Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2016 - 4 StR 440/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:240516U4STR440.15.0
bei uns veröffentlicht am24.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 440/15
vom
24. Mai 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________
Zur (Haushalts-)Untreue durch Zubilligung von Erfahrungsstufen bei Einstellung als
Tarifbeschäftigte(r) im Öffentlichen Dienst.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15 – LG Halle (Saale)
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2016:240516U4STR440.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Verhandlung am 17. März 2016 und in der Sitzung vom 24. Mai 2016, an der teilgenommen haben :
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Mutzbauer, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizangestellte – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 9. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten, den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt H. , vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil des Vermögens der Stadt im Zusammenhang mit der Einstellung von drei städtischen Bediensteten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat Erfolg.

I.


3
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legte dem Angeklagten zur Last, er habe am Tage seines Dienstantritts als neu gewählter Oberbürgermeister, am 1. Dezember 2012, mit drei von ihm ausgesuch- ten und ihm genehmen Personen, die ihn bereits in der Vergangenheit bei seiner kommunalpolitischen Arbeit unterstützt hatten und denen er deshalb im besonderen Maße vertraute, unter anderem unter Umgehung geltender Vorschriften über die Ausschreibung derartiger Dienstposten Arbeitsverträge mit einer gemessen an ihrer jeweiligen Qualifikation zu hohen tariflichen Einstufung abgeschlossen. Durch die pflichtwidrige, nämlich unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommene Zuordnung der drei Beschäftigten zur fünften der jeweils sechs zur Verfügung stehenden Erfahrungsstufen der jeweiligen Entgeltgruppe sei der Stadt H. ein vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommener Gefährdungsschaden in Höhe von ca. 290.000 Euro entstanden.
4
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
5
Im Vorfeld der Übernahme seines Amtes bemühte sich der Angeklagte unter den Beschäftigten der Stadtverwaltung erfolglos um die Gewinnung von Personen für die Besetzung von drei im Haushaltsplan der Stadt ausgebrachten Stellen. Er wollte diese Positionen mit vertrauenswürdigen Mitarbeitern besetzen , die ihn bei der Umsetzung seiner politischen Vorhaben während seiner Amtszeit wirkungsvoll und loyal unterstützen würden, und sah die zügige Besetzung dieser Stellen deshalb als dringlich an. Ihm war bekannt, dass er bei einem Zugriff auf externe Kandidaten allenfalls hinsichtlich der Stelle des Büroleiters des Oberbürgermeisters auf eine förmliche Ausschreibung würde verzichten können. Gleichwohl setzte er das Einstellungsverfahren mit dem Ziel der Besetzung der Stellen mit den Zeuginnen E. und W. sowie mit dem Zeugen P. , die Tätigkeiten außerhalb der Verwaltung der StadtH. ausübten und die zur Übernahme der Stellen bereit waren, ohne eine förmliche Ausschreibung in Gang. Alle drei Personen hatten ihn im Vorfeld seiner Wahl zum Oberbürgermeister unterstützt, die Zeugin E. war für den Angeklagten darüber hinaus wegen ihrer vorangegangenen Tätigkeit als seine persönliche Referentin in seiner Zeit als Beigeordneter in H. eine „gesetzte Mitarbeiterin“. Den Personalrat beteiligte er weder bei der Einstellung der genannten Mitarbeiter noch bei deren konkreter Eingruppierung in die Erfahrungsstufen der den Zeugen zustehenden Entgeltgruppen, da er aufgrund zuvor geführter Gespräche mit Vertretern des Personalrates sowie Mitgliedern des Personalamtes Widerstände gegen die von ihm beabsichtigte Stellenbesetzung befürchtete und weitere Diskussionen über seine Entscheidungen und das Auswahlverfahren nicht aufkommen lassen wollte. Er veranlasste ferner, dass dem Personalamt der Stadt erst zwei Wochen vor dem beabsichtigten Einstellungstermin Bewerbungsunterlagen der drei von ihm ausgewählten Zeugen übermittelt wurden; diese Unterlagen waren zudem unzureichend.
6
Mit seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2012 schloss er sodann die auf seine Amtszeit befristeten Arbeitsverträge mit der Zeugin E. als seiner Büroleiterin (Entgeltgruppe 15 TVöD VKA), dem Zeugen P. als Referent für strategische Grundsatzfragen (Entgeltgruppe 14 TVöD VKA) und der Zeugin W. als Referentin und wissenschaftliche Sachbearbeiterin für Sicherheit und Ordnung (Entgeltgruppe 13 TVöD VKA). Die Unterzeichnung der von ihm selbst erstellten Vertragsurkunden erfolgte in Anwesenheit der drei Zeugen in seinem Büro. Um befürchtete Widerstände seitens des Personalamtes gegen eine zu hohe Zubilligung von Erfahrungsstufen gar nicht erst aufkommen zu lassen, machte er die jeweils gewährte Erfahrungsstufe 5 in den von ihm eigenhändig unterschriebenen Arbeitsverträgen zum Vertragsbestandteil. Die hausinterne Organisationsverfügung, wonach die Erfahrungsstufe bei Neueinstellungen vom Personalamt gesondert festzulegen war, hatte er zuvor durch eine Dienstanweisung aufgehoben. Alle drei Zeugen verbesserten sich durch die ihnen gewährte Entgeltgruppe mit der jeweiligen Erfahrungsstufe 5 finanziell teilweise deutlich gegenüber ihren bisherigen Tätigkeiten. So war etwa die Vergütung der Zeugin E. während ihrer auf ein Jahr befristeten Beschäftigung bei der Stadt H. als persönliche Referentin des Angeklagten in seiner Eigenschaft als Beigeordneter in der Entgeltgruppe 13 mit der Erfahrungsstufe 1 erfolgt. Auch hatte keine der drei genannten Personen die Erfahrungsstufe 5 bei den Verhandlungen zum Abschluss der jeweiligen Arbeitsverträge gefordert. Der Zeuge P. hatte vorab lediglich darauf hingewiesen, dass er sich erst ab Erfahrungsstufe 4 finanziell nicht gegenüber seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit schlechter stellen würde und die Zubilligung dieser Erfahrungsstufe für ihn ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Abschluss des Arbeitsvertrages wäre. Dass die drei Zeugen ihre Tätigkeit alle auch unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 4 ausgeübt hätten, war dem Angeklagten bewusst. Mit der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 verfolgte der Angeklagte unter anderem das Ziel, den Zeugen entgegenzukommen, um sie künftig an sich zu binden , und sie gleichzeitig für die im Wahlkampf geleistete Unterstützung zu belohnen. Nach der in der Verwaltung der Stadt H. geübten Verwaltungspraxis wurde bei zeitlich befristeten Verträgen im Regelfall allenfalls die Erfahrungsstufe 3 als höchste Stufenzuordnung vergeben. Gleichwohl machte der Angeklagte seine Beweggründe für die höhere Einstufung nicht aktenkundig.
7
Erst mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 unterbreitete der Angeklagte ohne nähere Begründung die vorgenommenen Einstellungen mit der dazugehörigen Stufenzuordnung dem Personalrat, der der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 umgehend widersprach, da er die erforderlichen Nachweise für diese Zuordnung in keinem der drei Fälle als erbracht ansah. Eine Einigung über die Einstufung der drei Zeugen zwischen dem Angeklagten und dem Personalrat kam auch in der Folgezeit nicht zustande. Letztlich setzte sich der Angeklagte, der die Probezeit der drei neu eingestellten Mitarbeiter mit Wirkung zum 30. April 2013 vorzeitig für beendet erklärt hatte, mit der Abgabe einer sog. qualifizierten Begründung nach § 62 Abs. 7 Satz 2 PersVG des Landes SachsenAnhalt , die in seinem Auftrag eine Rechtsanwältin, die Zeugin K. , unter dem 30. Mai 2013 vorbereitete, über die Einwände des Personalrates hinweg, sodass es bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 bei allen drei Zeugen verblieb.
8
3. Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Untreue aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Untreue im Sinne von § 266 StGB in Form der sogenannten Haushaltsuntreue komme nur in Fällen evidenter Pflichtverletzungen in Betracht, also dann, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt werde. Eine danach erforderliche gravierende Pflichtverletzung habe dem Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden können. Bei der Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter in Erfahrungsstufe 5 habe der Angeklagte in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt; insbesondere seien alle drei Einstellungen zur Deckung des Personalbedarfs im Sinne dieser Vorschrift erfolgt. Danach sei der Angeklagte befugt gewesen, Zeiten einer vorherigen Beschäftigung für die Frage der Ein- stufung zu berücksichtigen, wenn diese für die vorgesehene Tätigkeit bloß „förderlich“ gewesen seien. Bei der Beurteilung der Förderlichkeit im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) sei ihm ein weitgehendes Ermessen eingeräumt , welche Vorbeschäftigungen er als förderlich ansehe und in welchem Maße er diese für die Einstufung heranziehe. Diesen Ermessensspielraum habe der Angeklagte im vorliegenden Fall weder grob verkannt noch bewusst um- gangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es zwar durchaus möglich , wenn nicht sogar naheliegend, dass sich der Angeklagte bei seiner Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter möglicherweise auch von sachfremden Motiven habe beeinflussen lassen. Unter Weglassung sachfremder Kriterien hätte allen drei Personen eine Vergütung nach der Erfahrungsstufe 4 gewährt werden können. Es habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass sachfremde Motive allein oder ganz wesentlich die Grundlage der Entscheidung des Angeklagten gebildet hätten. Vielmehr habe er seine Entscheidung im Wesentlichen anhand sachlicher Kriterien getroffen, die zwar im Einzelfall möglicherweise nicht ermessensfehlerfrei berücksichtigt worden seien, aber keinesfalls gravierende oder gar willkürlich erscheinende Fehler darstellten.

II.


9
Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue im Sinne von § 266 Abs. 1 Fall 2 StGB zum Nachteil der Stadt H. nur in Betracht kommt, wenn er eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Zu Recht hat es eine derartige Treuepflicht im vorliegenden Fall aus der Stellung des Angeklagten als (hauptamtlicher) Oberbürgermeister im Sinne von § 63 Abs. 1 GO LSA in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 10. August 2009 (GVBl. LSA 2009, 383) gefolgert. Danach oblag es ihm, die Haushaltswirtschaft u.a. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 90 Abs. 2 GO LSA aF) zu führen (vgl. BVerfG, NJW 2010, 3209, 3217, Tz. 128). Konkretisiert wurde dies zum Tatzeitpunkt u.a. auch durch die Verwaltungsvorschrift des Landes Sachsen-Anhalt zu § 7 LHO LSA, wonach das Sparsamkeitsprinzip bei allen ausgabenwirksamen Maßnahmen zu beachten war (Nr. 1 VV zu § 7 LHO LSA, RdErl. des FM v. 1. Februar 2000 – 21 – 04003/2).
11
b) Der Sparsamkeitsgrundsatz, wonach der Staat nichts „verschenken“ darf, stellt ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich dar, das von allen Trägern hoheitlicher Gewalt unabhängig davon zu beachten ist, auf welcher Grundlage sie tätig werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 – 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83; vom 26. April 2006 – 2 StR 515/05, NStZ-RR 2006, 307, und vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 81 f. mwN, z. Veröff. in BGHSt best.; vgl. auch Krell, Untreue durch Stellenbesetzungen, 2015, S. 69 mwN). Als rechtliche Steuerungsnorm ist er dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum aller Hoheitsträger dahingehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 und vom 29. August 2007, jeweils aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 82 a.E.).
12
Er verpflichtet indes nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Daher ist auch für die Höhe der im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz, wonach er der Zubilligung einer höheren Vergütung dann entgegensteht, wenn der Betreffende seine Leistung auch zu anderen, günstigeren Bedingungen erbracht hätte oder erbringen muss, kennt das deutsche Recht nicht (BGH, Urteil vom 29. August 2007 aaO). Daher überschreitet der zur Entscheidung Berufene auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung, soweit ihn öffentlich-rechtliche Vorschriften insoweit nicht begrenzen, seinen Ermessensspielraum regelmäßig nicht, wenn er eine angemessene Vergütung zahlt, und zwar auch dann, wenn der betreffende Vertragspartner auf Grund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden insoweit lediglich eine äußere Grenze (BGH aaO).
13
2. Eine solche Vorschrift, die hier den Entscheidungsspielraum des Angeklagten über die Eingruppierung der bei seinem Amtsantritt eingestellten drei Beschäftigten begrenzte, ist – was das Landgericht im Ansatz ebenfalls zutreffend erkannt hat – § 16 TVöD (VKA). Denn diese Vorschrift trifft eine für die Höhe der Vergütung von Tarifbeschäftigten relevante Regelung. Indem sie die Eingruppierung in verschiedene Erfahrungsstufen im Sinne eines RegelAusnahme -Verhältnisses vom Vorliegen jeweils unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen abhängig macht, dient sie zunächst, wie jede Vergütungsbestimmung in einem Tarifvertrag, der Vergütungsgerechtigkeit durch Schaffung eines objektivierten Gefüges (Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, 7. Aufl., Einl. Rn. 7 unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 24. März 2004 – 5 AZR 303/03, BAGE 110, 79, Tz. 44 mwN). Der in Bund und Kommunen am 1. Oktober 2005 in Kraft getretene TVöD sowie der TV-L für den Bereich der Länder vom 1. November 2006 hatten indes auch zum Ziel, die Entgeltsysteme im öffentlichen Dienst unter Betonung leistungsorientierter Kriterien zu flexibilisieren (vgl. dazu Winter in: Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, 3. Aufl., § 1, Rn. 401, 404). Ermöglicht es aber eine tarifvertragliche Bestimmung – wie hier § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) – dem öffentlichen Arbeitgeber, diesem Gesichtspunkt bei der Eingrup- pierung eines Tarifbeschäftigten Rechnung zu tragen, ist er bei seiner auf diese Vorschrift gestützten Entscheidung seinerseits zur Einhaltung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet (BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 20 zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L).
14
3. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für die drei eingestellten Mitarbeiter in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt, lässt indes nicht nur besorgen, dass sie den Regelungsgehalt dieser tarifrechtlichen Bestimmung verkannt hat, sondern auch, dass sich dieser rechtlich fehlerhafte Ausgangspunkt bei der Beurteilung der Frage, ob der Angeklagte den drei Beschäftigten jeweils eine sachlich nicht gerechtfertigte, unangemessene Vergütung gewährt und damit im Sinne von § 266 StGB pflichtwidrig gehandelt hat, zu seinem Vorteil ausgewirkt hat.
15
a) Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 TVöD (VKA) werden Beschäftigte ohne einschlägige Berufserfahrung der Erfahrungsstufe 1 zugeordnet, verfügen sie über einschlägige Berufserfahrungen unter den in Satz 2 näher bestimmten Voraussetzungen , erfolgt eine Zuordnung maximal in die dritte Erfahrungsstufe. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber nach der hier entscheidungserheblichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
16
b) Schon die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe die hier in Rede stehenden Einstellungen in Erfahrungsstufe 5 „zur Deckung des Per- sonalbedarfs“ im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommen, be- gegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
17
aa) Nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs – ebenso wie bei der Bewertung der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit – handelt es sich daher um eine Tatbestandsvoraussetzung. Erst wenn diese beiden einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet (vgl. nur BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217 mwN zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L). Das Tatbestands- merkmal „zurDeckung des Personalbedarfs“ ist nur dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber tatsächlich Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Personal für die Besetzung einer bestimmten Stelle hat (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008 – 6 AZR 498/07, ZTR 2008, 547, Tz. 29). Dies liegt etwa auch dann vor, wenn die für eine Stelle in Aussicht genommene Person nicht bereit ist, diese ohne Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe anzutreten (vgl. LAG Baden-Württemberg , Urteil vom 21. März 2011 – 22 Sa 76/10, ZTR 2011, 426, Tz. 102).
18
bb) Bereits daran fehlt es hier nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen.
19
Das Landgericht hat eine derartige Schwierigkeit, Personen für die Besetzung der drei im Haushaltsplan vorhandenen Stellen zu gewinnen, gerade nicht festgestellt. Zwar waren die Bemühungen des Angeklagten zur Gewinnung von Kandidaten für die Stellen aus dem Kreis der bei der Stadt H. Beschäftigten erfolglos. Mit den Zeuginnen E. und W. sowie dem Zeugen P. standen indes Anwärter für die Stellen zur Verfügung; deren Einstellung sollte auch erfolgen. Auch hatte nur einer von ihnen, der Zeuge P. , die Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe – Stufe 4 – als Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrages konkret gefordert. Damit war bereits die erste Voraussetzung für die Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 nach den Feststellungen nicht gegeben.
20
c) Ungeachtet dessen hält auch die weitere Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 vornehmen können, da alle drei Beschäftigten in der Vergangenheit berufliche Tätigkeiten ausgeübt hätten, die im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) für die vorgesehenen Tätigkeiten „förderlich“ seien, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
21
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommen als förderliche vorherige berufliche Tätigkeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten in Betracht, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat. Förderlichkeit kann insbesondere anzunehmen sein, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind. Auch eine selbstständige Tätigkeit kann danach eine förderliche berufliche Tätigkeit sein (vgl. zu alledem BAG, Urteile vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 30; vom 19. Dezember 2013 – 6 AZR 94/12, Tz. 58, und vom 21. November 2013 – 6 AZR 23/12, ZTR 2014, 148, Tz. 53).

22
bb) Gemessen daran wird die dahingehende Annahme des Landgerichts, die sich letztlich nur auf die ungeprüft übernommene Einlassung des Angeklagten und die von ihm veranlasste sog. qualifizierte Begründung im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Einigungsverfahrens stützt, nicht hinreichend belegt. Nach den getroffenen Feststellungen versteht sich dies im Hinblick auf alle drei betroffenen Personen auch nicht von selbst. Es kommt hinzu, dass das Landgericht nicht ausschließbar die Auffassung vertreten hat, dem Angeklagten stünde bereits bei der Bejahung des Merkmals der Förderlichkeit ein „weitge- hendes“ Ermessen zu. Dies trifft jedoch, wie oben näher ausgeführt,nicht zu, weil es sich insoweit um reine Rechtsanwendung auf der Tatbestandsseite von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) handelt.
23
Danach beruht der Freispruch des Angeklagten in entscheidungserheblichen Punkten auf der rechtlich unzutreffenden Bewertung derjenigen Tatbestandsmerkmale von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA), die dem Angeklagten erst die Möglichkeit eröffneten, über die Eingruppierung der drei Beschäftigten in einer über der Stufe 3 liegenden Erfahrungsstufe zu befinden.
24
4. Der Freispruch des Angeklagten erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
25
Tragfähige Feststellungen zu einem der Stadt H. als Anstellungskörperschaft möglicherweise entstandenen Vermögensschaden hat das Landgericht, da es bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneint hat, nicht getroffen. Der Senat vermag dem angefochtenen Urteil schon im Hinblick auf die Erwägungen zu dem durch die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 not- wendig gewordenen erhöhten Mittelabfluss aus dem Haushalt der Stadt H. nicht zu entnehmen, dass ein solcher Schaden unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entstanden sein kann.

III.


26
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
27
1. Sollte der neue Tatrichter im Hinblick auf die Begleitumstände der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für alle drei Beschäftigten zu Feststellungen gelangen , die denen des angefochtenen Urteils entsprechen, wird er in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten haben, ob diese die Annahme einer Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB stützen können oder jedenfalls für die Beurteilung der subjektiven Tatseite von Bedeutung sind. Dabei wird gegebenenfalls in den Blick zu nehmen sein, dass der Angeklagte bestehende Ausschreibungsvorschriften nicht beachtete, die für die Einstufung maßgeblichen Gründe nicht dokumentierte, ferner die verspätete Zuleitung unvollständiger Bewerbungsunterlagen an das Personalamt der Stadt, die Nichtbeteiligung des Personalrats, die vorfristige Verkürzung der vorgesehenen Probezeiten und der Umstand, dass der Angeklagte – nach den Feststellungen in Abweichung von der üblichen Verfahrensweise – die Zubilligung der Erfahrungsstufe unmittelbar in den Arbeitsverträgen festschrieb.
28
2. Bei der Berechnung eines der Stadt H. möglicherweise entstandenen Vermögensschadens wird Folgendes zu bedenken sein:
29
Maßgeblich für die Feststellung eines derartigen Schadens ist ein Vergleich des Vermögensstandes der Stadtverwaltung vor dem Abschluss der drei Arbeitsverträge mit dem Vermögensstand danach. Danach könnte jedenfalls die Feststellung eines Mindestschadens in Höhe der Differenzbeträge zwischen einer möglicherweise maximal zu bewilligenden Erfahrungsstufe 4 und der tatsächlich bewilligten Stufe 5 sowie der dadurch letztlich veranlasste Mittelabfluss aus dem Haushalt in Betracht zu ziehen sein. Im Übrigen verweist der Senat auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung in derartigen Fällen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 – 4 StR 71/62, BGHSt 17, 254, 256).

IV.


30
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an die Wirtschaftsstrafkammer eines anderen Landgerichts zurückzuverweisen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

5 StR 103/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. August 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt W. ,
alsVerteidigerfürden Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt M. ,
Rechtsanwalt Wi.
alsVerteidigerfürdenAngek lagten R. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. September 2006 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt entfällt. Der Angeklagte S. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit der Angeklagte R. verurteilt worden ist, einschließlich der Feststellungen zum Vermögensnachteil der Stadt Dresden und zum Untreuevorsatz. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang und zum Vorsatz der Bankrottbeihilfe bleiben aufrechterhalten. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten R. verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten R. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, wegen Bankrotts sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Angeklagten R. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott schuldig gesprochen und gegen ihn eine – gleichfalls zur Bewährung ausgesetzte – Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme hat das Landgericht den Angeklagten R. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Die beiden Angeklagten haben ihre Verurteilungen umfassend angefochten. Im Ergebnis hat nur die Revision des Angeklagten R. einen Teilerfolg.

A.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Der Angeklagte R. war Oberbürgermeister der Stadt Dresden , der Angeklagte S. hat dem Angeklagten R. zugearbeitet. Der Angeklagte S. , der ein enger Vertrauter des Angeklagten R. aus Zeiten früherer gemeinsamer kommunalpolitischer Tätigkeit war, geriet spätestens im Sommer 2002 in massive finanzielle Schwierigkeiten. In Kenntnis eines gegen ihn bevorstehenden Insolvenzverfahrens leitete er von seinen Konten bei der Stadtsparkasse Dresden, der Deutschen Bank und der Advance Bank insgesamt etwa 45.000 Euro auf andere Konten, um die Gelder so vor dem Zugriff seiner Gläubiger in Sicherheit zu bringen. Inhaber dieser Konten waren seine Mutter, die mit ihm persönlich eng verbundene H sowie er selbst mit einem Konto bei der Deutschen Bank 24.
Der Angeklagte S. beantragte im Oktober 2002 beim Amtsgericht Chemnitz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diesem Antrag fügte er die Ausfertigung einer vor dem Notar B. in Radebeul abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bei, in der er die vorgenannten Transaktionen verschwieg und lediglich das Konto bei der Deutschen Bank 24 angab. Auch nachdem das Insolvenzverfahren im Februar 2003 eröffnet war, offenbarte er gegenüber dem zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalt Mo. weder das Konto seiner Mutter noch das Konto von H , obwohl die Guthaben wirtschaftlich allein ihm zur Verfügung standen. Auf seine Kinder lautende Konten, die ihm ebenfalls allein zuzuordnen waren , verschwieg er gleichfalls.
4
Zwischen dem Angeklagten S. und dem Angeklagten R. bestand ein enges Vertrauensverhältnis. Für den Angeklagten R. , den – zwischenzeitlich suspendierten – Oberbürgermeister der Stadt Dresden, war der Angeklagte S. ein wichtiger Mitarbeiter und Berater. Als gesetzlicher Vertreter der Stadt Dresden vereinbarte er zunächst mit dem Angeklagten S. einen bis 31. Dezember 2001 laufenden, dann um ein Jahr verlängerten Dienstvertrag, der eine Dienstverpflichtung für 110 Arbeitstage im Jahr und eine tägliche Vergütung von 460 Euro (900 DM) pro Arbeitstag vorsah. In der Folge des Hochwassers im Jahr 2002, das zu erheblichen Flutschäden in Dresden geführt hatte, setzte der Angeklagte R. den Angeklagten S. im Februar 2003 als „Flutkoordinator“ ein und übertrug ihm die Leitung des „Büros Hochwasserschadenabwicklung“.
5
Der Angeklagte R. , der um die finanziellen Probleme des Angeklagten S. wusste, schloss am 17. April 2003 mit dem Angeklagten S. , der unter der Geschäftsbezeichnung „A. C. , vertreten durch S. “ handelte, einen bis 30. Juni 2005 befristeten Vertrag, der eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500 Euro brutto vorsah. Nach diesem Vertrag oblag dem Angeklagten S. die Koordination der Hochwasserschadensabwicklung im Auftrag des Oberbürgermeisters. Anfang 2004 gab der Angeklagte R. dem Drängen des Angeklagten S. nach und änderte den Vertrag ab. Vertragspartner wurde nunmehr die „A. C. , vertreten durch H. “, wobei allerdings bestimmt wurde, dass die Leistungen von dem Angeklagten S. als „alleinigem Erfüllungsgehilfen“ erbracht werden sollten. Zugleich wurde die monatliche Vergütung rückwirkend ab Januar 2004 bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages am 30. Juni 2005 auf etwa 9.000 Euro brutto erhöht. Nach den Feststellungen des Landgerichts diente diese Vertragskonstellation dazu, die Gelder zu erheblichen Teilen dem Insolvenzverwalter zu entziehen und dem Angeklagten S. über H. zukommen zu lassen. Die Vergütung war nach Annahme des Landgerichts (UA S. 28, 62) im Hinblick auf die vom Angeklagten S. erbrachten Leistungen objektiv angemessen und nicht überhöht. Nachdem dem Angeklagten R. im Juli 2004 vom Regierungspräsidium durchgreifende Bedenken gegen die weitere Möglichkeit, die Vergütung des Angeklagten S. zu 90 % zu subventionieren, wegen deren Erhöhung eröffnet worden waren, erneuerte der Angeklagte R. gleichwohl unter dem 28. Juli 2004 den mit der „A. C. , vertreten durch H. “ geschlossenen Änderungsvertrag und beendete zugleich in einem „Überleitungsvertrag“ vorbehaltlos den vorangegangenen Vertrag vom 17. April 2003.
6
Der Angeklagte S. hatte sich Anfang Februar 2003, als die Beauftragung der G. , einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Sächsischen Landesbank, als Generalübernehmerin für den Wiederaufbau wichtiger Verkehrsanlagen ins Auge gefasst wurde, an Verantwortliche der G. gewandt. Unter Hinweis auf seine Nähe zum Oberbürgermeister brachte der Angeklagte S. dabei den Wunsch vor, einen mit mehreren Tausend Euro monatlich dotierten Beratervertrag zu erhalten. Wie er erkannte, war seinen Verhandlungspartnern von der G. dabei klar, dass der Angeklagte S. erheblichen Einfluss auf die Beauftragung hatte. Zum Abschluss eines Beratervertrages kam es nicht, weil die Beauftragung der G. aus anderen Gründen scheiterte. An den später stattfindenden Verhandlungen mit der B. , die prinzipiell bereits im Februar 2003 den Zuschlag als externer Projektsteuerer erhielt, war der Angeklagte S. ebenfalls beteiligt. Als die Verhandlungen über den Vertrag im Einzelnen ins Stocken gerieten, ging der Angeklagte S. mehrmals zwischen März und Ende 2003 auf die Verantwortlichen der B. zu, um sie zum Abschluss eines Beratervertrages mit ihm zu veranlassen. Auch hier wollte der Angeklagte S. seine Stellung innerhalb der Stadtverwaltung und insbesondere zum Angeklagten R. dazu nutzen, um für die B. möglichst günstig und reibungslos die Projektsteuerung umzusetzen. Letztlich ging jedoch die B. auf das Ansinnen des Angeklagten S. nicht ein.
7
2. Das Landgericht hat im Fordern eines Beratervertrages gegenüber Mitarbeitern der G. und der B. bei dem Angeklagten S. jeweils ein Vergehen der Bestechlichkeit im Sinne des § 332 Abs. 1 StGB gesehen. Jedenfalls aus Sicht der potenziellen Vertragspartner habe er seinen Einfluss auf die Vergabe oder Ausgestaltung der Aufträge von dem geforderten Vorteil abhängig gemacht. Aufgrund seiner Funktion als „Flutkoordinator“ sei der Angeklagte S. Amtsträger gewesen, auch wenn er nicht unmittelbar weisungsbefugt gegenüber städtischen Bediensteten gewesen sei. Als verlängerter Arm des Oberbürgermeisters habe er öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Dieses sei ihm auch bewusst geworden. Wenn der Angeklagte S. sich selbst nicht als Amtsträger gesehen habe, führe dies lediglich zu einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum.
8
Die Verheimlichung der Kontenguthaben gegenüber dem Insolvenzverwalter hat das Landgericht als eine einheitliche Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB angesehen, wozu die strafbare Handlung der falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit stehe. Da das Amtsgericht Chemnitz hierfür zuständig gewesen sei, kam es nach Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, dass der Angeklagte S. eine eidesstattliche Versicherung unaufgefordert von sich aus abgegeben habe.
9
Der Abschluss des Vertrages mit der Stadt Dresden unter dem Namen H. erfüllt nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls den Tatbestand einer weiteren selbständigen Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB. Hierzu habe der Angeklagte R. Beihilfe geleistet , da er die desolate finanzielle Situation des Angeklagten S. gekannt habe und ihm die Einkünfte ungeschmälert habe zukommen lassen wollen. Zugleich liege bei dem Angeklagten R. noch eine (tateinheitliche ) Untreue vor, weil er gegenüber der Stadt seine Verfügungsbefugnis missbraucht habe. In der deutlichen Erhöhung der Vergütung liege ein Verstoß gegen das Sparsamkeitsgebot. Der mit H. geschlossene Vertrag sei sittenwidrig; allein der Abschluss dieses Vertrages begründe deshalb eine Vermögensgefährdung. Die Gefährdung habe sich in den ausgezahlten Monatsraten abzüglich der Raten aus dem alten Vertrag realisiert. Dieser tatsächlich entstandene Schaden in Höhe von etwa 75.000 Euro stelle einen Vermögensverlust großen Ausmaßes dar.
10
3. Das Landgericht hat den Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme durch das gegenüber der G. bei den Vertragsverhandlungen vorgebrachte Begehren des Abschlusses eines Beratervertrages mit dem Angeklagten S. mangels Nachweises einer bewussten Unrechtsvereinbarung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

B.


11
Lediglich die Revision des Angeklagten R. ist begründet. Die Revisionen des Angeklagten S. und der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.


12
Die Revision des Angeklagten S. führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
13
1. Die Verfahrensrüge, mit der die vom Strafkammervorsitzenden im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO angeordnete Einführung einer früheren Aussage des Zeugen Sch. als Verstoß gegen § 250 StPO beanstandet wird, hat keinen Erfolg. Die Konstanz der Aussagen des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Sch. konnte bereits durch dessen eigene Angaben zu seiner früheren Aussage, gegebenenfalls nach deren Vorhalt, in die Hauptverhandlung eingeführt werden (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 9; BGH StV 1996, 412). Ergänzend zu seiner Aussage – nicht sie im Sinne des § 251 StPO ersetzend – durfte dann, auch zur maßgeblichen Abrundung der Beweiswürdigung zur Aussagekonstanz (UA S. 46), die Niederschrift über die frühere Aussage verlesen werden (MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 250 Rdn. 12).
14
2. Die Verurteilungen wegen Bestechlichkeit halten rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat den Angeklagten S. zutreffend als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Begründung einer Amtsträgerstellung im Sinne der §§ 331 ff. StGB erforderlich, dass der Betreffende zum Amtsträger bestellt wurde. Die Bestellung ist von der bloßen privatrechtlichen Beauftragung zu unterscheiden. Sie setzt voraus , dass der Betreffende über den Einzelfall hinaus mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut und in die behördliche Organisation eingebunden wird (vgl. BGHSt 43, 96, 105; 46, 310, 313). Hieran kann beim Angeklagten S. – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Zweifel bestehen.
16
aa) Mit Beginn der Flutschadensabwicklung war der Angeklagte seit Ende 2002 befasst, ab Februar 2003 sogar in einer Leitungsfunktion tätig. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte er im Außenverhältnis die Verhandlungen und leitete das „Büro Hochwasserschadenabwicklung“. Ihm standen eine Sekretärin und ein Büroraum zur Verfügung. Selbst wenn er formal kein Weisungsrecht gegenüber den kommunalen Bediensteten hatte, übte er jedoch faktisch Leitungsfunktionen gegenüber den Mitarbeitern des Büros aus. Dessen Aufgabenbereich war auch öffentlich-rechtlich geprägt. Gegenstand der Tätigkeiten des Büros war der Wiederaufbau kommunaler Verkehrs- und Infrastrukturanlagen und die Verwaltung von Fördermitteln. Das Büro hat damit unmittelbar öffentliche Aufgaben (vgl. hierzu BGH wistra 2007, 302, 304), teilweise sogar hoheitlicher Art wahrgenommen.
17
bb) Entgegen der Auffassung der Verteidigung war der Angeklagte S. auch bestellt im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Hierzu bedarf es keines förmlichen Bestellungsaktes. Entscheidungserheblichkeit kommt dieser Rechtsfrage ohnehin nur für die Bestechlichkeitshandlung gegenüber der G. zu. Bei den Handlungen gegenüber der B. bestand die Besonderheit , dass der Angeklagte bei seinen späteren Vorstößen, für sich einen Beratervertrag zu erlangen, durch den Angeklagten R. förmlich verpflichtet war. Eine solche förmliche Verpflichtung fand bei Abschluss des Beratervertrages am 17. April 2003 statt. Nach diesem Zeitpunkt erfolgten weitere Anläufe des Angeklagten S. , für sich den Abschluss eines Beratervertrages zu erreichen. Jedenfalls für diese Handlungen wäre er dann zumindest als besonders Verpflichteter im Sinne des § 332 StGB tätig gewesen.
18
Das Landgericht hat darüber hinaus ohne Rechtsverstoß für sämtliche Bestechlichkeitshandlungen und insbesondere für die gegenüber der G. , die zwischen Januar und März 2003 stattfanden, eine Amtsträgereigenschaft angenommen. In diesem Zeitraum bestand kein vertragsloser Zustand. Zwar war der ursprünglich geschlossene Beratervertrag zum 31. Dezember 2002 ausgelaufen und ein neuer Beratervertrag noch nicht geschlossen worden. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Angeklagte S. insoweit ohne Rechtsgrund gearbeitet hätte. Vielmehr ist noch Anfang 2003 der ursprüngliche Beratervertrag stillschweigend verlängert worden (§ 625 BGB). Ein entsprechender Rechtsbindungswille war sowohl auf Seiten des Angeklagten R. als auch des Angeklagten S. vorhanden. Beide Angeklagten wollten, dass S. , der seit Anfang Februar mit der Leitung des Büros beauftragt wurde, für die Stadtverwaltung tätig blieb. Dass dies nicht unentgeltlich erfolgen sollte, war offensichtlich. Soweit nicht stillschweigend das ursprüngliche Honorar vereinbart war, wäre im Übrigen die ortsübliche Vergütung geschuldet gewesen (§ 612 Abs. 2 BGB).
19
Das Landgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass eine Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB auch formfrei erfolgen kann. Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (BGHSt 43, 96, 102 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ). Dies ergibt sich schon aus dem Vergleich mit der Begriffsbestimmung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, welche die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten betrifft. Bei diesem Personenkreis rechtfertigt der formale Akt der Verpflichtung die Gleichstellung mit Amtsträgern in strafrechtlicher Hinsicht. Ein solcher formaler Akt, der im Übrigen regelmäßig die Betreffenden zu besonders Verpflichteten machen würde, ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit c. StGB nicht erforderlich. Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4). Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Sie beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4).
20
b) Das Landgericht hat bei dem Angeklagten S. auch den entsprechenden Vorsatz eines Amtsträgers rechtsfehlerfrei bejaht. Dies ist unproblematisch , soweit es sich um die Tat gegenüber der B. handelte, weil der Angeklagte S. spätestens auf Grund der von ihm abverlangten Verpflichtungserklärung über den öffentlich-rechtlichen Bezug seines Tätigkeitsfeldes unterrichtet wurde. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung und liegt – wie hier – kein anderer förmlicher Bestellungsakt vor, sind allerdings an den Nachweis in subjektiver Hinsicht besondere Anforderungen zu stellen. Dies hat das Landgericht nicht übersehen. Dabei reicht es nicht aus, dass der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Er muss auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben.
21
Hieran kann aber bei der gegebenen Sachlage kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte S. ausweislich der Feststellungen seine Einbeziehung in die Verwaltungstätigkeit der Stadt Dresden kannte und um seinen Einfluss wusste. Hiermit warb er sowohl gegenüber der G. als auch gegenüber der B. . Insoweit war ihm die gesetzliche Wertung bewusst, die Grundlage der Strafvorschriften über Amtsträger ist. Dagegen brauchte der Angeklagte S. seine Tätigkeit nicht juristisch zutreffend einzuordnen. Ein solcher Subsumtionsirrtum lässt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – den Vorsatz unberührt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bedurfte es hier keiner Ausführungen zu einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Ein die Anwendbarkeit des § 17 StGB begründendes fehlendes Unrechtsbewusstsein hat der Angeklagte S. nach den Urteilsfeststellungen nicht einmal behauptet. Die bloße falsche Einordnung seines Verhaltens beinhaltet dies nicht notwendigerweise. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil das Verhalten des Angeklagten S. , wäre er nicht als Amtsträger anzusehen , jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB strafbar wäre. Namentlich unter Berücksichtigung dieses Umstandes brauchte das Landgericht die Möglichkeit nicht zu erörtern, der Angeklagte habe sein Verhalten als rechtmäßig angesehen und sich deshalb in einem Verbotsirrtum befunden.
22
3. Während die Schuldsprüche wegen Bankrotts – auch zur vertretbar vorgenommenen Bestimmung des Schuldumfangs – keinen Rechtsfehler aufweisen, kann die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt keinen Bestand haben. Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB setzt voraus, dass die Behörde, vor der diese Versicherung abgegeben wird, hierfür auch zuständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit nicht nur auf die allgemeine Zuständigkeit der Behörde. Vielmehr muss die eidesstattliche Versicherung auch über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht, und in dem Verfahren, zu dem sie eingereicht wird, abgegeben werden dürfen und darf rechtlich nicht wirkungslos sein (BGH StV 1985, 505). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, ist im Insolvenzverfahren die eidesstattliche Versicherung vom Schuldner zu Protokoll zu erklären (§ 98 Abs. 1 InsO). Diese Regelung gilt bereits im Eröffnungsverfahren (§ 20 Abs. 1 InsO). Der Schuldner kann die Erklärung nur in Person und mündlich abgeben. Diese eindeutige Rechtslage wird noch durch den Verweis in § 98 Abs.1 Satz 2 InsO auf § 478 ZPO unterstrichen, der die Eidesleistung von dem Eidespflichtigen in Person verlangt. Mithin muss also auch die Versicherung an Eides Statt vom Schuldner persönlich erfolgen. Eine schriftliche Erklärung genügt diesem Formerfordernis nicht. Sie ist damit rechtlich wirkungslos. Die vom Landgericht aufgeworfene (und bejahte) Frage, ob auch eine unaufgefordert abgegebene falsche Versicherung an Eides Statt eine Strafbarkeit nach § 156 StGB begründen kann, stellt sich somit nicht, weil im Rahmen des Verfahrens über die Insolvenzeröffnung eine schriftliche Erklärung als Grundlage für eine Versicherung an Eides Statt nicht genügt.
23
4. Der Strafausspruch kann dennoch bestehen bleiben.
24
a) Die rechtsfehlerhafte Annahme einer Strafbarkeit nach § 156 StGB hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt. Dieser Straftatbestand stand in Tateinheit zu einer mehraktigen Bankrotthandlung, die zu einer Verheimlichung von über 45.000 Euro gegenüber dem Insolvenzverwalter geführt hat. Schon wegen des deutlich höheren Gewichts dieses Delikts und angesichts des Umstands, dass die, wenngleich nicht gesondert strafbare, Einreichung einer von einem Notar beurkundeten inhaltlich unrichtigen eidesstattlichen Versi- cherung ein allgemein strafschärfend zu wertendes Fehlverhalten war und das Landgericht die rechtsfehlerhaft angenommene idealkonkurrierende Tat wegen der unaufgeforderten Abgabe der Erklärung geringer gewichtet hat (UA S. 74), schließt der Senat sicher aus, dass die für die Tat verhängte maßvolle Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten von dem Fehler beeinflusst war.
25
b) Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei. Das Landgericht durfte die Tatwiederholung und die Gesamttatdauer ebenso strafschärfend werten wie den Gesamtumfang der Vergütungen, die an H. geflossen sind. Diese hätten nämlich – wie oben ausgeführt – dem Angeklagten S. zugestanden und sind deshalb der Gläubigergemeinschaft zunächst umfassend entzogen worden. Die Höhe der Summe kann mithin als verschuldete Auswirkung der Tat einen für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkt bilden.

II.


26
Die Revision des Angeklagten R. führt zur Aufhebung des Schuldspruchs, allerdings unter weitgehender Aufrechterhaltung den Beschwerdeführer auch belastender Feststellungen.
27
1. Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Ohne entsprechende Antragstellung von Seiten des Beschwerdeführers war das Landgericht nicht gedrängt, von diesem behaupteten, nicht realisierten Plänen über die im Vergleich zur durchgeführten Vertragsänderung andersartig gelagerte Einschaltung einer Anwaltskanzlei nachzugehen, die den Angeklagten S. anstellen und dann an seiner Stelle von der Stadt Dresden mit der Fluthilfekoordinierung betraut werden sollte.
28
2. Der Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB hält jedoch sachlich-rechtlich revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
29
a) Das Landgericht sieht den Pflichtverstoß des Angeklagten R. darin, dass er die Vergütung für den Angeklagten S. um das Dreifache erhöht habe, obwohl der Angeklagte S. auch für den ursprünglichen Betrag seine Dienstleistung hätte erbringen müssen und auch erbracht hätte. Damit habe der Angeklagte R. gegen das Sparsamkeitsgebot verstoßen. Im Übrigen sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig. Diese Ausführungen des Landgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
30
aa) Das Landgericht kommt aufgrund einer rechtsfehlerhaften Auslegung zu der Annahme, dass der vom Angeklagten S. geschuldete Leistungsumfang durch die Vergütungserhöhung unberührt geblieben ist. Dem Tatrichter steht zwar bei der Auslegung von Verträgen ein weitgehender Ermessensspielraum zu. Deshalb beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2004, 2248, 2250 m.w.N.).
31
Die Auslegung des Landgerichts lässt drei Gesichtspunkte außer Betracht und begegnet deshalb durchgreifenden Bedenken.
32
Das Landgericht stützt seine Wertung, der Leistungsumfang habe sich nicht geändert, darauf, dass der Angeklagte S. schon auf der Grundlage des alten Vertrages einen „Fulltimejob“ ausgeübt habe und fast rund um die Uhr tätig gewesen sei (UA S. 56). Dieser tatsächlich von dem Angeklagten S. erbrachte Einsatz belegt nicht zwingend den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Das Landgericht hätte sich auch mit der nicht gänzlich fern liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, inwieweit der Arbeitseinsatz des Angeklagten S. unter Umständen überobligatorisch erfolgte. Da nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte weder einen werkvertraglichen Erfolg schuldete noch sein Tätigkeitsfeld über Stunden oder einen fest umrissenen Arbeitsanfall messbar war, hätte das Landgericht auch bedenken müssen, was Bezugsmaßstab für die Vergütung war. Da die dienstvertragliche Vergütung immer in einer Beziehung zum Umfang der Tätigkeit steht, beeinflusst die Vergütungshöhe naturgemäß auch die Bestimmung des zu erwartenden Aufwands. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Angeklagte S. seine Tätigkeit als „Flutkoordinator“ nach Weisung des Oberbürgermeisters zu erbringen hatte. Deshalb ist bei einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden interessenkonformen Auslegung die Vergütungshöhe als Maßstab für die Auslegung des geschuldeten Tätigkeitsumfangs heranzuziehen. Hilfsweise muss analog § 612 Abs. 2 BGB die Ortsüblichkeit eines entsprechenden synallagmatischen Verhältnisses zwischen Dienstverpflichtung und Vergütungshöhe ermittelt werden.
33
Bedenklich ist zudem die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte S. habe nicht mit der Kündigung des Altvertrags gedroht. Abgesehen davon, dass wegen der geringen Vergütung eine solche Kündigungsdrohung nahe lag und diese von zwei weiteren Zeugen bestätigt wurde, ist die Nichterwähnung dieses Umstandes in einem Gespräch des Angeklagten R. mit dem Zeugen B. allein keine tragfähige Grundlage, um eine solche Kündigungsdrohung auszuschließen. Dabei hätte zumindest dargelegt werden müssen, welche Auswirkungen eine solche Information für die in diesem Gespräch abgehandelte Thematik gehabt hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das besagte Gespräch fünf Monate nach der erfolgten Erhöhung der Vergütung stattgefunden hat.
34
Insbesondere hat es das Landgericht unterlassen, sich mit der naheliegenden Variante ausdrücklich auseinanderzusetzen, dass die niedrige Dotierung beim ursprünglichen Vertragsabschluss der Erwartung geschuldet war, der Angeklagte S. werde für seine Gesamttätigkeit bei der Flutkoordinierung ergänzend über einen gut dotierten Beratervertrag des Generalübernehmers entlohnt werden und dass eine – für den Umfang seines Einsatzes angemessene – Erhöhung erst dann vereinbart wurde, als sich diese Erwartung im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zerschlagen hatte.
35
bb) Das Landgericht leitet die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB aus einem Verstoß gegen das kommunalrechtliche Sparsamkeitsgebot ab. Diese Auffassung ist selbst dann nicht frei von rechtlichen Bedenken, wenn man unterstellt, dass der Leistungsumfang der Dienstverpflichtung des Angeklagten S. sich durch den Vertrag mit erhöhter Vergütung nicht verändert hat. Der Sparsamkeitsgrundsatz (§ 72 Abs. 2 SächsGO), der ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich darstellt (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO), verpflichtet nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Das Sparsamkeitsgebot ist als rechtliche Steuerungsnorm dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeinsamen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahingehend zu bilden , solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH wistra 2005, 178, 180).
36
Das Sparsamkeitsgebot steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Helm in Piduch, BHO 41. Lfg. § 7 Rdn. 1; v. Köckritz, BHO 36. Lfg. § 7 Rdn. 2.2). Beide bedingen einander, weil letztlich die wirtschaftlichste Lösung auch insgesamt gesehen die sparsamste ist. Deshalb ist es etwa bei Vergabeentscheidungen nach § 97 GWB anerkannt, dass nach § 97 Abs. 5 GWB der Zuschlag dann nicht erfolgen kann, wenn das Angebot unangemessen niedrig ist (vgl. Wagner in Langen/Bunte, Kartellrecht 10. Aufl. § 97 GWB Rdn. 85).
37
Für die Entscheidung, welche Vergütungshöhe zu bezahlen ist (vgl. für Wirtschaftsunternehmen BGHSt 50, 331, 336), ist im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz , wonach Vergütungserhöhungen durch den Sparsamkeitsgrundsatz gehindert sind, wenn der Betreffende auch zu den ursprünglichen Bedingungen seine Leistung zu erbringen hat, kennt das deutsche Recht nicht. Auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum grundsätzlich nicht, soweit ihn keine öffentlich -rechtlichen Vorschriften begrenzen, wenn er eine angemessene Vergütung – unter Umständen auch in Abänderung eines bestehenden Vertrages zugunsten des bislang nicht angemessen entlohnten Beschäftigten – bezahlt. Dies gilt sogar, wenn der Vertragspartner aufgrund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden nur eine äußere Grenze. Der Entscheidungsträger handelt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht etwa stets pflichtwidrig, wenn nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots gewählt wurde. Vielmehr können im Interesse einer effektiven und qualitativ befriedigenden Aufgabenerfüllung auch Gesichtspunkte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, Verantwortungsbewusstsein , Fortbildungsbereitschaft oder innerbetriebliche Harmonie zulässige Gesichtspunkte für die Bemessung der Vergütung bilden. Regelmäßig liegt deshalb eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots erst vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird.
38
cc) Die Annahme des Landgerichts, die getroffene Vergütungserhöhung , die auf der Grundlage des mit H. geschlossenen Vertrages erfolgt ist, sei sittenwidrig, unterliegt ebenso durchgreifenden Bedenken. Zwar trifft es zu, dass Vertragsgestaltungen, die darauf gerichtet sind, in der Insolvenz der Gläubigergemeinschaft Vermögenswerte zu entziehen , gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder auch sittenwidrig sein können. Nach den Urteilsfeststellungen liegt im gegebenen Fall jedoch nahe, dass die Einschaltung von H. lediglich zum Schein erfolgen sollte. Wie das Landgericht nämlich unter Würdigung der vorhandenen Beweismittel zutreffend dargelegt hatte, diente die Einschaltung von H. allein dazu, die aus der Dienstleistung vereinnahmten Gelder dem Angeklagten S. unter Umgehung des Insolvenzverwalters unmittel- bar zukommen zu lassen. Die dienstvertraglichen Pflichten sollte allein und ausschließlich der Angeklagte S. erfüllen. Diesem sollte letztlich wirtschaftlich auch das Entgelt zukommen. Eine primäre Verpflichtung von H. war dagegen nicht ernsthaft gewollt; vielmehr sollte sie lediglich die Adresse für die Vereinnahmung der Gelder liefern. Da eine dienstvertragliche Pflichtenstellung mit H. nach der Willensübereinstimmung der Parteien nicht angestrebt war, liegt ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB vor (vgl. BAG NJW 1993, 2767).
39
Bei einem Scheingeschäft gelten dann nach § 117 Abs. 2 BGB die Regeln des verdeckten Geschäftes. Dieses war ein Dienstvertrag, wenn nicht sogar aufgrund des ausgeprägten Umfangs der Eingliederung des Angeklagten S. in die Stadtverwaltung Dresden ein Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag war weder nach § 134 BGB noch nach § 138 BGB nichtig. Solches ergibt sich schon zwangsläufig aus dem Schutzzweck, der darin besteht, dem Insolvenzverwalter die erarbeitete Vergütung auch zukommen zu lassen. Entfiele nämlich eine vertragliche Bindung und mithin eine Vergütungspflicht, liefe dies darauf hinaus, dass die zu schützende Gläubigergemeinschaft gleichfalls keinen Anspruch hätte.
40
b) In Betracht kommt allerdings eine Strafbarkeit wegen Untreue, weil der Angeklagte R. die Auszahlungen als „sachlich richtig“ zeichnete und so die Auszahlungen an H. veranlasste. Bestand das eigentliche Leistungsverhältnis zwischen der Stadt Dresden und dem Angeklagten S. als Person, war der Angeklagte S. als wirklicher Vertragspartner auch Gläubiger der Vergütungsansprüche hieraus. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren die Leistungen dann gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erbringen. Den Auszahlungen an H. fehlte deshalb der rechtfertigende Grund. Infolge des gegen den Angeklagten S. eröffneten Insolvenzverfahrens hatten die Zahlungen an H. keine befreiende Wirkung, weil der Angeklagte R. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannte (§ 82 InsO).
41
Diese unter Missachtung des laufenden Insolvenzverfahrens veranlassten Zahlungen an H. waren pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB. Da sie nicht zu einem Erlöschen der Verbindlichkeiten der Stadt Dresden aus dem Dienstvertrag mit dem Angeklagten S. führten, war die Stadt um diesen Betrag geschädigt. Dies begründet einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB.
42
Eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB würde jedoch voraussetzen , dass der Angeklagte R. insoweit vorsätzlich gehandelt hat. Zwar kannte er alle zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Dies reicht jedoch für die Vorsatzfeststellung nicht aus. Sowohl die Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteil sind normative Tatbestandsmerkmale, die der Angeklagte nach seinem persönlichen Wertungshorizont zutreffend hätte erfassen müssen. Dies kann bei einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden (BGHSt 48, 108, 117; BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 4, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; AÜG § 9 unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung

1).


43
Die subjektive Tatseite bedarf mithin neuer tatrichterlicher Aufklärung. Dabei reicht es nicht aus, allein auf ein Unrechtsbewusstsein des Angeklagten R. im Blick auf die Verheimlichung der Vergütungen gegenüber dem Insolvenzverwalter abzustellen. Dies schließt nämlich nicht zwangsläufig mit ein, dass er ebenso gegenüber der Stadt Dresden, zu der er als Oberbürgermeister in einem Treueverhältnis stand, eine Vermögensschädigung billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 157; 48, 331, 346). Er muss erkannt haben, dass die mit H. geschlossene Vereinbarung als eine mit dem Angeklagten S. getroffene anzusehen ist und dass Zahlungen an sie keine schuldbefreiende Wirkung haben konnten, zumindest aber damit gerechnet haben, dass die Stadt Dresden sich durch die entsprechenden Zahlungen einer Haftung gegenüber S. s Gläubigern oder dem Konkursverwalter aussetzt. Nur wenn der Angeklagte R. diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen hat, kann von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden. Dies ist bislang nicht – auch nicht etwa durch die Annahme seiner Kenntnis von einer Nichtigkeit des Vertrages – inzident vom Landgericht mitgeprüft worden und versteht sich als Ergebnis einer entsprechenden tatgerichtlichen Prüfung nicht ohne weiteres von selbst.
44
c) Gleichfalls neuer tatrichterlicher Prüfung bedarf als möglicherweise weiterer eine Untreue begründender Aspekt der Gesichtspunkt der Subventionierung durch das Regierungspräsidium, das endgültig im Juli 2004, nachdem die ersten Auszahlungen der höheren Vergütung an S. bereits erfolgt waren, für den Fall der Vertragsänderung mit höherer Entlohnung des Angeklagten S. eine Einstellung von deren 90-prozentiger Subventionierung sicher angekündigt hatte. Das Landgericht würdigt mögliche Auszahlungen des Subventionsgebers ersichtlich allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Zahlungen bei der für die Nachteilsbestimmung vorzunehmenden Gesamtsaldierung den anzusetzenden Schaden ganz oder teilweise entfallen lassen könnten. Dies ist rechtlich im Ansatz bedenkenfrei (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55), wobei es jedoch nicht auf das tatsächliche Verhalten des Regierungspräsidiums als des Subventionsgebers ankommt, sondern darauf, ob ein Anspruch auf Subventionierung bestanden hätte. Hierzu fehlen Feststellungen, zumal die Grundlagen der Subventionierung nicht näher dargelegt sind. Anknüpfungspunkt für die nunmehr zu treffenden Feststellungen muss der damals bestehende Rechtszustand sein, einschließlich der die Subventionierung regelnden untergesetzlichen Normen und Verwaltungsvorschriften, soweit diese rechtmäßig sind.
45
Es liegt allerdings nahe, dass das Verhalten des Angeklagten R. gegenüber dem Regierungspräsidium als dem Subventionsgeber pflichtwidrig war, schon weil der Angeklagte R. das Regierungspräsidium nicht vollständig informiert hat. Im Zusammenhang mit der Subventionierung könnte ihm ein Untreuevorwurf jedoch nur gemacht werden, wenn er vorsätzlich auf die Möglichkeit verzichtet hätte, Subventionszahlungen für den Stadthaushalt zu erlangen. Dies setzt voraus, dass – sofern die Verweigerung der Subventionierung der weiteren Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt rechtmäßig bzw. nicht nur auf einen rein formalen oder behebbaren Mangel zurückzuführen gewesen sein sollte – eine Möglichkeit bestanden hätte, die Funktionen, die der Angeklagte S. ausgeübt hat, anderen ebenfalls geeigneten Personen zu übertragen und hierfür Subventionen zu erlangen. Der Angeklagte R. könnte daher eine Untreue auch begangen haben, indem er – unsubventioniert – den Angeklagten S. für höheres Entgelt beschäftigte, anstatt eine Lösung gewählt zu haben, die im Rahmen der Hochwasserschadensabwicklung eine Subventionierung ermöglicht hätte.
46
d) Die neue tatrichterliche Prüfung kann dabei auch die vorgelagerte Frage umfassen, ob eine Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt erforderlich war oder die Hochwasserschadensabwicklung durch den vorhandenen Personalbestand der Stadtverwaltung hätte abgewickelt werden können. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte – wobei dem Angeklagten R. ein weiter Ermessensspielraum zukam –, wäre zu prüfen, ob der Abschluss einer solchen Dienstvereinbarung etwa unter Verletzung von Beteiligungsvorschriften insbesondere für kommunale Stellen erfolgt ist.
47
Ergäbe die insoweit vorzunehmende Prüfung eine Pflichtwidrigkeit des Angeklagten R. , käme eine Strafbarkeit wegen Untreue dennoch nur dann in Betracht, wenn die Stadt Dresden auch tatsächlich geschädigt wäre. Insoweit finden die zur Haushaltsuntreue entwickelten Grundsätze (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54 m.w.N.) Anwendung, weil auch hier eine Fallgestaltung vorliegt, bei der es um die Schädigung des haushaltsrechtlich gebundenen Vermögens eines öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekts geht. Deshalb begründet nicht jeder Verstoß eine Untreue. Vielmehr muss tatsächlich ein Vermögensnachteil entstanden sein (vgl. auch BGH wistra 2006, 307,

308).


48
e) Die bislang getroffenen Feststellungen zu den äußeren Umständen der Vertragsgestaltungen, -abschlüsse und -änderungen, zu begleitenden Besprechungen sowie zu S. s Leistungen und zu den erfolgten Zahlungen sind rechtsfehlerfrei und bedürfen keiner Aufhebung. Auf ihrer Grundlage, gegebenenfalls unter Heranziehung diesen Feststellungen nicht widersprechender ergänzender Feststellungen, insbesondere zur Auslegung der vorgenannten Verträge, wird die Frage der Pflichtwidrigkeit vom neuen Tatgericht zu prüfen sein und werden neue Feststellungen zu einem möglichen Untreuevorsatz zu treffen sein. Bei einer erneuten Verurteilung des Angeklagten R. wegen Untreue bedürfte es je nach der konkreten Fallgestaltung einer neuen tatrichterlichen Bestimmung des Schuldumfangs als Grundlage für den Strafausspruch.
49
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Untreue lässt auch die hierzu in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott entfallen.
50
a) Allerdings bestehen an sich gegen die Annahme dieses Straftatbestands keine Bedenken. Die vertragliche Konstruktion über die Beauftragung der H. , die der Angeklagte R. als Vertreter der Stadt Dresden mitgetragen hat, erfüllt den Tatbestand der Beihilfe zum Bankrott nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB, weil sie darauf angelegt war, die hieraus erhaltenen Vergütungen dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen. Das hat das Landgericht aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung festgestellt. Die vom Angeklagten R. insoweit geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen sind unbegründet. Die Einlassung des Angeklagten R. ist in wesentlichen Grundzügen mitgeteilt worden. Aufgrund der Gesamtumstände hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß bei ihm den Vorsatz bejaht. Die Ausführungen der Revision hierzu erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Tatrichters zu setzen.
51
b) Gleichwohl kann der Schuldspruch insgesamt keinen Bestand haben (§ 353 Abs. 1 StPO). Da das Landgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend die im Vertragsschluss liegende Untreue und die hierin auch zu sehende Beihilfehandlung zum Bankrott als tateinheitliche Begehung gewertet hat, konnte der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott nicht gesondert aufrecht erhalten bleiben. Bei Tateinheit steht nämlich die Einheitlichkeit einer Tat der Aufrechterhaltung des vom Rechtsfehler nicht betroffenen Teils entgegen (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 353 Rdn. 7a). Allerdings bleiben sämtliche diesen Schuldspruch tragende Feststellungen aufrechterhalten. Erfolgt keine Verurteilung wegen der tateinheitlich angeklagten Untreue, wäre der Angeklagte R. ohne weiteres allein auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen erneut wegen Beihilfe zum Bankrott zu bestrafen.

III.


52
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme richtet, ist unbegründet.
53
1. Die Anklage legt dem Angeklagten R. zur Last, dass er vom Zeugen N. den Abschluss eines Beratervertrages zwischen der G. und dem Angeklagten S. als Gegenleistung für den Generalübernehmervertrag mit der Stadt Dresden verlangt habe. Hierin sieht die Staatsanwaltschaft eine Vorteilsannahme des Angeklagten R. .
54
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte R. gegenüber dem Zeugen N. geäußert hat, er wünsche, dass der Angeklagte S. als Koordinator gegenüber der Stadt Dresden eingesetzt werde, sollte es zum Vertragsschluss zwischen der G. und der Stadt Dresden kommen. Hieraus hat das Landgericht zwar geschlossen, dass der Zeuge den Eindruck gewinnen durfte, der Angeklagte R. fordere die Be- schäftigung des Angeklagten S. als Gegenleistung für den Vertragsabschluss. Das Landgericht hat sich jedoch nicht davon zu überzeugen vermocht , dass der Angeklagte R. erkannt hat, sein Wunsch nach einer Beschäftigung S. s könnte in einem Bedingungszusammenhang mit dem Abschluss des Generalübernehmervertrags gestanden haben.
55
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand.
56
a) Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH wistra 2005, 304, 305; NStZ 2002, 48 m.w.N.).
57
b) Einen derartigen Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht auf.
58
aa) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft stehen die Zweifel des Landgerichts am Vorsatz des Angeklagten im Einklang mit den getroffenen Feststellungen. Dass das Landgericht dabei seine Zweifel an einer konkreten Tatsache festmacht oder sie gerade aus ihr herleitet, ist aus Rechtsgründen nicht geboten. Vielmehr ist der Tatrichter gehalten, aus dem Gesamtzusammenhang der von ihm objektiv festgestellten Tatsachen Schlüsse auf die Willensrichtung des Angeklagten zu ziehen. Ein solcher Schluss ist rechtsfehlerfrei, wenn er möglich und jedenfalls vertretbar erscheint , also die richterliche Überzeugungsbildung nicht überspannt wird. Dies ist hier der Fall.
59
bb) Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob dieser Erklärung schon der vom Landgericht beigemessene Erklärungswert zukommt, dass der vom Angeklagten R. geäußerte Wunsch, dem Angeklagten S.
einen Beratervertrag einzuräumen, als Bedingung für die Beauftragung der G. angesehen werden konnte. Insoweit ist diese Auslegung nicht unmittelbar durch Tatsachen belegt. Nach dem Inhalt der in den Urteilsgründen mitgeteilten Aussage des Zeugen N. hat der Angeklagte seinen Wunsch so formuliert, dass S. den Beratervertrag erhalten sollte, sofern es zum Vertragsschluss komme. Der Angeklagte R. hat nach den Urteilsfeststellungen weder vorab einen Beratervertrag für S. verlangt, noch lässt sich dieser Erklärung ihrem Wortsinn nach ein Bedingungszusammenhang entnehmen. Der Zeuge N. hat dies ausweislich der Urteilsfeststellungen auch nicht so verstanden. Wenn schon der Erklärungswert der Aussage nicht zwingend war, dann gibt dies auf der subjektiven Ebene einen umso größeren Spielraum für die Auslegung. Je weniger eindeutig sich die Gesprächssituation konkretisieren lässt, desto größere Zweifel können auch entstehen, wie der Angeklagte R. seine eigene Erklärung verstanden wissen wollte.
60
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt die Auslegung des Landgerichts auch nicht etwa ein mit den Sprach- und Denkgesetzen unvereinbares Ergebnis dar, das einen revisiblen Rechtsverstoß begründen könnte. Der Generalbundesanwalt will dabei entscheidend darauf abheben , dass der Angeklagte R. von „sich“ gesprochen habe und damit nicht die „Stadt Dresden“ gemeint haben könnte. Es entspricht aber der Lebenswirklichkeit , dass der Vertreter, bei Erklärungen für den Interessenkreis des Vertretenen auf die für jedermann offensichtliche Hervorhebung seiner Vertreterstellung verzichtet.
61
cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Strafkammer bei der Auslegung wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hätte. Das Landgericht hat sowohl die Interessenlage des Angeklagten, der S. auch als persönlichen Berater nicht verlieren wollte, als auch die besonderen Schwierigkeiten , die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten S. ergeben , gesehen und ersichtlich in die Würdigung der subjektiven Tatseite beim Angeklagten R. einbezogen. Namentlich angesichts der eigenen Verstrickung des Angeklagten S. in gleichem Zusammenhang und des engen Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden Angeklagten erscheint eine abweichende Beurteilung der Frage, ob hinreichende Tatsachen auch für eine strafbare korruptive Verstrickung des Angeklagten R. vorlagen , nicht fernliegend. Dies reicht indes nicht aus, einen Rechtsfehler für die noch vertretbare Auffassung des Landgerichts zu begründen.
62
4. Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung nach § 331 StGB ausgegangen. Es trifft allerdings zu, dass nach der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) erfolgten Neufassung des § 331 StGB eine Ausdehnung der Strafbarkeit insoweit eingetreten ist, als kein Zusammenhang mehr zwischen dem Vorteil und einer bestimmten Dienstausübung vorhanden sein muss. Es reicht aus, wenn der Amtsträger den Vorteil für irgendeine dienstliche Tätigkeit verlangt. Damit soll einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden, mit dem ein böser Schein möglicher Käuflichkeit erweckt wird (BGHR StGB § 331 Unrechtsvereinbarung

2).


63
Diese Gesetzeslage hat das Landgericht ersichtlich nicht verkannt. Abgesehen davon, dass als mögliche Diensthandlung hier allein der Vertragsschluss mit der G. in Betracht kam, hat das Landgericht angenommen , der Angeklagte R. habe subjektiv eine solche Verknüpfung im Sinne einer Unrechtsvereinbarung weder erkannt noch gewollt. Wenn dem Angeklagten nicht bewusst geworden ist, dass diese Erklärung so verstanden werden könnte, dann fehlte ihm zwangsläufig auch das Bewusstsein, den bösen Schein möglicher Käuflichkeit hervorzurufen. Solches ist aber erforderlich , weil auch im Rahmen des Tatbestands des § 331 StGB der Angeklagte diesen Zusammenhang erkennen oder mindestens billigend in Kauf nehmen muss (BGHSt 49, 275, 296). Dies hat das Landgericht aber gerade rechtsfehlerfrei verneint.
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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 17/15
vom
26. November 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
AEUV Art. 107 ff.; StGB § 266 Abs. 1; HGB § 54; VV-LHO RP § 39 Ziff. 5 Satz
2
1. Ein Mitglied des Aufsichtsrats einer GmbH trifft die Pflicht im Sinne des Untreuetatbestands
, das Vermögen der Gesellschaft zu betreuen. Es verletzt
diese Pflicht u.a. dann, wenn es mit einem leitenden Angestellten der Gesellschaft
bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden, die Grenzen
der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschreitenden Fehlverhalten
zusammenwirkt.
2. § 39 Ziff. 5 Satz 2 der Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung
Rheinland-Pfalz schützt die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers.
3. Zu der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und dem Eintritt eines
Vermögensnachteils bei der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen für
ein Bundesland durch dessen Finanzminister.
4. Ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von
Beihilfen begründet keine Pflichtverletzung im Sinne des UntreuetatbestanECLI
:DE:BGH:2015:261115B3STR17.15.0
des; denn diese Regelungen dienen nicht dem Schutz des Vermögens des
Beihilfegebers, sondern dem des europäischen Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen.
5. Zu den Darlegungsanforderungen bezüglich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
, wenn dem Angeklagten eine Handlungsvollmacht für die
Gesellschaft erteilt wurde.
BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Untreue u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten D. , K. und N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - mit Ausnahme der Aufhebung des Urteils
in den Fällen IV.2 und 7 der Urteilsgründe auf dessen Antrag - am
26. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 Satz 1
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. April 2014 aufgehoben
a) soweit es den Angeklagten D. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.8 und 9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
b) soweit es den Angeklagten K. betrifft, aa) im Fall IV.2 der Urteilsgründe und der Angeklagte insoweit freigesprochen; die diesbezüglichen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe ; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
c) soweit es den Angeklagten N. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und zum Vermögensnachteil aufrecht erhalten;
d) soweit es die Mitangeklagten M. und W. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe. Im Umfang der Aufhebung - mit Ausnahme des Teilfreispruchs des Angeklagten K. - wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in vierzehn Fällen und falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten K. und N. hat die Strafkammer wegen Untreue in sieben ( K. ) bzw. vier (N. ) Fällen Bewährungsstrafen verhängt und sie im Übrigen freigesprochen. Die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und W. hat das Landgericht jeweils unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in neun Fällen verwarnt und die Verurteilung von Geldstrafen vorbehalten. Mit ihren Revisionen wenden sich die Beschwerdeführer gegen ihre Verurteilungen und rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten D. und K. beanstanden zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen waren die revidierenden Angeklagten im Tatzeitraum in unterschiedlicher Funktion bei der Nürburgring GmbH tätig. Der Angeklagte K. war deren Geschäftsführer; der Angeklagte D. war damals Finanzminister des Landes Rheinland -Pfalz und seit dem Jahr 2006 Vorsitzender des satzungsmäßig eingerichteten Aufsichtsrats. Der Angeklagte N. war Leiter der Controlling-Abteilung. Er war direkt dem gesondert verfolgten Finanzdirektor und Prokuristen L. unterstellt sowie selbst Vorgesetzter unter anderem des Zeugen De. . Ihm war "Handlungsvollmacht nach § 54 HGB" erteilt. Nach internen Regelungen durfte er Verpflichtungen - mit entsprechender Befugnis zur Freigabe - bis zu einem Umfang von 20.000 € eingehen, bei Beträgen über 5.000 € allerdings nur ge- meinsam mit einem Direktor wie etwa L. . Zu seinem Aufgabenkreis gehörte es weiter, die inhaltliche und sachliche Richtigkeit von eingehenden Rechnungen zu überprüfen. Die Geschäftsanteile an der Nürburgring GmbH hielten zu 90% das Land Rheinland-Pfalz und zu 10% der Landkreis Ahrweiler. Den Verurteilungen liegen Vorgänge zugrunde, die sich im Rahmen des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" zutrugen:
3
1. Der Nürburgring ist eine traditionsreiche, in einer strukturschwachen Region des Landes Rheinland-Pfalz gelegene Rennstrecke, die von der Nürburgring GmbH verwaltet wird. Bereits seit Jahrzehnten wurde versucht, das Angebot am Nürburgring um andere Freizeitmöglichkeiten neben dem Rennbetrieb zu erweitern. Aus diesen Bestrebungen entstand das Ausbauprojekt "Nürburgring 2009", mit dem der Nürburgring zu einem Freizeit-, Business- und Erlebniszentrum mit ganzjährigen, wetterunabhängigen Angeboten entwickelt werden sollte. Das Ausbauprojekt gliederte sich in zwei Bereiche: Bereich I umfasste die Bauprojekte "ringBoulevard", "Warsteiner-Event Center", "ringWerk" und "ringArena"; das Teilprojekt Bereich II betraf den Ausbau der Hotel- und Gastronomieanlagen. Finanziert werden sollte das Vorhaben durch private Investoren , wobei sich die geschätzten Investitionskosten zunächst auf 135 Mio. € für Bereich I und auf 95 Mio. € für den Bereich II beliefen. Die Suche nach Privatinvestoren gestaltete sich allerdings für beide Teilprojekte schwierig.
4
Mitte des Jahre 2006 stellten die Zeugen B. und Me. ein Finanzierungskonzept für den Bereich I des Ausbauprojektes vor. Dieses hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die von den Zeugen gehaltene I. (I. ) S.A. (im Folgenden: I. S.A.) zahlt an die Nürburg- ring GmbH 135 Mio. €. Im Gegenzug wird der I. E. GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der I. S.A., ein Nießbrauchsrecht an den bebauten Grundstücken und Betriebseinrichtungen eingeräumt, welche sie sodann an die Nürburgring GmbH rückvermietet. Der Mietvertrag läuft über 27 Jahre; die Grundmiete beträgt pro Jahr 5 Mio. €, so dass die Investitionssumme am Ende der Gesamtlaufzeit den Grundmieteinnahmen entspricht. Eine Kündigung durch die Nürburgring GmbH ist frühestens nach elf Jahren möglich, wobei in diesem Fall eine "Optionsgebühr" und auf Grundlage einer festgelegten Formel eine Entschädigung zu zahlen ist, die im Wesentlichen der noch offe- nen Mietzinszahlung für die verbleibende Laufzeit entspricht. Der wirtschaftliche Vorteil dieses Konzepts lag für die Nürburgring GmbH darin, dass ihr die Investitionssumme zinsfrei zur Verfügung gestellt würde. Rein rechnerisch ergab sich bereits bis zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Kündigung nach elf Jahren ein Zinsvorteil von 33 Mio. €. Zusätzlich garantierte die I. S.A.auf die im Falle einer vorzeitigen Kündigung zu leistenden Entschädigung einen festen Abzugs- betrag in Höhe von 30 Mio. €. Wirtschaftlich betrachtet wären der I. S.A.da- mit im Fall einer Kündigung nach elf Jahren Zinseinnahmen in Höhe von 33 Mio. € entgangen und zusätzlich ein Verlust von 30 Mio. € entstanden.
5
Die I. S.A. bzw. die hinter dieser stehenden B. und Me. wollten ihre Gewinne durch eine Refinanzierung des Investitionskapitals erwirtschaften. Hierzu planten sie, nach dem sog. Senior-Life-Settlements-Modell auf dem USMarkt in einem Volumen von 1,2 Mrd. US-Dollar notleidend gewordene Lebensversicherungen zu einem Bruchteil von deren Nominalablaufwert aufzukaufen. Nach US-amerikanischem Versicherungsrecht erhält der Versicherungsnehmer bei einer Einstellung der Prämienzahlungen keine Leistungen aus dem Vertrag, weshalb es bei drohendem Zahlungsausfall günstiger ist, die Versicherung an einen Aufkäufer zu übertragen, der die restlichen Prämienzahlungen übernimmt. Da der Ausfall der Prämienzahlung seitens der Versicherungen bereits in die Prämienhöhe einkalkuliert wird, erlangt der Investor bei erfolgreicher Durchführung einen im Verhältnis zur Prämienzahlung relativ hohen Betrag. Allerdings sahen die US-amerikanischen Bestimmungen vor, dass ein Aufkauf derartiger Lebensversicherungspolicen durch NichtVersicherungsunternehmen wie der I. S.A. nur in Verbindung mit einem Immobiliengeschäft rechtlich zulässig war. Als ein solches werteten B. und Me. die Beteiligung am Ausbauprojekt "Nürburgring 2009". Da die I. S.A.
die Investitionssumme von 1,2 Mrd. US-Dollar nicht aufbringen konnte, benötigte sie ihrerseits einen Investor, der bereit war, das Projekt zu finanzieren.
6
Im August 2006 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. einen Projektfinanzierungs- und Entwicklungsvertrag, dessen Gegenstand unter anderem die Vermittlung eines Investors durch die I. S.A. war. Dies gelang B. und Me. zunächst allerdings nicht. Im weiteren Verlauf schlossen die Nürburgring GmbH und die I. Gesellschaft mbH (im Folgenden: I. GmbH), eine Tochtergesellschaft der I. S.A., am 27. März 2007 einen Vorvertrag. Hierin verpflichtete sich die Nürburgring GmbH zur pauschalen Erstattung von Vorlaufkosten, die der I. GmbH durch die Suche nach einem Investor bzw. durch die Vermittlung der Finanzierung entstehen würden. Der Vertrag sah monatliche Pauschalzahlungen in Höhe von 20.000 € vor und war zunächst bis zum 31. Dezember 2007 befristet. In der Folgezeit wurde er durch vier Nachträge bis zum 30. September 2008 verlängert , wobei die monatliche Zahlungsverpflichtung zuletzt 40.000 € betrug. Am 2. September 2007 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. zudem eine Provisionsvereinbarung, wonach die I. S.A. für die erfolgreiche Vermittlung der Projektfinanzierung ein Erfolgshonorar in Höhe von 5 Mio. € erhalten sollte. Der Vertrag sah u.a. vor, dass die erste Rate in Höhe von 1 Mio. € des Erfolgshonorars erst nach dem tatsächlichen Eingang der ersten Finanzierungsrate fällig war; die aufgrund des Vorvertrages vom 27. März 2007 von der Nürburgring GmbH erbrachten Zahlungen sollten auf die Provision angerechnet werden.
7
Im Jahr 2008 zeigte sich der gesondert verfolgte Ba. , der in der Folgezeit unter seiner Firma B&B (im Folgenden: B&B ) handelte, an einem Engagement in dem Teilprojekt Bereich I interessiert und unterbreitete verschiedene Finanzierungsangebote. Das dritte Finanzierungsangebot war gerichtet an die I. S.A. und sah eine Investition über 1,2 Mrd. US-Dollar vor, die unter der Bedingung stand, dass die I. S.A. eine Einlage über 10% der Finanzierungssumme - mithin 120 Mio. US-Dollar - für eine Laufzeit von 14 Monaten erbringt. Dieses Finanzierungskonzept verfolgten die Beteiligten weiter, wobei die von der I. S.A. zu leistende Bareinlage schließlich 80 Mio. € betragen sollte. Im Juni 2008 unterrichtete D. den Auf- sichtsrat umfassend über das geplante Finanzierungskonzept. Ende Juni 2008 übermittelte die Geschäftsführung den Aufsichtsratsmitgliedern Entwürfe eines Nießbrauchsvertrages, eines Generalübernehmervertrages, eines Mietvertrages und eines Optionsvertrages; hiermit verbunden war der Antrag auf Zustimmung zum Abschluss des Vertragswerks. Am 1. Juli 2008 fasste der Aufsichtsrat folgenden Beschluss: "Der Aufsichtsrat beauftragt und ermächtigt die Geschäftsführung, alle notwendigen Verträge und sonstigen Vereinbarungen mit der I. , deren Vertretern oder mit der I. verbundenen Gesellschaften abzuschließen, um eine Finanzierung des Projektes Nürburgring 2009 zu realisieren…"
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Grundlage des Beschlusses war § 7 Abs. 1 und 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Nürburgring GmbH (im Folgenden: GesV). § 7 GesV lautete: "§ 7 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Abs. 1: Die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer erstreckt sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für alle darüber hinaus gehenden Handlungen ist die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen.

Abs. 2: Der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen in jedem Fall: … Abs. 3: Der Aufsichtsrat kann sich die vorherige Zustimmung zu bestimmten anderen Arten von Geschäften vorbehalten. Er kann widerruflich seine Einwilligung zu Geschäften, die seiner Zustimmung bedürfen , allgemein unter der Voraussetzung erteilen, dass die von ihm gemachten Auflagen erfüllt sind."
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Am 31. Juli 2008 entschied D. im Rahmen eines Gesprächs im Finanzministerium mit weiteren an der Finanzierung beteiligten Personen , dass die nach den bisherigen Verträgen von der I. S.A. zu leistende Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € von der Nürburgring GmbH erbracht werden sollte, da die I. S.A. hierzu finanziell nicht in der Lage war; die mit der erforderlichen Darlehensaufnahme verbundenen Zinsen sowie die mit der Anlage der Bareinlage verbundenen Bankspesen sollten nach seiner Entscheidung ebenfalls von der Nürburgring GmbH übernommen werden. Den für die Zahlung der Bareinlage erforderlichen Betrag sollte die Nürburgring GmbH darlehensweise aus Landesmitteln über den sog. Liquiditätspool erhalten, der bei dem Kreditreferat des Ministeriums für Finanzen eingerichtet war; diesbezüglich gab D. einem Mitarbeiter des Finanzministeriums vor, dass die Zahlung aus dem Liquiditätspool "unter Bilanzebene" abgewickelt werden sollte ; dementsprechend fand das Darlehen in der Bilanz der Nürburgring GmbH keine Erwähnung.
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2. Vor dem geschilderten Hintergrund kam es u.a. zu den folgenden Handlungen:
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a) In die Vorgänge um die Zahlung der von der I. S.A. geschuldeten, jedoch von der Nürburgring GmbH erbrachten Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € war die Rechtsanwaltskanzlei C. eingebunden. Ende August 2008 regte sie wegen der verschärften Regelungen zur Geldwäsche an, das Landeskriminalamt einzubinden und prüfen zu lassen, ob es Erkenntnisse oder Verdachtsmomente gegen die an der geplanten Anlage des Bardepots über 80 Mio. € Beteiligten gebe. D. bat daraufhin den damaligen Landesinnenminister Br. um eine entsprechende Überprüfung. Zudem stellte er eigene Internetrecherchen an; dabei stieß er auf Gerüchte einer Verbindung zwischen der I. S.A. und einem mexikanischen Drogenkartell. Dies teilte er am Rande einer Aufsichtsratssitzung am 2. September 2008 K. mit. Am Morgen des 8. September 2008 bestätigte Innenminister Br. D. den Verdacht, dass die I. S.A. zum Umfeld eines mexikanischen Drogenkartells gehöre. Hintergrund war, dass im Handelsregister von Luxemburg zwei irische Firmen als Aktionäre der I. S.A. eingetragen waren; beide Firmen waren auch Aktionäre einer Gesellschaft, in der eine zu den wichtigsten Drahtziehern der mexikanischen Drogenmafia zählende Familie ihre Geschäfte bündelte.
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Es folgte eine Sitzung im Finanzministerium, an der D. , der Zeuge Dr. von der Kanzlei C. und L. teilnahmen. Die Beteiligten kamen überein, dass ein sofortiges Ende der Geschäftsbeziehung zur I. S.A. erforderlich sei, wenn die Gerüchte über deren Beziehung zur mexikanischen Drogenmafia nicht zügig und umfassend widerlegt werden könnten. D. befürchtete bei deren Ausbreitung einen großen Imageschaden für das Land Rheinland-Pfalz und das Projekt "Nürburgring 2009". Konfrontiert mit den Vorwürfen bestritt Me. jedoch eine bestehende Verbindung zu einem Drogenkartell; die beiden irischen Firmen seien - was sich zehn Tage später bestätigte - lediglich Aktionäre des erworbenen Firmenmantels gewesen. Die Forderung, neue und von dem Verdacht unbelastete Gesellschaften zu gründen, die in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge eintreten sollten, lehnte er wegen der entstehenden Gründungskosten ab. Daraufhin fassten K. sowie L. den Entschluss, die Nürburgring GmbH die Kosten der gewünschten Neugründung einer Gesellschaft, der P. S.A., tragen zu lassen.
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Noch am 8. September 2008 unterschrieb Me. für die I. GmbH einen Vertrag, nach dem die Nürburgring GmbH die Gründungskosten für die "P. S.A." in Höhe von netto 45.000 € tragen sollte. Die Kosten sollten im Falle einer erfolgreichen Vermittlung der Finanzierung auf den Provisionsanspruch aus dem mit der I. S.A. geschlossenen Vertrag vom 2. September 2007 angerechnet werden. Am selben Tage stellte Me. der Nürburgring GmbH für die I. GmbH den Betrag von 53.550 € (45.000 € netto) in Rechnung. Der Betrag wurde ausgezahlt, nachdem K. und L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch richtig" abgezeichnet hatten. Einen Tag später gründeten Me. und B. vereinbarungsgemäß die P. S.A. und darüber hinaus nach deutschem Recht die P. GmbH. Die Gesellschaften traten kurze Zeit später für die I. S.A. und die I. E. GmbH in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge ein (Fall IV.2 der Urteilsgründe).
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b) Während dieser Vorgänge wurde die Umsetzung des Finanzierungskonzeptes weiter vorangetrieben. So kündigte N. am 22. September 2008 gegenüber der Schweizer Bank LLB die Überweisung von 80 Mio. € an. Am selben Tag stellte die I. GmbH der Nürburgring GmbH "… gemäß dem ge- schlossenen Vorvertrag" für den Monat Oktober 2008 eine Aufwandsentschä- digung in Höhe von 40.000 € nebst 19% Umsatzsteuer in Rechnung. Nach Ein- gang der Rechnung am 23. September 2008 fassten K. und N. sowie L. den Entschluss, diese Rechnung durch die Nürburgring GmbH begleichen zu lassen. Ihnen war bewusst, dass keine Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten bestand, da der Vorvertrag bis zum Monat September 2008 begrenzt war und auch der vierte Nachtrag zum Vorvertrag eine Aufwandsentschädigung nur bis zum 30. September 2008 vorgesehen hatte. Gleichwohl zeichneten alle drei die Rechnung als sachlich und rechnerisch richtig ab. In weiterer Ausführung des Tatplans veranlassten K. und L. die Auszahlung der in Rechnung gestellten Aufwandsentschädigung. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst. Erstattungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. bzw. die I. GmbH im Oktober 2008 nicht (Fall IV.3 der Urteilsgründe).
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c) Obwohl die von Ba. geforderte Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € am 24. September 2008 bei der LLB/Schweiz verbucht und angelegt worden war, kam die Finanzierung nicht zustande: Zunächst hielt Ba. unter anderem eine vertraglich vereinbarte Frist von drei Tagen zum Nachweis eines Investors nicht ein; sodann verschwand er zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 spurlos. Schließlich wurde die erste Finanzierungsrate auch nach seinem Wiederauftauchen trotz mehrfacher Aufforderung nicht gezahlt.
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Noch im Jahr 2008 präsentierte Ba. jedoch weitere angebliche Investoren , so u.a. die Ölgesellschaft T. und die A. AG. Eine Überprüfung der Gesellschaften durch die RechtsanwaltskanzleiR. ergab jedoch in beiden Fällen Bedenken, weil sich die ermittelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen nicht so wie von Ba. vorge- geben darstellten. Die Bestrebungen zur Finanzierung des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" konkretisierten sich gleichwohl wieder. Dabei forderte Ba. erneut, dass eine Bareinlage in Höhe von nunmehr 95 Mio. € erbracht werden müsse. Diese wurde ebenfalls von der Nürburgring GmbH geleistet , durch die darlehensweise Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanziert und im März 2009 bei der Liechtensteinischen Landesbank angelegt.
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Ende April 2009 fand eine Telefonkonferenz zwischen D. und N. sowie L. , B. und Me. statt. Hintergrund war eine zuvor durchgeführte Prüfung des Finanzierungskonzeptes durch eine Schweizer Wirtschaftskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hierbei hatte sich ergeben, dass der im Rahmen des Finanzierungskonzeptes zwischen der P. S.A. und B&B zu schließende Darlehensvertrag über 165 Mio. € negative ertragssteuerliche Konsequenzen für die P. S.A. gehabt hätte. Me. forderte daraufhin, dass die Ertragssteuer entweder vom Land Rheinland-Pfalz oder der Nürburgring GmbH übernommen werden müsse. Dies lehnte D. ab; er ging aber auf den Vorschlag ein, dass zum Erhalt steuerlicher Vorteile seitens B. und Me. eine Schweizer Aktiengesellschaft gegründet werden sollte. Die Gründungskosten in Höhe von 100.000 € sollte die Nürburgring GmbH tragen. Dabei erklärte D. , dass der Betrag von 100.000 € nicht in Verbindung mit der Gesellschaftsgrün- dung gebracht werden dürfe; auch müsse der Betrag auf das später etwaig zu zahlende Erfolgshonorar angerechnet werden.
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Unter dem 30. April 2009 ging daraufhin eine Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein, mit der die I. GmbH "für erbrachte Leistungen in den Monaten Juni, Juli und August 2008" ein "Honorar" von netto 100.000 € berechnete. Die Rechnung zeichneten K. und L. entsprechend ih- rem zuvor gefassten gemeinsamen Entschluss als sachlich und rechnerisch richtig ab und gaben sie zur Zahlung frei. Im Juni 2009 gründeten B. und Me. nach schweizerischem Recht die G. AG. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst (Fall IV.5 der Urteilsgründe

).


19
d) Im Mai 2009 sprach Me. anlässlich eines Treffens in der Schweiz L. auf die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 50.000 € an. L. unterrichtete hierüber telefonisch D. ; gemeinsam entschieden beide, dass die Nürburgring GmbH den Betrag zahlen solle. Daraufhin ging am 22. Mai 2009 eine Rechnung der sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Liquidationsstadium befindlichen I. GmbH ein; die Rechnung lautete auf netto 50.000 € und wies als Gegenstand "erbrachte Leistungen in den Monaten September 2008" aus, obwohl die nach dem Vorvertrag geschuldete Aufwandsentschädigung für den Monat September 2008 bereits im August 2008 gezahlt worden war. Gleichwohl zeichneten K. , der in Kenntnis aller Umstände ebenfalls zur Zahlung entschlossen war, sowie L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch geprüft" ab und veranlassten hierdurch die Auszahlung (Fall IV.6 der Urteilsgründe).
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e) Anfang Juni 2009 hielten sich B. , Me. , L. und N. im Hotel Do. in Z. auf. Im Laufe eines gemeinsamen Gesprächs rief Me. D. an und begehrte unter Hinweis auf nicht näher spezifi- zierte Aufwendungen eine Zahlung in Höhe von 150.000 €. D. stimmte der Zahlung zu. Hierauf machte N. gegenüber L. deutlich, dass der pauschale Aufwendungsersatz aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar sei, zumal die Nürburgring GmbH bereits bisher angefallene Kosten für Flug, Hotel und Spesen in Höhe von 78.000 € für B. und Me. beglichen habe. L.
reagierte jedoch unwirsch und verwies auf die Zustimmung von D. .
21
Bereits vor Eingang einer Rechnung rief N. darauf den ihm bei der Nürburgring GmbH unterstehenden Zeugen De. an und "wies ihn an, den Betrag per Blitzüberweisung auf das bekannte Konto der I. GmbH zu überweisen". De. ließ daraufhin von der entsprechenden Abteilung die Überweisung zur Unterschrift durch K. vorbereiten. Hiernach legteN. K. die Auszahlungsanordnung zur Unterschrift vor, wies jedoch erneut auf seine Bedenken hin. Dieser unterschrieb gleichwohl die Auszahlungsanordnung und veranlasste hierdurch die Zahlung. Erst danach ging am 20. Juli 2009 die auf den 15. Juni 2009 datierende und auf den Nettobetrag von 150.000 € lautende Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein. Als Gegenstand wurden dort seitens der I. GmbH "erbrachte Leistungen in den Monaten Oktober und November 2008" ausgewiesen. Gesondert abrechnungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. indes nicht gehabt (Fall IV.7 der Urteilsgründe

).


22
f) Nachdem B. und Me. die G. AG gegründet hatten , sollte die Finanzierung mit Ba. umgesetzt werden. Bereits im Mai 2009 hatte Ba. als neuen Investor die amerikanische Gesellschaft G. A. (im Folgenden: GA. ) ins Spiel gebracht und die Kopie eines Kontoauszugs überreicht, wonach die Gesellschaft die Anweisung erteilt hatte, 100 Mio. US-Dollar auf ein mit der Bezeichnung "B&B Nürburgring" geführtes Unter-Konto zu überweisen. Hinter der GA. sollte ein Investor namens Du. stehen. Du. war nach den Angaben Ba. s auch "Geschäftsführer" der M. A. (im Folgenden: MA. ), die im weiteren Verlauf neben der GA. zusätzlich in die Finanzierung einge- bunden würde. Im Zuge der abschließenden Verträge fertigte der von der Nürburgring GmbH beauftragte Rechtsanwalt Lü. eine Zahlungsvereinbarung , mit der die genaue Zahlungshöhe und -weise des durch Ba. zur Verfügung gestellten bzw. beschafften Finanzierungskapitals an die Nürburgring GmbH und die Gesellschaften der I. - bzw. P. -Gruppe geregelt werden sollte. Am 29. Juni 2009 übermittelte Rechtsanwalt Lü. L. per E-Mail einen zweiten Entwurf dieser Vereinbarung. Zu diesem Zeitpunkt stand D. unter hohem Zeitdruck, da im Hinblick auf das am 12. Juli 2009 stattfindende Formel-1-Rennen die Eröffnungsfeier für den 9. Juli 2009 vorgesehen und noch kein Privatinvestor gefunden worden war. Zudem hatte ihm der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Be. , eine Frist bis zu diesem Tage gesetzt, um die Finanzierung des Projektes mit Ba. umzusetzen. Im Falle eines Scheiterns sollte das Bardepot über 95 Mio. € wieder abgezogen werden.
23
Noch am 29. Juni 2009 folgte im Hotel Do. in Z. ein Treffen , an dem für die Nürburgring GmbH N. und L. , daneben B. , Me. sowie Ba. teilnahmen. Letzterer übergab dabei einen auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 67 Mio. USDollar , der zugunsten der Nürburgring GmbH ausgestellt war und die ursprünglich vorgesehene Überweisung der ersten Finanzierungsrate ersetzen sollte. Hierauf diskutierten N. , L. , B. und Me. über die Zahlung der nach dem Vertrag vom 2. September 2007 vereinbarten Provision, welche die Nürburgring GmbH für die erfolgreiche Vermittlung der Finanzierung an die - für die I. S.A. in den Vertrag eingetretene - P. S.A. zahlen sollte. B. und Me. vertraten die Auffassung, ihre vertraglichen Pflichten erfüllt zu haben, weshalb die Provision mit der Übergabe des Schecks fällig sei. Auf Forderung des L. änderte N. daraufhin den von Rechtsanwalt L. übermittel- ten Entwurf der Zahlungsvereinbarung dergestalt ab, dass nach Gutschrift des Schecks über 67 Mio. US-Dollar eine Provision in Höhe von 4 Mio. € an die G. AG zu zahlen sei. Weshalb die Beteiligten in Abweichung vom Vertrag vom 2. September 2007 nur über eine Provision in Höhe von 4 Mio. €, statt wie ursprünglich vereinbart 5 Mio. € debattierten, hat die Strafkammer nicht klären können.
24
B. und Me. ging der neue Entwurf jedoch nicht weit genug. Sie forderten eine Zahlung innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks. Es entbrannte eine hitzige Diskussion, insbesondere N. hielt die Forderung für unangemessen. Im weiteren Verlauf telefonierte Me. mit D. und konfrontierte nun diesen mit seiner Forderung. Vor dem Hintergrund seines Zeitdrucks entschied D. , dem Ansinnen von B. und Me. nachzukommen, wobei ihm bewusst war, dass es nicht möglich sein würde, binnen der kurzen Zeitspanne von 48 Stunden zu überprüfen, ob der von Ba. übergebene Scheck gedeckt war. Telefonisch vereinbarten D. und Me. weiter, dass ein Teilbetrag von 1,2 Mio. € zur Begleichung von "Vorlaufkosten" unmittelbar an die Nürburgring GmbH zurücküberwiesen werden und weitere 2 Mio. € unangetastet auf dem Konto der G. AG verbleiben sollten; der Restbetrag von 800.000 € sollte zur freien Verfügung der G. AG bzw. B. und Me. stehen.
25
Auf Aufforderung des L. änderte N. am frühen Morgen des 30. Juni 2009 den Entwurf der Zahlungsvereinbarung erneut ab. Dieser mittlerweile vierte Entwurf lautete nun auszugsweise wie folgt: "Präambel: Zwischen den Parteien bestehen verschiedene vertragliche Beziehungen. Diese umfassen u.a. Verträge zwischen P. und NG zur Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" (gemeinsam das "NG/P. Vertragswerk Projekt NG 2009"). … NG zahlt 4 Mio. € an G. /P. alsVorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009. … § 1 Leistung von Zahlungen 1.2. B&B wird im unmittelbaren Anschluss an die Unterzeichnung dieser Zahlungsvereinbarung einen Betrag in Höhe von 67,0 Mio. US$ …zahlen, und zwar durch Übergabe eines Orderschecks… 1.3. NG wird innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks gemäß § 1.2 einen Betrag in Höhe von 4 Mio. € … an G. /P. zahlen und zwar durch Überweisung auf ein von der G. /P. zu benennendes Konto."
26
Der Entwurf sah im Unterschriftsfeld für die Nürburgring GmbH neben der Unterschrift von L. als Prokuristen der Gesellschaft auch diejenige von N. vor. L. , Me. und Ba. unterschrieben diese Zahlungsvereinbarung.
27
N. begab sich daraufhin mit L. auf den Weg nach Mainz, um dort den - tatsächlich nicht gedeckten - Scheck über 67 Mio. US-Dollar bei der Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: LBBW) einzulösen. Er hatte die Zahlungsvereinbarung noch nicht unterschrieben, weil er diese nach wie vor für unangemessen hielt, und machte gegenüber L. seine Unterschrift von einer entsprechenden Weisung von D. und K. abhängig. In dem darauf folgenden Telefonat forderte D. N. mit dem Bemerken , niemand könne so verrückt sein, einen Scheck in dieser Größenordnung zu unterschreiben, der nicht gedeckt sei, zur Unterschrift auf. Nachdem auch K. N. telefonisch hierzu angewiesen hatte, zeichnete dieser die Zahlungsvereinbarung ab und stimmte "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH dem Inhalt der Vereinbarung" zu.
28
Nach der Scheckeinreichung bei der LBBW flogen N. und L. noch am selben Tage wieder nach Z. . Am Vormittag des 3. Juli 2009 forderte N. den Leiter der Buchhaltung der Nürburgring GmbH, Ke. , auf, die Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu veranlassen, nachdem Me. ihm gegenüber auf der Zahlung bestanden hatte. Ke. informierte hierauf die für die Ausführung der Überweisung zuständige Zeugin La. , die einen Überweisungsauftrag fertigte. Aufgrund vorgebrachter Bedenken des bei der Nürburgring GmbH beschäftigten Justitiars Pa. hinsichtlich des mit der Zahlung verbundenen Risikos, weil die Deckung des übergebenen Schecks noch unklar war, unterschrieb K. den Überweisungsauftrag allerdings zunächst nicht.
29
Währenddessen hatten sich Ba. , N. und B. gemeinsam zur P. -Bank nach Liechtenstein begeben. Dort sollte Ba. einer vorherigen Absprache entsprechend einen Kontoauszug abholen, der belegte, dass die B&B über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Mio. € verfügte. Vor der Bank teilte er N. und B. dann allerdings für diese überraschend mit, dass die P. -Bank wegen der schlechten Reputation der Nürburgring GmbH keinen von deren Vertretern empfangen wolle und auch keinen Kontoauszug über- reichen werde. Etwa eine Stunde später kam Ba. wieder heraus und er- klärte wahrheitswidrig, dass der Betrag von 100 Mio. € auf dem Konto der B&B als frei verfügbares Guthaben vorhanden sei, die Bank sich aber sowohl geweigert habe, einen entsprechenden Kontoauszug auszuhändigen, als auch, eine Überweisung auf ein Konto der Nürburgring GmbH auszuführen. N. und B. reagierten zunächst empört und äußerten den Verdacht, dass Ba. eine Hinhaltetaktik verfolge. Ba. schlug daraufhin vor, zunächst einen weiteren Scheck über 33 Mio. US-Dollar auszustellen und übergab N. im Laufe des Tages einen erneut auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 33 Mio. €.
30
Am Nachmittag desselben Tages entschloss sich K. , den Auftrag zur Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu erteilen, obwohl ihm bewusst war, dass die Werthaltigkeit des Schecks über 67 Mio. US-Dollar noch nicht überprüft war. Gegen 16:00 Uhr unterschrieb er den Überweisungsträger und übergab ihn der Zeugin La. zur Ausführung. Diese übermittelte um 17:17 Uhr den Überweisungsträger nach vorheriger telefonischer Ankündigung per Telefax mit der Bitte um "schnellstmögliche Ausführung" an die Kreissparkasse Ahrweiler. Kurze Zeit später übermittelte La. einen weiteren Auftrag per Telefax, der eine Umbuchung von 4 Mio. € von einem Tagesgeldkonto der Nür- burgring GmbH zur Deckung des mit der Auslandsüberweisung belasteten Kontos zum Gegenstand hatte. Bei der Kreissparkasse Ahrweiler kamen den Zeugen St. und Ki. jedoch Bedenken, ob die Überweisung einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche darstellen könnte, weil der Überweisungsträger als Empfänger nur die Buchstaben-ZahlenKombination "G7 5165" enthielt. Aufgrund dessen führten sie die Überweisung zunächst nicht aus.
31
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits die Rechtsanwälte Lü. und Di. K. aufgesucht. Lü. hatte am Vortag von dem gegenüber seinen Vertragsentwürfen geänderten Inhalt der Zahlungsvereinbarung erfahren und bewertete deren Inhalt als Untreue. Im Beisein von L. kam es daraufhin zu einem Telefonat zwischen K. und D. . Letzterer blieb trotz der von Lü. vorgebrachten Bedenken und Hinweise auf die bisherige Unzuverlässigkeit des Ba. bei seiner Auffassung, dass der Betrag von 4 Mio. € gezahlt werden solle. Daraufhin wies L. K. auf dessen persönliche Verantwortung als Geschäftsführer hin, worauf D. erklärte, er könne dem Geschäftsführer als Aufsichtsratsvorsitzender keine Weisungen erteilen; zugleich betonte er aber, dass das Risiko des Scheiterns der Finanzierung dann auch bei der Geschäftsleitung läge. K. erklärte schließlich seiner Sekretärin, dass mit der Überweisung gewartet werden sollte; gegen 18:00 Uhr wurde eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse Ahrweiler per Telefax informiert.
32
Noch am Abend des 3. Juli 2009 unterrichtete ein Mitarbeiter der LBBW das Finanzministerium über Erkenntnisse zu dem von Ba. ausgestellten Scheck. Nach Mitteilung der Wells Fargo Bank in London stimmten die Daten auf dem Scheck nicht mit den Kontodaten überein; das bezeichnete Konto habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Deckung über 67 Mio. € aufgewiesen. An dem sich anschließenden Wochenende traten weitere Ungereimtheiten auf, sodass D. bereits am Sonntag, den 5. Juli 2009, L. den Auftrag erteilte, die Folgen einer Vertragsauflösung zu prüfen. Am Montag, den 6. Juli 2009, übermittelte La. im Auftrag des K. der Kreissparkasse Ahrweiler ein Telefax, mit dem der Überweisungsauftrag vom 3. Juli 2009 endgültig zurückgenommen wurde. Einen Tag später trat D. von sei- nem Amt als Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz zurück (Fall IV.8 der Urteilsgründe).
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g) Zeitgleich zu den vorstehend geschilderten Ereignissen um die Finanzierung des Bereichs I von "Nürburgring 2009" wurde der Ausbau des Bereichs II (Hotel- und Gastronomieanlagen) vorangetrieben. Nach den Planungen und den öffentlichen Aussagen der Landesregierung hatte dieser Teil des Ausbauprojektes ausschließlich privat finanziert werden sollen. Weil bis Mitte des Jahres 2007 jedoch trotz Verhandlungen mit zahlreichen Hotelbetreibern kein privater Investor gefunden worden war, wurde schließlich die MS. GmbH als Projektentwicklungsgesellschaft gegründet. 10% ihrer Gesellschaftsanteile hielt die Nürburgring GmbH; 49,5% entfielen auf die später unter dem Namen Med. GmbH firmierende Medi. GmbH. Daneben waren an der MS. GmbH beteiligt die G. & T. GmbH (33,8%) und mit 6,7% die We. -GmbH. Geschäftsführer der MS. GmbH waren die Zeugen Ri. , seinerseits zugleich Geschäftsführer der Med. GmbH, und G. , der Geschäftsführer der G. & T. GmbH.
34
Die M. GmbH betrieb als Bauherrin in der Folgezeit den Ausbau der unter Bereich II fallenden Projekte. Da sie allerdings nicht über die erforderlichen Eigenmittel verfügte, war sie auf eine Fremdfinanzierung angewiesen. Deren Umsetzung gestaltete sich in der Folgezeit schwierig, so dass es u.a. zu folgenden Handlungen kam (Fälle IV.9 a) ff. der Urteilsgründe):
35
Zum Planbereich II gehörte der Bau eines 4-Sterne-Hotels, wegen dessen Finanzierung der Zeuge Ri. Verhandlungen mit der Bank für Tirol und Voralberg (im Folgenden: BTV) führte. Diese war bereit, einen Kredit in Höhe von 26 Mio. € zu gewähren, forderte allerdings, dass die Errichtung des Hotels von einer Gesellschaft betrieben würde, deren einziger Gesellschaftszweck hierin bestand, und daneben einen Eigenkapitalnachweis dieser Gesellschaft in Höhe von6 Mio. €. Die erste Forderung führte zur Gründung der C. M. GmbH (im Folgenden: CM. GmbH). Zur Erbringung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises war die MS. GmbH indes nicht in der Lage. Dieser sollte daher von ihren Gesellschaftern entsprechend der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse aufgebracht werden. Da der Geschäftsführer der We. GmbH allerdings nicht bereit war, sich an dem Projekt finanziell zu beteiligen, sollte deren Anteil von der Med. GmbH übernommen werden; diese hatte somit einen Gesamtanteil von 3,4 Mio. € zu tragen. Hierzu war sie nicht fähig.
36
Anfang Mai 2008 wies Ri. gegenüber D. darauf hin, dass ein Baustopp drohe, falls der Eigenkapitalnachweis nicht geführt werden könne. Dieser empfahl Ri. , sich an die I. und S. bank GmbH (im Folgenden: ISB GmbH) zu wenden. Bei dieser handelt es sich um eine Landesbank, deren alleiniger Gesellschafter das Land Rheinland-Pfalz ist und deren Gesellschaftszweck zu diesem Zeitpunkt insbesondere darin lag, Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft sowie sonstige Maßnahmen zur Verbesserung und Stärkung der Wirtschaftsstruktur des Landes Rheinland-Pfalz zu fördern. Geschäftsführer der ISB GmbH war der Mitangeklagte M. . Diesen bat D. , die Finanzierung des Bauprojektes zu begleiten.
37
Am 7. Mai 2008 kam es daraufhin zu einem Gespräch in den Räumen der ISB GmbH. An diesem nahmen neben M. der Zeuge Ri. , die Wirtschafts- und Bürgschaftsreferentin des Finanzministeriums Ty. und der Mitangeklagte W. als Geschäftsführer der R.
GmbH (im Folgenden: RIM GmbH) teil. Die RIM GmbH war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der ISB GmbH; nach ihrem Gesellschaftszweck sollte sie das Land Rheinland-Pfalz in seiner Wirtschafts- und Strukturpolitik im Rahmen der Aufgabenstellung der ISB GmbH unterstützen. Die Überlegung, die Med. GmbH für die Finanzierung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises durch eine Landesbürgschaft zu unterstützen, wurde verworfen, weil hierdurch ein finanzielles Engagement des Landes im Bereich II des Ausbauprojektes öffentlich bekannt geworden wäre. Hieraus entwickelte sich der Vorschlag, dass die RIM GmbH befristet eine stille Beteiligung an der Med. GmbH eingehen und in diesem Rahmen eine stille Einlage in Höhe des benötigten Kapitals zur Verfügung stellen solle. Diese Einlage sollte die Med. GmbH sodann der MS. GmbH als Darlehen weiter reichen. Die RIM GmbH ihrerseits refinanzierte sich über ein Darlehen, welches ihr die ISB GmbH zur Verfügung stellte. Weil der ISB GmbH diese Darlehensgewährung aufgrund geltender Bestimmungen ohne die Absicherung durch entsprechende Bürgschaften nicht möglich gewesen wäre, sollte das Land Rheinland-Pfalz den Kredit in voller Höhe durch eine Landesbürgschaft absichern. Dies bot zugleich den Vorteil, dass die grundsätzlich nach § 18 KWG erforderliche Offenlegung von Kreditunterlagen gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 4 KWG entfiel. Die Absicherung des Darlehens durch das Land sollte D. als Finanzminister ermöglichen. Dieser entschied, nachdem er über das Konzept informiert worden war, dass in der vorgeschlagenen Weise vorgegangen werde sollte.
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Am 16. Mai 2008 schlossen die ISB GmbH und die RIM GmbH einen Darlehensvertrag über 3,4 Mio. € mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2009. Am 19. Mai 2008 erstellte W. eine Beschlussvorlage für die Geschäftsführung der ISB GmbH, in der er u.a. ausführte, dass die nach dem Ver- trag als Sicherheit an die RIM GmbH zu verpfändenden Geschäftsanteile der Med. GmbH an der MS. GmbH nur bedingt werthaltig seien. Gleichwohl stufte er die Med. GmbH in Ratingklasse 1 ein, was der besten Bonität entsprach, obwohl ihm, M. , und D. bekannt war, dass die Med. GmbH tatsächlich keinerlei Finanzkraft aufwies. Sodann schlossen W. und Ri. am 29. Mai 2008 den Vertrag über die stille Beteiligung in Höhe von 3,4 Mio. €, welche zum 30. September 2009 zurückgezahlt werden sollte. Danach wurde die Einlage erbracht.
39
Auch die Nürburgring GmbH konnte den von ihr zu stellenden Eigenkapitalnachweis in Höhe von 600.000 € nicht aufbringen. D. entschied daraufhin, dass die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende stille Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH um diesen Betrag aufgestockt und letztere auch den von der Nürburgring GmbH zu erbringenden Teil des Eigenkapitalnachweises übernehmen sollte. Wie zuvor sollte sich die RIM GmbH über ein Darlehen der ISB GmbH refinanzieren und eine Landesbürgschaft diesen Kredit absichern. Dementsprechend wurden in der Folgezeit Verträge über eine weitere stille Beteiligung zwischen der RIM GmbH und der Med. GmbH (Vertrag vom 26. September 2008) und das Darlehen der ISB GmbH an die RIM GmbH in Höhe von 600.000 € (Vertrag vom 30. September 2008) geschlossen.
40
Schon zuvor - nämlich am 28. August 2008 - hatte D. eine "globale Bürgschaftserklärung" des Landes gegenüber der ISB GmbH über ei- nen Bürgschaftsrahmen von 50 Mio. € unterzeichnet; diese sah unter anderem eine Besicherungsquote von "in der Regel 80% des einzelnen Engagements" vor. Daneben war in Ziff. 7 der Erklärung bestimmt, dass der Ausfall als eingetreten gelte, wenn und soweit die Darlehensnehmerin mit fälligen Leistungen aus den Darlehensverträgen länger als drei Monate seit Fälligkeit in Verzug ist und eine zur Abhilfe bestimmte Frist erfolglos abgelaufen oder aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten ist. Diese Bürgschaftserklärung wurde nunmehr durch D. entsprechend seinem zuvor gefassten Entschluss dahin modifiziert , dass das Land die Bürgschaft in voller Höhe auf die beiden von der ISB GmbH gewährten Darlehen erstreckte. Die entsprechende Erklärung gegenüber der ISB GmbH wurde auf seine Weisung durch Ty. mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 abgegeben.
41
Nachdem die MS. GmbH den Eigenkapitalnachweis erbracht hatte, ge- währte die BTV den zugesagten Kredit in Höhe von 26 Mio. € (Fall IV.9 a) der Urteilsgründe).
42
Anfang November 2008 drohte Ri. erneut mit einem Baustopp, wenn nicht kurzfristig Gelder in Höhe von 10 Mio. € zur Bezahlung der Bauhandwerker zur Verfügung gestellt würden. D. entschied hierauf, dass der Betrag nach dem bereits zuvor praktizierten Modell einer stillen Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH zur Verfügung gestellt werden sollte und das von der ISB GmbH zu vergebende Refinanzierungsdarlehen durch eine Landesbürgschaft zu 100% abgesichert werden sollte. Dementsprechend wurden in der Folgezeit die erforderlichen Verträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH sowie der RIM GmbH und der Med. GmbH geschlossen. Des Weiteren ließ das Finanzministerium auf Weisung von D. erklären, dass die Bürgschaftsquote über die Bestimmungen in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinaus auf 100% erhöht werde. Sodann wurden die 10 Mio. € ausgezahlt, wobei in die Weiterleitung der Gelder von der Med. GmbH an die MS. GmbH in diesem Fall - um die Herkunft der Gel- der aus öffentlichen Mitteln weiter zu verschleiern - noch die P. GmbH zwischengeschaltet war (Fall IV.9 b) der Urteilsgründe).
43
Im November 2008 forderte die Bank für Trient und Bozen im Rahmen von Verhandlungen über deren Beteiligung am Ausbauprojekt, dass die RIM GmbH ihre Beteiligung an der Med. GmbH um 15 Mio. € aufstocken sollte und diese Mittel entsprechend dem Baufortschritt verwendet werden müssten. Auch diese Forderung wurde auf die Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligung umgesetzt; dies schloss - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung vom 28. August 2008 vorgesehene Besicherung von 80% hinaus - die volle Absicherung des Refinanzierungskredites durch das Land ein. Das Gesamtobligo der mittlerweile auch durch die Absicherung anderer Vorhaben ausgeschöpften globalen Bürgschaftserklärung wurde in diesem Rahmen auf 80 Mio. € erhöht. Zu der geplanten Finanzierung durch die Bank für Trient und Bozen kam es indes nicht (Fall IV.9 c) der Urteilsgründe

).


44
Von April bis Juli 2009 meldeten die Geschäftsführer der MS. GmbH in sieben weiteren Fällen jeweils dringenden Liquiditätsbedarf in Höhe von 5,5 Mio. € bis zu 13,63 Mio. €. Die jeweils benötigten Gelder wurden daraufhin auf jeweilige Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligungen von der ISB GmbH finanziert und schließlich als Darlehen von der Med. GmbH an die MS. GmbH weitergereicht (Fälle IV.9 d) bis j) der Urteilsgründe ); in allen Fällen erklärte das Finanzministerium auf Weisung von D. - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinausgehend - die volle Absicherung des von der ISB GmbH bewilligten Refinanzierungskredits. In den Fällen IV.9 b) und IV.9 d) der Urteilsgründe wurden der RIM GmbH zur Absicherung ihres jeweiligen Rückzahlungsan- spruchs Briefgrundschulden an einem Grundstück und einem Erbbaurecht der MS. GmbH bestellt. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurden Eigentümergrundschulden an Grundstücken und Erbbaurechten der MS. GmbH sowie an einem Erbbaurrecht der CM. GmbH bestellt und an die RIM GmbH übertragen. Dass nunmehr Eigentümergrundschulden zur Absicherung dienten, geschah zu Verschleierungszwecken, da zuvor die Eintragung einer Briefgrundschuld über 10 Mio. € bekannt geworden und dadurch der Verdacht aufgekommen war, das Land Rheinland-Pfalz engagiere sich finanziell im privat zu finanzierenden Bereich II des Ausbauprojektes. Aufgrund der Absicherung durch Eigentümergrundschulden war die RIM GmbH als Berechtigte nunmehr nicht mehr aus dem Grundbuch ersichtlich. Die Anträge auf Eintragung der Briefgrundschulden gingen im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe nur wenige Wochen nach der Auszahlung der Beteiligungsgelder bei den Grundbuchämtern ein, im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe am Tage der Auszahlung. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurde der jeweils erste Grundschuldbrief spätestens knapp vier Monate nach Zahlung der Beteiligungssumme übergeben. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Grundschulden jeweils in voller Höhe ihres Nominalwertes werthaltig waren, da sie "keine sicheren Feststellungen" über die Werthaltigkeit zum Zeitpunkt ihrer Bestellung, "also während der Bauphase" zu treffen vermochte.
45
Keine der stillen Beteiligungen wurde von der Med. GmbH zurückgezahlt. Daraufhin wurden die stillen Beteiligungen teilweise prolongiert; die Darlehensverträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH liefen im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe ursprünglich bis zum 30. September 2009 und wurden noch vor Ablauf unbefristet verlängert. Die übrigen Refinanzierungsverträge waren von vornherein "bis auf Weiteres" geschlossen worden. Im März 2010 erwarb die Nürburgring GmbH schließlich sämtliche Geschäftsanteile an der MS. GmbH. Sodann wurden die gesamten Verbindlichkeiten der Nürburgring GmbH gegenüber dem Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz für die Baukosten im Bereich I des Ausbauprojekts sowie der MS. GmbH hinsichtlich der Rückzahlung der Beteiligungsgelder und der CM. GmbH aus deren notleidend gewordenen Kreditverbindlichkeiten gegenüber der BTV in einen Dar- lehensvertrag über 330 Mio. € zusammengefasst. Darlehensgeber war die ISB GmbH, Darlehensnehmerin die Nürburgring GmbH und als weitere Gesamtschuldnerinnen die MS. GmbH sowie die CM. GmbH. Die ISB GmbH wurde abgesichert durch eine "Garantie- und Freistellungserklärung" des Landes Rheinland-Pfalz.
46
3. Am 2. Juli 2010 fand eine Sitzung des im Zusammenhang mit der Nürburgring-Finanzierung durch den Landtag des Landes Rheinland-Pfalz eingesetzten Untersuchungsausschusses statt. Beweisthema dieser Sitzung war der Abschluss der Zahlungsvereinbarung vom 30. Juni 2009 über die Zahlung der Provision in Höhe von 4 Mio. € (vgl. Fall IV.8 der Urteilsgründe). D. sagte hierzu als Zeuge, zuvor über die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage sowie nach § 55 StPO belehrt, aus. Hierbei stellte der Abgeordnete Ey. folgende Frage: "…In Bezug auf die 48-Stunden-Regelung wurde in den Raum gestellt, dass diese 48-Stunden-Regelung im Vorfeld bereits mit Ihnen abgestimmt worden ist. Die Frage ist nur, ob das stimmt und zwar von HerrnMe. und Herrn B. wäre das abgestimmt gewesen mit Ihnen. Die Frage ist, ob Sie das bestätigen können oder nicht." Hierauf antwortete D. : "Kann ich nicht bestätigen. Ich kann nur bestätigen, dass Herr Me. und Herr B. gegenüber Herrn L. häufig behauptet hatten, sie hätten eine bestimmte Sache mit mir besprochen, und wenn Herr L. mich drauf angesprochen hat, habe ich gesagt, stimmt überhaupt nicht. Die haben mir erzählt, was sie gerne hätten. Ich habe mir das angehört, habe aber keineswegs gesagt, ich, Aufsichtsratsvorsitzender D. , habe das zur Kenntnis genommen, kann erledigt werden. Haken drunter. Das habe ich nie gemacht. Aber Me. und B. haben das immer mal versucht."
47
II. Revision des Angeklagten D.
48
1. Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH im Fall IV.8 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung auf die Sachrüge nicht stand.
49
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seines - im Einzelnen näher dargestellten - Auftretens im Zusammenhang mit der Umsetzung von "Nürburgring 2009" sowie der von ihm in diesem Rahmen getroffenen Entscheidungen als faktischen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH angesehen und hieraus dessen Vermögensbetreuungspflicht gefolgert. Deren Verletzung liege in dem Abschluss der Zahlungsvereinbarung, soweit sich die Nürburgring GmbH dort verpflichtet habe, 4 Mio. € innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar an "G. /P. " zu zahlen. Angesichts der zurückliegenden gescheiterten Finanzierungsversuche im Zusammenhang mit der Einschaltung von Ba. sei es unvertretbar und auch nicht mehr durch den der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH obliegenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum gedeckt gewesen, die Nürburg- ring GmbH hinsichtlich der Zahlung der Provision in einer Höhe von 4 Mio. € in Vorleistung treten zu lassen. Da mit dem Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein einklagbarer Zahlungsanspruch entstanden sei, sei das Vermögen der Nürburgring GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 4 Mio. € gefährdet gewesen. Die Vermögensgefährdung sei mit der Erteilung des Überweisungsauftrages nur noch vertieft worden und habe am 6. Juli 2009 mit der Rücknahme des Überweisungsauftrags geendet.
50
b) Diese Erwägungen vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen. Im Ergebnis rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass D. eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Indes genügen die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts nicht den an die Darstellung des Vermögensnachteils in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung zu stellenden Anforderungen. Im Einzelnen:
51
aa) Es kann offen bleiben, ob die Feststellungen in rechtlicher Hinsicht den Schluss des Landgerichts tragen, D. habe die Geschäfte der Nürburgring GmbH faktisch geführt. Seine nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Pflicht, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu schützen, folgte jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
52
Eine Betreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestandes ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN; vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN; Urteil vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52).
53
Die hiernach erforderliche hervorgehobene Stellung von D. ergab sich aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Dessen wesentliche Aufgabe ist es, die Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG). Hieraus folgt die Pflicht, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Leitungsorgans abzuwenden. Diese Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maßnahmen (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 39 f.; Henssler/Strohn/Henssler, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 111 AktG Rn. 9; Krause, NStZ 2011, 57, 58).
54
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, welche Einzelmaßnahmen zu ergreifen sind, wenn ein Aufsichtsratsmitglied ein strafbares Verhalten des Leitungsorgans feststellt. Aus der jedem Mitglied des Aufsichtsrats obliegenden Verpflichtung, den durch das Verhalten der Geschäftsführung drohenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden, ergibt sich notwendigerweise die Pflicht, die Geschäftsführung nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die es aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müsste. Eine Verletzung dieser Pflicht stellt einen Verstoß gegen eine spezifische Treuepflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB dar (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 201 f.). Diese Grundsätze beschränken sich nicht auf Konstellationen, in denen das Aufsichtsratsmitglied den Geschäftsführer zu von ihm abzuwendenen Handlungen bestimmt, sondern gelten gleichermaßen für die sonstige Mitwirkung des Aufsichtsratsmitglieds an entsprechenden Pflichtverletzungen der Geschäftsführung. In den sich aus der Überwachungspflicht (§ 111 Abs. 1 AktG) ergebenden Pflichtenkanon ist die Prüfung, dass sich der Geschäftsführer nicht in unzulässiger Weise seiner Leitungsfunktion begibt, ebenso eingeschlossen wie die Verpflichtung , Hinweisen auf Fehlverhalten leitender Angestellter nachzugehen und zu ermitteln, ob die Geschäftsführung ihrer Organisations- und Überwachungspflicht nachgekommen ist (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 21, 25 mwN). Eine untreuerelevante Pflichtverletzung liegt daher zumindest auch dann vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit einem leitenden Angestellten - wie hier K. als Geschäftsführer und L. als Finanzdirektor und Prokurist der Nürburgring GmbH - bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden Fehlverhalten zusammenwirkt.
55
bb) D. hat seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er der Forderung von Me. , die Provision binnen 48 Stunden nach Übergabe des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar auszuzahlen, zustimmte und hierdurch das weitere Verhalten von L. entscheidend beeinflusste, N. aufforderte, die Zahlungsvereinbarung zu unterschreiben, sowie im weiteren Verlauf versuchte, K. zur Überweisung der Provision zu veranlassen.
56
(1) Die getroffene Vereinbarung über die Modalitäten der Provisionszahlung lag außerhalb des freien unternehmerischen Gestaltungsspielraums, der dem Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zuzubilligen war; damit handelte es sich zugleich um eine L. und N. verwehrte Maßnahme, die D. als Mitglied des Aufsichtsrats zu verhindern hatte.
57
(1.1) Nach den ursprünglich zum Aktienrecht entwickelten (BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253) Grundsätzen muss dem Geschäftsführer einer GmbH bei der Leitung der Geschäfte des Unternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes , ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Diese zum Aktienrecht entwickelten, mittlerweile als sog. Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze gelten in gleicher Weise für den Geschäftsführer einer GmbH (BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284; vgl. auch RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BRDrucks. 3/05, S. 21) und sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336).
58
(1.2) Danach wurden mit dem Abschluss der Vorauszahlungsvereinbarung die Grenzen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschritten: Angesichts des bisherigen Verlaufs der Finanzierungsversuche mit Ba. war die Wahrscheinlichkeit evident hoch, dass der von diesem übergebene Scheck nicht gedeckt sein könnte, die Finanzierung erneut nicht zustande kommen würde und damit die von Me. begehrte Erfüllung des Provisionsanspruchs keine Grundlage hatte (zur gesellschaftsrechtlichen Einstufung von Risikogeschäften als pflichtwidrig vgl. etwa Michalski-Haas/Ziemons, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 81).
59
Zutreffend hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abgestellt , dass der vermeintliche Investor Du. nicht offen in Erscheinung getreten war, was nach den Erfahrungen mit den bisher von Ba. vorgestellten Investoren Anlass zur Zurückhaltung hätte geben müssen; darüber hinaus ließ auch das sonstige Verhalten von Ba. an seiner Seriosität zweifeln. Bereits seine wechselnden Forderungen im Rahmen des ersten Versuchs, die Finanzierung umzusetzen, waren auffällig: Während er zunächst die Umsetzung des verfolgten Finanzierungskonzeptes davon abhängig gemacht hatte, dass seitens der I. S.A. eine Bareinlage in Höhe von 120 Mio. US-Dollar erbracht werde, verzichtete er in seiner Kreditzusage vom 15. Mai 2008 auf diese und forderte stattdessen eine Landesbürgschaft in entsprechender Höhe, um nur wenige Tage später die Landesbürgschaft nebst der Bareinlage einzufordern. Deutliche Hinweise auf seine Unredlichkeit ergaben sich weiter, als er im August 2008 gegenüber N. preisgab, aus "Nebengeschäften" mit den Anlagegeldern Zinseinnahmen erwirtschaften zu wollen, weshalb er aufgrund eintretender Zinsnachteile die von D. gewünschte Verkürzung der Anlagefrist von vierzehn auf zwölf Monate ablehnte. Auch hatte Ba. schon während des ersten Finanzierungsversuchs - bei dem der vermeintliche Investor ebenfalls bereits im Hintergrund geblieben war - vereinbarte Fristen nicht eingehalten, so etwa die Verpflichtung, binnen drei Banktagen nach "Einbuchung der Staatsbürgschaft" bzw. nach "Eingang" der Bareinlage bei der Bank eine definitive Finanzierungszusage des Investors nachzuweisen. Dass Ba. in diesem Zusammenhang zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 von der Bildfläche verschwunden war - mithin ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt, als die erste Finanzierungsrate gezahlt werden sollte -, stellte seine Zuverlässigkeit zusätzlich in Frage; der von ihm hierzu später genannte Grund, er habe sich in Dubai in Untersuchungshaft befunden, unterstrich diese Zweifel - unabhängig von den verschiedenen von ihm hierzu genannten Hintergründen - ebenso wie der Umstand, dass er schließlich von sich aus gegenüber der P. S.A. die Vertragsbeziehungen gekündigt hatte. Den Beteiligten war ferner bekannt, dass Ba. wiederholt zweifelhafte Investoren ins Spiel gebracht hatte: So hatte die Ölgesellschaft T. nach den Rechercheergebnissen der Rechtsanwaltskanzlei R. nicht über die behaupteten Mittel von 1,2 Mrd. US-Dollar verfügt; auch die Prüfung der A. AG durch die Rechtsanwaltskanzlei R. hatte ergeben, dass deren behauptete Beteiligung an Geothermieprojekten nicht belegbar war und jeglicher Nachweis über die Finanzkraft der Gesellschaft fehlte. Hinsichtlich der T. hatte Ba. im Übrigen erneut eine von ihm in Aussicht gestellte Frist zum Finanzierungsnachweis nicht eingehalten. Schließlich hatte es auch bereits mit dem zuletzt von Ba. präsentierten Investor Du. Ungereimtheiten gegeben, indem etwa zunächst anvisierte Zahlungen des Investors nicht erbracht worden waren.
60
(2) Die Pflichtverletzung stellt sich auch als gravierend im Sinne der zur Ausformung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals der Untreue entwickelten Rechtsprechung dar, da diese Einschränkung der Sache nach nur den - hier wie dargelegt überschrittenen - weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum widerspiegelt , ohne den unternehmerische Entscheidungen nicht möglich sind (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN).
61
cc) Die Urteilsgründe tragen jedoch nicht den Schluss des Landgerichts, in der Zeit vom 30. Juni bis zum 6. Juli 2009 sei das Vermögen der Nürburgring GmbH in einer Höhe von 4 Mio. € konkret (schadensgleich) gefährdet gewesen.
62
(1) Der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue ist durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Da es sich bei der Rechtsfigur des Gefährdungsschadens nicht um eine richterrechtlich geschaffene besondere Kategorie von Gefährdungsdelikten handelt, sondern auch in diesem Fall die Vermögensminderung tatsächlich eingetreten sein muss (kritisch daher zur Terminologie BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 224 f.; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331 [zu § 263 StGB]), reicht es nicht aus, lediglich die bloße (konkrete) Gefährdung des Vermögens festzustellen. Dies birgt je nach den Umständen des Einzelfalles die Gefahr einer Verschleifung der Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit und des Vermögensschadens; ebenso ist ein solches Vorgehen aufgrund einer undifferenzierten Gleichsetzung von zukünftiger Verlustgefahr und gegenwärtigem Schaden geeignet, die gesetzgeberische Entscheidung, den Versuch der Untreue nicht unter Strafe zu stellen, zu unterlaufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228). Daher dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten auch nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229). Der Vermögensnachteil ist daher eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228; zu § 263 StGB vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, 458; vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331). Voraussetzung ist dabei, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 113; BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384). Unter diesen Voraussetzungen kann auch bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384 f.), wobei deren Annahme die rechtliche Wirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung - insbesondere aufgrund des mit der Schaffung der Urkundslage verbundenen erhöh- ten Prozessrisikos (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395 f. [zu § 253 StGB]) - nicht zwingend voraussetzt.
63
(2) An einer solchen Darlegung des Vermögensnachteils fehlt es in dem angefochtenen Urteil. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Bezifferung des Schadens keiner näheren Darlegung bedurft hätte (sog. Evidenzfall, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 48 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 3 StR 302/13, NStZ 2014, 578 [jeweils zu § 263 StGB]); insbesondere ist der durch die Gefährdung eingetretene Vermögensverlust auf Grundlage der Urteilsgründe nicht ohne Weiteres mit 4 Mio. € anzusetzen.
64
Nicht zu folgen ist der Erwägung der Strafkammer, durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung sei ein einklagbarer Anspruch und aufgrund dessen die "Gefährdungslage" entstanden. Eine vom Zustandekommen der Finanzierung - und damit auch von der Werthaltigkeit des von Ba. übergebenen Schecks - losgelöste Zahlungsverpflichtung wurde durch die 4. Zahlungsvereinbarung nicht begründet. Hiergegen spricht bereits die Bezeichnung der Zahlung als "Vorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009" und damit die Bezugnahme auf den Vertrag vom 2. September 2007. Da die Prüfung des Schecks nach den getroffenen Feststellungen in vierzehn Tagen hätte abgeschlossen sein können - tatsächlich waren die Unstimmigkeiten von den beteiligten Banken sogar schon nach drei Tagen aufgedeckt worden -, wäre selbst bei unmittelbarer Anstrengung eines Urkundsverfahrens (§§ 592 ff. ZPO) seitens B. und Me. davon auszugehen gewesen , dass die Nürburgring GmbH ihre Einwendungen gegen den Provisionsanspruch mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln (§ 598 ZPO) hätte geltend machen können.

65
Auch soweit hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensnachteils auf die Übermittlung des Überweisungsauftrags an die Kreissparkasse Ahrweiler abgestellt wird, tragen die Urteilsgründe nicht die Wertung des Landgerichts. Insoweit war - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die die Nürburgring GmbH beratenden Rechtsanwälte Lü. und Di. etwa zeitgleich zur Übersendung des Zahlungsauftrags um 17:17 Uhr K. auf die strafrechtliche Dimension seines Handelns hinwiesen und die Überweisung zu verhindern suchten sowie dass seitens der LBBW gegenüber dem Finanzministerium noch am 3. Juli 2009 um 19:19 Uhr und 20:14 Uhr Zweifel an der Werthaltigkeit des Schecks geäußert worden waren - in die erforderliche Bewertung einzustellen, dass nach seinerzeitiger Rechtslage der Überweisungsauftrag seitens der Nürburgring GmbH bis zu dem Zeitpunkt kündbar war, in dem der Überweisungsbetrag dem Kreditinstitut der G. AG endgültig zur Verfügung gestellt worden wäre (§ 676a Abs. 4 BGB aF).
66
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:
67
aa) Entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 26. Januar 2015 wird im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche Bewertung der tatsächlichen Vermögenseinbuße die Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erwägen sein.
68
bb) Sollten sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung belegen lassen, wird bei der erforderlichen Bezifferung des Vermögensnachteils in den Blick zu nehmen sein, dass sich D. mit Me. anlässlich des Telefonats vom 29. Juni 2009 auf eine unmittelbare Rücküberweisung von 1,2 Mio. € an die Nürburgring GmbH verständigt hatte. Soweit hierdurch oder vor dem Hintergrund dieser Abmachung durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein vertraglicher Anspruch der Nürburgring GmbH auf Rücküberweisung in der verabredeten Höhe entstanden sein sollte, könnte der Vermögensnachteil durch den vertraglichen Gegenanspruch teilweise kompensiert worden sein.
69
2. Auch der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) kann nicht bestehen bleiben.
70
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seiner Stellung als Finanzminister und der hiermit einhergehenden, unter anderem aus § 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. 2009/2010 folgenden Befugnisse als gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz vermögensbetreuungspflichtig angesehen. Mit der Übernahme von Landesbürgschaften in voller Höhe der jeweils von der ISB GmbH der RIM GmbH gewährten Darlehen habe er gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Haushaltsgrundsätzegesetz , § 7 Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz [im Folgenden : LHO]) verstoßen, weil die Bürgschaftsübernahmen erklärt worden waren , obwohl sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO im Rahmen der eingegangenen stillen Beteiligung bei der Med. GmbH keinen angemessenen Einfluss gesichert habe, die Beteiligungsgelder ohne vorherige Bestellung wirksamer grundpfandrechtlicher Sicherheiten gezahlt worden seien und auch ansonsten keine ausreichende Besicherung gegeben gewesen sei. Die Med. GmbH sei auch niemals in der Lage gewesen, die Beteiligungsgelder fristgerecht zurückzuzahlen. Aufgrund der hieraus folgenden Ausfallgefährdungen habe jeweils die "hohe Wahrscheinlichkeit" für den Eintritt des Bürgschaftsfalls bestanden. Aufgrund dessen sei das Landesvermögen bereits mit der Bürgschaftsübernahme schadensgleich gefährdet gewesen. Soweit in den Einzelfällen zugunsten der RIM GmbH nach diesem Zeitpunkt Grundschulden bestellt worden seien, um die jeweiligen Ansprüche auf Rückzahlung der Beteiligungsgelder abzusichern, sei von deren vollen Werthaltigkeit auszugehen. Im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe habe die Vermögensgefährdung daher mit dem Eingang des jeweiligen Antrags auf Eintragung der Briefgrundschuld geendet, in den Fällen bestellter Eigentümergrundschulden (Fälle IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe) sei dies mit Eingang des Grundschuldbriefes bei der RIM GmbH anzunehmen. Im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten mangels eingetretenen Vermögensnachteils freigesprochen, da die Beteiligungssumme an dem Tag ausgezahlt wurde, an dem die Anträge auf Eintragung der Grundschulden bei den Grundbuchämtern eingingen.
71
b) Die Feststellungen tragen eine Strafbarkeitvon D. wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz bereits deshalb nicht, weil die Strafkammer ihre Annahme, mit der Übernahme der Bürgschaften sei das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz schadensgleich gefährdet worden, nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.
72
aa) Die Übernahme einer Bürgschaft stellt einen den Bürgen verpflichtenden Rechtsakt dar. Mangels eines unmittelbaren Zahlungsabflusses liegt in der Bürgschaft zunächst nur eine abstrakt wirkende Belastung, die die Gefahr der späteren Inanspruchnahme in sich trägt. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB besteht bei Abgabe der Bürgschaftserklärung nur dann, wenn sich die künftige Verlustgefahr aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit des Bürgschaftsfalles schon zu diesem Zeitpunkt so weit verdichtet hat, dass sie als schadensgleich zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378 mwN). Wie bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe ausgeführt ist dies eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren. Mit der vollen Höhe der Bürgschaftssumme kann ein Gefährdungsschaden nur angesetzt werden, wenn mit einer Inanspruchnahme von vornherein zu rechnen ist oder es sich bei dem durch die Bürgschaft ermöglichten Vorhaben um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelt (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378).
73
bb) Nach diesen Maßstäben belegt das angefochtene Urteil einen Vermögensnachteil nicht. Eine an den Maßstäben des Wirtschaftslebens ausgerichtete Darstellung und Bezifferung des Vermögensnachteils ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Rückzahlungsansprüche der ISB GmbH gegen die RIM GmbH "höchst ausfallgefährdet" waren und die Vermögensgefährdung mit den jeweiligen Bürgschaftssummen gleichzusetzen wäre; denn dieser Schluss wird von den Feststellungen nicht getragen.
74
(1) In den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe hat sich die Strafkammer zutreffend mit der Frage auseinandergesetzt, ob mit der Bestellung der jeweiligen Grundpfandrechte eine Sicherung der RIM GmbH in Höhe der jeweils geleisteten stillen Einlagen eingetreten war. Die Annahme, die Grundschulden seien in sämtlichen Fällen ausreichend werthaltig gewesen, um im Falle einer Verwertung die RIM GmbH in Höhe ihrer Rückzahlungsansprüche zu befriedigen, widerspricht jedoch der Bewertung der Bürgschaften als "höchst ausfallgefährdet". Das Landgericht hat hierbei insbesondere unberücksichtigt gelassen, dass der Ausfall der durch die Bürgschaft abgesicherten Hauptforderung gemäß Ziff. 7 der jeweils zugrundeliegenden globalen Bürgschaftserklä- rungen daran geknüpft war, dass die RIM GmbH als Darlehensnehmerin mit ihrer Rückzahlungsverpflichtung länger als drei Monate in Verzug war und aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten war. Da der längste Zeitraum zwischen Auszahlung der stillen Beteiligung und Bestellung der Grundschuld nur rund vier Monate betrug (Fall IV.9 g) der Urteilsgründe), die Rückzahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen aber erst nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, war innerhalb dieses kurzen "ungesicherten" Zeitraums mit einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu rechnen. Kein anderes Ergebnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die stillen Beteiligungen ausgezahlt wurden, bevor die Anträge auf Bestellung der Grundschulden bei den jeweiligen Grundbuchämtern eingegangen waren. Dies wäre im Rahmen der vorzunehmenden Prognose nur dann bedeutsam, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zu der Bestellung nicht kommen würde. Dies hat das Landgericht jedoch weder ausdrücklich festgestellt noch geben die getroffenen Feststellungen in ihrem Zusammenhang hierfür einen Anhalt.
75
Aufgrund der Annahme des Landgerichts, die bestellten Grundschulden seien im Zeitpunkt ihrer Bestellung hinsichtlich der abgesicherten Forderungen werthaltig gewesen, ist die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung auch in den Fällen IV.9 a) und c) der Urteilsgründe nicht nachvollziehbar. Die Validität der Grundschulden hing maßgeblich von der Rentabilität des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" und der auf den belasteten Grundstücken errichteten Anlagen ab. Von diesen Faktoren war gleichermaßen auch die Wirtschaftskraft der Med. GmbH und der MS. GmbH abhängig, so dass die positive Bewertung der bestellten Sicherheiten für die Annahme spricht, dass die Beteiligungsgelder seitens der Med. GmbH bei deren Fälligkeit bzw. im Zeitpunkt einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz - ge- mäß der jeweiligen Sicherungsabrede frühestens drei Monate nach Verzug der RIM GmbH - hätten bedient werden können.
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(2) Die Strafkammer hat sich im Rahmen der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Bürgschaften eine Einstandspflicht des Landes Rheinland-Pfalz zu erwarten gewesen sei, zudem im Wesentlichen auf die Darstellung der Vermögensverhältnisse der Med. GmbH als Vertragspartnerin der Hauptschuldnerin RIM GmbH beschränkt. Da die Bürgschaften im Zeitpunkt ihrer Vergabe nach dem Vertragswerk frühestens drei Monate nach Zahlungsverzug der RIM GmbH in Anspruch genommen werden konnten, hätte die erforderliche Ausfallprognose auf diesen Zeitpunkt bezogen werden müssen. Insoweit war auch zu belegen, ob bzw. in welchem Umfange davon auszugehen war, dass die MS. GmbH die ihrerseits von der Med. GmbH erhaltenen Darlehen nicht zurückzahlen werde. Dass die Strafkammer die seitens der Med. GmbH an die RIM GmbH verpfändeten Geschäftsanteile an der MS. GmbH als wertlos angesehen hat, führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis ; die Begründung, die MS. GmbH sei vollständig fremdfinanziert gewesen und als Gegenwert für die zur Verfügung gestellten Gelder habe lediglich eine unvollendete Baustelle gegenübergestanden, lässt besorgen, dass das Landgericht den Wert der Anteile lediglich bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Verpfändung bewertet hat. Der bloße Umstand der Fremdfinanzierung besagt als solcher aber noch nichts über die im Tatzeitpunkt zu erwartende Unrentabilität der geförderten Bauvorhaben. Diese liegt im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe auch nicht nahe; hiergegen spricht, dass die in diesem Fall eingegangenen stillen Beteiligungen der RIM GmbH dazu dienten, eine Kreditvergabe der BTV in Höhe von 26 Mio. € zu ermöglichen, was schließlich auch gelang, wobei die BTV ihr Engagement naheliegend erst nach eigener umfassender Prüfung und Bewertung des Projektes eingegangen war.

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c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zu diesen Anklagepunkten auf Folgendes hin:
78
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass D. schon angesichts der in den jeweiligen Landeshaushaltsgesetzen eingeräumten weiten Befugnisse, über das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz zu verfügen und dieses zu verpflichten (vgl. etwa §§ 9, 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 und Landeshaushaltsgesetz 2009/2010), eine hervorgehobene Verantwortung gegenüber dem Land und dessen Vermögen zukam, er mithin vermögensbetreuungspflichtig war.
79
Durch die jeweils hundertprozentige Absicherung der von der ISB GmbH gewährten Darlehen könnte er gegen die Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) verstoßen haben. Gemäß § 39 Ziff. 5 Satz 2 VVLHO dürfen Bürgschaften nicht übernommen werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Landes zu rechnen ist. Gemäß Satz 3 sind in diesem Fall Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen (§ 23 LHO) erforderlich (vgl. hierzu Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 1275; Nebel in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 47. EL, § 39 BHO Rn. 1 f.; Graf in: Heuer, KHR, Rn. 3 zu § 39 BHO). Der Regelung in § 39 Ziff. 5 Sätze 2 und 3 VV-LHO kommt eine die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers schützende Bedeutung zu, da die Differenzierung nach der Gewissheit der späteren Inanspruchnahme der hierdurch einhergehenden Beschränkung des künftigen Haushaltsgesetzgebers Rechnung trägt.
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Sollte ein Verstoß gegen § 39 Ziff. 5 Satz 2 VV-LHO vorliegen, könnte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob D. zusätzlich pflichtwidrig den aus § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2008/2009 folgenden Parlamentsvorbehalt umging, wonach Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen einer institutionellen Förderung unter den dort genannten Voraussetzungen gesperrt waren und die Aufhebung der Sperre einer Einwilligung des Landtages bedurfte, wenn - wie hier - die Zuwendung den Betrag von 150.000 € überschritt. In Bezug auf die der ISB GmbH ermöglichten Darlehensvergabe bzw. der der RIM GmbH ermöglichten Beteiligungen an der Med. GmbH handelte es sich zwar um eine Projektförderung (vgl. hierzu Dommach in: Heuer, KHR, Rn. 5 zu § 26 BHO; Heller, Haushaltsgrundsätze, 2. Aufl., Rn. 1398 ff.), weil die - dies unterstellt - nach § 39 Ziff. 5 Satz 3 VV-LHO als Zuwendung zu veranschlagenden Landesbürgschaften der Deckung von Ausgaben für ein einzeln abgegrenztes, genau bestimmtes Vorhaben der RIM GmbH dienten. Eine (mittelbare) globale Förderung im Sinne einer institutionellen Förderung gemäß § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 lag aber in den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe gegenüber der MS. GmbH vor; denn insoweit wurden die Gelder jeweils zur Begleichung nicht näher dargestellter Forderungen transferiert, bei deren Nichtbegleichung ein Baustopp gedroht hätte.
81
bb) Soweit die Strafkammer demgegenüber eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch einen Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) angenommen hat, ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher grundsätzlich eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit darstellen kann (BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 89; vgl. auch BVerfG, Be- schluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 217 f.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 236; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 261; S/S-Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b, 44; aA Munz, Haushaltsuntreue, S. 162 ff.). Die getroffenen Feststellungen belegen einen derartigen Verstoß indes nicht. Hierzu gilt:
82
(1) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll die bestmögliche Nutzung der öffentlichen Ressourcen sicherstellen (Ziff. 1 VV-LHO zu § 7; v.Lewinski/Burbat, BHO, § 7 Rn. 3). Er bezweckt, dass die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln angestrebt wird (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 16 zu § 7 BHO [Teil 1]; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Seine Ausprägungen sind das Maximalprinzip, wonach mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis erzielt werden soll (Ziff. 1.2 zu § 7 VV-LHO) und das Minimalprinzip (auch Sparsamkeitsprinzip), wonach das Ziel mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen ist (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 1 ff. zu § 7 BHO [Teil 2]; Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 711; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Inhaltliche Aufgabenprioritäten lassen sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot jedoch nicht ableiten; dieses trifft - anders als der Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO) - keine Aussage über das verfolgte Ziel (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 110 Rn. 154; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144; aA Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 49. EL, § 7 Rn. 3 [der Grundsatz der Notwendigkeit als besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots]); es ist mithin zwar eine Verfahrensmaxime, aber kein Maßstab, der an das politischgestalterische Ziel anzulegen ist (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Schließlich stellt das Gebot - nicht zuletzt auch deswegen, weil sich Maximal- und Minimalprinzip im Einzelfall gegenseitig ausschließen können - nur einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums dar und verhindert nur solche Maßnahmen, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83, 84 mwN; vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 88).
83
(2) Bei ihrer Erwägung, der Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei darin begründet, dass sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO keine hinreichenden Kontrollbefugnisse und damit keinen angemessenen Einfluss bei der Med. GmbH gesichert habe, hat die Strafkammer verkannt, dass sich das Land Rheinland-Pfalz nicht unmittelbar an der Med. GmbH beteiligte. Vielmehr lag - vermittelt über ISB GmbH und RIM GmbH - nur ein Fall der sog. mittelbaren Beteiligung vor. Für diese gilt die Vorgabe des § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO gemäß § 65 Abs. 3 Sätze 1 und 3 LHO jedoch nur, wenn eine Beteiligung von mehr als 25% erworben wird (Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 46. EL, § 65 Rn. 13; vgl. auch Ziff. 2.3 zu § 65 VV-LHO). Ein Erwerb von Gesellschaftsanteilen der Med. GmbH war mit den stillen Beteiligungen der RIM GmbH nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht verbunden.
84
In den Fällen IV.9 b), e) bis j) der Urteilsgründe ist eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch nicht darin begründet , dass die Bürgschaften bereits vor der Bestellung der grundpfandrechtlichen Sicherheiten übernommen wurden. Zwar lässt sich am Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich messen, ob durch ein kurzfristiges Handeln vermeidbare finanzielle Nachteile entstehen. Dass D. allein durch die zeitliche Komponente seines Handelns den ihm zuzubilligenden Gestaltungsspiel- raum überschritt, belegen die Urteilsgründe jedoch nicht: Diesen sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass die spätere Bestellung der Grundpfandrechte ernsthaft in Zweifel hätte gezogen werden müssen. Einer Inanspruchnahme des Landes vor diesem Zeitpunkt standen bereits die in den globalen Bürgschaftserklärungen enthaltenen Fälligkeitsbestimmungen entgegen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass ein Baustopp unabhängig von politischen Erwägungen nachteilige Konsequenzen für das Bauprojekt und insbesondere die Geschäftsbeziehung mit den die Bauarbeiten ausführenden Firmen bis hin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hätte nach sich ziehen können.
85
Schließlich belegen die getroffenen Feststellungen auch nicht, dass aus anderen Gründen durch die gewählte Konstruktion mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr vereinbare finanzielle Nachteile entstanden, etwa durch hohe Transaktionskosten, die bei einer unmittelbaren Darlehensvergabe der ISB GmbH an die MS. GmbH und einer entsprechenden Landesbürgschaft nicht angefallen wären.
86
cc) Soweit die Strafkammer angenommen hat, dass in dem von den Beteiligten gewählten Vorgehen ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von Beihilfen (Art. 107 ff. AEUV) lag (vgl. auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 - IP/14/1067), ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass dies keine untreuerelevante Pflichtverletzung darstellte. Nicht jeder Verstoß gegen die Rechtsordnung begründet zugleich eine im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB relevante Pflichtverletzung. Der erforderliche untreuespezifische Zusammenhang liegt vielmehr nur dann vor, wenn der unmittelbar verletzten Rechtsnorm selbst vermögensschützender Charakter zukommt (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, NJW 2011, 88, 91 f.). Dies ist bei den europäischen Beihilfevorschriften , deren Zweck im Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen liegt (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755, 757; G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, AEUV, Art. 107 Rn. 10; Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3550 f.), nicht der Fall.
87
In der Nichtbeachtung der Art. 107 ff. AEUV lag auch nicht deshalbein Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit , weil eine europarechtswidrige Ausgabe nicht geleistet werden dürfe und damit zwangsläufig haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze verletze. Die Gegenmeinung (vgl. Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3551) stützt sich auf die Erwägung, die eine Ausgabe zur Beihilfe qualifizierende Begünstigung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV setze voraus, dass das Unternehmen eine Leistung ohne angemessene, marktübliche Gegenleistung erlange und sich damit aus Sicht des "market economy investors" als unwirtschaftlich darstelle. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine EUbeihilferechtswidrige Leistung verletze zugleich haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze. Die Unwirtschaftlichkeit einer Maßnahme der öffentlichen Hand verstößt nicht zwangsläufig gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil dieses nur eine relative Betrachtung gemessen am selbst nicht zu bewertenden, mit der Leistung verfolgten Zweck verlangt (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102); sie bewirkt auch nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen den Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO). Aus diesem Grunde stehen beide Haushaltsgebote - was die Gegenmeinung nicht in Frage stellt - auch nicht der Gewährung von mit dem EU-Recht vereinbaren Beihilfen (Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV) entgegen, die ebenfalls an die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV anknüpfen (G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, Art. 107 Rn. 16 f.; von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl., AEUV, Art. 107 Rn. 196, 212).
88
dd) Hinsichtlich der Feststellung und Bewertung der Höhe des eingetretenen Vermögensnachteils gilt:
89
(1) Sollte das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich auf die Bürgschaften bzw. auf die diese im Rahmen des Umschuldungskonzeptes ersetzende Garantie- und Freistellungserklärung finanzielle Leistungen erbracht haben, käme es in dieser Höhe auf die exakte Bezifferung des Gefährdungsschadens im Tatzeitpunkt nicht mehr an. In diesem Fall hätte sich der ursprüngliche Eingehungsschaden in einem Erfüllungsschaden materialisiert und würde sich nach dessen Wert bemessen (vgl. insoweit zur Schadensbestimmung im Rahmen von § 263 StGB: BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341).
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(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, in einer Bürgschaftsvergabe liege mangels Unmittelbarkeit zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil dann keine Untreue, wenn - wie hier - der Eintritt des Bürgschaftsfalls den Verzug des Schuldners über einen längeren Zeitraum voraussetze (vgl. Schneider, wistra 2015, 369, 374). Zutreffend ist zwar, dass die Tathandlung im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB den Vermögensnachteil unmittelbar bewirken muss (vgl. BGH, Urteile vom 7. September 2011 - 2 StR 600/10, NJW 2011, 3528, 3529; vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 115 f.; umfassend SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 84, 62 mwN; aA Rübenstahl /Wasserburg NStZ 2004, 521, 526). Besteht dieser im Tatzeitpunkt aber schon aufgrund der durch die Rahmenumstände gegebenen sicheren Erwartung , dass der Bürgschaftsfall eintreten wird, so ist die aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit schon durch Eingehen der Verbindlichkeit bewirkte Vermögensminderung in diesem Sinne unmittelbar. Unerheblich ist dann, ob der Erfüllungsschaden isoliert betrachtet eine derartige sachliche und zeitliche Nähe zu der Pflichtverletzung aufweist, dass er dem Unmittelbarkeitserfordernis genügen könnte.
91
(3) Die Haftung der RIM GmbH gegenüber der ISB GmbH war nach den jeweiligen Darlehensverträgen begrenzt auf die Geldeingänge aus der refinanzierten Beteiligung sowie auf die Erlöse der für diese Beteiligung bestellten Sicherheiten , wobei nach weiterer Vereinbarung die Haftungsfreistellung einer Inanspruchnahme des Bürgen durch die ISB GmbH nicht entgegenstehen durfte. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB wird gegebenenfalls zu erörtern sein, ob - was naheliegend erscheint - in den ausgegebenen globalen Bürgschaftserklärungen oder den Schreiben, mit denen D. die Bürgschaft auf die volle Darlehenssumme erstrecken ließ, diesbezügliche Erklärungen des Landes enthalten waren (zur Abdingbarkeit von § 768 vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278, 288 f.; MüKoBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 3) oder ob entsprechende Einschränkungen sonst aus der Sicherungsabrede folgten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07, WM 2008, 1350, 1352; Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 7).
92
(4) Von seiner Annahme ausgehend, dass bereits in dem Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung eine schadensgleiche Vermögensgefährdung lag, hat sich das Landgericht konsequent mit der den Schuldgehalt der Tat betreffenden Frage befasst, ob die angenommene Vermögensgefährdung durch spätere Umstände entfallen war. Soweit es den "Gefährdungszeitraum" im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe allerdings - D. insoweit nicht beschwerend - auf den "Zeitraum der zugelassenen Anklage" begrenzt hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Mit dem erstmaligen Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, ist das Delikt der Untreue vollendet (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2001 - 5 StR 530/00, NStZ 2001, 650; vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Spätere Entwicklungen, die den Schaden vertiefen oder entfallen lassen, wirken sich allerdings auf das Maß der Schuld aus. Sie sind daher für die Beurteilung von Tat und Täter von Bedeutung und vom Gericht - im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) - zu ermitteln. Der Grundsatz , dass sich Untersuchung und Entscheidung auf die in der Anklage bezeichnete Tat beschränken (§§ 155, 264 StPO), steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99 mwN).
93
ee) Das neue Tatgericht wird auch zu prüfen haben, ob sich D. wegen Anstiftung zur Untreue durch die Mitangeklagten M. und/oder W. strafbar gemacht hat. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt , dass gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßende Rechtsgeschäfte gemäß § 134 BGB unwirksam sein können (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755 ff. mwN), wird zu prüfen sein, inwieweit bewusst Leistungen rechtsgrundlos oder ohne rechtswirksame Absicherung erbracht wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 403).
94
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.8, 9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen , mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil, von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen bleiben möglich. In den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe hebt der Senat die Feststellungen über den Antrag des Generalbundesanwalts hinaus vollständig auf, da der Angeklagte im Hinblick auf die vom Senat erteilten Hinweise noch keine Möglichkeit der Verteidigung hatte und um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
95
4. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils in den Fällen IV.9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe auf die Mitangeklagten M. und W. zu erstrecken.
96
5. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene materiellrechtliche Überprüfung des Urteils aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil von D. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
97
a) Es kann auch in den Fällen IV.5, 6, 7 und 10 der Urteilsgründe offen bleiben, ob D. als faktischer Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zu qualifizieren ist, da sich dessen Vermögensbetreuungspflicht - wie zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargelegt - jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats ergab.
98
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe lagen schon die Vereinbarungen zu den einzelnen Zahlungen - wie das Landgericht hinsichtlich Fall IV.6 der Urteilsgründe zutreffend ergänzend dargelegt hat - außerhalb des der Geschäftsführung zuzubilligenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums, da die Zahlungen nicht im Unternehmenswohl der Nürburgring GmbH lagen:
99
Im Fall IV.5 der Urteilsgründe entstanden der Nürburgring GmbH durch die Übernahme der Gründungskosten für die G. AG nach den getroffenen Feststellungen keine auch nur im Ansatz erkennbaren Vorteile. Deren Gründung kam ausschließlich B. und Me. entgegen, die sich hierdurch steuerliche Vorteile versprachen. Auch in den Fällen IV.6 und 7 der Urteilsgründe widersprachen die Zahlungen den Unternehmensinteressen. Sie waren nicht durch den Vorvertrag vom 27. März 2007 bzw. dessen Nachträge gedeckt; zudem hatten weder die I. -GmbH noch die P. GmbH "wie auch immer geartete Leistungen" oder "abrechnungsfähige Aufwendungen" erbracht. Bei dieser Sachlage besteht nach den bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargestellten Maßstäben die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit von D. darin, dass er gemeinsam mit L. (Fall IV.6) bzw. in dessen Anwesenheit (Fälle IV.5 und 7) den Entschluss zur jeweiligen Zahlung fasste und diese hierdurch veranlasste. Es bedarf damit keiner näheren Betrachtung, ob - wie vom Landgericht angenommen - mit der Zahlung auch deshalb eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt wurde, weil dieser kein wirksamer Rechtsgrund zugrunde lag. Rechtsgrundlos geleistete Zahlungen stellen zwar jedenfalls dann eine Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes dar, wenn das den Rechtsgrund bildende Rechtsgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 402). Angesichts der den § 125 Satz 2, § 134 BGB zugrundeliegenden unterschiedlichen Normzwecke ist jedoch zweifelhaft, ob dies in gleicher Weise generell auch dann anzunehmen ist, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgrundes aus einem Verstoß gegen ein - wie hier - rechtsgeschäftlich begründetes Formerfordernis folgt.
100
c) Die Verurteilung im Fall IV.11 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) erweist sich aus den vom Landgericht in seinem Urteil dargelegten Gründen als rechtsfehlerfrei. Diesen wird auch nicht deshalb die Grundlage entzogen, weil das Urteil im Fall IV.8 der Urteilsgründe aufzuheben ist. Zwar knüpft die Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage inhaltlich an die dortigen Vorkommnisse an. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind jedoch weitgehend rechtsfehlerfrei getroffen und können in dem bereits dargelegten Umfang bestehen bleiben. Soweit die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe in Bezug auf die Bestimmung des Vermögensnachteils und hinsichtlich der subjektiven Tatseite aufgehoben worden sind, ist dies ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die von D. am 2. Juli 2010 vor dem Untersuchungsausschuss getätigte Aussage falsch war und dieser vorsätzlich handelte.
101
6. Zu den erhobenen Verfahrensrügen gilt das Folgende:
102
a) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen unbegründet.
103
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO, weil das Landgericht der Verteidigung die Akteneinsicht in rechtlich bedenklicher Weise erschwert habe, indem es eine Spiegelung sichergestellter Datenträger abgelehnt und Einblick in diese lediglich in den Räumen der Staatsanwaltschaft gewährt habe, ist unzulässig. Dabei kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei den Datenträgern um Beweismittel oder Aktenbestandteile handelte, nicht an. Selbst wenn die von der Revision vertretene Einstufung als Aktenbestandteil zutreffen sollte, betreffen die mit der Rüge angegriffenen Entscheidungen des Vorsitzenden und der Strafkammer lediglich die Ausgestaltung des Rechts auf Akteneinsicht. Diese Entscheidung ist gemäß § 336 Satz 2, § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht revisibel (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98, NStZ 2000, 46; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 336 Rn. 18). Ob für die Fälle einer willkürlichen Beschneidung des Einsichts- und Besichtigungsrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2011 - 2 BvR 449/11, NJW 2012, 141, 142) etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Ein sachfremdes Handeln hat die Revision nicht dargelegt; insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus den angegriffenen Entscheidungen.
104
c) Auf die Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO kommt es nicht an. Sie betrifft ausschließlich die Beweiswürdigung zu den Fällen IV.9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe; insoweit ist der Schuldspruch mit den dazugehörigen Feststellungen schon auf die Sachrüge aufzuheben.
105
7. Durch die Teilaufhebung des Urteils ist die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde von D. gegenstandslos, da bereits die Teilaufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang der Kostenentscheidung die Grundlage entzieht (KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 464 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 464 Rn. 20, LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn. 42)
106
III. Revision des Angeklagten K.
107
1. Der Schuldspruch kann im Fall IV.2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen hat sich K. keiner Untreue schuldig gemacht; insoweit ist er freizusprechen. Im Einzelnen:
108
a) Das Landgericht ist der Auffassung, die Entscheidung von K. zur Übernahme der Kosten für die Gründung der P. S.A. sei nicht mehr von der ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gedeckt gewesen. Er habe auch Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats verletzt, weil es sich um eine nach § 7 Abs. 1 GesV zustimmungspflichtige Maßnahme gehandelt habe. Soweit der Aufsichtsrat die Geschäftsführung bereits mit Beschluss vom 1. Juli 2008 zu Vertragsabschlüssen im Rahmen der Finanzierung von "Nürburgring 2009" ermächtigt habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss sei auf Grundlage der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV ergangen, die dahin ausgelegt werden müsse, dass eine im Vorfeld erteilte Zustimmung nur dann zulässig sei, wenn der Aufsichtsrat diese an bestimmte Auflagen binde. Dies folge daraus, dass sich der Aufsichtsrat nach der Gesamtkonstruktion des § 7 GesV nicht jeglicher Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Geschäftsführung begeben dürfe. An entsprechenden Auflagen habe es in dem Beschluss vom 1. Juli 2008 gefehlt. Überdies sei die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. auch nicht "notwendig" im Sinne des Aufsichtsratsbeschlusses gewesen.
109
b) Dies hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass K. als Geschäftsführer der Nürburgring GmbH vermögensbetreuungspflichtig war (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 274). In dem von der Strafkammer festgestellten Verhalten von K. lag jedoch keine Verletzung einer das Vermögen der Nürburgring GmbH schützenden Pflicht; weder überschritt er den ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Ermessensspielraum noch umging er Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
110
aa) Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. lag innerhalb des K. als Geschäftsführer eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessensspielraums.
111
Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, liegt eine Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang erst vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Im Rahmen des der unternehmerischen Entscheidung vorausgehenden Entscheidungsfindungsprozesses sind die möglichen negativen Auswirkungen bestimmter Maßnahmen , wie etwa ein Ansehensverlust des Unternehmens in der Öffentlichkeit, ebenso in die Überlegungen einzustellen wie die mit imagepflegenden Maßnahmen einhergehenden positiven Folgen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 231,

233).


112
Gemessen hieran bewegte sich K. mit seiner Entscheidung, die Kosten für die Gründung der P. S.A. zu übernehmen, noch innerhalb des ihm zustehenden weiten Ermessensspielraums. Hinsichtlich der Verbindung der I. S.A. zu einem mexikanischen Drogenkartell lag aufgrund der im luxemburgischen Handelsregister enthaltenen Eintragungen zu den Gesellschaftsverhältnissen ein verifizierbarer und nicht lediglich vager oder offensichtlich haltloser Verdacht vor. Angesichts dessen war es aus unternehmenspolitischen Gründen - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung des Ausbauprojekts auch im Bereich II noch nicht sichergestellt war und dort Privatinvestoren gesucht wurden - im Interesse der Gesellschaft, diesen Schein einer Verbindung kurzfristig zu beseitigen. Dass die I. S.A. oder die hinter ihr stehenden B. und Me. hierzu vertraglich verpflichtet waren, belegen die Urteilsgründe auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht. Allein der Umstand, dass eine gute Reputation naheliegend auch im eigenen Interesse der I. S.A. lag, begründete einen vertraglichen Anspruch nicht. Die Höhe der mit der Neugründung der P. S.A. verbundenen Kosten, war zwar in die Abwägung der insoweit gegenläufigen Unternehmensinteressen einzustellen ; dieser Gesichtspunkt wurde allerdings dadurch relativert, dass die Kosten bei erfolgreichem Zustandekommen der Finanzierung auf den dann fälligen Provisionsanspruch angerechnet werden konnten. Bei dieser Sachlage ist ein strafrechtlicher Vorwurf auch nicht deshalb begründet, weil K. seine Entscheidung traf, bevor die Angaben von Me. zum Erwerb der I. S.A. - die sich nur zehn Tage nach Vertragsschluss als zutreffend herausstellten - überprüft worden waren. Denn der durch die Registerlage hervorgerufene Schein blieb bestehen; Dritte hätten weiterhin den Schluss auf eine Verbindung zur mexikanischen Drogenmafia ziehen und mit den etwaigen negativen Folgen für das Ansehen der Nürburgring GmbH bzw. das Ausbauprojekt öffentlich machen können. Dass es sich hierbei nicht nur um ein fernliegendes Szenario handelte, zeigt sich daran, dass auch D. bei seinen eigenen Recherchen im Internet bereits auf entsprechende Gerüchte gestoßen war.
113
bb) K. verstieß mit seiner Entscheidung zur vertraglichen Kostenübernahme und deren Umsetzung auch nicht gegen seine Pflicht zur Einbeziehung des Aufsichtsrats gemäß § 7 Abs. 1 GesV.
114
(1) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Maßnahme grundsätzlich zustimmungsbedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 GesV war. Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A zählte angesichts des Ausnahmecharakters des Geschäfts sowie seiner finanziellen und unternehmenspolitischen Tragweite im Sinne der Satzung nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr.
115
Die Satzungsbestimmung war auch wirksam und verstieß nicht gegen § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat bei einer GmbH bestellt, so gilt gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entsprechend, wonach die Satzung bestimmte Arten von Geschäften einem Zustimmungsvorbehalt durch den Aufsichtsrat unterwerfen kann. Soweit in der Kommentarliteratur zu § 52 GmbHG unter Rückgriff auf aktienrechtliche Grundsätze die Auffassung vertreten wird, satzungsmäßig bestimmte Zustimmungsvorbehalte seien aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unzulässig, wenn sie - wie hier - generalklauselartig ausgestaltet sind (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229 mwN; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361, 369, 371; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110), ist dem jedenfalls für die hier zu bewertende Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nicht zu folgen. Die zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entwickelten aktienrechtlichen Grundsät- ze sind auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH nicht ohne weiteres übertragbar , da § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gemäß § 52 Abs.1 GmbHG nur anzuwenden ist, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag anderes bestimmt ist (sog. Satzungsautonomie , vgl. etwa Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 52 Rn. 24; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 3; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 16; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 9 ff.). Es ist daher anerkannt, dass die Satzung im Fall des fakultativen Aufsichtsrats die aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG folgenden Pflichten sowohl einschränken als auch ausweiten kann (BeckHdbGmbH/Müller, 5. Aufl., § 6 Rn. 52; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 13; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 378; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110). Angesichts des im Recht der GmbH bestehenden Satzungsvorrangs kann der Ausschluss generalklauselartiger Zustimmungsvorbehalte somit nicht auf den Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ("bestimmte Arten von Geschäften") gestützt werden (so aber Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229). Angesichts der unterschiedlichen Strukturen von GmbH und AG, wonach dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere angesichts des deutlich stärkeren Einflusses der Gesellschaftsversammlung als oberstem Organ eine schwächere Stellung in der Gesellschaft zukommt als dem Vorstand einer AG (vgl. Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 2; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 19), bestehen gegen eine generelle Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung keine Bedenken; unerheblich ist, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nach aktienrechtlichen Maßstäben als unwirksam zu qualifizieren wäre (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 111 Rn. 66; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 85; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 123 f.; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, AktG, § 111 Rn. 46). Die hier zu bewertende, nur Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erfassende Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV beschneidet die Kompetenzen der Geschäftsführung auch nicht derart, dass deren Führungsbefugnis im Kernbereich betroffen ist (vgl. zu dieser Grenze MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 368). Da der Terminus des "gewöhnlichen" Geschäftsverkehrs zudem in handelsrechtlichen Bestimmungen über die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis verwendet wird (vgl. etwa § 54 Abs. 1, § 116 Abs. 1 HGB), schafft dieser ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff für den Geschäftsführer auch keinen Zustand untragbarer Rechtsunsicherheit (vgl. zu diesem Aspekt MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361).
116
(2) K. verstieß jedoch nicht gegen § 7 Abs. 1 GesV, weil sein Vorgehen durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 gedeckt war und es damit einer weiteren Einbeziehung des Aufsichtsrats nicht mehr bedurfte.
117
(a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch im Fall der satzungsmäßig bestimmten Zustimmungsvorbehalte im Vorfeld erteilte Globalbeschlüsse (auch "Generalzustimmung", "Rahmenzustimmung", "Vorwegeinwilligung" ) des Aufsichtsrats grundsätzlich zulässig sind, wenn die Satzung solche - wie hier in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV - zulässt (vgl. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 203; Hopt/Roth in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 111 Rn. 665 f.; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 109; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 126). Rechtsfehlerhaft ist allerdings der von der Strafkammer gezogene Schluss, der Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 sei unwirksam, da eine im Vorfeld erteilte generelle Zustimmung zwingend mit Auflagen hätte verbunden werden müssen.
118
Aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV lässt sich die Verpflichtung des Aufsichtsrats, seine Zustimmung ausdrücklich mit Auflagen zu verbinden , nicht entnehmen. Systematisch bezieht sich die Regelung auf die "zustimmungspflichtigen Geschäfte" und erfasst damit sowohl die in § 7 Abs. 2 GesV konkretisierten als auch alle anderen unter die Generalklausel des Abs. 1 fallenden Geschäfte. Könnte der Aufsichtsrat seine Zustimmung einschränkungslos und spiegelbildlich zur Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV allgemein zu sämtlichen von Abs. 1 erfassten Geschäften erteilen, bestünde die Gefahr, dass er die ihm vom Satzungsgeber zugewiesene Funktion als Kontrollorgan unterliefe. Dies bedingt - wie das Landgericht insoweit zutreffend angenommen hat -, dass er den Umfang und die Voraussetzungen seiner Zustimmung präzisiert. Weitergehende Beschränkungen - auch in inhaltlicher Sicht - folgen hieraus für die Ausgestaltung des Zustimmungsbeschlusses allerdings nicht: Dass der Aufsichtsrat mit jeder Rahmenzustimmung die Kontrolle über die von der Geschäftsführung abgeschlossenen Geschäfte in einem gewissen Maße verliert , liegt in der Natur solcher Rahmenbeschlüsse; dies wird jedoch insbesondere dadurch kompensiert, dass es dem Aufsichtsrat jederzeit möglich ist, die Geschäftsführung zur Berichtserteilung anzuhalten (vgl. hierzu Koppensteiner /Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 52 Rn. 32) und seine Generalzustimmung zu widerrufen. Schließlich verlangen weder die aus der Satzung folgende Funktion des Aufsichtsrats noch sonstige Gesichtspunkte , dass der Aufsichtsrat die für die Zulässigkeit einer Vorwegeinwilligung erforderlichen Konkretisierungen an die Geschäftsführung ausdrücklich als "Auflage" bezeichnet.
119
Nach diesen Maßstäben bestehen an der Wirksamkeit des Aufsichtsratsbeschlusses vom 1. Juli 2008 keine Bedenken. Die von der Zustimmung des Aufsichtsrats erfassten Geschäfte waren dadurch in dem erforderlichen Maße präzisiert, dass der sachliche Bezug der bewilligten Geschäfte zur Finanzierung des Ausbauprojektes hergestellt war und abzuschließenden Vereinbarungen unter der Voraussetzung eines "notwendigen" funktionalen Zusammenhangs standen.
120
(b) Die mit der Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" eng verbundene Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. war schließlich auch von dem Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 umfasst. Insbesondere handelte es sich um eine im Sinne des - von der Strafkammer insoweit nicht näher ausgelegten - Aufsichtsratsbeschlusses zur Finanzierung des Projektes "notwendige" Vereinbarung.
121
Bei verständiger Würdigung beschränkte der Aufsichtsrat seine Zustimmung hiermit nicht auf den Abschluss solcher Verträge und Vereinbarungen, ohne die das Finanzierungskonzept objektiv nicht umsetzbar gewesen wäre, insbesondere die vor der Beschlussfassung seitens der Geschäftsführung vorgelegten Entwürfe des Nießbrauchs-, Generalübernehmer-, Miet- und Optionsvertrages. Vielmehr umfasste die Zustimmung auch solche Vereinbarungen, die - wie hier - in Zusammenhang mit der Finanzierung des Bereichs I standen und seitens der Geschäftsführung in vertretbarer Weise als erforderlich angesehen wurden. Dies folgt daraus, dass der Aufsichtsrat im Beschlusszeitpunkt über die Einzelheiten des verfolgten Finanzierungskonzeptes unterrichtet war und dieses umgesetzt wissen wollte; hätte er der Geschäftsführung hierbei keinen eigenen Gestaltungsspielraum einräumen oder seine Zustimmung auf die ihm vor der Entscheidung vorgelegten Vertragsentwürfe beschränken wollen, hätte es nahegelegen, entweder die Vertragsentwürfe ausdrücklich im Beschluss zu benennen oder von vornherein auf eine Generalzustimmung zu verzichten. In der stattdessen verwendeten Formulierung "Verträge und sonstigen Vereinbarun- gen" kommt die im Beschlusszeitpunkt bestehende Ungewissheit über den Umfang und die Art der für die Umsetzung der Finanzierung erforderlichen Geschäfte deutlich zum Ausdruck.
122
Die von D. befürchteten negativen Folgen auf die - zu diesem Zeitpunkt nicht sichergestellte - Finanzierung des Ausbauprojekts für den Fall, dass sich die Gerüchte um die Verbindung der I. S.A. zur mexikanischen Drogenmafia ausbreiten sollten, lagen nahe und waren von einer sachlichen Grundlage getragen. Dass K. dies anders beurteilt und aus sachfremden Erwägungen heraus gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund war es im Sinne der dargelegten Maßstäbe vertretbar, die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. als für die weitere Durchführung des Projektes notwendig anzusehen.
123
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung von K. wegen Untreue zu tragen vermögen. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
124
2. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die getroffenen Feststellungen aus den bereits zur Revision von D. dargelegten Gründen nicht den Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH.
125
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall IV.8 der Urteilsgründe entzieht der insoweit verhängten Einzelstrafe die Grundlage; dies und der durch den Freispruch im Fall IV.2 der Urteilsgründe bedingte Wegfall der in diesem Fall festgesetzten Einzelstrafe führen zur Aufhebung des Gesamtstrafenaus- spruchs. Die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe können allerdings in dem zur Revision von D. dargelegten Umfang bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
126
4. Weitere zum Nachteil von K. wirkende Rechtsfehler hat die auf die Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung nicht ergeben. Über die in der Begründungsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Juni 2015 dargelegten Gründe hinaus bedarf nur Folgendes der näheren Erörterung:
127
a) Im Fall IV.3 der Urteilsgründe überschritt K. mit der von ihm veranlassten Zahlung den ihm zukommenden unternehmerischen Entscheidungsfreiraum. Die Maßnahme lag nicht im Unternehmenswohl: Nach der - durch die Nachträge modifizierten - Vertragslage zum Vorvertrag vom 27. März 2007 bestand keine Verpflichtung der Nürburgring GmbH zum Aufwendungsersatz über September 2008 hinaus. Es war auch nicht erkennbar, dass die I. GmbH im Oktober 2008 noch wesentliche Leistungen im Hinblick auf die angestrebte Umsetzung des mit Ba. angestrebten Finanzierungskonzeptes erbringen musste; die für die Anlage der von Ba. geforderten Bareinlage erforderlichen Voraussetzungen waren bereits geschaffen. Bereits am 24. September 2008 - nur zwei Tage nach der Rechnungsstellung - wurde der Betrag von 80 Mio. € absprachegemäß angelegt; die weiteren Schritte waren von Ba. zu erbringen. Weder für die Zahlung noch für eine etwaige mündliche Vereinbarung hierüber - für deren Vorliegen die Urteilsgründe überdies keine konkreten Anhaltspunkte geben; insb. bezog sich die gegenständliche Rechnung auf § 2 des "geschlossenen Vorvertrag[s]" - bestand damit eine wirtschaftliche Rechtfertigung. Da die Maßnahme mithin außerhalb des unternehmerischen Gestaltungsspielraums lag, handelte es sich um eine Pflichtverletzung , ohne dass es auf weitere Wertungen noch ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN). Ob K. aufgrund einer Umgehung des Aufsichtsrats zusätzlich noch ein Verstoß gegen die Satzung der Nürburgring GmbH vorzuwerfen ist, bedarf keiner weitergehenden Betrachtung. Ebenso kann offen bleiben, ob Zahlungen auf eine formunwirksame Forderung stets untreuerelevant sind.
128
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe liegt die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch K. ebenfalls darin, dass die gegenständlichen Zahlungen - wie im Rahmen der Revision von D. ausgeführt - unter keinem Gesichtspunkt im Unternehmenswohl und damit außerhalb des dem Geschäftsführer einzuräumenden freien Gestaltungsspielraums lagen.
129
5. Die auf Verstöße gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO gestützten Verfahrensrügen bleiben aus den zur Revision von D. dargelegten Gründen ohne Erfolg.
130
IV. Revision des Angeklagten N.
131
1. Der Schuldspruch wegen Untreue im Fall IV.7 der Urteilsgründe erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die getroffenen Feststellungen belegen kein täterschaftliches Handeln des Angeklagten N. , da sich aus ihnen weder die konkrete Verletzung einer bestehenden Vermögensbetreuungspflicht noch die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft (§ 25 StGB) ergeben.
132
a) Täter der Untreue kann aufgrund des Sonderdeliktscharakters nur derjenige sein, dem eine in Bezug auf das geschädigte Vermögen bestehende Betreuungspflicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 474/12, NStZ 2013, 472, 473). Der Schluss des Landgerichts, dass N. einer derartigen Pflicht zuwider handelte, wird von den Urteilsgründen nicht getragen.
133
aa) Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellt, auch Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird (BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, NJW 2013, 1615). Nicht jede vermögensmindernde Pflichtverletzung eines Vermögensbetreuungspflichtigen ist demnach bereits untreuerelevant, sondern nur der Verstoß gegen eine Pflicht, die gerade spezifisch dem Vermögensschutz dient (MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 40; ders. in Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201, 204). Maßgebend für die Abgrenzung sind Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht

22).


134
bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Angeklagten aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses eine im vorstehenden Sinne qualifizierte Stellung hinsichtlich des Vermögens der Nürburgring GmbH zukam. Diese folgte aus seiner Verpflichtungs- und Freigabebefugnis für Forderungen gegen die Nürburgring GmbH bis zu maximal 20.000 € und aus seiner Aufgabe, eingehende Rechnungen auf ihre inhaltliche und sachliche Richtigkeit zu prüfen, sowie der hiermit einhergehenden Möglichkeit, auf deren Auszahlung wesentlichen Einfluss zu nehmen.
135
Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass N. im Fall IV.7 der Urteilsgründe in diesem Pflichtenkreis tätig wurde: In die mit Me. getroffene Vereinbarung über die Erstattung des Aufwendungsersatzes, war N. nicht eingebunden. Soweit der Angeklagte im Rahmen der Zahlung des Betrages von 150.000 € involviert war, belegen die - missverständlich formulierten - Fest- stellungen lediglich, dass er diese vorbereiten ließ; freigegeben wurde die Auszahlung durch K. , der die auf Veranlassung von N. erstellte Auszahlungsanordnung unterschrieb. Dass N. über eine möglicherweise nur im Innenverhältnis zur Nürburgring GmbH wirkende Beschränkung die Zahlung von Beträgen über 20.000 € wirksam anweisen konnte, belegen die Urteilsgründe nicht. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang N. Handlungsvollmacht eingeräumt war; denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen , dass der Angeklagte mit der "Anweisung" gegenüber De. , den Geldbetrag "zu überweisen", in dem ihm hierdurch eröffneten Aufgabenbereich agierte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass N. Leiter der von ihm aufgebauten Controlling-Abteilung der Nürburgring GmbH war; die Feststellungen lassen offen, welche konkreten Aufgaben und Entscheidungsspielräume sich für den Angeklagten hierdurch ergaben.

136
Da die inhaltlich unrichtige Rechnung der I. GmbH vom 15. Juni 2009 erst nach der Überweisung bei der Nürburgring GmbH einging, kann schließlich auch eine inhaltliche Bestätigung der Rechnung durch N. - ungeachtet der hierzu fehlenden Feststellungen - nicht ursächlich für die Auszahlung geworden sein; da sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob und ggf. durch wen die Rechnung vom 15. Juni 2009 inhaltlich und sachlich bestätigt worden war, ergibt sich schon deshalb auch unter dem Gesichtspunkt einer von N. (mit)bewirkten falschen Buchführung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, NJW 2010, 3458, 3460 mwN; BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00, BGHSt 47, 8, 11 mwN; Urteil vom 7. Dezember 1965 - 5 StR 312/65, BGHSt 20, 304; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 191, 227) keine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
137
b) Die getroffenen Feststellungen belegen darüber hinaus auch nicht die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft.
138
aa) Auch wenn man annimmt, N. habe in dem seine Vermögensbetreuungspflicht begründenden Pflichtenkreis gehandelt, verwirklichte er die Tat nicht im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB selbst. Soweit er De. zu der sog. Blitzüberweisung aufforderte, lag hierin keine Aufforderung, die Überweisung unmittelbar auszuführen. Diese setzte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe vielmehr das Vorhandensein einer unterschriebenen Auszahlungsanordnung voraus. Dass De. diese Unterschrift leisten konnte oder nach der Vorstellung von N. hätte leisten sollen, zeigen die Urteilsgründe nicht auf; hiergegen spricht auch, dass angesichts der Höhe der Zahlung auch der De. in der Hierarchie übergeordnete N. zur Unterschrift weder befugt noch willens war. Mit der bloßen Aufforderung an De. , die Überweisung vorzubereiten, war die Wahrscheinlichkeit einer späteren Auszahlung indes noch nicht in einem Maße gestiegen, dass hierin bereits eine tatbestandliche schadensgleiche Vermögensgefährdung gesehen werden kann. Entsprechendes gilt für die spätere Vorlage der Auszahlungsanordnung von N. an K. zur Unterschrift, zumal N. hierbei noch explizit auf seine Bedenken gegen den Vorgang hinwies und gegenüber seinem Vorgesetzten die Auszahlung zu verhindern suchte. Dass N. nach der Vorlage der Auszahlungsanordnung noch an dem weiteren Geschehen beteiligt war, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Nach alledem erschöpfte sich der eigene Beitrag von N. in bloßen Unterstützungshandlungen.
139
bb) Auch eine Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) von N. wird von den Urteilsgründen nicht belegt. Ein mittäterschaftliches Handeln ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14, BGHR VStGB § 6 Mittäter 1; vom 23. März 1994 - 3 StR 664/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 326/14, juris Rn. 7) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1989 - 3 StR 156/89, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5) genügen.
140
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein seine Kenntnis von der Tatbegehung durch D. und K. kann eine Mittäterschaft nicht begründen. Die festgestellten Tatbeiträge bestanden ausschließlich in Unterstützungshandlungen, welche L. oder K. ohne weiteres selbst hätten vornehmen können. Schließlich ist in den Blick zu nehmen , dass N. ersichtlich kein eigenes Interesse am Taterfolg verfolgte; denn er stellte sich von Beginn an gegen die Forderung von Me. und tat dies sowohl seinem Vorgesetzen L. als auch dem in der Unternehmenshierarchie an der Spitze stehenden K. unter Darstellung seiner Bedenken kund. Selbst wenn N. eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen haben sollte, führt dies weder allein (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428; Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, 10. Aufl., § 45 Rn. 21; MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 186; SK-StGB/Hoyer, 32. EL, § 25 Rn. 21 ff.; aA Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 355 ff.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 39 ff., 43 f.; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., Vor § 25 Rn. 82; SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 107) noch in der Zusammenschau mit den weiteren seine Beteiligung kennzeichnenden Umstände zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurtei- lungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.
141
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass trotz des Charakters der Untreue als Sonderdelikt nicht offenbleiben können wird, ob einer täterschaftlichen Verurteilung von N. bereits die allgemeinen Voraussetzungen der (Mit-)Täterschaft oder auch seine im konkreten Fall möglicherweise fehlende qualifizierte Stellung zum Vermögen der Nürburgring GmbH entgegenstehen. Die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 1994 - 1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53); ihr Fehlen begründet einen zwingenden Strafmilderungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten , wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein darauf beruht, dass das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 4 StR 476/14, wistra 2015, 146; vom 6. März 2013 - 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, NJW 2013, 949, 950; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
142
2. Auch im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Untreue nicht, weil sie weder eine Vermögensbetreuungspflichtverletzung von N. noch einen hierdurch eingetretenen Vermögensnachteil belegen. Hinsichtlich des von der Strafkammer nicht ausreichend dargelegten Vermögensnachteils gelten die insoweit zur Revision von D. dargelegten Gründe entsprechend. Zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht gilt Folgendes:
143
Wie bereits ausgeführt, liegt eine untreuerelevante Pflichtverletzung nur vor, wenn dem Täter eine zum Schutz des Vermögens des Geschädigten hervorgehobene Stellung zukommt und die von ihm konkret verletzte Pflicht auf den Pflichtenkreis zurückgeht, der diese Stellung begründet. Letzteres lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Diese teilen nicht mit, aufgrund welcher Umstände N. überhaupt an der Zahlungsvereinbarung beteiligt war. Ihnen ist auch nicht zu entnehmen, aus welchem Grunde N. mit der Vertretungsmacht ausgestattet war, die Nürburgring GmbH durch die Zahlungsvereinbarung zu verpflichten. Dies könnte aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht der Fall gewesen sein, ebenso könnte er durch eine einzelfallbezogene Entscheidung seiner Vorgesetzten hinzugezogen und ihm (ggf. konkludent ) Einzelvollmacht erteilt worden sein. Hinsichtlich der bestehenden Handlungsvollmacht bleibt jedoch in den Urteilsgründen offen, ob der Abschluss der Zahlungsvereinbarung von dieser überhaupt umfasst sein konnte. Der Begriff der Handlungsvollmacht ist inhaltlich offen und enthält keinen aus sich heraus bestimmbaren Umfang der Vollmacht. Dieser wird alleine vom Vollmachtgeber festgelegt. Auch § 54 HGB kodifiziert lediglich eine speziell geregelte Rechtsscheinhaftung (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 9; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 1), deren Umfang indes vom Inhalt der erteilten Vollmacht abhängt (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 10), und unterscheidet drei typisierte, in ihrem Umfang wesentlich differierende Varianten der Handlungsvollmacht (Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 10 ff.). Nähere Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen. Sie lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen und ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass N. mit seiner Unterschrift unter die Zahlungsvereinbarung "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH" der Vereinbarung zustimmte. Sollte N. hingegen aufgrund einer (konkludent) erteilten Einzelvollmacht tätig geworden sein, belegt auch dies angesichts des Zusammenwirkens mit L. als seinem Vorgesetzten noch nicht ohne weiteres den im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB erforderlichen eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraum.
144
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe bedingt den Wegfall der verhängten Einzelstrafen und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es im Fall IV.8 der Urteilsgründe über den sich aus den Revisionen von D. und K. ergebenden Umfang hinaus auch im Hinblick auf die Umstände, welche die Vermögensbetreuungspflicht von N. begründen.
145
4. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene sachlichrechtliche Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil von N. ergeben. Über die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründe hinaus bedarf es lediglich im Fall IV.3 der Urteilsgründe des im Rahmen der Revision von K. näher ausgeführten Hinweises, dass die Begleichung der Rechnung der I. GmbH vom 22. September 2008 und damit auch deren sachliche und inhaltliche Bestätigung bereits außerhalb des einem Geschäftsführer einzuräumenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums lag. Auf die Frage, ob N. bewusst war, dass der Aufsichtsrat bei der Entscheidung übergangen worden war, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
Becker RiBGH Pfister ist in den Schäfer Ruhestand getreten und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 27. September 2012 - 11 Sa 74/12 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Rückstufung im Entgeltsystem des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

2

Der 1963 geborene Kläger ist Diplom-Kaufmann (FH) und war nach seinem Studium mehrere Jahre in leitender Funktion als Kaufmann und Informatiker in der Privatwirtschaft tätig. Ab 2006 war er selbständig. Im März 2007 legte er nach einem parallel betriebenen Studium der Wirtschaftsinformatik an der Fernuniversität H die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an der Sekundarstufe II ab. Im September 2007 begann er bei der Kaufmännischen Schule L den Vorbereitungsdienst und bestand im Juli 2009 die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen. Im Schuljahr 2008/2009 schrieb die Kaufmännische Schule L die Stelle einer Lehrkraft mit den Fächern Betriebswirtschaftslehre und Datenverarbeitung aus. Am 3./11. September 2009 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger als Lehrer für diese Fächerkombination eingestellt wurde. Gemäß § 2 dieses Vertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem TV-L in der jeweils geltenden Fassung. Hinsichtlich der Vergütung sah der Arbeitsvertrag die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 13 TV-L ohne Angabe einer bestimmten Entgeltstufe vor.

3

§ 16 Abs. 2 TV-L enthält folgende Regelungen zur Stufenzuordnung bei einer Neueinstellung:

        

1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

4

Der Kläger erhielt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses am 11. September 2009 eine Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L. Mit Datum vom 27. Oktober 2009 erhielt der Kläger von einem Sachbearbeiter einen Ausdruck aus dem Personalverwaltungssystem DIPSY, wonach bei der Position „förderliche Zeiten“ die Zahl „006“ eingepflegt war. Der Ausdruck war handschriftlich um die Bemerkung „6 Jahre 2001 - 2007 anerkannt, ab 2007 Studium“ ergänzt. Nach einer Überprüfung der Stufenzuordnung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juni 2010 mit, er werde vorläufig bis zum Abschluss des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens rückwirkend zum 11. September 2009 der Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet, weil seine berufliche Tätigkeit erst ab der Zweiten Staatsprüfung berücksichtigt werden könne. Unter dem 7. Juli 2010 richtete der Schulleiter der Kaufmännischen Schule L ein Schreiben an das Regierungspräsidium F, mit dem er betonte, dass der Kläger aufgrund seiner Berufserfahrung eingestellt worden sei und wegen dieser Erfahrung in den Speditionsklassen und in den Klassen der Fachkräfte für Lagerlogistik uneingeschränkt eingesetzt werden könne. Eine Engpasssituation im Bereich Logistik, Spedition und Lagerhaltung habe sich durch seine Einstellung enorm verbessert. Mit Schreiben vom 15. September 2010 verlangte der Kläger weiterhin Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L. Dennoch wurde die Rückstufung im Oktober 2010 vollzogen. Zum 30. September 2011 schied der Kläger durch Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land aus.

5

Mit seiner am 4. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L verlangt. Die Zuordnung zur Entgeltstufe 4 sei ihm ausweislich der Mitteilung vom 27. Oktober 2009 einzelvertraglich zugesichert worden. Eine korrigierende Rückstufung komme nicht in Betracht. Zudem sei die Zuordnung zur Stufe 4 nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht fehlerhaft. Die Ausführungen des Schulleiters im Schreiben vom 7. Juli 2010 belegten sowohl den zum Zeitpunkt seiner Einstellung bestehenden Personalbedarf als auch die Förderlichkeit seiner erworbenen Berufserfahrung für die spätere Lehrtätigkeit. Eine Beschränkung der Anrechenbarkeit auf Tätigkeiten, die nach dem Zweiten Staatsexamen verrichtet wurden, sei § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht zu entnehmen.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011 aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L zu vergüten.

7

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Kläger weder einen einzelvertraglichen noch einen tariflichen Anspruch auf Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L habe. Der Mitteilung des Sachbearbeiters vom 27. Oktober 2009 lasse sich keine Zusage einer bestimmten Stufenzuordnung entnehmen. Der Sachbearbeiter sei auch nicht befugt gewesen, einzelvertragliche Vereinbarungen mit Beschäftigten zu treffen. Auch ein tariflicher Anspruch des Klägers sei nicht gegeben. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L gewähre dem Arbeitgeber hinsichtlich der Anerkennung förderlicher Beschäftigungszeiten bei der Stufenzuordnung ein freies Ermessen. Im Falle des Klägers sei von befugter Stelle keine Entscheidung der Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L getroffen worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hätten auch nicht vorgelegen. Zum einen habe bei der Einstellung des Klägers kein Personalbedarf bestanden, da es sich bei dem Unterrichtsfach Betriebswirtschaftslehre nicht um ein sog. „Mangelfach“ gehandelt habe. Darüber hinaus habe der Kläger bei der Einstellung über keine förderlichen Beschäftigungszeiten verfügt. Als „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L könnten nur solche Zeiten anerkannt werden, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Die Rückstufung sei daher zu Recht erfolgt. Mit ihr werde nur die falsche Eingabe von Anerkennungszeiten in das Personalverwaltungssystem durch einen Sachbearbeiter korrigiert.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 611 Abs. 1 BGB auf Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L in der Zeit vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011. Das beklagte Land war nicht berechtigt, die vorgenommene Stufenzuordnung einseitig im Wege der korrigierenden Rückstufung zu ändern.

10

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der TV-L in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung.

11

II. Das beklagte Land hat den Kläger bei der Einstellung der Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet und diese Stufe der Vergütungsberechnung zugrunde gelegt. Das für eine korrigierende Rückstufung erforderliche Nichtvorliegen einer Tatbestandsvoraussetzung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hat das beklagte Land nicht hinreichend dargelegt.

12

1. Bezüglich Eingruppierungen ist anerkannt, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich berechtigt ist, eine fehlerhafte, der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht entsprechende tarifliche Eingruppierung zu korrigieren (BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - Rn. 19, BAGE 142, 271). Beruft sich der Arbeitnehmer auf die ihm zuvor als maßgebend mitgeteilte und der Vergütung zugrunde gelegte Vergütungsgruppe, muss der Arbeitgeber allerdings die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher gewährten Vergütung darlegen und ggf. beweisen (BAG 20. März 2013 - 4 AZR 521/11 - Rn. 18; 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 29). Dieser Darlegungslast wird genügt, wenn sich aus dessen Vorbringen - einschließlich des unstreitigen Sachverhaltes - ergibt, dass es jedenfalls an einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte Eingruppierung mangelt (vgl. BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - aaO; 7. Mai 2008 - 4 AZR 206/07 - Rn. 27 f. mwN). Die objektive Fehlerhaftigkeit beinhaltet, dass sich der Arbeitgeber insoweit bei der Rechtsanwendung „geirrt“ hat, als er unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung vorgenommen hat (vgl. BAG 16. Februar 2000 - 4 AZR 62/99 - zu II 2 b aa (3) der Gründe, BAGE 93, 340). Diese Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung basieren auf der Erkenntnis, dass es sich bei der Eingruppierung nicht um einen konstitutiven rechtsgestaltenden Akt, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht handelt (vgl. BAG 11. September 2013 - 7 ABR 29/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10 - Rn. 19, BAGE 142, 20; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 50, BAGE 130, 286). Die Eingruppierung ist nicht in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt (BAG 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 19).

13

2. Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung lassen sich auf die Stufenzuordnung im Sinne einer Rückstufung übertragen, wenn sich die Stufenzuordnung auf eine bloße Rechtsanwendung im Rahmen tariflicher Vorgaben beschränkt. Erlauben die tariflichen Regelungen dem Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung hingegen ein rechtsgestaltendes Handeln, kommt eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht in Betracht. Die Stufenzuordnung wird dann durch eine bewusste Entscheidung des Arbeitgebers und nicht mehr allein durch die Umsetzung tariflicher Vorgaben bestimmt.

14

3. In Bezug auf die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L ist demnach wie folgt zu unterscheiden:

15

a) Bei den in § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L geregelten Fällen der Stufenzuordnung handelt es sich um reine Rechtsanwendung. Der Arbeitgeber hat bei Beachtung der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L zu prüfen, ob eine einschlägige Berufserfahrung von bestimmter Länge aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis gegeben ist. Die Stufenzuordnung richtet sich ausschließlich nach dem Subsumtionsergebnis. Erweist sich die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L als fehlerhaft, weil der Subsumtion unzutreffende Tatsachen und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung zugrunde lagen, kann der Arbeitgeber diese durch einseitige Rückstufung korrigieren.

16

b) Bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L treffen hingegen Rechtsanwendung und Rechtsgestaltung zusammen. Dementsprechend ist zu differenzieren.

17

aa) Erweist sich die Stufenzuordnung als fehlerhaft, weil der Arbeitgeber das Vorliegen einer der Tatbestandsvoraussetzungen fehlerhaft bejaht hat, kann er die Stufenzuordnung durch Rückstufung korrigieren.

18

(1) Die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist auf der Tatbestandsebene reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs und der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit handelt es sich um Tatbestandsvoraussetzungen (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15; zu § 21a Abs. 2 BMT-G vgl. BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29; zu Nr. 3 Abs. 2 Satz 4 der Anlage D.12 zum TVöD-V vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52; zu § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; Sponer/Steinherr TV-L Stand Oktober 2009 § 16 Rn. 26; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 19; BeckOK TV-L/Felix Stand 1. März 2014 TV-L § 16 Rn. 23b; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 56; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 26). Erst wenn diese einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet.

19

(2) Die Auffassung der Revision, wonach dem Arbeitgeber bereits auf der Tatbestandsebene des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L „freies“ Ermessen eingeräumt werde, steht im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Tarifnorm. Mit der Regelung soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen kann (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52). Die Vorschrift schafft einen Rahmen, in dem der Arbeitgeber einen tariflich eröffneten Handlungsspielraum bzgl. der Attraktivität der Vergütung nutzen kann. Damit soll einerseits marktgerechte Flexibilität eröffnet werden, andererseits soll aber in Abgrenzung zur Gewährung übertariflicher Leistungen eine Objektivierung und Vereinheitlichung der Arbeitgeberpraxis erreicht werden. Anderenfalls wäre die Regelung sinnlos, da der Arbeitgeber - abgesehen von haushaltsrechtlichen Beschränkungen - nicht gehindert ist, übertarifliche Leistungen zu gewähren und einzelvertraglich zu vereinbaren. Könnte der Arbeitgeber frei bestimmen, ob zB eine frühere Tätigkeit „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist, wäre kein tariflicher Maßstab mehr zu wahren.

20

Gegen ein freies Ermessen des Arbeitgebers auf Tatbestandsebene spricht zudem, dass der öffentliche Arbeitgeber bei der Anerkennung von förderlichen Zeiten dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet ist. Demnach sind objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L notwendig (vgl. Steuernagel ZMV 2013, 25). Müssten schon die Tatbestandsvoraussetzungen nicht objektiv erfüllt sein, wäre ein praktischer Anwendungsbereich für die Tarifnorm kaum eröffnet. Der Arbeitgeber müsste eine Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dann wie eine übertarifliche Vergütungsabrede rechtfertigen.

21

bb) Auf der Rechtsfolgenseite handelt es sich bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L demgegenüber um Rechtsgestaltung, die der Arbeitgeber nicht durch eine Rückstufung einseitig verändern kann. Dem Arbeitgeber wird hier Ermessen eingeräumt. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um freies oder billiges Ermessen handelt (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17). Jedenfalls wird die Stufenzuordnung durch einen Gestaltungsakt des Arbeitgebers und nicht durch bloßen Tarifvollzug bestimmt. Im Umfang der Ermessensausübung ist daher eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht zulässig.

22

4. Will der Arbeitgeber die durch sein Ermessen bestimmte Stufenzuordnung verändern, so muss er im Regelfall mit dem betroffenen Arbeitnehmer eine entsprechende Vereinbarung treffen oder die beabsichtigte Änderung im Wege der Änderungskündigung durchsetzen, denn der Arbeitnehmer hat meist einen vertraglichen Anspruch auf die Vergütung nach der vorgenommenen Stufenzuordnung.

23

a) Hierbei handelt es sich um keine einzelvertragliche Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung. Die Ausübung des Ermessens nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist Teil der Tarifanwendung.

24

b) Das Ermessen wird regelmäßig durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Hierzu bedarf es keiner Form, die Ausübung ist also auch durch schlüssiges Verhalten möglich (vgl. zu § 315 Abs. 2 BGB MüKoBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 Rn. 34 mwN). Tatsächlichem Verhalten des Arbeitgebers kann eine konkludente Willenserklärung entnommen werden, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 60; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222). Ob in einem tatsächlichen Handeln eine konkludente Willenserklärung zu erblicken ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 61; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15).

25

c) Im Falle einer Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L stellt die bloße Lohnzahlung in Höhe einer bestimmten Entgeltstufe regelmäßig ein konkludentes Angebot des Arbeitgebers auf entsprechende Vergütung dar, die der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung erbringt und diese Vergütung entgegennimmt, konkludent annimmt. Damit erhält er einen vertraglichen Anspruch auf die Bezahlung nach dieser Entgeltstufe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber tariflich verpflichtet ist, eine Stufenzuordnung vorzunehmen. Erhält der Arbeitnehmer wiederholt eine bestimmte Vergütung ausgezahlt, darf er regelmäßig nach objektivem Empfängerhorizont davon ausgehen, der Arbeitgeber habe ihn verbindlich der entsprechenden Entgeltstufe zugeordnet. Interne Verwaltungsabläufe des Arbeitgebers sind dabei ohne Bedeutung, wenn sie sich der Kenntnis des Arbeitnehmers entziehen. Entgegen der Auffassung der Revision macht es keinen Unterschied, ob eine Stufenzuordnung auf einer fehlerhaften verwaltungstechnischen Sachbearbeitung oder einer bewussten Entscheidung durch befugte Funktionsträger beruht. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist die faktisch erfolgte und durch die Zahlung belegte Stufenzuordnung maßgeblich. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt annehmen durfte, es handle sich um eine Willenserklärung des Arbeitgebers (vgl. Brox/Walker BGB AT 37. Aufl. Rn. 85, 137). Auf die Kenntnis des Arbeitgebers kommt es, anders als bei der von der Revision genannten Regelung des § 15 Abs. 5 TzBfG, nicht an. Anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitnehmer von Kompetenzüberschreitungen oder Verwaltungsfehlern wusste und der vorgenommenen Stufenzuordnung deshalb keinen Bindungswillen beimessen durfte.

26

5. Im vorliegenden Fall hat sich das beklagte Land nicht auf eine Anfechtung der Stufenzuordnung oder auf deren Änderung durch eine Änderungskündigung berufen, sondern auf die Wirksamkeit einer korrigierenden Rückstufung. Die hierfür erforderliche objektive Fehlerhaftigkeit der Stufenzuordnung ist jedoch nicht hinreichend dargelegt.

27

a) Für die Wirksamkeit der korrigierenden Rückstufung ist - wie ausgeführt - allein maßgeblich, dass eine der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen der nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L vorgenommenen Stufenzuordnung nicht gegeben ist. Die Rückstufung kann daher für sich genommen nicht mit einer Kompetenzüberschreitung oder einem Arbeitsfehler eines Sachbearbeiters begründet werden.

28

b) Eine Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt voraus, dass der Personalbedarf sonst quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend gedeckt werden kann (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47 mwN). Dies kann im Schuldienst bei einem sog. „Mangelfach“ der Fall sein. Der Sachvortrag des beklagten Landes dazu ist aber unzureichend, weil der Kläger nicht nur für das Fach Betriebswirtschaftslehre, sondern auch für das Fach Datenverarbeitung eingestellt wurde. Zu einem fehlenden Personalgewinnungsbedarf für Lehrer dieses Fachs verhält sich der Sachvortrag des beklagten Landes nicht.

29

c) Die ursprüngliche Stufenzuordnung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Kläger bei der Einstellung nicht über förderliche Vorbeschäftigungszeiten verfügte. Im Gegensatz zur Auffassung des beklagten Landes sind im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht nur Zeiten zu berücksichtigen, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Diese Sichtweise entspricht nicht den tariflichen Regelungen.

30

aa) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dient dazu, Berufserfahrung zu berücksichtigen, die dem Arbeitnehmer und damit auch seinem Arbeitgeber in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt(vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 58; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 62 ). Inhaltlich kommen als förderliche Zeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat, in Betracht. Sie können insbesondere vorliegen, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 58; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 24; Zettl ZMV 2010, 173; zur Anlehnung dieser Definition an das Verständnis des Begriffs der „förderlichen Tätigkeit“ in § 10 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG vgl. Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 29; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Februar 2010 E § 16 Rn. 27). Auch eine selbständige Tätigkeit kann demnach eine förderliche berufliche Tätigkeit iSd. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L sein(Steuernagel ZMV 2013, 25, 26; Zettl aaO; Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 16 Rn. 20). Die vorherige förderliche Tätigkeit muss nicht unmittelbar vor der Einstellung verrichtet worden sein (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Rn. 59; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen aaO Rn. 23).

31

bb) Der Begriff der „förderlichen Tätigkeit“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist damit weiter als der Begriff der „einschlägigen Berufserfahrung“ iSv. § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 TV-L(vgl. Howald öAT 2012, 51; Spengler in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 16 Rn. 11). Einschlägige Berufserfahrung ist nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Um einschlägige Berufserfahrung handelt es sich demnach, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 17; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 45). Dabei kommt es nicht auf die formale Bewertung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber, sondern auf die entgeltrechtlich zutreffende Bewertung an (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20). Demgegenüber verlangt eine förderliche Tätigkeit nur eine Nützlichkeit für die auszuübende Tätigkeit, ohne dass es auf die eingruppierungsmäßige Gleichwertigkeit der beruflichen Tätigkeiten ankommt. Auch eine geringer oder anders qualifizierte berufliche Tätigkeit kann in diesem Sinne nützlich sein.

32

cc) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt entgegen der Ansicht der Revision damit nicht voraus, dass die förderlichen Tätigkeiten nach dem für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschluss absolviert wurden. Die berufliche Tätigkeit des Klägers in der Privatwirtschaft bis zum Jahre 2007 ist im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L berücksichtigungsfähig. Dass es sich dabei um für die spätere Lehrtätigkeit nützliche Tätigkeiten handelt, wird vom beklagten Land nicht in Abrede gestellt und ist durch das Schreiben des Schulleiters vom 7. Juli 2010 hinreichend belegt. Es kann hier deshalb unentschieden bleiben, ob und ggf. welche Ausbildungs- und Studienzeiten als förderliche Tätigkeiten anerkannt werden können.

33

III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    W. Kreis     

                 

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 27. September 2012 - 11 Sa 74/12 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Rückstufung im Entgeltsystem des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

2

Der 1963 geborene Kläger ist Diplom-Kaufmann (FH) und war nach seinem Studium mehrere Jahre in leitender Funktion als Kaufmann und Informatiker in der Privatwirtschaft tätig. Ab 2006 war er selbständig. Im März 2007 legte er nach einem parallel betriebenen Studium der Wirtschaftsinformatik an der Fernuniversität H die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an der Sekundarstufe II ab. Im September 2007 begann er bei der Kaufmännischen Schule L den Vorbereitungsdienst und bestand im Juli 2009 die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen. Im Schuljahr 2008/2009 schrieb die Kaufmännische Schule L die Stelle einer Lehrkraft mit den Fächern Betriebswirtschaftslehre und Datenverarbeitung aus. Am 3./11. September 2009 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger als Lehrer für diese Fächerkombination eingestellt wurde. Gemäß § 2 dieses Vertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem TV-L in der jeweils geltenden Fassung. Hinsichtlich der Vergütung sah der Arbeitsvertrag die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 13 TV-L ohne Angabe einer bestimmten Entgeltstufe vor.

3

§ 16 Abs. 2 TV-L enthält folgende Regelungen zur Stufenzuordnung bei einer Neueinstellung:

        

1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

4

Der Kläger erhielt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses am 11. September 2009 eine Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L. Mit Datum vom 27. Oktober 2009 erhielt der Kläger von einem Sachbearbeiter einen Ausdruck aus dem Personalverwaltungssystem DIPSY, wonach bei der Position „förderliche Zeiten“ die Zahl „006“ eingepflegt war. Der Ausdruck war handschriftlich um die Bemerkung „6 Jahre 2001 - 2007 anerkannt, ab 2007 Studium“ ergänzt. Nach einer Überprüfung der Stufenzuordnung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juni 2010 mit, er werde vorläufig bis zum Abschluss des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens rückwirkend zum 11. September 2009 der Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet, weil seine berufliche Tätigkeit erst ab der Zweiten Staatsprüfung berücksichtigt werden könne. Unter dem 7. Juli 2010 richtete der Schulleiter der Kaufmännischen Schule L ein Schreiben an das Regierungspräsidium F, mit dem er betonte, dass der Kläger aufgrund seiner Berufserfahrung eingestellt worden sei und wegen dieser Erfahrung in den Speditionsklassen und in den Klassen der Fachkräfte für Lagerlogistik uneingeschränkt eingesetzt werden könne. Eine Engpasssituation im Bereich Logistik, Spedition und Lagerhaltung habe sich durch seine Einstellung enorm verbessert. Mit Schreiben vom 15. September 2010 verlangte der Kläger weiterhin Vergütung nach Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L. Dennoch wurde die Rückstufung im Oktober 2010 vollzogen. Zum 30. September 2011 schied der Kläger durch Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land aus.

5

Mit seiner am 4. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L verlangt. Die Zuordnung zur Entgeltstufe 4 sei ihm ausweislich der Mitteilung vom 27. Oktober 2009 einzelvertraglich zugesichert worden. Eine korrigierende Rückstufung komme nicht in Betracht. Zudem sei die Zuordnung zur Stufe 4 nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht fehlerhaft. Die Ausführungen des Schulleiters im Schreiben vom 7. Juli 2010 belegten sowohl den zum Zeitpunkt seiner Einstellung bestehenden Personalbedarf als auch die Förderlichkeit seiner erworbenen Berufserfahrung für die spätere Lehrtätigkeit. Eine Beschränkung der Anrechenbarkeit auf Tätigkeiten, die nach dem Zweiten Staatsexamen verrichtet wurden, sei § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht zu entnehmen.

6

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011 aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TV-L zu vergüten.

7

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Kläger weder einen einzelvertraglichen noch einen tariflichen Anspruch auf Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L habe. Der Mitteilung des Sachbearbeiters vom 27. Oktober 2009 lasse sich keine Zusage einer bestimmten Stufenzuordnung entnehmen. Der Sachbearbeiter sei auch nicht befugt gewesen, einzelvertragliche Vereinbarungen mit Beschäftigten zu treffen. Auch ein tariflicher Anspruch des Klägers sei nicht gegeben. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L gewähre dem Arbeitgeber hinsichtlich der Anerkennung förderlicher Beschäftigungszeiten bei der Stufenzuordnung ein freies Ermessen. Im Falle des Klägers sei von befugter Stelle keine Entscheidung der Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L getroffen worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hätten auch nicht vorgelegen. Zum einen habe bei der Einstellung des Klägers kein Personalbedarf bestanden, da es sich bei dem Unterrichtsfach Betriebswirtschaftslehre nicht um ein sog. „Mangelfach“ gehandelt habe. Darüber hinaus habe der Kläger bei der Einstellung über keine förderlichen Beschäftigungszeiten verfügt. Als „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L könnten nur solche Zeiten anerkannt werden, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Die Rückstufung sei daher zu Recht erfolgt. Mit ihr werde nur die falsche Eingabe von Anerkennungszeiten in das Personalverwaltungssystem durch einen Sachbearbeiter korrigiert.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 611 Abs. 1 BGB auf Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L in der Zeit vom 11. September 2009 bis zum 30. September 2011. Das beklagte Land war nicht berechtigt, die vorgenommene Stufenzuordnung einseitig im Wege der korrigierenden Rückstufung zu ändern.

10

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der TV-L in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung.

11

II. Das beklagte Land hat den Kläger bei der Einstellung der Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet und diese Stufe der Vergütungsberechnung zugrunde gelegt. Das für eine korrigierende Rückstufung erforderliche Nichtvorliegen einer Tatbestandsvoraussetzung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L hat das beklagte Land nicht hinreichend dargelegt.

12

1. Bezüglich Eingruppierungen ist anerkannt, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich berechtigt ist, eine fehlerhafte, der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht entsprechende tarifliche Eingruppierung zu korrigieren (BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - Rn. 19, BAGE 142, 271). Beruft sich der Arbeitnehmer auf die ihm zuvor als maßgebend mitgeteilte und der Vergütung zugrunde gelegte Vergütungsgruppe, muss der Arbeitgeber allerdings die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher gewährten Vergütung darlegen und ggf. beweisen (BAG 20. März 2013 - 4 AZR 521/11 - Rn. 18; 15. Juni 2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 29). Dieser Darlegungslast wird genügt, wenn sich aus dessen Vorbringen - einschließlich des unstreitigen Sachverhaltes - ergibt, dass es jedenfalls an einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte Eingruppierung mangelt (vgl. BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 673/10 - aaO; 7. Mai 2008 - 4 AZR 206/07 - Rn. 27 f. mwN). Die objektive Fehlerhaftigkeit beinhaltet, dass sich der Arbeitgeber insoweit bei der Rechtsanwendung „geirrt“ hat, als er unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung vorgenommen hat (vgl. BAG 16. Februar 2000 - 4 AZR 62/99 - zu II 2 b aa (3) der Gründe, BAGE 93, 340). Diese Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung basieren auf der Erkenntnis, dass es sich bei der Eingruppierung nicht um einen konstitutiven rechtsgestaltenden Akt, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht handelt (vgl. BAG 11. September 2013 - 7 ABR 29/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10 - Rn. 19, BAGE 142, 20; 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 50, BAGE 130, 286). Die Eingruppierung ist nicht in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt (BAG 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 19).

13

2. Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung lassen sich auf die Stufenzuordnung im Sinne einer Rückstufung übertragen, wenn sich die Stufenzuordnung auf eine bloße Rechtsanwendung im Rahmen tariflicher Vorgaben beschränkt. Erlauben die tariflichen Regelungen dem Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung hingegen ein rechtsgestaltendes Handeln, kommt eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht in Betracht. Die Stufenzuordnung wird dann durch eine bewusste Entscheidung des Arbeitgebers und nicht mehr allein durch die Umsetzung tariflicher Vorgaben bestimmt.

14

3. In Bezug auf die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L ist demnach wie folgt zu unterscheiden:

15

a) Bei den in § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L geregelten Fällen der Stufenzuordnung handelt es sich um reine Rechtsanwendung. Der Arbeitgeber hat bei Beachtung der Protokollerklärung zu § 16 Abs. 2 TV-L zu prüfen, ob eine einschlägige Berufserfahrung von bestimmter Länge aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis gegeben ist. Die Stufenzuordnung richtet sich ausschließlich nach dem Subsumtionsergebnis. Erweist sich die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 TV-L als fehlerhaft, weil der Subsumtion unzutreffende Tatsachen und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung zugrunde lagen, kann der Arbeitgeber diese durch einseitige Rückstufung korrigieren.

16

b) Bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L treffen hingegen Rechtsanwendung und Rechtsgestaltung zusammen. Dementsprechend ist zu differenzieren.

17

aa) Erweist sich die Stufenzuordnung als fehlerhaft, weil der Arbeitgeber das Vorliegen einer der Tatbestandsvoraussetzungen fehlerhaft bejaht hat, kann er die Stufenzuordnung durch Rückstufung korrigieren.

18

(1) Die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist auf der Tatbestandsebene reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs und der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit handelt es sich um Tatbestandsvoraussetzungen (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15; zu § 21a Abs. 2 BMT-G vgl. BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29; zu Nr. 3 Abs. 2 Satz 4 der Anlage D.12 zum TVöD-V vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52; zu § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; Sponer/Steinherr TV-L Stand Oktober 2009 § 16 Rn. 26; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 19; BeckOK TV-L/Felix Stand 1. März 2014 TV-L § 16 Rn. 23b; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 56; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 26). Erst wenn diese einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet.

19

(2) Die Auffassung der Revision, wonach dem Arbeitgeber bereits auf der Tatbestandsebene des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L „freies“ Ermessen eingeräumt werde, steht im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Tarifnorm. Mit der Regelung soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen kann (vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47; 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52). Die Vorschrift schafft einen Rahmen, in dem der Arbeitgeber einen tariflich eröffneten Handlungsspielraum bzgl. der Attraktivität der Vergütung nutzen kann. Damit soll einerseits marktgerechte Flexibilität eröffnet werden, andererseits soll aber in Abgrenzung zur Gewährung übertariflicher Leistungen eine Objektivierung und Vereinheitlichung der Arbeitgeberpraxis erreicht werden. Anderenfalls wäre die Regelung sinnlos, da der Arbeitgeber - abgesehen von haushaltsrechtlichen Beschränkungen - nicht gehindert ist, übertarifliche Leistungen zu gewähren und einzelvertraglich zu vereinbaren. Könnte der Arbeitgeber frei bestimmen, ob zB eine frühere Tätigkeit „förderlich“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist, wäre kein tariflicher Maßstab mehr zu wahren.

20

Gegen ein freies Ermessen des Arbeitgebers auf Tatbestandsebene spricht zudem, dass der öffentliche Arbeitgeber bei der Anerkennung von förderlichen Zeiten dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet ist. Demnach sind objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L notwendig (vgl. Steuernagel ZMV 2013, 25). Müssten schon die Tatbestandsvoraussetzungen nicht objektiv erfüllt sein, wäre ein praktischer Anwendungsbereich für die Tarifnorm kaum eröffnet. Der Arbeitgeber müsste eine Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dann wie eine übertarifliche Vergütungsabrede rechtfertigen.

21

bb) Auf der Rechtsfolgenseite handelt es sich bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L demgegenüber um Rechtsgestaltung, die der Arbeitgeber nicht durch eine Rückstufung einseitig verändern kann. Dem Arbeitgeber wird hier Ermessen eingeräumt. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um freies oder billiges Ermessen handelt (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17). Jedenfalls wird die Stufenzuordnung durch einen Gestaltungsakt des Arbeitgebers und nicht durch bloßen Tarifvollzug bestimmt. Im Umfang der Ermessensausübung ist daher eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht zulässig.

22

4. Will der Arbeitgeber die durch sein Ermessen bestimmte Stufenzuordnung verändern, so muss er im Regelfall mit dem betroffenen Arbeitnehmer eine entsprechende Vereinbarung treffen oder die beabsichtigte Änderung im Wege der Änderungskündigung durchsetzen, denn der Arbeitnehmer hat meist einen vertraglichen Anspruch auf die Vergütung nach der vorgenommenen Stufenzuordnung.

23

a) Hierbei handelt es sich um keine einzelvertragliche Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung. Die Ausübung des Ermessens nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist Teil der Tarifanwendung.

24

b) Das Ermessen wird regelmäßig durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Hierzu bedarf es keiner Form, die Ausübung ist also auch durch schlüssiges Verhalten möglich (vgl. zu § 315 Abs. 2 BGB MüKoBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 Rn. 34 mwN). Tatsächlichem Verhalten des Arbeitgebers kann eine konkludente Willenserklärung entnommen werden, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 60; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222). Ob in einem tatsächlichen Handeln eine konkludente Willenserklärung zu erblicken ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 61; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15).

25

c) Im Falle einer Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L stellt die bloße Lohnzahlung in Höhe einer bestimmten Entgeltstufe regelmäßig ein konkludentes Angebot des Arbeitgebers auf entsprechende Vergütung dar, die der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung erbringt und diese Vergütung entgegennimmt, konkludent annimmt. Damit erhält er einen vertraglichen Anspruch auf die Bezahlung nach dieser Entgeltstufe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber tariflich verpflichtet ist, eine Stufenzuordnung vorzunehmen. Erhält der Arbeitnehmer wiederholt eine bestimmte Vergütung ausgezahlt, darf er regelmäßig nach objektivem Empfängerhorizont davon ausgehen, der Arbeitgeber habe ihn verbindlich der entsprechenden Entgeltstufe zugeordnet. Interne Verwaltungsabläufe des Arbeitgebers sind dabei ohne Bedeutung, wenn sie sich der Kenntnis des Arbeitnehmers entziehen. Entgegen der Auffassung der Revision macht es keinen Unterschied, ob eine Stufenzuordnung auf einer fehlerhaften verwaltungstechnischen Sachbearbeitung oder einer bewussten Entscheidung durch befugte Funktionsträger beruht. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist die faktisch erfolgte und durch die Zahlung belegte Stufenzuordnung maßgeblich. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt annehmen durfte, es handle sich um eine Willenserklärung des Arbeitgebers (vgl. Brox/Walker BGB AT 37. Aufl. Rn. 85, 137). Auf die Kenntnis des Arbeitgebers kommt es, anders als bei der von der Revision genannten Regelung des § 15 Abs. 5 TzBfG, nicht an. Anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitnehmer von Kompetenzüberschreitungen oder Verwaltungsfehlern wusste und der vorgenommenen Stufenzuordnung deshalb keinen Bindungswillen beimessen durfte.

26

5. Im vorliegenden Fall hat sich das beklagte Land nicht auf eine Anfechtung der Stufenzuordnung oder auf deren Änderung durch eine Änderungskündigung berufen, sondern auf die Wirksamkeit einer korrigierenden Rückstufung. Die hierfür erforderliche objektive Fehlerhaftigkeit der Stufenzuordnung ist jedoch nicht hinreichend dargelegt.

27

a) Für die Wirksamkeit der korrigierenden Rückstufung ist - wie ausgeführt - allein maßgeblich, dass eine der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen der nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L vorgenommenen Stufenzuordnung nicht gegeben ist. Die Rückstufung kann daher für sich genommen nicht mit einer Kompetenzüberschreitung oder einem Arbeitsfehler eines Sachbearbeiters begründet werden.

28

b) Eine Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt voraus, dass der Personalbedarf sonst quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend gedeckt werden kann (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 47 mwN). Dies kann im Schuldienst bei einem sog. „Mangelfach“ der Fall sein. Der Sachvortrag des beklagten Landes dazu ist aber unzureichend, weil der Kläger nicht nur für das Fach Betriebswirtschaftslehre, sondern auch für das Fach Datenverarbeitung eingestellt wurde. Zu einem fehlenden Personalgewinnungsbedarf für Lehrer dieses Fachs verhält sich der Sachvortrag des beklagten Landes nicht.

29

c) Die ursprüngliche Stufenzuordnung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Kläger bei der Einstellung nicht über förderliche Vorbeschäftigungszeiten verfügte. Im Gegensatz zur Auffassung des beklagten Landes sind im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L nicht nur Zeiten zu berücksichtigen, die nach Ablegung des für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschlusses - hier des Zweiten Staatsexamens - zurückgelegt worden sind. Diese Sichtweise entspricht nicht den tariflichen Regelungen.

30

aa) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dient dazu, Berufserfahrung zu berücksichtigen, die dem Arbeitnehmer und damit auch seinem Arbeitgeber in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt(vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 58; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 62 ). Inhaltlich kommen als förderliche Zeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat, in Betracht. Sie können insbesondere vorliegen, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 58; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 24; Zettl ZMV 2010, 173; zur Anlehnung dieser Definition an das Verständnis des Begriffs der „förderlichen Tätigkeit“ in § 10 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG vgl. Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 29; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Februar 2010 E § 16 Rn. 27). Auch eine selbständige Tätigkeit kann demnach eine förderliche berufliche Tätigkeit iSd. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L sein(Steuernagel ZMV 2013, 25, 26; Zettl aaO; Bredemeier/Neffke/Zimmermann TVöD/TV-L 4. Aufl. § 16 Rn. 20). Die vorherige förderliche Tätigkeit muss nicht unmittelbar vor der Einstellung verrichtet worden sein (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Rn. 59; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen aaO Rn. 23).

31

bb) Der Begriff der „förderlichen Tätigkeit“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L ist damit weiter als der Begriff der „einschlägigen Berufserfahrung“ iSv. § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 TV-L(vgl. Howald öAT 2012, 51; Spengler in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 16 Rn. 11). Einschlägige Berufserfahrung ist nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Um einschlägige Berufserfahrung handelt es sich demnach, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 17; 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 45). Dabei kommt es nicht auf die formale Bewertung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber, sondern auf die entgeltrechtlich zutreffende Bewertung an (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20). Demgegenüber verlangt eine förderliche Tätigkeit nur eine Nützlichkeit für die auszuübende Tätigkeit, ohne dass es auf die eingruppierungsmäßige Gleichwertigkeit der beruflichen Tätigkeiten ankommt. Auch eine geringer oder anders qualifizierte berufliche Tätigkeit kann in diesem Sinne nützlich sein.

32

cc) § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L setzt entgegen der Ansicht der Revision damit nicht voraus, dass die förderlichen Tätigkeiten nach dem für die Einstellung maßgeblichen Ausbildungsabschluss absolviert wurden. Die berufliche Tätigkeit des Klägers in der Privatwirtschaft bis zum Jahre 2007 ist im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L berücksichtigungsfähig. Dass es sich dabei um für die spätere Lehrtätigkeit nützliche Tätigkeiten handelt, wird vom beklagten Land nicht in Abrede gestellt und ist durch das Schreiben des Schulleiters vom 7. Juli 2010 hinreichend belegt. Es kann hier deshalb unentschieden bleiben, ob und ggf. welche Ausbildungs- und Studienzeiten als förderliche Tätigkeiten anerkannt werden können.

33

III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    W. Kreis     

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Dezember 2011 - 9 Sa 440/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anrechnung von Beschäftigungszeiten bei einem privaten Arbeitgeber für die Berechnung der Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschn. A Abs. 1 und 2 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 (TV UmBw).

2

Die beklagte Bundesrepublik beschäftigte den im Juni 1960 geborenen Kläger seit 1. Februar 1991 im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung im Wachdienst. Zuvor war er vom 5. Mai 1989 bis 31. Januar 1991 für ein privates Bewachungsunternehmen tätig. Der Kläger hat behauptet, im Rahmen dieser Beschäftigung habe er im Auftrag des Innenministeriums den Regierungsbunker in Marienthal bewacht.

3

Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich nach den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst, seit deren Inkrafttreten ua. nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich des Bundes (TVöD (Bund)) und dem TV UmBw. Der TV UmBw vom 18. Juli 2001 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 lautet in Auszügen:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Beschäftigte), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen.

        

…       

                 
        

§ 7     

        

Ergänzung der Einkommenssicherung

        

A.    

Beschäftigte im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten

        

(1)     

Beschäftigte, die bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit (§ 3) mindestens ein Jahr ununterbrochen im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten beschäftigt und Entgelt nach

                 

-       

§ 46 TVöD-BT-V (Bund),

                 

…       

        
                 

erhalten haben und deren Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird, erhalten - ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 - eine Zulage in Höhe des auf die weggefallene, über die regelmäßige Arbeitszeit i. S. d. § 6 Abs. 1 TVöD hinaus gegangene Arbeitszeit entfallenden anteiligen Tabellenentgelts i. S. d. Protokollerklärung zu § 8 Absatz 1 Satz 1 TVöD.

        

(2)     

1Die Zulage vermindert sich je nach Dauer der ununterbrochenen Beschäftigung im Feuerwehr- oder Wachdienst oder auf Seefahrzeugen wie folgt:

                 

2Bei einer Beschäftigung

                 

a)    

von weniger als fünf Jahren entfällt die Zulage bei der allgemeinen Entgelterhöhung,

                 

b)    

von mindestens fünf, jedoch weniger als zehn Jahren vermindert sich die Zulage um jeweils die Hälfte bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung,

                 

c)    

von mindestens zehn, jedoch weniger als 15 Jahren vermindert sich die Zulage um jeweils ein Drittel bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung,

                 

d)    

von mindestens 15 Jahren vermindert sich die Zulage um jeweils ein Viertel bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung,

                 

die auf die erste allgemeine Entgelterhöhung nach dem Tag der Aufnahme der neuen Tätigkeit folgt. 3Bei der Verminderung der Zulage ist von deren ursprünglicher Höhe auszugehen. 4Bei einer ununterbrochenen Beschäftigung von mehr als 20 Jahren im Feuerwehr- oder Wachdienst oder auf Binnen- und Seefahrzeugen und schwimmenden Geräten wird ein Restbetrag in Höhe von 30 v. H. des Ausgangsbetrages der persönlichen Zulage nicht abgebaut.

        

…“    

        
4

§ 7 Abschn. A Abs. 2 TV UmBw blieb bei der Neufassung des TV UmBw durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 unverändert.

5

In § 34 TVöD-AT (Bund) ist geregelt:

        

§ 34 

        

Kündigung des Arbeitsverhältnisses

        

(1)     

1Bis zum Ende des sechsten Monats seit Beginn des Arbeitsverhältnisses beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zum Monatsschluss. 2Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2)

                 

…       

        
        

…       

        
        

(3)     

1Beschäftigungszeit ist die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. 2Unberücksichtigt bleibt die Zeit eines Sonderurlaubs gemäß § 28, es sei denn, der Arbeitgeber hat vor Antritt des Sonderurlaubs schriftlich ein dienstliches oder betriebliches Interesse anerkannt. 3Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst werden, werden die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber als Beschäftigungszeit anerkannt. 4Satz 3 gilt entsprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber.“

6

Der Kläger nahm zum 1. Januar 2010 eine neue Tätigkeit iSv. § 3 TV UmBw auf, für die er ein geringeres Entgelt erzielt. Mit Schreiben vom 20. Mai 2010 setzte die Beklagte die Zulage zur Ergänzung der Einkommenssicherung nach § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw auf 771,78 Euro fest. Sie stellte zugleich eine Dauer der Beschäftigung von 18 Jahren fest. Dabei ging sie davon aus, dass der Kläger seit 1. Februar 1991 ununterbrochen im Wachdienst beschäftigt gewesen sei und am 1. Januar 2010 seine neue Tätigkeit aufgenommen habe.

7

Die Beklagte berücksichtigte im Rahmen der Stufenzuordnung der Arbeitnehmer D und G nach § 16 Abs. 3 TVöD-AT (Bund) Vorbeschäftigungszeiten bei privaten Arbeitgebern.

8

Mit seiner Klage will der Kläger von der Beklagten festgesetzt wissen, dass er mehr als 20 Jahre ununterbrochen iSv. § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw im Wachdienst beschäftigt sei. Seine Tätigkeit in der Privatwirtschaft vom 5. Mai 1989 bis 31. Januar 1991 müsse berücksichtigt werden, wie die zutreffende Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Beschäftigungszeit in § 7 Abschn. A Abs. 2 TV UmBw ergebe. Jedenfalls kämen zwei verschiedene gleichrangige Auslegungsergebnisse - ein arbeitgeberbezogener und ein tätigkeitsbezogener Vorbeschäftigungsbegriff - in Betracht. Die Vorinstanzen hätten deshalb zu Unrecht keine Tarifauskunft eingeholt. Er habe außerdem seine ganze Beschäftigungszeit zunächst bei der Bundesrepublik Deutschland als Auftraggeberin des privaten Bewachungsunternehmens und später bei ihr als Arbeitgeberin verbracht. Da zwischen den Parteien streitig sei, ob er während des früheren Arbeitsverhältnisses im Auftrag des Bundesinnenministeriums den Regierungsbunker in Marienthal bewacht habe, sei darüber Beweis zu erheben gewesen. Werde § 7 Abschn. A Abs. 2 TV UmBw entgegen der Auffassung des Klägers dahin ausgelegt, dass er nur Vorbeschäftigungszeiten bei der Beklagten erfasse, verstoße er gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes. Heranzuziehen seien die Prinzipien, die das Bundesarbeitsgericht für Eingriffe in laufende Betriebsrenten entwickelt habe. Werde § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw dahin verstanden, dass er Vorbeschäftigungszeiten in der Privatwirtschaft nicht erfasse, wirke die Tarifnorm zudem mittelbar altersdiskriminierend iSv. § 3 Abs. 2 AGG, Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG. Die unterschiedliche Behandlung sei nicht gerechtfertigt nach § 10 AGG, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Der Kläger hat ferner behauptet, die Personalsachbearbeiterin P habe ihm im März 2010 ausdrücklich zugesichert, dass seine Beschäftigung bei dem privaten Wachdienst im Rahmen der Feststellung der Beschäftigungsdauer berücksichtigt werde. Jedenfalls sei er mit den Arbeitnehmern D und G gleichzubehandeln.

9

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, zu seinen Gunsten eine ununterbrochene Beschäftigung von mehr als 20 Jahren festzusetzen. Am Ende des ersten Rechtszugs ist er auf einen Feststellungsantrag übergegangen. Vor dem Landesarbeitsgericht hat er erneut beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, zu seinen Gunsten eine ununterbrochene Beschäftigung von mehr als 20 Jahren festzusetzen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Beschäftigungszeit iSv. § 7 Abschn. A Abs. 2 TV UmBw sei nach § 34 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (Bund) die bei demselben Arbeitgeber zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen sei. Dieses Auslegungsergebnis folge auch aus dem Zusammenhang von § 7 Abschn. A Abs. 2 TV UmBw mit dem ersten Absatz dieser Vorschrift. Danach setze die Zulage voraus, dass der Arbeitnehmer Entgelt nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes erhalte, im Fall des Klägers nach § 46 TVöD-BT-V (Bund). Sonst handle es sich nicht um eine ununterbrochene Beschäftigung. § 7 Abschn. A Abs. 2 TV UmBw sei nicht anhand der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes entsprechend der Betriebsrentenrechtsprechung des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts zu überprüfen. Der Kläger verlange keine betriebliche Altersversorgung, sondern sei ein aktiv beschäftigter Arbeitnehmer. § 7 Abschn. A TV UmBw greife nicht in laufende Vergütungsansprüche ein, sondern begründe den Zulagenanspruch erst, um Nachteile bei personellen Maßnahmen im Umstrukturierungsprozess auszugleichen. § 7 Abschn. A Abs. 2 TV UmBw wirke auch nicht mittelbar altersdiskriminierend. Ein höherer Anspruch des Klägers scheitere nicht am Lebensalter, sondern am Arbeitgeberwechsel.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

A. Die Revision ist beschränkt eingelegt. Sie erfasst nur den Lebenssachverhalt, der der Tarifanwendung zugrunde liegt, obwohl der Kläger das nicht ausdrücklich klargestellt hat. Die Beschränkung ergibt sich daraus, dass der Kläger aus dem eigenständigen Klagegrund der von ihm behaupteten Zusicherung der Personalsachbearbeiterin P im März 2010 in der Revisionsinstanz keinen Anspruch mehr ableitet.

13

I. Zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung gehört die Angabe der Revisionsgründe (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ). Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung muss sich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzen (st. Rspr., vgl. zB BAG 16. Juli 2013 - 9 AZR 50/12 - Rn. 11). Hat das Berufungsgericht über mehrere Streitgegenstände entschieden, muss die Revisionsbegründung sämtliche Streitgegenstände behandeln, wenn sie die Entscheidung hinsichtlich aller Streitgegenstände angreifen will (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 20). Fehlt zu einem Streitgegenstand ein Revisionsangriff, ist das Rechtsmittel unzulässig (vgl. BAG 23. November 2006 - 6 AZR 317/06 - Rn. 13, BAGE 120, 239). Dieselbe Rechtsfolge kann allerdings aus demselben Lebenssachverhalt und zugleich aus mehreren Normen des materiellen Rechts hergeleitet werden. Dann handelt es sich um Anspruchskonkurrenz und nicht um verschiedene Streitgegenstände (vgl. BAG 23. November 2006 - 6 AZR 317/06 - aaO). Der Streitgegenstand iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfasst im Hinblick auf den Klagegrund alle Tatsachen, die bei natürlicher Betrachtung vom Standpunkt der Parteien aus zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören(vgl. BAG 26. Juni 2013 - 5 AZR 428/12 - Rn. 16).

14

II. Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht über mehrere selbständige Streitgegenstände entschieden. Es hat einen tariflichen Anspruch auf Anrechnung der Vorbeschäftigungszeit des Klägers bei dem privaten Wachdienst aus § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw verneint und die Klage unter dem Gesichtspunkt einer einzelvertraglichen Zusage für nicht begründet gehalten. Dabei handelt es sich nicht nur um Anspruchskonkurrenz. Die zusammentreffenden Ansprüche sind nach ihrer Tatsachengrundlage, dem vom Kläger vorzutragenden Lebenssachverhalt, unterschiedlich ausgestaltet (vgl. BAG 23. November 2006 - 6 AZR 317/06 - Rn. 15, BAGE 120, 239).

15

III. Die Revision ist mit Blick auf den weiteren Streitgegenstand der in den Tatsacheninstanzen behaupteten Zusage der früheren Personalsachbearbeiterin P nicht mangels Revisionsangriffs unzulässig. Der Kläger hat die Revision vielmehr konkludent beschränkt, indem er in der Revisionsbegründung lediglich auf die Fragen eingegangen ist, die sich im Zusammenhang mit dem Lebenssachverhalt stellen, der dem geltend gemachten Anspruch aus § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw zugrunde liegt. Der Kläger bezieht sich nur auf die Auslegung der Tarifbestimmung sowie die Fragen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, des Vertrauensschutzes und der mittelbaren Altersdiskriminierung. Der Senat braucht daher nicht darüber zu befinden, ob das Landesarbeitsgericht die nach der Entscheidungsformel vermeintlich unbeschränkte Zulassung der Revision durch die ausschließlich mit den tariflichen Fragen begründete Zulassung am Ende der Gründe beschränkt hat.

16

B. Die beschränkt eingelegte Revision ist unbegründet. Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

17

I. Der Sachantrag ist auslegungsbedürftig. Der Kläger erstrebt noch immer und - zutreffend gewürdigt - schon seit dem Eingang der Klage die Feststellung, dass er die Voraussetzungen des § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw erfüllt.

18

1. Diesen Feststellungsantrag hat der Kläger im Ansatz bereits am Ende des ersten Rechtszugs gestellt. Er hat in der Kammerverhandlung beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, zu seinen Gunsten eine ununterbrochene Beschäftigung iSd. § 7 TV UmBw von mehr als 20 Jahren festzusetzen. Diese Formulierung wird ebenso wenig wie ein Leistungsantrag dem richtig verstandenen inhaltlichen Anliegen des Klägers gerecht. Es geht ihm darum, feststellen zu lassen, dass er unter Einbeziehung der Beschäftigungszeit bei dem privaten Wachdienst die Voraussetzungen des § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw erfüllt und damit eine ununterbrochene Beschäftigungszeit von mehr als 20 Jahren aufweist. Er will die aktuelle und künftige Höhe der Einkommenssicherungszulage klären.

19

2. Die ununterbrochene Beschäftigungszeit iSv. § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw errechnet sich nicht durch gestaltenden oder auch „festsetzenden“ Akt des Arbeitgebers, sondern von Rechts wegen aufgrund der tariflichen Regelungen in § 7 Abschn. A Abs. 1 und 2 TV UmBw. Das Tarifgefüge sieht auch keinen Anspruch auf Festsetzung durch den Arbeitgeber vor. Der Antrag des Klägers kann trotz seines vermeintlich auf die Leistung der Festsetzung gerichteten Wortlauts im beschriebenen Sinn verstanden werden. Der Kläger hat die Rückkehr zu der Formulierung, die auf einen Leistungsantrag hindeutet, nie begründet. Sein Prozessbevollmächtigter hat die Auslegung des Senats in der Revisionsverhandlung bestätigt.

20

II. Die Klage ist in dieser Auslegung zulässig. Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Das angestrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die gegenwärtige und künftige Berechnung der Einkommenssicherungszulage beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden.

21

1. Das erforderliche Rechtsverhältnis ist zu bejahen.

22

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO können zwar nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht bloße Elemente oder Vorfragen von Rechtsverhältnissen. Eine Feststellungsklage muss sich jedoch nicht auf ein Rechtsverhältnis in seiner Gesamtheit beziehen. Sie kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 907/12 - Rn. 25).

23

b) Hier will der Kläger mithilfe der Frage der Anrechnung seiner Vorbeschäftigungszeit bei dem privaten Bewachungsunternehmen geklärt wissen, inwieweit seine Einkommenssicherungszulage bei allgemeinen Entgelterhöhungen anrechnungsfest ist. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass das Feststellungsurteil die Frage der Anrechnung der Vorbeschäftigungszeit bei dem privaten Bewachungsunternehmen beantworten soll, um die Berechnung der Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschn. A Abs. 1 und 2 TV UmBw zu klären. Der Kläger erstrebt die Erfüllung konkreter Ansprüche, die auf eine in höherem Umfang gegenüber allgemeinen Entgelterhöhungen anrechnungsfeste Einkommenssicherungszulage gerichtet sind, also gegenwärtige und künftige rechtliche Vorteile (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10 - Rn. 13).

24

2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Mit dem angestrebten Feststellungsurteil wird die Anrechnung der Vorbeschäftigungszeit bei dem privaten Wachdienst und mit ihr die Höhe der bei allgemeinen Entgelterhöhungen anrechnungsfesten Einkommenssicherungszulage auch zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 350/10 - Rn. 12). Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen ua. prozessökonomische Gründe. Der Kläger war deshalb nicht gehalten, objektiv gehäufte, auf die einzelnen Zulagenbeträge gerichtete Leistungsklagen zu erheben.

25

C. Die Klage ist unbegründet.

26

I. Der Kläger ist von einer Maßnahme iSv. § 1 Abs. 1 TV UmBw betroffen, die den Anspruch auf ergänzende Einkommenssicherung durch eine Zulage nach § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw auslöst. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Dauer und Beständigkeit des Anspruchs hängen aber von der Dauer der ununterbrochenen Beschäftigung ab. Bei einer ununterbrochenen Beschäftigung von bis zu 20 Jahren wird die Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 TV UmBw bei allgemeinen Entgelterhöhungen schrittweise abgeschmolzen. Bei einer ununterbrochenen Beschäftigung von mehr als 20 Jahren ist ein Restbetrag von 30 % des Ausgangsbetrags der Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw anrechnungsfest.

27

II. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die Feststellung, dass er die Voraussetzungen des § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw erfüllt. Die Vorbeschäftigung bei dem privaten Wachdienst vom 5. Mai 1989 bis 31. Januar 1991 ist nicht auf die Beschäftigungszeit anzurechnen. Der Kläger ist daher nicht mehr als 20 Jahre iSv. § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw ununterbrochen beschäftigt. Das ergibt die Auslegung der Tarifvorschrift.

28

1. § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw bestimmt, dass bei einer ununterbrochenen Beschäftigung von mehr als 20 Jahren ua. im Wachdienst ein Restbetrag von 30 % des Ausgangsbetrags der persönlichen (Einkommenssicherungs-)Zulage nicht abgebaut wird.

29

2. Der Bedeutungsgehalt von § 7 Abschn. A Abs. 1 und 2 TV UmBw kann aus dem Begriff der „ununterbrochenen Beschäftigung“ allein nicht erschlossen werden.

30

a) Dieser Begriff kann so verstanden werden, dass die vom Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, dh. die Dauer des Arbeitsverhältnisses (mit einem bestimmten Arbeitgeber) maßgebend ist. Vor allem für Eingruppierungs- oder Stufenzuordnungsregelungen kann es aber auch auf die Dauer der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit ankommen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 590/09 - Rn. 14). Das macht die Revision zu Recht geltend.

31

b) Die Tarifvertragsparteien haben in § 34 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (Bund) keinen einheitlichen Begriff der Beschäftigungszeit definiert. Sie haben die Beschäftigungszeit anders als frühere tarifliche Bestimmungen nicht in einen allgemeinen, zB mit „Allgemeine Vorschriften“ überschriebenen Teil integriert. § 34 TVöD-AT (Bund) ist vielmehr mit „Kündigung des Arbeitsverhältnisses“ überschrieben(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 590/09 - Rn. 16). Verschiedene Vorschriften des TVöD-AT (Bund) verweisen ausdrücklich auf die Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (Bund), wenn sie gemeint ist(etwa § 22 Abs. 3 Satz 1, § 34 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT (Bund)). Das deutet darauf hin, dass der Begriff der Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (Bund) nur in diesen Fällen maßgeblich sein soll(vgl. näher BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 590/09 - Rn. 17 ff.).

32

3. Welche konkrete Bedeutung die Tarifvertragsparteien dem Begriff der Beschäftigungszeit geben wollen, lässt sich deswegen nur aus dem jeweiligen Regelungszusammenhang und dem Normzweck ermitteln.

33

a) Die tarifliche Systematik des TV UmBw spricht dafür, dass Vorbeschäftigungszeiten in der Privatwirtschaft nicht auf die „ununterbrochene Beschäftigung“ iSv. § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw anzurechnen sind. So verlangt § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw, dass der Beschäftigte Entgelt nach bestimmten Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes erhält, ua. nach § 46 TVöD-BT-V (Bund). Wird auch ein früheres Arbeitsverhältnis außerhalb des öffentlichen Dienstes für die Anrechnung einer Vorbeschäftigungszeit anerkannt, ist das ausdrücklich geregelt. Solche Regelungen finden sich - anders als in § 7 Abschn. A Abs. 1 und 2 TV UmBw - beispielsweise in § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 TVöD-AT (Bund). Sie lassen bestimmte Zeiten der Berufserfahrung oder einer vorherigen förderlichen beruflichen Tätigkeit im Rahmen der Stufenzuordnung genügen. Darauf haben die Vorinstanzen zutreffend abgestellt.

34

b) Einer Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten aus dem Arbeitsverhältnis mit einem privaten Arbeitgeber im Rahmen von § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw steht entscheidend der Tarifzweck der ergänzenden Einkommenssicherung des § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw entgegen. Der Sinn der Einkommenssicherungszulage ist unmittelbar mit der Beschäftigung bei der Bundeswehr verknüpft.

35

aa) Nach § 1 TV UmBw ist der Geltungsbereich des TV UmBw für Arbeitnehmer eröffnet, deren Arbeitsplätze aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen(Abs. 1) oder zu einem Dritten verlagert werden (Abs. 2). Zwischen dem Wegfall des Arbeitsplatzes und einer Maßnahme der Neuausrichtung der Bundeswehr muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 25 mwN). Durch den in § 1 Abs. 1 TV UmBw vorgegebenen Geltungsbereich soll sichergestellt werden, dass die begünstigenden Regelungen des TV UmBw nur auf die Arbeitnehmer angewandt werden, deren Arbeitsplätze durch die Umstrukturierung aufgrund der Neuausrichtung der Bundeswehr betroffen sind( BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 26 mwN ).

36

bb) In der für den Wechsel der Beschäftigung iSv. § 1 Abs. 1, § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw nötigen Organisationsentscheidung kommt der Tarifzweck einer Besitzstandsregelung zum Ausdruck. Die Einkommenssicherungszulage soll den Lebensstandard der Arbeitnehmer erhalten, die durch die Umstrukturierung der Bundeswehr Verdiensteinbußen aufgrund von Organisationsmaßnahmen ausgesetzt sind (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 2 9). Daran wird deutlich, dass durch die Einkommenssicherungszulage des § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw ausschließlich Nachteile im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der Bundeswehr ausgeglichen werden sollen. Der bei der Bundeswehr erreichte Besitzstand soll zunächst aufrechterhalten werden. Die in früheren Arbeitsverhältnissen mit anderen Arbeitgebern erlangten Vorteile sind von diesem Zweck demgegenüber nicht umfasst.

37

c) Auf dieses Auslegungsergebnis deutet ferner hin, dass § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw ungeachtet des bekannten Problems der Vorbeschäftigung bei privaten Arbeitgebern durch den Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 nicht geändert wurde.

38

4. Die vorzunehmende Auslegung von § 1 Abs. 1, § 7 Abschn. A Abs. 1 und 2 TV UmBw nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck lässt unzweifelhaft erkennen, dass die Tarifvertragsparteien die Einkommenssicherungszulage an eine ununterbrochene Beschäftigungszeit im öffentlichen Dienst des Bundes gebunden haben. Dieser Regelungswille steht einer unbeabsichtigten Tariflücke entgegen. Die Arbeitsgerichte dürfen nicht gegen den - hier erkennbar geäußerten - Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen „schaffen“ oder die schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei durch Vertragshilfe ausgleichen. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. nur BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 31 mwN ).

39

5. Wegen des Tarifzwecks ist auch die Verfahrensrüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe entgegen § 286 ZPO nicht Beweis über seine Behauptung erhoben, er habe im Rahmen seiner Beschäftigung bei dem privaten Bewachungsunternehmen im Auftrag des Innenministeriums den Regierungsbunker in Marienthal bewacht, unerheblich. Nach dem erkennbar geäußerten Willen der Tarifvertragsparteien kommt es auf die arbeitsvertragliche Bindung mit der Bundesrepublik Deutschland an, nicht auf die ausgeübte Tätigkeit - hier - im Wachdienst.

40

6. Die Vorinstanzen haben aufgrund des unzweifelhaften Auslegungsergebnisses des Begriffs der „ununterbrochenen Beschäftigung“ in § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw entgegen der Ansicht der Revision zu Recht davon abgesehen, eine Tarifauskunft einzuholen. Eine Tarifauskunft darf zum einen nicht darauf gerichtet sein, eine prozessentscheidende Rechtsfrage zu beantworten (vgl. BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 267/11 - Rn. 22 mwN; 14. März 2012 - 10 AZR 172/11 - Rn. 27). Die Auslegung von Tarifverträgen und tariflichen Begriffen ist Sache des Gerichts. Zum anderen kann der Wille der Tarifvertragsparteien wegen der weitreichenden Wirkung von Tarifnormen auf die Rechtsverhältnisse von Dritten, die an den Tarifvertragsverhandlungen unbeteiligt waren, im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nur dann berücksichtigt werden, wenn er sich in den tariflichen Normen unmittelbar niedergeschlagen hat (vgl. BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 267/11 - Rn. 22; 23. Februar 2012 - 2 AZR 44/11 - Rn. 27; 14. September 2011 - 10 AZR 358/10 - Rn. 28).

41

7. Die Tarifvertragsparteien überschritten mit dem Konzept der Unterscheidung von Arbeitsverhältnissen mit der Bundesrepublik Deutschland und Arbeitsverhältnissen mit privatrechtlich organisierten Arbeitgebern nicht die Grenzen ihrer Regelungsmacht.

42

a) Der Begünstigungsausschluss hinsichtlich anderer Vorbeschäftigungszeiten verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Vorbeschäftigungszeit in der Privatwirtschaft ist kein mit der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis mit der Bundesrepublik Deutschland vergleichbarer Sachverhalt.

43

aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dennoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Unterscheidungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 15; 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12, BAGE 135, 313). Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 34).

44

bb) Art. 3 GG untersagt zwar auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird(vgl. BVerfG 10. Juli 2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 1 BvL 3/10, 1 BvL 1 BvL 4/10, 1 BvL 1 BvL 3/11 - Rn. 21, BVerfGE 132, 72; 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 78, BVerfGE 126, 400; BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16; 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Verfassungsrechtlich erheblich ist jedoch nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 34; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16).

45

cc) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 79, BVerfGE 126, 400; BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 20).

46

dd) Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien Vorbeschäftigungen bei Privatunternehmen von den Anrechnungstatbeständen für die ergänzende Einkommenssicherungszulage in § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 und 4 TV UmBw ausnahmen. Diesen für die Einkommenssicherungszulage anzurechnenden Zeiten liegt der Wille der Tarifvertragsparteien zugrunde, nur den Besitzstand in einem mit der Bundesrepublik Deutschland begründeten Arbeitsverhältnis teilweise zu sichern, also Verdiensteinbußen aufgrund von Organisationsmaßnahmen durch die Neuausrichtung der Bundeswehr zu mildern. Dieses Konzept der Tarifvertragsparteien ist von ihrer typisierenden Einschätzungsprärogative gedeckt. Es ist nicht sachfremd, nur die verlorenen Vorteile auszugleichen, die in einem Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin Bundesrepublik Deutschland erlangt wurden. Die Tarifvertragsparteien haben einen weiten Gestaltungsspielraum in der Frage, ob und welche Nachteile von Umstrukturierungen sie in welchem Umfang ausgleichen wollen. Ob den Tarifvertragsparteien mit der unterbleibenden Anrechnung von Zeiten der Vorbeschäftigung in Arbeitsverhältnissen mit privatrechtlich organisierten Unternehmen eine zweckmäßige und überzeugende Regelung gelungen ist, hat der Senat nicht zu beurteilen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26 mwN).

47

b) Die Beklagte nimmt zu Recht an, dass § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw nicht anhand der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes entsprechend der Rechtsprechung des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts zu Eingriffen in laufende Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung zu überprüfen ist (vgl. dazu BAG 27. Februar 2007 - 3 AZR 734/05 - Rn. 41 ff., BAGE 121, 321; 27. Juni 2006 - 3 AZR 255/05 - Rn. 44 ff., BAGE 118, 326). Den Anrechnungstatbeständen in § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 und 4 TV UmBw kommt keine unechte Rückwirkung zu. Vielmehr entsteht der Anspruch auf die Einkommenssicherungszulage aus § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw von vornherein nur in den Grenzen der Anrechnung von allgemeinen Entgelterhöhungen nach § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 und 4 TV UmBw. Diese Anrechnung erfasst die in den tariflichen Regelungen vorgesehene gestaffelte Abschmelzung, die sich je nach Dauer der Beschäftigungszeit bei der Bundesrepublik Deutschland bemisst.

48

c) § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw verstößt in der Auslegung, die Vorbeschäftigungszeiten in der Privatwirtschaft außer Acht lässt, nicht gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters nach § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG.

49

aa) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Um eine unmittelbare Benachteiligung handelt es sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 2 AGG gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können. Anderes gilt dann, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel angemessen und erforderlich sind, um das Ziel zu erreichen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, handelt es sich schon tatbestandlich nicht um eine Benachteiligung iSv. § 7 Abs. 1 AGG(vgl. zB BAG 23. April 2013 - 1 AZR 916/11 - Rn. 15).

50

bb) Der Ausschluss von Vorbeschäftigungszeiten in der Privatwirtschaft durch § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw ist weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Der Kläger erstrebt mit seinem Antrag nach gebotener Auslegung nicht die Feststellung, dass ihm unabhängig von der Dauer seiner ununterbrochenen Beschäftigung der Sockelbetrag von 30 % des Ausgangsbetrags der Einkommenssicherungszulage zugutekommen soll. Er verlangt vielmehr die Feststellung, dass er die Voraussetzungen des § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw erfüllt. Das setzt voraus, dass die Dauer seiner Zugehörigkeit zu dem privaten Bewachungsunternehmen auf die Beschäftigungszeit von über 20 Jahren des § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw angerechnet wird. Er möchte in den Kreis der Begünstigten einbezogen werden. Die Beklagte führt jedoch zu Recht aus, dass der Ausschluss von Vorbeschäftigungszeiten in der Privatwirtschaft die betroffene Personengruppe weder unmittelbar noch mittelbar aufgrund ihres Alters benachteiligt. Ausschlussgrund ist allein der Arbeitgeberwechsel, der in jedem Lebensalter vollzogen werden kann (vgl. EuGH 7. Juni 2012 - C-132/11 - [Tyrolean Airways] Rn. 29).

51

cc) Sollte der Kläger zumindest hilfsweise erreichen wollen, dass ihm gelöst von der Dauer seiner ununterbrochenen Beschäftigung die Mindestsumme von 30 % des Ausgangsbetrags der Einkommenssicherungszulage nach § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw anrechnungsfest verbleibt, hätte er dennoch keinen solchen Anspruch. Soweit § 7 Abschn. A Abs. 2 in Satz 2 und 4 TV UmBw bei der Anrechnung von allgemeinen Erhöhungen nach der Beschäftigungszeit unterscheidet, führt das nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Alters. Die damit verbundene mittelbare Begünstigung älterer Arbeitnehmer ist gerechtfertigt. Die tariflichen Regelungen belohnen die Betriebstreue langjährig beschäftigter Arbeitnehmer.

52

(1) Die Regelungen in § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 und 4 TV UmBw knüpfen nicht unmittelbar an das Lebensalter, sondern an die Dauer der Beschäftigung bei der Bundesrepublik Deutschland an. Die Anrechnungstatbestände sind demnach hinsichtlich des Merkmals „Alter“ vermeintlich neutral. Die Differenzierung nach der Beschäftigungszeit führt jedoch regelmäßig zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Arbeitnehmer mit längerer Beschäftigungszeit sind jedenfalls typischerweise älter als Arbeitnehmer mit kürzerer Beschäftigungszeit. Auch ältere Arbeitnehmer können zwar nur eine kurze Beschäftigungszeit aufweisen. Jüngere Arbeitnehmer können aber noch keine lange Beschäftigungszeit erreicht haben. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass Differenzierungen nach der Betriebszugehörigkeit zu einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters führen können. Sonst wäre es nicht erforderlich, eine solche Unterscheidung in § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG ausdrücklich als „unterschiedliche Behandlung wegen des Alters“ zu erlauben(vgl. zu § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b und Satz 4 Buchst. b TV UmBw BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 40 mwN). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in der Sache Odar keine Bedenken daran geäußert, dass diese Bestimmung im Einklang mit der Vorgabe in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG steht (vgl. EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - Rn. 37 ff.).

53

(2) Eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen eines verpönten Merkmals kann nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG durch ein legitimes Ziel und die Wahl verhältnismäßiger Mittel zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden. Rechtmäßige Ziele iSv. § 3 Abs. 2 AGG können alle nicht diskriminierenden und auch im Übrigen legalen Ziele sein. Es muss sich also nicht wie bei der Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 AGG bzw. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG um sozialpolitische Ziele handeln. Die differenzierende Maßnahme muss geeignet und erforderlich sein, um das legitime Ziel zu erreichen, und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte des Benachteiligten darstellen (vgl. BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 42 mwN).

54

(3) Diese Erfordernisse sind hier gewahrt. Die Tarifvertragsparteien differenzieren mit den Regelungen in § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 und 4 TV UmBw nach der Beschäftigungsdauer und honorieren damit eine längere Betriebstreue. Arbeitnehmer mit längerer Betriebstreue können in besonderem Maß darauf vertrauen, dass ihr durch die Einkommenssicherungszulage des § 7 Abschn. A Abs. 1 TV UmBw ergänzend gesicherter Besitzstand erhalten bleibt. Arbeitnehmern mit längerer Beschäftigungszeit und typischerweise höherem Lebensalter fällt es zudem erfahrungsgemäß schwerer, den erreichten Besitzstand auf andere Weise - durch einen Arbeitsplatzwechsel innerhalb der Bundeswehr oder durch einen Wechsel zu einem privaten Arbeitgeber - auszugleichen (vgl. BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 43 mwN).

55

(4) Da § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw den Kläger nicht mittelbar wegen seines Alters benachteiligt, stellt sich die Frage einer sog. Anpassung nach oben nicht (vgl. dazu BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25 mwN).

56

8. Der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw erfüllt, lässt sich auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

57

a) Sollte der Kläger auch insoweit Rügen geführt haben, ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt.

58

b) Die Beklagte wandte die Anrechnungsregeln des § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 und 4 TV UmBw nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht bewusst übertariflich auf die Arbeitnehmer D und G an. Sie berücksichtigte deren Vorbeschäftigungszeiten bei privaten Arbeitgebern vielmehr im Rahmen der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 3 TVöD-AT (Bund). Diese Arbeitnehmer befanden sich aus diesem Grund nicht in vergleichbarer Lage wie der Kläger (vgl. dazu zB BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11  - Rn. 44 ). Im Rahmen von § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 TVöD-AT (Bund) ist nicht die von § 7 Abschn. A Abs. 2 Satz 4 TV UmBw vorausgesetzte ununterbrochene Beschäftigung von mehr als 20 Jahren maßgeblich. Die Stufenzuordnungsbestimmungen stellen auf einschlägige Berufserfahrung von bestimmter Dauer oder vorherige, für die vorgesehene Tätigkeit förderliche berufliche Tätigkeit ab. § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 TVöD-AT (Bund) dient dazu, Berufserfahrung zu berücksichtigen, die dem Arbeitnehmer und damit auch seinem Arbeitgeber in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt(vgl. BAG 21. November 2013 - 6 AZR 23/12 - Rn. 62; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 19). § 7 Abschn. A Abs. 1 und 2 TV UmBw soll im Unterschied dazu bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis Nachteile im Zusammenhang mit bestimmten organisatorischen Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Bundeswehr ausgleichen oder mildern.

59

D. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Reiner Koch    

        

    Hoffmann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Oktober 2011 - 26 Sa 1110/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin.

2

Die Klägerin war vom 1. Oktober 1994 bis 9. April 1999 in der wissenschaftlichen Redaktion des M-Instituts in F als Fremdsprachensekretärin mit Aufgaben im Lektorat, in der Redaktion und im Layout tätig. Sie erhielt zunächst Gehalt der Vergütungsgruppe VIb und danach Vb des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT). Vom 1. Dezember 2000 bis September 2003 war die Klägerin als Aushilfsangestellte (Schreibangestellte) an der A-Universität in F in Vergütungsgruppe VIII BAT beschäftigt. Von 2003 bis 2005 war sie Stipendiatin und bis 2007 Doktorandin der beklagten Universität. Seit 23. September 2004 war die Klägerin daneben aufgrund verschiedener Verträge für die Beklagte tätig, die die Parteien als Dienst- oder Werkverträge bezeichneten. Danach hatte sie interkulturelle Workshops zu entwickeln, zu konzipieren, durchzuführen und zu evaluieren. Bezeichnet waren die Inhalte der Workshops nach den Verträgen als „Interkulturelle Mediation in der Grenzregion“, „International“, „Deutsch-Polnisch“, „Deutsch-polnisches Verhandeln“ und „Interkulturelle Trainerausbildung“. Außerdem führte sie Seminare zum Thema „Interkulturelle Kommunikation“ durch. Für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 schlossen die Parteien einen beispielhaft vorgelegten Vertrag „über eine freie Mitarbeit (Honorarvertrag)“. Er lautet auszugsweise:

        

㤠1

        

Vertragsgegenstand

        

(1)     

Die Auftraggeberin beauftragt die freie Mitarbeiterin mit der Vorbereitung und Durchführung interkultureller Workshops für Studierende und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

        

(2)     

Den erteilten Auftrag führt die freie Mitarbeiterin in eigener Verantwortung aus. Dabei hat sie zugleich die Interessen der Auftraggeberin zu berücksichtigen. Die freie Mitarbeiterin unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Auftraggeberin. Sie hat jedoch fachliche Vorgaben so weit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.

        

§ 2

        

Vertragsbeginn und Vertragsbeendigung

        

(1)     

Das Vertragsverhältnis beginnt am 20. September und endet am 20. Dezember 2007.

        

(2)     

Eine Kündigung ist jederzeit möglich. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.

        

§ 3

        

Keine Höchstpersönlichkeit

        

Die freie Mitarbeiterin ist nicht verpflichtet, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen. Sie kann sich hierzu, soweit der jeweilige Auftrag dies gestattet, auch der Hilfe von Erfüllungsgehilfen bedienen, soweit sie deren fachliche Qualifikation sichergestellt hat.

        

§ 4

        

Ablehnungsrecht der Auftragnehmerin

        

Die freie Mitarbeiterin hat das Recht, einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen.

        

§ 5

        

Verhältnis der Auftragnehmerin zu Dritten

        

Die freie Mitarbeiterin hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu werden. Einer vorherigen Zustimmung der Auftraggeberin bedarf es hierfür nicht.

        

§ 6

        

Tätigkeitsort

        

Die freie Mitarbeiterin wählt den Tätigkeitsort nach ihrem freien Ermessen. Sofern nach der Eigenart der übernommenen Tätigkeit erforderlich, erhält die freie Mitarbeiterin die Möglichkeit, die Einrichtungen der Universität in Absprache mit der Projektverantwortlichen in angemessenem Umfang zu benutzen. Die freie Mitarbeiterin ist dabei an dienstliche Weisungen (z. B. Dienstzeiten, Nachweis der Arbeitsunfähigkeit etc.) nicht gebunden. Ausgenommen hiervon sind jedoch Vorschriften über Sicherheitsvorkehrungen.

        

§ 7

        

Vergütung

        

(1)     

Die freie Mitarbeiterin erhält für ihre nach § 1 des Vertrages erbrachte Tätigkeit ein Honorar in Höhe von 15.000,00 Euro. Damit sind alle Aufwendungen und Nebenkosten abgegolten.

        

(2)     

Dieser Betrag enthält die gesetzliche Mehrwertsteuer, sofern diese zu entrichten ist.

        

(3)     

Gegebenenfalls anfallende Steuern sind von der freien Mitarbeiterin selbst zu entrichten.

        

…       

        
        

…“    

3

Der Klägerin stand ein Büro für Vor- und Nacharbeiten zur Verfügung. 2007 erhielt sie einen Sonderpreis, den „BMW Group Award für Interkulturelles Lernen 2007“ als „Anerkennung für herausragendes persönliches Engagement zum Thema Interkulturelles Lernen im Sinne der Völkerverständigung“. Der Preis stand im Zusammenhang mit der „Interviadrina“, einem „Programm zum interkulturellen Kompetenzerwerb an einer internationalen Universität in der deutsch-polnischen Grenzregion“. Die Deutsche Rentenversicherung Bund beanstandete die Tätigkeit der Klägerin außerhalb eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht.

4

Seit 1. März 2008 ist die Klägerin bei der Beklagten in mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen als Lehrkraft für besondere Aufgaben/akademische Mitarbeiterin mit unterschiedlichen Wochenstundenzahlen beschäftigt. Hintergrund war zunächst eine Zielvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Wissenschaftsministerium. Später war die Klägerin im Rahmen von Drittmittelprojekten des Europäischen Sozialfonds und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes tätig. In den Arbeitsverträgen nahmen die Parteien Bezug auf die Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Ab 1. März 2008 wurde die Klägerin Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet, ab 1. April 2009 Stufe 2 dieser Entgeltgruppe.

5

Bei der Beklagten sind bzw. waren auch die Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W beschäftigt. Frau Dr. G war im Schreibzentrum eingesetzt. Sie war von 2004 bis 31. März 2007 auf sog. Honorarbasis beschäftigt. Am 1. April 2007 stellte die Beklagte sie als Arbeitnehmerin ein. Seit einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2008 ordnete die Beklagte sie Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu. Herr Dr. Gr, der muttersprachlich spanisch spricht, ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Sprachenzentrum der Beklagten. Er war zuvor als Redaktionsassistent, als selbständiger Redakteur und als Lehrbeauftragter tätig. Bei seiner Einstellung wurde er in Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L eingestuft. Frau Dr. W ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der kulturwissenschaftlichen Fakultät. Bei ihrer Einstellung erkannte die Beklagte eine Promotionszeit im Rahmen eines Stipendiums sowie Lehraufträge als Vorbeschäftigungszeiten an und ordnete sie Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu.

6

Mit Schreiben vom 2. Februar 2009 bat die Klägerin darum, ihre Stufenzuordnung zu überprüfen. Der Antrag führte nicht zu einer höheren Zuordnung. Die Klägerin verlangt deshalb festzustellen, dass ihr ab 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 und vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zusteht. Durch § 16 idF von § 40 Nr. 5 TV-L (TV-L Hochschule) ist in der „durchgeschriebenen“ Ursprungsfassung des § 16 TV-L Hochschule vom 12. Oktober 2006 geregelt:

        

㤠16 Stufen der Entgelttabelle

        

…       

        

(2) 1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3.

        

4Werden Beschäftigte in den Entgeltgruppen 13 bis 15 eingestellt, gilt ergänzend: Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden grundsätzlich anerkannt. …

        

6Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

        

Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2:

        

1.    

Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

        

2.    

Ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag über die vorläufige Weitergeltung der Regelungen für die Praktikantinnen/Praktikanten beziehungsweise nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Arbeitsbedingungen der Praktikantinnen/Praktikanten der Länder gilt grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung.

        

3.    

Ein vorheriges Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt; bei Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern ab der Entgeltgruppe 13 verlängert sich der Zeitraum auf längstens zwölf Monate.

        

…       

        

(3) 1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Absatz 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

        

-       

Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

        

-       

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

        

-       

Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

        

…       

        
        

(5) 1Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. …

        

4Dies gilt jedoch nur, wenn

        

a)    

sie aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation besondere projektbezogene Anforderungen erfüllen oder

        

b)    

eine besondere Personalbindung beziehungsweise Personalgewinnung erreicht werden soll.

        

…“    

7

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TV-L vom 1. März 2009, der insoweit am 1. März 2009 in Kraft trat, wurde die „durchgeschriebene“ Fassung des § 16 TV-L Hochschule um Abs. 2a ergänzt:

        

„Der Arbeitgeber kann bei Einstellung von Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Absatz 3 Satz 3 und 4) die beim vorherigen Arbeitgeber nach den Regelungen des TV-L, des TVÜ-Länder oder eines vergleichbaren Tarifvertrages erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigen; Absatz 2 Satz 6 bleibt unberührt.“

8

Die Klägerin hat behauptet, die Tätigkeit, die sie seit 1. März 2008 versehe, habe sich gegenüber der früheren, seit 23. September 2004 ausgeübten Tätigkeit nicht verändert. Sie sei in den Unterrichtsbetrieb mit den geltenden Studien- und Prüfungsordnungen eingebunden gewesen. Auf der Grundlage des letzten sog. Honorarvertrags sei sie durchgehend bis 29. Februar 2008 tätig gewesen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei den sog. Dienst- und Werkverträgen habe es sich in Wahrheit um Arbeitsverträge gehandelt. Ihr habe deswegen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Hochschule bereits seit 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugestanden, seit 1. April 2011 Entgelt nach Stufe 4. Zumindest sei sie zur Deckung des Personalbedarfs eingestellt worden. Das für § 16 Abs. 2 Satz 6 TV-L Hochschule nötige Personalgewinnungsinteresse habe wegen des auf sie zugeschnittenen Drittmittelprojekts und des Sonderpreises bestanden. Es lasse sich auch aus ihrer Vorbefassung mit dem Thema, besonderen Referenzen, ihrer wissenschaftlichen Vita und ihrem perfekten Polnisch ableiten. Dem Förderantrag für die ihr übertragene Tätigkeit habe kein anderer Beschäftigter gerecht werden können. Das gebundene Ermessen der Beklagten sei demnach auf Null reduziert gewesen. Jedenfalls bestehe ein Anspruch auf Neubescheidung. Sollten die Tarifnormen die erstrebte Stufenzuordnung nicht begründen, verstießen sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Stufenzuordnung sei auch unwirksam, weil der Personalrat ihr nicht zugestimmt habe. Im Übrigen sei sie mit den Arbeitnehmern Dr. G, Dr. Gr und Dr. W gleichzubehandeln.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die Zeit ab 1. März 2008 Vergütung nach Stufe 3 und ab 1. April 2011 bis 30. September 2011 Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 13 TV-L zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Vergütungsdifferenz zwischen den Stufen 1 und 3 für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. März 2009, zwischen den Stufen 2 und 3 für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis 31. März 2011 und zwischen den Stufen 3 und 4 für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011, jeweils ab dem 1. des Folgemonats.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich dahin eingelassen, dass es sich bei den vor dem 1. März 2008 versehenen Aufgaben um andere Tätigkeiten der Klägerin - die Vermittlung interkultureller Kompetenzen außerhalb curricularer Veranstaltungen - gehandelt habe. Die Workshops und Seminare, die die Klägerin betreut habe, seien Zusatzangebote der Beklagten gewesen. Studierende und Mitarbeiter hätten in diesem Rahmen die Möglichkeit gehabt, bestimmte Schlüsselqualifikationen zu erwerben. Dass die Klägerin über den 20. Dezember 2007 hinaus für die Beklagte tätig gewesen sei, sei darauf zurückzuführen, dass sie den Auftrag bis zu diesem Datum nicht abgearbeitet gehabt habe. Die Beklagte hat gemeint, die Tätigkeiten der Klägerin vor dem 1. März 2008 könnten für die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Hochschule nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt worden seien. Auch im Rahmen von Dienst- und Werkverträgen seien fachliche Vorgaben einzuhalten, soweit das für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung erforderlich sei. Der Klägerin stünden die erhobenen Ansprüche auch aufgrund von § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4, § 16 Abs. 2 Satz 6 und § 16 Abs. 5 TV-L Hochschule nicht zu. Hinsichtlich der Personalratsbeteiligung habe sie den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts genügt. Der wissenschaftliche Personalrat habe sein Mitbestimmungsrecht bei der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 bis 3 TV-L Hochschule ausgeübt. Für die Anerkennung förderlicher Zeiten komme ihm nur ein Informationsrecht zu. Die Klägerin sei auch nicht mit Frau Dr. G gleichzubehandeln. Für deren Einstellung habe ein besonderes Gewinnungsinteresse mit Blick auf den Aufbau und die Leitung des Schreibzentrums bestanden. Frau Dr. G sei durch die Drittmittelgeberin ausdrücklich benannt gewesen. Für die Stelle der Klägerin habe es demgegenüber keine Probleme bei der Personalgewinnung gegeben, zumal die Drittmittelgeberin die Klägerin für das Drittmittelprojekt nicht benannt habe. Auch Herr Dr. Gr und Frau Dr. W seien mit der Klägerin nicht vergleichbar, weil für sie ein besonderes Gewinnungsinteresse bestanden habe. Für Herrn Dr. Gr gelte das, weil er - unstreitig - der einzige Muttersprachler der Sprache Spanisch unter den Bewerbern gewesen sei. Frau Dr. W sei eine Spezialistin auf dem Gebiet der Gebärdensprachlinguistik. Im Übrigen handle es sich um personenbezogene Einzelfallentscheidungen. Die Klägerin habe sich jedenfalls mit dem Arbeitsvertrag vom 1. April 2011 mit der Zuordnung zu Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L einverstanden erklärt. Im Übrigen sei die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L nicht gewahrt.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

13

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Das angestrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Berechnung der Vergütung beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden.

14

I. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter, auf ein höheres Entgelt gerichteter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit gegenwärtige rechtliche Vorteile erstrebt(vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10 - Rn. 13).

15

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Mit dem angestrebten Feststellungsurteil wird die Stufenzuordnung der Klägerin und mit ihr die Berechnung der Vergütung auch zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 350/10 - Rn. 12). Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen ua. prozessökonomische Gründe. Die Klägerin war deswegen nicht gehalten, objektiv gehäufte Leistungsklagen zu erheben.

16

III. Der Feststellungsantrag ist auch zulässig, soweit er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 7 und 10; ausdrücklich 26. März 1997 - 4 AZR 489/95 - zu I der Gründe). Die Zinsforderung ist gegenüber der Hauptforderung akzessorisch. Sie soll in prozessualer Hinsicht das Schicksal der Hauptforderung teilen, wie § 4 Abs. 1 und § 264 Nr. 2 ZPO zeigen(vgl. schon BAG 21. Januar 1970 - 4 AZR 106/69 - BAGE 22, 247, 249).

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B. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin war in den streitgegenständlichen Zeiträumen den richtigen Stufen der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet. Sie hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die erstrebten Zuordnungen zu Stufe 3 der Entgeltgruppe 13 TV-L ab 1. März 2008 und zu Stufe 4 dieser Entgeltgruppe vom 1. April 2011 bis 30. September 2011. Die Klägerin war für die Zeit ab 1. März 2008 nach § 16 Abs. 2 Satz 1 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L zunächst Stufe 1 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet. Nach dem Ende der Stufenlaufzeit des § 16 Abs. 3 Satz 1 erster Spiegelstrich TV-L ab 1. April 2009 war die Klägerin Stufe 2 der Entgeltgruppe 13 TV-L zugeordnet.

18

I. Ein Anspruch der Klägerin auf die erstrebten Stufenzuordnungen ergibt sich nicht aus dem im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L. Aus dem Vortrag der Klägerin geht nicht hervor, dass sie von der Beklagten in der Zeit vor dem 1. März 2008 in einem Arbeitsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt wurde. Ihre in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

19

1. § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L erfordert nach dem eindeutigen Wortlaut der Tarifregelung eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Begriffsbestimmung ist maßgeblich, welche Bedeutung die Tarifvertragsparteien dem Begriff im jeweiligen Regelungszusammenhang geben wollen (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9). Gebrauchen die Tarifvertragsparteien einen Rechtsbegriff, ist anzunehmen, dass sie ihn in seiner rechtlichen Bedeutung verwenden wollen (st. Rspr., vgl. nur BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 696/11 - Rn. 17; 21. Februar 2013 - 6 AZR 539/11 - Rn. 18). Das zieht die Revision auch nicht in Zweifel.

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2. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass zwischen den Parteien vor der Begründung des Arbeitsverhältnisses, das zum 1. März 2008 aufgenommen wurde, bereits nach dem Vorbringen der Klägerin kein Arbeitsverhältnis bestand. Den früheren Rechtsverhältnissen lagen sog. Werk- oder Dienstverträge zugrunde.

21

a) Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung vom Dienstvertrag kommt es darauf an, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 15; BGH 16. Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330).

22

b) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von den Rechtsverhältnissen eines Werkunternehmers oder selbständig Dienstleistenden entscheidend durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit (vgl. für die Abgrenzung zum Werkvertrag BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16; BGH 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - zu I 2 b aa der Gründe). Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16 mwN; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Ob ein Werkvertrags-, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihr Arbeitsverhältnis anders bezeichnen (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16).

23

c) Welches Rechtsverhältnis begründet wurde, ist anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 17; 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15).

24

d) Diese Grundsätze gelten auch für Unterrichtstätigkeiten. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (vgl. BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 14; 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 19; 9. Juli 2003 - 5 AZR 595/02 - zu II 2 der Gründe; Reinecke ZTR 2013, 531, 532 ff.). Das gilt selbst dann, wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit zuvor festgelegtem Programm handelt (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe). Jedenfalls im Bereich von Universitäten und Hochschulen ist die Bindung an hochschulrechtliche Vorschriften und Lehrpläne zumindest dann nicht entscheidend, wenn die Lehrtätigkeit nicht durch das Ziel eines förmlichen Hochschulabschlusses oder universitären Abschlusses geprägt wird. Dann liegt der Vergleich mit Lehrkräften an einer Volkshochschule außerhalb schulischer Lehrgänge nahe (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 493/04 - zu II 1 b der Gründe). Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, sind nur dann Arbeitnehmer, wenn die Vertragsparteien das vereinbart haben oder sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass der für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit erreicht ist (vgl. BAG 29. Mai 2002 - 5 AZR 161/01 - zu II 2 der Gründe). Methodische und didaktische Anweisungen zur Unterrichtsgestaltung können sowohl bei Volkshochschuldozenten als auch im Hochschul- und Universitätsbereich zu fremdbestimmter persönlicher Abhängigkeit führen (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 d aa und bb der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 c aa der Gründe; im Unterschied dazu für Lehrkräfte, die nicht an Universitäten oder Hochschulen und nicht als Volkshochschuldozenten tätig sind, zB BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 - Rn. 14; 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 19; grundlegend 12. September 1996 - 5 AZR 104/95 - zu II der Gründe, BAGE 84, 124; LAG Düsseldorf 18. März 2013 - 9 Sa 1746/12 - zu I 1 a aa der Gründe mwN: nicht individualisierende, sondern typisierende Betrachtung).

25

e) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass zwischen den Parteien auch schon vor dem 1. März 2008 nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist, soweit sie sich auf Tatsachen stützt, nur darauf überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 18; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 29). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Klägerin nicht auf.

26

aa) Die schriftlichen Vertragsgrundlagen deuten nicht darauf hin, dass die Klägerin vor ihrer Beschäftigung seit 1. März 2008 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stand. Sie können nur anhand des exemplarisch vorgelegten Vertrags „über eine freie Mitarbeit (Honorarvertrag)“ für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 beurteilt werden.

27

(1) Dieser Vertrag ist allerdings nicht als Werkvertrag anzusehen. Nach § 631 Abs. 1 BGB handelt es sich nur dann um einen Werkvertrag, wenn sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werks verpflichtet. Ein „Werk“ setzt ein fassbares Arbeitsergebnis voraus. Die Klägerin schuldete jedoch keinen bestimmten Erfolg, sondern die Vorbereitung und Durchführung interkultureller Workshops und damit die Unterrichtstätigkeit als solche (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu II der Gründe, BAGE 69, 62).

28

(2) Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei dem für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 vorgelegten Vertrag um einen typischen oder einen nur beschränkt revisiblen atypischen Vertrag handelt. Die Auslegung des Vertrags durch das Landesarbeitsgericht, die ihn als (freien) Dienstvertrag einordnet, lässt auch dann keinen Rechtsfehler erkennen, wenn von einem revisionsrechtlich unbeschränkt überprüfbaren Vertrag ausgegangen wird. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die vertraglichen Regelungen gegen eine persönliche Abhängigkeit der Klägerin während der Vertragsdauer sprechen. In § 1 Abs. 2 des Vertrags war bestimmt, dass die Klägerin keinem Weisungsrecht der Beklagten als Auftraggeberin unterworfen war, sondern lediglich die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags sicherzustellen hatte. § 3 des Vertrags sah vor, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen, sondern Erfüllungsgehilfen heranziehen konnte. Sie durfte einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen ablehnen (§ 4 des Vertrags), für andere Auftraggeber tätig werden (§ 5 des Vertrags) und den Tätigkeitsort unter Berücksichtigung der Erfordernisse der übernommenen Aufgaben frei wählen (§ 6 des Vertrags). Dass die Klägerin die räumlichen Einrichtungen der Beklagten nutzen durfte, spricht nicht für ein Arbeitsverhältnis, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat. Im pädagogischen Bereich ist es typisch, dass auch freie Mitarbeiter ihre Tätigkeit nur in den Räumen des Dienstgebers versehen können und aus diesem Grund an einen bestimmten Ort gebunden sind. Diese Bindung begründet keine persönliche Abhängigkeit (vgl. BAG 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 e der Gründe).

29

bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe keine von den schriftlichen Vertragsgrundlagen abweichende Vertragsdurchführung dargelegt. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergeben sich keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sie vor dem 1. März 2008 im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte tätig war.

30

(1) Die Rüge des § 286 ZPO greift nicht durch.

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(a) Die Rüge ist zulässig.

32

(aa) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Revisionsgericht nur das Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, zu beurteilen. § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestimmt, dass das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gebunden ist, soweit keine zulässige und begründete Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben worden ist. Die Rüge muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung des Mangels enthalten, den die Revision geltend macht. Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge, das Tatsachengericht habe bei seiner Tatsachenfeststellung einen bestimmten Sachvortrag übersehen oder nicht hinreichend berücksichtigt, muss genau angegeben werden, aufgrund welchen Vortrags das Berufungsgericht zu welchen Tatsachenfeststellungen hätte gelangen müssen. Weiter ist darzulegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, das Berufungsgericht also bei richtigem Verfahren möglicherweise anders entschieden hätte, sofern sich das nicht aus der Art des gerügten Verfahrensfehlers von selbst ergibt (vgl. BAG 28. August 2013 - 10 AZR 323/12 - Rn. 19; 12. Februar 2013 - 3 AZR 636/10 - Rn. 82).

33

(bb) Diesen Anforderungen genügt die auf § 286 ZPO gestützte Rüge der Revision. Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie durchgehend eine gleichartige Tätigkeit ausgeübt habe. Sie habe Workshops und Seminare durchgeführt. Zudem habe sie Übungen und Prüfungen abgehalten. Das sei aufgrund einer Planung der Beklagten für die einzelnen Semester sowie auf der Grundlage feststehender Lehr- und Studienpläne geschehen. Hierfür bezieht sich die Revision auf S. 4 ihres Schriftsatzes vom 26. Mai 2011. Die Klägerin sei danach seit 23. September 2004 durchgehend aufgrund verschiedener Dienst- und Werkverträge für die Beklagte tätig gewesen, die aufgrund ihrer tatsächlichen Durchführung jedoch ein Arbeitsverhältnis begründet hätten. Die Klägerin habe die interkulturellen Workshops, für die sie später eingestellt worden sei, erst entwickelt. Die Tätigkeit seit 1. März 2008 habe sich gegenüber der Tätigkeit seit 23. September 2004 nicht verändert. Das habe die Beklagte auch niemals bestritten. Die Klägerin sei in den Unterrichtsbetrieb eingebunden gewesen. Dessen Inhalte seien durch Studien- und Prüfungsordnungen vorgegeben gewesen. Gleiches gelte für die Unterrichtserteilung und die Vorgabe der Zeit der Seminare und Übungen.

34

(b) Die auf § 286 ZPO gestützte Rüge ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das von der Revision angeführte tatsächliche Vorbringen berücksichtigt, zu Recht aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltenen rechtlichen Schlüsse aus ihm gezogen. So hat es die Behauptung der Klägerin, ihre Tätigkeit habe sich seit 23. September 2004 über den 1. März 2008 hinaus nicht verändert, in den streitigen Teil des Tatbestands des Berufungsurteils aufgenommen. Es hat aufgrund der gebotenen Gesamtwürdigung der Einzelheiten des beiderseitigen Vortrags jedoch zutreffend erkannt, dass die Klägerin vor dem 1. März 2008 nach der tatsächlichen Durchführung der Vertragsverhältnisse nicht persönlich abhängig und nicht hinreichend in den Betrieb der Beklagten eingegliedert war.

35

(aa) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision zu Recht entscheidend darauf abgestellt, die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie vor dem 1. März 2008 konkreten Einzelweisungen unterworfen gewesen sei. Die Entwicklung der interkulturellen Workshops durch die Klägerin besagt darüber nichts. Die curriculare Bindung ist im Unterrichtsbereich von Universitäten und Hochschulen jedenfalls dann nicht entscheidend, wenn - wie hier - nicht das Ziel eines förmlichen Hochschulabschlusses oder universitären Abschlusses verfolgt wird. Methodische und didaktische Anweisungen zur Unterrichtsgestaltung können dagegen auf ein Arbeitsverhältnis hindeuten (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 d aa und bb der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 c aa der Gründe). Bereits aus der fehlenden vertraglichen Weisungsbefugnis und den nicht behaupteten Einzelweisungen in der tatsächlichen Durchführung der Verträge geht hervor, dass der wirkliche Geschäftsinhalt vor und nach dem 1. März 2008 nicht unverändert blieb.

36

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat ferner zutreffend angenommen, die räumliche und ggf. auch zeitliche Einbindung in den Hochschulbetrieb genüge nicht, um auf persönliche Abhängigkeit der Klägerin schließen zu können. Die Klägerin hat schon nicht vorgebracht, dass es ihr abweichend von dem beispielhaft vorgelegten Vertrag nicht möglich gewesen sei, die Kurse auch außeruniversitär durchzuführen, oder die Beklagte sie abweichend vom Vertragsinhalt konkret angewiesen habe, in bestimmten Räumen tätig zu werden. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass sie entgegen dem Vertrag keinen Einfluss auf die konkrete zeitliche Lage der Unterrichtstätigkeit gehabt habe.

37

(cc) Die Klägerin hat schließlich nicht dargelegt, dass die Beklagte sie über den Vertragsinhalt hinaus zu Nebenarbeiten außerhalb der Unterrichtszeit herangezogen habe, zB zu Fortbildungsveranstaltungen oder Dienstbesprechungen (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 c aa der Gründe, BAGE 69, 62; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 b aa der Gründe). Die Prüfungstätigkeit gehört dagegen zu der vertraglich geschuldeten Dienstleistungspflicht der Klägerin, die auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden kann (vgl. BAG 13. November 1991 - 7 AZR 31/91 - zu III 5 c der Gründe, aaO; 30. Oktober 1991 - 7 ABR 19/91 - zu B II 4 b der Gründe).

38

(2) Die im Zusammenhang mit der Einordnung der Rechtsverhältnisse der Parteien vor dem 1. März 2008 erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig.

39

(a) Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen und welche weiteren erheblichen Tatsachen der Revisionskläger in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte. Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung für das Urteil möglicherweise ursächlich war (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 55; 19. Juli 2011 - 3 AZR 383/09 - Rn. 45).

40

(b) Diesen Anforderungen wird die Rüge nicht gerecht. Die Revision hat zwar beanstandet, im Hinblick auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit seien weitere Aufklärungen nicht unternommen worden. Sie hat aber nicht ausgeführt, welchen konkreten Hinweis sie erwartet und welchen Vortrag sie daraufhin gehalten hätte.

41

II. Ein Anspruch auf die begehrten Stufenzuordnungen folgt auch nicht aus § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L, weil die Klägerin in den Jahren 1994 bis 1999 vom M-Institut und in den Jahren 2000 bis 2003 von der A-Universität in F beschäftigt wurde.

42

1. Ist einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L in Stufe 2 bzw. - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 mit einer Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. § 16 Abs. 2 Satz 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L bestimmt, dass Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen für Einstellungen von Beschäftigten in den Entgeltgruppen 13 bis 15 TV-L grundsätzlich anerkannt werden.

43

2. Die Tätigkeiten der Klägerin als Fremdsprachensekretärin im M-Institut in Vergütungsgruppe VIb und später Vb BAT und als Schreibangestellte der A-Universität in Vergütungsgruppe VIII BAT vermittelten ihr jedoch keine einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L.

44

a) Einschlägige Berufserfahrung ist nach Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 TV-L nur eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

45

b) Das trifft für die Tätigkeiten als Fremdsprachensekretärin und als Schreibangestellte im Hinblick auf die jetzige wissenschaftliche Tätigkeit der Klägerin nicht zu. Dass es sich nicht um entsprechende Tätigkeiten handelt, wird vor allem am unterschiedlichen Aufgabenzuschnitt deutlich, aber auch am sehr viel niedrigeren Vergütungsniveau der Vorbeschäftigungen. Bei der Stufenzuordnung nach einer Neueinstellung ist bereits erworbene Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 TV-L nur zu berücksichtigen, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 20; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 23). Folgerichtig beruft sich die Klägerin seit dem Berufungsrechtszug nicht länger auf einen Anspruch aus § 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L.

46

III. Die Klägerin hat auch weder einen Vollanspruch auf die erstrebte frühere Zuordnung zu den höheren Stufen der Entgeltgruppe 13 TV-L noch einen Anspruch auf „Neubescheidung“ aus § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung sind nach ihrem Vortrag nicht erfüllt.

47

1. § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L bestimmt, dass der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen kann, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Die Anforderung einer Einstellung, die der Deckung des Personalbedarfs dient, ist nicht schon dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber lediglich freie, im Haushaltsplan ausgewiesene Stellen besetzen will. Vielmehr setzt das Tatbestandsmerkmal voraus, dass der Personalbedarf sonst quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend gedeckt werden kann (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52; 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15; 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29). Mit der Regelung soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber etwaigen Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen kann (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 52 mwN). Solche Schwierigkeiten können allgemein arbeitsmarktbedingt in bestimmten Tätigkeitsbereichen oder Fachrichtungen, aber auch bei örtlich besonders schwieriger Bewerberlage für bestimmte Aufgaben auftreten (vgl. LAG Baden-Württemberg 21. März 2011 - 22 Sa 76/10 - zu II 3 a der Gründe).

48

2. Dem Erfordernis des besonderen Personalgewinnungsinteresses wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Ihre in diesem Zusammenhang erhobene Rüge des § 286 ZPO ist ordnungsgemäß ausgeführt. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

49

a) Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe im Rahmen des Personalgewinnungsinteresses nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie die interkulturellen Workshops selbst entwickelt habe, mit dem Preis der BMW Group ausgezeichnet worden sei, hervorragende Referenzen der früheren Präsidentin der Beklagten Prof. Dr. S vorweisen könne, perfekt polnisch spreche und nach ihrer wissenschaftlichen Vita für die Stelle besonders ausgewiesen sei.

50

b) Diesen Vortrag hat das Landesarbeitsgericht zur Kenntnis genommen, wie sich dem streitigen Tatbestand des Berufungsurteils entnehmen lässt. Es hat daraus aber zu Recht nicht gefolgert, dass der Personalbedarf ohne die Einstellung der Klägerin quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend hätte gedeckt werden können. Soweit die Klägerin rügt, die Entwicklung der Workshops durch sie selbst begründe ein gesteigertes Personalgewinnungsinteresse, heißt das nicht, dass auf dem allgemeinen oder örtlichen Arbeitsmarkt eine besonders schwierige Bewerberlage bestand. Aus dem Vorbringen der Klägerin geht nicht hervor, dass arbeitsmarktbedingt kein anderer Bewerber für die Stelle in Betracht kam, der sie hätte einnehmen können. Die Klägerin macht der Sache nach geltend, sie sei besonders geeignet für die Position und habe keine oder nur eine geringe Einarbeitungszeit gebraucht. Entsprechendes gilt für den BMW Group Award, die Referenzen der früheren Präsidentin der Beklagten, das perfekte Polnisch der Klägerin und ihren wissenschaftlichen Lebenslauf. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob eine Einstellung immer schon dann nicht zur Deckung des Personalbedarfs erfolgt, wenn der eingestellte Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag - wie hier - vorbehaltlos ohne Berücksichtigung der früheren beruflichen Tätigkeit schließt (so LAG Baden-Württemberg 21. März 2011 - 22 Sa 76/10 - zu II 3 a der Gründe, erledigt durch Vergleich im Revisionsverfahren - 6 AZR 254/11 -).

51

3. Da bereits der Tatbestand des § 16 Abs. 2 Satz 6 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L nicht erfüllt ist, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob auf der Rechtsfolgeseite billiges Ermessen iSv. § 315 BGB auszuüben ist oder freies ungebundenes Ermessen besteht(offengelassen von BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 17).

52

IV. Auch § 16 Abs. 5 Satz 1 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 2 TV-L stützt die erhobenen Ansprüche nicht. Die Klägerin beruft sich ausschließlich auf eine sog. Vorweggewährung zur Deckung des Personalbedarfs. Das Erfordernis des in § 16 Abs. 5 Satz 4 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 2 TV-L besonders hervorgehobenen gesteigerten Personalgewinnungsinteresses ist aus den soeben genannten Gründen nicht gewahrt.

53

V. Aus denselben Gründen kann der Senat offenlassen, ob die in § 16 Abs. 2 Satz 6 und Abs. 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L geregelten Tatbestände Vorbeschäftigungen in Arbeitsverhältnissen voraussetzen oder für diese Regelungen auch selbständige Tätigkeiten aufgrund freien Dienstvertrags oder Werkvertrags genügen. Die Klägerin hat ein gesteigertes Personalgewinnungsinteresse nicht dargelegt.

54

VI. Soweit die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L getroffenen Bestimmungen schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut an den vorangegangenen Bestand eines Arbeitsverhältnisses anknüpfen, kann dem keine unbeabsichtigte Tariflücke entnommen werden.

55

1. Das abgeschlossene, sehr differenzierte System der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 bis 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L zeigt den abschließenden Charakter der Regelungen. Mit § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L wollten die Tarifvertragsparteien Vorbeschäftigungen in persönlicher Abhängigkeit bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber durch (Voll-)Ansprüche auf vollständige oder teilweise Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten privilegieren. Dem liegt ersichtlich die Überlegung zugrunde, dass Vorbeschäftigungszeiten in persönlicher Abhängigkeit dem Charakter des später begründeten, durch das Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO) gekennzeichneten Arbeitsverhältnisses weiter gehend entsprechen, als dies bei selbständigen Tätigkeiten der Fall ist. Die Tarifvertragsparteien waren sich des Problems möglicher anderer Rechtsverhältnisse außerhalb von Arbeitsverhältnissen bewusst. Das zeigt sich insbesondere an der in Protokollerklärung Nr. 2 zu § 16 Abs. 2 TV-L für Praktikanten getroffenen Regelung.

56

2. Dieser Regelungswille steht einer unbeabsichtigten Tariflücke entgegen. Die Arbeitsgerichte dürfen nicht gegen den - hier erkennbar geäußerten - Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen „schaffen“ oder die schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei durch Vertragshilfe ausgleichen. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 31).

57

VII. Die Tarifvertragsparteien überschritten mit dem Konzept der Unterscheidung von Arbeitsverhältnissen und anderen Rechtsverhältnissen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L nicht die Grenzen ihrer Regelungsmacht. Die Differenzierung durch den Begünstigungsausschluss selbständig Tätiger verletzt entgegen der Auffassung der Revision nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Frühere selbständige Tätigkeit ist kein mit der Vorbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis vergleichbarer Sachverhalt.

58

1. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dennoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Unterscheidungen führen und daher Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 15; 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12, BAGE 135, 313). Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 34).

59

2. Art. 3 GG untersagt zwar auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird(vgl. BVerfG 10. Juli 2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 1 BvL 3/10, 1 BvL 1 BvL 4/10, 1 BvL 1 BvL 3/11 - Rn. 21, BVerfGE 132, 72; 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 78, BVerfGE 126, 400; BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16; 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Verfassungsrechtlich erheblich ist jedoch nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 34; 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 16).

60

3. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG 21. Juli 2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 1 BvR 2464/07 - Rn. 79, BVerfGE 126, 400; BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 437/09 - Rn. 20).

61

4. Gemessen daran ist es nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten außerhalb eines Arbeitsverhältnisses von den zu (Voll-)Ansprüchen ausgestalteten Anrechnungstatbeständen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L ausnahmen (krit. Kossens jurisPR-ArbR 15/2012 Anm. 5).

62

a) Für die Anrechnungstatbestände in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L wird nur die Berufserfahrung berücksichtigt, die dem Arbeitnehmer und damit seinem Arbeitgeber auch in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt wurde, zugutekommt (vgl. 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 19). Typisierend gingen die Tarifvertragsparteien bei abhängiger Beschäftigung nach selbständiger Tätigkeit angesichts der anderen Strukturen der Rechtsverhältnisse davon aus, dass eine frühere selbständige Tätigkeit dem Arbeitgeber in einem späteren Arbeitsverhältnis nicht zugutekommt. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist aus dieser Sicht eine Zäsur, die den Übergang in völlig andere rechtliche Beziehungen markiert. Das gilt im Fall des § 16 Abs. 2 Satz 2 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L selbst dann, wenn es sich um dieselben Vertragspartner handelt. Die Tätigkeit ist nun fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit zu versehen und vom Direktionsrecht des Arbeitgebers aus § 106 Satz 1 GewO geprägt. Im Gegenzug erlangt der Eingestellte weiter gehende Schutzrechte, als sie ihm außerhalb des Arbeitsverhältnisses zukamen. Die rechtliche Situation eines zuvor selbständig Tätigen verändert sich demnach mit Blick auf Rechte und Pflichten erheblich. Damit wechselt auch der Charakter der Berufserfahrung, die er in den unterschiedlichen Rechtsverhältnissen sammelt. Das wird im Streitfall besonders deutlich. Die Klägerin war auf der Grundlage des für die Zeit vom 20. September 2007 bis 20. Dezember 2007 geschlossenen Dienstvertrags nicht weisungsgebunden. Sie durfte sogar - über die Zweifelsregelung des § 613 Satz 1 BGB hinaus - Erfüllungsgehilfen einsetzen und ihnen Weisungen erteilen. In dem jetzigen Arbeitsverhältnis ist sie dagegen unmittelbar weisungsgebunden.

63

b) Das Konzept der Tarifvertragsparteien, selbständige Tätigkeiten von einer Anrechnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L auszunehmen, ist deswegen von ihrer typisierenden Einschätzungsprärogative gedeckt. Es ist nicht sachfremd, nach dem typischen Charakter der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zu differenzieren (vgl. BVerfG 28. November 1997 - 1 BvR 8/96 - zu II der Gründe). Ob den Tarifvertragsparteien mit der unterbleibenden Anrechnung von Zeiten selbständiger Tätigkeit eine zweckmäßige und überzeugende Regelung gelungen ist, hat der Senat nicht zu beurteilen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26 mwN).

64

c) Diese Lösung entspricht der bisherigen Rechtsprechungslinie.

65

aa) So hat der Senat die unterschiedlich ausgestalteten Anrechnungstatbestände bei demselben und einem anderen Arbeitgeber in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L als nicht gleichheitswidrig akzeptiert(vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 15 ff., BAGE 135, 313).

66

bb) Der Senat hat es auch für vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, dass Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung nicht ebenso berücksichtigt werden wie Zeiten einschlägiger Berufserfahrung bei ununterbrochenem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit diesem Arbeitgeber (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9; 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26). Das gilt allerdings nicht für vorangegangene befristete Arbeitsverhältnisse. Befristet und unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer sind hinsichtlich ihrer Berufserfahrung vergleichbar, wenn es sich um identische oder zumindest gleichwertige Tätigkeiten handelt. In diesem Fall besteht gewissermaßen ein einheitliches, fortgesetztes Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 28; 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 30). Von dem Fall der vorangegangenen Befristung abgesehen liegt es grundsätzlich innerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, ob und ggf. in welchem Umfang sie vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeübte Tätigkeiten auf die Stufenlaufzeit anrechnen. Die Tarifvertragsparteien dürfen daher Arbeitnehmer, die die einschlägige Berufserfahrung in einem ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnis erworben haben, bei der Stufenzuordnung gegenüber Arbeitnehmern begünstigen, die nach der Beendigung ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen sind. Das gilt grundsätzlich auch im Fall der Wiedereinstellung im unmittelbaren Anschluss an das vorherige unbefristete Arbeitsverhältnis. Diesen Sonderfall mussten die Tarifvertragsparteien nicht der Beschäftigung in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis gleichstellen. Sie durften annehmen, dass ein Arbeitnehmer nach dem Ende eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses typischerweise nicht sofort wieder von demselben Arbeitgeber eingestellt wird (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 26 mwN). Daran wird deutlich, dass Tarifvertragsparteien Lebenssachverhalte, die in wesentlichen Elementen gleichgeartet sind, bei der Gruppenbildung normativ zusammenfassen dürfen und dabei Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen dürfen, soweit sie sich am Regelfall orientieren. Sie sind nicht gehalten, allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen, sofern die vorgenommenen Verallgemeinerungen tragfähig sind und die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sind (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 26).

67

VIII. Die geltend gemachten Ansprüche lassen sich auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

68

1. Der Senat hat diese Anspruchsgrundlage zu untersuchen. Die Auffassung der Beklagten, nur die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tariflichen Anspruchsgrundlagen seien zu überprüfen, trifft nicht zu.

69

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Revision unbeschränkt hinsichtlich sämtlicher prozessualer Streitgegenstände zugelassen. Die Klägerin hat auch mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz Rügen geführt. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob es sich wegen des abweichenden zugrunde liegenden Sachverhalts um einen anderen prozessualen Streitgegenstand iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO als die tarifliche Stufenzuordnung und damit um eine objektive Klagegrundhäufung handelt.

70

b) Wäre der Streitgegenstand demgegenüber prozessual identisch, wäre der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts nach § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO selbst ohne den - hier geführten - Revisionsangriff nicht an die geltend gemachten Revisionsgründe gebunden(vgl. BGH 29. Juni 2010 - X ZR 193/03 - Rn. 7, BGHZ 186, 90). Die Klägerin hat im Zusammenhang mit der Frage der tarifgerechten Stufenzuordnung zulässige Verfahrens- und Sachrügen erhoben. Das eröffnete im Fall eines identischen prozessualen Streitgegenstands den gesamten Prüfungsstoff des Falls. In diesem Rahmen wären alle materiellen Anspruchsgrundlagen zu bedenken.

71

2. Die Beklagte wandte die Stufenzuordnungsregeln des § 16 Abs. 2 und 5 idF von § 40 Nr. 5 TV-L nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht bewusst übertariflich auf die drei Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W an.

72

a) Wendet ein Arbeitgeber das mit einer Gewerkschaft ausgehandelte Regelwerk für den erfassten Personenkreis gelöst von den tariflichen Voraussetzungen an, macht er es zu seinem eigenen, von ihm selbst gesetzten Ordnungsgefüge. Er muss dieses Verhalten am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes messen lassen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird unabhängig von seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage und die sachfremde Gruppenbildung (vgl. nur BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 42; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 44). Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung mit anderen Worten für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtung willkürlich ist (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 62).

73

b) Danach kann die Klägerin die erstrebten früheren Zuordnungen zu höheren Entgeltstufen auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht beanspruchen.

74

aa) Der Senat kann zugunsten der Klägerin annehmen, dass es sich bei den früheren Zuordnungen der Arbeitnehmer Dr. G, Dr. Gr und Dr. W zu höheren Stufen nicht nur um Einzelfälle handelte und der Gleichbehandlungsgrundsatz daher zu beachten ist. Im Bereich des Entgelts gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Vergütungen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet allerdings auch im Bereich des Entgelts Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 44; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14).

75

bb) Das Landesarbeitsgericht hat gleichwohl rechtsfehlerfrei angenommen, die Klägerin habe keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Abweichung von dem regelmäßig gewollten Normvollzug dargelegt.

76

(1) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo der Arbeitgeber durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung schafft, nicht jedoch bei bloßem - auch vermeintlichem - Normvollzug (vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 46; 23. Oktober 2012 - 4 AZR 48/11 - Rn. 14 mwN). Darin liegt keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche Entscheidung trifft der Arbeitgeber erst, wenn er in Kenntnis einer fehlenden Rechtsgrundlage Leistungen erbringt (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 17).

77

(2) Eine derartige bewusste Entscheidung hat die Klägerin nicht ausreichend dargelegt. Das Landesarbeitsgericht hat aus ihrem Vorbringen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht die Überzeugung gewonnen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die Beklagte habe die drei Arbeitnehmer bewusst und nicht nur rechtsirrig früher höheren Entgeltstufen zugeordnet. Die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht sei ihrem Vortrag nicht nachgegangen, den Arbeitnehmern Dr. G, Dr. Gr und Dr. W seien übertarifliche Leistungen gewährt worden, greift nicht durch.

78

(a) Die Klägerin beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen außer Acht gelassen, für die drei Arbeitnehmer habe kein besonderes Personalgewinnungsinteresse bestanden. Sie habe zudem bestritten, dass Frau Dr. G im Drittmittelantrag der Drittmittelgeberin benannt gewesen sei. Auch die Klägerin beherrsche die polnische Sprache perfekt, obwohl der Arbeitnehmer Dr. Gr nach den Ausführungen der Beklagten der einzige Muttersprachler unter den Bewerbern gewesen sei.

79

(b) Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag im streitigen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich behandelt. Es hat ihn für seine rechtliche Würdigung aber für unbeachtlich gehalten, weil es angenommen hat, auch nach dem streitigen Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Arbeitnehmern abweichend von den tariflichen Regelungen übertarifliche Leistungen habe gewähren wollen. Die Beklagte habe ersichtlich keine von den tariflichen Bestimmungen abweichende eigene Ordnung schaffen wollen, nach der jedenfalls einem Teil der neu eingestellten Arbeitnehmer unabhängig von den tariflichen Regelungen höhere Stufen hätten gewährt werden sollen. Es komme deswegen im Ergebnis nicht darauf an, ob die Beklagte in Einzelfällen von geringeren Anforderungen des Tatbestandsmerkmals „zur Deckung des Personalbedarfs“ ausgegangen sei, als das bei zutreffender Auslegung richtig gewesen wäre.

80

(c) Diese Überzeugungsbildung ist nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu beanstanden und lässt keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin beruft sich auch mit ihrer Verfahrensrüge auf keinen Vortrag, der Anhaltspunkte dafür erkennen ließe, dass die Beklagte die drei Arbeitnehmer bewusst und nicht rechtsirrig früher höheren Entgeltstufen zuordnete. Aus den Darlegungen der Klägerin geht der Ausnahmetatbestand einer bewussten verteilenden Entscheidung über den bloßen vermeintlichen Normvollzug hinaus demnach nicht hervor. Die Klägerin wurde nicht nach sachfremden Kriterien ausgegrenzt.

81

(d) Soweit die Klägerin wegen ihrer polnischen Sprachkenntnisse ein ebenso großes Personalgewinnungsinteresse für sich wie für den Arbeitnehmer Dr. Gr reklamiert, lässt sie ferner unberücksichtigt, dass die Beklagte unbestritten einen spanischsprachigen Muttersprachler gewinnen wollte.

82

IX. Die Klägerin hat selbst dann nicht Anspruch auf die früheren Zuordnungen zu den höheren Entgeltstufen, wenn die Beklagte das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt haben sollte.

83

1. Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob ein solches Mitbestimmungsrecht bestand und ob es nach dem festgestellten Sachverhalt verletzt wurde. Wird beides zugunsten der Klägerin unterstellt, stützt das die erhobenen Ansprüche dennoch nicht.

84

2. Die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts kann nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung auch im Personalvertretungsrecht dazu führen, dass Entscheidungen des Arbeitgebers unwirksam sind (vgl. BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 29). Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmervertretung führt jedoch nicht zu individualrechtlichen Ansprüchen der betroffenen Arbeitnehmer, die zuvor nicht bestanden. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers. Benachteiligend sind nur solche Maßnahmen, die bereits bestehende Rechtspositionen des Arbeitnehmers schmälern (vgl. BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 42, BAGE 135, 13). Der Arbeitnehmer erlangt dagegen auch durch eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts keinen Anspruch auf Leistungen, die der Arbeitgeber nicht schuldet (vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - Rn. 43; s. auch 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 40). Die von der Klägerin aus einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts abgeleitete gesteigerte Darlegungslast der Beklagten für die tarifgerechte Stufenzuordnung besteht deshalb nicht.

85

X. Da die erhobenen Ansprüche auf die erstrebten Stufenzuordnungen nicht entstanden sind, kommt es auf die Frage, ob und welche Ansprüche auf Einzelleistungen nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen wären, nicht an(vgl. dazu BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 47 mwN).

86

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    M. Geyer    

        

    Steinbrück    

                 

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.