Landgericht Bochum Beschluss, 24. Apr. 2020 - 12 KLs-450 Js 18/16-6/19

erstmalig veröffentlicht: 03.07.2024, letzte Fassung: 04.07.2024

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Landgericht Bochum

Landgericht Bochum

Beschluss vom 24. Apr. 2020

Az.: 12 KLs-450 Js 18/16-6/19

 

 

Tenor

1. Es wird angeordnet, dass die die Vollstreckung der mit Beschluss der Kammer vom 02.10.2019 getroffenen Einziehungsentscheidung unterbleibt.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe


I.

Die Kammer hat den Angeklagten mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 23.04.2019 wegen Untreue in 75 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt (Az. 12 KLs-450 Js 18/16-5/18).

Nach den Urteilsfeststellungen entnahm der Angeklagte in der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 EUR aus dem Vermögen des Vereins "C", kurz "C1", als dessen alleiniges Vorstandsmitglied und 1. Vorsitzender der Angeklagte fungierte, um das Geld für sich und seinen Lebensunterhalt zu verwenden. Bei diesen Geldern handelte es sich um Fördergelder, die dem Verein aus dem Grunde zuflossen, weil die Fördermitglieder von einer zweckgemäßen Verwendung - der Förderung und Unterstützung bedürftiger Menschen - ausgingen. Dem Angeklagten war spätestens Ende 0000 bewusst, dass angesichts der Kosten für die Verwaltung, Telefon, Miete, Fahrzeuge und Gehälter eine finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Projekte im Sinne des Vereinszwecks nicht mehr möglich war. Vielmehr war ihm daran gelegen, sich letztendlich selbst zu verwirklichen.

Durch Beschluss vom 24.03.2017 eröffnete das Amtsgericht C2 (00 IN 000/00) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung über das Vermögen des "C1" das Insolvenzverfahren. Der Verein ist inzwischen aufgelöst.

Zum Zeitpunkt seiner Verurteilung hatte der Angeklagte Schulden beim Finanzamt in nicht näher aufklärbarer Höhe. Ferner gab er zum wiederholten Male - letztmalig feststellbar am 00.00.0000 - eine eidesstattliche Versicherung ab. Seit dem Scheitern seiner letzten selbstständigen Tätigkeit im Jahr 0000 lebt er von staatlichen Unterstützungsleistungen nach dem SGB II.

Wegen der der weiteren Feststellungen zur Person des Angeklagten sowie zur Sache wird Bezug genommen auf das Urteil der Kammer vom 23.04.2019.

Im Rahmen des Hauptverhandlungstermins vom 10.04.2019 hat die Kammer beschlossen, u.a. das Verfahren über die Einziehung des Taterlangten bzw. des Wertes des Taterlangten zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung nach Maßgabe der §§ 422, 423 StPO abzutrennen (Az. 12 KLs-450 Js 18/16-6/19).

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 02.10.2019 hat die Kammer daraufhin die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 000.000,00 EUR angeordnet.

Mit Schreiben vom 15.10.2019 hat der Angeklagte beantragt, das Unterbleiben der Vollstreckung anzuordnen. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass der Wert des Erlangten nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei. Ausweislich der Erörterungen in der Hauptverhandlung sei er inzwischen auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Eigenes Vermögen sei gänzlich nicht mehr vorhanden. Durch den Verbrauch des erlangten Betrages ersparte Aufwendungen seien dem Vermögen des Angeklagten ebenfalls entzogen.

Diesen Antrag hat die Kammer an die zuständige Strafvollstreckungskammer weitergeleitet, die mit Beschluss vom 18.02.2020 die Entscheidung an die Kammer als Gericht des ersten Rechtszuges abgegeben hat.

 

II.

1. Der Antrag auf Unterbleiben der Vollstreckung gemäß § 459g Abs. 5 StPO ist zulässig. Die Kammer ist nach Maßgabe von § 462a Abs. 1 S. 3 StPO für die Entscheidung hierüber zuständig, da die nach § 462a Abs. 1 S. 1 StPO primär zuständige Strafvollstreckungskammer im Bezirk der Strafanstalt, in der der Verurteilte aufgenommen ist, die Entscheidung bindend abgegeben hat.

2. Der Antrag des Angeklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Gemäß § 459g Abs. 1 S. 1 StPO unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit der Wert des Erlangen nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung unverhältnismäßig wäre.

Der Angeklagte kann sich vorliegend auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.

Abweichend vom früheren Recht in § 73c Abs. 1 S. 2 StGB a.F., der dem erkennenden Gericht bei Entreicherung lediglich das Ermessen eröffnete, von Verfallsentscheidungen abzusehen, schreibt § 459g Abs. 5 S. 1 StPO das Unterbleiben der Vollstreckung zwingend vor, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Tatbeteiligten vorhanden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018 - 3 StR 577/17). Eine wertende Entscheidung des zuständigen Gerichts, die etwa die Gründe für die Entreicherung einbezöge (vgl. zum früheren Recht BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 1 StR 606/15, NStZ-RR 2017, 14, 15 mwN), ist nicht mehr möglich. Das Ausbleiben der Vollstreckung erfolgt selbst dann zwingend, wenn festgestellt wird, dass zwar Vermögen beim Betroffenen vorhanden ist, dieses aber ohne jeden Zusammenhang mit den zugrunde liegenden Straftaten erworben worden ist.

Ausweislich der Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung Schulden beim Finanzamt in nicht näher aufklärbarer Höhe. Ferner gab er zum wiederholten Male - letztmalig feststellbar am 00.00.0000 - eine eidesstattliche Versicherung ab. Seit dem Scheitern seiner letzten selbstständigen Tätigkeit im Jahr 0000 lebte er von staatlichen Unterstützungsleistungen nach dem SGB II. Anhaltspunkte dafür, dass sich seine wirtschaftliche Situation seit dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung verbessert haben könnte, sind seitens der Kammer weder ersichtlich noch feststellbar. Damit befinden sich die seitens des Angeklagten erlangten Tatbeträge in Höhe von 000.000,00 EUR oder ein entsprechender Wertersatz nicht in seinem Vermögen.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Angeklagte womöglich unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten nach Maßgabe von §§ 818 Abs. 4, 819 BGB verschärft haftet. Denn entgegen einer in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung (vgl. etwa Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 674 f.; Volkmer, in: Körner/Patzak/Volkmer, Betäubungsmittelgesetz, 9. Auflage 2019, § 33 Rn. 177) sind die Rechtsgedanken der genannten Vorschriften für die Interpretation und Auslegung des § 459g StPO nicht heranzuziehen. Der dem ersten Anschein nach vorhandenen Parallelität zur im Zivilrecht geregelten Interessenlage zum Trotz geht es beim Bereicherungsrecht allein um die Bewältigung eines Konflikts bei der Vermögenszuordnung, während im Kontext der Vermögensabschöpfung sowohl Belange der Vermögensabschöpfung und Rückgewinnungshilfe als auch die Auswirkungen auf die Strafzwecke und Vollstreckungsziele zu beachten sind. Erkennbar hat sich der Gesetzgeber für eigenständige Wertungen des Vollstreckungsrechts entschieden, um zwar einerseits die Vermögensabschöpfung zu effektivieren, andererseits aber die "Tatbeteiligten vor der Gefahr der "erdrosselnden" Wirkung der Wertersatzanordnung trotz möglicher Entreicherung zu schützen" (so die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung des § 459g StPO; BT-Drs. 18/9525, S. 94).

Insoweit verdeutlicht aber bereits die in § 495g Abs. 5 Satz 1 StPO enthaltene Gesetzesformulierung - heißt es dort doch: "... soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig ist" -, dass stets die Grenze der Unverhältnismäßigkeit zwingend zu beachten ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. März 2019 - 4 StR 45/19 -, NStZ-RR 2019, 252 f.) und dass die Entreicherung den vertypten Regelfall der Unverhältnismäßigkeit darstellt. Bei der Bestimmung der Entreicherung - welche durchaus der Anwendung von Wertungskriterien zugänglich ist - läuft aber eine schlichte Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 818 Abs. 4, 819 BGB dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit deutlich zuwider. Denn dies würde dazu führen, dass Tatbeteiligte stets im Sinne dieser Vorschriften verschärft haften (OLG Schleswig, Beschl. v. 30.01.2020, Az. 2 Ws 69/19 (40/19)).

Nach alledem war daher wie erkannt zu entscheiden.

Die Kammer weist jedoch darauf hin, dass, sofern sich an den festgestellten Umständen in Zukunft etwas ändern sollte, eine Wiederaufnahme der Vollstreckung nach Maßgabe von § 459g Abs. 5 S. 2 StPO in Betracht kommt.

 

III.

Eine über die im rechtskräftigen Hauptsacheurteil hinausgehende Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


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Strafprozeßordnung - StPO | § 459g Vollstreckung von Nebenfolgen


(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungs

Strafprozeßordnung - StPO | § 423 Einziehung nach Abtrennung


(1) Trennt das Gericht das Verfahren nach § 422 ab, trifft es die Entscheidung über die Einziehung nach der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Das Gericht ist an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf den

Strafprozeßordnung - StPO | § 422 Abtrennung der Einziehung


Würde die Herbeiführung einer Entscheidung über die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuches die Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren oder verzögern, kann das Gericht das Verfahren über die Einzieh

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Würde die Herbeiführung einer Entscheidung über die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuches die Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren oder verzögern, kann das Gericht das Verfahren über die Einziehung abtrennen. Das Gericht kann die Verbindung in jeder Lage des Verfahrens wieder anordnen.

(1) Trennt das Gericht das Verfahren nach § 422 ab, trifft es die Entscheidung über die Einziehung nach der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Das Gericht ist an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden.

(2) Die Entscheidung über die Einziehung soll spätestens sechs Monate nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache getroffen werden.

(3) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(4) Abweichend von Absatz 3 kann das Gericht anordnen, dass die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil ergeht. Das Gericht muss die Anordnung nach Satz 1 treffen, wenn die Staatsanwaltschaft oder derjenige, gegen den sich die Einziehung richtet, dies beantragt. Die §§ 324 und 427 bis 431 gelten entsprechend; ergänzend finden die Vorschriften über die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 577/17
vom
22. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:220318B3STR577.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. März 2018 einstimmig
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 30. August 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei die Einziehung des Werts der Taterträge von 48.000 € angeordnet. Die Strafkammer hat nach Art. 306h EGStGB zutreffend die Vorschriften der § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1, § 73d Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBI. I S. 872) angewendet, weil sie erst nach dessen Inkrafttreten am 1. Juli 2017 über die Abschöpfung des durch die Taten Erlangten befunden hat und in dem Verfahren zuvor keine andere Entscheidung zum früheren Verfall oder Wertersatzverfall ergangen war. Der Senat vermag dem Beschwerdeführer nicht darin zu folgen, dass die Anwendung des neuen Rechts auf die im Jahr 2008 begangenen Taten Verfassungsrecht verletze, sei es das spezielle in Art. 103 Abs. 2 GG normierte Rückwirkungsverbot für (Kriminal-)Strafen und strafähnliche Sanktionen, sei es das allgemeine im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verankerte Rückwirkungsverbot für sonstige Maßnahmen (s. auch BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Ungeachtet der Rechtsnatur der nach § 73 StGB nF angeordneten Einziehung von Taterträgen (zum alten Recht des Verfalls vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 ff.; BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369) wird der Angeklagte durch die Anwendung des neuen Vermögensabschöpfungsrechts schon nicht im Ergebnis schlechter gestellt. Die von ihm vereinnahmten Kaufpreiszahlungen aus seinen Drogenverkäufen wären nach altem Recht ebenfalls abgeschöpft worden; gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB aF wäre der Wertersatzverfall nach dem Bruttoprinzip , wonach sich die vom Angeklagten für das Handeltreiben getätigten Aufwendungen nicht verfallsmindernd ausgewirkt hätten, grundsätzlich zwingend anzuordnen gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68). Dadurch, dass im Erkenntnisverfahren nach neuem Recht keine Verhältnismäßigkeitsprüfung mehr entsprechend der Härtevorschrift des § 73c StGB aF vorgesehen ist, ist ebenso wenig eine derartige Schlechterstellung eingetreten. Denn eine solche Prüfung findet nunmehr nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF im Vollstreckungsverfahren statt. Die Neuregelung ist für den Angeklagten insofern vorteilhaft, als nach § 459g Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 StPO nF die Vollstreckung obligatorisch zu unterbleiben hat, soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, während § 73c Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StGB aF für diesen Fall lediglich ein fakultatives Absehen von der Verfallsanordnung nach tatrichterlichem Ermessen regelte. Daneben ist über den Einzelfall hinaus zu bedenken, dass nach früherem Recht ein Angeklagter , wenn er im Hinblick auf die Härtevorschrift Angaben zu seinem Vermö- gen machen wollte, gegebenenfalls auf seine Verteidigung gegen den Tatvorwurf Bedacht nehmen musste. So können Verfahrenskonstellationen bestehen, in denen die positive Darstellung der eigenen Vermögenslage einem Tatnachweis zuwiderläuft. Zu denken ist insbesondere an Wirtschaftsstraftaten, aber auch an Betäubungsmitteldelikte, falls etwa ein Angeklagter, der im Besitz einer erheblichen Menge Rauschgift angetroffen worden war, erklärt, er sei für die Finanzierung des Eigenkonsums nicht auf die gewinnbringende Veräußerung einer Teilmenge angewiesen. Derartige - ein rein interessengeleitetes Vorgehen erschwerende - faktische Einschränkungen für das Vorbringen zur Verhältnismäßigkeit bestehen für den rechtskräftig Verurteilten nicht. Der durch § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF gewährte Schutz vor unverhältnismäßigen Eingriffen stellt sich aus Sicht des Verurteilten als wirkungsvoll dar. Die Vorschrift bestimmt, dass die Prüfung der Härteklausel von einem Gericht (zur Zuständigkeit s. § 462 Abs. 1 Satz 1, § 462a Abs. 1 und § 462a Abs. 2 Satz 1 StPO) vorzunehmen ist. Der rechtskräftig Verurteilte kann diese gerichtliche Prüfung selbst herbeiführen, ohne dass er eine vollstreckungsrechtliche Entscheidung der Vollstreckungsbehörde abzuwarten hätte. Zwar erweist sich das neue Vermögensabschöpfungsrecht insoweit als lückenhaft, als es im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht regelt, unter welchen Voraussetzungen der jeweilige Vorgang von der Vollstreckungsbehörde zum Gericht gelangt. § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF ist jedoch dahin auszulegen, dass nicht nur die Vollstreckungsbehörde die gerichtliche Entscheidung anregen kann, sondern auch der Einziehungsadressat antragsberechtigt ist, das Gericht aber auch amtswegig vorgehen darf (ebenso BeckOK StPO/Coen, § 459g Rn. 20). Dieses Verständnis entspricht der herrschenden Meinung zu der Vorschrift des § 459d StPO (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Dezember 1984 - 1 Ws 568/84, NStZ 1985, 575; LR/Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 459d Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 459d Rn. 2), die ein gerichtliches Absehen von der Geldstrafenvollstreckung zum Zweck der Resozialisierung ermöglicht, ohne Fragen eines Antragsrechts oder einer Prüfung von Amts wegen zu normieren. Sollte die Vollstreckungsbehörde indes bereits eine anderweitige vollstreckungsrechtliche Entscheidung nach den §§ 459g bis 459n StPO nF getroffen haben, so hat der Betroffene außerdem die Möglichkeit , hiergegen Einwendungen gemäß § 459o StPO nF zu erheben, um so eine gerichtliche Entscheidung zu § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF herbeizuführen. Nach alledem macht allein der Umstand, dass - anders als nach der alten Rechtslage - nunmehr nach § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO nF die Vollstreckung wieder aufgenommen werden kann, wenn sich die für die Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgebenden Tatsachen oder Erkenntnisse nachträglich ändern, die neue Rechtslage nicht für den Angeklagten insgesamt ungünstiger.
Becker Spaniol Tiemann Berg Leplow

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 606/15
vom
3. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2016:030216B1STR606.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 30. Juli 2015 im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes mit den zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur Höhe des aus den Taten Erlangten aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 34 Fällen unter Einbeziehung von zwei früheren Urteilen zu einer Einheitsjugendstrafe von neun Jahren verurteilt. Darüber hinaus ist Verfall des Wertersatzes in Höhe von 40.000 Euro angeordnet worden.
2
Sein auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und die ausgeführte Sachrüge gestütztes Rechtsmittel hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte aus den sich über einen Zeitraum von rund zehn Jahren erstreckenden verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelstraftaten insgesamt 260.700 Euro erlangt. Unter Anwendung von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat es im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten und um dessen Resozialisierung nach dem Ende des Strafvollzugs nicht zu gefährden, Wertersatzverfall lediglich in dem genannten Umfang von 40.000 Euro angeordnet.
4
2. Die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes hält rechtlicher Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
5
a) Die Anwendung des § 73c StGB ist zwar Sache des Tatrichters; Auslegung und Anwendung (bzw. Nichtanwendung) der Vorschrift unterliegen aber – wiejede Gesetzesanwendung – der Überprüfung auf Rechtsfehler hin durch das Revisionsgericht (BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13, BGHR StGB § 73c Härte 16 Rn. 14 mwN; BGH, Urteil vom 26. März 2015 – 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176, 177). In Bezug auf die Ermessensvor- schrift § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, BGHR StGB § 73c Härte 10 und vom 14. Oktober 2014 – 2StR 134/14, BGHR StGB § 73c Ermessensentscheidung 1) prüft dementsprechend das Revisionsgericht lediglich, ob der Tatrichter das ihm eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat. Dazu gehört, dass er von rechtlich zutreffenden Maßstäben für die Merkmale der Ermessensvorschrift ausgegangen ist. Zudem bedarf es ausreichender Feststellungen zu denjenigen rechtlichen Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB, die dem Tatrichter die Ausübung seines Ermessens erst ermöglichen (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, BGHR StGB § 73c Härte 10; siehe auch BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13, BGHR StGB § 73c Wert 4 Rn. 19). Fehlt es daran, liegt darin ein Rechtsfehler (Ermessensdefizit).
6
b) An diesem Maßstab gemessen enthält das angefochtene Urteil Rechtsfehler bei der Handhabung von § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB.
7
aa) Nach dieser Vorschrift kann eine Verfallsanordnung bzw. eine Anordnung des Wertersatzverfalls unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden sind. Es ist deshalb zunächst festzustellen, was der Angeklagte aus der Tat erlangt hat, sodann ist diesem Betrag der Wert seines noch vorhandenen Vermögens gegenüberzustellen. Wenn hiernach auch ein Gegenwert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist, kann der Tatrichter von einer Verfallsanordnung absehen (siehe BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, BGHR StGB § 73c Härte 10; BGH, Urteil vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86; BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13, BGHR StGB § 73c Härte 16 Rn. 16; BGH, Urteil vom 26. März 2015 – 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176, 177). Solche Feststellungen sind – wie dargelegt (Rn. 5) – erforderlich, damit der Tatrichter das ihm eingeräumte Ermessen überhaupt ausüben kann. Maßgebend für die Ermessensentscheidung gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB ist nämlich neben der Gesamthöhe des Erlangten und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen insbesondere der Grund, aus dem das Erlangte bzw. dessen Wert sich nicht mehr im Vermögen des Angeklagten befindet. Hierbei können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwa das „Verprassen“ der erlangten Mittel oder ihre Verwendung für Luxus und zum Vergnügen gegen die Anwendung der Härtevorschrift sprechen; andererseits soll der Verbrauch in einer Notlage oder zum notwendigen Lebensunterhalt des Betroffenen und seiner Familie als Erwägung für eine positive Ermessensentscheidung dienen können (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, BGHR § 73c Härte 10; BGH, Urteil vom 18. September 2013 – 5 StR 237/13, wistra 2013, 462, 463; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 2 StR 134/14 BGHR StGB § 73c Ermessensentscheidung 1; BGH, Urteil vom 26. März 2015 – 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176, 177).
8
bb) Den für eine rechtsfehlerfreie Handhabung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB bestehenden Anforderungen an die Feststellungen zu dem im Vermögen des Angeklagten im Zeitpunkt der Entscheidung über Verfall oder Wertersatzverfall ggf. noch vorhandenen Gegenwert des ursprünglich Erlangten genügt das Urteil nicht. Zwar sind rechtsfehlerfrei Feststellungen zu der Höhe des aus den verfahrensgegenständlichen Taten Erlangten im Gesamtumfang von 260.700 Euro getroffen worden. Das Landgericht hat allerdings ausdrücklich ausgeführt, mangels entsprechender Angaben des Angeklagten über den „Verbleib der Erlöse“ (UA S. 28)keine Feststellungen hierzu und damit auch keine darüber treffen zu können, ob der Wert des Erlangten noch in seinem Vermögen vorhanden ist (§ 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB) oder lediglich noch einen geringen Wert hat (§ 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 StGB).
9
Das vermag die Ablehnung der Anwendung von § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls unter Berücksichtigung der übrigen Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten nicht zu tragen. Dieser ist ausweislich der Urteilsdarlegungen mit Schulden von 30.000 Euro belastet, die allerdings u.a. aus der Anschaffung einer Cannabisaufzuchtanlage stammen (UA S. 4). Zudem hat der Angeklagte eine 2010 begründete selbstständige Tätigkeit als Bauunternehmer im Bereich des Trocken- baus im Jahr 2014 wieder aufgegeben, weil „er mit dem Unternehmen in finan- zielle Schwierigkeiten kam“ (UA S. 4). Diese Umstände deuten darauf hin, dass es zu einer vollständigen Entreicherung des Angeklagten gekommen sein kann. Dies würde nach den vorgenannten Maßstäben dem Tatrichter die Ausübung seines Ermessens zur Anwendung von § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB eröffnen.
10
cc) Das Landgericht hat jedoch nicht erkennbar in den Blick genommen, dass eine Ermessensausübung gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB eröffnet war, weil es offenbar eine vollständige Entreicherung des Angeklagten ausgeschlossen zu haben glaubt. Soweit das Landgericht meint – worauf die an dieser Stelle kursorischen Urteilsgründe (UA S. 28) deuten –, aus dem Fehlen von Angaben des ansonsten voll umfänglich geständigen Angeklagten über den Verbleib des Erlangten im Sinne eines ihrer tatrichterlichen Bewertung unterliegenden Teilschweigens eine solche vollständige Entreicherung beweiswürdigend ausschließen zu können, trägt der Schluss nicht. Anders als in der dem Beschluss des Senats vom 17. Juni 2004 (1 StR 24/04, NStZ 2005, 232) zugrunde liegenden Konstellation konnte angesichts der im vorstehenden Absatz genannten, vom Landgericht festgestellten Umstände eine Entreicherung des Angeklagten gerade nicht ohne weitere Feststellungen zu seinen Vermögensverhältnissen ausgeschlossen werden.
11
dd) Da das Landgericht damit keine für die Ausübung des Ermessens auf der Grundlage von § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB ausreichenden Feststellungen zu den Voraussetzungen der Vorschrift getroffen hat, hebt der Senat die Entscheidung über die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes auf. Im Hinblick auf die bislang getroffenen Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen lässt sich nicht ausschließen, dass aus Gründen, die zu einer Anwendung von § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB führen können (oben Rn. 7), ein Gegenwert des aus den Taten Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist und der Tatrichter deshalb sein Ermessen gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB dahingehend ausgeübt hätte, von der Anordnung des Wertersatzverfalls gänzlich abzusehen. Daher beruht die Entscheidung über den Wertersatzverfall auch auf dem Rechtsfehler.
12
3. Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht auf der Grundlage von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB den Wertersatzverfall lediglich in Höhe von 40.000 Euro und damit deutlich unterhalb des Gesamtwertes des aus den Taten ursprünglich Erlangten angeordnet hat. Aus den vorstehenden dargelegten Gründen kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Anwendung des vorrangig zu erörternden § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB (siehe BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13, BGHR StGB § 73c Härte 16 Rn. 16; BGH, Urteil vom 26. März 2015 – 4 StR 463/14, NStZRR 2015, 176, 177 jeweils mwN) bereits auf der Grundlage dieser Vorschrift von einer Anordnung des Wertersatzverfalls gänzlich abgesehen hätte.
13
4. Der Senat hebt die der Anordnung des Verfalls des Wertersatzes zugrunde liegenden Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter umfassende und in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu den für die Handhabung von § 73c Abs. 1 Satz 2 und § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB relevanten Umständen zu ermöglichen. Davon ist die rechtsfehlerfrei aufgrund des Geständnisses des Angeklagten festgestellte Höhe des aus den verfahrensgegenständlichen Taten insgesamt Erlangten mit 260.700 Euro ausgenommen.
Raum Graf Cirener Radtke Bär

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 45/19
vom
28. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:280319B4STR45.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 28. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 26. Oktober 2018 jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II. 19 bis 33 der Urteilsgründe,
b) im Strafausspruch in den Fällen II. 15 und 16 der Urteilsgründe ,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
d) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen , soweit diese einen Betrag von 220 EUR übersteigt. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen, wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 19 Fällen, wegen Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch an Minderjährige in zwei Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Eisleben vom 4. Mai 2018 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen.
2
Die hiergegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Die Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in den Fällen II. 19 bis 33 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen „erwarb“ die Zeugin R. vom Angeklagten für den 16 bzw. 17 Jahre alten S. an 15 im Einzelnen nicht mehr konkretisierbaren Tagen im Zeitraum von November 2016 bis Mai 2017 jeweils 1 Gramm Marihuana zum Preis von 10 EUR. Dabei übergab sie das von S. unmittelbar zuvor erhaltene Geld an den Angeklagten und erhielt dafür im Gegenzug das Rauschgift, das sie sodann dem Minderjährigen aushändigte. In zwei Fällen bestand zwischen dem Angeklagten und dem Minderjährigen, dessen Alter der Angeklagte kannte, ein „persönlicher Verkaufskontakt“.
5
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte vorsätzlich Betäubungsmittel an einen Minderjährigen abgegeben hat. Ihnen kann nicht entnommen werden, dass der Angeklagte wusste oder jedenfalls damit rechnete , dass die der Zeugin R. übergebenen Betäubungsmittel für den min- derjährigen S. bestimmt waren und sie nur als „Botin“ tätig war (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2015 – 5 StR 109/15, NStZ-RR 2015, 218). Ein persönlicher Kontakt ist nur für zwei Fälle belegt, ohne dass sich den Feststellungen und Beweiserwägungen Näheres zum Zeitpunkt, zur Art und zum Ausmaß des Kontakts entnehmen ließe.
6
2. Darüber hinaus halten die Strafaussprüche in den Fällen II. 15 und 16 der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
Das Landgericht hat die beiden Taten im Urteilstenor sowie in der rechtlichen Würdigung zutreffend als „Überlassen von Betäubungsmitteln zum unmit- telbaren Verbrauch an Minderjährige“ gewertet und ist, weil es gewerbsmäßiges Handeln nicht festzustellen vermochte, nicht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Qualifikationstatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllt hat. Gleichwohl hat das Landgericht – ersichtlich aufgrund eines Versehens – der Strafzumessung in diesen beiden Fällen den Qualifikationstatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BtMG zugrunde gelegt, der das Überlassen von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch an Minderjährige umfasst, wenn es gewerbsmäßig erfolgt. Ungeachtet des Umstands, dass die Strafkammer unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG von einem minder schweren Fall ausgegangen ist, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Strafaussprüche auf diesem Rechtsfehler beruhen.
8
3. Die Einziehungsentscheidung hat keinen Bestand, soweit sie sich auf die von der Aufhebung umfassten Verurteilungen in den Fällen II. 19 bis 33 der Urteilsgründe bezieht. Die Einziehung ist daher aufzuheben, soweit sie einen Betrag in Höhe von 220 EUR übersteigt.
9
Im Übrigen sieht der Senat im Hinblick auf die vom Landgericht bewilligte , jedoch nicht näher begründete Ratenzahlung Anlass zu folgendem Hinweis:
10
Das Landgericht hat die „Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 370 EUR angeordnet und dem Angeklagten Ratenzahlung bewilligt. Hierfür fehlt es seit der Neuregelung des Rechts der Vermögensabschöpfung durch das zum 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, S. 872) an einer Rechtsgrundlage.
11
§ 73c Abs. 2 StGB aF, der ausdrücklich auf § 42 StGB verwies und damit die Möglichkeit der Bewilligung von Zahlungserleichterungen im Erkenntnisverfahren eröffnete, ist ersatzlos weggefallen. Etwaige Härten sind nunmehr gemäß § 459g Abs. 5 StPO ausschließlich im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19; Köhler, NStZ 2017, 497, 500). Für eine entsprechende Anwendung des § 42 StGB ist in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum.
12
Der Angeklagte ist durch den hierin liegenden Rechtsfehler jedoch nicht beschwert. Sollte im Vollstreckungsverfahren die Entreicherung des Angeklagten oder sonst festgestellt werden, dass die Vollstreckung der Einziehung des Wertes von Taterträgen unverhältnismäßig ist, so hat die Vollstreckung der Einziehungsanordnung zwingend zu unterbleiben (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19 und vom 27. September 2018 – 4 StR 78/18, NStZ-RR 2019, 22, 23; Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17, wistra 2018, 427).
13
Die Sache bedarf im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.
Quentin Roggenbuck Bender
Feilcke Bartel

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.