis W als seiner Ausbildungsstelle beschäftigt und wurde bis zum Jahr 1990 im Ordnungs- und Straßenverkehrsamt eingesetzt. Als Oberinspektor war er zuletzt als stellvertretender Amtsleiter im Straßenverkehrsamt mit rund 30 Mitarbeitern tätig. Nebenamtlich unterrichtete er zu dieser Zeit schon an der N Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in B, insbesondere die Fächer Finanz- und Polizeirecht. 1990 wurde der Angeklagte hauptamtlicher Dozent an der N Fachhochschule.

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Der Angeklagte bekam 1992 das Angebot der Fachhochschule Harz, Abteilung Halberstadt, dort hauptamtlich als Dozent tätig zu werden. Stellenmäßig wurde er zunächst als Beamter des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt als Regierungsoberamtsrat geführt und hatte dadurch die Möglichkeit, in den höheren Dienst aufzusteigen. 1992 wurde er zum Regierungsrat, 1993 zum Oberregierungsrat und 1994 zum Regierungsdirektor ernannt. Im Jahre 2001 promovierte der Angeklagte an der juristischen Fakultät der Martin-LutherUniversität H-W (S) zum Thema: "Der Anspruch konkurrierender Parteien auf Nutzung von Stellplätzen in einer Fußgängerzone - eine Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der Gleichbehandlung des § 5 Parteiengesetz". Die Berechtigung zu dieser Promotion hatte er durch die Ablegung zweier juristischer Seminarscheine erlangt.

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Der Angeklagte ist Mitkommentator eines Kommentars der Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt (W/G: Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt).

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Mit Wirkung zum 1. Mai 2008 wurde der Angeklagte im ersten Wahlgang zum Beigeordneten der Stadt H (S) für den Bereich Sicherheit und Ordnung gewählt.

...

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Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.

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2. Geschehen bis zum Amtsantritt des Angeklagten als Oberbürgermeister der Stadt H (S) am 1. Dezember 2012:

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In einer Stichwahl am 15. Juli 2012 wurde der Angeklagte als parteiloser Kandidat im zweiten Wahlgang mit einem Wahlergebnis von 52,92 % zum Oberbürgermeister der Stadt H (S) gewählt. Er löste damit Dagmar S (SPD) ab, die altersbedingt zum 30. November 2012 aus dem Amt ausschied.

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Im Jahr 2012 durfte die Stadt H (S) aufgrund deren prekärer Haushaltssituation und Finanzlage nur noch im Rahmen einer vorläufigen Haushaltsführung agieren. Seitens der Kommunalaufsicht drohte die Einsetzung eines Zwangsverwalters und damit eine Einschränkung der Handlungsfähigkeit der Kommune.

23

Der Angeklagte propagierte im Wahlkampf 2012 eine Verwaltungsreform, die insbesondere darauf abzielen sollte, den Personalbestand der Stadtverwaltung H (S) von damals rund 3.000 Mitarbeitern drastisch zu reduzieren und die Verwaltung zum Zwecke des Personalabbaus auch organisatorisch umzustrukturieren. Der Angeklagte erhoffte sich davon sowohl erhebliche Einsparungen von Personalkosten als auch eine neue, effizientere und bürgernähere Verwaltungsstruktur.

24

Sowohl sein Parteiaustritt aus der SPD als auch dieses Wahlprogramm führten zu erheblichen kommunalpolitischen Spannungen zwischen dem Angeklagten und seiner Amtsvorgängerin S (SPD), aber auch in seinem Verhältnis zu den Stadträten des Stadtrates der Stadt H (S). Seine Ankündigungen von personellen und strukturellen Veränderungen sorgten bei vielen Bediensteten innerhalb der Stadtverwaltung H (S) für beachtliche Vorbehalte sowie erhebliches Misstrauen und Widerstand gegenüber dem neu gewählten, aber noch nicht amtierenden Oberbürgermeister.

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a) Die Suche nach geeignetem Personal:

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Der Angeklagte begann unmittelbar nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister mit der Suche nach Mitarbeitern für seinen engsten Mitarbeiterstab.

27

Die Amtsvorgängerin hatte ihrem Büro u.a. eine Büroleiterin, einen persönlichen Referenten, einen Grundsatzreferenten und einen Referenten für Europaangelegenheiten zugeordnet.

28

Um das Ziel seiner Verwaltungsreform zu realisieren, strebte der Angeklagte eine Personalstruktur an, die vier eng mit dem Oberbürgermeister zusammenarbeitende Personen vorsah.

29

Zu besetzen waren nach der Konzeption des Angeklagten eine Stelle mit der Entgeltgruppe E 15, eine Stelle mit der Entgeltgruppe E 14 und zwei mit der Entgeltgruppe E 13 nach TVöD (VKA), nämlich eine Stelle für den Leiter des Oberbürgermeisterbüros mit strategischer Steuerung (E 15), eine Stelle für einen persönlichen Referenten (E 13), eine Stelle für einen Referenten für politische Grundsatzfragen, insbesondere als Schnittstelle zum Stadtrat und anderen politische Organisationen (E 14,) sowie eine Stelle eines Referenten für Sicherheit und Ordnung (E13).

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Letztgenannte Stelle war für den Angeklagten deshalb von besonderer Bedeutung, da der Angeklagte als ehemaliger Beigeordneter für Sicherheit und Ordnung diesen kommunalen Aufgabenbereich als einen zentralen Schwerpunkt seiner kommenden Amtsführung und seiner beabsichtigten Strukturreformen ansah.

31

Im Stellenplan der Stadt H (S) waren diese Beschäftigtenstellen im Jahr 2012 vorhanden.

32

Sie standen für den Stellenbewerber für höchstens sieben Jahre zur Verfügung und bargen für den jeweiligen Stelleninhaber somit das Risiko, jederzeit die befristete Beschäftigung bei einem vorzeitigen Rücktritt des Oberbürgermeisters zu verlieren. Dem Angeklagten war bewusst, dass die Besetzung dieser Stellen wegen deren Konzeption und Ausgestaltung schwierig werden würde.

33

Um die aus seiner Sicht zwingend notwendigen oben genannten Stellen zu besetzen, sprach der Angeklagte interne Mitarbeiter der städtischen Verwaltung an, welche teilweise langjährig bei der Stadt H (S) beschäftigt und dabei in verschiedenen Spitzenpositionen tätig waren. Auch Stadträte und externe Fachkräfte - sowohl innerhalb der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts als auch freiberuflich tätige Personen - versuchte er nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister, für seinen Mitarbeiterstab zu gewinnen.

34

So versuchte der Angeklagte bereits kurz nach seiner Wahl Polizeioberrat T für die Besetzung der Stelle des Referenten für Sicherheit und Ordnung zu gewinnen ... . Polizeioberrat T sagte dem Angeklagten zunächst jedoch weder zu noch ab. Vielmehr erbat er sich eine Bedenkzeit, die sich trotz mehrfacher persönlicher Gespräche und Treffen bis in den Herbst 2012 ergebnislos hinzog.

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Im August 2012 bot der Angeklagte dem Diplombiologen ... P an, Referent für Grundsatzangelegenheiten als Schnittstelle von Politik und Verwaltung zu werden.

...

36

Am 1. Juli 2012 hatte er sich bei der Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt H (S) im ersten Wahlgang noch als Gegenkandidat zu dem Angeklagten gestellt.

37

Oliver P erschien die ihm von dem Angeklagten angebotene Stelle interessant, insbesondere weil er als Vertreter des Oberbürgermeisters bundesweit im Städte- und Gemeindebund tätig sein sollte. Allerdings erbat er sich bis in den Herbst Bedenkzeit.

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Im September 2012 offerierte der Angeklagte Sabine E die Stelle als seine Büroleiterin. Sabine E erbat sich ebenfalls Bedenkzeit. Nach einigen Rücksprachen mit der damaligen Büroleiterin Christine H sagte sie zu, allerdings unter der Bedingung, finanziell mit dem Gehalt ihrer Vorgängerin gleichgestellt zu werden. Christine H wurde nach Entgeltgruppe E 15 Erfahrungsstufe 6 vergütet.

...

39

Im Herbst 2012 sprach der Angeklagte den ehemaligen .des Landes Sachsen-Anhalt, ..., an, ob dieser in seinem Team mitarbeiten würde, der jedoch das Angebot des Angeklagten ablehnte.

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Auch dem Leitenden Stadtverwaltungsdirektor bot der Angeklagte eine Stelle an. Dieser sagte dem Angeklagten ebenfalls ab.

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Anfang Oktober 2012 signalisierte Oliver P dem Angeklagten sein konkretes Interesse an einer Zusammenarbeit. Er teilte dem Angeklagten in einer E-Mail mit, dass er sich durch den beruflichen Wechsel und die damit verbundene Aufgabe seiner Tätigkeiten .... insgesamt finanziell nettomäßig nicht verschlechtern wolle. Dabei forderte er die Zusicherung der Entgeltstufe 4, weil es nach seiner Vorstellung bereits dann zu einer vergleichbaren Nettovergütung gekommen wäre.

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In der Mail vom 1. Oktober 2012 heißt es:

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"Hallo Bernd,
ich habe noch einen Punkt, den wir klären müssen, bevor ich Dir eine Zusage zum Wechsel geben kann. Ich hatte dir schon von zu vermeidenden Mindereinnahmen erzählt. Daher die direkte Frage, ob ich im neuen Vertrag meine jetzige Stufe vier in der Entgeltgruppe 14 behalten kann oder ob dem irgendetwas entgegensteht. ... Könntest du mir die Stufe vier zusichern?
Bis später dann und beste Grüße
Oliver"

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Mitte Oktober 2012 informierte der Angeklagte den Bürgermeister Egbert G als Stellvertreter der damaligen, im Urlaub befindlichen Oberbürgermeisterin S über Verwaltungsstrukturänderungen. Der Bürgermeister G war neben seiner Stellvertreterfunktion für die Oberbürgermeisterin auch als Dezernent der Abteilung I für das Personalamt der Stadt H (S) zuständig, welches von Jana U und als deren Stellvertreter Matthias T geleitet wurde.

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Ende Oktober 2012 fragte der Angeklagte auch die seit den 1990iger Jahren in der Stadtverwaltung H (S) als Organisatorin, Modernisiererin und Haushaltskonsolidiererin tätige und in diesem Bereich besonders erfahrene Christine H in einem persönlichen Gespräch an, ob sie bereit sei, für ihn als Büroleiterin zu arbeiten. Der Angeklagte hielt Christine H deshalb für besonders geeignet, weil sie zuletzt schon als Büroleiterin für seine Amtsvorgängerin arbeitete. Christine H erbat sich Bedenkzeit.

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Im November 2012 lehnte Christine H das Angebot des Angeklagten jedoch ab.... Sie ging daher kurzfristig in den vorzeitigen Ruhestand.

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Noch vor November 2012 hatte auch Polizeioberrat T dem Angeklagten definitiv abgesagt, für diesen als Referent für Sicherheit und Ordnung zur Verfügung zu stehen. ...

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Ab Mitte November 2012 verstärkte der Angeklagte seine Anstrengungen zur Personalgewinnung, da er durch die Absage von Polizeioberrat T befürchtete, nicht rechtzeitig ausreichend Personal zum Amtsantritt zu finden.

49

So bot der Angeklagte dem seit 1992 bei der Stadt (H) u. a. 6 Jahre als Jugendamtsleiter und anschließend seit April 2011 als Leiter der Ausländerbehörde in Leitungsfunktionen tätigen Stadtamtsrat Z eine Führungsposition im Rahmen seiner Verwaltungsumstrukturierung an. Auch dieser sagte dem Angeklagten ab. Grund hierfür war, ...

50

In der Woche ab dem 19. November 2012 fragte der Angeklagte auf der weiteren Suche nach qualifiziertem Personal für die Referentenstelle für Sicherheit und Ordnung auch den Volljuristen und Rechtsanwalt H an, welcher eine selbständige Rechtsanwaltskanzlei betrieb. In diesem Gespräch wies der Angeklagte auf seine nunmehr schon prekären Personalnöte rund 10 Tage vor Amtsantritt hin und legte diesem auch die Absage des zuvor angesprochenen Kandidaten T offen. Der Angeklagte nannte bei dieser Unterredung dem reserviert und zurückhaltend reagierenden Rechtsanwalt H auch die beabsichtigte Vergütungsgruppe. Dieser Personalgewinnungsversuch des Angeklagten scheiterte, da der Rechtsanwalt H dem Angeklagten nach einer eintägigen Bedenkzeit mitteilte, dass er gleichfalls nicht für die Stelle als Referent für Sicherheit und Ordnung zur Verfügung stehen würde. Der Angeklagte befürchtete durch diese erneute Absage noch verstärkt, nunmehr ohne vollständigen Mitarbeiterstab sein Amt antreten zu müssen.

51

In dieser Situation trat der Angeklagte an die Rechtsanwältin Martina W heran und fragte sie, ob diese für die Stelle als Referentin für Sicherheit und Ordnung ab dem 1. Dezember 2012 zur Verfügung stehen würde.

...

52

Da Martina W die Chance einer beruflichen Veränderung im damaligen Alter von 52 Jahren und nach 20 Jahren selbständiger Tätigkeit reizte, signalisierte sie dem Angeklagten am 27. November 2012, dass sie die Stelle als Referentin für Sicherheit und Ordnung annehmen würde. Sie forderte dabei selbst keine bestimmte finanzielle Vergütung für die vorgesehene Tätigkeit.

53

Dr. Markus F wurde gleichfalls von dem Angeklagten angesprochen, ob er für ihn in seinem Führungsteam mitarbeiten wolle.. Dr. Markus F verfügte als Einziger der vier vorgesehenen Kandidaten weder über eine Verwaltungspraxis noch über sonstige kommunalpolitische Erfahrungen z.B. als Stadtrat.

54

Der Angeklagte entschloss sich zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im November 2012 die besetzbaren Stellen endgültig mit Sabine E als Büroleiterin, Dr. F als persönlichen Referenten, Oliver P als Grundsatzreferenten und Martina W als Referentin für Sicherheit und Ordnung zu besetzen. Hierzu prüfte der Angeklagte die Einstellungskonditionen und dabei auch die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA), wobei ihm die Einzelheiten dieser Prüfung nicht zu widerlegen waren.

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b) Die Beteiligung des Personalamtes und des Personalrates bis zum 1. Dezember 2012:

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In den Jahren 2007 bis 2012 wurden in der Stadtverwaltung H (S) insgesamt 225 externe Einstellungen vorgenommen.

57

Zum Zeitpunkt der Wahl des Angeklagten zum Oberbürgermeister im Juli 2012 als auch zu dessen Amtsantritt am 1. Dezember 2012 existierten in H (S) weder Ausschreibungsvorschriften für Einstellungen bei befristeten Stellen noch verbindliche Richtlinien, wie bei der Festlegung der Erfahrungsstufen 4 und 5 nach dem TVöD (VKA) verfahren werden soll.

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Der damals im Bereich "Personal" tätige Leitende Stadtverwaltungsdirektor Ralf B versuchte nach der tariflichen Umstellung des BAT, der auf das Lebensalter abstellte, durch den TVöD (VKA), welcher die Vergütung durch Erfahrungsstufen regelt, ein Arbeitspapier für die Personalsachbearbeiter zu entwickeln. So kam es zu einem Schreiben vom 28. April 2009 ("Stufenzuordnung bei Neueinstellungen"). Mit diesem Hinweispapier gab Ralf B den Personalsachbearbeitern nur bezüglich der Eingruppierung für die Erfahrungsstufen 1 bis 3 erste Orientierungspunkte. Es betraf jedoch nicht die Stufen 4 bis 5.

59

Zum Zeitpunkt der nachfolgend dargestellten Einstellungsentscheidung des Angeklagten am 1. Dezember 2012 existierte noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung seitens des Bundesarbeitsgerichts zu § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA), welches erst im Jahr 2014 durch Urteil vom 5. Juni 2014 (Az.: 6 AZR 1008/12) hierzu Stellung nahm. Insbesondere gab es mangels anhängiger Verfahren bei den Obergerichten auch noch keine rechtswissenschaftliche Diskussion zu § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA). Die Entstehung des neuen § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA) basierte darauf, dass die öffentlichen kommunalen Arbeitgeber versuchten, den damaligen Personalmangel im Öffentlichen Dienst in Konkurrenz zur freien Wirtschaft dadurch zu kompensieren, dass in Ausnahmefällen höhere Einstufungen als Anreiz für die Bewerber möglich gemacht werden sollten.

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In der Folge wurde diese damit geschaffene Möglichkeit auch in der Stadt H (S) umgesetzt, wie z.B. bei Stellenbesetzungen im Gebäudemanagement und im Bereich der Feuerwehr. Für diese Bereiche war es für die Stadt H (S) als Öffentlichem Dienst in Konkurrenz zur freien Wirtschaft derart schwierig, geeignetes Personal zu finden, dass in der Vergangenheit zwei externe Bewerber - der Immobilienmanager B und der Feuerwehrfachmann S - eingestellt wurden und diesen entsprechend deren beruflicher Vorerfahrungen die Erfahrungsstufe 5 zugebilligt wurde.

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Der Angeklagte traf sich am 19. Juli 2012 nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister zu einer Besprechung mit der Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats Simona K.

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Der Angeklagte wollte mit ihr über seine beabsichtigten Strukturreformen sprechen. Dabei fragte der Angeklagte bei der Gesamtpersonalratsvorsitzenden Simona K nach, wie die vorangegangenen Oberbürgermeisterwechsel personaltechnisch gehandhabt wurden. In diesem Gespräch äußerte der Angeklagte, dass er die Mitbestimmungen wahren will. Der Angeklagte bot auch der Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats Simona K an, in seinem Kompetenzteam mitzuarbeiten. Nach einer Woche Bedenkzeit lehnte sie - wie auch andere - jedoch das Angebot ab.

63

Im November 2012 reichte Sabine E nach ihrer Zusage ihre Personalunterlagen an Bürgermeister G weiter. Bei der Personalakte befanden sich schon aus ihrer vorangegangen Tätigkeit im Jahre 2009 für die Stadt H (S) ein Lebenslauf, diverse Zeugnisse und Referenzen, so dass sie nur einen Personalbogen mit Datum 21. November 2012 einreichte.

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Oliver P hatte am 21. November 2012 seine Personalunterlagen über Sabine E beim Personalamt abgegeben. Diese einzelnen Unterlagen bestanden aus einem handschriftlich ausgefüllten Personalfragebogen, einem tabellarischen Lebenslauf sowie einem Führungszeugnis.

65

Am 23. November 2012 informierte Matthias T als amtierender Amtsleiter im Amt für Organisation und Personalservice der Stadt H (S) den Personalrat als zuständiges Personalvertretungsgremium, dass beabsichtigt sei, Sabine E für die Dauer der Amtszeit des Oberbürgermeisters Dr. Bernd einzustellen.

66

Am 28. November 2012 tagte der Personalrat. Der Angeklagte war in der Zeit von 8:10 Uhr bis 9:45 Uhr bei dieser Personalratssitzung anwesend. Der Angeklagte stellte sein gesamtes Personalkonzept vor.

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Zum Tagesordnungspunkt 3 dieser Sitzung ist festgehalten:

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"Notwendige Personalmaßnahmen im OB-Büro zum Amtsträgerwechsel Frau S - Herr Dr. W zum 1.12.2012:

Künftiges OB-Büro:

- Alle Stellen sind besetzt, d.h. wenig Spielraum für Herrn Dr. W derzeit
- ist deshalb nicht arbeitsfähig
- will vier Stellen ohne Ausschreibung besetzen, soll durch PR mitgetragen werden
- will nur Mitbestimmung für diese vier Stellen am 12.12.2012 einreichen ohne Ausschreibung
- Stelle Frau H (EG 15) wird zum 1.12.2012 frei - zukünftige Besetzung mit Frau E
- Stelle Herr R (EG 14) - Referentenstelle, Stelle wird frei durch Umsetzung in das Rechtsamt als stellvertretender Amtsleiter - Besetzung mit Herrn P
- Herr Dr. F (von der FAZ) als Pressesprecher - Stelle aus Dezernat I – frei
- Frau W wird Mitarbeiterin Büro OB - Stelle Grundsatzreferentin des Dezernates III – frei
- Herr Dr. W nutzt für die Besetzung auch Stellen aus anderen Bereichen"

69

Nachdem der Angeklagte die Personalratssitzung verlassen hatte, diskutierte der Personalrat die Erfolgsaussichten einer Klageerhebung mit dem Ziel, die vorgenannten Einstellungen zu verhindern und fasste zwei Beschlüsse.

70

Mit Beschluss Nr. 290 stimmte der Personalrat mit 10 zu 1 Stimmen gegen eine entsprechende Klageerhebung. Es heißt dazu:

71

"Ergebnis der Diskussion: In der Diskussion werden die tatsächlichen Möglichkeiten und Rechtsfolgen einer Klageerhebung dargestellt. Daraus ergibt sich, dass die Einstellungen grundsätzlich nicht verhindert werden können."

72

Den zweiten Antrag, die Mitbestimmung nachträglich einzufordern, lehnten 10 Mitglieder des Personalrates gegen 1 Stimme mit Beschluss Nr. 291 ab.

73

Am 29. November 2012 erörterte der Angeklagte mit dem Bürgermeister G die von ihm vorgetragene Frage der Einstellung externer Mitarbeiter. Daraufhin formulierte Bürgermeister G noch am 29. November 2012 unter dem Betreff "Besetzung im Büro des Oberbürgermeisters" ein Schreiben an den Angeklagten in seiner Funktion als damaliger Beigeordneter, welches der Angeklagte noch am gleichen Tag erhielt. In diesem Schreiben bestätigte er den Eingang von entsprechenden Personalunterlagen bezüglich der Einstellung von Sabine E bei dem Personalrat. Er warnte aufgrund der aktuellen Haushaltskonsolidierung der Stadt H (S) und der bestehenden vorläufigen Haushaltsführung den Angeklagten vor dessen beabsichtigten strukturellen Änderungen. Externe neue Anstellungen seien nur umsetzbar, soweit sie sich im Rahmen des derzeitigen Stellenplans bewegen würden, weder neue Stellen erforderlich seien noch Höhergruppierungen vollzogen werden müssten und gleichzeitig gegebenenfalls neue Personalüberhänge entstehen würden.

74

Wörtlich ist dem Schreiben ferner zu entnehmen:

75

"Darüber hinaus sind bei allen Personaldispositionen das Beamten-, Tarif- und Arbeitsrecht sowie das Mitbestimmungsrecht einzuhalten. Jede dem Beamten-, Tarif- und Arbeitsrecht sowie Personalvertretungsrecht zuwiderlaufende Entscheidung ist rechtswidrig".

76

Das Schreiben schließt mit den Worten:

77

"Selbstverständlich steht es Ihnen als Oberbürgermeister frei, sowohl die Verwaltung umzustrukturieren, als auch einen persönlichen Mitarbeiterstab zu wählen. Meine Loyalität Ihnen und Ihrem Amt gegenüber gebietet es aber auch, Sie sowie die Stadt H vor möglichen Schäden zu schützen."

78

In einem sich anschließenden persönlichen Gespräch noch Ende November 2012 wies Matthias T den Angeklagten auf das Schreiben des Bürgermeisters G vom 29. November 2012 hin. In diesem Gespräch wurde die Thematik der Erfahrungsstufen jedoch nicht erörtert.

79

In einem Schreiben vom 29. November 2012 forderte Matthias T Sabine E auf, ergänzende Angaben in einem Personalfragebogen zu tätigen.

80

Martina W reichte unmittelbar vor dem 1. Dezember 2012 ihren Lebenslauf und ihr Diplom bei dem Personalamt ein.

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3. Zum Amtsantritt am 1. Dezember 2012 und zur Einstellung von Sabine E, Oliver P, Martina W und Dr. Markus F:

82

Am Tage des Dienstantrittes am 1. Dezember 2012, einem Samstag, lud der Angeklagte nicht nur Sabine E, Oliver P, Martina W und Dr. Markus F zu sich in das Rathaus in sein Dienstzimmer. An dieser Besprechung nahmen auch noch weitere Personen teil, so der amtierende Hauptamtsleiter Prof. Dirk F und der 17 Jahre als Leiter des Jugendamtes tätige Lothar R, welcher nach Rückkehr aus dem vorzeitigen Ruhestand 2012 zum Wirtschaftsdezernent ernannt wurde.

83

In einer ca. 1 bis 1 1/2stündigen Besprechung, bei der der Angeklagte Sabine E, Oliver P, Martina W und Dr. Markus F eröffnete, dass er beabsichtige, den Arbeitsvertrag mit diesen zu schließen, erläuterte der Angeklagte gleichzeitig allen Anwesenden anhand von ihm ausgedruckter Arbeitsverträge die Konditionen der beabsichtigten Arbeitsverträge. Dabei begründete er die von ihm für jeden einzelnen der Kandidaten vorgesehenen Erfahrungsstufen in den Entgeltgruppen. Der Angeklagte erläuterte allen Anwesenden, dass er beabsichtige, Sabine E, Oliver P und Martina W jeweils in die Erfahrungsstufe 5, Dr. Markus F nur in die Erfahrungsstufe 2 einzugruppieren, da er im Gegensatz zu den drei anderen Kandidaten keine Verwaltungs- oder Kommunalpolitikerfahrung besaß.

84

Zum Ende dieser Dienstberatung trug der Angeklagte in die Arbeitsverträge bei Sabine E, Oliver P und Martina W als Erfahrungsstufe jeweils die Stufe 5, bei Dr. Markus F die Stufe 2 ein.

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Am gleichen Tag erließ der Angeklagte für die geplante Strukturreform die Dienstanweisung Nr. 1. Der Angeklagte setzte mit dieser Dienstanweisung vorangegangene Verfügungen seiner beiden Amtsvorgängerinnen außer Kraft. So wurden in dieser Dienstanweisung Nr. 1 die Urlaubs- und Vertretungsregelungen neu gefasst und bisher erteilte Vollmachten widerrufen.

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4. Das weitere Geschehen:

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a) Die weitere Beteiligung des Personalrats und das Einigungsstellenverfahren:

88

Am 10. Dezember 2012 forderte Simona K als Personalratsvorsitzende von dem neu eingerichteten Fachbereich Verwaltungsmanagement die Unterlagen zur Stellenmitbestimmung für die nächste turnusmäßige Sitzung an.

89

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 stellte der nunmehr mit den Personalfragen betraute Prof. F die Unterlagen zur Übersendung an den Personalrat zusammen. Prof. F hatte hierzu - im Zusammenhang mit der Dienstanweisung Nr. 1 - entsprechende Personalvollmachten erteilt bekommen.

90

Die Personalratssitzung fand am 12. Dezember 2012 statt. In dieser Personalratssitzung, an der Simona K urlaubsbedingt fehlte, wurde bezüglich Martina W mit neun Zustimmungen und einer Enthaltung, bezüglich Oliver P mit acht Zustimmungen und zwei Enthaltungen und bezüglich Sabine E mit neun Zustimmungen und einer Enthaltung jeweils der Beschluss gefasst, dass den befristeten Einstellungen nicht zugestimmt wird, da die Stufenzuordnungen ebenfalls der Mitbestimmung unterliegen würden. Es fehlten nach Auffassung des Personalrates Nachweise bzw. Unterlagen, ob entsprechend der Vereinbarung "Stufenzuordnung bei Neueinstellungen" die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Stufe 5 erfüllt seien. Darüber hinaus würde die erforderliche Stellenbeschreibung fehlen.

91

Seitens des Fachbereiches Verwaltungsmanagement erfolgte zunächst keine Reaktion. Die Vergütung der neu eingestellten Beschäftigten wurde seitens des Personalbereiches veranlasst.

92

Erst am 1. März 2013 erfolgte unter dem Betreff "2. Einreichung" eine erneute Beteiligung des Personalrates zur Einstellung und der Eingruppierung von Sabine E, Oliver P und Martina W. Diesen Einreichungen an den Personalrat wurden jeweils nur Stellenbeschreibungen beigefügt.

93

In der Sitzung am 6. März 2013 beschloss der Personalrat mit sieben Zustimmungen und einer Enthaltung bezüglich Sabine E, mit sieben Stimmen und einer Enthaltung bezüglich Martina W und bezüglich Oliver P mit acht Zustimmungen und einer Enthaltung, dass einer Zuordnung der jeweiligen Beschäftigten zur Stufe 5 durch die Personalvertretung nach wie vor nicht zugestimmt werden könne.

94

Es kam daher nach § 64 PersonalvertretungsG des Landes Sachsen-Anhalt zu einem Einigungsstellenverfahren, welches am 6. und 7. Mai 2013 unter dem Vorsitz von Rechtsanwalt E zwischen der Dienststelle und dem Personalrat der Stadt H (S) stattfand.

95

In dem Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 6. Mai 2013 legte der Vorsitzende Rechtsanwalt E einen Vergleichsvorschlag nieder, welcher als Kompromiss die Erfahrungsstufe 4 vorsah:

96

In diesem Vorschlag heißt es:

97

"Der Einigungsstellenvorsitzende regt an, dass die in Rechtsstreitigkeiten oft angewandte Einigungsmöglichkeit, sich pauschal in der Mitte zu treffen, ebenfalls in Betracht gezogen werden sollte. Dies würde ausgehend davon, dass der Personalrat als Entgegenkommen der Stufe drei zugestimmt hätte, jeweils Stufe vier bedeuten. Eine solche Einigung würde die Konflikte im Mitbestimmungsverfahren gütlich beilegen. Sie hätte darüber hinaus aber keine Aussagekraft darüber, welche Stufe im konkreten Fall unter Anwendung des Tarifvertrages tatsächlich zutreffend ist."

98

Dieser Vorschlag des Vorsitzenden der Einigungsstelle wurde von der Dienststelle und dem Angeklagten akzeptiert, jedoch von Seiten des Personalrates abgelehnt.

99

Daraufhin arbeitete die Fachanwältin für Arbeitsrecht Beate K, welche bereits für den Arbeitgeber Mitglied des Einigungsstellenverfahrens war, den Entwurf einer qualifizierten Begründung aus.

100

Hierzu erhielt die Rechtsanwältin durch Prof. Dirk F den Auftrag, die Rechtslage aufzubereiten. Sie bekam zu dieser Prüfung die entsprechenden Unterlagen sowohl von dem Dienstherrn als auch von dem Personalrat. Rechtsanwältin K erarbeitete dieses Konzept einer qualifizierten Begründung, ohne hierzu vorher mit dem Angeklagten über den Inhalt Rücksprache genommen zu haben. Die Rechtsanwältin erhielt für diese Tätigkeit ein nach Stunden abgerechnetes Honorar.

101

Im Ergebnis hielt der Angeklagte, welcher den Entwurf der qualifizierten Begründung der Rechtsanwältin Beate K fast gänzlich ohne jede Korrektur übernahm, in seiner qualifizierten Begründung vom 30. Mai 2013 an der Zuordnung der Stufe 5 für Sabine E, Oliver P und Martina W fest. Er fügte zweimal ergänzend den Begriff "besonderer Personalbedarf ein". Dann übersandte er die qualifizierte Begründung am 30. Mai 2013 an den Personalrat der Stadt H (S) über deren Vorsitzende Simona K.

102

b) Verhalten der Kommunalaufsicht:

103

Schon Anfang des Jahres 2013 berichtete die Presse von kommunalpolitischen Kontroversen in der Stadt H (S) und über die Stellenbesetzungen sowie über die "Eingruppierungen" der von dem Angeklagten als Oberbürgermeister eingestellten Personen.

104

Mit Schreiben vom 11. Januar 2013 forderte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Stadt H (S) auf, bis zum 25. Januar 2013 zu berichten. In diesem an den Oberbürgermeister der Stadt H (S) gerichteten Schreiben des Sachbearbeiters Harms, welches vor Absendung durch die Paraphe des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Thomas P mit Datum vom 10. Januar 2013 von diesem genehmigt wurde, heißt es:

105

"Durch die bekannt gewordenen Einstellungen von neuem Personal ist die Stadt Verpflichtungen eingegangen, die unmittelbar Aufwendungen entstehen lassen und entsprechende Auszahlung nach sich ziehen werden. Dadurch wird sich das prognostizierte Ergebnis weiter verschlechtern. Ich bitte daher bis zum 25.1.2013 um Ihren Bericht zu den seit 1.12.2012 vorgenommenen Neueinstellungen. Neben der Darlegung der Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Stellenplans bitte ich insbesondere um Angabe der jeweiligen Besoldungs-/Entgeltgruppe und eine kurze Erläuterung im Hinblick auf die angeordnete Haushaltssperre im Haushaltsjahr 2012 bzw. die gesetzlich bestimmten Restriktionen der vorläufigen Haushaltsführung im Haushaltsjahr 2013."

106

Für das weitere Verwaltungshandeln bestand eine Berichtspflicht des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt gegen über dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt als oberste kommunale Aufsichtsbehörde.

107

Am 25. Januar 2013 berichtete die Stadt H (S) an das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt wie folgt:

108

"Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 11. Januar 2013 erhalten Sie nachfolgenden Bericht: Die Oberbürgermeisterin hat in den letzten Wochen ihrer Amtszeit entscheidende Vertrauensposition personell blockiert. Folgende Stellen aus dem Haushaltsplan 2012 wurden daher durch den Oberbürgermeister der Stadt H befristet für die Dauer seiner Amtszeit am 1. Dezember 2012 extern neu besetzt.

109

Funktion

Besoldung/
Entgeltgruppe

Stelle des Stellenplanes
2012

Leiterin des Büros des
Oberbürgermeisters

E 15

Leiter/in Strategische
Steuerungsunterstützung/
Haushaltskonsolidierung;
freie Stelle zum Zeitpunkt
des Amtsantritts

Referent für strategische
Grundsatzfragen

E 14

Referent für strategische
Grundsatzfragen; frei nach
Umsetzung intern auf
andere freie Stelle

Persönlicher Referent
des Oberbürgermeisters

E 13

Persönlicher Referent des
Oberbürgermeisters; freie
Stelle zum Zeitpunkt des
Amtsantritts

Referentin für Ordnung
und Sicherheit

E 13

Stelle der Wissenschaftlichen
SB im ehemaligen Dezernat
Sicherheit und Gesundheit;
freie Stelle zum Zeitpunkt
des Amtsantritts

110

Insofern ist eine Vereinbarkeit mit dem vom Stadtrat beschlossenen Stellenplan aus 2012 gegeben. Um die Arbeitsfähigkeit des Büros des Oberbürgermeisters zu gewährleisten, ist die Einstellung unabweisbar.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine E
Leiterin des Büros des Oberbürgermeisters"

111

Am 24. Januar 2013 wandte sich die Stadtratsfraktion der SPD an den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt. In diesem Schreiben berichten die Verfasser von differierenden Auffassungen zur Auslegung der Hauptsatzung der Stadt H und dem Umgang mit Führungskräften im Rahmen der Einführung einer neuen Verwaltungsstruktur.

112

Ferner wird in diesem Schreiben behauptet, dass Ausschreibungen und weitere Einstellungen entgegen dem noch gültigen Stellenplan vorgenommen worden sein sollen bzw. Stellenaufwüchse sowie personelle Mehrkosten aufgrund von Übertragungen höherwertiger Aufgaben an Beschäftigte entstanden sein sollen.

113

Im Februar 2013 ersuchte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Stadt H (S) um eine ergänzende Stellungnahme bis zum 8. März 2013, da dort der o.g. Bericht vom 25. Januar 2013 als nicht ausreichend erachtet wurde.

114

Mit Bericht vom 6. März 2013 teilte die Stadt H (S) mit, dass innerhalb der gesetzten Frist keine entsprechenden Aussagen erfolgen könnten.

115

Daraufhin forderte das Landesverwaltungsamt die Stadt H (S) erneut auf zu berichten, wobei die abgeschlossenen Arbeitsverträge vorab bis zum 14. März 2013 übermittelt werden sollten.

116

Mit Schreiben vom 15. März 2013 berichtete der zuständige Leiter des Referates "Kommunalrecht, kommunale Wirtschaft und Finanzen" im Landesverwaltungsamtes, Sebastian K, dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, dass die Prüfung des Sachverhaltes im Landesverwaltungsamt noch nicht abgeschlossen werden konnte.

117

Am 28. März 2013 gewährte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt der Stadt H (S) in einem Schreiben, adressiert an den Oberbürgermeister, mit dem Betreff "rechtliches Gehör nach § 28 VwVfg betreffend einer beabsichtigten Anordnung nach § 137 GO LSA". In diesem Schreiben heißt es, dass seitens der Kommunalaufsicht beabsichtigt werde, gegenüber der Stadt H (S) eine Anordnung zu treffen, wonach die im Stadium der vorläufigen Haushaltsführung vorgenommenen Einstellungen von externem Personal für den Posten eines "Referenten für strategische Grundsatzfragen" und einer "Referentin für Sicherheit und Ordnung" durch unverzügliche Kündigung in der Probezeit zu beenden seien. In diesem Schreiben wurde Gelegenheit zur Rückäußerung bis zum 9. April 2013 gegeben. Dieses Schreiben war dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt P am 27. März 2012 vor Abgang zur Kenntnis gelangt.

118

Am 9. April 2013 kam es anlässlich des Antrittsbesuchs des Angeklagten als neuem Oberbürgermeister der Stadt H (S) im Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt mit dem Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt Holger S zu einem Gespräch der Beiden in Anwesenheit des Präsidenten das Landesverwaltungsamtes P.

119

Mit Schreiben vom 24. April 2013 wandten sich die CDU-Stadtratsfraktion, die SPD- Stadtratsfraktion sowie die FDP-Stadtratsfraktion der Stadt H (S) an den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt Thomas P. In diesem Schreiben äußerten die Unterzeichner ihre Bedenken dahingehend, dass bezüglich Sabine E, Oliver P und Frau W bei Abschluss ihrer Arbeitsverträge in ihren jeweiligen Vergütungsgruppen jeweils die Erfahrungsstufe 5 eingestellt und dieser Stufe 5 nach Auffassung des Personalrates nicht zugestimmt worden sei und dem beruflichen Vorleben der betreffenden Mitarbeiter und den Regelungen des TVöD (VKA) widersprechen würde. Die Unterzeichner baten in diesem Schreiben den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Thomas P, vor Ablauf der Probezeit am 1. Juni 2013 zu prüfen, ob sowohl die Einstellungen als auch die Erfahrungsstufen rechtskonform seien.

120

Wörtlich heißt es in diesem Schreiben, welches durch die Paraphe des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes am 25. April 2013 diesem zur Kenntnis kam:

121

"So haben wir erfahren, dass Frau Sabine E, Herr Oliver P und Frau Martina W bei Abschluss ihrer Arbeitsverträge in ihren jeweiligen Vergütungsgruppen mit jeweils der Erfahrungsstufe fünf eingestellt worden sind, die in Bezug auf das berufliche Vorleben der betreffenden Mitarbeiter den Regeln des TVöD widerspricht...
....Nach Auskunft der Verwaltung in der Stellenplanberatung hat der Personalrat der Einstufung der genannten Personen in die Erfahrungsstufe 5 nicht zugestimmt. Gleichwohl sind offenbar entsprechende Arbeitsverträge abgeschlossen worden.
... Sehr geehrter Herr P, durch die Personalmaßnahmen des Herrn Dr. W entstehen der Stadt H Kosten in beträchtlicher Höhe. Sollte sich bei Ihrer Prüfung erweisen, dass einzelne der Maßnahmen nicht rechtskonform erfolgten, gebe es aus unserer Sicht zwar die Möglichkeit, den Verursacher für die bisher entstandenen Kosten in Regress zu nehmen. Um aber weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden, müssten diese Beschäftigungsverhältnisse auch beendet werden. Mit rechtsgültigen Arbeitsverträgen ist das bekanntermaßen nur schwer möglich, wenn die so genannte Probezeit abgelaufen ist. ...
...Wir bitten Sie, dies beim zeitlichen Ablauf ihrer Prüfung zu berücksichtigen."

122

Am 30. April 2013 verkürzte der Angeklagte die Probezeit von Sabine E, Oliver P und Martina W, da diese sich in den jeweiligen Positionen bewährt hatten.

123

Die mit Kommunalaufsichtsfragen beim Landesverwaltungsamt befasste Regierungsamtsfrau Katharina Q wusste aufgrund des Schreibens der Stadtratsfraktion an den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Thomas P vom 24. April 2013 bei ihrer Prüfung der Stellensituation auch, dass die Stufe 5 im Arbeitsvertrag bei Sabine E, Oliver P und Martina W festgehalten worden war.

124

Unmittelbar vor dem 8. Mai 2012 entwarfen Katharina Q und die Sachbearbeiterin des Landesverwaltungsamtes Stefanie O einen Bescheid gerichtet an die Stadt H (S), mit dem diese aufgefordert werden sollte, die Beendigung der Arbeitsverhältnisse von Martina W und Oliver P zum 31. Mai 2012 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsende auszusprechen. In diesem Bescheid wird ausgeführt, dass die Einstellung von Martina W als Referentin in die Entgeltgruppe 13 TVöD (VKA), Erfahrungsstufe 5 und Oliver P als Referent für strategische Grundsatzfragen in die Entgeltgruppe E 14 TVöD (VKA), Erfahrungsstufe 5 gegen die vorläufige Haushaltsführung verstoßen würde, da ein restriktiver personalwirtschaftlicher Kurs verfolgt werden müsse, der sich in einem kurz- bis mittelfristigen Stellenabbau dokumentieren müsse. Kostensteigernde Personalmaßnahmen wie Beförderungen oder Neueinstellungen hätten weitgehend zu unterbleiben und seien nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung nicht durch interne Stellenumbesetzungen erreicht werden könne. Dies sei vorliegend nicht ersichtlich.

125

Dieser Entwurf wurde vorab zur Prüfung der obersten kommunalen Aufsichtsbehörde, dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, zur Kenntnis gebracht.

126

Am 8. Mai 2013 teilte der Referatsleiter des Innenministeriums Johannes W per Mail um 13.32 Uhr an die Sachbearbeiterin des Landesverwaltungsamtes O mit, dass nach summarischer Prüfung seitens des Innenministeriums keine Bedenken gegen diesen Bescheid bestehen würden. Es werde aber seitens des Innenministeriums angeregt, den Entwurf um abstrakte Ausführungen zum Verfahren nach einer Kündigung und einer dann möglichen Neueinstellung zu ergänzen. Diese Ergänzungen sollten insbesondere Hinweise zur Einhaltung der Bestimmung des Stellenplans und des TVöD (VKA) enthalten. Diese Erläuterungen und Verdeutlichungen seien nicht nur in rechtlicher Hinsicht wichtig, sondern auch im Hinblick auf eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit. Das Landesverwaltungsamt sollte deshalb klarstellen, dass es die Anordnung nicht nur aus formellen Gründen treffen würde.

127

Die Abteilungsleiterin Dr. P, die obige Mail "cc" erhielt, schrieb 3 Stunden später um 15.32 Uhr an den Referatsleiter des Innenministeriums Johannes W daraufhin eine weitere Mail unter dem Betreff: "Personalmaßnahme Stadt H", dass ihr Vorgesetzter, der Präsident des Landesverwaltungsamtes Thomas P, sie telefonisch gebeten habe, zusätzlich die grundsätzliche Zustimmung der Hausspitze des Innenministeriums, namentlich des Staatssekretärs Prof. Dr. Ulf G, zu erbitten.

128

Eine weitere Stunde später, am 8. Mai 2013, 16:29 Uhr, setzte daraufhin Michael W als Mitarbeiter des Landesverwaltungsamtes eine Mail direkt an den Staatssekretär des Innenministeriums Prof. Dr. Ulf G ab, und bat um Zustimmung zu dem Bescheidentwurf, welcher mit dem Referatsleiter des Innenministeriums Johannes W abgestimmt sei.

129

Am 9. Mai 2013 antwortete der Staatssekretär des Innenministeriums Prof. Dr. Ulf G um 7:04 Uhr direkt und ohne Umwege Michael W im Landesverwaltungsamt, dass er den Entwurf des Bescheides nicht beurteilen könne.

130

In der Mail des Staatssekretärs Prof. Dr. Ulf G heißt es wörtlich:

131

"Ich hatte den Fall nicht an mich gezogen. Beim Haushalt war das anders. Zudem ging es da um das Verfahren - Beanstandung oder modifizierte Genehmigung. Das kann ich auch ohne Akte entscheiden. Das Landesverwaltungsamt müsste in dem nunmehr übersandten Fall den Bescheid in eigener Verantwortung entlassen."

132

Michael W erhielt am 10. Mai 2013 zwei Telefonate von dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Thomas P und dem Staatssekretär des Innenministeriums Prof. Dr. Ulf G.

133

In seinem später gefertigten Vermerk heißt es:

134

"Am 10. Mai 2013 rief mich Herr P um 8:55 Uhr aus seinem Urlaub wegen der beabsichtigten Verfügung Anordnung Entlassung des rechtswidrig eingestellten Personals an. Er wies mich an, die Verfügung nicht bekanntzugeben, da die vorläufige Haushaltsführung in absehbarer Zeit enden würde. Ich habe entgegnet, es sei doch gar nicht absehbar, ob die beiden Stellen tatsächlich im Stellenplan eingestellt seien und ohne die Verfügung würden möglicherweise vollendete Tatsachen geschaffen. Er erwiderte, E-13 und 14-Stellen ließen sich bei einer Stadt wie H immer darstellen. Er wiederholte seine Weisung, die Verfügung nicht abzusenden. Er habe mit Herrn Staatssekretär Prof. Dr. G telefoniert, dieser werde die Entscheidung der Anordnung nicht mittragen. Diese sei unverhältnismäßig. Der Oberbürgermeister könne nach Bestätigung des Haushalts die gekündigten Personen wieder einstellen.
Am gleichen Tag rief mich um 9:35 Uhr Herr Staatssekretär Prof. Dr. G an und wies mich ebenfalls an, die Anordnung nicht bekannt zu geben. Er begründete dies mit der nur noch kurzen Spanne der vorläufigen Haushaltsführung und damit, H könne immer entsprechende Stellen ausweisen, so dass die Anordnung unverhältnismäßig sei."

135

Der Stadtrat genehmigte am 23. Mai 2013 den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2013 und den darin enthaltenen Stellenplan. In diesem Stellenplan waren die vier Stellen von Sabine E, Oliver P, Martina W und Dr. Markus F enthalten.

136

Eine Ausführung der bereits schon vorbereiteten Anordnung zur Kündigung der Beschäftigten P und Wr erging daher nicht.

137

Mit Schreiben vom 27. November 2013 teilte der Präsident des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt Thomas P der CDU-Stadtratsfraktion, SPD-Stadtratsfraktion sowie FDP- Stadtratsfraktion auf deren Anfrage bezüglich Unstimmigkeiten bei der Erstellung und Bewirtschaftung des Stellenplans 2013 der Stadt H (S) bei der externen Besetzung von Stellen und bei Umsetzungen innerhalb der Verwaltung mit, dass die eingehende Prüfung des Stellenplans und der detaillierte Vergleich mit den Stellenbesetzungslisten ergeben habe, dass diese vier Stellen zum Zeitraum der Einstellung am 1. Dezember 2012 vorhanden waren und die Einstellungen spätestens mit der Beendigung der vorläufigen Haushaltsführung rechtmäßig seien.

138

c) Die Personalkosten:

139

Zum Zeitpunkt der Einstellung von Sabine E (Entgeltgruppe 15), Oliver P (Entgeltgruppe 14) und Martina W (Entgeltgruppe 13) sah das Tarifrecht folgende Gehälter vor:

140

Tabelle TVöD-V
(Gültig vom 1. März 2012 bis 31. Dezember 2012)
(monatlich in Euro)

Entgelt-
gruppe

Grundentgelt
 

Entwicklungsstufen
 

        

Stufe 1

Stufe 2

Stufe 3

Stufe 4

Stufe 5

Stufe 6

15

3.854,22

4.276,25

4.433,37

4.994,56

5.421,05

5.701,65

14

3.490,57

3.872,17

4.096,65

4.433,37

4.949,66

5.230,25

13

3.217,84

3.569,14

3.759,95

4.130,31

4.646,61

4.859,87

141

Durch die Einstellung und Zahlung der Vergütung gemäß Arbeitsvertrag von Sabine E, Oliver P und Martina W zum 01. Dezember 2012 ergeben sich nachfolgende Gehaltsdifferenzen für die verschiedenen Ausgestaltungen der jeweiligen Eingruppierungen und Erfahrungsstufen als sogenannte Barwerte. Mit dem Stichtag zum 1. Dezember 2012 als Einstellungsdatumkönnen zukünftige Zahlungen unter Beachtung eines Kalkulationszinssatzes rechnerisch auf diesen Tag bezogen dargestellt werden. Die Differenzen resultieren aus den einzelnen Erfahrungsstufen in den jeweiligen Eingruppierungen E 13, E 14 und E 15. Dabei wird von einer siebenjährigen Amtszeit des angeklagten Oberbürgermeisters ausgegangen, berechnet vom 1. Dezember 2012 bis zum 30. November 2019. Grundlage der Berechnung sind Tabellenentgelte und Jahressonderzahlungen des TVöD (VKA) für diesen Zeitraum. Die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung und zur VBL sind mit den in der Amtszeit geltenden Beitragssätzen und Beitragsbemessungsgrenzen angesetzt. Die Höherstufung in die nächste Erfahrungsstufe ist zum frühestmöglichen Zeitpunkt angenommen. Die Gehaltsdifferenzen sind mit einem Kalkulationszinssatz von 4,736 % auf den 1. Dezember 2012 abgezinst. Mit der Diskontierung wird der sogenannte Barwert der Gehaltsdifferenzen für die Amtszeit des Oberbürgermeisters zum 1. Dezember 2012 bestimmt. Der Kalkulationszinssatz selbst leitet sich aus dem höchsten Zinssatz ab, den die Stadt H im entsprechenden Zeitraum für bestehende Kreditverbindlichkeiten entrichten muss.

142

Dadurch ergeben sich diese Differenzen für die 3 Beschäftigten in den jeweiligen Entgeltgruppen:

143

Eingrupp-
ierung in

von bis

E 13
(je monatlich
in Euro)

E14
(je monatlich
in Euro)

E15
(je monatlich
in Euro)

Summe

Stufe 1

2012 2019

90.496,43

88.595,38

92.845,00

271.936,81

Stufe 3

2012 2019

62.658,74

60.686,78

58.852,84

182.198,36

Stufe 4

2012 2016

28.201,48

27.864,07

21.359,73

77.425,28

Stufe 4

2012 2014

14.404,33

14.152,01

10.894,57

39.450,91

144

Bei anfänglicher Eingruppierung in die Stufe 1 wird im Untersuchungszeitraum maximal die Erfahrungsstufe 4 erreicht. Bei der Berechnung mit Beginn der Stufe 1 und Aufstiegen zum 1. Dezember 2013, 1. Dezember 2015 und 1. Dezember 2018 ergeben sich Barwerte von insgesamt 271.936, 81 €.

145

Bei anfänglicher Eingruppierung in die Stufe 3 wird in dem Untersuchungszeitraum maximal die Stufe 4 erreicht. Bei einer Einstellung mit Stufe 3 beläuft sich der Barwert insofern auf 182.198,36 €.

146

Für die Stufe 4 sind zwei Berechnungen denkbar: Bei anfänglicher Eingruppierung in die Erfahrungsstufe 4 wird die Stufe 5 am 1. Dezember 2016 erreicht, so dass es ab diesem Zeitpunkt keine Gehaltsdifferenzen mehr gibt. Bei der ersten Berechnung beläuft sich daher der Betrag auf 77.425,28 €. Die zweite Berechnung zur Stufe 4 beruht auf der Bewährung der Beschäftigten, die danach schon zum 1. Dezember 2014 die Stufe 5 erreichen, so dass dann der Differenzbetrag 39.450,91 € beträgt.

III.

147

Die Kammer konnte im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen, dass der Angeklagte bei der Einstellung der Personen Sabine E, Oliver P und Martina W und der Festlegung ihrer Vergütung unter Abweichung von üblichen Eingruppierungs- bzw. Einstufungsverfahren handelte, um diese Personen für Unterstützungshandlungen in der Vergangenheit zu belohnen.

IV.

148

1. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten und seinem beruflichen Werdegang entnimmt die Kammer den Ausführungen des Angeklagten. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, an diesen Angaben zu zweifeln.

149

Diese stimmen auch mit den Feststellungen zur Person im Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 6. November 2013 (Az.: 8 A92/12 MD) überein. Diesem Urteil sowie dem Beschluss des Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. März 2014 (Az.: 10 L 14/13), welche im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, entnimmt die Kammer des weiteren, dass ...

150

Die Feststellung zur fehlenden strafrechtlichen Vorbelastung des Angeklagten beruht auf der verlesenen Auskunft des Bundesamtes für Justiz.

151

2. Die Feststellungen zu der kommunalpolitischen Situation und den Umständen der Oberbürgermeisterwahl im Jahr 2012 entnimmt das Gericht der glaubhaften Einlassung des Angeklagten und dem Zeugen G. Der Zeuge G berichtete ausführlich zum Wahlgeschehen im Sommer 2012 als auch der Stellung des Angeklagten als parteiloser Kandidat.

152

Die Feststellung, dass der Angeklagte eine Stellenkonzeption von 4 Stellen realisieren wollte, beruht neben der Einlassung des Angeklagten auch auf dem Protokoll der Personalratssitzung vom 28. November 2012. In dem Tagesordnungspunkt Ziff. 3 ist festgehalten, dass das Stellenkonzept - wie festgestellt so dem Personalrat vorgestellt wurde.

153

Auch die Feststellungen zur Personalgewinnung vor dem Amtsantritt am 1. Dezember 2012 entnimmt das Gericht der Einlassung des Angeklagten, der hierzu angegeben hat, vor seinem Amtsantritt versucht zu haben, die vier Stellen mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung zu besetzen, wobei mindestens fünf Personen innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung abgesagt hätten. Diese Einlassung ist nicht zu widerlegen. Sie wird bestätigt durch die Aussagen der Zeugen T, K, R, B, H, H, Z, welche direkt angesprochen worden sind.

154

Dass der Angeklagte drei externe Kandidaten, nämlich die Zeugen T, H und K angesprochen hat, haben diese Zeugen sämtlich glaubhaft bestätigt.

155

Der Zeuge T hat darüber hinaus bekundet, dass er deshalb schließlich das Angebot des Angeklagten ausschlug, da er die ihm angebotene Stelle als zu unsicher und unattraktiv empfand. Ebenso hat der Zeuge H im November 2012, wie oben ausgeführt, das Angebot des Angeklagten ausgeschlagen, wie dieser glaubhaft bekundet hat.

156

Die Feststellung, dass der Angeklagte dem Zeugen K eine Mitarbeit in seinem Führungsstab anbot, entnimmt das Gericht der Aussage des Zeugen K.

157

Diese Aussagen bestätigen für die Kammer auch, dass der Angeklagte Ablehnungen erhielt, so wie er sich eingelassen hat, weil die Angesprochenen sich nicht beruflich verändern wollten.

158

Die Feststellungen, dass der Angeklagte den Zeugen B und auch Z auch eine Stelle anbot und diese gleichfalls absagten, entnimmt die Kammer den Aussagen der Zeugen B und Z.

159

Darüber hinaus berichtete der Zeuge Z, dass "im Halbstundentakt" Personalgespräche stattgefunden hätten, bei der der Angeklagte versucht habe, geeignete Mitarbeiter zu finden. Der Zeuge Z räumte in seiner Vernehmung freimütig ein, dass er insbesondere aufgrund des Rufes des Angeklagten als "gefürchtetem" Sanierer und aufgrund der von diesem angestrebten Verwaltungsreformen sich nicht in eigene berufliche Konfliktszenarien und Auseinandersetzungen begeben wollte.

160

Auch die Zeugen R und K bestätigten, dass die Namen der Kandidaten permanent wechselten.

161

Die Feststellungen, dass der Angeklagte dem freiberuflichen Rechtsanwalt Zeugen H eine Stelle anbot bestätigte der Zeuge H. Der Zeuge H sagte auch aus, dass ihm der Angeklagte dessen nunmehrige schwierige Personalsituation bezogen auf den Sicherheitsreferenten offenlegte.

162

Die Feststellung, dass Dr. F in den engsten Mitarbeiterstab des Angeklagten aufgenommen werden sollte, beruht auf der Aussage des Zeugen Dr. F, der glaubhaft das Angebot des Angeklagten bestätigte.

163

Die Feststellung, dass die Zeugin W erst Ende November 2012 eine Stelle offeriert bekam, entnimmt die Kammer der Aussage der Zeugin W.

164

Die Zeugin W berichtete, wie sie unmittelbar vor Dienstantritt des Angeklagten am 1. Dezember 2012, nämlich Ende November 2012, von dem Angeklagten - für sie völlig unvorbereitet - die Stelle als Referentin für Sicherheit und Ordnung angeboten bekommen habe. Sie berichtete freimütig darüber, wie überrascht sie über das Angebot gewesen sei, da sie als selbständige Anwältin sich beruflich längst etabliert hatte. Der enorme Zeitdruck unter dem der Angeklagte stand, und die dadurch bedingte späte Ansprache der Zeugin W nur wenige Tage vor Amtsantritt, sprechen jedoch als ein deutliches Indiz gegen den subjektiven Plan des Angeklagten einer Ämterpatronage.

165

Dass der Angeklagte den Zeugen P im August 2012 ansprach und dieser - wie oben festgestellt - ihn bis in den Herbst hinein um Bedenkzeit bat, entnimmt das Gericht der Aussage des Zeugen P. Der Zeuge P berichtete, dass er von dem Angeklagten gefordert habe, in finanzieller Hinsicht mit seiner vorherigen Tätigkeit finanziell gleichgestellt zu werden und mindestens die Erfahrungsstufe 4 gefordert habe.

166

Die finanziellen Forderungen werden durch die in die Hauptverhandlung eingeführte und mit dem Zeugen P erörterte E-Mail vom 1. Oktober 2012 bestätigt.

167

Anhaltspunkte dafür, dass diese E-Mail in Wirklichkeit am 1. Oktober 2012 nicht an den Angeklagten übersendet, sondern erst nachträglich gefertigt wurde, haben sich nicht ergeben. Der Zeuge hat nachvollziehbar erläutert, dass diese E-Mail zwar bei der Durchsuchungshandlungen der Staatsanwaltschaft in seinem elektronischen Postfach nicht aufgefunden werden konnte, diese aber gleichwohl auf dem Server in zuverlässiger Weise rekonstruiert werden konnte.

168

Das von Oliver P vor seiner Tätigkeit am 1. Dezember 2012 allein von der Heinrich-Böll- Stiftung erhaltene Nettoeinkommen i.H.v. 2.637,69 EUR bei der Lohnsteuerklasse III einem Bruttogehalt von 4.328,05 €, bei der Lohnsteuerklasse IV einem Bruttogehalt von 4.955,97 € entspricht. Das Einkommen in der Entgeltgruppe 14 TVöD Erfahrungsstufe 5 beträgt 4.949,66 €.

169

Die Vergleichsberechnung zum Bruttogehalt des Zeugen P entnimmt die Kammer den Angaben des Sachverständigen M. Der erfahrene Sachverständige M, Wirtschafts-referent bei der Staatsanwaltschaft H, hat diese widerspruchsfrei und nachvollziehbar dargestellt, so dass die Kammer keine Zweifel an der Höhe der festgestellten Beträge habe.

170

Die Feststellung, dass die Zeugin E für sich forderte, finanziell mit ihrer Vorgängerin, der Zeugin H finanziell gleichgestellt zu werden, entnimmt die Kammer der Einlassung des Angeklagten sowie der Aussage der Zeugin E.

171

Die Kammer hat die Zeugin E zweimal vernommen.

172

Bei ihrer ersten Vernehmung hat die Zeugin E angegeben, dass sie mit ihrer Vorgängerin, der Zeugin H finanziell gleichgestellt sein wollte und dies gegenüber dem Angeklagten geäußert habe. Die Kammer hat keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt.

173

Die zweite Vernehmung der Zeugin E beruhte auf dem erst nach dieser Vernehmung gestellten Beweisantrag der Staatsanwaltschaft, dass die Zeugin ausweislich der Mitschriften der damaligen Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft, der heutigen Leitenden Oberstaatsanwältin Geyer, in Abweichung von der ersten Aussage vor der Kammer am 3. Juli 2014 vor der 2. großen Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts H (S) Folgendes bekundet habe:

174
- "Ich habe gewusst, dass es eine E 15 Stelle ist, über Weiteres haben wir nicht gesprochen"
175
- "sie sei davon ausgegangen, dass sie wie ihre Vorgängerin vergütet werde"
176
- "Ich denke, ich habe im Oktober von Herrn P Forderung Kenntnis erlangt, ich habe nichts gefordert".

177

In ihrer zweiten Vernehmung hat die Zeugin E vor der erkennenden Strafkammer daraufhin berichtet, dass sie tatsächlich zum Thema der Forderung eines bestimmten Gehaltes befragt worden sei. Dabei habe es sich allerdings konkret um die Frage der dortigen Kammer gehandelt, ob sie, die Zeugin, eine bestimmte Erfahrungsstufe eingefordert habe. Dies habe sie verneint. Diese Bekundungen zu der früheren Vernehmung widersprechen sich somit nicht mit der Darlegung der Zeugin vor der Kammer, die Gleichstellung zu dem Gehalt der Zeugin H von dem Angeklagten eingefordert zu haben.

178

Die Feststellung, dass die Stadt H (S) zum Zeitpunkt des Amtsantritts des Angeklagten als Oberbürgermeister der Stadt H (S) am 1. Dezember 2012 nur im Rahmen einer vorläufigen Haushaltsführung agieren konnte und eine Zwangsverwaltung drohte, entnimmt die Kammer schon allein den Angaben des Zeugen G, welcher insoweit als Dezernent auch die Aufgaben der Kämmerei wahrzunehmen hatte und dem verlesenen Schreiben des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 11. Januar 2013, in dem Bezug genommen wird auf die vorläufige Haushaltsführung und die Umsetzung der haushaltswirtschaftlichen Sperre.

179

Die Feststellung, dass die Stadt H über 3000 Beschäftigte verfügte, entnimmt das Gericht den Ausführungen der Zeugin P, welche als Abteilungsleiterin "Personalkosten und IT- Controlling" seit Oktober 2011 die Stammdaten in der Personalverwaltung der Stadtverwaltung H (S) pflegte und somit umfassend Auskunft über die Stellensituation geben konnte. Durch die Auswertung der Personalentwicklung konnte sie auch bestätigen, dass in den Jahren 2007 - 2012 in der Stadtverwaltung H (S) 225 externe Einstellungen erfolgten.

180

Dass zum Zeitpunkt des Amtsantrittes des Angeklagten am 1. Dezember 2012 in H (S) keine Ausschreibungsvorschrift für Einstellungen bei befristeten Stellen bestand, entnimmt die Kammer der Aussage des Zeugen B, P und Prof. G sowie der hierzu in das Verfahren eingeführten Verwaltungskorrespondenz.

181

Die mit Personalsachen betrauten Mitarbeiter der Stadt H (S) G, U, T und K haben hiervon abweichend übereinstimmend ausgesagt, dass bei Stellenbesetzungen zunächst über eine Transfergesellschaft der Stadt H (S) oder durch eine interne Umsetzung und erst danach mittels einer externen Ausschreibung die Stellenbesetzung erfolgen sollte.

182

Dieses Vorgehen einer Stellenbesetzung ist aber weder gesetzlich noch tarifvertraglich vorgeschrieben. Dies bestätigt auch der Präsident das Landesverwaltungsamtes P in seinem Schreiben vom 17. Juni 2013 an die drei Fraktionen des Stadtrates der Stadt H (S).

183

Der langjährige Mitarbeiter B hat nämlich bekundet, dass dieses Vorgehen nur eine reine Verwaltungsübung gewesen sei und beruhte auf dem Personalentwicklungskonzept der Amtsvorgängerin S aus dem Jahr 2009.

184

Die Feststellungen, dass zum Zeitpunkt der Einstellung nur Hinweise für die Personalsachbearbeiter bzgl. der Erfahrungsstufen 1 bis 3, nicht jedoch die Stufen 4 und 5 existierten, entnimmt die Kammer ebenfalls der Zeugenaussage des Zeugen B und dem von ihm erläuterten Schreiben vom 28. April 2009, welches an den Personalrat der Stadt H (H), Vorsitzende Frau Simona K, adressiert war.

185

Dort findet sich wörtlich der Passus:

186

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn wir über diese Eckpunkte einer Rahmenregelung kurzfristig miteinander ins Gespräch kommen könnten und stehe dafür ein Rücksprache bzw. eine Besprechung jederzeit zur Verfügung."

187

Die Kammer entnimmt bereits aus dem Schlusssatz, dass, wie von den Zeugen B geschildert, es sich nur um ein unverbindliches Hinweispapier handelt, wie es der Zeuge B bzgl. der weiteren Anwendung beschrieben hat.

188

Dass der Angeklagte, nach seiner Entschließung die Zeugen E, P und W einzustellen, mit den Voraussetzungen des § 16 TVöD (VKA), wie von ihm behauptet, beschäftigt hat, war dem Angeklagten nicht zu widerlegen.

189

Die Feststellungen, dass der Bürgermeister G mit dem Angeklagten die Frage der Einstellung externer Mitarbeiter thematisierte, entnimmt die Kammer den Bekundungen des Zeugen G sowie dessen Schreiben vom 29. November 2012, welches im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt wurde.

190

Die Feststellungen zu der Beteiligung des Personalrates vor dem 1. Dezember 2012 entnimmt die Kammer zunächst den Aussagen der Zeugin K soweit sie mit den Aufgaben als Personalratsvorsitzende betraut war. Die Einzelheiten der Beschlussfassungen, aber auch die Einzelheiten der Tagesordnung entnimmt, die Kammer dem Protokoll der Personalratssitzung vom 28. November 2012, welches durch das Selbstleseverfahren eingeführt wurde.

191

Die Feststellungen zur Einreichung von Personalunterlagen an das Personalamt vor dem 1. Dezember 2012 beruhen auf den Bekundungen der Zeugen E, P und W und der diese Aussagen bestätigenden Unterlagen der jeweiligen Personalakten.

192

Die Feststellung zur Einstellung am 1. Dezember 2012 entnimmt das Gericht nicht nur den insoweit übereinstimmenden Zeugenaussagen der Zeugen E, P, W und Dr. F, welche den Ablauf dieser Ereignisse deckungsgleich und mit großem Detailreichtum schilderten. Dabei kam für die Kammer insbesondere der Aussage von Dr. F eine besondere Bedeutung zu, welcher klassisch beschrieben hat, wie seine Enttäuschung über die ihm nur gewährte Erfahrungsstufe 2 war, er anderseits jedoch auch im Hinblick auf seine mangelnde Verwaltungserfahrung für ihn plausibel erschien.

193

Auch die Zeugen Prof. F und R beschrieben in gleicher Weise diese Besprechung und den Einstellungsvorgang.

194

Die Feststellungen zu der Personalratssitzung am 12. Dezember 2012 beruhen auf den in die Hauptverhandlung durch das Selbstleseverfahren eingeführten Protokolls. Die erneute Beteiligung des Personalrats ab 1. März 2013 ergibt sich aus dem durch das Selbstleseverfahren eingeführte Schreiben des Verwaltungsmanagements vom 1. März 2013. Die Sitzung vom 6. März 2013 ist durch das entsprechende Protokoll belegt.

195

Die weiteren Feststellungen zu dem Einigungsstellenverfahren und der qualifizierten Begründung beruhen wiederum zunächst auf den entsprechenden, durch das Selbstleseverfahren eingeführten Dokumenten. Darüber hinaus wird der Ablauf des Einigungsstellenverfahrens und die Erstellung der qualifizierten Begründung durch die Aussage der beteiligten Rechtsanwältin Beate K glaubhaft belegt. Die Zeugin konnte sich zwar zunächst nicht an die Beteiligung im Einigungsstellenverfahren erinnern, berichtete dann aber sehr plastisch, wie sie unabhängig ihre qualifizierten Begründungsentwurf ausgearbeitet hatte. Anhand des in ihrer Handakte noch vorliegenden Entwurfes, verglich sie ihren Entwurf mit der von dem Angeklagten gefertigten Begründung. Die Kammer hatte auch hier keinen Zweifel, der Zeuge nicht zu folgen, dass sie eine unabhängige Beurteilung vorgenommen habe, sowie sie in den Feststellungen zitiert worden sind.

196

Das in der Hauptverhandlung verlesene Schreiben der CDU-Stadtratsfraktion, der SPD-Stadtratsfraktion sowie der FDP-Stadtratsfraktion vom 24. April 2013 an das Landesverwaltungsamt belegt für die Kammer, dass sich die Prüfung der Kommunalaufsicht nicht nur auf die Stellensituation allgemein bezog. In diesem Schreiben wird auch die Zubilligung der Erfahrungsstufen von den Stadtratsfraktionen kritisiert. Aufgrund des schon länger andauernden Schriftwechsels geht die Kammer davon aus, dass sich die Entschließung der Kommunalaufsicht nicht nur auf die Stellensituation, sondern auch auf die Stufenzuordnung bezogen hat.

197

Dass die Kommunalaufsicht schon frühzeitig Kenntnis auch von der Problematik der Erfahrungsstufen hatte, entnimmt das Gericht den von dem Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt und dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt vorgelegten Aktenvorgängen, wie sie in den Feststellungen zitiert worden sind. Aufgrund der längeren Zeit der Schriftwechsel zwischen den Behörden ab Januar 2013 und der jeweils zur Kenntnisbringung der Korrespondenz, geht die Kammer davon aus, dass sich die Entschließung nicht nur auf die Stellensituation, sondern auch auf die Stufenzuordnung bezogen hat.

198

Die Feststellung, dass der Angeklagte die Probezeit von Sabine E, Oliver P und Martina W am 30. April 2013 verkürzte, entnimmt die Kammer der Einlassung des Angeklagten und den Bekundungen des Zeugen R, der glaubhaft bekundet hat, dass sich die neu eingestellten Mitarbeiter bewährt gehabt hätten.

199

Die Feststellungen zur Genehmigung des Haushaltes 2013 im Mai 2013 beruhen neben den Ausführungen des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes in dem Schreiben an die Stadtratsfraktionen am 27. November 2013 darüber hinaus auf den ausführlichen Bekundungen des Zeugen Prof. G, welcher als Staatssekretär des Ministeriums für Inneres und Sport im Jahr 2013 die Haushaltsproblematik als oberste Aufsichtsbehörde begleitete. Der Zeuge legte dabei dar, dass das Landesverwaltungsamt zunächst den Haushalt nicht genehmigt gehabt hätte. Um eine Handlungsfähigkeit der Stadt zu erreichen, habe das Ministerium für Inneres und Sport zunächst eine modifizierte Lösung vorgeschlagen, die dann, wie vom Zeugen weiter erläutert, vom Stadtrat im Mai 2013 Stadtratsbeschluss genehmigt worden sei.

200

Die Differenzen zu den jeweiligen Einkommen der Zeugen E, P und W entnimmt das Gericht der im Selbstleseverfahren eingeführten Tabelle des TVöD (gültig vom 1. März 2012 bis zum ein 31. Dezember 2012) und den Berechnungen des Sachverständigen Wirtschaftsdezernenten M als auch dessen Berechnungen zum Bruttogehalt des Zeugen P. Der Sachverständige M erläuterte in der Hauptverhandlung diese Berechnungen widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Der angegebene Zinssatz beruhte auf den Angaben der Stadt H (S) im laufenden Prozess, wie durch Verlesung insoweit in die Hauptverhandlung eingeführt.

201

Die Kammer konnte sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass der Angeklagte in unredlicher Weise die Einstellungen und die Zubilligung der Erfahrungstufen 5 für Sabine E, Oliver P und Martina W vorgenommen hat.

202

Der Angeklagte hat sich wie folgt eingelassen:

203

Er habe an einem Wochenende im November 2012 für die Einstellung der externen Mitarbeiter die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA) geprüft.

204

Zu diesem Zeitpunkt seien ihm die konkreten Forderungen von Sabine E und Oliver P bekannt gewesen. Ihm hätten auch deren Lebensläufe vorgelegen. Von Frau K habe er eine Textfassung des "Tarifrechtes für den Öffentlichen Dienst Bund/Gemeinden mit Protokollerklärungen", Ausgabe 2012, zur Verfügung gestellt bekommen. Er habe sich mit der Zuordnung zu der Stufe 1 ohne einschlägige Berufserfahrung und der Zuordnung zur Stufe 3 bei einschlägiger Berufserfahrung von mindestens drei Jahren beschäftigt. Er sei sodann auf die Regelungen des § 16 Abs. 2 S.3 TVöD (VKA) gekommen. Er habe diese tarifvertragliche Ausgestaltung sorgfältig geprüft. Bei dieser Prüfung habe er die Merkmale "Neueinstellung", "Deckung des Personalbedarfs" und "förderliche Zeiten" subsumiert. Die Prüfung habe mit dem Ergebnis geendet, dass er bei den von ihm festgestellten förderlichen Zeiten als Arbeitgeber berechtigt sei, diese Tätigkeiten bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen, wobei er nicht gewusst habe, dass der Bewerber die entsprechende Anrechnung von förderlichen Zeiten bzw. die höhere Einstufung konkret einfordern müsse.

205

Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte entgegen seiner Einlassung den Zeugen E, P und W aus anderen Motiven die Stufe 5 zugebilligt hat, insbesondere um diese zu belohnen, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

206

Zunächst hat der Angeklagte - wie festgestellt - nicht nur die drei Personen E, P und W mit jeweils der Erfahrungsstufe in der jeweiligen Entgeltgruppe in seinen Mitarbeiterstab aufgenommen, sondern darüber hinaus am 1. Dezember 2012 auch den Zeugen Dr. F mit der Erfahrungsstufe 2 eingestellt. Dies stützt die Einlassung des Angeklagten insoweit, dass er eine Prüfung des § 16 TVöD (VKA) vorgenommen und dabei differenzierend abgewogen hat.

207

Des Weiteren hat keiner der von der Kammer vernommenen Zeugen über Wahrnehmungen dahingehend, dass etwa anderweitige Motive des Angeklagten ausschlaggebend bei der Zuerkennung der Erfahrungsstufen waren.

208

Vielmehr haben diejenigen Zeugen, die am 1. Dezember bei der Unterzeichnung der Arbeitsverträge zugegen waren, bekundet, dass der Angeklagte vor allen Anwesenden erläutert habe, wie er die Erfahrungsstufen im Rahmen der Prüfung des § 16 TVöD (VKA) ermittelt habe.

209

Etwas anderes ergibt sich im Hinblick auf den Nachweis, einer bewussten Umgehung der Vorschrift des § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA) auch nicht daraus, dass der Angeklagte sich die Personen E, P und W zuvor selbst ausgesucht hat. Die Beweisaufnahme hat nämlich ergeben, dass er neben diesen Personen auch weitere Personen zur Realisierung seiner Stellenkonzeption im Mitarbeiterstab - wie oben dargestellt - angesprochen hat. Diese Personen haben als Zeugen bekundet, dass es sich um glaubhafte Anwerbungsversuche und nicht nur um "pro-forma-Angebote" gehandelt habe.

210

Nach Aussage des Zeugen T versuchte der Angeklagte diesen den ganzen Sommer 2012 zu bewegen, die Stelle doch anzunehmen. Der Zeuge T schilderte auch, wie er sich erst im November 2012 positionierte und erst zu diesem späten Zeitpunkt, ca. 10 Tage vor Amtsantritt des Angeklagten, die Stelle ablehnte. Der Zeuge H bekundete, dass der Angeklagte ihm berichtet habe, dass der Polizeioberrat T abgesagt habe. Als er, der Zeuge, im Laufe des Gesprächs das Angebot ebenfalls abgelehnt habe, habe der Angeklagte ihn ersucht, das zu überdenken und eine Nacht darüber zu schlafen. Die Zeugin H hat berichtet, dass sie als städtische Beschäftigte ein von ihr als glaubhaft eingeschätztes Angebot des Angeklagten erhalten habe. Der Zeuge K berichtete, wie der Angeklagte sich sogar nach Magdeburg begeben hat, um ihn zu einer Mitarbeit zu bewegen.

211

Aus keiner der umfangreich erfolgten Befragungen dieser Zeugen haben sich Hinweise darauf ergeben, dass das Ansprechen dieser Zeugen nicht glaubhaft und nur zum Schein erfolgt ist, um die Einstellung der Mitarbeiter E, P und W mit den Absagen anderer Personen zu rechtfertigen.

212

Aus den dargestellten Aussagen der Zeugen T, H, K und H ergibt sich zum einen, dass der Angeklagte lange Bedenkzeiten in Kauf nahm, sich mit Absagen nicht sofort zufrieden gab und zum anderen, dass er für seine Personalgewinnungversuch eine längere Autofahrt in Kauf nahm, um den Zeugen K in einem persönlichen Gespräch in Magdeburg von einer Mitarbeit zu überzeugen. Selbst der für das Personalwesen zuständige Bürgermeister G berichtete von ständig wechselnden Namen bei Mitarbeitern des neu einzurichtenden Stabes des neuen Oberbürgermeisters.

213

Aus dem Umstand, dass es sich bei Sabine E, Oliver P und Martina W um Personen handelte, denen er besonderes Vertrauen entgegenbrachte, und ihm damit "genehm" sein könnten, kann ebenfalls nicht zwingend geschlossen werden, dass er die Festschreibung der Erfahrungsstufe 5 aus diesem Grunde und somit sachfremd vornahm.

214

Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass ein Oberbürgermeister Personen als Mitarbeiter auswählt, denen er kein Vertrauen schenken kann. Davon ist jedoch zu unterscheiden, ob die einzustellenden Personen belohnt werden sollen. Dies konnte die Kammer aber gerade nicht feststellen.

215

Wie in den Feststellungen ausgeführt, gab es auch keine Ausschreibungsvorschriften, die einer freien Auswahl des Personals entgegenstanden. Der Angeklagte brauchte daher auch nicht die Hinweise des Zeugen G in dessen Schreiben vom 29. November 2012 zu beachten.

216

Aus der vom Angeklagten ausführlich geschilderten Prüfung des § § 16 TVöD (VKA) ergeben sich keine Hinweise auf eine bewusste Umgehung üblicher Einstufungsverfahren.

217

Die dargestellte Prüfungsreihenfolge ist im Ergebnis nicht rechtlich nicht zu beanstanden.

218

Allerdings begegnet hier zumindest die Einschätzung des Angeklagten, Martina W aufgrund eines Personalbedarfs im Sinne § 16 TVöD Abs. 2 S. 3 (VKA) eingestellt zu haben, rechtlichen Bedenken, weil Martina W in ihrer Vernehmung nicht berichtet hat, dass sie entgegen der Zeugen E und P eine konkrete Gehaltsforderung und dabei insbesondere eine Stufenzuordnung gefordert habe.

219

Die Kammer konnte dem Angeklagten jedoch nicht widerlegen, dass er bei der Prüfung des § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA) nicht gewusst habe, dass der Stellenbewerber die früheren beruflichen Tätigkeiten bzw. die Stufenordnung selbst einfordern muss. Derartiges ergibt sich nicht zwingend aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA)

220

Satz 3 des Abs. 2 § 16 TVöD (VKA) lautet:

221

"Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist."

222

Insoweit ist diese Regelung vom Wortlaut her nur eine Handlungsmöglichkeit für den Arbeitgeber, ohne dass hierzu eine fordernde Initiative eines Bewerbers erforderlich ist.

223

Dem Angeklagten ist auch nicht vorzuwerfen, dass er über den Wortlaut hinaus über das vorliegende Tarifwerk, ausgehändigt von Frau K, Überlegungen zur weiteren Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen durch weitere Recherchen in Rechtsprechung und Literatur unterlassen hat.

224

Dass zum Zeitpunkt seiner Prüfung im November 2012 zu den Fragen der Einstellung und der Stufenzuordnung im Jahr 2012 keine höchstrichterlichen Orientierungspunkte zur Auslegung dieser Tatbestandsbegriffe existierten, wie sie das Bundesarbeitsgericht erst im Jahr 2014 mit Urteil vom 5. Juni 2014 (Az.: 6 AZR 1008/12) vornahm, entnimmt das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen, des Vorsitzenden Richters am Bundesarbeitsgericht a.D. Prof. B.

225

Der Sachverständige Prof. B wurde von der Kammer als Sachverständiger zur Frage des Standes in Rechtsprechung und Literatur zum Zeitpunkt der dem Angeklagten vorgeworfenen Tathandlung am 1. Dezember 2012 gehört. Insofern hat die Kammer den Sachverständigen Prof. B gerade nicht in Umgehung des Grundsatzes "curia novit iuria" vernommen, sondern diesen allein zum Stand entsprechender gleichartig gelagerter Fälle und zur damaligen Auslegung des § 16 TVöD (VKA) befragt.

226

Der Sachverständige Prof. B, langjähriger Vorsitzender des 4. Senates des Bundesarbeitsgerichtes, zuständig für tarifvertragliche Streitigkeiten, hat sich eindeutig dahingehend positioniert, dass es bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes im Jahre 2014 keine vergleichbaren Entscheidungen gab. Insbesondere führte der Sachverständige weiter aus, dass zum damaligen Zeitpunkt eine Höherstufung bei den Erfahrungsstufen auch mit besonderer Schwierigkeit oder Unannehmlichkeit der zu übernehmenden Aufgabe - bei dem Vorliegen entsprechend förderlicher Zeiten - als mit dem damaligen Auslegungsstand des § 16 TVöD (VKA) als vereinbar angesehen wurde.

227

Eine Verwertung seiner Ausführungen ist statthaft, da diese unter dem Gesichtspunkt einer Verwertung zugunsten des Angeklagten jederzeit möglich ist. Verwertungsverbote der Strafprozessordnung, wie etwa in § 136 a StPO bzw. § 252 StPO dienen nur dem prozessualen Schutz des Angeklagten. Für den Angeklagten vorteilhafte Ergebnisse der Beweisaufnahme können gemäß § 244 StPO verwertet werden.

228

Das o.g. Vorgehen einer Stellenbesetzung wie von den Mitarbeitern der Stadt H (S) zeugenschaftlich bekundet war weder gesetzlich noch tarifvertraglich vorgeschrieben. Dies bestätigt auch der Präsident das Landesverwaltungsamtes P schon in seinem Schreiben vom 17. Juni 2013 an die drei Fraktionen des Stadtrates der Stadt H (S), welches im Selbstleseverfahren eingeführt wurde.

229

Auch verwaltungsinterne Vorschriften existierten nicht. Diese ergeben sich insbesondere nicht aus dem Schreiben des Leitenden Stadtverwaltungsdirektors B vom 28. April 2009. Es war, wie oben dargestellt, ein reines Hinweisblatt für die Stufenzuordnung der Stufen 1 bis 3, gerichtet an die Personalsachbearbeiter.

230

Die Kammer hat auch keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die durch den Angeklagten vorgenommene Berechnung förderlicher Zeiten nicht im Einklang mit der Vorschrift des § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA) stand.

231

Berufliche Tätigkeiten sind förderlich, wenn sie der übertragenen Tätigkeit nützlich sind, indem sie die Qualität oder die Quantität der auszuübenden Tätigkeit zu steigern versprechen und dem Arbeitgeber in irgendeiner Weise zugutekommen.

232

Die Feststellungen der Kammer zu dem beruflichen Vorleben entnimmt sie den in die Verhandlung eingeführten Unterlagen der Personalakten und den glaubhaften Bekundungen der Zeugen E, P und W zu deren beruflichen Werdegang.

233

Dies ergibt für die Kammer folgendes Bild:

234

Die Zeugin E war zuvor über zehn Jahre journalistisch und auch in der Verwaltung tätig.

235

Es ist daher nicht zu beanstanden, dass diese Vortätigkeit für die beabsichtigte Tätigkeit als Büroleiterin - eine Position mit erheblichen Kontakten zur Öffentlichkeit - förderlich und bei der Erfahrungsstufe berücksichtigt worden ist.

236

Der Zeuge P hatte über zehn Jahre unmittelbar für eine politische Partei, den Grünen, bzw. deren Stiftung politische Lobbyarbeit betrieben. Als Referent für strategische Grundsatzfragen erscheint eine solche mehr als zehnjährige Tätigkeit als berufliche Vorerfahrung geeignet.

237

Es ist auch bei lebensnaher Betrachtung vertretbar, das breite Berufsfeld einer freiberuflich tätigen Rechtsanwältin, konkret die 20-jährige Berufstätigkeit der Zeugin W, als "förderliche Zeiten" für die zu besetzende Referentenstelle einzuschätzen.

238

Wie auch schon festgestellt war es in dem damaligen Personalamt der Stadt H (S) nicht zwingend vorgesehen, dass eine umfangreiche Dokumentation für die Zubilligung von Erfahrungsstufen erfolgte. Deshalb kann auch daraus nicht zu Lasten des Angeklagten abgeleitet werden, dass er von den üblichen Einstufungsverfahren zu Gunsten der Zeugen E, P und Wr abgewichen ist.

239

Da die Kammer keine verspätete Zuleitung der Bewerbungsunterlagen an das Personalamt feststellen konnte, ergibt sich auch daraus kein Anhaltspunkt, dass der Angeklagte bei der Stufenzuordnung bewusst widerrechtlich gehandelt haben könnte.

240

Dass die Personalunterlagen zum Zeitpunkt der Einstellung nicht vollständig waren, ist im Ergebnis der Beweisaufnahme zwanglos mit dem Umstand zu erklären, dass diese bis zum Amtsantritt am 1. Dezember 2012 nicht von allen Bewerbern vollständig vorgelegt werden konnten. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der beruflichen Vorzeiten haben sich für die Kammer insbesondere aus der Vernehmung dieser Zeugen nicht ergeben.

241

Dies gilt auch für die Durchführung der Beteiligung des Personalrats, der insbesondere in den Sitzungen des 12. Dezember 2012 und 6. März 2013 in das Mitbestimmungsverfahren einbezogen worden ist.

242

Wie bereits ausgeführt, hat es in der Stadtverwaltung H (S) vor dem hier zu prüfenden Ereignis vom 1. Dezember 2012 auch Einstellungen gegeben, bei denen den Mitarbeitern im Arbeitsvertrag die entsprechende Stufenzuordnung zugesichert und in den Arbeitsvertrag aufgenommen wurde, so dass allein daraus kein sicherer Rückschluss zu ziehen ist, dass dies im Zusammenhang mit unredlichem Handeln des Angeklagten steht.

243

Auch die Verkürzung der Probezeit führt zu keiner anderen Betrachtung, denn sie war, wie festgestellt, aufgrund der Leistungen der eingestellten Mitarbeiter gerechtfertigt.

244

Die vorgenannten einzelnen Umstände ergeben weder für sich allein noch in einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung den Nachweis, dass der Angeklagte vorsätzlich bei der Zuordnung der Stufen 5 geltendes Recht außer Acht ließ, insbesondere die Vorschrift des § 16 Abs. 2 S. 3 TVöD (VKA) bewusst falsch anwendete.

V.

245

Der Angeklagte war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.

246

Der Untreuetatbestand gemäß § 266 Abs. 1 StGB erfordert eine zumindest billigend in Kauf genommene evidente Pflichtwidrigkeit.

247

Eine solche war dem Angeklagten nicht nachzuweisen.

VI.

248

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Magdeburg Urteil, 06. Okt. 2017 - 24 KLs 901 Js 14285/13 (5/16), 24 KLs 5/16

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Magdeburg Urteil, 06. Okt. 2017 - 24 KLs 901 Js 14285/13 (5/16), 24 KLs 5/16 zitiert 8 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Strafprozeßordnung - StPO | § 252 Verbot der Protokollverlesung nach Zeugnisverweigerung


Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

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Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2016 - 4 StR 440/15

bei uns veröffentlicht am 24.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 440/15 vom 24. Mai 2016 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja __________________________ StGB § 266, TVöD (VKA) § 16 Abs. 2 Satz 3 Zur (Haushalts-)Untreue

Bundesarbeitsgericht Urteil, 05. Juni 2014 - 6 AZR 1008/12

bei uns veröffentlicht am 05.06.2014

Tenor 1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 27. September 2012 - 11 Sa 74/12 - wird zurückgewies

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. März 2014 - 10 L 14/13

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Gründe 1 Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 8. Kammer - vom 6. November 2013 hat keinen Erfolg. 2 Der Kläger stützt seinen Antrag auf Zulassung der Berufung auf die..

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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 440/15
vom
24. Mai 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________
Zur (Haushalts-)Untreue durch Zubilligung von Erfahrungsstufen bei Einstellung als
Tarifbeschäftigte(r) im Öffentlichen Dienst.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15 – LG Halle (Saale)
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2016:240516U4STR440.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Verhandlung am 17. März 2016 und in der Sitzung vom 24. Mai 2016, an der teilgenommen haben :
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Mutzbauer, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizangestellte – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 9. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten, den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt H. , vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil des Vermögens der Stadt im Zusammenhang mit der Einstellung von drei städtischen Bediensteten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat Erfolg.

I.


3
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legte dem Angeklagten zur Last, er habe am Tage seines Dienstantritts als neu gewählter Oberbürgermeister, am 1. Dezember 2012, mit drei von ihm ausgesuch- ten und ihm genehmen Personen, die ihn bereits in der Vergangenheit bei seiner kommunalpolitischen Arbeit unterstützt hatten und denen er deshalb im besonderen Maße vertraute, unter anderem unter Umgehung geltender Vorschriften über die Ausschreibung derartiger Dienstposten Arbeitsverträge mit einer gemessen an ihrer jeweiligen Qualifikation zu hohen tariflichen Einstufung abgeschlossen. Durch die pflichtwidrige, nämlich unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommene Zuordnung der drei Beschäftigten zur fünften der jeweils sechs zur Verfügung stehenden Erfahrungsstufen der jeweiligen Entgeltgruppe sei der Stadt H. ein vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommener Gefährdungsschaden in Höhe von ca. 290.000 Euro entstanden.
4
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
5
Im Vorfeld der Übernahme seines Amtes bemühte sich der Angeklagte unter den Beschäftigten der Stadtverwaltung erfolglos um die Gewinnung von Personen für die Besetzung von drei im Haushaltsplan der Stadt ausgebrachten Stellen. Er wollte diese Positionen mit vertrauenswürdigen Mitarbeitern besetzen , die ihn bei der Umsetzung seiner politischen Vorhaben während seiner Amtszeit wirkungsvoll und loyal unterstützen würden, und sah die zügige Besetzung dieser Stellen deshalb als dringlich an. Ihm war bekannt, dass er bei einem Zugriff auf externe Kandidaten allenfalls hinsichtlich der Stelle des Büroleiters des Oberbürgermeisters auf eine förmliche Ausschreibung würde verzichten können. Gleichwohl setzte er das Einstellungsverfahren mit dem Ziel der Besetzung der Stellen mit den Zeuginnen E. und W. sowie mit dem Zeugen P. , die Tätigkeiten außerhalb der Verwaltung der StadtH. ausübten und die zur Übernahme der Stellen bereit waren, ohne eine förmliche Ausschreibung in Gang. Alle drei Personen hatten ihn im Vorfeld seiner Wahl zum Oberbürgermeister unterstützt, die Zeugin E. war für den Angeklagten darüber hinaus wegen ihrer vorangegangenen Tätigkeit als seine persönliche Referentin in seiner Zeit als Beigeordneter in H. eine „gesetzte Mitarbeiterin“. Den Personalrat beteiligte er weder bei der Einstellung der genannten Mitarbeiter noch bei deren konkreter Eingruppierung in die Erfahrungsstufen der den Zeugen zustehenden Entgeltgruppen, da er aufgrund zuvor geführter Gespräche mit Vertretern des Personalrates sowie Mitgliedern des Personalamtes Widerstände gegen die von ihm beabsichtigte Stellenbesetzung befürchtete und weitere Diskussionen über seine Entscheidungen und das Auswahlverfahren nicht aufkommen lassen wollte. Er veranlasste ferner, dass dem Personalamt der Stadt erst zwei Wochen vor dem beabsichtigten Einstellungstermin Bewerbungsunterlagen der drei von ihm ausgewählten Zeugen übermittelt wurden; diese Unterlagen waren zudem unzureichend.
6
Mit seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2012 schloss er sodann die auf seine Amtszeit befristeten Arbeitsverträge mit der Zeugin E. als seiner Büroleiterin (Entgeltgruppe 15 TVöD VKA), dem Zeugen P. als Referent für strategische Grundsatzfragen (Entgeltgruppe 14 TVöD VKA) und der Zeugin W. als Referentin und wissenschaftliche Sachbearbeiterin für Sicherheit und Ordnung (Entgeltgruppe 13 TVöD VKA). Die Unterzeichnung der von ihm selbst erstellten Vertragsurkunden erfolgte in Anwesenheit der drei Zeugen in seinem Büro. Um befürchtete Widerstände seitens des Personalamtes gegen eine zu hohe Zubilligung von Erfahrungsstufen gar nicht erst aufkommen zu lassen, machte er die jeweils gewährte Erfahrungsstufe 5 in den von ihm eigenhändig unterschriebenen Arbeitsverträgen zum Vertragsbestandteil. Die hausinterne Organisationsverfügung, wonach die Erfahrungsstufe bei Neueinstellungen vom Personalamt gesondert festzulegen war, hatte er zuvor durch eine Dienstanweisung aufgehoben. Alle drei Zeugen verbesserten sich durch die ihnen gewährte Entgeltgruppe mit der jeweiligen Erfahrungsstufe 5 finanziell teilweise deutlich gegenüber ihren bisherigen Tätigkeiten. So war etwa die Vergütung der Zeugin E. während ihrer auf ein Jahr befristeten Beschäftigung bei der Stadt H. als persönliche Referentin des Angeklagten in seiner Eigenschaft als Beigeordneter in der Entgeltgruppe 13 mit der Erfahrungsstufe 1 erfolgt. Auch hatte keine der drei genannten Personen die Erfahrungsstufe 5 bei den Verhandlungen zum Abschluss der jeweiligen Arbeitsverträge gefordert. Der Zeuge P. hatte vorab lediglich darauf hingewiesen, dass er sich erst ab Erfahrungsstufe 4 finanziell nicht gegenüber seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit schlechter stellen würde und die Zubilligung dieser Erfahrungsstufe für ihn ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Abschluss des Arbeitsvertrages wäre. Dass die drei Zeugen ihre Tätigkeit alle auch unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 4 ausgeübt hätten, war dem Angeklagten bewusst. Mit der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 verfolgte der Angeklagte unter anderem das Ziel, den Zeugen entgegenzukommen, um sie künftig an sich zu binden , und sie gleichzeitig für die im Wahlkampf geleistete Unterstützung zu belohnen. Nach der in der Verwaltung der Stadt H. geübten Verwaltungspraxis wurde bei zeitlich befristeten Verträgen im Regelfall allenfalls die Erfahrungsstufe 3 als höchste Stufenzuordnung vergeben. Gleichwohl machte der Angeklagte seine Beweggründe für die höhere Einstufung nicht aktenkundig.
7
Erst mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 unterbreitete der Angeklagte ohne nähere Begründung die vorgenommenen Einstellungen mit der dazugehörigen Stufenzuordnung dem Personalrat, der der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 umgehend widersprach, da er die erforderlichen Nachweise für diese Zuordnung in keinem der drei Fälle als erbracht ansah. Eine Einigung über die Einstufung der drei Zeugen zwischen dem Angeklagten und dem Personalrat kam auch in der Folgezeit nicht zustande. Letztlich setzte sich der Angeklagte, der die Probezeit der drei neu eingestellten Mitarbeiter mit Wirkung zum 30. April 2013 vorzeitig für beendet erklärt hatte, mit der Abgabe einer sog. qualifizierten Begründung nach § 62 Abs. 7 Satz 2 PersVG des Landes SachsenAnhalt , die in seinem Auftrag eine Rechtsanwältin, die Zeugin K. , unter dem 30. Mai 2013 vorbereitete, über die Einwände des Personalrates hinweg, sodass es bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 bei allen drei Zeugen verblieb.
8
3. Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Untreue aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Untreue im Sinne von § 266 StGB in Form der sogenannten Haushaltsuntreue komme nur in Fällen evidenter Pflichtverletzungen in Betracht, also dann, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt werde. Eine danach erforderliche gravierende Pflichtverletzung habe dem Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden können. Bei der Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter in Erfahrungsstufe 5 habe der Angeklagte in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt; insbesondere seien alle drei Einstellungen zur Deckung des Personalbedarfs im Sinne dieser Vorschrift erfolgt. Danach sei der Angeklagte befugt gewesen, Zeiten einer vorherigen Beschäftigung für die Frage der Ein- stufung zu berücksichtigen, wenn diese für die vorgesehene Tätigkeit bloß „förderlich“ gewesen seien. Bei der Beurteilung der Förderlichkeit im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) sei ihm ein weitgehendes Ermessen eingeräumt , welche Vorbeschäftigungen er als förderlich ansehe und in welchem Maße er diese für die Einstufung heranziehe. Diesen Ermessensspielraum habe der Angeklagte im vorliegenden Fall weder grob verkannt noch bewusst um- gangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es zwar durchaus möglich , wenn nicht sogar naheliegend, dass sich der Angeklagte bei seiner Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter möglicherweise auch von sachfremden Motiven habe beeinflussen lassen. Unter Weglassung sachfremder Kriterien hätte allen drei Personen eine Vergütung nach der Erfahrungsstufe 4 gewährt werden können. Es habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass sachfremde Motive allein oder ganz wesentlich die Grundlage der Entscheidung des Angeklagten gebildet hätten. Vielmehr habe er seine Entscheidung im Wesentlichen anhand sachlicher Kriterien getroffen, die zwar im Einzelfall möglicherweise nicht ermessensfehlerfrei berücksichtigt worden seien, aber keinesfalls gravierende oder gar willkürlich erscheinende Fehler darstellten.

II.


9
Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue im Sinne von § 266 Abs. 1 Fall 2 StGB zum Nachteil der Stadt H. nur in Betracht kommt, wenn er eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Zu Recht hat es eine derartige Treuepflicht im vorliegenden Fall aus der Stellung des Angeklagten als (hauptamtlicher) Oberbürgermeister im Sinne von § 63 Abs. 1 GO LSA in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 10. August 2009 (GVBl. LSA 2009, 383) gefolgert. Danach oblag es ihm, die Haushaltswirtschaft u.a. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 90 Abs. 2 GO LSA aF) zu führen (vgl. BVerfG, NJW 2010, 3209, 3217, Tz. 128). Konkretisiert wurde dies zum Tatzeitpunkt u.a. auch durch die Verwaltungsvorschrift des Landes Sachsen-Anhalt zu § 7 LHO LSA, wonach das Sparsamkeitsprinzip bei allen ausgabenwirksamen Maßnahmen zu beachten war (Nr. 1 VV zu § 7 LHO LSA, RdErl. des FM v. 1. Februar 2000 – 21 – 04003/2).
11
b) Der Sparsamkeitsgrundsatz, wonach der Staat nichts „verschenken“ darf, stellt ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich dar, das von allen Trägern hoheitlicher Gewalt unabhängig davon zu beachten ist, auf welcher Grundlage sie tätig werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 – 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83; vom 26. April 2006 – 2 StR 515/05, NStZ-RR 2006, 307, und vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 81 f. mwN, z. Veröff. in BGHSt best.; vgl. auch Krell, Untreue durch Stellenbesetzungen, 2015, S. 69 mwN). Als rechtliche Steuerungsnorm ist er dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum aller Hoheitsträger dahingehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 und vom 29. August 2007, jeweils aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 82 a.E.).
12
Er verpflichtet indes nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Daher ist auch für die Höhe der im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz, wonach er der Zubilligung einer höheren Vergütung dann entgegensteht, wenn der Betreffende seine Leistung auch zu anderen, günstigeren Bedingungen erbracht hätte oder erbringen muss, kennt das deutsche Recht nicht (BGH, Urteil vom 29. August 2007 aaO). Daher überschreitet der zur Entscheidung Berufene auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung, soweit ihn öffentlich-rechtliche Vorschriften insoweit nicht begrenzen, seinen Ermessensspielraum regelmäßig nicht, wenn er eine angemessene Vergütung zahlt, und zwar auch dann, wenn der betreffende Vertragspartner auf Grund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden insoweit lediglich eine äußere Grenze (BGH aaO).
13
2. Eine solche Vorschrift, die hier den Entscheidungsspielraum des Angeklagten über die Eingruppierung der bei seinem Amtsantritt eingestellten drei Beschäftigten begrenzte, ist – was das Landgericht im Ansatz ebenfalls zutreffend erkannt hat – § 16 TVöD (VKA). Denn diese Vorschrift trifft eine für die Höhe der Vergütung von Tarifbeschäftigten relevante Regelung. Indem sie die Eingruppierung in verschiedene Erfahrungsstufen im Sinne eines RegelAusnahme -Verhältnisses vom Vorliegen jeweils unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen abhängig macht, dient sie zunächst, wie jede Vergütungsbestimmung in einem Tarifvertrag, der Vergütungsgerechtigkeit durch Schaffung eines objektivierten Gefüges (Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, 7. Aufl., Einl. Rn. 7 unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 24. März 2004 – 5 AZR 303/03, BAGE 110, 79, Tz. 44 mwN). Der in Bund und Kommunen am 1. Oktober 2005 in Kraft getretene TVöD sowie der TV-L für den Bereich der Länder vom 1. November 2006 hatten indes auch zum Ziel, die Entgeltsysteme im öffentlichen Dienst unter Betonung leistungsorientierter Kriterien zu flexibilisieren (vgl. dazu Winter in: Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, 3. Aufl., § 1, Rn. 401, 404). Ermöglicht es aber eine tarifvertragliche Bestimmung – wie hier § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) – dem öffentlichen Arbeitgeber, diesem Gesichtspunkt bei der Eingrup- pierung eines Tarifbeschäftigten Rechnung zu tragen, ist er bei seiner auf diese Vorschrift gestützten Entscheidung seinerseits zur Einhaltung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet (BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 20 zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L).
14
3. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für die drei eingestellten Mitarbeiter in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt, lässt indes nicht nur besorgen, dass sie den Regelungsgehalt dieser tarifrechtlichen Bestimmung verkannt hat, sondern auch, dass sich dieser rechtlich fehlerhafte Ausgangspunkt bei der Beurteilung der Frage, ob der Angeklagte den drei Beschäftigten jeweils eine sachlich nicht gerechtfertigte, unangemessene Vergütung gewährt und damit im Sinne von § 266 StGB pflichtwidrig gehandelt hat, zu seinem Vorteil ausgewirkt hat.
15
a) Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 TVöD (VKA) werden Beschäftigte ohne einschlägige Berufserfahrung der Erfahrungsstufe 1 zugeordnet, verfügen sie über einschlägige Berufserfahrungen unter den in Satz 2 näher bestimmten Voraussetzungen , erfolgt eine Zuordnung maximal in die dritte Erfahrungsstufe. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber nach der hier entscheidungserheblichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
16
b) Schon die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe die hier in Rede stehenden Einstellungen in Erfahrungsstufe 5 „zur Deckung des Per- sonalbedarfs“ im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommen, be- gegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
17
aa) Nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs – ebenso wie bei der Bewertung der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit – handelt es sich daher um eine Tatbestandsvoraussetzung. Erst wenn diese beiden einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet (vgl. nur BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217 mwN zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L). Das Tatbestands- merkmal „zurDeckung des Personalbedarfs“ ist nur dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber tatsächlich Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Personal für die Besetzung einer bestimmten Stelle hat (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008 – 6 AZR 498/07, ZTR 2008, 547, Tz. 29). Dies liegt etwa auch dann vor, wenn die für eine Stelle in Aussicht genommene Person nicht bereit ist, diese ohne Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe anzutreten (vgl. LAG Baden-Württemberg , Urteil vom 21. März 2011 – 22 Sa 76/10, ZTR 2011, 426, Tz. 102).
18
bb) Bereits daran fehlt es hier nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen.
19
Das Landgericht hat eine derartige Schwierigkeit, Personen für die Besetzung der drei im Haushaltsplan vorhandenen Stellen zu gewinnen, gerade nicht festgestellt. Zwar waren die Bemühungen des Angeklagten zur Gewinnung von Kandidaten für die Stellen aus dem Kreis der bei der Stadt H. Beschäftigten erfolglos. Mit den Zeuginnen E. und W. sowie dem Zeugen P. standen indes Anwärter für die Stellen zur Verfügung; deren Einstellung sollte auch erfolgen. Auch hatte nur einer von ihnen, der Zeuge P. , die Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe – Stufe 4 – als Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrages konkret gefordert. Damit war bereits die erste Voraussetzung für die Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 nach den Feststellungen nicht gegeben.
20
c) Ungeachtet dessen hält auch die weitere Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 vornehmen können, da alle drei Beschäftigten in der Vergangenheit berufliche Tätigkeiten ausgeübt hätten, die im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) für die vorgesehenen Tätigkeiten „förderlich“ seien, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
21
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommen als förderliche vorherige berufliche Tätigkeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten in Betracht, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat. Förderlichkeit kann insbesondere anzunehmen sein, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind. Auch eine selbstständige Tätigkeit kann danach eine förderliche berufliche Tätigkeit sein (vgl. zu alledem BAG, Urteile vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 30; vom 19. Dezember 2013 – 6 AZR 94/12, Tz. 58, und vom 21. November 2013 – 6 AZR 23/12, ZTR 2014, 148, Tz. 53).

22
bb) Gemessen daran wird die dahingehende Annahme des Landgerichts, die sich letztlich nur auf die ungeprüft übernommene Einlassung des Angeklagten und die von ihm veranlasste sog. qualifizierte Begründung im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Einigungsverfahrens stützt, nicht hinreichend belegt. Nach den getroffenen Feststellungen versteht sich dies im Hinblick auf alle drei betroffenen Personen auch nicht von selbst. Es kommt hinzu, dass das Landgericht nicht ausschließbar die Auffassung vertreten hat, dem Angeklagten stünde bereits bei der Bejahung des Merkmals der Förderlichkeit ein „weitge- hendes“ Ermessen zu. Dies trifft jedoch, wie oben näher ausgeführt,nicht zu, weil es sich insoweit um reine Rechtsanwendung auf der Tatbestandsseite von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) handelt.
23
Danach beruht der Freispruch des Angeklagten in entscheidungserheblichen Punkten auf der rechtlich unzutreffenden Bewertung derjenigen Tatbestandsmerkmale von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA), die dem Angeklagten erst die Möglichkeit eröffneten, über die Eingruppierung der drei Beschäftigten in einer über der Stufe 3 liegenden Erfahrungsstufe zu befinden.
24
4. Der Freispruch des Angeklagten erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
25
Tragfähige Feststellungen zu einem der Stadt H. als Anstellungskörperschaft möglicherweise entstandenen Vermögensschaden hat das Landgericht, da es bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneint hat, nicht getroffen. Der Senat vermag dem angefochtenen Urteil schon im Hinblick auf die Erwägungen zu dem durch die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 not- wendig gewordenen erhöhten Mittelabfluss aus dem Haushalt der Stadt H. nicht zu entnehmen, dass ein solcher Schaden unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entstanden sein kann.

III.


26
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
27
1. Sollte der neue Tatrichter im Hinblick auf die Begleitumstände der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für alle drei Beschäftigten zu Feststellungen gelangen , die denen des angefochtenen Urteils entsprechen, wird er in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten haben, ob diese die Annahme einer Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB stützen können oder jedenfalls für die Beurteilung der subjektiven Tatseite von Bedeutung sind. Dabei wird gegebenenfalls in den Blick zu nehmen sein, dass der Angeklagte bestehende Ausschreibungsvorschriften nicht beachtete, die für die Einstufung maßgeblichen Gründe nicht dokumentierte, ferner die verspätete Zuleitung unvollständiger Bewerbungsunterlagen an das Personalamt der Stadt, die Nichtbeteiligung des Personalrats, die vorfristige Verkürzung der vorgesehenen Probezeiten und der Umstand, dass der Angeklagte – nach den Feststellungen in Abweichung von der üblichen Verfahrensweise – die Zubilligung der Erfahrungsstufe unmittelbar in den Arbeitsverträgen festschrieb.
28
2. Bei der Berechnung eines der Stadt H. möglicherweise entstandenen Vermögensschadens wird Folgendes zu bedenken sein:
29
Maßgeblich für die Feststellung eines derartigen Schadens ist ein Vergleich des Vermögensstandes der Stadtverwaltung vor dem Abschluss der drei Arbeitsverträge mit dem Vermögensstand danach. Danach könnte jedenfalls die Feststellung eines Mindestschadens in Höhe der Differenzbeträge zwischen einer möglicherweise maximal zu bewilligenden Erfahrungsstufe 4 und der tatsächlich bewilligten Stufe 5 sowie der dadurch letztlich veranlasste Mittelabfluss aus dem Haushalt in Betracht zu ziehen sein. Im Übrigen verweist der Senat auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung in derartigen Fällen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 – 4 StR 71/62, BGHSt 17, 254, 256).

IV.


30
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an die Wirtschaftsstrafkammer eines anderen Landgerichts zurückzuverweisen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 27. September 2012 - 11 Sa 74/12 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Rückstufung im Entgeltsystem des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

2

Der 1963 geborene Kläger ist Diplom-Kaufmann (FH) und war nach seinem Studium mehrere Jahre in leitender Funktion als Kaufmann und Informatiker in der Privatwirtschaft tätig. Ab 2006 war er selbständig. Im März 2007 legte er nach einem parallel betriebenen Studium der Wirtschaftsinformatik an der Fernuniversität H die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an der Sekundarstufe II ab. Im September 2007 begann er bei der Kaufmännischen Schule L den Vorbereitungsdienst und bestand im Juli 2009 die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen. Im Schuljahr 2008/2009 schrieb die Kaufmännische Schule L die Stelle einer Lehrkraft mit den Fächern Betriebswirtschaftslehre und Datenverarbeitung aus. Am 3./11. September 2009 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger als Lehrer für diese Fächerkombination eingestellt wurde. Gemäß § 2 dieses Vertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem TV-L in der jeweils geltenden Fassung. Hinsichtlich der Vergütung sah der Arbeitsvertrag die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 13 TV-L ohne Angabe einer bestimmten Entgeltstufe vor.

3

§ 16 Abs. 2 TV-L enthält folgende Regelungen zur Stufenzuordnung bei einer Neueinstellung:

        

1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

4

Der Kläger erhielt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses am 11. September 2009 eine Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L. Mit Datum vom 27. Oktober 2009 erhielt der Kläger von einem Sachbearbeiter einen Ausdruck aus dem Personalverwaltungssystem DIPSY, wonach bei der Position „förderliche Zeiten“ die Zahl „006“ eingepflegt war. Der Ausdruck war handschriftlich um die Bemerkung „6 Jahre 2001 - 2007 anerkannt, ab 2007 Studium“ ergänzt. Nach einer Überprüfung der Stufenzuordnung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juni 2010 mit, er werde vorläufig bis zum Abschluss des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens rückwirkend zum 11. September 2009 der Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet, weil seine berufliche Tätigkeit erst ab der Zweiten Staatsprüfung berücksichtigt werden könne. Unter dem 7. Juli 2010 richtete der Schulleiter der Kaufmännischen Schule L ein Schreiben an das Regierungspräsidium F, mit dem er betonte, dass der Kläger aufgrund seiner Berufserfahrung eingestellt worden sei und wegen dieser Erfahrung in den Speditionsklassen und in den Klassen der Fachkräfte für Lagerlogistik uneingeschränkt eingesetzt werden könne. Eine Engpasssituation im Bereich Logistik, Spedition und Lagerhaltung habe sich durch seine Einstellung enorm verbessert. Mit Schreiben vom 15. September 2010 verlangte der Kläger weiterhin Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L. Dennoch wurde die Rückstufung im Oktober 2010 vollzogen. Zum 30. September 2011 schied der Kläger durch Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land aus.

5

Mit seiner am 4. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L verlangt. Die Zuordnung zur Entgeltstufe 4 sei ihm ausweislich der Mitteilung vom 27. Oktober 2009 einzelvertraglich zugesichert worden. Eine korrigierende Rückstufung komme nicht in Betracht. Zudem sei die Zuordnung zur Stufe 4 nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht fehlerhaft. Die Ausführungen des Schulleiters im Schreiben vom 7. Juli 2010 belegten sowohl den zum Zeitpunkt seiner Einstellung bestehenden Personalbedarf als auch die Förderlichkeit seiner erworbenen Berufserfahrung für die spätere Lehrtätigkeit. Eine Beschränkung der Anrechenbarkeit auf Tätigkeiten, die nach dem Zweiten Staatsexamen verrichtet wurden, sei § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht zu entnehmen.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011 aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L zu vergüten.

7

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Kläger weder einen einzelvertraglichen noch einen tariflichen Anspruch auf Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L habe. Der Mitteilung des Sachbearbeiters vom 27. Oktober 2009 lasse sich keine Zusage einer bestimmten Stufenzuordnung entnehmen. Der Sachbearbeiter sei auch nicht befugt gewesen, einzelvertragliche Vereinbarungen mit Beschäftigten zu treffen. Auch ein tariflicher Anspruch des Klägers sei nicht gegeben. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L gewähre dem Arbeitgeber hinsichtlich der Anerkennung förderlicher Beschäftigungszeiten bei der Stufenzuordnung ein freies Ermessen. Im Falle des Klägers sei von befugter Stelle keine Entscheidung der Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L getroffen worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hätten auch nicht vorgelegen. Zum einen habe bei der Einstellung des Klägers kein Personalbedarf bestanden, da es sich bei dem Unterrichtsfach Betriebswirtschaftslehre nicht um ein sog. „Mangelfach“ gehandelt habe. Darüber hinaus habe der Kläger bei der Einstellung über keine förderlichen Beschäftigungszeiten verfügt. Als „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L könnten nur solche Zeiten anerkannt werden, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Die Rückstufung sei daher zu Recht erfolgt. Mit ihr werde nur die falsche Eingabe von Anerkennungszeiten in das Personalverwaltungssystem durch einen Sachbearbeiter korrigiert.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 611 Abs. 1 BGB auf Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L in der Zeit vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011. Das beklagte Land war nicht berechtigt, die vorgenommene Stufenzuordnung einseitig im Wege der korrigierenden Rückstufung zu ändern.

10

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der TV-L in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung.

11

II. Das beklagte Land hat den Kläger bei der Einstellung der Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet und diese Stufe der Vergütungsberechnung zugrunde gelegt. Das für eine korrigierende Rückstufung erforderliche Nichtvorliegen einer Tatbestandsvoraussetzung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hat das beklagte Land nicht hinreichend dargelegt.

12

1. Bezüglich Eingruppierungen ist anerkannt, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich berechtigt ist, eine fehlerhafte, der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht entsprechende tarifliche Eingruppierung zu korrigieren (BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - Rn. 19, BAGE 142, 271). Beruft sich der Arbeitnehmer auf die ihm zuvor als maßgebend mitgeteilte und der Vergütung zugrunde gelegte Vergütungsgruppe, muss der Arbeitgeber allerdings die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher gewährten Vergütung darlegen und ggf. beweisen (BAG 20. März 2013 - 4 AZR 521/11 - Rn. 18; 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 29). Dieser Darlegungslast wird genügt, wenn sich aus dessen Vorbringen - einschließlich des unstreitigen Sachverhaltes - ergibt, dass es jedenfalls an einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte Eingruppierung mangelt (vgl. BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - aaO; 7. Mai 2008 - 4 AZR 206/07 - Rn. 27 f. mwN). Die objektive Fehlerhaftigkeit beinhaltet, dass sich der Arbeitgeber insoweit bei der Rechtsanwendung „geirrt“ hat, als er unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung vorgenommen hat (vgl. BAG 16. Februar 2000 - 4 AZR 62/99 - zu II 2 b aa (3) der Gründe, BAGE 93, 340). Diese Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung basieren auf der Erkenntnis, dass es sich bei der Eingruppierung nicht um einen konstitutiven rechtsgestaltenden Akt, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht handelt (vgl. BAG 11. September 2013 - 7 ABR 29/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10 - Rn. 19, BAGE 142, 20; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 50, BAGE 130, 286). Die Eingruppierung ist nicht in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt (BAG 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 19).

13

2. Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung lassen sich auf die Stufenzuordnung im Sinne einer Rückstufung übertragen, wenn sich die Stufenzuordnung auf eine bloße Rechtsanwendung im Rahmen tariflicher Vorgaben beschränkt. Erlauben die tariflichen Regelungen dem Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung hingegen ein rechtsgestaltendes Handeln, kommt eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht in Betracht. Die Stufenzuordnung wird dann durch eine bewusste Entscheidung des Arbeitgebers und nicht mehr allein durch die Umsetzung tariflicher Vorgaben bestimmt.

14

3. In Bezug auf die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L ist demnach wie folgt zu unterscheiden:

15

a) Bei den in § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L geregelten Fällen der Stufenzuordnung handelt es sich um reine Rechtsanwendung. Der Arbeitgeber hat bei Beachtung der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L zu prüfen, ob eine einschlägige Berufserfahrung von bestimmter Länge aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis gegeben ist. Die Stufenzuordnung richtet sich ausschließlich nach dem Subsumtionsergebnis. Erweist sich die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L als fehlerhaft, weil der Subsumtion unzutreffende Tatsachen und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung zugrunde lagen, kann der Arbeitgeber diese durch einseitige Rückstufung korrigieren.

16

b) Bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L treffen hingegen Rechtsanwendung und Rechtsgestaltung zusammen. Dementsprechend ist zu differenzieren.

17

aa) Erweist sich die Stufenzuordnung als fehlerhaft, weil der Arbeitgeber das Vorliegen einer der Tatbestandsvoraussetzungen fehlerhaft bejaht hat, kann er die Stufenzuordnung durch Rückstufung korrigieren.

18

(1) Die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist auf der Tatbestandsebene reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs und der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit handelt es sich um Tatbestandsvoraussetzungen (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15; zu § 21a Abs. 2 BMT-G vgl. BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29; zu Nr. 3 Abs. 2 Satz 4 der Anlage D.12 zum TVöD-V vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52; zu § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; Sponer/Steinherr TV-L Stand Oktober 2009 § 16 Rn. 26; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 19; BeckOK TV-L/Felix Stand 1. März 2014 TV-L § 16 Rn. 23b; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 56; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 26). Erst wenn diese einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet.

19

(2) Die Auffassung der Revision, wonach dem Arbeitgeber bereits auf der Tatbestandsebene des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L „freies“ Ermessen eingeräumt werde, steht im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Tarifnorm. Mit der Regelung soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen kann (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52). Die Vorschrift schafft einen Rahmen, in dem der Arbeitgeber einen tariflich eröffneten Handlungsspielraum bzgl. der Attraktivität der Vergütung nutzen kann. Damit soll einerseits marktgerechte Flexibilität eröffnet werden, andererseits soll aber in Abgrenzung zur Gewährung übertariflicher Leistungen eine Objektivierung und Vereinheitlichung der Arbeitgeberpraxis erreicht werden. Anderenfalls wäre die Regelung sinnlos, da der Arbeitgeber - abgesehen von haushaltsrechtlichen Beschränkungen - nicht gehindert ist, übertarifliche Leistungen zu gewähren und einzelvertraglich zu vereinbaren. Könnte der Arbeitgeber frei bestimmen, ob zB eine frühere Tätigkeit „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist, wäre kein tariflicher Maßstab mehr zu wahren.

20

Gegen ein freies Ermessen des Arbeitgebers auf Tatbestandsebene spricht zudem, dass der öffentliche Arbeitgeber bei der Anerkennung von förderlichen Zeiten dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet ist. Demnach sind objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L notwendig (vgl. Steuernagel ZMV 2013, 25). Müssten schon die Tatbestandsvoraussetzungen nicht objektiv erfüllt sein, wäre ein praktischer Anwendungsbereich für die Tarifnorm kaum eröffnet. Der Arbeitgeber müsste eine Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dann wie eine übertarifliche Vergütungsabrede rechtfertigen.

21

bb) Auf der Rechtsfolgenseite handelt es sich bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L demgegenüber um Rechtsgestaltung, die der Arbeitgeber nicht durch eine Rückstufung einseitig verändern kann. Dem Arbeitgeber wird hier Ermessen eingeräumt. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um freies oder billiges Ermessen handelt (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17). Jedenfalls wird die Stufenzuordnung durch einen Gestaltungsakt des Arbeitgebers und nicht durch bloßen Tarifvollzug bestimmt. Im Umfang der Ermessensausübung ist daher eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht zulässig.

22

4. Will der Arbeitgeber die durch sein Ermessen bestimmte Stufenzuordnung verändern, so muss er im Regelfall mit dem betroffenen Arbeitnehmer eine entsprechende Vereinbarung treffen oder die beabsichtigte Änderung im Wege der Änderungskündigung durchsetzen, denn der Arbeitnehmer hat meist einen vertraglichen Anspruch auf die Vergütung nach der vorgenommenen Stufenzuordnung.

23

a) Hierbei handelt es sich um keine einzelvertragliche Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung. Die Ausübung des Ermessens nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist Teil der Tarifanwendung.

24

b) Das Ermessen wird regelmäßig durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Hierzu bedarf es keiner Form, die Ausübung ist also auch durch schlüssiges Verhalten möglich (vgl. zu § 315 Abs. 2 BGB MüKoBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 Rn. 34 mwN). Tatsächlichem Verhalten des Arbeitgebers kann eine konkludente Willenserklärung entnommen werden, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 60; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222). Ob in einem tatsächlichen Handeln eine konkludente Willenserklärung zu erblicken ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 61; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15).

25

c) Im Falle einer Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L stellt die bloße Lohnzahlung in Höhe einer bestimmten Entgeltstufe regelmäßig ein konkludentes Angebot des Arbeitgebers auf entsprechende Vergütung dar, die der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung erbringt und diese Vergütung entgegennimmt, konkludent annimmt. Damit erhält er einen vertraglichen Anspruch auf die Bezahlung nach dieser Entgeltstufe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber tariflich verpflichtet ist, eine Stufenzuordnung vorzunehmen. Erhält der Arbeitnehmer wiederholt eine bestimmte Vergütung ausgezahlt, darf er regelmäßig nach objektivem Empfängerhorizont davon ausgehen, der Arbeitgeber habe ihn verbindlich der entsprechenden Entgeltstufe zugeordnet. Interne Verwaltungsabläufe des Arbeitgebers sind dabei ohne Bedeutung, wenn sie sich der Kenntnis des Arbeitnehmers entziehen. Entgegen der Auffassung der Revision macht es keinen Unterschied, ob eine Stufenzuordnung auf einer fehlerhaften verwaltungstechnischen Sachbearbeitung oder einer bewussten Entscheidung durch befugte Funktionsträger beruht. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist die faktisch erfolgte und durch die Zahlung belegte Stufenzuordnung maßgeblich. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt annehmen durfte, es handle sich um eine Willenserklärung des Arbeitgebers (vgl. Brox/Walker BGB AT 37. Aufl. Rn. 85, 137). Auf die Kenntnis des Arbeitgebers kommt es, anders als bei der von der Revision genannten Regelung des § 15 Abs. 5 TzBfG, nicht an. Anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitnehmer von Kompetenzüberschreitungen oder Verwaltungsfehlern wusste und der vorgenommenen Stufenzuordnung deshalb keinen Bindungswillen beimessen durfte.

26

5. Im vorliegenden Fall hat sich das beklagte Land nicht auf eine Anfechtung der Stufenzuordnung oder auf deren Änderung durch eine Änderungskündigung berufen, sondern auf die Wirksamkeit einer korrigierenden Rückstufung. Die hierfür erforderliche objektive Fehlerhaftigkeit der Stufenzuordnung ist jedoch nicht hinreichend dargelegt.

27

a) Für die Wirksamkeit der korrigierenden Rückstufung ist - wie ausgeführt - allein maßgeblich, dass eine der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen der nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L vorgenommenen Stufenzuordnung nicht gegeben ist. Die Rückstufung kann daher für sich genommen nicht mit einer Kompetenzüberschreitung oder einem Arbeitsfehler eines Sachbearbeiters begründet werden.

28

b) Eine Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt voraus, dass der Personalbedarf sonst quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend gedeckt werden kann (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47 mwN). Dies kann im Schuldienst bei einem sog. „Mangelfach“ der Fall sein. Der Sachvortrag des beklagten Landes dazu ist aber unzureichend, weil der Kläger nicht nur für das Fach Betriebswirtschaftslehre, sondern auch für das Fach Datenverarbeitung eingestellt wurde. Zu einem fehlenden Personalgewinnungsbedarf für Lehrer dieses Fachs verhält sich der Sachvortrag des beklagten Landes nicht.

29

c) Die ursprüngliche Stufenzuordnung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Kläger bei der Einstellung nicht über förderliche Vorbeschäftigungszeiten verfügte. Im Gegensatz zur Auffassung des beklagten Landes sind im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht nur Zeiten zu berücksichtigen, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Diese Sichtweise entspricht nicht den tariflichen Regelungen.

30

aa) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dient dazu, Berufserfahrung zu berücksichtigen, die dem Arbeitnehmer und damit auch seinem Arbeitgeber in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt(vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 58; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 62 ). Inhaltlich kommen als förderliche Zeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat, in Betracht. Sie können insbesondere vorliegen, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 58; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 24; Zettl ZMV 2010, 173; zur Anlehnung dieser Definition an das Verständnis des Begriffs der „förderlichen Tätigkeit“ in § 10 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG vgl. Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 29; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Februar 2010 E § 16 Rn. 27). Auch eine selbständige Tätigkeit kann demnach eine förderliche berufliche Tätigkeit iSd. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L sein(Steuernagel ZMV 2013, 25, 26; Zettl aaO; Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 16 Rn. 20). Die vorherige förderliche Tätigkeit muss nicht unmittelbar vor der Einstellung verrichtet worden sein (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Rn. 59; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen aaO Rn. 23).

31

bb) Der Begriff der „förderlichen Tätigkeit“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist damit weiter als der Begriff der „einschlägigen Berufserfahrung“ iSv. § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 TV-L(vgl. Howald öAT 2012, 51; Spengler in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 16 Rn. 11). Einschlägige Berufserfahrung ist nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Um einschlägige Berufserfahrung handelt es sich demnach, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 17; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 45). Dabei kommt es nicht auf die formale Bewertung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber, sondern auf die entgeltrechtlich zutreffende Bewertung an (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20). Demgegenüber verlangt eine förderliche Tätigkeit nur eine Nützlichkeit für die auszuübende Tätigkeit, ohne dass es auf die eingruppierungsmäßige Gleichwertigkeit der beruflichen Tätigkeiten ankommt. Auch eine geringer oder anders qualifizierte berufliche Tätigkeit kann in diesem Sinne nützlich sein.

32

cc) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt entgegen der Ansicht der Revision damit nicht voraus, dass die förderlichen Tätigkeiten nach dem für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschluss absolviert wurden. Die berufliche Tätigkeit des Klägers in der Privatwirtschaft bis zum Jahre 2007 ist im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L berücksichtigungsfähig. Dass es sich dabei um für die spätere Lehrtätigkeit nützliche Tätigkeiten handelt, wird vom beklagten Land nicht in Abrede gestellt und ist durch das Schreiben des Schulleiters vom 7. Juli 2010 hinreichend belegt. Es kann hier deshalb unentschieden bleiben, ob und ggf. welche Ausbildungs- und Studienzeiten als förderliche Tätigkeiten anerkannt werden können.

33

III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    W. Kreis     

                 

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

Gründe

1

Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 8. Kammer - vom 6. November 2013 hat keinen Erfolg.

2

Der Kläger stützt seinen Antrag auf Zulassung der Berufung auf die Zulassungsgründe gemäß §§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 5 VwGO.

3

1. Mit seinen diesbezüglichen Ausführungen (Seiten 2 - 30 der Antragsbegründungsschrift) legt der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der Entscheidung der Disziplinarkammer dar.

4

Soweit der Kläger zunächst (Seiten 3 - 24 der Antragsbegründungsschrift) auf vermeintliche Verfahrensfehler im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren abstellt, insbesondere eine Befangenheit des Bürgermeisters D. und anderer Bediensteter der Beklagten dartut, besteht sein Vorbringen zunächst über weite Teile in einer Wiedergabe von Schriftsätzen gegenüber der Beklagten im Verwaltungsverfahren und ist schon deswegen nicht geeignet, ernstliche Zweifel i. S. des § 64 Abs. 2 DG LSA i. V. m. § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO an der Richtigkeit der erstinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung dazulegen.

5

Zwar ist dem Kläger darin zu folgen, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung auch aus einer unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts durch das Gericht resultieren können; indes lässt das Vorbringen des Klägers Ausführungen dazu, inwieweit das Verwaltungsgericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt haben sollte, vermissen. Der vom Verwaltungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegte Sachverhalt ergibt sich vielmehr aus Unterlagen, die in ihrer Existenz unbestritten sind (Aufforderungen der Oberbürgermeisterin gegenüber dem Kläger, dessen schriftliche Reaktion, Schreiben des Klägers an den Stadtrat pp.).

6

Soweit der Kläger vorbringt, das Verwaltungsgericht habe sich mit der von ihm thematisierten Befangenheitsproblematik und einem möglichen Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 44, 46 VwVfG nicht befasst, findet dieses Vorbringen bei näherer Betrachtung der erstinstanzlichen Entscheidung keine sachliche Grundlage. Vielmehr ist auf die längeren Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter Ziff. II. der Urteilsbegründung hinzuweisen, in denen sich das Gericht ausführlich mit der Frage möglicher (formaler und sonstiger) Mängel im behördlichen Verfahren - insbesondere in Bezug auf die verwaltungsinterne Zuständigkeit - auseinandergesetzt hat. Auf diese Erwägungen geht der Kläger jedoch nicht ein.

7

Soweit der Kläger sodann (Seiten 24 - 26 der Antragsbegründungsschrift) ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung damit darzulegen sucht, es habe keine „Überleitung“ des Disziplinarverfahrens gegen den Kläger angesichts dessen Wahl zum Oberbürgermeister erfolgen dürfen, ist dieses Vorbringen ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzutun.

8

Der dazu vom Kläger gegebene Hinweis darauf, ein Beamter könne wegen Verstößen, die er vor seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis, etwa im Angestelltenverhältnis begangen habe, nicht mit Disziplinarmaßnahmen nach dem Disziplinargesetz belegt werden, trifft zwar zu; indes liegt hier schon ein gänzlich anderer Sachverhalt vor, in dem gerade kein Statuswechsel zu berücksichtigen wäre. Vielmehr stand und steht der Kläger als Beigeordneter (§ 66 Abs. 1 Satz 1 GO LSA) sowie als Oberbürgermeister (§ 57 Abs. 1 Satz 2 GO LSA) weiter in einem Beamtenverhältnis auf Zeit zur Beklagten und unterlag bzw. unterliegt - in beiden Funktionen - selbstverständlich dem Geltungsbereich des Disziplinargesetzes (§ 1 Abs. 1 DG LSA). Der Hinweis des Klägers auf das Demokratieprinzip des Art. 20 GG sowie auf das Grundrecht des Art. 12 GG ist insoweit wenig zielführend. Ob angesichts der „Beförderung“ des Klägers Disziplinarmaßnahmen noch „angezeigt“ erscheinen, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit (§ 59 Abs. 3 DG LSA), auf die später eingegangen wird.

9

Soweit der Kläger sodann (Seiten 27 - 29 der Antragsbegründungsschrift) eher knapp das Vorliegen von Disziplinarverstößen in Abrede nimmt, ist dieses Vorbringen schon deswegen nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dazutun, weil es sich nicht in der gebotenen Weise i. S. des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den vom Verwaltungsgericht (Seiten 14 ff. der Urteilsabschrift) im einzelnen der Entscheidung zugrunde gelegten und von ihm disziplinarrechtlich bewerteten Verhaltensweisen des Klägers auseinandersetzt. Vielmehr beschränkt sich das Vorbringen auf Ausführungen zu Spannungen des Klägers gegenüber Frau E. und zu einem gestörten Vertrauensverhältnis sowohl ihr als auch der Oberbürgermeisterin gegenüber.

10

Nähere Ausführungen dazu, weshalb die dem Kläger in der erstinstanzlichen Entscheidung zur Last gelegten Verhaltensweisen ohne disziplinarrechtliche Relevanz sein sollten, lässt das diesbezügliche Vorbringen des Klägers vermissen, weshalb es insoweit an der gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung fehlt.

11

Darüber hinaus ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch nicht zu beanstanden:

12

Der Kläger unterlag - wie jeder andere Beamte - der sog. Folgepflicht des § 35 BeamtStG. Danach war er verpflichtet, die von der Oberbürgermeisterin als seiner Dienstvorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen hatte der Kläger im Wege der Remonstration gemäß § 36 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BeamtStG unverzüglich bei der Oberbürgermeisterin als seiner unmittelbaren Dienstvorgesetzten geltend zu machen und sich für den Fall deren Aufrechterhaltung ggf. an den nächsthöheren Dienstvorgesetzten, mithin an den Stadtrat zu wenden.

13

Diesen grundlegenden und allgemein bekannten beamtenrechtlichen Verpflichtungen ist der Kläger - zumindest mit den nachstehend beschriebenen Verhaltensweisen - schuldhaft nicht nachgekommen, weshalb das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend von einem Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG ausgegangen ist.

14

In der am (…) 2010 erfolgten handschriftlichen Beantwortung der - auf die vertragsgemäße Beschäftigung von Frau E. gerichteten - Weisung der Oberbürgermeisterin vom (…) 2010 mit den Worten:

15

„..ich verweise auf mein Schreiben vom (…) 2009. Den Weisungen komme ich nicht nach“

16

liegt ein Verstoß gegen die dem Kläger gemäß § 35 Satz 2 BeamtStG obliegende Rechtspflicht, dienstlichen Weisungen seiner Dienstvorgesetzten nachzukommen. Abgesehen davon, dass die lapidare Bezugnahme auf ein mehr als ein Jahr älteres früheres Schreiben und der Verzicht auf jegliche Begründung auch nicht ansatzweise den Umgangsformen entsprochen hat, den man von leitenden Beamten einer Stadtverwaltung erwarten muss, liegt in der kategorischen Weigerung des Klägers, die sich in keiner Weise näher mit dem Inhalt und der Begründung des Schreibens seiner Dienst- vorgesetzten auseinandersetzt, eine ganz offen zum Ausdruck gebrachte, bewusste Nichtbefolgung einer dienstlichen Weisung. Angesichts der juristischen Ausbildung des Klägers bedarf es an sich keines näheren Hinweises auf die nach dem Beamtenrecht gebotenen Möglichkeiten der Remonstration gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG (vgl. auch § 56 Abs. 2 Satz 1 BG LSA a. F.) und die sodann gegebene Möglichkeit, ggf. den nächsthöheren Dienstvorgesetzten anzurufen. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass es dem Kläger seinerzeit daran gelegen war, ganz offen die Konfrontation mit seiner Dienstvorgesetzten zu suchen. Ein solches Verhalten ist ohne Zweifel dienstpflichtwidrig und als Dienstvergehen disziplinarrechtlich zu ahnden.

17

Auch in der Nichtbefolgung der - auf die Zuarbeit zu einem Schriftsatz an das Arbeitsgericht Halle gerichteten - Weisung der Oberbürgermeisterin vom (…) 2010 liegt ein schuldhafter Verstoß gegen die dem Kläger gemäß § 35 Satz 2 BeamtStG obliegende Rechtspflicht, dienstliche Anordnungen von Dienstvorgesetzten zu befolgen. Die von dem Kläger veranlassten Schriftsätze seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12. bzw. 26. November 2010 sind nicht geeignet, sein Verhalten anderweitig zu bewerten.

18

Soweit die Weisung der Oberbürgermeisterin vom (…) 2010 im Anwaltsschreiben vom (…) 2010 als „skurill“, als „Versuch, unseren Mandanten unter Druck zu setzen“ bzw. als „schlicht rechtswidrig“ bezeichnet wurde, mag darin noch eine - indes in der Formulierung völlig unangemessene - Remonstration gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG liegen. Allerdings war der Kläger nach der in dem Schreiben der Oberbürgermeisterin vom (…) 2010 eindeutig zum Ausdruck gebrachten Aufrechterhaltung der dienstlichen Weisung verpflichtet, sich hinsichtlich etwa fortbestehender Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung an den nächst höheren Dienstvorgesetzten, mithin an den Stadtrat zu wenden. Diesen - rechtlich gebotenen - Weg hat der Kläger indes bewusst nicht beschritten, sondern schlicht auf seiner bereits zuvor zum Ausdruck gebrachten Weigerung beharrt.

19

Es mag dahinstehen, ob die in dem Anwaltsschreiben vom (…) 2010 enthaltene Aufforderung: „haben Sie ausschließlich mit uns zu korrespondieren“ den Kläger grundsätzlich von seiner eigenen Gehorsamspflicht befreite; jedenfalls hat sich der Kläger - als Volljurist - die in dem Anwaltsschreiben (ausschließlich) enthaltene kategorische weitere Weigerung der Befolgung einer dienstlichen Weisung zurechnen zu lassen. Im übrigen ist bei verständiger Würdigung der hier maßgeblichen Schreiben der Oberbürgermeisterin auch nicht erkennbar, dass diese den Kläger zu einem rechtswidrigen oder ihm unzumutbaren Handeln oder gar zu einem Handeln i. S. des § 36 Abs. 2 Satz 4 BeamtStG hätten veranlassen sollen. Die Reaktion des Klägers zeigt vielmehr dessen Absicht, es ggf. auf einen offenen (Kompetenz-)Konflikt mit seiner Dienstvorgesetzten ankommen zu lassen. Ein solches Verhalten ist indes eindeutig dienstpflichtwidrig und als solches zu ahnden.

20

Auch in dem Schreiben des Klägers an den Stadtrat vom (…) 2010 liegt eine schuldhafte Verletzung von beamtenrechtlichen Dienstpflichten. Das Schreiben hat erkennbar die Zielrichtung, den Stadtrat außerhalb des nach § 36 Abs. 2 Satz 1 und 2 BeamStG vorgesehenen Dienstweges zu veranlassen, auf seine Dienstvorgesetzte einzuwirken und sie zu einer Änderung bzw. Rücknahme dienstlicher Weisungen zu veranlassen. Mit dem Schreiben, vor allem der darin enthaltenen Bitte, es an die Fraktionsvorsitzenden zu kommunizieren, wollte der Kläger offensichtlich den Stadtrat instrumentalisieren, in einer verwaltungsinternen Angelegenheit Druck auf die Oberbürgermeisterin auszuüben, um damit schließlich ihr gegenüber die eigene Position durchzusetzen zu können . Ein solches Verhalten widerspricht eindeutig dem Loyalitätsgebot des § 35 BeamtStG, denn es ist gekennzeichnet durch einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Folgepflicht, vor allem aber auch durch die vordergründige und als verwerflich zu bezeichnende Strategie, seine Dienstvorgesetzte bei ihrem weiteren Dienstvorgesetzten „anzuschwärzen“, um eine ihm gegenüber erteilte Weisung nicht befolgen zu müssen. Es ist - im generellen Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung - nicht akzeptabel, dass nachgeordnete Beamte ihre Weigerung zur Befolgung von Weisungen ihrer Dienstvorgesetzten auf einem dafür rechtlich nicht gebotenen Weg durchzusetzen versuchen.

21

Stellt sich danach das Verhalten des Klägers als schuldhafter Verstoß gegen die ihm aus dem Beamtenverhältnis obliegenden Dienstpflichten dar, so vermag der Kläger auch nicht mit Erfolg die Feststellung des Verwaltungsgerichts infrage zu stellen, wonach sich die disziplinare Ahndung seines Fehlverhaltens nicht als unzweckmäßig gemäß § 59 Abs. 3 DG LSA erweist.

22

Der Zweck einer Disziplinarverfügung liegt in der angemessenen Sanktionierung von dienstlichem Fehlverhalten und in der damit verbundenen Mahnung zur künftigen Beachtung individueller Dienstpflichten. Der Senat geht - wie das Verwaltungsgericht - zum einen davon aus, dass sich der Kläger erheblich dienstpflichtwidrig verhalten hat; zum anderen ist nicht außer Betracht zu lassen, dass der Kläger offensichtlich nicht bereit ist, auch nur ansatzweise die Pflichtwidrigkeit seines Handelns einzuräumen noch gar - außer dem Hinweis auf eine „einmalige Konstellation“ - den Eindruck zu vermitteln, als werde er künftig die ihm - auch in seiner jetzigen Funktion nach wie vor obliegenden - beamtenrechtlichen Dienstpflichten befolgen. Die bisherigen Einlassungen des Klägers vermitteln vielmehr die Strategie, die gegen ihn geführten disziplinaren Ermittlungen schlicht als Mobbing bzw. als (fremdbestimmtes) Verhalten eines „institutionell überforderten Bürgermeisters“ abzuqualifizieren. Gerade diese von völliger Uneinsichtigkeit in das eigene Fehlverhalten geprägten Einlassungen zeigen, dass es hier einer disziplinaren Sanktion bedarf, um dem Kläger das Verbotswidrige seines Handels nachdrücklich vor Augen zu halten.

23

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen hält der Senat auch die gegen den Kläger verhängte Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 8 DG LSA für keinesfalls überzogen, zumal sich diese lediglich auf ein Jahr erstreckt. Es bleibt zu hoffen, dass diese finanziell durchaus spürbare Disziplinarmaßnahme dazu beiträgt, dem Kläger - auch in seiner jetzigen Funktion als Dienstvorgesetzter gegenüber den Beigeordneten - die an sich selbstverständliche Pflicht zur Befolgung dienstlicher Weisungen, die er mit Recht selbst von den ihm nachgeordneten Bediensteten der Stadt A. einfordern wird, dauerhaft zu vermitteln.

24

2. Der Kläger zeigt mit seinem diesbezüglichen Vorbringen (Seiten 31 - 34 der Antragsbegründung) auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß
§§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.

25

Eine grundsätzliche Bedeutung ist nur dann gegeben, wenn die Rechtssache eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und i. S. der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 124 Rdn. 10 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt:

26

Der Kläger legt schon nicht dar, weshalb die von ihm als allgemein klärungsbedürftig dargestellten Rechtsfragen einer generellen Klärung über den hier zugrunde liegenden Einzelfall hinaus bedürfen. Zwar sind die Fragen so formuliert, dass sie die (weitere) Recht- und Zweckmäßigkeit einer Disziplinarverfügung gegenüber einem kommunalen Wahlbeamten im Fall seiner Wahl zum Oberbürgermeister betreffen können; indes beziehen sie sich - wie der Kläger selbst vorträgt - auf den hier zur Entscheidung anstehenden Einzelfall, mithin eine singuläre Konstellation, die gerade keine über den konkreten Fall hinausgehenden, allgemein klärungsbedürftigen Rechtsfragen aufwirft. Die bloße Behauptung des Klägers, „dies“ habe Bedeutung über den Einzelfall hinaus, und es seien „politische Konkurrenzverhältnisse in einer Vielzahl von Fällen im Ursprungsamt denkbar, die später überholt sind“, genügt nicht zur Darlegung der allgemeinen, fallübergreifenden Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen.

27

Im Übrigen würden sich die vom Kläger für fallübergreifend klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen in einem Berufungsverfahren nicht derart stellen, weil sich ihre Beantwortung aus dem Gesetz ergibt. Es ist völlig unzweifelhaft, dass die vom Kläger im Beamtenverhältnis als Beigeordneter begangenen Pflichtverletzungen - anders als ein Fehlverhalten in einem vorangegangenen Arbeits- oder Anstellungsverhältnis - gerade nicht als sog. vordienstliche Verfehlungen mit der Folge anzusehen sind, dass sie keiner disziplinarrechtlichen Ahndung unterliegen. Genauso unzweifelhaft ist es aber auch, dass der sachliche Geltungsbereich des DG LSA gemäß dessen § 2 auch dann (weiter) gegeben ist, wenn Beamte nach der Begehung einer Dienstpflichtverletzung den Dienstherrn wechseln (§ 2 Abs. 2 Satz 2 DG LSA). Es ist die erkennbare Absicht des Gesetzgebers zu verhindern, dass sich ein Beamter durch Dienstherrenwechsel der Sanktionierung seines Verhaltens bei dem früheren Dienstherrn schlicht „entziehen“ kann. In der hier gegebenen Konstellation handelt es sich nicht einmal um einen Dienstherrenwechsel, sondern der Kläger verblieb im Beamtenverhältnis zur Stadt A.. Das Gesetz macht auch keine Ausnahme für den Fall, dass die Übertragung der neuen Funktion durch eine Wahl erfolgt; darin liegt auch keine Regelungslücke, denn - wie sich gerade aus der Regelungssystematik in § 2 Abs. 2 DG LSA ergibt - soll stets das Fehlverhalten in einem früheren Beamtenverhältnis auch nach dem Ausscheiden des Beamten sanktionsfähig blieben.

28

3. Schließlich legt der Kläger auch nicht gemäß §§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO mit Erfolg einen durch das Verwaltungsgericht begangenen Verfahrensfehler i. S. einer Überraschungsentscheidung dar.

29

Soweit sich der Kläger diesbezüglich auf Hinweise des Berichterstatters in seiner - an die Beklagte gerichteten - Verfügung vom (…) 2013 bezieht, ist dazu zu bemerken, dass es sich insoweit um dessen - vorläufige - Rechtsauffassung zur Frage der Zweckmäßigkeit der Disziplinarverfügung gemäß § 59 Abs. 3 DG LSA und die Anregung einer Überprüfung der Position der Beklagten gehandelt hat. Schon der Umstand, dass die Beklagte an ihrer Disziplinarverfügung festgehalten hat und es sodann zur mündlichen Verhandlung kam, konnte den Kläger nicht ohne weiteres zu der Annahme veranlassen, das Verwaltungsgericht werde die Disziplinarverfügung wegen nicht gegebener Zweckmäßigkeit aufheben (vgl. auch BVerwG, B. v. 5. Dezember 2001 - 4 B 82.01 -; juris). Im Übrigen ist davon auszugehen, dass in der mehr als eine Stunde andauernden mündlichen Verhandlung auch die Frage der Zweckmäßigkeit einer disziplinaren Ahndung erörtert worden ist. Der Kläger behauptet zudem selbst nicht, dass das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hat, es sehe die der Verhandlung zugrunde liegende Disziplinarverfügung als gänzlich unzweckmäßig i. S. des § 59 Abs. 3 DG LSA an. Dem steht im Übrigen auch die Beschränkung der gerichtlich zu würdigenden Pflichtverstöße im Beschluss der Disziplinarkammer vom 28. Oktober 2013 entgegen.

30

Sollte der Prozessbevollmächtigte des Klägers noch in der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Position der Disziplinarkammer gehegt haben, so wäre es seine Sache gewesen, sich zu der vom Berichterstatter angedeuteten Problematik zu verhalten und auf eine - ggf. zu Protokoll zu nehmende - Äußerung der Disziplinarkammer hinzuwirken.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

32

Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 73 Abs.1 Satz 1 DG LSA.

33

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 3 DG LSA i. V. m. § 152 Abs. 1 VwGO).


Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 27. September 2012 - 11 Sa 74/12 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Rückstufung im Entgeltsystem des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

2

Der 1963 geborene Kläger ist Diplom-Kaufmann (FH) und war nach seinem Studium mehrere Jahre in leitender Funktion als Kaufmann und Informatiker in der Privatwirtschaft tätig. Ab 2006 war er selbständig. Im März 2007 legte er nach einem parallel betriebenen Studium der Wirtschaftsinformatik an der Fernuniversität H die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an der Sekundarstufe II ab. Im September 2007 begann er bei der Kaufmännischen Schule L den Vorbereitungsdienst und bestand im Juli 2009 die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen. Im Schuljahr 2008/2009 schrieb die Kaufmännische Schule L die Stelle einer Lehrkraft mit den Fächern Betriebswirtschaftslehre und Datenverarbeitung aus. Am 3./11. September 2009 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger als Lehrer für diese Fächerkombination eingestellt wurde. Gemäß § 2 dieses Vertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem TV-L in der jeweils geltenden Fassung. Hinsichtlich der Vergütung sah der Arbeitsvertrag die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 13 TV-L ohne Angabe einer bestimmten Entgeltstufe vor.

3

§ 16 Abs. 2 TV-L enthält folgende Regelungen zur Stufenzuordnung bei einer Neueinstellung:

        

1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

4

Der Kläger erhielt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses am 11. September 2009 eine Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L. Mit Datum vom 27. Oktober 2009 erhielt der Kläger von einem Sachbearbeiter einen Ausdruck aus dem Personalverwaltungssystem DIPSY, wonach bei der Position „förderliche Zeiten“ die Zahl „006“ eingepflegt war. Der Ausdruck war handschriftlich um die Bemerkung „6 Jahre 2001 - 2007 anerkannt, ab 2007 Studium“ ergänzt. Nach einer Überprüfung der Stufenzuordnung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juni 2010 mit, er werde vorläufig bis zum Abschluss des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens rückwirkend zum 11. September 2009 der Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet, weil seine berufliche Tätigkeit erst ab der Zweiten Staatsprüfung berücksichtigt werden könne. Unter dem 7. Juli 2010 richtete der Schulleiter der Kaufmännischen Schule L ein Schreiben an das Regierungspräsidium F, mit dem er betonte, dass der Kläger aufgrund seiner Berufserfahrung eingestellt worden sei und wegen dieser Erfahrung in den Speditionsklassen und in den Klassen der Fachkräfte für Lagerlogistik uneingeschränkt eingesetzt werden könne. Eine Engpasssituation im Bereich Logistik, Spedition und Lagerhaltung habe sich durch seine Einstellung enorm verbessert. Mit Schreiben vom 15. September 2010 verlangte der Kläger weiterhin Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L. Dennoch wurde die Rückstufung im Oktober 2010 vollzogen. Zum 30. September 2011 schied der Kläger durch Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land aus.

5

Mit seiner am 4. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L verlangt. Die Zuordnung zur Entgeltstufe 4 sei ihm ausweislich der Mitteilung vom 27. Oktober 2009 einzelvertraglich zugesichert worden. Eine korrigierende Rückstufung komme nicht in Betracht. Zudem sei die Zuordnung zur Stufe 4 nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht fehlerhaft. Die Ausführungen des Schulleiters im Schreiben vom 7. Juli 2010 belegten sowohl den zum Zeitpunkt seiner Einstellung bestehenden Personalbedarf als auch die Förderlichkeit seiner erworbenen Berufserfahrung für die spätere Lehrtätigkeit. Eine Beschränkung der Anrechenbarkeit auf Tätigkeiten, die nach dem Zweiten Staatsexamen verrichtet wurden, sei § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht zu entnehmen.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011 aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L zu vergüten.

7

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Kläger weder einen einzelvertraglichen noch einen tariflichen Anspruch auf Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L habe. Der Mitteilung des Sachbearbeiters vom 27. Oktober 2009 lasse sich keine Zusage einer bestimmten Stufenzuordnung entnehmen. Der Sachbearbeiter sei auch nicht befugt gewesen, einzelvertragliche Vereinbarungen mit Beschäftigten zu treffen. Auch ein tariflicher Anspruch des Klägers sei nicht gegeben. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L gewähre dem Arbeitgeber hinsichtlich der Anerkennung förderlicher Beschäftigungszeiten bei der Stufenzuordnung ein freies Ermessen. Im Falle des Klägers sei von befugter Stelle keine Entscheidung der Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L getroffen worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hätten auch nicht vorgelegen. Zum einen habe bei der Einstellung des Klägers kein Personalbedarf bestanden, da es sich bei dem Unterrichtsfach Betriebswirtschaftslehre nicht um ein sog. „Mangelfach“ gehandelt habe. Darüber hinaus habe der Kläger bei der Einstellung über keine förderlichen Beschäftigungszeiten verfügt. Als „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L könnten nur solche Zeiten anerkannt werden, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Die Rückstufung sei daher zu Recht erfolgt. Mit ihr werde nur die falsche Eingabe von Anerkennungszeiten in das Personalverwaltungssystem durch einen Sachbearbeiter korrigiert.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 611 Abs. 1 BGB auf Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L in der Zeit vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011. Das beklagte Land war nicht berechtigt, die vorgenommene Stufenzuordnung einseitig im Wege der korrigierenden Rückstufung zu ändern.

10

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der TV-L in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung.

11

II. Das beklagte Land hat den Kläger bei der Einstellung der Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet und diese Stufe der Vergütungsberechnung zugrunde gelegt. Das für eine korrigierende Rückstufung erforderliche Nichtvorliegen einer Tatbestandsvoraussetzung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hat das beklagte Land nicht hinreichend dargelegt.

12

1. Bezüglich Eingruppierungen ist anerkannt, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich berechtigt ist, eine fehlerhafte, der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht entsprechende tarifliche Eingruppierung zu korrigieren (BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - Rn. 19, BAGE 142, 271). Beruft sich der Arbeitnehmer auf die ihm zuvor als maßgebend mitgeteilte und der Vergütung zugrunde gelegte Vergütungsgruppe, muss der Arbeitgeber allerdings die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher gewährten Vergütung darlegen und ggf. beweisen (BAG 20. März 2013 - 4 AZR 521/11 - Rn. 18; 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 29). Dieser Darlegungslast wird genügt, wenn sich aus dessen Vorbringen - einschließlich des unstreitigen Sachverhaltes - ergibt, dass es jedenfalls an einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte Eingruppierung mangelt (vgl. BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - aaO; 7. Mai 2008 - 4 AZR 206/07 - Rn. 27 f. mwN). Die objektive Fehlerhaftigkeit beinhaltet, dass sich der Arbeitgeber insoweit bei der Rechtsanwendung „geirrt“ hat, als er unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung vorgenommen hat (vgl. BAG 16. Februar 2000 - 4 AZR 62/99 - zu II 2 b aa (3) der Gründe, BAGE 93, 340). Diese Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung basieren auf der Erkenntnis, dass es sich bei der Eingruppierung nicht um einen konstitutiven rechtsgestaltenden Akt, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht handelt (vgl. BAG 11. September 2013 - 7 ABR 29/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10 - Rn. 19, BAGE 142, 20; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 50, BAGE 130, 286). Die Eingruppierung ist nicht in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt (BAG 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 19).

13

2. Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung lassen sich auf die Stufenzuordnung im Sinne einer Rückstufung übertragen, wenn sich die Stufenzuordnung auf eine bloße Rechtsanwendung im Rahmen tariflicher Vorgaben beschränkt. Erlauben die tariflichen Regelungen dem Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung hingegen ein rechtsgestaltendes Handeln, kommt eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht in Betracht. Die Stufenzuordnung wird dann durch eine bewusste Entscheidung des Arbeitgebers und nicht mehr allein durch die Umsetzung tariflicher Vorgaben bestimmt.

14

3. In Bezug auf die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L ist demnach wie folgt zu unterscheiden:

15

a) Bei den in § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L geregelten Fällen der Stufenzuordnung handelt es sich um reine Rechtsanwendung. Der Arbeitgeber hat bei Beachtung der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L zu prüfen, ob eine einschlägige Berufserfahrung von bestimmter Länge aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis gegeben ist. Die Stufenzuordnung richtet sich ausschließlich nach dem Subsumtionsergebnis. Erweist sich die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L als fehlerhaft, weil der Subsumtion unzutreffende Tatsachen und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung zugrunde lagen, kann der Arbeitgeber diese durch einseitige Rückstufung korrigieren.

16

b) Bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L treffen hingegen Rechtsanwendung und Rechtsgestaltung zusammen. Dementsprechend ist zu differenzieren.

17

aa) Erweist sich die Stufenzuordnung als fehlerhaft, weil der Arbeitgeber das Vorliegen einer der Tatbestandsvoraussetzungen fehlerhaft bejaht hat, kann er die Stufenzuordnung durch Rückstufung korrigieren.

18

(1) Die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist auf der Tatbestandsebene reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs und der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit handelt es sich um Tatbestandsvoraussetzungen (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15; zu § 21a Abs. 2 BMT-G vgl. BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29; zu Nr. 3 Abs. 2 Satz 4 der Anlage D.12 zum TVöD-V vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52; zu § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; Sponer/Steinherr TV-L Stand Oktober 2009 § 16 Rn. 26; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 19; BeckOK TV-L/Felix Stand 1. März 2014 TV-L § 16 Rn. 23b; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 56; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 26). Erst wenn diese einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet.

19

(2) Die Auffassung der Revision, wonach dem Arbeitgeber bereits auf der Tatbestandsebene des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L „freies“ Ermessen eingeräumt werde, steht im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Tarifnorm. Mit der Regelung soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen kann (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52). Die Vorschrift schafft einen Rahmen, in dem der Arbeitgeber einen tariflich eröffneten Handlungsspielraum bzgl. der Attraktivität der Vergütung nutzen kann. Damit soll einerseits marktgerechte Flexibilität eröffnet werden, andererseits soll aber in Abgrenzung zur Gewährung übertariflicher Leistungen eine Objektivierung und Vereinheitlichung der Arbeitgeberpraxis erreicht werden. Anderenfalls wäre die Regelung sinnlos, da der Arbeitgeber - abgesehen von haushaltsrechtlichen Beschränkungen - nicht gehindert ist, übertarifliche Leistungen zu gewähren und einzelvertraglich zu vereinbaren. Könnte der Arbeitgeber frei bestimmen, ob zB eine frühere Tätigkeit „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist, wäre kein tariflicher Maßstab mehr zu wahren.

20

Gegen ein freies Ermessen des Arbeitgebers auf Tatbestandsebene spricht zudem, dass der öffentliche Arbeitgeber bei der Anerkennung von förderlichen Zeiten dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet ist. Demnach sind objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L notwendig (vgl. Steuernagel ZMV 2013, 25). Müssten schon die Tatbestandsvoraussetzungen nicht objektiv erfüllt sein, wäre ein praktischer Anwendungsbereich für die Tarifnorm kaum eröffnet. Der Arbeitgeber müsste eine Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dann wie eine übertarifliche Vergütungsabrede rechtfertigen.

21

bb) Auf der Rechtsfolgenseite handelt es sich bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L demgegenüber um Rechtsgestaltung, die der Arbeitgeber nicht durch eine Rückstufung einseitig verändern kann. Dem Arbeitgeber wird hier Ermessen eingeräumt. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um freies oder billiges Ermessen handelt (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17). Jedenfalls wird die Stufenzuordnung durch einen Gestaltungsakt des Arbeitgebers und nicht durch bloßen Tarifvollzug bestimmt. Im Umfang der Ermessensausübung ist daher eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht zulässig.

22

4. Will der Arbeitgeber die durch sein Ermessen bestimmte Stufenzuordnung verändern, so muss er im Regelfall mit dem betroffenen Arbeitnehmer eine entsprechende Vereinbarung treffen oder die beabsichtigte Änderung im Wege der Änderungskündigung durchsetzen, denn der Arbeitnehmer hat meist einen vertraglichen Anspruch auf die Vergütung nach der vorgenommenen Stufenzuordnung.

23

a) Hierbei handelt es sich um keine einzelvertragliche Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung. Die Ausübung des Ermessens nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist Teil der Tarifanwendung.

24

b) Das Ermessen wird regelmäßig durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Hierzu bedarf es keiner Form, die Ausübung ist also auch durch schlüssiges Verhalten möglich (vgl. zu § 315 Abs. 2 BGB MüKoBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 Rn. 34 mwN). Tatsächlichem Verhalten des Arbeitgebers kann eine konkludente Willenserklärung entnommen werden, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 60; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222). Ob in einem tatsächlichen Handeln eine konkludente Willenserklärung zu erblicken ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 61; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15).

25

c) Im Falle einer Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L stellt die bloße Lohnzahlung in Höhe einer bestimmten Entgeltstufe regelmäßig ein konkludentes Angebot des Arbeitgebers auf entsprechende Vergütung dar, die der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung erbringt und diese Vergütung entgegennimmt, konkludent annimmt. Damit erhält er einen vertraglichen Anspruch auf die Bezahlung nach dieser Entgeltstufe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber tariflich verpflichtet ist, eine Stufenzuordnung vorzunehmen. Erhält der Arbeitnehmer wiederholt eine bestimmte Vergütung ausgezahlt, darf er regelmäßig nach objektivem Empfängerhorizont davon ausgehen, der Arbeitgeber habe ihn verbindlich der entsprechenden Entgeltstufe zugeordnet. Interne Verwaltungsabläufe des Arbeitgebers sind dabei ohne Bedeutung, wenn sie sich der Kenntnis des Arbeitnehmers entziehen. Entgegen der Auffassung der Revision macht es keinen Unterschied, ob eine Stufenzuordnung auf einer fehlerhaften verwaltungstechnischen Sachbearbeitung oder einer bewussten Entscheidung durch befugte Funktionsträger beruht. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist die faktisch erfolgte und durch die Zahlung belegte Stufenzuordnung maßgeblich. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt annehmen durfte, es handle sich um eine Willenserklärung des Arbeitgebers (vgl. Brox/Walker BGB AT 37. Aufl. Rn. 85, 137). Auf die Kenntnis des Arbeitgebers kommt es, anders als bei der von der Revision genannten Regelung des § 15 Abs. 5 TzBfG, nicht an. Anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitnehmer von Kompetenzüberschreitungen oder Verwaltungsfehlern wusste und der vorgenommenen Stufenzuordnung deshalb keinen Bindungswillen beimessen durfte.

26

5. Im vorliegenden Fall hat sich das beklagte Land nicht auf eine Anfechtung der Stufenzuordnung oder auf deren Änderung durch eine Änderungskündigung berufen, sondern auf die Wirksamkeit einer korrigierenden Rückstufung. Die hierfür erforderliche objektive Fehlerhaftigkeit der Stufenzuordnung ist jedoch nicht hinreichend dargelegt.

27

a) Für die Wirksamkeit der korrigierenden Rückstufung ist - wie ausgeführt - allein maßgeblich, dass eine der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen der nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L vorgenommenen Stufenzuordnung nicht gegeben ist. Die Rückstufung kann daher für sich genommen nicht mit einer Kompetenzüberschreitung oder einem Arbeitsfehler eines Sachbearbeiters begründet werden.

28

b) Eine Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt voraus, dass der Personalbedarf sonst quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend gedeckt werden kann (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47 mwN). Dies kann im Schuldienst bei einem sog. „Mangelfach“ der Fall sein. Der Sachvortrag des beklagten Landes dazu ist aber unzureichend, weil der Kläger nicht nur für das Fach Betriebswirtschaftslehre, sondern auch für das Fach Datenverarbeitung eingestellt wurde. Zu einem fehlenden Personalgewinnungsbedarf für Lehrer dieses Fachs verhält sich der Sachvortrag des beklagten Landes nicht.

29

c) Die ursprüngliche Stufenzuordnung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Kläger bei der Einstellung nicht über förderliche Vorbeschäftigungszeiten verfügte. Im Gegensatz zur Auffassung des beklagten Landes sind im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht nur Zeiten zu berücksichtigen, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Diese Sichtweise entspricht nicht den tariflichen Regelungen.

30

aa) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dient dazu, Berufserfahrung zu berücksichtigen, die dem Arbeitnehmer und damit auch seinem Arbeitgeber in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt(vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 58; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 62 ). Inhaltlich kommen als förderliche Zeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat, in Betracht. Sie können insbesondere vorliegen, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 58; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 24; Zettl ZMV 2010, 173; zur Anlehnung dieser Definition an das Verständnis des Begriffs der „förderlichen Tätigkeit“ in § 10 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG vgl. Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 29; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Februar 2010 E § 16 Rn. 27). Auch eine selbständige Tätigkeit kann demnach eine förderliche berufliche Tätigkeit iSd. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L sein(Steuernagel ZMV 2013, 25, 26; Zettl aaO; Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 16 Rn. 20). Die vorherige förderliche Tätigkeit muss nicht unmittelbar vor der Einstellung verrichtet worden sein (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Rn. 59; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen aaO Rn. 23).

31

bb) Der Begriff der „förderlichen Tätigkeit“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist damit weiter als der Begriff der „einschlägigen Berufserfahrung“ iSv. § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 TV-L(vgl. Howald öAT 2012, 51; Spengler in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 16 Rn. 11). Einschlägige Berufserfahrung ist nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Um einschlägige Berufserfahrung handelt es sich demnach, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 17; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 45). Dabei kommt es nicht auf die formale Bewertung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber, sondern auf die entgeltrechtlich zutreffende Bewertung an (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20). Demgegenüber verlangt eine förderliche Tätigkeit nur eine Nützlichkeit für die auszuübende Tätigkeit, ohne dass es auf die eingruppierungsmäßige Gleichwertigkeit der beruflichen Tätigkeiten ankommt. Auch eine geringer oder anders qualifizierte berufliche Tätigkeit kann in diesem Sinne nützlich sein.

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cc) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt entgegen der Ansicht der Revision damit nicht voraus, dass die förderlichen Tätigkeiten nach dem für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschluss absolviert wurden. Die berufliche Tätigkeit des Klägers in der Privatwirtschaft bis zum Jahre 2007 ist im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L berücksichtigungsfähig. Dass es sich dabei um für die spätere Lehrtätigkeit nützliche Tätigkeiten handelt, wird vom beklagten Land nicht in Abrede gestellt und ist durch das Schreiben des Schulleiters vom 7. Juli 2010 hinreichend belegt. Es kann hier deshalb unentschieden bleiben, ob und ggf. welche Ausbildungs- und Studienzeiten als förderliche Tätigkeiten anerkannt werden können.

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III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    W. Kreis     

                 

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.