Landgericht Berlin Urteil, 4. Apr. 2022 - 60 S 4 /21

originally published: 10/11/2022 13:17, updated: 10/11/2022 13:19
Landgericht Berlin Urteil, 4. Apr. 2022 - 60 S 4 /21
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Gericht

Submitted by

Languages
EN, DE

LANDGERICHT BERLIN

Az.: 60 s 4/21

11 C 31/21 AG Köpenick

 

In dem Rechtsstreit

….. Berlin

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtjgter:

Rechtsanwalt Markus Roscher-Meinel, Obere Karlsstraße 15, 34117 Kassel, Gz.: Z.19.264.21.

gegen

….. Berlin

-  Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Sebastian Gerling, Hechtstraße 7, 12589 Berlin, Gz.: 21-B1

 

hat das  Landgericht  Berlin  -  Zivilkammer  60  -  durch  den  Präsidenten  des Landgerichts Dr. Matthiessen als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2022

für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 24.06.2021 verkündete Urteil des Amtsge­ richts Köpenick - Az. 11 C 31/21 - unter Zurückweisung der weitergehenden  Berufung teil­ weise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.350 € nebst Zin­ sen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2021 zu be­ zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagten wird als Miterbin nach der am .. .. ..  geborenen und am .. .. .. verstorbenen ….., geb. ……, die Beschränkung ihrer Haftung auch hinsiehtlich Nebenforderungen und Kosten auf den Nachlass vorbehalten. Dieser Vorbehalt be­ trifft nicht die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Beklagten auferlegt. Von den Kos­ ten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 3/1O und die Beklagten 7/10 zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf die Wertstufe bis 7.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

 

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begrün­ det worden. In der Sache hat sie mit Ausnahme eines Teils der begehrten Zinsen Erfolg. Auf Grundlage der in der Berufungsinstanz gewonnenen Erkenntnisse hat das Amtsgericht die Klage ganz überwiegend zu Unrecht abgewiesen.

1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 4.350 € als Vorausvermächtnis gemäß § 2150 BGB aus §§ 2174, 2147 BGB gegen die Beklagte als eine der Erben nach der am 26.06.2017 verstorbenen ….. (im Folgenden:„Erblasserin") zu.  Der Anspruch ergibt sich aus dem vorletzten Absatz des Testaments der Erblasserin vom 04.02.2015.

a) Tatsachen, die gegen die Wirksamkeit des Testaments,  insbesondere gegen die Testierfähig­ keit der  Erblasserin  sprechen würden,  hat die Beklagten auch in zweiter Instanz nicht vorgetra­ gen. Allein der von der Beklagten dargelegte Umstand, dass die Erblasserin aufgrund eines Be­ schlusses vom 07.06.2016  unter Betreuung gestellt worden ist und in den Gründen der Entschei­ dung ausgeführt wurde, die Erblasserin nehme aufgrund einer behinderungsbedingt erhöhten Be­ einflussbarkeit  ihre finanziellen  Möglichkeiten übersteigende Verfügungen vor, reicht ohne weite­ ren Vortrag für die Annahme der Testierunfähigkeit i.S.d. § 2229 Abs. 4 BGB am 04.02.2015 nicht aus. Insoweit ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, ob die Annahme des Betreu­ ungsgerichts bereits zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung  zutreffend war und ob der fehlende Überblick über die eigenen finanziellen Möglichkeiten eine der in der Norm beschriebenen Tatbe-stände (fehlende  Einsichtsfähigkeit  wegen  krankhafter  Störung  der Geistestätigkeit, Geistes­ schwäche oder einer Bewusstseinsstörung)  erfüllt hat.

b) Die Auslegung des Testaments vom 04.02.2022 führt unter Einbeziehung der aus der Anhö­ rung des Klägers durch die Kammer gewonnenen Erkenntnisse dazu, dass die Verfügung im vor­ letzten Absatz  des  Testaments  entgegen  der zunächst  von der  Kammer geteilten Auslegung durch das Amtsgericht nicht als Schenkungsversprechen  unter Lebenden, sondern als testamen­ tarische Verfügung auf den Todesfall anzusehen ist.

Die Kammer kann sich dabei - neben der Auswertung der schriftlichen Erklärung der Erblasserin -   nur auf das Ergebnis der Anhörung der Parteien im Verhandlungstermin stützen. Die vom Klä­ ger erstmalig mit Schriftsatz vom 20.12.2021 benannte und im Verhandlungstermin vor der Kam­ mer als präsent angebotene Zeugin ……… …………… war nicht zu hören, da die Voraussetzungen für die Zulassung des Beweisangebotes in zweiter Instanz nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorlie­ gen. Nach dieser Vorschrift können in der Berufungsinstanz neue Angriffs- oder Verteidigungsmit­tel nur ausnahmsweise unter den dort genannten Bedingungen zugelassen werden. Diese Vor­ aussetzungen sind nicht gegeben. Insbesondere wäre der Kläger in der Lage gewesen, das Be­ weisangebot bereits in erster Instanz zu unterbreiten, die Benennung erst in zweiter Instanz be­ ruht auf einer Nachlässigkeit (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Soweit der Kläger ausführt, die Zeugin wä­ re erst in der zweiten Instanz bereit gewesen, sich zu äußern, hätte dies ihrer Benennung in der ersten Instanz, gegebenenfalls im Verhandlungstermin  oder in einem gemäß § 283 ZPO nachzu­ lassenden Schriftsatz nicht entgegengestanden. Dies bleibt jedoch im Ergebnis ohne Auswirkun­ gen, da die Einbeziehung des Ergebnisses der Anhörung des Klägers bereits zu einem anderen als dem zuvor angenommenen Auslegungsergebnis führt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Auslegung eines jeden Testaments der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Dabei darf sich der Tatrichter nicht auf eine Analyse des Wortlauts beschränken, sondern muss auch alle ihm zugänglichen Umstände außerhalb des Testaments auswerten, die zur Aufdeckung des Erblasserwillens beitragen können. Es geht nicht um die Ermittlung eines von der Erklärung losgelösten Willens, sondern um die Klärung der Fra­ ge, was der Erblasser mit seinen Worten sagen wollte (BGH, Urteil vom 07.10.1992 - IV ZR 160/91 -, Rn. 10, juris - ständige Rechtsprechung).

Hier deutet der Wortlaut der Passage, nach der der Kläger monatlich ab Februar 2015 einen Be­ trag von 150 € erhalten soll, zunächst darauf hin, dass eine aktuelle Begünstigung des Klägers noch zu Lebzeiten der Erblasserin beabsichtigt war; dies umso mehr, wenn man die vom Amts­ gericht protokollierte Erklärung des Klägers berücksichtigt, dass die Erblasserin ihm eigentlich unmittelbar monatlich 150 € zuwenden wollte.

Aufgrund der von der Kammer durchgeführten ausführlichen Anhörung des Klägers steht jedoch zur Überzeugung zur Kammer fest, dass die Erblasserin unabhängig von dem Ergebnis der Aus­ legung des konkreten Wortlautes der Erklärung eine testamentarische Verfügung wollte, wie dies auch der Kontext der Erklärung nahelegt. Der Kläger, der auch nach dem Vortrag der Beklagten bei der Testamentserrichtung zugegen war, hat die Motivlage der Erblasserin in dieser Situation dahingehend geschildert, dass sie ihm, als ihrem ihr besonders nahe stehendem Enkel, nach ih­ rem Tod eine Geldsumme zuwenden wollte, nachdem sie solche Zuwendungen  an ihre beiden Töchter zu Lebzeiten bereits vorgenommen  hatte. Sie habe dabei keine feste Geldsumme vorse­ hen wollen, sondern eine Art Ansparung, wie sie dies auch mit den Überschüssen ihrer Rente auf ihrem Sparbuch vornehme.

Eine solche testamentarische Regelung ist zwar nach Einschätzung der Kammer ungewöhnlich, aber keineswegs  ausgeschlossen. Auch der im Raum stehende Gesichtspunkt, dass die Erblas­ serin dem Kläger eigentlich eine aktuelle Unterstützung zukommen lassen wollte, hierzu aber aus praktischen Gründen nicht mehr in der Lage war, spricht unter Zugrundelegung der Ausführungen des Klägers im Rahmen der Anhörung nicht zwingend dafür, dass die Erblasserin dem Kläger ein Schenkungsversprechen unter  Lebenden  unterbreiten wollte.  Stattdessen war dann eine Kom­ pensation der zu Lebzeiten nicht mehr erfolgenden Unterstützung nach ihrem Tod beabsichtigt.

Das Gericht kann das Ergebnis der Anhörung einer Partei gemäß § 286 Abs. 1 ZPO würdigen und zur Grundlage seiner Entscheidung machen (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 286 ZPO, Rn. 14). Dies ist hier geboten. Die Kammer hält die Ausführungen des Klägers für plausibel und glaubhaft. Sie waren in sich stimmig und decken sich mit den unstreiti­ gen weiteren  Umständen. Der Kläger hat bei seiner Anhörung zwar einen erregten Eindruck ge­ macht und eine heftige Ablehnung des Agierens der Beklagten zum Ausdruck gebracht. Das be­ einträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner Ausführungen jedoch nicht, da die Erregung nach Einschät­ zung der Kammer darauf zurückzuführen  ist, dass der Kläger dem aus seiner Sicht bislang ver­ kannten Willen seiner Großmutter endlich zum Durchbruch verhelfen wollte. Die Kammer wertet das Vorbringen des Klägers im Termin als wahrhaftig. Dass der Kläger in einem besonderen Ver­ trauensverhältnis  zur Erblasserin gestanden hat und von ihr zunächst mit der Besorgung ihrer fi­ nanziellen Angelegenheiten betraut worden war,  ist im Übrigen auch von der Beklagten in ihrer Anhörung durch die Kammer bestätigt worden.

c) Unter Zugrundelegung  dieses Auslegungsergebnisses  ist das Vorausvermächtnis für den Zeit­ raum von  Februar  2015  bis  einschließlich  des  Monats  des  Todes  der Erblasserin am 26.06. 2017, mithin für 29 Monate a 150 € monatlich mit 4.350 € zu bemessen.

d) Für den Vermächtnisanspruch haftet gemäß § 2058 BGB i.V.m. § 1967 Abs. 2 BGB ein jeder Miterbe als Gesamtschuldner i.S.d. § 421 BGB im Außenverhältnis auf die volle Summe. Etwaige Ausgleichsansprüche  sind im Innenverhältnis der Miterben zu suchen.

e) Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Soweit sich die Beklagte hinsichtlich der für die Zeit bis Ende 2016 zu berechnenden Monatsbeträge auf die Einrede der Verjährung berufen hat, verkennt sie, dass die testamentarische Verfügung nicht vor dem Tod der Erblasserin wirksam und der Vermächtnisanspruch damit auch nicht fällig werden konnte. Die regelmäßige Verjährungsfrist konnte daher frühestens mit dem Schluss des Jahres 2017 beginnen und ist durch die Einrei­ chung des Mahnbescheidsantrages am 30.12.2020 und seine demnächst erfolgte Zustellung ge­ hemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. § 167 ZPO).

f) Soweit sich die Beklagte auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen hat, führt dies auf ihren entsprechenden Antrag im Erkenntnisverfahren lediglich dazu, dass ihr gemäß § 780 Abs. 1 ZPO die Beschränkung der Erbenhaftung vorzubehalten war.

2. Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Fristset­ zung im Anspruchsschreiben vom 18.12.2018 hat den Verzug der Beklagten nicht begründet.

§ 286 Abs. 3 BGB, der einen Verzug nach Zugang einer erstmaligen Zahlungsaufforderung be­ gründet, gilt nur für Entgeltforderungen und nicht für Vermächtnisansprüche.

3. Die Kostenentscheidung  beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Hinsichtlich des ergänzenden  Auskunftsanspruchs   waren  dem  Kläger  nach der  Rücknahme  des Antrages  die Kosten aufzuerlegen. Die Kammer hat weitergehend erwogen, von der Regelung in § 97 Abs. 2 ZPO Gebrauch zu machen, hat hiervon jedoch Abstand genommen, da auch bereits in erster In­ stanz aufgrund des Vorbringens des Klägers die Möglichkeit zu seiner umfassenden Anhörung über seine Wahrnehmung zur Motivlage der Erblasserin bestanden hat.

4. Anlass für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestand nicht.

5. Bei der Wertsetzung für die Berufungsinstanz war zusätzlich der dort anhängig gemachte und später wieder  zurückgenommene  Auskunftsanspruch  zu berücksichtigen, dessen Wert die Kam­ mer nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf 2.000 € schätzt.

Dr. Matthiessen

Präsident des Landgerichts

 

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

22 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Annotations

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Das einem Erben zugewendete Vermächtnis (Vorausvermächtnis) gilt als Vermächtnis auch insoweit, als der Erbe selbst beschwert ist.

Durch das Vermächtnis wird für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstands zu fordern.

Mit einem Vermächtnis kann der Erbe oder ein Vermächtnisnehmer beschwert werden. Soweit nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat, ist der Erbe beschwert.

(1) Ein Minderjähriger kann ein Testament erst errichten, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Der Minderjährige bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.

(3) (weggefallen)

(4) Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Die Erben haften für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner.

(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.